Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine / Oktober bis Dezember 1891 [81]

Table of contents :
Front Cover
Heft 1 Oktober I Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit Von A v Drygalski
Heft 3 Dezember
Der strategische und taktische Schwerpunkt in der Kriegsgeschichte und sein Einfluss auf die Gefechtsführung Eine Studie
Zur Taktik der Zukunft
Stellungswechsel der Artillerie
Zur Charakteristik der pneumatischen Kanonen
Die Bedeutung mobiler Panzer für die schweizerische Landes- befestigung
Praktische Hülfsmittel im militärischen Reitunterrichte
Militär-Telegraphie und Militär- Brieftaubenwesen in Dänemark nach ihren neuesten Fortschritten
Die Reorganisation des schwedischen Wehrsystems
Umschau in der Militär-Litteratur: I Ausländische Zeitschriften
Bücher
Seewesen
Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher
Heft 2 November XI Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit Von A v Drygalski (Fortsetzung) •
Der strategische und taktische Schwerpunkt in der Kriegsgeschichte und sein Einfluss auf die Gefechtsführung Eine Studie (Schlufs)
Zur Taktik der Zukunft II Über die veränderte Bedeutung der Deckungen und Geländebedeckungen für das heutige Feuergefecht (Fortsetzung)
Das Ortsgefecht Von Petermann, Premierlieutenant
Feuer in der Bewegung? Von Bayer, Hauptmann und Comp - Chef im Inf -Regt Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig
Militär- und Privat-Brieftauben wesen in Spanien
Die Abrichtung des Remontepferdes in dreifsig Lektionen
Zum Untergang des ,,Blanco Encalada" auf der Rhede von Caldera
Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen
Umschau in der Militär-Litteratur: I Ausländische Zeitschriften
Bücher
Seewesen
Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher
Zur Taktik der Zukunft III Betrachtungen über die zweckmässige
Das Ortsgefecht Von Petermann, Premierlieut (Fortsetzung)
Entfernungsschätzen und Entfernungsschätzer Von Dechend,
Vergleichsschiefsen mit dem russischen Feldmörser
Militärische Reformpläne für die Landesverteidigung der vereinigten
XXX
Umschau in der Militär-Litteratur:

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Jahrbücher

für die

deutsche

Armee

und

Marine .

Verantwortlich geleitet

von

E.

Schnackenburg Oberstlieutenant a. D.

Einundachtzigster

Band .

Oktober bis Dezember 1891.

BERLIN C. 2. Verlag von A. Bath. Schlossfreiheit 7.

1891 .

Inhalts -Verzeichnis .

Seite No. 241. Heft 1. Oktober.

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit. Von A. v. Drygalski . . . II. Der strategische und taktische Schwerpunkt in der Kriegsgeschichte und sein Einfluss auf die Gefechtsführung. Eine Studie . III. Zur Taktik der Zukunft . . I.

IV. Stellungswechsel der Artillerie V. Zur Charakteristik der pneumatischen Kanonen VI. Die Bedeutung mobiler Panzer für die schweizerische Landesbefestigung VII. Praktische Hülfsmittel im militärischen Reitunterrichte VIII . Militär - Telegraphie und Militär- Brieftaubenwesen in Dänemark nach ihren neuesten Fortschritten . . IX. Die Reorganisation des schwedischen Wehrsystems . X. Umschau in der Militär-Litteratur : I. Ausländische Zeitschriften II. Bücher III. Seewesen . IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher No. 242. Heft 2.

1 19 35 44 51

64 73 78 94

101 112 123 129

November.

XI.

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit. Von A. v. Drygalski. (Fortsetzung) • XII. Der strategische und taktische Schwerpunkt in der Kriegsgeschichte und sein Einfluss auf die Gefechtsführung . Eine Studie. (Schlufs) XIII . Zur Taktik der Zukunft . II. Über die veränderte Bedeutung der Deckungen und Geländebedeckungen für das heutige Feuergefecht. (Fortsetzung) . XIV. Das Ortsgefecht . Von Petermann , Premierlieutenant XV. Feuer in der Bewegung? Von Bayer , Hauptmann und Comp.Chef im Inf. - Regt. Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig . XVI . Militär- und Privat- Brieftaubenwesen in Spanien XVII. Die Abrichtung des Remontepferdes in dreifsig Lektionen XVIII. Zum Untergang des ,, Blanco Encalada" auf der Rhede von Caldera XIX . Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen XX. Umschau in der Militär-Litteratur : I. Ausländische Zeitschriften . II. Bücher III. Seewesen IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher A C E (R

496281

131 151

162 177 188 204 211 216 221

225 234 244 250

Seite No. 243. Heft 3. Dezember. XXI.

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit. Von A. v. Drygalski. (Schlufs) XXII. Jefferson Davis, Präsident der einstigen conföderierten Staaten . (Auch ein Soldatenleben .) Von J. Scheibert , Major z. D. . . XXIII. Zur Taktik der Zukunft. III. Betrachtungen über die zweckmässige Ausführung des Aufklärungs- und Sicherungsdienstes gegenüber den · heutigen Handfeuerwaffen. (Fortsetzung) • XXIV. XXV.

253 271

282

Das Ortsgefecht. Von Petermann , Premierlieut. (Fortsetzung) . Entfernungsschätzen und Entfernungsschätzer. Von Dechend, Hauptmann und Comp. -Chef im 1. nass. Inf.- Regt. Nr. 87 . . . XXVI . Das Schiefsen der Feld- Artillerie bei Einführung von schnellfeuernden Geschützen XXVII. Vergleichsschiefsen mit dem russischen Feldmörser . XXVIII. Militärische Reformpläne für die Landesverteidigung der vereinigten Staaten von Nordamerika. Von Hildebrandt, Oberstlieutenant z. D. XXIX. Eine seltsame Revue des " Alten Dessauer" • XXX . Umschau auf militär-technischem Gebiet XXXI. Umschau in der Militär- Litteratur: I. Ausländische Zeitschriften II. Bücher III. Seewesen .

304

363 372 383

IV. Verzeichnis der zur Besprechung eingegangenen Bücher Druckfehler-Berichtigung .

390 392

317

322 332 341 347 350

I. über

die

Beiträge

zur

Orientierung

Entwicklungsgeschichte

von ihren Anfängen

bis

der

russischen

Armee

auf die neueste Zeit.

Von A. v. Drygalski.

Generallieutenant Baron Wjatscheslaw Steingeil hat

sich der

Arbeit unterzogen, eine chronologisch geordnete Übersicht aller auf die Organisation der russischen Streitkräfte bezüglichen Bestimmungen vom Jahre 1550-1890 aus dem Polny swod sakonow (vollständige Gesetzsammlung) zusammenzustellen und diese Angaben durch Auszüge

aus den

historischen

Dokumenten,

Quellenangaben u . s . w.

lebendiger zu gestalten. Diese Veröffentlichung hat für die Kenntnis Wir glauben daher der russischen Armee einen hohen Wert. unseren Lesern mit der Wiedergabe einiger, Ursprung und das Alter der

namentlich

auf den

noch jetzt bestehenden Truppenteile

und Armeeeinrichtungen bezüglichen , und an geeigneten Stellen durch uns vermehrten und erläuterten, Daten willkommen zu sein . Über die ältere Armeegeschichte, so interessant gerade sie ist, können wir

deshalb

schneller hinweggehen , weil die

Geschichte

der alten russischen Heereseinrichtungen « von Brix und das nicht minder empfehlenswerte Buch des v. Stein,

» Geschichte

des

ehemaligen russischen Hofrats

russischen Heeres vom Ursprunge des-

selben bis zur Thronbesteigung des Kaisers Nikolai I. Pawlowitsch (Hannover,

Helwing'sche Verlagsbuchhandlung) ,

darüber

die

aus-

führlichsten Angaben bringen , doch wollen wir der Vollständigkeit wegen, auch diese älteren Perioden lassen.

nicht

ganz

unberücksichtigt

Bis zur Regierung Iwan IV. gab es stehende Truppen in Russland nicht. Heere versammelten sich nur im Kriege , und während der ersten Jahrhunderte der Existenz Russlands war jeder Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXI., 1. 1

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte

2

Bürger auch ein Krieger.

Bis

zum Einfall der Tataren überwog

das Fufsvolk, später die Reiterei. Iwan III. belohnte

zuerst

nicht nur die Edelleute (d . h. die

Genossen des Fürsten ) sondern auch die sogenannten Bojarenkinder (freie Leute die ihren Unterhalt bei den Bojaren hatten) mit Landanteilen , wofür sie Kriegsdienste zu leisten hatten , denen sie sich aber oft entzogen.

Bei

dem Adel gab es

sehr

viele Rangunter-

schiede, die sich auch auf die Stellung im Heere und zwar ungünstig äufserten.

Die

ersten stehenden Truppen

waren die Strelitzen

(Schützen) deren Ursprung auf das Jahr 1550 zurückgeführt wird . Sie waren gewissermafsen angeworben, rekrutierten sich aus freien Dorfbewohnern und lebten in Prikasse *) zusammengestellt und vom Staate unterhalten , in den Städten, wo sie nebenbei bürgerliche Gewerbe betrieben. Der Stand wurde schliefslich erblich . Erst im Jahre 1680 trat bei ihnen die Einteilung in Polks ( Regimenter) auf; die den Hofchargen

und vornehmsten Adelsfamilien

entnommenen

Befehlshaber (golowa Haupt) erhielten den Namen Palkownik (Oberst). Die höchste Kommandoinstanz war der Strelitzenprikas dem ein Grofser des Reiches vorstand.

Die Strelitzen , welche Anfangs sehr

gute Dienste leisteten , führten Feuergewehre, Hellebarden und Säbel , ein Teil auch Lanzen ;

es gab aber auch berittene Strelitzen,

die

bei Feierlichkeiten die Leibgarde des Zaren bildeten ; die Moskauer Strelitzen galten als die vornehmsten .

Nach dem Tode von Feodor

Alexäjewitsch wurden die Moskauer Strelitzen zu Trabanten der ehrsüchtigen Sophia (Schwester Peter des Grofsen) und nannten sich Hofgarde . Peter der Grofse entledigte sich dieses gewaltthätigen Corps 1699, und durften sogar keine Söhne von Strelitzen in die von ihm neu errichteten Soldaten - Regimenter eingestellt werden. Im Westen des Reichs blieben die Strelitzen noch längere Zeit bestehen . So treten im Feldzug von 1703 gegen Schweden noch Strelitzen- Regimenter auf. Artilleristen und Geschütz datieren ihren Ursprung in Russvom Jahre 1389 und wurden zunächst aus dem Auslande (Deutschland, Italien) entnommen . Im Jahre 1488 brannte in

land

Bei der Belagerung von Moskau die erste Geschützgiefserei ab. Kasan 1552 befanden sich in dem Heere Iwan IV. bereits 150 Stück schweren und mittleren Geschützes, aufserdem » Dinger mit denen man nach oben schiefst « , also wohl Mörser. Einen besonderen Stand von Artilleristen (puschkari) gab es vermutlich erst von 1550

*) Prikasse (zu deutsch eigentlich Gerichtshöfe) .

der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit.

3

ab, und erhielten sie grofse Privilegien. Schon unter Iwan IV. wurden in Moskau alljährlich, meist im Winter, Schiefsbesichtigungen abgehalten.

Es trat bald eine Unterscheidung in Festungs-, Belagerungs- und Feld -Artillerie auf. Die russische Artillerie hat 1889 ihr fünfhundertjähriges Jubiläum gefeiert.

Eine eigentümliche Heereskategorie waren die den Convoi des Zaren bildenden , 1552 zuerst genannten , Schilzy (von shitj = leben) so genannt, weil sie während ihrer Dienstzeit in Moskau leben mufsten.

Sie rekrutierten sich aus Bojarenkindern oder Söhnen von

Edelleuten , thaten Ordonnanzdienste , gaben Ehrenwachen und trugen eine prächtige Ausrüstung . Ihr Unterhalt an Land und Geld war reich bemessen , ein Teil diente auch zu Pferde .

Vom

Jahre 1701 ab hörte diese Trabantentruppe auf zu existieren . *) Von ihnen hörte man zuerst im Jahre Die Donkasaken. Damals beklagte 1549. Jussuff, bei dem Zaren : Gebiet an drei,

sich der Fürst der Nogaischen - Tataren , »seine Kasaken hätten im Nogaischen

vier Orten Städte angelegt,

erhöben von Asow

Steuern und sperrten den Tataren den Don ab« .

Iwan antwortete

>>es giebt von uns keine Kasaken am Don , und es leben dort nur etwelche Flüchtlinge aus unseren Ländern « . Trotzdem suchte der Zar die Freundschaft dieser Wagehälse und versprach ihnen Huld und Belohnungen für zu leistende Dienste . Am 3. Januar 1570 erhielten die Donkasaken das erste handschriftliche Privilegium, und hat in Folge dessen das Heer 1870 sein dreihundertjähriges Jubiläum gefeiert, obwohl die Kasaken zeitweise die Partei der Feinde des Zaren ergriffen und sich z. B. mit dem Pseudodimitry und mit den Polen gegen Boris Godunow wandten. Erst

unter

Michael

Feodorowitsch

(dem

ersten

Romanow)

zeigten sich die Donier wieder als getreue russische Unterthanen , erhielten 1613 eine Belobigungsschrift und Fahne und von 1618 Die erste ab jährlich Proviant , Branntwein , Munition und Sold. Eidesleistung des Heeres fand 1676 statt ; die Eidesleistung an Peter den Groſsen 1682. Im Jahre 1706 verlieh ihnen dieser die sogenannten Heereskleinodien : Eine Fahne, einen Federbusch (pernatsch) und einen Rofsschweif (buntschuk). 1721 wurde das donische Heer dem Kriegskollegium ( Kriegsministerium) unterstellt. Seit 1738 wurden die Heeresatamane vom Kaiser und nicht mehr von der Heeresversammlung (krug = Kreis) ernannt. 1798 wurden die Ränge im Heere mit denen der Armee ausgeglichen, und seit-

*) Man sehe hierüber die beiden oben angeführten deutschen Werke. 1*

4 dem

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte entstand am Don

ein Adel .

1807 wurde

das Heer gemäſs

einem bereits von der Kaiserin Katharina II. entworfenen Plane reformiert . Die Verfügung von 1835 zählt bereits 54 donische Regimenter aufser den beiden Garde-Regimentern , und 10 Batterien auf.

Eine neue Verfügung von 1882

bestimmte die Kriegsstärke

auf 45 Regimenter à 600 Pferde, 30 einzelne Sotnien und 21 reitende Batterien. Bereits vor 1570 gab es übrigens sogenannte städtische Kasaken in den Grenzgebieten , die von einigen Historikern fälschlich donische Kasaken genannt werden , aber gleichzeitig mit den Strelitzen verschwanden .

Die

übrigen

Kasakenheere leiten ihren

Ursprung meistens von den Don- Kasaken her. So die in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts vom Don nach dem Kaukasus ausgewanderten Terek - Kasaken ,

deren Entstehung auf 1577 fest-

gesetzt ist ; zu ihnen gehören die ehemaligen Grebenskischen , Astrachanschen und Kisljarskischen Kasaken , aus denen zusammen 1832 die sogenannten kaukasischen Linien-Kasaken hervorgingen .

1860

wurden 6 Brigaden vor ihnen dem Kubanheer, vorher tschernomorische oder Kasaken am schwarzen Meere genannt, zugeteilt, die übrigen führten fortan wieder

den Namen Terek- Kasaken mit be-

sonderen Regimentsbezeichnungen wie noch jetzt. Die sibirischen Kasaken , anfangs Wolga-Kasaken genannt ,

stammen ebenfalls vom Don ,

verübten

als Räuber an der Wolga

eine Masse von Unthaten , so dafs Truppen gegen sie ausgeschickt werden mussten. Im Jahre 1579 gelang es den Stroganows, die damals reiche Kaufleute und Salzsieder im Osten Russlands waren , mit den Atamanen der Wolga- Kasaken einen Vertrag abzuschliefſsen , worin sie sich verpflichteten sich mit Gott und dem Kaiser zu versöhnen und die Ostgrenzen des Reichs gegen die Ungläubigen zu schützen . Jermak Timofejew glückte es nach und nach einen grofsen Teil Sibiriens zu erobern , und legte er das Land dem Zaren der ihm 500 Strelitzen zur Hülfe geschickt hatte und ihn wie es heifst, sogar zum Fürsten von Sibirien ernannte , zu Füssen . Aus den Überresten der Druschinen Jermaks und den Strelitzen schreibt sich seit 1587 der Stamm des jetzigen sibirischen Kasaken heeres her, das sich im Laufe von zwei Jahrhunderten durch Soldatenkinder, Ansiedler,

Meschtscherjaken ,

Baschkiren und

sogar transportierte

Verbrecher, vermehrte und als die Stammtruppe weiterer Kasakenheere, namentlich des transbaikalischen 1852, des Amurheeres 1859 und Ssemirjätschenskischen Heeres 1867,

anzusehen ist.

Im Jahre

1808 wurden die ersten Verfügungen über das sibirische Kasaken-

der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit.

5

heer erlassen, das jetzt nach mehreren Veränderungen im Kriege 9 Reiter- Regimenter à 600 Pferde stellt.

Von 1591 her datiert das Bestehen der Jaik- (Ural- ) Kasaken , die vom Don stammend, sich 1584 unter dem Hetman Netschajew an den Mündungen des Ural (Jaik) niederliefsen und seit 1591 Kriegsdienste für Russland thaten . Im Jahre 1720 trat das Heer unter die Leitung des Kriegsministeriums, 1744 beteiligten sich die meisten Jaik-Kasaken an dem Aufstande Pugatschews. Die Treugebliebenen unter Iwan Jakutin erhielten auf ihre besondere Bitte, > um die Erinnerung an den Aufstand von Jaik auszulöschen den Namen Ural- Kasaken . Jakutin wurde Hetman des Heeres mit dem Range eines Obersten.

Seit 1798

besteht in Petersburg zur Be-

lohnung der Dienste des Heeres eine Leibgarde- uralische Kasakensotnie. Nach der Verfügung von 1874 stellt das Heer im Kriege 9 Reiter - Regimenter , Kavallerie- Divisionen

von denen jetzt eins einer der regulären als 4. Regiment zugeteilt ist. Die Ural-

Kasaken gelten für die reichsten aller Kasakenbevölkerungen und rekrutieren die von ihnen zu stellenden Regimenter lediglich durch von der Heereskasse unterhaltene Freiwillige (Stellvertreter oder Einsteher). Das Heer hat 1891 sein dreihundertjähriges Bestehen gefeiert und eine Heeresfahne , sowie 9 Regimentsfahnen erhalten . Das astrachansche Kasakenheer entstand 1750. Das Orenburgsche 1736. Wir gelangen jetzt, die übrigen Kasakenheere vorläufig übergehend,

zu

dem

ersten Auftreten

ländischer Organisation .

von

Regimentern

fremd-

Boris Godunow, der das Übergewicht

der westeuropäischen Kriegskunst zuerst würdigte , hatte am Ende seiner Regierungszeit eine Druschine von 2500 Ausländern unter nicht russischen Führern , die aber unter Wassil Schuiski entlassen wurde.

Michael

Feodorowitsch liefs

1631

durch

die

Obersten

Leslie und Van-Diemen 7000 Deutsche anwerben, von denen 1682 einige Regimenter gegen Polen kämpften. Diese Truppen bewährten sich aber nicht, und es wurde daher beschlossen , fortan nur noch die Offiziere aus dem Auslande zu beziehen. Die Mannschaften sollten von dem ärmeren Adel , Bojarenkindern und anderen freien Leuten gestellt werden . So entstanden Reiter - Regimenter (bewaffnet mit Säbeln und Karabinern) , Dragoner (mit Musketen und Säbeln) die unter Umständen auch zu Fufs fochten und Kopjeinye (von Kopje = Lanze) ausgerüstet mit Säbeln und Lanzen. Zur Infanterie, den sogenannten Soldaten-Regimentern , nahm man auch

6

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte

Bauern. Solcher Regimenter die in den Vorstädten (sslobóda) untergebracht waren und den Namen ihres Commandeurs oder der Garnisonsstadt führten, gab es am Ende der Regierung des Zaren Feodor Alexäjewitsch 25 zu Pferde und 38 zu Fufs . Im Jahre 1700 wurden diese Regimenter sämtlich aufgelöst . Aufser

diesen

Soldaten- Regimentern

befahl Michael Feodoro-

witsch 1642 aus den Moskauer Strelitzen zwei Regimenter zu bilden und sie nach europäischer Weise zu exerzieren .

Sie hiefsen aus-

erlesene Soldaten - Regimenter und führten die Namen Moskau und Butyrsk.

Von dem

ersteren Regiment ist keine Spur mehr

verblieben, das letztere hat aber nach vielen Wandlungen den Stamm zu dem noch jetzt bestehenden 13. Leibgrenadier-Regiment Eriwan gegeben, das also als das älteste Regiment der ganzen russischen Armee gilt und nach besonderer kaiserlicher Verordnung von 1642 (eigentlich erst 1797 ) datiert. Die nächst ältesten Regimenter schreiben ihren Ursprung von den Sslobodischen Tscherkassk- Kasaken - Regimentern her. Schon vor der Vereinigung Klein-Russlands mit dem Zarenreiche flohen 1640-1650 ganze durch die Union und den polnischen Adel bedrängte Dorfbevölkerungen aus der Dnieprgegend, namentlich von der Insel Tscherkassk, in die freien Steppen der russischen Ukraina (Grenze) jenseits des oberen Donetz und siedelten sich dort an, wobei sie sich vor den Anfällen der Krimtataren durch Befestigungen schützten.

Aus diesen später in Regimenter zusammen-

gestellten Kasaken sind hervorgegangen :

Das 3. Dragoner-Regiment

(früher Husaren gleichen Namens) Ssumsk (Kronprinz von Dänemark), das 11. Dragoner- Regiment (früher Ulauen) Charkow (Grofsfürstin Alexandra Petrowna), das 33. Dragoner- Regiment (früher Husaren), Jsjum (Prinz Heinrich von Preuſsen ) und das 36. Dragoner-Regiment (von 1796-1882 Husaren) , Achtyrsk (ehemals des Prinzen Friedrich Carl von Preufsen). Allen 1651 zuerkannt worden.

diesen Regimentern ist das Alter von

Aus den nicht an dem Verrat Mazeppas beteiligt

gewesenen

3 Regimentern der sogenannten Kompanei - Kasaken (in KleinRussland aufser den eigentlich kleinrussischen Kasaken 1668 formiert) hat das 1. Regiment Kijew den Stamm zu dem jetzigen 27. Dragoner- Regiment Kijew ( 1826-1882 Husaren, 1801 Dragoner, 1796 Kürassiere,

1784 Karabinier,

1775 leichte Reiter)

Aus dem 2. Kompanei- Regiment Tschernigow stammt 16. Dragoner-Regiment Gluchowsk.

gegeben.

das jetzige

Aus dem 3. Regiment Ssäwersk

der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit. das 4. Leibdragoner- Regiment Pskow. Das Alter aller drei Regimenter ist etwas willkürlich auf 1668 festgesetzt.

Das Jahr 1683 bezeichnet die Entstehung der beiden ersten Garde- Infanterie - Regimenter Preobrashensk und Ssemenowsk , die aus den bekannten Potjäschniki ( Spielkameraden ) Peters des Grofsen hervorgingen Moskaus gelegenen

und ihren

Namen von

ersten Einquartierungsorten

den in der dieser

Nähe

nach dem

Beispiel der früheren auserlesenen Soldaten-Regimenter errichteten Truppen erhielten. Aus dem Regiment Preobrashensk ging 1695 eine Bombardier- Compagnie (der Stamm der Garde -Artillerie) hervor. Bei Ausmarsch zum Feldzug gegen Asow, 22. August 1700 , erhielten diese Regimenter die Bezeichnung als Garde-Regimenter , und zur Auszeichnung für besondere Thaten standen von 1722 an alle Offiziere derselben um 2 Rangstufen höher als die der übrigen Armee (jetzt bekanntlich wie die ganze Garde überhaupt, nur noch um Die beiden Regimenter und die 1. Batterie der 1. Garde28. Mai Artillerie- Brigade durften am 4. Juni 1883 ihr 200jähriges Stiftungs-

eine).

fest feiern . Vom Jahre 1698 datiert das erste Kriegsreglement , dessen Herstellung auf Befehl Peters des Grofsen der General Weide unter Benutzung der im kaiserlichen österreichischen Heere gültigen BeSpäter wurde das Reglement nach den stimmungen übernahm . Erfahrungen des nordischen Krieges abgeändert und bildete so die Grundlage der ganzen russischen Kriegskunst im 18. Jahrhundert. Die Stiftung des vornehmsten russischen Ordens, des St. AndreasOrdens fällt in das Jahr 1699. Der erste Ritter des Ordens war der Generaladmiral und Statthalter von Sibirien Golowin, der 1702 zum Grafen des römischen Reichs (der erste derartige Fall in Russland) ernannt wurde. Mazeppa erhielt den Orden im Februar Erst am Der brandenburgische Gesandte Prinzen 1701. 1700. 10./21 . Mai 1703 verlieh sich Peter den Orden selbst und zwar als >Bombardierkapitän « für die Eroberung zweier Schiffe : Graf Golowin mufste ihm den Orden in der Feldkirche nach dem Dankgebet anlegen. Gleichzeitig erhielt ihn Menschikow. Wir sind bei der für die Geschichte der russischen Armee sehr wichtigen

Periode von 1700 angelangt.

Durch einen Ukas vom

6./17. November 1699 liefs Peter der Grofse an Stelle

der früher

bestandenen Soldaten-Regimenter und der Strelitzen neue SoldatenRegimenter (Infanterie und Dragoner) formieren. Die Urkunde ist nicht mehr aufzufinden,

und es wurde daher 1834 das Alter

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte

8

dieser 3 Divisionen :

Repnin , Golowin, Weide , bildenden Regimenter

auf den 25. Juni a.

St.

1700

festgesetzt,

Regimenter sich bereits im Felde befanden.

zu

welcher Zeit die

Es erscheint überflüssig,

alle aus diesen Truppen hervorgegangenen, noch jetzt bestehenden 24 Regimenter aufzuzählen , um so mehr, da eine ganze Anzahl der eigentlichen

Stämme

nach

dem

unglücklichen

Schweden gar nicht mehr existierten.

Kriege

mit

den

Es gehört dazu das 2. Gre-

nadier- Regiment Rostow (ehemals Kaspar Gulitz), das 19. InfanterieRegiment Kostroma und das 85. Infanterie-Regiment Wyborg ( Kaiser Wilhelm II. ) Ferner die Grenadier - Regimenter Kijew Nr. 5, Sibirien Nr. 9, Grusien Nr. 14, Astrachan Nr. 12, das jetzige 1. Leib-Dragoner- Regiment Moskau u . A. Unter den Namen der älteren Inhaber

sind

Gulitz

Delden,

(Goltz ? ) ,

die

deutschen Werden,

weitaus

Mews,

in

Treiden ,

der

Mehrzahl :

Bolman,

Bils ,

Schweden, Busch, Berner, Balk, Fliwerk, Angler. Als erster Generalkommissar für die fremdländischen und ReiterRegimenter fungierte seit

1700

der Bojar J. F. Dolgorukow mit

einer besonderen, Kriegsprikas (Ministerium) genannten, Behörde. Die früheren einzelnen Prikasse hörten damit auf. In demselben Jahre 19. August a. St. wurde Feodor Golowin zum ersten russischen Feldmarschall (früherer entsprechender Titel Woewode des grofsen Polks oder Heeres) ernannt.

Später und zwar noch vor der Schlacht

von Narwa, wurde Golowin jedoch zu diplomatischen Aufträgen verwendet und die Schlacht verlor sein Nachfolger, der aus Sachsen übernommene Feldmarschall

Herzog von Croy.

Seitdem haben es

in Russland 57 Generale zum Feldmarschall gebracht.

Unter den

Ausländern nennen wir Wellington 1815, Erzherzog Johann von Österreich 1837, Prinz Friedrich der Niederlande 1840 , Prinz Karl von Bayern 1841 , Radetzki 1848 .

Aus dem Jahre 1700 stammt auch die erste russische Kriegsdekoration , die den Regimentern Preobrashensk und Ssemenow, desgleichen der Bombardier-Compagnie,

für Narwa verliehen wurde. Das vielfach abgeänderte Zeichen wird jetzt seit 1858 noch von allen Offizieren der genannten Regimenter zur Erinnerung getragen . In demselben Jahr wurde zuerst »den Obersten und anderen Vorgesetzten für gute Dienste und für ihr Alter eine lebenslängliche Pension in der Höhe eines Drittels ihrer bisherigen Jahreseinkünfte bewilligt . > Stellungswechsel darf nicht ohne Genehmigung des Befehlshabers desjenigen Truppenverbandes ,

welchem die Artillerie zugeteilt ist,

erfolgen ; die Zustimmung ist erforderlichenfalls einzuholen u. s . w.« >Jeder Wechsel der Feuerstellung unterbricht die Wirkung.

Er ist

nur da vorzunehmen, wo der Gefechtszweck ihn bedingt. Es ist angegeben, dafs mit dieser Kanone jede Minute ein Geschofs, dessen Gewicht in den verschiedenen Berichten zwischen 590 und 1016 kg schwankt, feuert werden kann .

auf 5600 m Entfernung ver-

Ein Geschofs, welches 272 kg Dynamit aufser

dem Paraffin- Papier, Holz, Asbest- Futter u. s. w. aufnehmen und den Stofs aushalten soll, kann, um 5600 m weit geschleudert zu werden, kaum weniger als 816 kg wiegen,

besonders wenn es mit

einem teleskopischen Schwanzstück versehen ist ; es mufs, damit es eine dieser Entfernung entsprechende Präzision erhält, die Mündung mit einer Geschwindigkeit von wenigstens 305 m verlassen, also eine totale lebendige Kraft von 3870 m erhalten. Diese Leistung pro Minute repräsentiert 850 HP. der Kraftäufserung

Wenn

übertragen wird ,

welche

auf das Geschofs

3

zur Kompression der

Luft erforderlich war, so würde dies ein recht gutes Ergebnis sein ; um

also

einen Schufs pro Minute zu feuern ,

Dampfmaschine von 3850 solche

von 50 HP

würde

gerade

2550 HP

ist eine Betriebserforderlich . - Eine

hinreichend

sein,

um einen

57

Zur Charakteristik der pneumatischen Kanonen . Schufs in der Stunde abzugeben ,

vorausgesetzt, dafs dem Geschofs

eine entsprechende Geschwindigkeit erteilt werden soll ; 305 m ist thatsächlich von zweifelhaftem Wert.

die von

Es wird interessant sein zu erfahren , welche Dimensionen und Kraftäufserung die zur Komprimierung der Luft bestimmte Maschine der Graydon Kanone wirklich hat und ob, wie angegeben, eine Sektion von 4 Cylindern im Stande ist, die erforderliche Arbeit zu leisten.< Der

vorstehend

in

allgemeinen

Zügen

dargestellte

Ent-

wickelungsgang der pneumatischen Kanone ist noch dahin zu vervollständigen, dafs die Vereinigten Staaten von Nord- Amerika 7 Geschütze dieses Systems in die Armierung der Befestigungsanlagen von New-York aufzunehmen beabsichtigen und den Kreuzer » Vesuvius > Elektrotechnischen Zeitschrift

seiner Zeit eingehende Besprechung

und vergleichende Zusammenstellung mit mehreren anderen Typen gefunden, doch darf nicht unerwähnt bleiben, dafs die neuesten Exemplare noch bessere Resultate aufweisen , Zeitschrift angegeben.

als in der erwähnten

Was den vierspännigen Materialwagen anlangt , nächst

zu

erwähnen,

eine gewisse Strecke

dafs derselbe

so ist zu-

alles notwendige Material für

(circa 1 deutsche Meile) Drahtleitung führt,

also ein selbstständiges Ganzes bildet. Bei demselben ist nun die Packung neuerdings vereinfacht, die Konstruktion der Tragfedern ist verbessert,

und die früher steife Deichsel ist durch eine um

einen Bolzen drehbare und zur Befestigung der Stränge mit Zugfedern (Sidée'schen Pferdeschonern ) versehene Deichsel ersetzt .

88

Militär-Telegraphie und Militär-Brieftaubenwesen Da diese Zugfedern ,

die

auch in

dischen Artillerie eingeführt sind, in

einen

gleichmässig

verwandeln , so

zu- und

schützen sie

den

der dänischen und schweruckweisen Zug der Pferde

abnehmenden

die Pferde

elastischen

Druck

bis zu gewissem

Grade

gegen Geschirrdrücke und ermöglichen ihnen die Ausführung einer - dänischen Angaben zufolge -25 % gröfseren nützlichen Arbeit.

Während der

Materialwagen

früher

voll beladen

1800 kg

wog, ist sein Gewicht jetzt auf etwa 1740 kg herabgemindert, trotz der mehrfachen Komplettierung des auf dem Wagen mitgeführten Materials. Dieses sehr anerkennenswerte Resultat konnte nur erzielt werden durch die teils schon erwähnten , teils noch wähnenden Material verbesserungen .

zu er-

Der Drahtkarren gelangt bei der dänischen Telegraphentruppe zum Abwickeln des Drahtes von den Drahttrommeln fast stets

zur Anwendung,

weil

die Mehrzahl der Wege in Dänemark

mit so kurzstämmigen Bäumen bepflanzt ist ,

dafs ein Bauen der

Stangenleitung durch direktes Ablaufen lassen Wagen aus sich meist nicht ausführen läfst.

des Drahtes vom Während nun die

früheren Drahtkarren zum Teil aus Holz bestanden , aber die

vielen

notwendigen Schrauben

immer

wobei

noch durch

sich das

Rütteln auf den Wegen lösten, werden sie neuerdings sämtlich aus Stahl gefertigt, und ist hierbei gleichzeitig der Rahmen verkleinert und die Drahtleitungs-Vorrichtung verbessert worden . Das Aufrollen des Drahtes

geschieht durch Drehung einer Kurbel,

wobei

sich nicht nur die Trommel dreht, sondern auch eine Drahtführung derartig in Gang gesetzt wird, dafs sich der Draht in regelmässigen Lagen um

die Wellen legt.

Die Stahlkonstruktion

hat übrigens

zur Folge gehabt, dafs man mit gröfserer Dauerhaftigkeit eine Verminderung des Gewichtes von 45 auf 30 kg erzielt hat, sehr bemerkenswertes Resultat.

gewiſs ein

Das neue Stationszelt hat eine rectanguläre Grundfläche von 2,40 . 1,70 m , die Seitenwände sind 1,70 m, der Dachrücken etwa 3 m hoch. Dasselbe wird von 2 gewöhnlichen FeldtelegraphenStangen getragen, wände Das

von denen je eine in jeder der geraden Giebel-

steht und die eine zugleich

ganze Zelt mit den dazu

Stangen, wiegt 16 kg.

als Endpunkt der Linie dient.

gehörigen

Pflöcken ,

aber

ohne

Da die eine Stange jedenfalls, und bei der

häufigen Errichtung der Station ohne Benutzung des Zeltes auch die andere für den Bau der Telegraphenlinie disponibel bleibt, so dürfte die Zweckmäfsigkeit der Anwendung von Telegraphenstangen als Zeltstützen

einleuchten .

Man

glaubt übrigens in Dänemark

in Dänemark nach ihren neuesten Fortschritten.

89

angesichts der guten Bebauung des Landes darauf rechnen zu dürfen, die Station meist in einem Hause oder dergl. errichten zu können ; für jede Eventualität besitzt man aber auch noch besondere Stations wagen , übrigens keine Neuerung, sondern hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt , das sind zweispännige geschlossene Wagen mit Apparaten für 2 Stationen und aufser dem . Kutscher noch 2-4 Telegraphisten und 1 Gehülfen Platz bietend. Der Wagen einschliefslich Material wiegt etwa 950-1000 kg. Eine Zeltstation wird übrigens vom Materialwagen auf dem Zelt und ― Stationsmaterial sich befinden in etwa 10 Minuten errichtet, und umgekehrt in 8 Minuten aufgehoben. Während man

weiterhin früher pro dänische Meile (wie bei

uns circa 72 km ) nur 120 Telegraphenstangen und 15 Verlängerungsstangen mitführte, sind diese Zahlen jetzt auf 130 bezw. 25 gesteigert, wodurch der Abstand zwischen den Stangen von ca. 63 m auf ca. 58 m verringert und eine gröfsere Stabilität der Linie erzielt wird , zumal da die Verbindung der Verlängerungsstangen mit den Telegraphenstaugen verbessert ist und die unzuverlässigen Steifen der Pfosten aus Liniendraht durch vollständig zuverlässige Hanfseile ersetzt sind. Die Telegraphenstangen sind aus Kiefernholz, 3,6 m lang und 42 mm dick, mit einem Gewicht von ca. 3 kg. Mittelst der Verlängerungsstangen , welche in die gewöhnlichen Stangen eingeschraubt werden ,

kann

die freie Höhe bis auf 4,86 m, am nie-

drigsten Punkte bis auf 4,4 m vermehrt werden . Die zur Besteigung von Bäumen u. s. w. mitgeführte Leiter ist länger, leichter und zweckmäfsiger gemacht ; aufserdem werden statt einer Leiter künftig deren zwei mitgeführt, wodurch die Anbringung der Linie auf vorhandenen Bäumen u. dergl . beträchtlich beschleunigt wird. Zum Abbau derartiger Linien sind langgestielte Brecheisen einer eigentümlichen Konstruktion eingeführt worden, mittelst deren man, auf der Erde stehend, die Mauerhaken ausziehen kann . - Von kleineren Mafsregeln, die einiges Interesse darbieten, wäre vielleicht noch zu erwähnen, dafs der Isolator durch Umlegung eines starken Drahtes mit zurückgebogenen Haken selbstbindend gemacht ist, sowie ferner, dafs eine neuere zweckmäſsige Drahtzange, die gleichzeitig Flach- und Beifszange enthält, und statt des hölzernen Wassereimers ein Eimer von wasserdichtem Segeltuch eingeführt worden ist. 2.

Die Organisation im Kriege.

graphie. Zweig

des

a)

Optische

Tele-

Wir möchten hier zunächst auf einen ganz besonderen Signaldienstes

eingehen,

den

Küstensignaldienst

Militär- Telegraphie und Militär - Brieftaubenwesen

90

welcher wegen

der Beschaffenheit des Landes und der Bedeutung

seiner Kriegsmarine für Dänemark von gröfster Wichtigkeit ist und von Alters her, dem Küstenverteidigungsdienste zugesellt, eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt hat. raten, wurde die Küsten wehr hagens

durch die

Halb in Vergessenheit ge-

1807 nach

dem

Überfalle Kopen-

Engländer neu ins Leben gerufen und leistete

im folgenden siebenjährigen Kriege anerkennenswerte Dienste gegen die in den Fahrwassern umherschwärmenden zahlreichen englischen Kreuzer. Ein allerdings sehr primitives - Signalsystem warnte. mittelst errichteter

Baaken die Nachbarschaft, sobald ein Angriff

drohte, worauf die nächsten Abteilungen der Küstenwache dem bedrohten Punkte zueilten . geringen Stärke,

Obgleich diese Küstenwehr wegen ihrer

zerstreuten Aufstellung und unzulänglichen Aus-

bildung völlig aufser Stande gewesen wäre, einem ernsthaften , mit gröfserer Truppenmacht versuchten Angriffe Widerstand zu leisten , so gelang es ihr doch fast immer die Angriffe vereinzelter Kriegsschiffe

zurückzuschlagen,

einer plötzlich

ja ausnahmsweise

sogar bei Benutzung

eingetretenen Windstille kleinere feindliche Kriegs-

schiffe anzugreifen und zu schlagen. Diese Küstenwehr vermag jetziger Zeit nur noch Anspruch auf historischen Wert zu erheben ; der jetzige Küstensignaldienst ist eine ausschliefslich den letzten anderthalb Decennien gehörende und auf die Benutzung aller Erfindungen und Hülfsquellen der

Gegenwart basierte Neubildung, welche zunächst

vom jeweiligen Chef des Ingenieur-Regiments unter kräftiger Mitwirkung der Telegraphen -Compagnie ins Leben gerufen und weiter ausgebildet wurde, bis sie endlich durch Zusammenwirken der Telegraphentruppen mit dem Generalstabe, der Marine und der Staatstelegraphen- Verwaltung eine zeitgemässe Organisation erhalten hat . In den Hauptzügen ist dieselbe folgendermafsen beschaffen :

Längs

der ganzen Küste ist eine grofse Anzahl von Punkten zu Ausgucksoder Küstensignal- Stationen ausersehen , deren einige, wie schon erwähnt, bereits im Frieden besetzt sind, während bei der Mobilmachung alle

eine

Besatzung von

Kriegsmarine stehen.

Seeleuten

erhalten , die im Dienste der

Zu den wichtigsten Stationen wird aufserdem

noch ein Kommando der Telegraphentruppen abkommandiert. Während es hauptsächlich den Seeleuten obliegt, den Ausguck zu besorgen , über die Bedeutung der Beobachtungen zu entscheiden und , falls es verlangt wird ,

durch

Boote

mit den Schiffen der Marine in Ver-

bindung zu treten , haben die Telegraphentruppen die Aufgabe, nachdem sie etwa noch fehlende Telegraphenverbindungen hergestellt haben, dieselben zu unterhalten, den Telegraphendienst zu besorgen

in Dänemark nach ihren neuesten Fortschritten.

91

und mittelst optischer Signale mit den vorüberfahrenden Schiffen der Marine den Nachrichten verkehr herzustellen .

Eine eigentliche

Küstenwehr ist bisher mit dem Küstensignaldienst nicht erzielt ; derselbe findet jedoch in der grofsen Anzahl der überzähligen , ausgebildeten Landwehrmänner

eine

gute

Stütze,

wie denn auch eine

Küstenmiliz sich mit sehr geringfügiger Mühe und unbedeutendem Kostenaufwand aus diesen organisieren lässt. Was die übrigen Formationen für Signalwesen anlangt, so sind uns keine Mitteilungen über vorgenommene Neuerungen zugegangen ; es darf daher angenommen werden , dafs die Angaben der Nokkentved'schen Schrift ( Seite 69 unter *) hierin noch zutreffend sind . Demnach werden - in nach den Umständen zubemessender Anzahl Feldsignal- Abteilungen und Etappensignal- Abteilungen formiert.

Die

Feldsignalabteilungen werden in erster Linie in Verbindung mit den operierenden Truppen angewandt, um Verbindungslinien herzustellen, welche eine verhältnismäfsige Länge (7-15 km) haben, und welche einige Zeit erhalten werden sollen . Die Abteilungen werden normal aus 4 doppelten

Stationen

zusammengesetzt und entweder

einer Feldtelegraphen-Abteilung untergeordnet oder zum direkten Dienst

unter einem grösseren Stab abgegeben.

Zu jeder doppelten

Station gehört 1 zweispänniger Signalwagen sammt 2 Befehlshabern und 4-5 Signalisten . Die Aufgabe der Etappen signal - Abteilungen ist es namentlich die sekundären Verbindungslinien in einer festen Stellung zu etablieren, durch Besetzung der schon erwähnten Küstensignal - Stationen Verbindung zwischen Heer und Flotte zu schaffen , und unterseeische Kabel zu doublieren oder neue Verbindungslinien zwischen Landesteilen zu schaffen, welche durch die See von einander geschieden sind .

Die Formation dieser Ab-

teilungen ist von den lokalen Verhältnissen abhängig; die Stationen sind deshalb in Gruppen gesammelt, deren Umfang durch die Gröfse und

Bedeutung der natürlichen

Geländeabschnitte bestimmt wird.

Besonders konstruierte Beförderungsmittel hat man für das Etappensignal-Material nicht für nötig erachtet. b) Elektrische Telegraphie. und Etappentelegraphen - Abteilungen

Es werden Feldtelegraphenformiert ; die Aufgabe der

Feldtelegraphen - Abteilungen ist es, elektrische Verbindungslinien zwischen dem Armeecorps -Kommando , eventl. einer detachierten Division und dem heimischen Telegraphennetz zu etablieren, sowie auch solche Etappenlinien zu bauen, deren Herstellung schneller erwünscht ist, als es durch Benutzung der Etappentelegraphen - Abteilungen möglich ist. Sie werden in einer solchen Stärke formiert,

Militär-Telegraphie und Militär- Brieftaubenwesen

92 dafs jede

Abteilung 2 Baukolonnen und

1

Abbaukolonne

samt 5

Stationstrupps bilden kann . Das Material besteht aus 1 zweispännigen Stations- und 4 vierspännigen Materialwagen, mit welchen 30 km Linie , 4-6 einzelne Stationen samt 1 Centralstation etabliert werden können.

Neuerdings

tritt

nun hinzu ,

wie schon bei der

Friedensorganisation besprochen, eine etwa gleiche Anzahl von Telephon-Stationen und ein Kabelvorrat, den man pro Abteilung auf vielleicht

8 km schätzen darf, da nach den uns gegebenen authentischen Mitteilungen das Verhältnis des Kabels zum nicht isolierten. Draht wie 0,266 : 1 ist. Die Aufgabe der Etappentelegraphen - Abteilungen ist es, die zerstörten

permanenten

Linien

wieder herzustellen, Linien in

festen Stellungen zu etablieren und die Etappensignal- Stationen mit dem

heimischen Telegraphennetz

zu

verbinden .

Auf Seite 7 der

mehrerwähnten kleinen Schrift des Kapitän Nokkentved heifst es darüber des Näheren : »Als Regel werden 2 Etappenkolonnen als eine Compagnie von solcher Stärke formiert, dafs für jede Kolonne 1 vollständige

Baukolonne, 2 Stationstrupps und eine Reserve ge-

bildet werden können . Jede Kolonne erhält 1 vierspännigen und 2 zweispännige Materialwagen, mit welchen circa 8 km Feldtelegraphenlinie, circa 30 km Etappenlinie und 2 Telegraphen- Stationen etabliert werden können . In der Wahl der Art des Materials ist man davon ausgegangen ,

dafs

man

als Regel erwarten darf, das

notwendige Stangenmaterial an Ort und Stelle zu finden, oder jedenfalls die erforderlichen Latten aus der Umgegend herbeischaffen zu können ; man ist jedoch darauf vorbereitet, innerhalb gewisser Grenzen jeglicher Unterstützung

entbehren zu können ,

weshalb die Aus-

rüstung sich als kombiniertes Feld- und Etappenmaterial darstellt. Der vierspännige Materialwagen ist derselben Konstruktion und auf ähnliche Weise wie der Feldtelegraphen-Materialwagen verpackt. Jeder der zweispännigen Wagen führt circa 15 km Draht mit zugehörigen Isolatoren und Mauerhaken u. s . w., etwas permanentes Linienmaterial

für Wiederherstellungsarbeiten und Werkzeug für

eine Baukolonne. Verpackung wiegt einen

Das Gewicht dieses Wagens beträgt 705 kg, die circa 600 kg.

Kutscher und

Vorne im Wagen ist Platz für

einen Wagenführer.

Das Personal der Bau-

kolonne ist reglementsmäfsig 1 Führer, 6 Befehlshaber und 24 Pioniere .

Die

Baugeschwindigkeit

bei dieser Art von Linien variiert

selbstverständlich in sehr hohem Grade, namentlich je nachdem das Stangenmaterial beschaffen ist. Lokaltruppen« . Alle regulären Truppen zerfielen von dieser Zeit ab in Feldtruppen : a ) die Infanterie- und Kavallerie- Divisionen mit Artillerie, b) die nicht im Divisionsverband stehenden Sappeur -Bataillone nebst

der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit.

147

Parks, die Schützen-Brigaden ( à 4 Bataillone) , c) die Belagerungsund Feld-Artillerie- Parks und

d) die Ingenieur-Parks

und in

die

Lokaltruppen : 70 Infanterie- und 10 Schützen- Reserve- Bataillone , 6 Sappeur und die Reserve-Kavallerie und Artillerie- Brigaden ; diesen nicht mit den jetzigen Reserve- Cadres-Truppen zu verwechselnden Reserve-Truppenteilen

lag die Ausbildung der Rekruten

und Re-

monten für die Feldtruppen ob, desgleichen ihre Ergänzung im Kriege. Man hätte die Reserve-Truppen also auch als Ersatztruppen bezeichnen können . Aufserdem gab es an Lokaltruppen : FestungsRegimenter und Bataillone, Gouvernements -Bataillone und Kreiskommandos (zur Ableistung des inneren Dienstes). kommandos zum Transport von Gefangenen.

Ferner Etappen-

Festungs- und Gar-

nisons -Artillerie , Ingenieurkommandos, Arrestanten-Compagnien und Hospital-Compagnien . Die aus früherer

Zeit

stammenden

Linien - Bataillone ,

welche gleichzeitig den Dienst als Feld- und Lokal-Truppen auszuüben hatten, wurden beibehalten und erst später umformiert. Das die

an Veränderungen sehr reiche Jahr 1864 brachte

Umformung

der

bestehenden

Kadetten -Corps

in

auch

Militär-

gymnasien mit sich , wodurch diese Anstalten ein weniger militärisches Gepräge erhielten , das sich auch in der Auswahl der Lehrer und Erzieher, sowie in der Gestaltung des Lehrplans aussprach. Aus den allein die militärische Ausbildung bezweckenden sogenannten Spezialklassen von 6 Kadetten - Corps waren bereits 1863 die noch jetzt

bestehenden Kriegsschulen

( die Pawlowskische, die

Konstantinowskische und die Alexandrowskische) Aufgabe

formiert,

deren

es ist junge Leute mit höherer Schulbildung (meistens

Abiturienten der jetzt

wieder zu

Kadetten -Corps umgewandelten

Militärgymnasien) in einem zweijährigen theoretisch zu Offizieren auszubilden . Da diese Anstalten , Kriegsschule,

zu denen

die Artillerie-

Kursus

praktisch

und

auch die Nikolaus-Kavallerie-

und die Ingenieur - Kriegsschule,

das

Pagen-Corps und das finnische Kadetten - Corps (letztere in ihren Spezialklassen ) zu rechnen sind , zur Ergänzung des Offizier - Corps der bedeutend angewachsenen Armee nicht ausreichten, so wurden Ende 1864 vier

sogenannte Junkerschulen in Moskau , Wilna

Warschau und Helsingfors neu eröffnet, zu denen 1865 die Schulen in Odessa, Tschugujew, Kijew und Riga, Twer und Jelisawetgrad (letztere beide nur für Kavallerie), 1866 die Infanterieschulen in Kasan und Tiflis, 1869 die Infanterieschule zu Petersburg und die Kasakenschule zu Nowo-Tscherkassk , 1870 die Kasakenschule in Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine. Bd. LXXXI., 2. 11

148

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte

Stawropol und 1876 die Schule zu Orenburg (gemischt für Infanterie und Kasaken) traten . Seitdem sind auch in Taschkend und in Sibirien Junkerschulen errichtet worden, deren Zweck es ist junge, bereits bei den Truppenteilen schulbildung innerhalb

eingetretene Leute

mit Elementar-

2 Jahren zum Offizier vorzubereiten.

Aus

diesen noch heute bestehenden, aber in ihrem Lehrplan etwas mehr den höher stehenden Kriegsschulen genäherten Junkerschulen ,

in

denen auch Individuen aufgenommen werden, die sich ihre Schulkenntnisse erst bei der Truppe erworben haben , gehen fast zwei Das letzte Drittel Drittel aller russischen Armee- Offiziere hervor. kommt auch für die Armee - Regimenter aus den Kriegsschulen, die ihren Hauptbestandteil an Abiturienten und zwar die bestbestandenen , an die Garde beziehungsweise die Spezialwaffen abliefern. Das Pagen- Corps versorgt fast nur die Garde . Bis zu der 1874 vor sich gegangenen Einführung der allgemeinen Wehrpflicht sind nur wenige wichtigere Neuerungen zu verzeichnen. Es wurden 1864 die vorhandenen Train - Bataillone und Brigaden aufgelöst, und hatten die Truppenteile fortan allein für ihre Trainangelegenheiten zu sorgen . Die Sappeur-Bataillone teilten sich in aktive und Reserve- Bataillone, die Pontonier-Bataillone zählten seit 1864 sämtlich zu den Feldtruppen.

Es gab ein Garde-,

ein Grenadier-, 7 Armee-, 2 kaukasische Sappeur-Bataillone, 6 PonDie Haupttonier-Bataillone und 3 Reserve - Sappeur - Bataillone. verwaltung des Generalstabes und das Inspektions- Departement des Kriegsministeriums wurden 1865 zu einer Hauptstab genannten Behörde vereinigt . Seit 1867 durfte die Verpflichtung zum persönlichen Dienst durch Geldzahlung und die Miete eines Stellvertreters abgelöst werden . Ferner wurden die SchützenBataillone Nr. 19 und 20 neu errichtet, sämtliche Schützen- Bataillone von den Infanterie- Divisionen getrennt und zu besonderen Brigaden 1. Garde- , 5 Armee-, eine Kaukasische und eine Turkestanische à 4 Bataillone formiert. Über die Schützen - Brigaden wurde ein Schützen-Inspekteur

gestellt.

Im

Jahre

1873

endlich

erhielten

sämtliche aktiven Artillerie - Brigaden aufser der 1. und 2. turkestanischen und der ostsibirischen , anstatt der früheren 3 Batterien, 6 Batterien und zwar Mitrailleusen-Batterie.

3 neunpfündige ,

2 vierpfündige und eine

Letztere ist jetzt abgeschafft.

In demselben

Jahre erfolgte die Umbenennung des ehemaligen, bereits 1798 gestifteten , Garde - Garnison - Bataillons zum Garde- Reserve- (Cadres-) Bataillon, was den Beginn der Formation der noch jetzt bestehenden , eine wesentliche Stelle im russischen Heeresverband einnehmenden

der russischen Armee von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit.

149

Reserve-Cadrestruppen (siehe unten) bezeichnet. Die im Jahre 1864 formierten Reserve - Bataillone (siehe oben) wurden dagegen aufgelöst. Die Einführung

der allgemeinen Wehrpflicht , welche

zunächst grofsen Einschränkungen für die gebildeteren Klassen und die aus diesem oder jenem Grunde Unabkömmlichen unterlag und die Dienstzeit unter Fortfall des Loskaufs und der Stellvertretung auf 15 Jahre, darunter 6 Jahre im aktiven Dienst und 9 Jahre bei der Reserve festsetzte --- die Kasakenheere und die asiatischen Truppen unterlagen anderen Bestimmungen -- mufsten natürlich eine grofse Umwandlung auf allen Heeresgebieten mit sich bringen, namentlich wegen des zu erwartenden bedeutenden Zuwachses

von Rekruten

und Reserven, für die neue Cadres zu bilden waren.

Bestimmungen

darüber, sowie über das Avancement zu Unteroffizieren und Offizieren , sowohl freiwillig eintretender als durch das Loos zum Eintritt verpflichteter junger Leute wurden sofort erlassen , konnten aber nur nach und nach zur Ausführung gelangen, was sich namentlich im Kriege von 1877-78 ungünstig äusserte. Bereits im Jahre 1874 erhielten die kaukasische GrenadierDivision

und

die

zur

kaukasischen Armee

gehörigen

Divisionen

Nr. 19, 20, 21 , 38 und 39 per Regiment 4 Bataillone anstatt der früheren 3, und wurde bald darauf eine neue Division , die 41. , desgleichen die 41. Artillerie- Brigade neuformiert. Man nahm zu den 4. Bataillonen teils die bisher bei jedem Bataillon befindlichen Schützen-Compagnien , teils bereits vorhandene Linien- Gouvernementsund

Festungs- Bataillone.

Im Jahre 1876 erhielten auch sämtliche

Garde -Infanterie - Regimenter 4 Bataillone. Alle diese Regimenter hatten fortan pro Bataillon nur 4 Compagnien . Die SchützenCompagnien bei den Bataillonen fielen fort, und ist diese Einteilung bekanntlich seit 1879 auch auf alle übrigen Regimenter der Armee ausgedehnt.

1875 erfolgte die Organisation der gesamten regulären

Kavallerie in die noch jetzt bestehenden 14 Divisionen , neuerdings 15 , und 1 kaukasische Division , mit je zwei reitenden Batterien . Die Lokaltruppen blieben vorläufig bestehen, doch waren Veränderungen bei den Festungstruppen, den Ersatz und den Reservetruppen geplant, und erhielt das ganze europäische Russland eine Einteilung in Lokalbrigaden und Militärkreise, deren Chefs in ganz ähnlicher Weise wie unsere Bezirks-Commandeure die Rekrutierungs-Angelegenheiten und das Listenwesen für die Reservemannschaften zu besorgen und die in ihrem Distrikt befindlichen Lokaltruppen zu kommandieren hatten . Meistens bei diesen Kreiskommandos und

11*

150

Beiträge zur Orientierung über die Entwicklungsgeschichte u. s. w.

nicht in den Garnisonen der Truppenteile, werden bei einer Mobilmachung auch die Ersatz- Bataillone formiert. Der Krieg von 1877-78 fiel in eine Zeit als diese Reformen sich erst in den Anfangsstadien ihrer Ausführung befanden und ihre Nützlichkeit noch nicht geltend machen konnten , namentlich was das Ersatz- und Nachschubwesen anbetrifft. Daher rührt von strategischen,

taktischen

und Administrationsfehlern abgesehen, zum grofsen Teil der ungünstige Ausgang der ersten Hälfte des Feldzugs . Im Jahre 1876 war in Abänderung der früheren Bestimmungen , eine den neuen Bestand der Armee in Rechnung ziehende Verfügung über die Verwaltung der Truppen im Felde erlassen worden und schritt man in demselben Jahre im Hinblick auf den bevorstehenden Krieg zur Bildung einer Operations - Armee und zur Zusammenstellung der für sie bestimmten 6 Armee-Corps (Nr. 7, 8, 9, 10, 11 , 12). Erst 1877 folgte die Organisation der Armee-Corps Grenadiere und Nr. 1 , 3 , 4 , 5 , 6 , 13 , 14 später das 15. (seit 1890 auch das 16. und 17. zu denen nunmehr noch zwei neue Nr. 18 und 19 hinzutreten sollen ) . Es trat also wiederum eine improvisierte Maſsregel ein , und der Armee- Corpsverband hatte bis zum Ausbruch des Krieges keine Zeit, sich hinlänglich zu befestigen . Ebenfalls im Jahre 1876 machte man den Beginn mit der Schöpfung einer Eisenbahntruppe. Eisenbahnkommandos bestanden bereits seit 1870. Es wurde ein Eisenbahn-Bataillon bei der 3. Sappeur-Brigade in Moskau aufgestellt, und erhielt dasselbe obwohl die anderen noch nicht vorhanden waren, die Nr. 3. 1878.

Die Bataillone Nr. 2 und 4 folgten 1877 , Nr. 1 1876 erschien auch eine Verfügung über die Opoltschenie

(Reichswehr) , desgleichen eine andere für die Versorgung der OperationsArmee mit Pferden . Als Kern einer Reserve -Armee und zur Ausübung des inneren Dienstes an Stelle der für den Krieg bestimmten Truppen schritt man im April 1877 zur Formation von 10 ReserveBataillonen (aus Festungstruppen ) im Juli und August folgten 42 weitere

Reserve - Bataillone, im Januar und April 1878 noch 80 Reserve-Bataillone, die aber nach Beendigung des Krieges sämtlich aufgelöst wurden und den Reserve-Cadres-Bataillonen Platz machten . Die Ersatz- Bataillone für die am Kriege teilnehmenden Truppen, von denen bekanntlich die Garde und das Grenadier- Corps erst später herangezogen wurden , konnten ebenfalls erst allmählich während des Krieges zur Aufstellung gelangen und haben zum Ersatz nur wenig beigetragen . Beim Beginn der Mobilmachung konnten verschiedene Regimenter nur dadurch annähernd auf den Kriegsfufs gebracht werden, dafs man Mannschaften aus anderen

Der strategische und taktische Schwerpunkt u . s. w.

Regimentern

Bei den

nahm .

Festungstruppen

ruhten

151

die Neu-

formationen eben so wenig , kurz es herrschten ganz ähnliche Zustände wie während des Krimkrieges von 1853–56 . (Schlufs folgt. )

XII.

Der

strategische

und

taktische

Schwerpunkt in der Kriegsgeschichte und sein auf die Gefechtsführung.

Einfluss

Eine Studie.

(Schlufs). Wir übergehen die Zeit nach den Befreiungskriegen , sie bietet im Verhältnis zur früheren und späteren Kriegsepoche wenig des Grofsartigen. methodischen

Die

Kämpfe tragen

Gefechtsführung ,

meistenteils

die den

das Gepräge der

Sieg in der allmähligen

gegenseitigen Abschwächung sucht, wo alsdann derjenige als Sieger hervorging, der in letzter Stunde noch Kraft genug zu einem energischen Stofs besafs. die

Clausewitz schildert in anschaulicher Weise

Natur dieser Kämpfe,

>> Vom Kriege>Aus der Tete in Sektionen brecht ab ! « unmittelbar auf den Eingang des Hofes zu,

während sich,

dichtaufgeschlossen folgend,

Sektion

auf Sektion in den Hohlweg hineindrängte . Schützen der 10. und 11. Compagnie begleiteten diese Bewegung zu beiden Seiten. Einzelne Leute und Unteroffiziere

an der Spitze schossen

ohne Befehl auf

den Feind, der sich in den Hof flüchtete. Major v. Kaisenberg verbot das Schiefsen und stürmte, die zerschossene Fahne in der Linken, den Säbel in der Rechten, unter anfeuernden Zurufen dem Eingang zu, bis er doppelt verwundet zusammenbrach . Einen Augenblick machte sich ein Stutzen bemerkbar ; denn die an der Spitze befindlichen Offiziere und Unteroffiziere waren gefallen und sperrten den Hohlweg. Der Bataillons- Commandeur rief, am Boden liegend , »Rechts herauf! >Rechts herauf ! « schallte auch vom Eingang des Hohlweges die Stimme des kommandierenden Generals v. Kirchbach, der bis in dieses Feuer dem Bataillon gefolgt war. Darauf ging das Halbbataillon rückwärts und sammelte sich in einer BodenDie 11. Compagnie blieb im Hopfen-

falte nördlich des Schlosses.

garten dem Gehöft gegenüber im Feuergefecht liegen, ebenso ein Teil der 10. Compagnie, deren Rest gesammelt wurde und sich nördlich zog , um an dem Gefecht des I. Bataillons Teil zu nehmen . Inzwischen

war

das

II. Bataillon,

welches

bei

dem

etwas

weiteren Wege nicht gleichzeitig mit dem Füsilier- Bataillon den gewaltsamen Angriff gegen das Schlofs mitmachen konnte, aus dem die Strafse Altenstadt - Geifsberg quer durchschneidenden Hohlweg heraus und in den Bereich des feindlichen Infanteriefeuers getreten. Mit einer geringen Rechtsschwenkung wurden die 5. und 8. Compagnie in das erste Treffen gezogen ; dieselben lösten aber zunächst keine Schützen auf, da die Front gedeckt war durch die aufgelösten Züge der 6. und 7. Compagnie, die in vollem Laufe die Schwenkung ausführten. Schnell wurde das Gepäck abgeworfen und mit schlagenden Tambouren der Sturm nun mit voller Heftigkeit gegen die Nordostecke des Schlosses begonnen .

Im Sturme wurde der

Hopfen-

garten und eine Sandgrube, die vom Feind hartnäckig verteidigt wurden, genommen ; doch nur eine kleine Pforte zeigte sich hier am Schlofs, durch welche der Bataillons-Commandeur, Major Schaumann, ungefähr drei Züge ins Schlofs hineinführte. Ein weiteres Vordringen im Innern war jedoch nicht möglich ;

es wurde daher

Das Ortsgefecht.

181

von Fenster zu Fenster ein Feuergefecht unterhalten .

Von Süden

her drang ein Teil der 8. Compagnie in den äufseren Schlofshof ein, wo sich auch Schützen der 9. Compagnie Infanterie-Regiments Nr. 87 festsetzten . Das II. Bataillon des Königs -GrenadierRegiments machte eine Achtelschwenkung rechts, um an der Nordfront des Gehöftes vorzustürmen . (Es war dies der Augenblick , in dem auch das Füsilier-Bataillon seinen todesmutigen Sturm ausführte.)

Ein Zug der

6. Compagnie folgte auf

fliehenden Feinde durch die Hopfengänge.

10 Schritt dem

Am jenseitigen

des Hopfengartens machte der Zug einen Augenblick Halt,

Rand feind-

liche Schützen lagen noch in den kleinen Bodenwellen und Gräben eines Obstgartens,

welcher sich vor der Nordfront befand .

Hier

trat das II . Bataillon in Wechselwirkung mit dem Füsilier- Bataillon . Was vom Feind gegen die Grenadiere Front machte, beschossen die Füsiliere in der 12-16 m.

ihn

und

umgekehrt

auf

Entfernungen

von

Trotz aller Tapferkeit mufste der Feind in das Gehöft

zurückweichen ; gleichzeitig

Flanke

der vorderste

mit einzudringen ,

Zug

der

6.

kam jedoch

Compagnie versuchte nur bis ans Thor, wo

ein mörderisches Feuer empfing und das Weiterkommen ver-

hinderte. Der Zug warf sich zurück an die Mauer des Gehöftes selbst, wo er hinter einem kleinen Vorsprung, einem Backofen, Deckung fand.

Bis zu diesem Punkte waren unmittelbar hinter

dem erwähnten Zuge die 5. und 7. Compagnie dicht an der Mauer der Nordfront vorgedrungen, nicht ohne durch das Feuer aus den Schiefsscharten schwere Verluste erlitten zu haben. Die am Boden befindlichen

Schiefsscharten

wurden

nach

Möglichkeit

verstopft,

durch die über der Erde befindlichen wurde in den Hof gefeuert, um die Annäherung an die Schiefsscharten von innen unmöglich zu machen. - Hier stand das Gefecht. Der Nordfront des Schlosses Geifsberg gegenüber befanden sich, vom rechten Flügel angefangen, ein Zug der 10. Compagnie, an der Altenstadter Strafse selbst die 4. Compagnie Jäger- Bataillons

Nr. 5 , links

davon die

11. Compagnie Königs-Grenadier- Regiments ; ein Zug der 6. und die 5. und 7. Compagnie standen an den Mauern der Nordfront ;

zwei

Züge der 6. Compagnie und Teile der 7. und 8. Compagnie befanden sich im Schlofs. - Die Lage war peinlich. Dem Feinde war in den Gebäuden wenig anzuhaben , während das Feuer aus den höher gelegenen Fenstern noch manches Leben kostete. Es wurde versucht, das Schlofs in Brand zu stecken . Holz und Stroh durchnäfst ;

Der Regen hatte aber

trotzdem wurden

einige Gebäude an

dem Backofen in Brand gesteckt, um die Scharten

auszuräuchern > wie soll der Raum von der Abgabe des entscheidenden Feuers bis zur feindlichen Stellung durchmessen werden , « ist eine ungelöste, und wird so lange ungelöst bleiben, ehe nicht die Praxis uns — hoffentlich nicht zu blutige Lehren gegeben ! Vielfach glaubt man , dafs es bei der heutigen Waffe unmöglich sein wird, ohne Feuer diesen Raum zu durcheilen . Diese Annahme widerspricht allen Erfahrungen des Krieges , sie widerspricht vor allen Dingen unserer Tradition, sie widerspricht ausdrücklich dem Reglement. Teil I des Reglements Nr. 128 , Seite 50 sagt : Stellung befindliche Schützenlinie feuert.

»Nur

eine

in

Während der Bewegung

einer solchen ist die Anwendung von Feuer auf Ausnahmefälle beschränkt. Dieser ganze Absatz ist gesperrt« gedruckt! - Aber als Beweis ,

dafs beim Sturm die Anwendung

des Feuerns in der

Bewegung zu den möglichen » Ausnahmefällen « nicht gehört, verweise ich auf Teil II, Nr. 82, Seite 120, auf die klassischen Direktiven für den Angriff : » In diesem entscheidendsten Augenblick des Angriffs giebt es für eine Angriffsfront nur eine Losung, Vorwärts heifst der Tamboure,

welche

Vorwärts geradeaus zum Ziel ! das Schlagen

das von allen Hornisten unausgesetzt zu blasende

Signal »Rasch vorwärts ! « setzt alles , auch das Letzte in Bewegung, und mit Hurrah werfen sich die stürmenden Truppen auf den Feind . >Blanco Encalada « , durch kreuzers

einen Torpedotreffer des Torpedo-

Almirante Lynch« zum Sinken gebracht wurde , hat die

Aufmerksamkeit von Neuem auf die furchtbare Waffe, welche in den letzten Decennien mit den Torpedos den Kriegsmarinen

aller

Länder ein neues eigenartiges und besonders wichtiges Kampfmittel zuführte, gelenkt, und es erscheint nicht ohne Interesse, den

be-

deutsamen Vorgang, soweit derselbe in seinen Einzelheiten bis jetzt bekannt wurde, einer kurzen Darstellung und einer an die bedeutsamsten Momente desselben ziehen.

anknüpfenden

Erörterung

zu unter-

Das chilenische Panzer-Kasemattschiff > » Blanco Encalada lag in der Nacht zum 25. April auf der Rhede von Caldera, einem Hafenort des nördlichen Chile, anscheinend allein vor Anker, wenigstens wird von anderen

etwa in seiner Nähe befindlichen Kriegsfahr-

zeugen der chilenischen Kongrefspartei-Flotte weder in den

das

Ereignis betreffenden Depeschen, noch in den bis zur Zeit darüber eingelaufenen Nachrichten zweifellos geschehen wäre.

etwas

erwähnt , was anderenfalls wohl

Das Panzerschiff hatte wie jetzt fest

steht, in Anbetracht des bei der Kongrefsflotte herrschenden Kohlenmangels sämtliche Feuer gelöscht und in vollständiger Sorglosigkeit die Torpedoschutznetze nicht herabgelassen, ein Angriff der beiden einzigen, noch kurz vorher weit im Süden befindlichen , dem mächtigen Panzerschiff mit seiner starken Geschützausrüstung gegenüber ziemlich unbedeutend erscheinenden Torpedokreuzer » Almirante Lynch >Anconcagua Gensdarmes>Weil der Lieutenant Seydell und der Kornett Stülpnagell in keine Ordnung zu bringen sein und ohngeachtet

harter Beahndung

und

mehre

malen geschehener ernstlichen Vermahnung, wie solches insonderheit die Verhöre über Stülpnagell bezeugen können , 5 Tagen mit Musik die Nacht in einem H ... hause allerlei Bosheit zu verüben gesucht, auch wirklich die Fenster eingeschlagen, auch sich überdem weniger oder nichts an dem Dienst attachiren, so bitte ich Euer Köngl. Majestät Allergnädigst zu verordnen , dass noch beide nach Spandau in separirte enge Behältnisse mögen gebracht werden , sowol anderen zum Exempel, als auch , dass sie womöglich zu vernünftigen Menschen Der König verfügt ad marginem :

mögen gemacht werden. « —

>> Sollen nach Spandau in ein finster Kamer, da kein Licht zu sehen ist setzen, nit heraus lassen , auch kein Licht zu gehben bis weitter Ordre. F. W.« Man bedankte sich beim Könige für erlittene Strafen , wie aus folgendem Schreiben hervorgeht : » Allergrossmächtigster König, Allergnädigster König und Herr. Da nunmehr die Zeit des von

Euer

Köngl.

Majestät

Allergnädigst

confirmirten

Festungs-

Arrestes ich überstanden und wiederum

allhie

bin,

so habe ich E. K. M.

allerunterthänigst melden

und

zugleich devotesten Dank abstatten sollen ,

ein

solches

bei dem Regiment

mit allergehor-

samster Bitte , E. K. M. geruhen mich ferner mit dem Allergnädigsten Schutz und Protection auf den letzten werde.>Wer kein langes Haar hatte, mufste einen falschen Zopf tragen ; auch Rüchel, welcher in den letzten Lebensjahren des » Grofsen Königs« meisterstabe

angehörte, that dies.

Als

dem General- Quartier-

er einst in Sanssouci im

eifrigen Gespräch vor dem Könige stand, sprang Biche, des Königs Lieblingshund,

zu

dem

oft

gesehenen

Gaste

tändelnd

auf,

er-

wischte dessen nur an wenigen Haaren befestigten falschen Zopf und rifs ihn ohne Widerstand aus. Wie nun das Hündchen spielend, seine Beute in der Schnauze, durch das Zimmer rannte, fragte der König :

» Was ist

das ? «
>>Es ist mein Zopf, « «

erwiderte der

Adjutant, » » ich habe so wenig Haare und möchte mir doch ungern eine Perrücke aufsetzen . « « » Ei was Perrücke, « sagte der König, >> wenn er keine Haare hat, kann er auch keinen Zopf tragen . « Rüchel behielt die einmal gewonnene Freiheit bei,

sich nie jenen

Perpendikel hängen zu lassen und trug die Haare kraus um den Kopf.

223

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

In älteren Biographien des vorigen Jahrhunderts findet man in den meist sehr genauen Personal- Beschreibungen nicht selten die Bemerkung : » Trägt seine eigenen Haare, « was vermutlich heifsen soll, er habe keinen falschen Zopf oder eine Perrücke gehabt. Schbg.

3. Stärke der Berliner Garnison im Jahre 1786. Bekanntlich war ein grofser Teil der Unteroffiziere und Soldaten des fridericianischen Heeres verheiratet. Soldatenweiber und Kinder standen . unter Militär- Gerichtsbarkeit und wurden der » Militär-Bevölkerung «< der Garnisonen beigezählt.

Im genannten Jahre belief sich laut

>Seelenliste der Garnison Berlin « die Civilbevölkerung der Residenz auf 113,766,

die Militär- Bevölkerung auf 33,572 Köpfe.

Zahl ergiebt im Einzelnen :

704

Offiziere,

2698

Letztere

Unteroffiziere ,

427 Spielleute, 14,054 Gemeine, 295 Personen des » Unterstabes « ; dazu 153 Frauen und 256 Kinder der Offiziere ; 6278 Frauen und 8707 Kinder der Unteroffiziere und

Gemeinen ; Summa : 33,572 ,

ohne die Beurlaubten , deren Frauen und Kinder. gerechnet,

Letztere ein-

beziffert sich die » Seelenliste der Garnison Berlin « ,

60,677 Köpfe,

die stärkste Militär- Bevölkerung,

auf

welche Berlin je-

mals zuvor oder nachher gehabt hat .

Schbg .

(Man . bor . fol. 422. )

4. Ein Beitrag zur Lebensgeschichte des Feldmarschall v. Möllendorf. In den jüngst erschienenen »Erinnerungen aus dem Leben des General- Feldmarschalls Hermann von Boyen « (III. 73) fanden wir folgende interessante Aufzeichnung aus dem Jahre 1813 : >In Havelberg lebte zurückgezogen der alte Feldmarschall Möllendorf, der, obgleich beinahe schon 90 Jahre alt, sich doch noch ziemlich rüstig , besonders zu Pferde erhalten hatte.

Er war ein Zögling

Friedrichs des Grofsen, hatte alle seine Feldzüge mitgemacht,

sich

durch manche schöne Kriegshandlung ausgezeichnet und dabei noch das grofse Verdienst erworben , langt, der Erste war, daten einführte. gedrückt

dafs

er,

zu

höheren Würden

ge-

der eine menschlichere Behandlung des Sol-

Nur nach

der Schlacht von Auerstädt hatte er,

durch die Last der Jahre und das Unglück des Vater-

landes , nicht mit der gewohnten Energie gehandelt und war deswegen stillschweigend entlassen worden . In der Seele des greisen Kriegers glimmte aber noch der Gedanke an die frühere Zeit, darum schlofs er sich mit allem Eifer,

und

soviel es ihm sein Privat-

verhältnis erlaubte, den vaterländischen Rüstungen an .

Ja, als ein-

224

Kleine heeresgeschichtliche Mitteilungen.

mal die Nachricht

ankam,

dafs

über die Elbe gehen wollten,

die Franzosen in jener Gegend

umgürtete er sich mit seinem alten

Schwert, bestieg sein Schlachtrofs und zog wohlgemutet mit dem ihm freudig zujauchzenden Landsturm der Elbe zu. Es war, wie dies im Kriege nur zu häufig der Fall ist, diesmal nur ein blinder Lärm gewesen und der gute Wille fand keine Gelegenheit, in kräftige That überzugehen , aber ich hätte dem alten Helden (der ein edler Mensch war) wohl die Gunst des Schicksals gewünscht,

dafs

er in dem hier ritterlich gesuchten Kampfe entweder ein frisches Schbg. Lorbeerreis oder ein Grab gefunden hätte. > Southern Historical Papers « angeben . *) Samuel Davis Sein Sohn trat in die ging zufällig nach dem Staate Mississippi. Militär-Akademie von West- Point ein, und wurde als Lieutenant aus derselben entlassen . Bald war er an der Grenze stationiert , wo er Gelegenheit fand, sich mit den Indianern herum zu schlagen. Abraham Lincoln siedelte nach dem Staate Illinois und focht als Kapitän eines Freiwilligen - Detachements in demselben Kriege , Der Verfasser in welchem Jefferson Davis bereits engagiert war. des ausgezeichneten Vortrags, dem wir die Details dieses Artikels. entnehmen , J. Daniel,

macht hierbei folgende nicht uninteressante

Bemerkung : John Hampden und Oliver Cromwell hatten einst ihre Überfahrt nach Amerika bereits bezahlt, und George Washington war nahe

daran ,

Offizier

in der

britischen

Marine

zu

werden.

Wären nicht andere Dinge hindernd in den Weg gekommen, so wären die ersteren beiden vielleicht berühmte Amerikaner geworden. Wenu anderseits Admiral George Washington den Grafen D'Estaing, dessen französische Flotte Cornwallis in Yorktown einschlofs, in die Flucht geschlagen hätte , wer weifs ob die Geschichte der grofsen RevoHätte Jefferson Davis sich in

lution je geschrieben worden wäre !

Illinois , und Lincoln zufällig am Mississippi angesiedelt , welche andere Geschichten hätten sich um diese Namen geschlungen, wenngleich ich glaube, sagt Daniel, dafs der grofse Strom der Begebenheiten auch beim Wechsel dieser Persönlichkeiten der alte geblieben wäre. Im

Jahre

1835

nahm

Lieutenant Davis

seinen

Abschied ,

heiratete Mifs Taylor aus vornehmer Familie und übernahm seine Besitzung in Mississippi, den Staatswissenschaften und der Landwirtschaft lebend. Ganz dieselbe Vorbereitung haben die bedeutendsten Staatsmänner des Südens -- Washington , und fast alle seine berühmten Nachfolger gehabt ; sie kamen, wie Jefferson 1843, aus einer südlichen Plantage, wo sie an der Spitze einer glücklichen Familie und eines geordneten Haushaltes, in welchem die Sklaven Mitglieder des Hauswesens waren, und holten sich in diesen einfachen Verhältnissen . den Idealismus , die Würde, Energie und die gründlichen Kenntnisse, welche sie später so fruchtbar verwerten konnten . Davis diente dem Staate in mannigfachster Weise . Einmal als Mitglied des Repräsentantenhauses, dreimal als Senator, ferner als Oberst und Führer des freiwilligen Corps , welches in Mexico focht ; zweimal wurde er als Kandidat für die Gouverneurwürde von Mississippi

*) Southern Historical Society Papers, von Brock trefflich redigiert.

Jefferson Davis.

274

aufgestellt.

In dem Kriege gegen Mexico stürmte Davis Monterey

ohne die Bajonette aufpflanzen zu lassen ; in der Krisis der Schlacht von Buena - Vista war er es, der die Feinde zwischen zwei Flanken nahm und die mexicanischen Lanzenreiter zurückwarf. »Oberst Davis « , sagt General Taylor in seinem Berichte , » obgleich schwer verwundet blieb bis zum Schlusse des Gefechtes im Sattel . Seine hervorragende Kaltblütigkeit

und Tapferkeit an der Spitze seines

Regiments machen ihn besonderer Auszeichnung würdig. > Aversion Nordens.

gegen

die

Südländer eine gröfsere

Sklaverei hatten,

als die Staaten des

Süd-Carolina hat von 1720 bis 1760 unaufhörlich gegen

die Einführung von Neger- Arbeit protestiert, Georgia verbot sie gesetzlich. Virginia machte entschieden Front gegen dieselbe und erhob eine Taxe von 10 Dollars für jeden Neger. Sie wurden von der Geldgier der englischen Kaufleute und durch den Despotismus. der englischen Minister ursprünglich zu diesem Systeme gezwungen ,

*) Ähnliches steht bekanntlich in der Unabhängigkeits- Erklärung . **) Schreiber dieses hat Beiträge hierzu im Feuilleton der Kreuzzeitung gegeben.

Jefferson Davis.

276

welches später allerdings für den Süden seine verlockende Seite hatte. Der Süden war es auch, der den Sklaven handel zuerst inhibierte, und zwar Virginien voran ! Als Jefferson Davis geboren war, lag der Sklavenhandel nur noch in den Händen nordischer Kaufleute, welche mit den Sklaven-Plantagen Süd- Carolinas sich geeinigt hatten . Andere

Kuriosa

seien hier eingestreut.

Es ist von Lincoln

eine Statue gemeifselt, in welcher er einem Sklaven die Ketten lösend dargestellt ist. Was würden die Beschauer sagen , wenn noch folgende Worte auf dem Piedestal eingemeifselt ständen , welche er nach der Sezession von Süd-Carolina schrieb : »Fürchtet der Süden wirklich, dafs eine republikanische Regierung direkt oder auch nur indirekt

sich

in seine

Sklaven- Angelegenheiten

mischen

könnte ?

Der Süden würde in dieser Beziehung eben so sicher sein wie zu den Zeiten Washingtons < . - Oder was er am 4. Mai 1861 schrieb : >> Ich habe tasten.

nicht

die

Ich glaube,

Absicht, die Institution der Sklaverei anzuich habe kein gesetzliches Recht,

auch keine

Neigung es zu thun « u . s . w. u. s. w. ? Noch am 10. Januar 1861 ähnlich dem General R. E. Lee trachtete Jefferson Davis

ernstlich nach Versöhnung der Staaten,

und waren es nicht die Worte eines ehrgeizigen Strebers, sondern eines bekümmerten patriotischen Herzens, wenn er sagt : >>Wie, meine Herren Senatoren sieht es im Lande aus ? Von jedem Ende desselben kommen schmerzliche Rufe, welche um Erhaltung der Erbschaft der Väter (Unabhängigkeit der einzelnen Staaten) bitten. Ist ein Senator hier, der nicht ähnliche Mahnungen empfinge? Thränen rollen von den Wangen Derer,

welche

unter der Flagge

der Union geblutet haben und noch Willens sind, für sie zu streiten ; aber der Patriotismus steht machtlos vor der Parteileidenschaft, was

da

welche alles Bestehende einreifsen will ; aber komme,

will ,

wenn

auch der Ruin

Rechte müssen erhalten bleiben,

uns droht,

die bestehenden

wenn auch die gegenwärtige Re-

gierung darüber zu Grunde geht. > Sie wissen,

dafs

ich von jeher das Recht der Staaten aus

der Union zu scheiden verteidigt habe ;

aber ich bitte dies nicht

verwechseln zu wollen , mit der Verteidigung des Rechtes , welches das Verbleiben eines Staates in der Union durch die Ertötung der Gesetze zur konstitutionellen Verpflichtung machen will. Dies ist nicht meine Theorie : Sezession ist nur auf der Basis der Selbstständigkeit der Staaten (die in der Konstitution war) legal.

garantiert

Es gab Zeiten , wo dies Niemand bestritten hätte « . . .

>>Meine Meinung war dieselbe, als Massachusetts einst sich von der (Massachusetts war Gegner der Südstaaten. )

Union ablösen wollte. » Ich

sagte damals :

» Der Staat hat das Recht zu gehen , und ich

werde weder einen Mann noch einen Pfennig bewilligen, den Staat zu zwingen , wieder in die Union zurückzukehren ,

sondern ihm ein

herzliches >> Gott mit euch ! « auf den Weg geben,

in warmer Er-

innerung an das freundliche Band, welches uns einst verknüpft hat. < • • • >> Ich weifs , dafs ich im Namen meiner Hintermänner spreche,

wenn ich sage,

wir hegen keinen Groll

der Gegenwart Gottes möchte

ich es

gewifs meine Freunde mit mir, Ich hoffe noch,

aussprechen ,

wünsche ,

dafs

ich ,

In und

dafs es Ihnen gut gehe .

dafs alle unsere Beziehungen

einmal friedlich gestalten werden

gegen Sie.

mit Ihnen sich noch

und dafs diese Zeiten Ihnen wie

uns heilsam sein mögen . Sollte dies nicht der Fall sein, so wird sich das Unheil über unserem Lande entladen ; und wenn Sie es durchaus so haben wollen , so wollen wir den Gott unserer Väter, der uns aus den Klauen des (brittischen ) Löwen befreite, bitten, uns auch aus den Pranken des Bären zu retten. Und so unser Vertrauen auf Gott setzend,

werden

wir mit festem Herzen und

starken Armen für unsere Rechte kämpfen , so lange wir eine Hand rühren können. odds aufrecht. Allerdings

immer aber in Ehren, gegen alle diese

war der

Kranz

von

Staatsmännern ,

welchen

er

um sich geflochten, ersten Ranges und die Helden, welche an der Tafelrunde safsen, haben sich unsterblichen Ruhm erworben . Wir erinnern an die Namen R. E. Lee , A. S. Johnston , Joe Johnston , Beauregard , Stonewall Jackson , die beiden Hills , Longstreet , Gordon , und an die schneidigen Kavalleristen Stuart,

beiden

die

Lees ,

Ashby ,

Morgan.

unter den Ersten genannt werden, so lange schichte giebt . Und

nun der Krieg !

Wie sah's da aus?

da müssen die Knaben und Greise mit heran!

werden

Sie

es eine

Kriegsge-

Es fehlen Männer, Es fehlt an Blei, da

werden die Schlachtfelder umgeeggt und Weiber wie Kinder suchen eifrig nach Kugeln,

wie

unsere nach Erdbeeren,

alles Schmelzbare im

Hause und in der Kirche wird zu Munition gemacht, Geschütze fehlen, da werden die Glocken und Altargefäfse eingeschmolzen und

ertönen nun im Donner der Schlachten;

Kleidung fehlt, da

werden alte Flicken zusammengestoppelt ; die Schlachtrosse fallen , die Schiffe werden versenkt , da greifen die einstigen Reiter und Matrosen die Flinte auf und eilen in die Front. Die freundlich gesinnten

Grenzstaaten

fester Kontrolle

werden

gehalten

und

vom dürfen

Beginn nicht

des

Krieges unter

mitmachen!

West-

Virginien fällt ab ; New- Orleans geht verloren ; Vicksburg fällt und mit ihm

das Stromgebiet

des Mississippi ;

Gettysburg

wird ver-

loren ; die Armeen schmelzen zusammen ; schon ist das Schlachtfeld die Heimat der Bürger ; gelichtete Bataillone kämpfen , sionen erforderlich wären ; die besten Führer fallen ;

wo DiviKapitäne

werden Generale und Compagnien werden von Gemeinen geführt . Die notdürftigsten Lebensmittel wurden zum seltensten Luxus.

Die

Jefferson Davis.

Staaten werden verwüstet,

279

die Scheunen und Höfe verbrannt,

Heerden vertrieben oder weggenommen und nichts blieb als >>Mensch und Stahl« . Der Soldat und seine Waffe.

Nun fallen noch Atlanta,

Mobile,

Savannah,

die

übrig,

Charleston ; nur

Fragmente der einstigen Staaten kämpfen in ihren engen Grenzen, abgeschnitten von aller Aufsenwelt ; die kleine Schar der Widerstand Leistenden schmilzt sichtbar zusammen und ebenso augenscheinlich

wachsen die Heerscharen und der Mut der Gegner. Hin sinkt die Hoffnung und die Pflichttreue mufs den Mut ersetzen. Manneskraft und Weibestreue bleiben Frauen

sorgen

für

die Verblutenden und

als letzter Schirm.

Die

stärken den Mut der

Kämpfenden, die Männer stehen unerschrocken und tapfer hinter Johnston und Lee, und lassen sich auch jetzt noch kein Blatt ihres Ruhmes entreifsen. Nur noch um Richmond-Petersburg wogt im engen Raum der Kampf, und hier steht Jefferson Davis mitten

in der

Hungersnot in

ungebeugt und unverzagt, reichen.

Endlich versagte die Natur, zu Tode

den

sich

verblutenden

für alles sorgend , so

Armeen

weit seine Kräfte

der vor Hunger und Entbehrung

ermattete Südländer sank erschöpft auf sein Schild .

Bei

Appomatox fiel er , unbesiegt von Menschenhand , geschlagen vom unerbittlichen Geschicke, ein Held bis zum Tode ! Und nun frage man die, denen die Sezession nichts gebracht hat als Ruin , Wunden, Tod und Elend , was sie von Jefferson Davis dachten ? Die Antwort ist bereits von den Hütten zu den Palästen, vom Mississippi bis zum Atlantischen Ocean einmütig gegeben, dafs die Liebe und Verehrung des ganzen Südens ihm bis zum Grabe gefolgt ist, denn er war ein aufrichtiger Christ und ein ehrenfester Edelmann . Selten ist wohl über einen Krieg oberflächlicher und falscher und über einen Mann verleumderischer geurteilt worden , Jefferson Davis und die Rebellion.

als über

Möge der Himmel den Leuten

vergeben, die wissentlich die Lügen verbreiteten ! Jefferson Davis wurde nach dem Kriege nicht nach dem Maſsstabe der Gerechtigkeit, sondern nach dem der Leidenschaft abgeurteilt und er physisch, sein Ruf aber moralisch

vernichtet .

Als

Mörder wurden auf seinen Kopf 100 000 Dollar Belohnung gesetzt ; im Kerker wurde er beschuldigt, die Gefangenen gepeinigt und Verrat gesponnen zu haben. Er wurde ohne Urteil zwei Jahre gefangen

gesetzt ;

gleich einem

gemeinen

Verbrecher in Fesseln

Jefferson Davis.

280

gelegt ; in eine Einzel- Zelle gesperrt, in welcher ein Wachposten mit brennendem Licht ihn Tag und Nacht beobachtete. Alles dies hat in ihm

weder Hafs, noch Rachegedanken erzeugt ;

die Gröfse

seiner Seele trug ihn auch darüber hinweg . Während dieser Zeit suchten

die emsigen Augen der Feinde

in den offiziellen und Privatpapieren, welche sämtlich in die Hände des Feindes gefallen waren, nach einem Anhalt, an welchem man Hundert rachedürstige Augen ihn fassen und verurteilen könne. durchwühlten die

Hinterlassenschaften

und

wehe ihm,

wenn

einem verborgensten Winkel sich ein Haken gefunden hätte ,

in um

den hülflosen Gefangenen zu fassen , mit Jubel wäre dies begrüfst worden, denn eine aufgeregte Menge forderte Rache an dem verhafsten Führer der Sezession . Aber nichts wurde entdeckt, was auch nur den leisesten Anhalt bot,

den Ehrenmann Davis dem »Kreu-

zige der Schreier zu überlassen. ihn loszulassen.

Man

war

endlich gezwungen,

1

In glänzender Weise ist vor Allem Jefferson Davis aus der auch in Deutschland geglaubten Anklage, die Gefangenen schlecht behandelt zu haben , hervorgegangen . Die offiziellen Rapporte, welche vorliegen,

verbreiten hierüber ein helles Licht.

Es würde

Bände füllen , die einzelnen Sachen zu widerlegen , in eine Biographie von Davis gehört es aber, wenigstens skizzenhaft gerade diese Sache zu beleuchten.

Trotz des oft grofsen Mangels,

welcher die Re-

gierung in Richmond zwang, die Armee auf halbe Rationen zu setzen, wurde darauf gehalten, - und eine Kongrefs-Note bestimmte dies offiziell -- dafs die Gefangenen dieselben Rationen bekämen , wie die Soldaten.

Letztere bekamen allerdings selten etwas anderes,

wie Speck und Maisbrot ; und beides nicht immer frisch ! 60 000 Gefangene mehr hatte der Süden in seinen Stationen zu erhalten als der Norden ein Zeichen der Erfolge der kleinen Armee

und dennoch sind in den nordischen Gefängnissen

4000 Gefangene mehr gestorben als im Süden ! Davis hat sich bemüht, und sich bei Schreiber dieses bitter beklagt,

dafs

er es nicht durchsetzen könne ,

da dem Süden die

Mittel ausgingen , den Überflufs an Gefangenen zu ernähren , die Gefangenen auszutauschen ! Jedesmal wenn die Union im Vorteil war,

stellte sie dies

Verfahren ein,

welches vom

Süden

strikte gehalten wurde. Eine Delegation feindlicher Gefangener, welche Davis nach Washington schickte, um im Namen der Menschlichkeit ihre eigene Regierung anzuflehen, den unhaltbaren Zuständen durch

Jefferson Davis.

281

Austausch der Gefangenen ein Ende zu machen, wurde abgewiesen ! Ein Versuch des Vizepräsidenten Stevens bei dem Präsidenten Lincoln persönlich zu bitten, scheiterte, der grofse Staatsmann wurde nicht einmal vorgelassen ! Im Januar 1864 und in eben dem Monate 1865 bat Davis, daſs man für die vielen ungepflegten und kranken Gefangenen wenigstens Ärzte, Arzenei u . s . w., welches im Süden mangelte, Keine schicken möchte, sie würden gut aufgenommen werden . Antwort! Süden

Dann

wolle

wurde

von Davis

das Anerbieten gemacht,

alle Kranke und Verwundete ,

der

die er eben

nicht zu verpflegen vermöge , ohne allen Austausch dem Norden zurückschicken . Nach Monaten erst konnte sich der Norden entschliefsen , diesem humanen Antrage Folge zu leisten und Tausende

wurden

nun ohne Tausch

verderben zu lassen, hätte.

sofort abgesandt,

um sie nicht

was der Norden mit kaltem Blute zugelassen

General Grant schrieb am 18. August 1864 :

»Es ist hart für

unsere Gefangenen, dafs wir sie nicht auswechseln können , aber es ist menschlich für die aktive Armee. Wenn wir die Gefangenen auswechseln , müssen wir den Süden bekämpfen , bis wir den letzten Mann

erschlagen

haben .

Wenn

wir

die Gefangenen auswechseln

wird Sherman geschlagen und unsre eigene Sicherheit gefährdet . < Ein glänzenderes Zeugnis konnte Grant der südlichen Armee kaum ausstellen ! Allein das ganze Odium der Gefangenen- Sache Jefferson Davis in die Schuhe zu schieben, ist ein stellen

auf den Kopf-

der Thatsachen, welches sich selbst verurteilt.

Sein Leben war ein Kampf von der Wiege bis zum Tode ;

er

aber stand, besonders im Glücke, grofs da in seiner Demut, und bei seiner tiefsten Erniedrigung ebenso erhaben in seiner Seelenstärke. Er war als Mann und Christ ein Musterbild in der Geschichte, ein :

>> Clarus et vir fortissimus ! > Revue