Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt: Wie Sie Karriereseiten gestalten, denen kein Bewerber widerstehen kann [1. Aufl. 2019] 978-3-658-26092-7, 978-3-658-26093-4

Ein Buch mit Profitipps zur Konzeption der Karriere-Websites Ihres Unternehmens Das Praxiswerk von Henner Knabenreich er

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German Pages XVI, 207 [217] Year 2019

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Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt: Wie Sie Karriereseiten gestalten, denen kein Bewerber widerstehen kann [1. Aufl. 2019]
 978-3-658-26092-7, 978-3-658-26093-4

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XVI
Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten (Henner Knabenreich)....Pages 1-17
Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber (Henner Knabenreich)....Pages 19-41
Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen (Henner Knabenreich)....Pages 43-70
Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen (Henner Knabenreich)....Pages 71-90
Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich (Henner Knabenreich)....Pages 91-136
Jobbörse, Stellenangebote und Online-Bewerbung: Das Herzstück Ihrer Karriere-Website (Henner Knabenreich)....Pages 137-182
Interaktion: Im Dialog mit dem Bewerber (Henner Knabenreich)....Pages 183-192
Trust: Datenschutz und technische Stabilität (Henner Knabenreich)....Pages 193-195
Traffic-Generierung: Wie Sie Besucher auf Ihre Karriere-Website bekommen (Henner Knabenreich)....Pages 197-199
Tracking: Wie sich die Besucher Ihrer Karriere-Website verhalten (Henner Knabenreich)....Pages 201-204
Ein paar Worte zum Abschluss (Henner Knabenreich)....Pages 205-207

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Henner Knabenreich

Karriere-Websites mit Wow!-Effekt Wie Sie Karriereseiten gestalten, denen kein Bewerber widerstehen kann

Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt

Henner Knabenreich

Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt Wie Sie Karriereseiten gestalten, denen kein Bewerber widerstehen kann

Henner Knabenreich knabenreich consult GmbH Wiesbaden, Deutschland

ISBN 978-3-658-26092-7    ISBN 978-3-658-26093-4  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 Illustrationen: © Henner Knabenreich 2019. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Illustrationen: Peter Ederer/White Rabbit

Für Jörg, Juliane, Florian und Jürgen. Wette gewonnen, würde ich sagen;-) Für alle Personaler und Recruiter, denen ihre Bewerber wirklich am Herzen liegen. Für alle Agenturen, die richtig gute KarriereWebsites gestalten wollen oder Inspiration suchen und immer schon mal wissen wollten, worauf es bei der Bewerberansprache wirklich ankommt. Und für Ligita, die mich eine lange Zeit entbehren und einiges ertragen musste …

Ein paar Worte vorab

Als ich 2003 im Rahmen einer Vorlesung im Studienschwerpunkt „Personal & Organisation“ erstmalig mit dem Thema Karriere-Websites in Berührung kam, konnte ich nicht ahnen, dass diese Vorlesung mein Leben entscheidend verändern würde. Ich stand seinerzeit kurz vor meiner Diplomarbeit und überlegte fieberhaft, worüber ich schreiben sollte. Eigentlich hatte ich mich für Personal als Schwerpunkt entschieden, weil ich in einem Unternehmen arbeitete, dessen Personalpolitik ich mehr als fragwürdig fand. Mein Wunsch war es, als fertiger Personaler alles besser zu machen. Das Studium war aber eher abtörnend und wenig praxisbezogen. Die Professoren kamen zwar aus der Praxis, waren aber kaum imstande, dies auch zu vermitteln. Es gab nur wenige Inhalte, die mich wirklich interessierten und für ein Diplomarbeitsthema infrage kamen: Personalentwicklung, Recruiting und Personalmarketing. Schnell war dann klar, was es werden würde. Meine Leidenschaft fürs Internet, mein zweiter Studienschwerpunkt Wirtschaftsinformatik und die eben erwähnte Vorlesung gaben die Richtung vor: Ich wollte wissen, wie es um die Personalmarketing-­Bemühungen deutscher Arbeitgeber im Internet bestellt ist. Und weil ich meiner Professorin schmeicheln wollte, die sich sehr für Gleichberechtigung und Frauen in Führungspositionen stark macht, packte ich als Goodie eine Untersuchung der Ansprache weiblicher Fachkräfte auf Karriere-Websites mit drauf. Denn, man höre und staune, auch 2004 machte das Schreckgespenst des Fachkräftemangels die Runde und ich hatte Frauen als eine Zielgruppe entdeckt, deren Potenziale in der Ansprache seitens der Unternehmen seinerzeit noch Luft nach oben hatten. Also schaute ich mir die Karriere-­Websites der damals 50 größten deutschen Arbeitgeber an und bewertete sie anhand eines von mir erarbeiteten Kriterienkatalogs. Als Grundlage dienten mir damals die in nur spärlicher Form vorhandenen Studiendesigns aus den USA, auf deren Basis bspw. das Staufenbiel Institut oder auch die Hochschule RheinMain ihre ersten Analysen erstellten. Weil es mir nicht reichte, nur eine Sicht von außen zu bekommen, bewarb ich mich fiktiv bei allen Unternehmen oder stellte Anfragen über E-Mail-Formulare und versandte obendrein noch einen Fragebogen, über den ich ermitteln wollte, wie es um den Stand des E-­Recruitings bestellt ist – also ob bspw. ein Bewerbermanagementsystem eingesetzt wird oder auf Excel oder Access vertraut wurde. (Oder auch nichts von alledem. Ja, auch das gab es damals bei den 50 größten Arbeitgebern Deutschlands.) Schon damals musste ich konstatieren, dass Karriere-Websites mit Wow!-Effekt eher rar gesät waren und die Unternehmen längst nicht alle Register zogen, wenn es darum ging, Bewerber für sich zu begeistern. IX

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Ein paar Worte vorab

Heute, 15 Jahre später, sieht es in vielen Fällen immer noch nicht besser aus. Tatsächlich gibt es heute noch Unternehmen (und gar nicht mal so kleine!), die keine eigene Karriere-Website haben! Diese schreiben dann ausschließlich über Jobbörsen aus (oder bemühen teure Personalberater) und wundern sich dann möglicherweise, warum Bewerber ausbleiben oder – wenn sich dann doch welche dorthin verirren – diese schlecht über das Unternehmen informiert sind. Nur, wo sollen sich die armen Kandidaten informieren, wenn es keine Quelle gibt? Während ich mir damals nicht ansatzweise vorstellen konnte, dass sich der Bewerbungsprozess auch einmal übers Smartphone abspielen könnte (wie auch? Die gab es 2004 schlicht und ergreifend nicht! Mit den damals üblichen Geräten konnte man das tun, was heute dank des allgegenwärtigen Messenger-Dienstes WhatsApp und sich damit ändernder Gewohnheiten in Vergessenheit geraten ist: telefonieren!), gibt es heute kaum noch Menschen in Deutschland, die kein Smartphone besitzen. Egal, ob 7 oder 77 Jahre alt, alle Welt daddelt mit diesen Geräten herum. Logisch, dass diese Menschen Informationen auch da konsumieren, wo sie gehen, stehen, sitzen oder liegen – und nicht mehr zwingend am Desktop daheim. Und logisch, dass diese Menschen sich auch über Jobs oder potenzielle Arbeitgeber informieren würden. Wenn man sie denn ließe. Denn obwohl mobile Endgeräte nun wirklich keine aufregende Neuerung mehr darstellen und obwohl immer mehr Menschen ihre Informationen mobil sammeln, während sie in der Bahn sitzen, an der Kasse stehen oder sich gelangweilt im Restaurant gegenübersitzen, gibt es immer noch viele Unternehmen, die keine mobil optimierte Website haben. Und das im Jahr 2019! Bereits 2015 hat Google damit begonnen, Websites, die nicht für die mobile Ansicht optimiert sind, in den Suchergebnissen schlechter zu ranken. 2015. Alleine von den 165  in allen DAXen gelistete Unternehmen haben 20 Prozent keine mobile Karriere-­ Website! Das ist auch vor dem Hintergrund erschreckend, da immer weniger Menschen über ein stationäres Endgerät, nennen Sie es Laptop, verfügen. Nicht „My home is my castle“ heißt es dann, sondern „My smartphone is my laptop“ oder so ähnlich.

Ein paar Worte vorab

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Und was tun die Unternehmen? Sie verschlafen die Entwicklung. Bürden ihren Bewerbern Bewerbungsprozesse auf, die kein normaler Mensch durchlaufen würde, der das bequeme Mobile Shopping, Mobile Banking, Mobile Dating oder gar die sprachgesteuerte Websuche zu schätzen weiß – und das auch beim Bewerbungsprozess erwartet. Eine Hürde nach der anderen wird errichtet. Die erste ist der Zugang zur Karriere-Website. Wenn denn eine vorhanden ist, wird diese gut vor den Blicken neugieriger Besucher geschützt. Auf diese Weise entgehen Konzernen wie der Telekom, der Deutschen Bahn oder auch der Lufthansa (um nur einige Namen zu nennen, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen) Hunderttausende Besucher auf ihren Karrierebereichen. Im Monat. Aber auch kleine und mittelständische Unternehmen tun gut daran, den Zugang zu den Informationen bestmöglich zu erleichtern, ist doch jeder Websitebesucher auch ein potenzieller Bewerber. Allerdings ist es alleine mit dem Einrichten einer Karriererubrik nicht getan. Auch hier neigen Unternehmen dazu, sich möglichst bedeckt zu halten – in dem sie entweder den Zugang zu Informationen erschweren oder sie gar nicht bzw. nur oberflächlich bereitstellen. Andere stellen sich mit Hochglanzbildern in Pose, die in den meisten Fällen nicht einmal die eigenen Mitarbeiter darstellen (und damit streng genommen den Tatbestand der irreführenden Werbung erfüllen) und versuchen mit austauschbaren Phrasen Employer Blending zu betreiben. Auf sie zugeschnittene Informationen mit echtem Mehrwert müssen Interessenten und Bewerber mit der Lupe suchen und auch der Zugang zu den Jobs wird zur echten Herausforderung. Gerne inszenieren sich die Unternehmen selbstbeweihräuchernd als die Größten, die Tollsten und die Schönsten und vergessen dabei sowohl die Bedürfnisse ihrer Besucher zu adressieren, als auch ihre gelebten Werte zu kommunizieren, um diese schlussendlich mit Argumenten für eine Bewerbung zu überzeugen. Die größte Hürde erwartet den potenziellen Kandidaten dann im Bewerbungsprozess: über mehrere Umleitungen wird er zunächst auf eine Bewerbungsmaske geleitet, um dort einen langwierigen Anmeldeprozess über sich ergehen lassen zu müssen. Hat er diese Hürde überwunden, darf er sich entweder durch ein einzelnes, oft mehrere Bildschirmlängen umfassendes, Formular scrollen oder aber ellenlange Formulare, die sich auf mehrere Seiten verteilen, ausfüllen, die natürlich nicht für die Ansicht mittels Smartphone optimiert sind. Spätestens jetzt hat ein Großteil der Bewerber, die es nicht dringend nötig haben, Ihnen Lebewohl gesagt und kehrt auch nie wieder. Und Sie? Haben Tausende oder sogar Millionen von Euro, die Sie sich für ein Employer Branding-Budget hart erkämpft haben, mit einem Mausklick in den Papierkorb verschoben. Was Sie brauchen, um beim Bewerber zu punkten, ist eine Karriere-Website mit Wow!-Effekt. Wow!-Effekt meint nicht Blingbling, etwa Bilder oder Videos auf der Startseite, die die gesamte Bildschirmseite ausfüllen, so dass der Nutzer nicht sieht, worum es auf der Website eigentlich geht (und Ihnen deshalb den Rücken zukehrt), Parallax Scrolling, was zwar nicht unbedingt zu einer besseren Usability beiträgt, aber wahrscheinlich zu längeren Ladezeiten, oder viele bunte Slider, die kein Mensch aufruft, weil die Aufmerksamkeit dafür gar nicht da ist. Eine Karriere-Website mit Wow!-Effekt hinterlässt einen positiven, überraschenden Eindruck beim Besucher, etwa weil die Nutzerführung klar und selbsterklärend ist, weil er relevante und auf sich zugeschnittene Informationen

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Ein paar Worte vorab

mit einem Mausklick findet – egal, auf welcher Seite er sich befindet, weil der Weg zu Ihrer Jobbörse so kurz wie möglich ist, weil Sie mit einem 1-A-Bewerbungsprozess überzeugen und der potenzielle Bewerber endlich ein Bild davon bekommt, ob er und Sie als Arbeitgeber zusammenpassen – oder auch nicht. Obwohl die Karriere-Website der Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-­Aktivitäten ist – wie man so schön neudeutsch sagt, der „Recruiting-Hub“ – gab es bis dato nicht ein einziges Buch, was sich ausschließlich mit diesem wichtigsten Kanal in der Bewerberansprache beschäftigt. Diese Lücke hat sich nun mit diesem Buch geschlossen. Ich möchte Ihnen die Augen öffnen und Sie mit guten Beispielen inspirieren und nicht ganz so guten sensibilisieren. Ich möchte Ihre Sinne schärfen und Ihre Augen öffnen und Ihnen zeigen, worauf es bei einer Karriere-Website mit Wow!-Effekt ankommt – wohl wissend, dass es nicht die One-Size-Fits-All-Lösung gibt. Und das ist auch gut so. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit der Lektüre und erhellende Momente. Auf eine bessere Welt für Bewerber – und in der Folge auch für Sie, liebe Recruiter. Herzliche Grüße Wiesbaden, Deutschland Mai 2019

Henner Knabenreich

Inhaltsverzeichnis

1 Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1 1.1 Status quo (mobile) Karriere-Websites ��������������������������������������������������������   2 1.2 Typen von Karriere-Websites ����������������������������������������������������������������������   6 1.2.1 Die Integration der Karriereseiten in den Unternehmensauftritt ������������������������������������������������������������������������   8 1.2.2 Die vom Unternehmensauftritt entkoppelte, eigenständige, Karriere-Website ������������������������������������������������������  11 1.2.3 Landing-Pages für bestimmte Positionen oder Zielgruppen������������  11 1.2.4 Die „Homepage-Baukasten-Lösung“ Ihres E-Recruiting Anbieters ��������������������������������������������������������������������  12 1.3 Die Besucher Ihrer Karriere-Website ����������������������������������������������������������  15 1.3.1 Der Besucher, der via Stellenbörse bei Ihnen landet ������������������������  16 1.3.2 Der Besucher, der schon mal von Ihnen gehört hat��������������������������  16 1.3.3 Der Besucher, der schon mal direkten Kontakt zu Ihnen hatte��������  16 1.3.4 Der Besucher, der noch gar nicht wusste, dass er bei Ihnen landen würde, Typ I��������������������������������������������������������������������������������������  16 1.3.5 Der Besucher, der noch gar nicht wusste, dass er bei Ihnen landen würde, Typ II������������������������������������������������������������������������������������  17 2 Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  19 2.1 Auffindbarkeit innerhalb der Corporate Website������������������������������������������  20 2.1.1 Der Karriere-Button in der Hauptnavigation der Corporate Website����������������������������������������������������������������������������  21 2.1.2 Aufmerksamkeit durch zusätzliche Teaser ��������������������������������������  25 2.2 Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA ��������������������������������������������������  27 2.2.1 Architektur, Navigation und URL: Die SEO-Basics ������������������������  30 2.2.2 Text und Seitentitel: Darum geht’s auf Ihrer Seite ��������������������������  33 2.2.3 Bild: Wichtige Informationen für Google����������������������������������������  35 2.2.4 Technik: Schnelle Ladezeiten, Mobilfähigkeit, sichere Verbindung und funktionierende Links ��������������������������������  36 XIII

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Inhaltsverzeichnis

2.2.5 Google for Jobs ��������������������������������������������������������������������������������  37 2.2.6 Mit Suchmaschinenwerbung zusätzliche Reichweite generieren����������������������������������������������������������������������  37 2.3 Auffindbarkeit via Browser ��������������������������������������������������������������������������  40 3 Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen . . . . . . . . . . . . . . .  43 3.1 Startseite: Hier fängt alles an������������������������������������������������������������������������  45 3.2 Navigation und Menü: Das „Baugerüst“ Ihrer Website ������������������������������  47 3.2.1 Die Hauptnavigation: Immer erreichbar ������������������������������������������  48 3.2.2 Die Sekundärnavigation ������������������������������������������������������������������  51 3.2.3 Die Breadcrumb-Navigation: Hänsel und Gretel lassen grüßen������������������������������������������������������������������������������������  52 3.2.4 Die Anzahl der Menüpunkte ������������������������������������������������������������  52 3.3 Der Seitenname: Die Straßennamen Ihrer Webpräsenz��������������������������������  54 3.4 Der Header: Orientierung bieten und Emotionen wecken ��������������������������  55 3.4.1 Headerbilder: Hero-Images sind keine Superhelden ������������������������  56 3.4.2 (Keine) Slider: Zu viele Botschaften = keine Botschaft ������������������  58 3.4.3 Videos nicht als Selbstzweck ����������������������������������������������������������  60 3.5 Teaser: Den richtigen Weg weisen ��������������������������������������������������������������  60 3.6 Freitextsuche ������������������������������������������������������������������������������������������������  62 3.7 Sitemap ��������������������������������������������������������������������������������������������������������  62 3.8 Der Jetzt bewerben-Button ��������������������������������������������������������������������������  62 3.9 Layout: Klar und strukturiert������������������������������������������������������������������������  65 3.9.1 Jeder Jeck (l)i(e)st anders ����������������������������������������������������������������  66 3.9.2 Seiteninhalte in leicht verdauliche Häppchen gliedern��������������������  68 3.9.3 Links: Webkonventionen einhalten ��������������������������������������������������  68 3.9.4 Akkordeons sorgen für Übersicht ����������������������������������������������������  69 4 Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen. . . . . . . . . . . . . . .  71 4.1 Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel ��������������������������������������������������  72 4.1.1 Ausbildung (Schüler)������������������������������������������������������������������������  73 4.1.2 Studenten������������������������������������������������������������������������������������������  78 4.1.3 Berufseinsteiger/Berufserfahrene ����������������������������������������������������  80 4.2 Zielgruppenansprache nach Funktion (Job-Kategorien)������������������������������  84 4.3 Personalisierte Zielgruppenansprache����������������������������������������������������������  87 5 Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  91 5.1 Ehrlich währt am Längsten ��������������������������������������������������������������������������  93 5.2 Candidate Centricity – Der Bewerber im Mittelpunkt ��������������������������������  96 5.3 Der Nutzen für Bewerber ����������������������������������������������������������������������������  98

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5.4 Warum man sich ausgerechnet bei Ihnen bewerben sollte�������������������������� 100 5.4.1 Zahlen bitte: Informationen zum Unternehmen als Arbeitgeber���������������������������������������������������������������������������������� 103 5.4.2 Gelebte Unternehmenskultur und Werte: Mehr Informationen, bitte! ������������������������������������������������������������������������ 104 5.4.3 Aufgaben und Projekte mit Sinn und Perspektive���������������������������� 110 5.4.4 Work-Love-Balance: Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf ���������������������������������������������������������������������� 111 5.4.5 Weiterbildung und Perspektiven: Werden Sie konkret! �������������������� 113 5.4.6 Arbeit und Gesundheit���������������������������������������������������������������������� 113 5.4.7 Gehalt: Mehr Transparenz bitte! ������������������������������������������������������ 114 5.4.8 Mitarbeitervorteile in den Fokus rücken������������������������������������������ 115 5.4.9 Standort: Was macht Ihre Region so reizvoll?���������������������������������� 118 5.5 Text: Bitte keine Worthülsen������������������������������������������������������������������������ 121 5.5.1 Du oder Sie? ������������������������������������������������������������������������������������ 122 5.6 Ein (Bewegt-)Bild sagt mehr als 1000 Worte ���������������������������������������������� 124 5.6.1 Die Macht der Bilder������������������������������������������������������������������������ 124 5.6.2 Mit Videos den Arbeitgeber zum Leben erwecken �������������������������� 127 5.6.3 Social Media Feeds �������������������������������������������������������������������������� 129 5.7 Mitarbeitertestimonials: Bitte (r)echt authentisch���������������������������������������� 130 5.8 Service für Bewerber: Infos zum Bewerbungsprozess, Bewerbungstipps und FAQ �������������������������������������������������������������������������� 134 5.9 Veranstaltungskalender: Was geht ab? �������������������������������������������������������� 135 6 Jobbörse, Stellenangebote und Online-Bewerbung: Das Herzstück Ihrer Karriere-­Website . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 6.1 Die Jobbörse: Einfach und intuitiv ������������������������������������������������������������ 138 6.1.1 Die Minimallösung: Einbinden der Jobs per Links �������������������������� 138 6.1.2 Warum das Einbinden der Jobs per Iframe nicht zu empfehlen ist������������������������������������������������������������������������������������ 140 6.1.3 Optimale Candidate Experience möglich: Einbinden der Jobs per Schnittstelle������������������������������������������������������������������ 141 6.2 Die Features Ihrer Jobbörse�������������������������������������������������������������������������� 142 6.2.1 Suchfilter: Möglichst intuitiv������������������������������������������������������������ 142 6.2.2 Freitextsuche: Wer suchet, der findet spätestens hier���������������������� 144 6.2.3 Die Jobliste: Übersicht ist Trumpf!�������������������������������������������������� 147 6.3 Ihre Stellenanzeige: Eine Einladung zur Bewerbung���������������������������������� 149 6.3.1 Der Stellentitel: Entscheidend für die Auffindbarkeit���������������������� 151 6.3.2 Der Einstiegstext: Der Appetit kommt beim Lesen�������������������������� 153 6.3.3 Die Aufgaben: Nachvollziehbar und auf den Punkt. ������������������������ 154

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6.3.4 Das Anforderungsprofil: Nur was wirklich wichtig ist �������������������� 157 6.3.5 Mitarbeitervorteile: Den Nutzen herausstellen �������������������������������� 158 6.3.6 Kontaktaufnahme und Bewerbungsaufforderung: Bitte recht freundlich!���������������������������������������������������������������������������������������� 158 6.4 Der Bewerbungsprozess: Möglichst niedrigschwellig, bitte! ���������������������� 160 6.4.1 Bewerbung per E-Mail: Bewerbers Liebling������������������������������������ 160 6.4.2 Bewerbung per Online-Formular: Es geht auch einfach������������������ 161 6.4.3 Bewerbung per Post: eine notwendige Alternative �������������������������� 174 6.4.4 Bewerbung per Video: Tschüss, Anschreiben!�������������������������������� 176 6.4.5 Initiativbewerbung und Job-Newsletter: Immer in Kontakt bleiben �������������������������������������������������������������������������������� 178 6.4.6 Self-Assessments und Matching-Tools als Tüpfelchen auf dem i? ���������������������������������������������������������������������� 179 7 Interaktion: Im Dialog mit dem Bewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 7.1 Seien Sie ansprechbar! �������������������������������������������������������������������������������� 184 7.2 WhatsApp/Messenger: Ansprache on the go ���������������������������������������������� 185 7.3 Callback-Button: Wir melden uns bei Ihnen! ���������������������������������������������� 187 7.4 Live-Chats und Chatbots: Fast immer erreichbar ���������������������������������������� 187 7.4.1 Chatbots: Beherrscht Kollege Roboter die Kandidatenansprache?���������������������������������������������������������������������� 189 7.4.2 Live-Chat: Echtzeitdialog auf Augenhöhe �������������������������������������� 191 7.5 Social Sharing für mehr Reichweite ������������������������������������������������������������ 192 8 Trust: Datenschutz und technische Stabilität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 9 Traffic-Generierung: Wie Sie Besucher auf Ihre Karriere-Website bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 10 Tracking: Wie sich die Besucher Ihrer Karriere-Website verhalten . . . . . . . . 201 11 Ein paar Worte zum Abschluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

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Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

Trotz des Hypes um Instagram, Snapchat, Influencer & Co.: Die Karriere-Website als Recruiting Hub ist und bleibt der Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten. Mehr als das: Sie ist darüber hinaus der wichtigste Kanal, um Ihre Employer Brand = Arbeitgebermarke zu kommunizieren. Auf der Karriere-Website laufen nicht nur alle Recruiting-­Fäden zusammen, hier entscheidet der Bewerber über das Für und Wider, ob Sie als Arbeitgeber in die engere Wahl kommen – oder auch nicht. Ganz egal, ob von

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_1

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1  Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

einer Stellenanzeige, durch eine Direktansprache via Active Sourcing oder die Empfehlung eines Freundes: Alle Wege führen in diesem Falle nicht nach Rom, sondern auf Ihre Karriere-­Website. Hier finden die umworbenen Zielgruppen im Idealfall umfassende Informationen über den Arbeitgeber – und somit die Antwort auf die Frage, ob sich der Aufwand für eine Bewerbung überhaupt lohnt. Dass Ihre Karriere-Webseite bestmöglich auffindbar ist und sie genau jene Informationen bietet, die für die Bewerbungsentscheidung relevant ist, entscheidet also maßgeblich über Ihren Recruitingerfolg. Inhalte, in wertschätzender und emotional ansprechender Weise verpackt,1 sind es, die letztlich zur Entscheidung führen, sich bei Ihnen zu bewerben. Im Zeitalter der Informationsflut wird es dabei nicht nur immer wichtiger, die Informationen gut – also logisch und intuitiv auffindbar – zu strukturieren, so dass sie idealerweise auf einen Blick, mit einem Klick und ohne Nachdenken zu erfassen sind. Auch die „mobil optimierte“ Aufbereitung, also eine bestmögliche Darstellung auf allen mobilen Endgeräten (nennen Sie es meinetwegen Responsive Design),2 ist erfolgsentscheidend. Nicht nur, dass Google nicht mobil optimierte Seiten abstraft und sie bei Suchanfragen links liegen lässt, die Nutzung von Smartphones nimmt rapide zu – und damit auch die Suche nach Jobs über mobile Endgeräte.

1.1

Status quo (mobile) Karriere-Websites

Unbestritten fällt der Karriere-Website die höchste Bedeutung zu, wenn es darum geht, sich über Jobs bzw. den Arbeitgeber zu informieren. Laut der seit 2011 in regelmäßigen Abständen durchgeführten Social Media Personalmarketing Studie der Hochschule RheinMain ist für die befragten Bewerber (Studenten/Absolventen, Fach- und Führungskräfte) die Karriere-Website der wichtigste Informationskanal.3 Auch andere Studien stützen diese Aussage. Ebenso nimmt die Suche via Google nach Informationen über den Arbeitgeber stetig zu. Aber obwohl die Karriere-Website das Kernelement aller Recruiting-­Aktivitäten ist, fristet sie in  Die Themen Wertschätzung und Ehrlichkeit werden Ihnen im Rahmen dieses Buches noch an der einen oder anderen Stelle begegnen, darum steige ich gleich mal damit ein. Employer Branding (oder das, was darunter verstanden wird), scheitert meistens, weil es nicht ehrlich ist. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern also keinen roten Teppich ausrollen, sie nur als ausführenden Produktionsfaktor betrachten und ihnen nicht mit der Wertschätzung begegnen, die ihnen gebührt, müssen Sie die auch Ihren Bewerbern nicht vorgaukeln. Denn spätestens, wenn die ihren Job bei Ihnen im Unternehmen antreten und der kalte Wind einer Unternehmenskultur entgegen weht, dessen Gegenteil Sie versprachen, sind Sie als Lügner entlarvt. Und Ihren neu gewonnenen Mitarbeiter los. Wenn Sie also zu den Unternehmen gehören, für die Mitarbeiter nichts weiter als eine Ressource sind und Wertschätzung in Ihrem Vokabular nicht vorkommt, seien Sie konsequent und lassen es den Bewerber frühzeitig spüren. Sie wissen ja, gleich und gleich gesellt sich gern und auf jeden Topf passt ein Deckel. Anmerkung: Ob das aber auf Dauer eine zielführende Strategie ist, wage ich zu bezweifeln. 2  Beim Responsive (Web-)Design wird eine Website abhängig von den Eigenschaften und der Größe des abrufenden Endgerätes bestmöglich dargestellt. 3  Social Media Personalmarketing-Studie 2018. 1

1.1  Status quo (mobile) Karriere-Websites

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der Bewerberkommunikation bei deutschen Unternehmen nach wie vor eher ein Schattendasein. Das bestätigt nicht nur ein Blick auf die Karriereseiten vieler deutscher Unternehmen (wenn diese denn vorhanden sind, denn Unternehmen mit einer eigenen Karriereseite sind nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit), das bestätigt bspw. auch eine Untersuchung der index Marktforschung: Demnach setzen gerade einmal 28 Prozent der befragten Unternehmen auf eine Karriere-Website, auf der mehr als nur Stellenangebote zu sehen sind (zur Definition später).4 Laut Wollmilchsau O ­ nline-­Recruiting-­Studie verfügen 32 von 160 DAX-Unternehmen über gar keine Karriere-­Website oder haben diese noch immer nicht mobiloptimiert! Wir schreiben das Jahr 2019! Aufwachen! Schaut man sich zudem die Entwicklung des Smartphone-Marktes und die damit einhergehende Nutzung des Internets durch mobile Endgeräte an, so wird man sehr schnell feststellen, dass kein Weg daran vorbei geht, auch die Karriere-Website für die mobile Ansicht zu optimieren. So nutzen laut Branchenverband Bitkom bereits 78 Prozent der Deutschen ein Smartphone.5 Tendenz steigend. 71 Prozent der Nutzer können sich ein Leben ohne Smartphone nicht mehr vorstellen. Für 80 Prozent der Befragten stellen Smartphones eine große Erleichterung im Alltag dar. Ob es gut ist, dass manche Leute öfter auf das Display ihres Smartphones starren, als in die Augen ihres Partners, steht auf einem anderen Blatt. Fakt ist: Das Smartphone ist aus unserem heutigen Leben nicht mehr wegzudenken und die Nutzung verlagert sich mehr und mehr vom Desktop hin zum mobilen Endgerät. Auch die ARD/ZDF-Online-Studie 2018 konstatiert, dass mobile Geräte zu einer häufigeren und längeren Internetnutzung führen.6 Zudem zeigt sich im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung bei den mobilen Nutzern eine deutlich höhere Nutzungsintensität. Diese drückt sich zum einen in der Tagesreichweite, aber auch in den täglichen Nutzungsminuten aus. 77 Prozent der Bevölkerung nutzen das Internet jeden Tag. Bei den Usern, die mobil ins Web gehen, sind es sogar 91 Prozent über alle Altersgruppen hinweg. Vor dem Hintergrund, dass für 76 Prozent das Smartphone das wichtigste Endgerät bei der Jobsuche darstellt, wundert es nicht, dass diese von den Unternehmen erwarten, sich dort auch mobil bewerben zu können. Und noch weniger überraschend ist es, wenn knapp 50 Prozent ihre Bewerbung schon abgebrochen haben, weil sie sich nicht mobil bewerben konnten!7

 index Recruiting-Report 2015/2016 Deutschland, S. 15.  Smartphone Markt Konjunktur und Trends (https://www.bitkom.org/Presse/Anhaenge-an-PIs/2017/02-Februar/Bitkom-Pressekonferenz-Smartphone-Markt-Konjunktur-und-Trends-22-02-2017-Praesentation. pdf. Zugegriffen am 11.01.2019). 6  ARD/ZDF-Online-Studie 2018 (http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/files/2018/0918_Frees_Koch. pdf. Zugegriffen am 11.01.2019). 7   Mobile Recruiting Studie von meinestadt.de (http://www.handelsblatt.com/unternehmen/beruf-und-buero/the_shift/mobile-recruiting-studie-2017-bewerben-wir-uns-bald-nur-noch-perapp/20165974.html. Zugegriffen am 11.01.2019). 4 5

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1  Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

Was wiederum nicht verwundert, äußerten in der gleichen Erhebung 43,2 Prozent der befragten HR-Verantwortlichen, dass sie nicht über einen mobil optimierten Karriere-­ Auftritt8 verfügen und der Bewerbungsprozess nicht einmal bei einem Drittel der Unternehmen mobilfähig sei. Ich hoffe, Sie gehören nicht zu den 31,7 Prozent der HR-­Verantwortlichen, die angeben, „bisher noch nicht über einen mobil optimierten Arbeitgeber-Auftritt nachgedacht zu haben“. Auch die Wollmilchsau-Online R ­ ecruiting-­Studie zeigt, dass in Sachen mobil optimierte Karriereseiten noch Luft nach oben ist. Von 160 DAX-Unternehmen (DAX, TecDAX, MDAX und SDAX) verfügen lediglich 80 Prozent der untersuchten Unternehmen über eine mobiloptimierte Karriere-Website, 73 Prozent stellen eine mobiloptimierte Jobbörse zur Verfügung. Bei 71 Prozent sind auch die Stellenanzeigen für mobile Endgeräte optimiert. Allerdings findet spätestens hier der Bewerbungsprozess ein abruptes Ende, denn nur 39 Prozent der Unternehmen lassen auch eine mobile (Vor-) Bewerbung zu.9 Nun mag der ein oder andere einwenden, dass 80 Prozent kein übler Wert sei, wenn man sich aber vor Augen hält, dass Google bereits 2015 angekündigt hat, nicht mobil optimierte Seiten abzustrafen, die Nutzung von Smartphones exorbitant steigt (für viele Nutzer ersetzen Smartphone oder Tablet den stationären Rechner!) und es sich darüber hinaus um Unternehmen aus dem DAX handelt, ist das Ergebnis mehr als beschämend. Dabei sind diese Ergebnisse, insbesondere die nicht mobil optimierten Bewerbungsprozesse, nicht nur beschämend, sie bedeuten im Umkehrschluss auch weniger Sichtbarkeit für Unternehmen und weniger Bewerber. Noch ein paar Zahlen, die Ihnen (hoffentlich) vor Augen führen, wie wichtig eine mobil optimierte Internetpräsenz ist: • 74 Prozent der Nutzer warten nur 5 Sekunden, bis sich eine Website auf einem mobilen Endgerät lädt – dann sind sie weg • 46 Prozent der Nutzer, die diese Erfahrung gemacht haben, versuchen auch gar nicht erst wieder, diese Website aufzurufen.10

 Mobil optimiert heißt im Übrigen optimale Seitenansicht auf jedem verwendeten Endgerät (unabhängig von Browser und/oder Bildschirmauflösung), vereinfachte Seitenstrukturen und aufs Wesentliche reduzierter Inhalt. Beispielsweise weniger Bilder, um die Ladezeiten nicht unnötig zu überstrapazieren. 9  Wollmilchsau Online-Recruiting-Studie 2018 (https://wollmilchsau.de/downloads/online-recruiting-studie-2018/. Zugegriffen am 05.01.2019). 10  https://www.haleymarketing.com/2013/08/06/infographic-mobile-trends-in-recruiting-and-staffing/. Zugegriffen am 12.01.2019. 8

1.1  Status quo (mobile) Karriere-Websites

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Allerdings bieten Karriere-Websites in vielen Fällen ohnehin nicht das, was Bewerber suchen. Das zeigt eine Umfrage von Talents Connect.11 Obwohl die Karriere-Website ein wichtiges Informations- (und Entscheidungs-)Medium darstellt, finden potenzielle Bewerber dort oft nicht das, was sie sich erhoffen. So bemängelten 48 Prozent der Befragten, dass Unternehmen auf den Seiten nur unzureichend über ihre Arbeitgeberleistungen informieren. 43 Prozent beanstandeten, dass die Firmen eher ihr Produkt- und Dienstleistungsspektrum ins Zentrum stellen, anstatt sich angemessen als Arbeitgeber zu präsentieren. Entsprechend haben 40 Prozent der Bewerber das Gefühl, dass sie nach dem Besuch einer Karriere-Webseite immer noch nicht wissen, ob das Unternehmen zu ihnen passt oder nicht. Was auch fatal ist für Arbeitgeber. Denn bei einer Karriere-Website geht es nicht darum, total crazy und abgefahren mit viel Blingbling den Bewerber zu blenden, sondern ihm ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem er ermitteln kann, ob er sich mit dem Unternehmen als Arbeitgeber und den angebotenen Jobs identifizieren kann, oder nicht. Ziel sind passende Bewerber, nicht möglichst viele! Wichtig sind also umfangreiche Informationen über den Arbeitgeber, bzw. Informationen darüber, was einen im neuen Job erwartet. Übrigens sind den meisten Befragten informative Texte wichtiger, als Unternehmensvideos. 86 Prozent erwarten vor allem Echtheit beim Arbeitgeberauftritt. Stockfotos, also käufliche Bilder aus Bilddatenbanken,12 oder inszenierte Bilder sind also tabu.

 Karriere-Webseiten in der Bewerberkritik. Umfrage des HR-Tech-Unternehmens TalentsConnect unter 1.010 Bewerbern (https://www.presseportal.de/pm/128831/4140208. Zugegriffen am 30.12.2018). 12  Nein, es handelt sich nicht um Bilder von Stöcken, wie der ein oder andere unbedarfte Leser glauben mag. Vielmehr handelt es sich bei Stockfotografie um den Bereich der Fotografie, bei dem Bilder auf Vorrat produziert werden (to have in stock = auf Lager haben). Das Gegenteil der Stockfotografie ist übrigens die Auftragsfotografie. 11

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1  Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

Tatsächlich sind jedoch nur 60 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Inhalte wirklich informativ sind. Dass nur 40 Prozent der Studienteilnehmer die Inhalte für echt halten, sollte einem zu denken geben. All diese Ergebnisse lassen also nur eine Schlussfolgerung zu: In Sachen Karriere-­ Websites gibt es noch verdammt viel Luft nach oben. Das war übrigens auch das Resümee meiner bereits 2004 durchgeführten Untersuchung unter den Karriere-Websites der 50 größten Arbeitgeber in Deutschland. Auch wenn sich seitdem viel getan hat, so stelle ich mir die Frage, warum Unternehmen an der wichtigsten Recruiting-Stellschraube so wenig drehen?

1.2

Typen von Karriere-Websites

Jedes Unternehmen, egal wie klein oder wie groß, welches Mitarbeiter sucht, benötigt eine eigene Karriere-Website. Denn während eine Stellenanzeige in den gängigen (oder auch nicht so gängigen) Jobbörsen gerade mal 30 Tage online ist, ist es Ihre Karriere-Website 365 Tage im Jahr. 365 Tage Präsenz auf Google und Co., da wo Bewerber heute suchen oder Sie auch dann gefunden werden (können), wenn man gar nicht explizit nach Ihnen sucht. Abgesehen davon sind (potenzielle) Bewerber immer auf der Suche nach ­Informationen über ihren potenziellen Arbeitgeber. Wer will schon die Katze im Sack kaufen? Das impliziert dann auch, dass eine Karriere-Website mehr ist, als nur das bloße Ausschreiben von Jobs.

1.2  Typen von Karriere-Websites

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Was ist eine Karriere-Website? Nun habe ich die ganze Zeit von etwas geschrieben, ohne Ihnen eigentlich darzulegen, was eine Karriere-Website ist. Das hole ich hiermit nach. Was eine Karriere-Website nicht ist, ist eine Seite innerhalb Ihrer Unternehmenswebsite, auf der ausschließlich Ihre Stellenangebote veröffentlicht werden. Auch eine Seite, die zwar suggeriert, sie sei eine, aber über keinen entsprechenden Inhalt oder weiterführende Menüpunkte verfügt, gehört nicht dazu (Abb. 1.1 zeigt ein solches Exemplar). Es handelt sich vielmehr um Seiten innerhalb Ihres Unternehmensauftritts (oder auch „Corporate Website“), auf denen Sie sich als Arbeitgeber Ihren (potenziellen) Bewerbern und Ihren Mitarbeitern präsentieren. Denn auch Ihre Mitarbeiter empfangen die Botschaft, die Sie als Arbeitgeber nach außen senden. Oft ist die Rede von „Karriere-Homepage“ oder „Karriereseite“. Beide Begriffe sind im Grunde genommen nicht richtig. Die Homepage bezeichnet nämlich immer die Startseite einer Webpräsenz, also bspw. www.tollesunternehmen.de. Eine (Web) Seite ist nur eine Seite innerhalb einer Webpräsenz – z. B. www.tollesunternehmen.de.de/karriere/tollerarbeitgeber. Eine Website wiederum umfasst sämtliche unter einer bestimmten Domain zusammengefassten Seiten und Dokumente einer Präsenz im World Wide Web. Der Begriff „Karriere“ hat sich vor einigen Jahren eingebürgert, als für Bewerber eine Karriere noch das Maß aller Dinge darstellte. Mittlerweile haben wir uns weit von der klassischen Begriffsdeutung entfernt, der Begriff als solcher, mit dem die Aufmerksamkeit beim potenziellen Kandidaten geweckt werden kann, ist aber geblieben. Dazu aber später mehr, im Kapitel Auffindbarkeit. Synonym für den Begriff Karriere-Website wird auch der Begriff „Karriereseiten“ verwendet.13 Streng genommen ist diese Bezeichnung nur bedingt richtig. Bzw. nur dann, wenn diese „Karriereseiten“ Bestandteil der restlichen Unternehmenspräsenz sind.14 Grundsätzlich sind nämlich vier Szenarien einer Karriere-Website möglich. • Die Integration der Karriereseiten in den Unternehmensauftritt, also in die Corporate Website • Eine vom Unternehmensauftritt losgelöste, eigenständige, Karriere-Website • Eine unabhängig von Unternehmensauftritt und Karriere-Website erstellte „Landing-­ Page“ für konkrete Positionen oder Zielgruppen • Die „Homepage-Baukasten“-Karriere-Website Egal, welche Lösung umgesetzt wird. Für alle gilt im Wesentlichen die gleiche Definition: „Auf der Karriere-Website präsentieren Sie sich als Arbeitgeber Ihren gesuchten Zielgruppen, vermitteln umfangreiche Einblicke ins Unternehmen in Wort und Bild, informieren über passende Jobs, motivieren zur Bewerbung und ermöglichen potenziellen Kandidaten den bestmöglichen Zugang zur Bewerbung.“

13  Damit ich Sie nicht überstrapaziere und um nicht ewig den gleichen Begriff zu verwenden, schreibe ich mal Karriere-Website, mal Karriereseiten und mal Karriereseite. D’accord? 14  Ich will aber nicht mehr Erbsen zählen, als zwingend notwendig. Aber ohne geht es nicht. Das werden Sie noch merken.

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1  Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

Abb. 1.1  In der Hoffnung auf Informationen zum Arbeitgeber und passenden Jobs klickt der erwartungsvolle Interessent auf den Karriere-Button, um dann das vorzufinden: nichts. Zumindest nichts, was ihm weiterhelfen könnte. (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website Immobilienscout24 https:// www.immobilienscout24.de/unternehmen/jobs-karriere/jobs%2D%2D-karriere.html)

1.2.1 Die Integration der Karriereseiten in den Unternehmensauftritt Bei einem Relaunch der Karriere-Website steht oft die Überlegung im Raum, wie man diese nun umsetzen soll. In vielen Fällen stellt sich die Karriere-Website als Sektion auf einer Corporate Website dar, in der sämtliche Informationen zum Thema Karriere bzw. zum Arbeitgeber aufbereitet sind. Im Idealfall ist dieser Bereich unter der URL www.tollesunternehmen.de/karriere (oder karriere.tollesunternehmen.de) und den jeweiligen Unterseiten zu erreichen. Vorteil dieser Lösung ist, dass ein potenzieller Kandidat hier innerhalb einer geschlossenen Webpräsenz alle weiteren Informationen zum Unternehmen und zu den Produkten oder Dienstleistungen findet. Was auf der einen Seite ein Vorteil ist, ist auf der anderen Seite aber auch ein Nachteil: Der Nutzer wird von anderen Inhalten abgelenkt, auch mangelt es in der Regel an Übersichtlichkeit, da der Karrierebereich irgendwie auch noch im Rest des Unternehmensauftritts untergebracht werden muss (siehe Abb. 1.2, 1.3 und 1.4). Und meistens auf der Strecke bleibt, weil er nach Meinung vieler Stakeholder, eingeschlossen der Geschäftsführung, einfach nicht wichtig erscheint. Ich frage Sie: Gibt es etwas Wichtigeres als die Mitarbeiter eines Unternehmens? Ohne diese Mitarbeiter könnten die vielen Produkte und Dienstleistungen, die das Unternehmen anbietet, gar nicht entstehen, ohne diese Mitarbeiter könnten die vielen Projekte gar nicht gestemmt werden, die ins Haus stehen. Und da ja alle auf Wachstum aus sind (und es ja auch durchaus eine gesunde oder auch gar nicht gesunde Fluktuation gibt), braucht es halt auch immer wieder mal neue Mitarbeiter. Und wo ließen sich diese besser ansprechen, als direkt mitten im Herz Ihrer Corporate Page? Es gibt schlicht keinen besseren Ort in der (Online)-Welt.

1.2  Typen von Karriere-Websites

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Abb. 1.2  Die Karriere-Website von Höffner zeigt sehr schön das Dilemma, wenn die Karriere-­ Website in den restlichen Auftritt integriert ist: Die Navigation hat keinerlei Bezug zu den Karriere-­ Inhalten, auch Elemente und Hinweise zum Gratisversand oder Warenkorb lenken ab. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Höffner https://www.hoeffner.de/ausbildung)

Abb. 1.3  Bekomme ich über die Telefonnummer die freundliche Dame aus der Personalabteilung? Nein, da landet man bei einer Vertriebshotline. Und der Button „Mein Verti“ ist auch nicht für Bewerber gedacht. Auch dieses Beispiel zeigt, dass die Einbettung des Karriereauftritts in die Corporate Website eher abzulehnen ist. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Verti https://www.verti.de/karriere/)

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1  Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

Abb. 1.4  Auch die Anmeldung zum Produkt-Newsletter hat auf der Karriereseite nichts zu suchen. Oder bekommt man 10 Euro, wenn man sich zum Karriere-Newsletter anmeldet? (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Höffner https://www.hoeffner.de/ausbildung?)

Abgesehen davon ist man bei der Gestaltung in der Regel in ein starres Korsett gezwängt. Damit ist nicht nur die optische Gestaltung gemeint, auch funktionale Aspekte, wie bspw. das medienbruchfreie Einbinden einer Stellenbörse, lassen sich in einem vorgegebenen Raster oder einem schwerfälligen Content Management System (CMS) oft nicht umsetzen. Zu guter Letzt ticken die Uhren in vielen Unternehmen oftmals sehr langsam. Bis eine neue Website umgesetzt wird, vergehen nicht selten viele Jahre, weil viele Stakeholder unter einen Hut gebracht werden müssen. In einem immer enger werdenden Bewerbermarkt und vor dem Hintergrund einer unglaublichen Marktdynamik ist es daher erforderlich, seitens HR vorzupreschen. Eine vom Corporate Auftritt losgelöste Karriere-­Website kann nicht nur viel schneller umgesetzt werden, sie bietet auch deutlich mehr Gestaltungsfreiraum und Einsatzmöglichkeiten als das starre Korsett der Unternehmenswebsite. Bei solch einer vom Unternehmensauftritt losgelösten Webpräsenz können wir dann von einer Microsite sprechen.

1.2  Typen von Karriere-Websites

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1.2.2 D  ie vom Unternehmensauftritt entkoppelte, eigenständige, Karriere-Website Eine Microsite ist eine schlanke(re), eigenständige, von der eigentlichen Corporate Website entkoppelte, Webpräsenz mit – im Verhältnis zum größeren Unternehmensauftritt – wenigen Unterseiten und geringerer Navigationstiefe. Sie ist optisch und technisch komplett unabhängig von der Corporate Site und bildet thematisch und gestalterisch eine eigenständige Internetpräsenz, die in friedlicher Koexistenz mit Ihrer „Mutter“, der ­Unternehmenswebsite, ein schönes Leben führt. Optisch eigenständig heißt natürlich nicht, dass diese komplett losgelöst vom Corporate Design ist. Trotz aller Unabhängigkeit, muss eine klare Wiedererkennbarkeit gegeben sein. In der Regel sind dies das Logo und die Unternehmensfarben. Ansonsten haben Sie hier endlich die Möglichkeit, sich zum Beispiel von verstaubten Schriften zu trennen und gegen zeitgemäßere bzw. lesbarere auszutauschen und auch sonst auf modernere Formate zu setzen. Die Microsite ist natürlich von der Unternehmens-­Homepage aus zu erreichen, nur gelangt der Nutzer in diesem Falle bei Klick auf „Karriere“ eben nicht in die oft ohnehin schon unaufgeräumten Untiefen Ihrer Corporate Site, sondern auf eine eigenständige, schön aufgeräumte Präsenz und kann sich da voll und ganz mit dem Unternehmen als Arbeitgeber auseinandersetzen. Nur am Rande sei erwähnt, dass Sie selbstverständlich von der Karriere-Website auch auf die Corporate Site verlinken, etwa um auf die umfassende Unternehmenshistorie zu verweisen oder aber, um bspw. Elektrotechnik-Ingenieuren vor Augen zu führen, welche technischen Wunderwerke das Unternehmen entwickelt und was damit bewirkt werden kann. Aber dazu an anderer Stelle mehr. Nicht selten ist so eine eigenständige Karriere-Website dann aus o. g. Gründen auch deutlich moderner, wurde mit neuesten Webtechnologien (etwa HTML5, anstatt des längst überfälligen Flash-Formats) umgesetzt und ist selbstverständlich für mobile Endgeräte optimiert.

1.2.3 Landing-Pages für bestimmte Positionen oder Zielgruppen Ein weiteres Szenario sind eigens für bestimmte Positionen oder Zielgruppen erstellte Landing-Pages bzw. Microsites. Hier finden Nutzer dann umfangreiche Informationen über die gesuchten Profile, welche Projekte ihn erwarten, wie ein typischer Arbeitstag aussieht, welche Vorteile das Unternehmen und der Standort bieten und warum er sich gerade bei Ihnen bewerben soll. Ergänzen Sie diese Informationen durch Bilder, Videos und Mitarbeiter-Testimonials und verlinken Sie auch auf die Social Media-Profile der Mitarbeiter und/oder im Kontext stehende Blogartikel. Die auf solchen Landing-Pages präsentierten Informationen zahlen ausschließlich auf die fokussierte Zielgruppe ein. Das beinhaltet natürlich auch die Stellenanzeigen, die der Nutzer ebenfalls, direkt auf sein Profil zugeschnitten, auf diesen Seiten findet. Vorteile solcher Landing-Pages:

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1  Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

• Hier findet der Nutzer auf einen Blick speziell für seine Bedürfnisse aufbereitete Infos, die für diese Stelle oder aber ein Bündel an Stellen relevant sind. Zum Beispiel könnten Sie eine Landingpage für Softwareentwickler erstellen, in denen die einzelnen Einsatzbereiche anhand von Projekten, Rollen und Mitarbeitern vorgestellt werden und Sie diese mittels relevantem Content, der zu einer Entscheidungsfindung beiträgt, begeistern. Stichwort Relevanz, allerdings scheitern hier die meisten Unternehmen. • Auf diese Landing-Pages können Sie zum Beispiel mittels gezielter Personalmarketing-­ Kampagnen aufmerksam machen, ob per Plakat an den Haltestellen des ÖPNV in der Umgebung Ihrer Wettbewerber, Google oder Facebook Ads oder was auch immer, ist eigentlich egal. Auf jeden Fall können Sie mit einer solchen Landingpage gezielt die Bedürfnisse Ihrer Interessenten ansprechen, Reichweite erhöhen und aus Interessenten Bewerber machen. • Klar, dass Sie auch von Ihren Stellenanzeigen direkt auf diese Landing-Pages verweisen – und nicht etwa auf Ihre Homepage, wie es leider noch weit verbreitet ist (und Sie wertvolle Potenziale verschenken, denn möglicherweise verirrt sich der Nutzer auf der Suche nach Informationen und kommt nie wieder). Auch nicht auf Ihre Karriere-­ Startseite, denn auch da muss der Nutzer erst mal die Informationen suchen, die ihn interessieren. Sie verlinken direkt ins Herz Ihrer Landing-Page und (ver)führen potenzielle Bewerber schnellstmöglich zur Bewerbung. Natürlich können diese Landing-Pages auch Unterseiten einer Microsite sein. Beispiele solcher Microsites finden Sie in Abb. 1.5 und 1.6.

1.2.4 D  ie „Homepage-Baukasten-Lösung“ Ihres E-Recruiting Anbieters Diverse Anbieter von E-Recruiting-Systemen bieten Ihren Kunden mittlerweile auch Komplettpakete an: Bewerbermanagement-Software + integrierte Karriere-Website. Hier sollten Sie sehr gut überlegen, eine solche Lösung in Anspruch zu nehmen. Klar, so eine Lösung von der Stange ist immer reizvoll und mit verhältnismäßig wenig Aufwand umgesetzt. Allerdings machen Sie sich auf diese Weise noch abhängiger von Ihrem Anbieter, als Sie es ohnehin schon sind, so dass Sie auch aus diesem Grund eher Abstand zu einer solchen Lösung einhalten sollten. Stellen Sie sich einfach nur mal das Szenario vor, Sie wollten Ihr Bewerbermanagementsystem wechseln  – Gründe gibt es schließlich genug. Hätten Sie nun auch noch die komplette „Recruiting-Suite“ inklusive integrierter Karriereseite gebucht, hätten Sie ein massives Problem. Sie ständen auf einmal ohne jeglichen Recruiting-Hub da. Und das wäre wohl so ziemlich der Super GAU. Viel gravierender ist aber die Tatsache, dass diese „Karriere-Homepage-Baukästen“ kaum Gestaltungsmöglichkeiten bieten und auch die Funktionalitäten sehr stark eingeschränkt sind. Planen Sie also bspw. einen Veranstaltungskalender in Ihre Karriere-­Website einzubinden, mit vielfältigen Inhalten angereicherte Landingpages zu erstellen und die

1.2  Typen von Karriere-Websites

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Abb. 1.5  Die direkt in den Corporate Auftritt integrierte (und hier nur in einem Ausschnitt wiedergegebene) Microsite „Alltagshelden“ der ESWE Verkehr  adressiert sowohl Busfahrer, als auch Quereinsteiger, die eine Ausbildung zum Busfahrer machen wollen. Hier findet der Nutzer sauber und aufgeräumt alle Informationen, die er zu einer Entscheidung benötigt. Vom Mini-„Self Assessment“-Tool, über Darstellung des Jobs bis hin zu den Vorteilen, Mitarbeiterstimmen, Kontakt – und natürlich Bewerbung. Das Ganze entsprechend aufbereitet. Eine Microsite mit echtem Wow!-Effekt! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite ESWE-Verkehr https://www.eswe-verkehr.de/unternehmen/ alltagshelden.html)

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1  Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

Abb. 1.6  Auf dieser Microsite hat die Polizei Sachsen der Wachpolizei eine ganze Seite gewidmet. Schöner Einstieg mit Video, klare Handlungsaufforderungen (warum die Bewerbung gleichrangig behandelt wird, wie der Link zur Facebookseite ist für mich allerdings nicht nachvollziehbar) und alle Informationen, die es für einen Einstieg braucht – bzw. um eine Entscheidung herbeizuführen, ob man sich bewirbt oder nicht. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Wachpolizei Sachsen https:// wachpolizei-sachsen.de/)

1.3  Die Besucher Ihrer Karriere-Website

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Jobs direkt dort auszuspielen, wo sie im Kontext passen, gelangen diese Lösungen schnell an ihre Grenzen. Letztendlich können diese “Baukasten-Lösungen” dann im Zweifelsfall dazu führen, dass Ihre Karriere-Website mehr oder minder wie ein Ei dem anderen gleicht. Und das kann wohl kaum im Interesse Ihrer Employer-Branding-Bemühungen und der damit verbundenen USP sein, richtig? Nicht zu vernachlässigen wäre auch noch die Tatsache, dass das Backend, über die Sie die Seiteninhalte pflegen (also quasi das CMS der Recruiting-Suite), eher zu sofortiger Flucht ermuntert, als dazu, die Karriere-Website mit relevanten Inhalten zu füllen. Summa summarum stellen solche „Suites“ oft also eher einen Rückschritt dar – auf jeden Fall aber kaum eine empfehlenswerte Alternative.

1.3

Die Besucher Ihrer Karriere-Website

So, wie es unterschiedliche Typen von Karriereseiten gibt, gibt es auch unterschiedliche Besuchertypen. Das scheint vielen Verantwortlichen15 aber nicht klar zu sein, ansonsten wären Karriere-Websites mit Sicherheit anders aufgebaut. Oft wird der Fokus darüber hinaus auf die Gestaltung und den Aufbau der Startseite gelegt, dabei aber vergessen, dass im Grunde genommen jede Seite Ihrer Website eine Startseite darstellt. Doch dazu später mehr. Für eine erfolgreiche Umsetzung einer Karriere-Website ist es zunächst erst einmal wichtig zu wissen, wer Ihre Website ansteuert und warum er das macht.

 Das betrifft sowohl die Verantwortlichen im Unternehmen, als auch in den umsetzenden Agenturen. Leider verfügen viele Agenturen nicht über das dringend notwendige Personalmarketing-Know-how, was dann die Bewerber und letztendlich auch Sie schmerzhaft zu spüren bekommen. 15

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1  Die Karriere-Website: Dreh- und Angelpunkt all Ihrer Recruiting-Aktivitäten

1.3.1 Der Besucher, der via Stellenbörse bei Ihnen landet Da ist zunächst einmal derjenige, der ein Stellenangebot von Ihnen in einer Jobbörse entdeckt hat und per Bewerben-Button direkt auf Ihrer Karriere-Website gelandet ist. Der hinterlässt dann seine Bewerbung und ist schnell wieder weg.

1.3.2 Der Besucher, der schon mal von Ihnen gehört hat Dann gibt es den, der Ihren Namen irgendwo aufgeschnappt hat – vielleicht in einem der unsäglichen Arbeitgeber-Rankings oder aber im Gespräch mit dem freundlichen Berater vom Arbeitsamt, wer weiß das schon – und sich nun wegen Informationszwecken auf die Suche nach Ihrer Karriere-Website macht. In der Hoffnung, dass er diese findet und Sie ihm da die notwendigen Informationen bereitstellen, die zu seiner Entscheidungsfindung beitragen, sich bei Ihnen zu bewerben.

1.3.3 Der Besucher, der schon mal direkten Kontakt zu Ihnen hatte Dann gibt es den, der einen ersten Kontakt zu Ihnen hatte, bspw. auf einer Hochschulmesse, oder den Sie im Rahmen Ihrer Active-Sourcing-Bemühungen aufgegabelt haben. Natürlich wird auch dieser Kandidat sich mit Ihnen als Arbeitgeber und Ihren Werten auseinandersetzen wollen.

1.3.4 D  er Besucher, der noch gar nicht wusste, dass er bei Ihnen landen würde, Typ I Dann haben wir den Kandidaten, der noch gar nicht wusste, dass es sich bei Ihnen um einen interessanten Arbeitgeber handelt. Möglicherweise ist dieser Besucher gerade etwas unzufrieden in seinem Job16 und dankbar für den Hinweis auf der Unternehmens-­ Homepage (oder einer Produkt-Detailseite), den er fand oder vielleicht fühlte er sich auch durch den auffällig platzierten Karriere-Button in der Hauptnavigation dazu bemüßigt, auf Ihrer Karriere-Website vorbeizuschauen. Wie auch immer, jetzt ist er da und auch er sucht nach Informationen oder Jobs.

16  Er wäre damit nicht der einzige. Tatsächlich sind laut einer StepStone-Studie nur 40 Prozent aktiv auf Jobsuche. Die restlichen 60 Prozent sind aber durchaus aufgeschlossen, wenn sich ihnen eine interessante Gelegenheit bietet. Diese interessante Gelegenheit sollten Sie Ihnen also bieten! Step­ Stone – Jobsuche im Fokus (https://www.stepstone.de/ueber-stepstone/wp-content/uploads/2018/10/ StepStone_Jobsuche-im-Fokus_Web.pdf. Zugegriffen am 15.01.2019).

1.3  Die Besucher Ihrer Karriere-Website

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1.3.5 D  er Besucher, der noch gar nicht wusste, dass er bei Ihnen landen würde, Typ II Auch dieser Besuchertyp hatte Sie bisher nicht als potenziellen Arbeitgeber auf dem Schirm (sonst hätte er sich längst bei Ihnen beworben). Der landete dank Ihrer hervorragenden Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen durch Zufall via Google oder Google for Jobs auf Ihrer Website (mehr dazu in Abschn. 2.2). Wahrscheinlich nicht auf Ihrer Startseite, sondern auf einer der Unterseiten, bspw. auf der Landingpage für Softwareentwickler oder der für eine Ausbildung zum Mechatroniker, die Sie extra für diesen Zweck erstellt haben. Sie sehen: Es gibt also nicht den einen Besuchertypen Ihrer Karriere-Website. Ihre Besucher sind vielfältig und haben unterschiedliche Bedürfnisse – sowohl in der Informationsversorgung, als auch in der Nutzerführung.

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Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

Immer wieder reibe ich mir verwundert die Augen angesichts dessen, was mir da so auf manchen Unternehmensseiten entgegen lacht – oder eben nicht. Denn obwohl es kaum einen einfacheren Weg gibt, potenzielle Bewerber auf sich aufmerksam zu machen – oder aus zufällig vorbei surfenden Website-Besuchern Bewerber zu gewinnen –, verschenken die Unternehmen ungeheure Potenziale. Einfach in dem sie ihren Karrierebereich gut verstecken. Sei es im Footer (also ganz unten auf der Seite, wo nur die allerwenigsten landen)

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_2

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

oder als untergeordnete Seite innerhalb einer Rubrik wie bspw. „Über uns“ oder „Unternehmen“. Viele Unternehmen verkennen offenbar die Tatsache, dass jeder Besucher ihrer Website ein potenzieller Bewerber ist. Oder zumindest Multiplikator. Und so investieren Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder die Lufthansa Millionen in aufwendige Employer-Branding-Kampagnen oder Bewerber-Castings, anstatt potenzielle Kandidaten da anzusprechen, wo sie sich ohnehin schon tummeln: Auf der Website des Unternehmens. Beide Websites werden monatlich mehrere Millionen Mal aufgerufen. Menschen suchen nach Bahnverbindungen oder Flügen, informieren sich über Reiseziele und Fahrpreise. Menschen, die man ohne weiteres zu Bewerbern machen könnte – wenn man sie denn auf die Karriereperspektiven respektive den Arbeitgeber aufmerksam machen würde. Auch viele Handelsunternehmen oder die großen Automobilhersteller verschenken hier unglaubliche Potenziale. Dabei könnte es so einfach sein: So ließe sich bspw. der ­„Karriere“-Link wunderbar in der Hauptnavigation unterbringen. Und der ist garantiert wichtiger, als etwa der Link zu den Unternehmensnews oder Investoreninformationen. Schließlich benötigt jedes Unternehmen Mitarbeiter, um die angepriesenen Produkte oder Dienstleistungen an den Mann respektive die Frau zu bringen. Ohnehin haben viele mit der Gestaltung einer Karriere-Website beauftragte Personen (seien es nun Personalmarketing- oder Recruiting-Verantwortliche, Marketing- oder Unternehmenskommunikations-Menschen) offenbar nur eine sehr eingeschränkte Vorstellung davon, wer denn eigentlich die Karriere-­Website ansteuert und wie sie dorthin gelangen. Und da gibt’s eben nicht den einen, wie Sie ja in Abschn. 1.3 bereits lesen konnten. Letztendlich ist es aber so, dass Ihre Karriere-Website noch so toll sein und die schönsten Videos oder Bilder aufweisen kann oder mit Preisen überhäuft sein kann – wenn sie nicht gefunden wird, war alles für die Katz beziehungsweise geht die Kommunikation komplett am Allerwertesten des Bewerbers vorbei. Dieses „gefunden werden“ bezieht sich auf zwei Aspekte: Zum einen die Auffindbarkeit der Informationen beziehungsweise des Karrierebereichs an sich auf Ihrer Corporate Website (bzw. der Informationen innerhalb der Karriere-Website), zum anderen die Auffindbarkeit über Suchmaschinen (konkreter Google), die nicht nur wegen Google for Jobs immer wichtiger wird.

2.1

Auffindbarkeit innerhalb der Corporate Website

Was denken Sie: Wie gelangen Bewerber auf Ihre Karriere-Website? Möglicherweise klickte ein Interessent in einer extern veröffentlichten Stellenanzeige auf den hoffentlich vorhandenen Link zur Karriere-Website. Möglicherweise fand er den Link auch in einer Broschüre oder irgendwo im Social Web. Vielleicht sind Sie ihm aber auch als omnipräsentes Unternehmen bekannt und er will unbedingt bei Ihnen – und nur bei Ihnen – arbeiten. All das kann bei denen zutreffen, die Sie bereits als Arbeitgeber auf dem Schirm haben, mit denen der potenzielle Interessent also irgendwie schon mal Kontakt hatte. Und dann gibt es die, die noch nie von Ihnen gehört haben oder Sie zumindest nicht in ihrem

2.1  Auffindbarkeit innerhalb der Corporate Website

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„Relevant Set“ als Arbeitgeber hatten und dann durch Zufall auf Ihre Website gelangen bzw. auf Sie als Arbeitgeber aufmerksam werden. Das heißt in der Folge also, dass Sie sowohl die einen, als auch die anderen entsprechend abholen müssen. Und zwar sowohl direkt auf Ihrer Homepage (s. o.), als auch auf den Unterseiten. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, die sich auch miteinander kombinieren lassen (sollten), das A und O aber ist und bleibt der „Karriere“-Button in der Hauptnavigation.

2.1.1 D  er Karriere-Button in der Hauptnavigation der Corporate Website Auch wenn ich oben schrieb, dass es verschiedene Besuchertypen Ihrer Website gibt, beide haben eines gemeinsam: Sie brauchen Orientierung. Schnellstmöglich und intuitiv müssen Sie die Informationen finden, die sie suchen. Schnellstmöglich heißt, nicht erst nach zwei oder mehr Klicks zu den gewünschten Inhalten zu gelangen, schnellstmöglich heißt, auf einen Blick erfassen zu können, wo sich die Informationen befinden und diese mit einem Klick ansteuern zu können. Ihre Website und die Navigation sollten selbsterklärend sein. Je mehr Klicks ein Nutzer machen muss, je mehr er nachdenken oder probieren muss, um zu seinem Ziel (und Ihrem, der Bewerbung in Ihrem Postfach!) zu gelangen, umso größer ist die Gefahr, dass er sich frustriert von der Website abwendet. Und das kann sich in Zeiten eines gerne kolportierten „Fachkräftemangels“ wohl kaum ein Unternehmen leisten. In der Folge heißt das aber auch: Der Karriere-Button muss im sichtbaren Bereich („above the fold“) platziert werden.1 Das heißt also schon einmal, dass der Footer ausscheidet, auch wenn das bei einigen Websites so Standard sei, wie mir der Marketing-Verantwortliche eines großen Schmuckanbieters klar machen wollte (welches, nebenbei bemerkt, massive Probleme hatte, Stellen zu besetzen). Mag sein, dass das Standard ist. Ist es aber gut, wenn man sich als Unternehmen Chancen verbaut, potenzielle Bewerber auf sich aufmerksam zu machen? Wohl eher nicht. Aus diesem Grund scheidet auch eine Platzierung in der Meta-Navigation (die meist klein und unauffällig dargestellten Links ganz oben in der Navigation einer Homepage, wie etwa in Abb. 2.1 dargestellt) sowie unterhalb einer anderen Rubrik, also bspw. „Über uns“ aus. Denken Sie immer an die 60 Prozent! Denken Sie immer an diejenigen im Arbeitsmarkt, die zwar einen Job haben, durchaus aber bereit sind, zu wechseln! Schließlich wollen Sie nicht nur die erreichen, die Sie schon auf dem Schirm haben, sondern auch die, die noch gar nichts von ihrem Glück wissen, sich bei Ihnen zu bewerben. Das wiederum ist nur möglich, wenn Sie den Hinweis dort platzieren, wo er dauerhaft  Gemäß einer Studie von 2010 verbringen Websitebesucher 80 Prozent ihrer Zeit damit, Informationen „above the fold“ aufzurufen. Die restlichen 20 Prozent entfallen auf den nicht sichtbaren Bereich (https://www.nngroup.com/articles/scrolling-and-attention-original-research/. Zugegriffen am 28.12.2018). Eine neuere Studie bestätigt diese Zahlen auch für modernes Webdesign (https://www. nngroup.com/articles/scrolling-and-attention/. Zugegriffen am 28.12.2018).

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

Abb. 2.1  Kaufland setzt klare Prioritäten: Während der WhatsApp-Newsletter mit Störer beworben wird und somit trotz der ungünstigen Position im Browserfenster auffällt, kann man das vom Karriere-­ Link nicht unbedingt behaupten. Der ist so unscheinbar, dass man ihn nur dann registriert, wenn man explizit danach sucht. Auf diese Weise entgehen dem Unternehmen Tausende an Bewerbern. Aber WhatsApp-Newsletter-Abonnenten sind auch um einiges wichtiger, als die zum Zeitpunkt des Aufrufs 1.737 Stellen zu besetzen. (Bildquelle: Screenshot Homepage Kaufland https://kaufland.de)

sichtbar ist: In der Hauptnavigation. Egal, auf welcher Seite der Website der Nutzer sich befindet: er hat die „Karriere“-Option immer vor Augen! Er kann sich immer mit einem Klick dazu (ver)führen lassen, Ihren Karrierebereich aufzurufen. Das funktioniert aber nicht, wenn er nicht diesen Anreiz bekommt! Natürlich sind Sie herzlich eingeladen, auch an anderer Stelle entsprechende Hinweise zu platzieren, bspw. mittels eines Text-/Bild-Teasers oder eines Banners, aber der einzige Bereich der Website, den der Nutzer dauerhaft vor Augen hat – egal, welche Unterseite er gerade ansteuert – ist nun einmal die Hauptnavigation. Die im Übrigen selbst dann am oberen Bildschirmrand stehen bleiben kann (und sollte), wenn der Nutzer scrollt. Das Ganze nennt sich dann Sticky Navigation, dazu aber an anderer Stelle mehr. Klar, dass man einen solchen Button auch entsprechend benennt. Wenn Sie eine Website abscannen, um etwas Anklickbares zu finden, macht es schon einen großen Unterschied, wie man den Menüpunkt benennt. Abgesehen davon ist der Mensch ein Gewohnheitstier, welches sich im Laufe der Jahre ein gewisses Verhalten aneignet und damit eine Erwartungshaltung geprägt wird. Insofern ist es nur logisch, diesen Bereich „Karriere“ zu benennen. Das ist gelernt und es heißt ja auch nicht von Ungefähr Karriere-Website. Abb. 2.2 zeigt ein Beispiel einer solchen Navigation. Denkbar sind auch Bezeichnungen wie „Jobs“. Allerdings sollten Navigationselemente zum einen immer einheitlich deklariert sein, zum anderen selbsterklärend. Was würden Sie unter einem Menüpunkt erwarten, der „Jobs“ heißt? Jobs. Also Stellenangebote. Nicht mehr und nicht weniger. Die Bezeichnung „Jobs“ sollten Sie also besser dem Bereich

2.1  Auffindbarkeit innerhalb der Corporate Website

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Abb. 2.2  Der Karriere-Button in der Hauptnavigation. Da, wo er hingehört und auch von denen wahrgenommen wird, die gar nicht auf der Suche nach einem Job sind, aber auf diese Weise einen Impuls bekommen. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Invers https://invers.de)

„Jobs“ vorbehalten. Denkbar hingegen wäre eine Kombination von Begriffen, wie z. B. „Jobs & Karriere“. Nach entsprechenden Begriffen wird entweder gezielt gesucht bzw. die Homepage überflogen oder aber sie setzen Impulse bei denjenigen Websitebesuchern, die eigentlich gerade wegen etwas ganz anderem auf Ihrer Website waren, aber sich durch eben solch einen Impuls dazu veranlasst sehen, sich mit Ihnen als Arbeitgeber ­auseinanderzusetzen (wie etwa die Abb. 2.32 eindrucksvoll zeigt). Also haben Begriffe wie „HR“, „Für Bewerber“, „Personal“ oder ganz besonders kreative Ergüsse wie zum Beispiel „Starten Sie durch!“ in der Navigation nichts zu suchen, weil diese nicht auf den ersten Blick erkennen lassen, dass sich hinter diesen Link-Bezeichnungen Informationen über den Arbeitgeber finden. Und noch einen weiteren Aspekt in Sachen Karriere-Button sollten Sie kennen: Je prominenter der Link in der Navigationshierarchie platziert ist, desto größer ist auch die Relevanz für Google. Dieses Kriterium ist nicht allein entscheidend für die Sichtbarkeit, aber ein wichtiger Baustein. Dazu später mehr. Bei der Konzeption Ihrer Karriere-Website müssen Sie sich immer vor Augen halten, dass auf diese Weise nicht nur der bewusst auf Sie aufmerksam gewordene Bewerber die Informationen findet, sondern auch derjenige, der noch gar nicht weiß, dass er bei Ihnen arbeiten möchte. Also zum Beispiel ein Kunde, Lieferant oder auch Mitbewerber Ihres Unternehmens. Bei so vielen unzufriedenen Mitarbeitern, wie sie diverse Studien immer wieder belegen, ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass Sie Ihre Besucher mit einem interessanten Job ködern können. Bedenken Sie stets, dass jeder Besucher Ihrer Website ein potenzieller Bewerber ist – oder aber Multiplikator (Stichwort Mundpropaganda).

2  Lesenswert dazu: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kampf-fuer-bessere-arbeitsbedingungen-die-rad-rebellen-1.3889453-2. Zugegriffen am 15.01.2019.

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

Abb. 2.3  Auf der Website von foodora findet der Nutzer unübersehbar den Hinweis darauf, sich als Fahrer zu bewerben. Nun könnte man argumentieren, dass die Handlungsaufforderung deshalb so prominent platziert ist, weil dem Unternehmen aufgrund der prekären Arbeitsbedingungen die Fahrer weglaufen. Respektive fahren. Nichtsdestotrotz ist das eine prima und auffällige Darstellung, direkt auf der Startseite auf offene Stellen hinzuweisen. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Foodora https://foodora.de)

Und es ist ganz egal, ob ein Kunde, ein Wettbewerber, ein Partner, ein Lieferant oder wer auch immer Ihre Website besucht, jeder kann – wenn er denn einen Impuls bekommt, zum Bewerber werden. „Das Marketing nahm unseren Karriere-Button von der ersten Seite weg und wir saßen da mit 50 % weniger Visits auf unsere Karriereseite. Manchmal ist die Generierung von Bewerbern ziemlich einfach, wenn man es im Unternehmen denn durchsetzen kann.“3

Wenn Sie sich einmal die Zugriffsstatistiken Ihrer Website anschauen (lassen Sie sich diese unbedingt vorlegen, wenn Sie Ihnen bisher nicht bekannt sind), so werden Sie schnell feststellen, dass die Karriere-Startseite wahrscheinlich nach der Unternehmens-­Homepage die meistbesuchte Seite Ihrer Internetpräsenz sein wird. Was glauben Sie, wie viel Potenzial Ihnen verloren geht, wenn Sie den Karriere-Button gut verstecken – bspw. im Footer? Oder anders gefragt: Was glauben Sie, wie sich die Zugriffe auf Ihren Karrierebereich vervielfachen würden, wenn der besser auffindbar wäre? Ich versuche das einmal anhand eines Beispiels etwas deutlicher zu machen. Die Deutsche Bahn, ein Unternehmen, das ich wirklich sehr schätze, sucht händeringend Nachwuchs. Millionen wurden in Employer-Branding-Maßnahmen gesteckt, erst mit der Kampagne „Kein Tag, wie ein anderer“ und nun, kumpelhaft anbiedernd, in „Willkommen, du passt zu uns“ (über das Du in der Bewerberansprache an anderer Stelle mehr). Die „7 Tage, 7 Städte“-Tour war nach eigenen Angaben das bisher größte Bewerbercasting in Deutschland. Und die Deutsche Bahn hat es dringend nötig. 19.000 Mitarbeiter wollte der Staatskonzern im vergangenen Jahr 3  https://personalmarketing2null.de/2014/02/karriere-websites-diskussion-karriere-button/#comment-5700. Zugegriffen am 30.12.2018.

2.1  Auffindbarkeit innerhalb der Corporate Website

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einstellen, darunter 3600 Auszubildende, weswegen man auch fleißig ins Recruiting investiert. Gut so! Aber. Die Deutsche Bahn verschenkt ein schier unglaubliches Potenzial, weil eine Ansprache auf der Website bahn.de nicht erfolgt. Wie naheliegend wäre es, dort bspw. das Bewerbercasting zu promoten oder auf spannende Perspektiven bei einem der größten Arbeitgeber Deutschlands hinzuweisen. Mehrere Millionen Besucher hat die Website im Monat. Die App der Bahn, der DB Navigator, wurde über 10 Millionen-mal heruntergeladen. Wenn nur ein Bruchteil der Besucher bzw. App-Nutzer auf die Karriere-Website mit in der Hauptnavigation platziertem Link oder per Teaser auf das Casting aufmerksam gemacht würde, hätte die Bahn im Nu mehr als doppelt so viele Besucher mehr auf ihrer Karriere-Website und in der Folge auch gleich mehr Bewerber. Stattdessen wirbt die Bahn Lokführer nun in Rumänien an.4 Aber die Bahn ist nicht das einzige Unternehmen, welches so agiert. Lufthansa, Telekom, die (noch) großen deutschen Autobauer und viele andere machen es genauso. Ist es deswegen gut und richtig? Nein, ist es nicht. Nun mögen Sie vielleicht fürs Recruiting in einem mittelständischen Unternehmen verantwortlich sein. Klar, dass Sie da nicht die Besucherzahlen haben, wie bspw. die Deutsche Bahn. Umso wichtiger ist es daher für Sie, alle zur Verfügung stehenden Register zu ziehen, um potenzielle Bewerber auf sich aufmerksam zu machen. Und das gelingt Ihnen am einfachsten und mit null Euro Budget mit dem Karriere-Button in der Hauptnavigation. Also, worauf warten Sie noch?

2.1.2 Aufmerksamkeit durch zusätzliche Teaser Grundsätzlich sollte es immer das Ziel sein, dort Aufmerksamkeit für den Arbeitgeber bzw. im Kontext stehende Jobs zu wecken, wo sich auch die potenzielle Zielgruppe tummelt. Letztendlich wäre die Unternehmens-Homepage auch der ideale Ort, um bereits dort eine Stellensuche zu implementieren bzw. zumindest auf die ausgeschriebenen Jobs hinzuweisen, wie etwa in Abb. 2.4 dargestellt. Kürzer kann man einem potenziellen Kandidaten den Weg zur Bewerbung kaum gestalten. Zumindest aber das Platzieren von Teasern (Teaser sind Text- oder Bild- oder Text-/ Bildelemente, mit denen zusätzliche Aufmerksamkeit für bestimmte Inhalte gefördert werden können) würde Ihnen zusätzliche Aufmerksamkeit als Arbeitgeber zuteilwerden lassen und in der Folge Bewerbungen generieren. Nehmen wir als Beispiel wieder die Deutsche Bahn, die über umfangreiche (und immense Kosten verschlingende) Plakat- und Zeitungswerbung auf Ihre Bewerbercastings aufmerksam gemacht hat. Wie einfach wäre es, über einen Teaser auf der Homepage bahn.de eine ungeahnte Anzahl an Bewerbern zu generieren. Obwohl die Bahn mehrere Tausend Mitarbeiter sucht, scheint es ihr dennoch zu gut zu gehen. Denn einen solchen Teaser finden Sie auf der Website bisher vergeblich. Allerdings ist die Bahn hier nicht alleine. Insbesondere die Unternehmen, die beim Endkunden sehr  Fachkräftemangel: Bahn wirbt rumänische Lokführer an (http://www.nordbayern.de/region/fachkraftemangel-bahn-wirbt-rumanische-lokfuhrer-an-1.8331944. Zugegriffen am 09.01.2018).

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

Abb. 2.4  Auf der Website von SEW-EURODRIVE wird ein potenzieller Bewerber nicht nur über die Hauptnavigation auf den Arbeitgeber aufmerksam, auch ein Teaser sowie ein Quicklink zu den Stellenangeboten erreicht die Besucher, die eigentlich auf der Suche nach etwas ganz anderem (oder nach Informationen über den Arbeitgeber selbst) waren. (Bildquelle: Screenshot Homepage SEW-EURODRIVE https://sew-eurodrive.de)

bekannt sind, präsentieren hier ihr Unvermögen, mit einfachsten und kostenneutralen Methoden ihre Reichweite als Arbeitgeber zu erhöhen und zusätzliche Bewerbungen zu generieren. Platzieren lassen sich solche Teaser bspw. auch dort, wo Produkte oder Dienstleistungen beworben werden. So wäre es durchaus denkbar, auf einer technischen Detailseite für Produkte, nehmen wir bspw. Motorsägen, eine Aufforderung zu platzieren, dass man sich doch bewerben möge, wenn man glaubt, eine vergleichbare oder umweltfreundlichere Motorsäge entwickeln zu können. All diese Maßnahmen kosten keinen Cent, bringen Sie Ihren Bewerbern aber schnell näher. Lediglich der Schulterschluss mit allen Stakeholdern muss gesucht werden – und das scheint es zu sein, warum sich so viele Unternehmen in der Bewerberansprache so schwertun.

2.2  Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA

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Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA

Gemäß einer Studie von Careerbuilder nutzen über 50 Prozent der Befragten Google, um gezielt nach Jobs zu suchen.5 Eine weitere Untersuchung geht noch etwas mehr ins Detail: Demnach nutzen 43,3 Prozent der Befragten Google für die Jobsuche, 49,3 Prozent für die Suche nach potenziellen Arbeitgebern und 64,7 Prozent für die Suche nach weiteren Infos über den Arbeitgeber.6 All diese Zahlen untermauern eindrucksvoll, wie wichtig es ist, mit der eigenen Karriere-Website unter den Top Suchergebnissen bei Google vertreten zu sein.7 Aber, Achtung: Es geht nicht darum, dass Ihre Karriere-Website über die Eingabe von Suchbegriffen wie „Jobs“ oder „Karriere“ in Verbindung mit Ihrem Unternehmensnamen gefunden wird. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Hier erreichen Sie nämlich nur die, die Sie ohnehin schon als Arbeitgeber vor Augen haben. Viel spannender und zielführender aber ist es doch, auch die zu erreichen, die noch gar nicht wissen, dass sie bei Ihnen arbeiten möchten. „Passiv Suchende“, die über bestimmte Suchbegriffe durch „Zufall“ auf Ihre Karriere-Website oder Jobangebote aufmerksam werden. Bspw. weil Sie als Unternehmen auf Ihrer Karriere-Website bestimmte Projekte in der Softwareentwicklung vorstellen oder über die Anwendungen in der Industrie 4.0 berichten. Wenn Sie jetzt nicht wissen, ob Ihre Jobs oder aber Ihre Karriere-Website via Google auffindbar  Careerbuilder Candidate Journey Studie 2017 (http://presse.careerbuilder.de/documents/tag/candidate-journey-studie. Zugegriffen am 12.01.2019). 6  Recruiting Trends 2018 (https://www.uni-bamberg.de/isdl/transfer/e-recruiting/recruiting-trends/ recruiting-trends-2018/. Zugegriffen am 10.01.2019). 7  Natürlich gibt es auch andere Suchmaschinen. Aber Google ist die unangefochtene Nr. 1: In der Desktop-Nutzung liegt Google bei durchschnittlich 85 Prozent Marktanteil, in der Mobile-Nutzung sogar bei 98 Prozent (https://seo-summary.de/suchmaschinen/. Zugegriffen am 28.12.2018). 5

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

sind, so kann ich Sie mit einem Song des legendären Duos Modern Talking beruhigen. Nein, nicht „You’re my heart, you’re my soul“ (dieses Motto können Sie aber getrost bei Ihrer Bewerberansprache verinnerlichen), sondern „You are not alone“. Denn viele Unternehmen geht es da wie Ihnen: Sie wissen gar nicht, ob die eigene Karriere-Webseite oder Stellenanzeigen entsprechend optimiert sind, um bei passenden Anfragen unter den ersten Suchtreffern angezeigt zu werden.8 Googeln Sie Ihre Stellenangebote Gerade über Ihre Stellenanzeigen sollten Interessenten eigentlich stolpern, denn diese bieten – zumindest theoretisch – reichlich Futter für Google. Theoretisch insofern, weil sich die meisten Stellenangebote, ausgespielt über E-Recruiting-Systeme oder eingebunden per Iframe9 (ein Iframe, genauer „Inlineframe“, dient dazu, andere Webinhalte – in unserem Fall also das E-Recruiting-Tool – in eine Website einzubetten) mit Google und in der Folge potenziellen Bewerbern, ein erfolgreiches Versteckspiel liefern. Der Grund dafür: Iframes können durch Google nicht ausgelesen werden und bedeuten einen hohen Reichweitenverlust. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob die Stellenangebote, die Sie auf Ihrer Karriere-Website publizieren, auch über Google auffindbar sind, sollten Sie Sie einfach einmal googeln. Als Suchphrase verwenden Sie am besten einen exakten Stellentitel, und diesen gesetzt in Anführungszeichen. Wird dieser angezeigt, ist das zumindest ein Zeichen, dass die Jobs von Google indiziert werden. Allerdings sagt das Ganze noch nichts über die Positionierung in den SERP (Search Engine Result Pages). Sollten Sie einen Stellentitel, wie bspw. „Field Execution Specialist“ unter den Top-Suchergebnissen bei Google finden, so können Sie sich zwar einerseits auf die Schulter klopfen, weil es Ihnen gelungen ist, mit diesem Begriff so gut gefunden zu werden, andererseits brauchen Sie sich über ausbleibende Bewerber nicht zu wundern, ist dieser Begriff doch so einzigartig, dass keiner außer Ihnen selbst danach googeln würde. Zu der Problematik von „originellen“ Stellentiteln lesen Sie an anderer Stelle mehr. Ein weiteres Problem, was das Ausspielen der Jobs über Bewerbermanagementsysteme mit sich bringt, ist, dass die meisten dieser Systeme keine Keyword-reichen URL für Ihre Job-Detailseiten verwenden. Stattdessen werden die URL mit Zahlen und Buchstaben aufgefüllt, was SEO fast aussichtslos erscheinen lässt. Wie oben schon erwähnt, nimmt die Jobsuche via Google immer mehr zu. Das hat auch Google erkannt und mit „Google for Jobs“ eine Art Jobsuchmaschine innerhalb der Suchmaschine implementiert. Gehen wir von der Annahme eines „Candidatus Oeconomicus“ aus, also dass ein Bewerber auf dem schnellsten Wege zu den relevanten Informationen, respektive Stellenangeboten gelangen möchte, wird deutlich, warum ein Großteil der ­Bewerber nach Jobs direkt über Google sucht (und nicht zwingend auf den „üblichen verdächtigen“ Stellenbörsen) und warum man Ihre Stellenangebote unbedingt finden sollte.  Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommt die Studie Recruiting Trends 2016 der Universität Bamberg. Beschämend, finden Sie nicht? Was ist mit Ihnen? Werden Ihre Stellenanzeigen gefunden? (https://www.uni-bamberg.de/isdl/transfer/e-recruiting/recruiting-trends/recruiting-trends-2016/). 9  Zum Thema Iframe siehe auch Abschn. 6.1.2. 8

2.2  Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA

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Übrigens können diese nicht nur von Google indiziert werden, sondern auch von so genannten Meta-Job-Suchmaschinen oder Job-Crawlern, wie beispielsweise kimeta oder jobsuma, die Unternehmenswebsites gezielt nach Stellenangeboten absuchen und dann in ihrem Portal veröffentlichen. Somit tauchen dann Ihre Jobs nicht nur in deren Suchergebnissen auf, sondern auch in Google und führen damit aufgrund suchmaschinenoptimierter Aufbereitung potenzielle Bewerber auf Ihre Karriere-Website. Und das ganz ohne zusätzliche Kosten! Übrigens, auch indeed, Glassdoor oder Monster bedienen sich dieser Methoden, um zusätzlichen Traffic für ihre Portale zu generieren (und Bewerberdaten abzugreifen). Dass viele Unternehmen trotz einer Vielzahl an ausgeschriebenen Jobs nicht via Google gefunden werden, kann verschiedene Ursachen haben. Ein Grund ist beispielsweise, dass sämtliche Stellen untereinander auf einer HTML-Seite ausgeschrieben werden. Wichtig ist es daher, je Position eine HTML-Seite einzurichten, die über separate Webadressen aufrufbar sind und von Google indiziert werden können. Ein weiterer Grund ist, wie oben schon beschrieben, das Einbetten der Jobs aus dem Bewerbermanagementsystem via Iframe. Das sieht nicht nur unschön aus, es birgt vor allem die Problematik, dass die Informationen für Google und in der Folge auch für einen potenziellen Bewerber quasi unsichtbar sind. Viele verlassen sich auf Ihr E-Recruiting-System und glauben, dass dank dieser Effizienz im Recruiting versprechenden Systeme auch die ausgeschriebenen Stellen besser auffindbar sind. Das ist aber ein Trugschluss, der viele Bewerber kostet. E-Recruiting-Systeme sind halt dazu da, dass Ihre Prozesse vereinfacht und beschleunigt werden. Dass Ihre Jobs besser aufgefunden werden, liegt nicht im Interesse der Anbieter. Und dann gibt es noch die Unternehmen, die Ihre Stellenanzeigen als Bild einbetten. Klar, dass auch diese nicht aufgefunden werden können. Es sei denn, Sie geben sich die Mühe und geben diesem Bild dann eine entsprechende Beschreibung mit. Zum Thema Bilder aber an anderer Stelle mehr. Dank SEO erzielen Sie zusätzliche Reichweite und erschließen neue Bewerber Selbstverständlich sind Ihre Stellenangebote nicht der einzige Inhalt, über den Sie auf Google Präsenz zeigen können. Auch Schlüsselbegriffe, die im Kontext einer Stelle beziehungsweise der entsprechendem Aufgabenbereiche stehen, können die Auffindbarkeit signifikant erhöhen und damit dazu beitragen, dass Sie auf einmal komplett neue Bewerbergruppen erschließen können, die vorher nie etwas von Ihnen als Arbeitgeber gehört haben. Und genau darum geht es ja: Um zusätzliche Reichweite und das Erschließen neuer Potenziale. Wenn man Sie mit entsprechenden Suchbegriffen findet, sind Sie Ihrem Wettbewerb schon mehr als eine Nasenlänge voraus. Allerdings bedarf es schon einiger Mühen, um die Auffindbarkeit zu erhöhen. Mühe allerdings, die sich lohnt. Entscheidend ist primär relevanter Content, der dem Nutzer einen echten Mehrwert bietet. Wenn dieser entsprechend aufbereitet wird und einige wesentliche Aspekte berücksichtigt werden, ist das schon ein großer Schritt in die richtige Richtung. An dieser Stelle würde es zu weit führen, einen kompletten Ratgeber in Sachen Suchmaschinenoptimierung abzudrucken. Zudem gibt es hier entsprechende Literatur, die sich umfänglich des Themas annimmt. Abgesehen davon wären Sie an dieser Stelle als Personalmarketing-Verantwortlicher

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

möglicherweise überfordert. Ein Blick auf viele (auch preisgekrönte) Karriere-Websites zeigt aber, dass dieses Thema nach wie vor sträflich vernachlässigt wird. Oftmals sind Unternehmen einfach nicht mehr bereit, für SEO-Maßnahmen (SEO = Search Engine Optimization, Suchmaschinenoptimierung) Budget bereitzustellen oder aber das Thema wird schlichtweg vergessen. Da die Auffindbarkeit Ihrer Karriere-Website aber einen entscheidenden Faktor im Wettbewerb um die Fachkräfte darstellt, sollten Sie das Thema unbedingt auf der Agenda haben und bei Ihrer IT oder Ihrer Agentur darauf bestehen, dass man sich dessen annimmt. Wesentliche Grundlagen der so genannten On-Page-Optimierung möchte ich Ihnen dennoch vermitteln.

2.2.1 Architektur, Navigation und URL: Die SEO-Basics Die „SEO-Basis“ legen Sie im Grunde schon mit der Wahl des CMS (Content Management System, also quasi das Betriebs- bzw. Redaktionssystem Ihrer Website). Das sollte möglichst schlank und bspw. wie Wordpress schon in seiner „DNA“ Google-freundlich sein. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Architektur der Seite. Die Webpräsenz sollte so aufgebaut sein, dass Seiten mit hoher Relevanz eine entsprechende Priorität in der Navigation eingeräumt wird. Zudem sollte sich die Seitentiefe in Grenzen halten. Bewährt haben sich Seiten bis zu einer Tiefe von drei Ebenen. Jede Seite bzw. jeder dazugehörige Menüpunkt trägt einen beschreibenden bzw. im Kontext des Seiteninhalts stehenden Namen, der sich auch im Seitentitel und in der URL (also der Internetadresse) niederschlägt. Wenn Ihre Karriere-Website also z. B. eine Unterseite mit Inhalten zur Ausbildung als Fachinformatiker beinhaltet, so sollte diese auch so heißen: Ausbildung Fachinformatiker. Leider fristet das Thema SEO in vielen Unternehmen ein trauriges Dasein, bzw. existiert schlichtweg nicht. Und so erklärt sich auch, warum viele Seiten bspw. den gleichen Seitentitel oder sogar gar keinen tragen. Den Zusammenhang zwischen Seitentitel, URL, Seitenname und Überschrift zeigen exemplarisch Abb. 2.5 und Tab. 2.1. Wichtig ist auch eine Verlinkung der Seiten untereinander. Auf vielen Karriere-­ Websites findet der Nutzer Informationen, die aber kaum oder nur wenig untereinander verlinkt sind. Dabei dient eine kontextbezogene Verlinkung nicht nur einer besseren Orientierung des Nutzers, selbiger gelangt auch schneller zu entsprechenden Inhalten. Darüber hinaus misst Google einer Website einen höheren Stellenwert bei, wenn Website-­ Inhalte aufeinander referenzieren. Oftmals stellt die interne Verlinkung überhaupt das einzige Mittel dar, um Link-Relevanz zu erzielen, weil versäumt wird, auch von externen Portalen auf die eigene Karriere-Website zu verlinken. Auch eine Seitenübersicht, die so genannte Sitemap, sollten Sie Ihrer Karriere-Website spendieren. Diese bietet nicht nur Ihren Nutzern einen schnellen Überblick über die Website, auch Google freut sich über das Auslesen solcher Inhalte. Idealerweise richten Sie für Ihre Karriere-Website zudem Google Analytics ein, schließlich wollen Sie wissen,

2.2  Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA

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Abb. 2.5  Die Abbildung zeigt den Zusammenhang zwischen Seitentitel, URL, Seitenname und Überschrift. Idealerweise sollten diese konsistent sein und im Kontext zueinander stehen. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite HSE24. https://karriere.hse24.com)

Tab. 2.1  Diese Tabelle zeigt exemplarisch den Zusammenhang zwischen Seite, Bezeichnung des Menüpunktes, Seitentitel und URL. Idealerweise hat jede Seite einen eigenen Seitentitel, der um bestimmte Keywords, wie bspw. auch dem Ortsnamen ergänzt werden kann Seite Karriere

Bezeichnung des Menüpunktes Karriere

Arbeiten bei XYZ

Arbeiten bei XYZ

Studenten

Studenten

Praktikum & Studentenjobs

Praktikum & Studentenjobs

Ausbildung

Ausbildung

Ausbildung Fachinformatiker

Ausbildung Fachinformatiker

Jobs

Jobs

Seitentitel Jobs & Karriere bei XYZ Arbeiten bei XYZ – ein ausgezeichneter Arbeitgeber Studenten – Praxisluft schnuppern bei XYZ Praktikum & Studentenjobs bei XYZ in Musterstadt Ausbildung bei XYZ in Musterstadt Ausbildung als Fachinformatiker bei XYZ in Musterstadt Jobs – Stellenangebote für XYZ

URL karriere.xyz.de oder xyz.de/karriere karriere.xyz.de/arbeiten-­ bei-­xyz karriere.xyz.de/studenten karriere.xyz.de/ studenten/praktikum-­ studentenjobs karriere.xyz.de/ ausbildung karriere.xyz.de/ ausbildung/ausbildung-­ fachinformatiker karriere.xyz.de/jobs

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

wie viele Zugriffe Ihre Website hat, woher die Nutzer kommen, welche Seiten besonders häufig angeklickt werden und welche gar nicht, an welcher Stelle Nutzer abbrechen und vieles mehr. Google Analytics bieten Ihnen darüber hinaus auch die Möglichkeit, zu definieren, welche Inhalte Google sehen soll  – und welche nicht. Dazu aber an anderer Stelle mehr. Auch bei der Gestaltung der Links gibt es etwas zu beachten: Idealerweise enthält dieser so genannte Ankertext (oder Linktext) auch den Begriff, auf den thematisch verlinkt wird. Wenn Sie also beispielsweise Informationen zum Traineeprogramm bereitstellen, verlinken Sie direkt diesen Begriff und nicht etwa nur „hier“, „mehr“ oder „weitere Infos“. Also nicht „Weitere Infos zum Traineeprogramm finden Sie hier“, sondern „Hier finden Sie weitere Infos zum Traineeprogramm“. Welche Bedeutung das richtige Verlinken hat, sehen Sie, wenn Sie einmal den Begriff „hier“ googeln. Weil bei den meisten Websites, die auf die Software Acrobat Reader verweisen, der Begriff „hier“ verlinkt wird, taucht die entsprechende Website unter den Top-Suchergebnissen auf. Verrückt, nicht wahr? Nicht selten findet man auf Websites auch Hinweise wie diese: „Für weitere Informationen klicken Sie bitte auf den Link http://www.tollesunternehmen.de/dasistnunwirklichabsoluternonsens“. So etwas ist natürlich absoluter Nonsens. Eine Website verlinkt man direkt, man schreibt nicht, worauf man zu klicken hat. Und wenn auf eine Website verlinkt wird, verlinkt man – s. o. – eben den entsprechenden Begriff. In diesem Beispiel muss es also in etwa heißen „Weitere Informationen finden Sie auf der Seite Das ist nun wirklich absoluter Nonsens“. Wichtig ist auch, dass alle Seiten über „sprechende“, also beschreibende Internetadressen (URL = Uniform Resource Locator) erreichbar sind. Oder anders ausgedrückt, diese den Navigationspfadabbilden.Sosollteesalsonichttollesunternehmen.de/cap/deabb206/3bcf5e2e49fc1&VEdST1VQPTA wMTAmQ09OVF9UWVBFX05CPTAwMDQ%3D, sondern tollesunternehmen.de/ karriere/ausbildung/e-commerce-kaufmann heißen. Solch eine Webadresse bietet nicht nur zusätzliche Orientierung für den Nutzer, sondern auch für Google.

2.2  Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA

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2.2.2 Text und Seitentitel: Darum geht’s auf Ihrer Seite Wählen Sie für jede einzelne Website einen separaten Seitentitel, der zudem eine kurze Beschreibung dessen darstellt, was auf der Website wiedergegeben wird. Idealerweise entspricht der Titel der Hauptüberschrift der jeweiligen Seite. Vorausgesetzt, diese wurde klug gewählt und ist so gestaltet, dass sie für die Zielgruppe relevante Schlüsselbegriffe enthält (Anmerkung: „Berufserfahrene“ ist kein geeignetes Schlüsselwort. Dazu an anderer Stelle mehr). Der Seitentitel sollte allerdings nach Möglichkeit 60 Zeichen nicht überschreiten, da sonst nur ein Teil in den Suchergebnissen angezeigt wird (Achtung: Buchstaben haben unterschiedliche Laufweiten, je nach Buchstabe/Satzzeichen sind zwischen 54 und 70 Zeichen möglich. Hilfreich sind hier so genannte SERP-Preview-Tools, mit denen die ideale Darstellung getestet werden kann,10 siehe dazu auch Abb. 2.6). Es gilt also genau zu überlegen, welche Begriffe man hier unterbringt, um die Auffindbarkeit und die Aufmerksamkeit des Nutzers zu erhöhen. Tipp  der Unternehmensname ist kaum relevant. Wichtiger sind Begriffe, die auf der Inhaltsseite auftauchen und von der potenziellen Zielgruppe gesucht werden könnten! Und damit das der Fall ist, sollten sich diese „Keywords“ dann auch in der Hauptüberschrift (H1), in Zwischenüberschriften (H2, H3), in Ankertexten und im Text wiederfinden. Nehmen wir wieder das Beispiel von oben. Eine Seite mit Inhalten zur Ausbildung als Fachinformatiker sollte genau diese Begriffe enthalten. In der Überschrift, im Text und im Titel. Apropos Keywords: Bitte vermeiden Sie unbedingt so genanntes „Keyword Stuffing“, also ein übermäßiges Verwenden eines oder mehrerer Schlüsselwörter im Text oder der Meta Description. Mit welchen Suchbegriffen bzw. welcher Suchphrase Ihre Website gefunden wird, entscheidet Google nach der Relevanz der Inhalte und wie die genannten Punkte (auch der nachfolgende) untereinander im Kontext stehen, nicht aufgrund der von Ihnen der Seite zugewiesenen Keywords. Verschenken Sie also nicht wertvolle Potenziale, in dem Sie Überschriften verwenden, die nicht im Kontext einer Suchanfrage stehen bzw. auf die Bedürfnisse Ihrer Bewerber einzahlen. Welche das sind, darüber sollten Sie sich natürlich schon Gedanken machen. Es gibt Anbieter von E-Recruiting-Systemen, die extra Felder anbieten, die Sie mit Keywords befüllen können. Diese sollen Ihnen eine SEO-­ Relevanz vorgaukeln, die das System aber de facto nicht besitzt! Sie dürfen diese Felder also getrost ignorieren! Über die Länge der Texte lässt sich trefflich streiten. Entscheidend ist weniger die Länge der Texte, als deren Relevanz. Ihre Aufgabe ist es, Texte mit einem echten Mehrwert für den Nutzer (und für Google) bereitzustellen. Und diese dürfen im Zweifelsfall lieber zu lang, als zu kurz sein. Ziel Ihrer Karriere-Website ist es, den Nutzer bestmöglich 10  Hierfür eignet sich bspw. der „SERP-Snippet-Generator“ (https://app.sistrix.com/de/serp-snippet-generator. Zugegriffen am 30.12.2018).

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

Abb. 2.6  Der Sistrix SERP-Generator (SERP = Search Engine Result Page) zeigt, wie Ihre Webseite in den Google Suchergebnissen erscheint und gibt wertvolle Hinweise, bspw. bezüglich der Länge des Seitentitels oder der Description. (Bildquelle: Screenshot Sistrix SERP Snippet Generator https://app.sistrix.com/en/serp-snippet-generator)

bei seinem Entscheidungsprozess für oder wider das Unternehmen zu unterstützen. Welche der bereitgestellten Inhalte er liest, entscheidet er selbst – und nicht Sie. Pauschalaussagen wie „lange Texte liest keiner“ oder „Texte müssen kurz sein, sonst werden sie nicht gelesen“, sind vollkommen fehl am Platz. Entscheidend ist nicht die Länge, sondern die Güte

2.2  Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA

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des Inhalts. Abgesehen davon gibt es nicht „DEN“ Nutzer. Jeder Jeck ist anders. Dem sollte Ihre Karriere-Website Rechnung tragen. Beispielsweise durch entsprechende Struktur im Text, so dass dieser auch quergelesen und leicht erfasst (Zwischenüberschriften, Bulletpoints, hervorgehobener Text, Weißraum, Abstände etc.) oder häppchenweise mittels Akkordeon-Menü konsumiert werden kann (dazu an anderer Stelle mehr).

2.2.3 Bild: Wichtige Informationen für Google Ein Bild sagt nicht nur mehr als tausend Worte, sondern stellt im Idealfall auch Informationen für Nutzer und Suchmaschinen bereit. Für eine bestmögliche Aufbereitung geben Sie dem Bild einen beschreibenden Alternativtext (so genannter ALT-Tag) mit und sorgen für eine kontextbezogene Bildbeschreibung. Eine kontextbezogene Bildunterschrift erleichtert nicht nur die Orientierung für den Betrachter, sondern liefert Google weitere wertvolle Anhaltspunkte. Idealerweise speichern Sie die Bilddatei direkt mit beschreibendem Namen auf dem Datenträger ab, das erleichtert auch die Auffindbarkeit auf dem Rechner. Ein Bild, welches einen Fachinformatiker-Azubi bei der Arbeit zeigt, können Sie zum Beispiel so deklarieren, wie nachfolgend dargestellt (Tab. 2.2). Die kontextbezogene Benennung Ihrer Bilder führt nicht nur zu einer besseren Auffindbarkeit bei Google, es ist auch ein wichtiger Aspekt in Sachen Barrierefreiheit. So können sich bspw. sehbeeinträchtigte Menschen den Text einer Seite vorlesen lassen – und erfahren so, dass sich ein Bild auf der Seite mit dem und dem Inhalt befindet. Auch ein Video kann die Auffindbarkeit Ihrer Karriere-Website signifikant erhöhen. Vorausgesetzt, das Video wird auf einem Portal wie Youtube oder vimeo hochgeladen, sinnvoll verschlagwortet und vor allem mit Ihrer Karriere-Website verlinkt. Google liebt Videos und zeigt diese seinen Nutzern bevorzugt an. Reichern Sie Ihr Video mit entsprechenden Informationen an und verlinken Sie direkt auf die Seite, auf der das Video zu finden ist, können Sie auf einfache Weise Ihre Reichweite erhöhen und neue Zielgruppen generieren. Zum Thema Video später mehr. Tab. 2.2  Die Tabelle zeigt exemplarisch den Zusammenhang zwischen Dateinamen, Bildbeschreibung und ALT-Tag Dateinamei Franz_Ausbildung_ Fachinformatiker_1876.jpg

Bildbeschreibung (Description) Franz bei seiner Ausbildung als Fachinformatiker

ALT-Tag Franz bei seiner Ausbildung als Fachinformatiker

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

2.2.4 T  echnik: Schnelle Ladezeiten, Mobilfähigkeit, sichere Verbindung und funktionierende Links

Ein ganz entscheidender Punkt in Sachen Suchmaschinenoptimierung ist auch die Geschwindigkeit, mit der die Seite lädt. Insbesondere ein Nutzer, der die Website mobil aufruft, freut sich über schnelle Ladezeiten – und ist schnell auf der Website Ihres Wettbewerbers, wenn Ihre zu langsam lädt. Und nicht nur der, auch Google. Google bewertet Websites, die schneller laden, deutlich besser, als langsamere Internetpräsenzen. Diese Ladezeiten lassen sich nicht nur ganz einfach testen, die (frei zugänglichen) Google Entwickler-­Tools zeigen Ihnen auch, wo es Optimierungspotenziale gibt und wie Sie Ihre Seite schneller machen können.11 Auch die Mobilfähigkeit Ihrer Website können Sie mittels solcher Tools testen:12 Google legt auch sehr viel Wert auf Sicherheit und so wurde bereits 2014 damit begonnen, Websites, die über eine verschlüsselte Verbindung (https) verfügen, im Ranking höher zu gewichten. 2018 wurde das Ganze endgültig eingeführt. Websites, die nicht über ein SSL-Zertifikat bzw. eine sichere Verbindung verfügen, werden seitdem schlechter bewertet bzw. lassen sich teilweise nicht aufrufen. Obwohl es eigentlich selbstverständlich sein sollte, dass insbesondere Unternehmens- und damit auch Karriere-Websites über eine sichere Verbindung zugänglich sind, so ist es dies in der Praxis leider nicht. Auch hier entscheidet sich also unter Umständen schon der Wettbewerb um die Talente. Nicht ganz unwesentlich ist auch, dass sämtliche Links der Website funktionieren und die Website dauerhaft erreichbar ist. Insbesondere wenn neue Inhalte bzw. Seiten hinzugefügt oder aber Inhalte bzw. Seiten gelöscht oder ausgeblendet werden (bspw. weil eine Unterseite für Saisonkräfte im Weihnachtsgeschäft nicht das ganze Jahr von Relevanz ist), passiert es schon mal, dass eine Seite nicht erreichbar ist. Das sollte natürlich nicht passieren – zum einen führt das zu Frustrationser https://developers.google.com/speed/pagespeed/insights/. Zugegriffen am 14.01.2019.  https://search.google.com/test/mobile-friendly. Zugegriffen am 14.01.2019.

11 12

2.2  Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA

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lebnissen beim Nutzer, zum anderen können solche „broken links“ auch dazu führen, im Suchmaschinenranking abgestraft zu werden. Beides sollte aber unbedingt vermieden werden. Das Zusammenspiel der genannten Aspekte URL, Struktur, Text, Titel, Bild, Tags und Geschwindigkeit beeinflusst die Auffindbarkeit Ihrer Website signifikant. Umso wichtiger, das bereits während der Umsetzungsphase im Blick zu haben, auf schlanken Code und Bilder mit geringer Datengröße zu setzen und Social Media-Feeds nur sparsam oder gar nicht einzusetzen, denn nicht selten sind diese es, die aus einer eigentlich schnellen Website eine lahme Ente machen können.

2.2.5 Google for Jobs Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Buchs ist Google for Jobs bereits in über 100 Ländern und neun Sprachen verfügbar. In Europa wurde der Dienst zunächst in Spanien und Großbritannien ausgerollt und hat dort seine Wirkung gezeigt: Jobbörsen wie Unternehmen profitieren von mehr Traffic auf ihren Seiten, Unternehmen von mehr Bewerbungen. In Deutschland ist der Service offiziell seit Mai verfügbar. Aber worum geht es eigentlich? Google revolutioniert mit diesem Feature die Jobsuche. Anstatt wie bisher eine Vielzahl von Jobseiten ansteuern zu müssen, muss der Nutzer Google nicht mehr verlassen, da ihm entsprechende Jobs prominent direkt innerhalb von Google angezeigt werden – und zwar oberhalb der organischen Suchergebnisse und unterhalb der Google Ads (sofern vorhanden) angezeigt werden (siehe Abb. 2.7). Weitere Suchergebnisse bekommt der Nutzer erst zu sehen, wenn er die Seite herunterscrollt. Wer bei Google for Jobs erscheinen möchte, muss seine Stellenangebote nur nach einem bestimmten Schema aufbauen.13 Auf der Seite schema.org bzw. bei Google selbst finden Sie umfangreiche Informationen, wie das Ganze funktioniert. Dabei sollten Sie sich gut an die Anweisungen halten, damit das bestmögliche Resultat erzielt werden kann. Die Stellenangebote innerhalb von Google Jobs werden angereichert um Gehaltsangaben bzw. Gehaltsspannen, um Arbeitgeberbewertungen sowie um Angaben zu Fahrtweg und -dauer (vorausgesetzt, das Unternehmen hat die Daten entsprechend hinterlegt). Auch eine unmittelbare Bewerbung via Google Jobs ist möglich.

2.2.6 Mit Suchmaschinenwerbung zusätzliche Reichweite generieren Während es bei SEO darum geht, mit den Inhalten der Karriere-Website möglichst gut platziert innerhalb der organischen Suchergebnisse (SERP) zu erscheinen, handelt es sich beim Suchmaschinenmarketing (SEM = Search Engine Marketing) bzw. der Suchmaschinenwerbung  https://developers.google.com/search/docs/data-types/job-posting. Zugegriffen am 21.12.2018.

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

Abb. 2.7  Google für Jobs zeigt als so genanntes Enriched Search Result die Jobs direkt innerhalb von Google an. Ein Klick auf die blaue Box führt den Nutzer dann auf Googles Jobseite. Organische Suchergebnisse, etwa aus anderen Stellenbörsen, erscheinen erst unterhalb der blauen Box und damit nicht mehr im sichtbaren Bereich. Insbesondere bei der mobilen Ansicht bedeutet das für den organischen Traffic fühlbare Einbußen. (Bildquelle: Screenshot Google LLC.  Google und das Google-­Logo sind eingetragene Marken von Google Inc., Verwendung mit Genehmigung)

(SEA = Search Engine Advertising) um eine zusätzliche, kostenpflichtige Marketingmaßnahme. Die bezahlten Google Anzeigen (Google Ads) erscheinen ober- oder unterhalb der organischen Suchergebnisse und sind als Anzeige gekennzeichnet (siehe Abb. 2.8). Um auf Google mit einer solchen Anzeige zu erscheinen, müssen Sie einen von Ihnen frei definierbaren Betrag auf bestimmte Suchphrasen bieten. Dabei gilt: je höher Ihr Gebot, desto besser in der Regel auch die Platzierung der Anzeige (abhängig vom Wettbewerb und der Suchphrase). Allerdings gilt auch hier: Qualität vor Quantität. Ist Google der Meinung, dass der Anzeige die notwendige Relevanz zur Suchanfrage fehlt oder die Qualität nicht ausreichend ist, kann es durchaus vorkommen, dass die Anzeige nicht oder nicht auf dem ersten Platz erscheint. Neben den Kosten für die Anzeigenschaltung gibt es noch einen weiteren Aspekt, der SEO von SEA unterscheidet. Bei der b­ ezahlten Werbung innerhalb von Google besteht eine Vielzahl von Möglichkeiten, was die Steuerung der Ausspielung von Anzeigen angeht.

2.2  Auffindbarkeit via Google: SEO und SEA

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Abb. 2.8  Die Google Anzeige (Google Ad) ist in diesem Falle an erster Stelle, oberhalb der organischen Suchergebnisse positioniert. Erkennbar ist die Anzeige durch den Zusatz „Anzeige“. Das Beispiel zeigt auch sehr schön, wie man dem Wettbewerb die lange Nase zeigen könnte. Auftauchen tut dieser Eintrag nämlich bei einer Abfrage nach „Daimler Elektrotechnik Ingenieur“. Während Daimler in den Suchergebnissen übrigens nicht erscheint, wäre das eine Chance für den TÜV Süd, dem Autobauer Kandidaten abzujagen. Weil aber eine entsprechende Landingpage fehlt, dürfte das kaum passieren. (Bildquelle: Screenshot Google LLC. Google und das Google-Logo sind eingetragene Marken von Google Inc., Verwendung mit Genehmigung)

Während bei SEO die Ausspielung der Suchergebnisse im Wesentlichen vom Algorithmus der Suchmaschine abhängt, können Sie bei SEA verschiedene Parameter beeinflussen. Das sind neben der Buchung von Keywords und Suchphrasen zum Beispiel geografische Eingrenzungen (etwa Stadt, PLZ, Region, Land), sprachabhängige Einstellungen, Endgerät abhängige Einstellungen (Desktop, Mobile, Tablet), zeitbasierte Aspekte (Wochentage, Wochenenden, Uhrzeiten), demografische Merkmale und vieles mehr. Zudem können Sie bestimmen, wo Ihre Anzeigen erscheinen (zum Beispiel bestimmte themenbezogenen Websites, Apps etc.). Während SEO erst nach längerer Zeit seine Wirkung entfaltet, bietet SEA den Vorteil, dass Sie sofort damit durchstarten können. Mittels SEA kann es Ihnen zudem gelingen, zusätzliche Bewerber zu generieren bzw. zumindest das Unternehmen im Relevant Set des Nutzers zu verankern. Allerdings sind Google Adwords nur von Erfolg gekrönt, wenn der Nutzer auch das vorfindet, was ihm mittels der kleinen Anzeigen versprochen wurde. Ist die Landing-Page nicht auf die Bedürfnisse des Interessenten ausgelegt bzw. weckt dessen Interesse, ist dieser ganz schnell weg – ebenso wie das

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2  Ohne Auffindbarkeit keine Bewerber

von Ihnen festgelegte Budget.14 Tipp: Schauen Sie sich einmal das Tool persomatch.de an. Dort können Sie von Google Ads profitieren, müssen sich aber nicht mit dem Thema in der Tiefe auseinandersetzen. Das Tool ist idiotensicher zu bedienen und steuert die Anzeigen für bestmöglichen Erfolg automatisiert aus.

2.3

Auffindbarkeit via Browser

Einen Aspekt dürfen wir unter dem Stichwort Auffindbarkeit nicht außer Acht lassen: Ihre Karriere-Website sollte auch über die direkte Eingabe im Browser zu erreichen sein. Nichts spricht dagegen, dass Ihre Website über die Eingabe des Unternehmensnamens mit Zusatz von „karriere“, also tollesunternehmen.de/karriere aufrufbar ist. Selbst, wenn Sie über eine andere Domainendung, also bspw.com, verfügen oder Sie mit einer Subdomain wie www.karriere.tollesunternehmen.de arbeiten, eine Weiterleitung von tollesunternehmen.de/karriere auf karriere.tollesunternehmen.com ist im Nu eingerichtet und kostet Sie außer einer geringen Gebühr nur ein paar Mausklicks. Ihre Vorteile? Bewerber können Sie intuitiv auffinden und Sie haben eine Internetadresse, die sich wunderbar kommunizieren lässt – ob in Broschüren, in Stellenanzeigen oder wo auch immer. Das können Sie natürlich beliebig weiterspielen: So können Sie zum Beispiel bestimmte Zielseiten via Weiterleitung direkt kommunizieren und den Bewerber von Ihrem Stellenangebot direkt zu den für ihn wesentlichen Informationen führen  – beispielsweise über einen Link wie tollesunternehmen.de/ingenieure. Auf diese Weise landet der Bewerber direkt auf der richtigen Seite und er muss sich nicht erst zu den relevanten Inhalten durchklicken, wobei er Ihnen auf der Suche nach diesen möglicherweise frustriert den Rücken kehrt. Es muss natürlich nicht immer nur „karriere“ heißen, denkbar sind auch komplett andere URL. So ist die Karriere-Website der Polizei Sachsen bspw. über die URL verdaechtig-­ gute-­jobs.de zu erreichen, die Website der St. Augustinus-Gruppe über die sympathische URL wirsuchenmenschen.de. Ob es immer so klug ist, das auf diese Weise zu machen, weil Ihnen so unter Umständen das entscheidende Tüpfelchen auf dem i für SEO-­ Maßnahmen fehlt, sei einmal dahin gestellt. Aber egal, wie Sie das Kind nun benennen, eine Weiterleitung von tollesunternehmen.de/karriere auf Ihren Wunschnamen ist schnell eingerichtet und hilft potenziellen Kandidaten, Sie besser aufzufinden. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Domain. Warum sollte Ihre Website nicht über die .de-Endung aufrufbar sein? Woher soll ein Bewerber wissen, dass Sie, obwohl ein deutsches ­Unternehmen, nur über .com erreichbar sind? Wenn Ihre URL also nicht schon vergeben ist, sichern Sie sie jetzt!  Zum Thema SEA im Recruiting siehe auch „Suchmaschinenmarketing in der Personalakquise“, Piening, Kampmeyer, 2018 Springer Gabler. Google Adwords allgemein: https://ads.google.com. 14

2.3  Auffindbarkeit via Browser

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Achtung: Während es früher üblich war, dass www mit in die Browserzeile einzugeben, ist dies heute eigentlich obsolet. Eigentlich, weil Ihre Karriere-Website auch ohne das vorangestellte www aufrufbar sein sollte. Ist sie aber manchmal nicht. Hier gilt es dann schleunigst, eine 301-Weiterleitung einzurichten.15 Das machen die Kollegen aus der IT sicherlich gerne für Sie.

15  Um Google mitzuteilen, unter welcher URL (z.  B. www.tollesunternehmen.de, tollesunternehmen.de) Ihre Website erreichbar sein soll, muss serverseitig eine permanente Weiterleitung eingerichtet werden. Eine der Internetadressen wird dann als zu indexierende URL ausgewählt und die anderen URL mithilfe der 301-Weiterleitung darauf umgeleitet. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Nutzer an die begehrten Inhalte gelangt und das „Diese-Website-ist-nicht-verfügbar-Dilemma“, welches Sie u. U. Bewerber kosten kann, ausbleibt.

3

Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Im Grunde genommen zieht sich der Aspekt der Auffindbarkeit wie ein roter Faden durch die gesamte Karriere-Website. Schließlich sollen nicht nur die Website selbst, sondern auch alle Inhalte und Seiten der Präsenz gefunden werden. Und zwar so schnell wie möglich, idealerweise mit einem, maximal zwei Klicks. Der Aufbau der Karriere-Website, das generelle Design oder die Übersichtlichkeit von Seiten und Jobbörse sind Faktoren, die nach Ansicht potenzieller Bewerber eine entscheidende Auswirkung auf den Erfolg der Online-Präsenz haben und darüber entscheiden, ob sie sich bewerben oder nicht. Grund genug, sich damit auseinanderzusetzen, was nutzerfreundliches Design1 und ein nutzerfreundlicher Aufbau der Website bedeuten.

 Design bezieht sich hier primär auf die technischen und konzeptionellen Aspekte der Gestaltung, weniger auf die kreative Umsetzung. Wobei das eine das andere bedingt.

1

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_3

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Bei der Usability steht der Nutzer mit seinen Bedürfnissen immer im Mittelpunkt Ihrer Bemühungen – nicht Sie oder das Unternehmen. Je aufgeräumter und strukturierter Ihre Website, umso besser. Funktionalitäten haben also keinerlei Relevanz, sofern sie von Ihren Nutzern nicht erfasst und/oder verwendet werden können. Bezogen auf eine Karriere-­ Website ist beispielsweise die (Be-)Nutzbarkeit von Social-Sharing-Funktionen deutlich geringer zu bewerten, als die der Stellenbörse oder des Bewerbungsprozesses. Auch wenn die Veröffentlichung dieses Zitats eines Bewerbers nun schon einige Jahre zurückliegt, es hat nichts an Aktualität eingebüßt: „Als Bewerber erwarte ich auf der Unternehmenswebsite sauber getrennte Bereiche für die unterschiedlichen Bewerberarten – […] Es ist echt übel, wenn mir Unternehmen einen Brei von Infos vorsetzen und ich mir selber zusammensuchen muss, was mich davon interessiert. Oft fliegen Unternehmen bei mir aus dem Rennen, wenn sie keine ordentliche Website haben“.2

Design ist kein Selbstzweck  Bitte vermeiden Sie besonders fancy Anwendungen, weil sie gerade „in“ sind. Slider oder der Parallax-Effekt3 sind solche Beispiele. Die Inhalte auf Slidern schaut sich kaum jemand an (insbesondere, wenn Sie versuchen, dort möglichst viele Punkte unterzubringen), Parallax-Effekte um des Parallax-Effektes willen bringen niemandem etwas. Klar, Sie wollen eine Website mit Wow!-Effekt, die geil aussieht und Eindruck bei Ihren Bewerbern schindet. Denen gehen solche Effekte aber so ziemlich am Allerwertesten vorbei, wenn sie nicht die nötigen Informationen finden oder die Ladezeit unnötig gesteigert wird (oder glauben Sie wirklich, dass die Anzahl der im Jahr getrunkenen Tassen Kaffee wichtiger ist, als Informationen über Projekte, die einen potenziellen Mitarbeiter im Unternehmen erwarten?). Genau diese Informationen, der einfache Weg dorthin und ein wertschätzender Bewerbungsprozess sind es, die den Wow!-Effekt erzeugen und Eindruck bei Ihren Bewerbern schinden. Das Design Ihrer Karriere-Website soll also nicht (nur) hübsch anzuschauen sein und die Wertigkeit einer Arbeitgebermarke steigern, sondern primär den schnellsten Weg zu den Stellenangeboten beziehungsweise zur Bewerbung ermöglichen.

 Bewerbermagnet (A. Haitzer 2011, S. 78).  Der Parallax-Effekt ist ein interaktiver Effekt im Webdesign, der besonders gerne beim Scrollen der Seite (vertikal und/oder horizontal) Einsatz findet und Websitebesuchern bspw. auf beeindruckende Weise anzeigt, wie viel Tassen Kaffee bei Ihnen im Unternehmen getrunken werden oder wie viele Mitarbeiter bei Ihnen im Unternehmen beschäftigt wird. Dabei wird keine statische Zahl angezeigt, sondern beim Scrollen nach oben gezählt. Obwohl der Effekt in der Webdesign-Szene als überbeansprucht gilt, erfreut er sich bei Auftraggebern nach wie vor großer Beliebtheit. Möge dieses Buch dazu beitragen, dass sich das zumindest bei Karriere-Websites ändert.

2 3

3.1  Startseite: Hier fängt alles an

3.1

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Startseite: Hier fängt alles an

Auch wenn eigentlich jede Seite Ihrer Karriere-Website eine „Startseite“ ist (schließlich wissen Sie nie, woher Ihr Besucher kam und wie er den Einstieg in Ihre Online-Präsenz gefunden hat) und Sie daher auf jeder Seite alles dafür tun müssen, dass aus einem Besucher ein Bewerber wird, gibt es sie natürlich: die Homepage einer Web-Präsenz. Und diese Karriere-Startseite muss Ihrem Besucher auf Anhieb sagen können, welche Website er da gerade aufgerufen hat und wozu sie dient. Sie denken vielleicht, das sei doch selbstverständlich. Nun, das denke ich auch. Aber glauben Sie mir, ist es nicht. Ich weiß nicht, wie viele Karriere-Websites ich schon gesehen habe, wo das nicht der Fall war. Wenn ich nicht wüsste, dass es sich um eine Karriere-Website handelt, hätte ich es nicht unmittelbar erkennen können. Ganz einfach, weil eine entsprechende Kennzeichnung fehlte. Damit also wirklich klar ist, dass es sich um eine Karriere-Website handelt, sollte das da auch stehen. Und zwar nicht nur irgendwo auf der Startseite, sondern dauerhaft, als Bestandteil der Primärnavigation. Es gibt so viele Karriere-Websites, die einem viel Rätselraten bereiten. „Von welchem Unternehmen mag dieser Auftritt sein? Um was geht es wohl auf dieser Website?“, sind die Fragen, die einem Besucher dann durch den Kopf gehen (Abb. 3.1 zeigt exemplarisch solch eine Seite. Dass es hier um Karrierethemen geht, erschließt sich dem Besucher der Seite nicht unmittelbar). Sorgen Sie dafür, dass Ihr Arbeitgeber-­Auftritt nicht dazu gehört!

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Abb. 3.1  Worum mag es auf dieser Website gehen? Fragen über Fragen, die einem Besucher hier durch den Kopf gehen. Er erfährt weder, dass er sich auf einer Karriereseite befindet, noch was bspw. der Unterschied zwischen „Über uns“, „Das machen wir“ und „Das sind wir“ ist. Da er die Antwort nicht auf einen Blick erhält, ist er schneller weg, als er die Seite aufrief. Schade auch, dass die in den sieben Slider-Elementen versteckten Botschaften so schnell an den Augen des Nutzers vorbeihuschen, dass er die verkündeten Botschaften kaum entziffern kann (siehe dazu auch Abschn. 3.4.2). (Bildquelle: Screenshot Karriereseite EVONIK https://evonik.de/karriere)

Die Aufgabe der Startseite ist es zu vermitteln, welche Inhalte Ihre Karriere-Website bietet (jede Menge Infos über Sie als Arbeitgeber und Jobs) und was ein Nutzer dort tun kann (bewerben, bewerben, bewerben!). Und nein, es weiß nicht unbedingt jeder Besucher Ihrer Website, worum es dort geht (immer daran denken: Ihre Nutzer können von überall her kommen). Diese Orientierung verschaffen Sie gewöhnlich mit der globalen (auch persistenten) Navigation (eine globale Navigation ist ein Satz von Navigationselementen, die mit einem einheitlichen Aussehen und mit einer gleichbleibenden Funktionsweise am gleichen Platz wiederkehrt). Sie kennen das mit Sicherheit aus eigener Erfahrung. Wenn Sie eine Website besuchen und nicht das finden, was sie suchten, bleiben Sie wahrscheinlich nicht lange und sind schneller weg, als Sie „Blaubeerkuchen“ sagen können.4 Okay, vielleicht nicht ganz so schnell. Wahrscheinlich aber wird die Website Sie sogar nie wieder zu Gesicht bekommen. Tatsächlich gibt es Studien, die genau das belegen: 90 Prozent der Besucher einer Karriere-­Website ergreifen instinktiv die Flucht, wenn sie ihnen nicht das bietet, was sie sollte. Und dank eines natürlichen Schutzinstinktes kommen die auch nie wieder. Insofern ist es also wichtig, dass die Website mit einer einfachen, selbst erklärenden Navigation überzeugt. Damit potenzielle Bewerber möglichst schnell  Ein legendäres Zitat aus dem Kultfilm Pulp Fiction. Butch: „Ich bin zurück, bevor du Blaubeerkuchen sagen kannst“. Fabienne: „Blaubeerkuchen“. Butch: „Okay, vielleicht nicht so schnell. Aber ziemlich schnell.“

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3.2  Navigation und Menü: Das „Baugerüst“ Ihrer Website

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zu den Inhalten ­beziehungsweise Seiten gelangen, muss die Navigation so gestaltet sein, dass sie zum einen jederzeit erreichbar ist, zum anderen aber erkennen lässt, was auf den einzelnen Seiten zu finden ist. Egal auf welcher Seite sich der Nutzer befindet – er muss jederzeit die für ihn relevanten Infos finden und vor allem auch vor- und zurück navigieren können.

3.2

Navigation und Menü: Das „Baugerüst“ Ihrer Website

Die Navigationselemente einer Karriere-Website sollen dem Besucher beim Finden des Gesuchten helfen – seien es Jobs, seien es Informationen über den Arbeitgeber – und ihm sagen, was die Website beinhaltet, wo er sich befindet und wie er sie bedienen soll. Die globale Navigation vermittelt Ihnen mit einem einheitlichen Aussehen auf jeder Seite am gleichen Platz, dass Sie sich immer noch auf der gleichen Website befinden – was wichtig ist, denn im WWW gibt es weder ein Gefühl der räumlichen Orientierung oder der Richtung, geschweige denn ein Gefühl für die Größe der Website. Daher haben sich im Laufe der Jahre bestimmte Konventionen entwickelt, die uneingeschränkt Gültigkeit haben (auch wenn Web-Designer diese Konventionen gerne über den Haufen werfen, weil sie gerne aus dem Gefängnis der Konventionen ausbrechen und sich kreativ austoben wollen. Was zumeist auf Kosten des Nutzers geht, wie Abb. 3.2 beispielhaft zeigt). Wesentliche Elemente einer Website sind Website-Kennung (Logo/Unternehmensname), Primär- (oder Haupt)-Navigation (hier werden die Sektionen, also die Hauptbereiche verortet), lokale Navigation (die Elemente auf der aktuellen Ebene, auch Sekundär- oder Sub-­Navigation genannt), Seitenname (jede einzelne Seite hat einen Namen), Footer-­Navigation (also die Navigation am Fuß der Seite, wo gerne der Karriere-Button versteckt und damit nicht aufgefunden wird) und die Meta-Navigation (auch ein beliebter Ort, den Button zu verstecken, aber eigentlich dafür gedacht, hier

Abb. 3.2  Verwirrende Navigation auf der Karriere-Website von Detecon. Was davon sind grafische Elemente, was sind Navigationselemente? Auf welcher Ebene befindet sich der Nutzer? Fragen, auf die diese Art der Darstellung nur bedingt eine Antwort gibt. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite DETECON https://www.detecon.com/de/karriere)

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Elemente zu platzieren, die nicht Bestandteile der inhaltlichen Hierarchie sind, z.  B. eine Websuche, Kontakt, Impressum oder auch um die Sprachversion der Website zu wählen). Den Zusammenhang zwischen Haupt- und Sekundärnavigation finden Sie exemplarisch in Abb. 3.3 dargestellt.

3.2.1 Die Hauptnavigation: Immer erreichbar Die Hauptnavigation befindet sich in der Regel (und sinnvollerweise) im oberen Bereich der Web-Präsenz. Während in den letzten Jahren die umgekehrte L-Navigation, eine Kombination aus oberer Navigation (für die Hauptnavigation) und linker Navigationsleiste (für die Unterseiten bzw. die Subnavigation), ein gängiger Standard war, hat sich auch vor dem Hintergrund der Nutzung mobiler Endgeräte, neuer, größerer Bildschirmabmessungen und fortschrittlicher Web-Technologien, eine Navigation am oberen Bereich etabliert. Eins der wichtigsten Elemente in der globalen Navigation ist der Home-Button, der einen Besucher immer wieder auf die Startseite einer Website bringt. Oft entspricht dieser dem Unternehmenslogo, welches zusätzliche Orientierung vermittelt. Es sagt Ihnen zuverlässig, dass Sie auf der Karriere-Website von XYZ sind. Deswegen gehört es auch auf jede Seite. Jede. Die Kennung der Website erwartet der Nutzer gewöhnlich in der linken oberen Ecke jeder Seite Ihrer Internetpräsenz. Genau wie der Karriere-Button, sollten auch die Stellenangebote von jeder Seite aus erreichbar sein. Ein entsprechender Link, prominent platziert und als „Call to Action“ hervorgehoben, sollte immer im Sichtfeld des Nutzers sein (etwa wie in Abb. 3.4 gezeigt). Stets sollte bedacht werden, dass ein Nutzer auf ganz unterschiedlichen Wegen auf eine Website gelangt. Insgesamt fünf verschiedene Nutzertypen gibt es, die Ihre Karriere-­ Website besuchen. Wie Sie bereits in Abschn.  1.3 erfahren haben, kommt nicht jeder

Abb. 3.3  Globale Navigation mit Haupt- und Sekundärnavigation. Während das Logo in der Regel links erwartet wird, hat man sich hier entschieden, es nach rechts zu verschieben. Das Logo ist gleichzeitig Home-Button. Dass es sich um die Karriere-Website von STIHL kann man sich zusammenreimen, geht aber nicht unmittelbar aus dem Webauftritt hervor. Vorbildlich: Die Stellenangebote sind jederzeit erreichbar, auch eine Stellensuche ist unmittelbar aus der Hauptnavigation heraus möglich. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite STIHL https://arbeiten-bei-stihl.de)

3.2  Navigation und Menü: Das „Baugerüst“ Ihrer Website

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Abb. 3.4  Auf der Website von TWT Digital Health wird der Nutzer unmittelbar auf die Jobs aufmerksam und sieht auch direkt, dass und wie viele Stellen aktuell ausgeschrieben sind. Vorbildlich gelöst! (Bildquelle: Screenshot Homepage TWT Digital Health https://www.twt-digital-health.de/)

­ utzer über die Startseite, sondern wird vielmehr über Google auf die Website gelotst. N Umso wichtiger ist es also, den Zugang zu den relevanten Informationen/Bereichen möglichst einfach zu gestalten und von jeder Seite aus zu ermöglichen. Anstatt eines Teasers/Links zur Jobseite ist auch das Einbetten der Jobs direkt in der jeweiligen (Zielgruppen)-Seite naheliegend und empfehlenswert. Warum wollen Sie Ihre Bewerber zu überflüssigen Klicks nötigen? Sie wissen doch: Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Das wusste schon der alte Goethe.5

Weit verbreitet auf Websites ist mittlerweile auch das sogenannte „Hamburger“- oder „Burger“-Menü, also drei übereinanderliegende Striche (Brötchenhälfte, Fleischeinlage (wahlweise auch ein Veggiepatty), Brötchenhälfte6). Der Einsatz dieses Elements ist bei Smartphone-Auflösung alleine aus Platzgründen konsequent, auf der Desktop-Variante,  Richtig heißt es in Goethes Vierzeiler „Erinnerung“: „Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen, Denn das Glück ist immer da.“ Das Glück ergreifen, das sollen auch die Besucher Ihrer Karriere-Website. Indem sie sich bewerben. Oder auch Sie. Bei der Gestaltung der Website. 6  Brötchen = Schrippe = Semmel = Wecken = Weck = Kipf = Wegg = Stüütke = Rundstück = Bömmel. 5

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Abb. 3.5  Was mag sich wohl hinter dem Burger-Symbol verstecken? Die Navigation auf der Karriere-­Website des Gesundheitskonzerns lässt viele Fragen offen und nötigt die Besucher zu unnötigen Klicks. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Fresenius https://karriere.fresenius.de)

Abb. 3.6  Die Sticky Navigation „klebt“ immer am Bildschirmrand – egal, wo sich der Nutzer aufhält, durch eine minimale Scrollbewegung erscheint die Navigation und bietet ihm beste Orientierung. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite HSE24 https://karriere.hse24.com)

wie etwa in Abb. 3.5 oder 3.8 gezeigt, hat er allerdings (als alleiniges Navigationselement) nichts verloren. Für jeden Navigationsschritt müssen nämlich mindestens zwei Interaktionen ausgeführt werden: Klick aufs Symbol, Klick auf den Menüpunkt. Das mag nicht sonderlich viel erscheinen, ist in der Nutzerführung aber alles andere als effizient. Vor allem lassen sich die Navigationspunkte in einem Burger-Menü nicht auf einen Blick erfassen, es gibt keine Orientierung für den Nutzer. Und genau die wollen Sie Ihren potenziellen Bewerbern ja bieten. Das unterstelle ich zumindest. Jedes Rätselraten, jeder Klick zu viel, kann schon das Aus der Bewerbung bedeuten. Auch steht Ihnen in der Desktop-Variante ausreichend Platz zur Verfügung. Warum diesen also verschenken? Um dem Nutzer jederzeit bestmögliche Orientierung zu gestatten, empfiehlt sich die so genannte „Sticky Navigation“, wie in Abb.  3.6 exemplarisch gezeigt. Hier „klebt“ die Navigationszeile quasi immer am oberen Bildschirmrand, auch wenn der Nutzer die Seite herunterscrollt. Auf diese Weise ist bestmögliche Orientierung garantiert.

3.2  Navigation und Menü: Das „Baugerüst“ Ihrer Website

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3.2.2 Die Sekundärnavigation Die Sekundär-Navigation wird oft in Form eines so genannten Mega-Menüs dargestellt. Bei Klick auf die Hauptnavigation oder per Mouseover öffnet sich ein Layer, der auf einen Blick die Unterseiten hierarchisch gegliedert anzeigt. Dabei empfiehlt es sich, je nach Seitenumfang die Sekundär-Navigation nur je Sektion anzuzeigen, nicht für alle Sektionen auf einmal. Alternativ findet sich die Sekundärnavigation aber auch am linken Bildschirmrand. Diese Navigation vermittelt einem dann Orientierung darüber, welche Inhalte einen auf der besuchten Ebenen erwarten. Auf der besuchten Seite selbst wird Orientierung durch das Hervorheben des gegenwärtigen Standortes in der Navigationszeile bzw. in auf der Seite platzierten Menüs oder Listen möglich. Es gibt verschiedene Wege, den aktuellen Standort hervorzuheben: etwa Textfarbe ändern, Fettdruck oder die Farbe des Buttons ändern. Wie Sie es machen, ist fast egal. Hauptsache, es wird gemacht und es ist wirklich sichtbar. Gute Menüs zeigen dem Nutzer immer an, wo er sich gerade befindet und weisen ihm den Weg. Überlegen Sie grundsätzlich, welche Funktionen entbehrlich oder zweitrangig sind und eliminieren oder verstecken Sie sie. Natürlich könnten Sie im Navigationsmenü alle Seiten auf einen Blick anzeigen. Das würde aber eher für Verwirrung sorgen, als einen Nutzen stiften. Nutzen stiftet auch eine klare und eindeutige (beschreibende) Bezeichnung der Menüpunkte. Einer entsprechenden Deklaration lässt sich nicht nur entnehmen, was sich hinter der Bezeichnung verbirgt, so dass sich der Nutzer intuitiv durch die Website ­bewegen kann. Sinnvoll vergebene Bezeichnungen für die Menüpunkte sind zudem auch wichtiger Bestandteil Ihrer SEO-Strategie. Ganz wichtig sind auch eine klare Bezeichnung der Links und das Vermeiden von Redundanzen. Wie es weniger gut gelungen ist, zeigt exemplarisch Abb. 3.7.

Abb. 3.7  Ein großer deutscher Ingenieurdienstleister zeigt, wie es besser nicht geht: Was mag wohl der Unterschied zwischen „Jobs & Bewerbung“ und „Jobangebote“ sein? Und um welches „Services“ mag es sich handeln? (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Ferchau https://www.ferchau. com/de/de/karriere/)

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

3.2.3 Die Breadcrumb-Navigation: Hänsel und Gretel lassen grüßen

Für Orientierung sorgt zudem die so genannte Breadcrumb Navigation (Brotkrumenoder Pfadnavigation). Gleich Hänsel, der sich anhand der von ihm gestreuten Brotkrumen den Nachhauseweg markiert hat (was keine so gute Idee war, weil sich die Vögel darüber hergemacht haben und Hänsel und Gretel letztendlich im Hexenhaus landeten), zeigt diese Navigation dem Nutzer den Pfad von der Startseite zur aktuell besuchten Ebene, so dass dieser jeder Zeit wieder „nach Hause“ findet bzw. sich bestmöglich orientieren kann.

3.2.4 Die Anzahl der Menüpunkte Apropos Navigationspunkte: Weniger ist mehr. Wählen Sie die Menüpunkte gezielt und wohlbedacht aus. Wägen Sie ab zwischen bestmöglicher Übersichtlichkeit und erforderlicher Anzahl an Menüpunkten. Müssen es wirklich acht (oder sogar mehr) sein oder reichen fünf. Müssen „Kontakt“ und „FAQ“ (Frequently Asked Questions) wirklich in die Hauptnavigation? Eine Navigationsleiste ist übersichtlicher wenn sie nur 7  ±  2 Menüpunkte enthält. Sie ist nicht nur übersichtlicher, das ist auch die Anzahl an Informationseinheiten, die wir uns gemäß „Miller’s Law“7 für wenige Minuten merken können. Auch innerhalb der Subnavigation beziehungsweise auf Unterseiten sollten Sie diese Erkenntnis 7  Die Millersche Zahl bezeichnet die von George A.  Miller 1956 beschriebene Tatsache, dass ein Mensch gleichzeitig nur 7 ± 2 Informationseinheiten im Kurzzeitgedächtnis präsent halten kann. Die Größe des Kurzzeitgedächtnisses ist genetisch festgelegt und kann auch durch Training nicht gesteigert werden. Der diesbezüglich von Miller verfasste Artikel „The Magical Number Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information“ ist einer der meistzitierten Artikel im Bereich der Psychologie. (https://de.wikipedia.org/wiki/Millersche_Zahl. Zugegriffen am 02.01.2019).

3.2  Navigation und Menü: Das „Baugerüst“ Ihrer Website

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berücksichtigen. Ein Blick auf so manche Website macht deutlich, warum ich diesen Aspekt hier erörtere. So wird der Nutzer auf der nachfolgend gezeigten Website beim Punkt „Karriere“ gleich mit 20 Menüpunkten konfrontiert (wenn er ihn denn findet), die darüber hinaus nur durch Scrollen zu erfassen sind – die allerdings auch erst angezeigt werden, wenn auf das Burger-Menü geklickt wurde. Diese Website dient damit gleich mehrfach anschaulich als Beispiel, warum es sinnvoll ist, eine von der Corporate Website losgelöste Karriere-Website einzurichten. Klar, dass auch innerhalb der Sekundärnavigation die oben genannte Anzahl der Menüpunkte nicht überschritten werden sollte, wie Abb. 3.8 mehr als verdeutlicht. Orientierung ist hier kaum möglich. Wie es besser geht, zeigen die Beispiele von STIHL oder HSE24 auf den Seiten vorher.

Abb. 3.8  Die Website von TÜV Süd stellt den Nutzer gleich vor mehrere Herausforderungen: Um zur Karriere-Website zu gelangen, muss er zunächst auf den Burger-Button klicken. Öffnet sich das Menü, muss er weit herunterscrollen, um zum Punkt „Karriere“ zu gelangen. Und was ihn dort erwartet, sehen Sie in dieser Abbildung. Ganze 20 Menüpunkte stehen ihm zur Auswahl. Allerdings sind diese wiederum auch nur durch scrollen erfassbar. Obendrein ist nicht jeder davon anklickbar. Auch die Benennung der Menüpunkte ist alles andere als eindeutig. (Bildquelle: Screenshot Homepage TÜV Süd https://www.tuev-sued.de/)

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3.3

3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Der Seitenname: Die Straßennamen Ihrer Webpräsenz

Wenn wir uns in einer Stadt orientieren, so tun wir das anhand von Straßennamen: Idealerweise sind diese innerhalb einer Ortschaft einmalig und eindeutig. Orientierung vermitteln zudem Straßenschilder, die an jeder Kreuzung oder Einmündung stehen – entweder an einer Hauswand oder einem eigens dafür aufgestellten Pfosten – und den Straßennamen tragen. Wäre dem nicht so, würde es schwierig mit der Orientierung. Sowohl für uns selbst, als auch für Navigationssysteme oder Google Maps. Und so wie jede Straße einen Straßennamen und ein Straßenschild benötigt, damit man sich zurechtfindet, benötigt jede Seite Ihrer Online-Präsenz einen Namen. Jede. So wie ein Straßenschild immer an die Einmündung einer Straße gehört (mittendrin wäre wenig hilfreich), gehört ein Seitenname immer an den Anfang einer Webseite (sowohl aus Orientierungs-, als auch aus SEO-­ Gründen). Für bestmögliche Orientierung sollte er der Hauptüberschrift entsprechen und dies auch in Größe, Schrift und Farbe ausdrücken (ihn dezent darzustellen und eine irrelevante Überschrift darunter zu packen, ist wenig hilfreich). Der Name sollte zu dem passen, was ein Besucher gerade angeklickt hat. Anders gesagt, wenn Sie auf „Ausbildung Fachinformatiker“ klicken, dürfen Sie zu Recht eine Webseite mit dem Namen „Ausbildung Fachinformatiker“ und entsprechenden Inhalten erwarten. Gelegentlich mögen Sie Platzeinschränkungen dazu zwingen, beim Seitennamen einen Kompromiss einzugehen. Dann ist es wichtig, dass die Linkbezeichnung und der Seitenname möglichst ähnlich sind. So könnte eine Seite verkürzt auch „Fachinformatiker“ heißen. Insbesondere, wenn sich der Nutzer in der Sektion „Ausbildung“ aufhält, sollte das kein Problem sein (umgekehrt gilt das natürlich auch). Der Seitenname wiederum sollte mit dem Seitentitel korrespondieren. In Abb. 3.9 tut er dies leider nicht.

3.4  Der Header: Orientierung bieten und Emotionen wecken

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Abb. 3.9  Klickt der Nutzer auf der Karriere-Website von Accenture auf den Link „Berufserfahrene“ landet er auf dieser Seite. Ob er sich nun wirklich auf der Seite „Berufserfahrene“ befindet? Diese Frage ist berechtigt, denn Sie bietet diesbezüglich keinerlei Orientierung. Weder die Hauptnavigation, noch der Seitenname, noch der Seitentitel, noch die URL (https://www.accenture.com/ de-de/careers/find-your-fit-experienced?SRC=TECHPS) bieten Orientierung oder lassen den Schluss zu, dass man sich (möglicherweise) auf der Seite für Berufserfahrene befindet. Auch in einem solchen Falle ist der Nutzer schneller weg, als … Sie wissen schon. (Bildquelle: Screenshot Homepage Accenture https://accenture.com)

3.4

Der Header: Orientierung bieten und Emotionen wecken

Auch der Gestaltung des Headerbildes kommt eine entscheidende Rolle zu. Das betrifft zum einen die Größe, zum anderen den Inhalt. Das Bild, welches der Nutzer zuerst auf der Startseite sieht, trägt einen nicht unwesentlichen Teil dazu bei, wie der Auftritt wahrgenommen wird. Wie immer gilt auch hier, dass das Ganze kein Selbstzweck ist. Inhaltlich sollte das Bild also auf die Darstellung des Arbeitgebers abgestellt sein: Möglich sind

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

dabei verschiedenste Varianten: einzelne Mitarbeiter, Gruppen von Mitarbeitern, Mitarbeiter in Arbeitsumgebung und vieles mehr. Letztlich geht es darum, dem Betrachter einen allerersten Eindruck des Arbeitgebers zu vermitteln. Und Sie wissen ja: Sie haben nie eine zweite Chance für den ersten Eindruck.

3.4.1 Headerbilder: Hero-Images sind keine Superhelden Eigentlich sollte das Headerbild – egal, ob am Laptop, PC oder Smartphone aufgerufen – nie den ganzen Bildschirm ausfüllen, sondern dem Nutzer auch hier bestmögliche Orientierung bieten. Findet der Nutzer auf einen flüchtigen Blick nicht das, was er sucht oder erwartet, ist er schnell wieder weg und kommt so schnell nicht (oder auch nie) wieder. Trotzdem trifft man so genannte „Hero-Images“ (also Banner-Bilder, die zu Beginn einer Startseite stehen und die gesamte Bildschirmbreite und nicht selten auch Höhe einnehmen) auf immer mehr Websites an. Wieder so ein Webdesign-Trend, den jeder mitmacht, ohne groß drüber nachzudenken, was er seinen Nutzern (in unserem Falle also potenzielle Bewerber) damit antut, wie etwa Abb. 3.10 anschaulich vermittelt. Wenn Sie also mit dem Gedanken spielen, solch ein „Heldenbild“ auch auf Ihrer Karriere-­Website einzusetzen, so sollten Sie folgende Punkte beachten: • Klarheit: Hilft das Bild, die Botschaft Ihrer Karriere-Website zu verdeutlichen? • Authentizität: Repräsentiert das Bild glaubwürdig Ihre Arbeitgebermarke (bzw. das, wofür Sie als Arbeitgeber stehen)? • Mehrwert: Stellt die Darstellung in der Form eines Hero-Images wirklich einen echten Mehrwert für Ihren Nutzer dar? • Relevanz: Verwenden Sie im Bild einen Slogan mit auf Ihre Botschaft einzahlenden Keywords? Zeigen Sie Vorteile auf? • Design Support: Unterstützt und verbessert das Bild Ihren Website-Aufbau und ermöglicht es dem Nutzer, schnellstmöglich zu den für ihn relevanten Informationen zu gelangen? • Emotionen: Adressiert das Bild die gewünschte Zielgruppe und schließt das Motiv den Nutzer für weitere Aktionen auf? Wenn Sie all diese Punkte mit ja beantworten können, dürfen Sie getrost ein Hero-­Image verwenden. Als Minimalanforderung sollten Sie auf jeden Fall sicherstellen, dass oberhalb des Bildes dauerhaft die Hauptnavigation zu sehen ist (dauerhaft meint nicht den Burgerbutton – es sei denn, es handelt sich um die Ansicht für Smartphones). Meine Empfehlung lautet aber, das Bild so zu gestalten, dass der Nutzer erkennen kann, dass sich auch unterhalb dieses Bildes viele tolle Inhalte verbergen. Auch innerhalb des Bildes selbst lassen sich Handlungsaufforderungen nebst einem Button unterbringen, die den Nutzer

3.4  Der Header: Orientierung bieten und Emotionen wecken

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Abb. 3.10  Hero-Image am Beispiel der BMW Group Karriere. Tolle Bilder, ohne Frage. Leider gibt’s aber keinerlei Call to Action und auch die Navigation ist so dezent, dass man sie schnell übersieht. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite BMW Grouphttps://www.bmwgroup.com/de/karriere.html)

Abb. 3.11  Auch Spotify setzt auf einen „Hero-Header“. Hier ist es kein Bild, sondern ein Video, welches im Hintergrund läuft und sehr gut und emotional in Szene gesetzte Eindrücke vom Unternehmen vermittelt. Perfekt gelöst: Die prominent platzierte Jobsuche. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Spotify spotifyjobs.com)

auf eine andere Seite bringen. Ganz weit vorne sind Sie, wenn der Nutzer direkt auf der Startseite und direkt im sichtbaren Bereich seine Jobsuche starten kann, wie bspw. in Abb. 3.11 zu sehen. Noch deutlicher wird der Unterschied, wenn Sie die Seite per Smartphone aufrufen, wie Abb. 3.12 zeigt:

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Abb. 3.12  In der mobilen Ansicht wird bei BMW sehr viel Platz verschenkt. Ebenso fehlt ein klarer Call to Action. Eleganter macht das Spotify. Hier lässt sich nicht nur direkt auf die Jobsuche zugreifen, der Nutzer wird auch auf weitere Inhalte aufmerksam gemacht. Ebenso wird der Nutzer eingeladen: „Join the Band“ und „What’s your passion?“ treffen den Nutzer direkt ins Herz. Auch der Mittelständler ela Container überzeugt mit seinem Auftritt. Highlight: Der Call to Action zur Videobewerbung. (Bildquellen: Screenshots Karriereseiten BMW Group karriere.bmwgroup.de, Spotify spotifyjobs.com, ELA Containerkarriere.ela.de.)

3.4.2 (Keine) Slider: Zu viele Botschaften = keine Botschaft

3.4  Der Header: Orientierung bieten und Emotionen wecken

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Das Headerbild sollte nicht nur nicht bildschirmfüllend sein, auch der Einsatz so genannter Slider (oder Karussells) ist sehr sorgfältig zu prüfen  – auch wenn die vermeintlich „cool“ und „in“ sind und man sie (leider) auf vielen Karriere-Websites sieht. Oft ist man sich nicht sicher, welches Bild (und welche Handlungsaufforderungen) man in den Header packt, da ist die Versuchung groß, einfach einen Slider mit vielen, ja sogar möglichst vielen Elementen anzulegen, damit bloß keine Information am Nutzer vorbei geht (schließlich möchten Sie alle Zielgruppen erreichen und darüber hinaus noch auf Events hinweisen). Doch damit erreichen Sie genau das Gegenteil. Zwar dient der Header sehr wohl als Stimmungsmacher und Eyecatcher, doch es gibt gute Gründe sich gegen Slider (insbesondere im Header) zu entscheiden: • Slider werden als Banner wahrgenommen. Die Werbeindustrie versucht uns mit immer neuen Mitteln zu übertölpeln und platziert bunte, blinkende, animierte Banner überall da, wo sie besonders nerven. Mittlerweile hat sich bei vielen Menschen eine regelrechte „Bannerblindness“ eingeschlichen. Alles was aussieht, wie ein Banner wird einfach ausgeblendet. Schade um Ihre Botschaft. • Zu viele Botschaften = keine Botschaft: Oft sind die Slider so schnell, dass Ihre Nutzer Sie nicht einmal dann lesen können, selbst, wenn Sie es wollten. Und oft ist es eben nicht ein Element, sondern viele, die eigentlich dazu eingerichtet wurden, eine Botschaft loszuwerden. Weil sie aber nicht wahrgenommen werden können, vermitteln Sie gar keine Botschaft (kommen Sie jetzt bitte nicht auf die Idee, die Durchlaufzeit zu verlangsamen. Akzeptieren Sie einfach, dass so ein Slider keine optimale Lösung darstellt). Viel effektiver ist es, wenn Sie die Konzentration Ihrer Nutzer auf eine einzige primäre Botschaft fokussieren. • Slider haben eine schlechte Usability: Sie bewegen sich zu schnell, haben zu kleine Navigationssymbole (wenn überhaupt!) und bewegen sich automatisch, selbst wenn der Nutzer den Inhalt manuell ansteuern möchte. Eine der wichtigsten Regeln für das Design einer Website aber besteht darin, dass der Nutzer die Kontrolle behalten und selbst entscheiden möchte, was er sich anschaut und was nicht. Manchmal sind Slider aber auch gar nicht animiert. Dass ein Nutzer sich diese anschaut, um die Inhalte zu ergründen, weil er sich dadurch einen Mehrwert verspricht, ist wenig wahrscheinlich. Merke  Ein Websitenutzer ist keine Katze, die stundenlang vor dem Mauseloch verharrt, bis die Maus sich wieder blicken lässt (eine Katze hat sehr viel Zeit und ist nicht von Informationsreizen überflutet). Ein Websitenutzer ist jemand, der in dieser reizüberfluteten Zeit möglichst schnell seine Informationen finden will. Also vergessen Sie Slider.8 Vor allem, wenn Sie vorhaben, dort wichtige Inhalte drin zu verstecken. Wenn Sie partout  Wenn Sie sich mehr mit dem Thema auseinandersetzen möchten, empfehle ich Ihnen den Artikel „Don’t Use Automatic Image Sliders or Carousels“. Der Autor hat verschiedene Studien und Artikel ausgewertet und wunderbar zusammengefasst. Lesen! (https://conversionxl.com/blog/dont-use-automatic-image-sliders-or-carousels/. Zugegriffen am 10.01.2019).

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

nicht auf die Dinger verzichten wollen, sorgen Sie dafür, dass man sie nutzen kann. Etwa in dem Sie sie als Navigationselemente einsetzen, sie nicht im Header platzieren, sondern an passender Stelle im Content und die Anzahl der Elemente auf ein Minimum reduzieren.

3.4.3 Videos nicht als Selbstzweck Für Videos gilt im Grunde das Gleiche wie das oben Gesagte: Das Video dient zunächst einmal nicht als Selbstzweck. Ein Video im Header nur einzusetzen, weil „man“ es macht oder es schick aussieht, hilft Ihnen nicht weiter. Zumal, wenn dort nicht entsprechende Inhalte zu sehen sind. Wenn Sie also bspw. vorhaben, darzustellen, wie sich zwei Mitarbeiter auf einem Gang von einem Büro zum anderen bewegen und das in Dauerschleife (das habe ich so wirklich gesehen), dann lassen Sie es. Wenn Sie es aber fürs Storytelling nutzen (etwa wie auf spotifyjobs.com) und wirklich was zu erzählen haben, sieht das schon ganz anders aus. Generell sollte das Video Ihre Botschaft verstärken, nicht andere ersetzen. Und Sie sollten auch wissen, dass Ihr Video, selbst, wenn es großartig ist, von den meisten Usern einfach ignoriert wird. Siehe Bannerblindness. Es sei denn, Sie machen es so clever, wie das Team von Spotify. Die haben Ihre Jobsuche mitten ins Herz des Videos gesetzt. Ein cleverer Schachzug, wie ich finde, denn da kann man es einfach nicht ignorieren. Abgesehen davon ist das Video wirklich gut gemacht, zeigt Emotionen, die Welt von Spotify und seine Mitarbeiter. Und genau darum geht es ja: Sie wollen Ihre Unternehmenskultur ­sichtbar machen. Zumindest aber Ihre User wollen, dass Sie das tun. Lassen Sie sich von diesem Video einfach inspirieren! Übrigens sollte es sich von selbst verstehen, dass das Video für kleinere Bildschirme entweder komprimiert oder aber auf Smartphones gar nicht wiedergegeben wird. Wenn es nicht gelingt, die Ladezeit des Videos zu optimieren, ohne Abstriche bei der Bildqualität zu riskieren, verzichten Sie lieber auf das Video und arbeiten stattdessen mit einem Hintergrundbild. Die Nutzer werden es Ihnen doppelt danken: Zum einen müssen sie ihre Augen nicht überanstrengen, zum anderen wird das Datenvolumen geschont. Ansonsten gilt eigentlich all das, was schon in Punkt Heldenbilder gesagt wurde. Mit einer Ausnahme: Im Gegensatz zu Bildern kann Google keine Videoinhalte auslesen. Insofern ist es immer gut, Inhalte, die im Video gespielt werden, anderweitig auf der Website zu platzieren – das freut den User, der sich das Video unter Umständen gar nicht angeschaut hat und das freut Google. Und am Ende Sie, weil Ihre Karriere-Website besser aufgefunden wird.

3.5

Teaser: Den richtigen Weg weisen

Grundsätzlich sollte es immer das Ziel sein, dort Aufmerksamkeit für den Arbeitgeber bzw. im Kontext stehende Jobs zu wecken, wo sich auch die potenzielle Zielgruppe tummelt bzw.um den Nutzer gezielt über die Seite zu führen. Streng genommen wäre nicht erst die Karriere-Website, sondern die Unternehmens-Homepage der ideale Ort, um bereits dort den Besuchern Ihrer Webpräsenz eine Stellensuche zu ermöglichen bzw. zumindest auf die Stellenangebote hinzuweisen. Kürzer können Sie potenziellen

3.5  Teaser: Den richtigen Weg weisen

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Kandidaten den Weg zur Bewerbung kaum gestalten (siehe dazu auch Abschn.  2.1.2). Allerdings werden Sie da wahrscheinlich viel auf Widerstand im Unternehmen stoßen, schließlich ist ja (vermeintlich) jeder Bereich wichtiger als Karriere. Viel Spaß bei der Diskussion, die aber durchaus lohnt. Unabhängig davon, ob Sie Ihre Mitarbeiter davon überzeugen können, solch einen Hinweis auf der Unternehmens-Startseite unterzubringen, schaffen solche Elemente zusätzliche Orientierung für den Nutzer. Teaser heißen diese Elemente und dienen dazu, den Nutzer auf bestimmte Seiteninhalte oder Features aufmerksam zu machen. Es gibt reine Text-Teaser (bestehend aus Überschrift, kurzem Anreißer-Text und Link), reine Bild-­Teaser (bestehend aus Überschrift, Bild und Link) oder Text-/Bildteaser (also eine Kombination aus beidem). Sinnvoll bei Bild- und Text-/Bild-Teasern ist es übrigens, auch das Bild anklickbar zu machen. Sie erleichtern dem Nutzer nicht nur den Weg zu den Informationen, es wäre einfach nur der Intuition des Nutzers geschuldet, denn der will einfach das Bild anklicken. Dann gibt es noch den Feature-Teaser. Das kann zum Beispiel eine als Widget implementierte Stellensuche sein, die der Nutzer hier startet, ihn dann aber auf die Jobseite mit den zur Suchanfrage passenden Stellenangeboten lotst. Auch ein Element mit so genannten Schnellzugriff-Links (oder auch Quick-Links – wobei Quick nicht für die den jüngeren Lesern wohl kaum noch bekannte Illustrierte steht,9 sondern für schnell. Wer hätte das gedacht.) kann als Teaser fungieren. Diese Elemente sollen dem Nutzer die Suche erleichtern bzw. können Sie auf diese Weise den Nutzer gezielt auf bestimmte Seiten lenken, ganz wie Sie wollen. Auch der Einsatz von Icons bzw. Piktogrammen, die für bestimmte Sachverhalte oder Features stehen, erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Aber Achtung!

Nur wenige Icons sind gelernt und werden von 100 % der Nutzer verstanden. Eine kurze Beschreibung oder zumindest ein Text, der bei Mouseover erscheint, ist unabdingbar.  Die Quick war eine bis 1992 wöchentlich erscheinende deutsche Illustrierte. Sie war lange Zeit neben den Zeitschriften stern und Bunte eine der bedeutendsten Zeitschriften in diesem Marktsegment. R.I.P., Quick!

9

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3.6

3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Freitextsuche

Orientierung schafft zudem eine Freitextsuche (also eine Art „Google-Suche“). Diese kann sich entweder auf die Inhalte der Website beziehen oder aber ausschließlich auf die Stellenangebote. Beides miteinander zu kombinieren sorgt eher für Verwirrung. Auch von zwei Suchoptionen (also eine Suche für Website-Inhalte, eine separate für Jobs) ist aus gleichem Grund eher abzuraten. Tendenziell ist eine Suche über die Website-Inhalte eigentlich nur dann sinnvoll, wenn die Website sehr komplex und unübersichtlich ist (also bspw. wenn der Karriereauftritt mit dem Unternehmensauftritt zwangsverheiratet ist). Bei einer gut strukturierten und an den Bedürfnissen des Nutzers ausgerichteten Navigation können Sie auf eine Suche bezogen auf die die Inhalte der Website getrost verzichten.

3.7

Sitemap

Eine Sitemap (das ist die Struktur oder eine Übersicht aller Webseiten einer Internetpräsenz) sorgt nicht nur wie ein Inhaltsverzeichnis oder ein Stadtplan mit Straßenverzeichnis für Orientierung des Nutzers, sie gibt Google auch wichtige Informationen mit und ist ein wichtiger SEO-Baustein.

3.8

Der Jetzt bewerben-Button

3.8  Der Jetzt bewerben-Button

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Abb. 3.13  Ein Bewerbungsbutton sollte ganz im Sinne eines „Call to Action“ (neudeutsch für Handlungsaufforderung) als solcher zu erkennen sein. Das betrifft sowohl den Inhalt, als auch die Anmutung. Ein farblich hervorgehobener Button fällt sofort ins Auge, dieser nicht. Ohnehin verschwimmen hier Links mit Text und dazu noch die Sitemap. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite OTTO Group https://www.ottogroup.com/)

Primäres Endziel der Karriere-Website ist es ja, passende Bewerber zu generieren. Demzufolge sollten der Menüpunkt „Stellenangebote“, aber vor allem der Bewerben-Button als „Call to Action“ (neudeutsch für Handlungsaufforderung) hervorgehoben werden. Und wo wir eben schon bei der Sticky Navigation waren – wie wäre es mit einem „Sticky Bewerbungs-Button“. Oder noch besser: einem „floatenden“ Bewerben-Button, der immer im Sichtfeld des Nutzers ist. Warum sollte der, um sich zu bewerben, entweder ganz nach oben oder ganz nach unten scrollen müssen? Eine bestmögliche Candidate Experience bedeutet auch bestmögliche Nutzerfreundlichkeit der Karriere-Website – und das sowohl in der Desktop- als auch in der Mobilvariante! Prominent hervorgehoben bedeutet wirklich prominent hervorgehoben – das betrifft sowohl die Farbe des Bewerbungsbuttons, als auch den Schriftschnitt. Abb. 3.13 und 3.14 zeigt sehr schön, wie es ist, wenn der Bewerbungsbutton in der Bedeutungslosigkeit untergeht und die Suche nach dem Bewerbungsbutton der nach Ostereiern gleicht (während Ostern nur einmal im Jahr ist, ist der Bewerbungsbutton 365 Tage im Jahr nicht auffindbar). Die Gefahr, dass der ein oder andere potenzielle Bewerber ohne Vollzug von dannen zieht, ist groß. Wie es besser geht, zeigen die Abb. 3.15, 3.16, 3.17 und 3.18.

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Abb. 3.14  Bewerbungsbutton-Suchspiel. Wo mag sie sein, die Bewerbungsmöglichkeit? Tipp: Schauen Sie mal rechts in die Spalte. Und schauen Sie ganz genau hin. Auch einen Link kann man anders gestalten. Das gilt sowohl für die grafische Anmutung, als auch für die E-Mail-Adresse selbst. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite NORDLB https://www.nordlb.de/die-nordlb/karriere/ stellenangebote/)

Abb. 3.15  Ein klarer Call to Action. Deutlicher geht es kaum. Gut gefällt auch die Wahlmöglichkeit zwischen Bewerbung per E-Mail und Formular sowie Nennung der Postanschrift (die ist nicht nur wichtig für die, die sich per Post bewerben, sondern für all die, die ein ordnungsgemäßes Anschreiben nach DIN 5008 aufsetzen). Nett auch das Luftbild des Unternehmensstandorts. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Pfeifer Group https://karriere.pfeifergroup.com/)

3.9  Layout: Klar und strukturiert

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Abb. 3.16  Hier gibt’s gleich zweimal einen Call to Action. Einmal am Ende der Stellenanzeige „Bewirb dich jetzt“ und zum anderen der permanent sichtbare rote Button (rechts im Bild), der beim Scrollen immer mitläuft und einem Interessenten jederzeit die Bewerbung ermöglicht. Da kann ein Bewerber gar nicht anders, als „Jetzt bewerben“ zu klicken! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Robinson http://jobs.robinson.com/)

Abb. 3.17  Wahrscheinlich der sympathischste Bewerbungsbutton, den ein Bewerber je zu Gesicht bekommen wird. Auch in solch lapidaren Buttons kann man seine Unternehmenskultur transportieren (siehe dazu Abschn.  5.4.2). (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Techdivision https://www. techdivision.com/karriere/)

3.9

Layout: Klar und strukturiert

Eine nutzerfreundliche Karriere-Website bietet dem Nutzer nicht nur ein bestmögliches Navigationserlebnis – auch eine klare und konsistente Struktur trägt maßgeblich zu einer positiven Nutzererfahrung bei. Hierzu gehören bspw. die schon erwähnten Teaser, aber auch Textblöcke, Zwischenüberschriften, Bilder, Abstände, Weißräume, die Hintergrundfarbe, die Schriftgröße selbst etc. sorgen dafür, dass aus Textwüsten Inhalte werden, die Orientierung bieten und das Überfliegen erleichtern. Wie es weniger gelungen ist, zeigt

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Abb. 3.18  „Floating“ Bewerbungsbutton, der zweite. Auch hier gibt’s die Bewerbungsaufforderung dauerhaft zu sehen. Beim Scrollen bewegt sich der Button immer mit. Aber so, dass er den Lesefluss nicht stört. Und für alle, die bis zum Ende scrollen, gibt’s den Button auch noch mal am Ende der Stellenanzeige, wo der Nutzer auch die Kontaktinformationen des Recruiters findet. (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website HSE24 https://karriere.hse24.com)

exemplarisch Abb. 3.19. Auch wenn die Website umfangreiche Informationen bietet, sie zu erfassen erfordert vom Auge respektive vom Nutzer in der Desktop-Variante mitunter höchste Konzentration.

3.9.1 Jeder Jeck (l)i(e)st anders Ihre Karriere-Website verfolgt das Primärziel, potenziellen Kandidaten ein Bild davon zu vermitteln, wie Sie als Unternehmen ticken, was einen als Mitarbeiter im Job erwartet, welchen Nutzen er davon hat, sich bei Ihnen zu bewerben und warum er das gerade bei Ihnen tun sollte – und nicht bei hunderten oder sogar tausenden anderer infrage kommender Arbeitgeber. Sie gestalten Ihre Website, damit die Inhalte gelesen werden. Nutzer besuchen Ihre Website, um ihren Hunger nach Informationen zu stillen. Ergo ist es unabdingbar, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Schaffen Sie das mit kurzen Texten, möglicherweise in Form von Bulletpoints? Möglicherweise. Nach dem, was ich auf einem Großteil der Karriere-Websites gesehen habe, würde ich aber eher sagen, nein, schaffen Sie nicht. Weit verbreitet ist die Meinung, dass die Texte auf Websites möglichst kurz sein sollen, weil „man“ sie sonst nicht lesen würde. Ich frage mich dann immer, wer eigentlich dieser „man“ ist, denn es gibt nicht den einen Nutzer. Es gibt derer viele. Und jeder tickt anders. Der konsultierende Leser bspw. ist auf eine bestimmte Information aus, die er versucht, aus dem Text herauszulesen – z. B. die Anzahl der Mitarbeiter, welche Vorteile das Unternehmen seinen Mitarbeitern bietet oder wie viel Kaffee im Unternehmen im Schnitt

3.9  Layout: Klar und strukturiert

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Abb. 3.19  Auf der Karriere-Website von Hilti findet der Nutzer jede Menge Informationen. Leider sind diese so aufbereitet, dass Sie nicht unmittelbar zu erfassen sind. Das Layout ist sehr unruhig, die Schrift ist klein, ein farbiger Hintergrund (Stichwort Kontrastverhältnis) ist ebenfalls suboptimal. Auch wenn hier mit auflockernden Elementen gearbeitet wird (farbige Zwischenüberschriften, Bulletpoints, Abstände) verliert sich das Auge hier sehr schnell. Besser wäre es gewesen, die Inhalte einspaltig mit einer Laufweite von ca. 75 Prozent darzustellen und zur Strukturierung mit Akkordeons zu arbeiten. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite HILTI https://careers.hilti.de/)

getrunken werden (letztes bitte streichen). Beim informierenden Lesen werden Texte überflogen oder nach bestimmten Informationen oder Schlagwörtern regelrecht gescannt. Beim linearen Lesen liest der Nutzer den ganzen Text von oben bis unten. Im Idealfall sind die Texte so geschrieben, dass es wirklich Lust macht, sie zu lesen. Zumeist ist eher das Gegenteil der Fall, meinen Eindruck unterstreichen auch die KIMATEK-­Studie oder die Employer-Telling-Erhebung. Dazu aber später mehr. Zudem kommt es darauf an, wo auf der Karriere-Website sich der Nutzer befindet. Ist er auf der Startseite und möchte erst einmal einen Überblick? Möchte er sich möglichst umfangreich über den Arbeitgeber informieren, um eine bestmögliche Entscheidungsgrundlage für oder wider eine Bewerbung zu erhalten? Oder braucht er nur einen groben Überblick? Wahrscheinlich wird es so sein, dass ein Leser Ihre Inhalte erst einmal überfliegt und sich dann einliest oder nach bestimmten Informationen sucht. Ich gehe jede Wette ein, dass Sie dieses Buch genauso lesen. Das ist Ihr gutes Recht. Grundsätzlich sollten die Inhalte Ihrer Website also so aufbereitet werden, dass sie jedem Nutzertyp gerecht wird. Ein langer Text wird durchaus gelesen, wenn man ihn entsprechend aufbereitet.

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

3.9.2 Seiteninhalte in leicht verdauliche Häppchen gliedern Bereits die Hauptüberschrift muss dem Leser Anreize geben, sich mit dem Text auseinanderzusetzen. Im Idealfall erkennen Leser an der Überschrift sofort, worum es in diesem Text geht und dass es ein grober Fehler wäre, Ihren Text nicht zu lesen. Zwischenüberschriften, Textblöcke, (kurze) Absätze, das Hervorheben von Schlüsselbegriffen, Listen mit Gliederungspunkten und Bilder gliedern Ihren Text übersichtlich und verständlich und sorgen dafür, dass der Leser die Seite nicht verlässt, sondern schnell findet, was er sucht. Je nach Textlänge können Sie zudem den Inhalt Ihrer wichtigsten Absätze mit darüber stehenden Zwischenüberschriften zusammenfassen und so einen Text gestalten, der sich schnell querlesen lässt. Bei der Gestaltung von Website-Texten hat es sich außerdem bewährt, an den Anfang des Textes eine kurze Zusammenfassung zu stellen, die die Highlights der Seite hervorhebt und die Bedürfnisse des Nutzers adressiert. Idealerweise ist dieser Einstiegstext in einer anderen Typo/Schriftfarbe/-größe gestaltet, als der eigentliche Text. Ob Ihr Text gelesen wird oder nicht, hängt auch maßgeblich von Schriftart, Schriftgröße, -stärke und -farbe ab. Wer schon einmal eine Website mit grauer oder gelber Schrift auf dunklem Hintergrund oder Typo, bei der es eine Lupe zum Betrachten benötigt, besucht hat, weiß, was ich meine. Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass viele Websites für Menschen mit Adleraugen konzipiert werden. Leider finden sich immer wieder Websites, bei denen das Einhalten des Corporate Designs über die Bedürfnisse des Nutzers gestellt wird. Wenn dann noch ein zu dünner Schriftschnitt, eine zu kleine Schriftgröße oder die falsche Schriftart hinzukommen, ist das Usability-Desaster perfekt. Merke: Starke Kontraste und die Wahl der richtigen Typo erhöhen Lesbarkeit und Aufmerksamkeit.

3.9.3 Links: Webkonventionen einhalten Achtung: Verwenden Sie für Links keine Fettschrift und begehen Sie nicht den Fehler, dieselbe Farbe für Links und nicht anklickbare Überschriften zu verwenden. In der Regel (und auch außerhalb) wird Fettschrift verwendet, um bestimmte Informationen hervorzuheben. Verwenden Sie die gleiche Formatierung nun für Links, wird man die kaum als solchen wahrnehmen. Anders hingegen sieht es aus, wenn Sie die Links zwar fett, aber farbig, bspw. in einer Ihrer Corporate-Design-Farben hervorheben (beachten Sie aber bitte, dass kontrastschwache Farben tabu sind!). Apropos Links: Diese sollten idealerweise auch immer konsistent sein – also nicht mal fett, mal mit Pfeil, mal unterstrichen, sondern einheitlich in Form und Position. Apropos unterstrichen: Auch Unterstreichungen haben im Text nichts zu suchen. Zu groß ist die Gefahr, unterstrichenen Text für einen Link zu halten.

3.9  Layout: Klar und strukturiert

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3.9.4 Akkordeons sorgen für Übersicht Ein wunderbares Mittel, um Inhalte aufzulockern und für Struktur zu sorgen, sind auch so genannte „Akkordeons“. Nein, nicht das bei Straßenmusikern oder in der Volksmusik so populäre Instrument, sondern ein Gestaltungselement im Webdesign.10 Bei Klick auf das Element klappt es nach unten auf und gibt Inhalte frei. Auf diese Weise lässt sich viel Inhalt auf einer Seite unterbringen und trotzdem Übersichtlichkeit sicherstellen. Auch die Darstellung des Ganzen in vertikaler Form ist denkbar, hier unter Verwendung der Karteikartenlogik. Allerdings sollte man es mit dem Akkordeon-Effekt nicht übertreiben. Ist der Inhalt sehr umfangreich, ist es wahrscheinlich sinnvoller, diesen auf einer separaten Seite auszuspielen. Dies wäre auch aus SEO-Gesichtspunkten sinnvoller, da es schwierig ist, einen „Longpager“ (also eine einzelne HTML-Seite mit einer Vielzahl an Informationen) für Google zu optimieren. Insbesondere bei der Vorstellung von bestimmten Positionen oder Aufgabenbereichen wäre das eher kontraproduktiv (denn Ihr Ziel ist es ja, von Nutzern gefunden zu werden, die Sie noch gar nicht auf dem Schirm haben). Abb. 3.20 zeigt exemplarisch den Einsatz verschiedener Akkordeon-Varianten. Egal, wie sehr Sie Ihren Text strukturieren: Entscheidend ist und bleibt die Relevanz der Texte und ob die Inhalte Antworten auf die Fragen des Nutzers liefern. Abschließend sei noch erwähnt, dass die Karriere-Website auch immer das widerspiegeln sollte, wie Sie als Unternehmen ticken. Sind Sie als bspw. ein konservativer Laden, so sollte man das auch im Webdesign erkennen. Nichts ist kontraproduktiver, als wenn Sie auf der Website vorgaukeln, ein hipper, moderner Arbeitgeber zu sein, es in Wirklichkeit aber gar nicht sind. Das Design, die Anmutung der Website selbst also kann dazu beitragen, Ihre Kultur, Ihren Habitus, nach außen zu tragen.

10  Beim Akkordeon-Element sind die Inhalte zunächst per JavaScript ausgeblendet und werden erst per Mausklick auf einen Link eingeblendet.

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3  Usability und Design: Nutzer zur Bewerbung (ver)führen

Abb. 3.20  Auf dieser Seite kommen sowohl Registerkarten (das letzte Element ist geöffnet), als auch Akkordeons zum Einsatz (das erste Element ist aufgeklappt). Allerdings wäre es aufgrund der Komplexität der Inhalte zu überlegen, ob ein Verteilen der Inhalte auf mehrere Seiten nicht sinnvoller wäre. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite EY https://www.ey.com/de/de/careers/students/)

4

Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Wollen Sie dem Nutzer – und damit dem potenziellen Bewerber – wirklich bestmögliche Orientierung bieten, so sollte auch unmissverständlich klar sein, an wen sich Ihre Karriere-­ Website richtet bzw. wer eigentlich gesucht wird. Das sagt einem nicht nur der gesunde Menschenverstand, das sagen einem auch die Bewerber. Doch nicht nur das: Dank Reizüberflutung neigt der Mensch zur selektiven Informationswahrnehmung und dem sollten Sie mit selektiver Informationsbedarfsbefriedigung begegnen. Kommen Sie dieser Erwartungshaltung nicht nach, ist der potenzielle Bewerber nämlich schnell wieder von Ihrer © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_4

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Website verschwunden – und bei der Karriere-Website Ihres Wettbewerbers fündig geworden. Im Grunde genommen gilt es also, analog der Königstochter Europa den Stier bei den Hörnern zu packen,1 auf die, die sich auf Ihre Karriereseiten verirrt haben, im übertragenen Sinne mutig zugehen und ihre (Informations)bedürfnisse zu befriedigen. In der Folge führt eine kluge (!) Zielgruppenansprache zu besser geeigneten und passenden Bewerbern.

4.1

Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel

Eigentlich ganz einfach, so eine Grundstruktur einer Karriere-Website, oder? Es gibt ja so viele Seiten, an denen man sich orientieren kann, da muss man das Rad nun wirklich nicht neu erfinden. Schaut man sich auf einem Großteil der Karriere-Websites um, so findet sich da in der Regel eine Aufschlüsselung nach Einstiegslevel: Schüler, Studenten, Berufseinsteiger (oder auch gerne nur (Hochschul-)Absolventen – hier frage ich mich dann immer, was eigentlich mit denjenigen ist, die über kein Studium verfügen oder ihr Studium abgebrochen haben), Berufserfahrene (neudeutsch auch gerne „Professionals“). Intention dieser Gliederung ist es, dass a) jede dieser „Zielgruppen“ einen anderen Informationsbedarf hat (der zumeist nicht befriedigt wird) und b) sich ein Nutzer selbst dem jeweiligen Einstiegslevel zuordnen kann. Soweit die Theorie. In der Praxis funktioniert das jedoch nur bedingt. Während das bei Schülern und Studenten noch recht einfach gelingt, gerät diese Einteilung aber spätestens bei der Einschätzung, ob man nun schon „Berufserfahrener“ oder doch erst „Berufseinsteiger“ ist, an ihre Grenzen. Woher soll ein Bewerber das wissen, wenn viele Unternehmen auf die Frage, wer als Berufseinsteiger oder als berufserfahren gilt, selbst meist keine Antwort haben. Sind nun mindestens zwei Jahre Berufserfahrung in vergleichbarer Position für einen Berufserfahrenen ausreichend oder müssen es fünf Jahre sein? Unabhängig davon findet der Nutzer dann auch in der Rubrik „Berufserfahrene“ in der Regel so wenig Infos, dass man sich diesen Bereich ohne weiteres hätte sparen können. Man macht es eben einfach, weil man sonst ja eine wichtige Zielgruppe ausklammern würde. Außerdem machen alle anderen es ja auch so. „Alle anderen“ machen es übrigens noch gar nicht so lange so. Eine Zielgruppeneinteilung nach Einstiegslevel wird zwar schon seit ca. 2000 empfohlen, es hat aber lange gebraucht, bis das in der breiten Masse angekommen ist. Die Frage ist ohnehin: Repräsentieren Schüler, Studenten, Berufseinsteiger und Berufserfahrene wirklich Ihre Zielgruppe? Zwar höre ich tatsächlich oft genau diese Antwort auf meine Frage, welche Zielgruppen für das Unternehmen interessant sind,2 aber das  In der griechischen Mythologie verwandelt sich der Göttervater Zeus in einen Stier, um sich so der Königstochter Europa nähern zu können. Sie ist angetan von seiner Schönheit und Anmut und fürchtet sich nicht vor ihm. Zu guter Letzt klettert sie auf seinen Rücken und reitet, seine Hörner packend, davon. Schlussendlich landet sie auf Kreta, der Wiege Europas. 2  Unvergessen der Termin, wo ich fragte, welche Zielgruppen das Unternehmen denn beabsichtige, mit der Karriere-Website zu adressieren. Schweigen und erstaunte Blicke seitens meines Gegenübers. Die Antwort: „Na – alle!“ 1

4.1  Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel

73

entspricht wohl kaum der Realität. Wenn doch, darf sich das entsprechende Unternehmen nicht wundern, wenn es in der Bewerberansprache nicht sonderlich erfolgreich ist. Es liegt klar auf der Hand, dass Arbeitgeber (künftig) keine Mitarbeiter gewinnen können, wenn sie ihre Recruiting-Bemühungen nicht weiter nach Zielgruppen (und ihren Bedürfnissen) differenzieren. Trotzdem findet genau diese Differenzierung nur auf einem Bruchteil der Karriere-Websites dieser Republik (wenn überhaupt) statt.

Die Frage ist also: Suchen Sie wirklich „Berufserfahrene“ oder „Berufseinsteiger“? Suchen Sie für die Ausbildung ausschließlich Schüler oder könnte es vielleicht auch jemand älteren Semesters sein? Oder suchen Sie nicht viel eher Menschen, die Ihre Position als Softwareentwickler, als Pflegefachkraft, Entwickler von Antriebstechnik, Chemielaborant oder Vertriebsmitarbeiter besetzen?

4.1.1 Ausbildung (Schüler) Auch Azubi-Bewerber informieren sich online mit Hilfe von Google und Co. über mögliche Ausbildungsplätze: 59,4 Prozent nutzen dafür Suchmaschinen fast so häufig wie Karriere-Websites (54,8 Prozent).3 Dabei stellen diese die Zielgruppe mit dem höchsten Informationsbedarf dar. Die DIHK Ausbildungsumfrage 20174 kommt zur Erkenntnis, „dass zu viele Jugendliche unklare Vorstellungen von der Berufswelt und den Anforderungen an eine Ausbildung haben“. Der Schuldige ist schnell gefunden: Die Schulen sind’s! Klar, Berufsorientierung in der Schule findet kaum statt und bei der Arbeitsagentur werden in der Regel eher die bekannteren bzw. beliebteren Ausbildungsberufe vermittelt.

 Azubi Recruiting-Trends 2017 (https://www.testsysteme.de/studie2017. Zugegriffen am 08.01.2019).  https://www.dihk.de/ressourcen/downloads/ausbildungsumfrage-2017.pdf/at_download/file?mdate=1500360875298. Zugegriffen am 03.01.2019.

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Abb. 4.1  Auf der Karriere-Website von HEWI finden Interessierte zu jedem Ausbildungsberuf einen Steckbrief, der über Aufgaben, Anforderungen und Perspektiven informiert, kombiniert ist das Ganze mit aktuellen Blogbeiträgen (außerhalb des hier dargestellten Bildausschnitts). Leider öffnen die Informationen als Layer, das wirkt sich wenig positiv auf die SEO-Bemühungen aus (so es sie denn gibt). (Bildquelle: Screenshot Karriereseite HEWI https://www.hewi-azubis.de/)

Berufsorientierung ist Ihre Pflicht! Woher aber sollen Jugendliche dann die „klaren Vorstellungen von der Berufswelt“ respektive der Ausbildung haben? Und so darf man sich nicht wundern, dass als Hauptursache für abgebrochene Ausbildungen eine unklare Berufsvorstellung genannt wird. Wenn Sie zudem bedenken, dass der Fachkräftemangel bereits jetzt für jedes zweite Unternehmen ein Geschäftsrisiko ist, welches eine gefährliche Entwicklung für die gesamte Gesellschaft bedeutet, tun Sie gut daran, dem jungen Nachwuchs umfangreiche Informationen zu den Ausbildungsberufen bereitzustellen. Ach, was sage ich: Es ist Ihre verdammte Pflicht, das zu tun! Abb. 4.1 zeigt exemplarisch, wie das gelingen kann. Der Lohn sind nicht nur besser informierte Azubi-Bewerber, dank SEO können Sie auch Ihre Reichweite unter potenziellen Bewerbern steigern. Das setzt allerdings ein wenig Fleißarbeit voraus. Ohne die geht’s aber ohnehin nicht. Wer glaubt, man könne eine gute Karriere-Website nebenher im Tagesgeschäft auf den Weg bringen und das Ganze eher als lästige Nebentätigkeit mit untergeordneter Priorität betrachtet, wird gnadenlos scheitern, zumindest aber nicht das Ergebnis erzielen, welches möglich wäre. Was Azubis von Arbeitgebern erwarten Azubi-Bewerber haben eine ziemlich genaue Vorstellung von dem, was sie sich an Informationen von Ihrem zukünftigen Arbeitgeber wünschen.

4.1  Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel

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Jobsicherheit/Übernahmechancen Informationen über das Berufsbild Betriebsklima/Zusammengehörigkeitsgefühl Betreuung während der Ausbildung Langfristige Perspektiven nach der Ausbildung Vorstellung des Unternehmens Vorstellung von Inhalten der Ausbildung Vergütung/zusätzliche Leistungen während der Ausbildung Erreichbarkeit der Arbeitsstätte

Dementsprechend sollte genau diesen Bedürfnissen auch in der Informationsversorgung auf der Karriere-Website Rechnung getragen werden. Obwohl viele Unternehmen händeringend Azubis suchen, spiegelt sich das nicht auf deren Karriere-Websites wider. Im Gegenteil. Wenn sich denn überhaupt Informationen zu den Ausbildungsberufen finden, dann entweder ausschließlich in den Stellenangeboten (was einen potenziellen Bewerber erst einmal dazu veranlassen müsste, die Jobbörse nach potenziellen Ausbildungsstellen zu durchforsten. Welchen Anreiz sollte er dazu haben, wenn er nicht weiß, dass Sie ausbilden bzw. in welchen Berufen Sie das tun?) oder komprimiert (oder auch aufgeblasen, Akkordeon-Elemente machen ja so viel möglich) auf einer einzigen Seite. Letzteres ist nicht nur kontraproduktiv in Sachen Auffindbarkeit auf der Website selbst, das ist auch kontraproduktiv im Hinblick auf die Auffindbarkeit via Google. Meine dringende Empfehlung: Stellen Sie jeden Ausbildungsberuf möglichst detailliert auf einer einzelnen HTML-Seite dar, wie exemplarisch in Abb.  4.2 dargestellt. Copy & Paste aus den Seiten vom Arbeitsamt ist tabu, stellen Sie stattdessen dar, was einen potenziellen Azubi bei Ihnen im Unternehmen erwartet. Welche Aufgaben auf ihn zukommen, welche Unternehmensbereiche er kennenlernt und wie die Arbeitsumgebung aussieht. Vergessen Sie nicht darzustellen, wie lange die Ausbildung dauert, was der Bewerber mitbringen muss (Schulabschluss, Interessen, Know-how), welche Perspektiven er nach der Ausbildung mit dem Beruf (bei Ihnen im Unternehmen) hat und was er während der Ausbildung verdienen wird. Vergessen Sie auch nicht, Ihr Unternehmen zielgruppengerecht vorzustellen. Wenn Sie nicht gerade Daimler oder Volkswagen heißen, wird wohl nur den wenigsten klar sein, was Sie eigentlich als Unternehmen machen. Da in der Orientierungsphase zudem oft noch Unsicherheit herrscht, welchen Beruf man eigentlich erlernen möchte, werden auch die anderen Ausbildungsberufe kurz angeteasert und mit den jeweiligen Seiten verlinkt. Frei nach dem Motto „du bist dir nicht sicher, ob das der richtige Ausbildungsberuf ist? Dann schau dir auch die Ausbildung als XY an“. Gut aufbereitete Webseiten erhöhen die Chance, bei Google auf den vorderen Plätzen gefunden zu werden. Zudem muss der Nutzer keine zusätzlichen Quellen wie berufe.net oder ausbildung.de konsultieren, was nicht selten dazu führt, dass der Nutzer den Kontakt zu Ihrer Karriere-Website verliert und sich im schlimmsten Fall woanders bewirbt.

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Abb. 4.2  Als Arbeitgeber respektive Ausbildungsbetrieb gehört die Berufsorientierung zu Ihren Aufgaben. Auf der Karriere-Website von A. Schulman finden potenzielle Azubis jede Menge Informationen über das, was sie im Unternehmen und in ihrem Ausbildungsberuf erwarten. Reportagebilder zeigen, dass es z. B. beim Ausbildungsberuf Produktionsfachkraft Chemie auch mal laut und schmutzig zugeht. Abgerundet werden die Informationen durch Zitate von anderen Azubis. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite https://jobs.aschulman.com)

4.1  Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel

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Abb. 4.2 (Fortsetzung)

Insbesondere bei dieser Zielgruppe hat es sich bewährt, die einzelnen Berufsbilder durch entsprechende Reportagefotos zu visualisieren und einen Eindruck davon zu vermitteln, was auf einen potenziellen Azubi zukommt. Abgerundet wird das Ganze durch (ehemalige) Auszubildende, die selbst für das Unternehmen sprechen (ein heikles Thema, dem ich daher ein ganzes Kapitel gewidmet habe). Ebenso sollte auch die Wortwahl alters- bzw. zielgruppengerecht erfolgen. Allerdings sollten Sie hier keine falschen Erwartungen schüren. Wird im Unternehmen nicht geduzt, so hat das „Du“ auf der Karriere-Website auch nichts zu suchen. Oder umgekehrt. Zudem sollten Sie unbedingt darauf achten, dass die Ansprache dann auch konsistent erfolgt. Gehören Sie also zu denen, die Ihre Bewerber auf der Karrieresete oder in den Stellenanzeigen duzen, so sollte sich dies auch im nachfolgenden Recruiting-Prozess so fortsetzen. Auch diesem Thema habe ich ein Kapitel gewidmet.

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Schüler oder Ausbildung?

Ich habe dieses Kapitel bewusst so benannt und die Schüler in Klammern gesetzt. Auch wenn „Schüler“ die gängige Ansprache auf Karriere-Websites ist, so gibt es gleich zwei Gründe, das infrage zu stellen. Zum einen: Wer sagt, dass ein Azubi-Bewerber zwingend Schüler sein muss? So sind bspw. über 40 Prozent der Azubi Recruiting-Trends-­ Studienteilnehmer über 20 Jahre. Abgesehen davon gibt es immer mehr Studienabbrecher, die nun eine Ausbildung machen. Auch FSJ’ler5 oder junge Menschen, die erst einmal ein Jahr im Ausland verbringen, bevor der Ernst des Lebens für sie beginnt, sind längst keine Schüler mehr. Ganz zu schweigen von vielen „älteren“ Quereinsteigern, die sich noch einmal umorientieren und einen neuen Beruf erlernen wollen.6 All das sind Punkte, die

 FSJ, nicht FDJ! FSJ steht für Freiwilliges Soziales Jahr.  Wer sagt eigentlich, dass Azubis Jungspunde sein müssen? Wäre es nicht denkbar, auch das reife Semester eine Ausbildung machen zu lassen? Genau das sagte sich auch die ING-Diba und stellte ab sofort Silver Age-Azubis ein. Mit Erfolg (http://www.sueddeutsche.de/karriere/berufsausbildung-senior-azubi-1.2620998. Zugegriffen am 03.01.2019). Ein anderes Beispiel: Im Rahmen der Initiative „AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“ des Arbeitsamts werden seit 2013 nicht mehr ganz so junge Erwachsene zwischen 25 und 35 Jahren, die keinen Berufsabschluss hatten, nachträglich qualifiziert – mit Erfolg (https://www.perspektive-wiedereinstieg.de/Inhalte/DE/Wiedereinstieg/Wiedereinstieg_konkret/Qualifizierung/initiative_zukunftsstarter_erstausbildung_fuer_ frauen_und_maenner_im_alter_von_25_bis_35_jahren.html. Zugegriffen am 03.01.2019). So, und nun kommen Sie!

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4.1  Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel

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gegen eine Kategorisierung in „Schüler“ und für „Ausbildung“ sprechen.7 Denn was haben all diese Menschen gemeinsam? Die Suche nach einer Ausbildung. Womit wir auch bei Grund Nr. 2 wären: Die Suche nach bestimmten Schlüsselworten, die einen potenziellen Bewerber entweder innerhalb Ihrer Karriere-Website oder via Google auf Ihr Angebot führt. Was uns auch zu einem weiteren Punkt führt: Hin und wieder findet sich auf Karriere-Website „Schulabsolventen“. Möglicherweise, um darunter auch das duale Studium zu subsumieren. Was es auch ist, lassen Sie’s bitte. Glauben Sie wirklich, jemand, der nach einer Ausbildung oder einem dualen Studium sucht, sucht nach dem Begriff „Schulabsolvent“? Schulabsolvent … Also wirklich!8

4.1.2 Studenten Sofern Sie in Ihrem Unternehmen Studenten beschäftigen (was ich dringend empfehlen würde, stellen diese doch einen perfekten Talentpool dar, aus dem Sie schöpfen können), sollte auch eine gezielte Ansprache dieser Zielgruppe erfolgen. Kann man bei Ihnen ein Praktikum machen? Sind Studentenjobs möglich? Bieten Sie Abschlussarbeiten an? In welchen Bereichen ist das möglich? Wie werden die Tätigkeiten vergütet? Ich beobachte oft, dass Unternehmen zwar gerne die Hilfe von Studenten annehmen und diesen Praktika bzw. Studentenjobs anbieten, es aber tunlichst vermeiden, auf der Karriere-Website explizit auf diese Einsatzmöglichkeiten hinzuweisen. Entsprechende Stellen findet ein potenzieller Bewerber erst, wenn er die Stellenbörse durchforstet. Das aber würde voraussetzen, dass er überhaupt weiß, dass es Sie gibt und die Möglichkeit in Betracht zieht, dass Sie Studentenjobs anbieten könnten. Hier wird dann wieder deutlich, wie wichtig die Themen SEO und Usability sind. Oft heißt es, man bekäme ja ohnehin schon genügend Bewerbungen. Da wir ja bereits gelernt haben, dass es nicht auf die Menge der Bewerbungen ankommt, sondern auf die Qualität, gilt dieser Einwand also nicht. Abgesehen davon ­wissen Sie nicht, welche Talente Ihnen bisher entgangen sind, weil diese keinerlei Informationen über Sie im Netz geschweige denn auf Ihrer Website gefunden haben. Auch im Hinblick auf das Thema Talente frühzeitig ans Unternehmen zu binden (Stichwort „strategische Nachwuchskräftesicherung“), sollten Studierende also möglichst frühzeitig auf das Unternehmen aufmerksam gemacht werden und mit entsprechenden Inhalten  Es sei denn, Sie verweigern sich gegenüber „älteren“ Menschen als potenzielle Azubis. Aber überlegen Sie, welche Potenziale hier schlummern, etwaig nicht besetzte Ausbildungsplätze (und davon gibt es eine ganze Menge, laut aktueller Ausbildungsumfrage wurden bei 34 Prozent der Unternehmen 2017 keine Ausbildungsplätze besetzt. Tendenz: steigend. https://www.dihk.de/themenfelder/ aus-und-weiterbildung/ausbildung/ausbildungspolitik/umfragen-und-prognosen/dihk-ausbildungsumfrage. Zugegriffen am 18.01.2019). 8  Eine Suche auf Google Trends nach dem Begriff „Schulabsolvent“ bringt es deutlich auf den Punkt: „Ihre Suche enthält nicht genügend Daten“. 7

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

zu einer Bewerbung motiviert werden. Praktikanten bzw. Werkstudenten sind das Fundament eines Talentpools, dessen Mitglieder in hohem Maße mit dem Anforderungsprofil Ihres Unternehmens übereinstimmen und ohne umfangreiche Auswahlverfahren im Unternehmen wieder eingesetzt werden können. Sie kennen sie ja bereits, Sie wissen, wie sie arbeiten, sie kennen die Prozesse des Unternehmens und sind Teil funktionierender Teams. Auf diese Weise können Recruiting und Personalentwicklung optimiert werden, da sich die Einarbeitungsphase deutlich verkürzt und sich diese Zielgruppe durch eine hohe Praxisorientierung sowie durch eine hohe Motivation und Identifikation wie kaum eine andere mit dem Unternehmen auszeichnet. Grundsätzlich gilt, dass auch hier die präsentierten Angebote alle für eine Bewerbung relevanten Informationen enthalten sollten. Je besser informiert ein Bewerber ist, desto besser ist letztendlich die Passung fürs Unternehmen. Erwähnen Sie also nicht nur beiläufig, in welchen Bereichen ein Praktikum möglich ist, sondern beschreiben Sie mögliche Projekte und Einsatzbereiche, informieren Sie über die Dauer des Praktikums, in welchen Bereichen es möglich ist und welche Anforderungen an die Kandidaten gestellt werden. Vergessen Sie auch nicht, Informationen über Vergütung und weitere Benefits bereitzustellen und verweisen Sie auch auf die Perspektiven, die Bewerber im Unternehmen erwarten. Idealerweise visualisieren Sie auch hier: Zeigen Sie Bilder von möglichen Einsatzbereichen und Mitarbeitern (Reportagefotos, die einen Einblick ins Unternehmen und die Arbeitsplätze bzw. in die Aufgabenbereiche vermitteln). Fassen Sie in einem FAQ-­ Element (Akkordeon) oder auf einer entsprechenden Seite noch einmal alle Fragen und Antworten zu den wichtigsten Aspekten, wie beispielsweise Grundvoraussetzungen, Dauer, Unterstützung, Vergütung etc. zusammen. Logisch, dass die Informationen nicht für sich stehen, sondern mit anderen Inhalten der Website verlinkt werden – z. B. mit der Seite über Mitarbeitervorteile oder über den Standort (über die Sie selbstverständlich verfügen. Spätestens aber nach Lektüre dieses Buchs). Nicht zu vergessen die Jobs, die idealerweise direkt dort präsentiert (oder zumindest verlinkt) werden, wo sich der Nutzer gerade aufhält. Jeder Klick, den ein Nutzer mehr machen muss, ist mitunter einer zu viel. Immer noch lauert der nächste Arbeitgeber nur einen Mausklick entfernt. Auch in dieser Rubrik bietet sich das Einbinden passender Testimonials an, nicht nur von aktuellen Werkstudenten oder Praktikanten, sondern von Mitarbeitern, die ihre Karriere als Student im Unternehmen begonnen und eine Heimat und tolle Perspektiven gefunden haben. „Studenten“ oder „Studierende“ oder „Studenten & Absolventen?“ Oft findet man auf Karriere-Websites auch die Zusammenfassung der Rubriken Studenten und Absolventen. Eine Unsitte, von der ich nur abraten kann, haben doch beide ­Zielgruppen sehr unterschiedliche Bedürfnisse in der Informationsversorgung. Wenn Sie dennoch dazu neigen, nehmen Sie wenigstens ab der entsprechenden Einstiegsseite eine Aufteilung in entsprechende Unterseiten vor. Also eine, auf der Sie explizit auf Einstiegsmöglichkeiten für Absolventen hinweisen und bspw. Ihr Traineeprogramm oder Volontariat vorstellen und eine, auf der Sie ausführlich die Möglichkeiten für Stu-

4.1  Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel

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dierende vorstellen und Lust auf Ihre Praktika, Studentenjobs und Abschlussarbeiten machen. Apropos Studierende, apropos Studentenjobs. Hier entzünden sich häufig Diskussionen, welches denn die richtige Bezeichnung sei. Dabei ist es eigentlich ganz klar: „Student“ und „Studierender“ sind zwei komplett verschiedene Paar Schuhe. Während „Student“ nämlich einen Status beschreibt (das Eingeschriebensein, der Immatrikuliertenstatus), drückt der Begriff „Studierende“ die Tätigkeit im Partizip Präsens aus. Hilfreich mag in diesem Zusammenhang ein Zitat von Max Goldt sein: „Wie lächerlich der Begriff „Studierende“ ist, wird deutlich, wenn man ihn mit einem Partizip Präsens verbindet. Man kann nicht sagen: „In der Kneipe sitzen biertrinkende Studierende.“ Oder nach einem Massaker an einer Universität: „Die Bevölkerung beweint die sterbenden Studierenden.“ Niemand kann gleichzeitig sterben und studieren.“9

Sollten Sie also mal wieder darüber streiten, wie man den Navigationspunkt für die Zielgruppe Studenten auf der Karriere-Website benennen soll, ziehen Sie diese Zeilen zu Rate. Zielgruppe sind Studenten. Basta. Ansonsten müssten Sie anstatt von „Werkstudenten“ ja auch von „Werkstudierenden“ sprechen. Und das will keiner. Apropos: Eine Suche nach einer Werkstudententätigkeit läuft primär über den Suchterm „Studentenjobs“, nicht über „werkstudent jobs“, wie das Tool Google Trends verrät, dessen Nutzung sich bei Fragen nach den richtigen Begriffen ohnehin oft empfiehlt.

4.1.3 Berufseinsteiger/Berufserfahrene Ohne Frage stellen auch Berufseinsteiger und Berufserfahrene wichtige Zielgruppen dar. Wenn wir denn überhaupt von Zielgruppen sprechen können. Denn mal ganz im Ernst: Richten Sie Ihre Recruiting-Bemühungen wirklich nach „Berufserfahrenen“ oder „Berufseinsteigern“ aus, wie bspw. in Abb. 4.3 dargestellt? Das dürfte wenig erfolgversprechend sein. Denn diese Zielgruppen sind äußerst heterogen: Die Berufseinsteiger umfassen auf der einen Seite Bewerber, die nach einer Ausbildung den nächsten Schritt gehen wollen oder aber jene, die bereits erste Berufserfahrung als Fachkraft gesammelt haben und sich nun in einem anderen Unternehmen einbringen wollen. Auf der anderen Seite gehören hierzu auch die frisch von den Hochschulen entlassenen Absolventen und Hochschulabsolventen mit erster Berufserfahrung (sowie Studienabbrecher, von denen es r­eichlich gibt10 und die oftmals wahrscheinlich die besseren Kandidaten wären, als viele verkopfte Akademiker. Wertvolles Potenzial also, dass es zu erschließen gilt). Sich bei der Zielgruppenansprache nur auf Hochschulabsolventen zu beschränken, wie viele Unternehmen es gerne praktizieren, wäre zudem grob fahrlässig und schließt qualifizierte Fachkräfte von vornhe Max Goldt in: Wenn man einen weißen Anzug anhat, Rowohlt 2002, S. 55.  Fast jeder Dritte bricht sein Studium ab (https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/neue-studie-zahl-der-studienabbrecher-steigt-an-15042502.html. Zugegriffen am 04.01.2019). 9

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Abb. 4.3  „Willkommen, Berufserfahrene!“, heißt es auf der Karriere-Website von BASF. Nachfolgend, wenn der Websitebesucher willens ist, die Seite weiter herunterzuscrollen, um wirklich relevante Informationen zu erhalten, findet er dann mögliche Einsatzbereiche. Wäre es nicht sinnvoller, die schwerpunktmäßig gesuchten Funktionen/Einsatzbereiche in den Fokus zu stellen und dann auf die Möglichkeiten für Berufseinsteiger respektive Berufserfahrene hinzuweisen? Sofern diese sich denn gravierend unterscheiden … (Bildquelle: Screenshot Karriereseite BASF https:// www.basf.com/global/de/careers/professionals.html)

rein aus. Und da wären da noch diejenigen, die nach längerer Jobpause wieder ins Berufsleben einsteigen wollen. Sind die nun Berufseinsteiger oder Berufserfahrene? Gleiches gilt für die Berufserfahrenen: Wer oder was ist ein Berufserfahrener? Das Dilemma hatte ich oben bereits beschreiben. Als Berufstätiger kann ich mich ohne Weiteres einem Aufgabenbereich zuordnen (sofern dieser Allgemeingültigkeit besitzt und nicht eine interne Firmenfantasiebezeichnung trägt), der Erfahrung eher nicht. Insofern verabschieden Sie sich bitte von dieser ewiggestrigen Einteilung. Danke. Klar, auch Hochschulabsolventen sollten in der Ansprache auf Karriere-Websites berücksichtigt werden. Allerdings ist es nur dann wirklich sinnvoll, wenn es explizit für diese Zielgruppe spezifische Einarbeitungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gibt, wie bspw. Traineeprogramme, Nachwuchsförderprogramme und dergleichen. Ansonsten ist es wohl sinnvoller eine Zielgruppenansprache nach Funktion vorzunehmen, in deren Kontext direkt die passenden Jobangebote aufzulisten und auf Möglichkeiten für Berufseinsteiger und Berufserfahrene hinzuweisen (wenn sie sich denn gravierend unterscheiden). Dann gibt es noch die Unternehmen, die Berufserfahren noch einmal in „Fachkräfte“

4.1  Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel

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und „Professionals“ oder „Akademiker“ einteilen. Oder auch „Führungskräfte“. Das vermittelt dann gleich den Eindruck einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Abgesehen davon, dass eine Fachkraft ja auch durchaus Akademiker oder Führungskraft oder umgekehrt sein kann. Vermeiden Sie also bitte entsprechende Wortklaubereien. Ihre Bewerber werden es Ihnen mit Kusshand danken! Gut ist allerdings, wenn Sie Ihren potenziellen Bewerbern (Berufs-)Orientierung bieten, wie etwa in Abb. 4.4 dargestellt. Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergangen ist, als Sie fertig waren mit dem Studium, ob Sie überhaupt eine Ahnung von dem hatten, welche Berufe danach für Sie infrage kommen. Ich z. B. habe Wirtschaft studiert mit dem Schwerpunkt Personal und hatte den festen Glauben, Personaler zu werden. Glücklicherweise wurde ich in diesem Glauben schnell gebremst. Aber so, wie es mir damals erging, ergeht es vielen anderen auch. Da wäre es doch toll, wenn man solche Menschen in der Findungsphase etwas unterstützen könnte. Man muss dazu nicht immer ein großes Fass aufmachen (siehe dazu auch Abschn. 6.4.6), das geht auch recht pragmatisch, wie das nachfolgende Beispiel wie Abb. 4.4 zeigt.

Abb. 4.4  Auf der Website von DYMATRIX hat ein potenzieller Bewerber die Möglichkeit, sich je nach Studienrichtung mögliche Einstiegsbereiche anzeigen zu lassen. „Dieser Leitfaden bildet Empfehlungen ab und dient Deiner Orientierung“, heißt es da. Ein guter Ansatz. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Dymatrix https://www.dymatrix.de/karriere/taetigkeitsbereiche)

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4.2

4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Zielgruppenansprache nach Funktion (Job-Kategorien)

Obwohl es eigentlich auf der Hand liegt, dass die Zielgruppenansprache nach Einstiegslevel – mit Ausnahme von Ausbildung und Studenten – wenig sinnvoll ist, halten viele Unternehmen an dieser Einteilung fest. „Weil es die anderen ja so machen“. Nur: Was andere machen, ist nicht immer gut. Nehmen Sie nur Lemminge, denen man nachsagt, Sie würden sich alle in selbstmörderischer Absicht von den Klippen stürzen.11 Selbst, wenn „man das schon immer so gemacht hat“: Wenn jeder mit dieser Einstellung durchs Leben ginge, würden wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wohl noch in Höhlen hausen und Sie dieses Buch jetzt nicht in Händen halten – geschweige denn in der digitalen Version auf Ihrem Tablet lesen. Dinge zu hinterfragen ist das, was uns vorwärts bringt. Martin Gaedt empfiehlt in seinem Buch „Rock your Idea“12 jeden Tag 44 Fragen zu stellen, um die eigene Ideenfitness zu trainieren. Das will ich Ihnen gar nicht abverlangen. Ich will Sie nur ermuntern, neue Pfade zu beschreiten. Ich selbst war großer Fan von einer Zielgruppeneinteilung nach Einstiegslevel und habe es in diversen Projekten so umgesetzt. Allerdings gab es dann fast immer eine Option, von der Startseite über einen Teaser auf die entsprechenden Unterseiten zu gelangen, bspw. für Ingenieure, Softwareentwickler oder Vertriebsleute. Wäre es aber nicht viel naheliegender und zielführender, die visierten Zielgruppen auf der Karriere-Website ohne 11  Das stimmt so übrigens nicht (https://www.sueddeutsche.de/panorama/lemminge-todessturz-einer-legende-1.921458. Zugegriffen am 04.01.2019). Dank des Disney-Films „Abenteuer in der weißen Wildnis“, dessen Aufnahmen allerdings gestellt waren, hält sich dieses Gerücht aber hartnäckig. 12  Rock your Idea, Martin Gaedt, 2016, Murmann Verlag.

4.2  Zielgruppenansprache nach Funktion (Job-Kategorien)

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Umschweife abzubilden? Abgesehen davon, dass das die Orientierung auf der Website deutlich vereinfachen würde – wie sonst sollte ein potenzieller Bewerber oder zufällig vorbeisurfender Websitebesucher erkennen, in welchen Bereichen Mitarbeiter schwerpunktmäßig gesucht werden (wie z. B. in Abb. 4.5 oder Abb. 4.6  ersichtlich)? Noch einmal: Es geht (auch) um die 60 Prozent am Arbeitsmarkt da draußen, die sich (vorerst) gar nicht explizit mit dem Gedanken trugen, sich bei Ihnen zu bewerben, sondern irgendwie über Sie als Arbeitgeber stolperten. Innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden die, ob sie sich weiter mit Ihrem Webangebot auseinandersetzen oder eben nicht. Wenn sie keinen Anreiz finden (nein, ein Link/Teaser oder was auch immer zu „Berufserfahrene“ ist es nicht), bleiben all Ihre Inhalte unbeachtet. Also tun Sie alles Erdenkliche dafür, dass das nicht so ist!

Abb. 4.5  Das Unternehmen Reuters, welches nach eigenen Angaben vielmehr als nur „Bäder, Klos und Duschen“ verkauft (tatsächlich sind die Informationen darüber, was das für ein Unternehmen ist, nur rudimentär vorhanden), zeigt dem Nutzer bereits auf der Startseite auf einen Blick, in welchen Bereichen ein Einstieg möglich ist und wie viele Stellen je Bereich ausgeschrieben sind. Für alle anderen gibt es direkt auf der Startseite den Link zur Initiativbewerbung. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Reuter https://jobs.reuter.de/)

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Abb. 4.6  Auch beim Streamingdienst Spotify gibt’s kein Rätselraten, in welchen Bereichen ein Einstieg möglich ist. Schön bebildert mit Einblicken in die jeweilige Jobkategorie vermittelt die Seite gleich noch ein Stück von der Kultur des Unternehmens. Und wie viele offene Vakanzen in den einzelnen Bereichen vorhanden sind, erfährt der Nutzer auch – ohne dafür einen weiteren Klick zu tätigen. Apropos Klick: Bei Klick auf die einzelnen Kategorien landet der Nutzer dann auf Seiten, die ihm die jeweils passenden Jobs präsentieren. Vorbildlich! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Spotify https://spotifiyjobs.com)

Ich erinnere mich noch deutlich an eine von Audi in der FAZ Stellenbörse geschaltete Stellenanzeige.13 Gesucht wurden 100 (sowieso schon hart umkämpfte) IT-Experten aus den hart umkämpften Bereichen Connected Car, Digitalisierung, Data Analytics/Big Data und IT-Architektur. Abgesehen davon, dass die Stellenbörse der FAZ mit Sicherheit nicht der Platz ist, wo sich solche Experten tummeln, war auf der Karriere-Website, die ein potenzieller Bewerber dann natürlich zu Informationszwecken aufsuchen würde (vorausgesetzt, er würde auf die Anzeige aufmerksam werden) nirgends zu erkennen, dass diese IT-Experten gesucht werden bzw. welche Projekte einen erwarten würden. 13  Audi Personalmarketing und die 100 IT-Experten (https://personalmarketing2null.de/2016/01/audi-personalmarketing-und-die-100-it-experten/. Zugegriffen am 29.12.2018).

4.3  Personalisierte Zielgruppenansprache

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Sieben Klicks hätte ein Bewerber gebraucht, um zu den Jobs bzw. Inhalten vorzustoßen. Sechs zu viel. Zu allem Übel waren die Jobs aufgrund suboptimaler Einbindung in die Karriere-Website für Google nicht auffindbar und ein potenzieller Bewerber musste sich für die Bewerbung registrieren, um sich dann einem umfangreichen Bewerbungsformular zu stellen. „Ich muss doch einem potenziellen Bewerber nicht alles auf dem Silbertablett servieren, schließlich kann er ja auch die Stellenangebote durchforsten, er soll sich gefälligst ein bisschen Mühe geben, um einen Job zu bekommen“ – so scheint die Denke in vielen Personalabteilungen zu sein.14 Das zumindest ist mein Eindruck. Was aber spricht wirklich dagegen, auf der Karriere-Website auf einen Blick, mit einem Klick auf die jeweiligen Einstiegsbereiche zu verweisen? Zumal jeder Besucher Ihrer Website eine andere Intention verfolgt bzw. über unterschiedliche Quellen auf Ihrer Website gelandet ist. Das müssen Sie sich immer vor Augen führen. Oft höre ich den Einwand, dass man ja nicht alle gesuchten Positionen in den Fokus stellen könne, das wären ja viel zu viele und das würde viel zu unübersichtlich. Das ist durchaus ein berechtigter Einwand (oder eher ein Vorwand). Nur: Es geht eben nicht um alle Positionen. Es geht um die Bereiche, in denen Sie schwerpunktmäßig rekrutieren oder besonderen Personalbedarf haben oder Positionen, mit denen Sie sich eher schwer tun. Grundsätzlich gilt: Je einfacher Sie den Zugang zu den jeweiligen Informationen und zum Stellenangebot gestalten, umso eher ist die Bewerbung im Kasten und die Stelle besetzt. Natürlich gilt immer der Grundsatz, sich auf die gewünschte Zielgruppe einzustellen: Schüler bzw. potenzielle Azubis spricht man anders an als Studenten. Ingenieure benötigen andere Informationen als Buchhalter.

4.3

Personalisierte Zielgruppenansprache

14  Ist sie. Das musste ich leider in diversen verstörenden Gesprächen feststellen. Klar, das ist nicht die Regel. Dennoch …

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

Für Ihre Bewerber wäre es unter Umständen ein echter Mehrwert, wenn Sie auf Basis ihrer Präferenzen nur noch die Inhalte ausgespielt bekämen, die sie interessieren. So könnten sie sich auf das Wesentlich bei Ihrer Jobsuche konzentrieren. Das funktioniert schon heute auf Basis von Cookies oder der IP-Adresse. So wäre es bspw. möglich, dass einem Kandidaten, der sich bei seinem ersten Besuch als jemand entpuppt hat, der nach Ausbildungsinhalten sucht, nur noch zu diesem Thema passende Inhalte auszuspielen. Und wenn er dann das nächste Mal in die Website einsteigt, kann er da weitermachen, wo er aufgehört hatte. Ohne sich irgendwie anmelden zu müssen. Auch wäre es denkbar und auch heute schon ohne weiteres machbar, Ihren Websitebesuchern auf Basis der IP-Adresse nur die Jobs anzuzeigen, die in der unmittelbaren Nähe ihres Standorts liegen. Mittels Performance Marketing bzw. Targeting und Re-Targeting ist es auch kein Problem, Besuchern Ihrer Website auf anderen Websites Jobs auszuspielen oder sie an die begonnene Bewerbung zu erinnern. Sie kennen das in etwa von den Schuhen, die Sie sich im Onlineshop angeschaut haben und dann über sämtliche Webseiten verfolgen.15 All das ist machbar und möglich. Aber ist das sinnvoll? Der Nutzer will Kontrolle über das, was er im Web tut (mit Ausnahme von Facebook und WhatsApp, da ist es ihm scheinbar egal). Würden Sie ihn also nicht bevormunden, wenn Sie meinten zu wissen, was ihn interessiert? Möglicherweise will er sich noch einmal mit Inhalten Ihrer Karriere-Website auseinandersetzen, weil er es sich anders überlegt hat. Wenn er diese Inhalte jetzt nicht findet oder Elemente anders angeordnet sind, würde das möglicherweise eher zu Verwirrung führen, als einen Vorteil darzustellen. Auch das Ausspielen von Jobs auf Basis der IP birgt Risiken: Vielleicht möchte der Nutzer ja in eine andere Stadt ziehen und hat gar kein Interesse an Jobs in seiner Nähe? Auch dieser Nutzer würde sich eher frustriert abwenden, als begeistert in die Hände zu klatschen. Oft wird bei der Personalisierungsdebatte verkannt, dass die Jobsuche etwas komplett anderes ist, als ein Kauf in einem Onlineshop. Während ich als treuer Kunde öfter den Shop aufsuche und ich mich freue, wenn mir Inhalte auf Basis meiner bisherigen Käufe angezeigt werden, ist das bei der Jobsuche etwas komplett anderes. Ich werde mich nicht alle zwei Monate auf einen anderen Job bei Ihnen bewerben, auch habe ich wenig Gründe, eine Karriere-Website mehrfach aufzurufen, nachdem ich meine Bewerbung abgeschickt habe. Möglicherweise noch, um mich auf das Vorstellungsgespräch vorzubereiten. Dann aber möchte ich die volle Freiheit und direkten Zugriff auf alle Inhalte haben – und nicht bevormundet werden. Abb. 4.7 und 4.8 zeigen Beispiele von Personalisierungsansätzen bei Karriere-Websites.  Und nehmen wir das letzte Szenario. Ich werde nun bereits seit gut zwei Monaten von Ads des Trekking-Anbieters Bergzeit verfolgt. Egal, welche Website ich aufrufe, immer lauern mir bunt blinkende Banner auf, die mich mit möglicherweise interessanten Produkten penetrieren. Oder auch von Monster, StepStone und Co., weil ich im Rahmen von Recherchen mir immer mal wieder Stellenanzeigen anschaue. Und ich muss sagen, ich fühle mich extrem belästigt. Und genauso könnte es auch Ihren Kandidaten ergehen, denen Sie auf Schritt und Tritt mit Job-Angeboten oder einer Aufforderung zur Bewerbung folgen. 15

4.3  Personalisierte Zielgruppenansprache

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Abb. 4.7 „Machen Sie Fresenius zu Ihrem Fresenius“ heißt es auf der der Karriere-Website des Gesundheitskonzerns. Wählt der Nutzer unter „Ich bin“ eine entsprechende Kategorie aus (in diesem Falle Berufserfahrener), so werden ihm nur noch zu dieser „Zielgruppe“ passende Inhalte angezeigt, die sich über die Fachrichtung noch verfeinern lassen. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Fresenius https://karriere.fresenius.de)

Abb. 4.8  Eine „personalisierte“ Ansprache gibt es auch auf der Karriere-Website der St. Augustinus Gruppe. Hier hat der Besucher (optional) die Möglichkeit seinen Namen anzugeben, um dann „persönlich“ angesprochen zu werden. „Was interessiert dich, Henner?“, heißt es dann in meinem Falle. Und damit hat sich die „Personalisierung“ dieser Website dann auch schon erschöpft. Wobei man sich natürlich schon wie Bolle freut, wenn man dann das nächste Mal die Website besucht und mit seinem Namen angesprochen wird. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite St. Augustinus Gruppe https://wirsuchenmenschen.de/)

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4  Zielgruppenansprache: Den Stier bei den Hörnern packen

All dieser Hokuspokus wird  überflüssig, wenn Sie Ihren Nutzern eine gut strukturierte, logisch aufgebaute, intuitiv bedienbare Navigation anbieten. Dann nämlich kann sich dieser mit deutlich weniger Aufwand zu den für ihn relevanten Inhalten durchklicken. Und eins dürfen wir bei all dem nicht vergessen: Eine „personalisierte“ Zielgruppenansprache ist nur dann sinnvoll, wenn auch entsprechende Inhalte vorhanden sind. Und da scheitert es dann eben wieder in den meisten Fällen.

5

Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Wie heißt es so schön in Martin Gaedts großartigem Buch „Mythos Fachkräftemangel“ (Pflichtlektüre für jeden, der in irgendeiner Form mit Personalbeschaffung zu tun hat): „Jedes Unternehmen ist hinter stabilen Mauern versteckt, damit Wind und Wetter draußen bleiben. Aber diese Fassaden, Mauern, Büro- und Fabrikgebäude haben ungewollt auch eine andere Wirkung: Sie machen Unternehmen unsichtbar mit allem, was sie Tolles leisten und ihren Mitarbeitern bieten.“1 Und genau das ist der Punkt: Woher soll ein  Martin Gaedt räumt in seinem Buch schonungslos mit dem Mythos Fachkräftemangel auf. Und das macht er richtig gut, anhand nachvollziehbarer und unwiderlegbarer Beispiele und Tatsachen (Martin Gaedt, Mythos Fachkräftemangel, Wiley Verlag, 2014, S. 18).

1

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_5

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

potenzieller Bewerber wissen, dass Sie ein attraktiver Arbeitgeber sind, der eine wertschätzende Unternehmenskultur lebt und für seine Mitarbeiter alles erdenkliche tut, um sie glücklich und zufrieden zu machen, ein Arbeitgeber, der in dem, was er tut, sehr erfolgreich ist, weil er seinen Mitarbeitern alle Freiheiten lässt, sich zu verwirklichen und damit ungewöhnliche Innovationen verbuchen kann? Woher soll er all das wissen, wenn Sie sich hinter Unternehmensmauern oder schlimmer, da diese für jeden (theoretisch) mit einem Mausklick erreichbar ist, auf Ihrer Karriere-Website neugierigen  – oder besser: informationshungrigen  – Blicken entziehen? Da Sie nichts dafür tun, wahrgenommen zu werden, existieren Sie für viele Millionen Menschen schlicht gar nicht. Selbst an Ihrem eigenen Standort wird Sie kaum jemand wirklich als Arbeitgeber wahrnehmen. Schade. Bietet Ihre Karriere-Website doch unglaubliches Potenzial, diese ­Defizite wettzumachen. Wenn Sie denn gefunden wird. Und wenn sie informativ und „echt“ ist  – idealerweise in Wort und Bild, getextet für und adressiert an die jeweilige Zielgruppe! Gehören Sie auch zu denen, die sich über uninformierte Bewerber beschweren, die sich mit inhaltsleeren Anschreiben bei Ihnen bewerben oder aber ahnungslos im Vorstellungsgespräch sitzen? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass es vielleicht daran liegen könnte, dass diese „Desinformation“ möglicherweise darauf begründet ist, dass Sie schlicht und einfach nichts (oder zu wenig) dafür tun, diese Informationen verfügbar zu machen? Diese Frage sei erlaubt, denn erfahrungsgemäß (und gestützt durch verschiedene Studien) beschränkt sich der Inhalt vieler Karriere-Websites (oder dem, was Unternehmen dafür halten) auf Selbstverliebtheit und austauschbare Floskeln. Ganz weit oben in der Floskelskala: „Bei uns steht der Mitarbeiter im Mittelpunkt“. Bei genauerem Hinsehen findet sich dann nicht selten kein einziger dieser im Mittelpunkt stehenden Mitarbeiter abgebildet – oder schlimmer noch: statt echter Mitarbeiter Models oder Stockfotos. „Mehr als sechs von zehn Bewerbern beklagen langweilige Texte, die Hälfte vergleichen sie gar mit einer bürokratischen Behördensprache. Ähnlich sind die visuellen Eindrücke, die Arbeitgeber mit ihren Karriere-Webseiten erzeugen: Die Bildsprache halten 77 Prozent für werblich und 74 Prozent für austauschbar“, zu diesen wenig schmeichelhaften Ergebnissen kommt eine Umfrage unter über 1000 Bewerbern.2 Ein Blick auf die Karriere-Websites respektive Stellenanzeigen vieler Unternehmen macht schnell deutlich, dass auf die Bedürfnisse potenzieller Bewerber nur wenig eingegangen wird. Dass er wirklich ganz im Sinne einer „candidate-first-Philosophie“ im Mittelpunkt aller Recruiting-Aktivitäten steht – man spricht dann von Candidate Centricity – spürt man nur selten. Dabei hat sich der Arbeitsmarkt in vielen Branchen und Regionen längst zu einem Bewerbermarkt gewandelt: Es ist nicht mehr der Arbeitgeber, der die Wahl hat zwischen

 Karriere-Webseiten in der Bewerberkritik  – Aktuelle Bewerber-Umfrage: Arbeitgeber verlieren Kandidaten auf Karriere-Webseiten, fast die Hälfte fühlen sich schlecht über Arbeitgeber-Inhalte informiert (https://www.presseportal.de/pm/128831/4140208. Zugegriffen am 06.01.2019).

2

5.1 Ehrlich währt am Längsten

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vielen passenden Kandidaten, die nur darauf warten, dass man ihnen den Zuschlag erteilt (okay, es sei denn, Sie heißen Google oder Apple). Der Bewerber ist es, der am längeren Hebel sitzt. Er ist es, der die Wahl hat zwischen vielen Arbeitgebern, verdammt vielen sogar. Und alle sind nur einen Mausklick entfernt. Vor diesem Hintergrund ist es also umso wichtiger – wenn nicht gar unabdingbar! – herauszustellen, was Sie als Arbeitgeber auszeichnet und warum man sich nun ausgerechnet bei Ihnen bewerben soll – und nicht bei einem Ihrer zahlreichen Mitbewerber. Denn ob Sie es wollen, oder nicht, es gibt Bewerber die den Absprung machen, weil sie die Karriere-­Website nicht informiert und inspiriert: 90  Prozent der Besucher, die eine Karriere-­Website uninspirierend finden, sind für immer verloren!3 Die kommen auch nicht wieder und bewerben sich dann bei Ihrem Wettbewerber. Wollen Sie das wirklich riskieren?

5.1

Ehrlich währt am Längsten

Im Rahmen der Studie „Bewerbungspraxis 2016“ wurden die Teilnehmer befragt, welches in ihren Augen die größten Fehler sind, die während des Recruitings passieren können und vermieden werden sollten. Und nun dürfen Sie dreimal raten, welcher Punkt am häufigsten genannt wurde. Genau, es ist der Inhalt, dem man Unehrlichkeit, Oberflächlichkeit und übertriebene Aussagen zuschreibt.4 Diese Aussagen bestätigt auch eine Untersuchung zu Textinhalten auf den Karriereseiten der DAX30-Unternehmen. Demnach „dominiert ödes  Build Your Brand and Candidates Will Follow (https://talentmgt.com/2013/11/14/build-yourbrand-and-candidates-will-follow. Zugegriffen am 19.01.2019). 4   Bewerbungspraxis 2016 (https://www.uni-bamberg.de/isdl/transfer/e-recruiting/bewerbungspraxis/bewerbungspraxis-2016/. Zugegriffen am 20.01.2019). 3

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Reklamedeutsch mit seiner Anhäufung der immer gleichen Adjektive“. Die Unternehmen sind demnach „führend“, die Produkte „erfolgreich“, ihre Visionen „klar“ und „eindeutig“. Die Autoren konstatieren: „Solche Unternehmen leiden an einer nur schwer zu heilenden Krankheit, die wir „akute gleichförmige Adjektivitis“ nennen.“ 5 Relevanz und Authentizität sind das A und O einer Karriere-Website mit Wow!-Effekt Zwei ganz wesentliche Aspekte einer guten Karriere-Website sind neben der Usability Relevanz und Authentizität. Genauer: relevante und „authentische“ Inhalte. Mit bis zur Perfektion getrimmten Hochglanzbildern, die eine idealisierte Arbeitswelt darstellen (die aber in der Regel nicht der Realität entspricht) und austauschbaren Floskeln à la „Wir sind die Größten, die Schönsten, die Tollsten“ werden Sie keinen Blumentopf, geschweige einen neuen Mitarbeiter gewinnen. Umso wichtiger ist es den Arbeitgeber authentisch, unverstellt und mit Ecken und Kanten darzustellen. Ich kann es gar nicht oft genug sagen: Sie wollen nicht möglichst viele (oder irgendwelche) Bewerber, Sie wollen die, die passen! Die vor allem in Ihr Unternehmen, zu Ihrer Unternehmenskultur passen. Jobskills kann man sich schnell aneignen. Jemanden dahin zu trainieren, dass er zur Chemie des Unternehmens passt, hingegen wird nicht funktionieren (wohin das führt, sieht man an der Tatsache, dass ein Großteil des Arbeitsmarktpotenzials trotz sicherem Job durchaus wechselbereit ist). Der Großteil der Nutzer merkt sehr schnell, ob das, was Sie da kommunizieren, auch den Tatsachen entspricht. Stichwort Google, kununu, Bewerbercommunitys. Und Hand aufs Herz, diejenigen, die den Schmu nicht erkennen, wollen Sie doch auch gar nicht als Mitarbeiter gewinnen, oder? Darüber hinaus wird Ihr neuer Mitarbeiter spätestens in der Einarbeitung merken, ob das, was Sie ihm auf der Karriere-Website oder im Vorstellungsgespräch in rosa Wolken gemalt haben, auch eingehalten wird. Mit der Folge, dass der händeringend gesuchte Kandidat schneller wieder weg ist, als Sie für Nachschub sorgen (oder Blaubeerkuchen sagen) können. Top-Bewertung auf kununu und Co. inklusive! Dazu gehören auch die weit verbreiteten Stockfotos, die streng genommen den Tatbestand der irreführenden Werbung erfüllen. Ehrlich währt am Längsten. Das gilt auch in der Bewerberkommunikation! Oder, um es mit den Worten Ronald Daceys auszudrücken, einem fiktiven Charakter der Serie Startup: „Lügen, Bruder, das ist der Scheiß, der uns vergiftet.“ Auf gut Deutsch: Lügen, das Vorgaukeln einer heilen Welt und das Verschweigen wichtiger Tatsachen, das ist das, was Employer Branding als Mogelpackung entlarvt. Also, um der Wertschätzung Ihrer Bewerber und der Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter willens, mehr Ehrlichkeit im Employer Branding bitte.6 Warum nur die Vorteile kommunizieren und die Nachteile verschweigen? Je früher Sie offen und ehrlich die Fakten auf den Tisch legen (bzw. Ihrer Karriereseite offenlegen),  Employer Telling: was Arbeitgeber aktuell wirklich zu sagen haben (S. Theisen/M. Böcker, 206, S. 11).  Leider neigen viele Unternehmen zu falsch verstandenem Employer Blending, was dann den Effekt erzeugt, wie er in oben stehender Illustration deutlich wird.

5 6

5.1 Ehrlich währt am Längsten

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umso besser erspart es beiden Seiten eine Enttäuschung. Auf der Karriere-Website von Seibert Media etwa, erfährt der Bewerber nicht nur alles rund um die Bewerbung, über das Unternehmen selbst oder die Rollen der Mitarbeiter, sondern bekommt neben Vorteilen und Chancen auch gleich noch schwarz auf weiß die Nachteile und Defizite präsentiert. Und so heißt es da unmissverständlich: „Wir erwarten von Bewerbern, dass sie sich selbstkritisch hinterfragen, ihre Verbesserungspotenziale identifizieren und diese offen kommunizieren. Das muss auch //SEIBERT/MEDIA. Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, ein Schlaraffenland zu sein. Auch bei uns gibt es Situationen, Strukturen und Prozesse, die verbessert werden können und verbessert werden müssen.“7 BÄM! Lassen Sie sich davon mal inspirieren und malen Sie nicht alles in rosaroten Farben. Wenn „ein Programmierer im Zweifelsfall bei Google, IBM oder der Lufthansa mehr verdienen wird“, so wie man es etwa bei Seibert auf der Karriere-Website lesen kann, machen Sie kein Geheimnis daraus, weisen aber auf andere Annehmlichkeiten hin, die das Arbeiten bei Ihnen so erstrebenswert macht. Mehr Ehrlichkeit im Employer Branding würde vielen anderen Unternehmen gut zu Gesicht stehen. Alles andere glaubt Ihnen ohnehin kein Mensch und kommt spätestens bei kununu ans Tageslicht. Apropos kununu: Wussten Sie, dass Sie Ihren eigenen kununu-Live-Score mit wenigen Klicks auch direkt in Ihre Karriere-Website einbetten können? Das kostet Sie außer wenige Minuten nichts, bringt Ihnen aber Anerkennung beim Bewerber, der so viel Transparenz und Offenheit zu schätzen weiß.8 Wie Sie kununu sinnvoll auf Ihrer Karriere-Website integrieren können, zeigen Abb. 5.1 und 5.2. Lassen Sie sich inspirieren!

Abb. 5.1  Auch so kann man Ehrlichkeit und Transparenz signalisieren. Daimler hat den „kununu-Score“ noch nach Anteilen an Bewertungen aufgeschlüsselt. Gute Idee! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Daimler https:// www.daimler.com/karriere/)

 https://infos.seibert-media.net/display/seibertmedia/Nachteile+und+Defizite. Zugegriffen am 09.01.2019. 8  Den Code dazu finden Sie auf der Startseite (Übersicht) Ihres kununu-Profils ganz unten am Ende unterhalb der Bewertungen. Etwas Ähnliches bietet übrigens Glassdoor an. 7

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Abb. 5.2 „Weil behaupten kann ja jeder!“: Auf der Karriere-Website von Techvision findet der Nutzer neben dem kununu-Score zudem eine Auswahl an Bewertungen. Wer sich auf kununu davon überzeugen will, was für ein toller Arbeitgeber das ist, klickt einfach auf den Button. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Techdivision https://www.techdivision.com/karriere.html)

5.2

Candidate Centricity – Der Bewerber im Mittelpunkt

Bei all Ihren Bemühungen um den Bewerber (Sie erinnern sich? „You’re my heart, you’re my soul“?) ist es ganz wichtig, diesen in den Mittelpunkt Ihrer Ansprache zu stellen und ihn direkt zu adressieren. Während es schon seit Jahren heißt „der Kunde ist König“, wird der Bewerber in vielen Unternehmen lediglich als lästiger Bittsteller empfunden. Klar, so ein Bewerber nimmt ganz schön viele Ressourcen in Anspruch. Offenbar haben viele Arbeitgeber immer noch nicht verstanden, dass es gilt, diese vermeintlichen Bittsteller als das zu verstehen und zu behandeln, wie es gerne proklamiert wird. Nämlich als

5.2 Candidate Centricity – Der Bewerber im Mittelpunkt

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„wichtigstes Gut des Unternehmens“. Und als Kunden. Stattdessen werden die, die es dann tatsächlich irgendwie zum Bewerbungsformular geschafft haben, vor den Kopf gestoßen und mit umständlichen Bewerbungsprozessen auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Dass in solchen Fällen dennoch eine Bewerbung eintrudelt, ist relativ unwahrscheinlich. Und obwohl wir mittlerweile in vielen Bereichen einen Bewerbermarkt haben und es unglaubliche Parallelen zwischen Produkt- und Personalmarketing gibt, ist der kundenzen­ trierte Ansatz im Personalmarketing bzw. Recruiting noch lange nicht angekommen. Denn diese „Candidate first-Philosophie“ (abgeleitet von Amazon-Chef Jeff Bezos Customer first-Philosophie), dieses „die Anforderungen der Bewerber verstehen“ ist es, was die Candidate Centricity ausmacht. Glauben Sie allen Ernstes, Amazon wäre so erfolgreich, wenn das Unternehmen seine Kunden von Anfang an mit Füßen getreten hätte? Was glauben Sie, wie erfolgreich Sie im Recruiting sein könnten, wenn Sie Ihren Kandidaten so manches Leid ersparen würden (bspw. in Form von Anmeldemasken und miserabler E-Recruiting-Software oder austauschbaren, uninspirierenden Inhalten auf Karriere-Websites) und sie anstatt mit Füßen zu treten auf Händen tragen? Letztendlich ist dieser bewerberzentrierte Ansatz der Erfolgsfaktor der Unternehmen, die sich vom Wettbewerb unterscheiden, der nicht so agiert. Überträgt man den Ansatz der Customer Centricity auf die Bewerberansprache, so könnte man Candidate Centricity wie folgt beschreiben: Candidate Centricity ist eine durchgängige und integrative Unternehmensstrategie, die auf den Bewerber und seine individuellen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Unternehmensstrategie heißt, dass das ganze Unternehmen – und nicht nur die Unternehmenskommunikation und die Personalabteilung – involviert ist, das Ganze quasi vom Pförtner bis hin zur Geschäftsführung verinnerlicht sein muss und dieser Ansatz langfristig und nachhaltig gelebt wird – und nicht nur, wenn gerade Not am Mann ist. Davon sind wir in der Realität allerdings noch meilenweit entfernt. Eine gute, positiv wahrgenommene Candidate Experience vermittelt echte Wertschätzung des Kandidaten und stellt diesen in den Mittelpunkt der Bewerberansprache. Ohne gute Candidate Experience keine Candidate Centricity – bzw. umgekehrt, so einfach ließe es sich auf den Punkt bringen. Und eben genau diese Erfahrungen im gesamten Bewerbungsprozess, von der Wiege (also dem Erstkontakt) bis zur Bahre (also dem Austritt), die sind es, die mitunter dafür sorgen, dass Unternehmen massive Verluste davontragen, die weit über „nur“ den Verlust eines oder mehrerer Kandidaten hinausgehen, sondern Unternehmen Millionen (!) kosten.9

 Schlechte Candidate Experience schädigt Ruf und Arbeitgebermarke m/w/d) – und kostet Millionen. Im Falle von Virgin Media 5.000.000  Euro. Pro Jahr. (https://personalmarketing2null. de/2018/10/schlechte-candidate-experience-kostet-millionen/. Zugegriffen am 03.01.2019).

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5.3

5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Der Nutzen für Bewerber

Okay, ehrlich – check, Kandidaten im Mittelpunkt – check. „Und nun?“, werden Sie sich wahrscheinlich fragen. Nun gehen Sie auf die Bedürfnisse Ihrer Kandidaten ein (welche das wohl sind?) und vermitteln, welche Vorteile und welchen Nutzen er davon hat, bei Ihnen zu arbeiten und warum er sich gerade bei Ihnen – und nur bei Ihnen! – bewerben sollte. Bewerber (respektive die Kandidaten, die Sie über Active Sourcing aufgabeln) stellen sich nämlich häufig die Frage: „Was habe ich davon, wenn ich mich hier bewerbe?“ oder „Was habe ich davon, wenn ich hier zusage?“10 Die meisten Arbeitgeber zählen nun mögliche Vorteile auf: Flexible Arbeitszeiten, 30 Tage Urlaub, Home Office, umfangreiche Weiterbildungsmöglichen usw. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, Vorteile kommunizieren ist supergut, denn damit sind Sie schon sehr weit vorne im Vergleich zum Wettbewerb. Doch die Frage bleibt: was ist hier der konkrete Nutzen? Bewerber kaufen keinen Job, Sie kaufen einen Arbeitsplatz Salopp gesprochen ist Recruiting im Grunde nichts anderes, als einen Job bzw. einen Arbeitgeber und dessen Kultur zu „verkaufen“. Wie erfolgreich aber sind Verkaufsgespräche, in denen ausschließlich produktmerkmalsbezogen argumentiert wird? Genauso wenig, wie Kunden Produkte, sondern Problemlösungen kaufen, „kaufen“ Bewerber nicht einfach nur einen Job. Sie „kaufen“ einen Arbeitsplatz, der ihnen den Lebensunterhalt sichert, der ihnen Perspektiven bietet, der ihnen Projekte bietet, die die Welt verändern können. Wenn Sie also Vorteile auflisten, tun Sie das nicht um des Auflistens willen, sondern vermitteln Sie deren Nutzen. Ein Beispiel: Aus „30 Tagen Urlaub“ wird „reichlich Zeit, auszuspannen und neue Energie zu tanken“, aus „flexible Arbeitszeiten“ wird „Zeit, morgens noch die Kids zur Kita oder in die Schule zu bringen oder abends zum Training zu können – und so perfekt Privatleben unter einen Hut zu bringen“, aus „reine Tagschicht“ wird „Schluss mit der Nachtschicht“ usw. Klingt schon besser, oder? Noch glaubwürdiger ist das Ganze übrigens, wenn diese Aussagen von Mitarbeitern in Form von Testimonials bestätigt werden. Machen wir doch mal einen Test: Erklären Sie mir in einem Satz, warum ich mich unbedingt bei Ihnen bewerben sollte. Okay, meinetwegen zwei. Die Erfahrung zeigt: Die wenigsten Recruiter finden eine wirklich überzeugende Antwort und ergehen sich wenn überhaupt in Floskeln. Also das, was vielen Nutzern auf Karriere-Websites an Texten vorgesetzt wird. Warum ist es so wichtig, sich als Arbeitgeber mit seiner Identität, seiner Kultur und seinen Vorteilen auseinanderzusetzen? Eigentlich ganz einfach, weil Sie Ihre Mitarbeiter von morgen überzeugen und für sich begeistern müssen. Abgesehen davon: Je genauer ein Bewerber über Sie als Arbeitgeber und das, was ihn bei Ihnen im  Sicherlich, es gibt sie, diejenigen Menschen, die froh sind, überhaupt einen Job zu bekommen. Aber selbst die haben ein Recht darauf zu wissen, was sie im Unternehmen erwartet. Abgesehen davon gilt hier auch das Gebot der Passung. Sie wollen nicht irgendwelche, sondern passende Mitarbeiter. Und den Grund, warum der gute Mensch keinen Job bekam, kennen sie nicht. 10

5.3 Der Nutzen für Bewerber

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Unternehmen erwartet, informiert ist, umso besser kann er entscheiden, ob er und Sie (als Arbeitgeber, aber natürlich muss die Chemie auch anderweitig stimmen – Stichwort Cultural fit) zusammenpassen oder nicht. Im Zweifelsfall bewirbt er sich dann vielleicht nicht, aber das ist in jedem Falle besser, als wenn Sie unpassende Bewerbungen sichten müssten. Noch einmal: Sie wollen nicht möglichst viele oder die erstbesten, sondern passende Bewerber. Das kann man nicht oft genug wiederholen, denn offensichtlich werden viele Recruiter daran gemessen, dass sie möglichst viele Bewerbungen einsammeln. Dabei bedeuten viele Bewerbungen längst nicht gute Bewerbungen. Im Gegenteil: Meistens werden auf der Karriere-Website oder in Stellenanzeigen nur beliebige und unspezifische Informationen vermittelt, was dann dazu führt, dass eine Vielzahl an Bewerbern „das Gefühl hat, dass sie nach dem Besuch einer Karriere-Webseite immer noch nicht wissen, ob ein Arbeitgeber nun zu ihnen passt oder nicht.“11 Dementsprechend ist dann die Qualität der Bewerbungen. Sie wissen ja: Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Fragen Sie Ihre Mitarbeiter (und Bewerber) Welche Informationen sind aber relevant und womit können Sie bei einem potenziellen Bewerber punkten? Hilfreich hierbei ist es, wenn Sie sich selber einmal in die Lage eines Bewerbers versetzen. Womöglich ist es noch gar nicht so lange bei Ihnen her, dass Sie sich beworben haben. Überlegen Sie mal, was Sie dabei am meisten genervt hat oder was Sie vermisst haben. Sie kennen doch das Bibelzitat: „Was du nicht willst, das dir man tu, das füg auch keinem anderen zu!“12 Übertragen Sie das doch einfach mal auf Ihre Karriere-­ Website und Ihren Bewerbungsprozess und machen Sie es besser. Ich garantiere Ihnen, Sie sind schon einen Schritt weiter! Also, was möchte ein potenzieller Kandidat übers Unternehmen wissen, welche Informationen sind für ihn relevant und vor allem: Warum sollte er sich nun ausgerechnet bei Ihnen bewerben? Diese Frage müssen Sie nicht alleine beantworten, aber es ist ein Anfang. Auch in Bezug auf das Stichwort „Betriebsblindheit“ ist es besser, wenn Sie andere mit ins Boot nehmen. Naheliegend wären die eigenen Kollegen. Aber auch Bewerber oder Kollegen, die ganz frisch im Unternehmen sind, sind eine gute Quelle. Fragen Sie, was für sie das Unternehmen als Arbeitgeber ausmacht. Oder fragen Sie, welche Eindrücke sie vom Bewerbungsprozess hatten. Fragen Sie sie zum Beispiel … • … warum sie sich ausgerechnet für Sie als Arbeitgeber entschieden haben, • … was in ihren  Augen Ihre Unternehmenskultur so einzigartig macht und wie die Werte im täglichen Miteinander gelebt werden, • … welche Vorteile Ihre Mitarbeiter warum schätzen, • … was ihren Job so sexy macht, • … was die Persönlichkeit der Mitarbeiter ausmacht – und vieles mehr. 11  Karriere-Webseiten in der Bewerberkritik. Umfrage des HR-Tech-Unternehmens TalentsConnect unter 1010 Bewerbern (https://www.presseportal.de/pm/128831/4140208. Zugegriffen am 30.12.2018). 12  Tobias 4, Vers 16.

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Warum kein Weg daran vorbei geht, sich mit seiner Identität als Arbeitgeber auseinanderzusetzen? Ganz einfach: Je mehr Sie über sich und das Unternehmen – auch aus Perspektive Ihrer Mitarbeiter – wissen, umso besser können Sie dies als Arbeitgeberversprechen13 nach außen kommunizieren und mit diesen Vorteilen um die Bewerber werben. Solche Inhalte sind im Übrigen um Längen wichtiger, als kreativ ausgearbeitete „Employer Branding“-Claims und Floskeln („Employer Blending“), die vielleicht wohltönend sind, aber keinen Inhalt transportieren. Das Ganze machen Sie sinnvollerweise nicht für sich allein im stillen Kämmerlein, sondern in interdisziplinären Teams mit mehreren Workshops, Mitarbeiterbefragungen, Interviews etc. Im Zweifelsfall holen Sie sich auch jemanden ins Haus,14 der sich damit auskennt und das Ganze moderiert.

5.4

Warum man sich ausgerechnet bei Ihnen bewerben sollte

Es gilt also, sich intensiv damit auseinandersetzen, wofür man als Arbeitgeber steht und was man seinen (potenziellen) Bewerbern zu bieten hat. Es geht nicht darum, möglichst viele Benefits anzubieten, nur weil die gerade „in“ sind. Anders gesagt: Es geht darum, interessierten Menschen (aka potenziellen Bewerbern) zu vermitteln, wer Sie als Arbeitgeber sind und warum er sich ausgerechnet bei Ihnen bewerben soll!

 Nennen Sie es meinetwegen auch EVP (Employer Value Proposition). Grundsätzlich geht es darum, zu vermitteln, wofür Sie als Arbeitgeber stehen. Ich nenne es Arbeitgeberversprechen, weil es unmissverständlich klar macht, worum es geht (ein Versprechen!) und es sich um das handelt, was Sie Ihren Mitarbeitern zu bieten haben und was Sie einzigartig macht. Aber bitte wirklich nur das versprechen, was Sie auch einhalten können! 14  Ein externer Berater hat immer einen anderen, unverstellten Blick auf die Dinge. Betriebsblindheit führt oft dazu, dass man es vermeidet, neue Dinge auszuprobieren und in Konventionen gefangen bleibt. Auch zählt die Meinung eines Externen, der einem die Augen öffnet, oftmals mehr, als die interne (z. B. die des Marketings, die alleine aufgrund Kompetenzgerangel und persönlicher Befindlichkeiten, Ideen aus der Personalabteilung abschmettert. Oder umgekehrt). 13

5.4 Warum man sich ausgerechnet bei Ihnen bewerben sollte

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Sie müssen die erreichen, die zu Ihnen passen Wollen Sie Mitarbeiter, die einfach nur zur Arbeit kommen und für die der Job einer wie jeder andere ist (und die damit absolut anfällig für jeden anderen Arbeitgeber sind, der des Weges kommt und ein paar Euro mehr zahlt)  – oder wollen Sie Mitarbeiter, die dafür brennen was sie tun und vor allem: für das, was Ihr Unternehmen tut (Stichwort Sinn)? Es passt nicht jeder Ingenieur oder jeder Chemikant oder jede Pflegefachkraft oder jeder Personalreferent zu jeder Unternehmenskultur. Ihr Ziel muss es daher sein, genau die zu erreichen, die motiviert sind, für das was sie als Unternehmen und als Arbeitgeber tun, zu inspirieren und an sich zu binden. Mitarbeiterbindung beginnt beim Recruiting! Um nicht mehr und nicht weniger geht es in guter Arbeitgeberkommunikation. Vergessen Sie bitte platte Floskeln und selbstverliebte Worthülsen („wir sind innovativ“, „wir sind Weltmarktführer“, „bei uns steht der Mitarbeiter im Mittelpunkt“), sondern werden Sie „erlebbar“ und zeigen Sie anhand praktischer, nachvollziehbarer Beispiele, wie Sie so ticken. Idealerweise werden diese Aussagen um Fotos oder Videos, die das Unternehmen/ die Unternehmenskultur greif- und erlebbar machen, ergänzt. Stehen also die Mitarbeiter im Mittelpunkt, so sollten diese auch zu sehen sein. Was die Inhalte angeht, so gibt es im Grunde genommen fast keine Grenzen. Auf den Punkt gebracht: Sie sollten alles kommunizieren, was das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber und seinen Spirit ausmacht, was die Zielgruppe interessiert und auf deren Bedürfnisse einzahlt. Schaut man sich diverse Studien und Umfragen an, was Menschen dazu motiviert, bei einem Arbeitgeber zu bleiben (oder zu wechseln) und ihnen Arbeitszufriedenheit vermittelt, so variiert das natürlich abhängig von Berufserfahrung, Zielgruppe und Branche. Im Großen und Ganzen läuft es aber auf folgende Punkte heraus: • • • • •

Arbeit mit Sinn Attraktives Arbeitsumfeld Work-Love-Balance: Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf Fort- und Weiterbildung Gutes Gehalt und attraktives Gesamtpaket

All diese Punkte sollten entsprechend auf der Karriere-Website berücksichtigt und anhand praktischer Beispiele verdeutlicht werden. Nicht ohne Grund heißt es: „Tue Gutes und sprich darüber“. Platt ausgedrückt bedeutet Employer Branding letztendlich nichts anderes als ein guter Arbeitgeber zu sein, den Spirit nach innen wie nach außen zu tragen und darüber zu sprechen. Dabei geht kein Weg daran vorbei, sich konkret mit der Situation bzw. Motivation seiner Zielgruppe auseinanderzusetzen: Den „Otto-Normal-Bewerber“ gibt es nicht. Ein und derselbe Job wird für verschiedene Personen ganz unterschiedliche Funktionen erfüllen und Bedürfnisse befriedigen. Stellen Sie sich also die Frage, was für den Mitarbeiter von morgen ein Grund sein könnte, sich bei Ihnen zu bewerben. Oder anders: Was wären Ihre Beweggründe, wenn Sie auf der Suche nach einem neuen Job wären? Was wäre der Fortschritt, den Sie unter welchen Umständen erzielen wollten?

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• • • • • • • • • • • • • • • • • • •

5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Mehr Gehalt? Bloß weg von Ihrem aktuellen Arbeitgeber zu kommen? Ein nette(re)s Team? Ein kleineres (oder größeres) Team? Ein angenehmeres Arbeitsumfeld? Mehr Zeit für Sie oder für Familie und Privatleben  – also eine bessere Work-Love-­ Balance? Eine neue Aufgabe? Eine sinnstiftende Aufgabe? Mehr (oder weniger) (Führungs-)Verantwortung? Näher am Wohnort der Familie zu sein (oder auch weiter weg, je nachdem)? Mehr Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern? Stressfreies Arbeiten ohne (unbezahlte) Überstunden? Raus aus der Stadt, rauf aufs Land, an einen bestimmten Ort? Eine bessere Verkehrsanbindung? Mehr für Ihre Gesundheit zu tun? Der Wunsch, bei einem Unternehmen zu arbeiten, welches sich gesellschaftliche Verantwortung nicht nur auf die Fahnen schreibt, sondern lebt? Mehr Berufserfahrung sammeln? Ein Unternehmen und ein Job, der konform ist zu den eigenen Werten? …

Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden. Was Sie aber sehen können, ist, dass die ­Bedürfnisse und die Umstände, einen Job zu wechseln so unterschiedlich sein können, wie Belgien Biersorten hat.15 Überlegen Sie, welche Faktoren für Ihre Zielgruppen relevant sind und greifen Sie diese in Ihrer Kommunikation auf. Bedenken Sie auch, dass Sie mit Ihren Jobs nicht nur mit jedem Arbeitgeber (nicht nur Ihrem direkten Wettbewerb, sondern jedem Unternehmen, in dem entsprechende Profile oder Kompetenzen gesucht werden) konkurrieren, sondern auch mit dem „Nicht-Konsum“ (es gibt viele Menschen, die trotz ihrer Unzufriedenheit in ihrem Job verhaftet bleiben. Dabei zeigen nur 15  Prozent wirklich tiefe Verbundenheit mit ihrem Arbeitgeber.16 Anders gesagt: Viele Menschen da draußen sind (zumindest latent) wechselwillig. Gemäß einer Studie sind sogar 60 Prozent der ­Fachkräfte, die mit ihrem Job zufrieden sind, durchaus offen für neue Angebote!17 Diese gilt es also zu

 Mehr als 1500 Biermarken in mehr als 700 verschiedenen Geschmacksrichtungen sind es!  Nur 15 Prozent der Beschäftigten weisen hierzulande eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber auf. 14 Prozent haben bereits innerlich gekündigt (!) (https://www.gallup.de/file/245471/ Pressemeldung_Gallup_Engagement_Index_2018.pdf?g_source=link_intdede&g_campaign=item_183104&g_medium=copy. Zugegriffen am 03.01.2019). 17   Jobsuche im Fokus (https://www.stepstone.de/ueber-stepstone/wp-content/uploads/2018/10/ StepStone_Jobsuche-im-Fokus_Web.pdf. Zugegriffen am 23.01.2019). 15 16

5.4 Warum man sich ausgerechnet bei Ihnen bewerben sollte

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erreichen und Impulse zu setzen, sich mit Ihnen als Arbeitgeber auseinanderzusetzen (z. B. in Form des Karrierebuttons). Ihre Aufgabe ist es nun, sich zu überlegen, wie Sie die Bedürfnisse dieser Menschen adressieren und mit der richtigen Nutzenargumentation für Sie als Arbeitgeber zu begeistern. Eine Aufgabe, an der die meisten Unternehmen scheitern, wie bspw. die Untersuchung „Employer Telling – Der Club der Gleichen“18 zeigt. Demnach haben nur die wenigsten (der untersuchten DAX30-)Unternehmen „trennscharf herausgearbeitet, wofür sie als Arbeitgeber stehen, und diese Differenzierung in ihrer Kommunikation konsequent umgesetzt“. In den meisten Fällen habe „das im Employer Branding kommunizierte Image außerdem nicht viel mit dem „wahren Arbeitsleben“ zu tun“. Trotz des Siegeszugs von Employer Branding, so die Autoren, habe die Differenzierungstechnik überraschenderweise viel Gleichförmigkeit produziert. Das zeige sich auch in Form der „hoffnungslos überbeanspruchten Bildmotive oder Worthülsen“ auf Karriere-Websites.

5.4.1 Zahlen bitte: Informationen zum Unternehmen als Arbeitgeber Wie in Abschn.  1.3 bereits erwähnt, gibt es verschiedene Besuchertypen, die auf Ihrer Karriere-Website landen. Der Großteil davon sucht auch Informationen über das Unternehmen. Wenn Sie also nicht gerade Google oder Tesla oder Apple oder Facebook heißen tun Sie gut daran, entsprechende Informationen bereitzustellen.19 Zudem heißt es immer wieder, Bewerber seien so schlecht über die Unternehmen informiert. Sie haben es in der Hand, das zu ändern. Klassischerweise geht es dabei um Zahlen, die Auskunft über den wirtschaftlichen Zustand oder mögliche Wachstumspotenziale eines Unternehmens geben. Für potenzielle Bewerber sind diese Daten insofern von Interesse, als sie ihnen eine Einschätzung ihrer persönlichen Karriereaussichten geben können. Das sind dann z. B. Informationen in Bezug auf die Geschäftsentwicklung (z. B. Geschäftsberichte), Produkte/ Dienstleistungen, Branche, Geschäftsfelder und Unternehmensstandorte. Auch mit einer interessanten Unternehmensgeschichte können Sie beim Bewerber Punkte sammeln. Allerdings sind das Zahlen, die ein Interessent auch auf der Corporate Website finden kann (wenn sie denn dort veröffentlicht werden), auf die Sie selbstverständlich verlinken. Viel interessanter sind ohnehin die Zahlen, Daten und Fakten, die auf Sie als Arbeitgeber einzahlen. Mögliche Daten, die Sie hierzu bereitstellen können, sind z. B. • die Anzahl der Mitarbeiter (Gesamt, deutschlandweit) • der Frauenanteil (nicht nur in Führungspositionen)  Employer Telling: was Arbeitgeber aktuell wirklich zu sagen haben (S. Theisen/M. Böcker, https:// docplayer.org/18004246-Club-der-gleichen-employer-telling-was-arbeitgeber-aktuell-wirklich-zusagen-haben-eine-analyse-der-dax-30-unternehmen.html. Zugegriffen am 02.01.2019). 19  Natürlich sollten diese Unternehmen das auch tun, aber ein Unternehmen ohne so großen Weltruf hat es auf jeden Fall nötig. 18

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Anteil an Azubis und Studenten Anzahl der im Unternehmen vertretenen Nationalitäten Höhe des Weiterbildungsbudgets Anzahl der angebotenen Sport- oder Gesundheitsprogramme Anzahl der Produkte oder Dienstleistungen Anzahl der umgesetzten Projekte Anzahl der Bürohunde Anzahl der getrunkenen Tassen Kaffee. Okay, das war jetzt ein Scherz. Entfernung zu den nächstgelegenen Einkaufsmöglichkeiten Entfernung zur nächsten S-Bahn-Haltestelle Anzahl Urlaubstage Anzahl der Gehälter Anzahl der angeboten Ausbildungsberufe Anzahl der angebotenen Jobprofile Durchschnittliche Unternehmenszugehörigkeit Durchschnittsalter Größe des Unternehmensareals Zahlen zur IT des Unternehmens u. v. a. m.

Auch hier sind Ihrer Fantasie keine Grenzen gesetzt! Auch bei der Darstellung nicht, wie z. B. Abb. 5.3 zeigt.

5.4.2 G  elebte Unternehmenskultur und Werte: Mehr Informationen, bitte!

„Jobsuchende verfügen über klare Vorstellungen, welche Informationen sie über potenzielle Arbeitgeber haben möchten: Unabhängig von Alter oder Geschlecht stehen Informationen

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Abb. 5.3  Welche IT-Technologie am Standort München eines Vergleichsportals eingesetzt wird, erfährt der Nutzer grafisch entsprechend aufbereitet auf der Karriere-Website von Check24. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite CHECK24 https://jobs.check24.de/standort/München)

über Unternehmenskultur und -werte an erster Stelle.“ So steht es in der Auswertung der Candidate Journey Studie 2017.20 Wirklich überraschend ist das eigentlich nicht, denn die kulturelle Passung eines Mitarbeiters war immer schon ein Erfolgsfaktor, um die Nase als Unternehmen vorne zu haben. Jeder von uns hat es wohl schon am eigenen Leib gespürt,

20  C.  Athanas/P.  M. Wald: Candidate Journey Studie 2017 von metaHR und stellenanzeigen.de (https://www.metahr.de/downloads/candidate-journey-studie-2017/. Zugegriffen am 08.01.2019).

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wenn eigene und Unternehmenswerte nicht passen. Und so spielt für einen erheblichen Teil der Bewerber die eigene kulturelle Passung zur Zielorganisation eine signifikante Rolle. Besonders fatal: Findet der neue Mitarbeiter nicht die erwartete Kultur vor, so wird er schon bald nach Antritt der neuen Stelle nach anderen Arbeitgebern Ausschau halten (was in der Folge bedeutet, dass Sie den ganzen Recruitingprozess wieder von vorne aufrollen müssen). Tatsächlich gelingt es aber nicht einmal der Hälfte der Arbeitgeber, vor und während der Bewerbungsprozesse die eigene Kultur passend zu vermitteln. Da ist also noch viel Verbesserungspotenzial, was Sie unbedingt angehen sollten! Aber es gibt auch gute Nachrichten: In 25 Prozent der Fälle wird die Kultur nach Jobantritt sogar als besser als erwartet erlebt (was Sie natürlich trotzdem nicht davon abhalten sollte, an der Außendarstellung als Arbeitgeber zu schrauben). In der Folge bedeutet das für Sie, nicht irgendwelche, sondern die passenden Mitarbeiter fürs Unternehmen zu gewinnen. Menschen zu rekrutieren, die vor allem von ihrer Persönlichkeit her zum Unternehmen oder ins Team passen. Schließlich sollen sich die Mitarbeiter wohl fühlen und dem Unternehmen möglichst lange erhalten bleiben. Mitarbeiterbindung beginnt bereits bei der Rekrutierung. Nicht ohne Grund heißt es „hire for attitude and train for skills.“ Viele Unternehmen möchten gerne einzigartig und unverwechselbar sein und investieren viel in Employer Branding. Schaut man sich aber auf vielen Karriere-Websites um, so werden zwar viel Sprüche geklopft und eine schöne Kulisse in bunten Bildern gezeigt, das wirkliche Vermitteln der Unternehmenskultur bleibt da aber auf der Strecke. Ihre Aufgabe ist es nun, Ihre Werte darzustellen und zu zeigen, dass diese in der täglichen Zusammenarbeit wirklich gelebt werden und nicht nur auf dem Papier stehen. Das Ganze bitte nicht in Form austauschbarer Mission Statements oder Leitbilder, die will kaum einer sehen. Vielmehr geht es darum, die gelebten Werte und Ihre Unternehmenskultur spür- und greifbar zu machen, so dass die Menschen da draußen einen Eindruck davon bekommen, wie Ihr Unternehmen tickt. So heißt es bspw. auf der Karriere-Website des Unternehmens Ueno unmissverständlich „Don’t like working with assholes? We don’t hire them.“21 Besonders glaubwürdig werden Aussagen bezüglich Ihrer Unternehmenskultur, wenn Sie hierzu auch Ihre Mitarbeiter zu Wort kommen lassen, bspw. in Form von Testimonial-­ Videos (kein Imagevideo!), Blogartikeln, in denen Kultur und Werte gut vermittelt werden können oder durch transparentes Umgehen mit Arbeitgeberbewertungen. Wie Sie Ihre Unternehmenskultur und -werte auf vielfältige Weise vermitteln können, zeigen die Abb. 5.4, 5.5 und 5.6. Ehrlich währt am längsten! Aber auch hier gilt: Ehrlich währt am längsten. Wenn Sie eben ein Arbeitgeber sind, der Mitarbeiter mit Füßen tritt und ihr Engagement nicht zu schätzen weiß, wer eine Unternehmenskultur hat, die zum Himmel stinkt (solche Unternehmen soll es ja geben), ­versuchen Sie sich nicht mittels Employer Blending reinzuwaschen. Stehen Sie dazu! Jeden Tag steht ein Dummer auf, der gerne Ihrem Ruf folgt! Übrigens lassen sich die  https://ueno.co/careers. Zugegriffen am 08.01.2019.

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Abb. 5.4 „Lachen macht glücklich! Und da uns zufriedene und glückliche Mitarbeiter sehr wichtig sind, lachen wir so viel es geht.“ Auch so kann man Unternehmenskultur darstellen. Diese „Attitude“ setzt sich sogar fort bis hin zum Bewerbungsbutton. Stark. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Techdivision https://www.techdivision.com/karriere/kultur-region.html)

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Abb. 5.5 „BECK hat einfach verstanden, dass begeisterte Mitarbeiter die besten Mitarbeiter sind.“ Starkes Statement und da gibt’s noch mehr davon. Bayerisch bodenständig, herzlich, offen. Sympathisch. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Ludwig Beck https://kaufhaus.ludwigbeck.de/unternehmen/karriere/ihre-vorteile)

t­atsächlich gelebten Werte auch am Umgang mit potenziellen Mitarbeitern und in der Arbeitgeberkommunikation ablesen. Wenn Sie sich hier keine Mühe geben, mit Oberflächlichkeit glänzen, Bewerber mit Formularwüsten abschrecken, sie ewig auf eine ­Antwort warten lassen, beim Empfang schmoren lassen oder schlecht vorbereitet ins Bewerbungsinterview kommen, kann das ein Indiz dafür sein, dass a) es mit Ihren Unternehmenswerten nicht zum Besten bestellt ist oder b) Sie selber so ein Fall von „Cultural Mismatch“ sind und bereits innerlich gekündigt haben. Letztendlich werden Kandidaten dann zu Bewerbern respektive Mitarbeitern, wenn Faktoren wie Aufgaben im Job, Unternehmenskultur und die Lage des Arbeitsplatzes attraktiv sind. Und wer da zu wem passt, nun, das liegt im Ermessen jedes Einzelnen. Sie wissen ja: Jedes Töpfchen find’ sein Deckelchen.22 22  Legendärer Ausspruch, berühmt geworden durch Liselotte („Lilo“) Pulvers Lied im Film „Kohlhiesels Töchter“ von 1962. Passt auch perfekt für Employer Branding.

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Abb. 5.6 „Bei Loxone an Bord zu sein heißt nicht, Stunden verstreichen zu lassen und eine endlose Liste an ToDo’s abzuarbeiten. Ganz im Gegenteil. Bei Loxone hat jeder einzelne die Chance Dinge zu bewegen und die Welt zu verändern“. Auch auf der Karriere-Website von Loxone bekommt ein potenzieller Bewerber einen guten Eindruck davon, wie das Unternehmen tickt. Klicken Sie sich mal durch! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Loxone https://jobs.loxone.com/dede/culture/)

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5.4.3 Aufgaben und Projekte mit Sinn und Perspektive Leider gerät ein ganz entscheidender Aspekt immer wieder in Vergessenheit auf den Karriere-­Websites, nämlich die Aufgaben und Rollen, die einen im Unternehmen erwarten. Viele Faktoren kommen zusammen, wenn jemand einen Jobwechsel anstrebt. Der Jobinhalt und die Aufgaben sind neben den passenden Werten dabei ganz entscheidend. Einen stupiden Job, bei dem sie Dienst nach Vorschrift machen, wollen die wenigsten (und Sie wollen in der Regel keine Mitarbeiter, die nur Dienst nach Vorschrift machen und Ihr Hirn am Firmentor abgeben. Das zumindest unterstelle ich jetzt mal). Während die früheren Generationen noch gearbeitet haben, um zu leben und den Sinn dessen, was sie da eigentlich für wen oder was tun, nicht großartig hinterfragt haben, so sieht das heute in vielen Fällen anders aus. Eine Aufgabe, in der man etwas bewegen kann, sich aktiv einbringen, etwas gestalten kann, das ist, was viele motiviert. Wenn Mitarbeiter spüren, dass das, was sie tun, einen Beitrag zum großen Ganzen beiträgt und darüber hinaus der Job (und das Unternehmen) zu ihren persönlichen Wertvorstellungen oder Fähigkeiten passt, wird die Arbeit zu mehr als nur Mittel zum Zweck, den Lebensunterhalt zu verdienen. Auch die Suchanfragen auf Google spiegeln das wieder: So ist bspw. das Suchvolumen für „Zufriedenheit am Arbeitsplatz“ seit 2014 um 62 Prozent gestiegen.23 Insofern sollten diese Aspekte auch außerhalb der Stellenanzeigen eine Rolle spielen, bspw. auf den immer wieder gerne erwähnten und in Abschn. 1.2.3 beschriebenen Landingpages zu konkreten Funktionen oder Bereichen. Hier können Sie eine ganze Seite konkreten Aufgaben und ihren Inhalten, Projekten sowie Nutzen und Perspektiven widmen und Ihrem Bewerber einen zusätzlichen Wow!-Effekt bescheren. Sie wissen ja: Je genauer das Bild ist, welches ein potenzieller Bewerber von Ihrem Unternehmen hat, umso besser kann er für sich entscheiden, ob es mit Ihnen klappt, oder nicht. Auch muss ich an dieser Stelle wiederholt betonen, dass unterschiedliche Besucher Ihre Karriere-­ Website ansteuern (s. Abschn. 1.3!). Und wenn das jemand tut, der das ursprünglich gar nicht vorhatte und dann über solche Informationen stolpert, und sagt „Wow, cool, das ist genau mein Ding!“, dann haben Sie Ihre Sache gut gemacht und einen Bewerber mehr im Kasten.

 Unter der Überschrift „Wonach googeln Deutschlands Arbeitnehmer?“ hat das SEO-Portal semrush einen Suchanfragen-Vergleich durchgeführt, der interessante Rückschlüsse auf Arbeitsmarkt-Trends zulässt (https://de.semrush.com/lp/war-for-talents/. Zugegriffen am 11.01.2019). 23

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5.4.4 Work-Love-Balance: Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf

Immer mehr vermischen Arbeit und Beruf, auch das, was Mitarbeitern wichtig ist, hat sich in den letzten Jahren deutlich geändert. War es früher noch das reine Karrieredenken,24 steht heute die Familie respektive das Privatleben und ein Job mit Sinn im Fokus. Dem sollten Sie mit entsprechenden Inhalten Rechnung tragen. Beschreiben Sie, wie Work-Life-Love-Balance bei Ihnen aussieht Nur den Begriff erwähnen, und schreiben, das man natürlich auch auf eine Work-Life-­ Balance achte, ist ein wenig dünn. Wirklich dargelegt, wie das denn nun in dem Unternehmen speziell gelebt wird, findet man es nur selten. Dabei ist eine gute Work-Life- bzw. Love-Balance ein immens wichtiges Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers. Manchen Untersuchungen zufolge sogar das wichtigste. Klar, in unserer schnelllebigen Zeit, in der das Smartphone und ewige Erreichbarkeit unser aller Leben bestimmen, wird es immer schwieriger, „Work“ und „Love“ unter einen zu Hut bringen bzw. verschmelzen beide immer mehr. In der Regel verbringt der Mensch mehr Zeit am Arbeitsplatz und mit seinen Kollegen, als daheim mit Partner und Familie. Nicht nur deswegen soll Arbeit Spaß machen. Selbstbestimmtes Arbeiten und Sinnhaftigkeit der Arbeit stehen hoch im Kurs. Letztendlich hängen Zufriedenheit und Sinnhaftigkeit sogar eng mit dem Begriff Glück zusammen. Sie kennen das: Sind Sie im Job nicht glücklich, tragen Sie diese ­Unzufriedenheit 24  Hierzu passt auch eine spannende Umfrage unter rund 2400 Bewerbern: Auf die (ungestützte) Frage, was für sie einen guten Job ausmacht, antworteten nur 60 (!) mit dem Begriff „Karriere“. Der Begriff kommt in ihrem Mindset also im Grunde gar nicht mehr vor. Wer hätte das gedacht! Sollten wir den Begriff Karriere-Website gar hinterfragen? (https://go.softgarden.de/umfrage-der-gute-job. Zugegriffen am 10.01.2019).

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nicht nur mit ins Unternehmen, sondern auch nach Hause, der Partner bekommt dann alles ab. Über kurz oder lang hängt der Segen zu Hause schief. Diese zusätzliche Unzufriedenheit bringen Sie dann wieder mit an den Arbeitsplatz und so dreht sich das Karussell munter weiter. Beruf und Beziehung beeinflussen sich signifikant. Und oft bleibt die „Love“ bei all der „Work“ auf der Strecke. Haben Sie vielleicht selbst schon mal erlebt. Wobei „Love“ nicht unbedingt auf die körperliche Liebe bezogen ist, das kann auch durchaus die Leidenschaft für ein Hobby oder den geliebten Vierbeiner sein. Nachweislich tragen selbst Hunde im Büro25 zur Work-Love-Balance und damit zur Produktivität und zum Wohlbefinden bei. Wenn sich Kind, Kegel und Beruf unter einen Hut bringen lassen, hat das aber noch viele weitere positive Aspekte: • Flexible Arbeitszeitmodelle leisten zur Mitarbeiterbindung einen wichtigen Beitrag: Der Anteil der unzufriedenen Beschäftigten sinkt von knapp 27 auf 5 Prozent, wenn familienfreundliche Maßnahmen unterstützt werden. • 96,1 Prozent der Beschäftigten mit Kindern sagen, dass ihnen familienfreundliche Angebote wichtig sind, bei Mitarbeitern ohne akute familiäre Verpflichtungen sind es 81 Prozent. • Wenn Beschäftigte ihre Arbeitszeit an ihre Lebenssituation flexibel anpassen können, steigert das die Produktivität. • Dank Home-Office können Väter ihre berufstätige Partnerin entlasten.26 Weil das Thema Work-Love-Balance (nennen Sie es meinetwegen auch Life, Hauptsache, Sie benennen es irgendwie) bei der Wahl eines Arbeitgebers so wichtig ist, sollten Sie alles dafür tun, dass Sie das, was Sie Ihren Mitarbeitern Gutes tun, auch auf Ihrer Website kommunizieren. Dazu gehören z. B. Flexible Arbeitszeiten, Urlaub, Sabbaticals, Home Office, Sonderurlaub, Eltern-Kind-Zimmer, Hund im Büro, Job-Fahrräder, Duschen (so eine Joggingrunde während der Arbeit, insbesondere im Winter, wenn man das auch im Hellen tun kann, ist schon was Feines – wenn man denn die Gelegenheit hat, anschließend eine erfrischende Dusche zu nehmen) oder was Sie sonst noch Schönes Ihren Mitarbeitern bieten, damit Sie eine ausgewogene Work-Love-Balance haben. So findet ein potenzieller Bewerber auf der Karriere-Website von SEW-EURODRIVE neben vielen anderen Informationen u. a. eine ganze Seite zur betriebseigenen Kita, die keine Frage offen lässt. Selbst hier hat der User jederzeit die Links zur Stellenbörse im Blick.27

 Das Suchvolumen für „Bürohund“ ist in den letzten vier Jahren um ganze 264 Prozent gestiegen. Unter den Top 10 Related Keywords suchen die Deutschen sogar direkt nach einem „Job mit Bürohund“. 26  Alle Zahlen und mehr zum Thema Familienfreundlichkeit gibt es hier: https://www.erfolgsfaktor-familie.de/infografik-hr-trends.html. (Zugegriffen am 09.01.2019). 27  https://www.sew-eurodrive.de/karriere/arbeiten_bei_sew-eurodrive/unser_angebot_an_sie/unsere_kita_morgentau/unsere_kita_morgentau.html. Zugegriffen am 03.02.2019. 25

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5.4.5 Weiterbildung und Perspektiven: Werden Sie konkret! Eine ganze wichtige Rolle bei der Wahl des Arbeitgebers nimmt auch die Weiterbildung ein. Insbesondere von IT-Fachkräften wird ein breites Weiterbildungsangebot sehr geschätzt. Gerade hier sind die Mitarbeiter mit ständig neuen Technologien und Programmiersprachen konfrontiert. Und wer sich in einer dynamischen, von Schnelllebigkeit und neuen Trends geprägten Welt nicht weiterentwickelt, ist schnell weg vom Fenster.28 Umso besser stehen Sie als Unternehmen da, wenn Sie ein attraktives Weiterbildungspaket anbieten, Ihre Mitarbeiter auf Konferenzen, Barcamps oder Hackathons schicken oder auch Wissen intern unter den Mitarbeitern vermittelt wird (und man ihnen Arbeitszeit dafür eingesteht) – und das auch nach außen kommunizieren. „Umfangreiche Weiterbildungsmaßnahmen“, wie man es auf so manchen Karriere-Websites liest, ist als schlagendes Argument einfach ein bisschen dünn, finden Sie nicht auch? Auch hier gilt der Grundsatz „Tue Gutes und sprich darüber“ – und das nicht erst im Vorstellungsgespräch, denn da ist es bereits zu spät. Mitarbeiterbindung beginnt schon beim Recruiting. Ihr Ziel sollte es sein, einmal gewonnene Mitarbeiter möglichst lange ans Unternehmen zu binden. Der Wettbewerb um passende Mitarbeiter wird in den nächsten Jahren aufgrund schwindenden Erwerbspersonenpotenzials und steigender Fachkräftenachfrage eher zunehmen, als abnehmen. Insofern tun Sie nicht nur gut daran, Ihren Mitarbeitern bestmögliche Perspektiven anzubieten, sondern diese auch nach außen, auf Ihrer Karriere-Website zu kommunizieren. Ganz weit vorne sind Sie, wenn Sie Mitarbeiter, die bspw. als Azubi oder Student ins Unternehmen eingestiegen sind, als Testimonial gewinnen. Auch Storys von Mitarbeitern, die innerhalb des Unternehmens neue Einsatzbereiche gefunden haben, weil sie sich weiterentwickeln wollten, sind in der Arbeitgeberkommunikation mit Gold nicht aufzuwiegen.

5.4.6 Arbeit und Gesundheit Employer Branding fängt von innen an. Und genau wie in einem gesunden Körper ein gesunder Geist steckt, funktioniert ein „gesunder“ Arbeitgeber nur mit gesunden Mitarbeitern. Insofern sollte es in Ihrem ureigenen Interesse liegen, die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter zu erhalten. Schließlich wollen Sie, dass sich Ihre Mitarbeiter wohl fühlen, gute Leistung bringen und möglichst lange erhalten bleiben. Deswegen bieten Sie Ihren Mitarbeitern nach neuesten ergonomischen Gesichtspunkten gestaltete Arbeitsplätze und ­-umgebungen,

28  In der Zeit, während ich dieses Buch schreibe, vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über Flugtaxis, autonomes Fahren, Flüge zum Mars, Datenskandale, Kryptowährungen, neue Arbeitsmodelle (5-Stunden-Tag, 4-Tage-Woche), neue Modelle der Sharing Economy (z. B. ein Portal für Sammelklagen wegen des VW-Dieselskandals), Schüler, die für den Klimaschutz auf die Straße gehen, TikTok, eine Mauer in Mexiko, E-Mobilität, Digitalisierung in Unternehmen, vernetzte Welten u. v. a. m. berichtet wird. Wer hier den Anschluss verliert, hat das Nachsehen.

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ein Betriebssportprogramm, Ernährungskurse und vieles mehr  und kommunizieren Sie das nach außen. Auch wenn Sie noch kein Betriebliches Gesundheitsmanagement implementiert haben: Alles, was Sie in Sachen Gesundheit Ihren Mitarbeitern Gutes tun, gehört ohne Wenn und Aber auf Ihre Karriere-Website.

5.4.7 Gehalt: Mehr Transparenz bitte!

Das gilt natürlich auch fürs Gehalt. Diese Informationen sind für viele Bewerber von großem Interesse. 79 Prozent sind einer Umfrage nach sogar der Meinung, eine Angabe der Gehaltshöhe sollte verpflichtend sein.29 Auch wenn der Wunsch nach Gehaltstransparenz in der Arbeitgeberkommunikation immer lauter und durch Google for Jobs befeuert wird: Personaler haben da eine eher ambivalente, um nicht zu sagen äußerst ablehnende Haltung. Lediglich 9 Prozent fänden eine solche Pflichtangabe gut. Ja, ich weiß, dass das in Deutschland immer noch ein Tabuthema ist. Transparenz in Sachen Gehaltsangabe führt zu mehr Bewerbern Vielleicht hilft es Ihnen zu wissen, dass bis zu 40 Prozent mehr Bewerbungen auf Stellenanzeigen mit Gehaltsangabe entfallen.30 Selbst wenn ein Unternehmen nur Mindestlohn zahlt: Die Angabe alleine ist ein Vertrauensbeweis und kommt an beim Bewerber. Wahrscheinlich ist dies auch ein Grund dafür, warum Google for Jobs einen ­Gehaltsvergleich  „Wir fragen. Personaler und Bewerber antworten“., so das Motto des Jobware Umfrage-Reports 2014/2015. Jobware gibt in seinen Karriere-Newslettern jeden Monat 36.000 Bewerbern sowie tausenden Personalern die Chance, zu einer ausgewählten Fragestellung Stellung zu nehmen. Die Ergebnisse haben zwar keinen repräsentativen Charakter (mal ganz unter uns, welche dieser gesamten Studien hat den schon?), sind aber dennoch interessant (https://personalmarketing2null.de/2015/07/ jobware-umfrage-report-gehaltsangaben-in-stellenanzeigen-schnellere-reaktionszeiten/. Zugegriffen am 04.01.2019). 30  Marius Luther: Reformation im Recruiting. Podcast auf Soundcloud (https://soundcloud.com/personalmarketing2null-669981504. Zugegriffen am 04.01.2019). 29

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anbietet und die Jobs höher rankt, bei denen entsprechende Angaben zu finden sind. Nur mal so, zum Nachdenken. Wenn Sie sich partout dagegen sträuben, vermitteln Sie wenigstens Angaben zum Gehaltsgefüge. Das können zum Beispiel Angaben über Gehaltsbestandteile, Sondergratifikationen; Unternehmensbeteiligung oder über Mitarbeiter-­Rabatte sein oder ob Sie Ihre Mitarbeiter bei der Altersvorsorge unterstützen und vieles mehr. Das Unternehmen Profihost etwa verspricht seinen Mitarbeiten ein faires Gehalt, 6 Prozent mehr Gehalt alle 2 Jahre, Gewinnbeteiligung und „deine leistungsgerechte Bezahlung zum Start wird gemeinsam mit dir mit einem spezialisierten Unternehmen berechnet“.31 Auch bei der Darstellung des Gehalts sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, wie die Abb. 5.7 und 5.8 exemplarisch zeigen.

5.4.8 Mitarbeitervorteile in den Fokus rücken „Von 30 Tagen Urlaub über eine perfekte Work-Life-Balance dank flexibler Arbeitszeiten bis hin zu einer umfassenden Einarbeitung und einer Vielzahl an Weiterbildungsmöglichkeiten – bei uns bleibt kein Wunsch unerfüllt. Manche munkeln sogar, wir hätten so viele

Abb. 5.7  Vorbildliche Darstellung der Gehaltsangaben auf der Website von Engel Küchenmontagen. Was bei einem Mittelständler geht, sollte doch auch für Sie machbar sein, oder? Bei Tap bzw. Mouseover geben die Kacheln auf der Rückseite noch mehr Informationen preis. (Bildquelle: Screenshot: Karriereseite Engel Küchenmontagen https://www.engel-kuechenmontagen.de/stellenboerse/kuechenmonteur-m-w-raum-dortmund-bochum-oberhausen/)

 https://www.profihost-karriere.de/. Zugegriffen am 04.01.2019.

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Abb. 5.8  Der Anbieter von E-Commerce-Lösungen Shopware zieht das Ganze anders auf. Hier sieht der Bewerber, was er in etwa verdienen kann. Er kann aber auch einen eigenen Vorschlag machen. Genial ist auch die Darstellung. Ein Anbieter von Online-Shops baut seine Karriere-Website als Online-Shop auf. „Produkte“ sind die Mitarbeiter, der Warenkorb zeigt die Anzahl der gemerkten Stellenanzeigen. Wow! (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website Shopmacher https://shopmacher. de/jobshop)

Mitarbeitervorteile, dass es unmöglich sei, sie alle aufzuzählen. Wir haben uns trotzdem einmal die Mühe gemacht.“, so heißt es auf der Karriere-Website von HSE24.32 In der Folge werden sämtliche Vorteile, die der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern gewährt, dargestellt. Genau diese Mühe, alle Vorteile aufzuzählen, lohnt sich. Ich kann es nicht oft genug betonen: Sie befinden sich in einem massiven Wettbewerb mit sämtlichen anderen Arbeitgebern. Sollten Sie dann nicht alles dafür tun, als bester aus diesem Wettbewerb hervorzugehen, wie beispielhaft in Abb.  5.9 dargestellt? Dabei lohnt es sich dann auch mal zu überlegen, ob es nicht Unterschiede bei den einzelnen Zielgruppen gibt, was deren Bedürfnisse angeht. Und die gibt es durchaus. Insofern empfiehlt es sich, die einzelnen Vorteile je Zielgruppe auf den jeweils passenden Unterseiten zu präsentieren.

 https://karriere.hse24.com/arbeiten-bei-hse24/deine-vorteile/. Zugegriffen am 03.01.2019.

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Abb. 5.9  Auf der Website von Profihost werden alle Mitarbeitervorteile aufgelistet und anhand von Icons nett visualisiert. Hübsch gemacht, übersichtlich und informativ. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Profihost https://www.profihost-karriere.de/)

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5.4.9 Standort: Was macht Ihre Region so reizvoll? Kennen Sie Oberkochen oder Harsewinkel? Beides sind kleine Städte, die (zumindest für Auswärtige) am so genannten Arsch der Welt liegen. Trotzdem haben hier Unternehmen von Weltruf ihre Heimat gefunden. Wie aber gelingt es Ihnen, potenzielle Mitarbeiter in solche vermeintlichen Kuhdörfer zu lotsen? Was machen Sie, wenn Sie als „Hidden Champion“ Nachwuchs aus den großen Städten für sich begeistern wollen? Sie rühren die Werbetrommel für Ihren Standort und preisen seine Vorteile an. Und zwar auf Ihrer Karriere-­Website! Wenn Sie als Arbeitgeber Mitarbeiter in Spe (nicht nur) in unbekannte Regionen locken wollen, dann bleibt Ihnen eigentlich nichts anderes übrig, diese auch für Ihren Standort zu begeistern. Und damit meine ich jetzt nicht die Größe des Unternehmens oder die des Firmengeländes oder wie viel Mitarbeiter da in Lohn und Brot stehen, sondern was die Stadt, was die Region so reizvoll macht. Kulturell. Infrastrukturell. Freizeittechnisch. Und so weiter. Solche Infos sind auf den Karriere-Websites der meisten Arbeitgeber allerdings eher die Ausnahme. Und so müssen Bewerber in ihrem Hunger nach Informationen Google und Co. bemühen. Im Zweifel stolpern sie dabei dann über einen anderen Job bzw. Arbeitgeber. Pech für Sie. Warum ich Ihnen das erzähle? Weil es für einen Bewerber sehr ausschlaggebend bei der Wahl des Arbeitgebers ist, wohin er seinen Lebensmittelpunkt verlegt  Und warum auch immer, viele der wirklich spannenden Unternehmen und Hidden Champions liegen nicht in den großen Traumstädten, sondern oft jwd, „janz weit draußen“ – oder krasser ausgedrückt: Am Arsch der Welt (deswegen ja auch „hidden“ ;-)).33 Gemäß einer StepStone-Studie führt ein unattraktiver Unternehmensstandort bei 58 Prozent der Befragten zu einer Absage.34 Zahlen, die einem zu denken geben sollten. Auch wenn die Bereitschaft, einen Standort zu wechseln sehr stark von Alter, Familiensituation und Berufsfeld abhängen: Ob ein Standort attraktiv oder unattraktiv ist, weiß man eigentlich erst, wenn man sich vor Ort ein Bild davon gemacht hat. Die Karriere-Website zumindest bietet eine erste Gelegenheit, den Standort vorzustellen und potenziellen Bewerbern erste Anreize oder aber Orientierung zu vermitteln. Den Standort ins rechte Licht zu rücken, das gilt nicht nur für die unbekannten Orte. Selbst Hamburg oder München sind „aus der Ferne betrachtet“ für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Auch hier gilt es, potenziellen Bewerbern den Job respektive den Standort möglichst schmackhaft zu machen. Wie man den Standort im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft machen kann, zeigt Abb. 5.10. Abb. 5.11 vermittelt einen weiteren Eindruck davon, wie kreativ und informativ andere in ihrem “Standortmarketing” sind.  In Oberkochen hat bspw. das Optik-Unternehmen Carl Zeiss seinen Stammsitz. Der Ort hat nicht einmal eine Verkehrsampel und trotzdem hat sich da ein Unternehmen von Weltruf angesiedelt. Das schöne Harsewinkel hingegen verfügt über Verkehrsampeln. Hier sitzt der Hersteller von Landmaschinen Claas. Wer kennt sie nicht, die grünen Mähdrescher, die im Sommer das Getreide einfahren? 34  StepStone Trendstudie 2016 (https://www.stepstone.de/content/de/de/5/projects/trendstudie/resc/ stepstone_trendstudie2016.pdf. Zugegriffen am 09.01.2019). 33

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Abb. 5.10  Das Unternehmen ibc Solar liegt in Bad Staffelstein. Wo das liegt? Irgendwo in der Region Oberfranken. In den „Gottesgarten am Obermain“ zieht es laut Karriere-Website immer mehr Menschen. „Sei es wegen der günstigen Miet- und Baulandpreise oder der frischen Luft und des ländlichen Idylls“. Bei Bildern wie dem oben läuft Bewerbern bestimmt das Wasser im Munde zusammen. Nur  – was machen Vegetarier :-)? (Bildquelle: Screenshot Karriereseite IBC Solar https://www.ibc-solar.de/unternehmen/karriere/)

Und das können Sie tun: • Räumen Sie Ihrem Standort eine Unterseite ein, auf der Sie ihn in Wort und (Bewegt-) Bild vorstellen. • Stellen Sie das Sport-, Freizeit- und Kulturprogramm an Ihrem Standort vor. • Gehen Sie auf die Lebenshaltungskosten und Immobilienpreise ein. • Insbesondere für junge Familien sind Faktoren wie Kinderbetreuung und Schulen wichtig. Bieten Sie auch hierzu Informationen direkt auf der Website an. Mit solchen Links können Sie beim Bewerber punkten. Sie zeigen damit Wertschätzung und füllen die Aussage, dass der Mitarbeiter im Mittelpunkt stehe, mit Leben. • Auch weiterführende Informationen zu Kultur und Freizeit setzen positive Akzente. Besonders reizvoll: Informationen von Kollegen aus erster Hand. Was sind die Hot Spots der Kollegen? Vermitteln Sie auf diese Weise potenziellen Bewerbern erste Eindrücke von ihren Kollegen und geben Sie nebenbei hilfreiche Tipps zur Freizeitgestaltung, zum Wohnen, Leben, Party, Ausgehen etc. Schließlich sollen sich die neuen Kollegen bei Ihnen wohl fühlen und möglichst lange bleiben. • Verknüpfen Sie die Standort-Informationen unmittelbar mit der Jobs-Seite und ergänzen Sie die Informationen bspw. durch die Einbindung von Google Maps, in der die Umgebung des Unternehmens-Standorts inkl. Haltestellen des ÖPNV, Bäckereien, Supermärkten, Schulen, Kindertagesstätten etc. pp. dargestellt wird. Auch vermeintlich nebensächliche Aspekte, wie bspw. kostenlose Parkplätze, Jobticket, kurzer Fußweg zur S-Bahn-Station od. Ä. sollten auf der Website Erwähnung finden.

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Abb. 5.11  Auf der Karriere-Website von news aktuell finden Bewerber umfangreiche Tipps für das Leben und Freizeitprogramm in Hamburg (!) sowie eine Standortkarte mit eingezeichneten Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants in der Nähe des Standorts. Auch die anderen Standorte werden kurz vorgestellt. Einziger Wermutstropfen: Die Informationen sind nicht sonderlich gut auffindbar. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite newsaktuell https://www.newsaktuell.de/karriere/)

5.5 Text: Bitte keine Worthülsen

5.5

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Text: Bitte keine Worthülsen

Leider wird bei Karriere-Websites den Texten nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt, nicht selten schreibt die Personalabteilung die Texte „mal eben selbst“.35 Und das, obwohl im Tagesgeschäft ohnehin alles drunter und drüber geht und eigentlich gar keine Ressourcen zur Verfügung stehen. Was wiederum dazu führt, dass sich ein Karriere-Website-Projekt unnötig verzögern kann. Was wiederum fatal ist, zählt doch im Kampf um die Bewerber jede Sekunde. Nur allzu oft bestehen die Texte aus leeren Worthülsen und austauschbaren Floskeln. Oder anders gesagt: „Die Sprache auf vielen Karrierewebsites großer deutscher Unternehmen ist oft nur als mangelhaft zu bezeichnen.“ Das ist nicht von mir, zu diesem wenig schmeichelhaften Schluss kommt die im Jahr 2010 erschienene KIMATEK-­ Studie.36 Das ist zwar mittlerweile neun Jahre her, aber viel geändert hat sich nicht auf den Karriere-Websites der Republik. Denn immer noch immer ist eine nutzenorientierte Argumentation der Vorteile aus Sicht der Bewerber eine Ausnahme. Im Rahmen der o. g. Studie wurde die Sprache auf Karrierewebsites qualitativ untersucht. Demnach mangelt es den Unternehmen an einer „schlüssigen Argumentation“, will sagen Leistungsversprechen an Bewerber werden ausschließlich auf der Behauptungsebene kommuniziert. Belege finden sich selten bis nie. Wesentliche Mängel sind zudem u. a. monologische und passive Texte, Wortwüsten und Worthülsen, Behördensprache („Amtsdeutsch“), Fremdwortverliebtheit, plumpes Eigenlob sowie orthografische Fehler (und das obwohl Rechtschreibfehler nach wie vor das Top-Kriterium sind, Bewerber auszusieben. Wer im Glashaus – Sie wissen schon!).  Das kann durchaus funktionieren, ist aber eher selten anzutreffen. Macht auch nix, ein guter Personaler muss nicht zwingend ein Poet sein. Auch Texte, die die Unternehmenskommunikation, liebevoll auch „Corp Comm“ genannt, verzapft, sind meistens keine Lösung. Die ist in der Regel (von der es natürlich auch Ausnahmen gibt) sehr verkopft und hängt an ihrem Unternehmenssprech, der in der Bewerberwelt zu Recht als wenig authentisch wahrgenommen wird. 36  Kieler Modell zur Analyse von Texten auf Karrierewebseiten, 2010. 35

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Offensichtlich hat sich seitdem nicht viel auf deutschen Karriere-Websites getan, das belegen nicht nur meine Erfahrungen, sondern auch die in diesem Buch bereits mehrfach zitierte Studie „Employer Telling – Club der Gleichen“, die den Karriere-Website-Texten der DAX 30-Unternehmen auch sechs Jahre nach Erscheinen der KIMATEK-Studie Beliebigkeit und Austauschbarkeit bescheinigt.37 Genau diese austauschbaren und inhaltsleeren Texte beklagen auch die Bewerber, die die Tonalität der Texte als werblich, austauschbar, langweilig und im Behördensprachenstil getextet empfindet. Mit folgenden Empfehlungen lässt sich diesem traurigen Urteil gegensteuern: • Nicht (ausschließlich) aus Ich/-Wir-Perspektive schreiben, sondern den potenziellen Bewerber direkt ansprechen („Sie“/„Du“) – so, als wäre er bereits Teil des Teams • Appellierende, aktivierende Texte: Einsatz von Substantiven (insbesondere „ungs“) reduzieren, „werben“ mit Verben • Bezug zur Praxis und Realitätsnähe herstellen: Geschichten erzählen, Einblicke in den Praxisalltag vermitteln, Sinnhaftigkeit der Arbeit darstellen • Kompakte, übersichtliche Leseblöcke erstellen • Rechtschreibfehler vermeiden! Auch bei Texten gilt: Die richtige Ansprache für die jeweilige Zielgruppe. Azubis müssen anders angesprochen werden und benötigen eine andere Tiefe der Informationsversorgung als Berufserfahrene. Erstellen Sie relevante Inhalte (die auch Google mag), die einen Mehrwert für den Leser bieten. Schreiben Sie so (oder lassen Sie texten), dass sich ein Leser gerne mit den Texten auseinandersetzt, die Sätze versteht und sich die Unternehmenskultur widerspiegelt. „Der Erfolgsfaktor für die Personalrekrutierung via Internet ist die Sprache“, so formulierte es seinerzeit einer der Macher der KIMATEK-Studie. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

5.5.1 Du oder Sie? Ein Punkt, an dem immer wieder Diskussionen hochkochen, ist die Ansprache auf Karriere-­Websites. Du oder Sie? Was ist denn jetzt richtig? Du für Auszubildende, Sie für den Rest? Was richtig oder falsch ist, ist weniger von der Zielgruppe, als von Ihrer Unternehmenskultur abhängig. Allerdings nimmt das Du in der Bewerberansprache deutlich zu: „Willkommen, Du passt zu uns“, heißt es etwa bei der Deutschen Bahn. Auch Unternehmen wie McDonalds, Sky oder Payback biedern sich auf diese Weise beim Bewerber an.

  Employer Telling: Club der Gleichen, 2016. (S.  Theisen/M.  Böcker, https://docplayer. org/18004246-Club-der-gleichen-employer-telling-was-arbeitgeber-aktuell-wirklich-zu-sagen-haben-eine-analyse-der-dax-30-unternehmen.html. Zugegriffen am 02.10.2019). 37

5.5 Text: Bitte keine Worthülsen

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Aber warum auch nicht? Schließlich ist laut einer Studie38 das bedingungslose „Sie“ nur noch in drei Prozent der Unternehmen an der Tagesordnung. 63 Prozent der Befragten sind immerhin mit einigen Kollegen per „Du“, während in der Führungsetage das „Sie“ zum guten Ton gehört. Der Rest duzt sich ungeniert. Und das hierarchieübergreifend. „Das Du“, so einer der Studienmacher, sei „ein Ausdruck der Revolution, die gerade in der deutschen Wirtschaft stattfindet“. Da ist es also nur konsequent, dass auch auf Karriere-­ Websites jetzt geduzt wird, wie z. B. bei der Bahn: Geduzt wird dort auf der Karriere-­ Website jeder. Vom Azubi bis zur gehobenen Führungskraft. Allerdings zieht sich diese Ansprache nicht bis zu den Bewerbungsgesprächen durch,39 was dann wiederum einen eklatanten Glaubwürdigkeitsbruch darstellt. Die Bahn ist bei Weitem kein Einzelfall. Auch bei anderen Unternehmen wird der Bewerber gnadenlos geduzt – ob ihm das gefällt, oder nicht. Ob ihm die Inkonsequenz gefällt, die da an den Tag gelegt wird, ist allerdings eine andere Sache. Denn während es in der Stellenanzeige noch „Bist du bereit für eine Zukunft, die dank neuer, digitaler Technologien so aufregend sein wird wie nie?“ heißt, wird man bei der Bewerbung durch den Satz „Willkommen. Sie sind nicht angemeldet.“ nebst Instruktionen in „Sie“-Form, wie dieses unglaublich funktionale Bewerberportal zu bedienen sei, gleich in die graue Bewerber-­ Realität zurückgeholt. Während man auf der Karriere-Startseite noch „per Du“ und launigen Botschaften wie „Für dich ist ein Trojaner auch kein Pferd“ oder „Für dich ist Citrix auch keine Zitrone“ angelockt wird, geben einem spätestens die Stellenanzeigen zu verstehen, dass man es mit dem „Du“ doch nicht so ernst meint und schwenkt aufs Sie um. Bei McDonalds heißt es zwar „Mach Deinen Weg“ und „Arbeiten wie Du bist“, aber auch hier schafft es dieser kumpelhafte Ton nicht bis in den Bewerbungsprozess. Das mag an sich so schlimm ja gar nicht sein, schließlich findet es nämlich mehr als ein Drittel der Jobsuchenden überhaupt nicht prickelnd, wenn sie mir nichts, dir nichts geduzt werden: Lediglich 26,2 Prozent der Befragten finden das gut, diese empfinden das dann sogar als Zeichen für eine positive Unternehmenskultur.40 38,6 Prozent der Befragten ist die Art der Ansprache ohnehin egal und sie bewerben sich so oder so. Aber was heißt das nun für Sie? Letztendlich sollte die Ansprache immer zum Unternehmen und dessen Kultur passen  Ist das „Du“ bei Ihnen im Unternehmen gang und gäbe, spricht nichts dagegen, das auch nach außen zu kommunizieren. Wenn sich ein Bewerber damit schwer tut, passt er eh nicht. Basta. Bewerber aber mit einem „Du“ zu ködern und diese Ansprache im weiteren Bewerbungsprozess nicht fortzusetzen, wirkt indes wenig glaubwürdig. Ergo: Wenn Sie 38  https://www.haufe.de/personal/hr-management/unternehmenskultur-duz-kultur-ist-auf-dem-vormarsch_80_392290.html. Zugegriffen am 09.01.2019. 39  http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/beruf/bewerbung-bei-deutscher-bahn-ein-selbstversuch-15285314.html. Zugegriffen am 09.01.2019. 40  http://presse.careerbuilder.de/pressreleases/wir-suchen-dich-auf-ein-drittel-der-bewerber-wirktdas-du-in-der-stellenanzeige-abschreckend-1950240.

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Ihre Besucher auf der Karriere-Website duzen, sollten Sie das auch konsequent durchziehen: Das beginnt also bei Ihrer E-Recruiting-Software (es ist in der Regel – und bei kooperierenden (!) Anbietern – ein Leichtes, die hinterlegten Texte anzupassen und aus dem „Sie“ ein „Du“ zu machen), geht über die Bewerberkorrespondenz und bis hin zum persönlichen (Vorstellungs-)Gespräch. Nichtsdestotrotz: Wenn bei Ihnen im Unterneh­ men eine eindeutige „Siez-Kultur“ vorherrscht, sollten Sie in der Bewerberansprache auch beim „Sie“ bleiben – auch bei den Azubis. Alles andere dürfte eher verwirren: Und zwar sowohl die Bewerber, als auch die eigenen Mitarbeiter, die sich über die lockere Ansprache auf der Karriere-Website wundern. Insbesondere dann, wenn diese Ansprache irgendwie so gar nicht dem üblichen Umgangston entspricht. Und frisch eingestellte Bewerber oder auch Kandidaten im Vorstellungsgespräch erleben möglicherweise einen Praxisschock, wenn sich das „Du“ in der Stellenanzeige plötzlich in ein „Sie“ verwandelt.

5.6

Ein (Bewegt-)Bild sagt mehr als 1000 Worte

Umfangreiche Informationen über den Arbeitgeber und das, was Bewerber bei ihm erwarten können, in ansprechende, Lust auf die Bewerbung machende Worte zu verpacken und auf der Karriereseite zu präsentieren, ist das eine. Was nun noch fehlt, sind passende Bilder (und/oder Videos) für Header und Contentbereich, die das Geschriebene illustrieren und Arbeitgeber, Mitarbeiter und Kultur visualisieren. Auch hier gilt selbstverständlich das Gebot der Authentizität. Ungeachtet aller Employer Branding-Claims und ausgearbeiteter „Alleinstellungsmerkmale“: Das, was einen Arbeitgeber so einzigartig macht, sind neben der Unternehmensidentität und den gelebten Werten vor allem die Mitarbeiter.

5.6.1 Die Macht der Bilder

5.6 Ein (Bewegt-)Bild sagt mehr als 1000 Worte

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Schon Kurt Tucholsky wusste, dass sich (100.000) „Worte an den Verstand, an die Erfahrung, an die Bildung wenden. Aber ein Bild sagt mehr. ... Bilder sagen mehr als 1000 Worte.“41 Drum ist es also auf jeden Fall gut und richtig und auch notwendig, dass Sie sich als Arbeitgeber in Worte kleiden. Aber auf die Macht der Bilder zu setzen, daran geht kein Weg vorbei. Zumindest wenn Ihnen an einem authentischen und überzeugendem Arbeitgeberauftritt gelegen ist. Und der ist nur möglich, wenn Sie echte Mitarbeiter oder den echten Arbeitsplatz auf der Website präsentieren. Leider ist oft das Gegenteil der Fall. Vermeintliche Mitarbeiter werden mittels so genannter Stockfotos vorgegaukelt. Und so hat der auf einem Bild einer Stellenanzeige oder einer Karriere-Website dargestellte Inhalt in vielen Fällen rein gar nichts mit dem zu tun, was eigentlich beworben wird – nämlich die zukünftigen Mitarbeiter oder der Arbeitsplatz im Unternehmen. Was tatsächlich eine Irreführung des Betrachters bedeutet und damit streng genommen den Tatbestand der irreführenden Werbung erfüllt, wird von Unternehmen gerne lapidar als „Kavaliersdelikt“ abgetan. Abgesehen davon, dass Bewerber getäuscht werden, schneiden Sie sich als Unternehmen ins eigene Fleisch, geht es doch darum, sich als glaubwürdiger Arbeitgeber darzustellen. Gefakte Bilder sind auch oder gerade im Zeitalter von Fake-News ein absolutes No go. Ach, ich liebe die deutsche Sprache!42 Zudem ist es einfach auch nur peinlich, wenn ein und dasselbe Bildmotiv auf den unterschiedlichsten Karriereseiten verwendet wird. Eher kontraproduktiv sind auch Bilder, die zwar echte Mitarbeiter zeigen, aber wie eine Kopie von Stockbildern wirken, weil die vorher recherchierten Bilder als Vorbilder dienen. Und so dominieren hier die in gleicher Pose abgelichteten grinsenden Mitarbeiter am Schreibtisch, im Meeting-Raum oder diskutierend am Flipchart. Auch die Unart, Mitarbeiter vorher stundenlang in die Maske zu schicken, vielleicht sogar den Herren der Schöpfung vor dem Shooting etwas Rouge angedeihen zu lassen, damit die Haut etwas frischer aussieht, sollten Sie im Idealfall unterlassen. Bei Ihrem Arbeitgeberauftritt geht es nicht um die Inszenierung von Produkten. Bei Ihrem Arbeitgeberauftritt geht es um Echtheit und Authentizität. Um Glaubwürdigkeit. Die Chance, mit Bildern einzigartige Geschichten zu erzählen, wird mit solch einer Inszenierung schnell leichtfertig verspielt. Für Ihre Karriere-Website empfehlen sich folgende Arten von Bildern: • Headerbilder: Zu dem Thema hatte ich mich ja bereits in Abschn. 3.4.1 ausführlich geäußert. Grundsätzlich gilt das Gesagte: Das Headerbild ist kein Selbstzweck. Es sollte immer im Kontext der Inhalte stehen, die den Nutzer auf Ihrer Karriere-Website erwarten und auf Sie als Arbeitgeber einzahlen. Es geht nicht um eine hübsche ­Bildidee,  Kurt Tucholsky verwendete den Ausspruch 1926 als Überschrift zu einem fotoillustrierten Artikel in der Zeitschrift Uhu. Ursprünglich basiert dieses Zitat von Fred R. Barnard auf einer Anzeige, die bereits 1921 mit dem Slogan „One Look is Worth A Thousand Words“ in einer Fachzeitschrift der Werbebranche für den Gebrauch von Bildern in Werbung auf Straßenbahnen warb. 42  Deswegen bin ich tatsächlich Mitglied der Gesellschaft für deutsche Sprache. Kein Witz! 41

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

sondern um eine echte Botschaft, die (hoffentlich) den Nutzen vermittelt, sich mit Ihren Inhalten auseinanderzusetzen. Heißt auch, dass ein nacktes, möglicherweise sogar den kompletten Bildschirm füllendes Motiv, nicht ausreicht. • Reportagefotos (Mitarbeiter in Arbeitssituationen) für den Contentbereich: Da wo ansonsten gerne Stockfotografien eingesetzt werden, kommen nun Bilder von echten Mitarbeitern in echten Arbeitssituationen zum Einsatz. Alleine ebenso wie in Zusammenarbeit mit Kollegen. Hier sieht der Mitarbeiter den Betrachter ausdrücklich nicht an, sondern wird im Kontext seiner Aufgabe gezeigt. Echt heißt im Übrigen echt. Auch der Einsatz von Models ist tabu. Sie wollen einen echten, authentischen Eindruck vermitteln. Wollen Sie, dass man Sie beim Lügen ertappt? Bspw. wenn der neu gewonnene Mitarbeiter seine vermeintliche „Kollegen“ kennen lernen will, die es alle gar nicht gibt? • Mitarbeiterportraits für den Contentbereich (Erfolgsgeschichten): Hätten wir noch die Portraitfotos, die bspw. bei Testimonials zum Einsatz kommen können oder bei der Darstellung der Kollegen aus der HR-Abteilung im Kontaktbereich, den es selbstverständlich gibt. Während sowohl beim Headerbild, als auch beim Reportagebild der Mitarbeiter nie „nackt“ da stehen sollte, sondern immer im Kontext seiner Arbeitsumgebung, zählt beim Portraitbild nur die Person, die vor einem neutralen oder einem unscharfen Hintergrund ohne Details aufgenommen wird. Nichts soll den Betrachter von dieser ablenken. Letztendlich ist das Portraitbild das, was es ist. Also ein Brustbild vor neutralem Hintergrund. Aber bitte vermeiden Sie Bewerbungsfotostyle und „Heiligenscheine“! Ein („glaubwürdiges“) Mitarbeiter-Fotoshooting lohnt im Übrigen in mehrfacher Hinsicht. Zum einen können die Bilder natürlich universell – also nicht nur auf der Website, sondern auch für Stellenanzeigen oder Broschüren – genutzt werden. Zum anderen wird damit auch ein „Wir“-Gefühl unter den eigenen Mitarbeitern kreiert oder verstärkt und so die Identifikation mit dem eigenen Arbeitgeber erhöht. Die Mitarbeiter sind stolz, ihr Gesicht nach außen zu zeigen. Und das spürt auch der Bewerber. Die Auswahl von einzigartigen Bildern ermöglicht nicht nur einen unterscheidbaren Arbeitgeberauftritt, sie hinterlässt auch einen glaubwürdigen Eindruck bei den Kandidaten. Direkt in die Kamera lächeln, Handschlag, High Five oder schlimmer noch: der Gefällt-mir-Daumen, sind also tabu. Beachten Sie diese Hinweise und haben Sie einen Fotografen gewählt, der sich mit dieser Art der Fotografie bestens auskennt und empathisch mit den Leuten agiert, haben Sie schnell einzigartiges Bildmaterial im Kasten und auf der Karriere-Website. Echte Kollegen in echten Räumlichkeiten, in echten Arbeitssituationen. Herz, was willst du mehr! Oder, wie Tucholsky weiter ausführt: „Und weil ein Bild mehr sagt als hunderttausend Worte, so weiß jeder […] die Wirkung des Bildes zu schätzen: […] das Bild schlägt zu, boxt, pfeift, schießt in die Herzen und sagt, wenn’s gut ausgewählt ist, eine neue Wahrheit und immer nur eine“. Also, lassen Sie die Bilder auf Ihrer Karriere-Website zuschlagen, boxen, pfeifen und in die Herzen Ihrer Kandidaten schießen! Tipp: Moderne Smartphones bieten heutzutage eine hochauflösende Bildqualität. Wenn das Budget also nicht reicht, kann es durchaus auch eine Alternative sein, selber zur

5.6 Ein (Bewegt-)Bild sagt mehr als 1000 Worte

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­ amera zu greifen – oder einen Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens zu identifizieren, K der fotografieren kann. Verfügt das Unternehmen über einen Instagram, Facebook- oder flickr-Account, ist es durchaus auch möglich, diese mit der Website zu verknüpfen und diese Bilder in die Website einzubetten. Ein Bild sagt im Übrigen nicht nur den Betrachtern auf der Karriere-Website mehr als tausend Worte, sondern stellt richtig deklariert im Idealfall auch Informationen für Suchmaschinen bereit.

5.6.2 Mit Videos den Arbeitgeber zum Leben erwecken Keine Frage: Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Und ein Bewegtbild mehr als 1000 Bilder. Wenn das der Herr Tucholsky noch erlebt hätte … Wenn Sie so wollen, sind Videos im Zeitalter von Youtube und Netflix aus der Arbeitgeberkommunikation kaum noch wegzudenken. Aber auch hier gilt: Ein Video ist kein Selbstzweck, sondern sollte immer eine Mission erfüllen. Je nachdem, wie das Video erstellt wurde und was dessen Inhalte sind, kann es die Entscheidung eines (potenziellen) Bewerbers sehr wohl beeinflussen, sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden. Ziel solcher Videos, die Sie auf der Karriere-Website einbinden, sollte es also sein, den Arbeitgeber, die Mitarbeiter oder auch Jobs im Unternehmen vorzustellen. Und das Ganze möglichst glaubwürdig und praxisbezogen. Letztendlich sollte das Ziel sein, den Arbeitgeber, seine Mitarbeiter und seine Kultur spürbar zu machen. Es dient dazu, einem potenziellen Bewerber eine Orientierungshilfe zu geben – passen er und das Unternehmen zusammen oder nicht? Wird hier eine falsche Erwartungshaltung geweckt und alles über den grünen Klee gelobt, wird eine Arbeitsumgebung dargestellt, wie sie nicht vorherrscht, so dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Ihnen der neu rekrutierte Mitarbeiter Hals über Kopf Lebewohl sagt, wenn er mit der Unternehmensrealität konfrontiert wird. Zur Glaubwürdigkeit gehört auch, für die Videos echte Mitarbeiter einzusetzen und keine Schauspieler. Auch sollte ein Bewerber wissen, mit wem er es in den Videos zu tun hat. Das stärkt die Identifikation mit den zukünftigen Kollegen. Und auch darum geht es ja. Ziel sollte es doch sein, dass Sie als Arbeitgeber glaubwürdig rüberkommen und potenzielle Bewerber zu Bewerbern machen, oder? Übrigens: Ein Video, wie das auf der Karriere-Website von Superdry, wo CEO Euan Sutherland die Karriere-Website und ihre Funktionsweise mit warmen Worten vorstellt, dient nicht diesem Zweck. Hilfreicher sind da schon die 360-Grad-Videos, wie sie etwa auf der Karriere-Website von Deloitte zu finden sind. Da bekommt der Betrachter große Augen, wenn er durch die einzelnen Unternehmensstandorte geführt wird und darüber hinaus noch etwas über die Highlights der Städte erfährt. Eine andere Art, Bewegtbild einzusetzen, findet sich beim App-Anbieter Zapier. Hier werden alle (!) Mitarbeiter mit einem kleinen Animated GIF dargestellt. Originelle Idee, die sympathisch rüberkommt, der Mehrwert auf dem Rest der Karriere-Website allerdings fehlt.

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Empfehlungen für Recruiting-Videos Wie immer gilt auch beim Video: Content is King. Und Kontext sowieso. Und damit sind wir wieder beim Anfang, nein nicht bei Adam und Eva, sondern bei Glaubwürdigkeit. Daher hier nun noch ein paar Empfehlungen für Recruiting-Filme: Grundsätzlich gilt, wie so oft: Erzählen Sie eine Geschichte. Reiten Sie nicht auf irgendwelchen langweiligen Unternehmenskennzahlen herum und setzen Sie nicht sich selbst (oder gar den CEO) selbstbeweihräuchernd in Szene. Was macht Sie als Arbeitgeber aus? Es ist die Kultur, es sind die Werte und die Mitarbeiter. Also lassen Sie diese zu Wort kommen. Schauspieler und Models sind tabu! Ebenso sind Filme tabu, in denen der Fokus mehr auf dem Fotografen bzw. dem Regisseur des Films liegt oder in denen Mitarbeiter zwar in Berufskleidung, aber im Fotostudio ihre Story erzählen. Es geht um Glaubwürdigkeit. Es geht um den Arbeitsplatz im Unternehmen, nicht um den der Filmproduktionsfirma!

Legen Sie Ihren Mitarbeitern die Worte nicht in den Mund  Vergessen Sie auswendig gelernte Floskeln, vergessen Sie Teleprompter, vergessen Sie Pappen! Haben Sie Vertrauen zu Ihren Mitarbeitern und lassen Sie sie „frei von der Leber weg“ sprechen. Orientierung geben im Vorfeld des Shootings definierte Leitfragen. Je spontaner die Antworten allerdings sind, umso ungezwungener wirkt das Ganze. Glaubwürdig können Sie nur sein, wenn Sie authentisch sind. Oder umgekehrt. Das gilt nicht nur fürs Gesagte, sondern fürs Erscheinungsbild: Laufen Ihre Mitarbeiter jeden Tag mit gegelten Haaren und nachgezogenem Lippenstift, perfektem Augen-Makeup und im gebügelten Anzug/im Kostüm durchs Unternehmen? Wirklich? Wenn ja, okay, dann dürfen Sie sie so vor die Kamera stellen. Wenn nein, dann sollten Sie bei einem Shooting auch davon Abstand neh­ men. Klar, dürfen Sie die glänzende Nasenspitze oder Stirn mal sachte abpudern. Aber ansonsten gilt, shooten Sie die Mitarbeiter so, wie sie tagtäglich an ihrem Arbeitsplatz erscheinen. Und shooten Sie sie auch genau in der Umgebung, in der sie arbeiten. Glaubwürdig können Sie nur sein, wenn Sie so sind, wie Sie sind. Glauben Sie mir!

5.6 Ein (Bewegt-)Bild sagt mehr als 1000 Worte

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Transportieren Sie Emotion, Energie, Begeisterung und das Engagement der Mit­ arbeiter  Nicht jeder, der Filme produziert, kann das. Suchen Sie sich einen Partner, der über ein hohes Maß an Empathie verfügt und die Mitarbeiter für ein Shooting aufschließt, ihnen die Hemmung nimmt, vor der Kamera zu agieren. Halten Sie die Dinge in Bewegung. Auch ein längeres Video kann sich wie ein kurzes Video anfühlen, wenn es Ihnen gelingt, Ihren Betrachter emotional anzusprechen und die Inhalte entsprechend aufzubereiten. Entscheidend ist nicht die Länge, entscheidend ist der Inhalt! Und bei all dem zeigen Sie die Menschen – Ihre Emotionen, Ihr Lächeln, Ihre Gefühle. Und Ihre Leidenschaft für Ihren Job und den Arbeitgeber. Die Einbindung der Videos erfolgt idealerweise über Plattformen wie Youtube oder Vimeo. Das bietet nicht nur den Vorteil, dass die eigenen Serverressourcen geschont werden und Videos schneller geladen werden. Auf diese Weise sind die Videos über zusätzliche Kanäle erreichbar, die wiederum den Traffic auf die eigene Website erhöhen und dank erhöhter Auffindbarkeit via Google die Bekanntheit und Reichweite des Arbeitgebers steigern können.

5.6.3 Social Media Feeds Auch via Social-Media-Feeds bspw. aus Facebook, Twitter oder Instagram können Sie Inhalte einbinden. Auf diese Weise können Sie dann direkt Aufmerksamkeit für Ihre Social-­Media-Profile schaffen und neue Fans und Follower gewinnen. Allerdings hat das Ganze auch Nachteile: So wird das Einbinden entsprechender Inhalte seit Inkrafttreten der DSGVO kritisch beäugt. Zudem greift jeder dieser Dienste über Cookies Nutzerinformationen ab, was insbesondere bei Facebook (wo auch Instagram zugehört) seit den sich häufenden Datenskandalen nicht jedem schmeckt. Ein weiterer Nachteil: Sie machen sich abhängig von den Inhaltslieferanten. Sollte es Facebook in den Sinn kommen, etwas an der Feed-Darstellung zu ändern oder neue Features einzuführen, die Auswirkungen auf die Darstellung haben, ist das eher suboptimal. Der größte Nachteil der Einbindung dieser Feeds ist aber der Einfluss auf die Ladezeit Ihrer Website. Und damit dann auch wieder auf die Nutzerfreundlichkeit (Sie wollen Ihre Nutzer doch nicht extra länger warten lassen, nur weil Sie einen Facebook-Feed eingebunden haben – und diesen womöglich deswegen verlieren, oder?) und auf das Ranking bei Google. Mal Hand aufs Herz, sind Sie wirklich auf diese Inhalte angewiesen? Verknüpfen Sie Ihre Karriere-Website lieber mit einem Blog. Diese Bloginhalte können Sie sinnvoll mit den Inhalten der Karriere-Website verbinden und dem Nutzer so einen Mehrwert verschaffen. Darüber hinaus kann der Blog auch Reichweite erhöhen – indem Sie relevante Inhalte schaffen, die auch von Google gefunden werden.

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5.7

5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Mitarbeitertestimonials: Bitte (r)echt authentisch

Wenn Sie jetzt bei Testimonial an die Werbung denken, etwa an Klementine oder Herrn Kaiser43 oder aber an Fielmann, liegen Sie so falsch gar nicht. Ein solches Testimonial bezeichnet in der Werbung nämlich die „konkrete Fürsprache für ein Produkt, eine Dienstleistung, eine Idee oder Institution durch eine Person, die der Zielgruppe meist bekannt ist und mit ihrem Auftritt die Glaubwürdigkeit der Werbebotschaft erhöht“.44 Als Testimonial versteht man aber auch eine werbende Person, die sich für eine Marke oder Produkt ausspricht. Bei einem Mitarbeiter-Testimonial handelt es sich um einen Mitarbeiter, der für Sie als Arbeitgeber „wirbt“. Mitarbeiter als Testimonial und damit als Markenbotschafter respektive Arbeitgeberbotschafter einzusetzen, ist eine hervorragende Möglichkeit, seinen Arbeitgeberauftritt glaubwürdig zu gestalten.

Kein anderer kann so gut das Unternehmen nach außen präsentieren, wie Ihre Mitarbeiter selbst. Grundsätzlich geht es aber auch bei diesem Thema, wie so oft, nicht darum, OB man etwas macht, sondern WIE man etwas macht. Bei der Darstellung von Testimonials gibt es mehrere Möglichkeiten: • Der Mitarbeitersteckbrief: Beim Mitarbeitersteckbrief werden dem Mitarbeiter Fragen gestellt, deren einsilbige Antworten dann von der Unternehmenskommunikation glatt gebügelt, auf Gleichklang gebracht werden und dann auf der Karriere-Website erscheinen. Nein, das ist natürlich nicht so. Hoffentlich. 43  Klementine war von 1968 bis 1984 eine Werbefigur für das Waschmittel Ariel, Herr Kaiser war das 1972 bis 2009 für die Hamburg-Mannheimer. Der dort lange gebrauchte Slogan „Hallo, Herr Kaiser!“ ist als geflügeltes Wort sogar in die deutsche Sprache eingegangen. Ob Ihnen das mit Ihren Mitarbeitertestimonials gelingt? Wohl nicht. Aber es gibt immer wieder mal ein großes „Hallo“, wenn Bewerber in der Unternehmensrealität auf die Mitarbeiter treffen, die als Mitarbeiter-Testimonial von der Karriere-Website lächeln. Ein positiver Effekt, der mit Schauspielern und Models niemals möglich wäre. 44  So steht es auf Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Testimonial. Zugegriffen am 21.01.2019).

5.7 Mitarbeitertestimonials: Bitte (r)echt authentisch

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• Die Mitarbeiter-Story: Während beim Steckbrief alles recht strukturiert und standardisiert zugeht, ist das bei der Story etwas anders. Hier erzählt der Mitarbeiter anhand von Leitfragen, die ihm der Orientierung dienen, seine Geschichte auf seine Weise, in seiner Tonalität. So klingt jede Geschichte anders und hat andere Schwerpunkte. Einen echten Mehrwert bieten Sie Ihren Nutzern, wenn die von Ihren Mitarbeitern erfahren, an was für spannenden Projekten sie mitgewirkt haben. Letztendlich lohnt sich hier aber schon die Einrichtung eines Blogs, den Sie mit entsprechenden Inhalten befüllen, die nicht nur Ihr Nutzer, sondern auch Google zu schätzen weiß. • Der Mitarbeiterfachartikel: Hier steht nicht der Mitarbeiter unmittelbar im Vordergrund, sondern eher als Urheber einer Job- oder Projektbezogenen Story. • Das Mitarbeiter-Zitat: Diese Minimallösung findet z.  B. als Teaser oder Slider-­ Element auf Karriere-Websites Einsatz. • Das Mitarbeiterbild: Hier ist nur der Mitarbeiter mit Namen und Funktion zu sehen und dient bspw. als Visual für Stellenanzeigen oder Header. • Das Mitarbeitervideo: Hier präsentiert sich der Mitarbeiter in seiner Arbeitsumgebung (oder auch zusätzlich in seinem Zuhause oder seiner Freizeit, je nachdem, wie das Video gestaltet wurde) und erzählt seine Story als Bewegtbild. Beispiele, wie Sie solche Mitarbeitertestimonials auf Ihrer Karriere-Website präsentieren können, zeigen Abb. 5.12, 5.13 und 5.14. Auch hier gilt: Ihrer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt (mit Ausnahme des in Kapitel 3 zu Usability Gesagten natürlich ;)). Und wer schreibt nun diese Testimonials? Nun, da es ja um Mitarbeiter geht, die für ihren Arbeitgeber werben, liegt die Antwort eigentlich auf der Hand: Der Mitarbeiter selbst. Stichwort Authentizität. Bei allem anderen haben wir wieder das Problem mit der Glaubwürdigkeit. Auf Bewerber wirken solche Statements oder Aussagen in Interviews nicht authentisch: 80  Prozent der befragten Bewerber halten Mitarbeiter-Aussagen für werblich, 79 Prozent für austauschbar und nur 35 Prozent finden sie spannend.45 Trotzdem haben für die Storys der Mitarbeiter des Unternehmens STIHL Autoren des Wirtschaftsmagazins brandeins in die Tasten gehauen, „um maximale Glaubwürdigkeit zu e­ rreichen“.46 Ob nun als Steckbrief, Story oder Zitat: Da es sich um Mitarbeiter als Markenbotschafter handelt, sollte allen Testimonials eins gemein sein. Sie müssen als Mitarbeiter erkennbar sein. Das heißt in der Folge kein Testimonial ohne Name. Und wenn ich schreibe Name, so heißt das Vor- und Zuname. Wenn in Ihrem Unternehmen das „Du“ vorherrscht, reicht natürlich auch der Vorname. Tabu sind in jedem Falle Abkürzungen: A.C., H. O., F. G., und M. W., wie in Abb. 5.15 zu sehen, sind wohl kaum als ­Markenbotschafter geeignet.

 Karriere-Webseiten in der Bewerberkritik. Umfrage unter 1.010 Bewerbern (https://www.presseportal.de/pm/128831/4140208. Zugegriffen am 30.12.2018). 46  Um maximale Glaubwürdigkeit zu erreichen, ließ STIHL die ungefilterten Storys von Journalisten des Wirtschaftsmagazins brand eins erstellen. Die entstandenen 29 Porträts sollen STIHL nahbar und erlebbar machen, z.  B. hier: https://www.arbeiten-bei-stihl.de/menschen-bei-stihl/friedhelm-koch. Zugegriffen am 10.01.2019. 45

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Abb. 5.12  Einen ganz anderen Weg der Darstellung geht ESWE-Verkehr. Für seine „Alltagshelden“-Storys lässt der Verkehrsbetrieb mehrere Mitarbeiter in Form einer Fotostory zu Wort kommen. Sympathischer Ansatz, der gefällt und inspiriert. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite ESWE-­ Verkehr https://www.eswe-verkehr.de/unternehmen/alltagshelden.html)

Abb. 5.13  Auf der Karriere-Website von Amazon erzählen Mitarbeiter unter dem Punkt „We pioneer“, welche Ideen, welche Innovation sie zum Unternehmen beigetragen haben. Die Sache hat nur einen Haken: Die Inhalte sind so gut versteckt, dass sie nur einem aufmerksamen User auffallen. Schade, da wird viel Potenzial verschenkt. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Amazon https:// www.amazon.jobs/de/pioneers)

Und Christiane F. war ein Kind des Bahnhof Zoos. Auch ansonsten sind abgekürzte Nachnamen eher negativ konnotiert. Solche Anonymisierungen erzeugen die Wirkung, man habe etwas zu verbergen. Ein authentischer Arbeitgeberauftritt, der etwas zu verbergen hat, ist aber wenig glaubwürdig. Also, Butter bei die Fische! Ihre Mitarbeiter haben Namen. Und

5.7 Mitarbeitertestimonials: Bitte (r)echt authentisch

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Abb. 5.14  Auf der Karriere-Website von Payscale wird die Persönlichkeit der Mitarbeiter auf eine gänzlich andere Weise dargestellt. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Payscale https://www.payscale.com/about/jobs)

Abb. 5.15  Lieber gar keine Testimonials, als solche. Wenn sich das Unternehmen nicht klar zu seinen Mitarbeitern bekennt (oder die Mitarbeiter zum Unternehmen), sollte man das besser unterlassen. Andererseits … auch so vermittelt ein Unternehmen seine Kultur. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite ROC http://www.roc-karriere.de/warum.htm#slogan)

Ihre potenziellen Mitarbeiter haben ein Recht darauf zu erfahren, wer sie sind und was sie machen. Denn damit für einen potenziellen Bewerber auch noch nachvollziehbar wird, mit wem er es zu tun hat, darf natürlich auch die Funktion nicht fehlen. Übrigens: Christiane F. steht für Christiane Felscherinow.

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

 ervice für Bewerber: Infos zum Bewerbungsprozess, S Bewerbungstipps und FAQ

Ein wichtiger Aspekt, der oft und gerne auf Karriere-Websites vergessen wird, sind Informationen zur Bewerbung und zum Bewerbungsprozess. Der Bewerber möchte Transparenz darüber, wie er sich bewerben kann, was er dabei zu beachten hat und wie die weiteren Schritte im Bewerbungsablauf aussehen. Tatsächlich gibt es auch Menschen, die sich entweder noch nie oder aber auch vor langer Zeit zuletzt beworben haben und gar nicht wissen, worauf es bei einer Bewerbung ankommt. Daher sollten neben solchen Informationen auch die über die einzelnen Prozessschritte, über die Prozessdauer und die benötigten Unterlagen sowie die gewünschten Dateiformate und -größen auf der Karriere-­ Website nicht fehlen. Hierbei sollte dann auch klar ausformuliert werden, welche Unterlagen für die Bewerbung erforderlich sind (ein Hinweis auf die „üblichen Bewerbungsunterlagen“ sorgt für Missverständnisse und ist nicht ausreichend, besser ist es die geforderten Unterlagen konkret zu benennen) und ob die Bewerbung beispielsweise als ein PDF mit maximaler Dateigröße von 4 MB eingereicht werden soll. Je konkreter hier kommuniziert wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Bewerbung in dem bevorzugten Format gesendet wird. Ob das Ganze nun als reiner, hübsch gegliederter Text oder in Form von netten Grafiken dargestellt wird, ist dabei nebensächlich. Wichtig ist, dass die Informationen überhaupt vorhanden sind! Allerdings habe ich bei so manchen Karriere-Websites den Eindruck, man steckt mehr Aufwand in eine möglichst kreative und verspielte, ja sogar animierte, Darstellung des Bewerbungsprozesses, als in wichtige Inhalte und eine gescheite Usability. Da hört der Spaß dann auf! Ausnahmen gibt es natürlich, wie Abb. 5.16 zeigt. Um Bewerber mit den bestmöglichen Informationen zur Bewerbung zu versorgen und um der HR-Abteilung unnötige Telefonate und E-Mails zu ersparen, sollten auch Bewerbungstipps und so genannte „FAQ“ (Frequently Asked Questions)47 auf der Karriere-­ Website bereitgestellt werden. Die Bewerbungstipps umfassen Hinweise für das richtige Anschreiben, die Art der Bewerbung, die Darstellung des Lebenslaufs sowie für das Vorstellungsgespräch (hierbei immer die Zielgruppe im Auge behalten). Auf der FAQ-Seite werden alle häufig von Bewerbern geäußerten Fragen nebst den passenden Antworten präsentiert. Natürlich ist auch der professionelle Umgang mit Bewerbern nach Zugang der Bewerbung nicht zu vergessen. Was nützt die schönste Karriere-Website und das tollste Online-Formular, wenn die Bewerber mit unpersönlich formulierten oder erst nach vielen Wochen zugestellten Anschreiben verprellt werden oder diese den Charme eines Finanzamt-­Schreibens haben. Auch bei der Bewerberkorrespondenz gilt im Sinne einer positiven Candidate Experience ein wertschätzender Umgang!

 Es heißt Frequently Asked Questions, nicht Question. Deshalb heißt es auch FAQ und nicht FAQs.

47

5.9 Veranstaltungskalender: Was geht ab?

135

Abb. 5.16  Wow!-Effekte gibt’s jede Menge auf der Karriere-Website vom Frischemacher. Unter anderem auf jeden Fall die Darstellung des Bewerbungsprozesses inkl. Bewerberversprechen: „Bei Bewerbungseingang bis 13 Uhr erhalten Sie von uns noch am selben Tag eine Eingangsbestätigung. Ansonsten direkt am Folgearbeitstag.“ BÄM! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Die Frischemacher https://www.karriere-die-frischemacher.de/bewerbungsprozess)

5.9

Veranstaltungskalender: Was geht ab?

Auch ein in die Karriere-Website eingebetteter Veranstaltungskalender – wie in Abb. 5.17 exemplarisch gezeigt  – stellt einen echten Mehrwert für potenzielle Bewerber dar und bietet Ihnen die Möglichkeit, in Kontakt mit Ihrer Zielgruppe zu treten. Insbesondere für Unternehmen, die regelmäßig auf Jobmessen, Meetups und anderen Veranstaltungen ­unterwegs sind, ist ein auf der Karriere-Website eingebetteter Veranstaltungskalender sinnvoll. Dieser stellt einen Mehrwert für beide Seiten dar: Sowohl für Sie, der auf diese Weise Aufmerksamkeit und Kontakt zu potenziellen Bewerbern generieren kann, als auch für Ihre Kandidaten, die sich freuen, mit Ihnen auf diese Weise in Kontakt treten zu können. Allerdings sollten Sie beachten, dass die Angebote auch aktuell sind und aus mehr als nur einem Hinweis bestehen. Auf der einen Seite lassen veraltete Angebote an Ernsthaftigkeit und Pflege des gesamten Web-Angebotes zweifeln, auf der anderen Seite verschenken Sie wertvolle Potenziale, Kandidaten mit zusätzlichen Informationen zu begeistern. Beides hinterlässt einen schalen Nachgeschmack.

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5  Inhalt: Seien Sie unwiderstehlich

Abb. 5.17  Der Eventkalender auf der Karriere-Website von Daimler listet sämtliche Veranstaltungen auf, bei denen man den Arbeitgeber antreffen kann. Filtern lässt sich nach Zielgruppe und nach Monat. Zu jedem Event werden zusätzliche Informationen bereitgestellt. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Daimler https://www.daimler.com/karriere/ueber-uns/events-workshops/)

6

Jobbörse, Stellenangebote und Online-­ Bewerbung: Das Herzstück Ihrer Karriere-­ Website

Nun ist er also am Ziel Ihrer Träume: Ihr Besucher, der ursprünglich eigentlich nur kam, um sich über die geflanschten Rückschlagkappen mit doppelter Nutverdrahtung (Modell Nr. XZB34568) auf Ihrer Produkt-Webseite zu informieren, aber über den auffällig platzierten Karrierebutton in der Hauptnavigation auf Ihre vorbildlich gestaltete Karriere-­ Website stolperte, ist nicht nur begeistert von dem, was Sie als Arbeitgeber bieten, sondern auch von der intuitiv zu bedienenden Jobbörse, dass er sich gleich bewerben will. Auch die Stellenanzeigen sind so formuliert, dass er gar nicht anders kann. Da er sich mit nur einem Klick bewerben kann, ohne sich durch endlos lange Formularwüsten zu quälen, haben Sie die Bewerbung schon bald im Postfach. So könnte das Szenario aussehen. Möglicherweise kam der Besucher auch in der festen Absicht, sich zu bewerben. Oft ist der Weg zur Bewerbung aber steinig und schwer. Immer wieder begegnen mir Karriere-Websites, wo ich

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_6

137

138

6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

bei Klick auf den Link „Stellenangebote“ auf einer Seite lande, die mich darauf hinweist, dass wenn ich jetzt auf „Stellenangebote“ klicke, ich auf einer Seite mit Stellenangeboten lande, die mich dann zu den Stellenangeboten führt. Warum tun Sie so etwas Ihren Bewerbern an? Verfolgen Sie insgeheim eine Bewerbervermeidungsstrategie, weil Ihnen keine Ressourcen zur Verfügung stehen und Sie sich ums Tagesgeschäft kümmern müssen?

6.1

Die Jobbörse: Einfach und intuitiv

Auch wenn es viele verschiedene Besuchertypen gibt, stellt der Stellenmarkt (die Jobbörse, die Jobsuche …) für die meisten den relevantesten Bereich einer Karriere-Website dar. Insofern sollte ein Einstieg zur Jobbörse unmittelbar auf der Karriere-Startseite verortet sein. Minimum ist ein prominent platzierter, jederzeit erreichbarer Button mit Aufforderungscharakter, besser noch ist es, die Möglichkeit eine Suche von jeder Seite aus zu ermöglichen oder die Jobs direkt im jeweiligen Kontext zu präsentieren (auf eigens für bestimmte Jobprofile optimierten Landing-Pages binden Sie die Jobs direkt auf der Seite ein). Damit ist es Ihnen nicht ergeht, wie dem in Abb. 6.1 gezeigten Jobportal eines Brauereikonzerns, nachfolgend ein paar Hinweise und Empfehlungen, wie Sie es besser machen oder Dinge vermeiden können.

6.1.1 Die Minimallösung: Einbinden der Jobs per Links Nach wie vor gibt es Unternehmen, die über keine eigene Jobbörse verfügen. Unter einer Jobbörse verstehe ich in diesem Falle eine eigene technische Anwendung mit Datenbankanbindung. Oft behelfen sich diese Unternehmen, indem sie sämtliche Jobs direkt untereinander, getrennt durch Zwischenüberschriften, auflisten. Das ist aus zwei Gründen eher suboptimal: Erstens, das Ganze wird schnell recht unübersichtlich, zweitens, Google kann so gar nichts damit anfangen (weder in Sachen „normaler“ SEO, noch im Kontext Google for Jobs). Der ein oder andere kommt sogar auf die Idee, seine Stellenangebote ausschließlich als JPG (also als Bild!) in die Website einzubinden. Das ist dann noch schlimmer. Für beide Seiten. Für Bewerber. Für Google. Ja, auch für Sie, weil Bewerber ausbleiben. Etwas fortschrittlicher wird es dann, wenn Stellenangebote auf Dokumente verlinkt werden, bspw. auf Word-Dateien,1 die sich der Nutzer dann herunterladen muss. Oder auf PDF-­ Dokumente, die der Nutzer ebenfalls herunterladen muss. Wir leben im „mobilen Zeitalter“,

 Auch bei der Einbindung von Stellenangeboten per PDF oder Word-Dokument sollten Sie ein paar Dinge beachten: So sollten Sie die Dokumente bereits bei ihrer Erstellung mit einem eindeutigen, beschreibenden Namen abspeichern. Eine Stelle „IT-Recruiter in München“ speichern Sie also bspw. unter „IT-Recruiter München“ ab. Auch Schlagwörter lassen sich in den Dokument-Eigenschaften hinterlegen, die die Auffindbarkeit der Stelle erhöhen können.

1

6.1 Die Jobbörse: Einfach und intuitiv

139

Abb. 6.1  Wenn diese Jobbörse eins nicht ist, dann einfach und intuitiv. Hier ist der Bewerber nach einem kurzen Blick auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Offenbar hatte man bei der Umsetzung ein Carlsberg zu viel. (Bildquelle: Screenshot Carlsberg Jobportal https://talentlinkexpress.easycruit.com/intranet/carl_de/index.html)

da ist ein solches Vorgehen einfach nicht mehr zeitgemäß. Trotzdem sind mir im Verlauf der Recherche für dieses Buch (und nicht nur  dort) eine Vielzahl an Karriere-­Websites untergekommen, wo trotz vermeintlicher „Mobiloptimierung“ der Karriere-­Websites die Stellenanzeigen ausschließlich als PDF verfügbar waren. Nicht nur das Herunterladen (und Lesen) auf dem Smartphone ist megaunpraktisch, auch die Bewerbung ist da mehr als umständlich bzw. unmöglich. Also alles Dinge, die einen Besucher Ihrer Website in der Regel eher davon abhalten, sich bei Ihnen zu bewerben. Für jeden Job eine eigene Seite Was also ist die Lösung? Die ist eigentlich ganz einfach und naheliegend: Sie richten für jeden Ihrer Jobs eine eigene HTML-Seite ein, so dass a) jeder Job über eine eigene URL erreichbar ist und b) diese Jobs nun auf einer Übersichtsseite verlinkt werden können. Das ist natürlich nur so lange praktikabel, bis die Jobs nicht überhand nehmen. Trotzdem hat das Ganze Vorteile für Sie – und Ihre Bewerber: Die Jobs lassen sich besser aufbereiten und werden in der Folge auch besser gefunden, sowohl von Google, als auch von Jobspidern.

140

6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Und natürlich von Ihren Bewerbern. Außerdem lassen sich die Stellenangebote mit zusätzlichen Inhalten anreichern, z. B. Bilder, die den Arbeitsplatz oder das Team visualisieren oder Videos, das XING-Profil des Recruiters und vieles mehr. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Ihre Website über ein CMS (Content Management System, Redaktionssystem) pflegbar ist und Sie Zugriff dazu haben. Aber, hey, wir schreiben das Jahr 2019, von hart codierten Websites sind wir lange weg. Apropos CMS: Für das CMS Wordpress werden verschiedene Job-Plugins angeboten, die nur ganz schmales Geld kosten, sich mit wenigen Klicks integrieren lassen, eine tolle Funktionalität ermöglichen und r­ ichtig tofte aussehen.2 Apropos schmales Geld: Für schmales Geld gibt es mittlerweile auch gute E-Recruiting-Systeme, die Sie ebenfalls ohne großen Aufwand (es muss wirklich nur ein Codeschnipsel in die bestehende Webumgebung eingebunden werden) in Ihre Karriere-­Website integrieren können. Der große Vorteil: Sie haben gleich einen sauberen Recruiting-­Workflow!

6.1.2 W  arum das Einbinden der Jobs per Iframe nicht zu empfehlen ist Bei den meisten Bewerbermanagement-Systemen liegt der Fokus auf der Verwaltung von Bewerberdaten und Prozessoptimierung, weniger auf der Vermarktung der Jobs selber. Das ist den meisten Anbietern egal, schlimmer noch: eigentlich konterkarieren diese Ihre Bemühungen, Bewerber zu bekommen. Wie das?, werden Sie sich wahrscheinlich fragen. Ganz einfach: Damit die in diesen Systemen verwalteten Jobs auf Ihrer Karriere-­Website erscheinen können, werden diese per iFrame integriert (das Thema hatten wir schon beim Punkt SEO). Ein Problem, dass nicht etwa abnimmt, sondern im Gegenteil, eher zunimmt. So stellt die Wollmilchsau Online-Recruiting-Studie eine zunehmende Auslagerung von Jobbörsen an Dritte fest.3 Ein Schritt in die falsche Richtung. Denn ausbleibende Bewerber sind dadurch in den meisten Fällen vorprogrammiert! Dass das Ganze zudem oft nicht sonderlich schön aussieht (was aber auch vom Anbieter und Können des Entwicklers abhängt), weil es eben doch einen Designbruch gibt oder der Nutzer mit zwei Scrollbalken hantieren muss (das macht besonders viel Spaß auf dem Smartphone!),4 ließe sich vielleicht noch verschmerzen (natürlich nicht, Stichwort Usability).  Der WP Job Manager z. B. ist ein (in der Basisversion) kostenloses Plugin für WordPress, mit dem Sie Ihre Wordpress-Site im Handumdrehen um eine vollumfängliche Jobbörse ergänzen können. 3  2017 hatten knapp 78 Prozent der untersuchten Unternehmen eine mobiloptimierte Jobbörse. 2018 sind es nur noch 73 Prozent, die ihre Liste offener Stellen auch auf mobilen Endgeräten zur Verfügung stellen (https://wollmilchsau.de/downloads/online-recruiting-studie-2018/. Zugegriffen am 05.01.2019). 4  Das macht nicht nur keinen Spaß auf dem Smartphone. Das führt auch dazu, dass sämtliche Ihrer Bemühungen, Ihre Karriere-Website für mobile Endgeräte und SEO zu optimieren, für die Katz waren. Sie haben keinerlei Einfluss auf das, was in diesem Frame passiert. Die Macht hat ausschließlich der Betreiber des Bewerbermanagementsystems. Und, wie heißt es so schön in o. g. Studie: 2

6.1 Die Jobbörse: Einfach und intuitiv

141

Das große Problem ist aber, dass Google sich mit solchen Frames schwer tut oder anders ausgedrückt, sie nicht auslesen kann: „Frames können Probleme bei Suchmaschinen verursachen, da sie nicht dem Grundmodell des Internets entsprechen.“,5 heißt es da lapidar auf der Website. Das einzige, was in den Suchergebnissen angezeigt wird, ist der Link der Startseite zu diesem Frame, nicht die Inhalte selbst. Die ganzen Jobs, die ansonsten prima Futter für Google und kostenlosen organischen Traffic für die Website darstellen würden, landen im Orkus des WWW. Nur leider nicht beim suchenden Kandidaten. Guckst du! Und nun?6 Eine mögliche und empfohlene Lösung wäre das Einbinden der Jobs per Schnittstelle oder auch API (Application Programming Interface).

6.1.3 O  ptimale Candidate Experience möglich: Einbinden der Jobs per Schnittstelle Wenn Sie eine Karriere-Website planen oder optimieren oder auch darüber nachdenken, ein neues Bewerbermanagementsystem einzusetzen (einfach, weil das alte oben genannte Nachteile mit sich brachte und auch ansonsten eine Usability-Katastrophe ist), achten Sie darauf, dass die Jobbörse direkt als fester Bestandteil der Karriere-Website erzeugt wird oder ein Austausch der Inhalte zwischen Bewerbermanagement-System und Website über eine Schnittstelle erfolgen kann. Manche Anbieter stellen solch eine Schnittstelle ohne großes Murren und großen Aufwand zur Verfügung, manche neigen zu Wucherpreisen und nutzen Ihre Abhängigkeit von diesen Anbietern aus. Aus geringen Aufwänden werden plötzlich mehrere Tagessätze, möglicherweise erscheinen noch Posten wie Beraterleistungen oder Machbarkeitsprüfung auf dem Angebot (oder welche Ideen die findigen Dienstleister noch haben, Ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen). Meistens heißt es dann, friss oder stirb, denn der Anbieter nutzt Ihre Abhängigkeit von ihm schamlos aus. Eine Lösung, die vermeintlich günstig eingekauft wird, wird meistens richtig teuer. Umso wichtiger ist es bei der Auswahl genau hinzuschauen. Abgesehen davon bietet Ihnen ein Auslesen der Schnittstelle den Vorteil, dass Sie Ihre Jobbörse nach Herzenslust mit tollen (= durchdachten, nutzerfreundlichen) Features gestalten können, die Jobbörsen „von der Stange“ in der Regel nicht haben. Auch die Stellenanzeigen können Sie entsprechend aufbereiten, so dass sie garantiert von Google (for Jobs) und vom Bewerber gefunden werden.

„Wer seine Jobs zum Beispiel zu SuccessFactors auslagert, wird in Sachen Mobiloptimierung eine Zeitreise ins Jahr 2007 unternehmen.“ Das „SuccessFactors“ können Sie getrost als Platzhalter für den Großteil der Anbieter auf dem Markt verstehen. Aufwachen, HR! 5  https://support.google.com/webmasters/answer/34445?hl=de. Zugegriffen am 04.01.2019. 6  Letztendlich hängt das Ganze natürlich wie immer von verschiedenen Umständen (z. B. Größe des Unternehmens, Ressourcen, Kosten etc.) ab (https://webacumen.de/stellenangebote-per-iframe/, Zugegriffen am 05.01.2019). Ein Blick auf die Karriereseiten der Unternehmen zeigt aber, dass man sich schlichtweg nicht wirklich drum kümmert.

142

6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Zu guter Letzt sind Sie Herr (oder Frau) über den Code und können Ihnen da einpflanzen und gestalten, wie und wo es am besten passt. Bspw. können Sie eine Landingpage gestalten und dort direkt die Jobs integrieren oder aber eine Jobsuche auf jeder Seite implementieren, die von den wichtigsten Filterkriterien schon voreingestellt ist und vieles mehr. Logisch, dass die Jobbörse dann auch auf Ihrem Smartphone einen schlanken Fuß macht, die Herzen der Bewerber erbeben lässt und Ihr E-Mail-Postfach mit passenden Bewerbungen anschwellen lässt.

6.2

Die Features Ihrer Jobbörse

Auch bei der eigentlichen Anwendung, der Jobbörse, sollte der Nutzer stets im Mittelpunkt der Bemühungen stehen. Daher gilt es, die Jobsuche möglichst komfortabel zu gestalten.

6.2.1 Suchfilter: Möglichst intuitiv

Um die Suche nach den Jobs zu vereinfachen, stehen dem Bewerber oft verschiedene Filter zur Verfügung. Gängig sind eine Filterung nach Einsatzbereichen, Einstiegslevel und Standort, gelegentlich auch nach Beschäftigungsart. Bei IKEA etwa können Sie sogar nach Sprache der Ausschreibung filtern. Das Problem dieser Filter: Nicht selten wird der Bewerber mit einer ellenlangen Liste von Unternehmensbereichen oder Abteilungen konfrontiert wird (20 oder gar 30 Kategorien sind keine Seltenheit, bei der Allianz – siehe Abb. 6.2 – habe ich sogar 41 gefunden! 41! Wer soll die alle scannen

6.2 Die Features Ihrer Jobbörse

143

um zu schauen, ob was passt?). Problem dabei ist nicht nur die Länge (wir erinnern uns an die Millersche Zahl), sondern dass sich ein Bewerber diesen aufgelisteten Punkten oft nicht zuordnen kann, weil mit firmentypischen Begriffen gearbeitet wird. Und dann ist wie so oft wieder Stochern im Nebel angesagt und eine weitere Hürde errichtet, die den Besucher von einer Bewerbung abhalten kann. Weiteres Problem: Oft gibt es Überschneidungen zwischen den Filtern, weil man einfach nicht fähig oder willens ist, eine klare Zuordnung vorzunehmen. Sind Ausbildung oder Praktikum nun etwa Bereiche, Einstiegslevel oder aber Beschäftigungsarten? Hier gibt es oft Potenzial, Inhalte zusammenzufassen, eine klarere Zuordnung zu treffen oder aber sogar Filterkriterien zu streichen. Welche das dann im Einzelnen sind, ist von Fall zu Fall zu klären. Wie unterschiedlich eine Jobsuche gestaltet sein kann, vermitteln beispielhaft die Abb. 6.2, 6.3 und 6.4. Fairerweise muss man hier anmerken, dass Sie in Ihren Bemühungen um eine bestmögliche Candidate Journey wieder einmal von den Anbietern gängiger Bewerbermanagementsysteme ausgebremst werden, die einem gerne ein starres System von der Stange vorgeben wollen und kaum Flexibilität ermöglichen. So führte bspw. ein Anbieter von HR-Software so genannte „SEO-Kriterien“ ein, die angeblich „erhebliche

Abb. 6.2  In der Stellenbörse der Allianz hat der Nutzer die Wahl zwischen 41 Fachgebieten. Stellen Sie sich dieses Szenario einmal auf dem Smartphone vor! Auch die weitere Auswahl wird ihm nicht leicht gemacht: Ist man nun Berufserfahrener, Leitender oder Manager? Diesem Dilemma habe ich mich bereits ausführlich in Abschn. 4.1.3 gewidmet (dass sich das Pulldown-Menü lila gefärbt hat, liegt wohl am Screenshot-Tool, rundet das Ganze farblich aber doch recht hübsch ab). (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Allianz https://careers.allianz.com/de_DE.html)

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Abb. 6.3  Nicht immer ist gut gemeint auch gut gedacht (geschweige denn gemacht). Im Vergleich zur Allianz muss ein Bewerber hier noch ein zusätzliche Hürde erklimmen. Bei Klick auf eins der Felder erscheint nicht etwa ein Pulldown-Menü, sondern ein Popup, über welches man erst einmal noch seine Eingabe bestätigen muss. Wie viel Bewerber Ferchau hier wohl verlieren mag? (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Ferchau https://www.ferchau.com/de/de/karriere/jobs-bewerbung/ jobangebote/search/)

Vorteile“ bei der Auffindbarkeit im Netz bringen sollten. Problem: Viele Stellen ließen sich nicht diesen ca. 30 Zwangskriterien zuordnen, ein Ausblenden dieses Features lehnte der Anbieter kategorisch ab. Der Nutzen dieser SEO-Kategorien ist übrigens gleich null. Umso mehr gilt auch in Bezug auf die Auswahl solche Anbieter das Gleiche wie in einer Partnerschaft: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Bess’res findet.7

6.2.2 Freitextsuche: Wer suchet, der findet spätestens hier Wenn ein potenzieller Bewerber weiß, welchem der 41 Aufgabenbereiche er sich zuordnen kann, hat er schon gewonnen. Nehmen wir das Beispiel IKEA. Hier stehen folgende 29 Bereiche zur Auswahl. Manchen davon wird man sich zuordnen können. Vielen davon  Im Original lautet das Zitat, welches aus Schillers Vers-Epos „Die Glocke“ stammt, eigentlich: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, Ob sich das Herz zum Herzen findet. Der Wahn ist kurz, die Reu’ ist lang.“ Als wenn Schiller schon damals gewusst hätte, dass das auch auf die Wahl von Bewerbermanagement-Systemen zutrifft. Wow!

7

6.2 Die Features Ihrer Jobbörse

145

Abb. 6.4  Eine Jobbörsen-Einbindung und Suchfilter mit echtem Wow!-Effekt. Ein potenzieller Bewerber hat hier die Auswahlmöglichkeit nach Technologie, Aufgabenschwerpunkt und Region. Trotz der vielen Kriterien sieht das Ganze aufgeräumt aus und macht auch in der mobilen Ansicht einen schlanken Fuß. In der Stellenliste tauchen die verschiedenen Farbelemente und Inhalte auch wieder auf, so dass beste Orientierung möglich ist. Klasse gemacht! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite nextlevel https://www.nextlevel.de/)

wohl eher nicht: E-Commerce, Buchhaltung, Controlling- Business Navigation, Design & Produktentwicklung, Administration, Business Development, Einkauf, Engineering & Technology, Expansion, Exploration, Co-Creation & Innovation, Health & Safety, Interior Design & Visual Merchandising, IT, Kundenservice & Kasse, Leadership & Management, Legal, Logistik, Marketing & Kommunikation, Material Innovation, Personal, Produktion, Projektmanagement, Property & Facility Management, Qualitätsmanagement, Real Estate & Leasing, Restaurant (IKEA Food), Risk & Compliance, Sustainability, Verkauf.

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Wenn nicht einmal die Kollegen in HR wissen, welchem Bereich sie eine Stelle zuordnen sollen – wie soll es dann ein potenzieller Bewerber? Weil das mit dem sich zuordnen zu bestimmten Bereichen mit massiven Problemen behaftet ist, braucht es eine andere Lösung. Und die ist mit einer Freitextsuche schnell gefunden. Suchen kennt jeder Web-User. Jeder. Tagtäglich nutzen Millionen von Usern die Suchschlitze von Google oder Amazon, um nur die populärsten Vertreter zu nennen. Naheliegend, das ab einer bestimmten Anzahl von Stellen auch für den unternehmenseigenen Stellenmarkt anzubieten, oder? Idealerweise erhält der Nutzer über die Eingabe von Suchbegriffen, die im Kontext seines Job- oder Kompetenzprofils stehen, passende Jobtitel vorgeschlagen, die diese Suchbegriffe im Stellenangebot enthalten. Wohlgemerkt: Im gesamten Stellenangebot, in dem entsprechende Suchbegriffe vorkommen können: im Stellentitel, im Aufgaben- und im Anforderungsprofil. Vorteil: Der Suchende findet auf diese Weise auch die Jobs, die ihm ansonsten entgangen wären, weil die kryptischen Stellentitel, die Sie gerne verwenden, einfach keiner kennt. So würde bspw. kein Bewerber auf die Idee kommen, nach einer Stelle als Ninja, Superheld (beide beliebig anwendbar  – von Pflege bis Softwareentwicklung), Field Execution Specialist (Sales), Referent Reservierung Spezial AVB/K (Aktuar), Boutique Assistant Manager (offenbar eine Art Filialleiterstellvertretung), Wildlife Control Operator (eine Stelle als Förster am Frankfurter Flughafen), Sachbearbeiter Entscheidungszentrum Nürnberg (eigentlich selbsterklärend) oder auch Referent8 zu suchen. Dank eines ausgeklügelten Suchalgorithmus aber (keine Angst, so ausgeklügelt ist der gar nicht, als dass das nicht ein findiger Entwickler hinkriegt) findet ein Bewerber trotz dieser unglücklich gewählten Stellentitel die passenden Jobs. Zwar verfügen auch die Lösungen der E-­Recruiting-­Dienstleister über eine Freitextsuche, oftmals beschränkt sich die Suche aber ausschließlich auf den Stellentitel. Womit wir wieder am Anfang des Dilemma des Nicht-Auffindens stehen. Wie eine vorbildliche Freitextsuche respektive das Präsentieren im Kontext der Abfrage stehender Suchergebnisse aussehen kann, sehen Sie exemplarisch in Abb. 6.5.

 Tatsächlich ist der Stellentitel „Referent“ sehr beliebt in deutschen Personalabteilungen. Also einfach so, ohne Zusatz. Und es gibt einen bunten Blumenstrauß an Zusätzen: Referent Qualitäts- und Prozessreporting, Referent Erdgasplanung, Referent Kennziffer 2014/322-96/C (die Stelle war wirklich so ausgeschrieben!), Referent Talentmanagement, Referent im Direktorium, Kreditreferent, Projektreferent Rollout-Monitoring, Referent CTO, Rheinland-Pfalz: Referent, Referent Europäische Korridoraktivitäten Fahrplan, Programmreferent (!) für das Entsendeprogramm, Referent Bauunterhalt, Referent Spenderbindung, Referent Zählerfernauslesung/Meter-Data-Management usw. 8

6.2 Die Features Ihrer Jobbörse

147

Abb. 6.5  Eine vorbildliche Freitextsuche gibt es bspw. bei EOS. Sucht ein potenzieller Bewerber etwa nach den Begriffen „agil“ (weil er agil arbeiten möchte) und „NGINX“ (weil er mit dieser Technologie arbeiten möchte), findet er genau diese Stellen – direkt bei Eingabe der Begriffe, nicht erst durch Betätigen eines zusätzlichen Absende-Buttons. Vorbildlich! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite EOS https://jobs.eos-karriere.de/)

6.2.3 Die Jobliste: Übersicht ist Trumpf! Die Jobliste bietet dem Nutzer einen Überblick über die aktuell ausgeschriebenen Vakanzen. Möglich sind hier unterschiedliche Darstellungsvarianten. So können bspw. alle Jobs auf einmal dargestellt werden. Da das je nach Menge der Jobs schnell unübersichtlich werden kann, sollte es eine Möglichkeit geben, diese entsprechend zu filtern bzw. eine Suche vorzunehmen (siehe die nachfolgenden Punkte). Eine alternative Darstellung wäre, nur eine bestimmte Anzahl an Jobs darzustellen, bspw. analog Google die ersten 10 Einträge und die weiteren entweder beim Scrollen automatisch oder per Klick nachzuladen oder auf mehrere Seiten zu verteilen, so dass ein „Blättern“ durch einzelne Seiten möglich ist. Dank AJAX (hat nichts mit dem gleichnamigen Scheuermittel zu tun, sondern steht für Asynchronous Javascript and XML, also für asynchrones Laden und Verarbeiten von Web-Inhalten) ist heute deutlich mehr möglich, als es das noch vor wenigen Jahren war. Auch bei der Jobbörse steht die Nutzerfreundlichkeit bzw. der Kandidat an erster Stelle. So sollte es zumindest sein. Teil dieser „Candidate first“-Philosophie ist auch eine Anzeige der Anzahl der aktuell ausgeschriebenen Jobs. Der Kandidat sieht auf einen Blick, ob sich eine Bewerbung momentan überhaupt lohnt und es bleiben ihm Frustrationserlebnisse erspart, die sich schnell einstellen, wenn man eine Suche auslöst, nur um dann letztendlich auf einer Seite zu ­landen, die einem signalisiert, sorry, mein Lieber, leider hast du deine kostbare Zeit umsonst verschwendet, wir haben leider keine Jobs für dich. Die Krone könnten Sie dem Ganzen noch aufsetzen, wenn auf dieser Seite dann ein animiertes GIF mit „Jack in the Box“ erscheint. Hey, coole Idee, werde ich mir mal was zu einfallen lassen!

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Auch dies ist im Jahr 2019 kein Hexenwerk mehr und lässt sich einfach umsetzen. Bei Auswahl einzelner Filter, z. B. Bereich „Softwareentwicklung“ wird nicht nur die Anzahl der entsprechenden Jobs aktualisiert, diese werden auch quasi in Echtzeit direkt auf der Website angezeigt. Das ist User- und Candidate Experience par excellence! Sie fragen nun vielleicht, was denn nun ist, wenn mal keine Stelle in einem bestimmten Bereich ausgeschrieben ist. Da gibt’s im Grunde verschiedene Möglichkeiten, von der Sie mindestens eine nutzen sollten, wie etwa in Abb. 6.6.

Abb. 6.6  Auch wenn mal keine Stelle als Kernschmelzoperator ausgeschrieben ist – den einmal hergestellten Kontakt zum Kandidaten sollten Sie auf jeden Fall halten – bspw. in dem Sie einen Jobagenten bereitstellen, so wie es EOS hier tut. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite EOS https:// jobs.eos-karriere.de/)

6.3 Ihre Stellenanzeige: Eine Einladung zur Bewerbung

149

Da Sie wissen, dass Kandidaten hart umkämpft sind, tun Sie natürlich alles dafür, den einmal hergestellten Kontakt nicht abbrechen zu lassen. Zum einen, in dem Sie eine Option zur Initiativbewerbung bereitstellen (inklusive Handlungsaufforderung natürlich, in etwa in Form von „Kein passendes Stellenangebot gefunden? Dann freuen wir uns auf Ihre Initiativbewerbung!“), zum anderen, indem Sie einen Job-Newsletter bereitstellen, über den Sie Ihren Interessenten regelmäßig mit zu seinen Suchanfragen passenden Job-­Angeboten versorgen (siehe dazu auch Abschn. 6.4.5). Natürlich können Sie noch einen Schritt weiter gehen, indem Sie tief in die Trickkiste des Performance Marketings greifen und auf Basis von Cookies an anderer Stelle passende Stellen ausspielen. Aber das ist ein anderes Thema. Bleiben wir dennoch beim Thema Cookies: Mit so genannten Session Cookies können Sie es Ihrem Besucher nämlich ermöglichen, sich im Rahmen einer Favoriten-Funktion (das kennen Sie bspw. von Online-Shops) Jobs zu merken. Der Nutzer browst die Jobs, merkt sich seine Favoriten und kann sie mit einem Mausklick aufrufen, um sich dann zu bewerben. Und das Ganze, ohne sich umständlich anmelden zu müssen! Das ist brillant, oder? Warum findet man es dann nur so selten auf Karriere-Websites? Warum ist da immer erst eine umständliche Anmeldung erforderlich, die einen potenziellen Bewerber oft genug in die Flucht schlägt? Sei es drum, Ihr Wunschkandidat hat sich durch die Jobs geklickt und ist fündig geworden. Zumindest, was den Stellentitel angeht. Jetzt liegt es an Ihnen, was Sie draus machen und wie Sie Ihre Stellenanzeigen gestalten …

6.3

Ihre Stellenanzeige9: Eine Einladung zur Bewerbung

 Leider erlebe ich es immer wieder: Eine Karriere-Website wird umgesetzt, alle Beteiligten sind involviert und bestrebt, dass das Projekt schnellstmöglich live geht und man die Bewerber endlich mit einer Karriere-Website mit Wow!-Effekt begeistern kann. Leider bleiben die Stellenanzeigen auf der Strecke, etwa weil kein Budget mehr da ist oder aber man keine Lust mehr hat, weiter Zeit zu investieren. Da die Gestaltung der Stellenanzeigen maßgeblich zum Erfolg einer Karriere-Website beiträgt, kann ich es mir nicht nehmen lassen, auch dieses Thema recht ausführlich zu behandeln.

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Sie haben einen Kandidaten neugierig gemacht. Über Ihre Stellenbörse hat er etwas gefunden, was ihm eine Bewerbung wert erscheint. Nun ist es an Ihnen, Ihre Chance nicht zu versauen. Betrachten Sie so eine Stellenanzeige einfach wie ein erstes Date (nicht selten stellt Ihre Stellenanzeige ja tatsächlich den Moment dar, wo ein Bewerber das erste Mal in Kontakt mit Ihnen tritt): Seien Sie zuvorkommend, charmant, kümmern Sie sich um Ihr Gegenüber so, dass kein Wunsch offen bleibt, seien Sie ganz Gentleman bzw. Gentlewoman. Und: Seien Sie ehrlich, seien Sie ganz Sie selbst, stehen Sie zu Ihren Schwächen und schneiden Sie nicht auf. Ihr Ziel ist es zwar, Ihr Date ins Bett (respektive Unternehmen) zu kriegen, aber Sie wollen mehr als einen One-Night-Stand. Also gilt es, alles, was Sie zu bieten haben, in die Waagschale zu legen und Ihre Stellenanzeige als das aufzubauen und zu formulieren, was sie ist: eine Einladung zur Bewerbung. Also, lassen Sie mal sehen. Der über Jahrmillionen gelernte bzw. empfohlene10 Aufbau einer Stellenanzeige ist in der Regel folgender: • Logo: Dieses sollte entweder links oder rechts oben platziert sein. Auf jeden Fall aber oben! Auch wenn das vielleicht nicht CD-konform sein mag: Ein Interessent kann die Stellenanzeige auf diese Weise ohne Weiteres einem Unternehmen zuordnen. Und es ist nun mal eine Eigenschaft von Webbrowsern, dass eine Seite von oben nach unten angezeigt wird und das „unten“ eben im nicht-sichtbaren Bereich liegt. Ich stimme Ihnen zu, dass das Logo nicht zwingend erforderlich ist, wenn die Stellenanzeige ausschließlich auf der eigenen Karriere-Website ausgespielt wird. Wenn. • Visual: Dieses sollte auf das Unternehmen bzw. die Branche einzahlen und Mitarbeiter im typischen Arbeitsumfeld zeigen. Auch das mit dem Visual ist so eine Sache. Streng genommen spielt das Visual eigentlich eher eine untergeordnete Rolle,11 vor allem dann, wenn dort austauschbare Bilder zu sehen sind, die nicht auf den Job einzahlen. Auch in Sachen Auffindbarkeit spielen Bilder in der Online-Welt keine Rolle. Beim Einsatz von Bildern achten Sie bitte auf den Kontext und vermeiden Sie haarsträubende Text-/Bildscheren! • Stellentitel: Wichtigster Bestandteil Ihrer Stellenanzeige. So wie der Karriere-­ Button, dient der Stellentitel der Auffindbarkeit und darüber hinaus der Zielgruppenadressierung. 10  Menschen neigen dazu, bestimmte Muster zu verinnerlichen und orientieren sich daran. Das gilt auch für den Aufbau von Stellenanzeigen, für die ein bestimmter Aufbau gelernt ist. Man kann diesen Aufbau infrage stellen und etwas anderes probieren (ich bin ein großer Freund des Ausprobierens, schließlich kann man nie wissen, ob etwas funktioniert, wenn man es nicht probiert hat), bspw. das Angebot vor die Aufgaben und Anforderungen stellen. Man könnte es aber auch mit wertschätzenden und relevanten Inhalten probieren. Warum Stellenanzeigen nicht funktionieren, liegt weniger am Aufbau, als vielmehr an den (fehlenden oder falschen) Inhalten. 11  Befragt nach den wichtigen Eigenschaften, die sie von einer Stellenanzeige erwarten, antworten lediglich 13 Prozent einer Umfrage, dass Bilder wichtig seien. Viel wichtiger sind schnell erfassbare Informationen (85 Prozent), Klarheit des Stellenprofils (92 Prozent), möglichst konkrete Inhalte/ keine Phrasen (87 Prozent) und Glaubwürdigkeit/ehrliche Beschreibungen (87 Prozent). https://personalmarketing2null.de/2018/03/bilder-in-stellenanzeigen/. Zugegriffen am 24.01.2019.

6.3 Ihre Stellenanzeige: Eine Einladung zur Bewerbung

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• Einstiegstext: Sollte den Bewerber unmittelbar abholen. Selbstbeweihräucherung hat hier keinen Platz. • Aufgaben: Auf den Punkt. Nachvollziehbar. Ansprechend dargestellt. • Anforderungsprofil: Auf den Punkt. • Arbeitgebervorteile: Auch wenn Sie sich natürlich die Mühe gemacht haben, die Vorteile (respektive den Nutzen, Sie erinnern sich) auf Ihrer Karriere-Website zu verlinken, gehören diese stellen-/zielgruppenspezifisch (zumindest angeteasert, gerne mit Link auf den entsprechenden Inhalt innerhalb Ihrer Karriere-Website) in die Stellenanzeige. • Kontaktaufnahme und Bewerbungsaufforderung: Ohne Ansprechpartner erzeugen Sie wenig Vertrauen und zeigen wenig Wertschätzung. Gleiches gilt für die Bewerbungsaufforderung, hier können Sie noch mal zum letzten Schlag ausholen und Ihren Bewerbern ein Lächeln auf die Lippen zaubern.

6.3.1 Der Stellentitel: Entscheidend für die Auffindbarkeit

Auf der Stellenbörse indeed finden sich an einem Durchschnittstag 314.970 unterschiedliche Jobtitel.12 Die Ursache für diese Vielfalt liegt in dem Wunsch, sich als Unternehmen mit besonders originellen Jobtiteln abzugrenzen. Erwiesenermaßen funktioniert das nicht. Denn damit Ihr Stellenangebot auf der Karriere-Website die notwendige Aufmerksamkeit  Frank Hensgens von Indeed: „Ein schönes Beispiel: Seit dem Start des letzten Star-Wars-Films sind die Jobangebote auf Indeed, die ‚Jedi‘ beinhalten, um mehr als 300 % angestiegen. Das ist zwar ganz amüsant, aber gute Jobtitel sehen anders aus. Jobbeschreibungen sollten akkurat, sofort verständlich, präzise und relevant sein. Nur dann werden Sie gefunden  – und nur dann fühlen sich Kandidaten ernst genommen. Also bitte kein ‚Sourcing-Jedi‘“. (http://blog.de.indeed. com/2016/05/17/4-statistiken-die-recruiter-derzeit-kennen-sollten/, Zugegriffen am 05.01.2019) Dem habe ich nichts hinzuzufügen. 12

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bekommt (oder via Google aufgefunden wird), bedarf es keines besonders originellen, sondern eines Stellentitels, der allgemein gültig ist13 – also außerhalb Ihres Unternehmenssprechs und Ihrer Abteilungswelten in der realen Welt verstanden wird – und den Inhalt der Stelle bzw. die Qualifikation des Bewerbers beschreibt. Sie sollten nie vergessen, dass der Kandidat nicht Ihre Stellenanzeige sucht, sondern seinen neuen Job. Und im Idealfall sogar mehr als das: Ein Unternehmen und eine Aufgabe, die seinen Werten entsprechen und für die er brennen kann. Wonach würden Sie suchen, wenn Sie auf Jobsuche wären? Wahrscheinlich nach Ihrer Berufsbezeichnung oder einem Aufgabenschwerpunkt, der Ihren Kompetenzen und Qualifikationen entspricht, vielleicht auch nach etwas, was Sie immer schon mal machen wollten. Nun würden Sie entsprechende Begriffe in die Suchmaske eingeben (bei Google, bei Stellenbörsen, auf einer Karriere-Website) und darauf hoffen, dass was Passendes dabei ist. „Ninja“, „Guru“ oder „Referent Europäische Korridoraktivitäten Fahrplan“ wären mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht Ihre bevorzugten Suchbegriffe. Und was heißt das nun für Sie? • Wählen Sie einen konkreten, beschreibenden, nicht austauschbaren Stellentitel, der in der freien Welt üblich ist, nicht in Ihrem Unternehmen (bspw. unter Verwendung von Position, Kern-Qualifikation und Einsatzort). Welche Fähigkeit soll der Bewerber wohl mitbringen? • Verzichten Sie auf Begriffe, die nur innerhalb Ihres Unternehmens Gültigkeit haben und vermeiden Sie Abkürzungen oder Kennziffern. Auch den Einsatz von englischsprachigen Begriffen sollten Sie sorgfältig prüfen und ggf. durch gängige deutsche Begriffe ersetzen. Ausnahmen stellen im jeweiligen Bereich verwendete Fachbegriffe dar. Diese eignen sich sehr gut, um zielgruppenspezifische Stellentitel zu gestalten. • Auch den Ort sollten Sie in den Stellentitel mit aufnehmen, kann dieser die Auffindbarkeit durchaus beeinflussen.14 • Beachten Sie, dass der Titel alle Bewerber ansprechen muss (AGG). Meine Empfehlung: arbeiten Sie mit einem Asterisk (∗; also bspw. Vertriebsmitarbeiter∗) und erklären Sie, dass es bei Ihnen nicht aufs Geschlecht ankommt, sondern ausschließlich ­darauf, dass der Bewerber in Ihr Team passt und für seinen Job brennt. So vermeiden 13  Wenn Sie also bspw. auf der Suche nach einem Forstwirt oder Jäger sind, nennen Sie Ihre Stelle auch so. Jeder Förster oder Jäger wird sofort wissen, dass er gemeint ist. Wenn Sie Ihre Stelle aber „Wildlife Control Operator“ nennen und darauf hoffen, dass sich Jäger oder Förster darauf bewerben – denn diese sollen mit der Stellenanzeige erreicht werden – können Sie warten, bis Sie schwarz werden. Oder aber sich das Wild soweit vermehrt hat, dass man dessen kaum noch Herr wird, je nachdem. 14  Das mit dem Ort ist allerdings so eine Sache. Während der Ort bei der Suchmaschinenoptimierung durchaus hilfreich sein kann und eigentlich auch empfehlenswert ist, nimmt die Bedeutung bei Stellenanzeigen, die extern geschaltet werden, aufgrund strukturierter Daten sogar ab. So gibt es bspw. sowohl bei Google for Jobs, als auch bei StepStones Liquid Design-Anzeigen einzelne Datenfelder nur für den Ort und eine klare Vorgabe, dass der Ort nicht im Stellentitel erscheinen darf. Ganz schön kompliziert …

6.3 Ihre Stellenanzeige: Eine Einladung zur Bewerbung

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Sie die leidige m/w/d, d/m/w, m/w/a, w/m/a, w/m/i … etc.-Debatte. Das funktioniert übrigens auch super bei Titeln wie Kaufmann oder Kauffrau, Vorstand u. v. a. Das Aufkommen des dritten Geschlechts als vermeintlich verpflichtendes Attribut in Stellenanzeigen sorgt bei Bewerbern nur für Verwirrung. Aufgeschlossenheit für Diversität verkommt zur Makulatur, wenn diese nicht im Unternehmen gelebt und auf Ihrer Karriere-­Website gelebt wird. Machen Sie es, wie viele andere auch. Die Bewerber werden es Ihnen danken! Tipp: Möchten Sie Frauen bevorzugt ansprechen, verwenden Sie doch einfach den weiblichen Stellentitel in Kombination mit dem Sternchen (also z. B. Busfahrerin∗). Geht auch! Ein Beispiel: Eine IT-Beratung mit Fokus auf E-Commerce-Projekte und Standort in Köln sucht einen Projektmanager. Ausgeschrieben ist die Stelle als „Projektmanager“, weil, so die Denke des Unternehmens, ja klar sei, was das Unternehmen macht. Im Grunde trifft das zu. Nur ist damit a) die Auffindbarkeit stark eingeschränkt und dem Bewerber b) trotzdem nicht klar, worum es in der Stelle geht. Besser wäre da schon „IT-­Projektmanager“. Immerhin wüsste der Bewerber nun, dass es sich um IT-Projekte handelt, zudem würde die Stelle besser aufgefunden werden. Noch klarer wird es mit dem Titel „IT-Projektmanager E-Commerce“. So weiß ein potenzieller Kandidat, dass es um IT-Projekte im E-­Commerce geht. Das kann man nun noch beliebig weiterspielen. So könnten Sie bspw. noch ein bestimmtes CMS im Stellentitel mit aufnehmen, mit der der künftige Mitarbeiter schwerpunktmäßig zu tun haben wird. Auch der Standort trägt nicht unwesentlich zu einer besseren Auffindbarkeit bei. Ein möglicher Stellentitel könnte nun also „IT-­Projektmanager E-Commerce (Intershop) in Köln“ lauten.

6.3.2 Der Einstiegstext: Der Appetit kommt beim Lesen Der Einstiegstext ist in der Regel das erste, was einem Bewerber in die Augen fällt und wo sich entscheidet, ob er weiterliest oder nicht  Zumeist findet sich hier austauschbares Blabla ohne Mehrwert. Klar, man ist in seiner Branche Marktführer und wächst ohne Ende. Und der Jahresumsatz wurde nochmals um Millionen gesteigert. Aber eine direkte Adressierung des Bewerbers, die ihn emotional abholt oder Anreize liefert, sich mit den weiteren Inhalten auseinanderzusetzen, die gibt es kaum. Ebenfalls verhalten sich viele Arbeitgeber sehr distanziert und gestalten ihre Texte in Form einer öffentlichen Ausschreibung. Zeit, das zu ändern. Und das können Sie tun: • Stellen Sie den Bewerber in den Mittelpunkt Ihrer Ansprache und adressieren Sie ihn direkt (Sie/Du), nicht das Unternehmen (Wir …). • Teasern Sie kurz an, um welche Aufgabe es geht und welche Qualifikationen erforderlich sind (bspw. „Als HR Business Partner siehst du dich als Berater auf Augenhöhe? Wenn deine Kollegen zufrieden sind, bist du es auch? Die Weiterentwicklung von HR-Themen ist dein Antrieb? Eine wertschätzende Unternehmenskultur und kollegialer Zusammenhalt sind dir wichtig? Dann willkommen bei XYZ!“).

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• Auch Ihr Unternehmen dürfen Sie vorstellen. Aber versuchen Sie es doch mal mit einem wertschätzenderen Ansatz, der tatsächlich Ihre Werte in den Fokus stellt- nicht Ihre Marktführerschaft und ihre unglaubliche Produktvielfalt! Vorausgesetzt natürlich, Sie haben wirklich eine wertschätzende Unternehmenskultur. Das ist ja leider alles andere als selbstverständlich.

6.3.3 Die Aufgaben: Nachvollziehbar und auf den Punkt. Nun geht es ans Eingemachte, da wo die meisten Unternehmen dran scheitern: Um die Aufgabenbeschreibung. Hier geht’s darum, dem potenziellen Bewerber das Wasser im Munde zusammenlaufenzulassen und darzustellen, was ihn in seinem zukünftigen Job erwartet. Ihre Aufgabe ist es nun, die Aufgaben möglichst praxisnah und wertschätzend zu gestalten und ihn dank einer aktiven Ansprache unmittelbar zu begeistern. Als der amerikanische Abenteurer Ernest Shackleton 1914 Mitstreiter für eine Antarktisexpedition suchte, schrieb er eine Anzeige, die genau die anzog, die er suchte.15 Er schrieb „Männer für eine riskante Reise gesucht. Niedrige Löhne, bittere Kälte, monatelang völlige Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Heimkehr zweifelhaft. Ehre und Anerkennung im Erfolgsfall.“

Nur wer die Anzeige las und begeistert war, bewarb sich. Menschen, die für das brannten, was da auf sie zukam. Wie würde so eine Stellenanzeige wohl heute aussehen? „Männer für Expedition gesucht. Minimum 5 Jahre Berufserfahrung. Erfahrung in Bootsführung und -wartung. Umfassende Kenntnisse in der Einholung von Großsegeln zwingend erforderlich. Arbeiten Sie bei einem Weltmarktführer unter den Kapitänen!“

Möglicherweise bekommen Sie damit ein Team aus fähigen Leuten zusammen. Aber kein Team, was die harten Bedingungen durchstehen würde. Klar, Sie suchen niemanden für eine Polarexpedition. Dennoch: Sie suchen auch nicht nur Menschen, die einen Job machen wollen. Sie suchen Menschen, die in Ihre Organisation passen, sich mit Ihren Werten identifizieren und für das brennen, was sie tun. Nur – die bekommen Sie nicht mit den üblichen 08/15-Stellenanzeigen, die heute so üblich sind. Das können Sie tun, um das zu ändern: • Wählen Sie eine aktive Ansprache: –– Sprechen Sie den potenziellen Bewerber direkt an: „Sie“ bzw. „Du“ –– Aufgaben beschreiben Tätigkeiten. Also vermeiden Sie Substantivierungen, die einen Text abstrakt, schwerfällig und unverständlich machen. Werben Sie stattdessen mit Verben („Tuwörter“)! Schreiben Sie bspw. „Sie planen …“ anstatt „Planung von …“,  https://www.pbs.org/wgbh/nova/shackleton/1914/team.html.

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6.3 Ihre Stellenanzeige: Eine Einladung zur Bewerbung



• • •

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„Sie erstellen …“ anstatt „Erstellung von …“, „Sie analysieren …“ anstatt „Analyse von …“ etc. pp. Das geht auch blumiger, klar. Aber machen Sie es einfach! Sagen Sie den „ungs“ dieser Welt den Kampf an16 und heben Sie sich vom Wettbewerb ab. Es lohnt sich! Beschränken Sie sich auf die wichtigsten fünf Kernaufgaben. Wieder einmal begegnet uns Miller’s Law. Auch Eyetracking-Studien zu Stellenanzeigen bestätigen diese Zahl.17 Ab mehr als 5 Aufzählungspunkten wird’s schwierig. Ihre Herausforderung ist es jetzt, die fünf Kernaufgaben möglichst praxis- und nachvollziehbar darzustellen, so dass ein potenzieller Bewerber ein klares Bild davon hat, was genau ihn bei Ihnen im Unternehmen erwartet18: –– Was genau erwartet einen potenziellen Mitarbeiter in dem jeweiligen Arbeitsgebiet? –– Wie sehen die Aufgaben konkret aus? –– Wie sieht das Team aus, mit wem arbeitet der neue Mitarbeiter zusammen (interdisziplinär, welche Rolle, Männer/Frauen)? –– Wie wird gearbeitet? Stellen Sie den Sinn der Aufgabe dar: Warum mache ich das, welchen Mehrwert (Nutzenargumentation!) hat das Ganze? Verwenden Sie der besseren Erfassbarkeit wegen Aufzählungspunkte. Verwenden Sie ganze Sätze, anstatt eines kurzen knappen, unpersönlichen Telegrammstils.

Was definitiv tabu ist: eine alte Stellenausschreibung (oder -beschreibung) aus der Schublade zu holen und zu „copy-&-pasten“ Sprechen Sie mit der Fachabteilung, lassen Sie sich erklären, worum genau es im jeweiligen Job geht und nehmen Sie den Kollegen auch mal den Wind aus den Segeln, wenn sie allzu hohe Ansprüche an die Qualifikationen haben. Tipp: Reichern Sie Ihre Stellenanzeigen mit relevanten Zusatzinformationen an.19 Zeigen Sie weitere zur Suchanfrage passende Jobs, weisen Sie auf passende Links rund um das Thema Bewerbung hin und garnieren Sie das Ganze mit Mitarbeitertestimonials, Videos oder Artikel aus Ihrem Corporate-, Tech- oder Karriereblog. So binden Sie den potenziellen Bewerber an Ihre Website und sorgen dafür, dass er weitere Einblicke erhält (wie etwa in Abb. 6.7 dargestellt).

16  Die Studie „Club der Gleichen: Edition Stellenanzeigen“ hat 120.000 Stellenanzeigen durchleuchtet. Eins der Ergebnisse: Deutschlands Arbeitgeber sind „überzeugte Nominalisierer“. In gut 120.000 Stellenanzeigen wurden 1.005.171 (in Worten: eine Millionfünftausendeinhunderteinundsiebzig) „-ungs“ gefunden (S. Theisen/M. Böcker, 2016). 17  Eyetracking: Die richtige Gestaltung von Stellenanzeigen (ohne Katzenbilder und Babyfotos) (https://personalmarketing2null.de/2013/02/gestaltung-stellenanzeige/, aufgerufen am 05.01.2019). 18  Oder Sie machen es so, wie in Abb. 6.7 gezeigt und lassen Ihre Mitarbeiter den Job und was ihn so besonders macht, aus ihrer Perspektive darstellen. Das macht das Ganze noch glaubwürdiger und lebensnäher. 19  Auf der Karriere-Website von zweitag gibt es möglicherweise die längste Stellenanzeige der Welt, aber dafür ist die richtig gut und lässt keine Fragen offen. Keine. Klasse. Vorbeigucken und inspirieren lassen, z. B. hier: https://www.zweitag.de/jobs/devops-specialist (Zugegriffen am 21.01.2019).

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Abb. 6.7  Auch so kann eine Stellenanzeige aussehen: Auf ein kurzes Anforderungsprofil (nicht im Screenshot sichtbar) folgt dann eine aus der Perspektive der Mitarbeiterin geschilderte Beschreibung des Jobs nebst dem, was diesen so besonders macht. Abgerundet wird das durch die in Icon-­ Form dargestellten Benefits. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Cosee https://www.cosee.biz/ job-details/frontend-engineer)

6.3 Ihre Stellenanzeige: Eine Einladung zur Bewerbung

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6.3.4 Das Anforderungsprofil: Nur was wirklich wichtig ist

Klar, Sie wollen nicht jeden Bewerber, sondern den Passenden. Dennoch habe ich oft das Gefühl, dass Sie das karierte Maiglöckchen respektive die Eier legende Wollmilchsau suchen (an dieser Stelle schöne Grüße nach Hamburg!) und ein Profil definieren (bzw. aus der Schublade ziehen), welches wenig auf die Stelle abzielt und alles andere als marktnah ist. Nun, Sie wissen schon, was Sie tun. Falls doch nicht, ein paar Empfehlungen hätte ich auch hier: • Nennen Sie die erforderliche Ausbildung an erster Stelle. Überlegen Sie vorab aber gut, ob wirklich ein entsprechendes Studium erforderlich ist oder ob ggf. ein Quereinsteiger mit entsprechender Erfahrung ebenfalls infrage kommen könnte. • Benennen Sie unabdingbare Kern-Qualifikationen (z. B. Java oder andere zwingend erforderliche Programmier- oder Tool-Kenntnisse). Sind entsprechende Kenntnisse für den jeweiligen Job zwingend erforderlich, platzieren Sie dies unbedingt auch im Stellentitel. • Trennen Sie Muss- von Kann-Kriterien. Im Grunde genommen können Sie sich die Kann-Kriterien eigentlich auch verkneifen. Allerdings können Sie dort auch geschickt Keywords platzieren, über die ein Bewerber auf den Job aufmerksam werden könnte. • Benennen Sie, über welche Erfahrung (in Jahren) der Kandidat idealerweise verfügen sollte. Sie machen es sich leichter und besetzen Ihre Stellen schneller, wenn Sie jemanden einstellen, der zwar fachlich nicht zu 100 Prozent passt, aber die Ziele des Unternehmens und des Teams voll und ganz mitträgt und dafür brennt. • Überlegen Sie gut, ob soziale Kompetenzen überhaupt genannt werden müssen. Wenn Sie das tun, weil „man das ja so macht“, vergessen Sie’s. Wenn Sie es in den Kontext der Aufgaben setzen, tun Sie das gerne. Überhaupt betrachten Sie die ­Aufgaben und Anforderungen immer im Kontext (warum soll der Bewerber teamfähig oder kommunikationsstark oder belastbar oder … sein?).

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

• Vermeiden Sie die Nennung von Qualifikationen, die für die Aufgabe selbstverständlich sind (bspw. ist klar, dass ein erfahrener Controller mit Excel auf Du und Du stehen muss; ein Hinweis auf MS Office Kenntnisse ist also obsolet). Bleiben Sie realisitisch: Ist es wirklich erforderlich, dass ein Gabelstapler Englisch beherrschen muss, ist es wirklich erforderlich, dass ein Softwareentwickler Informatik studiert haben muss oder gar gute Deutschnoten haben muss? Logisch, dass auch hier der gute Miller seinen Kopf herhalten muss, oder?

6.3.5 Mitarbeitervorteile: Den Nutzen herausstellen Auch wenn die Mitarbeitervorteile in epischer Breite bereits auf Ihrer Karriere-Website gewürdigt werden, kann es nicht schaden, Sie auch noch mal in den Stellenanzeigen mit aufzunehmen. Ja, es ist sogar Ihre Pflicht! Da Sie das Buch bisher aufmerksam gelesen haben, wissen Sie, dass es nicht den einen Besuchertyp Ihrer Website gibt: es gibt derer viele. Und alle kommen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen, von unterschiedlichen Quellen und haben voneinander abweichende Nutzungsgewohnheiten. Allen sollten Sie gerecht werden. Abgesehen davon stellen Sie in Ihren Stellenanzeigen die Vorteile stellen- oder bereichsbezogen dar. Je nachdem, mit was Sie beim Bewerber punkten können. Darüber haben Sie sich natürlich vorher Gedanken gemacht, indem Sie Ihre Zielgruppe, also bspw. aktuelle Mitarbeiter bzw. Mitarbeiter, die recht frisch im Unternehmen sind, befragt haben. Empfehlenswert ist es hier, einen kurzen Abriss der Unternehmenskultur zu geben, der dem Bewerber einen ersten Eindruck vermittelt, wie Sie so ticken (die vermitteln Sie übrigens bereits über die Tonalität, in der ihre Anzeigen oder Websitetexte verfasst sind). Dann kommt wieder Miller ins Spiel, indem Sie fünf Kernvorteile benennen, für weitere Informationen verlinken Sie dann auf die entsprechende Unterseite, die Sie natürlich mittlerweile eingerichtet haben.

6.3.6 K  ontaktaufnahme und Bewerbungsaufforderung: Bitte recht freundlich! Viele Stellenanzeigen glänzen mit einer Sache ganz besonders: Nämlich mit der Abwesenheit von Kontaktdaten, wie Abb. 6.8 beispielhaft zeigt. Da heißt es vielleicht, man freue sich auf die Bewerbung, aber so wirklich glaubhaft wirkt das nicht auf mich. Im Falle einer Frage, die ich habe – bspw. zur Stelle oder zum Bewerbungsprozess, kann ja sein – ist keiner für mich da. Das erzeugt nicht unbedingt Vertrauen und schon gar keine Nähe. Auch die Nennung der Adresse erleichtert so einiges. Vor allem, wenn Sie Wert auf ein Anschreiben legen. Denn das trägt selbstverständlich ganz DIN-5008-konform Ihre ­Anschrift. Macht man ja so. Um die Adresse herauszufinden, muss der Bewerber in vielen Fällen aber erstmal das Impressum aufsuchen. Nicht gerade im Sinne eines „Candidate first“-Ansatzes. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Erstens, Sie verzichten aufs Anschreiben

6.3 Ihre Stellenanzeige: Eine Einladung zur Bewerbung

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Abb. 6.8  Kein Ansprechpartner, keine Adresse, wenig ansprechende Handlungsaufforderung: So sieht der Alltag auf Deutschlands Stellenanzeigen aus. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Sodexo https://sodexo.concludis.de/)

(was ich sowieso grundsätzlich empfehlen würde. Sie müssen es ja nicht ausschließen, wenn Sie daran festhalten wollen, aber Sie könnten dem Bewerber die Wahl lassen), oder zweitens, Sie platzieren Ihre Adresse im Stelleninserat. Sollte so schwer nicht sein. Ansonsten hätte ich noch folgende Empfehlungen für Sie: • Nennen Sie Name, Vorname und Funktion sowie die Telefonnummer eines möglichen Ansprechpartners. Idealerweise differenzieren Sie zwischen Ansprechpartner aus der Fachabteilung sowie aus HR. • Sie haben nichts zu verbergen und spielen mit offenen Karten. Deswegen platzieren Sie ein Bild mit Ihrem strahlendsten Lächeln gleich mit. • Verknüpfen Sie nach Möglichkeit Ihr XING- oder LinkedIn-Profil. So hat ein potenzieller Bewerber auch hier die Möglichkeit, sich direkt mit Ihnen zu vernetzen und auszutauschen. • Eine Stellenanzeige sollte als Aufforderung, als Einladung zur Bewerbung verstanden werden. Dies erreichen Sie durch eine freundliche, aktivierende Bewerbungsaufforderung (z. B. „Die Stelle ist ganz nach Ihrem Geschmack? Dann bewerben Sie sich am besten noch heute und freuen Sie sich auf ein bestens eingespieltes Team und spannende Aufgaben!“) • Fordern Sie aktiv zur Bewerbung auf, machen Sie auch in der letzten Zeile noch mal Lust auf die Stelle. • Nennen Sie die erforderlichen Unterlagen und in welcher Form die Bewerbung idealerweise erfolgen sollte. Informieren Sie über das gewünschte Dateiformat und maximale Datenvolumen je Dokument. • Informieren Sie darüber, wie der Bewerbungsprozess im Regelfall bei Ihnen abläuft (Dauer, Ablauf, Beteiligte etc.). • Sind Sie auf kununu bewertet und haben Sie eine ausreichende Anzahl an Bewertungen, verlinken Sie auf dieses Profil bzw. binden Sie den kununu-Score auf Ihrer Karriere-­ Website ein. Damit signalisieren Sie Transparenz und offerieren dem Suchenden gleich noch die Möglichkeit, sich über das Fremdbild einen Eindruck zu verschaffen. Das Thema Kontaktaufnahme werde ich in Kap. 7 noch einmal etwas eingehender beleuchten. Zunächst einmal kommen wir jetzt zum alles entscheidenden Schritt: der Bewerbung.

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Abb. 6.9  Beim Bayerischen Rundfunk setzt man in puncto Browser lieber auf Exoten, anstatt auf die gängigsten Browser Firefox und Chrome. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Bayerischer Rundfunk https://www.br.de/extra/karriere/index.html)

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Der Bewerbungsprozess: Möglichst niedrigschwellig, bitte!

Und hier läuft leider immer wieder noch verdammt viel schief. Da wurden Tausende von Euro in Ihre Employer-Branding-Maßnahmen gepumpt und eine State-of-the-ArtKarriere-­Website für Sie gebaut, die bei Ihren Besuchern nur einen einzigen Wunsch auslöst, nämlich sich zu bewerben – und Sie vermasseln alles. Das liegt dann in vielen Fällen wieder am Anbieter Ihres Bewerbermanagementsystems – aber natürlich auch an Ihnen, weil Sie bspw. nicht darauf geachtet haben, auf eine Anmeldung zur Bewerbung zu verzichten, das Bewerbungsformular nicht mobilfähig ist, das Formular nur in bestimmten Browsern (s. Abb. 6.9) oder vielleicht sogar ausschließlich mit Flash20 (s. Abb.  6.10) funktioniert. Und das führt dann ganz schnell dazu, dass Bewerbungen ausbleiben.

6.4.1 Bewerbung per E-Mail: Bewerbers Liebling Egal, welche Umfrage man konsultiert: Die Bewerbung per E-Mail ist und bleibt die beliebteste Form. Zumindest bei Bewerbern. Wenn es nach Personalern geht, sieht es da (wenig überraschend) ganz anders aus. Die bevorzugen ganz klar das Formular. Gehören Sie auch dazu? Warum ist das so? Wahrscheinlich weil Sie a) befürchten, im Tagesgeschäft von E-Mails bombardiert zu werden und b) deswegen den Überblick verlieren? Vielleicht sollten Sie wissen, dass das eine das andere nicht ausschließt. Es gibt sehr wohl 20  Aufgrund gravierender Sicherheitslücken ist die Nutzung des Adobe Flash Players sowohl beim Chrome- als auch beim Firefox-Browser schon länger nur eingeschränkt möglich. Beide Anbieter sperren die Inhalte nun noch stärker aus (https://www.golem.de/news/mozilla-firefox-will-flash-player-ab-herbst-2019-deaktivieren-1901-138706.html). Das von Adobe hergestellte Plugin soll bis Ende 2020 komplett verschwinden. Das ist gut so – auf einem System, welches für seine gravierenden Sicherheitslücken bekannt ist, eine Bewerbungsplattform laufen zu lassen, jagt nicht nur Nutzer in die Flucht, sondern ist aufgrund der sensiblen Daten grob fahrlässig.

6.4 Der Bewerbungsprozess: Möglichst niedrigschwellig, bitte!

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Abb. 6.10  Es wirkt schon fast wie Ironie, wenn es heißt „Bewerben können Sie sich gleich online“ und diese Bewerbung dann nicht möglich ist, weil der wegen Sicherheitsbedenken von Googles Chrome und Mozillas Firefox nicht mehr unterstützte Flash Player „zur Verwendung dieser Seite benötigt“ wird. Und das bei einer Bank. Fatal. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite LBBW https:// www.lbbw.de/menschen/karriere/stellenmarkt/stellenmarkt_7wo376iut_d.html)

Bewerbermanagementsysteme, die sich eine Bewerbung per E-Mail einverleiben und Sie entlasten. Abgesehen davon: Die Abneigung, die Bewerbung per Formular abzusenden, dürfte wohl darin begründet sein, dass Bewerber zumeist mit Applikationen konfrontiert werden, die eins garantiert nicht auslösen: Den Impuls, den das Gehirn an die Arm- und Handmuskeln sendet, um den finalen Mausklick auszulösen. Warum machen Sie es nicht wie das Unternehmen in Abb. 6.11? Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei, Sie haben niemanden vergrault und die Bewerbung im Kasten? Wahnsinn, oder?

6.4.2 Bewerbung per Online-Formular: Es geht auch einfach

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Abb. 6.11  So einfach kann bewerben gehen. Bei Loxone gibt der Bewerber einfach nur Namen und E-Mail-Adresse ein. Zudem kann er seine Bewerbungsunterlagen anhängen. Alternativ kann er sich per E-Mail oder per Linkedin/XING bewerben. Allerdings wirkt das „Service & Support“ nebendran etwas befremdlich. (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website Loxone https://jobs.loxone. com/dede/culture/)

Leider ist es so, dass Unternehmen durch viele der heute noch häufig verwendeten Bewerbermanagementsysteme (insbesondere denen mit den besonders umständlichen Formularen) eine Art von Festung aufbauen. Man zieht eine hohe, gewissermaßen mit Stacheldraht bewehrte Schutzmauer gegen die ohnehin in vielen Fällen nur noch spärlich hereintröpfelnden Bewerbungen auf. Möglicherweise hat sich Donald Trump hier inspirieren lassen, als er seine Mauer an der US-amerikanisch/mexikanischen Grenze plante? Nur ein ganz geringer Prozentsatz schafft es, nach einem komplizierten Ausfüllprozess ins Innere der gut gesicherten Unternehmensfestung zu schlüpfen und an der Bewerbungsparty teilzuhaben. Wenn er denn überhaupt die Muße dazu hat. Denn, ich kann es nicht oft genug betonen: Der nächste Arbeitgeber ist nur einen Mausklick entfernt. Jedes Formularfeld mehr, jeder Klick mehr, jede Anmeldung (wie etwa in Abb. 6.12 und 6.13) – also jeder Stein, den Sie Ihrem Bewerber in den Weg legen, führt spätestens bei der 12. Formularseite (wohl eher früher) dazu, dass er sich mehr und mehr von Ihnen entfernt und zu guter Letzt Reißaus nimmt. Oder hätten Sie Lust, bspw. 20 Pflichtfelder nur zum Thema Schulbildung zu bearbeiten, das Ganze in einem Formular, welches sich über zwei Bildschirmlängen erstreckt und bei der Betrachtung via Smartphone einer Lupe bedarf? Während die Formulare so mancher Bewerbermanagement-Software wirken wie aus den Anfängen des Internetzeitalters, verfügt zeitgemäße Bewerbungssoftware über die Möglichkeit, die Daten aus dem XING- bzw. LinkedIn-Profil oder aber aus

6.4 Der Bewerbungsprozess: Möglichst niedrigschwellig, bitte!

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Abb. 6.12  „Willkommen. Sie sind nicht angemeldet“. So begrüßt einen das Bewerbungsformular bei Vodafone. Nun ja, immerhin: man wird begrüßt. (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website Vodafone https://vodafone.taleo.net/careersection/)

dem ­hochgeladenen Lebenslauf auszulesen (sog. CV-Parsing).21 Tatsächlich gibt es auch Formulare, die diese Funktion bieten, aber dennoch aussehen, als wären sie mit irgendwelchen Homepagebaukästen erstellt (s. Abb. 6.14). Wieder einmal zeigt sich, dass die Anbieter von HR-Software zwar wunderbar Bewerberdaten verwalten können, in Bezug auf Candidate- und User Experience aber schnell an ihre Grenzen kommen. Und wer hat das Nachsehen? Ihre Bewerber. Und damit in der Folge auch Sie.

21  Beim CV-Parsing erkennt die verwendete Bewerbermanagement-Software automatisch und mit hoher Sicherheit die in einem Lebenslauf oder Social-Media-Profil hinterlegten Daten (z. B. Vorname, Nachname, Geschlecht, Anrede, Geburtsdatum, Adressdaten u. v. m. Auch zusätzliche Daten wie z. B. vorherige Jobs, Arbeitgeber, Hochschulabschlüsse, Fachkenntnisse etc. können analysiert, extrahiert und anschließend in die korrekten Felder eingefügt werden. Und natürlich profitieren Sie auch als Recruiter vom CV-Parsing: 90 Prozent Zeitersparnis und mehr sind drin, da Sie keine Lebenslaufdaten mehr manuell eingegeben müssen. Außerdem stärken Sie durch einen nutzerfreundlichen Bewerbungsprozess im Zweifelsfall sogar Ihr Employer Branding. Gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Recruiterherz und Bewerberherz – was wollt ihr mehr?

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

Abb. 6.13  Auch AXA ist sehr erfolgreich im Errichten von Hürden bei der Bewerbung. Die ist hier nämlich nur mit vorheriger Anmeldung möglich. Die Maske nimmt die komplette Bildschirmgröße in Anspruch und auch der Umgangston lässt nichts Gutes erahnen. Von „Müssen“ und „Sollen“ ist da die Rede. Von dem Wort „Bitte“ hat man in dem Versicherungskonzern offensichtlich noch nicht gehört. (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website AXA https://jobs.axa/)

Darüber hinaus erfordern viele Systeme ein langwieriges Anmeldeprocedere. So heißt es bspw. bei Audi: „Um Ihre Bewerbung auf entsprechende Stellenangebote online absenden zu können, ist es notwendig, dass Sie sich innerhalb unseres Stellenportals registrieren und sich ein persönliches Bewerberprofil anlegen.“ Wozu? Ich möchte mich lediglich bewerben. Auch bei Siemens muss der Bewerber erst umständlich eine Anmeldemaske ausfüllen,

6.4 Der Bewerbungsprozess: Möglichst niedrigschwellig, bitte! Abb. 6.14 Das Bewerbungsformular sieht nicht nur so aus, als wäre es mit Word oder einem Homepagebaukasten erstellt, viele Felder bzw. Funktionen sind schlicht nicht selbsterklärend. Zudem gilt das bereits Gesagte: Es ist einfach zu umfangreich. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Credopard https://credopard. hr4you.org/applicationForm. php?sid=817)

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6  Jobbörse, Stellenangebote und Online-­Bewerbung: Das Herzstück Ihrer …

bevor er sich durch eine Vielzahl an Formularseiten quälen darf. Dabei steht unübersehbar auf der Karriere-Startseite „Wir fragen uns jeden Tag, wie wir das Leben der Menschen verbessern können.“ Ich hätte da so eine Idee … Wieder einmal schleicht sich bei mir der Verdacht ein, dass die Unternehmen eine ausgeklügelte Bewerbervermeidungsstrategie22 verfolgen. Dieser Eindruck verstärkt sich insbesondere dann, wenn man den Anmeldeprozess dann zwar murrend, aber doch widerstandslos über sich ergehen lässt, aber spätestens bei den folgenden Formularwüsten die Flucht ergreift. Laut verschiedenen Umfragen tun das eine ganze Menge: Zwischen 8 und 20 Prozent der Befragten verzichtet auf eine Bewerbung, wenn Sie mit einem entsprechenden Formular bzw. Bewerbungsprozess konfrontiert werden. Messungen haben sogar ergeben, dass durchschnittlich 70 Prozent der Bewerber aufgrund schlecht eingebundener oder umständlicher Bewerbungsformulare verloren gehen!23 Können Sie sich das vor dem Hintergrund des immer knapper werdenden Gutes qualifizierter Bewerber wirklich erlauben? Rhetorische Frage. Natürlich nicht. Daher ist es nicht nur sinnvoll, dem Formular eine nachhaltige Schlankheitskur zu verpassen, sondern diese idealerweise direkt in die Stellenanzeige mit einzubinden. So kommt ein Bewerber ohne sich noch durch unnötige Instanzen zu klicken oder sich mit unnötig in neuen Fenstern öffnenden Formularen rumzuschlagen, direkt zum Ziel – und Sie zu Ihrem. Das nachfolgende Beispiel (Abb. 6.15) zeigt exemplarisch, wie Bewerber systematisch verprellt werden. Nicht genug, dass sich der Bewerber durch 10 Formularseiten quälen muss, auf jeder gilt es auch noch ein ganzes Fragenset zu beantworten. Dabei verspricht das Geldinstitut auf seiner Karriere-Website einen „fairen, transparenten und einfachem Bewerbungsprozess“.24 Im Sinne einer positiven Candidate Experience stellen solche Bewerbungsprozesse also den Super-GAU dar  Der unschöne Nebeneffekt, den solche Bewerbungsprozesse auf Ihre teuer erkaufte Arbeitgebermarke haben, ist immens und kostet Sie wertvolle Ta­ lente (und in der Folge viel Zeit und Geld)!

 Mehr zum Thema Bewerbervermeidungsstrategie: https://personalmarketing2null.de/2018/04/bewerber-vermeiden-so-gehts-teil-1/. 23  Das auf E-Recruiting spezialisierte Beratungsunternehmen Wollmilchsau wertete die Google-Analytics-Zugänge seiner Kunden bezüglich Conversion Tracking aus und ermittelte so dieses alarmierende Ergebnis (https://wollmilchsau.de/hr-analytics/hohe-absprungquote-durch-lange-bewerbungsformulare-teil-2-recruitment-analytics/. Zugegriffen am (05.01.2019). 24  Interessante Notiz am Rande: Obwohl das Kreditinstitut durch meinen Blogartikel zum austauschbaren Employer Branding und dem katastrophalen Bewerbungsprozess seinerzeit in helle Aufregung geriet und der Anbieter der Software eine bessere Lösung anbot, hält man an dem Bewerbungsprozess fest. Mag sein, dass er funktioniert, aber wie viele Bewerber durch die Lappen gehen, das hat wohl keiner auf dem Schirm. Und das in einer Branche, die sich mit dem Nachwuchs ohnehin schwertut. Habe ich da gerade was von Fachkräftemangel gehört? 22

6.4 Der Bewerbungsprozess: Möglichst niedrigschwellig, bitte!

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Abb. 6.15  Fair, transparent und einfach ist hier nichts. Auf 10 Formularseiten muss vom Bewerber hier ein wahrer Seelenstriptease abgelegt werden Wie viel Bewerber bei diesem Bewerbungsformular wohl das Weite suchen und sich lieber woanders nach einem Job umschauen? (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Sparkasse https://sparkasse.mein-check-in.de/71050000/quest)

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Ihr Ziel ist es, dass sich neue Kandidaten für Ihr Unternehmen begeistern und sich bewerben. Warum bürden Sie ihnen dann komplizierte, umfangreiche, schlecht strukturierte und über mehrere Seiten verteilte Formulare auf, bis sie ihre Bewerbung absenden können? Allerspätestens an der letzten Hürde, die Sie einem potenziellen Bewerber in den Weg stellen, wird dieser scheitern. Wollen Sie das wirklich?

Vorschlag zur Güte: Wenn Sie der Meinung sind, Sie müssten eine „Bewerbungsschranke“ errichten – warum überlassen Sie Ihrem Bewerber nicht einfach die ­Entscheidung? Wer sich anmelden möchte, tut das, wer nicht, der lässt es und kann sich trotzdem bewerben. Das wäre doch ein fairer Deal, oder? Was bedeutet das nun für Sie? Prüfen Sie Ihre Bewerbungsformulare wie exemplarisch in Abb. 6.16 gezeigt kritisch und streichen Sie alle Felder, die nicht unbedingt notwendig sind. Im Grunde genommen können Sie alle Punkte streichen, die nicht Pflichtfeld sind: Benötigen Sie wirklich eine Anrede, womöglich in der Form „Frau“, „Herr“, „Neutral“? Oder wie im Beispiel oben „Sehr geehrter Herr“, „Sehr geehrte Frau“, „Sehr geehrte Frau/Sehr geehrter Herr“, „Guten Tag“? Benötigen Sie wirklich eine Adresse? Die steht in der Regel im Lebenslauf. Benötigen Sie wirklich das Geburtsdatum? Das steht in der Regel im Lebenslauf. Benötigen Sie wirklich Angaben zu früherer Tätigkeit? Steht im Lebenslauf. Benötigen Sie wirklich den Titel – womöglich um Ihren Bewerber mit „Hofrat“ oder „Eure Majestät“ anzusprechen? Steht möglicherweise im Lebenslauf. Wenn nicht, legt ein Bewerber auch keinen Wert darauf. Benötigen Sie wirklich das Land, womöglich mit Pulldown-Menü, wo Sie erst einmal 49 Länder an Ihrem Auge vorbeiziehen lassen müssen, bis Sie endlich auf Deutschland stoßen? Benötigen Sie wirklich die Angabe, welcher Nationalität Ihr Kandidat ist? Benötigen Sie wirklich 7 Upload-­ Felder oder reicht eins? Benötigen Sie wirklich ein „Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden“-Feld, womöglich noch mit bis zu 20 Auswahlmöglichkeiten? Brauchen Sie

6.4 Der Bewerbungsprozess: Möglichst niedrigschwellig, bitte! Abb. 6.16  Nicht die wahrscheinlich längste Praline, aber das wahrscheinlich längste Bewerbungsformular der Welt gibt es auf der Karriere-Website von Zeppelin. Dabei ist es nicht mal die Anzahl der Felder (die sich ohne weiteres auf wenige zusammenstreichen ließen), es ist der Abstand zwischen den Feldern, der das Formular künstlich aufbläht und bei Bewerben den natürlichen Fluchtinstinkt weckt. (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website Zeppelin https://www.zeppelin.com/de/ Karriere/)

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Abb. 6.17 „Klasse, Delivery Lead hat Ihren Geschmack getroffen!“. Vorbildlich gestaltetes Bewerbungsformular bei nextlevel. Klar strukturiert, mit persönlicher, wertschätzender Ansprache, aufs Wesentliche reduziert. Der Name next Level Recruiting ist hier wirklich Programm! Großes Kino! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite nextlevel www.nextlevel.de)

nicht, wenn Sie ein gescheites Tracking aufbauen. Benötigen Sie beim ersten Interesse eines Kandidaten wirklich schon alle Informationen oder lassen die sich nicht noch im Nachgang abfragen? Gehen Sie tief in sich und so werden Sie zu dem Schluss kommen, nein, benötigen Sie nicht (siehe bspw. Abb. 6.17 und 6.18). Für ein gutes Bewerbungsformular braucht es nur vier Formularfelder sowie einen Upload-Button • Persönliche Daten: Name (selbst den bräuchten Sie streng genommen nicht, denken Sie nur an die vorurteilsfreie Bewerbung: Weder der Name, noch das Geschlecht lenken Sie ab von einer vorurteilsfreien Bewerberauswahl), E-Mail-Adresse, Telefon. • Eine Upload-Möglichkeit für die Bewerbungsunterlagen (Sie brauchen keine zwei oder sogar mehr. Ein Button reicht vollkommen aus!).

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Abb. 6.18  So geht Bewerbungsformular! „Interessiert? Du weißt, was du zu tun hast“, so heißt es auf der Karriere-Website von Ueno. Einfach Name und Link zum Social Media-Profil. Fertig. Das Leben kann so einfach sein. Klar, da müssen auch Ihre Recruiting-Prozesse stimmen. Aber die müssten Sie ohnehin in vielen Fällen einmal hinterfragen. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Ueno https://ueno.co/careers/)

• Ggf. als Goodie eine Bewerbungsmöglichkeit via XING oder Linkedin (eine Schnittstelle zu den Businessnetzwerken liest die Daten in den Profilen aus und überführt sie Ihnen in ein Formular) – fertig. Das war’s. Wenn Sie nun die Befürchtung haben, von Bewerbungen bombardiert zu werden, fügen Sie doch einfach noch ein zusätzliches Feld ein, in dem Sie eine kleine Aufgabe einbauen, die nur jemand beantworten kann, der garantiert zur Stelle und zu Ihrer Kultur passt. Wenn Sie Ihre Kultur in den Bewerbungsprozess einfließen lassen wollen (was ein sehr schöner Ansatz ist, stellen doch die meisten Bewerbungsformulare eher eine Unkultur dar25), lassen Sie sich doch von den hier vorgestellten Formularen inspirieren (Abb. 6.19, 6.20 und 6.21). Auf dem Jobportal von Seibert Media kann der Bewerber eine kurze Beschreibung seiner Person hinterlegen, beschreiben, wie er das Team bereichern kann und welchen technischen Hintergrund er hat, aber auch, womit er sich in seiner Freizeit am liebsten beschäftigt oder welcher Blogartikel ihn in der letzten Zeit begeistert hat – und warum. Das alles auf freiwilliger Basis, jede Bewerbung wird gleichberechtigt behandelt. Wer keine Lust auf Tippen hat, kann auch ein Video hochladen. Die Auswahl der richtigen E-Recruiting-Software ist mitentscheidend für Ihren Erfolg! Die Auswahl der richtigen E-Recruiting-Software ist mitentscheidend für Ihren Recruitingerfolg. Die Entscheidung für das falsche System kann schnell den gegenteiligen Effekt haben: Bewerber finden z. B. die Stellenanzeigen nicht oder nur schwer oder das Online-­ Bewerbungsformular führt zu hohen Abbrüchen in der Nutzung. Das wiederum führt nicht

 Apropos Unkultur: Tatsächlich zahlt alles, was ein Kandidat im Laufe seines Bewerbungsprozesses erlebt, auf die Arbeitgebermarke ein. Alles. Auch solche verkorksten Bewerbungsprozesse. Effektiver können Sie Ihre Employer-Branding-Strategie wirklich nicht vor die Wand fahren. 25

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Abb. 6.19  Das Formular von Seibert Media ist zwar auch recht lang, macht aber durch die Aufmachung Spaß. Der Bewerber hat die Wahl zwischen schriftlicher und Videobewerbung. Dabei gilt das Versprechen „Du bestimmst, wann du wie viel eingibst.“ Zudem kann er sich in einer Bewerber-­ Community anmelden und sich z. B. per Link direkt auch auf kununu über den Arbeitgeber informieren. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Seibert Media https://infos.seibert-media.net/display/ seibertmedia/Bewerben+oder+einfach+nur+an+Bewerber-Community+anmelden)

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Abb. 6.20  Das gibt’s wahrscheinlich nur einmal auf diesem Erdball: Ein Bewerbungsformular, wo auch das Sternzeichen abgefragt wird. Ich glaube schöner kann man so manche sinnlos überfrachteten Bewerbungsformulare nicht auf die Schippe nehmen. Klar, dass sich so etwas nur eine durchgeknallte Kreativagentur ausdenken kann. Oder etwa doch nicht? (Bildquelle: Screenshot Karriereseite DOJO Berlin https://www.dojo-berlin.de/job/)

nur zu frustrierten, sondern deutlich weniger Bewerbern, zu unzufriedenen F ­ achvorgesetzten und Recruitern und schlussendlich zu einer Verschwendung von Geld und Zeit. Unterliegen Sie nicht der Macht eindrucksvoller Präsentationen und vertrauen Sie nicht auf leere Versprechungen der Anbieter. Definieren Sie die Anforderungen, welches Ihr Bewerbermanagementsystem erfüllen muss, treffen Sie eine Vorauswahl und lassen Sie dann die Anbieter von HR-Software bei sich im Unternehmen antanzen. Testen Sie das System auf Herz und Nieren, schauen Sie sich Karriere-Websites an, wo das System bereits implementiert wurde und bewerben Sie sich probeweise. Schauen Sie sich auch an, wie das System in die Seite integriert wurde und ob die Stellenanzeigen via Google

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Abb. 6.21  Dieses Bewerbungsformular ist so einzigartig, wie die gesamte Karriere-Website von Shopmacher. Inklusive Gehaltsvorschlag, „Lieferversprechen“ und „Bezahlmethoden“. Ein Bewerbungsformular, wo bewerben richtig Spaß macht! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Shopmacher https://shopmacher.de/jobshop/#/checkout)

auffindbar sind. Und lassen Sie sich sehr gut über die Kosten aufklären. Oft entpuppen sich vermeintlich günstige Lösungen nämlich als Fass ohne Boden, bei dem die Anbieter Ihre Abhängigkeit ausnutzen und Sie für die kleinsten Änderungen bitter bluten müssen.

6.4.3 Bewerbung per Post: eine notwendige Alternative Bei aller Effizienz, die die Online- Bewerbung mit sich bringt: Auf Bewerbungen per Post zu verzichten, wie etwa in Abb. 6.22 gezeigt ist grob fahrlässig. Tatsächlich gibt es Unter-

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Abb. 6.22  Bewerbungen per Post oder E-Mail werden nicht angenommen, Originalunterlagen werden nicht zurückgeschickt. Stattdessen muss sich der Bewerber durch ein ellenlanges, mit unnötigen Feldern gespicktes Formular quälen. Offenbar kann sich das Unternehmen vor Bewerbern nicht retten, anders kann ich mir diese Bewerbervermeidungsstrategie nicht erklären. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite FTI https://www.fti.jobs/)

nehmen, die Bewerbungen per Post ablehnen. Die Aussage, dass „Bewerbungen per E-Mail oder per Post nicht verarbeitet und in unseren Bewerbungsprozess aufgenommen werden können“, lautet übersetzt: „Sorry, du nervst. Wir haben echt keinen Bock, jetzt auch noch deine Bewerbungsunterlagen einzuscannen.“ Manche Unternehmen schicken per Post eingegangene Bewerbungen auch zurück mit der Bitte, sich noch einmal online zu bewerben. Abgesehen davon, dass es kostengünstiger und effizienter für Sie wäre, die Bewerbung einfach einzuscannen, haben diese Menschen einfach ihre Gründe, warum sie ihre Bewerbung postalisch einsenden. Und ob sie dann tatsächlich einer solchen Aufforderung nachkommen, ist mehr als zweifelhaft. Wussten Sie bspw., dass jeder fünfte Mensch in Deutschland keinen Zugang zum Internet hat?26 Wussten Sie, dass längst nicht jeder über entsprechende Hardware verfügt? Ist Ihnen bewusst, dass es Menschen gibt, die nicht sonderlich internetaffin sind? Dass es Menschen gibt, die eine Bewerbung per Post vorziehen, weil sie es nicht anders kennen? Bevor Ihnen unter Umständen also der ein oder andere qualifizierte Bewerber entgeht, sollten Sie ihm auch diesen Bewerbungsweg ermöglichen. Alles andere können Sie sich als Arbeitgeber kaum erlauben.

26  D21 DIGITAL INDEX 2017/2018 – Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft: „Jeder fünfte Mensch in Deutschland ist offline und nur 1 Prozent plant, daran etwas zu ändern.“ Hauptgrund für die Nichtnutzung ist mangelndes Interesse an dem Medium Internet an sich. Weitere wichtige Aspekte sind der mangelnde Nutzen, die Kompliziertheit sowie Sicherheitsbedenken. Personen mit einem niedrigeren Bildungsstatus nutzen digitale Angebote deutlich seltener. (https://initiatived21. de/app/uploads/2018/01/d21-digital-index_2017_2018.pdf. Zugegriffen am 07.01.2019).

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Tipp: Bewerben Sie sich unbedingt einmal bei sich selbst! Versetzen Sie sich in die Lage eines Bewerbers und spielen Sie einen Bewerbungsprozess in seiner ganzen Länge durch: Schauen Sie, wie Ihre Karriere-Website auffindbar ist, wo Sie benötigte Informationen oder auch einen Ansprechpartner finden, wie Sie zu den Stellenangeboten gelangen und das nachfolgende Bewerbungsprocedere erfolgt. Stellen Sie dabei unbedingt auch die Bewerberkorrespondenz auf den Prüfstand!

6.4.4 Bewerbung per Video: Tschüss, Anschreiben! Da dank Facebook, Instagram und Snapchat die Menschen ja förmlich nach Selbstdarstellung lechzen und man den Bedürfnissen der Zielgruppe gerecht werden soll, bietet es sich an, auch das Thema Video mit in den Bewerbungsprozess einzubeziehen. Und so hat zum Beispiel Daimler TSS, eine Tochter des Autobauers aus Stuttgart, bereits 2016 die „15-Sekunden-Bewerbung“ per Video lanciert. „Ohne Schlips und Kragen. Kamera an und sag uns in 15 Sekunden, was dich ausmacht. Deinen Lebenslauf kannst du zu Hause lassen“, so heißt es auf der Website (Abb. 6.23). Mittlerweile gibt es verschiedene Plattformen und Apps, die diese zeitgemäße (und zielgruppengerechte) Form der Bewerbung erkannt und auf unterschiedlichen Levels umgesetzt haben: So gibt es beispielsweise JobUfo, Talentcube oder auch Viasto, Letztere mit dem zeitversetzten Videointerview. Allen gemeinsam ist, dass Bewerber über die jeweilige Plattform oder App keine aufwändige Bewerbungsmappe mit Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen verschicken müssen, sondern sich binnen weniger Minuten (oder Sekunden) per Video bewerben. Auf diese Weise erhalten Sie mit wenig Aufwand einen authentischen Eindruck von der Persönlichkeit und dem Auftreten der Kandidaten. Etwas, was ein Anschreiben in der Form nicht zu leisten vermag. Problem bei diesen Apps ist eine nur unbefriedigende Einbindung der Bewerbungsmöglichkeit in den klassischen Recruitingprozess. Zumindest ist

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Abb. 6.23  Auf der Karriere-­ Website von Daimler TSS lädt der Bewerber einfach seine Videobewerbung hoch. Von 15 Sekunden, die Dein Leben verändern, ist da die Rede. Coole Idee! (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website Daimler TSS https://www. daimler-tss.com/de/karriere/ bewerben-in-15-sekunden/)

keinem der Unternehmen, die mir im Laufe meiner Recherchen unter die Finger gekommen sind, es gelungen, das sinnvoll auf der Karriere-­Website abzubilden. Schlimmer noch: Die Unternehmen, die diese Art der Bewerbung einsetzen, verfügen teilweise nicht einmal über eine Karriere-Website und schreiben ausschließlich über Jobbörsen aus oder aber, sie verfügen über eine ­Karriere-­Website, haben den Prozess dort aber nicht eingebunden, sondern sprechen potenzielle Kandidaten über eine extra Microsite an (nichts spricht gegen eine Microsite, aber warum diese nicht verlinken?). Einen anderen Weg geht da das Unternehmen ELA Container, die eine Bewerbung via Smartphone direkt auf Ihrer Karriere-Website ermöglichen (Abb.  6.24). Direkt auf der Startseite wird auf diese Option hingewiesen. Grundsätzlich bietet die Videobewerbung den Vorteil, dass ein Interessent die Möglichkeit hat, sich vollumfänglich via Smartphone zu bewerben und seinen Selfie-Gewohnheiten gerecht zu werden. Eine Video-Bewerbung ist zudem binnen weniger Minuten erstellt und verschickt. Im Gegensatz zu einer klassischen Bewerbung, an der man gut und gerne mehrere Stunden sitzt – wohlwissend, dass diese nur wenige Minuten (wenn überhaupt) Aufmerksamkeit bekommt. Auch wenn die Videobewerbung durchaus eine interessante Alternative zur klassischen Bewerbung ist, wäre es wenig zielführend, ausschließlich auf dieses Format zu setzen. Es gibt nämlich tatsächlich Menschen da draußen, die keine Lust haben, sich via Smartphone zu inszenieren. Oder eben noch das Anschreiben gelernt haben. Abgesehen davon läuft eine Video-Bewerbung einer wie auch immer gearteten anonymen Bewerbung komplett entgegen. Wie auch immer: Ein entweder oder gibt es nicht. Vielmehr geht es um eine friedliche Koexistenz der Varianten und eine Differenzierung der Bewerbungskanäle nach Zielgruppe. Umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bewerbung eingeht. Auf welchem Weg auch immer.

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6.4.5 I nitiativbewerbung und Job-Newsletter: Immer in Kontakt bleiben Der Vollständigkeit halber will ich auch noch auf die Initiativbewerbung eingehen. Es soll Fälle geben, wo Sie aktuell keine (passenden) Stellenangebote ausgeschrieben haben. Potenzielle Bewerber nun unverrichteter Dinge von dannen ziehen zu lassen, wäre grob fahrlässig. Wer weiß, was sich da gerade für ein Talent auf Ihre Website verirrt hat? Möglicherweise hat er sich in Ihren Stellenanzeigen nicht wiedergefunden (möglicherweise auch deshalb, weil es Ihnen nicht gelungen ist, Ihre Anforderungen klar auszudrücken. Das soll vorkommen.), möglicherweise haben Sie aktuell auch tatsächlich keine Stelle. Nun haben Sie verschiedene Möglichkeiten: • Sie schreiben einfach, dass es aktuell keine Stellen gibt und lassen den potenziellen Bewerber enttäuscht von dannen ziehen. Auch wenn das durchaus gängige Praxis ist, empfehlenswert ist es in keinem Fall. • Die Initiativbewerbung: Sie platzieren, da wo es passt, eine entsprechende Handlungsaufforderung. In der Regel ist das dort, wo die Jobsuche abläuft, also unter den Jobsuchergebnissen selbst. Aber auch im Text auf den einzelnen Zielgruppenseiten sollten Sie einen entsprechenden Hinweis platzieren. Zumindest dort, wo Sie sich über entsprechende Bewerbungen freuen. Klar, dass Sie die verbale Handlungsaufforderung (bspw. „Kein passendes Stellenangebot für Sie dabei? Dann freuen wir uns auf Ihre Initiativbewerbung!“) auch um einen auffälligen Bewerbungs-Button, zumindest aber Link, ergänzen! • Der Job-Newsletter: Nennen Sie es meinetwegen auch Job-Alert, Job-Agent oder wie auch immer Sie wollen. Hauptsache, Sie richten ihn ein. Eine bessere Möglichkeit gibt es kaum, mit einmal gewonnen Interessenten in Kontakt zu bleiben. Die Abonnenten erhalten dann abgestimmt auf ihre Suchkriterien passende Jobs in ihr E-Mail-Postfach oder direkt per WhatsApp aufs Smartphone. Übrigens: Job-Newsletter sind der effektivste Kanal, um Traffic für Ihre Karriere-Website zu generieren. Also, worauf warten Sie noch?27 Oder wie wäre es, wenn Sie die Besucher Ihrer Karriere-Websites zu Talent-Scouts machen, wie etwa in Abb. 6.25 gezeigt?

27  „Job alerts continue to be the most effective traffic source for recruiting sites, regardless of location or type, followed by SEM and the Google for Jobs search box.“ (https://www.jobboarddoctor. com/2018/10/30/the-results-of-the-2018-19-recruiting-site-trends-survey-are-here/. Zugegriffen am 06.01.2019).

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Abb. 6.24 „Kein Lebenslauf sagt so viel, wie Deine ersten 60 Sekunden bei ELA“. Das bringt es definitiv auf den Punkt und so kann man sich in dem Unternehmen ganz kompliziert mit dem Smartphone bewerben. Stark, dass das auch direkt auf der Karriere-Startseite beworben wird! (Bildquelle: Screenshot Karriere-Website ELA Container https://karriere. container.de/de/)

6.4.6 Self-Assessments und Matching-Tools als Tüpfelchen auf dem i? Ich bin ja der Meinung, dass eine gut gemachte Karriere-Website, die keine Infos offen lässt, keinen technischen Schnickschnack braucht, der zudem oft mobil nicht funktioniert, katastrophal in die Website eingebunden ist oder hohe Ladezeiten verursacht. Wenn wir von „Cultural fit“ oder „Matching“ sprechen, so geht es darum eine Passung herzustellen, sei es zum Unternehmen und dessen Kultur, sei es zum Job. Wobei dieses „zum Job“ zu kurz gedacht ist. Die meisten Menschen brauchen Unternehmen, mit denen sie sich identifizieren können, zum Beispiel mit ihren Werten, mit ihrer Kultur, mit ihrem Mitarbeiterumgang. Unternehmen brauchen Mitarbeiter, die zu ihrer Kultur und zum Umgang, der im Unternehmen untereinander gepflegt wird, passen. Oder anders gesagt: Die Chemie muss stimmen. Punkt. Deshalb ist Ihre grundlegende Aufgabe, das zu vermitteln. Das geht nicht mit austauschbaren oder blutleeren Inhalten. Das hatte ich ausführlich schon im Abschn. 5.4.2 versucht zu vermitteln. Relevanz ist das Stichwort: Wenn Sie entsprechende Inhalte auf Ihrer Karriere-Website bereitstellen, werden die mit Freuden aufgenommen und begierig wie Muttermilch aufgesogen. Und je mehr sich ein Websitebesucher mit Ihren Inhalten auseinandersetzt, umso

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Abb. 6.25  Interessanter Ansatz: „Recruit a Friend“ bei minubo. Das Unternehmen nutzt seine Karriere-­Website auch, um sein Mitarbeiterempfehlungsprogramm zu promoten und andere „Jobbotschafter“ zu gewinnen. So werden neue Kanäle erschlossen! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Minubo https://www.minubo.com/de-de/unternehmen/karriere)

wahrscheinlicher ist es, dass er eine Entscheidung trifft. Für oder gegen Sie, das ist eigentlich egal. Klar, besser für, aber gegen Sie ist auch nicht so übel, weil Ihnen dann nämlich Bewerbungen von unpassenden Kandidaten erspart bleiben. Und das bringt Ihnen die Zeit, sich intensiver mit den passenden auseinanderzusetzen. Aber natürlich kann es auch sinnvoll sein, ergänzend (bitte: ergänzend. Solche Tools können nie andere inhaltliche Aspekte Ihrer Website ersetzen) die Einbindung von „Self-Assessment“- oder Matching-Tools, wie in Abb.  6.26, 6.27 und  6.28 gezeigt, in Erwägung zu ziehen. Diese können Ihre Bewerber maßgeblich bei der Analyse ihrer eigenen Interessen und Fähigkeiten unterstützen, geben vertiefende Einblicke in die Anforderungen des Unternehmens und dienen vor allem der beruflichen Orientierung. Oft können solche Tools dem Nutzer die Augen für etwas öffnen, was er so nicht gesehen hat. Es geht darum, Interesse und Neugier zu wecken, Aha-Erlebnisse zu schaffen und den Bewerber dabei zu unterstützen, welches ein passender Job sein könnte. Auch kann er auf spielerische Weise an die Unternehmenskultur herangeführt werden. Verfahren, die sowohl die Leistung, als auch die Persönlichkeit der Bewerber erfassen, dienen nicht nur einer besseren Einschätzung der Bewerber, ob ein Job oder Unternehmen für sie geeignet ist, in der Folge profitieren auch die Unternehmen von einem Mehr an Aussagekraft bei der Auswahl.

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Abb. 6.26  Beim „Heldentest“ kann der Nutzer einen kleinen Test durchlaufen, um zu checken, ob Busfahrer der richtige Job für ihn ist oder nicht. Dabei geht es nicht um eine wissenschaftlich validierte Aussage, sondern einfach darum, auf spielerische und schnelle Art herauszufinden, ob der Job passt, oder nicht. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite ESWE-Verkehr https://www.eswe-verkehr. de/unternehmen/alltagshelden.html)

Abb. 6.27  Über Matching-Tools wie auf der Microsite von Vodafone können Bewerber ihre Eignung für Jobs testen und bekommen passend zu ihren Antworten mögliche Berufsbilder angezeigt. Diese schwankten bei mir zwischen den Ausbildungsberufen Mediengestalter, Fachinformatiker und Koch sehr stark und stellen nur eine erste Orientierungsmöglichkeit für Bewerber dar. (Bildquelle: Screenshot TalentsConnect Karriereseite Vodafone https://www.talentsconnect.com/p/vodafone-schueler)

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Abb. 6.28  Auf der Website von Ueno durchläuft der potenzielle Bewerber als Hotdog ein fiktives Bewerbungsinterview in 3D und lernt auf diese eher ungewöhnliche Weise nicht nur die Unternehmenskultur kennen, sondern bekommt auch gleich einen Eindruck von dem, was diese Digitalagentur so leistet („As a growing agency, Ueno has a constant need to find amazing new people to join our teams. But we wanted to create something special, a game-like experience that showcased what it’s like to work at Ueno – in all its playful, chaotic, and weird glory. And we wanted to have fun doing it.“ Sehr lesenswert, das „Making of“ https://loremipsum.ueno.co/the-ueno-3d-interview-behind-the-scenes-da13885d8768, Zugegriffen am 10.01.2019). Ein echter Wow!-Effekt für potenzielle Bewerber und garantiert einzigartig. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Ueno http://interview.ueno.co/)

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Interaktion: Im Dialog mit dem Bewerber

Ebenso wichtig wie eine einfache Bewerbungsmöglichkeit ist natürlich eine möglichst einfache Kontaktaufnahme. Die Besucher Ihrer Website suchen Orientierung, wollen wissen mit wem sie es zu tun haben und wollen einen konkreten Ansprechpartner. Klar, es gibt sie, die Bewerber, die stur den Empfehlungen eines Bewerbungsratgebers folgen, unbedingt Interesse beim Recruiter zu bekunden, weil man ja so in Erinnerung bliebe. Insofern kann ich verstehen, dass in den Monster Recruiting Trends unter den „Big Failures“ an dritter Stelle ein zu früher oder zu standardisierter Kontakt mit dem Unternehmen kritisiert wird. Klar, ist nachvollziehbar. Das nervt, wenn die Damen und Herren Bewerber ihre mühsam erstellten FAQ auf Ihrer Karriere-Website keines Blickes würdigen (könnte das vielleicht daran liegen, dass die zu gut versteckt sind?) und sie mit unkonkreten Fragen

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_7

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7  Interaktion: Im Dialog mit dem Bewerber

löchern. Beschweren Sie sich meinetwegen gerne bei den Herausgebern von Bewerbungsratgebern. Kommen Sie aber bitte nicht auf die Idee, sich komplett gegen Anfragen abzuschotten und eine Kontaktvermeidungsstrategie zu fahren. Möglicherweise entgehen Ihnen nämlich spannende Kandidaten – oder aber es bleiben Ihnen unpassende Bewerbungen erspart. Bieten Sie Ihren Kandidaten also unbedingt die Möglichkeit der K ­ ontaktaufnahme.

7.1

Seien Sie ansprechbar!

Im Wesentlichen gilt für Ihre Karriere-Website das bereits bei Stellenanzeigen Gesagte: Nennen Sie auch hier den kompletten Namen des Ansprechpartners nebst Funktion, Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Wenn Sie zudem in den Businessnetzwerken XING oder Linkedin vertreten sind (was in Ihrer Rolle als Recruiter eigentlich keine Wahloption darstellt, sondern Ihre Pflicht ist), sollten Sie Interessenten und potenziellen Bewerbern auch hier den Kontakt ermöglichen. So hat ein potenzieller Bewerber auch hier die Möglichkeit, sich direkt mit Ihnen zu vernetzen und auszutauschen Ich weiß, viele sträuben sich, wollen sie doch lieber von Kontaktanfragen verschont bleiben, sei es, weil es das Tagesgeschäft nicht hergibt, sei es, weil XING oder Linkedin ja ihre privaten Social Networks sind (das habe ich wirklich mal in einem Seminar gehört. Eine Teilnehmerin meinte, sie wolle nicht von Bewerbern auf XING kontaktiert werden. Im ersten Moment war ich sprachlos. Sie meinte das aber wirklich ernst). Auch wenn ich mich wiederhole: Sie sollten potenziellen Kandidaten den Weg der Kontaktaufnahme so einfach gestalten, wie es nur irgend möglich ist. Sie wissen nie, welche Juwelen sich unter Ihren Kontakten verbergen. Und mal ganz ehrlich: ich habe bisher noch keinen HR’ler kennen gelernt (und ich kenne wirklich einige), der sich über Telefonterror beschwert hat. Und was die E-Mail-Adresse angeht: Absolutes No go ist die „info@“-Adresse. Da laufen alle E-Mails des Unternehmens auf, welchen Eindruck macht das wohl auf den Kandidaten, wenn Sie sich so unnahbar geben – und wie wahrscheinlich ist es, dass die E-Mail wirklich bei Ihnen landet? Nicht viel besser ist „recruiting@“ oder „personal@“ oder ähnliches anonymes Zeug. Eben noch haben Sie ein beträchtliches Budget in Employer-Branding-Maßnahmen gesteckt und nun machen Sie einen auf unnahbar? Das passt irgendwie nicht zusammen. Sie würden doch auch gerne wissen, mit wem Sie es in Abb. 7.1 zu tun haben, oder? Na bitte! Stellt sich nun die Frage, des „wo“. Wo platziert man nun am besten den Ansprechpartner? Klare Antwort: Das kommt ganz darauf an. Am besten aber da, wo mögliche Fragen auftauchen könnten, also auf allen themenbezogenen Seiten. Entweder, in dem Sie dort direkt die Kontaktdaten platzieren oder aber, in dem Sie auf eine zentrale Kontaktseite verlinken, auf der alle Ansprechpartner vertreten sind. Aber was spricht eigentlich dagegen, die Kontaktdaten direkt dort zu veröffentlichen, wo sich der Nutzer gerade befindet. Warum sollte er einen Klick zusätzlich machen, wenn es doch auch anders geht?

7.2  WhatsApp/Messenger: Ansprache on the go

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Abb. 7.1 „Ich bin deine Ansprechpartnerin“, heißt es auf der Seite von Manpower. Über ein originell animiertes GIF „klopft“ die Dame an den Bildschirm des Nutzers und weist sogar mit ihrem Finger auf Ihre Kontaktdaten hin (inklusive WhatsApp!). Lediglich: wer ist die gute Dame? Diese Information erfährt der Nutzer nur beim aufmerksamen Lesen des Textes am Anfang der Seite. Bis er die Kontaktinformationen erreicht hat, hat er den Namen schon wieder vergessen. Originell ist das Ganze trotzdem. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Manpower https://www.manpowergroup.de/ karriere/ausbildung-duales-studium-plus/)

7.2

WhatsApp/Messenger: Ansprache on the go

„Wer von Ihnen nutzt WhatsApp nicht?“, das ist die Frage, die ich bei Vorträgen oder Seminaren gerne stelle. Die Finger, die dann hochgehen, lassen sich einfach besser zählen. Meistens sind es maximal zwei bis drei. Tatsächlich nutzten 2018 rund 1,5 Milliarden Personen weltweit die Messaging-App zum Versenden und Empfangen von Kurznachrichten. In Deutschland sind es laut einer Schätzung immerhin 40 Millionen, die den ­Facebook-­Dienst trotz aller Skandale und Vorbehalte nutzen. Einer Umfrage zufolge ist auch die Bereitschaft groß, den Messenger z. B. für Supportanfragen und Kundenservice zu nutzen oder sich sogar von Unternehmen beraten zu lassen. So dauerte es auch nicht allzu lange, bis WhatsApp das erste Mal in der Berufsorientierung eingesetzt wurde. Die Diakonie in Deutschland war es, die den Messenger erstmals zur Kontaktaufnahme mit Bewerbern nutzte. Daimler zog kurz darauf nach und begleitete einen Trainee einen ganzen Tag lang im Gruppenchat. Das Klinikum Dortmund nimmt seine Bewerber sogar mit in den OP. Eigentlich naheliegend. Warum soll man nicht auch die meist verbreitete Nachrichten-­ App für die Kontaktaufnahme mit dem Bewerber nutzen? Nachhaltiger und wesentlich näher dran am Kandidaten ist man natürlich mit einem Bewerberservice via WhatsApp. So können Bewerber bspw. Fragen zur Bewerbung stellen, Sie wiederum können die App nutzen, um an Vorstellungsgespräche zu erinnern oder aber auf aktuelle Events aufmerksam machen. Bei allen Vorbehalten dem Service gegenüber (die ich durchaus teile): Mit der Einbindung von WhatsApp als zusätzlichen Kontaktkanal sind Sie ganz weit vorne!(Abb. 7.2)

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7  Interaktion: Im Dialog mit dem Bewerber

Abb. 7.2  Bei der Deutschen Post kann man sich ganz unkompliziert per WhatsApp bewerben und wird dabei zwar automatisiert, aber unmissverständlich durch den Prozess geleitet. Ganz ohne Schnickschnack! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Deutsche Post DHL https:// de.dpdhl.jobs/werde-einer-vonuns)

Das hat auch die Deutsche Post erkannt und ermöglicht auf der Microsite „Werde einer von uns“ ihren Bewerbungsprozess für Stellen als Postbote, Paketzusteller, Lagerhelfer und LKW-Fahrer auch via WhatsApp. Der Bewerber wird per Chatbot mittels sehr konkreter Handlungsanweisungen durch den Bewerbungsprozess geführt. Das Ganze ist zwar wenig persönlich, dafür ist eine Bewerbung aber rund um die Uhr und in jeder Situation, an jedem Ort ohne Weiteres möglich.

7.4  Live-Chats und Chatbots: Fast immer erreichbar

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Ein guter Ansatz, über den es sich nachzudenken lohnt. Nur am Rande sei erwähnt, dass Sie im Falle eines „echten“ Bewerberservices per WhatsApp a) einen extra Account anlegen und nicht die bestehende Handynummer verwenden und Sie b) feste Zeiten angeben, wann Sie erreichbar sind. Das erspart den Nutzern Enttäuschungen, die in der Regel schnelle Antworten erwarten. Übrigens, WhatsApp lässt sich auch komfortabel am Rechner nutzen, Sie müssen also nicht die ganze Zeit aufs Smartphone starren.

7.3

Callback-Button: Wir melden uns bei Ihnen!

Für alle, die keine ausreichenden Ressourcen zur Verfügung haben, nicht im Tagesgeschäft belästigt werden wollen oder keine Lust auf Anrufe von Personaldienstleistern haben, stellt ein Callback-Button, wie etwa in Abb. 7.3 und 7.4 gezeigt, die ideale Möglichkeit dar, in Kontakt mit dem Bewerber zu treten. Dieser hinterlässt einfach seinen Namen und seine Rufnummer und ggf. noch den Grund des Anliegens und das Unternehmen meldet sich dann bei ihm zu seiner Wunschzeit zurück.

7.4

Live-Chats und Chatbots: Fast immer erreichbar

Eine andere Möglichkeit, den Kontakt zum Kandidaten zu suchen, besteht in der Implementierung von Live-Chats oder Chatbots. Witzigerweise wurde das schon vor 15 Jahren thematisiert, als die ersten Studien und Empfehlungen zu Karriere-Websites aufkamen.

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7  Interaktion: Im Dialog mit dem Bewerber

Abb. 7.3  Auf der Website von Syseleven kann man sich auch ganz informell mal zum Kaffee verabreden Klasse! (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Syseleven https://www.syseleven.de/karriere/)

Abb. 7.4  Auch beim Ritter von Kempski hat ein Interessent die Qual der Wahl: Callback, Online-­ Bewerbung oder doch lieber gleich die Videobewerbung? (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Ritter von Kempski Privathotels https://www.rittervonkempski-karriere.de)

7.4  Live-Chats und Chatbots: Fast immer erreichbar

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Einen Chat einzurichten war damals aber noch recht aufwendig, weswegen man so etwas kaum auf Karriere-Websites gefunden hat. Mit neuer Webtechnologie, schnelleren Bandbreiten und vor allem entsprechenden Endgeräten ist der Siegeszug von Chat-Tools kaum noch zu stoppen. Und so findet man immer mehr Karriere-Websites, auf denen entsprechende Apps implementiert sind. Ob das allerdings immer so sinnvoll ist?

7.4.1 Chatbots: Beherrscht Kollege Roboter die Kandidatenansprache?

Schauen wir uns zunächst einmal Chatbots an. Deren wesentlicher Vorteil ist vor allem die Erreichbarkeit. Während Sie als Recruiter irgendwann mal Feierabend haben, gerade ein Vorstellungsgespräch führen oder andere wichtige Dinge erledigen müssen, ist Kollege Roboter dauerhaft, emsig und ohne jede Ermüdungserscheinung online. 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Und am Wochenende. Urlaub oder Pause braucht er auch nicht. Ihr Jobbot ist immer und überall erreichbar. Zudem erhält der Nutzer direkt im Moment der Anfrage eine Reaktion. Stunden-, tage- oder wochenlanges Warten auf eine Rückmeldung seitens des Recruiters gehört der Vergangenheit an. Welche verheerende Auswirkung unzufriedene Kandidaten haben, zeigt die Rejected Candidate Survey von Virgin: Gut 5 Millionen Euro an Umsatzeinbußen kostete das Unternehmen ein schlechter Bewerberservice. Pro Jahr! Ein Recruiting-Chatbot bietet einen Bewerbungsprozess, der unmittelbar, interaktiv und dialogorientiert erfolgt  Der Chatbot beantwortet automatisch und blitzschnell die Fragen des Kandidaten und sammelt alle Informationen, die für die Bewerbung erforderlich sind. Und ist aktuell kein passender Job dabei, informiert einen der „Roboter-­ Recruiter“ stets tagesaktuell über neue Vakanzen, Veranstaltungen oder News aus dem

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7  Interaktion: Im Dialog mit dem Bewerber

Unternehmen. So dient der Chatbot also auch noch als Talent Pool. Außerdem beherrschen Chatbots Multitasking. Während die Anfrage eines Interessenten via Telefon, E-Mail oder auch WhatsApp in dem Moment alle Ihre Ressourcen blockiert (Sie können ja schlecht gleichzeitig die Anfragen mehrerer Bewerber beantworten und entspannt einen Kaffee trinken), ist so ein Recruiting-Chatbot ein wahrer Tausendsassa. Er kann ohne Probleme unendlich viele Anfragen gleichzeitig bearbeiten. Und bleibt auch bei mehreren hundert Anfragen bzw. Bewerbungen am Tag stets gleichbleibend freundlich und hilfsbereit. Ein Chatbot ist also eine grandiose Sache und richtig angewandt, kann er Recruiting-­ Prozesse drastisch beschleunigen und Bewerbern ein echtes Candy Date liefern. Nichtsdestotrotz ist ein Chatbot kein Mensch und natürlich nicht unfehlbar. Trotz „Natural Language Processing“ (mittels Natural Language Processing (NLP) wird natürliche Sprache erfasst und mithilfe von Regeln und Algorithmen computerbasiert verarbeitet) versteht er eben doch nicht jedes Wort und jede Frage. Aber wie ein Mensch auch, lernt er mit jedem neuen „Gespräch“, mit jedem neuen Input dazu: „Sorry, leider kann ich Ihre Frage noch nicht beantworten. Ich melde mich hier, sobald mir die Antwort beigebracht wurde. Am besten schauen Sie in den nächsten Tagen noch einmal vorbei. Danke für Ihr Verständnis!“, so lässt es bspw. KATY verlauten, der Chatbot der Telekom. Es dürfte wohl klar sein, dass ein so verprellter potenzieller Bewerber eben nicht noch einmal vorbeikommt. Stärkung der Employer Brand Selbstverständlich hat ein Chatbot auch Auswirkungen auf die Arbeitgebermarke und ist so ein elementarer Bestandteil Ihres Employer Brandings (das gilt natürlich sowohl in positiver als auch in negativer Weise!). Schließlich suggeriert ein (gut umgesetzter und freundlicher) Chatbot eine Art von sozialer Aufmerksamkeit, die das Vertrauen und die Beziehung zum Unternehmen stärkt. Das bedeutet laut (Chat)Bot-Expertin Justine Cassell in der Folge, dass der Bewerber sein Vertrauen automatisch einer (Arbeitgeber-)Marke schenkt, weil er das Gefühl hat, dass sie ihn kennt. Expertin Justine Cassell dazu: „Studien zeigen: Verwendest Du Teile von Small-Talk in der Konversation einer Maschine, wird sich der Mensch besser und verstanden fühlen. Wenn eine Marke das schafft, hat sie gewonnen.“1 Dass das im Fall einer Äußerung wie „Was ist grün und galoppiert durch den Wald? Ein Rudel Gurken. Und was war der Witz daran? Gurken sind keine Rudeltiere! Bereit für den nächsten? Oder möchtest Du etwas über Evonik und unsere Jobs erfahren?“2 funktioniert, wage ich allerdings sehr stark zu bezweifeln.

 „Bumm, dann war der Chatbot tot.“ Lesenswert! https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/bot-expertin-bumm-dann-war-der-chatbot-tot/19987404.html. Zugegriffen am 20.01.2019. 2  Ja, der Chatbot auf https://careers.evonik.com/de/ kann Witze erzählen. Ansonsten aber nicht viel. Wie die meisten seiner „Kollegen“ auch. So schlägt einem bspw. der Chatbot der Telekom unpassende Jobs vor und kann nicht einmal die Fragen beantworten, die im Kontext der Stelle stehen. Setzen, 6. 1

7.4  Live-Chats und Chatbots: Fast immer erreichbar

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Fazit: Theoretisch könnte ein Chatbot die komplette Candidate Experience abbilden – von der ersten Ansprache des Kandidaten, über die Vorauswahl und Überprüfung der Eignung anhand Kern-Anforderungskriterien über die Bewerbung und weitere Prozesse – Bewerberkommunikation wie Zwischenbescheid, Einladung, Tipps zur Bewerbung und vieles mehr und natürlich interne Prozesse, wie Weiterleitung und Terminfindung – bis hin zum Onboarding. Was heute an Recruiting-Chatbots im Einsatz ist, ist in den meisten Fällen aber noch weit von den Möglichkeiten des Machbaren entfernt. Ein Chatbot, der auf wichtige Schlüsselbegriffe nicht reagiert und einen nur auf die Jobbörse verweist, ist das Geld nicht wert und wird Bewerber eher verprellen. Vor allem, wenn dieser sich dann wieder durch ein ellenlanges Bewerbungsformular quälen muss. Also: Finger weg! Vielleicht sollten Sie die nächste Option prüfen?

7.4.2 Live-Chat: Echtzeitdialog auf Augenhöhe

Ein Chatbot ist zwar rund um die Uhr erreichbar, bringt aber wenig, wenn er keine Hilfe und von seinem Antwortspektrum zwar (schlechte) Witze beherrschen mag, aber abgesehen davon den Nutzer nur auf die Jobbörse verweist (da wäre der selber drauf gekommen). Auch wenn ein Live-Chat nicht rund um die Uhr besetzt sein kann, so kann er einen deutlichen Mehrwert bieten. Vorausgesetzt, es sitzen am anderen Ende die Menschen, die dann auch wirklich weiterhelfen können. Auch der Eindruck, den ein Nutzer hier erlebt, hat Auswirkungen auf Ihre Arbeitgebermarke und kann dazu führen, dass Sie einen Bewerber nie wieder sehen. Insofern sollten hier Menschen sitzen, die mit Empathie und Augenmaß reagieren und wenn Sie mal eine Frage nicht beantworten können, jemanden kennen, der das kann. So weiß bspw. der so genannte Karriereberater auf der Audi Karriere-Website offenbar selber nicht so recht, was eigentlich seine Aufgabe ist. Aber es

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7  Interaktion: Im Dialog mit dem Bewerber

gibt auch ­Ausnahmen: Unternehmen, die verstanden haben, dass ein echter 1:1-Dialog einen Mehrwert darstellt und die Möglichkeit bietet, mit Kandidaten ohne große Hürde in Kontakt zu kommen und sie zu begeistern. Mittlerweile gibt es verschiedene Anbieter entsprechender Live-Chat-Tools, die sie mit wenigen Klicks direkt in die Karriere-Website integrieren können. Allerdings sollten Sie bei einem Live-Chat dafür sorgen, dass zu festen Zeiten wirklich jemand erreichbar ist, Sprechzeiten kommunizieren und auch visualisieren, wenn mal niemand erreichbar ist. Und wenn niemand erreichbar ist, eine alternative Form der Kontaktaufnahme bieten – etwa per E-Mail. Logisch, dass so ein mit Herz betriebener Live-Chat deutlich mehr auf Ihre Employer Brand einzahlt, als jeder Chatbot, oder?

7.5

Social Sharing für mehr Reichweite

Auch über Social-Sharing- bzw. E-Mail-a-friend-Buttons können Sie mit Ihren Besuchern in Interaktion treten. Zumindest Ihre Nutzer können es, in dem sie relevante Inhalte oder Stellenanzeigen mit der Community oder Freunden teilen. Insbesondere bei der Einbindung von Facebook & Co-Sharing-Buttons sollten Sie auf eine datenschutzkonforme Einbindung achten. Eine Lösung hierfür stellt das Tool Shariff dar.3

 „Der „c’t Shariff“ passt auf, dass soziale Netzwerke erst dann Daten von Nutzern abfragen können, wenn diese auf den entsprechenden Button klicken. Webseitenbetreiber und Admins können die neue Lösung auf ihren eigenen Seiten einbauen.“ (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Datenschutz-und-Social-Media-Der-c-t-Shariff-ist-im-Einsatz-2470103.html. Zugegriffen am 29.01.2019).

3

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Trust: Datenschutz und technische Stabilität

Auch die Aspekte Sicherheit und Stabilität spielen eine maßgebliche Rolle für eine Karriere-­Website mit Wow!-Effekt. Und so wundert es wenig, dass in der bereits zitierten Untersuchung der Hochschule Bamberg eine mangelhafte Technik als dritthäufigster „Big Failure“ bei Karriereseiten genannt wurde. Stellen Sie sich nur einmal vor, Ihre Karriere-Website wäre nicht aufrufbar, weil sie über kein kein SSL-Zertifikat verfügt und deswegen von den Browsern Ihrer Nutzer als nicht sicher eingestuft würde. Oder stellen Sie sich vor, Ihre Website braucht ewig lange,1 bis alle Inhalte geladen sind. Oder was glauben Sie, wie es auf einen potenziellen Bewerber wirkt, wenn Links ins Leere laufen oder Inhalte nur über einen Flashplayer  Zum Messen der Ladezeit stellt Google ein kostenloses Tool zur Verfügung, welches Sie über https://developers.google.com/speed/pagespeed/insights/ aufrufen können.

1

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_8

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8  Trust: Datenschutz und technische Stabilität

aufzurufen sind, die längst von gängigen Browsern geblockt werden? Welchen Eindruck macht es wohl, wenn Ihre Bewerbermanagementsoftware nur auf bestimmten, und zwar kaum verbreiteten Browsern läuft? Wenn sich Stellenanzeigen ausschließlich als PDF öffnen lassen  – auch auf dem Smartphone? Wenn eine Bewerbung übers Smartphone nicht möglich ist? Wenn die Inhalte Ihrer Karriere-Website erst zu erfassen sind, wenn ein überdimensionaler Cookie-Banner über Ihre Website wacht, wie ein Türsteher und erst weggek(l)ickt werden muss (wie etwa in Abb. 8.1 zu sehen)? Wenn eine Bewerbung erst möglich ist, wenn man sich dafür angemeldet hat? All die genannten Aspekte sowie das Einhalten von datenschutzrelevanten Aspekten (Stichwort DSGVO) haben massiven E ­ influss auf das Vertrauen in eine Website und damit auf die Wahrnehmung Ihrer Arbeitgebermarke! Das heißt für Sie, auch diese Punkte im Blick zu haben und dafür zu sorgen, dass die Karriere-Website reibungslos funktioniert (Abb. 8.2). Ihrer eigenen und der Bewerberzufriedenheit wegen! Ja, ein nicht mit „Ok“ bestätigter Cookie-Banner führt dazu, dass die Zugriffe nicht via Google Analytics erfasst werden. Aber was ist Ihnen wichtiger? Dass ein Nutzer auf Ihrer Website bleibt und sich im besten Falle bewirbt oder dass die Klicks sauber erfasst werden?

Abb. 8.1 „Unsere Website benutzt Cookies um Dir mehr Benutzerfreundlichkeit bieten zu können“, heißt es auf der Karriere-Website von Takeaway. Welche Ironie! Benutzerfreundlichkeit erzielen Sie durch Cookie-Hinweise, die so dezent sind, dass Sie den Zugriff auf Informationen – in diesem Falle die Jobsuche  – nicht unterbinden und so Benutzerfreundlichkeit sichergestellt ist. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Takeaway https://www.takeaway.com/jobs/de)

8  Trust: Datenschutz und technische Stabilität

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Abb. 8.2  Bei einer Website mit einer solchen Ladezeit sollten Sie sich Gedanken machen und gegensteuern. Lange Ladezeiten bedeuten einen Vertrauensverlust beim Bewerber und bei Google. https:// developers.google.com/speed/pagespeed/insights/. (Bildquelle: Screenshot Google LLC. Google und das Google-Logo sind eingetragene Marken von Google Inc., Verwendung mit Genehmigung)

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Traffic-Generierung: Wie Sie Besucher auf Ihre Karriere-Website bekommen

Geschafft! Ihre Karriere-Website ist live! Nun ernten Sie die Früchte harter Arbeit, Kandidaten werden Ihre Karriere-Website umschwirren, wie Motten das Licht und Sie werden sich vor Zugriffen und Bewerbungen nicht zu retten wissen! Schön wäre es, oder? Tatsächlich gibt es nicht wenige, die glauben mit Drücken des roten Knopfes wäre das Werk vollendet und der Rest ginge von selbst. Leider ist das nicht so. Oder sagen wir: nur bedingt. Denn viel Traffic wird dank Ihrer hervorragenden SEO-Bemühungen über Google kommen. Auch die Stellenbörsen, auf denen Sie natürlich weiterhin Ihre Stellenanzeigen

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_9

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9  Traffic-Generierung: Wie Sie Besucher auf Ihre Karriere-Website bekommen

schalten, um zusätzliche Reichweite zu erzielen (vorerst zumindest), werden für Besucher auf Ihrer Website sorgen. Und, ganz klar, die Tatsache, dass Sie den Karriere-Button da platziert haben, wo er hingehört: In die Hauptnavigation Ihrer Unternehmensstartseite. Und was können Sie sonst noch tun? Einiges. Im Grunde gilt es nun, die URL Ihrer Karriere-Website überall da zu promoten, wo es nur geht. Dabei muss es nicht zwingend die Adresse der Startseite sein, das können auch entsprechende Unterseiten sein (also die Landingpages, die Sie extra für bestimmte Zielgruppen angelegt haben, um diese gezielt zu bewerben). Hier ein paar Ideen, wie Sie ordentlich Traffic auf Ihre Karriere-Website bekommen: • Karriere-Button in der Navigation Ihrer Unternehmens-Homepage: Nur da ist der Zugang dauerhaft möglich. Und Sie wissen ja: Jeder Besucher Ihrer Unternehmens-­ Homepage ist ein potenzieller Bewerber. • Teaser/Hinweise auf anderen Seiten Ihrer Corporate Website, bspw. auf Produktseiten, die im Kontext bestimmter Jobprofile stehen. • E-Mail-Signatur: Platzieren Sie einen Hinweis in Ihrer E-Mail-Signatur. Nicht nur in Ihrer, sondern mindestens das ganze HR-Team sollte mitziehen. Und alle anderen im Unternehmen natürlich auch. • Branden Sie alle Kommunikationsmittel, die Sie sonst so im Unternehmen nutzen, um Dinge zu promoten, z. B. Give-aways auf Jobmessen. • Social Sharing-/E-Mail-a-friend-Buttons: Auch durch das Einbinden von Sharing-­ Buttons auf den Seiten Ihrer Website können Sie Traffic generieren und mit etwas Glück finden Ihre Stellenanzeigen so viel Zuspruch, dass Sie von Ihren Nutzern geteilt werden. • Newsletter: Wird in Ihrem Unternehmen ein Newsletter versendet, so erheben Sie Anspruch auf einen Slot, der Ihnen frei gehalten wird. Dort können Sie nicht nur Ihre Karriere-Website promoten, sondern auch bestimmte Jobs, die Sie in den Fokus stellen wollen. • Gehen Sie auf die örtliche Presse, auf Fachmedien, Presseportale oder auf Blogger zu und fragen Sie, ob Sie Interesse haben, über den Relaunch zu berichten. Ihre Karriere-­Website sollte natürlich einen echten Wow!-Effekt bieten! • Stellenanzeigen in Jobbörsen: Platzieren Sie in Stellenanzeigen, die Sie auf externen Jobbörsen schalten, den Link zu Ihrer Karriere-Website (oder, je nach Zielgruppe, zu Unterseiten), nicht zur Corporate Website, wie es viele machen und damit gleich doppelt Potenzial verschenken: 1. Wertvollen Traffic, 2. Bewerber, die den rechten Weg nicht finden und abspringen. • Nutzen Sie Ihre Social Media-Kanäle (wenn Sie welche bespielen) oder Ihre Profile und weisen Sie in Ihren Statusmeldungen auf Ihre neue Karriere-Website hin. Erstellen Sie Beiträge in Gruppen auf XING oder Linkedin und bitten Sie Ihre Mitarbeiter als Arbeitgebermarkenbotschafter, Ähnliches zu tun.

9  Traffic-Generierung: Wie Sie Besucher auf Ihre Karriere-Website bekommen

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• Schalten Sie Ads auf Google oder Facebook bzw. dort, wo Ihre Zielgruppe sich aufhält. • Nutzen Sie das Google MyBusiness-Konto Ihres Unternehmens, um dort auch Ihre Karriere-Website zu promoten. • Nutzen Sie Ihre Fuhrparkflotte (sofern vorhanden) und platzieren Sie einen gut sichtbaren Hinweis inkl. originellem Call to Action. • usw. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen, hier sind Ihre Ideen gefragt!

Tracking: Wie sich die Besucher Ihrer Karriere-Website verhalten

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Immer noch ist Ihr Job nicht getan. Denn schließlich wollen Sie auch wissen, wie gut Ihre Karriere-Website eigentlich performt und ob sich der ganze Aufwand gelohnt hat. Wie oft wurde die Website aufgerufen, welche Seiten davon besonders häufig, wie war die Verweildauer, all das sind Dinge, die Sie brennend interessieren (sollten). Vor allem aber, ob all die Bemühungen auch in (passenden) Bewerbungen resultieren. Während eine Erfolgskontrolle Ihrer Karriere-Website in quantitativer Sicht anhand einer Auswertung der Webstatistiken erfolgt, ist eine qualitative Auswertung z. B. in Form einer Analyse der Rückläufe auf Stellenanzeigen bzw. der Qualität der Online-Bewerbungen möglich.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_10

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10  Tracking: Wie sich die Besucher Ihrer Karriere-Website verhalten

Während in den Anfangszeiten des Internets kleine Zähler, die in die Website eingebaut waren, Aufschluss über den Erfolg einer Website gaben, sind die heutigen Analysetools deutlich mächtiger. Dank Google Analytics und Co. erhalten Sie umfangreiche Aussagen über das Nutzerverhalten, die weit über das reine Zählen von Zugriffen hinausgehen – und das aufgeschlüsselt nach Jahr, Monat, Tag und Uhrzeit. So können Sie z. B. ermitteln, welche Seiten Ihrer Online-Präsenz richtig gut performen oder wo sich die Nutzer in Scharen abwenden. Wenn das der Fall ist, ist das in der Regel ein Indiz dafür, dass er die gesuchten Informationen nicht gefunden hat – sei es, weil die Navigation zu verwirrend war, sei es, weil die Informationen, die Sie aufbereitet haben, in den Augen des Besuchers uninteressant oder zu selbstdarstellerisch waren. Wir erinnern uns: Ist der erste Eindruck negativ, kehren potenzielle Bewerber Ihnen den Rücken schneller zu, als Sie sich versehen. Und schlimmer noch: die kehren nie wieder! Wird Ihnen natürlich nicht passieren, jetzt, wo Sie eine Karriere-Website mit Wow!-Effekt haben! Auch wie viele Nutzer insgesamt Ihre Website besuchen, wie viele davon neu und wie viel wiederkehrend sind und wie viele und welche Seiten sie je Besuch aufrufen, erfahren Sie. Sie erhalten zudem wichtige Informationen darüber, wie die Besucher auf Ihrer Website gestrandet sind – etwa über Suchmaschinen oder über so genannte Referrals, also über externe Links. Und klar, natürlich sehen Sie auch, welche Links das sind und mit welchen Suchbegriffen die einzelnen Seiten gefunden wurden. Volle Transparenz und Seitenkon­ trolle also! Nehmen wir einmal das Beispiel der im vorherigen Kapitel genannten Traffic-­ Generierung. Auch die Wirkung dieser Maßnahmen lässt sich mittels solcher Webanalysetools ohne Weiteres messen. Dank Google Analytics erfahren Sie dann bspw., wie viel Traffic über die E-Mail-Signatur kam, wie viel über die einzelnen Social-Media-Kanäle, wie viel über welche Stellenanzeigen in welchen Jobbörsen, wie viel über die Werbung auf den Fahrzeugen und wie viel über die Give-aways. Damit das möglich ist, können Sie so genannte Kampagnen kreieren und für jede dieser Kampagnen einen Kampagnenlink. Ich will es an dieser Stelle nicht unnötig kompliziert machen, sondern nur kurz die Möglichkeiten anreißen. Auf jeden Fall geben Sie dem Kampagnenlink unterschiedliche Parameter mit, anhand derer Sie dann später auswerten können, woher die Zugriffe auf Ihre Karriere-Website kamen. Endlich können Sie also nicht nur mit klaren Fakten bei der Planung und Verteilung Ihrer Budgets argumentieren, sondern auch Low Performer unter den Stellenbörsen ausmachen.

10  Tracking: Wie sich die Besucher Ihrer Karriere-Website verhalten

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Und auch Ihre Bewerber müssen Sie in Ihrem ohnehin schon überladenen Online-Formular nicht noch mit einem zusätzlichen Formularfeld quälen, wo danach gefragt wird, wie Sie denn auf das Stellenangebot aufmerksam wurden. Da erhalten Sie ohnehin in der Regel entweder nur sozial erwünschte Antworten oder aber es wird das angeklickt, was weit oben steht, weil man keine Lust hat, die ganze Litanei herunterzuscrollen. Sie erfahren aber noch viel mehr, z. B. mit welchem Gerät der Nutzer auf Ihre Website zugegriffen hat (mobile, Desktop, Tablet) oder über welchen Browser. Auch Daten zur geografischen und demografischen Herkunft spucken Ihnen diese Analysetools aus. Kommen die Besucher bspw. aus der Stadt Ihres Standorts oder von weiter weg? Besonders interessant ist natürlich auch das Verhalten, wenn es um Stellensuche und Online-Bewerbung geht. Wie viele Besucher hat Ihre Karriere-Startseite? Welche Seiten rufen Ihre Besucher danach oder sonst noch auf? Wie viele Ihrer Besucher landen auf Ihrer Jobbörse? Wie viele davon rufen welche Stellenanzeige auf? Und wie viele davon bewerben sich? Wenn hier nicht „Jetzt bewerben“ geklickt wird, ist was faul. Hier gilt es nun zu überprüfen, woran es lag. Ist der Bewerben-Button nicht auffällig genug (s. Abschn. 3.8)? Falsch platziert? Fühlte sich der Besucher nicht von der Stellenanzeige angesprochen usw. Und auch wenn der Bewerben-Button geklickt wurde – wurde die Bewerbung auch abgeschickt? Wahrscheinlich lauert hier das größte Optimierungspotenzial, denn das kann ich Ihnen auch ohne Analytics verraten: die Abbruchraten bei zu langen, zu unübersichtlichen, zu komplizierten Bewerbungsformularen sind hoch. Hier gilt es also gegenzusteuern und regelmäßige Analysen zu fahren. Die Erfolgsmessung Ihrer Karriere-­Website anhand von Analyse-Tools bedeutet mehr, als nur ein paar Zahlen zu erheben: Hier erhalten Sie wichtige Hinweise, wie Sie Ihre Candidate Journey besser gestalten können und Bewerber begeistern. Wie User mit einer Website interagieren, welche Bereiche besonders stark frequentiert werden – und welche gar nicht, verraten Ihnen so genannte Heatmaps, die auf Basis von Mouse-Bewegungen, Klicks bzw. Taps (bei mobilen Endgeräte) und Scroll-Verhalten erstellt werden (s. Abb. 10.1). „Kalte“, blaue Stellen sind Bereiche, die wenig frequentiert werden, „heiße“, rote Stellen sind die Bereiche, die User interessieren. Anhand einer solchen Analyse, die Sie bspw. über das Tool Hotjar durchführen können, bekommen Sie dann unmissverständlich vor Augen geführt, dass bspw. ein Karriere-Link im Footer nicht wahrgenommen wird – oder aber die Stellensuche das wichtigste Element auf Ihrer Karrierestartseite ist.

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10  Tracking: Wie sich die Besucher Ihrer Karriere-Website verhalten

Abb. 10.1  Dieser Screenshot zeigt das Scrollverhalten der User beim Besuch der Karrierestartseite der Kindernothilfe. Die Scroll-­ Tiefe wird als Farbverlauf visualisiert und stellt dar, wie der Content einer Seite bei den Besuchern angenommen wird. Wie man unschwer erkennen kann, hat der Footer in dieser Analyse keinerlei Relevanz. User fokussieren sich insbesondere auf Inhalte, die im oberen Bereich angesiedelt sind. Den Karriere-Button also im Footer zu platzieren, käme Harakiri gleich. (Bildquelle: Screenshot Karriereseite Kindernothilfe unter Nutzung des Tools Hotjar https:// hr4good.com/2018/08/20/ heatmaps-impersonalmarketing-hot-or-not/)

Ein paar Worte zum Abschluss

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Ich hoffe, ich konnte Ihnen anhand vieler Beispiele und Empfehlungen darlegen, worauf es beim Aufbau und der (inhaltlichen) Gestaltung einer Karriere-Website ankommt und wie Sie das beste Erlebnis für Ihre Nutzer herausholen. Denn um die geht es in allererster Linie. Verfolgen Sie einen „candidate first“-Ansatz konsequent und machen Sie Ihre Benutzer glücklich, konvertieren Ihre Benutzer in Bewerber und Sie werden die Früchte Ihrer Arbeit ernten können: Passende Bewerber, die sich gerne an die „Candidate Journey“ auf Ihrer Karriere-Website erinnern. Ihr Auftrag ist es, Kandidaten für sich zu gewinnen, sie davon zu überzeugen, dass Sie der richtige Arbeitgeber sind – oder eben auch nicht. Schließlich geht es Ihnen um eine lange nachhaltige Beziehung zu Ihren neu gewonnenen Mitarbeitern. Lassen Sie uns also noch einmal rekapitulieren. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 H. Knabenreich, Karriere‐Websites mit Wow!‐Effekt, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26093-4_11

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11  Ein paar Worte zum Abschluss

Seien Sie auffindbar Es ist und bleibt das A und O all Ihrer Recruiting-Aktivitäten: Wer Sie nicht kennt und wer Sie nicht findet, der wird auch nie bei Ihnen landen. Ergo sollten Sie alles dafür tun, um es potenziellen Kandidaten leicht zu machen, Sie zu finden. Und potenzielle Kandidaten sind alle Besucher Ihrer Unternehmens-Startseite. Nirgendwo sonst können Sie mit so wenig Aufwand die Aufmerksamkeit für sich als Arbeitgeber erlangen, wie auf Ihrer eigenen Unternehmens-Website. Vorausgesetzt, Sie tun etwas dafür. Der Karriere-Button ist also ein wichtiger Baustein Ihrer Recruiting-Strategie. Wenn nicht gar der wichtigste. Ergo ­gehört der Hinweis auf Ihre Karriere-Website nicht in den Footer, nicht in die Meta-­Navigation, nicht in irgendeinen Banner irgendwo auf der Unternehmens-Website (zumindest nicht ausschließlich), er gehört als einzelner Punkt direkt erreichbar in die Hauptnavigation. Ende der Diskussion. Ist der Nutzer auf Ihrer Karriere-Website gelandet, tun Sie alles dafür, dass er das findet, was er sucht. Da es nicht einen Nutzertypen gibt, versuchen Sie es allen recht zu machen: Platzieren Sie Jobsuche direkt auf der Startseite für die, die schnell nach Jobs schauen wollen, platzieren Sie Einstiegslinks für bestimmte Zielgruppen, die Sie händeringend suchen, damit die schnell zu Ihren Informationen gelangen. Gestalten Sie Ihre Navigation übersichtlich, selbsterklärend und auffindbar (verstecken Sie sie also nicht hinter einem Burger-Menü)! Sorgen Sie dafür, dass Ihre Website auch via Google (for Jobs) und Co. gefunden wird und ziehen Sie die Register der Suchmaschinenoptimierung. Begeistern Sie Ihre Nutzer! Ihr Ziel ist es, dass ihre Nutzer Ihren Informationshunger stillen können und die notwendige Entscheidungsgrundlage für oder gegen eine Bewerbung haben – schließlich wollen Sie nur die passenden Kandidaten. Also transportieren Sie Ihr Arbeitgeberversprechen! Und das nicht nur in Form von Behauptungen, sondern in dem Sie bzw. Ihre Mitarbeiter es belegen! Lassen Sie Mitarbeiter zu Wort kommen und darüber berichten, was es für Sie ausmacht, bei Ihnen zu arbeiten. Was sie an der Kultur schätzen, mit der Sie Ihre Mitarbeiter begeistern und welche Vorteile Sie besonders gut finden. Stellen Sie für potenzielle Bewerber den Nutzen dar: warum sollte er unbedingt bei Ihnen – und nur bei Ihnen arbeiten? Was hat er davon? Und seien Sie nahbar: Möglicherweise stehen noch Fragen im Raum. Geben Sie Ihren Nutzern die Möglichkeit, mit Ihnen in Kontakt zu treten. Mit Ihnen, nicht mit anonymen Chatbots, generischen Mail-Adressen oder der Rufnummer der Telefonzentrale. Machen Sie Nutzer zu Bewerbern Wenn es Ihnen gelungen ist, den Informationshunger Ihrer Nutzer zu stillen und diese genau die Jobs gefunden haben, die sie gesucht haben, vermasseln Sie nicht wieder alles. Begeistern Sie mit Stellenanzeigen, in denen sich der Nutzer genau wiederfindet, wo er versteht, was Sie von ihm wollen und was auf ihn zukommt. Und dann machen Sie es ihm einfach, mit einem Onlineformular, das bestmöglich gestaltet ist und die Bewerbung mit ein, zwei Klicks abgeschickt ist. Vergessen Sie aber nicht die, die sich nicht online bewerben wollen oder können. Auch im Zeitalter der Digitalisierung hat für manchen Kandidaten die Bewerbung per Post ihren Charme nicht verloren. Oder gerade deswegen.

11  Ein paar Worte zum Abschluss

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Klar, dass Sie Ihren Auftritt auch mobil optimieren. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, sei aber der Vollständigkeit halber erwähnt. Und bitte, vergessen Sie nicht alle nachfolgenden Prozesse: Stimmen Sie auch Ihre Bewerberkorrespondenz auf Ihr Arbeitgeberversprechen ab, seien Sie freundlich, wertschätzend und – schnell. Denn Schnelligkeit zählt neben Freundlichkeit und dem Verstehen der Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe zu den Geheimwaffen im Wettbewerb um die Talente. Die Umsetzung einer Karriere-Website ist Fleißarbeit und kein Selbstläufer. Auch ist so ein Projekt weder mal so eben nebenher zu machen, noch je zu Ende. Ihre Karriere-­Website ist eine „lebende Entität“. Hier muss mal ein Artikel aktualisiert, da ein Bild ausgetauscht werden. Auch sollten Sie fortlaufend tracken, wie es mit der Performance aussieht und an welchen Stellschrauben man noch drehen kann, um potenziellen Bewerbern ein 1-A-Erlebnis zu vermitteln. Hier braucht es das richtige Mindset und echte Begeisterung. Wer das mitbringt, wird auch verstehen, warum der erstbeste Anbieter einer E-Recruiting-Software meist nicht die richtige Wahl ist. Abgesehen davon dreht sich die Welt, in der wir leben, immer schneller und mit ihr die Technik. Das hat auch Auswirkungen auf die Gestaltung von Karriere-Websites. Innerhalb kürzester Zeit haben sich neue Webtechnologien durchgesetzt, die so vor wenigen Jahren noch gar nicht möglich gewesen wäre. Es gilt also am Ball zu bleiben und sich zu informieren. Lesen Sie Blogs, Bücher und vor allem gehen Sie auf Veranstaltungen, wo Sie Ihre Kollegen treffen und in ungezwungenen Austausch gehen können. Vielleicht treffen wir uns dort? Ich würde mich freuen. Abonnieren Sie auch gerne meinen Blog personalmarketing2null, dann bleiben Sie in Sachen Karriere-Websites stets up to date. Wenn Ihnen das Buch gefallen hat (oder auch nicht), kontaktieren Sie mich gerne. Sie erreichen mich über [email protected] oder via Twitter, LinkedIn und XING. Ich freue mich über den Austausch, aber bitte sehen Sie mir nach, wenn ich nicht sofort antworte ;-). Und nun legen Sie los!