Kalliasdekrete und »Sinking-Fund« [Reprint 2021 ed.] 9783112505946, 9783112505939

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Kalliasdekrete und »Sinking-Fund« [Reprint 2021 ed.]
 9783112505946, 9783112505939

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KALLIASDEKRETE UND »SINKING-FUND« VON

DR. W A L T H E R K O L B E PROFESSOR IN FREIBURG I. BR.

SONDERAUSGABE AUS DEN SITZUNGSBERICHTEN DER PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHIL.-HIST. KLASSE. 1933. II

BERLIN VERLAG

DERAKADEMIE

IN K O M M I S S I O N

1933 D ER W I S S E N S C H A F T E N

BEI W A L T E R DE G R U Y T E R (PREIS J U l 2.—)

U.CO.

KALLIASDEKRETE UND »SINKING-FUND« VON

DR. W A L T H E R K O L B E PROFESSOR IN FREIBURG I. BR.

SONDERAUSGABE AUS DEN SITZUNGSBERICHTEN DER PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHIL.-HIST. KLASSE. 1933. II

BERLIN VERLAG

DER A K A D E M I E

IN K O M M I S S I O N

1933 DER

WISSENSCHAFTEN

BEI WALTER DE O R U Y T E R (PREIS ¿R.JI2.—)

U.CO.

(Vorgelegt von Hrn. Wilcken.)

ULRICH ZUM

WIL 7o.

DAR GEB

CK E N

GEBURTSTAG RÄCHT

Seitdem an dieser Stelle der Versuch gemacht wurde J , der K i r c h h o f f Meyerschen Hypothese über Zeit und Sinn des Kalliasdekretes gegen B e l o c h zum Siege zu verhelfen, ist die Urkunde mehrfach Gegenstand gelehrter Untersuchung geworden2. H. T. W a d e - G e r y hat eine völlig neue Theorie aufgestellt. Zwar erkannte er unumwunden an, daß der Gedanke Bei ochs den — oder wie man jetzt richtiger sagen wird — die Anträge des Kallias ins Jahr 418/17 herabzurücken, durch das von mir vorgelegte Material widerlegt ist. Allein trotz ehrlicher Würdigung all dessen, was für die Gegenseite geltend gemacht worden ist, sieht er sich doch veranlaßt, nicht zu der Ansicht zurückzukehren, daß das groß angelegte Finanzprogramm, dessen Abschluß Kallias' Anträge darstellen, nur vor Kriegsbeginn möglich gewesen sei. Seine Meinung ist, daß seit 426 aus den Tributen ein Amortisationsfonds (Sinking-Fund) geschaffen wurde, und daß im Jahre 422 — dies ist angeblich das Datum der Dekrete — aus dieser Reserve 4200 Talente zur Rückzahlung gelangten. Nicht ohne Humor hat er den eigenen Bedenken mit den Worten Ausdruck gegeben: »Let my 'Sinking-Fund.' join (if it must) the many shipwrecks which this Loreley among inscriptions has made; but not without first showing that the problems it tries to solve need solving. It is indeed possible that this Sinking-Fund is right, though my dating of Kallias is wrong.« Da mehrfach an mich der Wunsch herangetragen wurde, z u W a d e - G e r y s Lösungsversuch, dem Originalität nicht abzusprechen ist, Stellung zu nehmen, halte ich es für meine Pflicht, mich der Aufgabe nicht zu entziehen. I Es sei von Anfang an mit aller Klarheit ausgesprochen, daß W a d e - G e r y der Wissenschaft durch die Prüfung des im Louvre befindlichen Originals einen großen Dienst erwiesen hat. Seine scharfen Augen haben dem Steine die Lesung einiger Buchstabenreste abgerungen, die uns in den Stand setzen, endgültig über das Verhältnis der auf den beiden Schriftseiten der Stele einge1 Vgl. K o l b e , Sitz.-Ber. Berlin 1 9 2 7 , 319fr., 1929 2 7 3 f r . ; wieder abgedruckt unter mehrfacher Umgestaltung, T h u k . im Lichte der Urkunden 1930, 5off., 68ff. 2 W a d e - G e r y , Journal Hell. Studies 5 1 , 1 9 3 1 , 57fr. M . P o h l e n z , G . G . A . 1 9 3 2 , 28ff., A . K o e r t e , Hist. Zeitschr. 146, 1 9 3 2 , 3 1 6 f r .

2i:

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Sitzung der phil.-hist. Klasse v. 19.Januar 1 9 3 3 . — Mitteilung v. 8.Dezember 1 9 3 2

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grabenen Urkunden zu urteilen. Es handelt sich um Lesung und Ergänzung der 33. Zeile von I G I 2 92. H i l l e r von G ä r t ringen, der nicht die Möglichkeit gehabt hatte, den Stein zu prüfen, war von der Voraussetzung ausgegangen, daß diese erste Zeile der sogenannten Rückseite1 B die unmittelbare Fortsetzung von Z.32 der Seite A enthalte, und darauf hatte auch ich meinen Ergänzungsversuch a. O. 66 aufgebaut. Dagegen hatte C a v a i g n a c in seiner Histoire f i n a n c i è r e d'Athènes 1908, 20 ausgesprochen, daß über den erhaltenen Teilen von B »mindestens 2 Zeilen« fehlen2. Dank der gütigen Unterstützung der Freiburger Wissenschaftlichen Gesellschaft, für die ich auch an dieser Stelle meinen tiefgefühlten Dank ausspreche, ist es mir möglich gewesen, die Frage vor dem Stein zu prüfen. Es sei mir gestattet, die Gelegenheit zu benutzen, um auch Mr. E. M i c h o n für die liebenswürdige Erleichterung meiner Arbeit verbindlichst zu danken. Es ist bisher nicht beobachtet worden, daß die vielbesprochene Abschrägung der Oberkante von Seite B bis zu einer Linie herabreicht, die — verglichen mit der Vorderseite — genau der unteren Hälfte der zweitenZeile von A entspricht. Dadurch wird a priori wahrscheinlich, daß über Z.33 der editio minor eine Zeile, die wir als 32 a bezeichnen wollen, verloren ist. Diese Vermutung wird sich als richtig erweisen, sobald man an die Deutung der von W a d e - G e r y zum ersten Male vollständig gelesenen Reste von Z . 3 3 herantritt. Der Stein bietet folgendes (vgl. hierzu W a d e - G e r y , Taf. I Z. 2): 1

2

3

4 5

6 7 8 9

10 1 1

12

Der Fortschritt W a d e - G e r y s gegenüber der Majuskelausgabe K i r c h h o f f s (IG I 1 32 B 1), die auf den Lesungen Mommsens beruhte, besteht einmal darin, daß auf der linken Hälfte an der 10. Stelle statt des von M o m m s e n gelesenen L das Vorhandensein eines runden Buchstabens erkannt ist. Auch Hiller gibt I G I 2 92 einen solchen. Allein seine Vermutung [Ä]Kp[o]noAscheitert daran, daß an 1 1 . Stelle statt l die Reste eines E, die schon die K i r c h h o f f sehe Edition gibt, wirklich erhalten sind. Geradezu entscheidend für den 1

Seit B o e c k h unsere Urkunde im C I G I 76 herausgegeben hat, ist es üblich geworden, die Seite mit dem vollständigen Dekret als Vorderseite A , die andere als Rückseite B zu bezeichnen. W a d e - G e r y s Neuerimg, statt von A und B von X und Y zu sprechen, läuft sachlich auf das gleiche hinaus. Ich behalte die einmal eingebürgerte Terminologie B o e c k h s bei, obwohl ich S . 1 6 0 f . zu zeigen versuche, daß B zuerst vor die Volksversammlung gebracht wurde. A n dieser Stelle sei gleich angemerkt, daß ich die Zeilenzählung von H i l l e r in I G I 2 91/92 beibehalten habe, um die Sache nach Möglichkeit zu vereinfachen. 2 Vgl. dazu B e l o c h , G r . Gesch. I I 2 2 , 345 A 1, der vorsichtiger von 1 bis 2 zerstörten Zeilen sprach.

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W . K o l b e : Kalliasdekrete und »Sinking-Fund«

Erfolg von W a d e - G e r y s Untersuchung war aber, daß er auf der rechten Hälfte des Steins vor den schon von H i l l e r am Abklatsch gelesenen Zeichen lAcei die Reste von zwei weiteren Buchstaben und dahinter den unteren Teil einer Senkrechten gelesen hat. So wenig das an sich ist, sachlich ist es von der allergrößten Bedeutung, denn es ist jetzt nicht länger zu bezweifeln, daß am Schluß von Z. 33 mit W a d e - G e r y [Ka]aa!ac eVe] zu ergänzen ist. Da nun am Ende von Z. 33 und am Anfang von Z. 34 unmöglich die Formel eines Amendements untergebracht werden kann, so haben wir ganz offensichtlich den Schluß eines regelrechten Präskriptes vor uns. Damit ist gesichert, was oben aus der Beschaffenheit des Steines erschlossen wurde, daß vor Z. 33 eine Z.32a einzuschalten ist mit den Formeln £aoxcgn t§i boa§i kai toi aemoi, h aeina e n p y TANeye, ö aeTna erPAMMÄTeye, ö aeTna enecTÄTei. Weiter wird sofort klar, daß die Buchstabenreste auf der linken Hälfte von Z. 33 ihrer Stellung nach zum Namen des Epistaten gehören müssen. Kann es Zufall sein, daß sie, wie W a d e - G e r y S.59 Anm. 7 dargelegt hat, einzig die Ergänzung [e]*n[ejieec zulassen, d. h. des Namens, der uns in 91 Z. 2 als der des Epistaten der Volksversammlung begegnet ? Mit meinem Vorgänger glaube ich aus diesen Elementen den sicheren Schluß ableiten zu dürfen, daß wir auf dem Stein I G I 2 91/92 zwei Volksbeschlüsse vor uns haben, die — beide von Kallias beantragt — am g l e i c h e n Tage votiert worden sind. Die Tatsache, daß bei Herübernahme von Prytanieund Schreibername aus Z. 2 in 32a (KeKPonic, MNecieeoc) die ctoixhaön geschriebenen Zeilen genau ausgefüllt werden, muß auch den letzten Zweifel an der Richtigkeit von W a d e - G e r y s Kombination beheben. Damit ist endlich Klarheit geschaffen über ein Problem, das die Forschung immer wieder beschäftigt hat. Die Frage hatte zuletzt so gelautet: Liegt zwischen beiden Beschlüssen ein mehr oder minder langer Zwischenraum (so F r a n c o t t e und H i l l e r nach dem Vorgang von Boeckh) oder gehören sie beide der gleichen Zeit an (so K i r c h h o f f , E. M e y e r , B a n n i e r ) ? In meiner Schrift Thuk. i. L. d. Urk. 64fr. hatte ich die K i r c h h o f f s c h e Ansicht in der besonderen Form vertreten, daß ich Beschluß B für ein Amendement von A erklärte. Wenn diese Vermutung heute auch aufgegeben werden muß, so begrüße ich doch die Klärung mit der allergrößten Freude. Denn wesentlicher als die Frage des formalen Zusammenhanges ist die des zeitlichen Verhältnisses von A und B. Daß die Gleichzeitigkeit, auf die ich a. O. das größte Gewicht gelegt hatte, sozusagen urkundlich als eine unumstößliche Tatsache erwiesen ist, ist als ein erheblicher Fortschritt zu buchen. Ist dies der erste Gewinn, den wir W a d e - G e r y verdanken, so schätzeich den aus der neuen Wiederherstellung von Z. 5 7 ff. zu erzielenden noch ungleich höher ein. Mit vollem Recht beanstandet er, daß bei der bisherigen Ergänzung der Acc. c. Inf. ohne Subjekt bleibt. Da die Aufgabe der Zählung und Aufstellung von Weihgeschenken nach Z. $8 »in Gemeinschaft mit den vier letzten Sitzungsber, phil.-hist. K l . 1933.

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Sitzung der phil.-hist. Klasse v. 19.Januar 1933. — Mitteilung v. 8.Dezember 1932

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Amtskollegien, die bereits Rechenschaft abgelegt haben«, durchgeführt werden soll, scheint mir seine Ergänzung [Aoi tamiai ho\\ n?n mgtä t o n t[£ttäpo]n äpxön k t a . über allen Zweifel erhaben. Der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, die Konstruktion des Acc. c. Inf. durch eine imperativische Fassung zu ersetzen, hat er mit leichter Mühe entsprochen, indem er in Z. 60 c t ^ c ä n t o n , t ä a g äaa[a APiewecÄNTON] ergänzte. So ist dieser Passus geheilt — und das ist für dieLösung der verwickelten Frage nach dem Jahr der Kalliasdekrete von sehr erheblicher Bedeutung. Zwar hatte schon B o e c k h , Staatsh. d. Ath. II 2 63, II 3 53, gesehen, daß unser Beschluß einem d r i t t e n Olympiadenjähr angehört. Seit aber K i r c h h o f f ausgesprochen hatte, daß eine so tiefgehende Reform der Finanzverwaltung, wie sie Kallias' Anträge darstellen, mit dem Beginn einer neuen Finanzperiode, d. h. in einem Jahr der großen Panathenäen ins Leben getreten sei, war, wenn wir einmal von dem Widerspruch B e l o c h s und H i l l e r s absehen, ein Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme nicht aufgetaucht. War aber die Neuerung an den großen Panathenäen durchgeführt, d. h. im dritten Jahr einer Olympiade, so mußte der Beschluß spätestens dem Ende eines zweiten Olympiaden)ahrs zugewiesen werden. Darin waren L o e s c h c k e (443/42), L e v i (439/38), K i r c h h o f f , M e y e r , S t e v e n s o n 1 , K o l b e (435/34), B a n n i e r , P o h l e n z (431/30) einig gewesen. Es ist die fundamentale Bedeutung von W a d e - G e r y s Emendation — er selbst hat das S. 62 und 64, Anm. 24 nur in allzu bescheidenerWeise ausgesprochen — , daß sie die K i r c h h o f f sehe Voraussetzung als falsch erweist und zu B o e c k h zurückführt 2 . Die jetzt amtierenden Tamiai sollen in Gemeinschaft mit den vier Kollegien einer Panathenäenperiode die Sichtung und Aufstellung des Materials vornehmen. Es ist deutlich, daß das amtierende Kollegium nicht mehr in die Panathenäenperiode hineingehört. Daraus folgt, daß der Beschluß in einem ersten Panathenäenjahr, also einem dritten Olympiadenjähr, gefaßt sein muß. Mithin sind nicht mehr 435/34, 431/30 usf. die möglichen Daten, sondern 434/33, 430/29 usf. In der Sicherung dieser B o e c k h sehen Aufstellung sehe ich den größten Fortschritt, den uns die neue Arbeit gebracht hat. Sie schließt die Konsequenz in sich, daß P o h l e n z ' jüngster Versuch (a. O. 31 ff.), zu B a n n i e r s Meinung zurückzukehren und die Dekrete dem Jahre 431 zuzuweisen, sich als unannehmbar herausstellt. Näheres s. S. 166ff. II Habe ich bisher W a d e - G e r y s Vorschlägen Punkt für Punkt zustimmen können, so trennen sich unsere Wege in dem Augenblick, wo wir an die Kernfrage des sachlichen Problems herantreten. Denn noch immer wird jede Er1

Journ. Hei. St. 44, 1924 3. B e l o c h (Gr. Gesch. II 2 2 348) und H i l l e r (IG I 2 92) waren B o e c k h gefolgt; sie dachten aber an ol. 90, 3 =418/17, was sachlich unmöglich ist. Siehe Sitz.-Ber. 1927, 323. 2

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Sitzung der phil.-hist. Klasse v. 19.Januar 1933. — Mitteilung v. 8.Dezember 1932

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Amtskollegien, die bereits Rechenschaft abgelegt haben«, durchgeführt werden soll, scheint mir seine Ergänzung [Aoi tamiai ho\\ n?n mgtä t o n t[£ttäpo]n äpxön k t a . über allen Zweifel erhaben. Der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, die Konstruktion des Acc. c. Inf. durch eine imperativische Fassung zu ersetzen, hat er mit leichter Mühe entsprochen, indem er in Z. 60 c t ^ c ä n t o n , t ä a g äaa[a APiewecÄNTON] ergänzte. So ist dieser Passus geheilt — und das ist für dieLösung der verwickelten Frage nach dem Jahr der Kalliasdekrete von sehr erheblicher Bedeutung. Zwar hatte schon B o e c k h , Staatsh. d. Ath. II 2 63, II 3 53, gesehen, daß unser Beschluß einem d r i t t e n Olympiadenjähr angehört. Seit aber K i r c h h o f f ausgesprochen hatte, daß eine so tiefgehende Reform der Finanzverwaltung, wie sie Kallias' Anträge darstellen, mit dem Beginn einer neuen Finanzperiode, d. h. in einem Jahr der großen Panathenäen ins Leben getreten sei, war, wenn wir einmal von dem Widerspruch B e l o c h s und H i l l e r s absehen, ein Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme nicht aufgetaucht. War aber die Neuerung an den großen Panathenäen durchgeführt, d. h. im dritten Jahr einer Olympiade, so mußte der Beschluß spätestens dem Ende eines zweiten Olympiaden)ahrs zugewiesen werden. Darin waren L o e s c h c k e (443/42), L e v i (439/38), K i r c h h o f f , M e y e r , S t e v e n s o n 1 , K o l b e (435/34), B a n n i e r , P o h l e n z (431/30) einig gewesen. Es ist die fundamentale Bedeutung von W a d e - G e r y s Emendation — er selbst hat das S. 62 und 64, Anm. 24 nur in allzu bescheidenerWeise ausgesprochen — , daß sie die K i r c h h o f f sehe Voraussetzung als falsch erweist und zu B o e c k h zurückführt 2 . Die jetzt amtierenden Tamiai sollen in Gemeinschaft mit den vier Kollegien einer Panathenäenperiode die Sichtung und Aufstellung des Materials vornehmen. Es ist deutlich, daß das amtierende Kollegium nicht mehr in die Panathenäenperiode hineingehört. Daraus folgt, daß der Beschluß in einem ersten Panathenäenjahr, also einem dritten Olympiadenjähr, gefaßt sein muß. Mithin sind nicht mehr 435/34, 431/30 usf. die möglichen Daten, sondern 434/33, 430/29 usf. In der Sicherung dieser B o e c k h sehen Aufstellung sehe ich den größten Fortschritt, den uns die neue Arbeit gebracht hat. Sie schließt die Konsequenz in sich, daß P o h l e n z ' jüngster Versuch (a. O. 31 ff.), zu B a n n i e r s Meinung zurückzukehren und die Dekrete dem Jahre 431 zuzuweisen, sich als unannehmbar herausstellt. Näheres s. S. 166ff. II Habe ich bisher W a d e - G e r y s Vorschlägen Punkt für Punkt zustimmen können, so trennen sich unsere Wege in dem Augenblick, wo wir an die Kernfrage des sachlichen Problems herantreten. Denn noch immer wird jede Er1

Journ. Hei. St. 44, 1924 3. B e l o c h (Gr. Gesch. II 2 2 348) und H i l l e r (IG I 2 92) waren B o e c k h gefolgt; sie dachten aber an ol. 90, 3 =418/17, was sachlich unmöglich ist. Siehe Sitz.-Ber. 1927, 323. 2

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W.Kolbe:

Kalliasdekrete und

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»Sinking-Fund«

örterung von der Frage überschattet: wird die Zentralbehörde der Schatzmeister der anderen Götter durch Antrag A erst geschaffen oder enthält dies Dekret lediglich eine neue Fassung der Dienstvorschriften für das (seit einigen Jahren) bereits bestehende Kollegium? Unter Wiederaufnahme der B e 1 ochschen Argumentation und unter Hinzufügung neuer Beweisgründe entscheidet sich mein Vorgänger für die zweite Möglichkeit. Hier gilt es erneut mit aller Objektivität das Für und Wider der beiden Theorien zu prüfen, selbst auf die Gefahr hin, daß gelegentlich auf frühere Darlegungen zurückgegriffen werden muß. Drei Punkte hat W a d e - G e r y für seine Ansicht ins Feld geführt: i . /¿oi nyn tam(ai in Z . i 8 , 2. [//oi tam!ai //oli nyn in Z . $ 7 f . , 3. die Bestimmungen v o n Z . $2 b i s 5 6 :

eneiAÄN a e

, TAMieyeceo

kta.

1. Als ein sicheres Indizium für das Nichtvorhandensein einer Zentralbehörde der anderen Götter hatten K i r c h h o f f und Ed. M e y e r den Umstand angesehen, daß die Beibringung der Quittungen über die den einzelnen Schatzverwaltungen geschuldeten Beträge den Priestern und Hieropoioi der einzelnen Heiligtümer aufgetragen wird (Z. 12f.). Noch immer scheint mir dieses Argument mit zwingender Notwendigkeit zu beweisen, daß es sich in A um die erstmalige Einsetzung des Kollegiums handelt (Thuk. i. L. 52), und ich freue mich der Zustimmung von P o h l e n z 1 . Aber dem hält nun W a d e - G e r y S. 6$ nach Belochs Vorgang den Passus in Z. 18 entgegen: A01 n?n tamIai kai ho 1 emctätai kai /¿01 /¿leponoioi, /¿ol nyn AiAxeipizoci, dessen Sinn er mit )>the present College2 of Tamiai plus such local Epistatai and Hieropoioi, as at present have charge of treasure« wiedergibt. Gegen diese Argumentation kann ich, wie gegen B e l o c h , geltend machen, daß neben dem »Kollegium der Schatzmeister« die Organe der lokalen Verwaltungen bei der Ubergabe der Tempelschätze keinen Raum mehr haben; denn das Wesen dieser Zentralbehörde besteht doch offensichtlich darin, daß sie die Funktionen aller lokalen Instanzen übernehmen soll. Zum Glück läßt sich darüber hinaus noch auf einem anderen Wege zeigen, daß von einem Kollegium der Schatzmeister der anderen Götter in unserem Passus nicht die Rede sein kann. Es ist der Weg des indirekten Beweises. Wir setzen den Fall, W a d e - G e r y habe recht, und es werde in Z. 18 auf die amtierende Zentralbehörde angespielt. Der Beschluß schreibt nun weiter in Z. 21 die Übernahme der geweihten Gegenstände durch die erst zu bestellenden Schatzmeister vor (oi tamiai ot aaxöntgc, dazu meine Ausführungen a. O. S. 52). Es liegt auf der Hand, daß die neuen Beamten die Geschäfte von der amtierenden Zentralbehörde übernehmen mußten, falls eine solche bereits vorhanden war. In Wirklichkeit heißt es aber in 1 S . 2 9 : »Aber wie 1 0 Jahre nach der Schaffung des Zentralkollegiums der tawai tön äaaon seön noch eine Abrechnung mit den Vorstehern der Einzelheiligtümer erfolgen konnte, ist nicht abzusehen, und so geschickt auch W a d e - G e r y vorgeht, zeigen doch gerade seine A u s f ü h r u n g e n , wie große Schwierigkeiten sich bei einem Spätansatz des Dekretes ergeben«. 2 V o n mir gesperrt.

3-

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Sitzung der phil.-hist. Klasse v. 19.Januar 1933. —

Z . 21

KAI n A P A A e x c Ä c e o N ho\ T A M I A I ho\

Mitteilung v. S.Dezember 1932

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N Y N A A X Ö N T S C N A P Ä TON N Y N Ä P X Ö N T O N , u n d

es

kann keinem Zweifel unterliegen, daß mit den N Y N ÄPXONTGC auf die in Z. i8ff. genannten ho\ N Y N TAM!AI KAI ho\ e m c T Ä T A i KAI A01 Aieponoioi, h01 N Y N A i A x e i p i z o c i 1 zurückverwiesen wird. Damit ist die Voraussetzung als unzutreffend erwiesen; wir können W a d e - G e r y unmöglich zugeben, daß der Beschluß das Vorhandensein eines im Amt befindlichen Kollegiums (the present College of Tamiai) notwendig mache. Die Interpretation zeigt deutlich, daß der Text eine solche Annahme geradezu verbietet. Die Bestimmung in Z. 13 f. TAMIAC A G A T T O K Y A M S Y E N kann daher einzig den Sinn haben, daß durch den Beschluß die Schaffung der Zentralbehörde erst angeordnet wird 2 . Die These K i r c h h o f f - M e y e r hat eine neue Bekräftigung erfahren. 2. Doch noch gilt es, dieses Resultat gegen jeden Zweifel zu sichern. Kann sich W a d e - G e r y nicht auf die neue, auch von uns als richtig anerkannte Ergänzung von Z. 57f. berufen, wo wir jetzt [A01 T A M I A I 7/O]I N ? N zu lesen haben? Dies trifft nur zu für den Fall, daß wir die Wendung von den amtierenden Tamiai mit ihm auf die beiden Kollegien der TAM(AI TGC Ä O G N A I A C und der T A M I A I TON AAAON E E O N zu beziehen haben. Nur ganz kurz will ich an Ed. M e y e r s Argument in den Forschungen II 96 erinnern, daß bei einer solchen Interpretation Z. $7ff. eine unerträgliche Dublette zu Z. 18 ff. darstellen würden. Der Einwand von W a d e - G e r y , daß Z. 57 lediglich eine Vervollständigung der Inventare gefordert wurde, die beide Kollegien vornehmen sollten, geht am Kern der Sache vorbei. Er verkennt nämlich, daß bei der Genauigkeit der Dienstinstruktion an die Tamiai der anderen Götter irgendwelche nicht inventarisierten Restbestände gar nicht vorhanden sein konnten. Heißt es doch in Z. i8f., daß die (neuen) Tamiai (h01 TAMIAI ho\ A A X Ö N T G C ) die Gegenstände von den bisher mit der Verwaltung befaßten Dienststellen in Gegenwart des Rates übernehmen, sie zählen, wägen und auf einer Stele aufzeichnen sollen. Im Geschäftsbereich der Tamiai der anderen Götter konnte es daher A C T A T A E ANAPIOMGTA gar nicht geben. Es wäre ein Widersinn gewesen, dieser Behörde, der soeben erst die Anlage eines allumfassenden Inventars aufgetragen ist, eine Vervollständigung ihrer Kataloge anzubefehlen. Wir kommen auf diesen Punkt alsbald zurück. 1 Als Übersetzung würde ich vorschlagen: »Die im A m t befindlichen (lokalen) Tamiai und die Epistaten und Hieropoioi in den Heiligtümern, welche gegenwärtig die Verwaltung ausüben.« W a d e - G e r y S. 65 A n m . 31 gibt meine Meinung nicht sinngemäß wieder. 2 B. D . M e r i t t hat mir freundlicherweise erlaubt, die folgende Meinungsäußerung von ihm wiederzugeben. »Let me emphasize again the point I am making for it seems to me fundamental. The treasurers appointed according to the provisions of the Kallias Decret are to be chosen of lot (21) and These they are the one who are to count out and weigh out and take over from the present authorities. three verbs have the same subjekt. 'The treasurers chosen (subsequently) by lot'. In fact these treasurers were to be chosen in accordance with the provisions of line 13—75. It is therefore impossible to differentiate between the present magistrates (21 ¡22) and the present treasurers and epistatai and hieropoioi those in the shrines who nozv handle financial affairs (18—20) a

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W . K o l b e : Kalliasdekrete und »Sinking-Fund'

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3. W a d e - G e r y hatte darauf aufmerksam gemacht, daß in Z . 52ff. für die Rückzahlung der Schulden an die anderen Götter Vorschriften erlassen werden, und er fügte hinzu (S. 65): »// this happens during the current year, there must be treasurers of the other gods to receive and administer the money.« Deshalb hält er sich für berechtigt, aus den Worten über die Rückzahlung der Schulden auf das Vorhandensein der Zentralbehörde der Tamiai der anderen Götter zu schließen. Allein es ist wohl zu beachten, daß die Schatzverwaltung der anderen Götter keineswegs als eine gegebene Größe behandelt wird. Vielmehr heißt es: gtigiaän ag gk ton aiakocion taaänton XnoAoeei t ä ö^giaömgna, tamigy^cgo t ä mgn tgc ÄeeNAiAC gn toi cni agxciä t o öniceo-

aömo, tä ag ton aaaon 6gon gn toi en APicTGPÄ. Also erst in der Zukunft wird eine Schatzverwaltung der anderen Götter vorgesehen, erst für den Zeitpunkt, an dem die Schulden zurückgezahlt sind. Es hätte wirklich nahegelegen, die Behörde als solche, falls sie existierte, zu nennen. Der Antrag vermeidet es aber, sie ausdrücklich zu erwähnen und wählt eine passivische Ausdrucksweise. Den Grund erkenne ich — und damit lenke ich zum zweiten Punkte zurück — darin, daß das Dekret B als erstes vor die Volksversammlung gebracht wurde, und A erst danach zur Abstimmung gelangte. Z u dieser Einsicht hat mir erst die durch W a d e - G e r y gewonnene Erkenntnis, daß wir zwei Anträge auf unserem Stein verzeichnet finden, verholfen. Wenn wir uns beide einmal auf ihren Inhalt hin ansehen, so handelt A von der Rückzahlung der Schulden an die anderen Götter, von der Bestellung der Zentralbehörde der Tamiai der anderen Götter, ihren Kompetenzen und der Pflicht der Rechenschaftsablegung von Panathenäen zu Panathenäen. In B ist zunächst von der Fertigstellung von goldenen Weihgeschenken und den Propyläen die Rede, sodann von irgendwelchen Ausbesserungsarbeiten an der Akropolis, die sich alljährlich wiederholen. Darauf folgt eine Bestimmung, durch die die heiligen Gelder der Athena in ihrem jetzigen und zukünftigen Bestände vor jedem Zugriff geschützt werden, indem ihre Verwendung von der Erteilung der äagia abhängig gemacht wird. Für die Verwaltung der Gelder der Athena und die nach erfolgter Rückzahlung der Schulden notwendig gewordene Verwaltung des Schatzes der anderen Götter wird in Zukunft eine Teilung des Opisthodomos vorgesehen. Den Abschluß macht eben unsere Vorschrift, daß die jetzigen Tamiai in Verbindung mit den vier letzten Kollegien die Inventare vervollständigen sollen. Die Ubersicht über den Inhalt zeigt, daß A vom Schatz der anderen Götter, B vom Schatz der Athena handelt. Welcher der beiden Beschlüsse zuerst vor die Volksversammlung gekommen ist, ist a priori nicht festzustellen. Wer sich aber vergegenwärtigt, wieviel bedeutsamer die Verordnungen des sogenannten zweiten Beschlusses über den Schatz der Athena für das athenische Finanzwesen waren, wird nicht Bedenken tragen, den angeblich späteren Beschluß B vor A zu

Sitzung der phil.-hist. Klasse v. 19.Januar 1 9 3 3 . — Mitteilung v. 8.Dezember 1 9 3 2

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stellen. Der Antrag A konnte sich nur dann so kurz fassen, wie er es tut, wenn B bereits vorlag. Im andern Falle wäre eine Lücke in der Dienstinstruktion gewesen, eine Lücke, die wohl in einem Amendement hätte geschlossen werden können, aber niemals in einem selbständigen Antrag über die Schatzverwaltung der Göttin. Für die Richtigkeit der hier vorgeschlagenen Ansicht spricht, wie ich glaube, weiter der Umstand, daß die ausführliche Dienstinstruktion in A I $ i f . : /¿OYTOI AG TAMIGYÖNTON GM TTOA6I £N TOI OTTICeOAÖMOl KTA.

bereits die genaue Verteilung der Diensträume an den Schatz der Athena und den der anderen Götter, die B 59 iF. anordnet, zur Voraussetzung hat. Daß die Schatzmeister der Göttin aber ältere Rechte im Opisthodomos haben, beweist der Umstand, daß die neue Behörde der Schatzmeister der anderen Götter lediglich zum cvrKAeiem und cYNANoirem bevollmächtigt wird. Der Gedankengang des Antragstellers ist mithin so zu rekonstruieren, daß er in seinem ersten Dekret (B 32 a—60) Fragen des Schatzamtes der Athena regelte und nur nebenher die Bestimmung traf, daß vom Zeitpunkt der erfolgten Rückzahlung der Gelder an die anderen Götter die Depots in einem Teil des Opisthodomos Unterkunft finden sollten. In einem zweiten Dekret (A 1—32) beantragt er sodann, daß die Rückzahlung, die grundsätzlich schon in einem vor A und B liegenden Dekret beschlossen sein muß 1 , nunmehr stattfinden solle; gleichzeitig ordnete er die Gründung einer neuen Zentralbehörde der Schatzmeister der anderen Götter an und erließ für sie eine ins einzelne gehende Dienstinstruktion. Wenn diese Ausführungen über die Reihenfolge der Dekrete zutreffend sind, so verliert der dritte Punkt W a d e - G e r y s alle Beweiskraft für unsere Frage. Das Schatzamt für die Verwaltung der Gelder der anderen Götter in Z. 52 wird nicht als eine bereits bestehende Behörde behandelt. Und auch für den zweiten Punkt gewinnen wir jetzt eine Aufklärung: Der Ausdruck [ko\ tamIai ho}\ n?n in Z. 57 erscheint eindeutig. Da für diesen ersten Beschluß die Zentralbehörde der anderen Götter noch nicht existierte, so zielt die Wendung dem Zusammenhang nach allein auf die Schatzmeister der Göttin2. Ed. M e y e r hatte also der Sache nach das Richtige getroffen. Wie sich jetzt herausstellt, ist WadeG e r y s Versuch, die Präexistenz der Zentralbehörde der anderen Götter für die Zeit der Beschlüsse nachzuweisen, in keinem Punkte gelungen. Mit größerer Sicherheit als zuvor muß daher die Belochsche Hypothese, daß Kallias für das bereits bestehende Kollegium der Schatzmeister der anderen Götter neue Dienstvorschriften aufgestellt habe, als unvereinbar mit dem Wortlaut der Dekrete abgewiesen werden. Ich freue mich, feststellen zu können, daß in diesem Punkte nicht nur Pohlenz a. a. O. 1932,29, sondern auch F e r 1

Vgl. Z . 5 3 f . ; dazu E d . M e y e r , Forsch. II 9 5 ; K o l b e , T h u k . i. L . d. U . 64.

-

[Korrekturzusatz.

Ebenso F e r g u s o n , The Treasurers

S. 98.]

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W . K o l b e : Kalliasdekrete und »Sinking-Fund«

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g u s o n in seinem sehr verdienstlichen Buch (The Treasurers of Athena 1932, 189) ihre grundsätzliche Zustimmung zu meinen Ausführungen Thuk. 52 ff. erklärt haben. Brieflich hat sich auch B. D . M e r i t t dahin ausgesprochen, daß für ihn»the initial etablishment« des Kollegiums der Tamiai ton äaaon eeöN durch Kallias außer Zweifel steht. Mit dieser Entscheidung ist der neue Datierungsvorschlag gefallen; denn es liegt ein epigraphisches Zeugnis vor, daß bereits im Jahre 429/28 ein Kollegium der Tamiai der anderen Götter die Bestände von den Amtsvorgängern übernommen hat (IG I 2 310). Dadurch wird das Jahr 430/29 zum terminus post quem non für die Kalliasdekrete. Für die genaue Feststellung des Jahres verweise ich auf meine Darlegungen Thuk. $6ff. und unten i66ff. III Die Untersuchung ist jetzt so weit gefördert, daß die Lösung der Datierungsfrage keinen besonderen Schwierigkeiten mehr begegnen wird. Aber ehe wir dazu übergehen, glaube ich es W a d e - G e r y schuldig zu sein, seine Sinking-Fund-Theorie zu prüfen und damit eine Kritik des Arguments zu verbinden, das er S. 71 das Haupthindernis für die Ansetzung des Dekrets in die 30er Jahre genannt hat. In Z.5off. wird bestimmt, daß die Hellenotamiai Gelder bei den Tamiai der Göttin in Verwahrung geben sollen. Die große Logistenurkunde I2 324 zeigt, daß innerhalb der Jahre 433/32 und 423/22 der Staat bald mehr, bald minder große Anleihen aufgenommen hat, so daß die Verschuldung ununterbrochen steigt. Ein solcher Zustand der Finanzen scheint meinem Vorgänger mit der oben genannten Bestimmung unseres Dekrets unvereinbar zu sein. Besonders schwerwiegend ist es in seinen Augen, daß die Hellenotamiai im Jahre 423 etwa zwei Wochen nach den großen Dionysien für Nikias' Expedition nach der Chalkidike 100 Talente borgen. Daher sein Urteil: It isfor this reason, that I ruled out absolutely any date inside these eleven years for Kallias Decrets. Es gilt zunächst den Wortlaut des Antrages in Z. 50 ff. wiederherzustellen. Man hat bekanntlich unendlich viel darüber gestritten, ob in unserem Passus von Eingängen (reNöweNA K i r c h h o f f ) oder von Überschüssen (nepiöNTA C h r i s t , Ed. M e y e r ) die Rede ist. W a d e G e r y behauptet, daß die K i r c h h o f f sehe Ergänzung des ganzen Satzes [J£K ) AG TON ÖP0]N KATATIÖ6N AI K[ATÄ TÖ]N 6NIAYT0N TÄ /¿£KA[CT0T6 reNojweNA FIAPÄ to]Tc tamIaci ton tgc ÄeeNAiAc töc eAA£No[TAM(Ac] schweren Bedenken unterliegt. Die Prüfung des Steines (vgl. W a d e - G e r y Taf. III) ergibt als letzten Rest vor KATATieeNai den Oberteil einer Senkrechten 1 , der zu H oder N gehören kann. Davor glaubte W a d e - G e r y auf dem abgearbeiteten Teil des Steines, 1

In K i r c h h o f f s Majuskeledition I 1 32 B 20 ist dieser Rest richtig vermerkt.

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g u s o n in seinem sehr verdienstlichen Buch (The Treasurers of Athena 1932, 189) ihre grundsätzliche Zustimmung zu meinen Ausführungen Thuk. 52 ff. erklärt haben. Brieflich hat sich auch B. D . M e r i t t dahin ausgesprochen, daß für ihn»the initial etablishment« des Kollegiums der Tamiai ton äaaon eeöN durch Kallias außer Zweifel steht. Mit dieser Entscheidung ist der neue Datierungsvorschlag gefallen; denn es liegt ein epigraphisches Zeugnis vor, daß bereits im Jahre 429/28 ein Kollegium der Tamiai der anderen Götter die Bestände von den Amtsvorgängern übernommen hat (IG I 2 310). Dadurch wird das Jahr 430/29 zum terminus post quem non für die Kalliasdekrete. Für die genaue Feststellung des Jahres verweise ich auf meine Darlegungen Thuk. $6ff. und unten i66ff. III Die Untersuchung ist jetzt so weit gefördert, daß die Lösung der Datierungsfrage keinen besonderen Schwierigkeiten mehr begegnen wird. Aber ehe wir dazu übergehen, glaube ich es W a d e - G e r y schuldig zu sein, seine Sinking-Fund-Theorie zu prüfen und damit eine Kritik des Arguments zu verbinden, das er S. 71 das Haupthindernis für die Ansetzung des Dekrets in die 30er Jahre genannt hat. In Z.5off. wird bestimmt, daß die Hellenotamiai Gelder bei den Tamiai der Göttin in Verwahrung geben sollen. Die große Logistenurkunde I2 324 zeigt, daß innerhalb der Jahre 433/32 und 423/22 der Staat bald mehr, bald minder große Anleihen aufgenommen hat, so daß die Verschuldung ununterbrochen steigt. Ein solcher Zustand der Finanzen scheint meinem Vorgänger mit der oben genannten Bestimmung unseres Dekrets unvereinbar zu sein. Besonders schwerwiegend ist es in seinen Augen, daß die Hellenotamiai im Jahre 423 etwa zwei Wochen nach den großen Dionysien für Nikias' Expedition nach der Chalkidike 100 Talente borgen. Daher sein Urteil: It isfor this reason, that I ruled out absolutely any date inside these eleven years for Kallias Decrets. Es gilt zunächst den Wortlaut des Antrages in Z. 50 ff. wiederherzustellen. Man hat bekanntlich unendlich viel darüber gestritten, ob in unserem Passus von Eingängen (reNöweNA K i r c h h o f f ) oder von Überschüssen (nepiöNTA C h r i s t , Ed. M e y e r ) die Rede ist. W a d e G e r y behauptet, daß die K i r c h h o f f sehe Ergänzung des ganzen Satzes [J£K ) AG TON ÖP0]N KATATIÖ6N AI K[ATÄ TÖ]N 6NIAYT0N TÄ /¿£KA[CT0T6 reNojweNA FIAPÄ to]Tc tamIaci ton tgc ÄeeNAiAc töc eAA£No[TAM(Ac] schweren Bedenken unterliegt. Die Prüfung des Steines (vgl. W a d e - G e r y Taf. III) ergibt als letzten Rest vor KATATieeNai den Oberteil einer Senkrechten 1 , der zu H oder N gehören kann. Davor glaubte W a d e - G e r y auf dem abgearbeiteten Teil des Steines, 1

In K i r c h h o f f s Majuskeledition I 1 32 B 20 ist dieser Rest richtig vermerkt.

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S i t z u n g d e r p h i l . - h i s t . K l a s s e v. 1 9 . J a n u a r 1933. — M i t t e i l u n g v. 8 . D e z e m b e r 1932

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und zwar an der Stelle, wo das zweite Omikron des von K i r c h h o f f ergänzten [*6PO]N gestanden haben müßte, statt einer Rundung den Oberteil einer Senkrechten zu erkennen. Er selbst hatte an K, U oder H gedacht, weil die Senkrechte nicht in der Mitte des Buchstabenfeldes stehe. In seinem Text auf S. 63 hatte er aber einer Vermutung von M e r i t t folgend diesen Rest als Teil eines Iota gedeutet und dessen Konjektur [TT6A]IN, wenn auch nicht ohne Bedenken, aufgenommen. Während aber Meritt vorgeschlagen hatte, zu ergänzen [ec AS TGN NÖAJIN KATATISENAI KTA. ließ W a d e - G e r y nach Anologie von Z. 4 den Artikel fort und schrieb [v. v. KAI ec NÖAJIN KTA. Allein diese Fassung ist wohl mit Sicherheit als Irrtum zu bezeichnen, da der vorhergehende Satz ¿AN TIC ei'nei e eniceo>icei keine kopulative Anknüpfung erlaubt. Doch auch an sich scheint mir Meritts Ergänzung ec TTÖAIN sehr anfechtbar zu sein. Sie bringt mit der Ortsbestimmung ein überflüssiges Element in die Bestimmung hinein, wie auch die Analogie von Z. 44 AÄTTJ AN T[Ö] AO[ITIÖN ANJA4>EPETAI beweist. Überdies macht das erhaltene Verbum KATATIGGN AI unmöglich, daß von einer Hinaufschaffung der Gelder auf die Burg (TTÖAIC) die Rede ist1. Schließlich spricht auch der epigraphische Befund gegen die Kombination. G. K l a f f e n b a c h hatte die Freundlichkeit, in Gemeinschaft mit H. Nesselhauf den Abklatsch im Archiv der Berliner Akademie zu prüfen, wofür ich beiden meinen herzlichen Dank sage. Sie schreiben mir: »Was die senkrechte Hasta auf dem abgearbeiteten Rande anlangt, so läßt sich auf dem Abklatsch etwas derartiges erkennen, aber nicht entscheiden, ob es Steinverletzung ist oder Buchstabenrest.« Ich habe diese Frage am Original geprüft und bin zu der Überzeugung gelangt, daß die Vertiefung nicht als beabsichtigte Einmeißelung anzusprechen ist. Bei der Wiederverwendung unseres Steins in christlicher Zeit wurde seine Oberfläche an beiden Rändern abgemeißelt, und zwar in wechselnder Tiefe. Sie beträgt jedoch zum mindesten mehr als 1 mm. Da die Buchstaben, wie sich am Abklatsch feststellen läßt, nicht so tief eingemeißelt sind, muß es sich um eine zufällige Verletzung handeln. Nach alledem muß ich die Ergänzung meines Vorgängers wie die von M e r i t t als nicht befriedigend bezeichnen. Und ich sehe keinen Grund, weshalb K i r c h h o f f s Vermutung [EK AG TON ^ÖPOJN ZU beanstanden wäre. Für ebenso möglich halte ich aber die Ergänzung [v. v. To AE AOITTÖ]N, die ich hiermit der Kritik der Fachgenossen unterbreite. In diesem Falle wären wie bei W a d e - G e r y s Ergänzung am Schluß von Z. 50 die beiden letzten Zeichen frei geblieben. Das hat aber keine Bedenken, weil der Antrag sich einem neuen Thema zuwendet. Nachdem er sich bisher mit der Sicherung der heiligen Gelder der Athena beschäftigt hat, beginnt in 1 W o in den Urkunden von der Aufstellung der Stelen KATA9€?NAI e/A nÖAei (einmal ec gesagt wird, ist K. nicht in der Bedeutung »deponieren« gebraucht.

TTÖAIN)

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Z. 51 die Behandlung der Gelder der Hellenotamiai. Es war infolgedessen durchaus berechtigt, einen Absatz zu machen, und in Z.56 haben wir eine Analogie dazu. Was den Sinn der Bestimmung anbelangt, so besagt der Satz offenbar, daß die Hellenotamiai ihre Gelder bei den Tamiai der Göttin hinterlegen oder ins Depot geben sollen. Das Verbum, das man nach dem Sprachgebrauch der hellenistischen Zeit erwartet, ist nAPAKATATieeceAi1. Aber in unserem Falle ist das Kompositum durch die vor K erhaltene Hasta ausgeschlossen, und überdies ist das Aktivum gesichert. Daß im fünften Jahrhundert auch das Simplex im Sinne von deponieren gebraucht wurde, beweist neben Arist. Frö. 176 eine Stelle im Dekret von Erythrai. Dort heißt es, nachdem vorher von der Verurteilung von Hochverrätern und der Behandlung ihrer Kinder gesprochen ist: tä ab xpgmata |aytö] KATA(e)eNT[e|c (a)aböntoJn ho\ njATAec t[ö M]m!cy2. Das Verbum katatiqgnai braucht aber nicht mit der Präposition ttapä konstruiert zu werden, sondern kann wie nAPAKATATieeceAi mit dem einfachen Dativ verbunden sein 3 . Dadurch wird die Lücke in Z. 51/52 um vier Stellen größer. Dort hatte man tä AeKÄ[cTOTe reNöMeNA oder nepiöNTA] ergänzen wollen, aber ÄeKÄc-roTe ist neben katä tön ¿niaytön bedenklich. Im Laufe des Jahres kann man nicht die »jedesmaligen« Eingänge oder Überschüsse deponieren. Da an k[atä tö]n ¿niaytön nicht zu rütteln ist, muß für /¿£kä[ctot£] ein Ersatz gesucht werden, wobei zu beachten ist, daß die Ergänzung um vier Stellen länger sein muß als bisher. Aus diesen Erwägungen heraus bin ich zu dem Vorschlag gekommen: [Yö ag AomöjN katatiqgnai k[atä To]n ¿NIAYTÖN TÄ /¿IKÄ[cTO M6NÖC FIPOCIÖNTA To]lC TAMIACI TOC ¿AAeNOTAMIAC. DaS Verbum npocieNAi gebraucht auch Andokides n. eip. 8 im Hinblick auf Tributeinnahmen; von Tempeleinnahmen wird es in unserer Urkunde Z. 26 angewandt. Was die Zahlung der Tribute anlangt, so ist die Ansicht weit verbreitet, daß die Bündner einzig und allein an den Dionysien ihre Zahlungen zu entrichten hatten4. Doch mit dieser Vorstellung werden wir brechen müssen. Aristophanes läßt doch nur die Tatsache erkennen, daß viele Bündner bei den großen Dionysien zugegen waren und die Gelegenheit zur Phoroszahlung benutzten. Das große Schatzungsdekret I G I 2 63 zeigt aber deutlich, daß die Phoroi sehr unregelmäßig eingingen. In Z. 45 wird angeordnet, daß die Strategen alsbald nach Abschluß der Schatzungsarbeit — und dieser Zeitpunkt fällt nicht mit den Dionysien zusammen — Maßnahmen zur Eintreibung der Tribute ergreifen sollen: Tna ei [t§i nöAei Äei xpemata ikanä ¿c tön] Vgl. S c h u b a r t s Studie über ttapakatatggecöai in der Festschrift für P o l a n d S. I 3 3 f f . Ein Schüler von mir wird demnächst eine Neubehandlung der Urkunde vorlegen. Vgl. Herod.IX i20 3 : änt'i men xphmätwn skatön täaanta kataögInai th eefi, vgl. S c h a d e w a l d t , Aufbau der Pindar. Epinik. 320. 1 Vgl. u. a. B u s o l t , Gr. Gesch. I I I 2 1 2 Anm. 3. Was der Scholiast zu Arist. Ach. 504 beibringt, ist aus den Worten des Dichters erschlossen. 1

2

3

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Sitzung der phil.-hist. Klasse v . 19.Januar 1933. —

M i t t e i l u n g v . 8 . D e z e m b e r 1932

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nöAGMON ( W e s t in Trans. Am. Phil. Ass. 61, 1930, 218). Ist somit gesichert, daß die Bündner keineswegs allein an den Dionysien ihre Abgaben nach Athen entrichteten, so darf kein allzu großes Gewicht darauf gelegt werden, daß die Hellenotamiai nach Ausweis der Logistenurkunde im Jahre 423 wenige Wochen nach den Dionysien 100 Talente für eine Seexpedition aufgenommen hatten, wie sie im Jahre 425 deren i8 i / 2 und 424 wieder 100 etwa in der gleichen Zeit geborgt haben, vgl. I 2 324 13, 20ff., 33 fr. Doch was ist es mit der Theorie vom Sinking-Fund ? Was besagt sie und wie ist sie begründet? W a d e - G e r y findet für die Tatsache, daß 426/22 keine Hinterlegung von Geldern aus den Tributen bei den Tamiai stattgefunden hat, keine andere Erklärung, except something more or less in the nature of a Sinking-Fund. Denn da der Staat in dieser Zeit im Gegensatz zu den vorhergehenden sieben Jahren nur etwa ix/6 % Zinsen zahlte gegen früher etwa 6 o/o müsse man annehmen, daß die Tribute nicht mehr zur Finanzierung des Krieges verwandt, sondern aufgespeichert wurden. Das sei der Sinking-Fund der Hellenotamiai. Offenbar ist sein Gedanke der, daß erst mit Rücksicht auf die geplante Amortisation der Zinsfuß gesenkt worden sei. Weiter vermutet er nun, daß dieser Sinking-Fund zu guten Bedingungen investiert gewesen sei, so daß er größeren Gewinn abwarf, als die dem Athenaschatz gehörenden an den Staat ausgeliehenen Gelder, für die die Athener so gut wie nichts an Zinsen aufzubringen hatten. Der Staat sei daher in der glücklichen Lage eines Mannes gewesen, who can get an income on his overdraft larger than the interest he is paying to his bank (S. 71). Es ist überaus schwer, zu einer Hypothese Stellung zu nehmen, die mit einer solchen Fülle von Unbekannten rechnet und überdies die sehr modernen Erscheinungen der wirtschaftlichen Entwicklung neuerer Zeit auf die unausgebildete Kapitalwirtschaft des antiken Athen überträgt. Die Theorie vom Sinking-Fund mutet uns zu, für möglich zu halten, daß der Krieg in dem Quadriennium 426/23 lediglich durch Anleihen finanziert worden sei. Das würde bedeuten, daß in vier Jahren die kleine Summe von etwa 750 Talenten — oder jährlich im Durchschnitt etwa 200 Talente — zur Begleichung aller Kriegskosten hingereicht hätte, und das trotz der Expeditionen nach Sizilien, Ätolien, Pylos, Kythera, Böotien und der Chalkidike. Daß das sachlich nicht vertretbar ist, zeigt die Tatsache, daß in den vorhergehenden sieben Jahren an Anleihen etwa 4000 Talente und außerdem zum mindesten 2400 Talente Phoros, i. s. also ± 6500 Talente, für den Krieg aufgebraucht wurden. Das sind im Jahre nahezu 1000 Talente. Die Gegenüberstellung dieser Zahlen zeigt, daß die neue Theorie anstatt die Dinge zu klären, sie nur noch verwickelter erscheinen läßt. Weiter muß W a d e - G e r y die Voraussetzung machen, daß Athen während des archidamischen Krieges, zum mindesten

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aber seit 426, in der Lage gewesen sei, Kapital aufzuspeichern. Wie verträgt sich aber damit das, was wir über die Einnahmen des Staates wissen (vgl. West, Trans. Am. Phil. a. O. 217fr. und meine Bemerkungen in der Festschrift für Poland 1932, 207ff.). Bei einer Gesamteinnahme von 1000 Talenten im Jahre — dies gilt bis zur Kleonschatzung —, ist es schlechthin undenkbar, daß der Staat neben den laufenden Bedürfnissen den finanziellen Anforderungen des Krieges entsprechen und außerdem noch Reserven ansammeln konnte. Die fortwährend zunehmende Verschuldung in den Jahren 433/32—423/22, von der die Logistenurkunde in geradezu erschütternder Weise Zeugnis ablegt — die Verschuldung einschließlich der Zinsen war im Jahr 422 bei Athena Polias auf 5991 Tal., bei Athena Nike auf 34 Tal., bei den andern Göttern auf etwa 1018 Tal., i. s. 7043 Tal, gestiegen1 — diese zunehmende Verschuldung zeigt, daß mein Vorgänger mit Voraussetzungen arbeitet, die in der nüchternen Welt der Tatsachen keinen Platz haben. Wäre er mit seiner Meinung im Recht, so müßten, wie er es nennt, »Abrechnungen über die Aktiven«, also Abrechnungen über die Reserven, vorhanden gewesen sein. Es sollte zu denken geben, daß davon auch nicht ein Splitter auf uns gekommen ist. Schließlich wird die Theorie durch sich selbst ad absurdum geführt. Gesetzt, sie wäre richtig, so gab es 422 für Athen keine vernünftigere Finanzpolitik als die Fortsetzung der Borgwirtschaft. Die Hellenotamiai liehen weiter ihr Geld mit gutem Nutzen aus, während sie selbst für ihre Anleihen nur der Form nach Zinsen an den Schatz der Athena zahlten. Was konnte den Staat veranlassen, dieses glänzende Geschäft aufzugeben? Es leuchtet ein, daß Kallias mit seinen Anträgen den Interessen der öffentlichen Finanzen nicht gedient haben würde.

IV Wir wenden uns nunmehr zur Frage der Datierung der Kalliasdekrete zurück, für die W a d e - G e r y jetzt das Jahr 422 in Vorschlag bringt. Schon K i r c h h o f f hat auf das merkwürdige Zusammentreffen aufmerksam gemacht, daß im letzten Satz von B die Inventarisierung bestimmter Objekte unter den heiligen Gegenständen angeordnet wird, und daß die Verzeichnisse der Tamiai der Göttin mit dem Jahre 434/33 beginnen. Seit wir Z.57 in W a d e - G e r y s richtiger Fassung lesen, ist bei dieser Ubereinstimmung jeder Zufall ausgeschlossen, denn der Antrag besagt, daß [Aoi tamIai ho}\ n?n metä ton t[gttapo]n 2 APXON, /im eAlAoFcAN Äel T ÖN AOTOn] 6K TTANAeeNAlON ec TTAN[AeeNAIAj jene Arbeit 1

Vgl. W a d e - G e r y , Cl. Rev. 44, 1930, 164. W a d e - G e r y s [nyn] ist neben dem vorzeitigen ¿aIaocan unerträglich. Noch immer halte ich das K i r c h h o f f s c h e A E I für die einzig mögliche Ergänzung. Die Abweichung von der sonst üblichen Orthographie Aiei muß in Kauf genommen werden. 2

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aber seit 426, in der Lage gewesen sei, Kapital aufzuspeichern. Wie verträgt sich aber damit das, was wir über die Einnahmen des Staates wissen (vgl. West, Trans. Am. Phil. a. O. 217fr. und meine Bemerkungen in der Festschrift für Poland 1932, 207ff.). Bei einer Gesamteinnahme von 1000 Talenten im Jahre — dies gilt bis zur Kleonschatzung —, ist es schlechthin undenkbar, daß der Staat neben den laufenden Bedürfnissen den finanziellen Anforderungen des Krieges entsprechen und außerdem noch Reserven ansammeln konnte. Die fortwährend zunehmende Verschuldung in den Jahren 433/32—423/22, von der die Logistenurkunde in geradezu erschütternder Weise Zeugnis ablegt — die Verschuldung einschließlich der Zinsen war im Jahr 422 bei Athena Polias auf 5991 Tal., bei Athena Nike auf 34 Tal., bei den andern Göttern auf etwa 1018 Tal., i. s. 7043 Tal, gestiegen1 — diese zunehmende Verschuldung zeigt, daß mein Vorgänger mit Voraussetzungen arbeitet, die in der nüchternen Welt der Tatsachen keinen Platz haben. Wäre er mit seiner Meinung im Recht, so müßten, wie er es nennt, »Abrechnungen über die Aktiven«, also Abrechnungen über die Reserven, vorhanden gewesen sein. Es sollte zu denken geben, daß davon auch nicht ein Splitter auf uns gekommen ist. Schließlich wird die Theorie durch sich selbst ad absurdum geführt. Gesetzt, sie wäre richtig, so gab es 422 für Athen keine vernünftigere Finanzpolitik als die Fortsetzung der Borgwirtschaft. Die Hellenotamiai liehen weiter ihr Geld mit gutem Nutzen aus, während sie selbst für ihre Anleihen nur der Form nach Zinsen an den Schatz der Athena zahlten. Was konnte den Staat veranlassen, dieses glänzende Geschäft aufzugeben? Es leuchtet ein, daß Kallias mit seinen Anträgen den Interessen der öffentlichen Finanzen nicht gedient haben würde.

IV Wir wenden uns nunmehr zur Frage der Datierung der Kalliasdekrete zurück, für die W a d e - G e r y jetzt das Jahr 422 in Vorschlag bringt. Schon K i r c h h o f f hat auf das merkwürdige Zusammentreffen aufmerksam gemacht, daß im letzten Satz von B die Inventarisierung bestimmter Objekte unter den heiligen Gegenständen angeordnet wird, und daß die Verzeichnisse der Tamiai der Göttin mit dem Jahre 434/33 beginnen. Seit wir Z.57 in W a d e - G e r y s richtiger Fassung lesen, ist bei dieser Ubereinstimmung jeder Zufall ausgeschlossen, denn der Antrag besagt, daß [Aoi tamIai ho}\ n?n metä ton t[gttapo]n 2 APXON, /im eAlAoFcAN Äel T ÖN AOTOn] 6K TTANAeeNAlON ec TTAN[AeeNAIAj jene Arbeit 1

Vgl. W a d e - G e r y , Cl. Rev. 44, 1930, 164. W a d e - G e r y s [nyn] ist neben dem vorzeitigen ¿aIaocan unerträglich. Noch immer halte ich das K i r c h h o f f s c h e A E I für die einzig mögliche Ergänzung. Die Abweichung von der sonst üblichen Orthographie Aiei muß in Kauf genommen werden. 2

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Sitzung der phil.-hist. Klasse v. 19.Januar 1933. — Mitteilung v. 8.Dezember 1932

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durchführen sollen, und im Präskript des ersten Inventars lesen wir I G 2 1 232: TÄA£ TTAP^AOCAN

AI

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A P X A I , A?

¿AiAOCAN TON AÖTON

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TTANAe£NA;ON

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Wer sich der Beweiskraft dieser Ubereinstimmung noch verschließt, den wird — das hoffe ich zuversichtlich — die aus der Logistenurkunde zu gewinnende Argumentation im Sinne der K i r c h h o f f sehen Ansicht überzeugen. Ich möchte nicht versäumen, Wade-Geryan dieser Stelle abermals Dank zu sagen, denn er war der erste, der S. 68 Kalliasdekrete und Logistenurkunde miteinander verglichen hat, um neue Aufschlüsse zu erzielen. Diese Methode wird sich in der Tat als ungemein fruchtbar erweisen, freilich in einem anderen Sinn, als er selbst angenommen hat. Es hätte uns schon immer zu denken geben müssen, daß sich die Logistenurkunde auf einen Zeitraum von n Jahren erstreckt, während doch — wie auch durch Z. $8 ff. klar erwiesen wird — die Athenischen Finanzperioden vierjährig waren. Es liegt hier offenbar eine Besonderheit vor, für die eine Erklärung gefunden werden muß. In der Logistenurkunde sind drei große Kapitel zu unterscheiden: a) Detailabrechnung, b) summarische Abrechnung, c) Schlußergebnis, a) Die Detailabrechnung (bei Hiller IG I2 324 unter I u.II) umfaßt die Panathenäenperiode 426/5—423/2; sie gibt eine genaue Übersicht über die Veränderungen des Schuldenstandes, geordnet nach Schätzen (Athena Polias, andere Götter), b) Die summarische Abrechnung (bei Hiller III), begnügt sich damit, die Gesamtsummen, die bei den Schätzen als Anleihen aufgenommen waren, aufzuführen und die Zinsen zu berechnen, sie bezieht sich auf den siebenjährigen Zeitraum 433/32—427/26. c) Das Schlußergebnis (bei Hill er ohne Ziffer) enthält den augenblicklichen Stand der Verschuldung, berechnet für den letzten Tag der elf Jahre, d. h. nach Meritt, The Athenian Calendar 84, auf den 10. Hekatombaion 422; dabei werden der Schatz der Athena Nike, Polias usf. gesondert aufgeführt. Aus dem Aufbau der Disposition in ihren ersten Abschnitten geht hervor, daß die Logistenurkunde klare Schuldverhältnisse zur Voraussetzung hat. Man begnügt sich für die Periode 433/32—427/26 mit der Angabe der den Schatzbehörden geschuldeten Gesamtbeträge und führt im einzelnen nur auf, was die soeben abgelaufene Finanzperiode 426/25—423/22 an Veränderungen gebracht hat. Es läßt sich nicht verkennen, daß seit Beginn 433/32 eine geordnete Buchführung vorliegen muß, die über den Vermögensstand der Tempelschätze eindeutige Auskunft gab. Das gilt auch für den Schatz der anderen Götter, s. I2 324, ioiff. NAIA

TOTC TAMIACI.

AoTc

KPÄTGC

AAMFITPSYC

GTPAMMÄTGY£

(434/33).

Vergleichen wir mit diesem Zustand, was sich aus dem Kalliasdekret A erschließen läßt. Es schreibt in Z . u f f . vor, daß vor Rückzahlung von Geldern, die den anderen Göttern geschuldet werden, eine Prüfung der bei der Bule eingereichten Belege ( T Ä TC FFINÄKIA KAI TÄ TPAMMATGTA) stattfinden soll. Es kann

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kein Zweifel sein, daß der Antragsteller zum mindesten für die Verwaltung des Schatzes der anderen Götter ungeordnete Schuldverhältnisse vor Augen hat; man weiß ja nicht einmal, wo überall die Quittungen zu suchen sind. Mein Vorgänger schloß aus der Verschiedenheit der im Kalliasdekret und in der Logistenrechnung vorliegenden Verhältnisse: die Schulden an die anderen Götter, von denen Kallias spricht, könnten nicht mit denen der Logistenurkunde identisch sein, vielmehr gehörten sie in eine jüngere Periode. Hier haben wir, wie mir scheint, die Quelle des Irrtums der neuen Theorie. Niemand wird die Identität der beiden Kategorien von Schulden behaupten wollen. Aber ebenso deutlich liegt zutage, daß die aus Kallias' Worten sich ergebenden unklaren Schuldverhältnisse vor der Logistenrechnung mit ihrer sorgfältigen Buchführung liegen müssen. Nachdem einmal die peinlich genaue Verwaltung der Schätze, die Kallias anordnet, eingeführt war, konnten Zweifel über Schuldansprüche nicht mehr entstehen1. Die Kalliasdekrete müssen also vor dem Beginn des durch die Logistenurkunde gedeckten Zeitraums beantragt sein, d. h. das Jahr 433/32 ist terminus ante quem. Die Vorzeitigkeit des Kalliasdekrets im Verhältnis zur Logistenurkunde läßt sich auch aus einem Vergleich der Angaben über die Verschuldung bei den anderen Göttern ablesen. Im Jahre 422 hat sie nach W a d e - G e r y s Berechnungen (Class. Rev. 1930, 164) ± 1018 Tal. erreicht. Kallias dagegen rechnet damit, daß 200 Tal. zur Schuldentilgung ausreichen (Z. 52 fF.). Es hat keinen Zweck, die Möglichkeit zu erwägen, ob nicht vor aiakoc(on noch ein [xia(on] einzuschalten sei, und dann auf dieser Voraussetzung wie auf einer festen Grundlage zu bauen; denn, wie W a d e - G e r y selbst zugibt, bietet die Ergänzung [eneiAAN ag ck tö]n aiakocion t[aaanto]n zu Zweifeln keinen Anlaß. Die Verschuldung bei den anderen Göttern betrug somit 422 etwa das Fünffache wie zur Zeit von Kallias' Antrag. Damit ist eine Bestätigung unseres Ergebnisses gewonnen, wie wir sie uns nur wünschen können. Wenn es noch eines Beweises bedarf, so ist er an einer anderen Stelle der Logistenurkunde zu finden (Z. 119 ff.), die ich nach der grundlegenden Wiederherstellung von M e r i t t 2 hierher setze: | [Täag toTc aaaoic eeoTc öeiAOci apx]ai gn gnagka [¿'tgcin: - - - -s |

r

- - -

-

- -

töko ¿]n gnagka ¿Te[cm:

-!

Es ist der Einwand zu erwarten, daß die erhaltenen Reste viel zu gering seien, um eine sichere Ergänzung zu ermöglichen, allein eine solche Skepsis ist unbe1

Der Versuch, die Unklarheit mit Unregelmäßigkeiten zu erklären, die bei der Evakuierung Attikas beim Einfall der Spartaner im Jahre 431 vorgekommen seien und bis 422 noch keine Sühne gefunden hätten, richtet sich, glaube ich, selbst; vgl. P o h l e n z a. O. 29f. 2 The athenian calendar, Taf. I und I I und Athenian financial documents 1932, 136fr. und Taf. X I I .

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rechtigt. Die Logisten haben im ersten Teil nacheinander die Schulden bei Athena Polias, Athena Nike und den anderen Göttern berechnet. In unserm Abschnitt werden von Z. 112 an die Schlußsummen genannt, und zwar 112 für Athena Nike, 114 für Athena Polias. Die Disposition macht es daher notwendig, daß Z. 119 die anderen Götter erwähnt wurden, und in der Tat füllt die Ergänzung den verfügbaren Raum. Wir haben danach festzustellen, daß die Berechnungen, die die Logisten im Jahre 422 vornahmen, für den Zentralfonds der anderen Götter über einen Zeitraum von 11 Jahren gingen, mithin sich auf die Jahre 433/32—423/22 erstreckten. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß die Anleihen bei diesem Fonds im ersten Jahre dieser Periode begonnen haben. Allein der Folgerung kann man sich nicht entziehen, daß die Zentralbehörde für den Schatz der anderen Götter bereits im Jahre 433 vorhanden gewesen ist. Wieder ist das Jahr 433/32 als fester terminus ante quem für die Organisationsänderung gewonnen. Die an sich möglichen Daten 430/29, 426/25, 422/21 kommen nicht mehr in Betracht. Positiv ausgedrückt spätestens 434/33 muß die neue Behörde ins Leben getreten sein. Daß dieser spätest mögliche Termin nun wirklich das Jahr der Reform ist, zeigt uns der bisher rätselhafte Umstand, daß die Abrechnung der Logisten sich nicht über drei volle Finanzperioden, sondern nur über elf Jahre erstreckte. Wir müssen uns hier an die neugewonnene Erkenntnis erinnern (vgl. oben S. 157), daß die Kalliasdekrete in einem ersten Panathenäenjahr votiert worden sind. Das erste Jahr der drei Finanzperioden — eben 434/33 — ließ sich in der Generalabrechnung nicht berücksichtigen, weil die neue Behörde erst geschaffen werden mußte. So führen die verschiedenen Wege immer wieder zu dem gleichen Ziel, daß das Datum 434/33 als die einzig annehmbare Lösung anzusprechen ist. Diese Tatsache darf als so sicher gelten, daß wir uns ihrer als Hilfe für die Ergänzung bedienen dürfen. Noch immer sind die ersten Worte des Antrages B strittig. W a d e - G e r y hat S. 59: [¿KnoiecAi (oder ¿ktgagcai) tä bäspa tä AijeiNA kai täc NI[kac täc xjpycäc kai tä TTpo[nYAAiA•] vorgeschlagen, daneben aber: [ec TÄ A I £ P e i | c M A T A TÄ A i j e i N A KAI TÄC N|[kAC TAC x j p Y C Ä C KAI TÄ TT P o[n Y A AI A, //£ O C | AN 0tK0AOM]eeei ttantgaöc. [enicKefjcei xpeceAi zur Erwägung gestellt, ohne sich für eine der beiden Möglichkeiten zu entscheiden. Ganz abgesehen davon, daß eine Konstruktion enicKerei xpgcgai ec ti niemals belegt ist, ist die Ergänzung von AiepdcwATA, die auch H i 11 er seinerzeit erwogen hatte, nicht glücklich. W a d e - G e r y würde sie wohl selbst fallengelassen haben, wenn ihm die von P r e u n e r stammende Widerlegung in meiner Thukydidesschrift S. 63 nicht entgangen wäre. Die Diereismata waren aus Erz, wie ihre Aufbewahrung in der Chalkothek zeigt, vgl. I G II 2 i425382. Was aber den Vorschlag [bägpa a(]9ina anlangt, so ist schlechterdings nicht zu glauben, daß ein so wertloses Objekt in einem Atem

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mit den goldenen Niken und den Propyläen genannt worden sei. Wir müssen aus dieser Zusammenstellung ablesen, daß es sich um Gegenstände von hohem Werte handelt. Nachdem wir zu dieser Einsicht gelangt sind, erweist sich die chronologische Fixierung des Dekrets aufs Jahr 434/33 als ein wichtiges Hilfsmittel. Es ist daran zu erinnern, daß, wie die Parthenonurkunde I 2 352 lehrt, im Jahre 434/33 noch an den Giebelfiguren gearbeitet worden ist, da an die Bildhauer M P X H H H P A A A gn a[i£t(on micsöc] gezahlt wird, d.h. 16380 Drachmen oder nicht viel unter 3 Tal. Wie aus den Erechtheionurkunden bekannt ist, wurden im letzten Dezennium des Jahrhunderts für eine Figur des soviel kleineren Frieses dieses Tempels 60 Drachmen bezahlt. Es wären also nahezu 300 Figuren mit jener Summe zu bezahlen gewesen. Wenn nun auch die Preise für die Skulpturen des Parthenon wahrscheinlich wesentlich höhere waren, so ist aus unserer Rechnung immerhin abzulesen, daß im Jahre 434/33 ein großer Teil der Parthenonfiguren zur Ablieferung gelangt ist. Mit Rücksicht auf diese Tatsache scheint mir die von P r e u n e r vorgeschlagene Ergänzung [eicnoeTN tä £N a||£TIA TÄ A : e]lNA KAI TÄC NITkAC TÄC x]pYCÄC KAI TÄ T7po[nYAAIA, die ich Thuk. i. L .

d. Urk. S. 63 und 66 vortragen durfte, außergewöhnlich glücklich zu sein; denn sie erfüllt nicht nur die äußeren Bedingungen, indem sie der Größe der Lücke genau entspricht, sondern wird auch der Forderung, daß den goldenen Niken wertvolle Marmorobjekte gegenübergestellt werden, in besonders ansprechender Weise gerecht. V Die weitere Erörterung hat nur noch die Aufgabe, das Resultat gegen die Bedenken zu sichern, die bald aus der Thukydidesinterpretation, bald aus sprachlichen oder orthographischen Eigentümlichkeiten unserer Urkunden selbst hergeleitet worden sind. Immer wieder wird Thukydides I I 13 herangezogen, was zuerst B e l o c h , Gr. Gesch. I I 2 2 355, getan und jüngst P o h l e n z a. a. O. 3 1 wiederholt hat. An sich ist es gewiß ein verlockender Gedanke, die Zusammenlegung der über die ganze Landschaft verstreuten Tempelschätze in der Hauptstadt mit der Evakuierung Attikas im Jahre des ersten Einfalls der Spartaner in Zusammenhang zu bringen, ein Gedanke, den neuerdings auch W a d e - G e r y erwogen hat. Aber die Unrichtigkeit dieser Kombination erhellt mit zwingender Gewißheit bereits aus der berichtigten Lesung von Z. 58: das Jahr 431 kommt für die Kalliasdekrete nicht mehr in Frage. Ferner ließ sich die Existenz der Zentralbehörde der Tamiai der anderen Götter in der Logistenurkunde bis ins Jahr 433/32 hinauf verfolgen. Es zeigt sich also — rein sachlich betrachtet — , daß ich Thukydides' Worte en ag kai tä e« tön äaacon ispön npoceTieei xphmata richtig gedeutet habe, wenn ich ausführte, der Schriftsteller habe schon bei Kriegsanfang die Schatzverwaltung der anderen Götter als gegeben

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mit den goldenen Niken und den Propyläen genannt worden sei. Wir müssen aus dieser Zusammenstellung ablesen, daß es sich um Gegenstände von hohem Werte handelt. Nachdem wir zu dieser Einsicht gelangt sind, erweist sich die chronologische Fixierung des Dekrets aufs Jahr 434/33 als ein wichtiges Hilfsmittel. Es ist daran zu erinnern, daß, wie die Parthenonurkunde I 2 352 lehrt, im Jahre 434/33 noch an den Giebelfiguren gearbeitet worden ist, da an die Bildhauer M P X H H H P A A A gn a[i£t(on micsöc] gezahlt wird, d.h. 16380 Drachmen oder nicht viel unter 3 Tal. Wie aus den Erechtheionurkunden bekannt ist, wurden im letzten Dezennium des Jahrhunderts für eine Figur des soviel kleineren Frieses dieses Tempels 60 Drachmen bezahlt. Es wären also nahezu 300 Figuren mit jener Summe zu bezahlen gewesen. Wenn nun auch die Preise für die Skulpturen des Parthenon wahrscheinlich wesentlich höhere waren, so ist aus unserer Rechnung immerhin abzulesen, daß im Jahre 434/33 ein großer Teil der Parthenonfiguren zur Ablieferung gelangt ist. Mit Rücksicht auf diese Tatsache scheint mir die von P r e u n e r vorgeschlagene Ergänzung [eicnoeTN tä £N a||£TIA TÄ A : e]lNA KAI TÄC NITkAC TÄC x]pYCÄC KAI TÄ T7po[nYAAIA, die ich Thuk. i. L .

d. Urk. S. 63 und 66 vortragen durfte, außergewöhnlich glücklich zu sein; denn sie erfüllt nicht nur die äußeren Bedingungen, indem sie der Größe der Lücke genau entspricht, sondern wird auch der Forderung, daß den goldenen Niken wertvolle Marmorobjekte gegenübergestellt werden, in besonders ansprechender Weise gerecht. V Die weitere Erörterung hat nur noch die Aufgabe, das Resultat gegen die Bedenken zu sichern, die bald aus der Thukydidesinterpretation, bald aus sprachlichen oder orthographischen Eigentümlichkeiten unserer Urkunden selbst hergeleitet worden sind. Immer wieder wird Thukydides I I 13 herangezogen, was zuerst B e l o c h , Gr. Gesch. I I 2 2 355, getan und jüngst P o h l e n z a. a. O. 3 1 wiederholt hat. An sich ist es gewiß ein verlockender Gedanke, die Zusammenlegung der über die ganze Landschaft verstreuten Tempelschätze in der Hauptstadt mit der Evakuierung Attikas im Jahre des ersten Einfalls der Spartaner in Zusammenhang zu bringen, ein Gedanke, den neuerdings auch W a d e - G e r y erwogen hat. Aber die Unrichtigkeit dieser Kombination erhellt mit zwingender Gewißheit bereits aus der berichtigten Lesung von Z. 58: das Jahr 431 kommt für die Kalliasdekrete nicht mehr in Frage. Ferner ließ sich die Existenz der Zentralbehörde der Tamiai der anderen Götter in der Logistenurkunde bis ins Jahr 433/32 hinauf verfolgen. Es zeigt sich also — rein sachlich betrachtet — , daß ich Thukydides' Worte en ag kai tä e« tön äaacon ispön npoceTieei xphmata richtig gedeutet habe, wenn ich ausführte, der Schriftsteller habe schon bei Kriegsanfang die Schatzverwaltung der anderen Götter als gegeben

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betrachtet. P o h l e n z hat dagegen Bedenken sprachlicher Natur geltend gemacht: es liege »ein typischer Fall des bekannten Sprachgebrauchs vor, für den Xenophon Anab. 1 1 , 6 mit seinem öctic aoikngTto tön nAPÄ baciaguc das Muster-

beispiel liefert; der präpositionelle Ausdruck wird auch bei attributiver Stellung durch das Verbum finitum (hier n p o c e i i e e i ) beeinflußt«. Verstehe ich recht, so handelt es sich bei Xenophon darum, daß mit Rücksicht auf das Verbum AfiKNeTceAi die Präposition ttapä mit dem Genitiv verbunden wird, während die starre Grammatik den Dativ verlangt. Zu einer solchen Beeinflussung des präpositionellen Ausdrucks reicht aber der Verbalbegriff n p o c e i i e e i kaum aus. Die Parallele kann daher nicht als beweiskräftig anerkannt werden. Auch daß zu ta Ek tön iepwN die Ergänzung eines [stoTma] anzunehmen sei, vermag ich nicht zuzugeben. Ebensowenig halte ich für angebracht, mit W a d e - G e r y tä ¿k tön iepüN VeNHcöweNAj zu verstehen, wobei er [reNHcöMeNA] nur dem Sinne nach ergänzt wissen will, ohne den Text zu ändern. Ein solcher Gedanke an die Zukunft liegt nicht im Sinn der Stelle. Perikles will seinen Hörern die gegenwärtige Finanzlage Athens vor Augen führen. In seinem Gedankengang hat ein Hinweis auf etwaige zukünftige Einnahmen keinen Wert. Es bedarf aber der Erläuterung zu tä ¿k tön igpun gar nicht, denn das ist ein einheitlicher Begriff. Als Analogie führe ich aus der Sprache der Urkunden an tä ¿k tgc aekätec, vgl. IG I 2 9 i 7 , tä ex Cämo 304^. ES scheint mir danach erlaubt zu sein, an meiner Thukydidesinterpretation festzuhalten. In aller Kürze muß ich noch der epigraphischen Schwierigkeiten gedenken, die W a d e - G e r y gegen das frühe Datum der Kalliasdekrete geltend macht. Er hat S. 78fr. eine sehr genaue Statistik des Vorkommens der älteren Dative auf -aci, -eci und der jüngeren auf -aic gegeben. Sein Ergebnis ist, daß er den Wechsel in der Flexion in die Zeit von 422/18 setzt. Wie es so oft bei Statistiken geht, hängt auch hier alles von der Aufmachung des Materials ab. W a d e - G e r y hat die Untersuchung einmal nach einzelnen Worten (emcTÄTAic, gaagnotamiaic, tamiaic) durchgeführt, vor allem aber hat er sich auf einzelne Inschriftenklassen (Bauurkunden, Übergabeurkunden) beschränkt. Das mußte ein falsches Bild geben. So wird auf S. 18 für das früheste Vorkommen von ¿AAeNOTAMiAic das Jahr 415/14 angegeben. In der Logistenurkunde ist aber die gleiche Form wie auch eine Fülle anderer Dative auf -aic bereits für das Jahr 422/21 gesichert. Aber auch das ist noch nicht das erste Aufkommen der jüngeren Form; sie begegnet zum erstenmal in den Tributquotenlisten in IG I 2 231 (äpxaTc) und I 2 2i82;5I (taTcag). Nr. 231 ist ein Teil der Liste des Jahres 430/29, 218 wurde von W e s t und M e r i t t ins Jahr 427/26 gesetzt (s. jetzt SEG V 22 u. 24), während mein Schüler N e s s e l h a u f i n seinen demnächst erscheinenden »Neuen Unter1 [Korrekturzusatz. 1932, 85 A . I].

V g l . jetzt die zustimmende Äußerung von F e r g u s o n ,

The

Treasurers

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suchungen zur Geschichte der Delisch-Attischen Symmachie« das Jahr 429/28 in Vorschlag bringt 1 . Wie dem auch sein mag, es darf als sicher bezeichnet werden, daß die jüngere Dativform bereits für die ersten Jahre des Krieges belegt ist. Es hat daher kein Bedenken, wenn durch die Datierung der Kalliasdekrete ins Jahr 434/33 diese obere Zeitgrenze um einige Jahre heraufgerückt wird2. Daß daneben die älteren Formen noch in Gebrauch bleiben, entspricht den Gesetzen des Lebens. Wie stark in gleichzeitigen und sogar gleichartigen Schriftdenkmälern der Wechsel zwischen älteren und jüngeren Flexionsformen ist, das wird sehr eindringlich gerade für die dreißiger Jahre des fünften Jahrhunderts durch die von mir in den Sitz.-Ber. 1927, 330 ( = Thuk. i. L. d. U.67) beigebrachten Beispiele dargetan. Nach alledem ist kein Grund gegeben, mit Rücksicht auf das Nebeneinander der verschiedenen Bildungen das Datum 434/33 in Zweifel zu ziehen3. VI Die Wirkung der Kalliasdekrete hat W a d e - G e r y S. 68ff. in einem »Payments and Debts« überschriebenen Abschnitt behandelt. Danach sollen im Jahre 422/21 vom Staat Athen nicht weniger als 4200 Tal. an die Tempelverwaltung zurückgezahlt worden sein. Dieser eine Satz beleuchtet blitzartig die große Bedeutung, die die zeitüche Ansetzung unserer Urkunden für die Athenische Finanzgeschichte hat. B e l o c h hatte nach Boeckhs Vorgang in der Gr. Gesch. I I 2 2 344 Kallias' Anträge der Zeit des Nikiasfriedens zugewiesen, weil es nur in einer Periode wirtschaftlicher Blüte möglich gewesen sei, so hohe Beträge für Zahlungen an Athena freizumachen. Sein Ansatz ist indessen durch urkundliche Belege als falsch erwiesen. Wenn W a d e - G e r y recht hätte, so wären die Finanzen sogar vor Friedensschluß in einem Zustand hoher Blüte gewesen. Es bedarf nicht vieler Worte, daß die neue Hypothese geradezu eine Revolutionierung unserer Vorstellungen von der Entwicklung der Athenischen Finanzen im Gefolge haben müßte. Aber liegt ein Zwang vor, diesen Weg zu gehen? Es wird zweckmäßig sein, jene Summe von 4200 Tal. einmal unter die Lupe zu nehmen. Sie setzt sich aus drei Einzelposten zusammen: 1. 1000 Tal. Rückzahlung an die anderen Götter, 2. 3000 » » » Athena Polias, 3. ± 2 0 0 » » » die anderen Götter. 1 [Korrekturzusatz. In seinem soeben erscheinenden Buch Athenian financial documents tritt M e r i t t S. 4ff. für das Jahr 430/29 ein.] 2 Ich darf erwähnen, daß B. D. M e r i t t sich brieflich für die gleiche Ansicht ausgesprochen hat. :1 Auch F e r g u s o n a. O. S. 185 warnt davor, volle Gleichförmigkeit in der Flexion bei gleichzeitigen Texten zu verlangen.

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suchungen zur Geschichte der Delisch-Attischen Symmachie« das Jahr 429/28 in Vorschlag bringt 1 . Wie dem auch sein mag, es darf als sicher bezeichnet werden, daß die jüngere Dativform bereits für die ersten Jahre des Krieges belegt ist. Es hat daher kein Bedenken, wenn durch die Datierung der Kalliasdekrete ins Jahr 434/33 diese obere Zeitgrenze um einige Jahre heraufgerückt wird2. Daß daneben die älteren Formen noch in Gebrauch bleiben, entspricht den Gesetzen des Lebens. Wie stark in gleichzeitigen und sogar gleichartigen Schriftdenkmälern der Wechsel zwischen älteren und jüngeren Flexionsformen ist, das wird sehr eindringlich gerade für die dreißiger Jahre des fünften Jahrhunderts durch die von mir in den Sitz.-Ber. 1927, 330 ( = Thuk. i. L. d. U.67) beigebrachten Beispiele dargetan. Nach alledem ist kein Grund gegeben, mit Rücksicht auf das Nebeneinander der verschiedenen Bildungen das Datum 434/33 in Zweifel zu ziehen3. VI Die Wirkung der Kalliasdekrete hat W a d e - G e r y S. 68ff. in einem »Payments and Debts« überschriebenen Abschnitt behandelt. Danach sollen im Jahre 422/21 vom Staat Athen nicht weniger als 4200 Tal. an die Tempelverwaltung zurückgezahlt worden sein. Dieser eine Satz beleuchtet blitzartig die große Bedeutung, die die zeitüche Ansetzung unserer Urkunden für die Athenische Finanzgeschichte hat. B e l o c h hatte nach Boeckhs Vorgang in der Gr. Gesch. I I 2 2 344 Kallias' Anträge der Zeit des Nikiasfriedens zugewiesen, weil es nur in einer Periode wirtschaftlicher Blüte möglich gewesen sei, so hohe Beträge für Zahlungen an Athena freizumachen. Sein Ansatz ist indessen durch urkundliche Belege als falsch erwiesen. Wenn W a d e - G e r y recht hätte, so wären die Finanzen sogar vor Friedensschluß in einem Zustand hoher Blüte gewesen. Es bedarf nicht vieler Worte, daß die neue Hypothese geradezu eine Revolutionierung unserer Vorstellungen von der Entwicklung der Athenischen Finanzen im Gefolge haben müßte. Aber liegt ein Zwang vor, diesen Weg zu gehen? Es wird zweckmäßig sein, jene Summe von 4200 Tal. einmal unter die Lupe zu nehmen. Sie setzt sich aus drei Einzelposten zusammen: 1. 1000 Tal. Rückzahlung an die anderen Götter, 2. 3000 » » » Athena Polias, 3. ± 2 0 0 » » » die anderen Götter. 1 [Korrekturzusatz. In seinem soeben erscheinenden Buch Athenian financial documents tritt M e r i t t S. 4ff. für das Jahr 430/29 ein.] 2 Ich darf erwähnen, daß B. D. M e r i t t sich brieflich für die gleiche Ansicht ausgesprochen hat. :1 Auch F e r g u s o n a. O. S. 185 warnt davor, volle Gleichförmigkeit in der Flexion bei gleichzeitigen Texten zu verlangen.

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Die Posten 2 und 3 sind den Kalliasdekreten entnommen, daher kann ihre Rückzahlung im Jahre [422] nicht als Argument für die Datierung der Urkunden in dieses Jahr verwandt werden. Das wäre der typische Fall eines Hysteron-Proteron. Fast noch hypothetischer ist der erste Posten von 1000 Talenten. Soweit ich sehe, hat W a d e - G e r y nirgends ausgesprochen, auf welchem Wege er zu ihnen gekommen ist. Sein Gedankengang ist wohl so zu rekonstruieren — ich benutze hier eine Anregung von Hrn. N e s s e l hauf —, die Logistenurkunde enthält eine genaue Übersicht über die Anleihen des Staates bis zum Jahre 422, wobei die anderen Götter mit etwa 1000 Tal. aufgeführt werden. Eine solche Aufstellung könne nur zum Zweck der Schuldenrückzahlung gemacht worden sein, daher sei es berechtigt, für dieses Jahr eine Rückzahlung der auf 1000 Tal. angelaufenen Schuld bei den anderen Göttern anzunehmen. Gegen diese Rekonstruktion — falls sie hier richtig wiedergegeben ist — ist ein doppelter Einwand zu erheben. Aus der Disposition der Logistenrechnung geht hervor, daß zum mindesten im Jahr 427/26 eine ganz entsprechende Übersicht über die Verschuldung angefertigt worden ist; denn in Z.gSf., i o i f . , ioyf., n o f . wird auf eine Aufstellung der früheren Logisten über die Zeit 433/32—427/26 Bezug genommen ^agaoticmgna ¿ N TOTC AenTÄ eiecm). Schon diese eine Tatsache genügt, um die Hinfälligkeit der Kombination zu erweisen. Wenn trotz der Bilanzziehung im Jahre 426 eine Rückzahlung nicht stattgefunden hat, dann kann es auch 422 ebenso gehalten worden sein. Außerdem ist einzuwenden, daß die angeblich an die anderen Götter zurückgezahlte Summe nach den Angaben meines Vorgängers etwas weniger als 1200 Tal. beträgt, während die Gesamtschuld nach der oben zitierten Berechnung nur 1018 Tal. ausmacht. Wie man sieht, verflüchtigen sich bei näherer Prüfung die zurückgezahlten 4200 Talente, sie sind unfaßbar, haben keine Realität und müssen aus der Finanzgeschichte Athens wieder verschwinden. Damit ist der Weg frei gemacht, den wir zu gehen haben, wenn wir über unsere schwierige Materie Klarheit gewinnen wollen: Einzig die Interpretation kann uns zum Ziele führen. I G I 2 91, 92 zeigt uns, daß im Jahre 434/33 3000 Talente an Athena Polias und 200 an die anderen Götter gezahlt worden sind. Aus der Logistenurkunde I 2 324 geht hervor, daß die Athener von 433/32 an dauernd ihre Zuflucht zur Aufnahme von Anleihen genommen haben: ihre finanzielle Lage hat sich ununterbrochen verschlechtert, und auch die große Tributerhöhung von 425/24 hat keine Gesundung gebracht, wenn auch die Höhe des im Anleihewege flüssig gemachten Kredits von nun an geringer geworden ist. Angesichts dieser Tatsachen muß es dabei sein Bewenden haben, daß Athen nur vor dem Ausbruch des großen Krieges in der Lage gewesen ist, größere Summen für Zahlungen an den Schatz der Athena und der anderen Götter aufzubringen. Der Sinn

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dieser Finanzpolitik ist darin zu sehen, daß Perikles weitblickend genug war, die ungeheure Gefahr zu erkennen, in die sich der Staat durch seine Kulturpolitik begeben hatte. Es galt Vorsorge zu treffen, daß die unproduktiven Ausgaben für Tempel und Bauten die Gesundheit der Finanzen nicht zerstörten. Diese Politik muß schon in den vierziger Jahren inauguriert worden sein, Kallias aber hat das Verdienst, sie mit seinen Anträgen konsequent fortgeführt zu haben. Über ihre Ziele können wir erst jetzt urteilen, wo durch W a d e - G e r y s Ergänzung von Z. 32a die Lücke zwischen den beiden Dekreten geschlossen ist. Früher hatte D ö r p f e l d auf Grund der Ergänzung kai thn AKPonoAiN im£takocm6n] (Z. 36) in der Phil. Woch. 1928, 1075 die Vermutung geäußert, daß es Kallias um eine Erweiterung des Perikleischen Bauprogramms zu tun gewesen sei, und daß in jenen Worten bereits auf den Plan eines Neubaus des Tempels der Athena Polias angespielt werde, und ich hatte von einer urkundlichen Bestätigung jener Hypothese gesprochen (Thuk. i. L. d. Urk. 85J. Davon kann jetzt nicht mehr die Rede sein. Der neue Text läßt mit Sicherheit erkennen, daß die Bautätigkeit auf die Beendigung der großen Unternehmungen beschränkt bleibt. Im übrigen wird für Bauzwecke nur ein Betrag in der bescheidenen Höhe von 10 Talenten jährlich bereitgestellt. Es kann sich daher nur um untergeordnete Arbeiten handeln, was auch daraus hervorgeht, daß sie auf eine Stufe mit Ausbesserungsarbeiten gestellt werden. Für die Zukunft wird der Schatz der Athena vor jedem schärferen Zugriff sichergestellt, indem für alle Ausgaben, die mehr als i 2 / 3 Talente betragen, die Einholung eines Dispenses durch die Volksversammlung vorgeschrieben wird. Überdies wird die Schaffung eines besonderen Staatsschatzes ins Auge gefaßt. Für die politische Einstellung des Antragstellers ist aber bezeichnend, daß etwaige Uberschüsse aus den für Schuldentilgung bereitgestellten Summen für Zwecke der Kriegsrüstung zu Lande und zu Wasser Verwendung finden sollen. Offenbar hatte man in den Kreisen, denen Kallias nahestand, schon 434 erkannt, daß die Gefahr eines Krieges im Bereich der Möglichkeit lag. Da galt es, die militärische Rüstung durch die finanzielle zu ergänzen. Das Ziel, das er mit seinen Anträgen verfolgte, ist darin zu erblicken, den Ausgaben für Kulturzwecke eine bestimmte Grenze zu setzen und die Finanzkraft des Staates durch organisatorische Maßnahmen für die Aufgaben der Reichsverteidigung zu stärken.

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Sitzung der phil.-hist. Klasse v. 19.Januar 1933. — Mitteilung v. 8.Dezember 1932

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I G I2 92. 32a [•"£ AO XCENTE I BO A £ I K » ITO I A E«0 I Ke K P oniCETIPYTÄ N 6 Y £, M N £ C i 8 e] ctoix. 51 [ocerpAMMÄTeye, 6 j f n [ e j i e ec[ene c t ä t e K] a a a i a c e | n [e' e k tt o e n t ä e n a ] [1 E T

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