Unter den ägyptischen Gottheiten gilt Isis wohl als die berühmteste, da sich ihr Kult weit über die Grenzen ihres Stamml
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German Pages 1482 [1491] Year 2019
Table of contents :
Teil 1: Die Göttin im griechisch-römischen Ägypten
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Table of Contents
Vorwort und Danksagung
Einleitung
1 Der Isiskult in Ägypten und im Mittelmeerraum – Bisheriger Forschungsstand und Zielsetzung
2 Methodik und Gliederung
3 Technische Vorbemerkungen
Herrin der Beiden Länder: Isis in den Texten und ergänzenden Zeugnissen des Griechisch-Römischen Ägypten
4 Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln nach den hieroglyphischen Inschriften sowie ergänzenden Texten
4.1 Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
4.1.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.1.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen
4.1.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a.
4.1.1.C Ergänzende Texte aus Bigge, Isis- und Osiristempel
4.1.2 Philae: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums (inkl. Bigge)
4.2 Assuan, Isistempel
4.2.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.2.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen
4.2.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a.
4.2.2 Assuan: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
4.3 Nubische Tempel
4.3.1 Kommentierte Übersetzung zentraler Inschriften
4.3.1.1 Dakke, Thoth-Tempel
4.3.1.2 Kalabscha, Mandulis-Tempel
4.3.2 Nubien: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie der nubischen Tempel (Dakke, Kalabscha und weitere)
4.4 Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
4.4.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.4.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen
4.4.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a.
4.4.2 Behbeit el-Hagar: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
4.5 Edfu, Horustempel
4.5.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.5.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen, Götterlisten
4.5.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a.
4.5.2 Edfu: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
4.6 Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
4.6.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Isistempel und Isistor
4.6.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen
4.6.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a.
4.6.2 Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Haupttempel (Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen)
4.6.3 Dendara: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
4.7 Theben, Karnak
4.7.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Eine Isishymne im Opet-Tempel
4.7.2 Karnak: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Opet-Tempels und weiteren Teilen von Karnak
4.8 Deir el-Schelwit (Theben), Isistempel
4.8.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.8.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen
4.8.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a.
4.8.2 Deir el-Schelwit: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
4.8.3 Theben: Die Rolle der Isis in weiteren Tempeln der Umgebung von Theben: Armant, Tôd und Medamud
4.9 El-Qal‘a (Koptos), Isistempel
4.9.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen
4.9.2 El-Qal‘a: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
4.10 Schenhur (Koptos), Isistempel
4.10.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.10.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen
4.10.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen
4.10.2 Schenhur: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
4.10.3 Koptos: Die Rolle der Isis in Koptos
4.11 Esna und weitere Tempel, in denen Isis eine untergeordnete Rolle spielt
4.11.1 Esna, Chnum-Tempel
4.11.1.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.11.1.2 Esna: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
4.11.2 Kom Ombo
4.11.3 Athribis (Oberägypten)
4.12 Nicht erhaltene Isis-Heiligtümer in Unterägypten – Memphis
4.12.1 Memphis
4.12.1.1 Nekropolen
4.12.1.2 Memphitische Isisheiligtümer außerhalb der Nekropolen (?)
4.13 Ergänzende hieroglyphische und hieratische Texte zur Kulttopographie und Mythologie (Handbücher und Gaumonographien)
4.13.1 Übergreifende kulttopographische und mythologische Handbücher
4.13.1.1 Kulttopographische Litaneien für Isis und Hathor
4.13.1.2 Die ausführlichen Gaumonographien (Tebtynis, Tanis, Edfu I)
4.13.2 Unterägypten: Deltapapyrus
4.13.3 17. und 18. Oberägyptischer Gau: pJumilhac
4.13.4 Fayum: Das Fayumbuch
5 Analyse: Die Isishymnen, -litaneien und -eulogien und der Charakter der Isis in den ägyptischen Tempeln griechisch-römischer Zeit
5.1 Vergleichende Analyse der Texte: Form, Platzierung und Chronologie
5.1.1 Platzierung im Tempel: Inschriftenformen, Anbringungsorte
5.1.2 Formale Merkmale
5.1.2.1 Bezugnahme auf Isis
5.1.2.2 Einleitungsformeln
5.1.2.3 Schlußgebet
5.1.3 Chronologie und Beziehung der Texte untereinander (Parallelen)
5.1.4 Tradition und Neuerung: Mögliche Vorläufer/Vorbilder der Hymnen, Litaneien und eulogischen Epithetareihen für Isis
5.2 Inhaltliche Analyse der Tempelinschriften und ergänzender Texte
5.2.1 Die Haupttitel (nahen Epitheta) der Isis
5.2.2 Themen der Hymnen und das Bild der Göttin in den Tempeln unter Berücksichtigung chronologischer und regionaler Unterschiede: Eigenschaften und Funktionen der Isis in griechisch-römischer Zeit
5.2.2.1 Götterwelt
5.2.2.2 Kosmos/Natur
5.2.2.3 Königtum
5.2.2.4 Welt der Menschen
6 Demotische und griechische (und meroitische) Zeugnisse zu Isis aus Ägypten: Zusammenfluß und Austausch
6.1 Hymnen und Gebete aus den Tempelbibliotheken und in literarischen Kontexten
6.1.1 Die Anrufung an Isis des pHeid. dem. 736 vs.
6.1.2 Lobpreis der Isis im Fayum: Die griechischen Hymnen an Isis-Thermuthis in Narmuthis (Medinet Madi) und eine Litanei in den liturgischen pBerlin P. 6750 und P. 8765
6.1.2.1 Die Hymnen von Medinet Madi (MM I–IV)
6.1.2.2 Ritualhandschrift pBerlin P. 6750 mit Parallele pBerlin P. 8765 und verwandte Texte
6.1.3 Zwischen Fayum und Oxyrhynchos: Demotische und griechische Isishymnen mit ausführlichen kulttopographischen Litaneien in pWien D. 6297+6329+10101 und pOxy. 1380
6.1.3.1 pWien D. 6297+6329+10101
6.1.3.2 pOxy. 1380
6.1.4 Aufforderung zum Isislob mit kulttopographischer Litanei in drei demotischen Parallelversionen: pTebtunis Tait 14+PSI Inv. D 79+pCarlsberg 130 rt.+pCtYBR inv. 4390(19)+4805(18), pCarlsberg 652 vs. und pHamburg 33 vs.
6.1.5 Sonstige bzw. unsichere Isishymnen
6.2 Private Anrufungen, Graffiti und Weihungen
6.2.1 Memphis (Sakkara)
6.2.1.1 Das Archiv des Hor
6.2.1.2 Griechische Dokumente und Inschriften aus dem Sarapeionsbezirk
6.2.2 Philae (und Bigge)
6.2.2.1 Aktivitäten und Inschriftenpraxis von Ägyptern, Griechen, Römern und Meroiten in Philae
6.2.2.2 Das Bild der Isis in den Graffiti
6.2.3 Assuan
6.2.4 Nubien
6.2.5 Theben
6.2.5.1 Demotische Graffiti im Westgebirge
6.2.5.2 Weitere ägyptische Inschriften aus Theben
6.2.5.3 Das ‚Sarapeion‘ von Luxor
6.2.5.4 Späte Zeugnisse des thebanischen Isiskultes
6.2.6 Koptos
6.2.7 Ostwüste
6.2.8 Dendara
6.2.9 Die Oasen: Charga und Dachla
6.2.9.1 Charga
6.2.9.2 Dachla
6.2.10 Alexandria und Umgebung
6.2.10.1 Sarapeion und (mögliche) Heiligtümer der Isis im Stadtgebiet
6.2.10.2 Nekropolen
6.2.10.3 Heiligtümer in der Umgebung von Alexandria
6.3 Kulttopographische und mythologische Texte
6.3.1 Eine Liste von Epiklesen der Isis im „Kairener Onomastikon“
6.3.2 Verarbeitungen des Osiris- und Horusmythos
6.4 Literarische Texte (Erzählungen und Weisheitstexte): Rächerin und Retterin
6.4.1 Isis als strafende/rächende Göttin, in Eigeninitiative
6.4.1.1 Isis bestraft Frevler mit Lepra: Die Bes-Geschichte (pCarlsberg 137 + 205) und die Erzählung des pCarlsberg 448
6.4.1.2 Die Rache der Isis? pSaqqâra 2 rt.
6.4.1.3 Isis als oberste Göttin und Rächerin oder Retterin Ägyptens im „Traum des Nektanebos“
6.4.2 Isis als helfend eingreifende Göttin, nach Gebeten/Flehen
6.4.2.1 Isis als Kriegsgöttin der Amazonen: pWien D. 6165 + D. 6764 und D. 6165A
6.4.2.2 Isis als Hoffnungsträgerin verzweifelter Menschen: ein Krugtext und seine intertextuellen Bezüge zu demotischen Weisheitstexten und weiteren Erzählungen
6.5 Magische und divinatorische Texte – Isis als Magierin
6.5.1 Isis als Heilerin, Magierin und Orakelgottheit
6.5.1.1 Isis als Magierin vor der Ptolemäerzeit
6.5.1.2 Isis in den divinatorischen Träumen des Hor
6.5.1.3 Die ‚Sortes Isiacae‘, Isis als Orakel-Gottheit und ihre Rolle in weiteren prophetischen Texten
6.5.1.4 Isis als Heilerin, Weise und Magierin in den PGM/PDM und verwandten Quellen (Corpus Hermeticum u. a.)
6.5.2 Isis als mythologisches Vorbild in magischen Texten
6.5.2.1 Die Suche nach Osiris, seine Bestattung und Isis’ Beziehung zu Thoth
6.5.2.2 Isis und Osiris im Liebeszauber
6.5.2.3 Isis und Horus außerhalb der Heilzauber
6.5.3 Charakter und magische Materialien der Isis in den Zaubertexten
6.5.3.1 Isis als vielnamige All- und Urgöttin sowie als Königin
6.5.3.2 Pflanzen der Isis und Isis als Fruchtbarkeitsgöttin
6.5.3.3 Stoffe und Kleidung der Isis sowie ihrer Priester
6.5.3.4 Sonstiges
6.5.4 Magische Gemmen und Ringe
6.5.5 Nachleben: Isis in koptischen und arabischen Zaubertexten
6.6 Die memphitische ‚Isis-Aretalogie‘
6.6.1 Die ägyptische Aretalogie-Tradition: Die Selbstvorstellung der Isis(-Schentait) oder Hathor(-Schentait) im Rahmen osirianischer Riten und anderer Ritualtexte
6.6.2 Ergänzende Anmerkungen zu einigen Aussagen der M-Aretalogie
6.6.3 Die memphitische Isis-Aretalogie und der zweite Teil von pOxy. 1380
6.7 Resümee: Isis in demotischen und griechischen Texten aus Ägypten. Kulturübergreifende Formen der persönlichen Annäherung an die Göttin
6.7.1 Hymnen und Gebete: Formale Besonderheiten und Gemeinsamkeiten
6.7.1.1 Einleitungsformeln
6.7.1.2 Strukturelle Merkmale
6.7.1.3 Schlußgebet und/oder Dank
6.7.2 Das Bild der Isis in den demotischen und griechischen Texten
6.7.2.1 Die Haupttitel der Isis
6.7.2.2 Hauptfunktionen der Isis
Teil 2: Adaption(en) des Kultes im Westen
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Herrin der (westlichen) Fremdländer: Ausbreitung, Formen und Mechanismen der Aneignung ägyptischen Kultes in den Römischen Provinzen
7 Ausbreitung und Gestaltung des Isiskultes nach archäologischen Zeugnissen einzelner Regionen anhand von Fallstudien
7.1 Die Bedeutung von Isis und ihrer Familie innerhalb des ägyptischen Kulturgutes im punisch-phönizischen Raum
7.1.1 Ägyptische Einflüsse auf Religion und Kunst der Phönizier
7.1.2 Isis und ihr Kreis innerhalb der phönizisch-punischen Aegyptiaca: Amulette, Skarabäen etc.
7.1.2.A Figürliche Amulette aus Fayence und Steatit
7.1.2.B Skarabäen und Siegelabdrücke
7.1.2.C Amulettkapseln
7.1.2.D Rasierklingen
7.1.2.E Weitere Gebrauchsgegenstände, Varia
7.1.3 Isis-Motive innerhalb der Punischen Münzprägung
7.1.4 Zur Deutung und Bedeutung der Isis-Motive innerhalb der phönizisch-punischen Aegyptiaca
7.1.5 Schriftliche Zeugnisse für eine Verehrung der Isis
7.1.5.A Onomastik
7.1.5.B Eine Bronzesitula unbekannter Provenienz
7.1.5.C Malta
7.1.5.D Iberische Halbinsel
7.1.5.E Zypern
7.1.5.F Karthago
7.1.5.G Sizilien
7.1.6 Resümee
7.2 Nordafrika
7.2.1 Provinz Kyrenaika
7.2.1.1 Beziehungen zu Ägypten und Anfänge einer Isisverehrung
7.2.1.2 Kyrene
7.2.1.3 Die ägyptischen Götter an anderen Orten der Kyrenaika
7.2.2 Provinz Tripolitania
7.2.2.1 Der Kult der ägyptischen Götter vor der Kaiserzeit
7.2.2.2 Sabratha
7.2.2.3 Leptis Magna
7.2.2.4 Die ägyptischen Götter an anderen Orten der Tripolitania
7.2.3 Provinz Africa Proconsularis
7.2.3.1 Der Kult der ägyptischen Götter nach der punischen Zeit
7.2.3.2 Karthago
7.2.3.3 Bulla Regia
7.2.3.4 Die ägyptischen Götter an anderen Orten der Proconsularis
7.2.4 Provinz Numidia
7.2.4.1 Der Kult der ägyptischen Götter vor der Kaiserzeit
7.2.4.2 Lambaesis
7.2.4.3 Thamugadi
7.2.4.4 Die ägyptischen Götter an anderen Orten Numidias
7.2.5 Provinz Mauretania (Mauretania Caesariensis und Mauretania Tingitana)
7.2.5.1 Der Kult der ägyptischen Götter bis zur frühen Kaiserzeit
7.2.5.2 Caesarea (Iol)
7.2.5.3 Die ägyptischen Götter an anderen Orten Mauretanias
7.2.6 Resümee: Der Isiskreis in Nordafrika – Zwischen Ägypten, Karthago, Griechenland und Rom
7.2.6.1 Zeitpunkt und Art der Einführung ägyptischer Gottheiten
7.2.6.2 Bedeutung und Charakter des Isiskreises zwischen älteren Traditionen und neueren Strömungen
7.2.6.3 Die Gestalt der Heiligtümer
7.2.6.4 Kult und Kultträger
7.3 Italien: Latium und Campanien
7.3.1 Die Anfänge des Isiskultes in Italien
7.3.2 Rom und Latium
7.3.2.1 Die ägyptischen Kulte im republikanischen Rom – Zwischen politischem Widerstand und religiöser Integration
7.3.2.2 Isis und Sarapis im Rom der Kaiserzeit – Die Blüte der ägyptischen Kulte unter imperialer Förderung
7.3.2.3 Ostia und Portus
7.3.2.4 Tibur, Villa Hadriana
7.3.2.5 Praeneste
7.3.2.6 Nemus Dianae und weitere Orte in Latium
7.3.3 Campanien (inklusive Benevent/Samnium)
7.3.3.1 Pompeji
7.3.3.2 Herculaneum
7.3.3.3 Benevent
7.3.3.4 Cumae und weitere Orte in Campanien
7.3.4 Resümee: Der Isiskreis im Zentrum der Macht
7.3.4.1 Bedeutung und Charakter des Isiskreises
7.3.4.2 Die Gestalt der Heiligtümer
7.3.4.3 Ausstattung der Heiligtümer, Kult und Kultträger
7.4 Germania Inferior und Superior
7.4.1 Die Anfänge des Isiskultes in den germanischen Provinzen
7.4.2 Mogontiacum
7.4.2.1 Das Heiligtum der Isis und Magna Mater
7.4.2.2 Weitere Zeugnisse aus Mainz
7.4.3 Colonia Agrippinensis
7.4.3.1 Ein Isistempel in Köln?
7.4.3.2 Bedeutung und Charakter der Gottheiten des Isiskreises in Colonia Agrippinensis nach den Weihinschriften und weiteren Zeugnissen
7.4.3.3 Kult und Kultträger
7.4.4 Die ägyptischen Götter an weiteren Orten in Germanien
7.4.5 Resümee: Die ägyptischen Gottheiten an den Grenzen des Reiches
7.4.5.1 Bedeutung und Charakter des Isiskreises
7.4.5.2 Die Gestalt der Heiligtümer
7.4.5.3 Kult und Kultträger
8 Kaiserzeitliche literarische Quellen zum Isiskult: Plutarchs De Iside und Apuleius’ Metamorphosen im Licht der ägyptischen Quellen und archäologischen Befunde
8.1 Plutarch, De Iside et Osiride
8.1.1 Einleitung
8.1.2 Mythos und Kult
8.1.2.1 Das Leben des Osiris
8.1.2.2 Tod des Osiris und Trauer um ihn
8.1.2.3 Die Suche nach Osiris
8.1.2.4 Aktionen im Kampf zwischen Horus und Seth
8.1.3 Das Konzept der Göttin
8.1.3.1 Kosmos/Natur
8.1.3.2 Kosmos/Natur und Mensch
8.1.3.3 Kosmos/Natur und Mythos
8.1.3.4 Kosmos/Natur und Mensch II
8.1.3.5 Mythos und Mensch
8.1.3.6 Kosmos/Natur und Mensch III
8.2 Apuleius, Metamorphosen
8.2.1 Einleitung
8.2.1.1 Ägyptische Parallelen
8.2.1.2 Griechische Vorlage
8.2.1.3 Zusammenfassung der Grundzüge des Inhalts
8.2.1.4 Bezüge zu Plutarch
8.2.1.5 Bezüge zum ‚realen‘ Isiskult
8.2.2 Das Konzept der Göttin
8.2.2.1 Kosmos/Natur und Mensch
8.2.2.2 Kosmos/Natur und Mythos
8.2.2.3 Kosmos/Natur
8.2.2.4 Kosmos/Natur und Mensch II
8.2.2.5 Mythos und Mensch
8.2.2.6 Kosmos/Natur und Mensch III – Gebete und Rituale
8.3 Resümee: Die Adaption und gedankliche Weiterentwicklung ägyptischer Konzepte des Isiskultes bei kaiserzeitlichen Autoren
Synthese
9 Isis als transkulturelle Göttin im Römischen Reich
Anhang
10 Abkürzungsverzeichnisse
10.1 Allgemeine Abkürzungen
10.2 Abkürzungen für Zeitschriften, Reihen und Lexika
10.3 Abkürzungen für Texteditionen
11 Literaturverzeichnis
12 Indices
12.1 Sachindex
12.1.1 Allgemeine Begriffe
12.1.2 Götternamen, -epiklesen, -funktionen und -epitheta
12.1.3 Personen (inkl. Herrscher und fiktive Personen)
12.1.4 Ägyptische Wörter und Ausdrücke
12.1.5 Griechische Wörter und Ausdrücke
12.1.6 Lateinische Wörter und Ausdrücke
12.1.7 Sonstiges (Voces magicae etc.)
12.2 Quellenindex
12.2.1 Ägyptische Tempelinschriften
12.2.2 Ägyptische und Griechische Papyri, Codices, Ostraka und Gefäße
12.2.3 Ägyptische und meroitische Graffiti
12.2.4 Sonstige ägyptische Quellen (Inschriften, Kompositionen, Corpora u. a.)
12.2.5 Griechische und lateinische Inschriften und Graffiti
12.2.6 Antike Autoren
12.2.7 Münzen
12.2.8 Phönizische/Punische Quellen
12.2.9 Sonstige Quellen
Tafeln
© 2019, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447108010 — ISBN E-Book: 9783447196444
P H I L I P P I K A
Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures
Herausgegeben von /Edited by Joachim Hengstl, Elizabeth Irwin, Andrea Jördens, Torsten Mattern, Robert Rollinger, Kai Ruffing, Orell Witthuhn 109
2019
Harrassowitz Verlag . Wiesbaden
© 2019, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447108010 — ISBN E-Book: 9783447196444
Svenja Nagel
Isis im Römischen Reich Teil 1: Die Göttin im griechisch-römischen Ägypten
2019
Harrassowitz Verlag . Wiesbaden
© 2019, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447108010 — ISBN E-Book: 9783447196444
Bis Band 60: Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen. Bei diesem Werk handelt es sich um die überarbeitete Dissertation, die an der Universität Heidelberg unter dem Titel „Die Ausbreitung des Isiskultes im Römischen Reich: Tradition und Transformation auf dem Weg von Ägypten nach Rom. Eine Untersuchung zur Entwicklung des Isiskultes im griechischrömischen Ägypten und zu seiner Adaption in Rom und dem westlichen Mittelmeerraum“ eingereicht und am 29. Mai 2015 verteidigt wurde.
Der Band wurde mit dem „Philippika-Preis“ des Jahres 2015 ausgezeichnet.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http://dnb.dnb.de.
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© 2019, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447108010 — ISBN E-Book: 9783447196444
Für meinen Großvater Robert Bewerunge, in dankbarer Erinnerung
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Inhalt Band 1 Vorwort und Danksagung............................................................................................. XVII Einleitung 1
Der Isiskult in Ägypten und im Mittelmeerraum – Bisheriger Forschungsstand und Zielsetzung ..............................................
3
2
Methodik und Gliederung ............................................................................
7
3
Technische Vorbemerkungen ......................................................................
11
Herrin der Beiden Länder: Isis in den Texten und ergänzenden Zeugnissen des Griechisch-Römischen Ägypten 4 4.1 4.1.1 4.1.1.A 4.1.1.B 4.1.1.C 4.1.2 4.2 4.2.1 4.2.1.A 4.2.1.B 4.2.2 4.3 4.3.1 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.2 4.4 4.4.1
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln nach den hieroglyphischen Inschriften sowie ergänzenden Texten ............. Philae, Isisheiligtum (und Bigge) ................................................................ Kommentierte Übersetzung der Inschriften ................................................. Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen .................. Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. ....................................................... Ergänzende Texte aus Bigge, Isis- und Osiristempel .................................. Philae: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums (inkl. Bigge) ................................... Assuan, Isistempel ....................................................................................... Kommentierte Übersetzung der Inschriften ................................................. Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen .................. Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. ....................................................... Assuan: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums ........................................................ Nubische Tempel ......................................................................................... Kommentierte Übersetzung zentraler Inschriften ........................................ Dakke, Thoth-Tempel .................................................................................. Kalabscha, Mandulis-Tempel ...................................................................... Nubien: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie der nubischen Tempel (Dakke, Kalabscha und weitere).............................. Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum ................................................................... Kommentierte Übersetzung der Inschriften .................................................
© 2019, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447108010 — ISBN E-Book: 9783447196444
15 16 16 16 94 109 111 116 116 116 135 140 145 145 145 148 160 163 163
VIII
Inhalt
4.4.1.A 4.4.1.B 4.4.2
Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen ................... Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. ....................................................... Behbeit el-Hagar: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums......................................................... 4.5 Edfu, Horustempel ....................................................................................... 4.5.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften ................................................. 4.5.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen, Götterlisten ......................................................................... 4.5.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. ....................................................... 4.5.2 Edfu: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums ............................................................... 4.6 Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis ..................................................... 4.6.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Isistempel und Isistor ............. 4.6.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen ................... 4.6.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. ....................................................... 4.6.2 Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Haupttempel (Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen) ................ 4.6.3 Dendara: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums......................................................... 4.7 Theben, Karnak ............................................................................................ 4.7.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Eine Isishymne im Opet-Tempel ................................................................. 4.7.2 Karnak: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Opet-Tempels und weiteren Teilen von Karnak .................................... 4.8 Deir el-Schelwit (Theben), Isistempel ......................................................... 4.8.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften ................................................. 4.8.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen ................... 4.8.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. ....................................................... 4.8.2 Deir el-Schelwit: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums......................................................... 4.8.3 Theben: Die Rolle der Isis in weiteren Tempeln der Umgebung von Theben: Armant, Tôd und Medamud ........................... 4.9 El-Qal‘a (Koptos), Isistempel ...................................................................... 4.9.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen ................... 4.9.2 El-Qal‘a: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums......................................................... 4.10 Schenhur (Koptos), Isistempel ..................................................................... 4.10.1 Kommentierte Übersetzung der Inschriften ................................................. 4.10.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen ................... 4.10.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen ............................................................... 4.10.2 Schenhur: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums......................................................... 4.10.3 Koptos: Die Rolle der Isis in Koptos ...........................................................
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163 168 172 176 176 176 191 203 206 206 206 222 246 342 349 349 353 356 356 356 403 418 422 433 433 446 449 449 449 453 453 455
Inhalt
4.11 4.11.1 4.11.1.1 4.11.1.2 4.11.2 4.11.3 4.12 4.12.1 4.12.1.1 4.12.1.2 4.13 4.13.1 4.13.1.1 4.13.1.2 4.13.2 4.13.3 4.13.4 5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.2.1 5.1.2.2 5.1.2.3 5.1.3 5.1.4 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.2.1 5.2.2.2 5.2.2.3 5.2.2.4
Esna und weitere Tempel, in denen Isis eine untergeordnete Rolle spielt .................................................................. Esna, Chnum-Tempel .................................................................................. Kommentierte Übersetzung der Inschriften ................................................. Esna: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums ........................................................ Kom Ombo .................................................................................................. Athribis (Oberägypten) ................................................................................ Nicht erhaltene Isis-Heiligtümer in Unterägypten – Memphis .................... Memphis ...................................................................................................... Nekropolen .................................................................................................. Memphitische Isisheiligtümer außerhalb der Nekropolen (?)...................... Ergänzende hieroglyphische und hieratische Texte zur Kulttopographie und Mythologie (Handbücher und Gaumonographien) .... Übergreifende kulttopographische und mythologische Handbücher ........... Kulttopographische Litaneien für Isis und Hathor....................................... Die ausführlichen Gaumonographien (Tebtynis, Tanis, Edfu I) .................. Unterägypten: Deltapapyrus ........................................................................ 17. und 18. Oberägyptischer Gau: pJumilhac .............................................. Fayum: Das Fayumbuch .............................................................................. Analyse: Die Isishymnen, -litaneien und -eulogien und der Charakter der Isis in den ägyptischen Tempeln griechisch-römischer Zeit ............................................................................ Vergleichende Analyse der Texte: Form, Platzierung und Chronologie ..... Platzierung im Tempel: Inschriftenformen, Anbringungsorte ..................... Formale Merkmale ...................................................................................... Bezugnahme auf Isis.................................................................................... Einleitungsformeln ...................................................................................... Schlußgebet ................................................................................................. Chronologie und Beziehung der Texte untereinander (Parallelen) .............. Tradition und Neuerung: Mögliche Vorläufer/Vorbilder der Hymnen, Litaneien und eulogischen Epithetareihen für Isis ....................................... Inhaltliche Analyse der Tempelinschriften und ergänzender Texte ............ Die Haupttitel (nahen Epitheta) der Isis ...................................................... Themen der Hymnen und das Bild der Göttin in den Tempeln unter Berücksichtigung chronologischer und regionaler Unterschiede: Eigenschaften und Funktionen der Isis in griechisch-römischer Zeit .......... Götterwelt .................................................................................................... Kosmos/Natur .............................................................................................. Königtum ..................................................................................................... Welt der Menschen ......................................................................................
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IX
458 458 458 473 474 476 477 477 477 482 484 485 485 492 497 503 507
515 515 515 517 518 519 520 521 525 530 530 533 533 543 547 551
X
Inhalt
6
Demotische und griechische (und meroitische) Zeugnisse zu Isis aus Ägypten: Zusammenfluß und Austausch ............................................... 6.1 Hymnen und Gebete aus den Tempelbibliotheken und in literarischen Kontexten ..................................................................... 6.1.1 Die Anrufung an Isis des pHeid. dem. 736 vs. ............................................. 6.1.2 Lobpreis der Isis im Fayum: Die griechischen Hymnen an Isis-Thermuthis in Narmuthis (Medinet Madi) und eine Litanei in den liturgischen pBerlin P. 6750 und P. 8765 .......................................... 6.1.2.1 Die Hymnen von Medinet Madi (MM I–IV) ............................................... 6.1.2.2 Ritualhandschrift pBerlin P. 6750 mit Parallele pBerlin P. 8765 und verwandte Texte .................................................................................... 6.1.3 Zwischen Fayum und Oxyrhynchos: Demotische und griechische Isishymnen mit ausführlichen kulttopographischen Litaneien in pWien D. 6297+6329+10101 und pOxy. 1380 ........................................ 6.1.3.1 pWien D. 6297+6329+10101 ....................................................................... 6.1.3.2 pOxy. 1380................................................................................................... 6.1.4 Aufforderung zum Isislob mit kulttopographischer Litanei in drei demotischen Parallelversionen: pTebtunis Tait 14+PSI Inv. D 79+pCarlsberg 130 rt.+pCtYBR inv. 4390(19)+4805(18), pCarlsberg 652 vs. und pHamburg 33 vs. ................... 6.1.5 Sonstige bzw. unsichere Isishymnen............................................................ 6.2 Private Anrufungen, Graffiti und Weihungen .............................................. 6.2.1 Memphis (Sakkara) ...................................................................................... 6.2.1.1 Das Archiv des Hor ...................................................................................... 6.2.1.2 Griechische Dokumente und Inschriften aus dem Sarapeionsbezirk ........... 6.2.2 Philae (und Bigge) ....................................................................................... 6.2.2.1 Aktivitäten und Inschriftenpraxis von Ägyptern, Griechen, Römern und Meroiten in Philae ................................................................... 6.2.2.2 Das Bild der Isis in den Graffiti ................................................................... 6.2.3 Assuan .......................................................................................................... 6.2.4 Nubien .......................................................................................................... 6.2.5 Theben ......................................................................................................... 6.2.5.1 Demotische Graffiti im Westgebirge ........................................................... 6.2.5.2 Weitere ägyptische Inschriften aus Theben ................................................. 6.2.5.3 Das ‚Sarapeion‘ von Luxor .......................................................................... 6.2.5.4 Späte Zeugnisse des thebanischen Isiskultes ............................................... 6.2.6 Koptos .......................................................................................................... 6.2.7 Ostwüste....................................................................................................... 6.2.8 Dendara ........................................................................................................ 6.2.9 Die Oasen: Charga und Dachla .................................................................... 6.2.9.1 Charga .......................................................................................................... 6.2.9.2 Dachla .......................................................................................................... 6.2.10 Alexandria und Umgebung .......................................................................... 6.2.10.1 Sarapeion und (mögliche) Heiligtümer der Isis im Stadtgebiet ...................
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555 555 556 560 560 590 599 599 600
635 645 646 647 647 657 660 661 670 680 684 688 688 694 696 700 700 704 707 708 708 710 712 712
Inhalt
6.2.10.2 6.2.10.3 6.3 6.3.1 6.3.2 6.4 6.4.1 6.4.1.1 6.4.1.2 6.4.1.3 6.4.2 6.4.2.1 6.4.2.2 6.5 6.5.1 6.5.1.1 6.5.1.2 6.5.1.3 6.5.1.4 6.5.2 6.5.2.1 6.5.2.2 6.5.2.3 6.5.3 6.5.3.1 6.5.3.2 6.5.3.3 6.5.3.4 6.5.4 6.5.5 6.6 6.6.1 6.6.2 6.6.3
Nekropolen .................................................................................................. Heiligtümer in der Umgebung von Alexandria ........................................... Kulttopographische und mythologische Texte ............................................ Eine Liste von Epiklesen der Isis im „Kairener Onomastikon“................... Verarbeitungen des Osiris- und Horusmythos ............................................. Literarische Texte (Erzählungen und Weisheitstexte): Rächerin und Retterin .................................................................................. Isis als strafende/rächende Göttin, in Eigeninitiative................................... Isis bestraft Frevler mit Lepra: Die Bes-Geschichte (pCarlsberg 137 + 205) und die Erzählung des pCarlsberg 448 .................. Die Rache der Isis? pSaqqâra 2 rt. ............................................................... Isis als oberste Göttin und Rächerin oder Retterin Ägyptens im „Traum des Nektanebos“........................................................................ Isis als helfend eingreifende Göttin, nach Gebeten/Flehen.......................... Isis als Kriegsgöttin der Amazonen: pWien D. 6165 + D. 6764 und D. 6165A .................................................... Isis als Hoffnungsträgerin verzweifelter Menschen: ein Krugtext und seine intertextuellen Bezüge zu demotischen Weisheitstexten und weiteren Erzählungen ........................................................................... Magische und divinatorische Texte – Isis als Magierin ............................... Isis als Heilerin, Magierin und Orakelgottheit ............................................. Isis als Magierin vor der Ptolemäerzeit ....................................................... Isis in den divinatorischen Träumen des Hor .............................................. Die ‚Sortes Isiacae‘, Isis als Orakel-Gottheit und ihre Rolle in weiteren prophetischen Texten ................................................................ Isis als Heilerin, Weise und Magierin in den PGM/PDM und verwandten Quellen (Corpus Hermeticum u. a.) .................................. Isis als mythologisches Vorbild in magischen Texten ................................. Die Suche nach Osiris, seine Bestattung und Isis’ Beziehung zu Thoth ..... Isis und Osiris im Liebeszauber ................................................................... Isis und Horus außerhalb der Heilzauber ..................................................... Charakter und magische Materialien der Isis in den Zaubertexten .............. Isis als vielnamige All- und Urgöttin sowie als Königin ............................. Pflanzen der Isis und Isis als Fruchtbarkeitsgöttin ...................................... Stoffe und Kleidung der Isis sowie ihrer Priester ........................................ Sonstiges ...................................................................................................... Magische Gemmen und Ringe..................................................................... Nachleben: Isis in koptischen und arabischen Zaubertexten ....................... Die memphitische ‚Isis-Aretalogie‘ ............................................................. Die ägyptische Aretalogie-Tradition: Die Selbstvorstellung der Isis(-Schentait) oder Hathor(-Schentait) im Rahmen osirianischer Riten und anderer Ritualtexte ................................................. Ergänzende Anmerkungen zu einigen Aussagen der M-Aretalogie ............ Die memphitische Isis-Aretalogie und der zweite Teil von pOxy. 1380 .....
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XI 721 730 738 738 742 750 750 750 753 760 763 763 767 774 775 775 779 785 791 800 801 808 816 818 818 821 823 825 825 828 831 832 838 840
XII 6.7 6.7.1 6.7.1.1 6.7.1.2 6.7.1.3 6.7.2 6.7.2.1 6.7.2.2
Inhalt
Resümee: Isis in demotischen und griechischen Texten aus Ägypten. Kulturübergreifende Formen der persönlichen Annäherung an die Göttin................................................................................................. Hymnen und Gebete: Formale Besonderheiten und Gemeinsamkeiten ....... Einleitungsformeln ....................................................................................... Strukturelle Merkmale ................................................................................. Schlußgebet und/oder Dank ......................................................................... Das Bild der Isis in den demotischen und griechischen Texten ................... Die Haupttitel der Isis .................................................................................. Hauptfunktionen der Isis ..............................................................................
846 847 848 849 849 850 850 850
Band 2 Herrin der (westlichen) Fremdländer: Ausbreitung, Formen und Mechanismen der Aneignung ägyptischen Kultes in den Römischen Provinzen 7 7.1 7.1.1 7.1.2 7.1.2.A 7.1.2.B 7.1.2.C 7.1.2.D 7.1.2.E 7.1.3 7.1.4 7.1.5 7.1.5.A 7.1.5.B 7.1.5.C 7.1.5.D 7.1.5.E 7.1.5.F 7.1.5.G 7.1.6 7.2 7.2.1
Ausbreitung und Gestaltung des Isiskultes nach archäologischen Zeugnissen einzelner Regionen anhand von Fallstudien ............................. Die Bedeutung von Isis und ihrer Familie innerhalb des ägyptischen Kulturgutes im punisch-phönizischen Raum ..................... Ägyptische Einflüsse auf Religion und Kunst der Phönizier ....................... Isis und ihr Kreis innerhalb der phönizisch-punischen Aegyptiaca: Amulette, Skarabäen etc. ............................................................................. Figürliche Amulette aus Fayence und Steatit ............................................... Skarabäen und Siegelabdrücke .................................................................... Amulettkapseln ............................................................................................ Rasierklingen ............................................................................................... Weitere Gebrauchsgegenstände, Varia ........................................................ Isis-Motive innerhalb der Punischen Münzprägung .................................... Zur Deutung und Bedeutung der Isis-Motive innerhalb der phönizisch-punischen Aegyptiaca .......................................... Schriftliche Zeugnisse für eine Verehrung der Isis ...................................... Onomastik .................................................................................................... Eine Bronzesitula unbekannter Provenienz.................................................. Malta ............................................................................................................ Iberische Halbinsel....................................................................................... Zypern .......................................................................................................... Karthago....................................................................................................... Sizilien ......................................................................................................... Resümee ....................................................................................................... Nordafrika .................................................................................................... Provinz Kyrenaika .......................................................................................
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855 855 855 857 858 862 864 864 866 866 871 881 881 887 888 892 894 895 896 897 898 899
Inhalt
7.2.1.1 7.2.1.2 7.2.1.3 7.2.2 7.2.2.1 7.2.2.2 7.2.2.3 7.2.2.4 7.2.3 7.2.3.1 7.2.3.2 7.2.3.3 7.2.3.4 7.2.4 7.2.4.1 7.2.4.2 7.2.4.3 7.2.4.4 7.2.5 7.2.5.1 7.2.5.2 7.2.5.3 7.2.6 7.2.6.1 7.2.6.2 7.2.6.3 7.2.6.4 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.2.1 7.3.2.2 7.3.2.3 7.3.2.4 7.3.2.5 7.3.2.6 7.3.3 7.3.3.1 7.3.3.2 7.3.3.3 7.3.3.4
Beziehungen zu Ägypten und Anfänge einer Isisverehrung ........................ Kyrene ......................................................................................................... Die ägyptischen Götter an anderen Orten der Kyrenaika ............................ Provinz Tripolitania ..................................................................................... Der Kult der ägyptischen Götter vor der Kaiserzeit .................................... Sabratha ....................................................................................................... Leptis Magna ............................................................................................... Die ägyptischen Götter an anderen Orten der Tripolitania .......................... Provinz Africa Proconsularis ....................................................................... Der Kult der ägyptischen Götter nach der punischen Zeit ........................... Karthago ...................................................................................................... Bulla Regia .................................................................................................. Die ägyptischen Götter an anderen Orten der Proconsularis ....................... Provinz Numidia .......................................................................................... Der Kult der ägyptischen Götter vor der Kaiserzeit .................................... Lambaesis .................................................................................................... Thamugadi ................................................................................................... Die ägyptischen Götter an anderen Orten Numidias ................................... Provinz Mauretania (Mauretania Caesariensis und Mauretania Tingitana).... Der Kult der ägyptischen Götter bis zur frühen Kaiserzeit .......................... Caesarea (Iol)............................................................................................... Die ägyptischen Götter an anderen Orten Mauretanias ............................... Resümee: Der Isiskreis in Nordafrika – Zwischen Ägypten, Karthago, Griechenland und Rom ............................... Zeitpunkt und Art der Einführung ägyptischer Gottheiten .......................... Bedeutung und Charakter des Isiskreises zwischen älteren Traditionen und neueren Strömungen .............................................. Die Gestalt der Heiligtümer ......................................................................... Kult und Kultträger ...................................................................................... Italien: Latium und Campanien ................................................................... Die Anfänge des Isiskultes in Italien ........................................................... Rom und Latium .......................................................................................... Die ägyptischen Kulte im republikanischen Rom – Zwischen politischem Widerstand und religiöser Integration ..................... Isis und Sarapis im Rom der Kaiserzeit – Die Blüte der ägyptischen Kulte unter imperialer Förderung ...................... Ostia und Portus .......................................................................................... Tibur, Villa Hadriana ................................................................................... Praeneste ...................................................................................................... Nemus Dianae und weitere Orte in Latium ................................................. Campanien (inklusive Benevent/Samnium) ................................................ Pompeji ........................................................................................................ Herculaneum................................................................................................ Benevent ...................................................................................................... Cumae und weitere Orte in Campanien .......................................................
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XIII 899 901 933 939 939 940 960 974 976 976 976 989 992 997 997 998 1010 1017 1019 1019 1020 1031 1034 1034 1035 1037 1038 1040 1041 1045 1045 1053 1108 1115 1119 1122 1125 1125 1156 1163 1168
XIV 7.3.4 7.3.4.1 7.3.4.2 7.3.4.3 7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.2.1 7.4.2.2 7.4.3 7.4.3.1 7.4.3.2 7.4.3.3 7.4.4 7.4.5 7.4.5.1 7.4.5.2 7.4.5.3 8 8.1 8.1.1 8.1.2 8.1.2.1 8.1.2.2 8.1.2.3 8.1.2.4 8.1.3 8.1.3.1 8.1.3.2 8.1.3.3 8.1.3.4 8.1.3.5 8.1.3.6 8.2 8.2.1 8.2.1.1 8.2.1.2 8.2.1.3 8.2.1.4 8.2.1.5 8.2.2
Inhalt
Resümee: Der Isiskreis im Zentrum der Macht ........................................... Bedeutung und Charakter des Isiskreises ..................................................... Die Gestalt der Heiligtümer ......................................................................... Ausstattung der Heiligtümer, Kult und Kultträger ....................................... Germania Inferior und Superior ................................................................... Die Anfänge des Isiskultes in den germanischen Provinzen ........................ Mogontiacum ............................................................................................... Das Heiligtum der Isis und Magna Mater .................................................... Weitere Zeugnisse aus Mainz ...................................................................... Colonia Agrippinensis.................................................................................. Ein Isistempel in Köln? ................................................................................ Bedeutung und Charakter der Gottheiten des Isiskreises in Colonia Agrippinensis nach den Weihinschriften und weiteren Zeugnissen ............. Kult und Kultträger ...................................................................................... Die ägyptischen Götter an weiteren Orten in Germanien ............................ Resümee: Die ägyptischen Gottheiten an den Grenzen des Reiches............ Bedeutung und Charakter des Isiskreises ..................................................... Die Gestalt der Heiligtümer ......................................................................... Kult und Kultträger ...................................................................................... Kaiserzeitliche literarische Quellen zum Isiskult: Plutarchs De Iside und Apuleius’ Metamorphosen im Licht der ägyptischen Quellen und archäologischen Befunde ...................................................................... Plutarch, De Iside et Osiride ........................................................................ Einleitung ..................................................................................................... Mythos und Kult .......................................................................................... Das Leben des Osiris ................................................................................... Tod des Osiris und Trauer um ihn................................................................ Die Suche nach Osiris .................................................................................. Aktionen im Kampf zwischen Horus und Seth ............................................ Das Konzept der Göttin................................................................................ Kosmos/Natur .............................................................................................. Kosmos/Natur und Mensch .......................................................................... Kosmos/Natur und Mythos .......................................................................... Kosmos/Natur und Mensch II ...................................................................... Mythos und Mensch ..................................................................................... Kosmos/Natur und Mensch III ..................................................................... Apuleius, Metamorphosen ........................................................................... Einleitung ..................................................................................................... Ägyptische Parallelen .................................................................................. Griechische Vorlage..................................................................................... Zusammenfassung der Grundzüge des Inhalts ............................................. Bezüge zu Plutarch ...................................................................................... Bezüge zum ‚realen‘ Isiskult........................................................................ Das Konzept der Göttin................................................................................
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1174 1175 1183 1186 1190 1191 1192 1192 1197 1198 1198 1198 1203 1204 1210 1210 1212 1212
1215 1217 1217 1218 1219 1219 1221 1226 1227 1229 1232 1234 1235 1237 1241 1243 1243 1243 1245 1245 1247 1248 1248
Inhalt
8.2.2.1 8.2.2.2 8.2.2.3 8.2.2.4 8.2.2.5 8.2.2.6 8.3
XV
Kosmos/Natur und Mensch ......................................................................... Kosmos/Natur und Mythos .......................................................................... Kosmos/Natur .............................................................................................. Kosmos/Natur und Mensch II ...................................................................... Mythos und Mensch .................................................................................... Kosmos/Natur und Mensch III – Gebete und Rituale .................................. Resümee: Die Adaption und gedankliche Weiterentwicklung ägyptischer Konzepte des Isiskultes bei kaiserzeitlichen Autoren ..............
1249 1251 1251 1253 1257 1260
Isis als transkulturelle Göttin im Römischen Reich .....................................
1277
10 10.1 10.2 10.3
Abkürzungsverzeichnisse ............................................................................ Allgemeine Abkürzungen ............................................................................ Abkürzungen für Zeitschriften, Reihen und Lexika .................................... Abkürzungen für Texteditionen ...................................................................
1289 1289 1290 1294
11
Literaturverzeichnis .....................................................................................
1297
12 12.1 12.1.1 12.1.2 12.1.3 12.1.4 12.1.5 12.1.6 12.1.7 12.2 12.2.1 12.2.2 12.2.3 12.2.4 12.2.5 12.2.6 12.2.7 12.2.8 12.2.2
Indices ......................................................................................................... Sachindex .................................................................................................... Allgemeine Begriffe .................................................................................... Götternamen, -epiklesen, -funktionen und -epitheta.................................... Personen (inkl. Herrscher und fiktive Personen) ......................................... Ägyptische Wörter und Ausdrücke.............................................................. Griechische Wörter und Ausdrücke............................................................. Lateinische Wörter und Ausdrücke ............................................................. Sonstiges (Voces magicae etc.) .................................................................. Quellenindex................................................................................................ Ägyptische Tempelinschriften ..................................................................... Ägyptische und Griechische Papyri, Codices, Ostraka und Gefäße ............ Ägyptische und meroitische Graffiti............................................................ Sonstige ägyptische Quellen (Inschriften, Kompositionen, Corpora u. a.)..... Griechische und lateinische Inschriften und Graffiti ................................... Antike Autoren ............................................................................................ Münzen ........................................................................................................ Phönizische/Punische Quellen ..................................................................... Sonstige Quellen ..........................................................................................
1361 1361 1361 1382 1410 1417 1418 1418 1418 1419 1419 1430 1438 1441 1443 1449 1452 1453 1453
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Synthese 9 Anhang
Tafeln
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Vorwort und Danksagung Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um die geringfügig überarbeitete und um neu erschienene Literatur ergänzte Fassung meiner Doktorarbeit, die im Januar 2015 bei der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg unter dem Titel „Die Ausbreitung des Isiskultes im Römischen Reich: Tradition und Transformation auf dem Weg von Ägypten nach Rom. Eine Untersuchung zur Entwicklung des Isiskultes im griechisch-römischen Ägypten und zu seiner Adaption in Rom und dem westlichen Mittelmeerraum“ eingereicht und Ende Mai 2015 in Heidelberg verteidigt wurde. Seither erschienene zusätzliche relevante Literatur wurde eingearbeitet, soweit sie für mich bis Ende 2018 verfügbar war. Aufgrund der sich kontinuierlich vergrößernden und kaum überschaubaren Menge an Beiträgen zum Isiskult wird jedoch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Die Dissertation entstand in ihren Grundzügen im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojektes „From the Orient to Rome and Back Again. Religious Flows and the Expansion of Oriental Cults in the Roman Empire“ (D7), das unter Leitung von Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack und Prof. Dr. Christian Witschel Teil des Exzellenzclusters „Asia and Europe in a Global Context“ der Universität Heidelberg bildete und innerhalb dessen meine Promotion in den Jahren 2009–2011 mit einem Doktorandenstipendium gefördert wurde. 2012 erhielt ich außerdem ein halbjähriges Abschlußstipendium der Graduiertenakademie der Universität Heidelberg. Ohne diese Förderungen hätte diese Arbeit nicht verwirklicht werden können, weswegen ich den Stipendiengebern zu großem Dank verpflichtet bin. Das Exzellenzcluster „Asia and Europe“ bildete auch in den folgenden Jahren wieterhin den großen Rahmen meiner wissenschaftlichen Arbeit, da ich von November 2012 bis September 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem ebenfalls dort angesiedelten Forschungsprojekt zu den demotischen und griechischen magischen Papyri aus Ägypten („The Magic of Transculturality“, MC10) beschäftigt war, das von Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack und Prof. Dr. William Furley geleitet wurde. Für die letzte Phase der vorliegenden Dissertation ergaben sich durch die thematisch eng anknüpfende Projektarbeit fruchtbare Synergien. Die Grundidee zu einer neuen Analyse des römischen Isiskultes im Lichte der ägyptischen Quellen der Ptolemäer- und Römerzeit lieferte mein Erstgutachter Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack, dem nicht nur für seine Betreuung über den gesamten Entstehungszeitraum der Arbeit hinweg, sondern auch für zahlreiche wertvolle Einzelhinweise und Anregungen sowie die Bereitstellung verschiedener noch unpublizierter Manuskripte zu zentralen Quellen des ägyptischen Isiskultes ganz herzlich gedankt sei. Ebenfalls danken möchte ich den beiden übrigen Mitgliedern des genannten Forschungsprojektes D7, Prof. Dr. Christian Witschel und Darius Frackowiak, M. A., deren Anregungen im Laufe der Projektarbeit und darüber hinaus meine Auseinandersetzung mit dem ägyptischen Vertreter der sogenannten ‚Orientalischen Kulte‘ immer wieder bereicherten. Insbesondere Darius Frackowiak sei für seine Kollegialität und viele fruchtbare Diskussionen gedankt.
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Vorwort und Danksagung
Von unschätzbarem Wert war außerdem die Arbeit der Hilfskräfte des Projektes, Dr. Sonja Gerke, Nora Kuch, M. A., und Teresa Czok, M. A., die unter meiner Leitung eine umfangreiche Bilddatenbank zum Isiskult innerhalb des Bilddatenbanksystems HeidICON der Universitätsbibliothek Heidelberg sowie eine Bibliographie-Tabelle erstellten. Desweiteren verdanke ich Dr. Beate Gessler-Löhr die Einsichtnahme in von ihr zur Verfügung gestellte Photos und gesammelte Unterlagen zu den ägyptischen Gottheiten in Nordafrika sowie zahlreiche hilfreiche Hinweise zu diesem Thema. Im Jahr 2011 konnte ich Prof. Dr. Reinhard Stupperich als Zweitgutachter gewinnen, dem ich für seine Unterstützung und die Bereitschaft, die Betreuung einer solchen ‚hybriden‘ Arbeit zu übernehmen, die sowohl ägyptologisch als auch klassisch archäologisch orientiert ist, zu großem Dank verpflichtet bin. Danken möchte ich desweiteren Prof. em. Dr. Erich Winter (Trier) für viele hilfreiche Hinweise zu Isis und Osiris sowie zum Tempel von Philae und für sein anhaltendes Interesse an meiner Arbeit. Zahlreiche Freunde und Kollegen, besonders an den ägyptologischen Instituten der Universitäten Heidelberg, Trier (bzw. ehemals Trier) und Würzburg, haben meinen Arbeitsprozeß über die Jahre begleitet, und ich kann ihnen gar nicht genug für ihre persönliche und fachliche Unterstützung danken. An erster Stelle sei Dr. Susanne Töpfer genannt, die mir in jeder Hinsicht mit Rat und Tat zur Seite stand. Ihr verdanke ich nicht nur unzählige fruchtbare Diskussionen und Anregungen, sondern auch anhaltende persönliche Aufmunterung. Außerdem gilt ihr für das Korrekturlesen großer Teile dieser Arbeit mein herzlicher Dank. Weitere Teile wurden von Dr. Donata Schäfer Korrektur gelesen, der ich dafür ebenfalls ganz herzlich danken möchte. Für verbleibende Fehler zeichnet natürlich die Autorin allein verantwortlich. Desweiteren erhielt ich in Heidelberg viele hilfreiche Hinweise und freundschaftliche Unterstützung von Dr. Sabine Kubisch, PD Dr. Maren Schentuleit, Dr. Andrea Kucharek, Dr. Victoria Altmann, Dr. Claudia Maderna-Sieben, Dr. Christoffer Theis, Dr. Sandrine Vuilleumier, Dr. Ljuba Bortolani und Dr. Luigi Prada. Unter meinen ehemaligen Trierer Kommilitonen und Kollegen möchte ich besonders Dr. Angelika Paul, Dr. Donata Schäfer, Dr. Ann-Katrin Gill, Dr. Khaled Elgawady, Prof. Dr. Stefan Pfeiffer und Silke Caßor-Pfeiffer, M. A., für ihre fachlichen Ratschläge und ihre Freundschaft danken. Mein herzlicher Dank gebührt außerdem Prof. em. Dr. Erich Winter, Prof. em. Dr. Sven Vleeming, PD Dr. Holger Kockelmann, Prof. Dr. Markus Trunk, Prof. Dr. Martina Minas-Nerpel und Prof. em. Dr. Bärbel Kramer, deren Lehre meine Forschungsinteressen geformt hat, und deren freundliche Unterstützung mich auch über mein Studium in Trier hinaus begleitet. In der Phase der Publikationsvorbereitung profitierte die vorliegende Arbeit weiterhin von der kollegialen Unterstützung, wertvollen Hinweisen und/oder der Bereitstellung von Photos zur Überprüfung verschiedener Tempelinschriften durch Kollegen in Würzburg, Tübingen und anderen Orten. Stellvertretend sei insbesondere Prof. Dr. Martin Stadler, Dr. Andreas Pries, PD Dr. Dagmar Budde, Prof. Dr. Laurent Bricault, Prof. Dr. Christian Leitz, Prof. Dr. Ian Moyer und Dr. Cornelius von Pilgrim gedankt. Vielen anderen, die hier nicht namentlich genannt werden können, sei ebenfalls mein Dank gewiß. Für die Zusendung von Photos und die freundliche Genehmigung zur Publikation bzw. zum Wiederabdruck im vorliegenden Werk danke ich dem DAI Kairo (namentlich Dr. Daniela
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Vorwort und Danksagung
Rosenow), Dr. Irene Kaplan, dem Bibliotheca Alexandrina Antiquities Museum (namentlich Mohamed Aly Essam) und akg-images. Den Herausgebern der Philippika, Dr. Joachim Hengstl, Prof. Dr. Elizabeth Irwin, Prof. Dr. Andrea Jördens, Prof. Dr. Torsten Mattern, Prof. Dr. Robert Rollinger, Prof. Dr. Kai Ruffing und Orell Witthuhn, M. A., möchte ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe sowie die Würdigung mit dem Philippika-Preis 2015 meinen Dank aussprechen. Die Drucklegung der Arbeit wurde durch den Philippika-Preis sowie den Manfred Lautenschläger Award for Theological Promise 2017 und einen Druckkostenzuschuß durch das Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“ der Universität Heidelberg überhaupt erst ermöglicht. Dem Harrassowitz-Verlag – stellvertretend Dr. Barbara Krauss –, dem Forschungszentrum Internationale und Interdisziplinäre Theologie (FIIT) der Universität Heidelberg – stellvertretend Prof. Dr. Dr. Dres. h. c. Michael Welker –, der Manfred Lautenschläger Stiftung, dem Exzellenzcluster „Asia and Europe“, sowie den jeweiligen Gutachtern sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Ebenfalls herzlich danken möchte ich der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, dem Verein zur Förderung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften e.V. und den Gutachtern für die Auszeichnung der vorliegenden Arbeit mit dem Akademiepreis 2017. Für die freundliche und unkomplizierte Betreuung bei der Druckvorbereitung des Manuskripts bin ich Ulrike Melzow und Tanja Köbler vom Harrassowitz Verlag zu herzlichem Dank verbunden. Mein größter persönlicher Dank gilt schließlich Frederik Oly, meinen Eltern Klaus und Ulrike Nagel, sowie Anna Zipse, deren Warmherzigkeit, Geduld und unverbrüchliche Unterstützung maßgeblich zur Vollendung dieser Arbeit beigetragen haben. Ihnen kann ich gar nicht genug danken. Gewidmet sind die vorliegenden Bände meinem verstorbenen Großvater Robert Bewerunge, der mich fragen lehrte und mir geduldig und großzügig Antworten, zahllose Bücher und weitere Fragen (und vieles mehr) gab. Heidelberg, 25. März 2019 Svenja Nagel
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Einleitung
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Der Isiskult in Ägypten und im Mittelmeerraum – Bisheriger Forschungsstand und Zielsetzung
Unter allen ägyptischen Gottheiten gilt Isis wohl noch heute als die berühmteste, da sich ihr Kult weit über die Grenzen ihres Stammlandes hinaus ausbreitete, Griechen und Römer nachhaltig beeinflußte und damit auch die spätere abendländische Kultur immer wieder inspirierte. Aufgrund dessen haben Isis und der mit ihr assoziierte Götterkreis – Sarapis/Osiris, Harpokrates, Anubis u. a. – bereits früh das Interesse der Altertumsforschung auf sich gezogen. Besonders die griechischen ‚Isis-Aretalogien‘ erfreuen sich seit langem großer Beachtung, wobei vor allem die Frage nach dem ägyptischen Hintergrund sowie möglichen Vorlagen in ägyptischer Sprache immer wieder aufgegriffen wurde. Das Augenmerk der bisherigen Forschung zu Isis und den ägyptischen Kulten lag allerdings in erster Linie auf griechischen und lateinischen Texten sowie archäologischen Befunden außerhalb Ägyptens, wohingegen früheres und besonders kontemporäres Material aus ihrem Ursprungsland selbst nicht oder kaum berücksichtigt wurde. Trotz der in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich ansteigenden Menge an Materialsammlungen, Synthesen und neuen Erkenntnissen zum griechisch-römischen Isis- und Sarapiskult1 wurde die Entwicklung, welche die Göttin Isis und die mit ihr verbundenen Gottheiten in ihrem Heimatland selbst im 1. Jahrtausend v. Chr., und insbesondere unter den ptolemäischen und römischen Herrschern durchliefen, bisher kaum oder nur sporadisch untersucht und in die Bewertung der Befunde im hellenistischen und römischen Mittelmeerraum mit einbezogen. Dies begründet sich unter anderem darin, daß von ägyptologischer Seite bisher keine zusammenhängende Aufarbeitung der zahlreichen Quellen aus dieser Epoche erfolgt ist. Die einzige größere ägyptologische Studie zu Isis von M. MÜNSTER bietet einen grundlegenden Überblick über die Rolle der Göttin in Ägypten bis zum Neuen Reich, bezieht aber die Entwicklungen in den späteren Epochen nicht mehr mit ein.2 Beiträge von ägyptologischer Seite zu Aspekten des Isiskultes im spätzeitlichen und griechisch-römischen Ägypten sind bisher nur vereinzelt vorgenom-
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Hier kann und soll aufgrund der großen Masse an Beiträgen zu diesem Thema keine ausführliche Literaturübersicht gegeben werden; stattdessen sei auf die regelmäßig erscheinende, mit kurzen Rezensionen versehene Literaturübersicht („Chronique bibliographique“) in den Bänden der Bibliotheca Isiaca verwiesen (für Publikationen seit 2000). Für ältere Literatur siehe J. LECLANT/G. CLERC, Inventaire Bibliographique des Isiaca (IBIS). Répertoire analytique des travaux relatifs à la diffusion des cultes Isiaques 1940–1969, EPRO 18, 4 Bde., Leiden 1972–1991. MALAISE, Terminologie, bietet einen einführenden Überblick mit dem Versuch einer genaueren Begriffsbestimmung zu den hellenistisch-römischen Kulte der dem Isiskreis zuzurechnenden Gottheiten (in der französischen Terminologie die sog. „cultes isiaques“); vgl. außerdem die umfangreiche kommentierte Sammlung von Zeugnissen aus dem gesamten Mittelmeerraum mit weiterführenden Literaturangaben von BRICAULT, Cultes isiaques. MÜNSTER, Isis.
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Der Isiskult in Ägypten und im Mittelmeerraum
men worden, geben aber bereits erste Impulse für eine Neubewertung auch der außerägyptischen Befunde.3 Ägypten und der Rest des Mittelmeerraumes wurden also weitestgehend getrennt voneinander betrachtet und entsprechend als getrennte Regionen, die Phänomene des Kultes als verschiedene Phänomene angesehen.4 Dies ist in meinen Augen ein grundlegend problematischer Ansatz und führte auf weiten Strecken zu einem nicht nur unvollständigen, sondern oft auch falschen Verständnis des „hellenistischen“ bzw. „römischen“ Isiskultes. In der vorliegenden Studie soll zusammengeführt werden, was zusammengehört: die eng miteinander verwobenen und sich wechselseitig befruchtenden Weiterentwicklungen des ägyptischen sowie des außerägyptischen Isiskultes innerhalb des politischen, geographischen und kulturellen Rahmens des Römischen Imperiums. Aufgrund der kaum zu handhabenden Gesamtmenge der hierzu zählenden Zeugnisse schriftlicher und archäologischer Art muß sich auch diese Untersuchung auf bestimmte Schwerpunkte konzentrieren, die sich teilweise bereits aus den Desideraten des heutigen Kenntnisstandes ergeben haben. Als eine Hauptaufgabe versteht sich daher die erstmalige Zusammenführung und ausführlich kommentierte Aufarbeitung der zahlreichen Quellen zu Isis aus dem griechisch-römischen Ägypten (Band 1). Die zweite Zielsetzung besteht in der Frage nach der Bedeutung des innerägyptischen Befundes für die Adaption und Gestaltung des Isiskultes im westlichen Mittelmeerraum (Band 2): Wie lassen sich Gestalt und Ausstattung der Heiligtümer, private und offizielle Weihungen, Ikonographie und literarische oder diskursive Beschreibungen der Gottheiten und ihrer Macht außerhalb Ägyptens in Hinblick auf die kontemporären Zeugnisse aus dem Ursprungsland bewerten? Wie genau wurden das Bild der Isis und weiterer Gottheiten und ihr Kult im Laufe der Zeit und durch die Überlagerung verschiedener Traditionen – ägyptische, griechische, römische und andere – an einzelnen Orten adaptiert und gestaltet? Wie stellt sich die Beziehung einzelner Regionen, Städte und Heiligtümer zu Ägypten auf historischer, sozialer bzw. personeller, politischer, ikonographischer und schließlich theologischer Ebene jeweils dar? Mit diesen Fragen im Hintergrund soll schließlich anhand des sorgfältig aufgearbeiteten ägyptischen Hintergrundes des griechisch-römischen Isiskultes
3 Zu nennen sind besonders JUNGE, Isis und die ägyptischen Mysterien; ŽABKAR, Hymns to Isis; SCHULZ, Warum Isis?; QUACK, „Ich bin Isis...“; DOUSA, Imagining Isis; KOCKELMANN, Praising the Goddess. DUNAND, Culte d’Isis, zeichnet in Band I die Entwicklung des Isiskultes im ptolemäischen Ägypten nach, konnte jedoch die heute bekannte große Menge an ägyptischen Texten (hieroglyphische Tempelinschriften und demotische Texte) nur in sehr viel geringerem Umfang mit einbeziehen. 4 Dies demonstriert allein schon ein Blick in die relativ rezenten Corpora zu den Inschriften und archäologischen Funden (RICIS; BRICAULT, Atlas), die Ägypten komplett ausschließen. KLEIBL, Iseion, hat zumindest auch die in Ägypten befindlichen Isis- und Sarapistempel „griechisch-römischen Stils“ mit aufgenommen und versucht in ihrer Analyse jeweils auf ägyptische Vorbilder einzugehen. Auch BRICAULT, Cultes isiaques, hat einige (griechische) Inschriften und archäologische Zeugnisse aus Ägypten in seine kommentierte Sammlung ausgewählter Quellen integriert. Um eine wirkliche Zusammenführung haben sich bisher hauptsächlich kürzere Beiträge zu Einzelthemen bemüht; zu nennen sind hier neben den in Anm. 3 genannten Arbeiten z. B. BUDDE, Götterkind, S. 67–79 u. 150–173; QUACK, Zum ägyptischen Ritual; SFAMENI GASPARRO, Hellenistic Face; BIANCHI, Images of Isis; NAEREBOUT, Ras el-Soda, der (S. 541) treffend bemerkt: „I feel that this watershed separating the ‚Isiaca‘ outside from those inside Egypt, is indefensible on any logical grounds.“
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Der Isiskult in Ägypten und im Mittelmeerraum
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(Band 1) neues Licht auf bereits bekannte und teils schon häufig kommentierte Denkmäler und Quellen im Westen des Römischen Imperiums (Band 2) geworfen werden.
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Methodik und Gliederung
Band 1 Am Beginn dieser Untersuchung steht die Bearbeitung und Kontextualisierung von Hymnen und längeren Inschriften für Isis aus den ägyptischen Tempeln griechisch-römischer Zeit, die teilweise bisher noch nicht oder nur unzureichend übersetzt und kommentiert worden sind, sowie entsprechende Kompositionen auf hieroglyphischen und hieratischen Papyri, die den Tempelbibliotheken zugerechnet werden können. Dieser neu zu erschließende Komplex an Primärquellen mit Isis verbundener spätägyptischer Theologie, Kulttopographie und Mythologie wird hier erstmals als Corpus zugänglich gemacht (Kap. 4) und übergreifend ausgewertet (Kap. 5).1 Auf dieser Basis der ‚offiziellen‘, priesterlichen Konzeption der Isis in den ägyptischen Tempeln baut die Untersuchung von kulturübergreifenden demotischen und griechischen Textquellen in Kap. 6 auf, die außerdem um archäologische Zeugnisse aus den jeweiligen Regionen Ägyptens ergänzt wurden, um ein umfassendes Bild der Isis bei der einheimischen sowie griechischen und römischen Bevölkerung des Nillandes zu gewinnen. Dieses Gesamtbild wird zudem im Süden, an der Grenze zu Nubien, zusätzlich durch Hinterlassenschaften meroitischer Isisverehrer bereichert. Die in diesem Kapitel herangezogenen Quellen wurden von mir – anders als die Tempelinschriften – nicht neu übersetzt, sondern anhand von bereits vorliegenden und teilweise noch in verschiedenen Stadien der Publikationsvorbereitung befindlichen Arbeiten ausgewertet und hinsichtlich ihrer Intertextualität und kulturellen Komplexität untersucht.2 Sie repräsentieren eine relativ große Vielfalt an Verwendungskontexten, Gattungen, Zielgruppen und persönlichen Intentionen der Verfasser. Es handelt sich im Einzelnen um umfangreiche und formal gestaltete Isishymnen (6.1), private Gebete, Graffiti und Weihinschriften (6.2), kulttopographische und mythologische Texte (6.3), Erzählungen und Weisheitslehren (6.4), magische und divinatorische Texte (6.5) und schließlich die Memphitische Isisaretalogie (6.6).
1 Das Potential der griechisch-römischen Tempeltexte für eine Neuuntersuchung des hellenistisch-römischen Isiskultes betonte bereits D. BUDDE in ihrer Untersuchung einiger Inschriften aus Dendara: „Angesichts dieser Quellen [griechisch-römische Tempeltexte mit Isis- und Hathorhymnen etc.] ist die rezente [Meinung] von BOMMAS, der postuliert, daß Ägypten unbeeinflußt von der Ausbreitung der Isiskulte und der Konzeption der hellenistischen Isis geblieben sei, skeptisch zu hinterfragen bzw. abzulehnen; s. BOMMAS, Heiligtum und Mysterium, S. 48 u. 78. Um diese Hypothese zu untermauern, müßten die Dokumente in den späten Tempeln einbezogen werden; dies kann im Rahmen der vorliegenden Studie nur punktuell erfolgen. Systematische Untersuchungen der Tempeltexte zu diesem Thema sind ein Desiderat.“ (BUDDE, Götterkind, S. 74, Anm. 365). 2 Die Übersetzungen wurden in zahlreichen Fällen jedoch von mir überprüft und problematische Stellen näher beleuchtet, was in die Kommentare und Anmerkungen in den jeweiligen Kapiteln mit eingeflossen ist.
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Methodik und Gliederung
Band 2 Im zweiten Hauptteil der Arbeit (Band 2) steht die Verbreitung des Kultes der Isis und mit ihr assoziierter Gottheiten außerhalb Ägyptens im Fokus. Trotz der Konzentration auf die Epoche der Römischen Kaiserzeit ist jedoch auch die diachrone Perspektive auf einzelne Regionen wichtig. Um die Stellung des Kultes und seine regionalspezifischen Eigenheiten zu verstehen, dient daher ein Kapitel über die erstmalige Verbreitung von ägyptischen Kulturelementen und Gottheiten des Isiskreises in den westlichen Mittelmeerraum im Zuge der phönizisch-punischen Kolonisation (7.1) als Einleitung zum folgenden Hauptteil. Bei letzterem handelt es sich um einen Survey ausgewählter Teile des Römischen Reiches. In Form von drei detaillierten Fallstudien werden archäologische und epigraphische Zeugnisse für Form und Praxis des Isiskultes in Regionen untersucht, die in ihrer geographischen Lage, kulturellen Prägung sowie in ihrem historischen Verhältnis zu Ägypten und den ägyptischen Kulten voneinander unterschiedliche Voraussetzungen aufweisen: Die nordafrikanischen Provinzen (7.2), Latium und Campanien als Zentrum Italiens (7.3) und Germanien (7.4). Aufgrund bisher fehlender umfassender Bearbeitungen werden mit den Kapiteln zur phönizischen Verbreitung und zu Nordafrika jeweils erste vollständige Analysen der bekannten Zeugnisse versucht. Italien (7.3) hat als zentrale Region des Römischen Imperiums die meisten und aussagekräftigsten Funde hervorgebracht, doch anders als bei den vorangehenden Kapiteln 7.1 und 7.2 kann hierfür auf den Ergebnissen bereits existierender grundlegender Untersuchungen aufgebaut werden, weswegen das Kapitel in erster Linie eine Neubewertung der Heiligtümer und wichtigen Fundkomplexe der Schlüsselregionen Latium und Campanien im Lichte der ägyptischen Quellen und der Ergebnisse der Untersuchung zu Nordafrika darstellen soll. Die beiden germanischen Provinzen (7.4) wurden als nördliche Randregion erst relativ spät durch römische Eroberung an die Mittelmeerkulturen angeschlossen und sind somit ebenfalls von besonderem Interesse. Hier ermöglichen bereits vorhandene Zusammenstellungen der relativ geringen Menge an Zeugnissen eine schnellere Erschließung des Gesamtbildes. In einem abschließenden Schritt (Kap. 8) werden die vielfältigen textlichen, ikonographischen und archäologischen Befunde, die in den genannten Kapiteln behandelt werden, zusammengeführt und mit der eigenen literarischen und diskursiven Auseinandersetzung der Griechen und Römer mit dem Isiskult abgeglichen, für die stellvertretend die beiden umfangreichsten Werke, Plutarchs De Iside et Osiride (8.1) und Apuleius’ Metamorphosen, besonders Buch XI (8.2), Zeugnis ablegen sollen. Bei der Beschäftigung mit wissenschaftlichen Studien und Synthesen zum Isiskult in den letzten Jahren sowie der Diskussion mit Fachleuten verschiedener Disziplinen drängte sich oft der Eindruck auf, daß das Interesse der Menschen der Antike an ursprünglich fremden Kulturen und Ideen, ihre ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen und Dialogfähigkeit untereinander immer noch unterschätzt werden. Gerne scheint man davon auszugehen, daß antike Aussagen wie z. B: „die Priester in Ägypten erzählen“ oder „der Text wurde übersetzt/abgeschrieben etc. von…“ grundsätzlich zunächst als bloßer Topos und damit historisch ‚falsch‘ aufzufassen sind. Die Authentizität solcher ‚Behauptungen‘ müsse daher durch die Forschung erst einmal ‚bewiesen‘ werden – das Gleiche gilt für die Authentizität von ‚fremden‘ Kulten und Objekten und ihrer kontextuell sinnvollen Einbindung. Entsprechend werden die Grundfragen nach dem antiken Verständnis des (ursprünglich) ‚Anderen‘
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Methodik und Gliederung
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oder ‚Fremden‘, dem kreativen Umgang damit und den Mitteln der Aneignung im Laufe der vorliegenden Studie immer wieder im Fokus stehen.
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Technische Vorbemerkungen
Für die große Anzahl der in diesem Werk behandelten Text- und Bildquellen sei auf die Editionen und Abbildungen in den jeweils angegebenen Publikationen verwiesen. In dem angehängten Tafelteil sind nur einige wenige sehr markante ikonographische Zeugnisse abgebildet, die hier besonders ausführlich diskutiert werden (Taf. I–V). Sämtliche textliche Primärquellen, die ich in den Hauptteilen des Buches anführe und analysiere, sind mit ihrem Rufnamen durch Kursivdruck hervorgehoben (z. B. pHeid. dem. 736 vs.; Philä I, 169).1 Mehrfach angeführte Sekundärliteratur wird mit Kurztiteln zitiert, die im ausführlichen Literaturverzeichnis aufgelöst sind. Bei Einzelnennungen wird die entsprechende Publikation bereits in der Fußnote vollständig zitiert und ist nicht in das Literaturverzeichnis aufgenommen. Jahreszahlen ohne weitere Angaben beziehen sich auf die Zeit nach Christus.
1 Für nur beiläufig erwähnte oder zum Vergleich herangezogene Quellen (z. B. Inschriften zum Isiskult aus anderen Regionen, die nicht Teil der Schwerpunkte dieser Studie sind) wird dagegen kein Kursivdruck verwendet. Die Rufnamen der Inschriften sind üblicherweise anhand der abgekürzt zitierten Editionen (plus Seitenzahl, Zeilennr. etc.) gebildet. Die Abkürzungen sind im Verzeichnis Abkürzungen für Texteditionen im Anhang (Bd. II, 10.3) aufgeschlüsselt.
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Herrin der Beiden Länder: Isis in den Texten und ergänzenden Zeugnissen des Griechisch-Römischen Ägypten
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln nach den hieroglyphischen Inschriften sowie ergänzenden Texten
Die unter Kapitel 4 übersetzten, kommentierten und im Hinblick auf die jeweils lokalen Traditionen der einzelnen Tempel oder Kultorte griechisch-römischer Zeit ausgewerteten hieroglyphischen und hieratischen Texte umfassen vorrangig Hymnen, Litaneien und eulogische Epithetareihen der Göttin Isis, die in Inschriften auf den Tempelwänden angebracht oder auf Papyri der Tempelbibliothek aufbewahrt wurden. Auch Ritualszenen mit Isis, das heißt innerhalb dieser in erster Linie die Beischriften der Göttin und die göttlichen Randzeilen, wurden teilweise mit aufgenommen, insbesondere bei solchen (Isis-) Tempeln, die keine oder wenige längere Texte bieten. Die Isis-Epitheta der Ritualszenen fließen also jeweils in die Analyse der einzelnen Tempel mit ein, doch handelt es sich dabei meist nur um recht kurze Texte, die schwerpunktmäßig die lokalen Haupttitel enthalten (siehe unten, 5.2.1); wietere Beinamen sind jeweils stark vom Szenentypus beeinflußt. Eine gewisse Besonderheit bilden Monumentalszenen mit überlangen Szenenbeischriften, die formal und inhaltlich mit längeren, eulogischen Texten vergleichbar sind. Obwohl die zeitliche Epoche Ägyptens, die im ersten Hauptteil (II.) dieser Arbeit in den Blick gefaßt werden soll, die griechisch-römische Zeit ist, werden in Einzelfällen auch ältere Texte für Isis – hauptsächlich der Spätzeit – einbezogen, insbesondere in den Fällen, in denen sich eine längere Kontinuität des Kultes an einem Ort beobachten läßt (z. B. in Philae, 4.1, Behbeit el-Hagar, 4.4, und Memphis/Sakkara, 4.12). Die gewählte Reihenfolge der einzelnen Orte und Tempel basiert auf einer praktikablen Kombination aus chronologischen und geographischen Kriterien; da die Dekoration eines jeden Tempels eine innere Chronologie aufweist, ist es ohnehin kaum möglich, eine streng chronologische Reihenfolge einzuhalten. Außerdem werden so die kulttopographischen Beziehungen von Heiligtümern in einer gemeinsamen Region deutlicher (z. B. Kap. 4.1–3). So steht das Heiligtum von Philae aufgrund seiner relativ gut dokumentierten älteren Baugeschichte und der ersten bekannten Isishymne am Anfang der Reihe, bildet aber außerdem auch geographisch als südlichstes Kultzentrum einen guten Startpunkt. Aufgrund der engen Verbindungen zwischen Philae, Assuan und Nubien bot es sich an, diese im Anschluß zu behandeln, bevor der Fokus auf das einzige erhaltene und ebenfalls spätzeitliche bis frühptolemäische Kultzentrum Behbeit el-Hagar (4.4) gerichtet wird. Unter ähnlichen Gesichtspunkten wurde die Abfolge der folgenden Kultzentren gewählt (4.5–10), bevor abschließend (4.11–13) ergänzende Quellen zu Heiligtümern, die entweder nicht erhalten sind oder in denen Isis eine untergeordnete Rolle spielte, angeführt werden. In den jeweiligen Gesamtkommentaren am Ende jedes einem Tempel oder einem Kultort gewidmeten Unterkapitels werden die aus der Analyse der genannten Texte gewonnenen Ergebnisse mit weiteren, den Ort betreffenden Quellen und Informationen verknüpft, um das Bild des Isiskultes an den jeweiligen Stätten zu vervollständigen.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Die hier ausführlich behandelten und neu übersetzten Texte werden der Einfachheit und leichten Auffindbarkeit halber jeweils mit einem Rufnamen versehen, der meist dem Textzitat in der Hauptpublikation entspricht (Eintrag „Text/Hauptpublikation“, z. B. Philä II, 6–7). Die Rufnamen sind in der ersten Zeile der jeden Text einleitenden Tabellen mit den grundlegenden Informationen jeweils fett und kursiv gesetzt, werden im Folgenden innerhalb dieser Arbeit aber nur noch – ebenso wie weitere in den folgenden Teilen analysierte Textquellen – durch Kursivschrift hervorgehoben und mit diesen Rufnamen zitiert.1 Auf eine eigene laufende Durchnummerierung, die nur für diese Arbeit gültig wäre, habe ich dagegen verzichtet.
4.1
Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
4.1.1
Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.1.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen Die erste Isis-Hymne unter Nektanebes2 Text/Hauptpublikation Hymne Nektanebes (Philae-Photos 23–24) Anbringungsort Philae, Kiosk des Nektanebes, westlicher Architrav, Innenseite Bibliographie HINTZE, Musawwarat Es Sufra, S. 43–44, Inschrift 26 (mit hieroglyphischer Synopse); ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 157; FHN II, Nr. 127, S. 585–586; BALDI, Isis in Kush, S. 110–111 Parallelen Inschrift auf Block im Löwentempel von Musawwarat el-Sufra (Musawwarat Es Sufra, Nr. 26, Abb. 21; Taf. XVII b); Philä II, 136–137; tw., nicht ganz wörtliche Parallele: Philä II, 6–7 Text:3 PN: PM: M:
i.nD Hr=T As.t nTr.t mw.t-nTr qmA(.t) nfr.w=s i.nD Hr=T As.t nTr.t mw.t-nTr qmA(.t) nfr.w=s nD Hr=T As.t nTr.t mw.t-nTr qmA(.t) [nfr.w=s] Sei gegrüßt, Isis, Göttin, Gottesmutter, die ihre Schönheit erschafft,
1 Vgl. dazu auch die technischen Vorbemerkungen in der Einleitung (Kap. 3). 2 Anstelle der üblicherweise anzutreffenden Bezeichnung „Nektanebos I.“ wird hier die historische Lautform der üblichen griechischen Wiedergabe des Königsnamens Nxt-nb=f verwendet, wohingegen der „Nektanebos“ nur als Benennung für Nxt-@[email protected] („Nektanebos II.“) dienen soll, vgl. dazu QUACK, Menetekel, S. 30. 3 Es wird hier ausnahmsweise eine Synopse mit den Parallelen gegeben, da die Texte aus Musawwarat nicht in einem eigenen Kapitel bearbeitet werden (die Inschriften sind nur sehr fragmentarisch erhalten). Der Vollständigkeit halber ist auch der parallele Abschnitt der Hymne Philä II, 136–137, in die Synopse integriert. PN = Philae, Nektanebes-Kiosk (Hymne Nektanebes) PM = Philae, Mammisi (Philä II, 136–137) M = Musawwarat el-Sufra (Musawwarat Es Sufra, Nr. 26)
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
PN: PM: M: PN: PM: M: PN: PN:
17
WADy.t wr(.t)-HkA.w nb(.t) xa.w m kAr StA WADy.t wr(.t)-HkA.w nb(.t) xa.w m aH StA4 – – – – wr(.t)-HkA.w nb(.t) xa.w m [… …] Uto, die Zauberreiche, die Herrin der Erscheinungen (oder: Diademe)5 in dem geheimen Schrein/Palast, Dsr s.t m wjA n HH Hnw.t pr-wr Dsr s.t m wjA n HH Hnw.t pr-wr Dsr s.t=s m wjA m HH […] mit erhabenem Sitz (M: deren Sitz erhaben ist) im Schiff der Millionen, die Gebieterin des Per-wer6 pr-ns(r).t Hrj(.t)-tp n Ra ir.t Ra wa.t iar.t(?)7 und des Per-neser, die Stirnschlange des Re, das Auge des Re, die Einzigartige, die Uräusschlange(?),8 […].t s[…]n? […].t ? […]n ? […]t […] tA.wj(?) HA.w-nb.w(.t) sxa.{w}t Ra […] nfr […9 […] ? […] ? […] ? […] ? […] die Länder(?) der/die Griechen, die Re erscheinen läßt (?) […] schön […]
Kommentar: Bei der am Ende abgebrochenen Hymne am westlichen Architrav des Nektanebes-Kiosks in Philae handelt es sich um die älteste (überlieferte) Isis-Hymne überhaupt,10 die sicherlich als Vorläufer der unter Ptolemaios II. in Philae angebrachten Hymnen (s. u.) gelten kann. Der Anfang des Textes wurde dann in die Inschriftendekoration des nubischen Tempels von Musawwarat el-Sufra übernommen, welcher unter dem meroitischen König Arnekhamani erbaut wurde. 11 Da Isis von Philae eine starke Ausstrahlungskraft nach Nubien hatte und üblicherweise in den dortigen Tempeln mit verehrt wurde, darf dies nicht weiter verwundern.12 Auch im Heiligtum von Philae selbst wird derselbe Abschnitt später im ptolemäischen Mammisi nochmals verwendet, wo er den Abschluß eines längeren Hymnus bildet.13 4 JUNKER/WINTER, Philä II, 137, lesen mit Fragezeichen: aH(=T) StA(?) dwA.t(?). Ich halte die Anfügung dwA.t jedoch für unwahrscheinlich und den Stern für eine Verschreibung für das Kreuz, das ja auch in der Parallele PN hinter StA steht. 5 Vgl. den Titel des Pharao nb xa.w, der üblicherweise vor der Kartusche mit dem Eigennamen steht. 6 Hier endet die Hymne Philä II, 136–137, und ebenso die Parallele (zumindest ihr erhaltener Teil) in Musawwarat el-Sufra. Zum gesamten Text von Philä II, 136–137, siehe unten. 7 Möglicherweise handelt es sich bei der Uräusschlange auch nur um das Determinativ von wa.t. 8 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 157, gibt hierfür als Übersetzung an: „Feurige Uräusschlange am Kopf von Horus-Re, Auge des Re, die einzigartige Göttin, Uräusschlange…“. 9 Der Rest des Architravs fehlt. 10 Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 157. 11 Zur Problematik der Chronologie siehe die Diskussion bei HINTZE, Musawwarat es Sufra, S. 13–19. HINTZE setzt zumindest das Ende der Regierung von Arnekhamani mit der Regierungszeit des Ptolemaios IV. gleich, zumal der Meroite wie dieser Ptolemäer teilweise den Zusatz „geliebt von Isis“ in der Kartusche trägt. 12 Vgl. zu dem philensischen Einfluß auf die nubische Theologie und zur Textübernahme in Musawwarat die Rez. zu HINTZEs Publikation von E. WINTER, in: Deutsche Literaturzeitung 86/3, 1965, S. 242–246. Zu Isis von Philae in Nubien siehe unten, Kap. 4.3. 13 Philä II, 136–137; siehe unten.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Inhaltlich setzt der Text Isis mit der Uräusschlange gleich, indem deren gängige Beinamen auf Isis übertragen werden. Sie ist die Uräusschlange und das Auge des Re, die auch als Abwehrerin von Feinden in der Sonnenbarke mitfährt. So ist z. B. das im NektanebesKiosk belegte Epitheton „die Herrin der Erscheinungen (oder: Diademe) in dem geheimen Schrein“ bereits in einer Hymne an die Kronenschlange auf einem Papyrus der 2. Zwischenzeit oder sogar bereits der 12. Dyn. zu finden.14 Acht Hymnen im neuen Tempelbau des Ptolemaios II.15 Vier Hymnen an Isis (Philae-Hymnen 1–4) befinden sich im Sanktuar und sind in vier von sechs zusammengehörigen Szenen16 an dessen Nordwand (= Rückwand) enthalten. Jeweils zwei Szenen sind spiegelsymmetrisch in einem Register angebracht. Die Darstellungen sind parallel aufgebaut, mit Abwandlungen in Ornat und Haltung des Königs sowie der Göttin: In den oberen beiden Registern thront Isis, im unteren steht sie, während der König in allen Szenen steht. Die sechs Szenen bilden praktisch den innersten Kern des Allerheiligsten, da sie sich an dessen Rückwand befinden, also der am tiefsten im Tempel gelegenen, geheimsten Stelle überhaupt. In gewissem Sinne dürften die in vier der Szenen integrierten Hymnen somit auch den Kern oder die Essenz der Isis-Theologie von Philae (unter dem Bauherrn Ptolemaios II.) enthalten. Sie werden sinnvoll komplementiert durch die ihnen gegenüberliegenden Türpfosteninschriften mit den Philae-Hymnen 5 und 6, so daß der Raum auf seinen beiden Hauptseiten von den Lobpreisungen an die Göttin eingefaßt ist. Weiter ergänzt wird diese räumliche Konzeption durch die Philae-Hymnen 7 und 8, die sich auf den seitlichen Wänden (West- und Ostwand) des vor dem Sanktuar liegenden Opfersaals befinden, so daß mit den acht die Theologie der Tempelherrin konstituierenden Texten alle vier Himmelsrichtungen abgedeckt sind.
14 pMoskau 314, 9, 5. Siehe BOMMAS, Investiturritual, S. 37; ERMAN, Hymnen an das Diadem, S. 35; vgl. auch LGG IV, 117a zur Passage. Somit dürfte kAr und nicht das im Mammisi stattdessen stehende aH den ursprünglicheren Wortlaut der Überlieferung darstellen. Die vorgeschlagenen Datierungen des Papyrus schwanken zwischen der 12. Dyn. (Bommas) und dem Ende der 2. ZwZt (Erman). 15 Es handelt sich um die acht von ŽABKAR, Hymns to Isis, edierten Isishymnen, die hier neu bearbeitet werden. 16 Zu den beiden Szenen (Salbopfer und Schmuckkragen) im oberen Register siehe L. V. ŽABKAR, Adaptation of Ancient Egyptian Texts to the Temple Ritual at Philae, in: JEA 66, 1980, S. 127–136. Sie enthalten keine Hymnen, sondern Opfer- und Ritualtexte, die sich auf ältere Vorlagen zurückführen lassen.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
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Philae-Hymne 1 (ŽABKAR, Hymns to Isis, Taf. 11–12; Abb. 2; S. 17–25) Philae, Isis-Tempel, Sanktuar (Raum X), Nordwand, mittleres Register, rechte Szene BÉNÉDITE, Philae, S. 61–62, Tabl. II; Philae-Photo 1031; KLOTZ, Two Hymns Der König Ptolemaios II. steht im Anbetungsgestus mit nach unten ausgestreckten Händen vor der thronenden Isis mit Hathorgehörn. Der Text der Hymne steht als Spruch des Königs zwischen ihnen.
Text: – Königliche Randzeile:17 ij.n sA Ra [(Ptlwmys) xr=T Der Sohn des Re, [(Ptolemaios), ist zu dir gekommen, As.t wr.t mw.t-nTr (Hr) sn-tA m Hr=T nfr Isis, die Große, die Gottesmutter, indem er den Boden vor deinem schönen Gesicht küßt. dj n=f mrw.t Dt Möge ihm Liebe/Beliebtheit geschenkt sein(?),18 ewiglich. – Göttliche Randzeile:19 i sA=i mry sA Ra [(Ptlwmys) Oh mein geliebter Sohn, Sohn des Re, [(Ptolemaios), dj.n=i n=k rsj r-aw Kns(.t) ich habe dir den Süden bis hin nach Kenset20 gegeben, &A-¤tj n-n=k m ksw Dt &A-stj (1. o.äg. Gau) gehört dir, indem es niedergebeugt ist, ewiglich.21 – Beischrift der Isis:22 As.t wr.t mw.t-nTr nb.t Iw-rq nb.t p.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae, die Herrin des Himmels, Hnw.t nTr.w nb.t xAs.wt rsj.wt die Gebieterin der Götter, die Herrin der südlichen Fremdländer. – Rede der Isis: dj.n=i n=k aHa n Ra n (=m) p.t Ich habe dir die Lebenszeit des Re im Himmel gegeben, dj.n=i n=k p.t Hna imj(.t)=st ich habe dir den Himmel gegeben mit dem, was darin ist, 17 18 19 20
Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 17. Oder ist zu dj n=f zu emendieren („mögest du ihm Liebe schenken“)? Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 23. Gebiet in Nubien, möglicherweise von den Ägyptern auch als äußerstes bekanntes Gebiet im Süden empfunden, vgl. Wb V, 133, 16–134, 3; GDG V, S. 205–206; VERRETH, Toponyms in Demotic, S. 347. 21 WINTER, Tempelreliefs, S. 22, übersetzt: „…ich gebe dir den Süden bis nach Nubien (Kns.t), dir (?) in Verneigung, ewiglich.“ 22 Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 23.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
dj.n=i n=k qnw r rsj ich habe dir den Sieg über den Süden gegeben. – Hymne (= Rede des Königs): 5 Kolumnen mit je einer Strophe, darüber eine Zeile. Einleitungszeile: iAw n=T As.t wr.t23 mw.t-nTr Lobpreis für dich, Isis, die Große, die Gottesmutter, nb.t p.t Hnw.t nTr.w nb(.w)24 die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, Kol. 1: (iAw) n25 mw.t-nTr n @r kA nxt (Lobpreis) für die Gottesmutter des Horus, des starken Stiers, nD.tj n it=f dj=f sxr sbj.w des Beschützers seines Vaters, wenn er das Niederschlagen der Rebellen veranlaßt,26
23 Vgl. zur Lesung KURTH, Rez. Žabkar, S. 468; und COLIN, Isis „dynastique“, S. 275, Anm. 24; jetzt auch KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 78, a). ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21, liest @w.t-@r. 24 Zur Lesung vgl. KURTH, Rez. Žabkar, Sp. 468, Anm. 1; und KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 79, b). ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21, liest: Hnw.t IA.t-wab.t ity.t nTr.w. Die Lesung als Hnw.t nTr.w nb.w wird dadurch bestärkt, daß es sich um ein häufig verwendetes Epitheton der Isis handelt, vgl. LGG V, 189b. 25 Vgl. zu dieser Lesung GOYON, Rez. Žabkar, S. 88. KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 81–82, c), liest wie auch in allen anderen Kolumnen trotz der deutlich abweichenden Zeichenreihenfolge (iAw) n=T mw.tnTr. Er begründet dies mit der Umstellung aus kalligraphischen Gründen, was nicht auszuschließen ist. Vgl. die folgenden Zeilenanfänge. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21, liest: Ntt mw.t nTr. Diese Struktur mit ntT vermutet auch J. F. QUACK hier (persönliche Mitteilung) sowie im Anuket-Hymnus aus Komir, vgl. QUACK, Kritische Bemerkungen, S. 110; KOCKELMANN, Soubassement, S. 593, m. Anm. 106. Anders als bei Philae-Hymne 1 ist in Komir in der entsprechenden Sektion aber an allen Kolumnenanfängen einheitlich geschrieben, was m. E. dort doch eher für (iAw) n=T spricht. Auch in Philae unterstützt m. E. die eindeutige Schreibung von iAw n=T in den horizontalen Einleitungszeilen von Philae-Hymne 1 und 2, wobei n=T ebenso wie in den Strophen-Kolumnen jeweils mit einem Zeichen für n und (fast immer) der Gruppe für das Suffix der 2. Pers. fem. sing. =T geschrieben wird, die Deutung der Schreibung auch an den (meisten) Kolumnenanfängen als n=T und nicht ntT. Auch andere und ältere iAw-Hymnen weisen die Struktur mit wiederholten iAw + Dativ-Ausrufen auf, z. B. eine Privatstatue aus Balansourah (Amarna-Zeit) mit Gebet an Chnum: G. DARESSY, Deux statues de Balansourah, in: ASAE 18, 1919, S. 53–57; W. J. MURNANE, Texts from the Amarna Period in Egypt, Atlanta 1995, S. 48–49; Gebete an Aton aus Amarna-Privatgräbern, z. B. dem Grab des Eje: W. J. MURNANE, op. cit., S. 89–90. 26 Vgl. zur Übersetzung FISSOLO, Isis de Philae, S. 7. Der verbale Anschluß dj=f und die folgende Konstruktion erscheinen mir in diesem Text ungewöhnlich, zumal sonst nur mit partizipialen und nominalen Elementen konstruiert wird. KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 82, d), liest mw.t anstatt dj (das Zeichen sieht tatsächlich auch eher wie als wie aus) und übersetzt mit dem folgenden „der Schützer seines Vaters und seiner Mutter, der die Rebellen niederschlägt“, was ebenfalls möglich ist. Das Epitheton nD.tj n it=f mw.t=f ist ansonsten jedoch nur einmal (in Edfu) belegt, siehe LGG IV 590b.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kol. 2: (iAw) n=T mw.t-nTr n @r kA nxt27 (Lobpreis) für dich, die Gottesmutter des Horus, des starken Stiers, prj-a Hwj xftj(.w)=f irj ns n-im(?)28 des Helden, der seine Feinde schlägt, der Gemetzel anrichtet unter ihnen, Kol. 3: (iAw) n mw.t-nTr29 n @r kA nxt30 (Lobpreis) für die Gottesmutter des Horus, des starken Stiers, &?\31 n Ra(?) nswt bjtj nH(H)32 Dt des &?\ des Re(?), König von Ober- und Unterägypten der Ewigkeit und Unendlichkeit, nb &A-stj HqA xAs.wt des Herrn von &A-stj, des Herrschers der Fremdländer, Kol. 4: (iAw) n=T mw.t-nTr n @r kA nxt (Lobpreis) für dich, die Gottesmutter des Horus, des starken Stiers, mn33 gs.w-pr.w iwn(?)34 nTr.w irj nn nb der die Tempel des Pfeilers der Götter festmacht, der jedes (göttliche) Abbild schafft,35 27 Diese Lesung wurde – parallel zu den anderen Kolumnen – aufgrund von überzeugenden Parallelen aus anderen kryptographischen Schreibungen des geläufigen Titels kA nxt von KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 82–84, e), vorgeschlagen. Vgl. zu dieser Zeichenkombination bereits É. DRIOTON, Les protocoles ornamentaux d’Abydos, in: RdÉ 2, 1936, S. 1–20: 4–5; ID., Recueil de cryptographie monumentale, in: ASAE 40, 1940, S. 305–429: 315–316 u. 331; M. ÉTIENNE-FART, „De rebus quae geruntur…“ dans deux inscriptions ramessides, in: BIFAO 94, 1994, S. 133–142: 134–135. Von GOYON, Rez. Žabkar, S. 88, wurde die Gruppe gelesen als @r Mnw nswt @r nxt „Horus-Min, der König, Horus, der Starke“; es handelt sich bei letzterem um häufige Beinamen des Min, siehe LGG III, 291c–293a; LGG V, 266c, unter A.b); daher könnte dies zumindest als Nebensinn hinter der Schreibung zu vermuten sein. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21: …@r Mnw-@r. 28 KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 84–85, f), hält das bereits von ŽABKAR gelesene ns(.t) für ein „ghost word“, es ist jedoch mehrfach für „Blutbad“ o. ä. und davon abgeleitet nsy.t, eine Krankheit, und nsns, „tranchieren“ o. ä. belegt, siehe M. ALLIOT, Une famille de mots reconstituée, in: RdÉ 10, 1955, S. 1–7. KLOTZ liest stattdessen irj s(t) n/m tm-wn „der sie nicht-existent macht“, muß jedoch dafür ebenfalls emendieren, da die Zeichenreihenfolge ist. 29 KLOTZ, Two Hymns, S. 76, liest auch hier n=T mw.t-nTr, vgl. oben, Anm. 25. 30 Lesung nach KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 82–84, e); vgl. die anderen Kolumnen. GOYON, Rez. Žabkar, S. 88, liest: @r ¢nsw Wnnxy(?) xy(?) nswt „Horus-Chons-Wnnxy(?), das königliche Kind(?)“. xy wäre bei GOYONs Lesung eine Haplographie; zu Wnnxy als Beiname des Chons (ab der Spätzeit) siehe Wb I, 323, 4; KLOTZ, City of Amun, S. 95–100. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21, liest: ¢nsw nxt nxn nswt n… 31 Das Zeichen ist beschädigt; es handelt sich um ein flaches, längliches Zeichen, jedoch nicht um ein wie von ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 19, transkribiert. KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 85, g), rekonstruiert mit Fragezeichen iwa n Ra „Erbe des Re“; das iwa-Zeichen ist jedoch üblicherweise nicht ganz so schmal und waagerecht. 32 Vgl. zur Identifizierung des Vogels als anstatt (so ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 19) KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 86, h). 33 Nach KURTH, Rez. Žabkar, S. 468, ist nur mn zu lesen (ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21: smn). M. E. muß man das kausative s-Präfix jedoch ergänzen. 34 Die Hieroglyphe ist selten. Vgl. zur Lesung LGG III, 283c. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21, liest psD.t; KLOTZ, Two Hymns, S. 78 u. 86–88, i): sHn „versorgen“ („der die Tempel fest macht, der die Götter versorgt“). 35 KLOTZ, Two Hymns, S. 78 u. 88, j), bezeichnet das von ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21, gelesene und m. E. plausible nn „Abbild“ als ‚ghost word‘ und liest stattdessen irj irw=s(n) nb „der alle ihre Rituale
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 5: (iAw) n=T mw.t-nTr n @r kA nxt (Lobpreis) für dich, die Gottesmutter des Horus, des starken Stiers, xwj BAq.t nb spA.t Dt der Ägypten schützt, des Herrn des Gaues, ewiglich.36 Kommentar: Die an Isis gerichtete Hymne ist formal klar gestaltet, indem eine Einleitung, die möglicherweise als Refrain vor jeder Strophe gedacht war,37 auch optisch durch die Voranstellung in einer waagerechten Zeile abgehoben ist. Die fünf Kolumnen entsprechen jeweils genau einer Strophe, und schließen an den Beginn der Einleitung (iAw n) an, wobei nur die Präposition n zu Beginn jeder Kolumne noch einmal geschrieben ist.38 Angeschlossen ist daran m. E. jeweils entweder das Suffix-Pronomen 2. Pers. sing. fem. und der Titel „Gottesmutter des Horus“ mit folgenden Epitheta des Horus, oder direkt der Titel „Gottesmutter des Horus“ plus Epitheta des Horus.39 Die Bedeutung der Komposition wird des weiteren durch eine bewußt elaborierte Auswahl der Hieroglyphen unterstrichen, wodurch die Lesung deutlich erschwert, die Optik jedoch ansprechender gestaltet ist. So wird der inhaltlichen Wiederholung zu jedem Kolumnenbeginn eine jeweils neue Variation der Schreibung entgegengesetzt, so daß auf den ersten Blick keine Wiederholung sichtbar ist. Besonders eindrucksvoll ist die Einleitungszeile geschrieben, da fast ausschließlich anthropomorphe Hieroglyphen verwendet werden.40 Inhaltlich gibt es durch die durchgehende Wiederholung keinen Zweifel am Fokus der Hymne auf Isis’ Eigenschaft als Mutter des Horus, welche hier die einzige Rolle ist, in der sie dargestellt wird. Nur die Einleitung nennt einige weitere, wenn auch recht allgemeine, Beinamen der Isis, wohingegen der Hauptteil des Textes sich überraschenderweise vielmehr um Horus, „den starken Stier“, dreht als um Isis, die somit etwas in den Hintergrund gedrängt und ausschließlich in ihrer Beziehung zu ihrem Sohn dargestellt wird. Dies erscheint zunächst irritierend, da sowohl der Tempel als auch die Hymne ihr gewidmet sind und Horus nicht einmal als Begleitfigur in der Szene erscheint.41 Tatsächlich könnte die Hervorhebung des Horus in dieser zentralen Szene der Sanktuarrückwand der Tatsache Rechnung tragen, daß der Tempel in ptolemäischer Zeit offenbar Isis und Horus/Harpokra-
36 37 38 39 40 41
vollzieht“. Für das Wort nn siehe jedoch mehrere Belege in ptolemäischen Tempeln: TLA, DZA, s. v. (Wb II, 274, 9). KLOTZ, Two Hymns, S. 78, übersetzt: „des Herrn des Gaues der Ewigkeit“; dieses Epitheton paßt jedoch weniger gut zu Horus. Vielleicht ist auch Plural zu verstehen: nb spA.(w)t „der Herr der Gaue“, vgl. zu diesem mehrfach für Horus, Osiris und Amun-Re belegten Epitheton LGG III, 729c–730a. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 17. Eine solche Anordnung mit Wiederholung der Präposition am Anfang der einzelnen Strophen bzw. Elemente entspricht z. B. auch der Gestaltung von wdnw-Litaneien, vgl. z. B. SAUNERON, Esna VIII, S. 3–14; ASSMANN, s. v. „Litanei“. Siehe unten, Kap. 4.11.1.1.A. Vgl. zum Verständnis des jeweiligen Kolumnenbeginns GOYON, Rez. Žabkar, S. 88. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 21, liest statt dessen jeweils das unabhängige Pers. Pron. 2. Pers. fem. Sing. (m)nt.t „Du bist…“, ebenso QUACK, s. o., Anm. 25. Zum Schriftsystem vgl. KLOTZ, Two Hymns, bes. S. 99–107. Auch ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 23, geht in seiner Interpretation auf die Mutterrolle der Isis in dieser Hymne ein, kommentiert jedoch nicht die Tatsache, daß sie dadurch eigentlich in den Hintergrund gestellt wird.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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tes gewidmet war, wie auch die griechische Bauinschrift am Pronaos unter Ptolemaios III. angibt.42 In den Epitheta des Horus wiederum werden seine kriegerische, schützende Seite und sein Herrscheramt in den Mittelpunkt gestellt, ebenso wie seine Verbindung zu den Göttertempeln.43 In den übrigen Beischriften der Szene wird klar, daß es de facto um die Herrschaftsübergabe an Ptolemaios II. geht, der als irdische Verkörperung des in der Hymne so exaltierten Horus zu denken ist. 44 Isis verleiht ihm das Land (Göttliche Randzeile und Rede der Isis), und zwar ganz speziell den Süden, nämlich das Gebiet um Philae, das auch in der Hymne selbst (Kol. 3) besonders hervorgehoben ist. Wenn man in der Interpretation etwas weiter gehen möchte, so kann man geradezu meinen, daß die Hymne weniger Isis gilt, sondern vielmehr dem Pharao selbst in seiner Rolle als Horus, Sohn der Isis, Herrscher über Ägypten und Unternubien. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philae-Hymne 2 (ŽABKAR, Hymns to Isis, Taf.13; Abb. 3; S. 27–38) Philae, Isis-Tempel, Sanktuar (Raum X), Nordwand, mittleres Register, linke Szene BÉNÉDITE, Philae, S. 62–63, Tabl. II’; Philae-Photo 1032; KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 236; KLOTZ, Two Hymns Der König Ptolemaios II. steht im Anbetungsgestus mit nach unten gestreckten Händen vor der thronenden Isis mit Hathorgehörn. Der Text der Hymne steht als Spruch des Königs zwischen ihnen.
Text: – Königliche Randzeile:45 ij.n nswt bjtj46 [(Wsr-kA-Ra Mrj-Imn) xr=T Der König von Ober- und Unterägypten [(Userkare Meriamun) ist zu dir gekommen, mw.t=f47 As.t48 dwA=f nTr m Hr=T nfr seiner Mutter Isis, indem er die Gottesanbetung vor deinem schönen Antlitz vollzieht. dj n=f Sma.w mHw (m) htp nn xnn nb Dt Möge ihm gegeben sein(?)49 Ober- und Unterägypten in Frieden, ohne irgendeine Unruhe, ewiglich.
42 43 44 45 46
IG Philae 4; vgl. unten, Kap. 6.2.2.2. Vgl. auch ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 23–24. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 25. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 27. In ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 163, Anm. 1, Translit. ist nswt bjtj unterschlagen, jedoch auf S. 27 mit übersetzt. 47 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 163, Anm. 1, liest hier dj=f. Zur Verbesserung vgl. KLOTZ, Two Hymns, S. 82, d). 48 Von ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 163, Anm. 1, unterschlagen. 49 Vgl. oben, die Königliche Randzeile zur Szene mit Philae-Hymne 1, mit Anm. 18.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
– Göttliche Randzeile:50 i sA=i mry nswt bjtj [(Wsr-kA-Ra Mry-Imn) Oh mein geliebter Sohn, König von Ober- und Unterägypten [(Userkare Meriamun), dj.n=i n=k mHw r-a.w n p.t ich habe dir den Norden bis hin zum Himmel gegeben, wAD-wr n-n=k m wAH-tp Dt das Große Grüne gehört dir, indem es den Kopf geneigt hat, ewiglich. – Beischrift der Isis:51 As.t dj(.t) anx nb(.t) Hs(w.t) nTr(.t) anx(.t) Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Lobpreises, die Göttin,52 die Lebendige, nb(.t) Iw-rk Hnw.t ¤nm.t die Herrin von Philae, die Gebieterin von Senmet,53 nb(.t) p.t Hnw(.t) nTr.w nb(.w) die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter. – Rede der Isis: dj.n=i n=k nswy(.t) n Itm tp tA Ich habe dir das Königtum des Atum auf Erden gegeben, dj.n=i n=k tA Hna ntj im=f ich habe dir die Erde gegeben mit dem, was darin ist, dj.n=i n=k nxt r mHw ich habe dir den Sieg über den Norden gegeben. – Hymne (= Rede des Königs): 5 Kolumnen mit je einer Strophe und dem letzten Wort neben der letzten vollen Kolumne, darüber eine Textzeile. Einleitungszeile: iAw n=T As.t wr.t mw.t-nTr Lobpreis für dich, Isis, die Große, die Gottesmutter, nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb(.w) die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, Kol. 1: (iAw) n=T Hm.t nswt tpj.t n Wnn-nfr (Lobpreis) für dich,54 die Erste Königliche Gemahlin des Onnophris,
50 Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 31. 51 Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 31. 52 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 31, übersetzt: „die Herrin des göttlichen Lobpreises“, was ich für unwahrscheinlich halte. 53 Senmet, früher als Bezeichnung von Bigge gedeutet, meint nach heutiger Erkenntnis das weitere Areal um Philae, zu dem unter anderem auch Bigge gehörte; in geographischen Inschriften benennt es konkret das ww-Gebiet des 1. o.äg. Gaues, siehe H. JARITZ/M. RODZIEWICZ, The Investigation of the Ancient Wall Extending from Aswan to Philae. Second Preliminary Report, in: MDAIK 49, 1993, S. 107–132; KOCKELMANN, Zur Kultpraxis, S. 109. 54 KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 236, liest offenbar das Göttinnenzeichen nicht und übersetzt „Anbetung der Ersten Königlichen Gattin…“.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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rr/ll n nbw m gs.w-pr.w55 sA smsw tpj n Gbb des mit Gold Überzogenen in den Tempeln, des ältesten und ersten Sohnes von Geb, Kol. 2: (iAw) n=T Hm.t nswt tpj(.t) nj.t Wnn-nfr (Lobpreis) für dich, die Erste Königliche Gemahlin des Onnophris, nb pH.tj56 xr57 xftj=f nb nHH58 HqA Dt des Herrn der Kraft, der seine(n) Feind(e) fällt, des Herrn der Ewigkeit, des Herrschers der Unendlichkeit,59 Kol. 3: (iAw) n=T Hm.t nswt(?)60 tpj.t n Wnn-nfr (Lobpreis) für dich, die Erste Königliche Gemahlin des Onnophris, hwnw nfr irj aD.t m XAk.w-ib nsw.t61 tA.wj des vollkommenen Jünglings, der Gemetzel anrichtet unter den Übelgesinnten (= Feinden) des Königs der Beiden Länder,62 Kol. 4: (iAw) n=T Hm.t nswt tpj.t n Wnn-nfr (Lobpreis) für dich, die Erste Königliche Gemahlin des Onnophris, mk(.t) sn=s irj(.t) sAw63 Hr wrD-ib die ihren Bruder beschützt, die Wache hält über den Herzensmüden,64
55 GOYON, Rez. Žabkar, S. 88, liest die zwei Zungen pXr („des mit Gold Umgebenen/Überzogenen“). ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 30, ganz abwegig: imj-rA imj.w-rA nbj.w m gs.w-pr.w. Siehe aber zur Lesung rr E. GRAEFE/M. WASSEF, Eine fromme Stiftung für den Gott Osiris-der-seinen-Anhänger-in-der-Unterwelt-rettet aus dem Jahre 21 des Taharqa (670 v. Chr.), in: MDAIK 35, 1979, S. 103–118: 112, am), mit der Deutung des Epithetons als „goldenes Halsband“ (kopt. lhl); J. F. QUACK, Rez. zu: H. Beinlich, Papyrus Tamerit 1. Ein Ritualpapyrus der ägyptischen Spätzeit, SRaT 7, Dettelbach 2009, in: WdO 41, 2011, S. 131–143: 138. Noch überzeugender ist die Erklärung von KLOTZ, Two Hymns, S. 91–93, m): „eingelegt/überzogen mit Gold“ (= demot. lala, kopt. lale, ebenfalls in der Kombination lale nnoyb). Es handelt sich um ein gängiges Epitheton des Osiris/Onnophris, siehe LGG III, 108c. 56 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 88; KLOTZ, Two Hymns, S. 89 u. 93–94, n). ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 30, liest: kA mAj. 57 Vgl. KURTH, Rez. Žabkar, S. 469. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 30, liest: sxr; ebenso KLOTZ, Two Hymns, S. 89. 58 Vgl. KURTH, Rez. Žabkar, S. 469; KLOTZ, Two Hymns, S. 89 u. 94–95, o). ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 30, liest: …sbj=f nb, nb HqA Dt. 59 KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 236, übersetzt den Schluß: „…der jeden seiner Feinde fällt, des Gottes, der (in) Ewigkeit herrscht.“ 60 Aufgrund der standardisierten Anfänge in den übrigen Kolumnen und wegen des eindeutig wieder folgenden tpi.t ist hier trotz des seltsamen Zeichens wieder Hm.t nswt zu erwarten. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 29–30, interpretierte das Zeichen als stp („die erste Auserwählte“), doch wie KLOTZ, Two Hymns, S. 95–96, p), bemerkt, sieht es tatsächlich mehr nach aus. Die Lesung der weglaufenden Beine als Hm.t nswt ist jedoch nur anhand der anderen Kolumnen hier zu rekonstruieren: nach KLOTZ könnte sie auf einem elaborierten Rebus beruhen, wobei die Beinchen für Hmj „zurückweichen, zurücktreiben“ stehen und man aufgrund ihrer Abwendung von der Figur der Isis in der Ritualszene noch ein n=s („zurückweichen vor ihr“) ergänzen muß, woraus sich dann Hm(.t) ns(wt) ergäbe. 61 Vgl. KURTH, Rez. Žabkar, S. 469. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 30, unterschlägt nswt; ebenso KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 236. 62 Oder einfach ein separates Epitheton: „…, der König der Beiden Länder“. 63 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 89; KLOTZ, Two Hymns, S. 89 u. 96, q). ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 30, liest: Dsr. 64 Es gibt keinerlei Anzeichen für den von KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 236, übersetzten Plural („die Müdherzigen“ = die Verstorbenen).
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 5: (iAw) n=T Hm.t nswt tpj.t n Wnn-nfr (Lobpreis) für dich, die Erste Königliche Gemahlin des Onnophris, HH rnp(.w) wTs nHH iw r-Hna=f m ¤nm.t der mit Millionen an Verjüngungen,65 der die Ewigkeit emporhebt.66 Du bist zusammen mit ihm in Senmet. Kommentar: Die Szene und die dazugehörige Hymne sind komplementär zur korrespondierenden Szene mit Philae-Hymne 1 gestaltet:67 Statt dem Süden erhält der König hier den Norden des Landes, und die Erde an Stelle des Himmels (Göttliche Randzeile und Rede der Isis). Während in Philae-Hymne 1 Isis’ Beziehung zu ihrem Sohn Horus betont wurde, wird die göttliche Familie hier durch Isis’ Gemahl Osiris komplettiert, der letztlich im Mittelpunkt von Philae-Hymne 2 steht. Diese Präsentation der osirianischen Triade im Zentrum der Rückwand des Sanktuars zeigt, daß zwar Isis die Tempelherrin von Philae ist, jedoch in enger theologischer Verbindung zu den beiden männlichen Familienmitgliedern steht, was auch in zahlreichen anderen Texten in Philae zum Ausdruck kommt.68 Der formale Aufbau entspricht ebenfalls dem der ersten Hymne. Jedoch ist deren klares, starres Schema hier etwas durchbrochen und aufgelockert: Erstens ist bei den direkt auf Isis bezogenen Einleitungsworten der einzelnen Kolumnen keine Alternation zwischen Dativ + Nomen und Dativ + Suffix 2. Pers. fem. Sing. + Nomen als Apposition zu beobachten, sondern es wird immer zuerst das Suffix angeschlossen. Dies läßt möglicherweise darauf schließen, daß in Philae-Hymne 1 dasselbe Schema zu erwarten ist, d. h. trotz der etwas unklaren Schreibungen doch zu Beginn jeder Kolumne zunächst n=T zu lesen ist.69 Zweitens ist die jeweils zweite Hälfte jeder Kolumne nicht wie bei Philae-Hymne 1 ausschließlich dem männlichen Familienmitglied gewidmet, sondern bezieht sich ohne erkennbare Regel teilweise auf Isis, teilweise auf Osiris: in Kol. 1–3 auf Osiris, in Kol. 4 auf Isis, allerdings mit einer auf Osiris ausgerichteten Tätigkeit, in Kol. 5 zunächst auf Osiris, dann auf Isis, aber wiederum in Verbindung mit Osiris („Du bist zusammen mit ihm…“). Da bei den eindeutig auf Isis bezogenen Epitheta keine Femininendung angegeben ist, besteht eine gewisse Möglichkeit, daß auch andere, hier in der Übersetzung auf Horus (Philae-Hymne 1) respektive Osiris (Philae-Hymne 2) bezogene Beinamen tatsächlich doch zu Isis gehören. 65 KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 236, übersetzt „des Ewigen, der sich verjüngt“; KLOTZ, Two Hymns, S. 89 u. 96–98, r): „des jugendlichen Heh“, was ebenfalls wahrscheinlich ist. 66 Lesung der Stelle nach ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 30, der allerdings „the eternal one rejuvenating himself“ übersetzt, S. 31. Vergleiche jedoch zur obigen Übersetzung LGG V, 470b, und LGG II, 610c, jeweils mit mehreren Parallelen. GOYON, Rez. Žabkar, S. 89, versteht den Ausdruck als HH Hsb rnp(.w)t wTs HH „L’Éternel qui dénombre les années et supporte l’éternité“. Aufgrund der in LGG, loc. cit., angegebenen Parallelen halte ich eine solche Emendation des Textes für überflüssig. Beide Phrasen erscheinen auch in einer augusteischen HH-Opferszene am Mammisi von Philae: Philä II, 393, 18, siehe ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 164–165, Anm. 42. JUNKER und WINTER lesen dort: @H rnp Tsj nHH „Der junge Hehu (Urgott?), der die Ewigkeit trägt“, womit Heh selbst als Himmelsträger fungieren würde, vgl. die vorige Anm. 65. 67 Vgl. auch ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 23 u. 31. 68 Ausführlich dazu unten in Kap. 4.1.2. Zu den zwei, mit Osiris und Horus verbundenen Wesenszügen der Isis auf Philae und ihrer Theologie siehe auch: INCONNU-BOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 268–269. 69 So auch der Vorschlag von KLOTZ, Two Hymns, S. 76 u. 81–82, c), s. o., Anm. 25.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Angesichts vieler für die männlichen Götter sehr typischen oder inhaltlich eindeutigen Benennungen (Herr der Ewigkeit etc.) halte ich dies jedoch für weniger wahrscheinlich. Parallel zu den in Philae-Hymne 1 beschriebenen Charakteristika des Horus werden auch für Osiris die Wehrhaftigkeit gegenüber Feinden in den Vordergrund gestellt und ebenfalls die Göttertempel erwähnt. In beiden Hymnen zusammengenommen findet sich die Genealogie der rechtmäßigen Herrscher: Osiris ist der Sohn des Geb (Philae-Hymne 2, Kol. 1), Horus wiederum das Kind von Osiris (Philae-Hymne 1, Kol. 3). Wie im vorigen Kommentar ausgeführt, ist darin sicherlich eine Bestätigung der legitimen Herrschaft Ptolemaios’ II. enthalten, die durch Isis gewährt, und durch das Vorbild der Götterfamilie bestätigt wird. Der historische Hintergrund, daß die Nachfolge des Ptolemaios II. anstelle der älteren Söhne der Eurydike durchaus umstritten war,70 ist in diesem Kontext zumindest erwähnenswert. Nicht ohne Grund wird er daher den legitimierenden Goldhorusnamen „sein Vater hat ihn erscheinen lassen (als König)“ = „sein Vater hat ihn gekrönt“ (sxaj.n-sw it=f) in seiner Königstitulatur geführt haben.71 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Philae-Hymne 3 (ŽABKAR, Hymns to Isis, Taf. 14; Abb. 4; S. 39–45) Philae, Isis-Tempel, Sanktuar (Raum X), Nordwand, unteres Register, rechte Szene BENEDITE, Philae, S. 62–63, Tabl. III; Philae-Photo 1033; CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 43 (tw.) Dend. Isis, 327, 5–9; Dend. II, 100, 6–11; Dend. VI, 2–4
Text: – Worte der Isis:72 dj=i snD.t=k m-xt tA dj.n=i n=k tA.w nb m Htp dj=i snD.t=k m-m xAs.wt Ich gebe, daß Ehrfurcht vor dir durch das Land hinweg ist, ich habe dir alle Länder in Frieden gegeben, ich gebe, daß die Ehrfurcht vor dir in den Fremdländern ist. – Beischrift der Isis:73 As.t wr.t mw.t-nTr nb.t Iw-rq Hrj(.t)-ib Hw.t-xnt dj(.t) anx mj Ra Dt Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae, die im ‚Ersten Heiligtum‘ (= Philae) residiert, die Leben gibt/die Lebensspenderin wie Re, ewiglich. – Göttliche Randzeile: nfr.wj nn irj.n=k n=i sA=i @r mry=i nb xa.w [(Ptlwmys) dj.n=i n=k tA pn Haa.tw(?) (n) bA.w=k Dt Oh wie schön ist dies, was du für mich getan hast, mein Sohn Horus, den ich liebe, der Herr der Erscheinungen [(Ptolemaios). Ich habe dir dieses Land gegeben, indem es jubelt (über?) deine Ba-Macht, ewiglich. – Hymne (= Rede des Königs): 5 volle Textkolumnen, ½ Textkolumne, und einige wenige Zeichen in einer weiteren (nicht mehr seitlich begrenzten) Kolumne. 70 71 72 73
Vgl. HÖLBL, Geschichte des Ptolemäerreiches, S. 33. Siehe BECKERATH, Königsnamen, S. 234–235; HÖLBL, Geschichte, S. 72. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 1: (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t nTr nb(.t) Iw-rk (Rezitation:) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae, Hm.t nTr dwA(.t) nTr Dr.t nTr mw.t nTr Hm.t die Gottesgemahlin, die Gottesanbeterin, die Gotteshand, 74 die Gottesmutter und Große Königliche Kol. 2: nswt wr.t skr.t nb(.t) Xkr.t aH Gemahlin, Zierde(?)75 und Herrin des Schmuckes (oder: Herrin und Schmuck?) des Palastes,76 nb(.t) Abw.t AxAx.t imA.t die Herrin der Gestalt(en),77 von glänzender Wohlgestalt,78 Kol. 3: mH(.t) aH.t m nfr.w=s THn(.t) xaw die den Palast mit ihrer Schönheit erfüllt, mit glänzender Erscheinung, apr(.t) Xkr.w79 Hnw.t sSd80 Sw.tj81 ausgestattet mit Schmuck, die Gebieterin der Sesched-Binde82 und der Doppelfederkrone, iTj(.t) gs.t die den Lauf beginnt83 74 Diese Epitheta sind ursprünglich Titel von Priesterinnen und v. a. Gottesgemahlinnen des Amun, vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 165, Anm. 6. Der Begriff „Gotteshand“ bezieht sich zunächst auf die Hand des Schöpfergottes Atum, wurde aber auch als Beiname auf seine Gemahlin, bzw. auf Göttinnen, die diese Rolle übernehmen können, übertragen; auch die Gottesgemahlinnen und Königinnen konnten folgerichtig diesen Titel übernehmen, vgl. Wb V, 580, 13; 585, 1–6. 75 Die Übersetzung des Wortes ist unklar, hier nach ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42 m. Anm. 7; FAULKNER, Dictionary, S. 252. In LGG VI, 675c, wird übersetzt: „Der weibliche Sokar“. Wb IV, 318, 13–14, gibt skr.t (ohne Übersetzung) als Bezeichnung der Hathor an. 76 In der Parallele Dend. II, 100, 6–11 (vgl. Kap. 4.6.2) ist die Reihenfolge der Wörter geändert zu: Xkr.t nb.t aH „Schmuck und Herrin des Palastes“. 77 Vgl. die Parallele in Dend. II, 100, 8, wo das Determinativ das Verständnis erleichtert. ŽABKARs (Hymns to Isis, S. 42) Übersetzung als „desire“ (Wunsch) ist demnach auszuschließen. 78 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42, versteht den ganzen Passus falsch (vgl. auch die vorangehende Anm. 77) als „Lady and desire of the green fields“, übernommen auch von MANASSA, Mistress of the Field, S. 59. Im Vergleich mit der Parallele Dend. II, 100, 8–9, ist aber sicherlich obige Lesung zu verstehen, was sich auch gut in den ganzen Themenkomplex der „liebreizenden Prinzessin/Königin“ einreihen würde. Der Beiname AxAx.t imA(.t) ist auch für Hathor belegt, vgl. LGG I, 59c–60a. Unverständlich ist mir jedoch die davon gesonderte Angabe und Übersetzung der Belege für Isis als AxAx.t imtj „die das Kind gedeihen läßt“, LGG I, 60a. Das Kind steht allgemein für den Lautwert im(A) und ist laut Wb I, 80, 10, gut belegt in der Schreibung von imA „schöne Gestalt, angenehmes Wesen“ (oben mit „Wohlgestalt“ übersetzt). Gerade die Beleglage für Isis und Hathor macht es m. E. mehr als wahrscheinlich, daß hier ein und dasselbe gemeint sein muß. 79 Vgl. für den Passus ab THn(.t) auch GOYON, Rez. Žabkar, S. 89. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42, liest: id.t aH.t. Die letzte Gruppe apr(.t) Xkr.w kann ich anhand des Photos nicht sicher erkennen, doch siehe die Parallele Dend. II, 100, 9. 80 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 89; Dend. II, 100, 9: Hnw.t m sSd. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42: Hnw.t rSw.t(?). 81 Von GOYON, Rez. Žabkar, S. 89, und ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42, nicht gelesen; vgl. aber die Parallele Dend. VI, 3, 6: nb.t sSd Hnw.t Sw.tj, siehe auch die Synopse bei CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 43. 82 Zu dieser Stirnbinde und ihrer Bedeutung siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 935; EL-KORDY, Bandeau; GOYON, Confirmation, S. 87–88, Komm. 34; vgl. auch LEITZ, Nacht des Kindes, S. 156.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kol. 4: m s.t(?)84 nTr igp(.t) wrx m sTj id.t=s am Sitz des Gottes, die die Säulenhalle mit ihrem Wohlgeruch überschwemmt,85 Hnsk.tj.t86 bnr(.t) mrw.t Hnw.t n die Bezopfte/die mit der Haarlocke, süß an Liebreiz, die Gebieterin von Kol. 5: ^ma.w MHw irj(.t) mdw m Xnw n psD.t Ober- und Unterägypten, die Befehle gibt inmitten der Neunheit, sSm.tw Hr s.t-rA=s irj(.t)-pa.t wr(.t) nach deren Ausspruch regiert wird, die Prinzessin, groß an Kol. 6: Hsw.t nb(.t) imA(.t) xnmw=s xnt Sntj=s87 Lobpreis, die Herrin der Beliebtheit, deren Duft an der Spitze ihres Haares ist, tftf indem es besprenkelt ist Kol. 7: m antjw wAD mit frischer Myrrhe. Kommentar: Die formale Gestaltung dieser Hymne unterscheidet sich stark von den Philae-Hymnen 1 und 2. Es gibt weder eine waagerechte Textzeile mit einer Einleitung, noch wird die Göttin hier direkt mit Pronomina in der 2. Person angesprochen. Vielmehr handelt es sich um eine einfache Aneinanderreihung von Epitheta hinter dem Eigennamen der Göttin, ohne daß es vollständige Satzkonstruktionen gibt; es handelt sich also um eine eulogische Epithetareihe. Auch entspricht nicht mehr jede Kolumne genau einer Strophe, was dadurch deutlich wird, daß sogar einzelne Beinamen über die Kolumnengrenzen hinweg geschrieben sind. Inhaltlich steht nun Isis allein im Zentrum der Hymne, ihre Familienmitglieder spielen keine Rolle mehr. Die Göttin wird durch eine Reihe an alten Titeln in die Tradition der 83 Mit diesem Ausdruck ist möglicherweise die Götterprozession gemeint, siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 1114; Wb V, 203, 8–204, 7. 84 Auf dem Photo ist von dem Wort nur noch das Haus-Determinativ sicher zu erkennen. Möglicherweise hat demnach auch hier aH-nTr gestanden wie in Dend. II, 100, 10. 85 Vgl. LGG I, 571c: igp wAxj m sTj id.t=s „Mit deren Wohlgeruch die Vegetation überdeckt ist.“ Da es zuvor immer um die Umgebung des göttlichen oder königlichen Palastes geht, halte ich die Deutung von wrx/wAxj als „Säulenhalle, Empfangshalle“, Wb I, 259, 12–13, für passender. Vgl. auch ähnliche Epitheta wie mH(.t) aH.t m nfr.w=s (oben, Kol. 3). ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42, mißversteht den Abschnitt als igp(.t) wrx Ax.t m sxd=s „Regenwolke, die die Felder grün macht, wenn sie herabsteigt“, was auch von MANASSA, Mistress of the Field, S. 59, übernommen wurde. GOYON, Rez. Žabkar, S. 89, korrigiert nur sxd zu sTj. Das von ŽABKAR und GOYON als Ax.t bzw. aH gelesene Zeichen gehört als Determinativ zu wrx. Für igb/Agb als Verb „überschwemmen“ in griech.-röm. Zeit, siehe Wb I, 22, 15. Interessante Überlegungen zu igb/Agb „Überschwemmung/überschwemmen“ und iAkb „klagen, weinen“ liefert PH. DERCHAIN, Les pleurs d’Isis et la crue du Nil, in: CdÉ 45, 1970, S. 282–284, der ein Wortspiel zwischen diesen Begriffen als Hintergrund der bei Pausanias, X, 32, 10, überlieferten Tradition vermutet, Isis’ Tränen um Osiris seien für die Nilflut verantwortlich. 86 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42, liest: Srj.t; KLOTZ, Two Hymns, S. 103: Hwn.t „das Mädchen“. Vgl. zu der Bezeichnung Hnsk.tj.t vor allem für Isis, Nephthys und Hathor LGG V, 223c–224c. Üblicherweise ist dieser Beiname vor allem mit Jugend und Schönheit konnotiert, ausnahmsweise werden so – anstelle von Dr.tj – aber auch die Klagefrauen (die Akteurinnen) in den Klageliedern genannt, siehe dazu KUCHAREK, Klagelieder, S. 189–191. 87 Vgl. zur Lesung KURTH, Rez. Žabkar, S. 469. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42: xnms(.t) xnt=s tftf… GOYON, Rez. Žabkar, S. 89, wiederum liest: xnm stj.w Snw.t=s tftf…
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
weltlichen Königinnen und der Gottesgemahlinnen des Amun gestellt und so mit thebanischer Theologie verbunden (Kol. 1–2);88 überhaupt bindet die Mehrzahl der Epitheta sie an den Königspalast (Kol. 1–3 und 4–6).89 Das Epitheton „die den Lauf beginnt am Sitz(?) des Gottes“ hingegen dürfte sich eher auf den Tempel beziehen. Die Komposition zeigt eine betont weibliche, „liebreizende“ Seite der Isis, die ohne Zweifel indirekt von der ihr nahestehenden Hathor beeinflußt ist. Ihr schönes, geschmücktes und duftendes Äußeres wird immer wieder hervorgehoben. Somit ist Isis hier zwar (fast – sieht man von den Titeln „Gottesmutter“ und „Große Königliche Gemahlin“ ab, die gewöhnlich auf Horus und Osiris bezogen sind –) unabhängig von der osirianischen Triade dargestellt, jedoch stattdessen in Annäherung an Hathor, deren Eigenschaften sie übernommen hat. Daß die Göttin jedoch nicht bloß als passive Königin oder Prinzessin, als schmückendes Beiwerk gedacht ist, sondern vielmehr aktiven Einfluß auf die Ausübung des Königsamtes hat, zeigen die Kolumnen 4–5, in denen sie als Gebieterin von Ober- und Unterägypten bezeichnet und ihre Befehlsgewalt unter den Göttern sowie über die irdische Regierung herausgestellt wird. Ihre Epitheta in dieser Hymne verbinden Isis mit der Ptolemäerkönigin Arsinoë II., die in zwei Szenen im Sanktuar hinter Isis dargestellt ist und einige Titel mit Isis im obigen Text gemeinsam hat.90 Damit schließt der Inhalt an die Thematik der Herrscherideologie in den Philae-Hymnen 1 und 2 an. Die in ŽABKARs Kommentar postulierte Macht der Isis über die Naturgewalten,91 die in dieser Hymne deutlich werden soll, gründet sich auf Fehler bei der Übersetzung und dem Verständnis des Textes (vgl. die Textanmerkungen). Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philae-Hymne 4 (ŽABKAR, Hymns to Isis, Taf. 15–16; Abb. 5; S. 47–54) Philae, Isis-Tempel, Sanktuar (Raum X), Nordwand, unteres Register, linke Szene BÉNÉDITE, Philae, S. 63, Tabl. III’; Philae-Photo 1034; KUCHAREK, Klagelieder, S. 138 Pharao Ptolemaios II. libiert vor der stehenden Isis mit Hathorkrone.
Text: – Königliche Randzeile:92 ij.n sA Ra [(Ptlwmys) xr=T As.t Der Sohn des Re [(Ptolemaios) ist zu dir gekommen, Isis, inj[=f n (?)]=T mw pn wab prj m ¤nm.t und er bringt dir dieses reine Wasser, das aus Senmet hervorkommt;
88 Vgl. auch FISSOLO, Isis de Philae, S. 8. 89 Vgl. auch ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 42–43. 90 Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 89–90. Philae-Photo 1022; BÉNÉDITE, Philae, Taf. XXIII, und PhilaePhoto 1028. 91 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 43–44. 92 Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 47.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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93 94 95 96 97
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dj anx Dt dem Leben gegeben ist, ewiglich. Göttliche Randzeile:93 nfr.wj nn irj.n=k n=i sA=i @r mry=i Oh wie schön ist dies, das du für mich getan hast, mein Sohn Horus, den ich liebe, nb tA.wj [(Wsr-kA-Ra Mry-Imn) der Herr der Beiden Länder [(Userkare Meriamun). dj.n=i n=k tA m nD.t kA(=k) Dt Ich habe dir das Land als Untertanen (deines) Kas gegeben, ewiglich. Beischrift der Isis:94 As.t wr.t mw.t-nTr nb.t p-rq Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae, nb.t p.t Hnw.t nTr.w nb.w mry.t die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, die Geliebte, dj(.t) anx mj Ra Dd die Leben gibt/die Lebensspenderin wie Re, ewiglich. Rede der Isis (über ihrem Kopf): dj.n=i n=k waf Hrj qmA dj.n=i n=k tA.w nb xAs.wt nb dj.n=i n=k nxt.w r ift tA Ich habe dir gegeben, den niederzuwerfen, der (Böses?) ersinnt(?),95 ich habe dir alle Länder und alle Fremdländer gegeben, ich habe dir Sieg bis hin zu den vier Ecken der Erde gegeben. (unter ihrer Hand): dj=i rn=k r nsw.wt mnx.w nn Sw m iTj.n=k Ich gebe deinen Namen zu den vortrefflichen Königen. Nicht gibt es einen Mangel in dem, was du ergriffen/erobert hast. Hymne (= Rede des Königs): 5 volle Textkolumnen, ½ Textkolumne. Kol. 1:(Dd mdw jn) As.t dj(.t) anx Hrj(.t)-ib iA.t-wab.t ¤t.t Hnw.t ¤nm.t (Rezitation:) Isis, die Lebensspenderin, die im Abaton residiert, Satet, die Gebieterin von Senmet. Kol. 2: nts stj(.t) @apj 96 irj(.t) anx Hr.w nb r sxpr wADwAD Sie ist es, die den Nil ausschüttet, um jedermann leben zu lassen und die grünen Pflanzen wachsen zu lassen,97 rdj(.t) Htp.w-nTr die die Gottesopfer gibt Kol. 3: nTr.w pr.t-xrw Ax.w den Göttern und Totenopfer den Verklärten, Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 51. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 51. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 51. Übersetzung und Verständnis des Ausdruckes sind unsicher. Das r ist in Analogie zum folgenden r sxpr zu ergänzen, vgl. auch KUCHAREK, Klagelieder, S. 138. Vgl. die nahe Parallele in Assuan, F.16 (s. u., Kap. 4.2.1.B): stj(.t) Hapj(?) m qr.tj r sanx Hr nb. Eine inhaltlich ähnliche Passage findet sich auch in der Osiris-Verklärung sAxw IV, 21, 7–9: „Möge Hapi kommen auf den Befehl deines (= Osiris’) Ausspruchs, um Götter und Menschen zu beleben mit dem Ausfluß, der aus deinem Leib hervorgeht, der alle Bäume wachsen läßt, wenn du kommst, indem du groß und träge bist. Das Wasser ist grün geworden von Pflanzen.“, nach KUCHAREK, Klagelieder, S. 105.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Hr-nt(.t) nts nb(.t) p.t TAy=s m nb dwA.t sA=s m nb tA denn sie ist die Herrin des Himmels, ihr Gatte der Herr der Unterwelt und ihr Sohn der Herr der Erde, Kol. 4: TAy=s m Hapj98 rnpj=f m ¤nm.t r tr=f ihr Gatte ist der Nil, wenn er sich verjüngt in Senmet zu seiner Zeit, nts nb(.t) p.t tA dwA.t sie ist die Herrin des Himmels, der Erde und der Unterwelt, Kol. 5: Hr sxpr=sn n qmA.n ib=s m irj a.wj=s indem sie sie entstehen läßt/ließ nach dem, was ihr Herz ersann, und als das, was ihre Hände machten, bA(?) pw ntj m njw.t nb wp(.w)der Ba(?)99 ist sie, der in jeder Stadt ist, sie Kol. 6: Hr=s Hna sA=s @r sn=s Wsir allein zusammen mit ihrem Sohn Horus und ihrem Bruder Osiris.100 Kommentar: Philae-Hymne 4 ist ebenso wie ihr Pendant Philae-Hymne 3 nicht in der 2. Pers. sing. an Isis gerichtet, besteht im Gegensatz zu dieser jedoch nicht nur aus aneinandergereihten partizipialen Epitheta, sondern wird durch Substantivalsätze in der 3. Person (mit nts, pw und m der Identifikation) stärker strukturiert. Anders als in den drei anderen Hymnen (sieht man von der Erwähnung des Gaues in Philae-Hymne 1 ab) werden in diesem Text nun deutliche Bezüge zur lokalen Kulttopographie und der Theologie von Philae und Bigge hergestellt: Isis residiert im Abaton, welches sich auf der benachbarten Insel Bigge befindet und wo die Grabstätte des Osiris bzw. seines linken Beines lokalisiert ist, aus welchem nach philensischer Tradition der Nil entspringt,101 der in Kol. 4 außerdem mit Osiris selbst gleichgesetzt wird. Da Isis von Philae regelmäßig zum Abaton überfährt, um für ihren verstorbenen Bruder zu sorgen und die regelmäßigen Opfer für seine Wiederbelebung und Verjüngung darzubringen, ist letztlich sie es, die den Nil hervorquellen läßt und damit das Gedeihen des Landes und alles Lebenden bewirkt. In dieser Eigenschaft als Urheberin der Nilflut wird sie in Kol. 1 mit Satet gleichgesetzt, die auf der nahegelegenen Insel Elephantine beheimatet ist und zusammen mit Chnum und Anuket nach dortiger Theologie ebenfalls für die Nilquellen und die Überschwemmung verantwortlich zeichnet. In den Kol. 3, 4 und 6 wird die Herrschaft der osirianischen Familie über die verschiedenen Bereiche der Welt ausdrücklich betont.102 Dabei werden Himmel, Unterwelt und Erde zunächst getrennt Isis, Osiris und Horus zugeteilt,
98 Vgl. zur Lesung KURTH, Rez. Žabkar, S. 469. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 51, liest: wab. FISSOLO, Isis de Philae, S. 7, übersetzt: „ihr Gatte ist derjenige, der das Wasser ausgießt“, liest also als sTj mw, was prinzipiell ebenfalls möglich wäre. 99 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 167, Anm. 5, will in der Hieroglyphe einen Panther erkennen; es scheint sich aber vielmehr um eine Schlange mit vier Beinen zu handeln; so auch KURTH, Rez. Žabkar, S. 470. Zur wahrscheinlichen Lesung als bA siehe auch KLOTZ, Two Hymns, S. 104, m. Anm. 137. 100 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 51, übersetzt: „die wacht über ihren Sohn…“. Zur obigen Interpretation (Vorschlag von J. F. QUACK) siehe jetzt auch KLOTZ, Two Hymns, S. 104–105, Anm. 137. 101 Vgl. dazu unten, Kap. 4.1.2. 102 Vgl. auch den Kommentar von ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 52.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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doch in Kol. 4 wird Isis auch allein als Herrscherin über alle drei Bereiche genannt.103 Kol. 5–6 schließlich zeigt (in unsicherem Zusammenhang) die Präsenz des Osiriskreises in den Städten (Ägyptens) auf. Die Kombination der beiden Aspekte Urheberin der Nilflut = Lebensspenderin für das Land und Herrscherin über den Kosmos wird in Kol. 5 zu einer Charakterisierung der Isis als Schöpfergöttin zusammengeführt, die ganz in der Tradition männlicher Schöpfergötter und entsprechend älterer religiöser Texte, insbesondere des „Denkmals memphitischer Theologie“ steht.104 Die Formulierung qmA.n ib=s m irj a.wj=s ist wörtlich auch im mnwLied belegt, 105 wo sie sich aber auf die Herstellung von Brot und Bier (durch Hathor) bezieht, während hier universell die Schöpfung des Kosmos gemeint ist („Himmel, Erde und Unterwelt“).106 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Philae-Hymne 5 (ŽABKAR, Hymns to Isis, Taf. 17; Abb. 6; S. 55–75) Philae, Isis-Tempel, Sanktuar (Raum X), Südwand, rechter (westlicher) Türpfosten BÉNÉDITE, Philae, S. 58, Tabl. III; Philae-Photos 1037–1038; KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 236–237; STADLER, Isis, das göttliche Kind, S. 205–206 Dakke I, 266–269, § 592–596; Kalabchah I, 117–118
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
wn nswt bjtj [(Wsr-kA-Ra Mry-Imn) Hr dwA mw.t=f As.t nb.t p.t Der König von Ober- und Unterägypten [(Userkare Meriamun) betet seine Mutter Isis, die Herrin des Himmels, an, ij.tj107 r pr=s r Xnm sSm.w=s wenn sie zu ihrem Haus kommt, um sich mit ihrem Abbild zu vereinigen, mAw.t=s baH m Hr.w mj Ra und ihre Strahlen die Gesichter überfluten, wie (die des) Re, dj=f-sw n/m dwAw wenn er sich zeigt am Morgen. @r.t mrj(.t) @r aA (Oh) Weiblicher Horus, geliebt vom großen Horus,108
103 104 105 106
Vgl. auch die Bemerkungen bei KUCHAREK, Klagelieder, S. 629. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 53. Siehe zur Parallele QUACK, Ostrakon Glasgow, S. 286, m. Anm. 14. Daher kann ich dem Zweifel von QUACK, Ostrakon Glasgow, S. 286, Anm. 14, an der Schöpferqualität der Isis in Philae-Hymne 4 nicht zustimmen. 107 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 58 m. Anm. 4, sieht die Form zwar auch als Pseudopartizip („old perfective“) 3. Pers. fem. sing. an, übersetzt dieses aber optativisch in einem neuen Satz „May she come…“; gefolgt von KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 236. Tatsächlich gehört aber der ganze Abschnitt bis einschließlich dwAw (Kol. 2) noch zur „Einleitung“. Dies zeigt sich auch darin, daß die Parallelen in Dakke und Kalabscha erst mit dem folgenden Abschnitt einsetzen (vgl. Kap. 4.3.1.1–2). 108 FISSOLO, Isis de Philae, S. 8, liest die Falkenhieroglyphen als bjk(.t) und übersetzt: „Falkenweibchen, geliebt vom großen Falken“, was prinzipiell nicht auszuschließen ist. Die Parallelen weisen ebenfalls
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 3:
Kol. 4:
109 110 111 112
113
mw.t-nTr109 qmA.n Itm die Gottesmutter, erschaffen von Atum, Hm.t nswt wr.t Xnm(.t) n Ra die Große Königliche Gemahlin, die mit Re vereint ist, nDtj.t Hr sn=s Wsjr die ihren Bruder Osiris beschützt, iTj(.t) tA.wj HqA(.t) nTr.w nTr.wt die die Beiden Länder ergreift, die Herrscherin der Götter und Göttinnen, hAj.t nxt.w qn(.t) r qn.w pH.tj(.t) r pH.tj.w die die Starken angreift, mutiger als die Mutigen, kräftiger als die Kräftigen, Hwj(.t) HH.w dndn tp.w die Millionen schlägt und die Köpfe abschlägt, wr(.t) mit großem Sa.t r xftj=s Gemetzel gegen ihren Feind,110 nb(.t) nsr.t tktk(.t) sbj die Herrin der Flamme, die den Rebellen attackiert, sHm(.t)111 aApp m A.t=f die Apophis zurücktreibt im Moment seines Angriffs,112 Hrj(.t)-tp n Ra MHnj.t m tp=f die Uräusschlange des Re, die Ringelschlange an seinem Haupt, dj(.t) tp-rd m wjA die Anweisungen gibt in der Sonnenbarke, nsw(j.t) bjtj(.t) die Königin von Ober- und Unterägypten113
die mehrdeutigen, nicht phonetischen Schreibungen mit Falkenhieroglyphen auf. Zu @r aA siehe die zahlreichen Belege in LGG V, 246–247, wo die Lesung ebenfalls als „nicht immer sicher“ im Hinblick auf die alternativen Lesungen bjk aA und nTr aA angegeben ist. Zu bjk aA LGG II, 761b–762a. Auch @r.t (LGG V, 297c–298a) und bjk.t (LGG II, 774b–775a) sind als Titel für Göttinnen, insbesondere Isis, häufig belegt. Letzterer weist allerdings häufig eine andere, oftmals phonetische Schreibung auf, weswegen ich hier die Lesung @r.t und folglich auch @r aA bevorzuge. Vgl. zur Problematik der Lesung und Interpretation dieser Titel BUDDE, Götterkind, S. 116–119. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 58, liest und übersetzt mw.t @r „die Mutter des Horus“. Es handelt sich aber um den für Isis üblichen Titel, vgl. auch die Parallelen in Dakke und Kalabscha. Laut FISSOLO, Isis de Philae, S. 16, Anm. 18, könnten sich diese Epitheta prinzipiell auch auf den am Ende von Kol. 2 genannten Osiris beziehen, was m. E. jedoch inhaltlich nicht sinnvoll ist und zudem hier durch das weibliche Suffix =s grammatikalisch widerlegt wird. Zur Lesung vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 90; KLOTZ, Two Hymns, S. 102; vgl. auch die Parallele in Kalabscha. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 58, liest: xws(.t) aApp. Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 90. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 58: „die Apophis schlachtet in einem Augenblick“; STADLER, Isis, das göttliche Kind, S. 206: „die Apophis niederstampft in seiner Kraft“; KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 237: „die Apophis auf dem Rücken zerstampft.“ Zur Bedeutung von A.t als „Moment des Angriffs“, siehe auch WILSON, Ptol. Lex., S. 25. Der Titel gehört, auch im Vergleich mit den Paralleltexten, sicherlich zu Isis, deren Name und Haupttitel in der nächsten Kolumne folgen. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 58, gefolgt von STADLER, Isis, das
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
Kol. 5:
Kol. 6:
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As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) Iw-rq Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae, mw.t n.j.t @r sA.t Ra mrj(.t) ib=f114 die Mutter des Horus, die Tochter des Re, geliebt von seinem Herzen, D(d.t)=s nb(.t) xpr=sn Hr-a arq(.t) swAS m sxm.w115 deren sämtliche Worte sofort Gestalt annehmen,116 mit vollendeter Lobpreisung in den Heiligtümern,117 swAH(=T) rnp.wt (n) sA Ra nb xa.w [(Ptlwmys) mögest du andauern lassen die Jahre des Sohnes des Re, des Herrn der Erscheinungen [(Ptolemaios), mn mj bjk Hrj-tp srx xa.tj m nswt bjtj Hr s.t @r mj Ra Dt dauerhaft wie der Falke auf der Palastfassade, indem er erschienen ist als König von Ober- und Unterägypten auf dem Sitz des Horus wie Re, ewiglich.
Kommentar: Die Hymne ist formal im einfachen Nominal-/Partizipialstil gehalten, indem die einzelnen Epitheta ohne weitere syntaktische Einbindung einfach aneinandergereiht werden. Der Beginn des Textes stellt die enge Beziehung der Isis zu verschiedenen männlichen Göttern in ihrem Umkreis heraus:118 Zu Osiris und Horus kommt Re-Atum als Vater und Schöpfer der Isis hinzu (Kol. 2 und 5). Als Tochter des Re ist sie gleichzeitig seine Uräusschlange und Lenkerin am Bug der Sonnenbarke, die Apophis abwehrt, eine Rolle, die bereits aus älteren Quellen gut bekannt ist.119 Sie hebt insbesondere den kämpferischen und schützenden Charakter der Göttin hervor, der ebenfalls für ihr Verhältnis zu Osiris von Bedeutung ist und auch den weiteren Verlauf des Textes bestimmt. Isis ist demnach als Verkörperung des gefährlichen Sonnenauges, als Uräus-Diadem des Sonnengottes, dargestellt. Ihre Befehlsgewalt ist jedoch nicht auf diese mythische Rolle beschränkt,120 sondern wird auch in Kol. 5 nochmals verallgemeinernd betont („deren sämtliche Worte sofort Gestalt annehmen“ und ihre Rolle in den Tempeln). Daneben bilden auch die königlichen Titel der Isis als „Weiblicher Horus“, „Große Königliche Gemahlin“ (Kol. 2) und „Königin von
114
115 116 117 118 119
120
göttliche Kind, S. 206, übersetzt: „…in der Sonnenbarke des Königs von Ober- und Unterägypten.“; ebenso KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 237. Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 90. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 58, zieht die folgende Zeichengruppe fälschlich noch hinzu und liest: mry.t ib=f Ds. Vgl. auch die Parallele in Kalabscha, wo die Trennung beider Phrasen (sowie die Lesung Dd.t) durch den Einschub eines zusätzlichen Epithetons offensichtlich ist. Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 90. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 58: nb(.t) xpr.w=s Hr-a sH, swAS(.t) m sxm.w „Herrin ihrer Erscheinungen im Heiligen Zelt, verehrt in (ihren) Heiligtümern“. Vgl. auch die beiden vorigen Anm. 113 u. 114. Ähnliche Aussagen finden sich auch für andere Götter, vgl. LGG VII, 677. KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 237, übersetzt für mich nicht nachvollziehbar „ihr Plan wird in ihren Heiligtümern verehrt“. Vgl. auch den Kommentar von ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 59. Siehe insbesondere die 7. Stunde des Amduat, vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 73; MÜNSTER, Isis, S. 106–110; ausführlich dazu und zur Weiterentwicklung in der Spätzeit I. RÉGEN, Quand Isis met à mort Apophis. Variantes tardives de la 7e heure de l’Amdouat, in: C. Thiers (Hrsg.), Documents de théologies thébaines tardives (D3T 3), CENiM 13, Montpellier 2015, S. 247–271. Entgegen ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 60.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Ober- und Unterägypten“ (Kol. 4) ein Gegengewicht zur mythischen Sphäre und stellen sie in den Bereich des irdischen Königtums, dem der zitierte Titel „Tochter des Re“ (Kol. 5) als weibliches Pendant des üblichen „Sohn des Re“ der pharaonischen Titulatur außerdem ebenfalls zugerechnet werden kann.121 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Philae-Hymne 6 (ŽABKAR, Hymns to Isis, Taf. 19; Abb. 7; S. 77–101) Philae, Isis-Tempel, Sanktuar (Raum X), Südwand, linker (östlicher) Türpfosten BÉNÉDITE, Philae, S. 58, Tabl. III’; Philae-Photo 1035–1036; KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 237–238 Philä II, 136–137122
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
Kol. 3:
wn nswt bjtj nb tA.wj [(Wsr-kA-Ra Mry-Imn) Hr dwA mw.t=f As.t nb.t wsr.t Der König von Ober- und Unterägypten, der Herr der Beiden Länder [(Userkare Meriamun) betet seine Mutter Isis, die Herrin, die Mächtige, an: mj.t123 r aH.t sanx(.t) nTr.w rmT.w Komm zum Palast, die du Götter und Menschen belebst!124 dwn @H n kA=T wTs-T(w) Ra Hr tp=f Heh streckt sich zu deinem Ka empor (?), Re hat dich auf sein Haupt erhoben, psD=T m Ax.t m xnt=f damit du als Prächtige (= Uräusdiadem) auf seiner Stirn erglänzt. wbn=T dr snk Wenn du aufgehst, wird die Finsternis vertrieben. Xnj=T m nwn125 Du ruderst im Urgewässer, Hay=T m nwy sqdj=T m wjA n Ra und du strahlst im/aus dem Flutwasser, du fährst in der Barke des Re. @r iAbt.t smA 126=f n=T aAb.t Horus des Ostens127 bringt(?) dir ein großes Opfer dar,128
121 Vgl. auch FISSOLO, Isis de Philae, S. 9. 122 Und nicht Philä I, 136–137, wie GOYON, Rez. Žabkar, S. 90, versehentlich angibt. 123 Weibliche Form des Imperativs mj, vgl. JUNKER, Grammatik, S. 120–121; KURTH, Einführung II, S. 751. 124 Oder Imperativ: „Belebe Götter und Menschen“? 125 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 90. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 80: Xn.t psD.t m Nnw. 126 Vgl. die Parallele Philä II, 136–137, wo am Ende statt geschrieben ist. 127 Horus des Ostens ist eine Verkörperung des Re, siehe dazu L. BRICAULT/M. PEZIN, Une nouvelle „triade“ pathyrite, in: BIFAO 93, 1993, S. 67–77: 72–77. Horus wird auch in funerären Texten mit den Opfern am snw.t-Fest und anderen Festtagen (s. Kol. 4) verbunden, siehe ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 83. 128 Interessanterweise ist diese Phrase bereits auf einem der im 2. Pylon verbauten Blöcke des kleinen Nektanebes-Tempels belegt, siehe ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 83; FARAG/WAHBAH/FARID, Blocks of Nectanebo I, Taf. 12a. Es fragt sich, ob es sich dabei bereits um eine Version der obigen Hymne handelte.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
Kol. 4:
Kol. 5:
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p ntj Iwnw m xa der Thron,129 der Heliopolis ist, ist im Fest. wAH.tw n=T Es wird geopfert für dich snw.t m Iwnw dnj.t aA am Senut-Fest in Heliopolis130 und am großen Viertel-Fest,131 n irj.tw n=T Hb.w aSA.w denn zahlreiche Feierlichkeiten132 werden für dich begangen Xr Htp(?)133 aA m ¤nm.t r nHH mit großem Opfer(?) in Senmet, bis in Ewigkeit, Hr kA {Ra} Dt für deinen Ka/auf deinen Namen (?), ewiglich.134 Htp=T m aH.t Sps.t wr.t Du ruhst/mögest du ruhen im Palast, Edle, Große,135 mj.t r aH.t Hb.w r tr nfr{.w} Dam komme zum Festpalast zur vollkommenen(?) Zeit, Elektron!136
129 Die Parallele Philä II, 136–137 hat pr ntj m Iwnw „das Haus, das in Heliopolis ist“ (= der Tempel des Re?). Vielleicht handelt es sich hier um eine durch die phonetische Ähnlichkeit (pr > p(A)) bedingte Schreibvariante zu pr. 130 Zu der noch immer problematischen genauen Bedeutung dieses Festes siehe HUGHES, Sixth Day; BARTA, Zur Bedeutung; E. WINTER, Nochmals zum senut-Fest, in: ZÄS 96, 1970, S. 151–152; WILSON, Ptol. Lex, S. 857–858; rezent mit neuer Deutung im Hinblick auf den Mythos vom Sonnenauge/Sothis: QUACK, Goddess Rising, S. 287. 131 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 80, liest: Tnw Hb.w aA „prächtig sind die großen Feste“; ähnlich KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 237. Das dnj.t-Fest, d. h. das Fest des 7. oder 23. Mondmonatstages, wird häufig neben snw.t genannt, und beide werden üblicherweise mit Heliopolis verbunden, siehe z. B. TLA, s. v. (Wb V, 465, 6–8), mit Belegliste. Vgl. zuletzt zum dnj.t-Fest TÖPFER, Balsamierungsritual, S. 203–204, aw), mit weiterer Literatur. Besonders auffällig ist die Parallele des Abschnitts zu einer Passage für Osiris in einem Ritualtext zum Neumondfest: wAH n=k ix.wt Hr snw.t Sb.wt dnj.t m Iwnw „Opfergaben werden für dich niedergelegt am Senut-Fest, und die Opfermahlzeiten des Viertelfestes in Heliopolis“ (allerdings mit dem Zusatz: m hrw pn nfr psDn.tjw „an diesem schönen Tag des Neumondfestes“), siehe BURKARD, Osiris-Liturgien, S. 85; ID., Grabung im Asasif 1963–1970, Bd. III. Die Papyrusfunde, AV 22, Mainz 1986, S. 35 (pKairo JdE 97249, Pap. 3, und pKöln Aeg. 1, Kol. x+6, 13–14); Taf. 22; vgl. auch, mit verbesserter Lesung MEEKS, Mythes et légendes, S. 214, § 12a. 132 KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 237, übersetzt hier „großartige Halbmondfeste“. 133 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 90, der das Zeichen als (für ?) interpretiert, jedoch nach der Parallele Philä II, 136–137 wdHw liest. Vgl. aber das ebenfalls problematische Zeichen dort. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 80: Xr wdnw; in Anm. 6 schlägt er jedoch wdHw als alternative Lesung vor. 134 Die Formel wirkt ungewöhnlich; vgl. ähnliche Formeln z. B. in Dend. Mam., 160, 12–13: nHH (i)r=T (…) Dt n kA=T (…) „Die Ewigkeit gehört dir (…), die Dauer ist für deinen Ka“. 135 Sps.t wr.t ist Anrede der Göttin und gehört entgegen ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 80, und KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 238, nicht zum Palast. 136 Dam ist ein Epitheton der (Isis-)Hathor, vergleichbar mit dem wesentlich häufigeren nbw(.t) „Gold; die Goldene“, siehe Wb V, 539, 1; LGG VII, 606–607. GOYON, Rez. Žabkar, S. 90, übersetzt aufgrund der Schreibung nfr.wj in der Parallele Philä II, 136–137: „Wie schön ist das (Weiß-)gold!“, was m. E. prinzipiell ebenfalls möglich wäre, aber die adverbiale Bestimmung r tr etwas unvollständig erscheinen lassen würde. Zudem steht in der Parallele genauer r tr.wj nfr.wj „zu den beiden schönen Zeiten (= Tag und Nacht)“ und ein m ist zwischen nfr.wj und Dam eingefügt, was GOYONs Lösung dort ausschließt.
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Kol. 6:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nn Hrj=T Ra iTj(.t) tA.wj r Snw Du bist nicht fern von Re (?),137 um zu ergreifen die Beiden Länder bis zum (ganzen) Umkreis (?).138 Sps.t m igr(.t) m xt sn=s Wsjr xwj sA Ra [(Ptlwmys) (Oh) Edle im Totenreich im Gefolge ihres Bruders Osiris, beschütze den Sohn des Re [(Ptolemaios), Tnj Hm=f Hr ns.t sA=T139 nHH Dt auf daß seine Majestät erhaben ist auf dem Thron deines Sohnes,140 für immer und ewig.
Kommentar: Der Text ist spiegelsymmetrisch zu Philae-Hymne 5 positioniert und komplementiert diesen. Die Thematik verweilt bei Isis’ Rolle als Uräusschlange des Re (Kol. 2), die in seiner Barke mitfährt (Kol. 3), und führt diese weiter aus.141 Der wiederkehrende Imperativ mj.t (Kol. 1 u. 5) und das mehrfach vorkommende Pronomen der 2. Pers. fem. verleihen diesem Text durch die direkte Anrede der Göttin jedoch eine andere Gestalt. Die Betitelung mit Epitheta-Reihen wird hier immer wieder durch Verbalsätze unterbrochen, die ab Kol. 3 die Festhandlungen ihr zu Ehren beschreiben, wobei das Fest des 6. Monatstages und die Stadt Heliopolis eine besondere Rolle spielen (Kol. 3–4). In der Kombination mit dem eindeutigen Fokus auf der Beziehung zu Re und der Verneinung des Fern-Seins von ihm (Kol. 5) deutet dies darauf hin, daß die Hymne die Rückkehr der Fernen Göttin (= das Sonnenauge, Sothis) feiert,142 die in diesem Fall von Isis verkörpert wird. Auch die Insel Bigge (Kol. 4) war eine Station auf dem Weg der zurückkehrenden Göttin und somit ein wichtiges Zent-
137 Die Stelle scheint in beiden Versionen verderbt zu sein: die Parallele Philä II, 136–137 hat: nn Hrj=T r=T Ra, was so auch kaum stimmen kann. FISSOLO, Isis de Philae, S. 10, übersetzt imperativisch: „Entferne dich nicht von Re!“ Allerdings ist nn keine Verneinung des Imperativs; evtl. wäre aber an eine futurische/optativische Bedeutung zu denken: „Du wirst/sollst nicht fern sein von Re!“ Möglicherweise ist hier eine Anspielung auf den Mythos vom Sonnenauge gemeint: Die Göttin ist zurückgekehrt aus der Ferne und wieder bei ihrem Vater Re. Dieses Ereignis steht nach verschiedenen ägyptischen Texten in enger Verbindung mit dem snwt-Fest, vgl. QUACK, Goddess Rising, S. 287; BARTA, Zur Bedeutung, bes. S. 75–76. 138 Vgl. zur Lesung auch GOYON, Rez. Žabkar, S. 90. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 80: …Hbw r tr nfr.w, Damw nn Hr (r)=T Ra iT tA.wj, r Sn… Die Übersetzung von KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 238, ist wieder deutlich von ŽABKAR beeinflußt. 139 GOYON, Rez. Žabkar, S. 91, liest ns.t sA=s. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 80: ns.t Xrd. Außerdem zählt ŽABKAR Tnj als Apposition zu Ptolemaios, und nicht als Verb zum nächsten Teil. Da GOYON keine Übersetzung der Passage angibt, wird dies bei ihm nicht deutlich. Zur obigen Lesung jetzt auch KLOTZ, Two Hymns, S. 101. 140 Oder Imperativ: „erhebe Seine Majestät auf den Thron deines Sohnes“. 141 Vgl. auch ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 81. 142 Vgl. FISSOLO, Isis de Philae, S. 10, der die Stelle ebenfalls auf Sothis bezieht. Siehe zu diesem Themenkomplex, mit Angaben der grundlegenden Literatur, QUACK, Goddess Rising; VON LIEVEN, Wein, Weib und Gesang. Ich folge hier der Sothis/Sirius-Interpretation des Mythos vom Sonnenauge bzw. von der Fernen Göttin durch diese beiden Autoren; für abweichende Interpretationen (z. B. Ferne Göttin/Sonnenauge als Mond oder als Sonne selbst) siehe die dort angeführte Forschungsgeschichte und weitere Literatur.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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rum für den damit verbundenen Kult. 143 Einen gewissen Aufschluß über die Rolle der Uräusschlange des Re (= Sonnenauge) beim heliopolitanischen Senut-Fest gibt die biographische Inschrift eines Priesters aus Heliopolis auf dem Torso seiner Statue (St. Petersburg 5629).144 Darin berichtet der Gottesvater und Prophet, Anch-Psammetik von seinen Leistungen im Kult des Re-Harachte, den er direkt anspricht: aq.n(=i) r-xft-Hr=k Ich bin eingetreten vor dein Angesicht, r/iw snD n Hrj.t-tp=k m ib=i indem die Ehrfurcht vor deiner Uräusschlange in meinem Herzen war. dj=k Sm=i r=s m hrw snw.t Du hast veranlaßt, daß ich zu ihr gehe am Tag des Senut-Festes, swAS(=i)-sj m sns.w damit ich sie verehre mit Lobpreisungen, sHtp=i-sj m tp-rA Htp damit ich sie zufriedenstelle mit den Sprüchen des Opferns/Opfertisches, sqAj=i Hm.t=s r qAj n xrw=i damit ich ihre Majestät erhöhe bis hin zur Höhe meiner Stimme (so weit/laut meine Stimme reicht?), spr=s Hm=k m ihAy (oder: m ihAy xbj) als sie deine Majestät erreichte (zu ihr gelangte) in Jubel (oder: in Jubel und Tanzen), Haa=k m-Hr nfr.w=s und du dich gefreut hast über ihre Schönheit, dj=k w??145 n nTr.w pr.t-xrw n Ax.w und du Opfer/Libationen(?) gabst an die Götter, und Totenopfer an die Verklärten hrw Hb n=k Hr=s r-mn hrw pn am Tag des Festes für dich wegen ihr, bis zum heutigen Tag.146 Die Themen dieser Beschreibung weisen eine deutliche Verwandtschaft mit dem Inhalt von Philae-Hymne 6 auf: Genannt werden Opfer(sprüche), Lobpreisungen und Feierlichkeiten für die Uräusschlange sowie ihre (Wieder-)Vereinigung mit Re am Tag des Senut-Festes.
143 Siehe JUNKER, Auszug der Hathor-Tefnut, S. 6; ID., Onurislegende, S. 96–98; INCONNUBOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 177–181; 218–221; QUACK, Goddess Rising, S. 285. 144 Letzte Edition K. JANSEN-WINKELN, Die Biographie eines Priesters aus Heliopolis, in: SAK 29, 2001, S. 97–110. Die Statue wird in die 30. Dyn. bis frühe Ptolemäerzeit datiert. 145 . JANSEN-WINKELN, op. cit., S. 105, Anm. 22, schlägt wdn vor; unsicher. Vielleicht Sa.t „Opferkuchen“? 146 Inschrift A, Kol. 8–10; eigene Übersetzung.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Inhalt der Szene
Philae-Hymne 7 (ŽABKAR, Hymns to Isis, Taf. 21; Abb. 8; S. 103–114) Philae, Isis-Tempel, Opfersaal (Raum VII), Westwand, unteres Register BÉNÉDITE, Philae, S. 44–45, Tabl. VI; Philae-Photo 1082; vgl. QUACK, Standardhymnus (m. hieroglyphischer Synopse auf S. 117–119); GABER, Central Hall, S. 267–268; 373–375;147 STADLER, Einführung, S. 83–85; TÖPFER, Balsamierungsritual, S. 165–167, n)–p), u. 282–283148 Assuan-Hymne 5; Dend. IV, 75, 14–76, 1; Dend. Isis, 123, 14– 16; Edfu VI, 284, 13–14; Edfu Mam., 75, 3; 133, 7–8; Ostrakon Corteggiani D 1; sowie diverse Kurzversionen und Auszüge des Sistrumhymnus149 Pharao Ptolemaios II. spielt Sistrum vor Isis.
Text: – Hymne: Kol. 1: ij.n nswt bjtj [(Wsr-kA-Ra Mrj-Imn) sA Ra [(Ptlwmys) xr=T Der König von Ober- und Unterägypten [(Userkare Meriamun), der Sohn des Re [(Ptolemaios), ist zu dir gekommen, As.t wr.t mw.t-nTr inj=f n=T sSS.wj r Isis, die Große, die Gottesmutter, und bringt dir die beiden Sistren, um Kol. 2: sHtp=T im=f Dd mdw jn dich damit zufriedenzustellen. Rezitation:150 irj151 sSS.w m-Hr=T nfr Ich spiele die Sistren vor deinem schönen Antlitz, As.t dj(.t) anx Hrj(.t)-ib iA.t-wab.t Isis, die Lebensspenderin, die im Abaton residiert, ir.t Ra iwt(.t) sn.nw(.t)=s Auge des Re, deren Zweite es nicht gibt Kol. 3: m p.t tA im Himmel und auf Erden, wr(.t) mr(.wt) Hnw.t Hm.wt mit großer Beliebtheit, die Gebieterin der Frauen, mH(.t) p.t tA m nfr.w=s die Himmel und Erde mit ihrer Schönheit erfüllt, 147 Die Übersetzung von GABER richtet sich im Großen und Ganzen nach derjenigen von ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 103–114, ohne Berücksichtigung der Verbesserungen durch GOYON, Rez. Žabkar. 148 Zur Adaption von Epitheta der Göttin im Sistrumhymnus in eine Rezitation des ‚Balsamierungsrituals‘. 149 Siehe QUACK, Standardhymnus, mit einer Auflistung der Parallelen auf S. 102–105; vgl. auch CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 73–74 m. Anm. 132–133. 150 Nach dieser Einleitung beginnt der eigentliche Hymnus. 151 Vgl. zur Ergänzung ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 106; und QUACK, Standardhymnus, S. 110, a), der aufgrund der Parallelen das performative irj.n=i für die ursprüngliche Textfassung hält.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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mw.t-nTr n KA-mw.t=f Hm.t nswt wr.t die Gottesmutter des Kamutef,152 die Große Königliche Gemahlin Kol. 4: n Wn-nfr von Onnophris, Sps.t aA.t m Hw.t-sr wa.t m Hw.t bnbn153 die große Edle im Haus des Fürsten, Einzigartige im Haus des Benben,154 nb.t nmt.t m wjA n @H die Herrin des Ausschreitens in der Barke der Millionen, irj(.t) sxr.wt m die Rat erteilt/Pläne macht in Kol. 5: dp.t nTr der Götterbarke, nTr.t aA.t [m] @w.t-kA(?)-H155 Hnw.t m &A-anx.t die große Göttin [in] Memphis(?), die Gebieterin im Land des Westens,156 HqA.t m WAs.t nb(.t) ISrw aA(.t) xa(.w) m die Herrscherin in Theben, die Herrin von Ischeru,157 groß an Erscheinungen in Kol. 6: ¤nm.t Senmet,158 nTr.t aA.t xnt tA-Smaj Hnw.t m tA-mHw die große Göttin an der Spitze von Oberägypten, die Gebieterin in Unterägypten, Htp Hr=T nfr n sA=T @r [(Ptlwmys) möge dein schönes Antlitz gnädig sein deinem Sohn Horus [(Ptolemaios).159
152 Die Parallele Assuan-Hymne 5 hat hier kA nxt „des Starken Stieres“; vgl. die Bezeichnung der Isis als Gottesmutter des Horus, des Starken Stieres in Philae-Hymne 1. Siehe dazu auch QUACK, Standardhymnus, S. 111, c). 153 So auch GOYON, Rez. Žabkar, S. 91. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 106, liest: Sps.t nb.t aA.t…nxt(.t) m Hw.t-bnbn. Die Schreibung von wa.t ist hier in der Tat nicht eindeutig, vgl. aber die Parallelen. 154 Der Philae-Text weicht hier von den Parallelen ab, die Hw.t bnw „Haus des Phönix“ angeben, siehe z. B. auch Assuan-Hymne 5. Vgl. QUACK, Standardhymnus, S. 111, e). Mit dem Haus des Fürsten und dem Haus des Benben werden hier die osirianische und die solare Sphäre zusammengebracht, vgl. FISSOLO, Isis de Philae, S. 10. 155 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 106, liest hier trotz der Beschädigung und seltsamen Schreibung Hw.t-kAPtH. GOYON, Rez. Žabkar, S. 91, zweifelt diese Ergänzung stark an, zumal die Parallelen Hw.t bj.t geben. Soweit auf dem Photo erkennbar, passen die Reste jedoch tatsächlich zu ŽABKARs Lesung. Man sieht deutlich den unteren Teil des Hw.t-Zeichens und der kA-Arme. Für Hw.t bjt wäre außerdem das deutlich geschriebene H am Ende sinnlos. Diese Schreibung in Philae beruht jedoch möglicherweise auf einem Mißverständnis, vgl. QUACK, Standardhymnus, S. 111, g), mit Anm. 55. 156 Bezeichnung der Nekropolen verschiedener Städte, unter anderem Heliopolis, welches m. E. hier wahrscheinlich gemeint ist (vgl. andere ähnliche Litaneien, wo Memphis, Heliopolis und Theben immer zuerst genannt werden, siehe dazu NAGEL, One for All); siehe GDG VI, S. 6–7. 157 Tempel und heiliger See der Mut bei Karnak, Wb I, 135, 6; vgl. zu iSrw als Bezeichnung heiliger Seen auch GESSLER-LÖHR, Heilige Seen, S. 401–402. 158 Die Parallele Assuan-Hymne 5 hat statt dessen aA(.t) xa(.w) m Xnw %wnw „groß an Erscheinungen in Syene“; beide Varianten sind demnach an das lokale Umfeld angepaßt, während die übrigen langen Versionen übereinstimmend das offenbar ursprünglichere „Karnak“ nennen, vgl. dazu QUACK, Standardhymnus, S. 113, k). 159 Hier endet der Sistrumhymnus und ein neuer, eigenständiger Text beginnt.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 7: hy nb(.t) dSr.t MnHj.t160 nb(.t) WAD.t Oh Herrin der Roten Krone, Menhit, Herrin, Uto, nb(.t) P Hnw.t _p qAj(.t) HD.t m Nxb Herrin von Pe, Gebieterin von Dep, mit hoher Weißer Krone in Elkab, Kol. 8: nb.t iA.t-wab.t Hnw.t Iw-rq die Herrin des Abatons, die Gebieterin von Philae, n=T imj Haa(?)161 m %Aw N.t dir gehört der Jubel im Sais der Neith,162 nb.t rr(?)163 m die Herrin des Aufziehens in Kol. 9: @n.t wdH.w m P Hwn.w m _p Henet (Thonis?),164 der kleinen Kinder in Pe, der Jünglinge in Dep,165 xwj=T sA Ra [(Ptlwmys) Dt mögest du beschützen den Sohn des Re [(Ptolemaios), ewiglich. Kommentar: Der Text setzt sich aus zwei ursprünglich verschiedenen Kompositionen zusammen,166 die durch die Segensformel am Ende von Kol. 6 auch hier deutlich getrennt werden. Bei der ersten handelt es sich um einen durch mehrere Versionen (darunter eine graphisch demotische) und noch mehr Auszüge belegten Hymnus zum Sistrumspiel,167 der daher auch hier in solch einen Szenentypus eingebettet ist. Die Rezipientin des Hymnus ist in den erhaltenen 160 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 91. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 106, liest: nb.t, Srj.t n MnHj.t. 161 GOYON, Rez. Žabkar, S. 91, hat hier imj ww mit gleicher Bedeutung („dir gehört der Jubelgesang“) gelesen, doch das von ihm angenommene Wort ww(?) ist problematisch, siehe Wb I, 289, 10. Das Zeichen gehört hier möglicherweise zur Schreibung von imj, dann wäre einfach als Haa zu verstehen. Zur Konstruktion n=T imj… siehe GG § 114. Eine weitere Möglichkeit wäre vielleicht ntT imw „dir gehört das Klagegeschrei“. 162 Vgl. zum Verständnis der Stelle GOYON, Rez. Žabkar, S. 91. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 106, liest: n(t)T Iimw qA(.t) m %Aw, N.t… 163 Ein überflüssiges Zeichen , welches GOYON, Rez. Žabkar, S. 91, mit einer Verschreibung aus dem Kopf eines jungen Tieres (Kalbskopf?) erklärt, das jedoch auch kein übliches Determinativ für rr/rnn ist; LGG IV, 88c: nb.t rrq(?) m Hn.t. 164 Name des Kanalgebietes im Saites bzw. des saitischen/bolbitischen (unteren) Nilarmes, vgl. ELSAYED, Neith II, S. 548 m. Anm. 3; FISSOLO, Isis de Philae, S. 10; ausführliche Diskussion des Namens und Identifizierung eines der so bezeichneten Toponyme mit der Stadt Herakleion bei YOYOTTE, Thônis-Héracléion; ID., Notes de toponymie égyptienne IV, ΘΩΝΙΣ, in: MDAIK 16, 1958, S. 423–430. Im obigen Text ist jedoch auffällig, daß Henet im Gegensatz zu den anderen Orten nicht mit einem Stadt- sondern nur mit einem Wasserdeterminativ versehen ist, was wahrscheinlich eher auf das Wassergebiet als auf eine Ortschaft hindeutet. Ein (tA-)Hn.t befand sich nach YOYOTTE auch bei Buto; da direkt im Anschluß Pe und Dep genannt werden, könnte auch dieses gemeint sein. 165 Vgl. zu dieser Passage GOYON, Rez. Žabkar, S. 91. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 106, liest: N.t nb.t Trrq m Hnt wAD(.t), Haw.t m P Hwnw m _p. Eine gewisse inhaltliche Parallele mit einer kulttopographischen Liste von Gauhauptstädten bietet Edfu Mam., 73, 7–8: As.t wr.t mw.t-nTr rr(.t) ms.w=s m Iwn.t m BHd.t m Qb.t m #m m Mdnj.t m spA.t nb ms(.w) @r im=w „Isis, die Große, die ihre Kinder aufzieht in Dendara, in Edfu, in Koptos, in Letopolis, in Aphroditopolis, in jedem Gau, in dem Horus geboren wurde“; siehe dazu BUDDE, Götterkind, S. 19–20. 166 Vgl. QUACK, Standardhymnus, S. 102. 167 Ausführlich dazu QUACK, Standardhymnus.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Belegen jeweils Isis oder Hathor, wobei auch bestimmte Epitheta individuell angepaßt werden, doch ist die Entscheidung, für wen die Komposition ursprünglich bestimmt gewesen sein mag, nicht leicht zu treffen.168 Zu Beginn des Sistrumhymnus werden Schönheit und Weiblichkeit der Göttin gelobt (Kol. 2–3),169 die demzufolge als „Gebieterin der Frauen“ qualifiziert ist; es handelt sich um vorwiegend hathorische Aspekte. Auch Isis’ Familienverhältnisse werden wieder erwähnt (vgl. bes. Philae-Hymnen 1–2), wobei hier Kamutef die Sohnesrolle einnimmt (Kol. 3–4). Die Lokalisierungen in Kol. 4 (Haus des Fürsten und Haus des Benben) führen in den heliopolitanischen Raum, der in Philae-Hymne 6 (siehe oben) ebenfalls eine wichtige Rolle spielt.170 Isis’ lenkende Befehlsgewalt in der Sonnenbarke (Kol. 4–5) verweist weiter auf ihre Beziehung zum Sonnengott, ähnlich wie in den Philae-Hymnen 5 und 6. Den letzten Teil dieses Textes bildet eine repräsentative Aufzählung einiger wichtiger Kultstätten, mit einer Gewichtung auf Theben,171 die schließlich mit dem Herrschaftsanspruch der Isis über Ober- und Unterägypten, also dem ganzen Land, zusammengefaßt wird.172 Die ab Kol. 7 anschließende zweite Komposition richtet sich an Isis als Verkörperung der Kronengöttin, indem die üblicherweise mit der Krone bzw. der Uräusschlange in Verbindung stehenden Göttinnen nacheinander genannt und so mit Isis gleichgesetzt werden.173 Obwohl wiederum Ober- und Unterägypten, d. h. konkret die Weiße und die Rote Krone einander gegenübergestellt werden, liegt im Verlauf des restlichen Textes doch ein stärkerer Schwerpunkt auf dem Delta,174 der Heimat der Uräusschlange. ŽABKAR175 möchte darin sogar einen Verweis auf die Heimat der Isis selbst, und insbesondere die ihrer Förderer aus der Saiten- (26.) und Sebennyten-(30.)Dynastie sehen. Zumindest letzteres halte ich jedoch für weniger wahrscheinlich, da es sich um gängige Manifestationen und Benennungen der Kronenschlange handelt, mit der Isis schon lange identifiziert werden konnte.176 Auch ist es gut möglich, daß ein älterer Text, der im Rahmen der Hymnen an das Diadem anzusiedeln ist, hier für Isis adaptiert wurde.177 Die etwas problematischen Epitheta am Ende des Textes (Kol. 8–9), die wohl das Aufziehen von Kindern thematisieren, könnten aber durchaus eine Anspielung auf das Aufwachsen des Horuskindes in Chemmis beinhalten, zumal dort Uto, die unterägyptische Verkörperung der Uräusschlange, als Mutter des Horus gilt.178 Auch Neith kann diese Rolle übernehmen.179 Die Thematik leitet elegant über zur Fürbitte um Schutz für den König, den irdischen Horus.
168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178
Zu dieser Problematik siehe QUACK, Standardhymnus, S. 114–116, der sich für Isis ausspricht. Vgl. auch ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 108. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 108. Auch Isis’ oben erwähnte Beziehung zu Kamutef verweist auf den thebanischen Raum, den QUACK, Standardhymnus, S. 115–116, daher als möglichen Entstehungsort der Komposition in Betracht zieht; vgl. auch STADLER, Einführung, S. 84–85. Ausführlich werden kulttopographische Aufzählungen dieser Art behandelt in NAGEL, One for All. Vgl. auch QUACK, Standardhymnus, S. 102. Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 110. Siehe die vorige Anm. 174. Siehe MÜNSTER, Isis, S. 106–115. Entsprechende Elemente finden sich z. B. auch in der Hymne am Nektanebes-Kiosk (Hymne Nektanebes), siehe oben. Siehe dazu ERMAN, Hymnen an das Diadem; BOMMAS, Investiturritual. Vgl. MÜNSTER, Isis, S. 115.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen180 Inhalt der Szene
Philae-Hymne 8 (ŽABKAR, Hymns to Isis, Taf. 22; Abb. 9; S. 115–127) Philae, Isis-Tempel, Opfersaal (Raum VII), Ostwand, unteres Register BÉNÉDITE, Philae, S. 51, Tabl. VI; Philae-Photo 1086; KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 238–239; COPPENS, Wabet, S. 116–119 (zur Parallele BÉNÉDITE, Philae, 20); GABER, Central Hall, S. 268– 269; 416–417 BÉNÉDITE, Philae, 20 (= Philae-Photo 703 (oben); untere Hälfte stark zerstört); Assuan-Hymne 2 Ptolemaios II. steht in Anbetungsgestus mit nach unten gestreckten Armen vor Isis, entsprechend dem Szenentitel dwA-nTr sp 4 „Gott anbeten, viermal“.
Text: – Hymne (= Rede des Königs): 10 Textkolumnen und die letzten Zeichen am Rand hinzugefügt. Kol. 1: wn nswt bjtj [(Wsr-kA-Ra Mrj-Imn) Hr dwA mw.t=f Der König von Ober- und Unterägypten [(Userkare Meriamun) betet seine Mutter an: Dd mdw jn i.nD Hr=T As.t wr.t-HqA.w sms.t Rezitation: Sei gegrüßt, Isis, die Zauberreiche, Älteste Kol. 2: m X.t mw.t=s Nw.t Ax{w}.t m p.t xr Ra im Leib ihrer Mutter Nut, Glänzende im Himmel bei Re, iAw n=T m (m)sk(t.t)181 hnw Lobpreis für dich in der Abendbarke, Jubel Kol. 3: n=T m (m)anD.t msw.t nTr.w nb.w{t} für dich in der Morgenbarke, Abbild182 aller Götter. ij.n sA Ra [(Ptlwmys) xr=T nb(.t) anx Der Sohn des Re [(Ptolemaios) ist zu dir gekommen,183 Herrin des Lebens, m hrw pn nfr xaj.n=T an diesem schönen Tag, an dem du erschienen Kol. 4: im=f Ts=f n=T tp=t bist, damit er für dich dein Haupt184 anknüpfe, 179 Siehe EL-SAYED, Neith, S. 111–112. 180 Nach GOYON, Rez. Žabkar, S. 92. Er vermerkt dort außerdem eine stark zerstörte Parallele im damals unpublizierten Isis-Tempel von Dendara, macht jedoch keine genauen Angaben über den Anbringungsort. Beim Durchsehen der mittlerweile erschienenen Edition Dend. Isis konnte ich die Stelle nicht auffinden. 181 Zur Schreibung der beiden Barken ohne anlautendes m, siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 415 u. 467; Wb II, 48 u. 150. 182 Die Schreibungen in Philae und Assuan sprechen m. E. eher für den Ausdruck msw.t „Abbild, Manifestation“, Wb II, 141, 14; WILSON, Ptol. Lex., S. 460, als für eine Übersetzung als „die alle Götter gebiert“, wie ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 119; gefolgt von KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 238, sie angibt. 183 Hiermit beginnt die Parallele in BÉNÉDITE, Philae, 20.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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smn=f n=T HA.t=T185 damit er für dich deine Stirn/Vorderseite (= Weiße Krone?) befestige,186 [(Wsr-kA-Ra Mrj-Imn) sA=T @r [(Userkare Meriamun), dein Sohn Horus. iw kA=T m Htp Dein Ka ist in Frieden, Kol. 5: nb.t anx m hrw pn nfr xaj.n=T im=f Herrin des Lebens, an diesem schönen Tag, an dem du erschienen bist, sHtp.t nTr.w m-xt nSnj die die Götter besänftigt haben187 nach (ihrem) Wüten. mr(y.t) Ra wnn=T m-Xnw von der Re wünscht,188 daß du inmitten Kol. 6: wjA=f Hr xsf aApp m Ax.w tp-rA=T seiner Barke bist beim Abwehren von Apophis mit den Zaubern deines Spruches. m.t [(Ptlwmys) ij xr=T Siehe, [(Ptolemaios) ist zu dir gekommen, dwA=f nfr.w damit er Schönheit anbete.189 sfx190 Befreie (du)
184 COPPENS, Wabet, S. 117, und KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 238, lesen tp(j).t „die Uräusschlange“, wofür es m. E. jedoch keine Hinweise gibt. Auch in den Parallelen gibt es kein Uräus-Determinativ, in Assuan-Hymne 2 statt dessen sogar einen Ideogrammstrich hinter tp. 185 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 92. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 118, liest: smn=f n=T wsr.t. 186 Hierin ist möglicherweise eine Anspielung auf ein Ritual der Hathor von Atfih (22. o.äg. Gau) enthalten, das sich auch im dortigen Priestertitel smn-HA.t niederschlägt, vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 92. Dies bezieht sich sicherlich auf den Mythos von der Enthauptung der Göttin (und der anschließenden Wiederaufsetzung des Kopfes) – ein Element, das sich in zahreichen Varianten des Horus- und Seth-Mythos wiederfindet, siehe hierzu VANDIER, pJumilhac, S. 63–64; MEEKS, Mythes et légendes, S. 260–262; LEITZ, Geographisch-osirianische Prozessionen, S. 272–273, § 22g; ID., Gaumonographien, S. 172–173 u. 175; siehe unten, Kap. 4.13. Mit HA.t könnte alternativ aber auch die Weiße Krone gemeint sein, so die Deutung von COPPENS, Wabet, S. 117; vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 617–618. 187 Aufgrund des geschriebenen T, was für eine (häufig ungeschriebene) feminine Relativform doch eher ungewöhnlich wäre, ist möglicherweise eher sHtp-Tw nTr.w „die Götter haben dich besänftigt“ zu übersetzen. In der Parallele Assuan-Hymne 2 ist jedoch kein T/t geschrieben und also (zumindest dort) eine Relativform anzunehmen. Grammatikalisch gäbe es auch die Möglichkeit, ein aktives Partizip „die die Götter besänftigt hat…“ anzusetzen, doch wenn es hier um die Ferne Göttin geht, scheint es mir inhaltlich logischer, daß sie selbst das Objekt der Besänftigung ist. 188 Möglicherweise liegt auch hier keine Partizipialform, sondern ein Verbalsatz vor: „Re wünscht, daß du…“. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 119, übersetzt: „Geliebte des Re, die du…“; ebenso KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 238. Ähnlich COPPENS, Wabet, S. 117: „Geliebte des Re, du bist in seiner Barke…“. 189 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 92. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 118–119, zieht fälschlich den Beginn der folgenden Phrase hinzu: dwA=f nfr.wsfx „damit er, gereinigt, deine Schönheit anbete“; übernommen von KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 238. 190 Betrachtet man die Verbform als Imperativ, bräuchte man das von GOYON nach der Assuan-Parallele ergänzte Suffix nicht zwingend. Auch COPPENS, Wabet, S. 117, nimmt einen Imperativ an.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 7: {iw} a sDb.w HAw.tj.w rnp.t191 ihn von den Übeln derjenigen, die am Anfang des Jahres192 sind,193 sm194 n=f sDb.w=f (n)195 rnp.t tn rwj(.w) beende für ihn seine Übel dieses Jahres,196 indem sie zurückgetrieben sind,197 iw sA=f und sein Rücken Kol. 8: r=s(n) ihnen zugewandt ist. iw irj.n=f Htp.w Hr=s Er hat deswegen Opfergaben dargebracht, iw Hr=f r 198 ij.tj n mA und sein Gesicht auf das andere (Jahr) gerichtet, das neu gekommen ist.199 nn irj=f xn nTr njw.t=f Er hat nichts getan, was dem Gott seiner Stadt verhaßt ist, n irj.n=f er hat nicht getan Kol. 9: is200 nn Dw.t r=f m DADA.t sxd.w(?)201 Unrecht, nicht (geschieht) Übles gegen ihn im Tribunal des/der Umgekehrten, 191 Die Textstelle ist insgesamt stark verdorben und wird von GOYON nach Assuan-Hymne 2 korrigiert. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 118: iw rwj sDb.w HAw.tj.w rnp.t smn n=f. KNIGGE SALIS, Hymnen, S. 238–239, richtet sich in den folgenden Zeilen nach ŽABKAR und übersetzt den Schluß des Textes (ab Ende Kol. 8) überhaupt nicht mehr. 192 Gemeint sind die unglückbringenden Epagomenen und die Neujahrsnacht, vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 92. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 119, übersetzt: „die Übel des letzten Jahres“. 193 Hier endet die Parallele Assuan-Hymne 2. 194 Ergänzung nach der Parallele BÉNÉDITE, Philae, 20; vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 92. 195 In der Parallele BÉNÉDITE, Philae, 20, ist das n ausgeschrieben. 196 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 92, der skm jedoch als endungsloses Passiv versteht, was denkbar wäre. M. E. könnte man aber, wenn man vorher sfx als Imperativ oder Optativ auf Isis bezieht, analog dazu auch hier solch eine Form ansetzen. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 118: …smn n=f, sDb.w=f rnp.t tn rwj.w. 197 rwj dürfte hier als Pseudopartizip zu verstehen sein. 198 Geschrieben wie nb.t: ; richtige Orthographie in Philae-Photo 703 (oben). Vgl. auch GOYON, Rez. Žabkar, S. 92, der den korrupten Philae-Text nach der (von mir nicht aufgefundenen) Parallele im Isistempel von Dendara emendiert. 199 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 118: iw Hr=f r nb.t, ij.wj-tn n mAw.t. GOYON, Rez. Žabkar, S. 92, unterteilt den ganzen Abschnitt etwas anders und versteht die Gruppe am Anfang von Kol. 8 trotz der in beiden Philae-Versionen so vorliegenden Zeichenreihenfolge als iw rsj(.n=f…): …rwj(.w) r sA=f, iw rsj.n=f Htp{.w} Hr=s „…, indem sie hinter ihn zurückgetrieben sind. Wenn er erwacht ist, ist ihr Gesicht friedlich.“ Hier endet die Parallele in BÉNÉDITE, Philae, 20. 200 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 118, nimmt hier ein ansonsten nicht mit dieser Bedeutung belegtes Wort is(.w) an. M. E. handelt es sich um eine Schreibung von isf.t. Für weitere verkürzte Schreibungen dieses Wortes siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 111. 201 Wenn GOYONs Vorschlag sxd.w zu lesen richtig ist – ihm zufolge steht in der ominösen Parallele in Dendara – so handelt es sich um eine äußerst ungewöhnliche, unetymologische Schreibung (sS tA.w). Möglicherweise ist auch einfach DADA.t sS tA.wj „Tribunal des Schreibers der Beiden Länder (= Thoth?)“ zu lesen. Es handelt sich bei sS tA.wj allerdings nicht um ein gängiges Götterepitheton, siehe LGG VI, 603a–b.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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dj Tms.w n Xr(.t) rnp.t202 saq sTA mnmn.t r das die Strafen verhängt im Jahresverlauf, das das Vieh bringt und treibt zur Kol. 10: nm.t nTr203 Schlachtbank des Gottes. iw=f wDA m-a rnp.t tn nhj-s(w) imj-xt(=T) Er ist wohlbehalten von diesem Jahr,204 (denn) deine Gefolgsleute behüten ihn,205 m Htp sp 2 rnp.t nfr(.t) mH=f m Htp.w in Frieden, in Frieden, schönes (neues) Jahr, möge er erfüllt sein mit Opfergaben, kA=T Hr=f und möge dein Ka auf ihm/bei ihm sein Zusatz: m anx als/mit Leben. Kommentar: Diese lange Komposition besteht aus mehreren unterschiedlichen Teilen, die sich nur teilweise direkt um Isis selbst drehen: zunächst die preisende Anbetung der Göttin, wie in Titel und Einleitung (Kol. 1) angekündigt, in Kol. 1–6. Diese wird allerdings bereits in Kol. 3–4 durch die Beschreibung von rituellen Handlungen des Königs gegenüber Isis unterbrochen, und endet in Kol. 6 wiederum mit der Beschreibung seiner Haupthandlung (anbeten). Angefügt ist wie üblich ein Schlußgebet zugunsten des Königs, das in diesem Fall aber etwas länger ausgeführt wird (Kol. 6–8); zentrales Thema ist der Schutz des Königs während der als gefährlich angesehenen Zeitspanne des Jahreswechsels. Die Hymne ist also im Kontext des Neujahrsfestes anzusiedeln, 206 was auch durch das „Erscheinen an diesem schönen Tag“ (Kol. 3) angedeutet wird. Während dieser Zeit sind Anrufungen an die Göttin HathorSachmet üblich,207 mit der Bitte, ihre besänftigte Seite zu zeigen, die zu diesem Anlaß als „Gutes/schönes Jahr“ (Rnp.t nfr.t, vgl. Kol. 10) personifiziert werden kann. Sachmet verkörpert die gefährliche Seite der Göttin und somit die Gefahren des Jahresübergangs.208 Gleichzeitig wird bei diesem Ritual die Macht des Königs für das kommende Jahr erneu-
202 Lesung nach der Parallele im Isistempel Dendara nach GOYON, Rez. Žabkar, S. 93. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 118: nn Hsb r=f m DADA.t sS tA.wj dj… Fehlerhafte Textstelle. 203 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 118, liest: saq sTA idr.w n nm.t-nTr. M. E. ist das r, welches ŽABKAR als phonetisches Komplement für die Lesung des Rindes als idr.w heranzieht, sinnvoller als Präposition anzusehen (anstelle des für die Angabe der Richtung weniger gebräuchlichen n, welches ich hinwiederum als phonetisches Komplement zu nm.t zählen möchte). Meine vorgeschlagene Lesung des Rindes als mnmn.t ist nicht zwingend, ergibt aber einen schönen poetischen Gleichklang der ganzen Stelle mnmn.t r nm.t nTr. 204 Damit ist das alte Jahr gemeint, vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 121. 205 ŽABKAR interpretiert nh.wt als feindliche Zaubersprüche des alten Jahres, doch hier muß nhj „schützen“ gemeint sein, Wb II, 281–282. Zum Determinativ Pluralstriche bzw. t + Pluralstriche hinter Verbformen in der spätzeitlichen Orthographie siehe JANSEN-WINKELN, Spätmittelägyptische Grammatik, S. 24–25. 206 Vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 121; GOYON, Rez. Žabkar, S. 92; KURTH, Rez. Žabkar, S. 469; COPPENS, Wabet, S. 118–119; zum Umfeld der Szene in der Tempeldekoration und dem kultischen Kontext vgl. CAßOR-PFEIFFER, Seitliche Sanktuare, S. 147–150. 207 Längere Texte dieser Art sind in Edfu und Dendara erhalten, siehe GERMOND, Bonne année. 208 Vgl. GERMOND, Bonne année, S. 2–3.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
ert,209 und die Sorge für seinen Schutz vor den Gefahren ist eine wichtige Funktion der Göttin.210 Auch andere weibliche Gottheiten können für die zweiseitige Hathor-Sachmet bzw. das „Gute Jahr“ stehen,211 und im obigen Text nimmt natürlich Isis diese Rolle ein, wie aus den Anrufungen in Kol. 7 und 10 deutlich wird. Auch der Wunsch, daß „ihr Gesicht“ friedlich sein möge (Kol. 8), dürfte sich auf das personifizierte neue (gute) Jahr und somit gleichzeitig auf Isis beziehen. Diese Beschwörung des neuen Jahres zugunsten des Königs wird durch ein negatives Sündenbekenntnis seinerseits (hier in der 3. Pers.) von der Art, wie es in Tb 125 prominent belegt ist, bekräftigt.212 Das heißt, er reinigt sich innerlich für die Zeremonie des Jahreswechsels, indem er von Sünden freigesprochen wird, und somit kein Übel auf sich ziehen kann. Eine allgemeine Reinigung ist die übliche Vorbereitung auf dieses Ritual, 213 doch die konkrete Verbindung mit den Formeln der Sündenfreiheit ist höchst interessant.214 Offenbar war ein mit dem negativen Sündenbekenntnis eng verwandter Eid auch Teil der Priesterweihe, und bildete damit (auch für den König) die Voraussetzung für den Zugang zum Tempel.215 Der griechisch und ägyptisch (allerdings jeweils nur fragmentarisch) überlieferte Text dieses Eides ist tatsächlich sogar ein Teil des ‚Buches vom Tempel‘, dem normativen Handbuch für die Organisation des ‚idealen‘ ägyptischen Heiligtums.216 Zu vergleichen sind zudem die in den griech.-röm. Tempeln mehrfach belegten „Aufforderungen an die Priester“, so z. B. in Philae selbst.217 209 GERMOND, Bonne année, S. 3; eine lange spätzeitliche Ritualhandschrift, die unter anderem auch diesem Zweck dient, ist auf pBrooklyn 47.218.50 erhalten: siehe GOYON, Confirmation; Neuedition des Textes in Vorb. durch J. F. QUACK. Eine ähnliche Anrufung an Sachmet und Bastet, den König vor den Übeln des Jahres zu schützen, wie die an Isis in Kol. 7 des Philae-Textes oben, findet sich z. B. im Brooklyner Papyrus Kol. 2, 6–7 (siehe op. cit., S. 57). Zu weiteren verwandten Texten, siehe J.-CL. GOYON, Sur une formule des rituels de conjuration des dangers de l’année, in: BIFAO 74, 1974, S. 75–83, bes. 77–80; S. TÖPFER, Schutzrituale für den Pharao aus Tebtynis, in Vorb. 210 Vgl. GERMOND, Bonne année, S. 84–85. 211 Vgl. GERMOND, Bonne année, S. 83–84. 212 Siehe dazu auch den Kommentar von ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 123–125; QUACK, Königsweihe, S. 101, m. Anm. 30 (gegen die von ŽABKAR postulierte Übernahme aus dem funerären Bereich). Vgl. zum negativen Sündenbekenntnis bereits PT 467, § 892 und 688, §§ 2082c–2083c. 213 Vgl. GOYON, Confirmation, S. 19. 214 Vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 93. 215 Siehe z. B. R. MERKELBACH, Ein griechisch-ägyptischer Priestereid und das Totenbuch, in: Ph. Derchain (Hrsg.), Religions en Égypte hellénistique et romaine, Colloque de Strasbourg, 16–18 mai 1967, Paris 1969, S. 69–73; ID., Ein ägyptischer Priestereid, in: ZPE 2, 1968, S. 7–30: 20–30; R. GRIESHAMMER, Zum „Sitz im Leben“ des negativen Sündenbekenntnisses, in: ZDMG Suppl. II, 18. Deutscher Orientalistentag vom 1. bis 5. Oktober 1972 in Lübeck, Vorträge, Wiesbaden 1974, S. 19–25; R. MEYER, Vom König zum gottgeleiteten Menschen. Ein Beitrag zur Typologie religiöser Welthaltungen, Diss., Univ. Heidelberg 1994, Kap. X, S. 240–242; QUACK, Balsamierung und Totengericht, S. 36–37; vgl. auch Anm. 212 oben. 216 Siehe J. F. QUACK, Ein ägyptisches Handbuch des Tempels und seine griechische Übersetzung, in: ZPE 119, 1997, S. 297–300; ID., Translating. Die Gesamtpublikation des in zahlreichen Handschriften überlieferten Buches vom Tempel ist in Vorbereitung durch J. F. QUACK, siehe vorläufig diverse weitere Vorberichte. 217 Siehe H. JUNKER, Vorschriften für den Tempelkult in Philä, in: Or. Ant. 3, Analecta biblica 12, Rom 1959, S. 151–160; M.-T. DERCHAIN-URTEL, Priester im Tempel. Die Rezeption der Theologie der Tempel von Edfu und Dendera in den Privatdokumenten aus ptolemäischer Zeit, GOf 4/19, Wiesbaden 1989, S. 199; rezent N. LEROUX, Les recommandations aux prêtres dans les temples ptolémaïques: des avatars d’un canon esthétique?, in: Baumann/Kockelmann (Hrsg.), Tempel als ri-
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Die eigentliche Charakterisierung der Isis konzentriert sich wiederum auf ihre Beziehung zu Re, stellt sie also als Sonnenauge dar, wobei ähnliche Wendungen wie in den Philae-Hymnen 5, 6 und 7 verwendet werden: Sie ist die Beschützerin in seiner Barke (Kol. 2–3; 5–6). Auch die Aussage, daß die Götter sie „besänftigt haben nach ihrem Wüten“ (Kol. 5), ist eine klare Anspielung auf den gefährlichen Charakter der Göttin und paßt gut zu den Beschwörungen im Neujahrskontext. Die im Hof angebrachte Szene BÉNÉDITE, Philae, 20 (Nordwand des Hofes, oberes Register, 1. Szene v. l.),218 in der Ptolemaios II. ein Menit an Isis reicht, kopiert (soweit erkennbar) wörtlich die Philae-Hymne 8 aus dem Opfersaal, allerdings ohne den letzten Teil mit dem negativen Sündenbekenntnis, der hier auch nicht mehr hingepaßt hätte. Beide Versionen der Hymne sind unter Ptolemaios II. angebracht worden, integrieren den Text jedoch in unterschiedliche Szenentypen. Das Darreichen des Menit fügt sich gut in den Kontext der Besänftigung der Gefährlichen Göttin zu Beginn des Jahres ein.219 Auch der Anbringungsort im Hof, der in späteren Tempeln einen zusammenhängenden Raumkomplex mit der Wabet bildet, ist typisch für Texte, die in Zusammenhang mit den Neujahrsriten stehen. Ein snD-n-Hymnus im Philadelphos-Tor Text/Hauptpublikation Philae-Photos 164–165; PM VI, Philae Nr. 68)220 Anbringungsort Philae, Philadelphos-Tor, Tordurchgang, Rücksprung an der Südwand Bibliographie KOCKELMANN, Soubassement, S. 598–599 (Überblick über den Inhalt) Inhalt snD-n-Hymne, 19 Kolumnen Text Text: Kol. 1:
218 219 220 221 222
snD n As.t nTr[.t](?) p.t(?) (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Göttin(?) des Himmels(?) (oder: ihr Götter des Himmels?), nts HqA.t n xAbAs.w(?) tpj.t ? m(?) snTr(?) nb dj=s […]221 (denn) sie ist die Herrscherin der Himmelsleuchten(?),222 die Erste ? in(?) alle ?, sie gibt […].
tueller Raum, S. 249–269; und jetzt ID., Les recommandations aux prêtres dans les temples ptolémaïques et romains. Esquisse d’un héritage culturel et religieux, SSR 21, Wiesbaden 2018. Philae-Photo 703 (oben). Vgl. auch COPPENS, Wabet, S. 119. Zum Menit siehe ausführlicher BUDDE, Götterkind, S. 109–115; C. CHATELET, L’offrande du collier-menit dans les temples d’époque gréco-romaine, MRE 16, Turnhout 2015. Dieses Beispiel eines snD-n-Hymnus ist in die Gesamtbearbeitung dieses Texttypus durch RÜTER, snD-n-Hymnen, nicht aufgenommen; jedoch wird darin, S. 54, Anm. 239, eine Bearbeitung in der Reihe ITE Begleithefte angekündigt. Der Text ist teilweise zerstört und auf dem Photo schwer lesbar. Der Rest der Zeile ist zerstört. Zum Begriff xAbAs.w und seiner Deutung (Dekane?) siehe VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 166– 171. Nach QUACK, Dekane, S. 8–10, ist die Deutung des Wortes als Dekane allerdings problematisch; möglicherweise handelt es sich demzufolge um einen allgemeinen Oberbegriff für Sterne. Vgl. dazu auch M. WAGNER, Anchnesneferibre, S. 26–27. Eine spezifische Studie zu dieser Sternbezeichnung durch dieselbe Autorin ist dort angekündigt.
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50 Kol. 2:
Kol. 3:
Kol. 4:
Kol. 5:
Kol. 6:
Kol. 7:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
[snD n As.t] wr(.t) mw.t-nTr m spA.(w)t nb.wt [(Habt) Ehrfurcht vor Isis,] der Großen, der Gottesmutter in jedem Gau, nts Hrj.t/Hr irj.t(?) […] &psD(?)\.t m nbw sHD.t tA.w{j} nb m stw.t=s (denn) sie ist die Oberste […], die als Gold erglänzt(?), die alle Länder durch ihre Strahlen erhellt. snD n As.t dj(.t) anx Hrj(.t)-ib iA.t-wab.t rmT.w nTr.w(?) (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Lebensspenderin inmitten des Abaton, (oh) ihr Götter und Menschen(?), nt[s] &smA\(.t)(?) sbj[.w?](?) (n?) nTr nb nn anx mwt m xm[=s](?) denn sie ist es, die die Rebellen(?) jedes Gottes tötet(?), ohne deren(?) Kenntnis es weder Leben noch Tod gibt.223 snD n As.t bjk.t(?) Ra.t(?)224 (Habt) Ehrfurcht vor Isis, dem Falkenweibchen(?), der Sonnengöttin(?),225 nts grg(.t) gs(.w-) pr.w(?) ms[… …].w n sA=s @r Hna sn Wsjr=s (sic!) (denn) sie ist es, die die Tempel gegründet hat und die […] geboren/erschaffen(?) hat für ihren Sohn Horus und ihren Bruder Osiris. snD n As.t sSm(.t)(?)226 […].w (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Leiterin(?) […], nts(?) ?? nb(.t) [… …] ???227 (denn) sie ist ??, die Herrin von […] ???. snD n As.t […] Hsj.w(?) mwt.w(?) (Habt) Ehrfurcht vor Isis, […], (oh) ihr Gepriesenen (= glückseligen Verstorbenen) und Toten, nts @w.t-@r wAD(?)[… …] n ? [… sn?]=s Wsjr Hsj MAa.tj (denn) sie ist Hathor, ?? […] ?? […] ihr(en) Bruder Osiris, gepriesen von den Beiden Wahrheiten/die die Beiden Wahrheiten preist. snD n As.t mw.t[-nTr] nb(.t) Iw-rq (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Gottesmutter, der Herrin von Philae, nts nb(.t) &qrs(?)\228 Hnw.t [… …]=f(?) (denn) sie ist die Herrin der Bestattung(?), die Gebieterin seines/r […], qbH.t/Hsj.t(?) irj(.t) p(A) ntj Hs.w=s(?) die Wasserspenderin/die Preisende(?), die das tut, was sie lobt (oder: die den preist, der das tut, was sie lobt?).
223 Vgl. KOCKELMANN, Soubassement, S. 599. 224 Der Vogel (hier versuchsweise bjk.t gelesen) ist nicht erhalten, es scheint sich aber ein Flagellum im Rücken zu befinden. Eine Sonnenscheibe läßt sich noch einigermaßen erkennen. 225 Ra.t wird hier und im folgenden provisorisch mit „Sonnengöttin“ übersetzt, um die in der ägyptischen Bezeichnung enthaltene Beziehung zur maskulinen Form Ra „Re, der Sonnengott, die Sonne“ zu bewahren. Hinter der femininen Form steckt trotz ihrer Angleichung an die Sonne jedoch möglicherweise die Identifikation mit Sothis, siehe dazu und zu vergleichbaren Göttinnenbezeichnungen, die auf ihre Eigenschaften als leuchtendes Himmelsgestirn verweisen, VON LIEVEN, Scheiben am Himmel. 226 Sehr unsicher. 227 Der größte Teil der Zeile ist stark zerstört. 228 Nur anhand des Mumiendeterminativs erkennbar.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kol. 9:
Kol. 10:
Kol. 11:
Kol. 12:
Kol. 13:
Kol. 14:
Kol. 15:
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snD n As.t wr(.t) mw.t-nTr nb(.t) %nm.t (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Großen, der Gottesmutter, der Herrin von Senmet, ?? n Hm/mdw(?) ??.w [… wxA?]x=s dj=s im n mrj=s(?) nb xft irj(?) Hr nn ?? für die/der Majestät(?) ?? sie eilt/sucht, sie gibt davon jedem, den sie liebt, gemäß dem, was diesbezüglich getan wird (?). snD n As.t nb(.t) Iw-rq njw.wt spA.wt (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Herrin von Philae, der Städte und Gaue, nts ms.w Hr(?) [… … …?] Xdb(?) […] r dj Xnm=s (denn) sie ist es, die geboren hat/wurde(?) auf […], die tötet(?)… um zu geben, daß sie sich vereinigt(?). snD n As.t mw.t[-nTr] [?]n(?) smn(.t) spA.wt (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Gottesmutter, [?], die die Gaue fest macht, [… …?].w Xr(?) [sn?]=s Wsir(?) […] kA(?)=f Xr(?) Hs(A?) sbj r=f [oh ihr …?] bei/für ihren Bruder(?) Osiris(?), […] sein Ka (?), grimmig(?) den, der rebelliert gegen ihn. snD n As.t mw.t[-nTr] nb(.t) %nm.t imj(.w)(?) mw (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Gottesmutter, der Herrin von Senmet, oh die ihr im Wasser seid (?), nt[s] Sd(.t) [Hapj] m TpH.t=f r [… …]229 (denn) sie ist es, die den Nil aus seiner Höhle hervorholt, um […]. snD n As.t mw.t[-nTr] nb(.t) Iw-rq [imj.w(?)] sx.t (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Gottesmutter, der Herrin von Philae, [(oh) ihr Bewohner] des Feldes, n[ts? … …] ?.wt Hnw.t(?) ? mAA/ir.tj(?) […] (denn) sie ist(?) [… …] ?, die Gebieterin(?) ?, die sieht(?)/der Augen […]. snD n As.t wr(.t) mw.t-nTr nb(.t) iA.t[-wab.t …? (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Großen, der Gottesmutter, der Herrin des Abatons, […?] nts? … … …] aHA(.t) nfr(.t) wr.t(?) […] (denn) sie ist(?) […], die vollkommene große Kämpferin(?) […]. snD n As.t mw.t[-nTr] nb(.t) Iw-rq &Apd.w(?)\ p.t (Habt) Ehrfurcht vor Isis, der Gottesmutter, der Herrin von Philae, (oh) ihr Vögel(?) des Himmels, n[ts] Sps(.t) ?? wr(.t) nTr/@r bsk ib.w (denn) s[ie ist] die Edle(?) ?? die Große(?) des(?) Horus(?), der die Herzen herausschneidet.230 snD n As.t imj(.w) mw (Habt) Ehrfurcht vor Isis, oh die ihr im Wasser seid,
229 Dieses und die folgenden Zeilenenden sind zerstört. 230 Das Epitheton dürfte sich hier auf Horus beziehen, für den bsk ib.w n.j.w XAk.w-ib=f ein typisches Epitheton ist, siehe LGG II, 837a. Ein Bezug auf Isis ist im Zusammenhang des Gesamttextes allerdings nicht gänzlich auszuschließen, wenngleich das Epitheton laut LGG nicht für sie belegt ist.
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52
Kol. 16:
Kol. 17:
Kol. 18: Kol. 19:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nt[s? … … … … …] ?? Hnb(.t) iHj snH(.t) […] (denn) sie ist […] ??, die das Krokodil (Seth/Apophis?)231 vertreibt, die […]232 fesselt. snD n As.t Ddf.w(?) imj[.w tA (Habt) Ehrfurcht vor Isis, (oh) Gewürm(?), das auf/in [der Erde ist …] ?? H[…] mw.t[-nTr] n nb(?) [… … …] …] ??? […], die Gottesmutter(?) ?? […]. [snD n As.t] [?] imj[.w?] H[… (Habt) Ehrfurcht vor Isis, [?], (oh) ihr, die ihr in […] seid(?) … … … …] HA/Ax[…] s[…]H [?].w Hr tp n sA=s/f(?) @r […] ?? [die die Krone befestigt o. ä.?] auf dem Haupt ihres/seines(?) Sohnes Horus. [snD n As.t] [… … … … … …] ?? ?? xr xftj.w (Habt) Ehrfurcht vor Isis, […] ??? die die Feinde fällt/die Feinde fallen. [snD n As.t] [… … … … … …] ?? [… …] xftj.w dj(?) nf/TAw(?) n(??) (Habt) Ehrfurcht vor Isis, […] ?? […] die Feinde, die Atem gibt ?.
Kommentar: Es handelt sich um ein Beispiel des nur in der griech.-röm. Zeit belegten Typus der snD-nHymnen. Diese weisen üblicherweise eine relativ einheitliche, klare Struktur auf.233 In dem hier vorliegenden, schlecht lesbaren Vertreter dieser Textgattung ist jede Kolumne mindestens zweigeteilt: Den Beginn bildet immer die Aufforderung snD n „habt Ehrfurcht vor…“, gefolgt vom Eigennamen der Gottheit, und einigen, in diesem Fall meist234 typischen lokalen Haupttiteln (wie „Gottesmutter“, „die Große“, „Herrin von Philae“, „Herrin des Abaton“ usw.). In manchen Kolumnen wird direkt nach dem Namen der Göttin oder nach einem solchen nahen Epitheton eine Gruppe von Lebewesen im Vokativ angeredet, denen die Aufforderung zur Ehrfurcht gelten soll. Unter den lesbaren bzw. anhand von vergleichbaren Anrufungen in anderen snD-n-Hymnen zu erahnenden Gruppen sind Götter und Menschen (Kol. 3), Gepriesene (= Selige) und Tote (Kol. 6), Wassertiere oder -bewohner (Kol. 11 und 15),235 Bewohner des Feldes (Kol. 12), Vögel im Himmel (Kol. 14), Gewürm auf/in der Erde (Kol. 16). Bei anderen Vertretern dieses Hymnentypus steht eine solche Anrufung von Personen oder Wesen in einer Einleitungszeile zu Beginn des Textes.236 Im letzten Teil der Kolumnen steht jeweils eine längere Begründung für die eingeforderte Ehrfurcht, die, eingeleitet durch das unabhängige Personalpronomen (hier nts), wichtige 231 Vgl. Wb I, 122, 11; bei WILSON, Ptol. Lex., S. 102, als „Krokodil“ übersetzt. 232 Es muß sich um eine weitere Feindfigur handeln; die Hieroglyphe ist leider nicht zu erkennen, wenngleich sie Tiergestalt zu haben scheint. 233 Grundlegend zu diesem Texttypus RÜTER, cnD-n-Hymnen; LEITZ, Tempelinschriften, § 1, S. 17–21; TRAUNECKER, Coptos, S. 365–370; JAMBON/FORTIER, Médamoud no. 343, bes. 84–88 zur Struktur und zum Typus sowie speziell zu snD-n-Hymnen aus dem thebanischen Raum; vgl. auch GUTBUB, Textes fondamentaux, S. 286–288. 234 In einigen Fällen lassen sich die Epitheta nicht mehr sicher lesen. 235 Die Doppeltnennung erscheint ungewöhnlich, aber anhand des Photos kann ich keine alternative Lesung vorschlagen. 236 Siehe LEITZ, Tempelinschriften, § 1, S. 17. Vgl. auch die beiden erst römerzeitlichen cnD-n-Hymnen in Deir el-Schelwit: Deir Chelouit I, Nr. 1 und Nr. 7, siehe Kap. 4.8.1.A.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Eigenschaften der Gottheit aufzählt, die im Verlauf des gesamten Hymnus meist ein möglichst breites Feld abdecken. Der Text ist insgesamt leider nicht gut genug lesbar, um wirklich längere Sequenzen an einem Stück verstehen zu können. Es ist jedoch genug erhalten, daß zwei Punkte stark ins Auge fallen, einer die Komposition und Zeichenanordnung, einer den Inhalt betreffend: 1. Was die gestalterische Komposition und besonders die Zeichenanordnung anbelangt, so fällt auf, daß in nebeneinander liegenden Kolumnen gleiche Zeichen oder Zeichengruppen (meist in unterschiedlichen Zusammenhängen) in etwa gleicher Höhe, aber knapp versetzt auftauchen: dies ist der Fall bei in Kol. 2–3, bei und in Kol. 6–7, bei in Kol. 7–8, der Gruppe in Kol. 9–10, in Kol. 10–11, und der Gruppe in Kol. 11–12. Bei einem besseren Erhaltungszustand des Textes würden sich sicherlich noch mehr dieser Auffälligkeiten feststellen und das Gesamtschema besser beurteilen lassen. 2. Gerade am Ende der einzelnen Kolumnen scheint es in der Mehrzahl der Fälle um Feinde und Feindbekämpfung zu gehen, wenn auch der genaue Zusammenhang selten klar oder . Dabei wird also ist. Sehr häufig stehen dort Feindhieroglyphen, und zwar meist eine kämpfende oder schützende Tätigkeit der Isis (oder des Horus) beschrieben. Diese Thematik paßt allgemein gut zum üblichen Anbringungsort der cnD-n-Hymnen an Toren,237 die natürlich vor Feinden beschützt werden müssen. Eine weitere wichtige Thematik scheint die Überfahrt der Isis nach Bigge und ihre dortige Kultausübung am Osirisgrab zu sein, wie sich durch die Erwähnung von Osiris, Wasser und Belebung in den Kolumnen 4, 6, 7, 10(?) und 11 andeutet, so wie in den wiederkehrenden Haupttiteln der Isis als Herrin von Bigge bzw. des Abaton (Kol. 3, 8, 11). Demzufolge ist vielleicht anzunehmen, daß sich das Thema der Feindvernichtung vorrangig auf den Schutz des Osiris bezieht, wenngleich auch Horus in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt (Kol. 14). Neben diesen zentralen Themenbereichen werden aber noch weitere typische Eigenschaften und Funktionen der Isis abgedeckt: Isis als leuchtende Himmelsgöttin und Herrin der Sterne (Kol. 1–2), die Beziehung zu ihren Familienmitgliedern Horus und Osiris (Kol. 4, 17), Isis als Herrin aller Gaue (Kol. 2, 9, 10) und als Urheberin der Nilflut (Kol. 11).
237 Zum Anbringungsort vgl. RÜTER, cnD-n-Hymnen, S. 76–80.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Texte am 1. Pylon unter Ptolemaios VI. („Texte Philae/Kalabscha“) Text/Hauptpublikation Philä I, 169; 167, Abb. 98 Anbringungsort Philae, 1. Pylon, Nordseite (= Hofseite), Zimmer im Ostturm, rechte (östliche) Türlaibung238 Bibliographie JUNKER, Preis der Isis (mit Synopse der Parallelen); BARUCQ/DAUMAS, Hymnes et prières, S. 458–459, Nr. 140; MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 121–124 Parallelen Kalabchah I, 118; Philä I, 174, 5–13239 (teilweise); PhilaePhotos 843/846240 (schlecht erhalten) Inhalt 3 Kolumnen Text, 1 für den König (Ptolemaios VI.), 2 für Isis Text: – Isis: Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr dj(.t) anx nb(.t) iw[-rq Isis, die Große, die Gottesmutter, die Lebensspenderin, die Herrin von Phi[lae, Hnw.t nb(.t)]241 iA.t-wab.t HqA.t m %nm.t die Gebieterin, die Herrin] des Abaton, die Herrscherin in Senmet, [iwHj.t]242 nwj(.t) sStA.w n sn=s [die Klagefrau], die für die Geheimnisse (Mysterien) ihres Bruders sorgt,243 wr.t wsr.t Hnw.t nTr.w die Große, die Mächtige, die Gebieterin der Götter, Tnj(.t) rn xnt nTr.wt mit erhabenem Namen an der Spitze der Göttinnen, wr.t-HqA.w mnx(.t) sH.w244 die Zauberreiche, deren Pläne trefflich sind, 238 Die hier übernommene Reihenfolge der Inschriften der östlichen und westlichen Türlaibung richtet sich nach der Parallele in Kalabscha bzw. nach der Bearbeitung der Texte von JUNKER, Preis der Isis. 239 Es handelt sich dabei um die gut erhaltene Beischrift der Isis in einer Feldopfer-Szene (unter Ptolemaios X.) auf der Ostwand des Vestibülraumes vor dem Zimmer im Ostturm, in dem sich obiger Text befindet. Die Parallelen befinden sich also in unmittelbarer Nähe zueinander. Vgl. JUNKER, Preis der Isis, S. 271. 240 Es handelt sich um die untere Randinschrift des Bibliotheksraumes, die unter Tiberius angebracht wurde, vgl. JUNKER, Preis der Isis, S. 271. 241 Ergänzung nach Kalabchah I, 118. 242 Ergänzung nach den Parallelen Kalabchah I, 118 und Philä I, 174, 5–13. 243 Alternativ wäre vielleicht trotz des in sämtlichen Versionen fehlenden Stoff-Determinativs das Verb nw „bekleiden, umhüllen“ zu verstehen, mit möglicher Übersetzung: „die die geheime Gestalt ihres Bruders umhüllt“ (mit Bezug auf die Einbalsamierung), siehe auch JUNKER, Philä I, S. 169, Anm. 2; vgl. auch die Übersetzung von MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 121: „qui cache les images de son frère“. Vgl. mehrere ähnliche Ausdrücke mit nw in Bezug auf Isis (oder Nephthys) und Osiris: LGG III, 542c. JUNKER, Preis der Isis, S. 271 übersetzt: „die die geheimen Gestalten ihres Bruders betreut“; ID., Philä I, S. 169: „die die Gestalt ihres Bruders besorgt“. BARUCQ/DAUMAS, Hymnes et prières, S. 459, Anm. c), sehen darin eine direkte Anspielung auf die mythische Suche der Isis nach Osiris’ Körperteilen. 244 Korrupte Schreibung, siehe JUNKER, Preis der Isis, S. 269 u. 273. MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 121, liest ohne Emendation mnx sH-nTr=s „efficace par sa chapelle divine (?)“, was m. E. unwahrscheinlich ist.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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245 aApp m sAx.w tp-rA=s die Apophis mit ihren Zaubersprüchen [abwehrt], [n hb]246 [ohne] Kol. 3: aH.t m xm=s xaj nb Xr s.t-rA=s deren Kenntnis man nicht den Palast [betritt], nach deren Befehl der Herr erscheint, [kA=s m] nb(.t) anx [ihr (Ka-)Name ist] ‚Herrin des Lebens‘, Hr [dj(.t) anx n tA anx Hr(.w)] nb.w [m wD.t] &kA\ =s247 weil [sie der Erde Leben gibt], und jedermann [durch den Befehl] ihres Ka lebt, nb(.t) iA.t-wab.t r-mn iA.t-bAbA(?) die Herrin des Abatons bis hin nach Iatbaba(?),248 xtm(.t) xtm Hr xtm=s die das zu Siegelnde mit ihrem Siegel siegelt, n irj.tw s[xr].w m xm=s SAa p.t tA &dwA.t\ ohne deren Kenntnis keine Pläne gemacht werden, vom Himmel (bis zur) Erde und zur Unterwelt.249 dj=s n=f nxt r […] Möge sie ihm Stärke geben gegen […].250 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen Inhalt
Philä I, 168–169; 167, Abb. 98 Philae, 1. Pylon, Nordseite (= Hofseite), Zimmer im Ostturm, linke (westliche) Türlaibung251 JUNKER, Preis der Isis (Synopse der Parallelen); BARUCQ/DAUMAS, Hymnes et prières, S. 458–459, Nr. 140; MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 121–124 Kalabchah I, 118 3 Kolumnen Text, 1 für den König (Ptolemaios VI.), 2 für Isis
245 Emendation nach der Parallele Kalabchah I, 118. 246 Ergänzt nach den Parallelen Kalabchah I, 118 und Philä I, 174, 5–13. 247 Ergänzungen nach der Parallele Kalabchah I, 118. Philä I, 174, 5–13, kürzt die Begründung ab zu Hr dj(.t) anx n Hr(.w) nb.w „weil sie jedermann Leben gibt“. 248 Der Ort ist ansonsten unbekannt, vgl. JUNKER, Preis der Isis, S. 275. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Toponym südlich von Philae (im Bereich der Dodekaschoinos), so daß mit diesem Epitheton Isis’ bekannte Vorherrschaft in diesem Gebiet beschrieben wird. Vgl. auch eine Parallele des Epithetons in Philä III, Nr. 59b: dort allerdings iA.t-DbA(?); entsprechend liest MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 122, auch hier iA.t-DbA. 249 MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 122, übersetzt den letzten Teil als separates Epitheton: „die Himmel, Erde und Unterwelt erschaffen hat“. 250 Die abschließende Segensformel zugunsten Pharaos ist üblich für eine solche Türlaibungsinschrift; in der Parallele in Kalabscha steht die Formel erst weiter hinten, da der Text, der in Philae auf die andere Türlaibung verteilt ist, dort direkt anschließt. 251 Die hier übernommene Reihenfolge der Inschriften der östlichen und westlichen Türlaibung richtet sich nach der Parallele in Kalabscha bzw. nach der Bearbeitung der Texte von JUNKER, Preis der Isis.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: – Isis: Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter, ir.t Ra nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb(.w) das Auge des Re, die Herrin des Himmels, die Gebieterin [aller] Götter,252 wsr.t m WAs.t aA.t m Iwn.t mnx.t m @w.t-kA-PtH die Mächtige in Theben, die Große in Dendara, die Vortreffliche in Memphis, mw.t-nTr m NTr.wj253 Hrj.t m ¢m(?)254 Hnw.t spA.t nb die Gottesmutter in Koptos, die Oberste in Letopolis(?), die Gebieterin aller Gaue, wD.t [md.w n psD.t]255 [die Befehle an die Neunheit] erteilt, Kol. 3: [sSm.tw]256 &Hr\ s.t-rA=s nach deren Ausspruch [geführt/regiert wird], pH.ty.t [pH.tj(?)] &Xr Sfj.t=s\ die Kräftige, deren Ansehen [die Kraft(?)] untersteht (?),257 wr.t m p.t HqA.t xAbAs.w die Große im Himmel, die Herrscherin der Himmelsleuchten, dj(.t) sbA nb Hr [nmt.]t=sn die alle Sterne auf ihre Bahn setzt, As.t dj(.t) anx nb(.t) -wab.t Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abaton,
252 Diese Sequenz fehlt in der Kalabscha-Parallele, da es sich um eine einleitende Haupttitulatur handelt, die durch den Beginn des Textes auf der Türlaibung begründet ist. 253 MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 122, liest mw.t m Gb.tjw „die Mutter in Koptos“. Vor mw.t steht jedoch ein nTr-Zeichen, so daß m. E. mw.t-nTr zu lesen ist. Zu dieser Rolle der Isis in Koptos siehe unten, Kap. 4.10.3. 254 JUNKER, Philä I, S. 168; bzw. ID., Preis der Isis, S. 271, liest „Achmim“ (¢nt-Mnw), was jedoch nicht zu den Hieroglyphen paßt. Diese Übersetzung wird auch von BARUCQ/DAUMAS, Hymnes et prières, S. 459, übernommen; MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 122: ¢mw „Achmim“. LGG V, 440b, hat Hrj.t m xm.w „Die Oberste in den Heiligtümern“, was aufgrund der in Philä und Kalabscha geschriebenen Pluralstriche und dem folgenden „Gebieterin aller Gaue“ ebenfalls möglich wäre. Aufgrund des ebenfalls in beiden Fällen geschriebenen Stadtdeterminativs halte ich ¢m „Letopolis“ jedoch für naheliegender. Vgl. außerdem die Hymne Philae-Photo 1297 (siehe unten), wo in einer entsprechenden kulttopographischen Litanei „Maat in Letopolis“ genannt wird. 255 Ergänzung nach der Parallele Kalabchah I, 118. 256 Ergänzung nach der Parallele Kalabchah I, 118. 257 Ergänzungen nach der Parallele Kalabchah I, 118. Die in Kalabscha erhaltene Doppeltschreibung von pHty.t (beide Male wie der Name einer Göttin geschrieben) ist unklar; in Kalabscha ließe sich die Dittographie mit dem Wechsel über eine Wandecke begründen, doch auch in Philae ist nach Philä I, Abb. 98, an der zerstörten Stelle soviel Platz vorhanden, daß zwischen dem ersten pHty.t und Xr noch ein weiteres Wort gestanden haben muß. Vgl. JUNKER, Preis der Isis, S. 271: „die Starke, unter deren Macht die Starke steht“. In LGG separat aufgenommen: LGG III, 101b, s. v. pHtyt „die Kräftige“ und 101c, s. v. pHtyt Xr Sfyt=s „die durch ihr Ansehen Starke“. MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 122, läßt das Wort jeweils unübersetzt, scheint es aber als Göttinnenname aufzufassen („Pehetyt, Pehetyt durch ihr Ansehen“). Wahrscheinlicher ist es wohl, im zweiten Wort ungeachtet der Schreibung einfach neutral „Kraft“ zu lesen.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Hnw.t nb(.t) [Iw-rq] nb(.t) xAs.wt rsj.w(t) die Gebieterin und Herrin von [Philae], die Herrin der südlichen Fremdländer. dj=s n=f nxt r […] Möge sie ihm Stärke geben gegen […]. Kommentar: Die beiden Türlaibungen sind mit komplementären, eulogischen Epithetareihen der Isis dekoriert, welche in der Parallele in Kalabscha zu einer kontinuierlichen Bandeau-Inschrift zusammengefügt wurden.258 Die zentrale theologische Bedeutung des Textes spiegelt sich auch in seiner (auszugsweisen) Verwendung an zwei weiteren Stellen im Tempel von Philae selbst (als Bandeau-Inschrift und Teil einer Ritualszene) wider (s. o.). Wie in den zuvor behandelten Hymnen, die jedoch ansonsten formal stärker gestaltet sind,259 schließen die der Göttin gewidmeten Kolumnen jeweils mit einer Segensformel für den König ab, mit dessen Titulatur die jeweils erste (hier nicht übersetzte) Kolumne gefüllt ist. Zu Beginn beider Epithetaketten der Isis, die in der 3. Person angesprochen ist, finden sich jeweils Varianten der Haupttitulatur bzw. der „nahen“ Beinamen, welche in Philae meist auf den Namen der Göttin folgen.260 In der östlichen Türlaibung leitet ihr üblicher Titel „Herrin des Abaton“ über zu einer kurzen Beschreibung ihrer Tätigkeit zugunsten ihres ebendort bestatteten Gatten Osiris, für dessen „Geheimnisse“ sie sorgt. Damit sind sicherlich die belebenden Opferriten gemeint, die Isis bei regelmäßigen Fahrten nach Bigge ausführt. Auch die Bezeichnung als „Klagefrau“ verweist auf Isis’ klassische Rolle zugunsten ihres verstorbenen Bruders bzw. des Verstorbenen. In der oben besprochenen Philae-Hymne 2 wird ebenfalls auf diese Funktion angespielt, wenn auch weniger deutlich. Sämtliche übrigen Eigenschaften der Göttin, die in den Türlaibungsinschriften beschrieben sind, finden sich ebenfalls bereits – meist detaillierter ausgeführt – in den frühen Hymnen von Philae, obwohl es keine direkten Parallelen zu ganzen Abschnitten gibt. Somit stellen sich die Inschriften im Pylonzimmer als zusammenfassende Kompilation wichtiger Charakteristika der Isis dar, die zusammen das Bild einer Allgöttin mit oberster Gewalt über den Kosmos, die Götter und die Welt der Menschen inklusive des Königsamtes ergeben.261 Ihre grundlegende, in den Philae-Hymnen 1 und 2 betonte familiäre Stellung als Gemahlin des Osiris und Mutter des Horus spielt hier hingegen eine deutlich untergeordnete Rolle und läßt sich nur noch als ursprüngliche Basis vieler Epitheta („Gottesmutter“, „Klagefrau“) herauslesen.
258 Vgl. Kap. 4.3.1.2 und die synoptische Edition der Texte von JUNKER, Preis der Isis. 259 Zur formalen Gestaltung der hier behandelten Hymnen, Litaneien, Epithetareihen insgesamt siehe Kap. 5.1; vgl. auch ASSMANN, Re und Amun, S. 145–157 (zur eulogischen Erweiterung der Opferformel im NR). 260 Vgl. Kap. 4.1.2 und INCONNU-BOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 268–269. 261 Zu der Charakterisierung als Allgöttin im Philae/Kalabscha-Text, vgl. JUNKER, Preis der Isis, S. 271. Eine ähnlich umfassende Charakterisierung erhält Isis auch unter Ptolemaios XII. in der langen Inschrift Philä III, Nr. 2 (s. u.). Die Bemerkung von MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 124, „Il faut noter le caractère particulier de ces textes qui présentent une phraséologie inhabituelle à Philae“ kann ich nicht nachvollziehen.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Folgende Übereinstimmungen zu den älteren Philae-Hymnen lassen sich feststellen: Eigenschaft/Funktion
Text Philae/Kalabscha
Sorge um Osiris
Klagefrau, Besorgung des Kultes
Vorrang vor anderen Göttern/Göttinnen kämpferische u. schützende Funktion, Zauberkraft
Gebieterin, an Spitze
Herrschaft über Königsamt, Befehlsgewalt
Betreten d. Palastes, Erscheinen (= Krönung) und Regieren des Pharao auf ihren Befehl
Lebensspenderin
Lebensspenderin für Erde und Menschen
Herrin d. Kosmos
Herrscherin, Bestimmerin, Ratgeberin in Himmel, Erde und Unterwelt
Beziehung zu Re
Auge d. Re, bekämpft Apophis (s. o.)
Werethekau bekämpft Apophis m. Zaubersprüchen, Kräftige, gibt Stärke
Philae-Hymnen 1–8 und Philae-Photos 164–165 Hymnen 2, 5; Photos 164–165: Schutz Hymne 4; Photos 164–165: Besorgung d. Kultes Hymnen 1, 2: Gebieterin Hymne 5: Herrscherin Hymnen 2, 5; Photos 164–165: Schutz d. Osiris Hymne 5: Uräus vertreibt Apophis, Starke, Kampf gegen Feinde Hymne 8: Werethekau bekämpft Apophis m. Zaubersprüchen Photos 164–165: Kampf gegen Feinde Hymne 3: Regieren d. Pharao auf ihren Befehl, gibt der Neunheit Befehle Hymne 5: Befehlsgewalt Photos 164–165: Herrschaftsübergabe Horus Hymne 4: Lebensspenderin, die Pflanzen gedeihen läßt und Nahrung/Opfer gibt Hymne 6: belebt Götter u. Menschen Photos 164–165: bringt Nilflut, Lebensspenderin Hymne 4: Schöpferin u. Herrin v. Himmel, Erde und Unterwelt Hymne 7: Einzigartige u. erfüllt Himmel u. Erde mit Schönheit Hymne Nekt.: Uräusschlange d. Re Hymne 5: Tochter u. Uräusschlange d. Re, strahlt wie Re, mit Re vereint, in Sonnenbarke Hymne 6: Uräusschlange d.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
Eigenschaft/Funktion
Text Philae/Kalabscha
kulttopographische Litanei
Isis als Herrin aller Gaue, als alle Göttinnen
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Philae-Hymnen 1–8 und Philae-Photos 164–165 Re, Sonnenauge Hymne 7: Auge d. Re, in Sonnenbarke Hymne 8: Auge d. Re, Prächtige bei Re, in Sonnenbarke auf Wunsch d. Re Hymne 4: Präsenz d. osirianischen Familie in allen Städten Hymne 7: Isis als versch. Göttinnen in versch. Städten
Hymnen im Mammisi unter Ptol. VIII.262 Die Isis-Hymnen im Mammisi scheinen eine Einheit zu bilden und wechseln sich, wie es der Natur des Baues entspricht, mit solchen für ihren Sohn Horus ab. Die Hymnen befinden sich jeweils in den Türlaibungen der Durchgänge zwischen den einzelnen Räumen, wobei zwischen Raum I und II die westliche Seite Horus, die östliche Isis gewidmet ist,263 während im Durchgang zwischen Raum II und III auf beiden Seiten jeweils eine Kolumne für Isis und eine für Ptolemaios VIII. und seine Gemahlin Kleopatra III. reserviert ist.264 Des weiteren enthält die obere Randinschrift des Sanktuars auf beiden Seiten Lobpreisungen der Isis und der zu feiernden Geburt des Horus.265 Da an der Tür zwischen Raum I und II kein Herrscher genannt ist, bzw. die Kartuschen leer sind (in der Türrahmendekoration),266 wurden die Inschriften im ersten Durchgang wahrscheinlich bereits früher, d. h. vielleicht während der Phase der Thronstreitigkeiten zwischen den Brüdern Ptolemaios VI. und VIII., angebracht, als Raum II noch das Sanktuar bildete.267
262 Entgegen der Edition in Philä II, die mit dem Sanktuar (Raum III) beginnt, sind die Texte hier von außen nach innen geordnet, da das Sanktuar erst später, unter Ptolemaios VIII., hinzugefügt und dekoriert wurde. 263 Philä II, 134–137. 264 Philä II, 76–79. 265 Philä II, 6–9. 266 Philä II, 123–133. 267 Vgl. auch GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 26. Zur Datierung der Erweiterung des Mammisi in die spätere Regierungszeit von Ptolemaios VIII. siehe HAENY, Short Architectural History, S. 211.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Philä II, 136–137 Philae, Mammisi, Durchgang zwischen Raum I und II, östliche Türlaibung GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 17–26;268 HINTZE, Löwentempel, S. 43–44 (Synopse des Teils mit Parallele zu Hymne Nektanebes)269 a) Philae-Hymne 6 b) Hymne Nektanebes; Musawwarat Es Sufra, Nr. 26; teilweise, nicht ganz wörtliche Parallele: Philä II, 6–7
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
nb.t wsr.t mj r aH.t sanx(.t) nTr.w rmT.w Herrin, Mächtige, komme zum Palast, die du Götter und Menschen belebst!270 dwn @H n kA=T wTs-Tw Ra Hr tp=f Heh streckt sich zu deinem Ka empor (?),271 Re hat dich auf sein Haupt erhoben, psD.&tj\ 272 Ax.t m xnt=f indem du erstrahlst als Prächtige (= Uräusdiadem) an seiner Stirn.273 wbn=T dr snk Wenn du aufgehst, wird die Finsternis vertrieben. &Xnj\=T274 m nwn Du ruderst im Urgewässer, HAy=T HD=T275 m nwj du strahlst und du leuchtest im/aus dem Flutwasser, sqdj=T m wjA n Ra du fährst in der Barke des Re. @r iAb.t smAa276=f n=T aAb.t Horus des Ostens bringt dir ein großes Speiseopfer dar,
268 Aufgrund der starken Abweichungen in der Übersetzung (und Interpretation) GOEDICKEs, der den gesamten Text (sowie die übrigen Hymnen) als Teil eines dramatischen Ritualspiels unmittelbar auf die im Mammisi gefeierte Horusgeburt bezieht (GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 9), wird darauf in den Anm. nicht weiter eingegangen. Zur allgemeinen Problematik von GOEDICKEs Untersuchung siehe die Rezensionen von J.-C. GOYON, in: CdÉ 61, 1986, S. 82–86, und H. BEINLICH, in: OLZ 81, 1986, Sp. 450–452. 269 Zu diesem Teil siehe auch oben, mit Synopse. 270 Oder Imperativ: „Belebe Götter und Menschen“? 271 JUNKER/WINTER, Philä II, 137: „Es wird ein HH deinem Ka gereicht.“ 272 Ergänzt nach der Parallele Philae-Hymne 6. 273 JUNKER/WINTER, Philä II, 137: psD iAxw m xnt=f „Und es erglänzt Licht aus ihm“. Die Spuren der PsP-Endung .tw werden damit jedoch in der Transliteration ignoriert; vgl. außerdem die Parallele Philae-Hymne 6. 274 JUNKER/WINTER, Philä II, 137, lesen das beschädigte Zeichen als Dsr, vgl. aber die Parallele PhilaeHymne 6. Auffällig ist allerdings die gedoppelte Schreibung des Suffixpronomens mit und . 275 Die Parallele Philae-Hymne 6 hat nur das Verb HAy. Auch hier gedoppelte Schreibung des Suffixpronomens (siehe die vorige Anm. 274). 276 Die Orthographie ist beeinflußt von dem Verb smA „schlachten“, vgl. auch die entsprechende Stelle in Philae-Hymne 6.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
Kol. 3:
61
pr ntj m Iwnw m xa das Haus, das in Heliopolis ist, ist im Fest, wAH.tw n=T {n=T} &snw.t\277 m Iwnw es wird für dich geopfert am Senut-Fest in Heliopolis dnj.t m(?)\278 und am Viertel-Fest &Letopolis(?)\. irj.tw n=T Hb.w aSA.w Zahlreiche Feierlichkeiten werden für dich begangen Xr wdH.w (oder: irp?)279 aA m %nm.t r nHH mit großen Trankspenden (oder: mit reichlich Wein?) in Senmet, bis in Ewigkeit, Hr kA=T Dt für(?) deinen Ka/auf deinen Namen(?), ewiglich. Htp=T m aH.t Sps.t wr.t Du ruhst/mögest du ruhen im Palast, Edle, Große! mj.t r aH.t n.j.t Hb.w Komme zum Festpalast r tr.wj nfr.wj m Dam zu den beiden schönen Zeiten (= bei Tag und bei Nacht) als Elektron!280 nn Hrj=T r{=T} Ra Du bist nicht fern von Re (?),281 r tA.wj Sn.w282 um zu die Beiden Länder (ganzen) Umkreis (?), Htp Hr=T nfr n pr-aA möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein gegenüber dem Pharao.283 i.nD Hr=T As.t nTr.t mw.t-nTr qmA(.t) nfr.w=s Sei gegrüßt, Isis, Göttin, Gottesmutter, die ihre Schönheit schuf, WADy.t wr.t-HkA.w Uto, die Zauberreiche,
277 Die Spuren würden zu dieser Ergänzung nach Philae-Hymne 6 gut passen; JUNKER/WINTER, Philä II, 137, deuten die Spuren als wdn=k, was wenig Sinn macht. Statt würden die 6 Striche gut hinpassen, und statt des angenommenen . 278 Zu lesen ? Allerdings wird das dnj.t-Fest sonst ebenso wie das snw.t-Fest üblicherweise mit Heliopolis verbunden, siehe oben, Philae-Hymne 6, Anm. 131. 279 Entweder eine dreiteilige Variation von oder eine Abwandlung von ? 280 JUNKER/WINTER, Philä II, 137, haben m Dam nicht übersetzt oder zu deuten versucht. Die Parallele Philae-Hymne 6 hat das m nicht, so daß man dort mit GOYON, Rez. Žabkar, S. 90, eventuell auch eine andere Konstruktion annehmen könnte, wenngleich ich nicht ganz überzeugt bin, daß es sich tatsächlich um einen admirativen Ausruf mit nfr.wj handelt; siehe den entsprechenden Kommentar zu Philae-Hymne 6 oben. 281 Die Stelle scheint in beiden Versionen verderbt zu sein: Die Parallele Philae-Hymne 6 hat: nn Hrj=T Ra. Zu den möglichen Implikationen der Stelle siehe oben, zu Philae-Hymne 6. 282 Emendierung nach Philae-Hymne 6, wenngleich auch dort das Verständnis der Stelle sehr unsicher ist. JUNKER/WINTER, Philä II, 137, übersetzen nur den Anfang mit „Nicht weicht Re von dir…“. 283 Hierbei handelt es sich eigentlich um die übliche Schlußbitte einer Hymne, doch folgt hier noch eine kurze weitere Hymne, die Parallele zur Hymne Nektanebes. Siehe dort auch die Synopse.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nb(.t) xa.w m aH StA284 die Herrin der Erscheinungen (oder: Diademe) in dem geheimen Schrein/Palast, Dsr s.t m wjA n HH Hnw.t pr-wr mit erhabenem Sitz im Schiff der Millionen, die Gebieterin des Per-wer.285 Kommentar: Die Türlaibungsinschrift im Eingang zum ursprünglichen Sanktuar ist aus zwei bereits aus älterer Zeit in Philae bekannten Hymnen (Philae-Hymne 6 und Hymne Nektanebes) zusammengefügt, wobei der erste Text vollständig, der zweite nur teilweise übernommen wurde. Die gleiche Vorgehensweise ließ sich bereits oben bei Philae-Hymne 7 feststellen. Entgegen der seiner Gesamtthese untergeordneten Deutung GOEDICKEs weist diese Komposition jedoch keinerlei spezifische Verbindung zur zentralen Thematik des Mammisi, der Geburt des Horus und dem dazu gehörigen Fest, auf.286 Horus wird hier nur in der Form „Horus des Ostens“ als Darbringer eines Opfers für Isis erwähnt. Zweck des Textes scheint vielmehr eine allgemeine preisende Anrufung der Göttin als Gegengewicht zur Anrufung ihres Sohnes in der westlichen Türlaibung zu sein; auffällig sind außerdem inhaltlich die Bezüge auf die Mondmonatsfeste, die in Heliopolis und Letopolis lokalisiert werden. 287 Gerade im Hinblick auf das snw.t-Fest und die oben im Kommentar zu Philae-Hymne 6 angeführte Statueninschrift mit weiteren Informationen zu diesem erscheint die Kombination mit der ebenfalls auf das Uräusdiadem fokussierten Hymne Nektanebes inhaltlich besonders sinnvoll und konsistent. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Philä II, 76–77 Philae, Mammisi, Durchgang zwischen Raum II und III, westliche Türlaibung GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 27–33; DAUMAS, Mammisis, S. 327 1 Kolumne für Ptolemaios VIII. und Kleopatra III., 1 Kolumne für Isis
Text: – Isis: As.t(?)288 dj(.t) anx psD(.t) m pr=s mj Ra irj wHm.w Isis, Lebensspenderin, die aus ihrem Haus erglänzt289 wie Re, der Zyklen vollzieht,
284 JUNKER/WINTER, Philä II, 137, lesen mit Fragezeichen: aH(=T) StA(?) dwA.t(?). Ich halte die Anfügung dwA.t jedoch für unwahrscheinlich und den Stern für eine Verschreibung für das Kreuz, das ja auch im Nektanebes-Text hinter StA steht. 285 Hier bricht der Text aus Platzgründen ab; auch (zumindest der erhaltene Teil) die Parallele in Musawwarat el-Sufra endet an dieser Stelle. 286 Zum Inhalt siehe die Kommentare oben zu Philae-Hymne 6 und Hymne Nektanebes. 287 Zu diesen siehe oben den Kommentar zu Philae-Hymne 6. 288 DAUMAS, Mammisis, S. 327, liest die thronende Göttin als „Hathor“; da im Mammisi von Philae jedoch ganz klar Isis die Mutter des Horus ist, halte ich es für wahrscheinlicher, daß sie gemeint ist, zumal ihr philensischer Haupttitel dj.t anx folgt. Auch JUNKER/WINTER, Philä II, 77, und GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 27, lesen „Isis“.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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iqH.n=s tA rwj.n=s snk mj Ax.tj psD m Ax.t nachdem sie die Erde betreten (= aufgegangen ist) und die Finsternis vertrieben hat wie der Horizontische, der im Horizont erglänzt. ¥ma.w MHw m iAw m Hr[=s] Ober- und Unterägypten sind in Verehrung vor ihr, tA.w m wAH tp und die Länder sind mit geneigtem Haupt (= in Demut), Ssp{.t}=s s.t n anx xnt [iw]-rq wenn sie den Sitz des Lebens (= Geburtshaus) an der Spitze von Philae einnimmt. nrw n.j.t(?) nHH xnt xm.w Der Schrecken der nHH-Ewigkeit (= der ewige Schrecken) ist an der Spitze der Unwissenden (= Feinde),290 dmD Hm.t Dt m pr=T deine Majestät vereint sich mit der Dt-Ewigkeit in deinem Haus,291 Hr stj anx wAs n sA=T mrj und spendet Milch für deinen geliebten Sohn Horus. Kommentar: Der Text thematisiert insgesamt den Einzug der Göttin in ihrem Tempelhaus, womit in diesem Fall das um ein neues Sanktuar erweiterte Mammisi gemeint sein muß. Wie im ersten Teil der Hymne in der Türlaibung zwischen Raum I und II (entspricht Philae-Hymne 6), wird Isis auch im Durchgang zum neu hinzugefügten Allerheiligsten besonders als eine mit Re in enger Verbindung stehende Göttin des Lichtes vorgestellt, die als Gestirn aufgeht, Finsternis vertreibt und Leben spendet.292 Im Gegensatz zu ersterem wird die Göttin nun allerdings zunächst in der 3. Person angesprochen und der Text ist insgesamt weniger hymnisch gestaltet. Im zweiten Teil wird ihre Verehrung durch ganz Ägypten in den Vordergrund gestellt, und die Verbindung mit den beiden Ewigkeits-Vorstellungen nHH und Dt bildet eine Überleitung dieser Thematik zum Schlußsatz, in welchem die beschriebene Rolle der Isis als Milchspenderin für ihren Sohn Horus nun der konkreten Funktion des Mammisi geschuldet ist. 289 Evtl. handelt es sich auch um eine Pseudoverbalkonstruktion: „Isis, Lebensspenderin, erglänzt aus ihrem Haus…“ 290 Der Satz ist unklar und auf verschiedenste Weisen gedeutet worden: JUNKER/WINTER, Philä II, 77, lesen nrw n=T nHH xnt xm.w „Der Schrecken vor dir ist ewiglich an der Spitze der Feinde.“, was m. E. syntaktisch nicht möglich ist, da „der Schrecken vor dir“ ägyptisch üblicherweise mit nrw=T und nicht nrw n=T ausgedrückt wird, und zweitens nHH in dieser Wortposition mitten im Satz nur als Substantiv und nicht adverbiell aufgefaßt werden kann. DAUMAS, Mammisis, S. 327, liest als Ts und übersetzt: „Du hast die Ewigkeit erhoben in den Heiligtümern.“ GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 27, übersetzt: „Obwohl dir Ewigkeit unter den Unergründlichen zugewiesen ist…“. Keine dieser Übersetzungen ist wirklich überzeugend; ein weiteres Problem stellt außerdem der Wechsel in der Anrede der Göttin von der 3. Person zur 2. Person dar, der selbst bei der oben vorgeschlagenen Auffassung des nT als Genitiv-Nisbe noch durch das wenig später folgende pr=T bestehen bleibt. Eine weitere Möglichkeit wäre nach einem mündlichen Vorschlag von J. F. QUACK, nr als Verb aufzufassen: nrj.n=T nHH xnt xm.w „Du hast die nHH-Ewigkeit behütet vor den Unwissenden (= Feinden).“ 291 Die Auffassung bei GOEDICKE ist stark interpretativ: „…nimmt deine Majestät am Irdischen in deiner Domäne teil…“. 292 Vgl. auch die Interpretation von GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 29.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Philä II, 78–79 Philae, Mammisi, Durchgang zwischen Raum II und III, östliche Türlaibung GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 175; DAUMAS, Mammisis, S. 327–328 1 Kolumne für Ptolemaios VIII. und Kleopatra III., 1 Kolumne für Isis
Text: – Isis:
As.t293 dj(.t) anx xaj wr.t m xnt Ax.t Isis, die Lebensspenderin, es erscheint die Große an der Spitze des Horizontes, wbn nbw.t m Hw.t-xnt sSp.n=s xa.w mj 294Dr es geht die Goldene auf im Ersten Heiligtum (= Philae), indem sie leuchtet beim(?)295 Erscheinen wie der Allherr m tr pn xmt n Smw rA-3 rA-15 n ibd zu dieser Zeit im 3. (Monat) der Sommerjahreszeit, am 12. (Tag) des Monats296 (= 12. Epiphi) Hna Hb[.w]=s nb tp tr und an allen Festen zu den jeweiligen Zeiten (Kalenderfesten).297 irj=s Xn.t nfr m sHb [iw]-wab[.t] Sie unternimmt eine schöne Fahrt und läßt das Abaton festlich sein, mskt.t Xr nb=s sTHn=f(?) nwj m stw.t=f (?) wenn die Abendbarke unter ihrem Herrn ist, und er die Fluten mit seinen Strahlen erglänzen läßt (?).298
293 DAUMAS, Mammisis, S. 328, liest die große Göttinnenhieroglyphe mit Doppelfederkrone wiederum als „Hathor“. Der Name der Isis wird durch ein erst am Ende der Kolumne stehendes mrj „geliebt von…“ an die Titel von Ptolemaios VIII. und Kleopatra III. angeschlossen. 294 Ergänzung nach JUNKER/WINTER, Philä II, S. 79. 295 JUNKER/WINTER, Philä II, S. 79, übersetzen „sie leuchtet in Glanz“. Die Konstruktion ist ungewöhnlich, zu erwarten wäre m xa.w oder Hr xa.w. Alternativ wäre an eine Deutung als sSp n=s xa.w mj nTr Dr „wenn für sie der aufleuchtet, der erscheint wie der Allherr“ zu denken, womit dann Re gemeint wäre. Da in diesem Text jedoch nirgends von diesem die Rede ist, halte ich das für zweifelhaft. 296 Die Tageszahl wird in Bruchzahlen angegeben als „1/3 (plus) 1/15 des Monats“ = 10+2 = 12. Tag, eine gängige Art der Datumsangabe. 297 JUNKER/WINTER, Philä II, S. 79, übersetzen hier: „an all ihren Festen der Zeitbeginne“. tp tr sowie tp in Verbindung mit anderen Zeitbegriffen ist jedoch ein gängiger Ausdruck für periodisch wiederkehrende Ereignisse, siehe Wb V, 275, 19–276, 9; J. F. QUACK, Organiser le culte idéal. Le manuel du temple égyptien, in: BSFE 160, 2004, S. 9–25: 15 (zu einer demotischen Übersetzung dieser Wendung als nA Hb.w n pAy=w ss.w „Die Feste zu ihren Daten“). 298 Das Verständnis des Schlusses ist schwierig. Eigentlich müßte es weiter um Isis gehen, da auch zuvor nur von ihr die Rede ist und auch das „Aufgehen“, „Leuchten“ etc. zu Beginn sich auf sie bezieht. Eine Emendierung zum Femininum, wie bei JUNKER/WINTER, Philä II, S. 79, vorgeschlagen, ist dennoch nur mit Vorsicht vorzunehmen, da am Ende die maskuline Form so konsequent verwendet ist. Wird damit einfach nur der Zeitpunkt des Sonnenuntergangs mythisch-poetisch umschrieben, so wie vorher der Sonnenaufgang? Wahrscheinlich ist wieder der Allherr respektive Re vom Anfang des
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kommentar: Wie zuvor wird Isis als lebenspendende Lichtgöttin bei ihrem Aufgang als Himmelsgestirn in Szene gesetzt. Durch die Bezeichnung als „Goldene“ wird sie entsprechend der Benennung als „Elektron“ in der Hymne des ersten Türdurchgangs (Philä II, 136–137) mit Hathor identifiziert. Auch dieser Text ist keineswegs spezifisch auf die zentrale Theologie des Geburtshauses ausgerichtet, sondern vielmehr auf die des Abatons, zu welchem sich Isis(Hathor) von Philae jährlich an dem angegebenen Datum des 12. Epiphi in feierlicher Prozession begibt, um den Ba des verstorbenen Osiris mit Opfern zu versorgen.299 Die hier erwähnte „schöne Fahrt“ an diesem Festtag läßt sich vielleicht auch mit der Darstellung einer Barkenprozession der Hathor von Bigge an der Nordfassade des 1. Pylons, direkt vor der Front des Mammisi, in Verbindung bringen.300 Damit werden, verteilt auf die beiden Seiten des Eingangs zum neuen Sanktuar des Mammisi, wiederum die zwei Basisfunktionen der Isis hervorgehoben, die sich durch den ganzen Tempel von Philae ziehen und ebenso komplementär bereits in den zentralen Philae-Hymnen 1 und 2 an der Rückwand des Hauptsanktuars thematisiert wurden: Mutterschaft und Aufziehen des Horus einerseits, Sorge für den verstorbenen Osiris andererseits. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen Inhalt
Philä II, 6–7 Philae, Mammisi, Sanktuar, Obere Randinschrift, Östlicher Teil301 GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 72–79; DAUMAS, Mammisis, S. 323–326 teilweise, nicht ganz wörtliche Parallelen: Hymne Nektanebes; Musawwarat Es Sufra, Nr. 26; Philä II, 136–137 Der Anfang des Textes (N-Wand) bezieht sich auf Horus, ab der O-Wand beginnt eine Epithetareihe der Isis-Hathor
Text: – Isis-Hathor: bjk.t wr.t Sps.t m Ax.t (Oh) Falkengöttin, die Große, die Edle im Horizont,
Textes gemeint. Auch die plötzliche Erwähnung des Abatons und von Isis’ festlicher Prozession dorthin (vgl. JUNKER, Götterdekret) scheint mir im Gesamtkontext schwer unterzubringen. Handelt es sich um einen Nebensatz zum Vorigen oder einen neuen Gedanken? Eine ähnliche Rahmung (allerdings mit Re – Tag und Mond – Nacht) erfährt das Thema von Isis’ festlicher Überfahrt zum Abaton immerhin in dem Hymnus am nördlichen Tor der Ostwand des Mammisi: „Solange Re aufgeht am Tage und der Mond erglänzt in der Nacht, wird die Kühlende/Libierende (qbH.t) für ihren Bruder libieren und seinem Ba jeden Tag opfern…“, Philä II, 242–243 (siehe dazu auch unten, Kap. 4.1.2, Anm. 511). 299 Vgl. JUNKER, Götterdekret, S. 28, mit Kommentar zu Z. 11: In der Friesinschrift der östlichen Außenwand des Mammisis (Philä II, 254–255) heißt es, daß man just zu diesem Datum auch Hathor Opfer, Tanz, Musik und Jubel im Geburtshaus entgegenbrachte. 300 Philä I, 58–59, Abb. 29. Vgl. DAUMAS, Mammisis, S. 328–329. 301 Vgl. das Gegenstück dazu, Philä II, 8–9; s. u.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Hrj.t-tp m aH.t StA(?) nb{.w} nTr/aXm.w (?) Uräusdiadem im geheimen (?) Palast, Herrin der Götter/Götterbilder (?),302 Hnw.t pr-nsr Dsr.t s.t=s xnt pr-nw Gebieterin des Hauses der Flamme, mit erhabenem Sitz an der Spitze des Per-nu, sA.t Ra Hrj.t-tp m HA.t=f Tochter des Re, Uräusdiadem an seiner Stirn, 303 irj=f ix.t nb(.t) xft wD.t=s gemäß deren Befehl er alle Dinge tut, irj(.t) n=s(?) nTr.w Xkr.w für die (?) die Götter Schmuck machen, irj(.t) n=s sxm.w sSS.wt und für die die sxm-Sistren und die sSS.t-Sistren gespielt werden.304 nbw.t Ax(.t) ib(?)305 THn.t(?) (Oh) Goldene, die mit wirksamem Herzen (= die Kluge), Glänzende(?), @w.t-@r wr.t nb.t %nm.t Hathor, die Große, die Herrin von Senmet, Hnw.t nb(.t) Iw-rq Sps.t wsr.t Gebieterin, Herrin von Philae, Edle, Mächtige, Hnw.t nTr.w aA(.t) mrw.t xnt nTr.wt Gebieterin der Götter, groß an Beliebtheit an der Spitze der Göttinnen. nTr.t twj prj SAy Xr wD.t=s Rr.t/Rnn.t mnx(.t) sH Jene Göttin, unter deren Befehl das Schicksal herauskommt, Renenet mit trefflichem Rat, wr.t-HkA.w Hrj-ib aH(.t) wr.t Zauberreiche inmitten des großen Palastes,
302 Die Stelle ist unklar und wird von jedem Bearbeiter anders gedeutet; JUNKER/WINTER, Philä II, S. 7: „Diadem im geheimen (?) Palaste …“ (der Rest bleibt unübersetzt); DAUMAS, Mammisis, S. 324: „diadème dans le palais de tous les corps divins vénérables“. Die Übersetzung von GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 72, als „die Höchste im Tempel, die das Götterbild schützt“ kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Zu aH(.t) StA „der geheime Palast“ vgl. die Parallele der Hymne Nektanebes in Philä II, 136–137, wo Isis-Uto als „Herrin der Erscheinungen im geheimen Palast“ bezeichnet wird. Der folgende Text weist inhaltlich ebenfalls starke Ähnlichkeit zur Hymne Nektanebes mit Parallelen auf. Vielleicht ist der Geier auch mw.t zu lesen und die folgenden Zeichen umzustellen: mw.t nTr.w nb.w „Mutter aller Götter“, siehe dazu LGG III, 268a–b. Im Hinblick auf das Folgende (Hnw.t prnsr…) könnte auch Verschreibung für pr-wr sein. 303 Vgl. zu diesem Abschnitt Hymne Nektanebes und Parallelen: Dsr s.t m wjA n HH Hnw.t pr-wr pr-ns(r).t Hrj(.t)-tp n Ra. 304 Die drei aufeinanderfolgenden Ausdrücke mit dem Verb irj, das noch dazu im hieroglyphischen Schriftbild jeweils als oberstes Zeichen eines Schriftquadrates, mit etwa gleichem Abstand dazwischen, erscheint, sind auffällig. Die zweite Aussage wurde von JUNKER/WINTER, Philä II, S. 7, aktiv verstanden: irj(.t) wTs nTr.w Xkr.w „Die macht, daß die Götter die Kronen (= den Schmuck) tragen.“ Im Verbund mit den beiden umgebenden Phrasen ist es jedoch wahrscheinlicher, daß Isis nicht selbst Agens ist, weshalb ich nach einem mündlichen Vorschlag von J. F. QUACK als spielerische Variante zu ns.t auffassen und als n=s lesen möchte. 305 Vgl. GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 72. Von JUNKER/WINTER, Philä II, S. 7, nicht gelesen. Das Epitheton ist für Isis und Hathor mehrfach belegt, siehe LGG I, 29b–c.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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xsf(.t) aApp m sAx.w tp-rA=s die Apophis mit ihren Zaubersprüchen abwehrt, wr(.t) (?)306 Hsw.t m/n Sms(?)307 pr=s aSA(.t) mrw.t tx.t groß an Gunst für das Gefolge(?) ihres Hauses, reich an Liebe und Trunkenheit; anx nTr.w nb.w [m s]nTr Hr sD.t während alle (anderen) Götter vom Weihrauch auf der Flamme leben, anx nbw.t m tx.t lebt die Goldene vom Rauschtrank, rA.w-pr.w nb.w xtm swx während alle (anderen) Tempel nachts geschlossen sind, pr n Hnw.t wn Xr Hs.t ist der Tempel der Gebieterin offen und voll Musik. Kommentar: Wie bei den bereits besprochenen Texten der Türlaibungen scheint entgegen der Deutung GOEDICKEs308 auch der Isis-Hathor gewidmete Teil der oberen Randinschrift des Sanktuars keinen direkten Hinweis auf die Feier der göttlichen Geburt zu enthalten. Die einzige Verbindung zum Thema des Geburtshauses wird durch die Einleitung hergestellt, die Horus mit Königstiteln und seiner Filiation benennt.309 Die Mehrheit der Epitheta und Textpassagen richten sich jedoch an Isis-Hathor, wobei Isis selbst überhaupt nicht namentlich genannt wird, sondern höchstens implizit angenommen werden kann, da es sich um ihr Heiligtum handelt, das Mammisi in direkter Verbindung zu ihr steht, und der erste Teil, der sie als Uräusschlange und Tochter des Re darstellt, inhaltlich eine nahe Variante zum Kernteil der Hymne Nektanebes zu sein scheint. Auch die bereits in mehreren Philae-Texten angesprochene Thematik der Zauberreichen, die Apophis abwehrt, gehört in diesen Zusammenhang. Zudem wird sie hier als Bestimmerin des Schicksals gekennzeichnet und in dieser Funktion mit Renen(ut)et gleichgesetzt. Der Großteil der zweiten Hälfte stellt typische Charakterzüge der Hathor (von Senmet) als Göttin von Liebe, Rausch und Musik in den Vordergrund.310 Hierdurch wird zwar eine allgemeine Feststimmung evoziert, jedoch keine spezifische Anspielung auf das Geburtsfest gegeben. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
306 307 308 309 310
Philä II, 8–9 Philae, Mammisi, Sanktuar, Obere Randinschrift, Westlicher Teil BARUCQ/DAUMAS, Hymnes et prières, S. 455–458, Nr. 139; DAUMAS, Mammisis, S. 321–323 u. 325–327; GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 64–72; BERGMAN, Ich bin Isis, S. 169–170
Hinter wr stehen zwei kleine rechteckige Zeichen, deren Sinn unklar ist, vgl. Philae-Photo 968. Die Identifizierung des Zeichens ist unsicher, vgl. Philae-Photo 968. Ob wirklich ? GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 72–79. Siehe die Übersetzung bei JUNKER/WINTER, Philä II, S. 7. Vgl. dazu z. B. VON LIEVEN, Wein, Weib und Gesang.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: Ra m Hb +Hwtj311 Haj m rSw.t Re ist im Fest, Thoth jubelt in Freude, nDm ib=Tn nTr.w nTr.wt mögen eure Herzen froh sein, Götter und Göttinnen, msj As.t @r=s m nswt Hr s.t it=f denn Isis hat ihren Horus geboren als König auf dem Thron seines Vaters. HqA=f pD.t psD.t ns.t n312 Gbb Xr [wD.t/s.t-rA (?)]=f Er beherrscht die Neunbogenvölker, der Thron des Geb ist unter seinem [Befehl(?)], iAw.t n Itm dj(?) m a {m}(?)313 das Amt des Atum ist in seine Hand gegeben, pH.tj n MnTw m xfa=f die Kraft des Month ist in seinem Griff. bjk.t Ax.tj.t xpr.t m HA.t Die Falkengöttin, die Horizontische, die am Anfang entstanden ist, mH(.t) p.t tA m nfr.w=s die Himmel und Erde mit ihrer Schönheit erfüllt, Hrj.t-tp psD m nbw dgngns314 Hrj-ib aXnwtj Stirnschlange dessen, Der in Gold erglänzt, Uräusschlange inmitten der Residenz,315 itj.t n nTr.w p.t HqA.t n nTr.w tA Fürstin der Götter des Himmels, Herrscherin der Götter der Erde, Dr.tj.t316 is n nTr.w dwA.t Falkenweibchen außerdem der Götter der Unterwelt,317 nswj.t iTj iAw.t m sxr.w=s Königin, durch deren Pläne/deren Beschluß das (Königs-)Amt ergriffen wird,318 311 BARUCQ/DAUMAS, Hymnes et prières, S. 456, und DAUMAS, Mammisis, S. 321, lesen ib „Herz“. Möglich wäre ib=f m rSw.t statt +Hwtj Haj m rSw.t. 312 In der Transliteration von JUNKER/WINTER, Philä II, S. 9, ausgelassen. 313 Vgl. JUNKER/WINTER, Philä II, S. 9. BARUCQ/DAUMAS, Hymnes et prières, S. 456, und DAUMAS, Mammisis, S. 322, lesen die anscheinend korrupte Stelle iAw.t n Itm m Amm „das Amt des Atum ist in seiner Faust“, was ebenfalls möglich ist. 314 Geschrieben d[t/w]tnks. 315 Gemeint sein kann ein Teil des Königspalastes oder der Tempel. 316 Oder Dr.t „Klagefrau“. 317 Man bemerke die auffällige Zeichenauswahl für dieses Triplet, wodurch den Aussagen noch mehr Tiefe verliehen wird: die nTr.w des Himmels sind mit 3 Sternen geschrieben, die Götter der Erde mit einem (auf der Erde) hockenden Vogel, und die Götter der Unterwelt mit dem liegenden Schakal, der das Verborgene, Geheimnisvolle hervorhebt. Die Schreibung der dwA.t durch eine Schlange, welche eine Mumie umringelt, könnte zudem direkt auf das Abaton in Bigge bezogen sein, vgl. die Darstellung im Hadrianstor, JUNKER, Götterdekret, S. 37, Abb. 8. Vgl. zur bewußten Zeichenauswahl auch E. WINTER, Beobachtungen zur „Grammaire du Temple“, in: W. Helck (Hrsg.), Tempel und Kult, ÄgAb 46, Wiesbaden 1987, S. 61–76; zur Stelle S. 69. 318 Vgl. zur passivischen Übersetzung BERGMAN, Ich bin Isis, S. 169. JUNKER/WINTER, Philä II, S. 9, und DAUMAS, Mammisis, bzw. BARUCQ/DAUMAS, Hymnes, S. 457, beziehen iTj auf Isis selbst („die das Amt ergriffen hat…“). Aufgrund des parallelen folgenden Satzes, in denen Isis als Königsmacherin bezeichnet wird, halte ich BERGMANs Übersetzung hier für treffender.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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xaj nb Xr s.t-rA=s auf deren Ausspruch hin der Herr erscheint, stp Ab ib=s r aHa Hr ns.t die den auserwählt, den ihr Herz wünscht, auf den Thron zu steigen, n hb r aH m xm=s und ohne deren Zustimmung (Kenntnis) niemand den Palast betritt (als König), njs=tw nH319=tw mAA[=s] imAx.t n(.j.t) tA Dr=f die man ruft und zu sehen wünscht, die Geehrte des ganzen Landes, grg(.t) gs.w-pr.w Xr sxm n sn=s die die Tempel gegründet hat mit dem Abbild ihres Bruders.320 dm.tw rn=f m HA.t=sn Man nennt seinen Namen an ihrer Spitze, irj.n=f (?) xtmn Hr mw=s er hat die Welt auf ihr Wasser gebracht (= ihr ergeben gemacht),321 ij n=f tA Hr ndb=f322 und die ganze Welt kommt zu ihm. wsr.t Hnw.t tA(?) Hnw.t tA(?)-stj323 Die Mächtige, die Gebieterin der Erde(?), die Gebieterin von Nubien, nsw(j.)t bjtj(.t) As.t wr.t mw.t-nTr dj(.t) [anx]324 Königin von Ober- und Unterägypten, Isis, die Große, die Gottesmutter, die Lebensspenderin, nb(.t) Iw-rq HqA.t m %nm.t wr.t wsr.t Herrin von Philae, Herrscherin in Senmet, Große, Mächtige, Hnw.t nTr.w Tnj rn xnt nTr.wt Gebieterin der Götter, mit erhabenem Namen an der Spitze der Göttinnen,325 xtm tA(?)326 r Aw[=f] Hr rn=s auf deren Namen die ganze Erde gesiegelt ist (?),
319 Die Negationsarme hinter nH dürften eine Verschreibung aus dem Zahn sein, vgl. JUNKER/WINTER, Philä II, S. 9, Anm. 2. 320 BARUCQ/DAUMAS, Hymnes, S. 457, übersetzen grammatikalisch unkorrekt: „Sie ist es, die die Tempel gründet durch die Macht ihres Bruders.“ 321 So nach BARUCQ/DAUMAS, Hymnes, S. 457. JUNKER/WINTER, Philä II, emendieren den Text und lesen „die Welt ist ihm ergeben“ (irj n=f xtmn Hr mw{=s}), was von der Konstruktion her unwahrscheinlich ist. Der Text ist an dieser Stelle etwas unklar. 322 GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 64, übersetzt: „…damit die ganze Welt zu ihm komme, dass er höre.“ Abgesehen davon, daß GOEDICKE so das ndb doppelt übersetzt („ganze“ und „höre“), wäre für den finalen Sinn die Präposition r verwendet worden, und nicht Hr. tA Hr ndb=f hingegen ist ein geläufiger Ausdruck, siehe Wb II, 368, 3. 323 Zur Lesung vgl. BARUCQ/DAUMAS, Hymnes, S. 458, o). Die Zeichen sind undeutlich und der Text tw. zerstört. 324 Da hier die für Isis auf Philae üblichen, nahen Epitheta aneinandergereiht werden, kann eigentlich nur dj.t anx stehen, wie in Philä II, 8–9, ergänzt. Laut BARUCQ/DAUMAS, Hymnes, S. 458, Anm. p), ist in den Hieroglyphen dj.t HqA zu lesen, was nur eine Verlesung aufgrund der leichten Zerstörung des Zeichens sein kann. 325 Vgl. zu diesem Epitheton auch die Texte Philae/Kalabscha (s. o.). 326 Lesung dieser Gruppe sehr unsicher. Auch der folgende Text ist stark beschädigt.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
dwA.tw kA=s m b[… …] n p.t deren Ka gepriesen wird in […]327 des Himmels, &Ra.t\ […] HqA.t anx Sonnengöttin, […], Herrscherin des Lebens/der Lebenden (?),328 i[… …] rr(.t) sA=s r/irj(?) n […] m […] […], die ihren Sohn aufzieht329 … […] Kommentar: Der teilweise zerstörte Text mit oft problematisch geformten Hieroglyphen ist stellenweise schwer lesbar. Im Gegensatz zu den übrigen längeren Hymnen und Epithetareihen der Isis im Mammisi wird diese westliche Hälfte der oberen Randinschrift des Sanktuars (die das Gegenstück zum vorigen Text, Philä II, 6–7, bildet) durch eine eindeutige Lobpreisung der Geburt und der daraus resultierenden königlichen Legitimation des Horus eingeleitet, die einen einfachen thematischen Übergang in die Eulogie auf Isis ermöglichen, die – komplementär zur Ostseite – den Hauptteil auch dieser Hälfte der Randinschrift bildet. Gepriesen wird Isis nicht nur deswegen, weil sie Horus geboren hat, sondern vielmehr noch, weil sie als Überträgerin des königlichen Erbes als Königsmacherin fungiert. Horus besteigt unter Isis’ Leitung als Pharao par excellence den Königsthron und stellt so die Verbindung zwischen Isis und jedem anderen Pharao als seiner Verkörperung her. Ihre Oberhoheit über das Königtum spiegelt sich sowohl in ihrer in der Inschrift genannten Verkörperung als Uräusschlange wider als auch in den gehäuften Phrasen, die betonen, daß sie diejenige ist, die bestimmt, wer als Herrscher den Thron besteigen darf.330 Im Zusammenhang mit dem Geburtsmythos im Mammisi beziehen sich all die Aussagen über Isis und das Königsamt, auf die sich besonders BERGMAN in seinem Kommentar zu diesem Text konzentriert, eigentlich zunächst auf Horus, um den es im Mammisi ja vor allem geht. Der Bezug zum herrschenden Pharao und seiner Legitimation durch Isis über Horus wird somit nur indirekt angedeutet. Einen Schritt weiter führt aber der Schlußteil, wo Isis mit verschiedenen Herrschertiteln selbst als Königin der ganzen Welt präsentiert wird. Als Königin und Überträgerin des Amtes an Horus erscheint sie in Philae auch in einer Szene an der inneren Schmalseite des westlichen Turms des 2. Pylons (d. h. über dem zentralen Tor des Pylons):331 Isis, deren Titel sie als Königstochter, Königsgemahlin und Königsmutter sowie als Königin der vier Himmelsrichtungen auszeichnen, wird von Thoth und Geb verehrt und beschützt. Neben Horus und Isis richtet sich der Fokus in einem kurzen, zwischen den beiden längeren, auf Isis bezogenen Teilen eingeschobenen Abschnitt schließlich auch auf Osiris, wodurch die Familientriade komplettiert wird. Falls es sich bei der Phrase „er hat die Welt
327 Vgl. Philä II, 241, 12: „Deren Ka in Städten und Gauen angebetet wird.“ Vielleicht hier zu ergänzen: m bw nb n p.t „an jedem Ort des Himmels“, vgl. GOEDICKE, Darstellung des Horus, S. 64. 328 Vgl. Dend. Mam., 122, 10: HqA.t anx.w „Die Herrscherin der Sterne“. „Herrscher der Lebenden“ sonst häufig von männlichen Göttern, siehe LGG V, 501. 329 Für verschiedene so beginnende Epitheta siehe LGG IV, 700c–701b. 330 Siehe zu dieser zentralen Thematik des Textes auch BERGMAN, Ich bin Isis, S. 170–171. 331 Philae-Photo 285. Siehe zu dieser Szene SH. BEDIER, Die Rolle des Gottes Geb in den ägyptischen Tempelinschriften der griechisch-römischen Zeit, HÄB 41, Hildesheim 1995, S. 143–144, Nr. 50; MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 155 und 255–256.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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ihr ergeben gemacht“ nicht um eine fehlerhafte Stelle handelt, nimmt er dabei sogar ausnahmsweise eine aktive Rolle ein und verhilft damit Isis selbst zu ihrem Ruhm. Texte am 2. Pylon unter Ptolemaios VIII. Text/Hauptpublikation Philae-Photo 1297 Anbringungsort Philae, 2. Pylon, Innenseite, linke Türlaibung d. Durchgangs Bibliographie J. DÜMICHEN, Altägyptische Kalenderinschriften, Leipzig 1866, Taf. 48, e, 2); MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 168–169 (nur Kol. 1); QUACK, Dekane, S. 315–316 Parallelen a) Philä I, 262, 4–6 b) Assuan-Hymne 6; El-Qal‘a II, Nr. 238 Inhalt 1 Kolumne für Ptolemaios VIII. Euergetes, 2 ½ Kolumnen für Isis Text: – Isis: Kol. 1: nswy.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr332) Die Königin von Ober- und Unterägypten [(Isis, die Große, die Gottesmutter), nb(.t) Iw-rq Hnw.t nb(.t) wab.t die Herrin von Philae, die Gebieterin, die Herrin des Abatons, Sps.t wsr.t prj(.t) m Gbb die Edle und Mächtige, hervorgekommen aus Geb, HqA.t msj.n Nw.t die Herrscherin, die Nut geboren hat, mnx.t n sn=s Wsjr mw.t-nTr n @r die Vortreffliche für ihren Bruder Osiris, die Gottesmutter des Horus, kA nxt aXm Dsr n it(=f) des starken Stiers,333 des erhabenen Falken-Götterbildes seines Vaters, nb.t 12 Hnw.t 36334 Smsw Hm.t=s 335 730 die Herrin der 12, die Gebieterin der 36, das Gefolge ihrer Majestät ist 730 (?),336 332 Der letzte Titel wurde ausgelassen bzw. falsch wiedergegeben von MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 168. Zu Götternamen in Kartuschen siehe C. SPIESER, Les cartouches divins, in: ZÄS 129, 2002, S. 85–95; speziell zu Isis BERGMAN, Ich bin Isis, S. 156, Anm. 5; S. 159–160. 333 Die Beschreibung von Isis’ familiären Beziehungen entspricht weitestgehend dem Text Philä I, 262, 4–6, siehe dort (hier nicht eigens aufgenommen). 334 Die Parallele Assuan-Hymne 6 hat Hnw.t 16. 335 Ergänzung nach der Parallele Assuan-Hymne 6. 336 Die Lesung und Übersetzung der Stelle ist umstritten (vgl. auch den Kommentar zur Parallele Assuan-Hymne 6 (Kap. 4.2.1.A), auf die sich die bisherigen Bearbeitungen der Passage eigentlich beziehen): Die obige Lesung folgt VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23, Anm. 77; und QUACK, Dekane, S. 315–316, obwohl eigentlich sowohl in Philae als auch in der Parallele in Assuan die Zeichenabfolge Hms.t und nicht Hm.t=s vorliegt. Dabei handelt es sich tatsächlich aber sogar um eine geläufige Schreibung, aufgenommen als Hm.t=s auch in LGG V, 146; vgl. außerdem KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 49, m. Anm. 100 (ich danke S. TÖPFER herzlich für den Hinweis).
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nb(.t) rnp.wt Hnw.t Abd.w hrw.w wnw.[w]t die Herrin der Jahre, die Gebieterin der Monate, Tage und Stunden,337 Kol. 2: wr.t-HqA.w xnt(?)338 Ax.t die Zauberreiche an der Spitze des Horizontes, xsf(.t) aApp m sAx.w tp-rA=s die Apophis mit ihren Zaubersprüchen abwehrt, wsr.t m WAs.t aA.t m Iwnw{.t}339 die Mächtige in Theben,340 die Große in Heliopolis, nb(.t) wAD.tj m anx-tA.wj die Herrin der beiden Uräen in Anchtaui,341 MAa.t m (%)¢m nb(.t) xnw xnt $n-Ssp.t(?)342 Maat in Letopolis, die Herrin des Musizierens an der Spitze von Chen-Schespet(?),
337 338 339 340 341 342
LGG VII, 86b, führt die Stelle unter Hinzunahme der Parallele unter Sms.t Hm.t=s m 730 „die ihre Majestät in 730 (Formen = einer doppelten Chronokratorenreihe) begleitet“ auf. Dabei ergibt sich m. E. jedoch die Frage, wer bei dieser Lesung überhaupt mit „ihrer Majestät“ gemeint sein soll, da sich das Partizip in dieser Übersetzung ja bereits auf Isis bezieht. Der Interpretation von MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 168, Anm. 236, die Hm als masculine Form ansieht und auf Osiris bezieht (d. h. Isis ist diejenige, die Osiris folgt „pendant les 730“ (?)), kann ich nicht folgen. Umgekehrt übersetzt YOYOTTE, Monumentale litanie, S. 63, „die, der ihre Majestät folgt, mit (der Anzahl von) 730“, womit sich wieder das Problem des Bezugs von „ihre Majestät“ stellt. GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 3 und passim, nennt die Chronokratoren selbst (als Manifestationen von Hathor-Sachmet) Hemetes, ohne dies weiter zu erläutern. BRESCIANI, Assuan, S. 105, und KUCHAREK, Klagelieder, S. 136, übernehmen die ursprüngliche Zeichenfolge und nehmen damit an, daß die Hemuset (obwohl eigentlich Singular steht) gemeint sind: Sms Hms.wt m 730 „der die Hemuset an den 730 (Tagen und Nächten des Jahres) folgt/folgen“. Auch diese Möglichkeit ist nicht auszuschließen, wenngleich die Schreibung hierfür eher unüblich ist. Die Hemuset, die weiblichen Gegenstücke der Kas, erreichen wie die Kas des Re ebenfalls eine Anzahl von 14 und sind eng mit der (hier nicht erwähnten!) Göttin Neith verbunden, mit deren Zeichen ihr Name auch üblicherweise determiniert wird, siehe dazu EL-SAYED, Neith, S. 145–150; WILSON, Ptol. Lex., S. 649. Die Übersetzungen und daraus resultierenden Deutungen von CLAGETT, Calendars, S. 331, und ROSE, Sothic Date, S. 14, sind aufgrund der Auslassung mehrerer Zeichen (!) („Herrin der 14 (Jahrhunderte?) und Gebieterin der 16(?), die ihrem Wohnsitz (‚dwelling place‘) gefolgt ist für 730 Jahre, 3 Monate, 3 Tage und 3 Stunden.“) zu vernachlässigen, vgl. zur Kritik auch VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23, Anm. 77. Ab nb.t 12 Parallelstelle zu Assuan-Hymne 6. Der Schluß lautet dort etwas abweichend „unter deren Vollkommenheit die Tage und Stunden sind“. Zeichen nicht sicher erkennbar. Trotz des geschriebenen t dürfte hier nicht Dendara, sondern Heliopolis gemeint sein, vgl. andere topographische Aufzählungen, bei denen die drei religiösen Hauptstädte des Landes oft zu Anfang genannt sind. Siehe dazu NAGEL, One for All. Beginn einer kulttopographischen Litanei. Gebiet im Westen von Memphis oder Memphis selbst, vgl. GDG I, S. 149. Das Toponym ist mir nicht bekannt.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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aA.t wr.t nb(.t) Rmn[-p].t343 die sehr Große, die Herrin von Herakleopolis Magna, Hm.t nswt wr.t die Große Königliche Gemahlin, Xnm(.t) n Ra m ©dw Hr sn=s Wsjr die sich mit Re vereint in Busiris wegen ihres Bruders Osiris, mw.t-nTr m NTr.wj mn[x.t] nb.t AbDw r&p(?)\.w die Gottesmutter in Koptos, die Vortreffliche, die Herrin von Abydos, ? Kol. 3: [???]344 xwj=T sA Ra [(Ptlwmys anx Dt mry PtH) [?] mögest du den Sohn des Re [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Ptah) (= Ptolemaios VIII.) beschützen. Kommentar: Der Text zeigt eine interessante Mischung aus mehreren verschiedenen Elementen: Zu Beginn wird das in der ebenfalls unter Ptolemaios VIII. angebrachten westlichen Friesinschrift des Mammisi-Sanktuars (s. o.) formulierte Konzept der königlichen Macht der Isis konsequent weiter gedacht, indem der Eigenname und die wichtigsten Titel der Göttin in eine Kartusche gefaßt werden.345 Sie wird hier also als regierende Königin eigenen Rechts dargestellt, was sich auch in der folgenden Darstellung ihrer Familienverhältnisse zeigt, welche ihre Titulatur fortsetzt und eine relativ wortgetreue Parallele in einer großen Opferszene des Ptolemaios VI. auf dem 1. Pylon (Philä I, 262, 4–6) besitzt. Man vergleiche zu dieser familiären Herrscherlegitimation z. B. den Beginn der östlichen Friesinschrift des Mammisi, wo Horus als Sohn und Erbe von Isis und Osiris tituliert wird.346 Der nächste Abschnitt mit Parallelen in der zeitlich früheren Assuan-Hymne 6 und in geringerem Maße in El-Qal’a II, Nr. 238 präsentiert Isis als Herrin der Zeitrechnung bzw. des Kalenders, was in erster Linie aus ihrem Sothis-Aspekt resultiert, der in Assuan besser in den Gesamtkontext eingebunden ist. Sie wird als Herrin von Jahren, Monaten, Tagen und Stunden bezeichnet347 und außerdem mit verschiedenen Zahlen in Verbindung gebracht, um deren Lesung und Deutung sich eine besonders intensive Diskussion mit teilweise
343 Das Stadtdeterminativ ist erhalten. Zu diesem seltenen Namen von Herakleopolis Magna siehe GDG III, S. 136. Isis ist auch einmal in Edfu als xntj.t Rmn-p.t belegt, siehe LGG V, 913c. Weitere, wohl weniger wahrscheinliche Möglichkeiten wären nb.t Rmn-HqA.t, ein unbekannter Ort, der in dieser Verbindung einmal ptolemäisch für Selket belegt ist, siehe LGG IV, 88a, oder nb.t Rmn-s.wt, ein ebenfalls nicht lokalisierter Ortsname in Unterägypten, siehe GDG III, S. 136. 344 Da es sich um die Türlaibung des Pylons handelt, verläuft die Wandkante schräg, d. h. die äußere Kolumne verjüngt sich nach oben hin, weswegen nur im unteren Teil Text angebracht ist. Allerdings kann ich nicht sagen, ob der sichtbare Beginn des Textes tatsächlich der Beginn dieser Kolumne ist oder ob darüber noch Text zerstört worden ist. Eigentlich sieht die Wand oberhalb der ersten Zeichen relativ glatt aus. 345 Vgl. Isiskartuschen z. B. in den Texten Assuan-Hymne 3 und Kalabchah I, 15–16. Siehe dazu auch BERGMAN, Ich bin Isis, S. 156–159, mit Anm. 5. 346 Philä II, 7, 1–3. 347 Vgl. dazu z. B. auch ZANDEE, Amunhymnus, S. 234 (Kol. 3, 10–11), wo es vom Schöpfergott Amun heißt: „Der die Tage schafft, der die Stunden entstehen läßt, so daß sie gezählt sind gemäß seinem Gang, der die Jahre einteilt (wpj -> oder: eröffnet); die [Monate] sind vollendet, wenn er [die Barke] am Himmel dahinfahren läßt“.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
ausufernden Theorien entzündet hat. 348 An dieser Stelle ist zu bemerken, daß die Zahlenangaben zu Beginn nicht mit dem entsprechenden Text in Assuan übereinzustimmen scheinen: bei der ersten Zahl wurde in Assuan gewöhnlich ‚14‘ gelesen,349 obwohl anhand eines neuen Photos eindeutig 12 zu lesen ist, was der Stelle in Philae entspricht (s. u., Kap. 4.2.1.A). Bei der zweiten Angabe läßt sich der Unterschied höchstens mit einer Verschreibung erklären, denn in Philae steht ‚36‘, in Assuan ‚16‘; danach stimmen die Texte wieder mit 730 als Anzahl des Gefolges „ihrer Majestät“ überein. Da diese kryptischen Angaben in der Literatur vielfältig diskutiert wurden, lohnt es sich, hier noch einmal näher darauf einzugehen. Die auf die Zahlenangaben folgenden Epitheta der Isis als Herrin der Jahre, Monate usw. verdeutlichen, daß es sich um bestimmte Zeiteinheiten oder Kalenderdaten handeln muß, die sicherlich mit Isis’ astronomischen Assoziationen in ihrer Identifikation mit Sothis zusammenhängen. Die Deutung der Zahlenangaben in Assuan ist noch immer nicht ganz zufriedenstellend geklärt worden (siehe den Kommentar zur dortigen Hymne), wohingegen sich für die Zahlen im vorliegenden Text viel leichter eine Erklärung finden läßt: 1. Die 12 könnte für die 12 Mondmonate des Jahres stehen, die 36 entsprechend für 36 Dekaden (10-Tage-Wochen), die jeweils ein Jahr von 360 Tagen ergeben (exklusive der Epagomenen). 2. In Entsprechung dazu stehen die 12-Teilung des Himmels, durch die sich 12 Nachtstunden ergeben, und die 36 Dekane, die ja unter der Führung von Isis-Sothis stehen.350 3. Mit dem Gefolge von 730 sind wohl Chronokratoren gemeint, die zur Gefährlichen Göttin gehören und normalerweise den (inklusive der gefährlichen Epagomenen) 365 Jahrestagen zugeordnet werden.351 Die (im Verhältnis zu den Jahrestagen) verdoppelte Anzahl ist darauf zurückzuführen, daß es für jeden Tag zwei verschiedene Schutzgöttinnen gibt, eine „Göttin“ und eine „Hathor in ihrem Tag“.352 In diesem Zusammenhang wer-
348 Siehe ROSE, Sothic Date; CLAGETT, Calendars, S. 331–333. Zu diesen astronomischen Deutungen mit ihren diversen Lesefehlern, vgl. die Kritik von VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23–24, Anm. 77. Weitere Bemerkungen bei YOYOTTE, Monumentale litanie, bes. S. 63–64; OSING/ROSATI, Papiri geroglifici, S. 143–144 m. Anm. 74; QUACK, Sonne und Mond, S. 34 u. 48; GOYON, Seize et quatorze. Vgl. auch oben die Anm. zum Text. 349 Vgl. den dortigen Kommentar. 350 Nach QUACK, Dekane, S. 316, dürfte demnach die Sethos IB-Familie gemeint sein. Für die Zahl 12 schlägt er einen Verweis auf die 12 Pseudodekane vor, was ebenfalls möglich ist. 351 Vgl. VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23–24, Anm. 77; YOYOTTE, Monumentale litanie, S. 56–64, zur Stelle S. 63. Vgl. ferner F. LABRIQUE, L’escorte de la lune sur la porte d’Évergète à Karnak, in: RdÉ 49, 1998, S. 107–134: 121–125 m. Anm. 86; C. LEITZ, Studien zur ägyptischen Astronomie, ÄgAb 49, Wiesbaden 1989, S. 18–19. Zu einer anderen, aber verwandten Gruppe von 18 löwenköpfigen Gottheiten, die in ähnlicher Weise als nTr.w Sms.w Hm.t=s bezeichnet werden, siehe C. LEITZ, Die Götter, die ihre Majestät begleiten, in: D. Kessler et al. (Hrsg.), Texte – Theben – Tonfragmente, Fs G. Burkard, ÄAT 76, Wiesbaden 2009, S. 289–311, der die genannte „Majestät“ ebenfalls mit der „Fernen/Gefährlichen Göttin“ in Verbindung bringt (S. 303). Die 18 Gottheiten werden auch in den Texten mit Chronokratoren und entsprechenden Kalenderdaten an den letzten Tagen des Jahres verknüpft, hängen also wie mehrere der Assuan-Hymnen (siehe Kap. 4.2) mit den Ritualen zum Neujahrsfest zusammen (S. 306). 352 Siehe QUACK, Kultkalender; des weiteren ist ein ausführlicherer Kommentar dazu in Vorbereitung durch denselben im Rahmen einer Neubearbeitung von pBrooklyn 47.218.118.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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den auch 365 oder 730 Erscheinungsformen der Göttin mit verschiedenen Namen angerufen.353 Der letzte Teil enthält schließlich eine topographische Verteilung diverser Namen und Eigenschaften von Isis auf einzelne Kultorte. Dadurch werden verschiedene Formen der Göttin mit diesen Orten in Beziehung gesetzt, ähnlich wie in Philae-Hymne 7, dem Text Philae/Kalabscha und Assuan-Hymne 5, sowie in ausführlicher Weise in den kulttopographischen Litaneien in Dendara.354 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Inhalt
Philae-Photo 1298355 Philae, 2. Pylon, Innenseite, rechte Türlaibung d. Durchgangs356 (ggü. Philae-Photo 1297) MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 164–167; kurzes Zitat bei MANASSA, Mistress of the Field, S. 58; VALBELLE, Satis et Anoukis, S. 58–59, Nr. 407, S); JUNKER, Götterdekret, S. 38 2 Kolumnen für Ptolemaios VIII. und 2 ½ Kolumnen für Isis u. Osiris
Text: – Isis und Osiris: Kol. 1: wnn nswt bjtj Hr dwA it=f Wsjr mw.t=f As.t Dd mdw jn Es ist der König von Ober- und Unterägypten beim Anbeten seines Vaters Osiris und seiner Mutter Isis. Rezitation: nswt bjtj Wsjr %AH Is.t %T.t König von Ober- und Unterägypten Osiris-Orion und Isis-Satet/Sothis,357 Wsjr @apj As.t(?)/Hbs.t(?) sx.t Osiris-Hapi und Isis/die Verhüllende(?),358 die Feldgöttin,359 353 Vgl. auch QUACK, Sonne und Mond, S. 34–35. 354 Dend. I, 20, 14–21, 5, und Dend. Isis, 78, 16–79, 5, mit Parallelen; siehe dazu Kap. 4.6 und NAGEL, One for All. 355 Der Text wird, ebenso wie der vorangehende Philae-Photo 1297, im 4. Band der Edition der Inschriften des Tempels von Philae von H. KOCKELMANN/E. WINTER (Philä IV) erscheinen. Mein herzlicher Dank gilt E. WINTER, der mir nicht nur seine (noch vorläufige) Transkription der Inschrift zur Verfügung stellte, sondern dessen Besprechung des Textes im Rahmen der Übung „Schwierige Texte aus den Tempeln der griechisch-römischen Zeit“ im SS 2014, an deren entsprechender Sitzung ich als Gast teilnehmen durfte, mich um viele hilfreiche Hinweise bereichert hat. 356 Und nicht am Türsturz der Tür im Nordwesten des 2. Pylons, wie VALBELLE, Satis et Anoukis, S. 58–59, Nr. 407, S), fälschlich angibt. 357 Die Namen der beiden eng mit der Überschwemmung und dem 1. Katarakt verbundenen Göttinnen fallen seit der Spätzeit lautlich zusammen, weswegen die Schreibungen wechseln können, vgl. Wb IV, 348, 8. Als Pendant zu Orion muß hier aber Sothis gemeint sein. Vgl. zu dieser Stelle auch KUCHAREK, Klagelieder, S. 79–80. 358 Dem logisch strukturierten Aufbau des Textes nach müßte trotz der ungewöhnlichen Schreibung auch hier der Name „Isis“ zu lesen sein, vgl. die parallelen (wenngleich in der Lesung ebenfalls nicht letztlich sicheren) Schreibungen in Philä I, 79, 2; BÉNÉDITE, Philae, 125, 5, m. Taf. 40: Hier sollte „Isis“ zu lesen sein, da es sich um die Beischrift der Darstellung der gegenüber von Nephthys – die
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Wsjr [(Wn-nfr mAa xrw) As.t wnj.t(?)360 Osiris [(Onnophris, wahrhaft an Stimme) und Isis, die Eilende(?), Wsjr ¢prj/pA xpr(?)361 As.t mHj.t Osiris-Chepri (oder: Osiris, der Werdende/der Skarabäus?) und Isis, der Nordwind, Wsjr &dj\ [… …] &As.t\ dj(.t) anx Osiris der gibt […] und Isis, die Lebensspenderin,362 nb.t [iA.t?-]wab[.t] &nb(.t) Iw-rq\363 die Herrin des Abatons, &die Herrin von Philae\, […]364
359 360
361
362 363
auch mit ihrem Eigennamen bezeichnet wird – knienden und um Osiris trauernden Isis handelt, siehe auch LGG I, 61b (Beleg 218); Philä III, Nr. 31: xwj.t As.t/Hbs.t m irw n Ddj.t nfr.t „die Schützende, Isis/Hebeset(?) in der Gestalt der vollkommenen Djedit (der Rezitierenden?)“. Andererseits könnte hier trotz allem Hbs.t „die Verhüllende“ zu lesen oder zumindest durch die Zeichenauswahl als Nebensinn gemeint sein; so wird die Stelle auch gelesen in LGG V, 113c (obwohl die Schreibung genau dem in LGG I, 61b, unter „Isis“ aufgenommenen Beleg aus BÉNÉDITE, Philae, 125, 5, entspricht), wo außerdem noch Dend. Mam., 135, 4 für Isis angeführt ist. Im Mammisi ist die Lesung durch die verwendeten Einkonsonantenzeichen eindeutig, und Hbs.t steht als Epitheton hinter dem Eigennamen und den Haupttiteln der Isis (As.t wr.t mw.t-nTr Hbs.t wr.t). In Tb 168 (Pleyte) verhüllt die Hbs.t das Bild des Osiris. Vgl. auch den verwandten Beinamen Hbs.t bAg „Die den Schwachen verhüllt“ für die Klagefrau des Osiris; LGG V, 114a. Das Epitheton der Isis bzw. der Nebensinn dürfte sich auch im obigen Text von Philae-Photo 1298 auf ihre Handlungen für den verstorbenen Osiris beziehen. Es ist jedenfalls auffällig, daß diese Schreibung für den Namen(?) der Isis nur in Philae belegt ist, und jedesmal in einem auf Osiris bezogenen Kontext steht (den Beleg im Mammisi nicht eingerechnet, der sich auf Horus bezieht, aber auch eine eindeutige phonetische Schreibung für Hbs.t aufweist). Siehe dazu auch MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 165, Anm. 220, die die Lesung „Isis“ präferiert. Vgl. zu dieser Stelle auch KUCHAREK, Klagelieder, S. 668, Anm. 29, die allerdings nach Wb-Zettel Philae As.t sx.t „Isis ist das Ackerland“ liest, ebenso auch MANASSA, Mistress of the Field, S. 58. Lesung und Deutung unsicher; das Epitheton ist ansonsten nicht belegt. Vgl. aber bereits PT 535, § 1281a, wo Isis und Nephthys aufgefordert werden: wnt=T wnt=T, siehe dazu KUCHAREK, Klagelieder, S. 23. WINTER schlägt im Vergleich mit den von Plutarch (De Iside, 60) angesprochenen Deutungen des Namens der Isis (siehe dazu Kap. 8.1.3.5) sogar eine aufgrund der Anordnung der Zeichen durchaus überzeugende Lesung als wn(.t) ij.t „die Seiende und Kommende“ vor. MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 165–166, liest ebenfalls wn(.t) ij.t, übersetzt dies aber mit „die Existierende ist gekommen“. Wahrscheinlich ist das Epithon intentionell als Anpassung bzw. Äquivalent zum Osirisnamen Wnn-nfr kreiert worden, vgl. MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 166. . Das Buchrollendeterminativ wäre eher ungewöhnlich für die Schreibung des Gottesnamens Chepri, daher vielleicht besser p(A) xpr „der Werdende/der Skarabäus“ (Vorschlag von E. WINTER). MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 165, Anm. 221, schlägt außerdem noch pAw.tj xpr als Variante vor; ähnlich LGG V, 113c: xpr pAw.t. Vgl. aber zur Verbindung von Osiris und Chepri: M. MINAS-NERPEL, Der Gott Chepri, Untersuchungen zu Schriftzeugnissen und ikonographischen Quellen vom Alten Reich bis in griechisch-römische Zeit, OLA 154, Leuven 2006, S. 453–455; STADLER, Skarabäus. Zum Vergleich beachte man besonders die bei beiden Autoren (MINAS-NERPEL, S. 455; STADLER, S. 77) zitierte Beischrift in der dritten östlichen Osiriskapelle in Dendara (Dend. X, 261, 12; Taf. 115): „Osiris, erhabener Skarabäus, der am Himmel erstrahlt, groß an Würde, der Herr der Atefkrone, der König von Ober- und Unterägypten, Onnophris, der Gerechtfertigte“. Mit Wasserdeterminativ, was häufiger in Philae vorkommt, siehe LGG IV, 775b–c, Beleg [16–17]. Rest erkennbar; nicht gelesen von MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 166.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kol. 2: Ra.t xnt psD.t die Sonnengöttin an der Spitze der Neunheit, nswy(.t) bjtj(.t) die Königin von Ober- und Unterägypten, wr.t n ^maw MHw Hnw.t tA.wj die Große von Ober- und Unterägypten, die Gebieterin der Beiden Länder, HqA(.t) xAs.wt die Herrscherin der Fremdländer, nxb(.t) tA.wj iw/r Aw=f365 Hr rn=s auf deren Namen die Beiden Länder in ihrer Ausdehnung eingeschrieben sind, dwA=sn kA=s m bw wa sie beten ihren Ka an einem Ort/insgesamt an, [mw.t( ?)] rr(.t) sA=s swDA sn=s [die Mutter(?),] die ihren Sohn aufzieht, die ihren Bruder heil macht, Ip.t/Sps.t(?) nfr.t prj(.t) m Gbb Opet/die Edle, die Vollkommene, die aus Geb hervorkam, Ax.t[j.t(?)] &m Sn\ nb n [i]tn(?) die Horizont[ische?] &im\ ganzen &Umkreis\ der [Son]nenscheibe(?). nts {i}pw ntj m niw.t nb Hna sn=s Wsjr sA=s Sie ist es, die in allen Städten ist, zusammen mit ihrem Bruder Osiris und ihrem Sohn Kol. 3: [@r366 … … …[(Ptw]lmys anx Dt [mrj] PtH) dj=T n=f rsy r-&Dr\ […] [Horus(?) …] [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Ptah), mögest du ihm den Süden geben bis(?) […]. Kommentar: Komplementär zu der gegenüberliegenden Inschrift Philae-Photo 1297 (s. o.) dreht sich auch dieser Text um die beiden Aspekte Königtum der Isis und Isis als Sothis, auf die in der korrespondierenden Inschrift nur implizit über die Thematik der Zeiteinteilung angespielt wird, während sie hier namentlich als Partnerin des Osiris-Orion genannt wird. Diese Bereiche werden hier jedoch in ungewöhnlicher bzw. meines Wissens sogar einmaliger Weise präsentiert, indem zumindest im ersten Teil der 1. Kolumne abwechselnd Osiris und Isis angerufen und einander so als Paar gegenübergestellt werden. Sie werden jeweils mit ihren Eigennamen und je einem weiteren Epitheton benannt, wenngleich die Lesung nicht in allen Fällen sicher ist. Dieser gemeinsame Teil fokussiert auf einer einheitlichen Hauptthematik: der Nilüberschwemmung und der daraus resultierenden Fruchtbarkeit.367 Das Götterpaar wird dabei nicht nur mit ihren astralen Entsprechungen Orion und Sothis gleichgesetzt, die für die zyklische Flut verantwortlich zeichnen, sondern 364 Der untere Teil des ganzen Textes ist verloren, da diese Fläche (in koptischer Zeit?) komplett abgemeißelt wurde, offenbar für Wandmalereien. Ich danke E. WINTER für diesen Hinweis. 365 Die Inkongruenz von Substantiv und Suffix ist vielleicht darauf zurückzuführen, daß tA.wj „die Beiden Länder“ trotz ihres grammatikalischen Duals doch als eine Einheit angesehen wurden. 366 Zur Lesung und Ergänzung vgl. MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 166; vgl. zahlreiche ähnliche Abschlußsätze in Isishymnen und -eulogien, z. B. Bîgeh, 40 (siehe unten, Kap. 4.1.1.C). 367 So auch die Interpretation bei MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 167.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
außerdem mit dem Nil selbst (Osiris) und den von ihm befruchteten Feldern (Isis) sowie dem Nordwind (Isis), der gemeinsam mit der Überschwemmung eintritt. Auf dieser Grundlage baut auch die Charakterisierung der Göttin als Lebensspenderin allgemein auf; dj.t anx gehört zu den Haupttiteln der Isis von Philae und wird an dieser (und einigen anderen) Stellen passenderweise mit der Wasserhieroglyphe determiniert. Diese Eigenschaft kann sich des weiteren auf die Versorgung und Wiederbelebung des verstorbenen Osiris (auf Bigge) beziehen, und die Kartusche mit seinem ‚irdischen‘ Eigennamen Onnophris und dem Zusatz mAa xrw sowie vielleicht auch die etwas unklaren Epitheta der Isis „die Verhüllende“ (evtl. nur als Nebensinn der eigentlich wieder als Eigenname „Isis“ zu lesenden Zeichengruppe) und „die Eilende(?)“ verdeutlichen, daß auch dies hier gemeint ist. Gleichzeitig bildet die Osiris-Kartusche ein Pendant zu derjenigen seiner Gemahlin in der gegenüberliegenden Türlaibung (Philae-Photo 1297, s. o.). Die direkte Beziehung zwischen den belebenden Libationen am Abaton und dem Hervorbringen der Nilflut illustriert ein gut bekanntes Relief an dem auf Bigge ausgerichteten Hadrianstor, wo es neben dem Text des ‚Götterdekrets über das Abaton‘ angebracht ist: 368 Es zeigt Isis, die hier mit Kuhkopf dargestellt ist, beim Spenden von Milch für den Ba des Osiris, der auf dem heiligen Hain seines Grabes sitzt. Links hinter der Göttin ist ein Nilgott in einer von den typischen Felsformationen des Kataraktgebiets umgebenen Höhle zu erkennen, der aus zwei Gefäßen das Nilwasser ausgießt. Die zweite Kolumne der Inschrift widmet sich dann in erster Linie Isis selbst als Königin Ägyptens und ihrer Autorität über die Erwählung des irdischen Herrschers. In diesem Zusammenhang wird auch nochmals ihre Beziehung zu ihren Familienmitgliedern Osiris (Schutz, Totenkult) und Horus (Aufziehen) sowie abschließend deren Präsenz im ganzen Land thematisiert.
368 JUNKER, Götterdekret, S. 37, Abb. 8; S. 58–61, m. Abb. 20; HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich I, S. 96, Abb. 129.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Texte im Annexbau „Durchgang des Tiberius“ unter Ptolemaios VIII. Text/Hauptpublikation Philä III, Nr. 93, S. 207–209 Anbringungsort Philae, Haupttempel, 2. Ostkolonnade, Annex „Durchgang des Tiberius“ (CO 2 K), Osttor, Durchgang, südlicher Rücksprung, unteres Reg. Bibliographie VENTKER, Der Starke auf dem Dach, S. 247 (kurze Beschreibung und Zitate aus dem Türriegeltext) Inhalt der Szene Ptolemaios VIII. und Kleopatra III. überreichen ein Feld und Wein an Isis. Innerhalb der Szene befindet sich ein Türriegelloch in der Wand (hinter den Beinen von Kleopatra III.), auf das sich die drei darüber stehenden Kolumnen (an Stelle der königlichen Randzeile) mit einem Lobpreis der Isis/des Türriegels beziehen.369 Text: – Beischrift der Isis: nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr […]) Die Königin von Ober- und Unterägypten [(Isis, die Große, die Gottesmutter […]), Hnw.t nb(.t) iA.t-wab.t nb(.t) xAs.wt rsj(.wt) die Gebieterin, die Herrin des Abaton, die Herrin der südlichen Fremdländer. – Göttliche Randzeile: bjk.t wr.t wsr.t 370 Hnw.t &nTr.\w &nTr.\wt Das große Falkenweibchen, die Mächtige, die Gebieterin der Götter und Göttinnen, As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) Iw-rq xwj.t [sn?]&=s(?)\ […] Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae, die Schützerin [ihres Bruders?] […] – Hymne (Türriegeltext): [iAw]371 &n=T\ H&k\.t(?)372 [Lobpreis] &für dich\, Jubelnde/(weiblicher) Löwen-Türriegel(?),373 nb(.t) Hkn.w Hnw.t Hkn.w Herrin des Jubels, Gebieterin des Jubels, Hkn Hr.w nb m Hkn.w=sn es jubelt jedermann in ihrem (Pl.) Jubel, iAw n=T […]w […] n kA=T Hnw.t n pr PtH Lobpreis für dich, […] für deinen Ka, Gebieterin des Hauses des Ptah,374 369 370 371 372
Vgl. die Bemerkungen von KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 208, Anm. 8. Uräusschlange und Ei als Determinative. Zur Ergänzung vgl. den entsprechenden Text in der Szene Philä III, Nr. 146. Vgl. zu der Göttinnenbezeichnung Hkn.t „Jubelnde, Preisende“ LGG V, 559a–b. Zur weiblichen Form Hkn.t „Türriegel“ siehe VENTKER, Der Starke auf dem Dach, S. 242, m. Anm. 331; LGG V, 561c. 373 Zu den Wortspielen mit Hkn „Türriegel, Bolzen“ vgl. KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 208–209, Anm. 10; das Wortspiel zwischen Hkn „Türriegel, Bolzen“ und Hknw „Freude, Jubel“ findet sich ebenfalls im Türriegeltext Bîgeh, 9, Taf. 5 u. 8, siehe dazu VENTKER, Der Starke auf dem Dach, S. 247. 374 Ein memphitisches Epitheton, vgl. GDG II, 79 (Tempel des Ptah in Memphis); ein weiterer Beleg, in dem Fall für Hathor: LGG V, 178a (pTurin 766 (dem), A, 14), vgl. M. STADLER, The Funerary Texts
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
rn=s(?)375 m tA.w nb(?)376 njw.wt &spA.wt\ nb deren Name in allen(?) Ländern ist, allen Städten und Gauen (?), xaj(.t) mj Dr die erscheint wie der All(herr),377 Sna.t Sna.w nb Hr s.t tn die alle Abzuhaltenden von diesem Ort abhält, aq=T pr=T sHD tA.wj du betrittst dein Haus, wenn die Beiden Länder hell werden,378 xa itn dj anx Dt und die Sonnenscheibe erscheint, Leben spendend ewiglich. Kommentar: Die kurze Hymne entspricht in ihrer Phraseologie teilweise anderen Türriegel-Beschriftungen, 379 bildet hier jedoch gleichzeitig die (ausnahmsweise dreiteilige) königliche Randzeile380 mit einer lobpreisenden Anrede der Isis, die durch die spielerische Bezeichnung H&k\.t(?) offenbar mit dem löwengestaltigen Türbolzen381 identifiziert wird. Möglicherweise kann sie dieses wehrhafte Objekt (Sna.t Sna.w etc.) über ihre eigenen kämpferischen Eigenschaften382 und die typische Löwengestalt der Fernen Göttin verkörpern.383 Sna.w ist hier mit der Hieroglyphe des Löwen geschrieben, um diesen Aspekt (des Türriegels/der Isis) zu betonen. Eventuell könnte das seltene Epitheton „Gebieterin des Hauses des Ptah“ auf einen memphitischen Ursprung der Hymne hinweisen. Ein weiterer solcher Text befand sich in einer Szene des Feld-Überreichens an Isis im südlichen Rücksprung der Tür von CO II K nach CO II (Philä III, Nr. 146). Bis auf den Anfang der drei Kolumnen ist dort jedoch nichts mehr erhalten.
375 376 377 378 379 380 381 382 383
of Papyrus Turin N. 766: A Demotic Book of Breathing (Part I), in: Enchoria 25, 1999, S. 76–110: 83 u. 94. Pluralstriche, vgl. den Kommentar von KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 209, Anm. 12. Vielleicht durch den zuvor genannten Namen des Ptah verursacht? Unter nb steht eine überflüssige Zeichengruppe , vgl. die Bemerkungen von KOCKELMANN/ WINTER, Philä III, S. 209, Anm. 13. Oder ob Verschreibung für Hnw.t: „Gebieterin aller Städte und Gaue“? Oder mit KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 209: „die erscheint wie (die des) Allherrn (= Uräusschlange)“? Bei der morgendlichen Öffnung der Tür wird der Bolzen in sein Loch (sein „Haus“) zurückgezogen, vgl. VENTKER, Der Starke auf dem Dach, S. 247. Vgl. KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 208–209, Anm. 8, 10 und 16; VENTKER, Der Starke auf dem Dach, S. 243–250. Auch diese Kombination findet Parallelen in anderen Szenen, siehe für Beispiele VENTKER, Der Starke auf dem Dach, S. 243–245. Siehe Wb III, 180, 15; WILSON, Ptol. Lex., S. 682–683; VENTKER, Der Starke auf dem Dach, S. 240– 250. So wird sie z. B. in der göttlichen Randzeile dieser Szene als „Schützerin […]“ bezeichnet. Eine explizite Identifizierung des Türriegels als weibliche Löwengöttin findet sich z. B. in Dend. Porte d’Isis, 35, 4–6, siehe VENTKER, Der Starke auf dem Dach, S. 245; außerdem ibid., S. 250 zur Identifikation der weiblichen Löwenriegel mit Löwengöttinnen allgemein.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
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Philä III, Nr. 114, S. 147–148 Philae, Haupttempel, 2. Ostkolonnade, Annex „Durchgang des Tiberius“ (CO 2 K), Südwand, obere Randinschrift INCONNU-BOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 73, Nr. 120
Text: bjk.t(?)384 wr.t m sp tpj Das große Falkenweibchen(?) vom ersten Mal (Beginn der Welt), sTnj(.t)-s(j) r nTr.w nTr.wt die sich erhoben hat über die Götter und Göttinnen, kA.t Hrj(.t) kA.w sA.t nb-Dr der weibliche Ka über den (anderen) Kas, die Tochter des Allherrn, nTr.t n.t nTr 385 das göttliche Auge des großen Gottes, wr.t-HkA.w Hrj-ib s.t/aH.t(?)386 wr.t die Zauberreiche inmitten des großen Sitzes/Palastes(?), Hrj.t psD m nbw Stirnschlange desjenigen, der als Gold erglänzt, dgngs Hrj-ib 387 die Uräusschlange inmitten der Audienzhalle, nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr) die Königin von Ober- und Unterägypten [(Isis, die Große, die Gottesmutter), nb(.t) Iw-rq dj(.t) anx nb(.t) iA.t-wab.t die Herrin von Philae, die Lebensspenderin, die Herrin des Abaton, Hnw.t nb(.t) xAs.wt rsj(.wt) HqA.t m mH.tj die Gebieterin, die Herrin der südlichen Fremdländer, die Herrscherin des Nordens. dj=s tA.wj idb.w wnn nb Möge sie die Beiden Länder, die Ufer und alles, was existiert, geben n nswt bjtj [(iwa nTr.wj pr.wj stp n PtH irj mAa.t n Ra sxm anx Imn) an den König von Ober- und Unterägypten [(Erbe der Epiphanen, erwählt von Ptah, der die Maat des Re ausführt, lebendes Abbild von Amun), sA Ra [(Ptwlmys anx Dt mrj PtH) der Sohn des Re [(Ptolemaios (VIII.), er lebe ewig, geliebt von Ptah)! Kommentar: Der Annexbau, der eine Verbindung zwischen dem Haupttempel und dem Hathortempel im Osten bildet, wurde teilweise bereits unter Ptolemaios VIII. dekoriert;388 die obere Randin-
384 Die Falkenhieroglyphe ist menschenköpfig, vgl. dazu den Kommentar von KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 235, Anm. 2; übergreifend zur falkengestaltigen Göttin und den Schreibungen BUDDE, Götterkind, S. 116–119. 385 statt geschrieben. 386 Das Zeichen ist nicht eindeutig; KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 235, mit Anm. 5, lesen aH.t wr.t „des großen Palastes“; ebenso INCONNU-BOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 73, Nr. 120. 387 Die Zeichenreihenfolge ist vertauscht, vgl. dazu KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 235, Anm. 8.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
schrift ist ebenfalls unter diesen Herrscher datiert. Isis wird in deren erster Hälfte als urzeitliche Falkengöttin und insbesondere als Tochter und Uräusschlange des Allherrn gelobt, für den sie damit Schützerin (Werethekau) und ‚Auge‘ ist. Ihre Stellung ist so über die anderen Götter und Göttinnen erhöht. In der zweiten Hälfte der Inschrift steht ihr eigenes Königtum im Vordergrund: Sie erhält Königstitel und die Kartusche um ihren Eigennamen und die nahen Epitheta, wie in der ebenfalls unter Ptolemaios VIII. angebrachten Inschrift PhilaePhoto 1297 am 2. Pylon (s. o.). Entsprechend zielt die abschließende Fürbitte für den König darauf ab, daß die Göttin auch ihm die Herrschaft über ganz Ägypten überweist. Die komplementäre Friesinschrift Philä III, Nr. 124 ist Hathor als Verkörperung der Uräusschlange gewidmet.389 Obwohl diese ebenfalls den Titel nswj.t bjtj.t „Königin von Ober- und Unterägypten“ trägt, ist ihr Name jedoch anders als der der Isis nicht in eine Kartusche gesetzt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Philä III, Nr. 143, S. 303–304 Philae, Haupttempel, 2. Ostkolonnade, Annex „Durchgang des Tiberius“ (CO 2 K), Tür zu CO II, südliche Türlaibung – 1 Kolumne für Isis, 1 für den König (Ptolemaios VIII.).
Text Isis: As.t wr.t mw.t-nTr Dsr.t s.t xnt Iw-rq Isis, die Große, die Gottesmutter, mit heiligem Sitz an der Spitze von Philae, HqA.t m gs.w-pr.w die Herrscherin in den Tempeln, smn(.t) sStA n sA=s ¡r H[… …]390 die das Geheimnis ihres Sohnes Horus andauern läßt […], […] SmAy.w Ax.w mwt.w […] die Wanderdämonen,391 die Ach-Geister und die Toten.392 nts ¤T.t Hnw.t nb.t tp-rnp.t Sie ist Satet/Sothis, die Gebieterin, die Herrin des Jahresanfangs, &irj\ nswt xft Dd=s nach deren Ausspruch der König &handelt\, sS n +Hwtj Hr ns=s auf deren Zunge sich die Schrift des Thoth befindet.
388 Der Großteil der Dekoration stammt hingegen erst von Tiberius, siehe KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. XXIII–XXIV. 389 Vgl. die Übersetzung von KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 260–261; und INCONNUBOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 72, Nr. 119. 390 Eventuell zu ergänzen H[na sn=s Wsjr] „u[nd ihres Bruders Osiris]“? 391 Boten und Krankheitsbringer, die vor allem der Gefährlichen Göttin/dem Sonnenauge zugerechnet werden, vgl. Wilson, Ptol. Lex., S. 1008–1009; zu diesen und anderen Dämonen in diesem Kontext vgl. VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 24–26; 50. 392 Zur möglichen Ergänzung der Lücke vgl. KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 304, Anm. 6.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
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Philä III, Nr. 144, S. 305–306 Philae, Haupttempel, 2. Ostkolonnade, Annex „Durchgang des Tiberius“ (CO 2 K), Tür zu CO II, nördliche Türlaibung – 1 Kolumne für Isis, 1 für den König (Ptolemaios VIII.).
Text Isis: As.t wr.t mw.t-nTr nb.t iA.t-wab(.t) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin des Abaton dj(.t) anx nb(.t) Iw-&rk\ die Lebensspenderin, die Herrin von Philae, HqA.t xnt-Hn-nfr die Herrscherin von Unternubien(?), Hnw.t xAs.[wt rsj.wt …] die Gebieterin der [südlichen] Fremdländer […], […]393 snD=s n imj.w p.t [es gelangt/zieht umher o. ä.] die Ehrfurcht vor ihr (bis) zu/bei denen, die im Himmel sind (= Vögeln), Hrj.t=s n imj.w mw der Schrecken vor ihr zu denen, die im Wasser sind (= Krokodile, Fische), nrw=s n imj.w bAbA=sn die Furcht vor ihr zu denen, die in ihren Löchern sind (= Schlangen, Skorpione),394 Sfj.t=s m rsj mH.tj imnt.t iAbt.t ihr Ansehen ist im Süden, Norden, Westen und Osten. Kommentar: Die beiden komplementären Türlaibungsinschriften sind jeweils einer Kolumne für Pharao Ptolemaios VIII. gegenübergestellt, dem Isis Leben spendet, wie die obere, ihren Namen jeweils darstellende und groß ausgeführte Hieroglyphe illustriert. Auf der Südseite wird Isis’ Beziehung zu ihrem Sohn Horus betont, dessen ‚Geheimnis‘ sie in den Tempeln bewahrt – möglicherweise ist hiermit auch eine Anspielung auf das Geburtshaus von Philae gegeben, das dem „Durchgang des Tiberius“ im Hof gegenüberliegt. Des weiteren wird die Göttin mit Satet (von Elephantine) bzw. Sothis, der Herrin des Jahresanfangs gleichgesetzt. Der Abschlußsatz verbindet sie wiederum mit Thoth, dessen heilige Schriften sie „auf der Zunge hat“, d. h. kennt und anwendet. 395 Während die Südseite also ganz verschiedene Themen anspricht, konzentriert sich die nördliche Kolumne für Isis auf ihren Herrschaftsbereich im Süden und ihre in alle Bereiche des Kosmos reichende Autorität, vor der auch die verschiedenen dort jeweils heimischen Tiere in Ehrfurcht ergriffen sind. Die häufig in den ägyptischen Texten genannte Trinität „Himmel, Erde, Unterwelt“ wird hier durch die drei Lebensbereiche (der Tierwelt) Himmel, Wasser, Erde bzw. Erdlöcher ersetzt.
393 Determinativ der laufenden Beine. 394 Die Determinative zeigen jeweils an, welche Tiere gemeint sind. 395 Vgl. z. B. Philä III, Nr. 2: „Ihr Herz ist trefflich wie das des Thot.“
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Ein Hymnus in einer Ritualszene am 1. Pylon unter Ptolemaios XII. Text/Hauptpublikation Philä I, 64–65 Anbringungsort 1. Pylon, Westturm, Westseite, untere Szene Bibliographie MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 82 Inhalt der Szene Ptolemaios XII. preist Isis mit erhobenen Armen, hinter ihr Harpokrates. Text: – Titel (64, 3): dwA-nTr Dd mdw jn Den Gott preisen. Rezitation: – Spruch (64, 4–9): nD Hr=T As.t sanx(.t) TA=s Sei gegrüßt, Isis, die ihr Junges belebt, mrj.t s.t=s swDA(.t) Xrd=s die ihren Sitz liebt und ihr Kind heil sein läßt, mw.t nfr.t mk(.t) iA.t-rq nD.t.t nD.tj.w(?) vollkommene Mutter, die Philä beschützt, Schützerin der Beschützer, iAw n=T sn-tA HA=T xnm.t(?) n.j.t aA mAa xrw Lobpreis für dich, Huldigung bei dir, Amme396 des Großen an Triumph.397 – Beischrift der Isis (64, 14–65, 2): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr dj(.t) anx (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Lebensspenderin, nb.t Iw-rq Hnw.t nb(.t) iA.t-wab.t die Herrin von Philae, die Gebieterin und Herrin des Abatons, Sps.t wsr.t Hnw.t m %nm.t die Edle, die Mächtige, die Gebieterin auf Senmet, mH(.t) p.t tA m nfr.w=s die Himmel und Erde mit ihrer Schönheit erfüllt,398 sA.t Ra Hrj.t-tp m tp=f die Tochter des Re, Uräus auf seinem Haupt, wD(.t)399 mdw m tA.wj Hna idb.w die Befehle erteilt in den Beiden Ländern400 und den Gestaden. – Königliche Randzeile (65, 13–66, 6): nfr.wj Hr=T Hnw.t Oh wie schön ist dein Antlitz, Gebieterin,
396 397 398 399 400
Vgl. JUNKER, in Philä I, 64, Anm. 5. Beiname des Horus, vgl. LGG II, 26c–28a. Vgl. zu dieser und der folgenden Passage Philae-Hymne 7 und Philä II, 8–9. Geschrieben wie wdj. Möglicherweise ist tA.wj hier auch eine Schreibung für den Plural: „in den Ländern und Gestaden“. Siehe zu dieser häufigeren Schreibung des Plurals QUACK, Rez. zu: Kurth, Übersetzung Edfou VIII, S. 199 (zu Edfu VIII, 15, 8).
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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nb(.t) tA.wj nb-Dr.t401 m-m nTr Herrin der Beiden Länder, Allherrin unter den Göttern, dj=i n=T iAw m (m)skt.t ich will dir Lobpreis in der Abendbarke geben hnw sk m manD.t und gleichfalls Jubel in der Morgenbarke,402 tA.w{j} nb ks.w xAb n bA.w{=s} alle Länder sind tief gebückt in Verbeugung vor deiner Macht, As.t wr.t nb.t iw-wab.t Isis, die Große, Herrin des Abaton. Kommentar: Es handelt sich um eine Anbetungsszene und entsprechend wird die Phraseologie aus einigen der bereits bekannten Hymnen aufgegriffen. 403 Auch finden sich typische formale Hymnen-Elemente wie die Einleitungen nD Hr=T, iAw n=T (Spruch) und nfr.wj (Königliche Randzeile).404 Inhaltlich ist der Spruch offenbar auf die Thematik des Mammisi und des in der Szene hinter Isis stehenden Harpokrates bezogen: Die Göttin belebt, heilt, schützt und nährt ihren Sohn. Die Epitheta in der Beischrift und der göttlichen Randzeile präsentieren sie dagegen als Uräusschlange des Re sowie als Allherrscherin, wobei sie den Titel des männlichen Allgottes in femininer Form übernimmt (nb-Dr.t). Texte in der 2. Ostkolonnade und am Pronaos unter Ptolemaios XII. und Tiberius Text/Hauptpublikation Philä III, Nr. 2, S. 3–7; Philae-Photo 655 (nur Anfang)405 Anbringungsort Philae, Haupttempel, 2. Ostkolonnade, Architrav der Säulen, Innenseite, Obere Randinschrift Bibliographie WINTER, Zeitgleiche Textparallelen, S. 306–310; ID., Winzige Ergänzung, S. 600–601; BUDDE, Götterkind, S. 71–72 (tw. Übersetzung d. Parallele)406 Parallelen Kalabchah I, 169–170
401 Die Verbindung wird anscheinend als ein Wort aufgefaßt, da die Femininendung und das Determinativ erst hinter Dr geschrieben sind. 402 Vgl. zu dieser Phrase die Parallele in Philae-Hymne 8; BÉNÉDITE, Philae, 20; und Assuan-Hymne 2 (dort allerdings jeweils einfach: iAw n=T m (m)sk(t.t) hnw n=T m (m)anD.t „Lobpreis für dich in der Abendbarke, Jubel für dich in der Morgenbarke“). 403 Es liegen Parallelen einzelner Phrasen aus Philae-Hymne 7 und 8 sowie Philä II, 8–9 vor. 404 Siehe dazu unten, Kap. 5.1.2.2. 405 Diese Inschrift hat E. WINTER vor mehreren Jahren in seiner Lehrveranstaltung „Schwierige unpublizierte Texte aus Philä“, an der ich teilnehmen durfte, präsentiert und diskutiert. Ich danke Herrn Winter herzlich für weitere hilfreiche Hinweise und Anmerkungen bezüglich dieses Textes. 406 BUDDE, Götterkind, S. 71, gibt an, der ältere Text sei unter Ptolemaios VI. in Kalabscha eingemeißelt und später unter Augustus in Philae kopiert worden. Damit sind nicht nur die wahren Verhältnisse vertauscht (in Kalabscha werden grundsätzlich Texte aus Philae übernommen!), sondern auch ein falscher Herrscher genannt: Es handelt sich um einen Text in Philae, der unter Ptolemaios XII. angebracht und unter Augustus in Kalabscha kopiert wurde, siehe WINTER, Zeitgleiche Textparallelen, S. 306.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: (…)407 Hrj.t-tp n Ra m HA.t=f (…) Die Stirnschlange des Re an seiner Stirn, sA.t=f tp.t mrj(.t) ib=f seine erste Tochter, die sein Herz liebt. nts pw sxr(.t) sbj m HA.t wjA=f Sie ist es, die den Rebellen niederwirft im Bug seiner Barke,408 irj(.t) sA=f wHm(.t) mk.t=f die seinen Schutz bereitet und seine Beschirmung wiederholt. @w.t-@r rn=s m spA.t nb(.t) Hathor ist ihr Name in jedem Gau, nTr.t tn n kj.t Hr xy=s diese Göttin, an die keine andere heranreicht, rsj mH.tj xtm Hr xtm=s Süden und Norden sind gesiegelt mit ihrem Siegel, imnt.t iAb.t.t Xr s.t-Hr=s Westen und Osten sind unter ihrer Aufsicht, Sn n p.t wsx.t n tA Hptj Xr Dd=s der Umkreis des Himmels, die Weite der Erde und die Weltenden sind unter ihrem Befehl, iqr ib=s mj ©Hwtj ihr Herz ist trefflich wie das des Thoth.409 nts pw sr(.t)410 ij n nHH Sie ist es, die vorhersagt, was kommen wird in der Ewigkeit (= die Zukunft), anx m a=s snb r xt=s Leben ist in ihrer Hand und Gesundheit in ihrem Gefolge, SAy rr.t m wD.t=s Schicksal und Gedeihen/Wohlstand/Glück411 sind unter ihrem Befehl, wr.t n p.t Hnw.t tA die Große des Himmels, die Gebieterin der Erde, wr(.t) pH.tj n wn mj.t.t=s die mit großer Kraft, derengleichen nicht existiert, 407 Beginn nach Art einer Bauinschrift: Es handelt sich um einen Lobpreis der „Halle der Isis“, d. h. wohl des 2. Ostkorridors. 408 Zu Isis als Abwehrerin der Feinde in der Barke des Re, vgl. z. B. Philae-Hymne 8. 409 Zur engen Beziehung zwischen Isis und Thoth, die in anderen Texten (z. B. Assuan-Hymne 3 u. Parallelen) als die zwischen Vater und Tochter expliziert wird, siehe grundlegend STADLER, Weiser und Wesir, S. 152–155. 410 Zur Lesung sr(.t) vgl. LGG VI, 426b; und BUDDE, Götterkind, S. 71, Anm. 347, die aber die davor stehende Zeichengruppe (nts{w}(?)) ignoriert. 411 Vgl. zu dieser Stelle auch QUAEGEBEUR, Shaï, S. 82, mit weiteren ähnlichen Passagen für Hathor. Zu Schai und Renenet vgl. ibid., S. 152–154; J. BAINES, Contexts of Fate: Literature and Practical Religion, in: C. Eyre et al. (Hrsg.), The Unbroken Reed. Studies in the Culture and Heritage of Ancient Egypt in Honor of A. F. Shore, London 1994, S. 35–52, bes. 37–40; zu Renenet und Renenutet PH. COLLOMBERT, Renenoutet et Renenet, in: BSEG 27, 2005–2007, S. 21–32.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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rA-DA.wt pr-MnTw r-xt=s unter deren Kommando der Kampfplatz und das Haus des Month (= Waffen- oder Gerätelager) sind,412 njs n=s aSA Hr ptr.t zu der die Menge auf dem Schlachtfeld ruft, bjA.t wr.t bjtj.t(?)413 nTr.w nTr.wt das große Wunder, die unterägyptische Königin(?) der Götter und Göttinnen, mfkA.t n psD.t aA.t das Türkis/die Freude der großen Neunheit, itj.t wr.t n nw r Aw die große Fürstin von all diesem (= der Schöpfung),414 n hb.tw aH.t m [x]m=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung der Palast nicht betreten wird,415 dj=tw n[=s] iAw m (m)skt.t hnw n=s m (m)anD.t Man gibt ihr Lobpreis in der Abendbarke, Jubel für sie in der Morgenbarke,416 aHa n=s sDr(.w) Hr sTA(.w)=sn diejenigen, die auf ihren Rampen/in ihren Höhlen schlafen, stehen für sie auf,417 nTr.w rmT.w htt &n kA=s\ Götter und Menschen jubilieren/schreien für ihren Ka, &Haa\ Ra Hr mAA nfr.w=s Re jubelt, wenn er ihre Schönheit sieht, [Ax].w418 mwt.w Xr &snD\=s die Verklärten (Achs) und die Toten sind unter ihrer Schrecklichkeit (oder: in Ehrfurcht vor ihr), &wpw.tj.w\=s(?)419 iAj m Hr=s ihre Botendämonen(?) lobpreisen vor ihrem Antlitz, 412 Vgl. das ähnliche Epitheton nb(.t) rA-DAw pr-MnTw r-xt=s in Philae-Photos 385–386, s. u.; LGG III, 42a (für Horus Behedeti belegt); BUDDE, Götterkind, S. 72, Anm. 351; KURTH, Dekoration der Säulen, S. 159–160, Anm. 23. Vgl. außerdem ein ähnliches Epitheton der Hathor in einer entsprechenden Szene in Edfu V, 43, 4–5: nb(.t) rA-a-xt pr MnTw „die Herrin der Waffen des Hauses des Month“, vgl. LGG IV, 86c. Möglicherweise ist auch bei obiger Stelle in Philae vorne zu ergänzen; ähnlich emendiert BUDDE, Götterkind, S. 72, Anm. 350, zu rA-DA.wt (angesichts der Parallele würde ich hier präferieren). 413 . BUDDE, Götterkind, S. 72, übersetzt in der Parallele, wo etwas abweichend geschrieben ist, ohne Kommentar „die Mächtige“. KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 6, m. Anm. 27, entscheiden sich für einen indirekten Genitiv: bjA.t wr.t n.t nTr.w nTr.wt, was ebenfalls möglich ist. Für die oben vorgeschlagene Lesung sprechen die Krone und das Wortspiel mit bjA.t. Vgl. außerdem eine Parallele dieses Epithetons der Isis in Dend. VII, 78, 12, vgl. LGG II, 754b. 414 Vgl. Wb II, 216, 16; KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 6. 415 Die Übersetzung von BUDDE, Götterkind, S. 71–72, endet hier. 416 Vgl. zu dieser Phrase Philae-Hymne 8; BÉNÉDITE, Philae, 20; und Assuan-Hymne 2. 417 Gemeint sind wohl die Bewohner des Totenreiches; vgl. zu diesem ansonsten unbekannten IsisEpitheton einen ähnlichen Beinamen des Amenemope von Djeme: aHa n=f sDr.w, siehe LGG II, 194a. Möglicherweise ist auch mit KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 6, zu übersetzen: „Es erheben sich die Schlafenden bei ihrem (= der Barken) Ziehen“. 418 Ergänzt nach der Parallele Kalabchah I, 169–170. 419 Zur Lesung vgl. KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 7, Anm. 37.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
n irj.tw sxr.w nb m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung keine Pläne gemacht werden, SAa p.t tA dwA.t bis hin zu Himmel, Erde und Unterwelt. xwj=s nswt bjtj Möge sie schützen den König von Ober- und Unterägypten, nb tA.wj [(iwa n pA nTr ntj nhm stp n PtH den Herrn der Beiden Länder [(Erbe des Rettenden Gottes, erwählt von Ptah, irj mAa.t Ra sxm anx Imn) Dt der die Maat des Re verwirklicht, lebendes Abbild des Amun) (= Ptolemaios XII.), ewiglich. Kommentar: Dieser lange Text, der sich über den Säulenkolonnaden des 2. Ostkorridors befindet (CO 2), lobt zunächst das Bauwerk (hier nicht mit übersetzt) und anschließend die Tempelherrin selbst. Unter deren gelobten Eigenschaften nehmen insbesondere die Beziehung zu Re – als seine Tochter, Uräusschlange an seiner Stirn und in der Sonnenbarke, als kämpferisch auftretende Schützerin – und ihre Herrschaft über den Kosmos, dessen Gesamtheit durch verschiedene Komponenten wie die vier Himmelsrichtungen, Himmel, Erde, Unterwelt, „Weltenden“ ausgedrückt wird, großen Raum ein. Ebenso werden ihre Vormachtstellung gegenüber anderen Gottheiten, ihre Autorität und Weisheit (inklusive hellseherischer Kräfte), durch die sie mit (ihrem geistigen Vater) Thoth verglichen werden kann, sowie die umfassende Verehrung durch verschiedene Gruppen von Wesen in den Vordergrund gerückt. Des weiteren spendet sie Leben, Gesundheit, Schicksal und Glück/Wohlstand. Insgesamt wird sie als Universalgöttin präsentiert, wohingegen ihre Rolle gegenüber Horus und besonders Osiris, die auf Philae sonst so wichtig ist, keine Erwähnung findet.420 Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Philä III, Nr. 59b, S. 147–148 Philae, Haupttempel, 2. Ostkolonnade, Ostwand, 4. Raum von S (Bibliothek), innen, Untere Randinschrift, nördlicher Teil –
Text: (nswj.t bjtj.t) As.t dj.t anx (Die Königin von Ober- und Unterägypten) Isis, die Lebensspenderin, nb.t iw-wab.t Hnw.t nb(.t) Iw-rq die Herrin des Abaton, die Gebieterin und Herrin von Philae, HqA.t xnt ifd.w n nn.t die Herrscherin an der Spitze der vier Ecken des Himmels,
420 Vgl. WINTER, Winzige Ergänzung, S. 600.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Sps.t ?421 nfr.t [… … … … …] die Edle, die Vollkommene (Göttin/Uräusschlange?) […] […] wAH tp […] neigen das Haupt/des Neigens des Hauptes, nb(.t) iA.t-wab.t r-mn iA.t-DbA(?)422 die Herrin des Abaton bis nach Iat-djeba(?), xtm.t xtm Hr rn=s die Welt ist gesiegelt auf ihren Namen. dj=s qnw nb n sA=s mrj=s Möge sie alle Stärke geben an ihren geliebten Sohn, sA Ra nb xa.w den Sohn des Re, den Herrn der Erscheinungen [(¦ybrys anx Dt mrj PtH) [(Tiberius, er lebe ewig, geliebt von Ptah). Kommentar: Der ganze Mittelteil der Nordhälfte der unteren Randinschrift des Bibliotheksraumes fehlt. Die noch erhaltenen Teile sind fast ausschließlich auf das Thema der umfassenden Weltherrschaft der Isis konzentriert, wobei ihr unternubisches Herrschaftsgebiet, das hier durch das Abaton einerseits, durch ein unbekanntes Toponym andererseits begrenzt wird, eigens hervorgehoben wird. Die südliche Hälfte der Soubassement-Inschrift ist Osiris gewidmet, der darin thematisch ganz ähnliche Epitheta erhält. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen Inhalt der Szene
Philae-Photos 385–386; LD IV, 74c) Philae, Pronaos, Außenseite, Westwand, unteres Reg., Monumentalszene (2. Szene von N) ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 69–73; OTTO, Gott und Mensch, S. 17; BUDDE, Götterkind, S. 72–73 BÉNÉDITE, Philae, 86, 13–15 Tiberius erschlägt Feinde vor Isis, die ihm ein Sichelschwert entgegenhält, Harendotes und Hathor.
Text: – Beischrift der Isis: Dd mdw jn As.t dj(.t) anx nb(.t) iw-wab.t (Rezitation durch) Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abaton, Hnw.t nb(.t) Iw-rq Sps.t wsr.t die Gebieterin und Herrin von Philae, die Edle und Mächtige,
421 Eine Uräusschlange, die entweder nur Determinativ zu Sps.t ist (so verstanden wohl von KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 147) oder einzeln gelesen werden muß, evtl. als nTr.t oder iar.t. Aufgrund der häufig belegten Verbindung Sps.t nfr.t (vgl. LGG VII, 62–63) ist erstere Lösung wahrscheinlicher. 422 Das Toponym ist unklar; vgl. die Parallele Philä I, 169 (s. o.): dort iA.t-bAbA(?), vgl. Anm. 248; und KOCKELMANN/WINTER, Philä III, S. 147–148, Anm. 4.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nb(.t) xAs.wt rsj.w(t) %xm.t nsr.t die Herrin der südlichen Fremdländer, Sachmet, die Flammende, sk(.t) sbj.w n sn=s die die Feinde ihres Bruders zerstört, XAk.w-ib.w xtj.w(?) n Ax.tj die Übelgesinnten, die Feinde des Horizontischen,423 r.t-pa.t Hnw.t m ^ma.w MHw die Prinzessin, die Gebieterin von Ober- und Unterägypten, wsr.t Xr.t(?)424 nTr.wt die Mächtige, die Oberste(?) der Göttinnen, HqA.t m p.t itj.t m tA die Herrscherin im Himmel, die Fürstin auf der Erde, Ra.t m Sn itn Sonnengöttin im Umkreis der Sonnenscheibe, nb(.t) rA-DAw die Herrin des Kampfplatzes, pr-MnTw r-xt=s unter deren Kommando das Haus des Month (= Waffen- oder Gerätelager) ist,425 njs.tw n=s hrw dmD die man anruft am Tag des Zusammentreffens, nD.tj.t wr.t iwt.t wn mjt.t=s große Schützerin, derengleichen es nicht gibt, nHm426 mrj(.w)=s nb.w Hr ptr.t die all die, die sie liebt, auf dem Schlachtfeld errettet, prj m rA=s xp(r).w Hr-a was aus ihrem Mund hervorkommt, geschieht sofort, nTr.w nb.w Xr wD-md.t=s alle Götter stehen unter ihrer Befehlsgewalt, wr.t-HkA.w tj-sj427 Hrj-ib aH.t die Zauberreiche, sie ist inmitten des Palastes, wr.t xaj nb Hr ns.t=f Xr s.t-rA=s die Große, auf deren Befehl hin der König auf dem Thron erscheint. – Göttliche Randzeile: wnn As.t m Wps.t xnt ¤nm.t Es ist Isis als Wepset (die Verbrennende)428 an der Spitze von Senmet
423 Bis hierhin parallel zu BÉNÉDITE, Philae, 86, 13–15, vgl. BUDDE, Götterkind, S. 72, Anm. 356. 424 Für Hrj.t? OTTO, Gott und Mensch, S. 17, gefolgt von BUDDE, Götterkind, S. 72, m. Anm. 357, liest nach LD IV, 74c, Hm.t nTr.wt „die Frau der Göttinnen“, was meines Wissens sonst nicht belegt ist (vgl. LGG) und auch nicht viel Sinn ergeben würde. Auf Philae-Photo 385 ist das Zeichen etwas zerstört, scheint jedoch eher Xr als Hm gewesen zu sein. 425 Vgl. die Parallele in Philä III, Nr. 2, bzw. Kalabchah I, 169–170, s. o. 426 Ob eine Verschreibung aus ist? 427 Von BUDDE, Götterkind, S. 72–73, ausgelassen.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Hr sAw sn=s Wsjr m xnt=f beim Behüten ihres Bruders Osiris an seiner Spitze, Hr mkj Hm=f Hr swDA D.t=f beim Beschirmen seiner Majestät, beim Heilmachen seines Leibes, Hr xwj Sn irw(?)=f xnt imn.t.t=f beim Schützen des Umkreises seiner Gestalt an seiner Westseite/rechten Seite, [Hr] &xAa\(?) nbD.w r=f [beim] Niederwerfen(?) dessen, der ihm schädlich ist (= Seth), Hr sHmj smA.w beim Zurücktreiben der Genossen (des Seth), Hr rwj xftj.w r aAy.t=f beim Vertreiben der Feinde von seinem Schrein (= Abaton). sw m nb(.t) nsr.t(?) m Hw.t-nsr.t (Denn) sie ist die Herrin der Flamme im Haus der Flamme, nsr(.t) sbj.w m hh=s xnt Dw qA die die Rebellen mit ihrem Gluthauch verbrennt an der Spitze des hohen Berges.429 Kommentar: Die langen Texte der Beischrift und göttlichen Randzeile der Isis sind nahezu komplett auf den Szenentypus ausgerichtet und stehen somit ganz im Zeichen der Feindvernichtung.430 Nur die Beischrift enthält einige andere typische Epitheta, die wie die zuvor besprochenen Texte die Herrschaft der Göttin über Ägypten und den Kosmos sowie ihre Autorität über das Königsamt betonen. Der Schwerpunkt der kriegerischen und schützenden Funktionen wird durch die Gleichsetzung der Isis mit Sachmet und der feuerspuckenden Uräusschlange (nsr.t; wps.t) ausgeführt. Ihre Wehrhaftigkeit und der Schutz vor Feinden kommen traditionell in erster Linie ihrem Bruder Osiris zu, der vor den Angriffen durch Seth und seine Bande bewahrt werden muß. Während diese göttliche Ebene thematisch die ganze Randzeile einnimmt, geht aus dem Begleittext der Isisdarstellung hervor, daß sich Isis’ Unterstützung auch auf ihre irdischen Schützlinge erstreckt, die sie aus der Schlacht errettet. Der Schritt zwischen Götterwelt und Menschenwelt ist in der Inschrift also vollzogen.
428 Name der feuerspuckenden, Feinde abwehrenden Form der Uräusschlange und lokale Erscheinungsform der Fernen Göttin, siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 227; LGG II, 367; INCONNU-BOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 281–289; CAßOR-PFEIFFER, Seitliche Sanktuare, bes. S. 128–131 u. 142–143. 429 Nach Tb 149 befindet sich der „hohe Berg“ im Totenreich. 430 Vgl. zum inhaltlichen Schwerpunkt auch die Ausführungen von ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 69–73.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Ich-Aussagen der Isis in einer Osirishymne an der Westkolonnade (Augustus?)431 Text/Hauptpublikation Philae-Photos 1591–1592 Anbringungsort Philae, Westkolonnade, Tür, nördliche Türlaibung432 Bibliographie COULON, Deux versions, S. 119–123; HERBIN, Liturgie (Auszüge in den Kommentaren zur Parallele von pWien 3865); J. CAYZAC, Le portique occidental du temple de Philae: un espace théologique et cultuel, Diss., Univ. Montpellier 2010 (unpubliziert, non vidi) Parallelen Philae-Photo 1331 (Türrahmen, Parallele zum zitierten Text in Kol. 2–4);433 Deir Chelouit III, Nr. 127 (93, 3–5); pWien 3865; pVatikan 38608, Z. 28–31, und weitere Belege bzw. Auszüge der Dekadenliturgie von Djeme434 Inhalt 6 Kolumnen mit Hymne an Osiris, (tw.) gesprochen von Isis Text: – Aussagen der Isis: Kol. 3: (…) [dj=k Hr=k?]435 n=i sn=i Wsjr (…) [Mögest du] mir [dein Gesicht zuwenden], mein Bruder Osiris! ink sn.t=k As.t Ich bin deine Schwester Isis, ink iwich bin IuKol. 4: H.t SAa(.t) mHj(?)436 Hr TAj=s het/die Klagefrau, die sich als Erste um ihren Mann gesorgt hat, ^ntAy.t ikb(.t) Hr sn=s Schentait, die um ihren Bruder trauert, ink @w.t-@r wAH(.t) ix.wt n kA=k ich bin Hathor, die Opfergaben für deinen Ka niederlegt, @q.t sfsf(.t) Aw n bA=k Heket, die Opfer für deinen Ba spendet, ink +d.t qbH(.t) n saH=k ich bin Djedet (‚die Rezitiererin‘?),437 die für deine Mumie libiert, qbH(.t) pr.t-xrw n=k die Kühlende/Libierende,438 die ein Totenopfer („Herauskommen auf die Stimme“) für dich vollzieht. 431 Die Szenen auf dem Türrahmen zeigen jeweils Augustus. 432 PM VI, S. 209, (36), (c). 433 PM VI, S. 235, (284), (b). Der Text ist teilweise stark abgerieben und besonders im unteren Teil der Kolumnen auf dem Photo kaum mehr lesbar. Die Inschrift wird daher hier nicht eigens behandelt. 434 Siehe zuletzt COULON, Deux versions, mit Bibliographie und synoptischer Edition im Anhang. 435 Die Stelle ist beschädigt und schlecht erkennbar; Lesung nach COULON, Deux versions, S. 120; vgl. auch die Parallele in Deir Chelouit III, Nr. 127. 436 Auf Philae-Photo 1591 schlecht lesbar; vgl. zur obigen Lesung HERBIN, Liturgie, S. 111, 15). 437 Zur häufigen Bezeichnung der Isis als Djedet in Philae, eventuell mit verschiedenen Bedeutungsnuancen, siehe KOCKELMANN/WINTER, Philae III, S. 85, Anm. 4.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
Kol. 5:
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prj=k r xrw=i Mögest du herauskommen auf meine Stimme! Ssp=k mw m-a=i Mögest du das Wasser aus meiner Hand empfangen! qbH aHa.w=k m qbH.w=i Deine Opfergaben sind erfrischt/begossen mit meiner Libation! pr.t-xrw n=k m ix.t nb(.t) nfr.t Das Totenopfer („Herauskommen auf die Stimme“) ist für dich mit allen guten Dingen!
Kommentar: Es handelt sich bei der langen Inschrift in der nördlichen Türlaibung um einen Hymnus an Osiris, in den längere Versatzstücke der Dekadenliturgie von Djeme, mit einigen Abänderungen, eingearbeitet wurden.439 Wie der oben zitierte Auszug zeigt, der sich etwa in der Mitte der Inschrift befindet, stellt sich Isis selbst als Sprecherin des Hymnus vor. Dies geschieht im Kernteil mit parallel geschalteten, klar strukturierten zweiteiligen Ich-Aussagen der folgenden Form: ink GN/lokales Epitheton + Partizip + Objekt, GN/lokales Epitheton 2 + Partizip + Objekt. Einzig der erste Satz dieser Sequenz, der den Eigennamen der Göttin und ihre Identifikation als Schwester des Osiris enthält, ist knapper gehalten. Bei den aufgezählten Namen handelt es sich jeweils einerseits um Eigennamen anderer eigenständiger Göttinnen, die sehr eng mit Isis verbunden sind und ebenfalls eine zentrale Rolle im Osiriskult spielen (Hathor, Heket), andererseits um Epiklesen der Isis (die teilweise auch Hathor zugeschrieben werden können), die in direktem Zusammenhang des Osiriskultes stehen (Schentait, Iuhet/ Klagefrau, Djedet, die Kühlende). Auch die jeweils anschließenden Partizipialkonstruktionen demonstrieren, daß es sich um eine Aufzählung der Leistungen von Isis im Totenkult ihres Gatten und Bruders handelt. Besonders interessant ist nun, daß bei der Adaption dieses dem thebanischen Dekadenkult entstammenden Textes in Philae, sowohl an der Westkolonnade als auch in der Parallele am Westtor des Pronaos (Philae-Photo 1331), die Passage so abgewandelt wurde, daß Isis selbst es ist, die all diese Taten ausführt und sich im Zuge dessen in der Ich-Form mit den entsprechenden Göttinnen und Beiworten identifiziert. Die ursprüngliche Form der Liturgie ist hingegen neutral in der 3. Person formuliert (d. h. der Sprecher ist anonym, bzw. wohl als Ritualist zu identifizieren) und die genannten Leistungen werden als Leistungen von Isis und Nephthys ausgegeben, wobei die folgenden Epiklesen, deren Anzahl zudem im Vergleich mit der etwas längeren Liste in Philae beschränkter ist, anscheinend auf die beiden Schwestern aufzuteilen sind:440 438 Zu diesem Epitheton der Isis von Philae, das sie in ihrer Rolle als diejenige, die Osiris mit kühlem Wasser erfrischt und belebt, trägt, siehe unten, 4.1.2. 439 Ausführlich dazu COULON, Deux versions; Erstedition (anhand des Hauptzeugen pWien 3865) von HERBIN, Liturgie. 440 Die Version von pWien 3865 verwendet in den abschließenden Sätzen der Passage allerdings jeweils das Suffixpronomen der 3. Pers. fem. singular (=s), was bedeuten könnte, daß auch hier Isis und
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Seine (= Horus’) Mutter Isis führt für dich ein Totenopfer („Herauskommen auf die Stimme“) aus, Nephthys libiert Wasser für dich. Es ist Iuhet/die Klagefrau, die als Erste um ihren Mann geklagt hat, und Agebet/die Trauernde, die um ihren Bruder trauert. Komme heraus auf ihre Stimme! Empfange das Wasser aus ihrer Hand (bzw. „ihren Händen“)! Möge sie erfrischen (bzw. „mögest du erfrischen“) dein Herz mit ihrer Libation (bzw. „ihren Libationen“), wenn sie (bzw. „sie (Pl.)“) ein Totenopfer für dich vollzogen hat (bzw. „haben“), mit allen guten Dingen. In Karnak wurde die Dekadenliturgie auf Türpfosten von Osiriskapellen geschrieben und für das Choiakfest adaptiert.441 Die Einfügung des Textes in die Tür der Westkolonnade, die ja in Richtung auf das Abaton auf der Nachbarinsel Bigge ausgerichtet ist,442 ist ebenfalls im Hinblick auf den lokalen Osiriskult und die zentrale Rolle der Isis innerhalb dessen zu interpretieren.443 4.1.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a.444 Text/Hauptpublikation Philä I, 25–32 Anbringungsort Philae, 1. Pylon, Ostturm, Südseite, Monumentalszene (1. Register) Bibliographie MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 52–53 Inhalt der Szene Ptolemaios XII. erschlägt die Feinde vor Isis, Horus von Edfu, Hathor, Sopdu. Text: – Beischrift der Isis (29, 3–8): Dd mdw jn As.t wr.t mw.t-nTr Rezitation durch Isis, die Große, die Gottesmutter, Sps.t wsr.t Hnw.t iA.t-rq die Edle, die Mächtige, die Gebieterin von Philae iwHj.t nfr.t m Hw.t mH.y die gute Klagefrau im Trauergemach(?), [sAw? sn=s?…] m Dw StA die ihren Bruder(?) im geheimen Berg behütet(?),
441 442 443 444
Nephthys letztlich als eine Einheit, bzw. Aspekte einer Göttin (hier wäre dann wohl auch Isis die dominierende) verstanden wurden, vgl. dazu den Kommentar von HERBIN, Liturgie, S. 111, 16). COULON, Deux versions, S. 117–119. Auch die Osirishymne mit teilweiser Parallele von PhilaePhoto 1331 ist auf einem Türrahmen angebracht (Westtor des Pronaos). Zur Westkolonnade und ihrem Bezug auf Bigge siehe H. JARITZ, Die Westkolonnade von Philae. Bauliches Bindeglied der kultischen Beziehung zwischen Philae und Bigga, in: MDAIK 47, 1991, S. 179–189, bes. S. 183 zu diesem Tor („Öffnung 9“). Zum Dekadenkult von Philae und Bigge mit der regelmäßigen Überfahrt der Isis siehe unten, 4.1.2. Aufgrund der großen relevanten Textmenge aus Philae, die insbesondere viele Hymnen und längere Inschriften für Isis (s. o.) beinhaltet, wurden ergänzend nur Inschriften einiger Ritualszenen ausgewählt, die demgegenüber neue oder besonders interessante Epitheta und Informationen enthalten.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Hm.t nswt tp.t n.j.t [(Wn-nfr mAa xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), Ra.t xnt tA rr Sonnengöttin an der Spitze von Dendara. Kommentar: Die in der Szene dargestellten Gottheiten sind in ihren Beischriften nicht nur dem Tempel von Philae selbst (oder Bigge), sondern daneben weiteren Orten und Gauen zugeordnet: so ist Isis von Philae auch die Göttin von Dendara, Horus der Herr von Edfu und von Philae, Hathor von Bigge auch die Göttin von Dendara und Edfu, und Sopdu der Herr von Saft elHenna (20. u.äg. Gau). Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä I, 40–41 Philae, 1. Pylon, Ostturm, Nordseite, untere Reihe, westliche Szene MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 74 Ptolemaios XII. reicht Isis Wein.
Text: – Beischrift der Isis (40, 13–18): (Dd mdw jn) As.t dj(.t) anx nb(.t) iA.t-rq (Rezitation durch) Isis, die Lebensspenderin, die Herrin von Philae, nb.tj rxy.t Hnw.t tA.wj die Königin (‚die Beiden Herrinnen‘) der Menschen,445 Gebieterin der Beiden Länder, Sps.t wsr.t m xnt-Hn wD(.t) mdw m stp-sA die Edle, die Mächtige in Nubien(?),446 die Befehle erteilt im Palast, nb(.t) xbj ir=tw n kA.t=s die Herrin des Tanzes, den man für ihren Ka aufführt, Dr xaj @r Hr s.t it=f seitdem Horus auf dem Thron seines Vaters erschienen ist. – Göttliche Randzeile (41, 5–9): HqA.t sA.t Gbb wr […] m xtmn Die Herrscherin, die Tochter des Geb, groß an [Ansehen?] in der Welt, Sps.t wsr.t Hnw.t m aH.t Sd.t(?)447 die Edle, die Mächtige, die Gebieterin im Palast der Ernährerin(?), sAw(.t) ib n fnD anx die das Herz desjenigen, „Dessen Nase lebt“ (= Osiris), erfreut,
445 Zu diesem Epitheton, siehe PREYS, Isis et Hathor. 446 Unsicheres Toponym; ein Ort bzw. eine Region in Nubien heißt vollständig eigentlich ¢ntj-Hn-nfr, siehe GDG IV, 182–183; Wb III, 306, 12. 447 Oder aH.t StA.t? Vgl. die Parallele zur Hymne Nektanebes in Philä II, 136–137, s. o.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nb(.t) inm.t Hnw.t Hnks.w(t) die Herrin des Weines, die Gebieterin der Bezopften (Frauen), As.t dj(.t) anx nb(.t) Hw.t-xnt Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des ‚Ersten Heiligtums‘ (= Philae). Kommentar: Das Weinopfer ist besonders mit der Fernen/Gefährlichen Göttin verbunden,448 die Isis hier – wie sonst häufig Hathor und Tefnut – verkörpert. Auf die Opfergabe und die damit häufig verbundenen Themen des Rausches und der Festlichkeit spielen die Epitheta „Herrin des Tanzes“ und „Herrin des Weines, die Gebieterin der Bezopften“ an, während die übrigen Epitheta relativ typisch für Isis von Philae sind und ihre Beziehung zu Horus und dessen Thronbesteigung sowie zu Osiris hervorheben. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Inhalt der Szene
Philä I, 231–232 Philae, 1. Pylon, Westturm, Torraum, Westwand, mittleres Register MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 118–119; ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 61 (kurze Bemerkung zum Spruch der Königin) Ptolemaios VI. spielt Sistren vor Isis, hinter dem König steht die Königin (Kleopatra II.).
Text: – Spruch (232, 1–2): irj sSS.tj m Hr=T nfr Ich spiele die beiden Sistren vor deinem schönen Antlitz, As.t ir.t Ra iw.tj sn.(tj)=s Isis, Auge des Re, deren Zweite es nicht gibt. – Worte der Königin an den König (232, 3–4): sn=i mr.w mH ib=k n/m As.t Mein geliebter Bruder, fülle dein Herz mit Isis (= vertraue auf Isis), nts nb(.t) nTr.w Hnw.t nTr.wt denn sie ist die Herrin der Götter, die Gebieterin der Göttinnen. – Beischrift der Isis (232, 5–7): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, ir.t Ra nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb das Auge des Re, die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, wsr.t m WAs.t aA.t m Iwn[.t] [… m] inb HD is b[… ….] die Mächtige in Theben, die Große in Dendara, … in Memphis, und …
448 Siehe dazu z. B. VON LIEVEN, Wein, Weib und Gesang; POO, Wine and Wine Offering, S. 153–155.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kommentar: Auffällig ist die direkte Empfehlung der Königin an den König, Isis in sein Herz aufzunehmen, die gewissermaßen eine persönliche ‚Propagierung‘ der Göttin durch die Königin andeutet. Ganz ähnliche Worte sind Kleopatra II. auch auf dem Türsturz der Innenseite des zentralen Tors im 2. Pylon in den Mund gelegt:449 – Mein geliebter Bruder, fülle dein Herz mit Isis, denn sie ist die Herrin der Männer und Frauen! (Westseite) – Mein geliebter Bruder, fülle dein Herz mit Isis, (denn) sie ist wirkmächtiger als Millionen von Truppen! (Ostseite) Die Beischrift der Isis selbst in der Szene am 1. Pylon schließt nach allgemeinen Haupttiteln, die in dieser Kombination vor allem für Isis von Dendara bekannt sind (s. u., Kap. 4.6), mit einer Kurzversion der kulttopographischen Litanei (Dendara selbst ist auch genannt), die ebenfalls besonders in Dendara vertreten ist.450 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä II, 46–47 Philae, Mammisi, Sanktuar (Kammer 3), Westwand, untere Reihe, 2. Szene von Norden – Ptolemaios VIII. reicht Isis, die Horus säugt, Speisen (fAj ix.t).
Text: – Beischrift der Isis (47, 5–6): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) iw[-rq] (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae, Dsr s.t xnt iw-wab.t mit geheiligtem/erhabenem Sitz an der Spitze des Abatons.451 – Göttliche Randzeile (47, 12–15): bjk.t mw.t-nTr xpr(.t) m HA.t Die Falkengöttin, die Gottesmutter, die am Anfang entstanden ist, irj(.t) ATj.t Hr swr xy m rnp die als Amme fungierte beim Großziehen des Kindes zum Jüngling,
449 MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 161–162; WINTER, Tempelreliefs, S. 101 (nur Ostseite); vgl. dazu auch ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 61–62. 450 Siehe vor allem die ausführlichen Versionen Dend. Isis, 78, 16–79, 5 und Dend. I, 20, 14–21, 5. 451 JUNKER/WINTER, Philä II, 47, lesen Dsr=s s.t und übersetzen: „die herrlich sein läßt den Thron auf dem Abaton“. Die Zeichen am Anfang sind etwas zerstört; m. E. könnte das auch als BuchrolleDeterminativ gedeutet werden, zumal in der Epitheta-Reihung sowieso eher ein Partizip als eine sDm=f-Form zu erwarten ist.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
HqA.n=f tA.wj dmD.n=f sxm.tj so daß er die Beiden Länder beherrschte und die Doppelkrone vereinigte,452 nswj.t bjtj.t As.t wr.t mw.t-nTr nb.t Iw-rq die Königin von Ober- und Unterägypten Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae. Kommentar: Aufgrund des Anbringungsortes der Szene im Sanktuar des Mammisi wird hier der mütterliche Aspekt besonders hervorgehoben, z. B. durch die mehrfache Nennung des Epithetons „Gottesmutter“. Isis wird in Beziehung mit ihrem Sohn dargestellt, auf dem hier das Hauptaugenmerk liegt. Ein Gegengewicht dazu bildet aber die Erwähnung ihrer Entstehung in der Urzeit, wodurch sie zur Urgöttin wird. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä II, 184–185 Philae, Mammisi, Vorhalle, Ostwand, dritte Reihe von oben, nördliche Szene – Tiberius reicht Isis, die den auf ihrem Schoß sitzenden Horus säugt, zwei Spiegel. Hinter Isis sitzt Seschat.
Text: – Beischrift der Isis (185, 6–7): (Dd mdw jn) As.t dj(.t) anx nb(.t) Iw-rq (Rezitation durch) Isis, die Lebensspenderin, die Herrin von Philae, Hnw.t nb(.t) iw-wab.t rr(.t) sA=s m Hw.t-wtT die Gebieterin, die Herrin des Abatons, die ihren Sohn nährt im ‚Zeugungshaus‘ (= Mammisi).453 – Göttliche Randzeile (185, 10–15): wnn mw.t-nTr Hr sanx sA=s xnt sbx.t anx Es ist die Gottesmutter beim Beleben ihres Sohnes im/an der Spitze des ‚Tor des Lebens‘ (= Mammisi),454 r irj nb um Herr (= König) zu werden, Hr Ssp kA.t irj Xr.t sA={T} und sie empfängt die Arbeit, die den Bedarf ihres Sohnes bereitet, 452 Die bei der sDm.n=f-Form eigentlich zu erwartende Vorzeitigkeit der Aussage würde hier inhaltlich keinen Sinn ergeben; die Form wird nicht mehr historisch korrekt verwendet. Dieses Phänomen ist bereits ab der 3. Zwischenzeit häufiger bezeugt, siehe JANSEN-WINKELN, Spätmittelägyptische Grammatik, S. 57–58, §§ 91–92; vgl. auch, zur griechisch-römischen Zeit, HERBIN, Parcourir l’éternité, S. 42–45; und ferner KURTH, Einführung II, S. 912–913, § 236 E, mit Erklärung als „Futurum exactum“. 453 Zu den verschiedenen Bezeichungen der Mammisis, vgl. die Belegliste bei DAUMAS, Mammisis, S. 513–519. Einige der Benennungen sind auch bei KONRAD, Architektur und Theologie, besprochen, siehe ibid., Index, s. v. 454 Speziell zu dieser Bezeichnung vgl. BUDDE, Götterkind, S. 369–373.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Hr mAA nfr.w n Hm={T}455 und betrachtet die Schönheit ihrer Majestät, sj m HqA.t n nTr.w Hnw.t n nTr.wt (denn) sie ist die Herrscherin der Götter, die Gebieterin der Göttinnen, itj(.t) wtT nTr nfr die Fürstin, die den Guten Gott gebar. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä II, 186–187 Philae, Mammisi, Vorhalle, Ostwand, vierte Reihe von oben, südliche Szene – Tiberius überweist Opfer an Isis, Osiris und Harendotes.
Text: – Beischrift der Isis (187, 9–14): (Dd mdw n) As.t dj(.t) anx (Rezitation durch) Isis, die Lebensspenderin, nb(.t) iw-wab.t Hnw.t nb(.t) Iw-rq die Herrin des Abatons, die Gebieterin und Herrin von Philae, Sps.t wsr.t s.t-msxn.t die Edle, die Mächtige (an der Spitze) des ‚Sitzes des Gebärens‘ (= Mammisi), mw.t-nTr n @r kA nxt die Gottesmutter des Horus, des starken Stiers, HqA.t mnx.t Hm.t n HqA vortreffliche Herrscherin, Gemahlin des Herrschers, irj(.t) msw.t HqA m s.t tn die den Herrscher an diesem Ort gebiert. – Göttliche Randzeile (187, 23–29): aA.t m p.t ifd n tA Xr wD.t=s Die Große im Himmel, unter deren Befehl die vier Ecken der Erde sind, itj.t n tpj.w-a HqA.t n ij(.w) Hr sA=s die Fürstin der Vorfahren, die Herrscherin der Nachfahren, nhp nTr.w r dwA=s ra nb zu deren Lobpreis sich die Götter früh erheben jeden Tag, nb(.t) njw.wt spA.wt Hna sn=s sA=s die Herrin der Städte und Gaue zusammen mit ihrem Bruder und ihrem Sohn,456 As.t dj(.t) anx nb.t iw-wab.t nw.t nb(.t) Iw-rq Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abatons, die Gebieterin und Herrin von Philae.
455 Die wiederholte Verwechslung der Suffixe zeigt an, daß der Randzeilentext wahrscheinlich aus einem in der 2. Pers. sing. an eine Göttin gerichteten Hymnus adaptiert wurde. 456 Zu dieser Phrase vgl. die kulttopographischen Litaneien Dend. Isis, 78, 16–79, 5, und Dend. I, 20, 14–21, 5, mit Parallelen.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kommentar: Die hier angeführten Szenen Philä II, 184–185 und 186–187 stehen ganz im Zeichen der Funktion des Mammisis und stellen insbesondere die Herrschaft der Isis bzw. der osirianischen Familie über das ganze Land und die Geburt ihres Sohnes, ebenfalls rechtmäßiger Herrscher durch sein Erbe, heraus. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä II, 220–223 Philae, Mammisi, östliche Außenwand des Geburtshauses, südlicher Abschnitt, mittlere Reihe – Die Sieben Hathoren schlagen Tamburin vor Isis und Hathor (Ptolemaios XII.).
Text: – Beischrift der Isis (221, 1–4): (Dd mdw jn) As.t dj(.t) anx (Rezitation durch) Isis, die Lebensspenderin, nb(.t) iA.t-wab.t mw.t-nTr n bjk nbw die Herrin des Abatons, die Gottesmutter des Goldfalken, nhm=tw n=T m tA nb man jubelt dir zu in jedem Land, Dr papa.tw Hm=T m Xnw IA.t-dj seitdem deine Majestät geboren wurde in Iat-di (Dendara).457 – Beischrift der Hathor (221, 5–8): (Dd mdw jn) @w.t-@r wr.t nb(.t) %nm.t (Rezitation durch) Hathor, die Große, die Herrin von Senmet, Sps.t wsr.t Hnw.t nTr.wt die Edle, die Mächtige, die Gebieterin der Göttinnen, nb(.t) tx(.t) nb(.t) hy nb(.t) Hsj(.t) die Herrin der Trunkenheit, die Herrin des Jubelns, die Herrin des Singens, nb(.t) antj.w Hnw.t Ts mAH die Herrin der Myrrhen, die Gebieterin des Kränze-Flechtens. – Göttliche Randzeile (die sich hier ausnahmsweise auf beide Göttinnen bezieht) (221, 9– 12): wnn nTr.wt aA.w(t) nb.w(t) BAq.t Es sind die großen Göttinnen die Herrinnen Ägyptens, snsn %nm.t m Htp indem sie sich in Frieden mit Senmet vereinigen (= auf Senmet niederlassen). it=sn Ra Hngg n ptr=sn Haj=f ra nb Hr mAA=sn Ihr Vater Re freut sich bei ihrem Anblick und jubelt täglich, wenn er sie sieht. 457 Zur Geburt der Isis in Dendara vgl. Kap. 4.6. Vgl. auch eine Aussage in einer Randzeile der Isis am Großen Fenster der Westkolonnade (Philae-Photo 631): papa(.t) m Iwn.t irj(.t) s.t=s m Iw-rk „geboren in Dendara, hat sie sich (dann) in Philae niedergelassen“, siehe KOCKELMANN, Zur Kultpraxis, S. 101, m. Anm. 23; weiterhin ID., Wem gehören die Götter?, S. 91–95.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kommentar: Isis und Hathor sind hier als Rezipienten des Tamburinspiels durch die Sieben Hathoren nebeneinander gestellt und werden auch in der Randzeile gemeinsam angesprochen, was nicht üblich ist, da die Randzeilen sich in der Regel nur auf die vordere Gottheit beziehen.458 Außerdem wird Re als ihr gemeinsamer Vater genannt. In den wörtlichen Reden der Sieben Hathoren finden sich Lobsprüche auf Isis und Hathor: – Rede der Hathor von Theben (221, 26–27): hy n=T hy n kA.t=T As.t dj(.t) anx nb(.t) iA.t-wab.t Jubel für dich, Jubel für deinen Ka, Isis, Lebensspenderin, Herrin des Abaton! – Rede der Hathor (von Dendara?)459 (221, 29–30): iHy n=T Sps.t nb(.t) iHy ir.t Ra xnt %nm.t Musik für dich, Edle, Herrin der Musik, Auge des Re an der Spitze von Senmet! – Rede der Hathor von Qusae (222, 3–4): dxn460=tw n=T Sps.t nb(.t) tA.wj Man klatscht (o. ä.) für dich, Edle, Herrin der Beiden Länder, nbw.t sA.t Ra Hnw.t nTr.wt Goldene, Tochter des Re, Gebieterin der Göttinnen! – Rede der Hathor von Herakleopolis (223, 7–8): (wdj(?))461 iAw n=T wbn(.t) m nbw Lobpreis (geben(?)) für dich (?), die als Gold aufgeht, bjk.t n BHd.t Hnw.t %nm.t Falkenweibchen von Edfu, Gebieterin von Senmet! – Rede der Hathor von Atfih (223, 11–12): nhm=tw n=T Sps.t Hnw.t nTr.wt Man schlägt die Handtrommel für dich, Edle, Gebieterin der Göttinnen, @w.t-@r wr.t nb(.t) %nm.t Hathor, die Große, die Herrin von Senmet! – Rede der Hathor von der südlichen Sykomore (223, 14–15): sqr=tw n=T tbn n kA=T Man schlägt für dich das Tamburin für deinen Ka, Hnw.t wr.t nb(.t) iA.t wab.t große Gebieterin, Herrin des Abaton! – Rede der Hathor des roten Sees (223, 18–19): Hknw n Hm.t=T Freudengeschrei für deine Majestät, Hkn(.t) m anx Hrj-ib BHd.t xnt iA.t-rq die sich des Lebens erfreut inmitten von Edfu und an der Spitze von Philae! 458 Vgl. WINTER, Tempelreliefs, S. 18. 459 Die Inschrift vor dem Kopf dieser Hathor ist zerstört. Zur Häufigkeit der für die Sieben Hathoren belegten Kultort-Zuordnungen siehe M. ROCHHOLZ, Schöpfung, Feindvernichtung, Regeneration. Untersuchung zum Symbolgehalt der machtgeladenen Zahl 7 im alten Ägypten, ÄAT 56, Wiesbaden 2002, S. 44–49. 460 Zur Lesung vgl. JUNKER/WINTER, Philä II, 223, Anm. 1. 461 Das Zeichen ist beschädigt.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Philä II, 244–247 Philae, Mammisi, Außenwände des Geburtshauses, Säuleninschriften der Ostkolonnade –
Text: – Säule 1 (von S): wnn Sps.t Hr xwj Hw.t-nTr=s Es ist die Edle beim Beschützen ihres Tempels, Hr sHrj HAy.t r HAy.t=s indem sie Übel von ihrem Gemach abwehrt. wnn stj.t m s.t mrj(.t) ib=s Es ist der Schrein an dem Platz, den ihr Herz liebt, Hr sDfA Hw.t-nTr=s m Ax.w=s indem sie(?)462 ihren Tempel mit ihren Kostbarkeiten ausstattet. – Säule 2: wnn gm bA.w=s qA.tj m pr=s Es ist die ‚Deren Bas gefunden wurden‘463 erhoben in ihrem Haus, Hr sHrj sbj.w r s.t=s indem sie die Feinde von ihrem Sitz abwehrt. wnn nfr.t Hr nfr.tj m ix.wt=s Es ist die Schöngesichtige schön in ihren Dingen, Hr rdj(.t) kA.w DfA.w Hr T.t=s indem sie Nahrung und Speisen auf ihren Speisentisch gibt. – Säule 3: wnn nb(.t) pr-wr wr.tj aA.tj Es ist die Herrin des pr-wr-Heiligtums groß und großartig, Hr Sps pr=s m ix.t(?)464 wab(.t) bnr.t indem sie ihr Haus mit reinen und süßen Dingen ausstattet. wnn Hkn.t m anx Hkn.tj m nfr.w=s Es frohlockt die ‚Die sich am Leben erfreut‘465 über ihre Schönheit, Hr rdj.t Haa.wt m s.t=s indem sie Jubel gibt an ihrem Sitz. – Säule 4: wnn sxa(.t) bA.w=s xa.tj bA.tj Es ist die ‚Die ihre Bas erscheinen läßt‘466 erschienen und beseelt,
462 Der Satzstruktur nach müßte sich die Konstruktion Hr+Infinitiv eigentlich auf den Schrein stj.t beziehen, doch ist es wahrscheinlicher, daß Isis gemeint ist. 463 Häufiger Beiname der Hathor und anderer Göttinnen, vgl. Wb V, 169, 9–10; LGG VII, 310b–c; und JUNKER, Auszug der Hathor-Tefnut, S. 69. 464 Lesung nach JUNKER/WINTER, Philä II, 245. 465 Bezeichnung der Hathor und (seltener) anderer Göttinnen, LGG V, 559c–560a. 466 Epitheton von Hathor und anderen Göttinnen, vgl. Wb IV, 238, 1; LGG VI, 503a.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Hr rdj(.t) nrw n rky.w=s wenn sie ihren Gegnern Schrecken einjagt. wnn mw.t mw.wt nnj=s Es nährt die Mutter der Mütter ihr Kind, Hr rdj(.t) anx wAs m prj im=s indem sie Milch gibt, als das, was aus ihr hervorkommt.467 – Säule 5: wnn nb(.t) Sa.t Hr Sad sbj.w=s Es ist die Herrin des Gemetzels beim Zerstückeln ihrer Feinde Hr rdj(.t) snD=s n sbj.w n njw.wt=s und flößt die Furcht vor ihr den Feinden ihrer Städte ein. wnn aSA(.t) iwn.w [… … … Es ist die Farbenreiche […], … …] Hw.t-nTr=s m [… b]Tnw.w=s [indem sie] ihren Tempel [beschützt?] vor ihren Rebellen. – Säule 6: wnn Hrj.t-tp m HA.t it=s Es ist das Diadem an der Stirn ihres Vaters, Hr wbd wbn[-rA]468 m nbj.t n[j.t] ir.tj=s indem es den Bösen (o.ä.) verbrennt mit der Flamme ihrer Augen. wnn xsbD […] m [… …] m Smy.t=s Es ist die Lapislazuli(farbene?) beim… in ihrem Umgang/Korridor, Hr xsf xftj.w xr xm=s indem sie die Feinde von ihrem Heiligtum abwehrt. – Säule 7: wnn THn.t THn.tj m Hr=s Hr [… … …] wp.t=f Es glänzt die Glänzende in ihrem Angesicht, indem sie … … seinen Scheitel. wnn mfkA.t mAw.tj n mAwj=s Hr sHrj(?) [… …] Es ist die Türkisfarbene von neuem erneuert, wenn sie vertreibt(?) […]. Kommentar: Die Säuleninschriften dienen offenbar vor allem dem Fernhalten alles Feindlichen von der heiligen Geburtsstätte. Zu diesem Zweck wird die Göttin, deren Eigenname nicht genannt ist, in ihrer wütenden und kämpferischen Rolle dargestellt, wobei der klare, parallele Aufbau der Texte und noch mehr die Anhäufung von Wortspielen (besonders mit den Rufnamen/Epitheta) und Alliterationen den magischen Charakter dieser Inschriften hervorheben und ihre Wirkung verstärken. Viele der darin vorkommenden Epitheta sind für Hathor geläufiger als für Isis; da keiner der beiden Namen explizit genannt ist, könnten beide gemeint sein, bzw. Isis in ihrem Aspekt als Hathor-Sonnenauge-Uräus. Zumindest ist in den Versen immer wieder mit Bezug auf die gemeinte Göttin von „ihrem Tempel“ etc. die Rede, was eine Zuordnung an Isis (unter ihrem speziell kriegerischen Aspekt) m. E. wahr467 Oder evtl. m für n: „indem sie dem, der aus ihr hervorkam, Milch gibt“, vgl. JUNKER/WINTER, Philä II, 245. 468 O. ä., vgl. Wb I, 295, 7; 9 und 11. Geschrieben steht wbm[…], aber das m kann für n stehen.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
scheinlich macht. Auch die Phrase „Es nährt die Mutter der Mütter ihr Kind, indem sie Milch gibt, als das, was aus ihr hervorkommt“, die an sich wenig in den Gesamtkontext hineinpaßt, spricht für Isis und stellt den spezifischen Bezug zum Mammisi her. Die Inschrift der Säule 3 fällt insgesamt aus dem apotropäischen Charakter der übrigen Säulen heraus. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Philä II, 304–305 Philae, Mammisi, Ostaußenwand des Naos, Friesinschrift –
Text: hrw pn nfr rA-15 n sn.nw n Ax.t Dieser schöne Tag des 2. Tages des 2. Monats der Überschwemmungsjahreszeit (2. Paophi),469 Hb aA n.j tA Dr=f hrw pf swD pr n nb=f das große Fest des ganzen Landes, jener Tag des ‚Übergebens des Hauses an seinen Herrn‘, As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) pr msw.t (nämlich) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin des Geburtshauses, Sps.t wsr.t Hnw.t Iw-rq HqA.t mnx.t xnt iw-wab.t die Edle, die Mächtige, die Gebieterin von Philae, die treffliche Herrscherin an der Spitze des Abaton, Ra.t wr.t m ifd nn.t große Sonnengöttin in den vier Ecken des Himmels, Hm.t nswt tpj.t n Hm n nswt bjtj Wsjr Erste Königsgemahlin der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten Osiris, mw.t nswt n @r kA nxt die Königsmutter des Horus, des starken Stiers. p.t m Hb tA m mfk Der Himmel ist im Fest, die Erde ist in Freude, [gs.wj pr.wj sTA]470 m THn die Tempel werden getragen von Freudenglanz, nTr.w m hy nTr.wt m Hnw Hnmm.t m Aw(.t)-ib die Götter sind in Jubel, die Göttinnen sind beim Jauchzen und das Sonnenvolk ist in Herzensfreude, mAA=s mnw pn nfr iry n=s (…) wenn sie (Isis) dieses schöne Denkmal sieht, das ihr gemacht hat (der König …) (…) snDm Hm.t=s m xnt=f m Hb Rnn.t Ihre Majestät läßt sich darin nieder zum Fest der Renenet Hr dj(.t) sA=s r tA m qAb=f und bringt ihren Sohn zur Welt in seinem Inneren (…).
469 Datumsangabe wörtlich als Bruch angegeben: „1/15 des 2. Monats…“. 470 Zur Ergänzung vgl. WINTER/JUNKER, Philä II, 305, Anm. 6.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kommentar: Dem obigen, erst unter Augustus angebrachten Text zufolge wurde am 2. Paophi das Geburtshaus feierlich eingeweiht. In Philae ist kein Festkalender erhalten und es ist unklar, an welchem Datum das Geburtsfest des Horus gefeiert wurde.471 Die Erwähnung des Festes der Renenet könnte aber auf ein Datum im Pharmuthi (IV pr.t) oder zu Beginn des Pachons (I Smw) hindeuten. 472 Der 1. Pachons galt interessanterweise immerhin gleichzeitig als Geburtstag des kindlichen Korngottes Neper.473 Des weiteren fanden den Festkalendern der griechisch-römischen Zeit zufolge an diesem Datum auch die Feierlichkeiten (bzw. deren Höhepunkt) zur Geburt der lokalen Kindgötter in Kom Ombo (Panebtaui) und Esna (Heka) statt.474 Vgl. auch die korrespondierende Randinschrift auf der gegenüberliegenden Außenwand (Philä II, 362–363), die ein weiteres Fest (das der Fertigstellung?), nun am 2. Epiphi, thematisiert. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä II, 322–323 Philae, Mammisi, Westaußenwand des Naos, untere Reihe, 9. Szene von Süden – Tiberius opfert Isis vier geschlachtete Gazellen, hinter ihr Harendotes.
Text: – Göttliche Randzeile (323, 19–24): (nswj.t bjtj.t) bA.t r nTr.w Die Bat (Beseelte o.ä.)475 mehr als die (anderen) Götter, Sps.t Tnj.tj r nTr.wt die Edle, erhoben über die Göttinnen, dSr(.t) Hr r sbj.w n sA=s mit (zorn)rotem Angesicht gegen die Feinde ihres Sohnes, prj xrwyw m wD.t.n=s nach deren Befehl das Unheil/der Kampf hervorkommt, Nsr.t wsr.t Hnw.t SmAy.w die Flammende, die Mächtige, die Gebieterin der Wanderdämonen,476 As.t dj(.t) anx nb(.t) iw-wab.t Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abatons.
471 Vgl. zur Diskussion der Festdaten SANDRI, Har-pa-chered, S. 185, Anm. 1143. 472 Siehe H. ALTENMÜLLER, s. v. „Feste“, in: LÄ II, Sp. 171–191: 178, auch zu anderen möglichen Daten des Renenutet-Festes. 473 S. SCHOTT, Altägyptische Festdaten, Mainz 1950, S. 103, Nr. 132–133bis; BROEKHUIS, Renenwetet, S. 63–66. 474 Siehe die Übersicht bei A. GRIMM, Festkalender, S. 403–405. DAUMAS, Mammisis, S. 242 u. 246– 252. 475 Zu Isis als Bat, siehe MÜNSTER, Isis, S. 115–116; BERGMAN, Isis-Seele, S. 36–41. 476 Vgl. zu dieser Dämonengruppe den Text Philä III, Nr. 143, m. Anm. 391.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kommentar: Entsprechend dem Szenentypus enthalten auch die übrigen Begleittexte kriegerische Epitheta und Anspielungen. Daher wird auch Isis hier als Gefährliche Göttin (Sachmet/Hathor) charakterisiert. Die geschlachteten Gazellen symbolisieren dabei die getöteten Feinde, vor denen Schutz gewährt werden soll. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä II, 338–339 Philae, Mammisi, Westaußenwand des Naos, mittlere Reihe, 8. Szene von Süden – Tiberius reicht zwei Blumensträuße an Isis, die Horus säugt; hinter ihr sitzen Seschat und Maat.
Text: – Göttliche Randzeile (339, 19–24): wnn mw.t-nTr xaj.tj m Hw.t-wtT Es ist die Gottesmutter erschienen im ‚Haus der Zeugung‘ (= Mammisi), Dm.t pw Ab(.t) ib=s Hr THn stw.t Hr baH Ax.t diesem Sitz, den ihr Herz wünscht, indem sie erglänzt mit Lichtstrahlen und das Feld überschwemmt, Hr swrx tp.w=s m sbt.wt und indem sie ihre Äcker grünen läßt mit Blumen, sj m nTr.t nb(.t) Ax.t HqA.t wADwAD AxAx Sn.w nb m wbn=s denn sie ist die Göttin, die Herrin des Feldes, die Herrscherin der Vegetation, bei deren Aufgang alle Bäume erblühen/sprießen. Kommentar: Isis wird hier, passend zum Zusammenhang des Überreichens der Blumensträuße, als Feldund Vegetationsgöttin dargestellt, die mit ihrer Leuchtkraft (wie der Sonnengott) die Natur zum Leben erweckt.477 Vgl. ihre Identifikation mit dem Feld selbst in Philae-Photo 1298, s. o., 4.1.1.A. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä II, 358–359 Philae, Mammisi, Westaußenwand des Naos, obere Reihe, 9. Szene von Süden – Tiberius reicht Isis Sistren.
477 Vgl. z. B. auch die Stabstrauß-Szene Philä III, Nr. 24, und die Feld-Übergabe in Philä III, Nr. 122, mit ähnlichen Epitheta.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Text: – Spruch (359, 1–2): irj.n=i sxm sSS.t m Hr=T nfr Ich spiele das sxm- und das sSS.t-Sistrum vor deinem schönen Angesicht, ir.t Ra iwt.t sn.nw=s m p.t tA{.wj} Auge des Re, deren Zweite es nicht gibt im Himmel und auf Erden. – Königliche Randzeile (359, 13–18): ij.n=i xr=T Sps.t Hnw.t mw.t-nTr n bjk n nbw Ich bin zu dir gekommen, oh Edle, Gebieterin, Gottesmutter des Goldfalken, inj(=i) n=T sxm sjar=i n=T sSS.t und ich bringe dir das sxm-Sistrum, ich erhebe für dich das sSS.t-Sistrum, sHtp=i kA=T rwj=i qnd=T damit ich deinen Ka zufrieden stelle und deinen Zorn weichen lasse, Twt wr.t Hnw.t iry-sj denn du bist die Große, die Gebieterin dessen, der sie gemacht hat, iT(.t) tA.w{j} nb.w m nfr.w=s die alle Länder mit ihrer Schönheit einnimmt. Kommentar: Der Spruch des Königs entspricht dem Beginn des Sistrumhymnus, der in Philae-Hymne 7 und zahlreichen Parallelen belegt ist (siehe dort). Die hymnische Anrede des Königs an Isis wird innerhalb der Szenenbeischriften in der Königlichen Randzeile fortgesetzt, die die besänftigende Wirkung der Sistren für die gefährliche Göttin hervorhebt. Eine gewisse göttliche Vormachtstellung der Isis geht aus dem Epitheton Hnw.t iry-sj hervor: Obwohl geschaffen durch einen männlichen Schöpfergott (gemeint ist wohl Re), wird sie als dessen Gebieterin bezeichnet. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä II, 390–391 Philae, Mammisi, Nordaußenwand des Naos, mittlere Reihe, Osthälfte, rechte Darstellung – Augustus reicht Isis zwei Spiegel; hinter ihr sitzt Bastet.
Text: – Beischrift der Isis (391, 4–8): (Dd mdw jn) As.t dj(.t) anx nb(.t) Iw-rq Isis, die Lebensspenderin, die Herrin von Philae, Hnw.t nfr(.t) m Hw.t-msxn.t die schöne Gebieterin im Geburtshaus, Hm.t mw.t nsw.t msj(.t) nb.tj Königsgemahlin und -mutter, die ‚Den der beiden Herrinnen‘ gebar. prj Sw m wxA [Dr?] bX.n=s Hm=f Es kam Licht hervor in der Dunkelheit, als sie seine Majestät gebar.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
– Göttliche Randzeile (391, 16–20): wnn Ra[.t… …] wsr.t wbg(.t) Snw n tA Es ist die Sonnengöttin…., die Mächtige, die den Umkreis der Erde beleuchtet, Hr HAj Hw.t=s Hr bd [i]mj=s indem sie ihren Tempel erhellt und das, was darin ist, erleuchtet, Hr wD(.t) mAw xr bw-nb und indem sie die Lichtstrahlen jedermann anbefiehlt, sj mj Ax.tj wbn m Ax.t stw.t [… … … …] denn sie ist wie der Horizontische, der am Horizont aufgeht, Strahlen… Kommentar: Während sich die Legende der Göttin hauptsächlich um die Geburt ihres Sohnes dreht, bildet der letzte Satz dieser Inschrift eine passende Überleitung zur göttlichen Randzeile, die Isis als leuchtende Gestirnsgöttin, angenähert an den männlichen Sonnengott, beschreibt. Das Mysterium der göttlichen Geburt wird durch Licht erhellt, und sie verteilt dieses Licht an „jedermann“. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Philä III, Nr. 6; S. 16–17 Philae, 2. Ostkolonnade, Säule 1 von S, Ostseite – Ptolemaios XII. reicht Isis eine Uräusschlange.
Text: – Spruch: mn n=T Hrj.t-tp Ra.t m Iw-r[q] Nimm dir die Stirnschlange, (oh) Sonnengöttin in Philae, itj.t n tA Hr ndb=f Fürstin der Erde auf ihren Fundamenten (= der ganzen Erde), WAD.t n.t(?) {Dt}478 Ra wr Uto/die Grüne (Uräusschlange) von (?) Re, dem Großen/Alten,479 Hrj(.t) nTr.w m pr.w-wr.w r nTr.w nb die über den Göttern ist in den Per-wer-Heiligtümern, mehr als alle Götter. – Beischrift der Isis: Dd mdw in As.t dj(.t) anx nb(.t) Iw-rq (Rezitation durch:) Isis, die Lebensspenderin, die Herrin von Philae, sn.t-nTr mnx.t Hrj-ib iA.t-wab.t die vortreffliche Gottesschwester, die an der Spitze des Abatons ist, papa(.t) m Iwn.t n grH nxn m sS(=f) die geboren wurde in Dendara in der ‚Nacht des Kindes in (seinem) Nest‘,480
478 Die Dt-Gruppe kann ich mir nur als Versehen erklären, die möglicherweise aufgrund der häufigen Nähe von Dt und Ra in den Rückenschutzformeln (so auch in dieser Szene) hier fälschlich hineingekommen ist. 479 Vgl. zu diesem Götternamen LGG IV, 622–623. Von KOCKELMANN/WINTER, Philae III, S. 16, wird das Zeichen des Mannes mit kurzem Stock in der Hand nicht transliteriert und übersetzt.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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xpr nhm m tA Dr=f so daß Jubel entstand im ganzen Land. – Göttliche Randzeile (oben): […Hr]481 &msxn.tj\=s482 […auf] ihren &Geburtsziegeln\, xaj nswt n tA Xr s.t-rA=s auf deren Ausspruch hin der König des Landes erscheint (auf dem Thron), As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Kommentar: Im Zusammenhang mit dem in der Szene überreichten Herrschaftssymbol der Uräusschlange lobt der König Isis im Spruch als Herrscherin der Erde und identifiziert sie selbst als Uto und damit als eine Erscheinungsform der Uräusschlange483 – speziell derjenigen des (großen) Re. Auch Beischrift und göttliche Randzeile der Isis beharren (nach Nennung der lokalüblichen Haupttitel) auf dem Thema Herrschaft und Königtum: Die Anspielung auf die Geburt der Isis in Dendara steht in den zahlreichen Erwähnungen im Tempel von Dendara selbst ebenfalls in diesem Zusammenhang: Bereits bei der Geburt ist Isis erwählte Herrscherin, was ideell ebenfalls vom Pharao gelten soll. Die Gegengabe der Isis an den König ist entsprechend wieder die Uräusschlange und die Herrschaft über das ganze Land. 4.1.1.C Ergänzende Texte aus Bigge, Isis- und Osiristempel Text/Hauptpublikation Bîgeh, 40 Anbringungsort Bigge, Isis- und Osiristempel, Vorhalle, Tor, nördliche Türlaibung Bibliographie WINTER, Bigge, S. 401 Inhalt 1 Kolumne für Isis, 1 für den König (Augustus). Text: As.t dj(.t) anx nb(.t) iA.t-wab[.t] Isis, die Lebensspenderin, Herrin des Abatons, Sps.t wsr.t xnt [%n]m.t die Edle und Mächtige an der Spitze von Senmet, wDA.t aA.t Hnw.t ^maw MHw das große Udjat-Auge, die Fürstin von Ober- und Unterägypten, itj.t m xtmn die Fürstin der Welt, ^ay.t wr.t xpr(.t) xnt die große Uranfängliche, die am Anbeginn entstand, 480 Vgl. zur Geburt der Isis in Dendara oben, Philä II, 220–223, und besonders die zahlreichen Parallelen zu obiger Formulierung in Dendara selbst, siehe dazu (und zur Datumsangabe) Kap. 4.6. 481 Fast die Hälfte der Zeile ist zerstört. 482 Ergänzung nach KOCKELMANN/WINTER, Philae III, S. 17. 483 Vgl. auch eine weitere Szene mit Übergabe der Uräusschlange an Isis (durch Tiberius) im Annex des Tiberius: Philä III, Nr. 121.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
iwa.n=s tA.wj Hr nwd.t=s die die Beiden Länder noch in ihren Windeln erbte.484 nts pw m njw.wt nb Hna sn=s Wsjr {s} Sie ist es, die in allen Städten ist zusammen mit ihrem Bruder Osiris. Kommentar: Die beiden Türlaibungsinschriften des Tors der Vorhalle sind den Hauptgöttern des Tempels, dem Paar Isis und Osiris (südliche Türlaibung), gewidmet und parallel aufgebaut.485 Beide werden als universelle Herrscher dargestellt, die „von Anbeginn“ in ganz Ägypten präsent waren. Der abschließende Satz des Isis-Textes findet sich, meist mit der Erweiterung um „ihren Sohn Horus“ auch als Zusammenfassung der kulttopographischen Litaneien.486 Isis’ lokale Haupttitel „Lebensspenderin, Herrin des Abaton“, die sich auch in Philae häufig finden, sind naturgemäß auf das Osirisgrab bezogen. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Bîgeh, 14, e; Taf. XIV Bigge, Isis- und Osiristempel, Westseite des Pylondurchgangs, nördlicher Türpfosten, Szene IV – Der König (zerstört; Augustus) opfert vor Isis und Harpokrates.
Text: – Göttliche Randzeile: As.t dj(.t) anx nb(.t) iA.t wab.t Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abaton, Hnw.t nb(.t) Iw-rq die Gebieterin und Herrin von Philae, Sps.t wsr.t Hnw.t m xnt-Hn-nfr die Edle und Mächtige, die Gebieterin in Unternubien(?), Hnw.t HqA.t m Snw ifd die Gebieterin, die Herrscherin im Umkreis der vier (Welt-)Ecken, nb(.t) anx Hnw.t tA die Herrin des Lebens, die Gebieterin des Landes, SAw {n} rr.t m wD.t.n=s487 Schicksal und Erziehung sind in dem, was sie befiehlt, Rnn.t nb(.t) kA.w As.t dj(.t) anx nb(.t) Iw-rq Renenet, die Herrin der Speisen, Isis, die Lebensspenderin, die Herrin von Philae.
484 Zu dieser Aussage vgl. die Texte über die Geburt der Isis aus Dendara, z. B. Dend. VI, 52, 12–53, 2; Dend. XIII, 26, 7–28, 3. 485 Vgl. WINTER, Bigge, S. 401. 486 Besonders Dend. I, 20, 14–21, 5, und Dend. Isis, 78, 16–79, 5. 487 Korrigiert nach diversen Parallelen dieser Phrase, siehe LGG VII, 7a–b.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Kommentar: Wie in der Türlaibungsinschrift (s. o.) liegt der Schwerpunkt auf Isis’ Herrschaft über die ganze Welt und ihrer Funktion als Lebensspenderin für Osiris; letzteres Thema wird jedoch auf ihre allgemeinen nährenden und lebenbringenden Kräfte erweitert, wodurch sie – hier wohl durch den Szeneninhalt bedingt – mit Renenet als Herrin der Speisen und Versorgung gleichgesetzt wird. 4.1.2
Philae: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums (inkl. Bigge)
Zur Geschichte des Isiskultes auf Philae Die ältesten auf Philae gefundenen dekorierten Steinblöcke stammen aus ramessidischer Zeit, doch in den erhaltenen Inschriften wird Isis nicht erwähnt, und die originale Zugehörigkeit zu einem Tempelbau auf der Insel ist unsicher.488 Auch die baulichen Überreste des Taharqa – ein Altar und mehrere nördlich des Tores von Nektanebes gefundene Blöcke, eventuell auch das Fundament eines Tempelbaues – zeigen zwar verschiedene Götter, darunter vor allem Amun, dem möglicherweise der Tempel geweiht war, belegen jedoch noch keinen Kult der Isis.489 Erst mit der Saitenzeit, in der generell eine entscheidende Bedeutungszunahme der Göttin zu verzeichnen ist,490 kann ihre Verehrung auf Philae sicher nachgewiesen werden: Die Reste eines kleinen Kiosks von Psammetich II. dürften gleichzeitig erstmals den Kult um das Osirisgrab oder Abaton (iA.t wab.t) auf der Nachbarinsel Bigge belegen. 491 Die Säuleninschrift nennt nämlich die Titulatur Psammetichs, gefolgt von den Worten: „geliebt von Isis inmitten der reinen Insel (iw wab)“. 492 Möglicherweise wurde der Isis- und Osiriskult also erst von den Herrschern der aus dem Delta stammenden 26. Dynastie, die in der Kataraktregion recht aktiv waren, auf Philae eingeführt. 493 Der erste wirkliche Tempelbau, dessen Grundriß unter den Bodenplatten des ptolemäischen Pronaos nahezu komplett entdeckt wurde, entstand unter Amasis.494 Das Gebäude bestand aus drei Räumen, 488 FARAG/WAHBAH/FARID, Notizie da File III; HAENY, Short Architectural History, S. 200–202. 489 FARAG/WAHBAH/FARID, Notizie da File III; F. L. GRIFFITH, Four Granite Stands at Philae, in: BIFAO 30, 1930, S. 127–130; ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 1; WINTER, „Philae“, Sp. 1025; vgl. auch ID., Die Tempel von Philae, S. 11, Abb. 16; RUTHERFORD, Island, S. 231; FISSOLO, Isis de Philae, S. 4. HAENY, Short Architectural History, S. 201–202, bezweifelt allerdings, daß der „Altar für Amun von Takompso“ sowie ein eventueller Tempel ursprünglich auf Philae standen, zumal die Blöcke alle Spuren von mehrfacher Wiederverwendung aufweisen und das Toponym bisher nicht identifiziert wurde. 490 Vgl. z. B. BERGMAN, Ich bin Isis, S. 294. Vgl. auch Kap. 4.4.2. 491 HAENY, Short Architectural History, S. 202; KADRY, Remains of a Kiosk; KOCKELMANN, L’Abaton, S. 32; ID., Zur Kultpraxis, S. 103. 492 KADRY, Remains of a Kiosk, S. 297, Abb. 4 u. Taf. 79. Er hält iw-wab für den (vorptolemäischen) Namen für Philae, da es dort und im Zusammenhang mit Isis so häufig erwähnt wird. iA.t wab.t ist aber als Abaton von Bigge bekannt; aufgrund des lautlichen Zusammenfalls werden in der Spätzeit wohl beide Begriffe gleich gebraucht. Für Philae ist dagegen nur der Name Iw-rq (auch IA.t-rq geschrieben!) ab Nektanebes belegt, vgl. WINTER, „Philae“, Sp. 1022. 493 Vgl. FARAG/WAHBAH/FARID, Notizie da File I, S. 320; WINTER, „Philae“, Sp. 1025. 494 HAENY, Short Architectural History, S. 204; FARAG/WAHBAH/FARID, Notizie da File I; FARID, Reused Blocks.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
die in einer Reihe hintereinander angeordnet waren, mit dem Tor an der Stelle des späteren Tors im 2. Pylon. Dazu gehörten diverse, später im 2. Pylon und im Hypostyl wiederverbaute, dekorierte Steinblöcke, in deren Reliefs Isis, Osiris sowie Hathor eine prominente Rolle spielen.495 In einer Maat-Opferszene trägt Isis die Beischrift As.t dj(.t) anx Hrj(.t)-ib iw-wab „Isis, die Lebensspenderin, die inmitten der reinen Insel (des Abaton) ist“.496 Der bereits vom Kiosk des Psammetich II. bekannte Titel wird hier noch durch das Epitheton „Lebensspenderin“ erweitert. Auf einem weiteren Fragment ist sie als Isis lactans dargestellt und wird As.t wr.t mw.t-nTr „Isis, die Große, die Gottesmutter“ genannt.497 Die nächste bekannte Bauphase findet erst unter Nektanebes statt,498 dessen Dynastie aus dem Isiskultzentrum Sebennytos stammte und sich dieser Göttin daher wohl besonders verpflichtet fühlte. In seinem Namen wurden das Tor im Großen Pylon und ein kleiner Kiosk am Südende der Insel errichtet. Auf Steinblöcken des Nektanebes, die ebenfalls im 2. Pylon wiederverbaut waren und sich nicht mit Sicherheit einem konkreten Gebäude(teil) (Tempel oder Kiosk?) zuweisen lassen, ist Isis „die Lebensspenderin, die Herrin des Lebens inmitten von Senmet, die Herrin von Philae“.499 Der Kiosk ist unvollständig und wurde anscheinend in der frühen Ptolemäerzeit aus seiner ursprünglichen Position versetzt und wieder aufgebaut.500 An seinem westlichen Architrav findet sich die erste bekannte Isishymne (Hymne Nektanebes, Kap. 4.1.1.A). Erst mit dem Neubau eines größeren Isistempels unter Ptolemaios II., dessen Planung aber möglicherweise bereits unter Ptolemaios I. begann,501 erlangte Philae größeren Ruhm und entwickelte sich unter den nachfolgenden ptolemäischen und römischen Bauherren zu einem wichtigen, überregional und sogar bis über die Grenzen Ägyptens hinaus berühmten Zentrum des Isiskultes.502 Titel und Charakter der Isis von Philae Der Kult der Isis von Philae steht in essenzieller, enger Verbindung zu dem auf der Nachbarinsel Bigge gelegenen Abaton, wo der lokalen Vorstellung nach das linke Bein des Osiris bestattet war, aus welchem der Nil entspringen sollte. Um den Totenkult und Schutz ihres verstorbenen Gatten auszuführen und damit seine Verjüngung und die Erhaltung des
495 Zu Szenen mit Isis als Ritualempfängerin siehe FARAG/WAHBAH/FARID, Notizie da File I, S. 318; Taf. 13: eine geflügelte Isis, die Osiris beschützt, angebetet vom König. 496 FARID, Re-used Blocks, S. 83, III.1. Auch Hathor wird als Hrj(.t)-ib iw-wab bezeichnet, ibid., S. 91, III.12. 497 FARID, Re-used Blocks, S. 89, III.9. 498 HAENY, Short Architectural History, S. 204–206; FARAG/WAHBAH/FARID, Notizie da File II. 499 FARAG/WAHBAH/FARID, Notizie da File II, S. 150; vgl. auch S. 151 zu ähnlichen Titeln von Isis und Hathor. 500 HAENY, Short Architectural History, S. 206. 501 Vgl. HAENY, Short Architectural History, S. 207. D. ARNOLD, Lexikon der ägyptischen Baukunst, München – Zürich 1994, S. 192–193, vermutet sogar, daß der Plan des Tempelkerns von Philae bereits auf Nektanebes zurückgehen könnte. 502 Zur Baugeschichte im Detail siehe HAENY, Short Architectural History. Zur überregionalen Bedeutung Philaes vgl. auch die zahlreichen Graffiti, siehe Kap. 6.2.2, unten.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Naturkreislaufes mit der Nilschwelle zu garantieren, fährt Isis alle 10 Tage in feierlicher Prozession von Philae nach Bigge über, worauf zahlreiche Texte des Tempels anspielen.503 Diese Beziehung der Isis zum Abaton zeichnet sich im gesamten Konzept der Tempeldekoration ab: Bereits GUTBUB stellte fest, daß die Haupttitel oder nahen Beinamen der Göttin sich zwischen der rechten (= W) und der linken Seite (= O) des Tempels unterscheiden.504 Die Isis der rechten Seite ist demnach As.t dj(.t) anx nb.t iw-wab „Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abatons“, die der linken Seite As.t wr.t mw.t-nTr nb.t Iw-rq „Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae“. Diese Aufteilung spiegelt einerseits ihre zweifache lokale Zuordnung wider: die zu Philae und zum Abaton von Bigge. Weitere speziell auf das regionale Umfeld bezogene Epitheta nennen sie „Herrin/Herrscherin von Senmet“ und, noch weiter ausgreifend, „Herrin der südlichen Fremdländer/Nubien“.505 Andererseits stellen die beiden Haupttitelreihen die zentralen familiären Beziehungen und daraus resultierenden Grundfunktionen der Göttin einander gegenüber, wie sie sich auch in den in komplementäre Szenen integrierten Philae-Hymnen 1 und 2 widerspiegeln:506 1. Isis als Gemahlin des Osiris, die ihn nach seinem Tode wiederbelebt und sein Grab versorgt. 2. Isis als Mutter des Horus, die ihn gebärt, aufzieht, beschützt und ihm zu seinem Königsamt verhilft. Während die Titelreihe der linken Seite neben der topographischen Zuordnung („Herrin von Philae“) mit wr.t mw.t-nTr die zwei überregional typischsten Haupttitel der Isis überhaupt beinhaltet,507 scheint das Epitheton dj.t-anx ganz speziell mit Philae und dem Abaton auf Bigge verbunden zu sein. In fast allen im LGG aufgeführten Belegen gilt diese Benennung der Isis von Philae, und zwar nicht nur nach den Inschriften in Philae selbst, sondern auch nach Zeugnissen aus anderen Orten.508 Vor der Spätzeit ist dj.t-anx für Isis entsprechend noch nicht belegt,509 doch bereits die ältesten Erwähnungen von Isis auf Philae in den Inschriften der Reste der Anlagen von Amasis und Nektanebes nennen sie mit diesem Titel (s. o.). Dieser Befund für das die lebensspendende Funktion der Isis von Philae gegenüber dem verstorbenen Osiris von Bigge betreffende Epitheton unterstützt die Annahme, daß 503 Von den hier bearbeiteten Texten: Philae-Hymne 4; Philä I, 169; Philä II, 78–79; Philae-Photos 164–165; Philae-Photo 1298; sowie die Szenen Philä I, 25–32. Zum Kult des Abatons, der ausführlich in den Texten des Hadrianstors festgehalten ist, noch immer grundlegend JUNKER, Götterdekret. 504 A. GUTBUB, Remarques sur quelques règles observées dans l’architecture, la décoration et les inscriptions des temples de Basse Époque, in: F. Geus/W. Y. Adams (Hrsg.), Mélanges offerts à Jean Vercoutter, Paris 1985, S. 123–136: 135–136. Vgl. auch INCONNU-BOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 268–271. 505 Philä I, 169; 168–169; Philä II, 6–7; 8–9; Philae-Photos 164–165; 385–386; Bîgeh, 40. Szenen Philä I, 40–41; 64–65. 506 Zu diesen beiden aus den familiären Beziehungen hervorgehenden Grundfunktionen siehe auch FISSOLO, Isis de Philae, S. 6–8. 507 Siehe unten, Kap. 5.2.1. Es handelt sich um die auch in älterer Zeit häufigen nahen Epitheta der Isis, siehe MÜNSTER, Isis, S. 191–192; 203 u. 205. 508 Vgl. LGG IV, 775b–c. 509 Vgl. das Verzeichnis der Epitheta bei MÜNSTER, Isis, S. 203–208. Eine Ausnahme bildet ein Beleg des Epithetons für Mut aus ramessidischer Zeit, siehe LGG IV, 775b–c.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
diese Kultkonzeption in der 26. Dynastie entwickelt wurde. Die Beziehung des Beinamens zu Isis’ Libationen am Abaton zeigt sich auch in der Schreibung von dj.t-anx mit Wasserdeterminativ, die häufiger in Philae vorkommt.510 Entsprechend dieser Hauptaufgabe, Osiris mit erfrischendem Wasser oder Milch zu versorgen, wird Isis in Philae auch häufig als qbH.t „Spenderin von kühlem Wasser“ bezeichnet.511 In einer Darstellung auf dem Hadrianstor libiert sie in Form einer kuhköpfigen Göttin für die vogelgestaltige Ba-Seele des Osiris und spricht dabei: „Oh Osiris, nimm das Wasser aus meinen Händen, denn ich bin deine Schwester, ich bin deine große Gemahlin.“512 Vergleichbare Ich-Aussagen der Isis in Bezug auf ihre Aufgaben im Osiriskult finden sich in größerer Anzahl auch innerhalb eines Osirishymnus an der der Insel Bigge mit dem Abaton gegenüberliegenden Westkolonnade.513 Der spezifische auf die lokale Theologie bezogene Bedeutungsinhalt des Titels dj.tanx könnte sich aber leicht zu einer allgemeinen Auffassung der Isis als „Lebensspenderin“ schlechthin erweitert haben. Die zweite Grundfunktion findet ihre konzentrierte Monumentalisierung im Mammisi von Philae,514 wo die Geburt des Horus und seine Erziehung zum rechtmäßigen Herrscher unter Obhut seiner Mutter Isis gefeiert werden. Die herausragende Rolle der Göttin betonen die jeweils in den Türdurchgängen sowie in den Randinschriften des Sanktuars angebrachten Hymnen an sie.515 Darin wird die Beziehung zu ihrem Sohn jedoch nur selten in den Mittelpunkt gestellt; stattdessen dominieren wie in den anderen Philae-Hymnen außer Hymne 1 und 2 andere Aspekte, die sie als unabhängige und mächtige Göttin auch außerhalb ihrer familiären Beziehungen präsentieren.516 Eine weitere in den Texten häufig hervorgehobene Götterkonstellation ist ihre enge Verbindung zum Sonnengott Re, für den sie als Tochter, Sonnenauge, Uräusschlange und
510 Vgl. LGG IV, 775b–c; KOCKELMANN, Zur Kultpraxis, S. 103, Anm. 35; und die Hymne PhilaePhoto 1298. 511 Z. B. Philae-Photos 1591–1592. Vgl. außerdem z. B. einen Text am nördlichen Tor der Ostwand des Mammisis von Philae (= 8. Schranke): „Solange der Himmel auf seinen vier Stützen bleibt und die Erde auf ihren Fundamenten, erscheint Isis, die Lebensspenderin, aus ihrem Haus, alle 10 Tage ohne Unterlaß. Solange Re aufgeht am Tage und der Mond erglänzt in der Nacht, wird die Kühlende/Libierende (qbH.t) für ihren Bruder libieren und seinem Ba jeden Tag opfern…“, Philä II, 242– 243. Weitere Belege in LGG VII, 183c–184c. Das Epitheton tritt auch im Zusammenhang von Milchspenden auf und bezieht sich dort statt auf Wasser auf diese ebenfalls belebende Flüssigkeit, siehe dazu CAßOR-PFEIFFER, „Milch ist es…“. 512 JUNKER, Götterdekret, S. 58–59, Abb. 20; Farbphoto in HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 96, Abb. 29. 513 Philae-Photos 1591–1592. 514 Zum Mammisi siehe Philä II, vgl. die oben behandelten Hymnen und Ritualtexte; DAUMAS, Mammisis, S. 87–90; 180–190; 208–210; 310–339 und passim; HAENY, Short Architectural History, S. 210– 211; allgemein A. BADAWY, The Architectural Symbolism of the Mammisi-Chapels in Egypt, in: CdÉ 38, 1963, S. 78–90; J. ASSMANN, Die Zeugung des Sohnes. Bild, Spiel, Erzählung und das Problem des ägyptischen Mythos, in: J. Assmann/W. Burkert/F. Stolz, Funktionen und Leistungen des Mythos. Drei altorientalische Beispiele, OBO 48, Freiburg/Schweiz – Göttingen 1982, S. 13–61. Die Interpretation und Thesen von GOEDICKE, Darstellung des Horus, sind sehr problematisch. 515 Texte Philä II, 6–7; 8–9; 76–77; 78–79; 136–137. 516 Zu den in den acht Hymnen unter Ptolemaios II. betonten Aspekten vgl. auch ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 129–134.
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Philae, Isisheiligtum (und Bigge)
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Lenkerin seiner Barke agiert517 und damit ähnlich wie für Osiris und Horus insbesondere für seinen Schutz vor möglichen Feinden und Gefahren zuständig ist.518 Als schützende Kobra am Diadem wird sie gleichzeitig mit den Kronen und dem Königtum in Verbindung gebracht. Des weiteren bezeichnen die Hymnen sie auch selbst als Gestirnsgöttin, die wie Re aufgeht, als Herrin der Sterne und noch konkreter als Sothis/Satet, die die Nilflut aus Osiris hervorbringt.519 In letzterer Funktion ist sie wohl in einem prägnanten Relief in der hinteren Osiriskapelle auf dem Tempeldach dargestellt:520 Zwei Göttinnen knien zu beiden Seiten der Beine des Osiris, wobei aus dem linken, der lokalen Osiris-‚Reliquie‘, der Nil in zwei Strömen hervortritt. Die linke Göttin trägt einen Stern auf dem Kopf und ist damit als Isis-Sothis zu interpretieren; die rechte, mit Skorpionsemblem, könnte ebenfalls auf Satet bzw. Sothis verweisen (als Isis-Sothis-Selket/Hededet?).521 Aufgrund des ikonographischen Schemas von zwei Göttinnen, die sich zu beiden Seiten um den verstorbenen Osiris (bzw. eines seiner Körperteile) kümmern, dürfte gleichzeitig aber auch auf Isis und Nephthys verwiesen sein. Den Hymnen zufolge leitet Isis-Sothis zudem das neue Jahr ein und bestimmt die Einteilung der Zeit.522 Unter Ptolemaios VIII. wird Isis selbst als herrschende Königin stilisiert, indem ihr Name in eine Kartusche eingeschrieben wird.523 Der Aspekt ihrer Herrschaft – und der ihrer Familie – im ganzen Land und ihre Autorität über das Königtum spielen bereits in den Hymnen im Tempelkern von Ptolemaios II., aber zunehmend noch ab der späteren Ptolemäerzeit eine große Rolle.524 Als Herrin und Schöpferin des Kosmos und Lebensspenderin übernimmt sie unter anderem Epitheta traditioneller männlicher Schöpfergötter wie Ptah, und ist auch für das Gedeihen der Natur und das Wohlergehen des Landes zuständig. 525 Zudem wird ihre Vorrangstellung über alle anderen Gottheiten in verschiedenen Titeln wie „Gebieterin aller Götter“ und „Herrscherin der Götter und Göttinnen“ deutlich.526
517 518 519 520 521 522 523 524 525 526
Hymne Nektanebes; Philae-Hymnen 5–8; Philä II, 6–7; 8–9; 136–137. Vgl. dazu auch FISSOLO, Isis de Philae, S. 9–10. Philae-Hymne 4; Philä I, 168–169; Philä II, 76–77; 78–79; Philae-Photo 1298; 164–165. JUNKER, Götterdekret, S. 30, Abb. 9; HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich I, S. 76, Abb. 101. HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 76 (zu Abb. 101), identifiziert beide als Sothis; zur Gleichsetzung von Isis-Sothis/Satet und Selket bzw. Isis-Hededyt vgl. ZAKI, Premier Nome, S. 192– 193; VALBELLE, Satis et Anoukis, S. 139 u. 142. Philae-Hymne 8; Philae-Photo 1297. Philae-Photo 1297. Philae-Hymne 3; Philae-Hymne 5; Philä I, 169; 168–169; Philä II, 8–9; Philae-Photos 164–165; 1297; 1298; 385–386; Bîgeh, 40. Philae-Hymne 4; Philae-Hymne 6; Philä I, 169; Philä II, 8–9; 136–137; Philae-Photos 1298; 385– 386. Philae-Hymnen 1–2; Philae-Hymne 5; Philä I, 169; Philä II, 6–7; 8–9.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
4.2
Assuan, Isistempel
4.2.1
Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.2.1.A Zentrale Texte: Hymnen,527 Bandeau-Inschriften, Epithetareihen Text/Hauptpublikation Assuan-Hymne 1 (Assuan, B.13, S. 62–63; Taf. 16) Anbringungsort Assuan, Isis-Tempel, Haupttor (B), nördliche Türlaibung Bibliographie PREYS, in: TLA, Stand: 30.07.2012 Text: Kol. 1:
Kol. 2:
Dd mdw nD Hr=k hrw pn nfr xaj As.t im[=f] (Rezitation:) Sei gegrüßt, dieser schöne Tag,528 an dem Isis erscheint! ij.n nswt bj.tj [(iwa nTr.wj mnx.wj stp.n PtH kA wAs n Ra sxm anx n Imn) xr=T As.t [sA.t] Nw.t Der König von Ober- und Unterägypten [(Erbe der Euergeten, Erwählt von Ptah, Starker Ka des Re, Lebendes Abbild des Amun) (= Ptolemaios IV.) ist zu dir gekommen, (oh) Isis, Tochter der Nut. rdj.n=T iwa &nTr.w\ [n @r529 … …?] Du hast das Erbe &der Götter\ [an Horus …?] gegeben […?], n wn=T/f(?)530 m X.t pn (sic!)531 sxm.tw xr nTr.w nb(.w) denn er(?)ist in/aus diesem Leib (oder: du bist dieser Leib; oder: du/er bist/ist in dieser Körperschaft (?)), mächtig bei allen Göttern (?).532 iwa=f nTr.w is(T) sw m X.t pn (sic!) Er beerbte die Götter, als er (noch?) in diesem Leib (oder: in dieser Körperschaft?) war.533
527 Die Lesungen der Texte aller erhaltenen Hymnen (Assuan-Hymne 1–3 und 5–6) in den Türlaibungen des Tempels von Assuan konnten von mir an sehr guten neuen Photos überprüft werden, wofür ich CORNELIUS VON PILGRIM, der die Photos in Auftrag gab und sie mir zusandte, ganz herzlich danke. 528 BRESCIANI, Assuan, S. 63, übersetzt: „Sei gegrüßt, an diesem schönen Tag…“. Aufgrund der Verwendung des Suffixes der 2. Pers. masc. sing. scheint mir jedoch der Tag selbst angesprochen zu sein. 529 Die Zeichenreste lassen auf schließen, so daß eher nTr.w zu lesen sein dürfte als nTrj, wie BRESCIANI, Assuan, S. 63, einfügt, vgl. den Beginn der Kol. 2. Auch PREYS, in: TLA, liest nTr.w. Der Rest der obigen Ergänzung folgt BRESCIANI, obgleich sie keinen Kommentar dazu gibt. M. E. wäre in der Lücke noch Platz für ein oder zwei Zeichengruppen/Wörter. 530 PREYS, in: TLA, liest die sitzende Gestalt mit Doppelkrone als =f bzw. @r. 531 Oder mXtw „Eingeweide“? Dies wäre ein masculines Wort, passend zum Demonstrativum, doch würde diese Bedeutung das Verständnis des Satzes noch weiter erschweren. 532 Das Verständnis des Textes ist unsicher, nicht zuletzt aufgrund der vorangehenden Lücke und der etwas unregelmäßigen Anordnung der Hieroglyphen. Vgl. BRESCIANI, Assuan, S. 63, die übersetzt (ohne Kommentar) „…denn du gehörst zu dieser Körperschaft von allen Mächtigen“, und somit die Zeichen ignoriert. PREYS, in: TLA, der als Subjekt Horus annimmt (siehe Anm. 530), erwägt verschiedene Möglichkeiten; so ist eventuell auch tatsächlich als Negation zu lesen: „Er ist nicht in diesem Leib/dieser Körperschaft, mächtig unter allen Göttern“. Könnte gemeint sein: „Er ist nicht mehr in diesem Leib“? 533 PREYS, in: TLA, übersetzt: „Er beerbt die Götter, denn er ist in diesem Leib (?)“. Siehe zur Partikel is(T) E. OREAL, Les particules en Égyptien ancien de l’ancien Égyptien à l’Égyptien classique, BdÉ 152, Kairo 2011, S. 171–257, bes. 200–202 zur temporalen Funktion.
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Assuan, Isistempel
Kol. 3:
Kol. 4:
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nDtj.n=f it=f m sA nDtj it=f Er (Horus) schützte seinen Vater als Sohn, der seinen Vater schützt. mT Hm dj=T anx n sA=T @r pn Siehe nun, du (Isis) gabst Leben an deinen Sohn, diesen Horus, sxm=T xr nTr.w nb(.w) [… … … … iwj]=f rnp.tw Dt du bist mächtig unter allen Göttern,534 [… … … …] er [kommt?], indem er sich ewiglich verjüngt, n wn(.t) irj 535 ohne daß es ein Aufhören gibt (= unaufhörlich). mT manD.t Hrj-tp xAs.wt iAbtj.wt BAXw Siehe, die Tagesbarke ist über den östlichen Bergländern von Bachu (= dem Ort des Sonnenaufgangs).536 Aw ib=T n sA=T @r wa.tj Mögest du frohen Herzens sein/Du bist frohen Herzens wegen deines Sohnes Horus, des Einzigartigen, wp.n=f ir.t=f m wpS p.t wenn er sein Auge öffnet im Lichtkreis des Himmels,537 sHD-tA Hr=f m HD-tA seinetwegen wurde das Land erhellt bei Tagesanbruch (wörtl.: beim Hellwerden des Landes), rdj.n=f ir.t=f m rdj-sw Ra er hat sein Auge gezeigt, als Re/die Sonne sich zeigte. iwj n=T nTr.w nb(.w) n ^ma.w MHw Alle Götter von Ober- und Unterägypten sind zu dir gekommen mrj.n=T-sn m (i)ab.n=T-st/sn pH.tj=sn Ax=sn und du liebst sie, wenn du sie zusammenfügst/ausstattest,538 indem sie stark und wirkmächtig sind, dj=T anx539 m X.t nHp.n=T @r im du gibst Leben aus dem Leib, in dem du (auch) Horus geschaffen hast.
534 Oder wie oben (Kol. 1) sxm.t(w) xt nTr.w nb „mächtig unter allen Göttern“, bezogen auf Isis oder Horus? 535 Die tatsächlich geschriebene wnmj-Hieroglyphe (von PREYS, in: TLA, so gelesen: n wn r wnmj) dürfte wohl eine Verschreibung für sein. Nochmals (mit gleicher Graphie) unten, in Kol. 4. 536 Zu Bachu als dem Osten und Ort des Sonnenaufgangs, vgl. mit weiteren Belegstellen WILSON, Ptol. Lex., S. 303. BRESCIANI, Assuan, S. 63, übersetzt: „Wenn (sie) mit dir im Osten ist, ist die Tagesbarke über dem östlichen Gebirge von Bachu“. Diese Konstruktion ist jedoch grammatikalisch unmöglich. Zur obigen Übersetzung vgl. auch PREYS, in: TLA. 537 PREYS, in: TLA, übersetzt m wpS p.t mit „beim Erleuchten des Himmels“. Da es sich nicht um ein Bewegungsverb handelt, würde ich dann aber eher Hr wpS erwarten. 538 BRESCIANI, Assuan, S. 63, übersetzt: „…du liebst sie deswegen, die stark und trefflich sind.“, und hat damit offenbar (m-)ab unterschlagen. PREYS, in: TLA: „du liebst sie, wenn du dich mit ihnen vereinst, so daß sie mächtig und prächtig sind“. 539 BRESCIANI, Assuan, S. 63, liest das anx-Zeichen in der Hand der sitzenden Göttin nicht und ergänzt daher das Objekt in der 3. Pers. Pl. Vgl. zur Lesung auch PREYS, in: TLA.
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Kol. 5:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
rdj.n=T anx n nTr.w nb(.w) n wn(.t) irj Abw Du gibst Leben allen Göttern, ohne daß es ein Aufhören gibt (= unaufhörlich).540 m(T)541 manD.t n[… …] [nb?] tA m xAs.wt Siehe, die Tagesbarke [… Herr? der?] Erde in den [westlichen?] Bergländern [imntj.wt n MAnw? … … …] [von Manu (= dem Westgebirge/Totenreich)? …] wn ir.tj rdj.n=T ^ma.w MHw …öffnet die Augen, du hast Ober- und Unterägypten gegeben, pr.tj m tp(?) [… …] r sA=T @r indem sie hervorgekommen sind542 als Erste (?) […] an deinen Sohn Horus.
Kommentar: Der Text der Hymne ist an einigen Stellen problematisch und schwer verständlich; es stellt sich unter anderem die Frage, was genau mit dem mehrfach auftauchenden Wort X.t gemeint ist.543 Bei der ersten Erwähnung (Kol. 1) ist die Deutung umso problematischer, als der Kontext durch die vorangehende Zerstörung fehlt. Bezieht es sich auf eine Körperschaft von Göttern wie die Neunheit, für die der Begriff mehrmals belegt ist? 544 Andererseits könnte im wörtlichen Sinne der Leib der Isis damit gemeint sein, aus dem Horus und Leben im Allgemeinen hervorgehen (Kol. 4). Zumindest die letzte (erhaltene) Erwähnung des Wortes in Kol. 4 macht dies wahrscheinlich. Was sich trotz der Probleme und Lücken aus dem Text herauslesen läßt, ist die Hervorhebung von Isis’ Eigenschaft als Mutter des Horus, der mindestens genauso sehr im Mittelpunkt der Hymne steht wie Isis selbst. Sie hat ihn, geradezu als Schöpfergottheit agierend, in ihrem Leib geformt (nHp), ihn geboren und ihm sein Erbe übergeben. Damit wird Isis gleichzeitig zumindest andeutungsweise als Königsmacherin dargestellt, da sie es ist, die für Horus’ Nachfolge seines Vaters sorgt. Ein Vergleich mit Mammisi-Inschriften im Kontext der Horusgeburt liegt dementsprechend nahe.545 Ein weiterer klar hervorstechender Aspekt ist die gemeinsame Verbindung von Horus und Isis mit dem Himmel und dem Sonnenkreislauf: Isis wird in Kol. 1 als Tochter der Nut bezeichnet, ihr Sohn Horus ist gleichzeitig die Sonne, die das Land am Morgen erhellt (Kol. 3). Auch die Hinweise auf die Tagesfahrt der Sonnenbarke (Kol. 3 und 4) gehören eindeutig in diesen Zusammenhang. Isis ist in der Hymne eine Himmels- und Schöpfergöttin, die ihren Sohn als Sonne Horus-Re gebiert546 und ihm sein Erbe überträgt. Außerdem hat sie allen Göttern Leben gegeben. Der Fokus auf Horus wird weiterhin durch die Ritualszene übernommen, die sich 540 BRESCIANI, Assuan, S. 63, übersetzt: „Wenn (sie) im Westen ist, … die Tagesbarke…“, vgl. Anm. 536. 541 Vgl. oben, Kol. 3. Die nähere Betrachtung des neu gefertigten Photos zeigt deutlich, daß entgegen der Transkription von BRESCIANI, Assuan, S. 62, und nicht unter der Eule steht; vgl. auch Wörterbuchzettel DZA 20.038.150. 542 Oder: „indem du hervorgekommen bist…“? 543 Falls überhaupt immer dasselbe damit gemeint ist – zumindest ist die Wiederholung im Text durchaus auffällig. 544 Vgl. Wb III, 357, 18–358, 2; LGG VI, 1–2. 545 Siehe z. B. die Inschriften des Mammisi von Philae, s. o., Kap. 4.1.1. 546 Vgl. auch BRESCIANI, Assuan, S. 24.
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Assuan, Isistempel
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unterhalb des Textes befindet:547 Darin opfert der König Augenschminke an Horus, der als „Sohn der Isis, vortrefflicher Erbe des Osiris“ bezeichnet wird. Mit dieser Thematik wird die Szene mit der Hymne verknüpft, in der ja ebenfalls sowohl von den Augen des Horus als auch von seinem Erbe die Rede ist. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Assuan-Hymne 2 (Assuan, B.15, S. 66–67; Taf. 16) Assuan, Isis-Tempel, Haupttor (B), südliche Türlaibung PREYS, in: TLA, Stand: 30.07.2012; GOYON, Rez. Žabkar, S. 92 (Auszüge); COPPENS, Wabet, S. 116–119 (zur Parallele BÉNÉDITE, Philae, 20) Philae-Hymne 8; BÉNÉDITE, Philae, 20 (stark zerstört)548
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
(Dd mdw jn) nD Hr=T As.t wr.t [mw.t nTr (Rezitation:) Sei gegrüßt, Isis, die Große [die Gottesmutter(?) … n=T tA.wj … …]549 xr Ra … zu dir die Beiden Länder(?)…] bei Re. iAw n=T m (m)skt.t hnw &n=T m (m)anD\.t Lobpreis für dich in der Abendbarke, Jubel für dich in der Morgenbarke,550 ms.t n nTr.w nb(.w) Gebärerin aller Götter.551 ij.n nswt bj.tj [(iwa…)552 xr=T Der König von Ober- und Unterägypten [(Ptolemaios IV.) ist zu dir gekommen, nb(.t) anx m hrw pn xaj=T553 im Herrin des Lebens, an diesem Tag, an dem du erscheinst, Ts=f n=T tp=T damit er für dich dein Haupt anknüpfe,
547 Assuan, S. 64–65, B.15. 548 GOYON, Rez. Žabkar, S. 92, vermerkt außerdem eine stark zerstörte Parallele im damals unpublizierten Isis-Tempel von Dendara, macht jedoch keine genauen Angaben über den Anbringungsort. Beim Durchsehen der mittlerweile erschienenen Edition Dend. Isis konnte ich die Stelle nicht auffinden. 549 Die Parallele Philae-Hymne 8 hat hier: As.t wr.t-HqA.w sms.t m X.t mw.t=s Nw.t Ax{w}.t m p.t xr Ra. Die von BRESCIANI, Assuan, S. 66, in der Umschrift angegebenen Zeichenreste am Rand der Kolumne würden dazu jedoch nicht passen. Der Abgleich mit dem neuen Photo hilft auch nicht weiter, da die Reste kaum erkennbar sind. 550 BRESCIANI, Assuan, S. 67, faßt den Satz ohne Präposition m mit der jeweiligen Barke als Subjekt auf. Bei den Barken wird das m für gewöhnlich nur einmal geschrieben, auch wenn eine Präposition aufgrund des Satzbaus unverzichtbar ist. Möglicherweise haben die ursprünglichen Worte (aD, anD.t) für die Barken überhaupt kein anlautendes m, beziehungsweise verlieren es später (skt.t, sktj), vgl. oben, Kap. 4.1.1.A, Anm. 181 zu Philae-Hymne 8. 551 In der Form ms.t nTr.w nb.w ist das Epitheton bereits ab dem NR mehrfach für Isis, Nut und andere Muttergottheiten belegt, siehe LGG III, 418c–419a. Vgl. inhaltlich ähnlich auch Assuan-Hymne 1, Kol. 4: „Du gibst Leben allen Göttern…“. 552 Der Titel wird hier und im Folgenden der Einfachheit halber immer abgekürzt. Siehe für die vollständige Version Assuan-Hymne 1. 553 Die Parallele Philae-Hymne 8 hat hier sDm.n=f.
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120
Kol. 3:
Kol. 4:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
smn=f [n=T HA.t=T]554 damit er für dich deine Stirn/Vorderseite befestige, sA Ra [(Ptwlmys anx Dt mry As.t) @r sA=T der Sohn des Re [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Isis), Horus, dein Sohn. iw kA=T m Htp nb(.t) anx Dein Ka ist in Frieden, Herrin des Lebens, m hrw pn nfr xaj=T555 im=f an diesem schönen Tag, an dem du erscheinst, sHtp(.t) nTr.w m-xt nSnj die die Götter besänftigt haben nach (ihrem) Wüten,556 mr(y.t) Ra wnn=T m-Xnw wjA=f von der Re wünscht, daß du inmitten seiner Barke bist Hr xsf aApp m Ax.w n rA=T beim Abwehren von Apophis mit den Zaubern deines Spruches. m.t [(iwa…) iw xr=T dwA=f nfr.w=T Siehe, [(Ptolemaios IV.) ist zu dir gekommen, damit er deine Schönheit anbete. sfx=T-sw m-a sDb.w n HA.tj.w rnp.t Mögest du ihn befreien von den Übeln derjenigen, die am Anfang des Jahres sind (= Epagomenen). nD Hr=k hrw pn nfr xaj As.t im=f557 Sei gegrüßt,558 dieser schöne Tag, an dem Isis erscheint, aA.t Hrj.t-tp nTr.w dr(.t) Dw die Große, Oberhaupt der Götter, die das Böse abwehrt, inj(.t) Htp.w sjar(.t) &mAa.t n\ t[…] ? die die Opferspeisen bringt und die Maat aufsteigen läßt zu […]. n nswj.t(?) n Gbb Nicht(?)559 […] das Königtum des Geb. r[dj-sw] Gbb n sA=f Wsjr Geb [hat es] ge[geben] an seinen Sohn Osiris, smn=f-sw sA=f @r und er (Osiris?)560 hat ihn fest gemacht, seinen Sohn Horus, Hr ns.t wr.w auf dem Thron der Großen,
554 So ergänzt nach Philae-Hymne 8, zur Lesung vgl. GOYON, Rez. Žabkar, S. 92. 555 Vgl. Anm. 553. 556 Vgl. Philae-Hymne 8. BRESCIANI, Assuan, S. 67, und PREYS, in: TLA, übersetzen: „die Götter sind besänftigt nach dem Wüten“. 557 Ab diesem Satz weicht der Text von Philae-Hymne 8 ab. 558 BRESCIANI, Assuan, S. 67, bezieht den Gruß auf Ptolemaios, jedoch ist m. E. der Tag selbst direkt angesprochen, vgl. Assuan-Hymne 1, s. o. 559 Eventuell sind die Verneinungsarme auch als Präposition n zu lesen: „…wegen des Königtums des Geb […]“. 560 Vielleicht wurde auch ein n ausgelassen, und die Stelle wäre dann zu verstehen als smn=f-sw sA=f @r „Er hat ihn fest gemacht seinen Sohn Horus…“. Genau an dieser Stelle befindet sich eine Schnittkante im Stein, wo ursprünglich noch ein gestanden haben könnte.
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Assuan, Isistempel
Kol. 5:
121
nHm=f A.t(?) ir.wt r it=f auf daß er (Horus) den (richtigen) Zeitpunkt der Zeremonien im Hinblick auf seinen Vater bewahre(?).561 nHm=k sA Ra [(Ptwlmys anx Dt mry As.t) Mögest du (Horus?)562 den Sohn des Re [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Isis) bewahren m-a prj Tms.w r=f m rnp.t tn vor dem Hervorkommen von Bösem gegen ihn, in diesem Jahr.
Kommentar: Wie in der gegenüber angebrachten Assuan-Hymne 1 (s. o.) wird zu Beginn der Hymne wieder das Fest des Erscheinens von Isis erwähnt, welches am Anfang des Jahres stattfindet und zu dessen Anlaß die Anrufungen an die Göttin wohl rezitiert wurden.563 In diesem Text auf der südlichen Türlaibung wird zunächst Isis selbst gefeiert und die Handlungen des Königs ihr gegenüber werden beschrieben. Sie wird in ihrer Eigenschaft als schützende Uräusschlange in der Barke des Re dargestellt, die Feinde wie Apophis bekämpft sowie als Hüterin von Recht und Ordnung fungiert. Dies dient als Einleitung für die Bitte (an Isis; und später Horus?), den König vor den bösen Geistern des neuen Jahres zu beschützen. Der zerstörte Teil in Kol. 4, in dem es anscheinend um die Erbfolge Geb, Osiris, Horus und die Horus anvertraute Verpflichtung gegenüber Osiris geht, ist in seinen Einzelheiten unklar; hier wird aber offensichtlich der Fokus von Isis weg gelenkt. Der Vergleich mit Philae-Hymne 8564 sowie die erneute Gruß- und Segensformel zeigen, daß ab Kol. 3 ein anderer Text angefügt wurde, der jedoch ebenfalls dem Schutz des Königs im neuen Jahr dient. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Assuan-Hymne 3 (Assuan, C.11, S. 80–81; Taf. 18) Assuan, Isis-Tempel, Nebeneingang (C), nördliche Türlaibung PREYS, in: TLA, Stand: 31.07.2012; BERGMAN, Ich bin Isis, S. 156, Anm. 5; S. 159–160; CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 285–288 (Synopse) Kalabchah I, 15–16; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XIV, 146, 3– 14; Dend. Isis, 327, 5–9
561 Oder: „und er bewahrt den Zeitpunkt der Zeremonien…“? PREYS, in: TLA, liest hier mit Ergänzung: nHm=f @r irj.wt r it=f „Er bewahrt Horus vor dem, was seinem Vater getan wurde.“ Im Vergleich mit der weiter oben in der Kolumne verwendeten Falkenhieroglyphe für Horus, dürfte das Zeichen hier einen anderen Vogel meinen; außerdem ist der Vogel umgeben von einem t und einem runden Zeichen (Sonnenscheibe?), so daß die Gruppe nicht wirklich mit PREYS’ Lesung vereinbar ist. M. E. geht es um die Zeremonien für Osiris. Vorstellbar wäre noch das rituelle Gedenken an Osiris’ Tod selbst, d. h. „damit er den (richtigen) Zeitpunkt dessen bewahre, was gegen seinen Vater getan wurde“ im Sinne der jährlich wiederkehrenden Festlichkeiten zu diesem Anlaß (Athyr-Fest?). Siehe dazu unten, Kap. 6.1.2.2. 562 Oder handelt es sich um eine Verschreibung, und es geht immer noch um Isis? 563 Vgl. BRESCIANI, Assuan, S. 25. 564 Siehe auch dort, Kap. 4.1.1.A.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: Kol. 1:
r.t-pa.t sA.t Gbb HA.tj(.t)-a sA.t MrH Prinzessin, Tochter des Geb, Fürstin, Tochter des (Stiergottes) Mereh,565 sA.t mTA.t +Hwtj mrj(.t)BA wDA(.t) [$nm]w(?)566 die Wesirin, die Tochter des Thoth,567 geliebt vom Bock (Ba), die Pflegerin des [Chnu]m(?), wr(.t) Hts wr(.t) Hsw.t groß an Vollkommenheit, mit großem Lobpreis, Hnw.t tA Sma.w mHw nb(.t) imA(.t) die Gebieterin von Ober- und Unterägypten, die Herrin der Liebenswürdigkeit,
565 Mereh ist ein alter Aspekt des Königs; schon im AR wurden Königinnen „Tochter des Mereh“ genannt, was in ptolemäischer Zeit wieder aufgegriffen wurde, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 443. 566 Zwischen wDA und dem Determinativ des sitzenden Gottes mit Widderkopf befindet sich ein Loch. Daß hier möglicherweise ‚Chnum‘ und entgegen LGG II, 649b, nicht nochmals bA „der Bock“ zu lesen ist, deutet die ausgeschriebene Version des Namens in der Parallele Kalabchah I, 15–16 an. Auch die Übersetzung von PREYS, in: TLA, als „geliebt von Ba-udja“, indem er den sitzenden Gott mit Widderkopf anscheinend nur als Determinativ sieht, ist damit zu verwerfen. Betrachtet man jedoch alle eventuellen Belege dieses Titels, der vermutlich ein Priesterinnenamt bezeichnet, offenbart sich eine gewisse Problematik in der Interpretation: Es ist nicht ganz eindeutig, ob alle zu diesem Thema üblicherweise angeführten Belege wirklich immer dasselbe meinen. Fraglich ist z. B. der vermeintlich älteste Beleg im göttlichen Geburtszyklus der Hatschepsut mit einer Schreibung, die als DAt.t bA gelesen wird, wobei bA jedoch offenbar erst später ergänzt wurde, siehe BRUNNER, Geburt des Gottkönigs, S. 79–80, Anm. b; D. KLOTZ, Regionally Specific Sacerdotal Titles in Late Period Egypt: Soubassements vs. Private Monuments, in: Rickert/Ventker (Hrsg.), Altägyptische Enzyklopädien, S. 717–792: 745. Andererseits könnte das bei Hatschepsut ebenfalls zuvor genannte mrj.t BA, das auch bei Isis sowie in dem Beleg dieses Titels für Arsinoë II. auf der Mendesstele (Urk. II, 40, 1) jeweils vorangeht, auf eine Zusammengehörigkeit beider Titel (und der entsprechenden Belege) hinweisen, vgl. zur Mendesstele D. SCHÄFER, Makedonische Pharaonen und hieroglyphische Stelen. Historische Untersuchungen zur Satrapenstele und verwandten Denkmälern, Studia Hellenistica 50, Leuven – Paris – Walpole 2011, S. 260–261. In der Gaumonographie Edfu I (siehe zu diesem Text unten, Kap. 4.13.1.2) wird als Priesterinnentitel für den Mendesios wiederum etwas abweichend wDA-bA=f genannt, wobei bA nur mit dem Ba-Vogel geschrieben wird. KLOTZ, loc. cit., übersetzt „She who protects (his) Ram“, wobei ich denke, daß eine Doppeldeutigkeit bzw. ein Wortspiel zwischen Ba„Seele“ und Ba-„Widder“ sicherlich intendiert gewesen ist (ähnlich LEITZ, Gaumonographien, S. 324: „Die seinen Ba/Widder wohlbehalten sein läßt“). Interessanterweise ist die Lesung bA für den Beleg für Arsinoë II. (obwohl hier natürlich aufgrund des mendesischen Kontexts mehr als naheliegend) und in den Isishymnen keinesfalls gesichert, denn das fragliche Wort wird an der Stelle niemals phonetisch als bA ausgeschrieben oder komplementiert, sondern meist ideographisch mit sitzender Gottheit mit Widderkopf (mit unterschiedlichen Kronen) angegeben, wohingegen beim vorangehenden Epitheton mrj.t bA jeweils der schreitende Widder gewählt wurde (in Assuan zusätzlich mit b(A)-Weihrauchtopf davor). Aufgrund der Ausschreibung des Götternamens als Chnum in Kalabscha (s. o.) könnte der Titel, ursprünglich wDA-bA (?), m. E. also in Oberägypten bzw. im Kataraktgebiet im Hinblick auf den dortigen Widdergott umgedeutet worden sein. Interessant ist in dieser Hinsicht auch das Epitheton Xkr.t $nmw „Schmuck des Chnum“ in der Titulatur der Königinnen Berenike II. und Kleopatra I., siehe die Belege bei PAYRAUDEAU, Titres des reines, S. 215–216. 567 Zur Vorstellung von Isis als Tochter des Thoth, vgl. STADLER, Weiser und Wesir, S. 153–155; BUDDE, Seschat, S. 145–146. DELIA, Isis, or the Moon, S. 548–549, behauptet fälschlich, die Vorstellung von Isis als Tochter des Thoth/Hermes sei den Ägyptern gänzlich fremd gewesen. AUFRÈRE, Taches lunaires, S. 27, leitet die Familienkonstellation von Isis’ Gleichsetzung mit Unut/Nehemetawai ab.
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Assuan, Isistempel
Kol. 2:
Kol. 3:
123
&bnr(.t)\ [mrw.t mit süßem Liebreiz,568 Hnw.t n Sn] &nb\ [i]tn569 die Gebieterin von allem, was die Sonnenscheibe umkreist, nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr) die Königin von Ober- und Unterägypten, [(Isis, die Große, die Gottesmutter), Hm.t nswt tpj(.t) n [(Wnn-nfr mAa xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), mw.t-nTr n @r kA nxt die Gottesmutter des Horus, des Starken Stiers, nTr.t nfr.t msj(.t) nxt die vollkommene Göttin, die den Siegreichen (Gott) geboren hat, SAa.tw msw.t nTr n {h}570=s für/wegen deren Ka die Geburt des Gottes begonnen wurde(?):571 HqA sA HqA sr wr Ra pw572 ein Herrscher, Sohn eines Herrschers, der große Fürst, Re ist es, kA=tw r Hm=f was man von seiner Majestät sagt, iwt{.t}(j) whm.tj=f Dt dessen Wiederholung es nicht geben wird, ewiglich. sn=s wr m nb spA.wt gs.w-pr.w Xr aXm.w=f Ihr großer Bruder ist der Herr der Gaue und die Tempel tragen seine Götterbilder, sSm.w=f Dsr(.w) m s.wt nTr.w seine Abbilder sind geheiligt573 an den Stätten der Götter; imj574=sn n=f m hnw diejenigen, die in ihnen (den Götterstätten) sind, sind für ihn im Jubel,
568 BERGMAN, Ich bin Isis, S. 159, übersetzt: „die Liebenswürdige und Geliebte“. 569 Ergänzt nach Kalabchah I, 15–16. 570 Korrektur nach der Parallele in Kalabchah I, 15–16. BERGMAN, Ich bin Isis, S. 160, Anm. 3, möchte hier lieber kA.t „Leib“ lesen (womit er wohl das weibliche Geschlecht meint, was das Wort eigentlich bedeutet). PREYS, in: TLA, liest SAa.t msw.t nTr n hAw=s „die die göttliche Geburt zu ihrer Zeit begonnen hat.“ 571 Lesung und Übersetzung sind unsicher, vgl. die vorige Anm.; BERGMAN, Ich bin Isis, S. 160, geht m. E. jedoch zu weit, indem er ms nxt nTr als „kräftiges Kind der Göttin“ hier zum Subjekt des Satzes macht. 572 BERGMAN, Ich bin Isis, S. 160, Anm. 4, emendiert Ra zu sA, wobei eine Streichung von Ra m. E. jedoch nicht nötig ist. BRESCIANI, Assuan, S. 81, übersetzt „Herrscher der Herrscher, Fürst der Fürsten“, gefolgt von PREYS, in: TLA; für einen Plural gibt es jedoch weder in Assuan noch im Kalabscha-Text irgendein Anzeichen; ebensowenig wie für sA. Mit der Lesung sr wr Ra hingegen wird man beiden Parallelen gerecht, ohne überhaupt emendieren zu müssen. 573 BRESCIANI, Assuan, S. 81: „seine heiligen Statuen sind an…“; BERGMAN, Ich bin Isis, S. 160: „seine geheime Gestalt entsteht an den Götterstätten“. 574 BRESCIANI, Assuan, S. 81, und BERGMAN, Ich bin Isis, S. 160, lesen anscheinend nach der irreführenden Transkription in Kalabchah I, 15–16, swAj „vorbeiziehen“; vgl. Kap. 4.3.1.2. PREYS, in: TLA, emendiert zu =sn… „sie kommen zu ihm in Jubel“.
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Kol. 4:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
n[t]f575 nb=sn ir.w r-Aw Hna denn er ist ihrer aller Herr576 zusammen mit @r m-ab sn.t=f sbj.tj(.t)(?)577 n wn mj.t.t=s Horus und gemeinsam mit seiner Schwester, die Geleiterin(?),578 derengleichen es nicht gibt, nTr.t mnx.t irj(.t) nn r-Aw n sn=s wr die wohltätige/vortreffliche Göttin, die dieses alles für ihren großen Bruder vollzieht.579 Htp Hr=T nfr n nswt bj.tj [(Ptwlmys anx Dt mrj As.t) nHm=T-s(w) xwj=T-s(w) Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Isis), mögest du ihn bewahren und mögest du ihn beschützen!
Kommentar: Der erste Teil der Hymne, die bis auf das Schlußgebet in der 3. Pers. über die Göttin spricht, enthält eine kanonische Königsgemahlinnen-Titulatur der Isis, innerhalb derer sowohl ihr eigener Name mit zwei Haupttiteln als auch der ihres Gemahls Osiris in eine Kartusche gefaßt werden (Kol. 2).580 Die Titel sind teilweise alt und gehen auf die ersten Dynastien zurück, werden aber in der Spätzeit von Königinnen wieder aufgegriffen, insbesondere von den Ptolemäerinnen.581 Im Mittelpunkt des zweiten Teils (ab Kol. 2) steht die Geburt von Horus, auf den dann näher eingegangen wird. Im Anschluß daran wird außerdem noch die gesamte Götterfamilie Isis, Osiris, Horus im Zusammenhang mit nicht genau definierbaren Ritualen und dem Kult in den Tempeln erwähnt. Die Hymne stellt also nacheinander die einzelnen Mitglieder der Triade vor, wobei Isis als Tempelherrin am Anfang und Ende steht und insgesamt den größten Stellenwert einnimmt.
575 Ergänzung nach Kalabchah I, 15–16. Nicht verstanden von PREYS, in: TLA. 576 So auch die Auffassung bei BERGMAN, Ich bin Isis, S. 160. BRESCIANI, Assuan, S. 81, übersetzt: „…ihr Herr, der alles vollbringt (tut)…“. Die Schreibung mit den drei Augen in Assuan wäre für ein Partizip sehr ungewöhnlich; die gewöhnlichere Schreibung in Kalabscha mit legt nahe, daß ir.w „alle“ gemeint ist. PREYS, in: TLA, übersetzt die Stelle nicht. 577 Der Vogel ist weder in Assuan noch in Kalabscha eindeutig identifizierbar. Möglicherweise handelt es sich um . 578 Dieses Epitheton ist sonst (außer der Parallele in Kalabscha) nirgends belegt und auch nicht in das LGG aufgenommen. Zur maskulinen Form sbj.tj „Geleiter“ siehe Wb III, 433, 2, und J. F. QUACK, Ein neuer Versuch zum Moskauer literarischen Brief, in: ZÄS 128, 2001, S. 167–181: S. 180, Anm. 127. PREYS, in: TLA, liest auch sbj, übersetzt aber mit „qui produit Horus“, was ich nicht nachvollziehen kann. 579 BERGMAN, Ich bin Isis, S. 160, zufolge soll die Formulierung typisch für das Ausführen von Mysterienhandlungen sein, mit Verweis auf DAUMAS, Les mammisis, S. 437–438, Anm. 1. Vgl. auch weitere Belege mit dieser Formulierung im Zusammenhang mit Riten für Osiris bei KUCHAREK, Klagelieder, S. 390. 580 Vgl. dazu Philae-Photo 1297, Kap. 4.1.1.A. 581 Vgl. dazu CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 286–287 (mit Synopse); STADLER, Weiser und Wesir, S. 154; ausführlich PAYRAUDEAU, Titres des reines; speziell zu wr.t Hts auch BUDDE, Götterkind, S. 56, Anm. 260, mit weiterer Literatur.
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Assuan, Isistempel
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
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Assuan-Hymne 4 (Assuan, C.12, S. 83) Assuan, Isis-Tempel, Nebeneingang (C), südliche Türlaibung – Kalabchah I, 16
Text (mit Ergänzungen nach der Parallele): Kol. 1:
Kol. 2:
[nswj.t bj]tj.t &As\.t &wr\[.t582 mw.t-nTr nb.t %wnw(?) [Die Königin von Ober- und Unter]ägypten Isis, die Große, [die Gottesmutter, die Herrin von Syene, Hnw.t nfr.t nb(.t) Iw-rq(?)583 nb(.t) xAs.wt rsj.(w)t die vollkommene Gebieterin, die Herrin von Philae(?), die Herrin der südlichen Fremdländer, Hm.t-nswt wr(.t) n Hm n nsw.t bjtj Wsjr die Große Königliche Gemahlin der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten Osiris, mw.t-nTr n nD-it=f die Gottesmutter des Schützers seines Vaters, ntT(?) nb(.t) p.t sA=T @r m nb tA du(?) bist die Herrin des Himmels, dein Sohn Horus ist der Herr der Erde, hy=T m nb dwA.t und dein Gemahl ist der Herr der Unterwelt, sSm(.t) anx.w nb(.w) r nmtt=sn] die alle ‚Lebenden‘ (= Sterne) zu ihrem Schreiten führt (= auf ihre Bahn leitet)], &nfr (.t) Hr\584 sHb(.t) [mn(D).tj die mit vollkommenem Antlitz und festlich (geschminkten) [Augen, mH(.t) aH.t m nfr.w=s die den Palast mit ihrer Schönheit erfüllt, baHj(.t) wAxj m sTj=s m Pwn.t die die Säulenhalle mit ihrem Duft aus Punt überströmt, xnm=s m tA-nTr deren Wohlgeruch aus dem Gottesland stammt, (nTr.t?) wD(.t) mdw n nTr.w nb (die Göttin?), die Befehle erteilt an alle Götter, sS n +Hwtj Hr ns=s auf deren Zunge die Schrift des Thoth ist, irj hby.w xft Dd.t=s gemäß deren Worten die ‚Gesandten‘ handeln,
582 In Kalabchah I, 16, folgt auf den Namen dj.t anx, doch ist in Assuan nach der Umzeichnung von BRESCIANI (es gibt leider kein Foto der Reste) noch halb zu erkennen, so daß hier möglicherweise die nahen Titel wr.t mw.t nTr nb(.t) %wnw anzunehmen sind, wie in Assuan-Hymne 5 (siehe unten). 583 Es fragt sich, ob im Assuan-Text an dieser Stelle eher ein anderes, lokales Epitheton stand, da Isis von Philae in den anderen Assuan-Hymnen auch nicht genannt ist. 584 Der Ideogrammstrich unter Hr ist noch vorhanden.
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Kol. 3:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
smA sanx r mrj=s nach deren Wunsch getötet und leben gelassen wird, xp(r) wD.t nswt Xr s.t-rA=s auf deren Ausspruch hin der Beschluß des Königs entsteht, dj(.t) anx n Sm Hr mw=s die Leben gibt an den, der auf ihrem Wasser geht (= ihr untertan ist), tm xAa Hsb.w/SAw(?)=s nts(?)] und nicht illoyal ist, (denn) sie ist (?)] nfr.t n [ntj m Hsw.t=s die Gute/Vollkommene für [den, der in ihrer Gunst steht. mj=T m Htp r pr=T wab Mögest du in Frieden zu deinem reinen Haus kommen, s.t Abj(.t) (ib?)=T mrj(.t) kA=T dem Ort, den dein Herz begehrt, und dein Ka liebt, wab.tj n kA=T indem er (= Tempel) rein gemacht wurde (= geweiht wurde) für deinen Ka, Dsr.t(j) mAa.t(?) n sxm=T und die Maat geheiligt wurde für dein Götterbild. Htp Hr=T nfr n nsw.t bjtj nb tA.wj [(Ptwlmys anx Dt mry As.t) ] Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten, dem Herrn der Beiden Länder [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Isis) ].
Kommentar: Diese gegenüber von Assuan-Hymne 3 angebrachte Hymne ist bis auf wenige Zeichenreste vollständig zerstört, läßt sich jedoch anhand dieser als Parallele zum Text Kalabchah I, 16 erkennen,585 der dort die rechte Hälfte der Bandeau-Inschrift bildet, deren linke Hälfte von der Textparallele zur Assuan-Hymne 3 eingenommen wird. Da die gegenüber angebrachte Assuan-Hymne 3 vier Textkolumnen aufweist, ist eigentlich anzunehmen, daß auch hier vier Kolumnen vorhanden waren. Die vorhandenen Reste und die Länge des zu ergänzenden Textes aus Kalabscha lassen allerdings nur eine Verteilung auf drei Kolumnen zu. Möglicherweise wurde ein Auszug aus einem anderen Text angefügt wie bei den AssuanHymnen 2 und 5.
585 Für die Anm. zum Text und den inhaltlichen Kommentar, siehe den Text in Kalabscha, Kap. 4.3.1.2.
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Assuan, Isistempel
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
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Assuan-Hymne 5 (Assuan, E.14, S. 102–103; Taf. 22) Assuan, Isis-Tempel, Tür zum Sanktuar (Tor E), nördliche Türlaibung PREYS, in: TLA, Stand: 31.07.2012; D. MÜLLER, Isis-Aretalogien, S. 89; QUACK, Standardhymnus; STADLER, Isishymnus; ID., Einführung, S. 83–85; TÖPFER, Balsamierungsritual, S. 165–167, n)–p), u. 282–283586 a) Dend. XIV, 210, 11–211, 5;587 Dend. XV, 25, 7–26, 14 b) Philae-Hymne 7; diverse Versionen des Sistrumhymnus588
Text: Kol. 1:
(Dd mdw) nD Hr=T As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) %wnw (Rezitation:) Sei gegrüßt, Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Syene, %pd.t nb(.t) p.t Hnw.t bA.w anx.w n.j.w nTr.w Sothis, die Herrin des Himmels, die Gebieterin der lebenden Bas der Götter,589 &psD(.t) m\ [Hrj.t xt sn=s Wsjr die am [Himmel] erglänzt [hinter ihrem Bruder Osiris, Sm=s Hr nmt.t=f ] &ra nb\590 indem sie auf seiner Bahn geht,] jeden Tag, &sHr(.t) sbj\ [pfj Hr=f Hna smAwtj.w=f die [jenen] Feind [vor ihm] niederwirft, [zusammen mit seinen Genossen, Hr sHr(.t) sbj.w=f Hna smAy.w=f591 beim Vertreiben seiner Feinde zusammen mit seinen Genossen (= des Seth), Hr xsf aApp m Ax.w tp-]&rA=s\ beim Abwehren des Apophis mit den Zaubern] ihres [Spru]ches,592 [Ax.tj m p.t xr Ra] die du glänzend/wirkmächtig bist im Himmel bei Re] &m rn=T pfj n Ax.t(?)\ in jenem deinem Namen ‚Glänzende/Wirkmächtige‘, [w]sr.t &m tA(?) xr Gb(?) die du mächtig bist auf der Erde(?) bei Geb(?)
586 Zur Adaption von Epitheta der Göttin im Sistrumhymnus in eine Rezitation des ‚Balsamierungsrituals‘. 587 Diese Parallele, die nur den Anfangsteil des Gesamttextes wiedergibt, wird von STADLER, Isishymnus, nicht erwähnt. 588 Siehe QUACK, Standardhymnus, mit einer Auflistung der Parallelen auf S. 102–105; vgl. auch CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 73 m. Anm. 132; 74 m. Anm. 133. 589 Mit diesem Ausdruck könnten die Dekane gemeint sein, deren wichtigster und damit deren „Gebieterin“ Sothis/Sirius ist, vgl. VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23. Andererseits können auch andere Himmelskörper als „lebende Bas der Götter“ aufgefaßt werden, siehe QUACK, Dekane, S. 12. 590 Dies und das Folgende ergänzt nach den Parallelen Dend. XIV, 210, 11–211, 5 und Dend. XV, 25, 7– 26, 14. 591 Vgl. die Parallele Dend. XIV, 210, 11–211, 5: sxr(.t) xftj{.w} pfj Hr=f Hna smAwtj.w=f. 592 Diese Phrase fehlt in der Parallele Dend. XIV, 210, 11–211, 5. Vgl aber dazu z. B. auch PhilaeHymne 8.
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128
Kol. 2:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
m rn=T pf\[j] &n\ [w]&sr\[.t]593 in jene[m] deinem Namen ‚[M]ächtig[e]‘, & Tnj.\t m dwA.t [xr] Wsjr (?) die Erhabene in der Unterwelt [bei] Osiris (?) m rn=T &n\ [*n]&n\.t594 in deinem Namen [Tjen]enet („Erhabene“),595 stj(.t) Hapj baHj.n=f tA.wj m rn=T pfj n %pd.t/%Tj.t die du den Nil ausgießt, wenn/damit er die Beiden Länder überschwemmt, in jenem deinem Namen ‚Sothis/Satet‘,596 inq=T-s(w) r sjwr sx.t m rn=T pfj n anq.t du flutest ihn (den Nil), um das Feld fruchtbar zu machen, in jenem deinem Namen ‚Anuket‘,597 dj(.t) xpr wnn.t nb(.t) m tA die (du) alles, was auf Erden existiert, entstehen läßt; anx=sn im=T m rn=T pfj n anx.t es598 lebt durch dich in jenem deinem Namen ‚die Lebendige‘,
593 BRESCIANI, Assuan, S. 103, und LGG VI, 426b, lesen sr.t m p.t xr nTr.w „die am Himmel bei den Göttern verkündet“. Es dürfte hier m. E. jedoch [w]sr.t zu lesen sein (so auch PREYS, in: TLA). Da der rechte Rand der Kolumne ja zerstört ist, wäre dort noch Platz für ein senkrechtes schmales Zeichen wie . Vgl. dazu auch die Parallelen Dend. XIV, 210, 11–211, 5, und Dend. XV, 25, 7–26, 14, wo der Text allerdings jeweils etwas abweicht: wsr.t(j) m tA m rn=T pfj n wsr.t, und wsr.t m tA xr Gbb m rn=T pfj n Wsr.t. Möglicherweise ist der lückenhafte Text in Assuan, der bei BRESCIANI, Assuan, S. 102, eventuell einige Abschreibefehler enthält, nach letzterer Version zu korrigieren. Das von BRESCIANI transkribierte, halb weggebrochene zweite vor dem vollständig erhaltenen könnte dem Photo zufolge ebenso gut das b von [G]b sein, und das flache Zeichen, das von BRESCIANI als transkribiert wurde, könnte eher sein. Vgl. dazu auch STADLER, Isishymnus, S. 293–294, Anm. k)–l). Die Lesung „Geb“ macht m. E. auch inhaltlich mehr Sinn: vgl. Re am Himmel, Osiris in der Unterwelt. 594 Ergänzt nach Dend. XV, 25, 7–26, 14: Tnj.t m dwA.t xr Wsjr m rn=T pfj n *nn.t. Der Text in Dend. XIV, 210, 11–211, 5, endet mit: Tnj.tj m dwA.t xr Wsjr „die du erhaben bist in der Unterwelt bei Osiris“. BRESCIANI, Assuan, S. 102–103, transkribiert das entscheidende Wort jeweils als , was auf den Photos jedoch keineswegs so zu erkennen ist, und übersetzt „die in der Unterwelt residiert in jenem deinem Namen Isis“. Die Reste würden ebenso gut zur obigen Lesung passen. STADLER, Isishymnus, S. 295, Anm. p) folgt BRESCIANIs Transkription des Namens und übersetzt „Isis in der Unterwelt [vor] Osiris in deinem Namen Isis“, obwohl einer der anonymen Gutachter des JEA seinem Kommentar nach ebenfalls die oben angegebene Lösung vorschlägt. Vgl. Anm. 67. 595 Zum Namen der Göttin Tjenenet, auch speziell zu dieser Stelle, siehe M. T. DERCHAIN-URTEL, Synkretismus in ägyptischer Ikonographie. Die Göttin Tjenenet, GOf IV, 8, Wiesbaden 1979, S. 75–77. Zu Isis und Tjenenet sowie der obigen Textstelle (bzw. der Parallele Dend. XV, 25, 7–26, 14) vgl. auch BERGMAN, Ich bin Isis, S. 247–250. 596 Die Schreibung des Namens ist eigentlich als „Sothis“ zu lesen; diese fällt jedoch in später Zeit lautlich und graphisch mit Satet zusammen (vgl. Wb IV, 348, 8), die an der mythischen Nilquelle am 1. Katarakt sitzt. Außerdem wird im nächsten Satz parallel dazu Anuket genannt. Inhaltlich würde Sothis aufgrund des Überschwemmungsthemas natürlich ebensoviel Sinn machen. Siehe zu dieser Stelle auch DOUSA, Imagining Isis, S. 155, m. Anm. 24; D. MÜLLER, Isis-Aretalogien, S. 89. 597 Vgl. zu dieser Stelle eine Parallele im Fayumbuch, Z. 77–82 (eine Beischrift zu einer Vignette mit Darstellungen von Satet und Anuket): stj=s Hapj m Abw r baHj &A-S Nnj-nswt anq=s r &A-MHw „Sie (Satet/Sothis) gießt den Nil aus in Elephantine, um das Seeland und Herakleopolis zu überschwemmen, und sie (Anuket) führt die Flut nach Unterägypten.“ Vgl. auch ZECCHI, Geografia religiosa, S. 210.
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Assuan, Isistempel
Kol. 3:
129
sqdj=T m tA xr %AH wbn=T Hr iAbt.t n.j.t p.t du ziehst dahin in der Erde (?)599 bei Orion, du gehst auf im Osten des Himmels, sHtp=T m anx Hr imnt.t ra nb du legst dich lebendig zur Ruhe im Westen, jeden Tag. nHm=T nswt bj.tj [(Ptwlmys anx Dt mrj As.t) m-a ix.t nb Dw m-a xr.yw Mögest du den König von Ober- und Unterägypten [(Ptolemaios…) bewahren vor allen schlechten Dingen und vor Feinden.600 irj(.t) sSS.tj m Hr=T nfr Die Sistren spielen in deinem schönen Angesicht,601 As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) %wnw Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Syene, ir.t Ra iwt.t snnw.t=s m p.t tA Auge des Re, deren Zweite es nicht gibt im Himmel und auf Erden,602 wr(.t) mr.(w)t Hnw.t Hm.wt mH(.t) p.t tA m nfr.w=s Große an Beliebtheit, Gebieterin der Frauen, die Himmel und Erde mit ihrer Schönheit erfüllt, mw.t-nTr n kA nxt603 Hm.t nswt604 n [(Wn-nfr mAa-xrw) die Gottesmutter des Starken Stieres, die Königliche Gemahlin von [(Onnophris), Sps.t aA(.t) m Hw.t-sr wa.t m Hw.t bnw605 Große Edle im Haus des Fürsten, Einzigartige im Haus des Phönix, nb(.t) nmt.t m wjA n HH ir(.t) sxr m tp(.t) nTr Herrin des Ausschreitens in der Barke von Millionen, die Rat erteilt/Pläne macht in der Götterbarke. nTr.t aA.t xnt Hw.t-bj.t Die große Göttin an der Spitze des Hauses der Biene (= Sais),606 Hnw.t m &A-anx.t die Gebieterin im Land des Westens,607
598 Das Suffix im Plural wird wohl deshalb verwendet, weil wnn.t nb(.t) einen pluralischen Begriff darstellt. 599 Naheliegender wäre m p.t „am Himmel“. Ob es sich um ein Versehen des Schreibers handelt? Andererseits könnte hier der übliche Zyklus (entsprechend dem der Sonne) gemeint sein: Aufenthalt unter der Erde – Aufgang im Osten – wiederum Untergang im Westen. Die Parallele Dend. XV, 25, 7–26, 14 hat allerdings: sqdj=T m-xt %AH. 600 Mit der Wunschformel für den König endet hier eigentlich eine Komposition. Angeschlossen ist in der 3. Kol. der Sistrumhymnus, die Parallele zu Philae-Hymne 7, vgl. auch die folgenden Anm. 601 Es scheint sich bei irj um einen Infinitiv zu handeln, so daß der Beginn des neuen Textes einem Ritual-Titel entspricht. BRESCIANI, Assuan, S. 103, versteht dagegen ein Partizip, das auf den zuvor genannten König bezogen ist. Dies ist auch möglich und würde die beiden Texte verbinden. STADLER, Isishymnus, S. 293, ergänzt zu irj.n=i. 602 Ab hier entspricht der Text der Philae-Hymne 7. 603 Die Parallele Philae-Hymne 7 hat hier KA-mw.t=f. 604 Die Parallele Philae-Hymne 7 gibt Hm.t nswt wr.t „Große Königliche Gemahlin“. 605 Die Parallele Philae-Hymne 7 hat hier Hw.t bnbn. 606 Zu Hw.t-bj.t als Heiligtum in Sais siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 629; EL-SAYED, Neith, S. 199–208; LEITZ, Geographisch-osirianische Prozessionen, S. 322, m. Anm. 7.
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130
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
HqA.t m WAs.t nb(.t) ISrw die Herrscherin in Theben, die Herrin von Ischeru,608 aA(.t) xa(.w) m Xnw %wnw groß an Erscheinungen in Syene,609 nTr.t aA.t xnt ^ma.w Hnw.t m MHw die große Göttin an der Spitze von Oberägypten, die Gebieterin in Unterägypten.610 Kommentar: Die Inschrift setzt sich aus zwei ursprünglich getrennten Kompositionen zusammen: Der erste Hymnus (Kol. 1–2) beginnt mit einer Abfolge einfacher Epitheta, die gleich zu Beginn Isis mit Sothis identifizieren, die mit Osiris-Orion am Himmel dahinzieht. Somit wird ein Schwerpunkt in der astralen, himmlischen Sphäre für den weiteren Text gesetzt, verbunden mit dem Themengebiet der Nilüberschwemmung und Fruchtbarkeit. 611 Den Kern dieses Abschnitts bildet eine Litanei mit der Namensformel („in jenem deinem Namen X“), die Isis mit Hilfe von Wortspielen mit verschiedenen Beinamen versieht und mit den lokalen Göttinnen Satet und Anuket gleichsetzt.612 Des weiteren ist Isis einerseits am Himmel bei Re, andererseits bei Osiris in der Unterwelt, wodurch ein ganzer astraler Kreislauf durch Himmel und Unterwelt impliziert ist. Ein zweiter, inhaltlich ähnlicher Abschnitt in Kol. 2, nun ohne Namensformel, beharrt auf diesem Thema. Die Rolle als Urheberin der Nilflut (als Satet/Sothis u. Anuket) wird zu der einer allgemeinen Schöpfergöttin ausgebaut („die alles… entstehen läßt“). Die starken Zerstörungen in der 1. Kolumne sind hier versuchsweise mit Hilfe der Parallele Dend. XIV, 210, 11–211, 5 ergänzt; jedoch ist wahrscheinlich mit einigen Abweichungen zu rechnen, da auch der besser erhaltene Teil dem Dendara-Text nicht wörtlich entspricht. An diese Litanei, die mit einer Bitte für den König endet, ist eine Version des Sistrumhymnus613 in einer fast wortgenauen Kopie des entsprechenden Teils von PhilaeHymne 7 angesetzt,614 in der Isis am Ende mit verschiedenen Städten und Stätten in Verbindung gebracht wird. Thematisch stellt die Inschrift insgesamt Isis als Sothis und damit Lebens- und Fruchtbarkeitsspenderin für das Land dar, des weiteren als Herrin Ägyptens mit verschiedenen dazu gehörigen wichtigen Orten.
607 Name der Nekropolen verschiedener Städte, siehe GDG VI, S. 6–7, u. a. Heliopolis, welches m. E. hier wahrscheinlich gemeint ist (vgl. andere ähnliche Litaneien, wo Memphis, Heliopolis und Theben immer zuerst genannt werden, siehe dazu NAGEL, One for All). 608 Tempel und heiliger See der Mut bei Karnak, Wb I, 135, 6. 609 Die Parallele Philae-Hymne 7 hat statt dessen aA(.t) xa(.w) m ¤nm.t „groß an Erscheinungen in Bigge“; beide Varianten sind demnach an das lokale Umfeld angepaßt, während die übrigen langen Versionen übereinstimmend das offenbar ursprünglichere „Karnak“ nennen, vgl. dazu QUACK, Standardhymnus, S. 113, k). 610 Die übliche Schlußformel fehlt hier aus Platzgründen. 611 Vgl. auch BRESCIANI, Assuan, S. 25–26. 612 Zur Hymne mit Namensformel siehe z. B. ASSMANN, Hymnen und Gebete, S. 17–18. 613 Siehe dazu QUACK, Standardhymnus, mit einer Liste der verschiedenen Textzeugen auf S. 102–105. 614 Siehe auch dort, Kap. 4.1.1.A; vgl. ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 114.
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Assuan, Isistempel
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
131
Assuan-Hymne 6 (Assuan, E.15, S. 104–105; Taf. 23) Assuan, Isis-Tempel, Tür zum Sanktuar (Tor E), südliche Türlaibung PREYS, in: TLA, Stand: 31.07.2012; D. MÜLLER, Isis-Aretalogien, S. 89–90; BERGMAN, Ich bin Isis, S. 97–98; KUCHAREK, Klagelieder, S. 136; ROSE, Sothic Date; J. LULL, La astronomía en el antiguo Egipto, Valencia 2004, S. 98–99; CLAGETT, Calendars, Clocks and Astronomy, S. 331–333; YOYOTTE, Monumentale litanie, bes. S. 63–64; VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23–24, Anm. 77; OSING/ROSATI, Papiri geroglifici, S. 143–144 m. Anm. 74; QUACK, Sonne und Mond, S. 34 u. 48; MARTZOLFF, Décoration des pylônes, Taf. 12a (hieroglyphische Abschrift nach Assuan, E.15) Philae-Photo 1297; El-Qal‘a II, Nr. 238
Text: Kol. 1:
(Dd mdw jn) nD Hr=T As.t nD Hr=T %pd.t %xm.t BAs.t (Rezitation:) Sei gegrüßt, Isis, sei gegrüßt, Sothis, Sachmet, Bastet, nb(.t) %wnw nb(.t) p.t HqA(.t) idb.w Herrin von Syene, Herrin des Himmels, Herrscherin der Ufer, prj=T wsr=T mrj(.t) PtH mögest du erscheinen, mögest du mächtig sein, Geliebte des Ptah, Nxb.t WADy.t ^smt.t615 Wnw.t Nechbet, Uto, Schesemtet, Unut (Uräusschlange), Hrj(.t)-ib S njw.t=s616 m Hw.t-kA-PtH die inmitten des Sees,617 deren Stadt Memphis ist,618 bjk.t nTrj.t nb(.t) Pwn.t das göttliche Falkenweibchen, die Herrin von Punt,
615 Eventuell könnte hier auch die in Assuan heimische %Tj.t Satet gemeint sein, vgl. ihre Nennung in Assuan-Hymne 5. Zu Schesemtet, einer Form der Gefährlichen Göttin in Löwengestalt, siehe P. E. NEWBERRY, ^sm.t, in: Studies Presented to F. L. Griffith, London 1932, S. 316–323: 318–320; DE WIT, Lion, S. 310–312; HOENES, Sachmet, S. 171–172; Ph. DERCHAIN, Elkab I. Les monuments religieux à l’entrée de l’ouady Hellal, Brüssel 1971, S. 14–32. 616 BRESCIANI, Assuan, S. 105, liest das Stadtzeichen offenbar nicht und übersetzt „die in ihrem See im Tempel des Ka von Ptah ist“. Vgl. zur obigen Lesung PREYS, in: TLA. 617 So wird Neith im Buch vom Fayum (170) einmal bezeichnet, vgl. LGG V, 432b. S bezeichnet dort entsprechend den Fayumsee. 618 Ähnliche Listen von Verkörperungen der Gefährlichen Göttin finden sich in Ritualen für die Uräusschlange, siehe z. B. ERMAN, Hymnen an das Diadem, S. 24–30, besonders im Räucherritual z. B. innerhalb des Mundöffnungsrituals (Szene 59B), siehe OTTO, Mundöffnungsritual II, S. 132–134; QUACK, Fragmente, S. 104–105. Ursprünglich lautete der auf „Unut“ folgende Teil im Räucherritual für die Uräusschlange: Wnw.t MnHy.t Njw.t-S(.w)=s Hw.t-wr.t „Unut, Menhit, ‚Die von der Stadt ihrer Seen (oder: ihres Sees)‘ und ‚Die von Hut-weret‘“ (MÖR Szene 59B, d). Zu den beiden von Toponymen abgeleiteten Epitheta der Uräusschlange siehe bereits L. BORCHARDT, Das Grabdenkmal des Königs SaoHu-Reo II, Leipzig 1913, S. 128). Darauf geht wohl die in der obigen Hymne vorliegende Passage Hrj(.t)-ib S njw.t=s m Hw.t-kA-PtH zurück.
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132
Kol. 2:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nb(.t) ISrw Hnw.t sxm.w die Herrin von Ischeru, die Gebieterin der Mächtigen, imnt.t iAbt.t Xr nfr.w=s Westen und Osten sind unter ihrer Vollkommenheit, irj.tw n=s pr-wr pr-nsr.t pr-nw Für sie wurden das ‚Große Haus’, das ‚Haus der Flamme‘ und das pr-nw gebaut,619 r Xnm mrj.t=s im damit (sie) sich dort mit dem vereinigen kann, was sie liebt, nb(.t) 12620 Hnw.t 16 die Herrin der 12, die Gebieterin der 16, Smsw Hm.t=s m 730 das Gefolge ihrer Majestät ist/besteht aus 730,621 nb(.t) rnp.wt Hnw.t Abd.w die Herrin der Jahre, die Gebieterin der Monate, hrw.w wnw.wt Xr nfr.w=s unter deren Vollkommenheit die Tage und Stunden622 sind, nb(.t) anx Hnw.t tA.wj die Herrin des Lebens, die Gebieterin der Beiden Länder, ^Ay Rnn(.t) m wD.t.n=s Schicksal und Gedeihen sind in dem, was sie befohlen hat. Rnn-wt.t nb(.t) kA.w Renenutet, die Herrin der Speisen, wr.t HkA xnt aH.t die Große an Zauberkraft, die an der Spitze des Palastes ist,623 mj.t r=T n sA Ra [(Ptwlmys anx Dt mrj As.t) sA=T pw Komme doch zu dem Sohn des Re [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Isis), (denn) er ist dein Sohn. Hnw.t=n n dj=T-s(w) n imj.w […]t (Oh) unsere Gebieterin, mögest du ihn nicht denjenigen, die in […] sind, geben (?),
619 Das oberägyptische und die beiden unterägyptischen Reichsheiligtümer. 620 BRESCIANI, Assuan, S. 105, liest seltsamerweise 13, obwohl sie vier Zahlstriche in der Transkription angibt. Das neue Photo der Hymne zeigt eindeutig nur zwei Striche, was genau mit der Parallele Philae-Photo 1297 übereinstimmt, wo ebenfalls definitiv eine 12 steht (siehe dort, Kap. 4.1.1.A). Von nahezu allen Bearbeitern wurde jedoch die 14 als Lesung übernommen, siehe unten. 621 Siehe hierzu den Kommentar zur entsprechenden Stelle in der Parallele Philae-Photo 1297. 622 BRESCIANI, Assuan, übersetzt mit „le costellazioni“ („die Sternbilder“). Das etwas undeutliche Zeichen soll aber wohl darstellen. In der Parallele Philae-Photo 1297 folgt definitiv „Stunde(n)“, wenn auch in der etwas abweichenden Formulierung „die Herrin der Jahre, die Gebieterin der Monate, Tage und Stunden“. PREYS, in: TLA, segmentiert die Assuan-Stelle etwas anders: „die Herrin der Jahre, die Gebieterin der Monate und Tage, deren Schönheit die Stunden füllt.“ Diese Aufteilung ist prinzipiell ebenfalls möglich. 623 Zu dieser Passage, die Isis mit Renenutet gleichsetzt und sie so als Herrin über Schai und Renenet und Herrin der Speisen bezeichnet, vgl. auch DOUSA, Imagining Isis, S. 178.
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Assuan, Isistempel
Kol. 3:
133
mTn.n=f n=T stp.w Er hat für dich ausgewählte Fleischstücke herausgeschnitten, sHtp=f tw=T m ix.wt nfr.w(t) er stellt dich zufrieden mit guten Dingen, xrp=f n=T Htp.w DfA.w indem er dir Opfergaben und Speisen darreicht HAy=f n=T wdHw m qbH ipn und dir eine Libation aus diesem frischen Wasser ausgießt, Htp=T n=f m nsr=T m irj.n=f-sw Mögest du ihm gnädig sein mit deiner Flamme,624 weil er es für dich getan hat, Ax=T m wD.t.n=f mögest du herrlich/wirkmächtig sein mit dem, was er befohlen hat (= mögest du dich daran erfreuen). nHm=T nswt bj.tj [(Ptwlmys…) m-a ix.t nb(.t) Dw Htp=T n=f Hr=T(?) Mögest du den König von Ober- und Unterägypten [(Ptolemaios IV.) bewahren vor allen schlechten Dingen, und mögest du ihm gnädig sein (Möge dein Antlitz ihm gnädig sein?).
Kommentar: Ähnlich wie in der gegenüber angebrachten Assuan-Hymne 5 wird Isis auch hier mit verschiedenen ägyptischen Göttinnen gleichgesetzt, wobei die Identifikation in diesem Fall über eine bloße Aneinanderreihung der Namen vonstatten geht. Besonders auffällig ist an diesem Text jedoch die Einbindung der Isis in die Zeitrechnung und ihre astronomischen Hintergründe, was in erster Linie aus ihrem Sothis-Aspekt resultiert. Dieser hängt wiederum eng mit dem Festereignis zu Beginn des Jahres zusammen, das auch in den anderen Hymnen immer wieder Erwähnung findet: dem Sothis-Aufgang und der Überschwemmung, die Ägypten Fruchtbarkeit und Gedeihen bringt (Renenet). So wird Isis in der Parallele zu Philae-Photo 1297 und El-Qal‘a II, Nr. 238 als Herrin von Jahren, Monaten, Tagen und Stunden bezeichnet 625 und außerdem mit verschiedenen Zahlen in Verbindung gebracht, um deren Lesung und Deutung sich eine besonders intensive Diskussion mit teilweise ausufernden Theorien entzündet hat.626 Ein großes Problem bestand bisher in der abweichenden Interpretation der ersten Zahl627 als 13 oder 14. Die Parallele Philae-Photo 1297 gibt eindeutig 12 an,628 und auch in Assuan 624 Oder: „als Nesret (Flamme)“, vgl. PREYS, in: TLA. 625 Vgl. dazu z. B. auch ZANDEE, Amunhymnus, S. 234 (Kol. 3, 10–11), wo es vom Schöpfergott Amun heißt: „Der die Tage schafft, der die Stunden entstehen läßt, so daß sie gezählt sind gemäß seinem Gang, der die Jahre einteilt (wpj; oder: „eröffnet“), die [Monate] sind vollendet, wenn er [die Barke] am Himmel dahinfahren läßt“. 626 Siehe ROSE, Sothic Date; CLAGETT, Calendars, S. 331–333. Zu diesen astronomischen Deutungen mit ihren diversen Lesefehlern, vgl. die Kritik von VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23–24, Anm. 77. Weitere Bemerkungen bei YOYOTTE, Monumentale litanie, bes. S. 63–64; OSING/ROSATI, Papiri geroglifici, S. 143–144 m. Anm. 74; QUACK, Sonne und Mond, S. 34 u. 48; GOYON, Seize et quatorze. Vgl. auch oben die Anm. 93–95 zum Text. Vgl. Kap. 4.1.1.A, Kommentar zur Parallele Philae-Photo 1297. 627 Vgl. oben, Anm. 93. 628 Es ist jedoch anzumerken, daß die zweite Zahl in Philae 36 ist, also von Assuan abweicht.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
lese ich auf dem neuen Photo definitiv 12; doch BRESCIANI transkribierte in ihrem Facsimile 14, übersetzte aber 13.629 Die 14 wird von BERGMAN, VON LIEVEN und GOYON übernommen,630 wohingegen OSING/ROSATI die 13 favorisierten.631 Die 12 hingegen wurde bisher nicht einmal in Betracht gezogen, obwohl sie selbst auf BRESCIANIs Taf. 23 recht gut zu erkennen ist. Die Zahlensymbolik läßt sich so weitestgehend gut deuten: Mit dem Gefolge von 730 sind wohl Chronokratoren gemeint, die zur Gefährlichen Göttin gehören und normalerweise den 365 Jahrestagen zugeordnet werden, wobei ihre Anzahl jedoch auch wie hier verdoppelt werden kann.632 In diesem Zusammenhang werden auch 365 oder 730 Erscheinungsformen der Göttin mit verschiedenen Namen angerufen.633 Der Aspekt der Gefährlichen Göttin bzw. des Sonnenauges wird in der Hymne außerdem durch die genannten Göttinnen Sothis, Sachmet/Bastet, Nechbet und Uräusgöttinnen wie Uto, die für deren Verkörperung besonders typisch sind, evoziert;634 des weiteren passen die Ritualhandlungen des Königs, die in Kol. 3 beschrieben werden, nämlich das Darreichen von Fleischstücken (stp.w) 635 und das Besänftigen (sHtp) der Göttin, ebenfalls gut in diesen Kontext. Um auf die Zahlen 12/13/14 und 16 zurückzukommen, so ist zu bemerken, daß zwar die bisher bevorzugte Lesung 14 und 16 sehr gut in osirianischen Kontext passen würde. Z. B. existiert die Überlieferung, daß Osiris in 14 oder 16 Teile zerrissen worden ist, was wohl gleichzeitig eine lunare Symbolik enthält: Die 14 und 16 entsprechen den 30 Tagen eines Mondmonats mit dem zunehmenden (= 14 Tage) und wieder abnehmenden Mond.636 Das (hier sicher zu lesende) Epitheton Hnw.t 16 ist auch im 13. o.äg. Gau als Beiname der Hathor belegt, der nach GOYON ebenfalls in den Zusammenhang der Wiederzusammensetzung der Osirisglieder gehört.637 So wird „Hathor, Gebieterin der 16“ im hieratischen Papyrus PSI I 72, einem mythologischen Handbuch für die Gaue VII-XVI von Oberägypten, für den 13. Gau mit der Hauptstadt Assiut als eine der Hauptgottheiten genannt.638 Diese wird dort wieterhin mit Isis, die Osiris schützt, identifiziert; später ist außerdem noch von „16 Geheimnissen“ die Rede.639 PREYS zieht anhand von Szenen aus dem Per-nu von Dendara eine Verbindung des Hathor-Epithetons zu den idealen 16 Ellen der Nilüberschwemmung.640 629 BRESCIANI, Assuan, S. 104 bzw. 105. 630 BERGMAN, Ich bin Isis, S. 97–98; VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23–24, Anm. 77; GOYON, Seize et quatorze. 631 OSING/ROSATI, Papiri geroglifici, S. 143–144 m. Anm. 74. 632 Siehe den Kommentar zur Parallele Philae-Photo 1297, mit Literaturangaben. 633 Vgl. auch QUACK, Sonne und Mond, S. 34–35. 634 Vgl. VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23–24. 635 Dieses Opfer, das getötete Feinde repräsentiert, wird üblicherweise vor Göttern ausgeführt, deren kriegerische und apotropäische Aspekte betont werden sollen, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 962–963. 636 Vgl. QUACK, Sonne und Mond, S. 48, der noch weitere Belege für die Verbindung Osiris’ zu diesen Zahlen anbringt; und jüngst ID., Resting in Pieces, S. 252–253; VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 23, Anm. 77; siehe auch BEINLICH, „Osirisreliquien“, S. 60–68. 637 GOYON, Seize et quatorze; vgl. auch PH. DERCHAIN, Le jeu de 16: un discret hommage à Hathor, in: RdÉ 60, 2009, S. 199–200. 638 Siehe OSING/ROSATI, Papiri geroglifici, S. 143. Siehe dazu unten, Kap. 4.13.1.2. 639 OSING/ROSATI, Papiri geroglifici, S. 144–145. 640 PREYS, Maîtresse des Seize.
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Assuan, Isistempel
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So passend die Implikationen dieser Zahlenspielerei aber auch für Osiris, Hathor und Isis sein mögen, so ist doch im Text sonst überhaupt nicht von Osiris oder Isis’ Rolle ihm gegenüber die Rede, und die Lesung ‚14’ m. E. definitiv falsch, insbesondere wenn man die Parallele von Philae-Photo 1297 hinzuzieht. Alles in allem läßt sich für die Zahlen in Philae eine viel leichtere Erklärung im Kontext der übrigen Zeitabschnitte finden, siehe dazu dort, Kap. 4.1.1.A. Daher ist letztlich zu vermuten, daß die Angabe ‚16‘ in Assuan ein Fehler für die in Philae belegte ‚36‘ sein dürfte. 4.2.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. Text/Hauptpublikation Assuan, B.6a (S. 21 u. 44–45) Anbringungsort Assuan, Isis-Tempel, Haupttor (B), Außenseite, Architrav, nördliche zentrale Randzeile Bibliographie ZAKI, Isis HA.t pA mSa, S. 419 Text: As.t HA.t pA mSa Hrj-ib %wnw Isis, die an der Spitze des Heeres ist, inmitten von Assuan, srf(.t) tktk xwj(.t) Km.t n @r=s die den/die Angreifer zur Ruhe bringt,641 die Ägypten für ihren Horus schützt, waf(.t) xAs.wt n nb tA.wj Xr Tb.tj=f die die Fremdländer unterwirft für den Herrn der Beiden Länder, unter seine Sandalen. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Assuan, B.6b (S. 21 u. 48–49) Assuan, Isis-Tempel, Haupttor (B), Außenseite, Architrav, südliche zentrale Randzeile –
Text: As.t wr.t mw.t-nTr Hm.t nswt tp.t n [(Wnn-nfr mAa xrw) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), mw.t-nTr n @r kA nxt die Gottesmutter des Horus, des Starken Stiers, dj(.t) anx wAs nb mj Ra Dt die alle Milch (oder: alles Leben und alle Macht) gibt,642 wie Re, ewiglich.
641 ZAKI, Isis HA.t pA mSa, S. 419, übersetzt die Stelle mit „die Hitzige, die angreift“. Vgl. aber zum Epitheton „der/die den Angreifer zur Ruhe bringt“ LGG VI, 430. In den meisten Fällen läßt der Kontext nicht zu, die beiden Wörter zu trennen. 642 BRESCIANI, Assuan, S. 21, übersetzt mit Bezug auf Horus: „dem alles Leben und Kraft gegeben ist“.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kommentar: Die beiden zentralen Randzeilen643 des Architravs am Haupttor nennen als Haupttitel der Göttin einmal Isis „an der Spitze des Heeres“ (Assuan, B.6a (Norden), Text wiederholt in Assuan, B.12) und einmal Isis, „die Große, die Gottesmutter“ (Assuan, B.6b (Süden)). Die komplementären Inschriften präsentieren damit den Doppelcharakter der Isis als kriegerische Göttin einerseits, und Ehefrau von Osiris und Mutter von Horus andererseits.644 Der Titel HA.t pA mSa ist nur in Assuan und nur für Isis belegt.645 Er wird auch in einer großen Anzahl von Ritualszenen im Tempel verwendet, wo er üblicherweise direkt auf den Eigennamen der Göttin folgt, so z. B. in der Weinopferszene Assuan, B.2. In anderen Szenen nimmt Isis eine andere Titelfolge an, die von Szene zu Szene variiert, aber jeweils nur sehr kurz gehalten ist, und oft nur die wenig aussagekräftigen Haupttitel nennt, so z. B. in Assuan, E.7: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) %wnw Hnw.t nTr.w nb.w Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Syene, die Gebieterin aller Götter. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Assuan, B.9 (S. 54–55; Taf. 15) Assuan, Isis-Tempel, Haupttor (B), Außenseite, linker Türpfosten, untere Szene – Ptolemaios III. räuchert vor Isis.
Text: – Beischrift der Isis: (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr &nb(.t)\ %wnw (Rezitation:) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Syene, nD.tj(.t) mnx(.t) n tA-mrj Hnw.t tA.w nb.w vortreffliche Schützerin des ‚Geliebten Landes‘ (Ägypten), Gebieterin aller Länder.
643 Vgl. zu diesen göttlichen Randzeilen auch WINTER, Tempelreliefs, S. 33–34: die Randzeilen stehen nicht in direktem Bezug zu den beiden sie umschließenden Szenen, da Isis in der linken überhaupt nicht vorkommt und in der rechten nur als mittlere von drei Gottheiten gezeigt wird. Die zentral über dem Haupttor angebrachten Zeilen haben vielmehr große Bedeutung für den ganzen Tempel, denn sie nennen Namen und Titel der Hauptgottheit, unabhängig von den Szenen, zu denen sie zu gehören scheinen. 644 Vgl. auch BRESCIANI, Assuan, S. 21. 645 Siehe LGG V, 19c. Ausführlicher zu diesem Titel in Kap. 4.2.2.
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Assuan, Isistempel
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
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Assuan, B.12 (S. 60–61; Taf. 15) Assuan, Isis-Tempel, Haupttor (B), Außenseite, rechter Türpfosten, untere Szene – Ptolemaios III. libiert Wasser vor Isis. Neben Isis (in der Szenentiefe hinter ihr) ist schemenhaft das Relief einer zweiten Göttin zu erkennen, von der in den Begleittexten jedoch nirgends die Rede ist (Fehler oder unvollständig?).
Text: – Beischrift der Isis: (Dd mdw jn) As.t HA.t pA mSa Hrj-ib %wnw (Rezitation:) Isis, die an der Spitze des Heeres ist, inmitten von Assuan, srf(.t) tktk xwj(.t) Km.t n @r=s die den/die Angreifer zur Ruhe bringt,646 die Ägypten für ihren Horus schützt, waf(.t) xAs.wt n nb tA.wj die die Fremdländer unterwirft für den Herrn der Beiden Länder. Kommentar: In Assuan, B.12 wird exakt der Text aus der linken Randzeile in der Mitte des Architravs wiederholt (Assuan, B.6a), nur der Schluß fehlt. Die Szene befindet sich jedoch auf der anderen (rechten) Seite der Tempelachse, während die korrespondierende Szene Assuan, B.9 auf dem linken Türpfosten As.t wr.t mw.t-nTr nennt, also ähnlich wie die rechte zentrale Randzeile des Architravs.647 Somit ergibt sich eine chiastische Anordnung: Architrav, zentrale Randzeilen Türpfosten, unteres Register
Nord As.t HA.t pA mSa
Süd As.t wr.t mw.t-nTr Hm.t nswt tp.t…
As.t wr.t mw.t-nTr
As.t HA.t pA mSa
Andererseits betont jedoch auch die zweite Hälfte der Beischrift von Assuan, B.9 den schützenden Aspekt der Isis, der auf ganz Ägypten ausgeweitet ist. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Assuan, C.6b (S. 72 u. 75; Taf. 18) Assuan, Isis-Tempel, Seitentor (C), Architrav, zentrale Randzeilen, rechts –
646 Vgl. oben, Anm. 641. 647 Vgl. auch BRESCIANI, Assuan, S. 24.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: (nswj.t bj.tj.t) As.t wr.t mw.t-nTr (Die Königin von Ober- und Unterägypten) Isis, die Große, die Gottesmutter, nb(.t) %wnw dj=s snb nb Dt die Herrin von Syene. Möge sie geben alle Gesundheit, ewiglich. Kommentar: Die zentralen Randzeilen dieses Tores nennen einmal Osiris mit kurzer Epithetafolge, einmal entsprechend Isis, gefolgt jeweils von einer kurzen Bitte. In diesem Fall sind die flankierenden Ritualszenen insofern darauf abgestimmt, als jeweils die passende Gottheit in der Szene an vorderster Stelle plaziert ist (im Gegensatz zu den Szenen am Haupttor B, siehe oben). Isis’ Inschrift ist parallel zu derjenigen für Osiris (Assuan, C.6a) aufgebaut, von dem es heißt, daß er alles Leben und Macht geben soll (anx wAs). Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Assuan, F.15b (S. 114–115; Taf. 25) Assuan, Isis-Tempel, Sanktuar, Rückwand = Ostwand (F), 2. Register, zentrale Randzeilen, rechts –
Text: (nswj.t bj.tj.t) Hrj.t m tA Dr=f (Die Königin von Ober- und Unterägypten), die Oberste auf der ganzen Erde, aA.t nb(.t) tp rnp.t die Große, die Herrin des Jahresanfangs, Hnw.t nb(.t) xAbAs.w die Gebieterin und Herrin der Himmelsleuchten,648 sA.t n Gbb As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) %wnw die Tochter des Geb, Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Syene. Kommentar: „Herrin des Jahresanfangs“ ist ein typischer Beiname der Sothis und zeigt damit wieder einmal den eigentlichen Hauptaspekt der Isis im Tempel von Assuan, der ja auch in den Hymnen deutlich zutage tritt. In der Mitte der Sanktuarrückwand gelegen, befinden sich diese Randzeilen im tiefsten Kern des Tempels, vergleichbar den Philae-Hymnen 1–4. Die linke Randzeile (F.15a) ist Osiris gewidmet, entsprechend den beiden zentralen Randzeilen am Architrav des Seitentors (C.6a–b, siehe oben).
648 Vgl. dazu den Text Philä I, 168–169, mit Anm. zu xAbAs.w.
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Assuan, Isistempel
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
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Assuan, F.16 (S. 116–117, F.16, Taf. 25) Assuan, Isis-Tempel, Sanktuar, Rückwand (F), 1. Register, linke Szene – Ptolemaios III. opfert vor Chnum-Re, Satet-Isis, AnuketNephthys und Harsiese.
Text: – Beischrift der Satet-Isis: (Dd mdw jn) %Tj.t-As.t nb(.t) p.t aA(.t) nb(.t) Abw (Rezitation:) Satet-Isis, die Herrin des Himmels, die Große, die Herrin von Elephantine, stj(.t) Hapj(?) m qr.tj r sanx Hr nb die die Überschwemmung/den Nil aus den beiden Höhlen ausgießt, um jedermann zu beleben.649 Kommentar: Isis wird hier durch die Identifizierung mit Satet in die Triade von Elephantine integriert, ähnlich wie Nephthys, die mit Anuket verbunden wird. Auch die anderen Szenen der Sanktuarrückwand bringen den Isis-Osiris-Kreis mit den Göttern von Elephantine zusammen,650 die gemeinsam und in synkretistischer Verbindung das lokale Pantheon des Tempels bilden. Satet fällt außerdem sowohl lautlich als auch funktionell fast mit Sothis zusammen,651 dem Hauptaspekt der Isis in den Hymnen des Tempels.652 Die Triade von Elephantine ist zudem auch in den Isistempel von Philae gut integriert.653 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Assuan, F.17 (S. 118–119, F.17, Taf. 25) Assuan, Isis-Tempel, Sanktuar, Rückwand (F), 1. Register, rechte Szene – Ptolemaios III. räuchert und libiert vor Osiris, Isis-Satet, Nephthys-Anuket und Horus.
Text: – Beischrift der Isis-Satet: (Dd mdw jn) As.t-%Tj.t wr.t mw.t-nTr (Rezitation durch:) Isis-Satet, die Große, die Gottesmutter, nTr.t mnx.t nb.t %wnw die vortreffliche Göttin, die Herrin von Syene.
649 650 651 652 653
Nahe Parallele in Philae-Hymne 4: nts stj(.t) @apj irj(.t) anx Hr.w nb. Vgl. BRESCIANI, Assuan, S. 24; siehe auch die komplementäre Szene Assuan, F.17, unten. Vgl. auch Assuan-Hymne 5. Zusammenfassend zu den theologischen Verbindungen zur elephantinischen Triade siehe Kap. 4.2.2. Siehe dazu KOCKELMANN, Zur Kultpraxis, S. 109–111.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kommentar: Komplementär zur zuvor besprochenen, linken Szene des ersten Registers, steht nun die osirianische Familie im Vordergrund, und Isis’ sowie Nephthys’ Namen werden in den Verbindungen mit Satet und Anuket vorangestellt (Isis-Satet und Nephthys-Anuket). 4.2.2
Assuan: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
Beziehung zum Isisheiligtum von Philae In naher Umgebung des dominierenden Kultzentrums von Philae befindet sich mit dem Isis-Tempel von Assuan (Syene) noch ein weiteres, wenn auch wesentlich kleineres IsisHeiligtum,654 demotisch pr As.t oder pA rpy As.t n.t %wn genannt.655 Der im Süden der Stadt errichtete Bau besteht aus einem nach Westen ausgerichteten Naos, in dem sich eine Pfeilerhalle und ein von zwei weiteren Räumen umgebenes Sanktuar befinden; Reste der Umfassungsmauer und des offenen Vorhofes wurden erst in jüngerer Zeit ergraben. 656 Am Grundriß fällt eine Betonung der Südseite auf:657 An der Tempelfront gibt es neben dem Haupttor einen südlichen Nebeneingang, die Tür der südlichen Seitenkapelle ist breiter als die der nördlichen; zusätzlich ist diese Kapelle durch einen Durchgang in der Wand direkt mit dem Sanktuar verbunden. Im Inneren des Tempels sind nur die Türrahmen und die Sanktuarrückwand dekoriert, der Rest wurde nicht vollendet, obwohl der Tempel, wie drei Altäre von Ptolemaios X.658 sowie die zahlreichen Graffiti659 zeigen, auch in der späteren Ptolemäer- und in der Römerzeit noch in Betrieb gewesen ist. Der Tempel in Assuan ist nicht nur aufgrund der regionalen Zugehörigkeit in enger Beziehung zu Philae zu betrachten: Beide Heiligtümer liegen auch zeitlich nah beieinander, da der Isis-Tempel in Assuan wohl unter Ptolemaios III., von dem die älteste Wanddekoration stammt, oder etwas früher erbaut wurde. Somit könnte man vielleicht sogar eine direkte Abhängigkeit der Installation des Kultes von Philae annehmen. Immerhin wurden beispielsweise in den Assuan-Hymnen 2 und 5 die Philae-Hymnen 8 und 7 weiterverarbeitet und mit anderen Texten kombiniert.660 ZAKI geht in ihrer Interpretation des Assuan-Tempels noch weiter und sieht das Verhältnis zwischen Assuan und Philae als dasjenige religionspolitischer Rivalen an:661 Vor der Etablierung des großen ptolemäischen Isis-Heiligtums waren Chnum und seine Gefährtinnen Satet und Anuket die beherrschenden Gottheiten des Kataraktgebietes und das seit dem AR bestehende Heiligtum auf der zu Assuan gehörigen Insel Elephantine somit das wichtigste Kultzentrum. Isis spielte dagegen bis zur Spätzeit kaum eine Rolle in der Re-
654 Publikation des Tempels mitsamt Reliefs und Graffiti: BRESCIANI, Assuan. Vgl. auch LOCHER, Topographie, S. 87–89. 655 Vgl. LOCHER, Topographie, S. 87. 656 K.-C. BRUHN, in: VON PILGRIM et al., 3rd and 4th Season in Aswan, S. 220–228. 657 Vgl. BRESCIANI, Assuan, S. 20; Taf. 6. 658 Siehe BRESCIANI, Assuan, S. 18. 659 Dazu unten, Kap. 6.2.3. 660 Zu Parallelen zentraler Isis-Texte in verschiedenen Heiligtümern siehe ausführlich unten, Kap. 5.1.3. 661 ZAKI, Isis HA.t pA mSa, S. 417.
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Assuan, Isistempel
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gion.662 Durch die wachsende Popularität des Philae-Tempels wurden die Kulte von Elephantine zweitrangig; ZAKI deutet den Bau des Isis-Tempels auf Assuan daher als Versuch der Chnum-Priesterschaft, dem neuen Kultzentrum nun mit einer eigenen speziellen IsisTheologie etwas entgegenzusetzen. Ich halte diese Spekulation jedoch für sehr fraglich, zumal der Isiskult zu Beginn der Ptolemäerzeit ja auch generell und mit weiteren Tempelbauten stark gefördert wurde.663 Zudem gibt es keine Hinweise, warum – wie ZAKI annimmt – ausgerechnet die Chnum-Priesterschaft von Elephantine für die Neugründung verantwortlich zeichnen sollte. Auch in das Heiligtum von Philae ist die Triade von Elephantine ja gut integriert, und Priestertitel zeigen sogar personelle Beziehungen zwischen Elephantine und Philae.664 Titel und Charakter der Isis von Assuan und ihres Kultes Was das Konzept der lokalen Isisform angeht, zeigt der Tempel von Assuan durchaus ganz eigene und neue Elemente. Namen und Titel der Hauptgottheit des Tempels werden, wie schon von WINTER festgestellt,665 in den beiden mittleren Randzeilen des Architravs am Haupttor wiedergegeben (Assuan, B.6a und B.6b). Diese entwerfen, ähnlich der Zweiteilung in Philae,666 zwei verschiedene Bilder der Göttin:667 einerseits dasjenige in der traditionellen Rolle als Ehefrau von Osiris und Mutter von Horus (Süden), was durch gängige und weit verbreitete Titel ausgedrückt wird und die zentrale Konzeption in Philae widerspiegelt. Die Familienverhältnisse und die Herrschaftslegitimation des Horus bilden auch ein vordergründiges Thema der sechs Hymnen, die alle aus der Zeit von Ptolemaios IV. stammen. Andererseits wird Isis als kriegerische Göttin präsentiert, die „das Heer“ in eigener Person anführt (HA.t pA mSa) (Norden), wobei dieser Titel nur in Assuan belegt ist.668 Er findet sich am Tempel nicht nur in mehreren Reliefszenen mit Isis wieder, sondern wird auch in den demotischen Graffiti in persönlichen Anrufungen an die Göttin verwendet. Dies zeigt, daß diese Isis-Form in Syene eine große Rolle gespielt hat.669 Wie läßt sich dieses Epitheton deuten? Syene war seit dem Ende der Saitenzeit Garnisonsstadt an der Grenze zu Nubien und daher bestand ein Großteil der Bevölkerung wohl
662 663 664 665 666 667
Siehe oben, Kap. 4.1.2. Z. B. mit Baumaßnahmen am Tempel von Behbeit el-Hagar, siehe unten, Kap. 4.4. Vgl. KOCKELMANN, Zur Kultpraxis, S. 110–111. WINTER, Tempelreliefs, S. 33–34. Siehe oben, Kap. 4.1.2. Vgl. BRESCIANI, Assuan, S. 21. Ähnlich wird Isis von Assuan bereits von A. MARIETTE, Monuments divers recueillis en Égypte et en Nubie, Paris 1872, S. 6, bewertet. 668 Vgl. BRESCIANI, Assuan, S. 23; und LGG V, 19c: außer im Isis-Tempel auch noch in dem kleinen Tempel des Domitian (ein Chnumtempel): J. F. CHAMPOLLION, Monuments de l’Égypte et de la Nubie. Notices descriptive conformes aux manuscrits autographes rédigés sur les lieux I, Paris 1847, S. 227. Dieser Beleg fällt etwas aus der Reihe, da die übrigen Bezeugungen (auch in den Graffiti) aus der Ptolemäerzeit stammen. Daß es sich um eine Neuschöpfung handeln dürfte, demonstriert neben dem Fehlen von Belegen aus älterer Zeit oder anderen Orten auch die sprachliche Form, die im Gegensatz zu den meisten in Tempeltexten belegten Epitheta den bestimmten Artikel verwendet. 669 Siehe unten, Kap. 6.2.3.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
aus Soldaten.670 BRESCIANI hält die neue Isisform für eine bewußte theologische Schöpfung von Ptolemaios III., um die Sicherheit der Südgrenze Ägyptens gegen Nubien symbolisch zu verstärken und zu betonen.671 ŽABKAR bringt das Konzept außerdem mit militärischen Aktionen von Ptolemaios Euergetes gegen die Seleukiden (3. Syrischer Krieg) in Verbindung, womit sich in der neuen Isisform Mythologie und aktuelle Politik vermischen würden.672 LOCHER glaubt, daß sie von den in Syene stationierten Soldaten als Schutzpatronin verehrt wurde.673 Auch ZAKI nimmt aufgrund der Verwendung des bestimmten Artikels pA an, daß nicht allgemein „das Heer“, sondern konkret die Kompanien in Assuan damit gemeint sein können.674 Sie bezieht außerdem wie ŽABKAR die Benennung der Isis von Assuan auf das prägnanteste militärische Ereignis in der Regierung des dritten Ptolemäers, den Krieg gegen Seleukos II. von 246 bis 241 v. Chr.675 Daß ausgerechnet in einem Tempel ganz im Süden Ägyptens auf diese Ereignisse im Norden angespielt wird, erklärt sie damit, daß wahrscheinlich ein Großteil der einheimischen Soldaten (die sog. Machimoi) aus der Garnison von Assuan stammte. Obwohl sich ein solcher Zusammenhang kaum nachweisen läßt, ist es zumindest sehr auffällig, daß sich sämtliche Erwähnungen dieses Titels in den Tempelreliefs ausschließlich an der Außenseite des Haupttores befinden und somit aus der Zeit von Ptolemaios III. stammen, der dieses dekoriert hat. Wie auch immer man den Titel nun genau interpretiert – ob als Anspielung auf ein konkretes militärisches Ereignis oder als besonderes Zugeständnis an die in Assuan stationierten Armeegarnisonen – es ist auf jeden Fall bemerkenswert, daß hier offensichtlich ein Aspekt der Göttin aus einem bestimmten Bedarf der lokalen Bevölkerung heraus oder angesichts politischer Ereignisse neu geschaffen wurde und das theologische Konzept des Tempels mitbestimmte. Noch bemerkenswerter ist m. E. aber, daß diese Isisform in der späteren offiziellen Dekorationstätigkeit im Inneren des Tempels (unter Ptolemaios IV. und VIII.) überhaupt keine Rolle spielte, obwohl sie in den demotischen Graffiti, die vor allem die Pfeiler und die Ostwand des Pfeilersaals schmücken, auch im weiteren Verlauf der ptolemäischen Zeit durchaus noch mehrfach genannt wird.676 Diese Evidenz erweckt den Eindruck, als würde sich der Aspekt der Isis als Führerin des Heeres in erster Linie „nach außen“ richten, ohne jedoch „tiefer“ in das Innere des Tempels oder den Kern der offiziellen Theologie eingedrungen zu sein.677
670 Zu Syene in griechisch-römischer Zeit siehe M. P. SPEIDEL, Nubia’s Roman Garrison, in ANRW II, 10.1, 1988, S. 767–798; LOCHER, Topographie, S. 58–86, bes. 81–86 zum Militär; ZAKI, Premier Nome, S. 395–398. 671 BRESCIANI, Assuan, S. 15. 672 ŽABKAR, Hymns to Isis, S. 60. 673 LOCHER, Topographie, S. 89. 674 ZAKI, Isis HA.t pA mSa, S. 428. 675 ZAKI, Isis HA.t pA mSa, S. 430. Zum 3. Syrischen Krieg siehe z. B. den Überblick bei HÖLBL, Geschichte, S. 46–50; ausführlich J. D. GRAINGER, The Syrian Wars, Mnemosyne Suppl. 320, Leiden 2010, S. 153–170. 676 Siehe unten, Kap. 6.2.3. 677 Nicht nur dies, sondern auch der Artikel pA, die übrigen Isis-Epitheta im direkten Kontext von HA.t pA mSa (siehe Assuan B.6a u. B.12) und die Tatsache, daß Isis nur hier in Assuan diesen Titel erhält, sprechen im Übrigen eindeutig gegen die in eine ganz andere Richtung gehende Interpretation durch LASKOWSKA-KUSZTAL, Isis d’Assouan: Sie glaubt, daß nicht eine irdische Armee bzw. irdische Feinde gemeint sind, sondern sich das Epitheton auf die unter der Kontrolle von Isis-Sothis (die aber
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Assuan, Isistempel
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Diese offenbart hingegen als ein prägnantes Merkmal die Verbindung zwischen den beiden regional bedeutenden Göttertriaden Isis, Osiris, Harpokrates und Chnum, Satet, Anuket.678 Dies zeigt sich bereits in den beiden großen Architravszenen (Assuan, B.3 und B.5) am Haupttor, die die bereits zitierten zentralen Randzeilen einrahmen, mit ihnen inhaltlich jedoch nichts zu tun haben. Noch deutlicher wird die Zusammenführung der Hauptgötter des Kataraktgebietes in den Darstellungen an der Rückwand des Sanktuars (F), die, entstanden unter Ptolemaios VIII., neben den Türdekorationen die einzigen ausgeführten Reliefs des Tempels sind. Dort finden sich die beiden Götterfamilien zusammen mit wieteren Gottheiten in mehreren großen Ritualszenen als Rezipienten von Ritualhandlungen, die sich den Begleittexten zufolge zu einem großen Teil um frisches Nilwasser drehen.679 Die Götter werden nicht nur nebeneinandergestellt, sondern auch miteinander identifiziert, wie die Doppelnamen Satet-Isis und Isis-Satet und entsprechend Anuket-Nephthys und Nephthys-Anuket belegen (Assuan, F.16 u. F.17). Tatsächlich werden Satet und Anuket auch auf Elephantine selbst mit Isis und Nephthys gleichgesetzt: so enthält ein Block von Ptolemaios VI. aus dem Chnumtempel die Titel: „Satet-Isis, die [Gottes]mutter, [die schützt(?)] den Körper ihres Bruders Osiris […], die die Verjüngung der Nahrung(?) am Jahresanfang veranlaßt“ und „Anuket, die treffliche Schwester des Herrn der Ewigkeit.“680 In Assuan-Hymne 5 wird Isis durch die Namensformel mit beiden Kataraktgöttinnen identifiziert. Auch Osiris erhält das sonst für Chnum typische Epitheton nb qbH.w „Herr des Kataraktgebietes“681 und wird damit dem Gott von Elephantine nähergebracht (Assuan, F.9b und F.13). Die Zusammenstellung der beiden lokalen Triaden im Kontext mit der häufigen Erwähnung von frischem Nilwasser verweist auf die Quelllöcher und auf die jährliche Nilüberschwemmung, die früher im Herrschaftsbereich des Chnum lagen, mit der steigenden Bedeutung Philaes und Bigges jedoch in die Hand – oder vielmehr das Bein! – von Osiris übergegangen waren. Auch Isis wird bereits in Philae-Hymne 4 als Urheberin der Nilflut charakterisiert. Die „innere“ Theologie des Isis-Tempels von Assuan scheint also eine Art Kompromiß zu schließen zwischen den beiden regionalen und womöglich rivalisierenden Kultzentren – im Gegensatz zu G. ZAKI glaube ich jedoch weniger, daß sich dies in dem neuen Isis-Titel HA.t pA mSa abzeichnet, sondern vielmehr in der beschriebenen Zusammenführung der beiden Göttergruppen. Als Urheberin der Nilflut wird Isis nicht nur mit Satet, sondern auch mit der nicht nur in der Aussprache des Namens teilweise mit dieser zusammenfallenden Sothis gleichgesetzt, deren Frühaufgang die Überschwemmung und das Neujahr einleitet.682 In den Kontext des
678 679 680
681 682
gerade nicht im Kontext von HA.t pA mSa genannt wird!) befindlichen gefährlichen Dämonen wie wpwtj.w, xAtj.w und SmAy.w bezieht. Vgl. dazu auch LASKOWSKA-KUSZTAL, Isis d’Assouan, S. 57. Assuan, F.9a und b; F.13: Libation/Überschwemmung; F.16: Chnum, Satet, Anuket; F.18a u. b: Randzeilen für Chnum und Osiris; F.17: Libation. E. LASKOWSKA-KUSZTAL, Elephantine XV. Die Dekorfragmente der ptolemäisch-römischen Tempel von Elephantine, AV 73, Mainz 1996, S. 60, Nr. 17; Taf. 19 u. 98 i. Der Block stammt ursprünglich aus der Zeit von Nektanebos, wurde aber anscheinend erst später für die Wiederverwendung dekoriert, wenn ich LASKOWSKA-KUSZTALS etwas unklare Ausführungen S. 59–60 richtig verstehe. Vgl. LGG III, 758–759. Vgl. auch BRESCIANI, Assuan, S. 25. Die Gleichsetzung Isis-Sothis existiert schon seit alter Zeit und wird in den PT erwähnt, vgl. MÜNSTER, Isis, S. 153–154.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Neujahrsfestes gehören somit die sechs Isishymnen, die sich jeweils auf den Türlaibungen des Haupttors, des südlichen Nebeneingangs und des Sanktuars gegenüberstehen und vermutlich anläßlich der festlichen Prozession der Göttin rezitiert wurden. In den Hymnen wird also ein großer Zusammenhang hergestellt zwischen den zuvor genannten Bezügen auf die Überschwemmung, die Nilquellen und die Kataraktgötter und dem Aufgang des Sothis-Sterns, hier durch Isis repräsentiert, der diese Überschwemmung und damit den Jahresbeginn einleitet, welcher wiederum mit einem Fest gefeiert wird, das auch die Kräfte des Königs erneuert und ihm Schutz vor Gefahren bieten soll. 683 Dies scheint mir der wichtigste Aspekt des Isis-Tempels in Assuan zu sein, was durch eine wohl alternative Benennung des Tempels als Hw.t-nTr %pd.t in einem Graffito bestätigt wird.684 Auch auf den im Tempelinneren gefundenen Reliefblöcken,685 deren Ursprung nicht ganz sicher ist, taucht in den nur bruchstückhaft erhaltenen Inschriften relativ häufig der Name Sothis bzw. Satet auf, die demnach eine besondere Rolle gespielt haben dürfte. Möglicherwiese wurde ursprünglich Sothis/Satet als Hauptgöttin von Assuan in einem Vorgängertempel verehrt, deren Kult dann in der Ptolemäerzeit in dem der Isis in ihrem neuen Tempel aufging. Auf die zentrale Bedeutung der Sothis(-Satet) und des Jahresbeginns deutet des wieteren der Fund eines einzelnen Reliefblockes im Inneren des Bezirks hin, der dem Stil nach wohl unter Ptolemaios IV. beschriftet wurde und eine Litanei an Sothis enthält.686 Die erhaltenen Anfänge der kurzen, in Spalten organisierten Zeilen beginnen alle mit dem Na,687 doch es läßt sich nicht sagen, ob vielleicht zuvor noch ein anderer Göttinmen %pd.t nenname, z. B. Isis, genannt wurde.688 Sothis wird darin nicht nur wie üblich als „Herrin des Jahresanfangs“ (nb(.t) tp rnp.t, Z. 4),689 sondern unter anderem auch als „Herrin der Beiden Länder, Oberhaupt der Fremdländer, Herrin der Waffen“ (nb(.t) tA.wj Hrj(.t)-tp xAs.wt nb(.t) aHA(.w), Z. 6) gepriesen, was sicherlich wieder auf das regionale Umfeld des Grenzgebietes verweist.690 Die anschließenden Epitheta bringen sie mit Bogen und Pfeilen, typischen Attributen der Satet, in Verbindung und legen die Betonung weiterhin auf die kriegerischen Aspekte der Göttin (Z. 7–9). Wie in Philae durch den Haupttitel dj.t-anx werden auch in Syene die lebensspendenden Kräfte der Isis mehrfach betont, so in Assuan-Hymne 5, wo die Namensformel die unmittelbare Zugehörigkeit dieser Eigenschaft ausdrückt: „die (du) alles, was auf Erden existiert, entstehen läßt; es lebt durch dich in jenem deinem Namen ‚die Lebendige‘.“ In Assuan683 Vgl. dazu GOYON, Confirmation. Vgl. Philae-Hymne 8. 684 Graffito Syene 194; die Stelle wird dort anders als in der Originaledition von BRESCIANI, Assuan, Dem. Nr. 6, nicht gelesen, siehe aber jetzt auch VLEEMING, Demotic Graffiti, Nr. 1308, S. 47; vgl. LOCHER, Topographie, S. 87; LASKOWSKA-KUSZTAL, Isis d’Assouan, S. 57. 685 Assuan, S. 153–301. 686 Publiziert von LASKOWSKA-KUSZTAL, Isis d’Assouan, m. Abb. 1–2; zur Datierung: S. 61; Transliteration, Übersetzung und Kommentar: S. 64–68. Vgl. dazu auch TÖPFER, Sothisritual, S. 100–101. 687 Vgl. eine wdnw-Litanei an Sothis in der Tempelliturgie des Per-Chefyt von Oxyrhynchos auf einem Papyrus aus Tebtynis, Edition TÖPFER, Sothisritual; siehe dazu unten, Kap. 4.13.1.1. 688 Von der ersten Spalte sind die Zeilenanfänge nicht erhalten, von der zweiten sind die Zeilen noch vollständig, von der dritten ist etwa die vordere Hälfte noch vorhanden. 689 Vgl. Assuan, F.15b. 690 Meine Interpretation weicht hier von derjenigen durch LASKOWSKA-KUSZTAL, Isis d’Assouan, S. 67, g, ab, die auch den Begriff aHA(.w) (mit Pfeil determiniert) als Dämonengruppe sehen will.
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Nubische Tempel
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Hymne 1 wird sie gepriesen, nicht nur Horus, sondern das Leben selbst aus ihrem Leib hervorgebracht sowie allen Göttern Leben gegeben zu haben. Auf die Menschen und speziell die Verehrer der Isis bezogen findet sich das Thema in Assuan-Hymne 4,691 wo zudem auch die Sterne als „die Lebenden“ bezeichnet werden.692 Assuan-Hymne 2 nennt sie zweimal „Herrin des Lebens“, den gleichen Titel trägt sie nochmals in Assuan-Hymne 6. Die Ritualszene Assuan, F.16 verbindet das Beleben sinnigerweise mit dem Überschwemmungsaspekt: „die den Nil aus den beiden Höhlen ausgießt, um jedermann zu beleben“.693 Es zeigt sich, daß die relativ wenigen Inschriften des Tempels ein gut aufeinander abgestimmtes Ensemble bilden. Die Inschriften der Altäre im Pfeilersaal und die im Sanktuar aufgestellten Altäre des Ptolemaios X. benennen die Tempelherrin außerdem auch als „Herrin des Himmels HathorIsis, die Herrin von Assuan“.694
4.3
Nubische Tempel
4.3.1
Kommentierte Übersetzung zentraler Inschriften
4.3.1.1 Dakke, Thoth-Tempel Text/Hauptpublikation Dakke I, 266–269, § 592–596; II, Taf. 108 Anbringungsort Dakke, Thoth-Tempel, Ergamenes-Kapelle, Innenraum, Ostwand, mittleres Register, rechte Szene Bibliographie – Parallelen Philae-Hymne 5; Kalabchah I, 117–118 Inhalt der Szene Pharao (Ergamenes II.695) räuchert vor Isis (thronend) und Harpokrates (stehend), zwischen Pharao und Isis steht eine Hymne als Rede des Pharao. Text: – Hymne: Kol. 1: @r696 mrj(.t) @r aA mw.t-nTr (Oh) Weiblicher Horus, geliebt vom großen Horus, die Gottesmutter, qmA(.t) n Itm Hm.t nswt wr.t Xnm(.t) Ra{.w mj}697 erschaffen von Atum, die Große Königliche Gemahlin, die mit Re vereint ist,
691 „…nach deren Wunsch getötet und leben gelassen wird, (…) die Leben gibt an den, der auf ihrem Wasser geht (= ihr untertan ist), und nicht illoyal ist.“ 692 Wenn die wortwörtlichen Ergänzungen nach der Parallele in Kalabchah I, 16 zutreffen. 693 Parallelstelle zu Philae-Hymne 4. 694 BRESCIANI, Assuan, S. 34. 695 Zeitgenosse von Ptolemaios IV., siehe dazu E. WINTER, Ergamenes II., seine Datierung und seine Bautätigkeit in Nubien, in: MDAIK 37, 1981, S. 509–513. 696 Geschrieben ist hier , weshalb ROEDER, Dakke, S. 267, „geliebt von Re“ übersetzt. Nach der Parallele in Philae und dem Sinn des Folgenden, muß der Kreis aber ursprünglich gemeint haben. 697 Emendierung nach der Parallele Philae-Hymne 5.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nDtj.t Hr sn=s Wsjr die ihren Bruder Osiris beschützt, Kol. 2: iTj(.t) tA.wj HqA(.t) nTr.w nTr.wt die die Beiden Länder ergreift, die Herrscherin der Götter und Göttinnen, hd.t nxt.w qn(.t) r qn.w pH.tj(.t) r pH.tj.w die die Starken angreift, mutiger als die Mutigen, kräftiger als die Kräftigen, Hwj(.t) HH.w iH.w Apd.w wr(.t) die Millionen an Rindern und Geflügel schlägt,698 mit großem Kol. 3: Sa.t r {t}ftj.w=k (sic!) nsr.t tkk699 sbj.w Gemetzel gegen deine Feinde, die Flamme, die den Rebellen attackiert, sHm aApp m A.t=f die Apophis zurücktreibt im Moment seines Angriffs, Hrj(.t)-tp n Ra MHnj.t xa.tw700 m tp=f dj(.t) die Uräusschlange des Re, die Ringelschlange, die an seinem Haupt erglänzt, die Anweisungen Kol. 4: tp-rd m skt.t Hnw.t sSm.w m anD.t gibt in der Morgenbarke, die Gebieterin der Leitung in der Abendbarke,701 nsw(j.t) bjtj(.t) As.t wr.t mw.t-nTr die Königin von Ober- und Unterägypten Isis, die Große, die Gottesmutter, mw.t n @r sA.t Ra mrj(.t) ib=f Mutter des Horus, die Tochter des Re, geliebt von seinem Herzen, D(d).w=s nb 702=sn Hr-a{.t}703 deren sämtliche Worte sofort Gestalt annehmen, wA704 m sxm.w mit vollendeter Lobpreisung in den Heiligtümern. Htp Hr[=T] nfr nswt bjtj nb tA.wj [(Dr.t anx Imn tj.t Ra) sA Ra [( Irq-Imn anx Dt mrj As.t) Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten, dem Herrn der Beiden Länder [(Lebende Hand des Amun, Abbild des Re), dem Sohn des Re [(Arqamani, er lebe ewig, geliebt von Isis) (= Ergamenes II.). Kommentar: Die in eine Räucherszene eingefügte Lobpreisung der Isis übernimmt den vollständigen Text der Philae-Hymne 5 mit nur geringen Abweichungen; weggelassen ist nur die in Philae aufgrund des fehlenden Szenenkontextes vor die eigentliche Hymne gesetzte Einleitung, die dort die Handlung des Königs beschreibt. Interessanterweise ist in Dakke die Textverteilung auf die Kolumnen am Anfang an diejenige von Philae-Hymne 5 angepaßt; d. h., 698 Hier weicht der Text von Philae-Hymne 5 ab; dort steht: Hwj(.t) HH.w dndn tp.w. Da die Variante des Dakke-Textes im Kontext nicht viel Sinn macht, muß es sich wohl um einen Fehler handeln. 699 Es steht an Stelle des zweiten . Korrektur nach der Parallele Philae-Hymne 5, wo außerdem nb(.t) nsr.t steht. 700 Hier ist der Dakke-Text etwas ausführlicher als Philae-Hymne 5, die nur MHnj.t m tp=f hat. 701 Auch hier eine größere Abweichung von Philae-Hymne 5, wo knapper dj(.t) tp-rd m wjA steht. Die chronologisch spätere Parallele Kalabchah I, 117–118 stimmt dagegen mit dem Dakke-Text überein. 702 Geschrieben ist ein einfaches rundes Zeichen. 703 Emendiert nach den Parallelen Philae-Hymne 5 und Kalabchah I, 117–118. 704 Die Stelle ist hier offensichtlich verderbt; emendiert nach den Parallelen.
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Nubische Tempel
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obwohl am unteren Ende der Kolumnen 1 und 2 noch Platz frei ist, hat man genau an den entsprechenden Stellen eine neue Kolumne angefangen, und dies sogar trotz des dadurch hier ebenfalls entstehenden Kolumnenumbruchs in der Mitte eines zusammengehörigen Ausdrucks. Unterbrochen wird diese Übereinstimmung allerdings am Ende von Kol. 3, wo der Platz nicht mehr für den entsprechenden Text gereicht hat, und man daher mit Kol. 4 anfangen mußte. Es scheint aufgrund des freigelassenen Platzes jedenfalls so, als ob der Text – wenn auch mit einigen Änderungen und Fehlern vor allem in der zweiten Hälfte – direkt von Philae übernommen wurde. Im Begleittext der Isisdarstellung705 wird die Göttin übrigens, wie in Nubien meist üblich,706 als „Herrin von Philae“ bezeichnet, womit klar ist, daß hier konkret Isis von Philae verehrt wird. Gerade dieser lokale Haupttitel wird jedoch trotzdem in der Titelreihe in Kol. 4 der Hymne weggelassen, obwohl er in Philae-Hymne 5 dort zwischen „Gottesmutter“ und „Mutter des Horus“ geschrieben steht. Aufgrund dieser Beobachtungen und der Häufung verderbter Stellen im zweiten Textteil stellt sich die Frage, ob die Dakke-Version von zwei verschiedenen Vorlagen aus an die Tempelwand übertragen wurde – einer direkt von Philae abgeschriebenen (erste Hälfte), die sogar die Verteilung des Textes auf die einzelnen Kolumnen mit übernommen hat, und einer weiteren (zweite Hälfte), die kleinere Varianten und womöglich einige unleserliche bzw. beschädigte Stellen aufwies. Auch in anderen Szenen des Tempels findet sich eine „philensische“ Epithetareihe für Isis, so z. B. an der Fassade der Vorhalle, Westhälfte, untere Szene (Dakke I, 110, § 245; II, Taf. 45). Pharao reicht ein Feld an Osiris und Isis, welche folgende Titel trägt: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) Iw-rk.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae, Hnw.t nb(.t) %nm.t ir.t Ra nb(.t) p.t die Gebieterin und Herrin von Bigge, das Auge des Re, die Herrin des Himmels, Hnw.t nTr.w nb.tj rxj.t Hnw.t tA.w die Gebieterin der Götter, die beiden Herrinnen (= die Königin) der Rechit-Leute,707 die Gebieterin der Länder. Die Weihinschriften von Ptolemaios VIII. und seiner Gattin in den Türlaibungen der zentralen Tür zur Vorhalle des Tempels, die heute zerstört sind, richten sich an den Hauptgott Thoth einerseits, an Isis andererseits: „Wir haben das Denkmal errichtet für unsere Mutter Isis, Herrin von Philae und der südlichen Fremdländer“.708 Dies zeigt, daß der Tempel nicht nur Thoth, sondern auch Isis als weiblicher Hauptgöttin geweiht war. Von besonderer Bedeutung ist auch die implizite ägyptische Perspektive in der Bezeichnung als „Herrin der südlichen Fremdländer“: Schließlich befindet man sich in Dakke von Ägypten aus gesehen bereits in ebendiesen.
705 Dakke I, 269, § 595. 706 Siehe dazu unten, Kap. 4.3.2. 707 Ein Titel, der zuerst für die Gottesgemahlinnen, dann für die ptolemäischen Königinnen verwendet wurde, aber häufig auch für Isis-Hathor benutzt wird, siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 507; PREYS, Isis et Hathor. 708 Dakke I, 122, § 274.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Die Weihinschrift wird bestätigt am äußeren Türrahmen der Tür des Sanktuars, wo es auf dem westlichen Türpfosten heißt, daß Pharao alle schönen Dinge, die in den Tempel kommen, der Isis weiht, 709 während auf dem östlichen Türpfosten dasselbe von Thoth gesagt wird.710 Isis taucht zudem in zahlreichen Ritualszenen auf, häufig zusammen mit Osiris; besonders zahlreich sind anscheinend Feldopfer an Isis,711 die auch im Mammisi von Philae oft vorkommen.712 Isis wird hier manchmal, ebenso wie in Philae, direkt hinter dem Eigennamen dj.t anx „Lebensspenderin“ genannt, so auch im Begleittext der Göttin in der Szene mit der Hymne.713 4.3.1.2 Kalabscha, Mandulis-Tempel Text/Hauptpublikation Kalabchah I, 4 Anbringungsort Kalabscha, Mandulis-Tempel, Sanktuar, Türrahmen außen, nördlicher Türpfosten Bibliographie – Text: Kol. 1:
wnn As.t m nb(.t) iA.t-wab[.t …]A Hnw.t smn.t(?) xnt Iw-rq.t Es ist Isis die Herrin des Abaton […], die Gebieterin der Prozessionsstation(?),714 an der Spitze von Philae. iwj n=s rsj.w m hms Xr gAw.t=sn Es kommen zu ihr die Südbewohner/die südlichen Länder in Demut und bringen ihre Gaben, xntj/DAj n=s mH.tj.w/mH.wt Xr in.w=sn Es segeln zu ihr die Nordbewohner/die nördlichen Länder beladen mit ihren Tributen, imn.tj.w iAb.tj.w dns Xr ix.wt=sn die Westlichen und Östlichen (Länder/Völker?) sind schwer bepackt mit ihren Gütern,
709 Dakke I, 246–247, § 550. 710 Dakke I, 248, § 552. 711 Augustus opfert Isis von Philae ein Feld an der östlichen Schranke des Vorhofs, an der östlichen Hälfte der Südwand des Vorhofes und an der Südwand des Sanktuars (Dakke I, 127–128, § 281; 145– 147, §§ 329–332; 345–346, §§ 764–766). Dadurch bestätigt er die alte Stiftung des Zwölfmeilenlandes (Dodekaschoinos), vgl. dazu HERKLOTZ, Prinzeps und Pharao, S. 148. 712 Z. B. Philä II, 51–52; 95–96; 145; 149; 157; 161 usw. 713 Dakke, I, 269, § 595. Ebenso z. B. an der Fassade der Ergamenes-Kapelle: Dakke I, 188, § 427. 714 Siehe Wb IV, 195, 17, dort allerdings nur in der 19. Dyn. belegt, obgleich das Determinativ (Hausgrundriß) übereinstimmt. Da es sich jedoch um ein ungewöhnliches Wort innerhalb der engen Epitheta der Isis handelt, frage ich mich, ob durch eine Vertauschung der Konsonanten nicht eigentlich %nm.t gemeint ist, was innerhalb der Haupttitel sehr geläufig ist.
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Nubische Tempel
Kol. 2:
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Hr dhn [tA?] n {Htj.t}(?)715 m s.t-ib716=s indem sie mit der Stirn die Erde berühren (= Proskynese vollziehen) vor der Mächtigen(?) am Platz ihres Herzens (= ihrem Lieblingsort), s.t ib=s iw-wab.t pw s.t-ib(?)717=s m wr.w(?) Im.t(?) rqw.t(?) ihr Lieblingsort ist das Abaton, ihr Lieblingsort ist ???718 xwj=s sA n sA=s mrj=s Mrwl nTr aA nb *rms Möge sie den Sohn (= Pharao) ihres geliebten Sohnes Mandulis, des großen Gottes, des Herrn von Kalabscha, beschützen, dj=s qnw rsy nxt r mHj.t xAs.wt nb.w(t) dmD Xr Tb.tj=f möge sie Kraft über den/bis zum Süden geben und Stärke über den/bis zum Norden, und alle Fremdländer vereinigt unter seine Sohlen, Hr s.t @r xntj kA.w anx.w D.t (nämlich dessen), der auf dem Sitz des Horus ist, der an der Spitze der Kas der Lebenden (= der Untertanen) ist,719 ewiglich. dj=f qnw nb.w n sA Ra nb xa.w [(Awgtrdr) Hr s.t (sic!)720 Möge er (= Mandulis?) alle Kraft geben dem Sohn des Re, Herrn der Erscheinungen [(Autokrator) (= Augustus) auf dem Sitz…
Kommentar: Die Inschrift dreht sich allein um Herrschaftsmacht und Unterwerfung aller Himmelsrichtungen, die in geschickter Weise zunächst Isis, anschließend aber dem König durch Betonung der Abstammung des Pharao vom Tempelgott Mandulis, der wiederum als Sohn der Isis gilt, zugeschrieben werden. So scheint denn auch das Schlußgebet zweigeteilt zu sein: die ersten Bitten beziehen sich noch auf die in der Inschrift hervorgehobene Isis, doch die abschließende Formel hat ein maskulines Suffixpronomen (falls es sich nicht um eine Verschreibung handelt). In der komplementären Inschrift des südlichen Türpfostens721 geht es um Osiris; der Schlußteil ist genauso aufgebaut wie beim obigen Text: Osiris beschützt den Sohn seines geliebten Sohnes Mandulis usw. Somit unterstreicht auch die Positionierung dieser beiden Inschriften an der Tür zum Sanktuar die enorme Bedeutung von Isis und Osiris, die nahezu über die des namentlichen Hauptgottes hinausgeht.
715 Htj.t ergibt hier für mich keinen Sinn. Ob eine Verwechslung mit dem sehr ähnlichen Zeichen für wsr vorliegt? 716 Geschrieben wie . 717 Geschrieben wie . 718 Die Stelle ist unklar. Nach der Erwähnung des Abatons könnte man berechtigterweise annehmen, daß nun Philae genannt wird, zumal am Ende des Ausdrucks rq{w}.t(?) o. ä. steht. Falls tatsächlich Philae gemeint sein sollte, so handelt es sich um eine stark verderbte Schreibung. 719 Beides sind typische Bezeichnungen des Pharao. Mit den kA.w anx.w sind die verstorbenen Vorfahren gemeint, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 1074. 720 Hier endet der Text abrupt. 721 Kalabchah I, 3–4.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Kalabchah I, 15–16; Taf. 3–5 Kalabscha, Mandulis-Tempel, Sanktuar, innen, untere Randinschrift, linke (südliche) Hälfte BERGMAN, Ich bin Isis, S. 156, Anm. 5; S. 159–160; CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 285–288 (Synopse) Assuan-Hymne 3; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XIV, 146, 3–14; Dend. Isis, 327, 5–9
Text: r.t-pa.t sA.t Gbb HA.tj(.t)-a sA.t MrH Prinzessin, Tochter des Geb, Fürstin, Tochter des (Stiergottes) Mereh, mTA.t sA.t +Hwtj mrj(.t) BA wDA(.t) $nmw die Wesirin, die Tochter des Thoth, geliebt vom Bock (Ba), die Pflegerin(?) des Chnum, wr(.t) Hts wr(.t) Hsw.t groß an Vollkommenheit, mit großem Lobpreis, Hnw.t tA Sma.w mHw die Gebieterin von Ober- und Unterägypten, nb(.t) imA.t bnr.t mrw.t die Herrin der Liebenswürdigkeit, mit süßem Liebreiz, Hnw.t n Sn nb itn die Gebieterin von allem, was die Sonnenscheibe umkreist, nswy.t bjtj.t [(As.t wr[.t] mw.t-nTr) Königin von Ober- und Unterägypten [(Isis, die Große, die Gottesmutter), Hm(.t) nswt tpj.t n [(Wn-nfr mAa xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), mw.t-nTr n @r kA nxt die Gottesmutter des Horus, des Starken Stiers, nTr.t nfr.t msj(.t) nxt die vollkommene Göttin, die den Siegreichen (Gott) geboren hat, SAa.tw msw.t nTr n kA=s für/wegen deren Ka die Geburt des Gottes begonnen wurde(?): HqA sA HqA(?)722 sr wr Ra pw ein Herrscher, Sohn eines Herrschers(?), der große Fürst, Re ist es, kA=tw r=f723 iwt{.t}(j) whm.tj=fj Dt was man von ihm sagt, dessen Wiederholung es nicht geben wird, ewiglich. sn=s wr m nb spA.wt gs.w-pr.w Xr aXm.w=f Ihr großer Bruder ist der Herr der Gaue und die Tempel tragen seine Götterbilder, sSm.w=f Dsr m s.wt nTr.w seine Abbilder sind geheiligt an den Stätten der Götter;
722 Determinativ einer sitzenden Frau ? Oder handelt es sich um den sitzenden Gott chah II, Taf. IV, A. Die Parallele Assuan-Hymne 3 hat jedenfalls Maskulinum. 723 Etwas knapper als Assuan-Hymne 3, die n Hm=f hat.
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? Vgl. Kalab-
Nubische Tempel
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imj724=sn n=f m hnw diejenigen, die in ihnen (den Götterstätten) sind, sind für ihn im Jubel, ntf nb=sn {r} ir.w Aw Hna @r m-ab sn.t=f denn er ist ihrer aller Herr zusammen mit Horus und mit seiner Schwester, sbj(.t) @r(?)725 n wn mj.t.t=s nTr.t mnx.t die Horus(?) geleitet, derengleichen es nicht gibt, die wohltätige/vortreffliche Göttin, irj(.t) nn r-Aw n sn=s wr die dieses alles für ihren großen Bruder vollzieht. Htp {ib}726=T nfr n nswt bj.tj nb tA.wj [(Awgtrdr) nHm Dsr sA=s Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten, dem Herrn der Beiden Länder [(Autokrator) (= Augustus), möge ihr Sohn bewahrt und geheiligt sein. Kommentar: Der Text stimmt nahezu 1:1 mit der Parallele in Assuan überein, kleinere Unstimmigkeiten könnten auf Lese- und/oder Übertragungsfehler zurückgehen. Zum Inhalt und den Lesungen vgl. den Kommentar und die Anmerkungen zu Assuan-Hymne 3, Kap. 4.2.1.A. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Kalabchah I, 16; Taf. 11–13 u. 16b Kalabscha, Mandulis-Tempel, Sanktuar, innen, untere Randinschrift, rechte (nördliche) Hälfte – Assuan-Hymne 4
Text: (nswj.t bjtj.t) As.t dj(.t) anx (Die Königin von Ober- und Unterägypten) Isis, die Lebensspenderin, nb(.t) iA.t-wab.t Hnw.t nfr.t nb(.t) Iw-rq die Herrin des Abaton, die vollkommene Gebieterin, die Herrin von Philae, nb(.t) xAs.wt rsj.(w)t die Herrin der südlichen Fremdländer,727 Hm.t-nswt wr(.t) n Hm n nsw.t bjtj Wsjr mw.t-nTr n nD-it=f die Große Königliche Gemahlin der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten Osiris, die Gottesmutter des Schützers seines Vaters (= Horus), nt< T?>(?) nb(.t) p.t sA=T @r nb tA hy=T m dwA.t du(?) bist die Herrin des Himmels, dein Sohn Horus ist der Herr der Erde, und dein Gemahl ist der Unterwelt,728 724 Das Kreuz ist recht klein und etwas schräg gestellt, daher im Textband Kalabchah I, 16, 2, als angegeben. Vgl. Kalabchah II, Taf. IV, B, und die Parallele in Assuan. BRESCIANI, Assuan, S. 81, und BERGMAN, Ich bin Isis, S. 160, lesen nach der irreführenden Transkription in Kalabchah I swAj „vorbeiziehen“. 725 Der Vogel ist weder in Assuan noch in Kalabscha sicher erkennbar. 726 Die Korrektur nach der Parallele in Assuan. 727 Dieser auf die lokalen Verhältnisse abgestimmte Titel ist auch in Dakke für Isis belegt, siehe oben, Kap. 4.3.1.1.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
sSm(.t) anx.w nb(.w) r nmtt=sn die alle ‚Lebenden‘ (= Sterne) zu ihrem Schreiten führt (= auf ihre Bahn leitet), nfr(.t) Hr sHb(.t) mn(D).tj die mit vollkommenem Antlitz und festlich (geschminkten) Augen, mH(.t) aH.t m nfr.w=s die den Palast mit ihrer Schönheit erfüllt, baHj(.t) ??wrx729 m sTj id.t=s m Pwn.t die die Säulenhalle mit ihrem Duft aus Punt überströmt,730 xnm=s m tA-nTr deren Wohlgeruch aus dem Gottesland stammt, (nTr(.t)?)731 wD(.t) mdw n nTr.w nb (die Göttin), die Befehle erteilt an alle Götter, sS n +Hwtj Hr ns=s auf deren Zunge die Schrift des Thoth ist, irj hby.w xft Dd.t=s gemäß deren Worten die ‚Gesandten‘732 handeln, smA sanx733 r mrj=s nach deren Wunsch getötet und leben gelassen wird,734 xp(r) wD.t nswt Xr s.t-rA=s auf deren Ausspruch hin der Beschluß des Königs entsteht, dj(.t) anx n Sm Hr mw=s die Leben gibt an den, der auf ihrem Wasser geht (= ihr untertan ist) tm xAa SAw/Hsb.w(?)735 und nicht Grund verlassen hat (= nicht illoyal ist),
728 Oder, ohne Emendation: „ist in der Unterwelt“? Vgl. zu diesem Satz die Entsprechung in PhilaeHymne 4: nts nb(.t) p.t TAy=s m nb dwA.t sA=s m nb tA. 729 Eine ungewöhnliche Schreibung mit zu Beginn des Wortes? Ohne Kommentar so (auch mit obiger Übersetzung) in LGG II, 785a–b aufgenommen. 730 Vgl. dazu Philae-Hymne 3, wo zwei ähnliche Passagen, allerdings durch einige weitere Epitheta getrennt, stehen: mH(.t) aH.t m nfr.w=s (… …) igp(.t) wrx m sTj=s. 731 Ein eigenes Wort, oder noch weiteres Determinativ/Komplement zu tA-nTr, bei dem bereits ein nTrZeichen voransteht? 732 hby.w sind eine Art von Dämonen, die von Göttern ausgesendet werden, siehe dazu WILSON, Ptol. Lex., S. 603; VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 50. 733 Die Reihenfolge der Zeichen ist etwas wirr, doch es kann nur so zu lesen sein. Vgl. ähnliche Aussagen in LGG VI, 323c–324a. 734 Diese Phrase hat eine Parallele in dem die Dekane betreffenden Text sSm sbA.w „Anleitung der Sterne“, belegt in Esna IV, Nr. 406 und pBM 10662 (und weiteren Texten mit Auszügen), siehe dazu QUACK, Dekane, S. 107–108, m. Anm. 133 zur obigen Stelle. 735 Die Lesung des Wortes ist nicht sicher geklärt; H. W. FAIRMAN, Ptolemaic Notes, in: ASAE 44, 1944, S. 263–277: 274–277, liest mit K. PIEHL, Notes de philologie égyptienne, in: PSBA 15, 1893, S. 33–36, SA(w), ebenso J. F. QUACK, Les normes pour le culte d’Osiris. Les indications du Manuel du Temple sur les lieux et les prêtres osiriens, in: Coulon (Hrsg.), Culte d’Osiris, S. 23–30: 26 (ohne Begründung). Dagegen plädiert J. J. CLERE, Recherches sur le mot des textes gréco-romains et sur d’autres mots apparentés, in: BIFAO 79, 1979, S. 285–310, für die Lesung Hsb.w; vgl. auch WILSON, Ptol. Lex., S. 677–678. Vgl. auch den Text Dend. I, 81, 15–82, 6; Kap. 4.6.2.
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Nubische Tempel
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nts(?) nfr.t ntj m Hsw.t=s (denn) sie ist (?) die Gute/Vollkommene für den, der in ihrer Gunst steht. mj=T m Htp r pr=T wab Mögest du in Frieden zu deinem reinen Haus kommen, s.t Abj(.t) (ib)736=T mrj(.t) kA=T dem Ort, den dein Herz begehrt, und dein Ka liebt, wab.tj n kA=T Dsr.t(j) mAa.t(?) n sxm=T indem er (der Platz = der Tempel) rein gemacht wurde (= geweiht wurde) für deinen Ka, und die Maat geheiligt wurde für dein Götterbild. Htp Hr=T nfr n nsw.t bjtj nb tA.wj [(Awtgrdr) Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten, dem Herrn der Beiden Länder [(Autokrator) (= Augustus), sA Ra nb xa.w [(Awyssr(sic!)737 anx Dt [mrj] PtH As.t) dem Sohn des Re, dem Herrn der Erscheinungen [(Kaisaros, er lebe ewig, geliebt von Ptah und Isis). Kommentar: Diese Inschrift, die die bereits aus Assuan bekannte Hymne der südlichen Bandeau-Inschrift (Kalabchah I, 15–16, s. o.) komplementiert, kopiert entsprechend ebenfalls einen Text aus diesem Tempel und zwar passenderweise denjenigen (Assuan-Hymne 4), der auch dort (am Tor C) dem genannten gegenüber liegt.738 Dort ist er allerdings stark zerstört, doch die wenigen erhaltenen Wortreste erlauben eine sichere Identifizierung. Die Hymne zählt zahlreiche Aspekte der Isis auf, darunter einige, die Schönheit, Wohlgeruch und insgesamt Liebreiz betonen und somit ursprünglich eher für Hathor typisch sind. Dieser Abschnitt nimmt mit den Verweisen auf Punt respektive das „Gottesland“ als Herkunftsort der göttlichen Düfte nicht nur Bezug auf die Situierung des Tempels im Gebiet der „südlichen Fremdländer“, die ihren Titeln zufolge natürlich ebenfalls von Isis beherrscht werden, sondern ähnelt thematisch stark der Philae-Hymne 3, wenngleich es keine wörtlichen Parallelen längerer Textpassagen gibt. Doch abgesehen von diesem Abschnitt sind es vor allem der große Herrschaftsbereich der osirianischen Familie und die Befehlsgewalt der Isis, die im Zentrum des Interesses stehen; dabei ergibt sich insgesamt eine dreiteilige Gliederung, wobei die beiden thematisch verwandten Themen durch den Abschnitt über den Liebreiz unterbrochen werden: 1. Thema Herrschaftsbereich, unterteilt in a) lokalen/irdischen und b) kosmischen Bereich: a) Philae, Nubien b) Himmel, Erde, Unterwelt, Sterne 2. Thema Liebreiz: Schönheit, Festlichkeit, Wohlgeruch 3. Thema Befehlsgewalt: über Götter, Götterboten/Dämonen, Leben und Tod, Beschlüsse des Königs.
736 Oder Determinativ zu Abj(.t)? 737 Seltsamerweise wird der „Eigenname“ Kaisaros/Caesar des Augustus in Kalabscha ständig ohne das anlautende k geschrieben. 738 Siehe Kap. 4.2.1.A.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Im Kontext dieser Oberthemen werden gleichzeitig ihre Beziehungen zu anderen Göttern angesprochen, in erster Linie Osiris und Horus, die zusammen mit ihr den genannten Herrschaftsbereich abdecken, aber auch Thoth, dessen Schriften „auf ihrer Zunge sind“, was soviel bedeutet, wie: Isis besitzt die Weisheit aller Schriften (des Thoth). Relativ großen Raum nimmt im Schlußteil auch ihr direktes Einwirken auf das Leben der Menschen ein: Leben und Tod sind von Isis’ Beschlüssen abhängig, und sie kümmert sich persönlich um die ihr treu Ergebenen. Die immense lokale Bedeutung der Isis von Philae, die hier als konkrete Form der Isis durch ihre nahen Epitheta spezifisch genannt ist, zeigt sich darin, daß sie – ähnlich wie im Tempel von Dakke – als Hauptgöttin neben den eigentlichen Gott des Tempels, in diesem Fall Mandulis, tritt: Es ist keineswegs trivial, beide Hälften der unteren Bandeau-Inschriften im Sanktuar mit Hymnen an Isis zu füllen, an Stelle von Texten über den nominellen Tempelgott. Zum Ausgleich wird aber in den oberen Friesinschriften (zumindest in der linken, die rechte ist an der entsprechenden Stelle zerstört) des Sanktuars ausgesagt, daß Augustus den Tempel „für seinen erhabenen Vater Mandulis“ erbaut hat.739 Um eine theologische Verbindung mit Isis (und anderen wichtigen ägyptischen Göttern, insbesondere ihrer Familie) herzustellen, wurde Mandulis in die Genealogie der Götterfamilie Isis, Osiris und Horus eingegliedert: Er wird als Sohn des Horus bezeichnet und sowohl als Kindgott, sogar als junger Sonnengott auf der Lotusblüte, als auch als Erwachsener gezeigt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Kalabchah I, 117–118; Taf. 35–37 Kalabscha, Mandulis-Tempel, Inneres Vestibül („Procella“), Obere Randinschrift, rechte (nördliche) Hälfte Fr. DAUMAS/Ph. DERCHAIN (Hrsg.), Kalabcha, Le Caire 1963, S. 35; GOYON, Rez. Žabkar, S. 89 Philae-Hymne 5; Dakke I, 266–269, § 592–596
Text: (nswj.t bjtj) anx(?) @r.t mry(.t) @r aA (Die Königin von Ober- und Unterägypten), es lebe der weibliche Horus, geliebt vom großen Horus, mw.t-nTr qmA.t [n Itm die Gottesmutter, erschaffen [von Atum … … … … …] ?? nb.t wr.t […] n s[…]t Hr[… …] (nTr) …] ?? die große Herrin […] ? […],740 iTj(.t) tA.wj Hnw.t nTr.w nTr.wt die die Beiden Länder ergreift, die Gebieterin der Götter und Göttinnen, hd.t nxt.w qn(.t) r qn.w pH.tj(.t) r pH.tj.w die die Starken angreift, mutiger als die Mutigen, kräftiger als die Kräftigen, 739 Kalabchah I, 57 und 58. 740 Die Parallelen Philae-Hymne 5 und Dakke I, 266–269, § 592–596, haben an dieser Stelle: Hm.t nswt wr.t Xnm(.t) n Ra nDtj.t Hr sn=s Wsjr „die Große Königliche Gemahlin, die mit Re vereint ist, die ihren Bruder Osiris beschützt“. Dazu scheinen die hiesigen Reste aber nicht zu passen.
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Nubische Tempel
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Hwj(.t) HH.w dndn tp.w die Millionen schlägt, indem sie/die Köpfe abschlägt, wr(.t) Sa.t r xftj.w=s mit großem Gemetzel gegen ihre Feinde, nb(.t) n{D}sr(.t) tktk(.t) sbj.w die Herrin der Flamme, die die Rebellen attackiert, sHm(.t) aApp m A.t=f die Apophis zurücktreibt im Moment seines Angriffs, Hrj(.t)-tp n Ra MHnj.t m tp=f die Uräusschlange des Re, die Ringelschlange an seinem Haupt, dj(.t) tp-rd m skt.t die Anweisung gibt in der Morgenbarke, Hnw.t m anD.t741 die Gebieterin der Leitung in der Abendbarke, nsw(j.t) bjtj(.t) As.t wr.t mw.t-nTr die Königin von Ober- und Unterägypten Isis, die Große, die Gottesmutter, mw.t n @r HqA idb.w die Mutter des Horus, des Herrschers der Ufer,742 sA.t Ra-Itm(?)743 mrj(.t) ib=f s.t{t}=s m P die Tochter des Re-Atum, geliebt von seinem Herzen, deren Sitz in Pe ist,744 Dd.t=s nb xp(r)=sn Hr-a deren sämtliche Worte sofort Gestalt annehmen, arq(.t) swAS m 745 mit vollendeter Lobpreisung in den Heiligtümern. Htp Hr=T nfr n nswt bjtj nb tA.wj [(Awgtrdr) sA Ra nb xa.w [({A}wysrs anx Dt mrj PtH As.t) Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten, dem Herrn der Beiden Länder [(Autokrator), dem Sohn des Re, dem Herrn der Erscheinungen [(Kaisaros, er lebe ewig, geliebt von Ptah und Isis) (…)746 Kommentar: Wie im Tempel von Dakke (s. o.) wurde auch in Kalabscha Philae-Hymne 5 als zentraler Text über Isis als Königin und wehrhafte, Feinde vernichtende Uräusschlange übernom-
741 Hier entspricht der Text der Parallele in Dakke, abweichend von Philae-Hymne 5; nach Dakke I, 266– 269, § 592–596, auch die Ergänzung des verderbten Textstückes. 742 Letzteres ein Zusatz zu den beiden Parallelen. Es handelt sich um einen häufigen Titel des Horus sowie anderer großer Götter wie Amun oder Osiris, siehe LGG V, 499–500. 743 Auch dies ein Zusatz, die Parallelen haben nur „Tochter des Re“; eine ungewöhnliche Schreibung für Atum mit ; vgl. aber dazu (zumindest für das Messer als Determinativ für den Gottesnamen) DERCHAIN-URTEL, Epigraphische Untersuchungen, S. 74. 744 Mit diesem erneuten Zusatz wird die Verbindung zu Uto hergestellt, die im Tempel von Kalabscha ebenfalls eine größere Rolle spielt, vgl. E. HENFLING, s. v. „Mandulis“, in: LÄ III, Sp. 1178. 745 Unleserliche Zeichen, ergänzt nach den Parallelen. 746 Nach den Kartuschen folgt noch eine kurze Bauinschrift, die besagt, daß der König den Tempel für Merul (Mandulis) erbaut hat.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
men. 747 Nur wenige geringfügige Veränderungen (und eventuell eine etwas größere im zerstörten Abschnitt) wurden gegenüber den älteren Versionen in Philae und Dakke am Text vorgenommen, die, wie die Verbindung der Isis zu Pe und damit Uto, wohl dem lokalen Kontext geschuldet sind. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Kalabchah I, 118; Taf. 28b–30 Kalabscha, Mandulis-Tempel, Inneres Vestibül („Procella“), Obere Randinschrift, linke (südliche) Hälfte JUNKER, Preis der Isis; MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 121–124 Philä I, 168–169; Philä I, 174, 5–13 (teilweise); Philae-Photos 843/846 (schlecht erhalten)
Text: wr.t mw.t-nTr dj(.t) anx nb(.t) Iw-r{t} Die Große,748 die Gottesmutter, die Lebensspenderin, die Herrin von Philae, Hnw.t nb(.t) [iA.t]-wab.t HqA.t m %nmw.t die Gebieterin und Herrin des Abaton, die Herrscherin in Bigge, iw749 nwj(.t) sStA.w n sn=s die Klagefrau, die für die Geheimnisse (Mysterien) ihres Bruders sorgt,750 wr.t wsr.t Hnw.t nTr.w die Große, die Mächtige, die Gebieterin der Götter, Tnj rn xnt nTr.wt mit erhabenem Namen an der Spitze der Göttinnen, wr.t-HkA.w mnx sH=s die Zauberreiche, deren Plan trefflich ist, xsf(.t) aApp m sAx.w tp-rA=s die Apophis mit ihren Zaubersprüchen abwehrt, n hb aH.t m xm=s ohne deren Kenntnis man nicht den Palast betritt, xaj nb Xr s.t-rA=s nach deren Befehl der Herr erscheint, kA m nb(.t) anx Hr dj(.t) anx n tA (Ka-)Name ist ‚Herrin des Lebens‘, weil sie der Erde Leben gibt, 747 Zum Inhalt vgl. den Kommentar zu Philae-Hymne 5, Kap. 4.1.1.A. 748 Aufgrund der unterschiedlichen Funktionen des Textes und dementsprechend unterschiedlichen Konventionen in Philae und Kalabscha (Türlaibungs-Inschrift vs. Bandeau-Inschrift) fehlt in Kalabscha der Eigenname zu Beginn des Textes. 749 Zur Ergänzung siehe: JUNKER, Preis der Isis, S. 273. 750 Alternativ wäre vielleicht trotz fehlendem Stoff-Determinativ das Verb nw „bekleiden, umhüllen“ zu verstehen, mit möglicher Übersetzung: „die die geheime Gestalt ihres Bruders umhüllt“ (mit Bezug auf die Einbalsamierung), siehe auch JUNKER, Philä I, S. 169, Anm. 2. Vgl. mehrere ähnliche Ausdrücke mit nw in Bezug auf Isis (oder Nephthys) und Osiris: LGG III, 542c. JUNKER, Preis der Isis, S. 271 übersetzt: „die die geheimen Gestalten ihres Bruders betreut“; ID., in Philä I, S. 169: „die die Gestalt ihres Bruders besorgt“.
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anx Hr(.w) nb.w m wD.t kA=s und jedermann durch den Befehl ihres Ka lebt, nb(.t) iA.t-wab.t r-mn{x} iA.t-bAbA(?) die Herrin des Abatons bis nach Iatbaba(?),751 xtm(.t) xtm Hr xtm=s die das zu Siegelnde mit ihrem Siegel siegelt, n irj.tw sx.w nb(.w){=s} (?) m xm=s SAa p.t tA dwA.t ohne deren Kenntnis keinerlei Pläne ausgeführt werden, vom Himmel (bis zur) Erde und zur Unterwelt,752 wsr.t m WAs.t aA.t m Iwn.t mnx.t m @w.t-kA-PtH die Mächtige in Theben, die Große in Dendara, die Vortreffliche in Memphis, mw.t-nTr m NTr.wj {Hr nb}753 Hrj.t m ¢m(?)754 Hnw.t spA.t nb die Gottesmutter in Koptos, die Oberste in Letopolis(?), die Gebieterin aller Gaue, wD.t md.w n psD.t sSm.tw Hr s.t-rA=s die Befehle an die Neunheit erteilt, nach deren Ausspruch geführt/regiert wird, pHty.t pHty.t Xr Sfj.t=s die Kräftige, die Kräftige (?) durch ihr Ansehen,755 wr.t m p.t HqA.t xAbAs.w dj(.t) sbA {k} Hr nmt.t =sn die Große im Himmel, die Herrscherin der Himmelsleuchten, die alle Sterne auf ihre Bahn setzt, As.t dj(.t) anx nb(.t) iA.t-wab.t Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abaton, Hnw.t nb(.t) iA.t-rq nb(.t) xAs.wt rsj.w(t) die Gebieterin und Herrin von Philae, die Herrin der südlichen Fremdländer.
751 Der Ort ist ansonsten unbekannt, vgl. JUNKER, Preis der Isis, S. 275 (auch nicht in GDG aufgenommen). Wahrscheinlich handelt es sich um ein Toponym südlich von Philae (im Bereich der Dodekaschoinos), so daß mit diesem Epitheton Isis’ bekannte Vorherrschaft in diesem Gebiet beschrieben wird. 752 Hiermit endet die Parallele zum Text auf der östlichen Türlaibung in Philae (Philä I, 169), und der übrige Text entspricht dem auf der westlichen Türlaibung in Philae (Philä I, 168–169). 753 Vgl. die Parallele in Philae. Das Hr könnte je nach originaler Zeichenstellung noch phonetisches Komplement zu Hrj.t sein; auf den Tafeln läßt sich die Stelle leider nicht erkennen. 754 JUNKER, Philä I, S. 168, bzw. ID., Preis der Isis, S. 271, liest „Achmim“ (¢nt-Mnw), was jedoch nicht zu den Hieroglyphen paßt. LGG V, 440b, hat Hrj.t m xm.w „Die Oberste in den Heiligtümern“, was aufgrund der in Philä und Kalabscha geschriebenen Pluralstriche und dem folgenden „Gebieterin aller Gaue“ ebenfalls möglich wäre. Aufgrund des ebenfalls in beiden Fällen geschriebenen Stadtdeterminativs halte ich ¢m Letopolis jedoch für naheliegender. Vgl. außerdem die Hymne Philae-Photo 1297 (siehe dort), wo in einer entsprechenden kulttopographischen Litanei „Maat in Letopolis“ genannt wird. 755 Der Sinn der Dopplung von pHty.t ist unklar; in Kalabscha ließe sich die Dittographie mit dem Wechsel über eine Wandecke begründen, doch auch in Philae ist nach Philä I, Abb. 98, an der zerstörten Stelle soviel Platz vorhanden, daß zwischen dem ersten pHty.t und Xr noch ein weiteres Wort gestanden haben muß.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
dj=s qn.w nb.w n nswt-bjtj nb tA.wj [(Awgtrdr) sA Ra nb xa.w [(Awyssr (sic!) anx Dt mrj PtH As.t) Möge sie alle Kraft geben dem König von Ober- und Unterägypten, dem Herrn der Beiden Länder [(Autokrator), dem Sohn des Re, dem Herrn der Erscheinungen [(Kaisaros, er lebe ewig, geliebt von Ptah und Isis). Kommentar: In Kalabscha wurden die in Philae auf zwei gegenüberliegenden Türlaibungen angebrachten Isis-Eulogien zu einer Bandeau-Inschrift zusammengefaßt.756 Nur aufgrund des Anbringungsortes bzw. der unterschiedlichen Textart wurden einige minimale Änderungen vorgenommen.757 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Kalabchah I, 169–170; Taf. 57–60a Kalabscha, Mandulis-Tempel, Äußeres Vestibül („Antichambre“), obere Randinschrift, rechte (nördliche) Hälfte WINTER, Zeitgleiche Textparallelen, S. 306–310; ID., Winzige Ergänzung, S. 600–601; BUDDE, Götterkind, S. 71–72;758 Philä III, S. 3–7 (im Vergleich mit der Parallele) Philä III, Nr. 2
Text: (…)759 Hrj.t-tp n Ra m HA.t=f (…) Die Stirnschlange des Re an seiner Vorderseite/Stirn, sA.t=f tp.t mrj(.t) ib=f seine erste Tochter, die sein Herz liebt. nts pw sxr(.t) sbj m HA.t wjA=f Sie ist es, die den Rebellen niederwirft im Bug seiner Barke, irj(.t) sA=f wHm(.t) mk.t=f die seinen Schutz bereitet und seine Beschirmung wiederholt. @w.t-@r rn=s m spA.t nb nTr.t tn n k.t Hr xy=s Hathor ist ihr Name in jedem Gau, diese Göttin, an die keine andere heranreicht, rsw mHw xtm Hr xtm=s Süden und Norden sind gesiegelt mit ihrem Siegel, imnt.t iAb.t.t Xr s.t-Hr=s Westen und Osten sind unter ihrer Aufsicht, Sn p.t wsx.t n tA Hptj Xr Dd=s der Umkreis des Himmels, die Weite der Erde und die Weltenden sind unter ihrem Befehl, iqr ib=s mj ©Hwtj ihr Herz ist trefflich wie das des Thoth. 756 757 758 759
Vgl. JUNKER, Preis der Isis. Zum Inhalt siehe den Kommentar zu den Philae-Texten, Kap. 4.1.1.A. Vgl. zu diesen Änderungen im einzelnen auch MARTZOLFF, Décoration des pylônes, S. 123–124. Vgl. Kap. 4.1.1.A, Anm. 406, zu Philä III, Nr. 2. Beginn nach Art einer Bauinschrift.
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nts
w sr(.t)760 ij n nHH Sie ist es, die vorhersagt, was in der Ewigkeit kommen wird (= die Zukunft), anx m a=s snb r xt=s Leben ist in ihrer Hand und Gesundheit in ihrem Gefolge, SAw rr.t m wD.t=s Schicksal und Gedeihen/Wohlstand/Glück sind unter ihrem Befehl, wr.t n p.t Hnw.t tA die Große des Himmels, die Gebieterin der Erde, wr(.t) pH.tj n wn mj.t.t=s die mit großer Kraft, derengleichen nicht existiert, 761 rA-DA.w pr-MnTw r-xt=s des Kampfplatzes, unter deren Kommando das Haus des Month (= Waffen- oder Gerätelager) ist, njs n=s aSA Hr ptr.t zu der die Menge auf dem Schlachtfeld ruft, bjA.t wr.t bjtj.t(?)762 nTr.w nTr.wt das große Wunder, die unterägyptische Königin(?) der Götter und Göttinnen, mfkA.t n 763 aA.t itj.t wr.t n nn r Aw das Türkis der großen , die große Fürstin von all diesem, n Hb aH.t m [x]m=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung der Palast nicht betreten wird.764 dj=tw n[=s] iAw [m (m)skt.t hnw n=s]765 m (m)anD.t Man gibt ihr Lobpreis [in der Abendbarke, Jubel für sie] in der Morgenbarke, [aHa n=s sDr(.w)]766 Hr sTA(.w)=sn diejenigen, die auf ihren Rampen/in ihren Höhlen [schlafen, stehen für sie auf,]767 nTr.w [rmT.w htt] n kA=s Götter und [Menschen jubilieren/schreien] für ihren Ka, Haa Ra Hr mAA nfr.w=s Re jubelt, wenn er ihre Schönheit sieht, Ax.w mwt.w Xr snD=s die Verklärten (Achs) und die Toten sind unter ihrer Schrecklichkeit (oder: in Furcht vor ihr),
760 Zur Ergänzung und der Lesung sr(.t) vgl. die Parallele Philä III, Nr. 2; vgl. auch LGG VI, 426b; und BUDDE, Götterkind, S. 71, Anm. 347, die aber die davor stehende Zeichengruppe (nts
w) ignoriert. 761 Zu dieser möglichen Ergänzung vgl. die Parallele Philä III, Nr. 2, mit Anm. 412. Ohne Emendation: „Unter deren Kommando der Kampfplatz und das Haus des Month sind“. 762 . Die Parallele in Philä III, Nr. 2 hat . BUDDE, Götterkind, S. 72, übersetzt ohne Kommentar „die Mächtige“. Für die oben vorgeschlagene Lesung sprechen die Krone und das Wortspiel mit bjA.t. Vgl. auch eine Parallele dieses Epithetons der Isis in Dend. VII, 78, 12, vgl. LGG II, 754b. 763 Geschrieben ist statt . 764 Die Übersetzung von BUDDE, Götterkind, S. 71–72, endet hier. 765 Ergänzt nach der Parallele Philä III, Nr. 2. 766 Ergänzt nach der Parallele Philä III, Nr. 2, ebenso die folgenden Fehlstellen. 767 Gemeint sind wohl die Bewohner des Totenreiches; vgl. zu diesem ansonsten unbekannten IsisEpitheton einen ähnlichen Beinamen des Amenemope von Djeme: aHa n=f sDr.w, siehe LGG II, 194a.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
wpw.tj.w=s(?) iAj m Hr=s ihre Botendämonen(?) lobpreisen vor ihrem Antlitz, n irj.t[w] sxr.w nb m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung keine Pläne gemacht werden, SAa tA bis hin zu , Erde . xwj768 Möge sie schützen den König von Ober- und Unterägypten… Kommentar: Auch dieser Hymnus wurde aus dem Tempel von Philae übernommen und relativ unreflektiert und mit einigen Abschreibefehlern, ansonsten aber bis hin zu den einzelnen Hieroglyphen kopiert.769 4.3.2
Nubien: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie der nubischen Tempel (Dakke, Kalabscha und weitere) Als bedeutendstes Isiskultzentrum im Süden Ägyptens hatte das Heiligtum von Philae eine starke Ausstrahlungskraft nach Nubien, wo der Kult der Isis von Philae landesweit den höchsten Rang erlangte und die Göttin auch im Totenkult eine wichtige Rolle spielte.770 Zudem legten bereits die nubischen Fremdherrscher Ägyptens (25. Dyn.) ein besonderes Interesse für die Götter der osirianischen Familie an den Tag.771 In der frühen Kaiserzeit, insbesondere unter Augustus, lassen sich in Nubien zahlreiche Tempelneubauten sowie Dekorationstätigkeiten an älteren Heiligtümern verzeichnen. 772 Der starke Einfluß des Kultes von Philae auf die nubischen Tempel offenbart sich in der Tatsache, daß speziell Isis von Philae und ihre Götterfamilie dort grundsätzlich der jeweiligen lokalen Hauptgottheit zur Seite gestellt wurden773 und eine prominente Position einnahmen. Isis trägt dementsprechend immer ihre philensischen Haupttitel: „Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Philae“ bzw. „Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abatons“.774 768 Der Text bricht hier ab (unvollendet), vgl. für die Schlußformel aber die Parallele Philä III, Nr. 2. 769 Siehe dazu WINTER, Zeitgleiche Textparallelen, speziell zum obigen Text S. 306–310; ID., Winzige Ergänzung, S. 600–601. Zum Inhalt siehe den Kommentar zur Parallele, Kap. 4.1.1.A. 770 Zu Isis in Nubien siehe auch YELLIN, Anubis, S. 105–108; J. LECLANT, Isis au pays de Kouch, in: Ann. EPHE, 5e section, 90, 1981–1982, S. 39–59; N. B. MILLET, Meroitic Religion, in: Meroitistische Forschungen 1980, Akten der 4. Internationalen Tagung für meroitistische Forschungen vom 24.–29. Nov. 1980 in Berlin, Meroitica 7, Wiesbaden 1984, S. 111–121: 120. Ein allgemeiner Überblick, der jedoch nichts Neues bietet, teilweise oberflächlich und sprachlich sehr fehlerhaft ist, auch bei BALDI, Isis in Kush. Die Bedeutung der Isis von Philae für die nubische Bevölkerung zeigen auch die zahlreichen von Meroiten hinterlassenen Graffiti in Philae selbst, siehe dazu unten, Kap. 6.2.2, mit weiterer Literatur. 771 Vgl. BERGMAN, Ich bin Isis, S. 293–294; J. LECLANT, Recherches sur les monuments thébains de la XXVe dynastie dite éthiopienne I–II, BdÉ 36, Kairo 1965, S. 262–292. 772 Vgl. HERKLOTZ, Prinzeps und Pharao, S. 139–159; VERHOEVEN, Neue Tempel, S. 231; BUDDE, Götterkind, S. 154–156. 773 Z. B. in Dakke und Kalabscha, siehe oben, Kap. 4.3.1.1–2. Vgl. dazu auch TÖRÖK, Between Two Worlds, S. 447–455. 774 Vgl. dazu oben, Kap. 4.1.2.
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Nubische Tempel
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Auch ganze Texte wurden aus dem Repertoire des Heiligtums am 1. Katarakt übernommen: So ist die Hymne Nektanebes in Musawwarat El-Sufra belegt,775 in Dakke hat man eine der unter Ptolemaios II. in Philae angebrachten Hymnen weiterverwendet,776 und in Kalabscha finden sich sogar drei Texte aus Philae und zwei Hymnen aus Assuan wieder. 777 Die Texte wurden dabei jeweils an die abweichenden Anbringungsorte bzw. Dekorationseinheiten angepaßt und entsprechend zugeschnitten. Obgleich aus den anderen nubischen Tempeln keine Hymnen an Isis erhalten sind, zeigen Darstellungen und Inschriften doch ihre herausragende Rolle. Einheimische Gottheiten wie Mandulis, Apedemak und Arensnuphis werden dabei gerne mit Mitgliedern der osirianischen Familie identifiziert bzw. genealogisch in diese eingegliedert, um eine enge Verbindung zu schaffen.778 So bildet im Löwentempel von Naqa in mehreren Szenen der lokale Hauptgott Apedemak (an Stelle von Osiris) eine Triade mit Isis und Horus.779 Isis tritt auch hier in der aus den Texten Philaes und Assuans bestens bekannten Rolle als kriegerische Feindvernichterin und Schützerin auf: Ein Relief zeigt, wie sie eine Gruppe von Feinden vor den König führt.780 In der anderen Hand hält sie aber eine Situla, was wiederum auf ihre belebenden (Milch-)Libationen im Totenkult verweist,781 die zu ihren zentralen Funktionen in Nubien gehören. Ein kleiner Vorgängerbau des Tempels von Kalabscha sowie das Kalabscha-Tor waren tatsächlich vor allem Isis und Osiris gewidmet, erst der augusteische große Tempel führt Mandulis als Hauptgott ein, der sein Heiligtum jedoch weiterhin mit den übermächtigen Göttern von Philae teilen muß, in deren Familie er integriert wird.782 An der Rückseite des Tempels, wo Isis, Harendotes und Mandulis als lokale Triade großformatig dargestellt werden, nimmt Mandulis als Kindgott nur die dritte Position ein.783 Auf dem als einziges von dem nicht weit von Kalabscha in frührömischer Zeit errichteten Tempel von Ajuala erhaltenen Tor wird Mandulis ebenfalls einerseits als Enkel (Sohn von Harendotes), andererseits als Sohn mit Isis und Osiris von Philae verbunden.784
775 Siehe Kap. 4.1.1.A, zum Text. 776 Philae-Hymne 5 = Dakke I, 266–269, § 592–596, s. o., Kap. 4.3.1.1. 777 Philae-Hymne 5 = Kalabchah I, 117–118; Philä I, 168–169 + 169 = Kalabchah I, 118; AssuanHymne 3 = Kalabchah I, 15–16; Assuan-Hymne 4 = Kalabchah I, 16. S. o., Kap. 4.3.1.2. Zur Übernahme von Texten in verschiedenen Tempeln siehe auch unten, Kap. 5.1.3. 778 Siehe oben, Kap. 4.3.1.2, und ŽABKAR, Apedemak, S. 17–21. 779 ŽABKAR, Apedemak, S. 17. 780 ŽABKAR, Apedemak, S. 18; Taf. 3; YELLIN, Anubis, S. 106. 781 Die Milchopfer und Situla werden ausführlich in einer in Vorbereitung befindlichen Dissertation von S. CAßOR-PFEIFFER besprochen; siehe vorläufig EAD., „Milch ist es…“. 782 Siehe zu Kalabscha VERHOEVEN, Neue Tempel, S. 243–244; HERKLOTZ, Prinzeps und Pharao, S. 151–156; HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 104–133; Kalabchah; und oben, Kap. 4.3.1.2. Zum Kalabschator E. WINTER, Das Kalabsha-Tor in Berlin, in: Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz 14, 1979, S. 59–71. 783 HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 129, Abb. 187; vgl. VERHOEVEN, Neue Tempel, S. 244. 784 Vgl. VERHOEVEN, Neue Tempel, S. 245; HERKLOTZ, Prinzeps und Pharao, S. 156–157; HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 133–135.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Der heute verlorene, römerzeitliche Tempel von Qurta war „Isis von Qurta“ selbst als Hauptgöttin geweiht.785 In Maharraqa (Hiera Sykaminos), dem südlichsten Ort der römischen Provinz Aegyptus, wurde bereits in der Ptolemäerzeit ein Tempel für Isis und Osiris/Sarapis auf einer Steinterrasse mit Sandhügel errichtet, dessen Dekoration unvollendet geblieben ist. 786 Aufgrund der Architekturform und einer griechischen Inschrift, die Sarapis als Sonnengott präsentiert, 787 deutet HÖLBL diesen Tempel als eine Art Sonnenheiligtum auf einem ‚Urhügel‘.788 Bei dem 15 km südlich von Philae gelegenen Tempel von Debod (heute in Madrid) handelte es sich ursprünglich um eine von dem meroitischen König Adikhalamani errichtete Kapelle für den lokalen Amun und – an zweiter Stelle – Isis von Philae, die mit ihren Familienmitgliedern die Südhälfte beherrscht.789 Unter Ptolemaios VI. wurde die Kapelle zu einem Tempel erweitert, der nun Isis und den synnaoi theoi geweiht ist:790 Die Götter von Philae gewinnen damit an Bedeutung gegenüber den Lokalgöttern, was sich auch noch in der Dekoration aus römischer Zeit äußert.791 Auch hier erscheint Isis mit ihren üblichen Haupttiteln von Philae; sie ist „Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abatons, die Gebieterin, die Herrin von Philae, die Edle und Mächtige, die Herrin der südlichen Fremdländer“.792 In einer auf der Westwand des Vorhofes angebrachten Schlachtopferszene aus der augusteischen Dekorationsphase stellt die göttliche Randzeile neben dem umfassenden Herrschaftsanspruch der Isis entsprechend dem Szenentypus auch ihre gefährlichen und kriegerischen Eigenschaften793 heraus: (nswj.t bjtj.t) Ra.t m p.t (Die Königin von Ober- und Unterägypten) die Sonnengöttin am Himmel, Ax[.t](?) m tA snD.t m qAb mn.tj.w die Herrliche/Wirkmächtige(?) auf der Erde, die Furchtbare im Inneren der Berge,
785 HERKLOTZ, Prinzeps und Pharao, S. 146; L.-A. CHRISTOPHE, Sanctuaires nubiens disparus, in: CdÉ 75, 1963, S. 17–29: 24–25; HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 147. 786 Siehe zum Tempel von Maharraqa VERHOEVEN, Neue Tempel, S. 231; HERKLOTZ, Prinzeps und Pharao, S. 145–146; E. FANTUSATI, Roman Sykaminos, in: Beiträge zur Sudanforschung 8, Wien 2003, S. 41–47; HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 147–150; G. MASPERO, Temples immergées de la Nubie. Rapports relatifs à la consolidation des temples 1, Kairo 1911, S. 8–10; 99–105. 787 SB 8543; siehe dazu unten, Kap. 6.2.4. 788 Ähnlich auch TÖRÖK, Between Two Worlds, S. 454–455. 789 Zum Tempel von Debod: VERHOEVEN, Neue Tempel, S. 242; HERKLOTZ, Prinzeps und Pharao, S. 158–159; HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 100–101; ROEDER, Debod, S. 1–100. 790 Griechische Dedikationsinschrift am 2. Pylon: Debod I, S. 18, § 37; III, S. 1, Taf. 4; FHN II, Nr. 138, S. 630–631. 791 Vgl. ROEDER, Debod, S. 8–9. 792 Z. B. Debod I, 43, § 111. Zum Titel „Herrin der südlichen Fremdländer“, der sich auf Nubien/Dodekaschoinos bezieht, vgl. oben, Kap. 4.3.1.1 zu Dakke. 793 Vgl. die oben beschriebene Szene aus dem Löwentempel von Naqa.
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Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
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nswj.t(?)794 n p.t wD(.t) mdw m tA die Königin(?) des Himmels, die Befehle erteilt auf Erden, inj(.t) mw.t qjs m XAk.w-ib=s mj qn=s die den Tod bringt und die ihre Feinde fesselt, weil sie stark ist/mit ihrer Kraft, xry m pH{rnp} As.t dj(.t) anx nb(.t) iw-wab.t das Schlachtopfer erreicht sie, Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abaton. (Debod I, 44–45, §§ 112–115; II, Taf. 41) Auch der heute in New York befindliche, unter Augustus errichtete Tempel von Dendur ehrt die philensische Triade im Verbund mit nubischen und Kataraktgottheiten (Thoth von Pnubs, Mandulis von Kalabscha, Satet von Sehel). 795 Zudem wurde hier speziell einem lokalen vergöttlichten Brüderpaar – Petiese und Pahor – ein Kult entgegengebracht. Reliefdekoration findet sich nur am Pronaos und den Außenwänden des Tempels. Das teilweise in Fels gehauene Sanktuar ist dagegen praktisch gänzlich ungeschmückt geblieben, abgesehen von einer in die Rückwand gemeißelten Stele, die Pahor und Petiese bei der Anbetung von Isis respektive Osiris-Onnophris zeigt. Isis weist wieder eine für Nubien typische Titulatur auf: „Isis, die Lebensspenderin, die Herrin des Abatons, die Gebieterin, die Herrin von Philae, die Herrin der südlichen Fremdländer.“796
4.4
Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
4.4.1
Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.4.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen Zentrale Szenen im Sanktuar Text/Hauptpublikation Behbeit el-Hagara, 41–43, SAE 42, 133797 Anbringungsort Behbeit el-Hagar, Isistempel, Sanktuar, Südwand, 1. Reg., 2. Szene Bibliographie FAVARD-MEEKS, Un temple d’Isis, S. 32, oberes Photo Inhalt der Szene Der König Ptolemaios II. räuchert vor der Barke der Isis.
794 Zur Lesung nswj.t „Königin“ vgl. auch ROEDER, Debod I, S. 45. Möglich wäre auch mw.t nswt „die Mutter des Königs (des Himmels…)“; auch im LGG sind Titel mit dieser Schreibung sowohl unter mw.t-nswt (LGG III, 260b–261a) als auch unter nswj.t (LGG IV, 346b–350a) aufgenommen. Vom inhaltlichen Kontext her macht nswj.t hier wohl mehr Sinn, vgl. auch die Parallelen für „Königin am Himmel“ aus Dendara mit eindeutigerer Schreibung: LGG IV, 347c. Das LGG III, 260c, aufgeführte mw.t nswt n p.t (Edfu VI, 190, 6) dürfte der Schreibung zufolge wohl auch eher nswj.t n p.t zu lesen sein. 795 Siehe dazu VERHOEVEN, Neue Tempel, S. 245–246; HERKLOTZ, Prinzeps und Pharao, S. 149–151; HÖLBL, Altägypten im Römischen Reich II, S. 135–138; C. ALDRED, The Temple of Dendur, The Metropolitan Museum of Art Bulletin 36/1, New York 1978; Dendûr; Dandour. 796 Dendûr, 48–49; Taf. 73, 2 u. 74. 797 Photos eines Teils der Blöcke sind jetzt in einer Online-Datenbank einsehbar (allerdings nur wenig vergrößerbar, so daß das Lesen von den Photos schwierig ist): https://www.temple-behbeit. org/tableau/. Zuletzt eingesehen am 05.07.2016.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: – Beischrift der Ägide des Bugs (42, SAE 42, 7–12): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, Htp.tw m Xnw n WTs.t-nfrw=s mj Itm ruht im Inneren der (Barke) ‚Sitz ihrer Schönheit‘ wie Atum, dj=f-s(w) m MAnw wenn er sich zeigt im Westgebirge. @dd.t wr.t Hnw.t tA.wj mw.t-nTr Hededet,798 die Große, die Gebieterin der Beiden Länder, die Gottesmutter, Hm.t nTr Hnw.t nTr.w nb(.w) m NTrj die Gottesgemahlin, die Gebieterin aller Götter in Netjeri,799 Htp.tw xnt bjk=s m Xnw n Ax.t=s mj nb-Dr m (m)anD.t[… …] ruht auf ihrer ‚Falken‘-Barke800 im Inneren ihres Horizontes wie der Allherr in der Morgenbarke. – Beischrift der Ägide des Hecks (43, SAE 133, 13–19): [… …] tj.t Itm nb.t r[-Dr…] sd(?) [Hr] tp nb=s Abbild des Atum, die [All]herrin […] ? auf dem Haupt ihres Herrn, [wr.t?] pH.tj [… … …] Hkn nswt.w nfr.w=s [groß an?] Kraft […], deren Schönheit die Könige bejubeln, dj n=s nTr.w iAw […]=sn dwA-s(j) nTr.wt der die Götter Lobpreis geben, ihre […], die die Göttinnen anbeten, […] wa.t […] sA sr wr m Hw.t-sr […] die Einzigartige […], der Schutz des großen Fürsten (= Osiris) in der Kapelle des Fürsten,801 sHtp [… [(Wnn-nfr)] mAa xrw m ir.w=f […] mj Ra D.t die [… [(Onnophris)], gerechtfertigt, zufrieden stellt in seiner Gestalt802 […] wie Re, ewiglich.
798 Name einer Skorpiongöttin, die meist mit Isis gleichgesetzt wird und sonst vor allem in Edfu gut belegt ist, siehe dazu GOYON, Hededyt, bes. S. 454 zu Behbeit el-Hagar, wo sie nochmals als Beschützerin des Osiris belegt ist; WILSON, Ptol. Lex., S. 693–694; D. MEEKS, s. v. „Hededet“, in: LÄ II, Sp. 1076–1078; J. YOYOTTE, in: P. Vernus/J. Yoyotte, Bestiaire des Pharaons, Paris 2005, S. 454– 455; LGG V, 597–599. Siehe unten, Kap. 4.5. Auch die Chronokratoren-Göttin (= Form von Hathor/Sachmet) des Tages IV Schemu 2 trägt diesen Namen, vgl. GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 134, Anm. 261. 799 Kultname für Behbeit el-Hagar, siehe dazu FAVARD-MEEKS, Les toponymes Nétjer, und unten, Kap. 4.4.2. 800 Zu dieser Barke als Königs- und Götterschiff, siehe Wb I, 445, 14–16; WILSON, Ptol. Lex., S. 309; FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 43, Anm. 221. 801 Zu Osiris als „großer Fürst“, von dem in Behbeit eine Mumienfigurine mit Falkenkopf hergestellt wird, und der „Kapelle des Fürsten“, siehe MEEKS, Mythes et légendes, S. 279–280; FAVARDMEEKS/MEEKS, Corps osiriens, S. 42–43; FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 345–347. 802 Zu Osiris „in seiner (wahren) Gestalt“, die ihn als lebenden König zeigt, siehe MEEKS, Mythes et légendes, S. 281; FAVARD-MEEKS/MEEKS, Corps osiriens, S. 44–45. Diese Bezeichnung des Osiris ist spezifisch für das Sanktuar und das Hw.t-sr des Tempels von Behbeit.
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Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
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Kommentar: In den Barkentexten wird jeweils zu Beginn ein Parallelismus zwischen Isis und Atum hergestellt, der sich an ihrer Teilnahme am Sonnenlauf in den Barken konkretisiert.803 Somit wird sie als Ur- und Schöpfergöttin definiert. In einem Fragment der Dedikationsinschrift der Sanktuaraußenwand wird Isis sogar als „erhabene QrH.t des Atum“ bezeichnet, „die am Ursprung der Götter ist“,804 d. h. als Mutterleib/Gebärmutter und Urschlange bzw. Ahngöttin geht sie Atum möglicherweise sogar voraus oder wird zumindest als Erste von ihm geschaffen.805 Des weiteren wird Isis innerhalb der Barkenszene auch insofern mit dem Sonnen- und Schöpfergott verbunden, als sie der Beschreibung von FAVARD-MEEKS zufolge innerhalb des Schreines auf der Barke auf der Lotusblüte sitzend dargestellt ist806 wie sonst üblicherweise der kindliche Sonnengott. Tatsächlich kommt die „Göttin auf der Lotusblüte“ aber auch innerhalb weiterer Barkendarstellungen in den griech.-röm. Tempeln vor, so in Edfu (Hathor), Philae (Hathor und Isis) und Esna (Neith).807 Es findet also eine Assoziation zwischen der Göttin in der Prozessionsbarke und dem kindlichen Sonnengott in der Sonnenbarke statt. Zudem wird Isis in der Beischrift der Ägide des Bugs in ihrer speziellen skorpiongestaltigen Form ‚Hededet‘ genannt, die zwar auch eng mit Edfu verbunden ist,808 aber vor allem bereits in Sargtexten und Totenbuch in den Zusammenhang von Schiffen und Barken sowie der Sonnenfahrt gehört (dort allerdings nicht explizit mit Isis verbunden): In Schiffsteilkatalogen der Sargtexte werden verschiedene Taue mit der ‚Haarlocke‘ (wohl der Schwanz?) und den Zangen(?) der Hededet gleichgesetzt,809 im Totenbuch bekämpft sie Apophis für ihren Vater Re.810 Die Benennung von Isis als Hededet in den Begleittexten der Barkenszene ist also ganz natürlich. Die apotropäische, schützende Funktion der Hededyt übernimmt Isis dem Text zufolge hier ebenfalls, und zwar wie üblich für Osiris, wie der 803 Siehe auch FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 340–341; EAD., Isis à Behbeit, in: Montesino (Hrsg.), De Cybele à Isis, S. 115–133: 123–124; FAVARD-MEEKS/MEEKS, Corps osiriens, S. 44. 804 Behbeit el-Hagara, 63, SAE 163, 1. 805 Siehe zur Bezeichnung QrH.t und ihrer Bedeutung als Form/Matrize (z. B. im Choiak-Text für die Herstellung von Osirismumien), Gebärmutter und urzeitliche (Schlangen-?)Göttin S. SAUNERON, Copte S.kalaàh, in: Mélanges Maspero I, 4, MIFAO 66, Kairo 1961, S. 113–120; D. FRANKE, QrH.t – Geschöpf des „Ersten Tages“. Eine Assoziationstechnik zur Statuserhöhung in der 10. und 11. Dynastie, in: GM 64, 1998, S. 63–70; LGG VII, 224–225; WILSON, Ptol. Lex., S. 1067; VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 101. Zum Entstehungszeitpunkt der QrH.t gibt es allerdings gegensätzliche Meinungen: Ist sie bereits vor Atum entstanden, oder hat er sie vor den anderen Göttern erschaffen (FRANKE)? Aus den Quellen ist dies nur schwer abzulesen; zumindest die Bezeichnung als „Wirkmächtige für ihren Vater“ (Ax.t nj.t it=s; in einem Grab in Siut: LGG VII, 224c, Beleg [5]) läßt wohl eher Letzteres vermuten. 806 FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 340; nicht erkennbar auf dem Photo in EAD., Temple d’Isis, S. 32 (in der Online-Datenbank ist das Photo dieses Blocks nicht vorhanden). 807 Siehe dazu M.-L. RYHINER, L’offrande du lotus dans les temples égyptiens de l’époque tardive, Rites égyptiens 6, Brüssel 1986, S. 194: Edfu, Taf. 14, 40 und 380; Edfu Mam., Taf. 15; Philä I, Abb. 28– 29; Esna VI, Nr. 545 (und nicht S. 545, wie RYHINER, loc. cit., Anm. 101 fälschlich angibt). 808 Daher hebt FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 341, besonders ihre Beziehung zu Horus hervor. Zu Hededet in Edfu siehe unten, Kap. 4.5. Zu Hededet allgemein vgl. die Anm. 798 zum Text oben. 809 CT V, Spruch 398, §§ 142a, und Spruch 400, 168e; vgl. B. ALTENMÜLLER, Synkretismus in den Sargtexten, GOF IV/7, Wiesbaden 1975, S. 163; LGG V, 598a–b [Belege 4–5]. 810 Tb 39; vgl. GOYON, Hededyt, S. 447–448; LGG V, 598a–b [Belege 1–3].
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
schlechter erhaltene Text der Ägide des Hecks am Ende beschreibt. Isis’ Sorge für ihren verstorbenen Gatten und seine Wiederbelebung ist eine ihrer Hauptfunktionen im Tempel von Hebit.811 Zusätzlich dürfte hier die Verbindung der Isis-Hededet zu Edfu eine Rolle spielen, denn auf der Nordseite der Sanktuar-Außenwand ist es Horus Behedeti, der den König vor die Tempelgöttin führt,812 was für eine besondere Beziehung zwischen den beiden Tempeln und ihrer Götter (Isis von Behbeit und Horus von Edfu) spricht. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 44–45, SAE 37 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Sanktuar, Ostwand (= Sanktuarrückwand), nicht genau lokalisierbarer Block – Keine Darstellungen erhalten; mehrere Kolumnen mit Lobpreis an Isis, der von einer Gruppe (1. Pers. Pl. = „alle Götter“?813) gesprochen wird. Aufgrund der Titel von Isis könnte es sich auch um ein Sistrumopfer handeln.
Text: – Beischrift der Isis (44, 1–3, SAE 37): [As].t wr.t mw.t-nTr nb(.t) [@bj.t] Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, [nb(.t)] sxm.wj Hnw.t sxm.wj die Herrin der beiden Sistren, die Gebieterin der beiden Sistren,814 nTr.w [nb.w?] ksw n Sfj.t=s vor deren Ansehen sich alle Götter verbeugen. – Lobpreisungen (= Rede von „allen Göttern“?) (44–45, 4–9, SAE 37): [irj=n] hnw n wr(.t) n […] n(?) Wir machen Jubelrufe für die Große an […?], irj(?)=n […] hA snD n [ f]Aw815 n Hm=T wir geben […] Verehrung für die Erhabenheit deiner Majestät, snj=n tA n kA=T wir küssen die Erde für deinen Ka, m Htp mj Itm m Htp=f in Frieden wie Atum, wenn er ruht/untergeht,
811 812 813 814
Siehe dazu unten, Kap. 4.4.2. Behbeit el-Hagara, 28–30, SAE 50–51, 184 u. 240, siehe unten. Siehe den Text unten, in der Beischrift der Isis. In den typischen Formeln von Sistrenopfern an Hathor oder Isis heißt es für gewöhnlich: „Herrin des sxm-Sistrums, Gebieterin des sSS.t-Sistrums“, doch hier sind in beiden Titeln beide Sistren geschrieben, vgl. FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 44, Anm. 228. 815 Zur Schreibung mit A vor dem f, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 388.
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Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
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HqA.t nTr.w Dsr(.t) s.t [… …]=n [… …] (oh) Herrscherin der Götter, mit geheiligtem Sitz […], wir […].816 – Rede der Isis (45, 10, SAE 37): Dd mdw dj.n=i snD=k […] Rezitation: Ich gebe die Ehrfurcht vor dir […].817 Kommentar: Bei dem Fragment dieser Szene handelt es sich um den einzigen Block, der überhaupt mit Sicherheit von der Ostwand, d. h. der Rückwand des Sanktuares stammt:818 Links von der göttlichen Randzeile sind noch Reste einer weiteren göttlichen Randzeile mit entgegengesetzter Ausrichtung der Hieroglyphen erhalten, was anzeigt, daß zwischen den beiden Szenen die Tempel- und Raumachse hindurch verläuft. Der Inhalt der Szene ist anhand der Texte schwer zu rekonstruieren; es scheint, daß Isis einer Gruppe von Personen bzw. Wesen gegenübersteht, die sie anbeten und bejubeln. Möglicherweise handelt es sich bei dieser Gruppe um „alle Götter“, die sich der Beischrift der Isis zufolge vor ihr verbeugen. Andererseits spricht die Rede der Göttin eine männliche Einzelperson an, womit in normalen Ritualszenen der König gemeint ist. Isis wird wie in der Barkenszene819 mit Atum in Verbindung gebracht. Weiterhin fällt auf, daß der Großteil der Texte wie an Innenwänden üblich in erhöhtem Relief gearbeitet ist, die Titel der Isis jedoch in die Wand eingetieft wurden. Dies könnte nach einem Vorschlag von PH. DERCHAIN dadurch zu erklären sein, daß sie – als zentrale Titel der Tempelherrin in der Sanktuarrückwand – ursprünglich mit Gold eingelegt waren.820 Die Lobpreisung der Isis an dieser Stelle des Tempels findet ihre Entsprechung in den Philae-Hymnen 1–4, die sich ebenfalls, integriert in Ritualszenen, an der Rückwand des Sanktuars befinden. Der Aussage von FAVARD-MEEKS, es handele sich bei den Inschriftenresten in Behbeit um „die ältesten bisher bekannten Isishymnen“,821 muß jedoch widersprochen werden: Erstens lassen die erhaltenen Teile keine Rückschlüsse darauf zu, ob die von der (Götter-?)Gruppe gesprochenen Aussagen im Gesamten tatsächlich eine Isishymne bilden. Zweitens wurde das Sanktuar von Behbeit el-Hagar unter Ptolemaios II. dekoriert – genau wie das Sanktuar von Philae mit den dortigen Hymnen. Drittens gibt es bereits eine kurze Isis-Hymne am Nektanebes-Kiosk in Philae (Hymne Nektanebes), die demzufolge die älteste bekannte sein dürfte.822
816 Die Anzahl der fehlenden Kolumnen kann nicht eingeschätzt werden, siehe FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 45, Anm. 235. 817 Wird hier nun der König angesprochen? Das Suffix 2. Pers. sing. masc. in den Worten der Göttin scheint dem Suffix der 1. Pers. Pl. in der Anrede durch eine Gruppe zu widersprechen. 818 Vgl. FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 45. 819 Behbeit el-Hagara, 41–43, SAE 42, 133; s. o. 820 Siehe FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 44. Daß Goldintarsien für die Wandreliefs der griech.röm. Tempel verwendet wurden, bezeugt z. B. die große Bauinschrift von Edfu: Edfu VII, 7, 4. 821 FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 303. 822 Siehe oben, Kap. 4.1.1.A.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
4.4.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. Text/Hauptpublikation Behbeit el-Hagara, 3, SAE 58 Anbringungsort Behbeit el-Hagar, Isistempel, Westfassade, Nordhälfte, Soubassement Bibliographie – Inhalt der Szene Ptolemaios III. führt eine Nilprozession vor Isis. Text: – Beischrift der Isis (3, 5–6, SAE 58): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, ir.t Ra nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb(.w) das Auge des Re, die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter. Kommentar: Die gleiche oder eine sehr ähnliche Titelreihe kommt häufiger vor, z. B. Behbeit el-Hagara, 16–17, SAE 72; 27, SAE 50. Die gleiche Titelreihe (mit Änderung des Ortsnamens) ist außerdem standardmäßig in Dendara, s. u., Kap. 4.6. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 5–6, SAE 60–62 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Westfassade, Nordhälfte, 2. Reg. – Opferszene, Inhalt unklar, König nicht erhalten; Osiris und Isis.
Text: – Beischrift der Isis (6, 6–7, SAE 60): As.t nb(.t) @bj.t wAH(.t) ix.t n sn=s Wsjr Isis, die Herrin von Hebit, die Opfergaben darbringt für ihren Bruder Osiris, sA nTr aA m Hw.t-HmAg der Schutz des großen Gottes in der Hemag-Kapelle. Kommentar: Zu der Hauptfunktion der Isis als Schutz des Osiris vergleiche die Beischrift der Ägide des Hecks in der Barkenszene (43, SAE 133, 13–19, siehe oben). Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 28–30, SAE 50–51, 184 und 240 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Fassade des Sanktuars, Nordhälfte, 1. Reg., 1. Szene – Der König (Kartuschen zerstört, wohl Ptolemaios II.) wird vor Isis geführt und von Horus von Edfu vorgestellt.
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Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
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Text: – Beischrift der Isis (29–30, 10–12, SAE 184): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, nb(.t) iwa(.t) sqAj(.t) nswj.t die Herrin des Erbes, die das Königtum erhöht, sxaj(.t) sA=s Hr ns.t it(=f) die ihren Sohn auf dem Thron seines Vaters erscheinen läßt, rdj(.t) mrj=s r s.t=f die den, den sie liebt, auf seinen Sitz einsetzt. Kommentar: Da es sich um eine Szene der Einführung des Königs vor die Tempelgöttin handelt, spielt die Legitimation Pharaos eine zentrale Rolle, was sich auch im Schwerpunkt der Charakterisierung der Isis als Königsmacherin widerspiegelt. Der König wird dabei natürlich mit „ihrem Sohn“ Horus gleichgesetzt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 32–34, SAE 238, 180 und 192 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Fassade des Sanktuars, Südhälfte, 1. Reg., 1. Szene – Der König (wohl Ptolemaios II.) wird vor Isis geführt und von einer Gottheit (nicht identifizierbar) vorgestellt.
Text: – Beischrift der Isis (33, 1–3, SAE 238): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, Hrj.t-tp wr.t anx.tw n mAA=s die große Uräusschlange, von deren Anblick man lebt, &grg(.t)\ tA.w{j} nb Hr &mk.t\(=sn) die alle Länder gründet/ausstattet an (ihrem) rechten Platz. Kommentar: Auch in der spiegelsymmetrischen Szene zu der zuvor besprochenen, die ebenfalls die Einführung des Königs vor Isis zeigt, bezieht sich zumindest ein Teil der Titel der Göttin auf ihr Verhältnis zum Pharao: Sie ist die Uräusschlange, und damit das Köngsdiadem, und Gründerin der Länder, über welche der König schließlich die Herrschaft ausübt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 35–36, SAE 185 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Fassade des Sanktuars, Südhälfte, 2. Reg., 3. Szene – Der König (Ptolemaios II.) überreicht Sistren an Isis.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: – Beischrift der Isis (35, 6–8, SAE 185): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, Ra.t nb(.t) tA.wj nb(.t) nSnj […] ? 823 &Htp?\ Sonnengöttin, die Herrin der Beiden Länder, die Herrin des Wütens […] ?. sHtp-s(j)824 nTr.w nTr.wt m Hnw.t=sn Götter und Göttinnen stellen sie zufrieden als ihre Gebieterin. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 76–77, SAE 214 und 223 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Sanktuar, Außenwand (Süd), 1. Reg., 1. Szene – Konkrete Handlung zerstört. König Ptolemaios II. vor Isis.
Text: – Beischrift der Isis (77, 3–5, SAE 214): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, dj.tw n=s iAw m (m)skt.t hnw m manD.t der Lobpreis in der Abendbarke gegeben wird und Jubel in der Morgenbarke,825 tA.wj xAs.wt Xr wD.t=s unter deren Befehl die Beiden Länder und die Fremdländer sind. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 86–87, SAE 227 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Sanktuar, Außenwand (Süd), 3. Reg., 14. Szene – Der König Ptolemaios II. reicht einen nms.t-Wasserkrug an Isis.
Text: – Beischrift der Isis (86, 5–7, SAE 227): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit,
823 Ein rundes Zeichen. 824 Daß Isis hier Objekt des Zufriedenstellens ist, ist im Kontext des Sistrumopfers wahrscheinlicher als die Übersetzung von FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 35: „Sie stellt die Götter zufrieden…“ (sHtp=s). Vgl. z. B. den Einleitungstext von Philae-Hymne 7 (ebenfalls in einer Sistrumopfer-Szene): „Er bringt dir die beiden Sistren, um dich damit zufrieden zu stellen…“; vgl. auch Philae-Hymne 8: „…die die Götter besänftigt haben nach ihrem Wüten (nSnj)“, siehe oben, Kap. 4.1.1.A. 825 Parallele zu Philae-Hymne 8.
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Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
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qbH.t wAH(.t) ix.t n sn=s die Wasserspenderin,826 die die Opfergaben darbringt für ihren Bruder,827 Smaj.t sfsf Aw n kA=f die Sängerin,828 die Gaben spendet für seinen Ka. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 87, SAE 222 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Sanktuar, Außenwand (Süd), 3. Reg., 15. Szene – Zerstört (vielleicht Spiegel?).
Text: – Beischrift der Isis (87, 1–2, SAE 222): [As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t [Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, nb.t] p.t Hnw.t tA.wj die Herrin] des Himmels, die Gebieterin der Beiden Länder, an(.t) Hr {i}sSp.t Ax.tj die mit schönem Gesicht und mit leuchtenden Glanzaugen.829 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 246, Kairo JE 59135 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Hw.t HmAg, einzelner Block, wohl Türelement(?) – Ritualhandlung zerstört. Der König Nektanebos830 vor Isis.
Text: – Beischrift der Isis (246, 3–5): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, nb(.t) Twfj Hnw.t nTr.w die Herrin des Papyrusdickichts,831 die Gebieterin der Götter.
826 Diesen Kulttitel, der sich auf die Libationen der Isis zur Wiederbelebung von Osiris bezieht, trägt sie auch in Philae häufig, siehe oben, Kap. 4.1.2. 827 Ausführlich zum Ritual wAH ix.t und den Implikationen der Bezeichnung des Tempels von Hebit als s.t wAH ix.t: FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 401–433; siehe auch unten, Kap. 4.4.2. 828 Zum Titel „Sängerin“, den ursprünglich Hathor als Ausführende der Opfer für Osiris im Pr-qA inne hatte und mit dem sie auch noch in der entsprechenden Kapelle im Tempel von Behbeit belegt ist, siehe FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 357–358 u. 415; MEEKS, Mythes et légendes, S. 284–285. 829 Das letzte Epitheton ist sonst nicht belegt, vgl. LGG VI, 617a. 830 Zur hier bevorzugten Schreibweise „Nektanebos“ anstelle von „Nektanebos II.“ für den Namen des letzten Königs der 30. Dyn. siehe oben, Kap. 4.1.1.A, Anm. 2. 831 Es handelt sich um den einzigen Beleg für dieses Epitheton, vgl. LGG IV, 174b. Gemeint ist wahrscheinlich die sumpfige Landschaft des Deltas insgesamt, bzw. die Umgebung von Behbeit selbst.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Behbeit el-Hagara, 256, SAE 218 Behbeit el-Hagar, Isistempel, Südseite d. Sanktuars, südöstl. Seitenkapelle, 1. Reg., 2. Szene – Der König Ptolemaios II. bringt einen Blumenstrauß und ein -Gefäß (Bier oder Wein?) für Isis.832
Text: – Beischrift der Isis (256, 7–10, SAE 218): As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) @bj.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Hebit, aA.t Hri.t-tp nTr.w Sps.t wsr.t die Große, die Uräusschlange der Götter, die Edle und Mächtige, Hnw.t xnw wa.t iwt.t sn.nw=s die Gebieterin des Ruheplatzes, die Einzigartige, deren Zweite es nicht gibt, HqA.t n tA.w{j} tm bs(.t) nfr.w die Herrscherin der Länder insgesamt, die die Güter herbeiführt. 4.4.2
Behbeit el-Hagar: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums
Zur Geschichte des Isiskultes in Behbeit Das Isisheiligtum von Behbeit el-Hagar bildet den nördlichen Gegenpol zum oberägyptischen Kultzentrum von Philae, denn hier wie dort findet die Förderung der Göttin durch die Könige der 30. Dyn. als auch die frühen Ptolemäer ihren baupolitischen Ausdruck. Das nördlich von Sebennytos, der Heimatstadt der 30. Dyn., gelegene Behbeit – äg. (Pr-) @bj.t(.t) oder NTr.w – wurde in der Forschung sogar lange als Ursprungsort der Isis selbst angesehen,833 und tatsächlich läßt sich zumindest mit den beiden Toponymen eine lange Tradition ihres Kultes verknüpfen. NTr.w wird bereits in den PT mit Isis in Verbindung gebracht (Spruch 510, § 1140a–c, und 701, § 2188a–b) und galt spätestens ab dem MR formelhaft als das Kultzentrum der Isis, jedoch bestehen berechtigte Zweifel, ob mit dieser Bezeichnung dort tatsächlich schon @bj.t/Behbeit gemeint ist, oder dieses erst später so umgedeutet wurde.834 Konkret als „Herrin von @bj.t“ ist die Göttin erst in der Ramessiden-
FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 246, Anm. 1038, möchte das Epitheton aufgrund des Kontextes der Hemag-Kapelle mit einer Passage des pSalt 825 in Verbindung bringen (DERCHAIN, Papyrus Salt 825, S. 151–152, Anm. 24), in der Papyrus eine Rolle in der Füllung von Osiris’ Sarg spielt. 832 So der Darstellung zufolge, vgl. FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 256; der Szenentitel ist nicht erhalten. 833 Diese Auffassung findet sich z. B. noch bei ZAKI, Premier Nome, S. 189. 834 Vgl. dazu MÜNSTER, Isis, S. 158 u. 62; P. MONTET, Les divinités du temple de Behbeit el Hagar, in: Kêmi 10, 1949, S. 43–48: 45; L. HABACHI, s. v. „Behbeit el-Hagar“, in: LÄ I, Sp. 682–683; und besonders detailliert zur Problematik FAVARD-MEEKS, Toponymes Nétjer; EAD., Behbeit el-Hagar, S. 369–400, die überzeugend aufzeigt, daß Behbeit wohl erst in der 30. Dyn. als NTr.w/NTrj(.t) bezeichnet wurde und damit nicht als Heimatort der Isis gelten kann. So wird das Toponym z. B. in
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Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
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zeit belegt.835 Dieses Toponym bezieht sich auf den Tempel selbst und bezeichnet diesen somit als „Festhalle“ o. ä.836 Aus der 30. Dyn. schließlich sind auch Titel von Priestern der „Isis, Herrin von Hebit“ in Dokumenten aus Behbeit selbst bezeugt.837 Die zentrale Bedeutung der Isis für diesen Ort läßt sich zumindest in griechisch-römischer Zeit an dessen griechischer Benennung als Iseion/Iseum ablesen; möglicherweise meinen auch Bezeichnungen wie demotisches dmj n As.t (Temenesi),838 griech. Isiospolis und lat. Isidis oppidum diesen Ort. 839 In der Ptolemäerzeit wurde das ursprünglich zum Sebennytes gehörige Behbeit/ Iseion sogar zur Hauptstadt eines eigenen Gaues erhoben, unter deren Namen (Legende ΕΙΣΙΔΟΣ ΠΟΛΙΣ) im 13.–14. Regierungsjahr des Trajan auch alexandrinische Münzen mit Darstellungen der Isis geprägt wurden.840 Wie im Fall des Isisheiligtums von Philae muß auch in Behbeit bereits am Ende der Saitenzeit ein (möglicherweise aber nicht permanenter) Vorgängerbau errichtet worden sein, da ein Statuenkult der letzten Herrscher der 26. Dyn. dort belegt ist, für den Harsiese, Wesir von Nektanebos und Erster Prophet der Isis von Hebit, zuständig war.841 Der Ort stand kultisch in enger Beziehung mit dem nahe gelegenen Busiris, weswegen der Kultbau möglicherweise nur als Lokalität für Festrituale für Osiris von Busiris diente.842 Als solcher ist er mit dem auch in den Tempelinschriften häufig bezeugten Namen s.t wAH ix.t „Der Ort des Niederlegens von Opfergaben“ bereits im frühsaitischen Deltapapyrus (13, 6) aufgeführt. 843 Der monumentale Isistempel aus der 30. Dyn. und frühen Ptolemäerzeit ist – möglicherweise durch ein Erdbeben – völlig zusammengestürzt. 844 Unter den erhaltenen Steinblöcken wurden nur vereinzelte unter Nektanebos dekoriert,845 der Hauptteil stammt aus der Regierungszeit von Ptolemaios II. und III. Inschriften zufolge wurde der Bau unter Nektanebos begonnen, wenngleich es Hinweise gibt, daß die Planung eventuell bereits auf
835 836
837 838 839 840 841 842 843
844 845
der großen geographischen Inschrift von Edfu mit Bubastis in Verbindung gebracht: Edfu I, 335, 4–5, siehe unten, Kap. 4.13.1.2. pChester Beatty IX vs., B 9, 11; vgl. MÜNSTER, Isis, S. 159, die in ihrer Argumentation jedoch nicht zwischen Nennungen der Isis in Verbindung mit @bj.t und solchen mit NTr.w unterscheidet. Die Bezeichnung (Pr-)@bj.t(.t) selbst ist ebenfalls erst seit dem NR belegt, vgl. FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 103. Zur Bedeutung der Bezeichnungen @bj.t (= der Tempel) und [email protected](.t) (= die Stadt) siehe FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 434–451; EAD., „Temple de la fête“; MEEKS, Mythes et légendes, S. 135–136, 459), u. S. 284. Es handelt sich um die Monumente der Familie des Wesirs von Nektanebos, Harsiese, siehe z. B. FORGEAU, Prêtres isiaques, S. 165 u. 184; FAVARD-MEEKS, Temple d’Isis, S. 29. In den Ostraka des Hor, vgl. Kap. 6.2.1.1. Zur Diskussion siehe FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 332–333; EAD., Temple of Behbeit, S. 102; EL KHAFIF/GEISSEN, Isidis oppidum. EL KHAFIF/GEISSEN, Isidis oppidum, S. 240–242; Taf. 14a–c. Siehe zu Harsiese oben, Anm. 837. Vgl. FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 103. pBrooklyn 47.218.84; vgl. FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 102; MEEKS, Mythes et légendes, S. 29, § 33. Das umstrittene Toponym NTr.w/NTrj(.t) wird dort hingegen nicht genannt, vgl. FAVARDMEEKS, Toponymes Nétjer, S. 39. Siehe ausführlich zum Mythologischen Handbuch des Deltapapyrus unten, Kap. 4.13.2. FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 104. Vereinzelte Reliefblöcke befinden sich heute u. a. in verschiedenen Museen der USA, siehe bereits G. STEINDORFF, Reliefs from the Temples of Sebennytos and Iseion in American Collections, in: Journal of the Walters Art Gallery 1944–1945, S. 39–59. Unter Nektanebos wurde mit der Dekoration der Osiriskapellen Hw.t HmAg und Hw.t sr begonnen, vgl. FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 228.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Nektanebes zurückgeht.846 Der Hauptteil wurde wohl unter Ptolemaios II. fertiggestellt, und sein Nachfolger erweiterte das Sanktuar um eine Säulenhalle und eine neue Fassade. In der auf letzterer angebrachten Dedikationsinschrift weihen Ptolemaios III. und seine Gemahlin Berenike II. den Tempel für „seinen Vater Osiris-Anedjti“ einerseits und „ihre Mutter Isis“ andererseits. 847 Auch im nördlichen Bandeau du Soubassement der von Ptolemaios II. dekorierten Fassade des Sanktuars wird dieses Isis geweiht, die dort als „Gebieterin der Götter“ (Hnw.t nTr.w), „Herrin des Erbes“ (nb.t iwa.t) und „[göttliches?] Falkenweibchen848“ (bjk.t [nTrj.t?]) bezeichnet wird.849 In der Zeit nach Ptolemaios III. wurde die Kultstätte wohl vernachlässigt oder zumindest nicht weiter ausgebaut, denn es wurden keine Inschriften nachfolgender Herrscher gefunden. Laut FAVARD-MEEKS dürfte der Tempel spätestens im 1. Jh. n. Chr. zerstört gewesen sein, da ein großer Reliefblock von dort in dem von Domitian errichteten Neubau des Iseum Campense in Rom wiederverwendet worden ist. 850 M. E. ist jedoch keineswegs klar, daß die Spolie bereits zu dieser Zeit nach Rom überführt worden ist; da das Iseum Campense noch länger als Kultstätte der Isis in Funktion war, könnte der Block durchaus auch erst zu einem späteren Zeitpunkt zu dessen Ausstattung hinzugefügt worden sein. Titel und Charakter der Isis von Behbeit Im Tempel von Behbeit stehen der Schutz und die feierliche Erneuerung des Osiris im Vordergrund des Kultes, was sich bereits an den Benennungen des Tempels als „Festhalle“ (@bj.t) oder „Ort des Niederlegens von Opfergaben“ (s.t wAH ix.t) ablesen läßt851 sowie an dem Grundriß des Tempels, der mit einem Komplex an Osiriskapellen ausgestattet war, die sich hinter dem Sanktuar (@w.t-sr, @w.t-rs-wDA und Pr-qA) sowie auf dem Dach (Annex des Pr-qA, @w.t-HmAg und NTrj) befanden. 852 Hierin zeigt sich eine deutliche Parallele zum Tempel von Philae,853 dessen Architektur auf die gleichen Bauherren zurückgeht. Ausführende der kultischen Handlungen sind ideell die übrigen Mitglieder der osirianischen Familie, Isis und Horus, die somit den Inschriften zufolge im Gegensatz zu Osiris eine aktive Rolle einnehmen.854 Diese Funktion der Isis wird unter anderem auch in der Barkenszene
846 FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 103; EAD., Constructions de Nectanébo II. 847 Behbeit el-Hagara, 8, SAE 63; 13, SAE 68, 57, 69 und 65; vgl. FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 104. Zu Osiris-Anedjti siehe EAD., Behbeit el-Hagara, S. 452–458; O. PERDU, Les métamorphoses d’Andjty, in: BSFE 159, 2004, S. 9–28. 848 Oder „weiblicher Horus“ (@r.t)? 849 Behbeit el-Hagara, 27–28, SAE 50–51; vgl. FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 106. 850 FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 104; vgl. EAD., Constructions de Nectanébo II, S. 104–105. Der Block (Rom 524) wurde bereits von G. FARINA, Minima, in: Sphinx 18, 1914–15, S. 67–69, richtig zugeordnet. Siehe zum Iseum Campense unten, Kap. 7.3.2.2.2. 851 Vgl. dazu FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 401–433; EAD., Temple of Behbeit, S. 102. Zu diesen Tempelnamen siehe auch oben. 852 Siehe den rekonstruierten Grundriß bei FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, Taf. 1. Zur genauen Bedeutung und Funktion der Kapellen im einzelnen ibid., S. 345–368. 853 Zur verwandten Funktion der Isis ggü. Osiris in Philae vgl. Kap. 4.1.2 und FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 427–433. 854 Vgl. FAVARD-MEEKS, Temple of Behbeit, S. 102 u. 105.
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Behbeit el-Hagar, Isisheiligtum
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im Sanktuar beschrieben.855 Neben ihrem lokalen Haupttitel „Herrin von Hebit“ verbindet sie noch ein weiteres Epitheton eng mit dem Tempel(namen) und zudem dem Kult des Osiris: Sie ist „die, die Opfergaben darbringt für ihren Bruder Osiris“ (wAH(.t) ix.t n sn=s Wsjr). 856 In der südlichen Osiriskapelle, dem „Hohen Haus“ (pr qA), erscheint Isis als kuhköpfige Achet unter weiteren tiergestaltigen Schutzgottheiten des Osiris als Hauptgöttin dieses Raumes.857 Wie im Tempel von Philae übt sie neben diesen Tätigkeiten für Osiris aber auch Handlungen gegenüber Horus bzw. dem König aus, indem sie diesem sein Erbe übereignet, sein Königtum verleiht oder bestätigt und damit die Kontinuität der legitimen Herrschaft garantiert.858 In dieser Funktion trägt sie den Titel nb.t iwa.t „Herrin des Erbes“,859 und besonders eindringlich führt die Einführungsszene des Königs seine Legitimation durch die Tempelherrin vor Augen.860 Die Hohlkehle an der Fassade des Sanktuars ist mit den ersten bekannten Kartuschen um die Haupttitel der Isis (As.t wr.t mw.t-nTr) dekoriert. 861 Diese alternieren mit denjenigen von Ptolemaios II. und stellen dessen Königtum damit deutlich sichtbar neben das der Göttin. Das Königtum bzw. die Allherrschaft und Urgötterschaft der Isis sowie ihre Beziehung zu Horus/Harpokrates dominieren im Inneren des Sanktuars, das ganz der Göttin geweiht scheint und wo Osiris in den Hintergrund tritt.862
855 Behbeit el-Hagara, 41–43, SAE 42, 133; s. o. 856 Z. B. Behbeit el-Hagara, 5–6, SAE 60–62, wo außerdem im nächsten Beinamen auch der Schutzaspekt betont wird: „der Schutz des großen Gottes in der Hemag-Kapelle“. Vgl. auch Behbeit el-Hagara, 86–87, SAE 227: „die Wasserspenderin, die Opfergaben darbringt für ihren Bruder, die Sängerin, die Gaben spendet für seinen Ka“. 857 Das „hohe Haus“ ist vom MR an gut belegt in Abydos und Theben und steht seit jeher in Verbindung mit Hathor als Kuh im Totenkult, vgl. FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 353–365, bes. 359–364 zu Achet; EAD., Temple of Behbeit, S. 109; MEEKS, Mythes et légendes, S. 287–288. Vgl. zu IsisAchet von Behbeit auch unten, Kap. 4.13.2. 858 Eine kurze Zusammenfassung des Charakters der Göttin in den Texten von Behbeit findet sich auch bereits bei G. ROEDER, Der Isistempel von Behbêt, in: ZÄS 46, 1909, S. 62–73: 71. 859 Bandeau-Inschrift des Soubassement an der Sanktuar-Fassade, Behbeit el-Hagara, 27–28, SAE 50– 51, s. o.; und Behbeit el-Hagara, 28–30, SAE 50–51, 184 und 240. 860 Behbeit el-Hagara, 28–30, SAE 50–51, 184 und 240. 861 Behbeit el-Hagar, 37, SAE 188, 189, 199 u. 212; vgl. dazu auch SAMBIN/CARLOTTI, Porte de fêtesed, S. 415. 862 Siehe die oben besprochenen Szenen Behbeit el-Hagara, 41–43, SAE 42, 133; und 44–45, SAE 37; vgl. zum Sanktuar auch FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagara, S. 339–343.
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176
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
4.5
Edfu, Horustempel
4.5.1
Kommentierte Übersetzung der Inschriften
4.5.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen, Götterlisten Götterlisten Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Edfu I, 138, 10–12 Edfu, Horustempel, 2. Westkapelle (Thron der Götter, E), Tür, rechte (südliche) Türlaibung CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes, S. 30, Doc. Nr. 16 1 Kolumne für den König (Ptolemaios VI.), 1 Kolumne mit der Angabe der Götter in der Kapelle.
Text: – Götterliste (138, 10–11): Wsjr As.t Hna Nb.t-Hw.t nb(.t) &p-iH Iwn-mw.t=f Osiris, Isis und Nephthys, die Herrin von Atfih, Iunmutef (Pfeiler seiner Mutter), Wp-wA.wt ^ma.w sxm tA.wj Upuaut von Oberägypten, der Mächtige der Beiden Länder, Wp-wA.wt [MHw … … Amstj @apj] _wA-mw.t=f QbH-sn.w=f Upuaut von [Unterägypten, … Amset, Hapi,] Duamutef, Kebehsenuef, ^nt(Ay).t MHr-X.t=s Htp.tw m xnt=f […] Schentait, Meherchetes863 ruhen an seiner Spitze […].864 Kommentar: Osiris und seine beiden Schwestern Isis und Nephthys werden als wichtigste Götter dieser Kapelle aufgezählt. Die beiden letzteren werden zusätzlich nochmals am Ende der Liste in ihren speziellen Formen als Schentait und Meherchetes genannt, die besonders häufig in Edfu vorkommen und die Funktion der Schwestern als Klagefrauen und Beschützerinnen des verstorbenen Osiris in den Vordergrund stellen.865 Im Falle von Schentait wird dies schon durch den Namen deutlich, der üblicherweise als „die Witwe“ übersetzt wird. 866 Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit den Wörtern Snj „trauern“ und Snj „Haar“,
863 Schentait und Meherchetes sind Formen der Isis und Nephthys als Schwestern, die sich um den verstorbenen Osiris kümmern, siehe zu beiden CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes; COULON, Sanctuaire de Chentayt, bes. S. 138; LGG VII, 105–107, und III, 325b–c; WILSON, Ptol. Lex., S. 1023–1024 und 440–441. Zu Schentait auch KUCHAREK, Klagelieder, Index, S. 742, s. v.; zu Meherchetes, ibid., S. 353. Zur Transliteration J. F. QUACK, Zum Lautwert von Gardiner Sign-List U23, in: LingAeg 11, 2003, S. 113–116. 864 Zu dieser Götterliste siehe auch QUACK, Götterliste, S. 215. 865 Siehe dazu CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes. 866 Wb IV, 518, 1–2; WILSON, Ptol. Lex., S. 1023–1024; LGG VII, 105–107.
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Edfu, Horustempel
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wenngleich die genaue Etymologie bisher nicht geklärt wurde.867 Während Schentait bereits seit der 19. Dyn. an den Osiris-Kultorten Abydos und Busiris belegt ist, wurde Meherchetes wohl erst nachträglich als Komplement zu dieser kreiert.868 Beide tauchen in Edfu immer wieder im Kontext der Osiris-Rituale (Stundenwachen, Sokar-Prozessionen, etc.) auf.869 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Edfu I, 176, 9–14 Edfu, Horustempel, 1. Sokarkapelle (G), Tür, rechte (westliche) Türlaibung CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes, S. 31, Doc. Nr. 17; CAUVILLE, Théologie d’Osiris, S. 3–4; 182, doc. 3 1 Kolumne für den König (Ptol. VI.), 2 über die Götter der Kapelle und ihre Funktion.
Text: – über Isis und Nephthys (176, 10–12): sn.tj=f Hna=f wD=sn sA(?)870=f Seine beiden Schwestern sind bei ihm, und sie befehlen seinen Schutz. As.t871 pw Hna Nb.t-Hw.t ^nt(Ay.t) pw Hna MHr-X.t=s Isis ist es zusammen mit Nephthys, Schentait ist es zusammen mit Meherchetes, Hr sqAj nfr.w n sn=sn (…) indem sie die Vollkommenheit ihres Bruders erhöhen (…). Kommentar: Die bereits angesprochenen Funktionen der Osirisschwestern Isis-Schentait und NephthysMeherchetes werden hier an der Tür der 1. Sokarkapelle, in der sie eine tragende Rolle spielen, näher ausgeführt.872 Die beiden Beinamen werden Isis und Nephthys hier explizit zugeschrieben. Im Anschluß wendet sich der Text anderen Göttern und Schutzgenien des Osiris zu.
867 Vgl. CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes, S. 21–22. Gegen eine direkte Ableitung von Snj spricht an sich das zusätzliche t bzw. tA im Wortstamm (Hinweis von J. F. QUACK). Andererseits gibt es immerhin neuägyptische Schreibungen von Snj „Haar“ sowie Snj „beschwören, einkreisen“ (einer weiteren möglichen Wurzel), die ein t enthalten, siehe Wb IV, 518. Der Name der Göttin ist ebenfalls nicht vor dem NR belegt. 868 Die Belege stammen laut LGG III, 325b–c, alle aus der griech.-röm. Zeit. 869 Siehe z. B. zu Schentait in den Stundenwachen PRIES, Stundenwachen, S. 41 u. 211. 870 Hieroglyphe eines stehenden Mannes der eine Schlange in der Hand hält. 871 Zur Schreibung des Namens der Isis mit einer Fisch-Hieroglyphe für s, siehe DERCHAIN-URTEL, Namen der Götter, S. 575. Allerdings führt sie nur spätere Schreibungen an, die enthalten, während hier geschrieben ist. Dennoch macht aufgrund des Zusammenhangs nur die Lesung als Isis einen Sinn, vgl. auch die Übersetzung von CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes, S. 31; EAD., Theologie d’Osiris, S. 3. 872 Vgl. CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes, S. 31, Doc. Nr. 17.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen Inhalt
Edfu II, 22–25 Edfu, Horustempel, Hypostyl (W), Tür, Innenseite, linker (östlicher) Türpfosten CAUVILLE, Théologie d’Osiris, S. 6–8 (teilweise) Dend. IX, 34–39 Opferlitanei für Götter der Kapellen.
Text: a. Götter der Kapelle Behedet (M): 22, (34): (n) @dd.t n N.t für Hededet und für Neith, b. Götter der Osiriskapelle Xnw n pr-Sty.t (F): 23, (96): (n) As.t m Mns.t für Isis in der Menset,873 23, (97): (n) ^ntAy.t für Schentait,874 23, (106): (n) As.t n Nb.t-Hw.t für Isis und für Nephthys, c. Götter der Kapellen des Beines/des Chons (J–K): 23–24, (116): (n) As.t @dd.t m Smy.t für Isis-Hededet im Umgang,875 d. Götter der Kapelle ‚Thron der Götter‘ (E):876 24, (142): (n) As.t PxA(.t) nb.t sS für Isis-Pechat,877 die Herrin der Schrift,878 24, (143): (n) N.t n As.t n Nb.t-Hw.t für Neith und für Isis und für Nephthys, 24, (146): (n) As.t Nb.t-Hw.t sA(.wt) nTr für Isis und Nephthys, die den Gott schützen, 25, (172): (n) As.t wHa(.t) für Isis-Skorpion,879
873 Ort bei Heliopolis, besonders Kultort von Schu und Tefnut, siehe Wb II, 88, 11–13. 874 Vgl. den Kommentar zur Götterliste Edfu I, 138, 10–12. Siehe zur Stelle CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes, S. 22 u. S. 30, Nr. 14. Auf der Südwand der ersten Sokarkammer wird das Inventar der osirianischen Kapellen wiederholt (Edfu I, 182, (37)). 875 Gemeint könnte einerseits der Couloir mystérieux sein, der Gang um das Sanktuar mit den Kapellen, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 1010; da es hier jedoch um die Gottheiten in den Chons-Kapellen geht (J– K), bezieht sich die Bezeichnung möglicherweise eher auf die hintere dieser Kapellen mit dem Namen Smy.t n @w.t-@r, siehe CAUVILLE, Essai, S. 65. Dies halte ich für umso wahrscheinlicher, als die nächstgenannte Göttin (117) in der Tat @w.t-@r m Smy.t @w.t-@r ist. 876 Vgl. die Inschrift an der Türlaibung dieser Kapelle: Edfu I, 138, 10–12, siehe unten. 877 Name für die Kobra, vgl. LGG III, 104c–105a; WILSON, Ptol. Lex., S. 365–366; Wb I, 544, 2; FAIRMAN, Ptolemaic Notes, S. 268–274. 878 Ob dieser Titel speziell mit der Isisform Pechat zusammenhängt oder eine gesonderte Epiklese der Isis darstellt, ist nicht ganz klar. Zu Isis(-Seschat) als Herrin der Schrift siehe BUDDE, Seschat, S. 163–169, speziell zur Stelle S. 166–167.
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Edfu, Horustempel
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25, (173):
(n) As.t wr(.t)-HkAw für Isis, die Zauberreiche, e. Götter der Stoffkammer (D): 25, (183): (n) @r As.t Nb.t-Hw.t n @w.t-@r für Horus, Isis, Nephthys und für Hathor, (…) Kommentar: Diese Opferliste mit den Göttern in den Kapellen des Couloir mystérieux von Edfu findet sich auch in Dendara an der entsprechenden Stelle.880 Isis ist in verschiedenen Kapellen mit mehreren ihrer für Edfu typischen Aspekte vertreten: in Form der beiden zaubermächtigen Skorpiongöttinnen Hededet und Isis-wHa.t, als Witwe und Schützerin des Osiris (Schentait) sowie als Uräusgöttin Pechat und Herrin der Schrift, was eine eher ungewöhnliche Kombination ist. Sämtliche genannten Aspekte beziehen sich vorrangig auf die Grundfunktion der Isis als Schützerin des Osiris; auch die implizite Verbindung mit Seschat kommt in Edfu typischerweise in diesem Kontext vor.881 Die in der Götterliste genannten Erscheinungsformen sind in den entsprechenden Kapellen jeweils in Ritualszenen und anderen Texten präsent. So sind beispielsweise Isis-Seschat (Herrin der Schrift) und Nephthys-Seschat zusammen mit Osiris und weiteren Gottheiten Empfänger eines Bieropfers im ‚Thron der Götter‘ (E).882 Hymnen an Hathor Quadrifrons in der Kapelle der Mehyt Text/Hauptpublikation Edfu I, 305, 17–306, 9; Tf. 30a Anbringungsort Edfu, Horustempel, Kapelle der Mehyt (BHd.t, M), innen, Westwand, Inschrift rechts (nördlich) der Tür Bibliographie GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 125–132; DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, S. 5–6 (Auszüge) Parallelen Dend. III, 174–175; Edfu IV, 72, 4–73, 2 (und zahlreiche kürzere Ausschnitte)883 Text: Kol. 1:
(Dd mdw jn) h(A) inj(.t) Htp.w (Rezitation:) Oh, die die Opfergaben bringt, sDfA(.t) tA.wj m Htp.w=s die die Beiden Länder mit ihren Opfergaben ernährt,
879 Mit WHa.t wird nach Hededet eine weitere Skorpiongöttin genannt, die in enger Verbindung mit Isis steht. Ihr Kultzentrum lag in Ra-Nefer in Unterägypten (14. u.äg. Gau, heute Tell Tebilleh), vgl. GOYON, Hededyt, S. 442–444. 880 Dend. IX, 34–39. 881 Vgl. BUDDE, Seschat, S. 166. 882 Edfu I, 151, 6–152, 3, siehe unten. 883 Siehe dazu GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 125–132.
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Kol. 2:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
BA.t (r)884 sxm.w Bat (weiblicher Ba), mehr als die göttlichen Mächte (die Ba-mächtiger ist als die göttlichen Mächte), wAD(.t) tA.wj xAx(.t) bA.w=s die die Beiden Länder gedeihen läßt,885 deren Gottesmacht eilig ist/erscheint, spd.t HkA.w nb(.t) pr-wr Hnw.t pr-nsr mit wirksamer Zauberkraft, die Herrin des Per-wer, die Gebieterin des Per-neser, xa(.tj) [m?]886 itn die erschienen ist [als?] Scheibe, Ax.t r sr.w=s die prachtvoller ist als ihre Fürsten, {Ax.t r sr.w=s}887 Htp(.t) @r=s qAj(.t) =f888 {die prachtvoller ist als ihre Fürsten,} die ihren Horus beruhigt, die seinen Ka erhöht, wn Hr=s m Ax.t iAb.t.t nj.t p.t deren Antlitz enthüllt wird889 am östlichen Horizont des Himmels, Haj irf psD.t m Ssp wsr.t indem auch die Neunheit jubelt beim Leuchten der Mächtigen,890 nDtj.t @r=s die ihren Horus schützt. rdj n=s nTr.w sxm.w die Götter haben ihr Macht gegeben,891 wnwn.n=s m tp n Ra als sie sich gewunden hat am Haupt des Re. Hnk m nfr.w=T Hnw.t=f ‚Spende von deinen Gütern, (oh) seine892 Gebieterin!
884 Vgl. die Parallelen; siehe auch GOYON, Le Rituel du sHtp %xmt, S. 126, Anm. 230. Eventuell aber hier auch als direkter Genitiv aufgefaßt: „Bat der göttlichen Mächte“. 885 GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 126, übersetzt „grünender Papyrus der Beiden Länder“. Vgl. aber die Parallele Edfu IV, 72, 4–73, 2, wo es heißt: wAD(.t) tA.wj m wAD=s (72, 6), was m. E. eine Deutung des ersten wAD als Verb (Partizip) wahrscheinlicher macht. 886 GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 126, ergänzt nb.t (wohl nach Philä I, 252, 2, wo jedoch die Göttin in der 2. Person angesprochen ist: xaj=T nb.t itn „du erscheinst, Herrin der Scheibe“). 887 Dittographie. 888 Ergänzungen nach GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 126 (dort ergänzt nach Dend. XI, 48, 15); jeweils Haplographie bei Suffix =s mit folgendem Kausativ s:. 889 GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 126, und DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, S. 5, ordnen diesen Satz dem vorigen Ausdruck unter und übersetzen: „…, wenn ihr Antlitz enthüllt ist…“. 890 GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 126, läßt mit „Die Mächtige…“ einen neuen Ausdruck beginnen. 891 Oder „Sistren“ (so GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 127)? Es steht jedoch kein darauf hinweisendes Determinativ. 892 Das Suffix 3. Pers. masc. sing. bezieht sich wohl auf den nachfolgend genannten König, als „dessen Gebieterin“ die Göttin häufiger im Ritual bezeichnet wird, vgl. GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 126 und 127, Anm. 234. Bereits in Kol. 3 wird sie wiederum so genannt, und dort ist der Bezug auf den König eindeutig.
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Edfu, Horustempel
Kol. 3:
Kol. 4:
181
nswt bjtj [(iwa n nTr.wj mnx.wj stp n PtH wsr kA Ra sxm anx Imn) Der König von Ober- und Unterägypten [(Erbe der Euergeten, erwählt von Ptah, Userkare, lebendes Abbild des Amun) (= Ptolemaios IV.), ntf wdn.w tx n nb(.t) sxm.w Er ist es, der den Rauschtrank opfert für die Herrin der göttlichen Mächte, wHm=f tx n @w.t-@r Hnw.t=f Er wiederholt die Trunkenheit für Hathor, seine Gebieterin. nfr.wj Hr=T Hnw.t=f m Hr.w ifd.w ip.w Oh, wie schön ist dein Gesicht, seine Gebieterin, mit diesen vier Gesichtern, Htp.n=T im (i)n psD.t in denen du dich niedergelassen hast (= in denen du ruhst)!‘, sagt die Neunheit,893 ntf wa n nTr.w=T 6 ‚Er ist einer deiner sechs894 Götter. Htp n=f @w.t-@r Hna Mögen ihm gnädig sein Hathor und imj.w-xt=s Htp=sn n=f die in ihrem Gefolge sind! Mögen sie ihm gnädig sein! nD Hr=k (sic!) sxm n nbw sHtp(.t) Ra m mrj=f Sei gegrüßt, Abbild(?)895 aus Gold, die Re zufriedenstellt mit dem, was er liebt, m prj(.w)=f n Ax.t (…) bei seinem Hervorkommen aus dem Horizont,896 (…)
Kommentar: Es folgen die Beschreibung der Handlung des Königs ggü. Hathor (Besänftigen) sowie die Wünsche für die Gegengabe der Göttin an den König. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Edfu I, 312, 13–313, 4 Edfu, Horustempel, Kapelle der Mehyt (BHd.t, M), innen, Westwand, Inschrift links (südlich) der Tür GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 132–134; DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, S. 6 (Auszüge); FLESSA, Fleisch des Pharao, S. 84–94; THEIS, Magie und Raum, S. 298–301 (Auszüge) pWien Aeg. 8426; pCarlsberg 646 vs.897 (Schutzritual)
893 GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 127, zieht diese Erläuterung als Einleitung vor den nächsten Satz („Die Neunheit sagt:…“). 894 Es müßte sich eigentlich um sieben Götter handeln, da die Gefährliche Göttin gewöhnlich von sieben Boten oder „Pfeilen“ begleitet wird, vgl. GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 127, Anm. 237. Es ist jedoch fraglich, ob diese hier überhaupt gemeint sind, wenn der König einer von ihnen sein soll. 895 Auch hier steht kein Determinativ hinter sxm, welches einen Hinweis auf die Bedeutung geben könnte. GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 127, übersetzt „Sistrum aus Gold“; DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, S. 6, „Abbild des Goldes“. 896 Zur Formulierung vgl. H. WILLEMS, Crime, Cult and Capital Punishment (Mo‘alla Inscription 8), in: JEA 76, 1990, S. 27–54: 29. 897 Der Papyrus ist in Bearbeitung durch S. TÖPFER.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
Kol. 3:
(Dd mdw jn) i nTr.tj ipw nj(.w)t @r (Rezitation:) Oh, diese beiden Göttinnen des Horus! h(A) WAD.tj ipw nj(.w)t @r He, diese beiden Utos des Horus! wa.t n.im=Tn r p.t wa.t n im=Tn r tA Eine (= ein Paar?)898 von euch gehört zum Himmel, eine von euch zur Erde,899 wa.t n.im=Tn r rsj wa.t n im=Tn r mHj.t eine von euch gehört zum Süden, eine von euch zum Norden, wa.t n.im=Tn eine von euch gehört r imn.t.t wa.t n.im=Tn r iAb.t.t zum Westen, eine von euch zum Osten, {s}a.t n.im=Tn m Xnw n nswt bjtj eine von euch ist im Inneren des Königs von Ober- und Unterägypten [(iwa n nTr.wj mnx.wj stp n PtH wsr kA Ra sxm anx Imn) [(Erbe der Euergeten, erwählt von Ptah, Userkare, lebendes Abbild des Amun) (= Ptolemaios IV.), k[.t] im=Tn HA=f m sA=f die andere von euch ist hinter ihm als sein Schutz, k.t im=Tn m sA s.t=f die eine von euch ist der Schutz seines Sitzes, k.t im=Tn m sA Hnk.t=f die andere von euch ist der Schutz seiner Schlafkammer, iw sjp-sw hrw n grH Ts pXr indem der Tag ihn der Nacht zuweist und umgekehrt (?).900 901 anx wDA snb , L.H.G., sA Ra [(Ptwlmys anx D.t mrj As.t) der Sohn des Re [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Isis): nHm=Tn-s(w) m-a ix.wt nb(.wt) Dw(.wt) r-Dr sp sn möget ihr ihn bewahren vor allen schlechten Dingen, allen, allen!
898 GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 132, bezieht wa.t auf jeweils eines der Paare, nicht auf eine einzelne Göttin. 899 Das r drückt eigentlich eine Richtung aus, so daß man eher übersetzen müßte: „Eine von euch ist für den/geht zum Himmel, eine von euch für die/zur Erde.“ 900 Zur Zuweisung an Zeiteinheiten vgl. bereits die Hymnen des Königs Antef Wah-anch auf der Stele New York, MMA 13.182.3 (siehe zum Text J. F. QUACK, Frühe Hymnen und Gebete an Re und Hathor, in: Janowski/Schwemer (Hrsg.), TUAT N. F. 7, S. 148–150: 148–149. FLESSA, Fleisch des Pharao, S. 84, übersetzt: „Er ist euch anvertraut Tag und Nacht und umgekehrt!“. ‚Euch‘ hat jedoch keine Basis im ägyptischen Text. Unklar auch bei THEIS, Magie und Raum, S. 299: „(…) nachdem man ihm (sic!) der Tag der Nacht (sic!) anvertraut hat, und umgekehrt.“ 901 Nach pWien Aeg. 8426, vgl. GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 133 (Synopse) und 134, Anm. 258.
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Edfu, Horustempel
Kol. 4:
183
@my.t @dd.t @my.t @w.t-@r Hr ix.wt=s Hemit, 902 Hededet, 903 Hemit, Hathor, die über ihre Sachen (Opferspeisen) (wacht?), h(A)w sp sn nn rdj(.w)=f (i)n=Tn Ssr spd.tw oh, oh, möge er nicht gegeben werden durch euch an den Pfeil, der spitz ist tp-a %xm.t nswt bjtj (…) in der Hand von Sachmet. Der König von Ober- und Unterägypten (…)904
Kommentar: Die beiden links und rechts der Tür der Kapelle angebrachten Hymnen richten sich an Hathor in ihrer Eigenschaft als „viergesichtige“ (Hr.w ifd.w) Göttin, als Hathor Quadrifrons.905 Aufgrund des im ersten Text (rechts von der Tür) angegebenen Zusammenhangs mit dem Opfer des Rauschtranks (tx) wurde zumindest dieser wohl anläßlich von Hathors Fest der Trunkenheit (tx) rezitiert.906 Dort wird die Göttin in der 1. Kolumne als machtvolle Garantin von Fruchtbarkeit und Spenderin der Gaben des Landes dargestellt. In der 2. Kolumne stehen ihr Charakter als Gestirnsgöttin, die am östlichen Horizont aufgeht, sowie ihre Schutzfunktion gegenüber Horus im Mittelpunkt. Letzterer wird dabei jeweils als „ihr Horus“ bezeichnet, so daß das genaue Verhältnis zwischen beiden nicht klar ist. Da sie ihn schützt und beruhigt, dürfte das Verhältnis Mutter – Sohn gemeint sein, womit Hathor hier die übliche Funktion der Isis (besonders in Edfu, wo Hathor in erster Linie Horus’ Partnerin ist) erfüllt, die sie jedoch häufig einnehmen kann.907 Die Präsentation der Hathor als Gestirnsgöttin deutet möglicherweise eine Identifikation mit Sothis an, die vielleicht auch in der Formulierung spd.t HkA.w in der 1. Kol. angedeutet ist.908 Auch die Bezeichnung als Uräusschlange des Re weist auf ihren Charakter als Sonnenauge und Gefährliche Göttin hin. Die viergesichtige Göttin wird überdies häufig mit Temet identifiziert, dem weiblichen Komplement des Schöpfers Atum.909 Diese wird üblicherweise durch eine Kobra verkörpert, deren Hauptfunktionen Fruchtbarkeit/Versorgung mit Nahrung und Schutz 910 sich auch in den beiden obigen Texten widerspiegeln: Während der erste besonders zu Beginn die Göttin immer wieder als Spenderin von Speisen etc. anspricht, widmet sich die zweite Hymne (links von der Tür) dem allseitigen Schutz des Königs und seiner Räumlichkeiten (Thronsitz, Schlafkammer) durch die Vierheit der Göttin, die hier in Gestalt von Uräusschlangen erscheint. 902 Ein seltener Göttinnenname, belegt nur in der gr.-röm. Zeit, vgl. Wb III, 82, 5; der Name ist wohl abgeleitet vom Verb Hmj „zurücktreiben“, siehe GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 134, Anm. 260. Es handelt sich offenbar um eine kriegerische/schützende Form von Hathor/Sachmet. 903 Zu Hededet siehe oben, Kap. 4.4.1.A, Anm. 798 zu Behbeit el-Hagara, 41–43, SAE 42, 133. 904 Es folgt die Angleichung des Königs an Sachmet. 905 Ausführlich zu dieser Form der Göttin: DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, bes. S. 5–6 zu den beiden Texten. 906 Vgl. GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 125. 907 Zu Hathor als (möglicherweise ursprüngliche) Mutter des (himmlischen) Horus siehe MÜNSTER, Isis, S. 122. 908 Üblicher wäre wr.t HkA.w; spd.t HkA.w ist vor allem in den Parallelen dieses Textes belegt, siehe LGG VI, 288c. Siehe zu dieser Stelle auch BORGHOUTS, Divine Intervention, S. 33. 909 Vgl. DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, S. 25–35. 910 DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, S. 34.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Die zahlreichen Parallelen von Teilen des ersten Textes integrieren diesen häufig in unterschiedliche Arten von Ritualszenen für Hathor, seltener auch Isis. Eine Parallelversion des Schutzrituals der zweiten Hymne ist zudem in dem Ritualpapyrus pWien Aeg. 8426 belegt, der eine Sammlung von Sprüchen zur Bewahrung des Pharao vor Gefahren enthält,911 sowie in einem weiteren Ritualpapyrus, pCarlsberg 646 vs.912 Eine Epithetareihe der Hathor am Tor zum Pronaos Text/Hauptpublikation Edfu III, 69, 17–70, 3; vgl. Taf. 56 Anbringungsort Edfu, Horustempel, Pronaos (C‘), Tor, Außenseite, linke (östliche) Türlaibung Bibliographie BUDDE, Götterkind, S. 12–14, Text 1 Parallelen Dend. VI, 2, 21–4, 6 Inhalt 1 Kolumne für den König (stark zerstört), 1 für Horus von Edfu und 1 für Hathor. Text: – Text Hathor (70, 1–3): Kol. 3: @w.t-@r nb(.t) Iwn.t ir.t Ra Hrj-ib BHd.t Hathor, die Herrin von Dendara, das Auge des Re, die in Edfu residiert, nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, bjk.t nTrj.t wDA.t m WTs.t-@r das göttliche Falkenweibchen im ‚Thronsitz des Horus‘ (Edfu), nfr(.t) Hr Hnw.t mnj.t die mit schönem Gesicht, die Gebieterin des Menit, BHd.tj.t m BHd.t Iwnj.t m Iwn.t Behedetit (‚die von Edfu‘) in Edfu, Iunit (‚die von Dendara‘) in Dendara, @w.t-@r m spA.t nb Hathor in jedem Gau,913 nb(.t) sxm HqA.t mnj.t sSS.t die Herrin des sxm-Sistrums,914 die Herrscherin des Menit und des sSS.t-Sistrums, aHa=tw wnSb n kA=s915 für deren Ka man das wnSb-Symbol916 aufstellt,
911 Edition FLESSA, Fleisch des Pharao; vgl. auch GOYON, Le Rituel du sHtp %xmt, S. 132. 912 Edition in Vorbereitung durch S. TÖPFER; kurze Bemerkungen dazu bereits bei J. F. QUACK, Die hieratischen und hieroglyphischen Papyri aus Tebtynis – ein Überblick, in: Ryholt (Hrsg.), Carlsberg Papyri 7, S. 1–7: 4–5. 913 Es handelt sich hierbei (ab Behedetit) um einen kleinen Ausschnitt aus der kulttopographischen Litanei, von der längere Versionen für Isis in Dendara belegt sind, vgl. z. B. Dend. Isis, 78, 16–79, 5, wo allerdings gerade Edfu nicht vorkommt. In den Parallelen im Hathor-Tempel von Dendara steht immer „Hededet in Edfu“ statt „Behedetit“, vgl. aber Philä I, 72, und Edfu VIII, 64, für „Behedetit“. Siehe auch die Synopse bei CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 20. 914 Ab hier Parallele zu Dend. VI, 2, 21–4, 6. 915 Die Parallele Dend. VI, 2, 21–4, 6, hat hier n Hm.t=s.
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Edfu, Horustempel
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nbj n=s &A-Tnn mDH n Dam für die Tatenen den Kranz aus Elektron herstellt,917 SAa=tw n=s pA mnw für die man zuerst den Menu-Krug hergestellt hat,918 mna.t nfr.t HqA(.t) Hw.t-wtT die vollkommene Amme, die Herrscherin des ‚Hauses des Erzeugens‘ (Mammisi),919 nb(.t) HD xwsj bxn.t n Hm=s die Herrin der Milch, für deren Majestät der Pylon erbaut wurde. Kommentar: Hathor wird mit einer auf die Nennung der lokal herausragenden Kultorte Edfu und Dendara stark abgekürzten Version der kulttopographischen Litanei als Göttin aller Gaue bezeichnet. Anschließend werden ihr in einer teilweisen Parallele zu einer langen BandeauInschrift für Isis-Hathor-Sothis in Dendara (Dend. VI, 2, 21–4, 6)920 ihre heiligen Kultobjekte zugeordnet.921 Zum Schluß wird sie mit den Tempelteilen Mammisi und Pylon bzw. „bxn.t-Gebäude“922 in Verbindung gebracht, wobei ihre konkrete Funktion nur für ersteres näher spezifiziert wird. Der erste Teil der Objekte steht in erster Linie in Verbindung mit den Ritualen zur Besänftigung der gefährlichen Göttin,923 der zweite Teil mit der Geburt des Götterkindes, Regeneration und der Übertragung des Erbes.924 Hymnen an Hathor(-Isis) im Hof Text/Hauptpublikation Edfu V, 332, 8–12 Anbringungsort Edfu, Horustempel, Hof, Süd-West-Durchgang (H‘–J‘ 1), Außenseite (= Westtor), rechte (südliche) Türlaibung Bibliographie ALLIOT, Culte d’Horus, S. 491
916 Siehe zu diesem Objekt und seiner Zeit-Symbolik WILSON, Ptol. Lex., S. 238–239; ausführliche Untersuchung von SAMBIN, Clepsydre. Andere Texte zeigen, daß Thoth als Akteur dieser Handlung gedacht war. 917 Diese Phrase ist in der Parallele Dend. VI, 2, 21–4, 6, weit an den Schluß des langen Textes geschoben und damit durch einen langen Einschub von den in Edfu direkt zuvor genannten Sequenzen abgetrennt. 918 Vgl. zur Lesung und zu dieser Aussage BUDDE, Götterkind, S. 13, Anm. 13. 919 Siehe zu dieser Bezeichnung für Mammisis: DAUMAS, Mammisis, S. 515. In LGG V, 546c, wird an dieser Stelle HqA.t Hw.t-wnSb gelesen. kann jedoch auch wtT gelesen werden, und die Deutung als Mammisi erscheint mir besonders in Hinblick auf das vorangehende sowie das folgende Epitheton sinnvoller. 920 Vgl. den dortigen Kommentar. 921 Siehe zu diesen F. DAUMAS, Les objets sacrés d’Hathor à Dendara, in: RdÉ 22, 1970, S. 63–78; ID., Les objets sacrés d’Hathor au temple de Dendara, in: BSFE 57, 1970, S. 7–18; und ausführlich BUDDE, Götterkind. 922 Zur umfangreichen Symbolik des bxn.t-Gebäudes (Pylon, Tor, Geburtsstätte) siehe BUDDE, Götterkind, bes. S. 304–343. 923 In diesen Kontext gehört auch die komplementäre Inschrift für Hathor in der gegenüberliegenden (westlichen) Türlaibung (Edfu III, 68, 9–11). 924 Siehe BUDDE, Götterkind, S. 14, und 304–406 zur Interpretation der heiligen Symbole.
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186 Text: Kol. 1:
Kol. 2:
Kol. 3:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
(Dd mdw jn) i wbn.t Iwnj.t aSA(.t) Xkr.w (Rezitation:) Oh, Aufgehende, Iunit, reich Geschmückte, mH.n=s tA.wj m nfr.w=s sie (sic!) hat die Beiden Länder mit ihrer Vollkommenheit erfüllt! hj n=T nbw.t Hnw.t wa.t nj.t nb-Dr D.t=f Jubel für dich, Goldene, Gebieterin, Einzigartige des Allherrn selbst, StA.t msj(.t) nTr.w [… … … … …] Geheime,925 die die Götter gebiert926 […] sA.t=s(?) imA.t prj(.t) m Ra ihre Tochter (?), die Liebliche, die aus Re hervorgekommen ist, Ts(.t) aw.t qmA(.t).n ib=s die das Vieh erschafft, welches ihr Herz ersonnen hat,927 qd(.t) rmT.w irj(.t) ix.wt nb(.wt) die die Menschen bildet, die alle Dinge/Opfergaben macht, wp(.t) Sa sxpr(.t) wAD die den Sand öffnet und die Vegetation entstehen läßt, saSA xpr nb im=s die alles, was aus ihr entstanden ist, vermehrt, mw.t ?[… … …] die Mutter […], prj iwa=s r Ts tA.wj deren Erbe hervorkommt, um die Beiden Länder zu regieren, nb(.t) psD sxr(.t)928 kkw die Herrin des Lichtes, die die Dunkelheit vertreibt, sSp(.t) ir.t nb(.t) m stw.t=s die jedes Auge (= jedermann) erleuchtet mit ihren Strahlen, ij Hapj Xr xtm=s unter deren Siegel (= auf deren Anordnung) die Überschwemmung kommt, Sm TAw.w m wD.t=s auf deren Befehl die Winde wehen. Htp Hr=T nfr n sA Ra [(Ptwlmys anx D.t mrj As.t) Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem Sohn des Re [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Isis) (= Ptolemaios XII.)!
925 Ein Beiname der Nechbet von Elkab, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 1037–1038. 926 Vgl. zu diesem Epitheton Assuan-Hymne 1, wo es heißt, daß alle Götter aus dem Leib der Isis hervorgingen und sie ihnen Leben gibt. 927 Vgl. zu dieser Phrase Philae-Hymne 4. 928 Die Zeichenanordnung der Worte psD und sxr(.t) ist etwas wirr.
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Edfu, Horustempel
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
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Edfu V, 332, 14–333, 2 Edfu, Horustempel, Hof, Süd-West-Durchgang (H‘–J‘ 1), Außenseite (= Westtor), linke (nördliche) Türlaibung ALLIOT, Culte d’Horus, S. 491; EL-SAYED, Neith II, S. 608, Doc. 983; A. GUTBUB, Jeux de signes dans quelques inscriptions des grands temples de Dendérah et d’Edfou, in: BIFAO 52, 1953, S. 82, i) (nur teilweise); GOYON, Hededyt, S. 450– 451 (nur teilweise)
(Dd mdw jn) nD Hr=T wr.t aSA(.t) rn.w (Rezitation:) Sei gegrüßt, Große mit zahlreichen Namen, [dg]A(?)929 nTr nb im=s durch die jeder Gott [sieht?], mw.t-nTr nTr.w930 prj=sn im=s m rn=s [pfj]931 n Mw.t die Gottesmutter der Götter, aus der sie hervorkommen932 in jenem ihrem Namen Mut,933 s.t Ra prj.n=f Hr a.wj=s m rn=s pfj n As.t der Sitz des Re, auf deren Armen er aufgegangen ist in jenem ihrem Namen [email protected] sA.t Ra Hededet, Tochter des Re,934 tf.n=f m rA=f m rn=s pfj [n &]fn.t die er ausgespien hat aus seinem Mund in jenem ihrem Namen Tefnut, n.t=f prj(.t)=s n/m xnt=s m rn=s pfj n N.t seine rote Krone, aus deren Vorderseite sie hervorkommt in jenem ihrem Namen Neith,935
929 Vgl. zu dieser (unsicheren) Ergänzung LGG VII, 577b. ALLIOT, Culte d’Horus, S. 491, und ihm nachfolgend EL-SAYED, Neith, S. 608, ergänzen sHtp, mißachten jedoch das auf die Lücke folgende Zeichen , welches in Edfu V, 332, 14, angegeben, in ALLIOT’s Transkription jedoch unterschlagen wird. Auch würde dessen Übersetzung „durch die jeder Gott besänftigt ist“ m. E. keinen Sinn machen, da es für gewöhnlich ja im Gegenteil die Göttin ist, die die Besänftigung nötig hat. 930 Die drei Worte werden von ALLIOT, Culte d’Horus, S. 491, und EL-SAYED, Neith, S. 608, ignoriert bzw. falsch übersetzt („(Oh du), aus der die Götter hervorkommen“). 931 Vgl. die folgenden Sätze. 932 Vgl. zu diesem Konzept den vorangehenden, komplementären Text Edfu V, 332, 8–12, und AssuanHymne 1. 933 ALLIOT, Culte d’Horus, S. 491, und EL-SAYED, Neith, S. 608, ziehen fälschlich das nächste Wort hinzu und lesen „Mut-Isis“. Damit würde die folgende Namensformel keinen Sinn ergeben; außerdem ist s.t mit Haus-Determinativ geschrieben. 934 Zu dieser Stelle siehe auch GOYON, Hededyt, S. 451. Von ALLIOT, Culte d’Horus, S. 491, und ELSAYED, Neith, S. 608, wiederum mißverstanden („…in jenem deinem Namen Isis! Oh %rq.t-Htw, oh Tochter des Re…“). 935 Auch dieses Wortspiel wurde nicht erkannt von ALLIOT, Culte d’Horus, S. 491, und EL-SAYED, Neith, S. 608, die beide übersetzen: „Oh Neith, die in ihrer Barke erscheint in jenem ihrem Namen Mut“. Der Geier kann auch für n stehen, und im Zusammenhang ist Neith weitaus wahrscheinlicher als Mut, die bereits zu Beginn des Textes vorkommt. Zur engen Verbindung zwischen der roten unterägyptischen Krone und Neith, siehe EL-SAYED, Neith, S. 92–99; WILSON, Ptol. Lex., S. 554; zu
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 3:
nr.t936 Sps(.t) qnb(.t) snTy.w=s m rn=s pfj n Nxb.t die edle Geierin, die ihre Rebellen fesselt in jenem ihrem Namen Nechbet,937 nb.t gmj(.t) ib sxm(.t) m smAwtj.w=s m rn=s pfj n %xm.t die Herrin des Findens des Herzens,938 die über ihre Gegnerschaft939 triumphiert in jenem ihrem Namen Sachmet. Htp Hr=T nfr n nswt bjtj Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten, nb tA.wj [(iwa nTr.wj mnx.wj stp n PtH irj mAa.t Ra sxm anx Imn) dem Herrn der Beiden Länder [(Erbe der Euergeten, erwählt von Ptah, der die Maat des Re verwirklicht, das lebende Abbild des Amun) (= Ptolemaios XII.)!
Kommentar: Der südwestliche Seiteneingang zum Hof befindet sich nur leicht versetzt neben dem Bereich, der Hathor von Dendara und Isis gewidmet ist und den festlichen Einzug von Hathor in Edfu beim Fest von Behedet im Monat Epiphi thematisiert, wie die Säulen 7 und 8 beider Seiten des Hofes zeigen. 940 So werden wohl diese beiden Göttinnen in den Hymnen der Türlaibungen gepriesen, wobei sie aber nicht eindeutig voneinander getrennt werden, und außerdem nur indirekt, nicht mit ihren Eigennamen, genannt sind. Die rechte (südliche) Inschrift läßt dennoch durchblicken, daß der Schwerpunkt auf Hathor liegt, die unter anderem als Iunit („die von Dendara“) und „Goldene“ angesprochen wird (Kol. 1) – beides typische Beinamen der Hathor. Ihre töchterliche Beziehung zu Re, dem Allherrn, wird betont (Kol. 1–2), und ihr Wesen ausführlich als das einer solaren Schöpfergottheit beschrieben, die die Fruchtbarkeit des Landes hervorbringt (Kol. 2–3). Es fallen aber auch Charakteristika auf, die eher Isis zuzuschreiben sind: Der Kontext der Stelle, an der die Göttin als „Mutter“ bezeichnet wird, ist zwar zerstört (Kol. 2), doch gleich danach heißt es, daß „ihr Erbe hervorkommt, um die Beiden Länder zu regieren“, was nur Horus meinen kann. Die linke (nördliche) Hymne ist an die „Große mit zahlreichen Namen“941 adressiert, was in den folgenden Sätzen durch die Identifikation mit verschiedenen Göttinnen über die
936
937 938 939 940 941
Neith als Uräusschlange (hier ausgedrückt durch: „aus deren Vorderseite sie hervorkommt“) ELSAYED, Neith, S. 71–72. Diese Lesung ist m. E. sehr wahrscheinlich, zumal es zahlreiche Parallelen für die Bezeichnung nr.t Sps.t gibt, siehe LGG IV, 253b–c, und nr.t dem „Nechbet“ am Ende der Formel zumindest einigermaßen ähnlich ist, um ein Wortspiel zu konstruieren. ALLIOT, Culte d’Horus, S. 491, und EL-SAYED, Neith, S. 608, lesen „edle Mutter“. Hier gerät die Klarheit der vorigen Wortspiele etwas aus den Fugen, falls kein Fehler in der Lesung vorliegt. So wird auch die Chronokratorin des I. Smw 14 bezeichnet, siehe LGG IV, 151c–152a. smAwtj.w bezeichnet meist die Genossen des Seth, besonders in Edfu, siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 842–843. Siehe unten, zu den Szenen Edfu V, 226, 13–227, 9, und Edfu V, 278, 7–17. Vgl. ALLIOT, Culte d’Horus, S. 490; CAUVILLE, Essai, S. 154–155, und das Schema auf S. 159; EAD., Fêtes d’Hathor, S. 64. Zum Behedet-Fest siehe NAGEL, Behedet-Fest. Dieses Epitheton ist für diverse Göttinnen belegt, LGG II, 225. Speziell zu Isis (und besonders griechischen Entsprechungen) siehe BRICAULT, Isis Myrionyme. Es gibt einen frühen Beleg des ägyptischen Beinamens für Isis in dem vor Kurzem publizierten Grab der Maïa (18. Dyn.), vgl. unten, Kap. 4.12.1: aSA(.t) rn.w m njw.wt spA.wt „mit zahlreichen Namen in den Städten und Gauen“ (ZIVIE,
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Edfu, Horustempel
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Namensformel mit den charakteristischen Wortspielen näher ausgeführt wird. 942 Hathor wird allerdings überhaupt nicht erwähnt, statt dessen Mut, Isis-Hededet, Tefnut, Neith, Nechbet und Sachmet. Angesprochen wird also eine Universalgöttin in ihren diversen Formen; es ist anzunehmen, daß letztlich Isis-Hathor gemeint ist. 943 Wie in der gegenüberliegenden Inschrift wird auch hier ihre Verbindung zum Sonnengott deutlich; (Isis-)Hededet ist schon in den frühesten Belegen „Tochter des Re“,944 und alle genannten Göttinnen können das Sonnenauge verkörpern, dessen gefährlicher und kämpferischer Charakter in den letzten beiden Formeln des Textes evoziert wird. In einer Szene in der Kapelle Behedet (M) wird Isis-Hededet außerdem als Tochter von Tefnut – mit der sie hier im Text gleichgesetzt ist – und Schu bezeichnet.945 Die Vorstellung, daß die Sonne auf den Armen der Isis (und der Nephthys) aufgeht, findet sich häufiger und wird durch die geläufige Schreibung für dwAw auch bildlich umgesetzt.946 Das Wortspiel zwischen As.t „Isis“ und s.t „Sitz, Thron“ wird ebenfalls gerne in den gr.-röm. Tempeltexten, besonders eben im Hymnus mit der Namensformel, verwendet.947 Auf der Innenseite des Süd-West-Durchgangs, also am östlichen Tor, sind die Türlaibungen ebenfalls mit Hymnen dekoriert, die sich jedoch auf Hathor allein und die Beschreibung der Festfreude anläßlich ihrer Zusammenkunft mit Horus beschränken.948
942 943
944 945
946 947 948
Tombe de Maïa, Taf. 33), siehe auch QUACK, Irrungen, Wirrungen, S. 449. BRICAULT war dieser Beleg noch nicht bekannt, weshalb er loc. cit., S. 68, konstatierte, daß Isis erstmals in ptolemäischer Zeit so genannt worden sei. Zur Hymne mit Namensformel siehe z. B. ASSMANN, Hymnen und Gebete, pp. 17–18. Vgl. auch Assuan-Hymne 5 u. a. So auch GOYON, Hededyt, S. 450; ALLIOT, Culte d’Horus, S. 490, versteht die Texte als Begrüßungshymnen für die im Tempel angelangte Hathor. Es gibt jedoch im Gegensatz zu den Inschriften auf der Hofseite des Durchganges (siehe unten im Kommentar) keine einzige deutliche Anspielung auf das Fest. Siehe GOYON, Hededyt, S. 446–448; 451 zur Stelle. Vgl. dazu auch das Spiegelopfer für Isis-Hededet an der Hofwand Edfu V, 77, 8–17 (und sein Pendant für Isis von Dendara Edfu V, 173, 10–174, 4), siehe unten. „Isis-Hededet in Edfu, die Edle und Mächtige, die im Thronsitz des Horus residiert, Tochter des Schu, die von Tefnut geboren wurde, Königsgemahlin des Osiris.“ Edfu I, 315, 15–16, vgl. GOYON, Hededyt, S. 450, Anm. 7. Dagegen wird in einer Szene im Zentralen Vestibül (N) auch für Isis-Hededet die traditionelle Isis-Filiation angegeben: „Isis-Hededet von Edfu, die Königsgemahlin des Königs von Ober- und Unterägypten, die edle Prinzessin, die Große ihres Vaters Geb, die Edle ihrer Mutter Nut.“ (Edfu I, 384, 5). Vgl. z. B. die Hymne Deir Chelouit III, Nr. 157. Z. B. Deir Chelouit III, Nr. 137; Nr. 155. Edfu V, 336, 5–9, und 336, 11–337, 2; Übersetzung bei ALLIOT, Culte d’Horus, S. 492–493.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Eine Anrufung an Horus an der Umfassungsmauer mit Lob der Hathor-Isis Text/Hauptpublikation Edfu VI, 269, 14–274, 7; Taf. 154 Anbringungsort Edfu, Umfassungsmauer, Innenseite, Nordwand, 1. Reg., 3. Szene v. l. Bibliographie ALLIOT, Culte d’Horus, S. 620–632; VAN DEN HOVEN, Couronnement Inhalt der Szene Der lebende Falke erhält die Attribute des Königtums durch Horus-Re von Edfu und Götter der Neunheit.949 Der lebende Falke auf seinem srx ist zum Inneren des Tempels hingewendet, vor ihm steht die Triade von Edfu: Horus, Hathor und Harsomtus-Ihi. Hinter ihm steht der König (nur als Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Ptah, bezeichnet), begleitet von der Königin (eine Kleopatra). Er überreicht dem Falken, und gleichzeitig Horus v. Edfu ein HH-Symbol und einen anxBlumenstrauß. In den zur Szene gehörigen Hymnen ist davon die Rede, daß verschiedene Götter (Horus v. Edfu, Hathor v. Dendara, Atum) dem Falken diese Blumensträuße darreichen,950 was allerdings nicht bildlich dargestellt ist. Text: – Anrufung an Horus, Abschnitt Hathor (272, 11–273, 3): mn n=k anx n mw.t=k wsr.t Nimm dir den Blumenstrauß von deiner Mutter, der Mächtigen, @w.t-@r wr.t nb(.t) Iwn.t von Hathor, der Großen, der Herrin von Dendara! Hsj=s tw=k mrj=s tw=k swAH=s tw=k Sie lobt dich, sie liebt dich, sie läßt dich gedeihen, sxr=s xftj.w=k nb(.w) m mwt m anx sie fällt alle deine Feinde, (sowohl) als Tote (als auch) als Lebende, dj=s Sfj.t{nb} xr TAj.w mrw.t=k xr Hm.wt sie gibt dein Ansehen unter die Männer und deine Beliebtheit unter die Frauen, dj=s n=k anx snb rnpj=s Ha.w=k n mA(w.t) sie gibt dir Leben und Gesundheit, sie verjüngt deine Glieder aufs Neue, dj=s n=k ^ma.w MHw sie gibt dir Oberägypten und Unterägypten, Hwj{t}=s n=k smA.yt=k sie schlägt für dich deine feindliche Bande (= die Bande des Seth), dj=s n=k Aw(.t)-ib n sn=s Wsjr sie gibt dir die Herzensfreude ihres Bruders Osiris,
949 Vgl. ALLIOT, Culte d’Horus, S. 620–621. 950 Vgl. ALLIOT, Culte d’Horus, S. 624–637, mit Übersetzungen; VAN DEN HOVEN, Couronnement, S. 190–191.
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Edfu, Horustempel
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HqA=s n=k ns.t=f m mAa xrw sie hat für dich die Herrschaft über seinen Thron ergriffen, in Rechtfertigung/im Triumph, dj=s n=k tA.wj n sA=s @r sie gibt dir die Beiden Länder ihres Sohnes Horus, rdj=s n=f m MHw die sie ihm gegeben hat, als Unterägypten. Dd=tw r=k m xnw n &A-mrj [email protected] m wHm Man sagt zu dir innerhalb von Ägypten: Re-Harachte, in Wiederholung. p(A) aXm pA bjk anx Oh, Falkenbildnis, oh lebender Falke! iw @w.t-@r [wr.t nb.t Iwn.t] m sA n Ha.w=k Hathor, die Große, die Herrin von Dendara, ist der Schutz deiner Glieder psD.t=s Hr dr xftj.w=k und ihre Neunheit vertreibt deine Feinde. Kommentar: Hathor geht hier ganz in der üblicherweise der Isis zugeschriebenen Rolle der Mutter des Horus auf. Da der Text eine von mehreren Anrufungen an Horus anläßlich seines Festes am 1. Tybi bildet, steht nicht wirklich Hathor, sondern Horus im Mittelpunkt und demzufolge werden die Leistungen der Göttin ihm gegenüber aufgezählt: Sie ist seine liebende Mutter, die seine Feinde bekämpft, ihn somit beschützt, für sein Wohlergehen sorgt, und vor allem: ihm als Königsmacherin das königliche Erbe seines Vaters Osiris vermittelt. 4.5.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. Szenen im Haupttempel Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu I, 144, 5–145, 3; Taf. 22b Edfu, Horustempel, 2. Westkapelle (Thron der Götter, E), Südwand, 2. Reg., große Szene CAUVILLE, Théologie d’Osiris, S. 75–77 Der König (Ptolemaios IV.) opfert Wein vor den thronenden Göttern Re-Harachte, Schu, Tefnut, Osiris, Isis und Nephthys.
Text: – Beischrift Isis (144, 16–17): (Dd mdw jn) As.t xwj(.t) nTr m BHd.t (Rezitation durch) Isis, die den Gott beschirmt in Edfu, mkj(.t) Iwn m @w.t-bjk die ‚den Pfeiler‘ (= Osiris)951 schützt im ‚Haus des Falken‘ (= Edfu),952
951 Zu Iwn als Beiname des verstorbenen, sich regenerierenden Osiris vgl. Wb I, 53, 19–20; WILSON, Ptol. Lex., S. 51–52; LGG I, 193c–194; HUSSON, Offrande du miroir, S. 84, Anm. 8. 952 Siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 628–629.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Dsr(.t) Hrj-nmj.t xnt StAy.t=f die den, der auf der Liege ist, heiligt an der Spitze seines Schetit-Heiligtums, srsj(.t) Hm=f m iAkb=s die seine Majestät aufweckt mit ihren Klagen. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu I, 148, 16–149, 19; Taf. 22a Edfu, Horustempel, 2. Westkapelle (Thron der Götter, E), Nordwand, 1. Reg., große Szene CAUVILLE, Théologie d’Osiris, S. 71–73 Der König (Ptolemaios IV.) überreicht zwei Uräen an Horus von Edfu, dahinter thronen Isis, Osiris, eine weitere Isis und Nephthys, der ehrwürdige Bock und Djaret.
Text: – Beischrift der 1. Isis (149, 6–7): (Dd mdw jn) As.t wr.t-HkA.w rx(.t) rA=s (Rezitation durch) Isis, die Zaubermächtige, die ihren Ausspruch kennt, Ax(.t) DAjs.w mnx(.t) sS(.w) mit wirksamen Sprüchen, mit vortrefflichen Schriften, smn iwa=s r HqA psS.tj die ihren Erben fest einsetzt zum Herrscher der Beiden Hälften (= Ägypten), dj(.t) @r Hr s.t it=f die Horus auf den Sitz seines Vaters setzt. – Beischrift der 2. Isis (149, 10–11): (Dd mdw jn) As.t sA nTr m BHd.t (Rezitation durch) Isis, der Schutz des Gottes in Edfu, sAw(.t) Wsjr m s.t wr.t die Wächterin des Osiris am Großen Sitz (Edfu),953 Ax.t wr.t swDA hy=s die große Wirkmächtige, die ihren Gatten wohlbehalten sein läßt, nTr.t mkj(.t) sA=s die Göttin, die ihren Sohn beschützt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu I, 151, 6–152, 3; Taf. 22a Edfu, Horustempel, 2. Westkapelle (Thron der Götter, E), Nordwand, 2. Reg., große Szene CAUVILLE, Théologie d’Osiris, S. 73–75 Der König (Ptolemaios IV.) opfert Bier für Osiris, hinter dem Isis, Nephthys, Geb, Nut und Haroeris thronen.
953 Siehe zu diesem Begriff WILSON, Ptol. Lex., S. 948–949.
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Edfu, Horustempel
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Text: – Beischrift der Isis (151, 11–12): (Dd mdw jn) As.t PxA.t nb(.t) sS (Rezitation durch) Isis-Pachet,954 die Herrin der Schrift, %SA.t wr.t Hnw.t pr-mDA.t Seschat, die Große, die Gebieterin des Hauses der Schriftrollen, pxA(.t) ib irj(.t) nb.tj m ib=s die mit freudigem Herzen, die das Nebti-Bier braut nach ihrer Herzenslust, qmA(.t) Dsr.t m rA-a.wj=s die das Djeseret-Bier955 herstellt durch ihr Werk. Kommentar: Die Kapelle „Thron der Götter“ thematisiert die königliche Investitur des Horus als Pendant zum „Thron des Re“, wo dem König seine Herrschaft durch Re-Horus übermittelt wird.956 In diesen drei Szenen der Nord- und Südwand des „Throns der Götter“, von denen Edfu I, 144, 5–145, 3 und Edfu I, 151, 6–152, 3 sich gegenüberliegen, wird Isis daher in erster Linie (besonders in den beiden ersten Szenen) über ihre Rolle innerhalb der osirianischen Familie definiert, d. h. ihre Handlungen gegenüber Osiris und Horus werden beschrieben. In der Szene im 2. Reg. der Südwand ist Isis zusammen mit Osiris und Nephthys dargestellt: In diesem Kontext ist ihre Aufgabe wie üblich der Schutz und das Beklagen ihres Bruders und Gatten. Das 1. Reg. der Nordwand stellt Isis zweimal dar: einmal als zaubermächtige Schützerin direkt hinter Horus, den sie im Sinne des dargestellten Rituals (Überreichen der Uräen = Königtum über die Beiden Länder) als ihren Erben auf dem Thron einsetzt; zweitens wiederum zusammen mit Osiris und Nephthys, wobei sie als Schützerin von Osiris und seines Sohnes bezeichnet wird. Die Szene im 2. Reg. der Nordwand ergänzt mit dem Bieropfer das Weinopfer der gegenüberliegenden Szene – beide sind Elemente der Krönungsriten957 –, doch sind die Epitheta der Isis hier stärker auf die Ritualhandlung selbst und weniger direkt auf Osiris und Horus bezogen. Indem sie als Schöpferin des Bieres bezeichnet wird, das in dieser Szene überreicht wird und zum Krönungsritus gehört, ist der Bezug jedoch indirekt hergestellt.958 Des weiteren ist Isis hier als Mitglied der heliopolitanischen Neunheit anzusehen, die durch die Götter (ohne Seth) in den beiden korrespondierenden Szenen dargestellt wird: Re-Harachte (für Atum), Schu und Tefnut, Geb und Nut, Osiris, Isis und Nephthys und Haroeris Chenti-irti.959 Durch deren Präsenz wird die Recht954 Eine Bezeichnung der Uräusschlange, siehe dazu LGG III, 104c–105a; Wb I, 544, 2; WILSON, Ptol. Lex., S. 365–366; FAIRMAN, Ptolemaic Notes, S. 268–274. Vgl. die Götterliste für diese Kapelle, Edfu II, 24, (142), siehe oben. 955 Zu den verschiedenen Bier-Sorten siehe Helck, Bier, S. 18–19; H. W. Fairman, Some Unrecorded Ptolemaic Words, in: ZÄS 91, 1964, S. 4–11: 7; B. Abadir, ©sr(t). The Plant and the Drink, in: DE 45, 1999, S. 7–22. 956 CAUVILLE, Essai, S. 36; eine ausführliche Studie dieses Raumes bietet F. LÖFFLER, Der „Thron der Götter“ im Tempel von Edfu – ein Überblick, in: Baumann/Kockelmann (Hrsg.), Tempel als ritueller Raum, S. 307–349. 957 Vgl. CAUVILLE, Essai, S. 32. 958 Siehe außerdem zur speziellen Verbindung des Bieres zu Osiris HELCK, Bier, S. 89. 959 Vgl. CAUVILLE, Essai, S. 32.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
mäßigkeit der königlichen Erbfolge (hier Re-Harachte – Schu – Geb – Osiris – Haroeris/König) zusätzlich betont. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu II, 82, 15–83, 6 Edfu, Horustempel, 2. Hypostylsaal (W), Ostwand, 4. Reg., 5. Szene v. l. – Der König (Ptolemaios IV.) stellt das Kohlenbecken auf960 für seine Mutter Isis.
Text: – Beischrift der Isis (83, 3–4): (Dd mdw jn) As.t @dd.t Hrj(.t)-ib WTs.t-@r (Rezitation durch) Isis-Hededet, die im Thronsitz des Horus (Edfu) residiert, Sps.t wsr.t m s.t wr.t die Edle und Mächtige am Großen Sitz, Ray.t wr.t m s.t nj.t it=s die große Rat (Sonnengöttin) am Sitz ihres Vaters, HqA.t m Hw.t-nTr sA=s die Herrscherin im Tempel ihres Sohnes. – Göttliche Randzeile (83, 5–6): wnn nbw.t Hr Dsr @r=s @w.t-@r Hr mkj @r=s Es ist die Goldene beim Erhöhen ihres Horus, Hathor beim Beschirmen ihres Horus, sw m wr.t-HkA.w irj.t-HA.t n aHA.t=f (denn) sie ist die Zauberreiche, die Steuerfrau seines Kriegsschiffes, Hr smn ib=f Hr smA xftj.w=f indem sie sein Herz festigt, indem sie seine Feinde tötet. Kommentar: Isis-Hededet ist in dieser Szene eng mit Hathor synkretisiert, die besonders in der Randzeile durch die Nennung ihres Namens und ihres häufigen Epithetons „die Goldene“ evoziert wird. Doch auch in der Beischrift dürften die Worte „große Rat am Sitz ihres Vaters“ eine Anspielung auf Hathor enthalten. Mit dem Vater ist in diesem Kontext sicherlich Re bzw. die solare Form des Horus (Behedeti) gemeint.961 Somit wird in der Begleitinschrift der Isis-Hededet(-Hathor), die den lokalen Bezug der Gottheit durch die Nennung verschiedener Tempelbezeichnungen herstellt, der Tempelherr gleichzeitig als Vater und Sohn zu ihr in Beziehung gesetzt. Die göttliche Randzeile hingegen widmet sich ganz der kriegerischen Schutzfunktion der Isis gegenüber ihrem Sohn, welche hier namentlich von Hathor übernommen wird. Die Eigenschaft als Steuerfrau seines Kriegsschiffes ergibt sich wahrscheinlich aus der Kombination dieser Schutzfunktion mit der bekannten Rolle der Isis als „zau960 Zu diesem Szenentypus siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 175–176; H. BEINLICH, Handbuch der Szenentitel in den Tempeln der griechisch-römischen Zeit Ägyptens, Teil 1, SRaT 3,1, Dettelbach 2008, S. 107–109. 961 Vgl. die Bezeichnung des Tempels als s.t Ra, WILSON, Ptol. Lex., S. 950.
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Edfu, Horustempel
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berreiche“, Apophis abwehrende Uräusschlange am Bug der Sonnenbarke. Um Horus im Kampf zu unterstützen, verwandelt sie sich weiteren Edfu-Texten zufolge sogar selbst in ein Kampfschiff: „die ihren Leib geheim machte in ihrer Rolle als Kampfschiff, die ihren Horus als Harpunierer auf den Knien trug“ bzw. „seine Mutter verwandelte sich in ein Kampfschiff unter ihm, um seinen Leib vor seinen Feinden zu schützen“.962 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu III, 171, 16–172, 8; Taf. 63 Edfu, Horustempel, Pronaos (C‘), linke Hälfte, Ostwand, 2. Reg., 3. Szene v. l. DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, S. 10 (Auszüge) Der König (Ptolemaios VIII.) reicht ein Salbgefäß mit Myrrhe an Isis-Hathor.
Text: – Beischrift der Isis (172, 5–7): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr HqA.t m WTs.t (Rezitation durch:) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrscherin im Thronsitz (= Edfu), @w.t-@r nb(.t) &A-rr xnt Iwn.t Hathor, die Herrin von Ta-rer (= Dendara), an der Spitze von Dendara, HA(j).tj.t Ax.tj.t bA.t r sxm.w die Leuchtende, die Horizontische, die Ba-mächtiger ist als die (göttlichen) Mächte,963 Hrj.t-tp Hr tp n it=s die Stirnschlange an der Stirn ihres Vaters. – Göttliche Randzeile (172, 7–8): wnn HqA.t wr.t xnt BHd.t m ity.t n nTr.w nTr.wt Es ist die große Herrscherin an der Spitze von Edfu als Fürstin der Götter und Göttinnen, Hr sHb Hw.t-[…] Hr Sms […] s.t Hnw[.t](?) indem sie das Haus des […]964 festlich macht und […] folgt […?] Sitz, Hr snDm [sTj]965=s m ibr und ihren [Duft] süß macht mit Salbe, sw m Hnw.t xnt wjA n HH (denn) sie ist die Gebieterin an der Spitze der Barke der Millionen,
962 Edfu IV, 212, 14–213, 1, und 18, 11 (= Edfu VI, 59, 6–7); vgl. dazu GUTBUB, Dieux du nome Tanitique, S. 62, m. Anm. 6; QUACK, „Ich bin Isis…“, S. 360; BUDDE, Götterkind, S. 297, Anm. 1602; F. FÖRSTER, „Klar zum Gefecht!“: Zur Beschreibung des Kampfschiffes im Horusmythos von Edfu (Edfou VI, 79, 11–80, 10), in: SAK 34, 2006, S. 141–158: 152–154; vgl. auch 148. 963 Vgl. LGG II, 734a–b. 964 Gemeint ist sicherlich der Tempel von Edfu. 965 Determinativ noch erhalten.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
an(.t) Hr bnr(.t) sp.tj=s966 schön von Gesicht und süß an ihren Lippen. Kommentar: Die Göttin wird in der Beischrift sowohl als Isis (mit üblichen Haupttiteln) von Edfu als auch als Hathor von Dendara bezeichnet. Die folgenden Epitheta heben besonders deren solare Aspekte bzw. ihre Beziehung zum Sonnengott hervor, als dessen Uräusschlange sie fungiert und dessen Barke sie gemäß der Randzeile lenkt. Letztere betont außerdem, im Einklang mit dem Szenentyp des Myrrheopfers, Wohlgestalt und Duft der Göttin. Der Akzent liegt somit stärker auf Hathor als auf Isis.967 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu V, 77, 8–17; Taf. 116 Edfu, Horustempel, Hof (H’), Westwand, 2. Reg., 16. Szene HUSSON, Offrande du miroir, S. 83–84; GOYON, Hededyt, S. 454 (nur teilweise) Der König (Ptolemaios XII.) reicht Isis zwei Spiegel.
Text: – Spruch des Königs (77, 8–10): (Dd mdw jn) itn.w xr Hr=T HqA.t (Rezitation:) Die Scheiben sind vor deinem Angesicht, Herrscherin, sA.t Gbb bjk.t xnt Hw.t-bjk Tochter des Geb, Falkenweibchen an der Spitze des ‚Haus des Falken‘ (Edfu),968 snsn stw.t=T m sAwj im=sn vereinige deine Strahlen mit dem Gold, das darin ist, itn.n=T tA mj Ax.tj wenn du die Erde bestrahlst(?)969 wie der Horizontische. – Beischrift der Isis (77, 15–16): (Dd mdw jn) [As].t wr.t mw.t-nTr (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, Hrj(.t)-ib WTs.t-@r die im ‚Thronsitz des Horus‘ (= Edfu) residiert, @dd.t n [BHd.t]970 Hn(.t) Iwn Hededet von Edfu, die den ‚Pfeiler‘ (= Osiris)971 schützt,
966 Der Schreibung nach liegt hier eigentlich ein Adjektivalsatz mit Admirativpartikel vor: bnr.wj sp.tj=s „Oh wie schön sind ihre Lippen.“ Dies paßt formal jedoch nicht als Anschluß an das vorige Epitheton. 967 Vgl. auch DERCHAIN, Hathor Quadrifrons, S. 10. Vgl. zur Thematik des Myrrhe-Opfers z. B. PhilaeHymne 3. 968 Siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 628–629. 969 Selten als Verb belegt, nur in Wortspielen mit itn „(Sonnen-)Scheibe“, siehe Wb I, 145; HUSSON, Offrande du miroir, S. 84, Anm. 2. 970 Ergänzung nach HUSSON, Offrande du miroir, S. 84, m. Anm. 7. 971 Vgl. die Szene Edfu I, 144, 5–145, 3.
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Edfu, Horustempel
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Xnm.t wr.t nj.t aA mAa-xrw die große Amme dessen mit großem Triumph (= Horus),972 mw.t-nTr n bjk n nbw.t die Gottesmutter des Falken der Goldenen. – Göttliche Randzeile (77, 16–17): wnn snDm.t [s]nDm.tw xnt Msn Es hat sich ‚die sich Niederlassende‘973 niedergelassen an der Spitze von Mesen, @dd.t xnt @r-mAA [Hr] wdj stw.t Hr xsr snk Hededet an der Spitze von Hor-maa (= Edfu)974 sendet (ihre) Strahlen und vertreibt die Finsternis, [Hr mH(.t) p.t ?]975 m nfr.w=s [indem sie den Himmel ?] mit ihrer Schönheit [füllt ?], sw m nb(.t) sSp sSp.n=s Hr.w (denn) sie ist die Herrin des Lichts, wenn sie die Gesichter erleuchtet, As.t p.t sHD(.t) tA.wj Isis, der Himmel (?),976 die die Beiden Länder erhellt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu V, 173, 10–174, 4; Taf. 120 Edfu, Horustempel, Hof (H’), Ostwand, 2. Reg., 13. Szene977 HUSSON, Offrande du miroir, S. 85–86 Der König (Ptolemaios XII.) reicht Isis zwei Spiegel.
Text: – Spruch des Königs (173, 10–14): (Dd mdw) itn dj=f-s(w) m p.t m grH (Rezitation:) Die Sonnenscheibe, sie zeigt sich am Himmel in der Nacht, Dr msj=T n mw.t(=T) Nw.t m Iwn.t als du geboren wirst von (deiner) Mutter Nut in Dendara. 972 Vgl. Wb II, 17, 1; LGG II, 26c–27b; HUSSON, Offrande du miroir, S. 84, Anm. 9. 973 %nDm.t ist ein typisches Epitheton der Hathor, aber auch anderer Göttinnen; siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 880; LGG VI, 409c–410a; HUSSON, Offrande du miroir, S. 84, Anm. 10. 974 Möglicherweise auch mAA-@r zu lesen, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 394; HUSSON, Offrande du miroir, S. 84, Anm. 12. 975 Ergänzung nach GOYON, Hededyt, S. 454, Anm. 2. 976 GOYON, Hededyt, S. 454, m. Anm. 2, macht hieraus einen Genitiv (allerdings mit Fragezeichen): „Isis des Himmels“. P.t „Himmel“ kann jedoch (wenn auch selten) als Beiname von Göttinnen vorkommen, siehe LGG III, 3a–b. 977 Laut Edfu V, 173, 9, handelt es sich um die 15. Szene; diese Zählung ist aber insofern irreführend, als auch die beiden Szenen des Türsturzes des südöstlichen Seitentors (Edfu V, 166–167) in der Textpublikation mit unter die Wandszenen des 2. Reg. aufgenommen wurden, vgl. CAUVILLE, Essai, S. 164 u. 181, und Edfu X, Taf. 118–120, wo sich die tatsächliche Anzahl der Wandszenen gut nachvollziehen läßt. Da die Seitentore der West- und Ostwand des Hofes verschieden groß sind und ihre Position etwas versetzt voneinander ist, befindet sich obige Szene 13 der Ostwand genau gegenüber der zuvor bearbeiteten Szene 16 der Westwand (beide sind die 6. Szene von hinten) und bildet ihr Pendant, wie Gottheit und Art des Rituals unschwer erkennen lassen.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
sS=T Ax.tj=T wpS.n=T Hr.w Du öffnest deine Glanzaugen und du erleuchtest die Gesichter (= Menschen), bX mAw=T tA mj Ax.tj978 deine Strahlen erhellen das Land wie der Horizontische. nTr.w nTr.wt twt r mAA=T Die Götter und Göttinnen sind versammelt, um dich zu sehen, tA Dr=f nhm n kA=T das ganze Land jubelt für deinen Ka. – Beischrift der Isis (174, 1–2): (Dd mdw (i)n) [As].t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj(.t)-ib Iwn.t (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di,979 die in Dendara residiert, sA.t Gb{r} msj(.t) n Nw.t itj.t Hnw.t nTr.wt die Tochter des Geb, geboren von Nut, die Fürstin, die Gebieterin der Göttinnen, n k.t [Hr] xw=s prj Sw xt(?) prj[=s] der keine andere gleichkommt. Das Sonnenlicht kommt hervor, nachdem(?) sie hervorkommt. – Göttliche Randzeile (174, 2–4): wnn nb(.t) anx m NDm-anx Die Herrin des Lebens ist in ‚Süß-an-Leben‘ (= Edfu),980 wr(.t) HkA.w xnt @w.t-isb.t die Zaubermächtige an der Spitze vom ‚Haus des Throns‘ (= Tempel v. Edfu)981 Hr mAA Hr=s982 Hr mAA mAw=s983 Hr snsn stw.t=s Hna Ra sieht ihr Antlitz und sieht ihr Leuchten, indem sie ihre Strahlen mit Re vereinigt, sw m Ax.t m Ax.t nb(.t) Ax.w mfkA.t n psD.t nb(.t) (denn) sie ist die Leuchtende am Horizont, die Herrin des Lichtglanzes, die Freude der ganzen Neunheit. Kommentar: Die beiden symmetrisch an den Seitenwänden des Hofes984 angebrachten Spiegel-Szenen stellen die lokalspezifische Isis-Hededet von Edfu985 der Isis von Dendara gegenüber. Dies paßt insofern gut in die Konzeption des Hofes hinein, als dieser ganz besonders als Schauplatz der Begegnung zwischen Edfu und Dendara, genauer des Festes des Besuchs von
978 Man beachte das Wortspiel zwischen Ax.tj „Glanzaugen“ und Ax.tj „der Horizontische“. 979 Genauer Ort der mythischen Isisgeburt in Dendara, an welche durch den ebendort errichteten Isistempel erinnert wird, vgl. Kap. 4.6. 980 Vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 567. 981 Vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 627. 982 Das s steht über Hr, macht aber nur in umgekehrter Position Sinn. 983 HUSSON, Offrande du miroir, S. 86, m. Anm. 10, liest hier nach einer ähnlichen Stelle in einer Spiegelszene in Dendara (Dend. I, 3, 11) smAw stw.t=s, was auch möglich wäre, den Text jedoch stärker emendiert als bei obiger Lösung. 984 Siehe oben, Anm. 977. 985 Ausführlich zu dieser Form der Göttin: GOYON, Hededyt; vgl. auch Kap. 4.5.2.
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Edfu, Horustempel
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Hathor von Dendara bei Horus von Edfu im Monat Epiphi dient.986 Des weiteren wird im Hof aber auch der Sonnengott gefeiert. 987 Das Spiegelopfer, das am häufigsten Hathor, etwas seltener Isis und vereinzelt anderen Göttinnen dargebracht wird,988 beinhaltet eine ausgeprägte solare Symbolik,989 was nicht zuletzt in den Begleittexten der beiden Szenen deutlich wird. Besonders in dem östlichen Relief fallen die zahlreichen Wortspiele mit der Wurzel Ax ins Auge, aber auch zahlreiche andere Begriffe aus dem semantischen Feld „Licht“ definieren die Rolle der Göttin im Kontext des Spiegelopfers. Die beiden lokalen Formen der Isis fügen sich bestens in diese Thematik ein: Hededet einerseits wird bereits in den Sargtexten und im Tb als „Tochter des Re“ bezeichnet, die Apophis abwehrt,990 und besonders in den ptolemäischen Texten aufgrund der lautlichen Ähnlichkeit zu ihrem Namen mit dem Wort HD „hell/weiß sein, leuchten“ in Verbindung gebracht,991 wie es auch in der Szene der Westwand der Fall ist (sHD(.t) tA.wj). Die solare bzw. astrale Konnotation der Isis von Dendara andererseits ist aus den zahlreichen dortigen Inschriften, die ihre Geburt in Iat-di behandeln, bestens bekannt: die Sonne geht am Horizont auf, nachdem Isis geboren wurde und die Augen geöffnet hat. Dabei ähneln viele der Formulierungen aus dem Spruch des Königs und der Beischrift der Isis in der obigen Spiegel-Szene sehr stark den Beschreibungen in Dendara selbst.992 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu V, 226, 13–227, 9; Taf. 131 Edfu, Horustempel, Hof (H’), Westseite, Säule 8, rechte (westliche) Szene EL-KORDY, Bandeau du Nouvel An, S. 130 Der König (Kartuschen leer) überreicht Hathor die sSd-Binde.
Text: – Beischrift der Hathor (227, 6–7): (Dd mdw jn) @w.t-@r nb(.t) Iwn.t ir.t Ra Hrj-ib [BHd.t] (Rezitation:) Hathor, die Herrin von Dendara, das Auge des Re, die in [Edfu] residiert, As.t wr.t mw.t-nTr @dd.t m [BHd.t] Isis, die Große, die Gottesmutter, Hededet in [Edfu],993 986 ALLIOT, Culte d’Horus, S. 447–452; CAUVILLE, Essai, S. 154–156; EAD., Fêtes d’Hathor, S. 59 u. 64. Neue, kommentierte Übersetzung der ausführlichen Festbeschreibung im Soubassement des Hofes: NAGEL, Behedet-Fest. 987 Vgl. CAUVILLE, Essai, S. 154; 171. Ausführlich dazu: J. F. PECOIL, Le soleil et la cour d’Edfou, in: BIFAO 86, 1986, S. 277–301. 988 Zur Häufigkeit der Rezipienten dieses Rituals siehe HUSSON, Offrande du miroir, S. 250–253. 989 Vgl. HUSSON, Offrande du miroir, S. 39; 262–264. 990 Siehe dazu GOYON, Hededyt, S. 446–448. 991 Vgl. GOYON, Hededyt, S. 453–454, der auch eine tatsächliche Etymologie des Namens von HD erwägt, was auf die helle Farbe bestimmter Skorpionarten (Buthus occilanus; Androctanus australis) anspielen könnte. 992 Vgl. hierzu Kap. 4.6. 993 Es handelt sich hierbei (ab Hededet) um einen kleinen Ausschnitt aus der kulttopographischen Litanei, von der längere Versionen für Isis(-Hathor) in Dendara belegt sind; vgl. z. B. Dend. I, 20, 14–21, 5. Parallele in Edfu III, 69, 17–70, 3, siehe oben.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Iwnj.t m Iwn.t @w.t-@r m spA.t nb(.t) Iunit (‚die von Dendara‘) in Dendara, Hathor in jedem Gau. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen Inhalt der Szene
Edfu V, 278, 7–17; Taf. 133 Edfu, Horustempel, Hof (H’), Ostseite, Säule 8, linke (östliche) Szene WINTER, Zeitgleiche Textparallelen, S. 311–313 (Auszüge) Philä III, Nr. 6994 Der König (Kartuschen leer) überreicht Isis eine Uräusschlange.
Text: – Spruch des Königs (278, 7–10): (Dd mdw jn) mn n=T Hrj.t-tp @r.t m [… … …] (Rezitation:) Nimm dir die Stirnschlange, weiblicher Horus in [Edfu o. ä. …], itj.t n tA Hr ndb=f xaj=T im=s wr(.t) Sfj.t Fürstin der ganzen Erde, auf der du erscheinst mit großer Würde, [… …] nTr(?) nb [… …] alle(r) Götter (?). – Beischrift der Isis (278, 14–15): (Dd mdw jn) [As].t [wr.t mw.t-nTr Hrj(.t)-ib BHd.t ?] (Rezitation:) Isis, [die Große, die Gottesmutter, die in Edfu residiert ?], papa(.t) m Iwn.t m grH nxn m [sS]=f geboren in Dendara in der Nacht des Kindes in seinem [Nest], xpr hm(?) [… …]=s tA [r?] Dr=f995 so daß Jubel(?) entsteht […] das ganze Land. Kommentar: Die 7. und 8. Säule beider Hofseiten sind auf der nach innen gewandten Seite jeweils mit einer Szene für Hathor dekoriert, welche deren Ankunft zum Fest im Monat Epiphi thematisiert.996 Auf den Außenseiten der 8. Säulen steht im Westen Hathor, die jedoch mit Isis identifiziert wird, im Mittelpunkt (Edfu V, 226, 13–227, 9), im Osten Isis, die als „weiblicher Horus“997 bezeichnet wird (Edfu V, 278, 7–17).998 Auch ihr Geburtsort Dendara wird wieder genannt. Mit dieser Gegenüberstellung wird das Dekorationsschema von Dendara
994 Vgl. WINTER, Zeitgleiche Textparallelen, S. 311. 995 Vgl. die Parallele Philä III, Nr. 6: xpr nhm m tA Dr=f, siehe WINTER, Zeitgleiche Textparallelen, S. 313. Allerdings paßt dies in Edfu nicht ganz zu den (in der Edition wiedergegebenen) Zeichen. Von nhm fehlt das n und das s hinter der Lücke kann nicht untergebracht werden. 996 Siehe CAUVILLE, Essai, S. 158. Die übrigen Säulen-Innenseiten sind fast ausschließlich Horus gewidmet. Siehe zu den Säulen auch D. KURTH, Die Säulendekoration im Tempel von Edfu, in: SAK 23, 1996, S. 255–280, bes. 275 zu den besprochenen Säulen. 997 Möglicherweise ist auch bjk.t zu lesen, aber die Anpassung an den Falkengott von Edfu ist jedenfalls evident. 998 Zur Dekoration der Säulen-Außenseiten vgl. auch das Schema bei CAUVILLE, Essai, S. 159, Abb. 47.
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Edfu, Horustempel
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übernommen. 999 Erstere Szene enthält wiederum einen kurzen Ausschnitt aus der aus Dendara bestens bekannten kulttopographischen Litanei1000 für Hathor-Isis, der hier allerdings nur die lokal bedeutenden Formen enthält, mitsamt dem zusammenfassenden Abschluß „Hathor in jedem Gau“.1001 Das Überreichen der Sesched-Binde verweist ebenso wie Elemente in den langen Versionen auf den Neujahrskontext.1002 Es ist kein Zufall, daß sich gerade die Hathor und Isis gewidmeten Säulen 7 und 8 im Bereich der seitlichen Tore des Hofes befinden; das Osttor, das dem Eintritt der tentyritischen Hathor-Prozession in den Hof diente, wird sogar genau von diesen umrahmt. Auf der Westseite hingegen befand sich zwischen den Säulen der Altar, auf dem die Barke der Hathor abgestellt wurde.1003 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu VII, 119, 10–120, 8; Taf. 167 Edfu, Horustempel, Umfassungsmauer, Außenseite, Westwand, 2. Reg., 28. Szene v. r. KURTH, Übersetzung Edfou VII, S. 213–214 Der König (Ptolemaios IX.) libiert vor Isis.
Text: – Beischrift der Isis (120, 4–6): (Dd mdw jn) As.t @dd.t n BHd.t HqA.t xnt @r-mAa.t(j) (Rezitation:) Isis-Hededet von Edfu, die Herrscherin an der Spitze von ‚Horus ist wahrhaftig‘ (Edfu),1004 aA.t m WTs.t Hn(.t) Iwn die Große im ‚Thronsitz‘ (= Edfu), die den Pfeiler (= Osiris) schützt,1005 [Ds]r(.t)(?)1006 s.t m BHd.t rsj(.t) mit geheiligtem(?) Sitz im südlichen Edfu. – Göttliche Randzeile (120, 6–8): wnn snDm.t snDm.tj xnt Msn Es hat sich ‚die sich Niederlassende‘ niedergelassen an der Spitze von Mesen,1007 As.t wr.t m s.t ib=s Hr Ssp qbHw Hr sam sr{a} Isis, die Große, an der Stätte ihres Herzens, empfängt die Libation und trinkt Wasser, Hr sAwj ib=s m mrj=s indem sie ihr Herz erfreut mit dem, was sie liebt,
999 CAUVILLE, Essai, S. 155. 1000 Hauptzeugen Dend. Isis, 78, 16–79, 5, und Dend. I, 20, 14–21, 5. Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19–24 (Synopse). 1001 Ähnlich wie in Edfu III, 69, 17–70, 3, siehe oben. Allerdings steht hier „Hededet“ statt „Behedetit“ für Edfu. 1002 Siehe dazu EL-KORDY, Bandeau, S. 130. 1003 Vgl. CAUVILLE, Essai, S. 154–155, und das Schema auf S. 159; EAD., Fêtes d’Hathor, S. 64. 1004 GDG IV, S. 36–37. 1005 Vgl. die Szene Edfu I, 144, 5–145, 3. 1006 Vgl. KURTH, Übersetzung Edfou VII, S. 214. 1007 Vgl. die Göttliche Randzeile der Isis in der Szene Edfu V, 77, 8–17, s. o.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
sw m %rq.t xsf(.t) Ddf.t (denn) sie ist Selket, die das Gewürm zurückstößt, sHrj(.t) Smm[.w … …] die die Hitzigen1008 vertreibt [aus Edfu?].1009 Kommentar: Die lokaltypische Skorpionform der Isis, Hededet, wird in dieser Szene auf der Umfassungsmauer in erster Linie als Schutzgöttin präsentiert: Sie beschützt Osiris, hält aber außerdem feindliches Getier vom Tempel fern.1010 In letzterer Funktion wird sie auch mit der überregionalen Skorpiongöttin Selket identifiziert.1011 Andere einzelne Elemente der Inschriften (siehe in den Anm.) gleichen denen in der Spiegelopferszene im Hof (Edfu V, 77, 8–17), die ebenfalls Isis-Hededet gewidmet ist. Szenen im Mammisi Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Edfu Mam., 73, 3–12; Taf. 19 Edfu, Mammisi, westliche Außenwand, 1. Reg. 1. Szene v. r. BUDDE, Götterkind, S. 18–20 Der König (Ptolemaios VIII.) überreicht das Kryptogramm1012 an Hathor und Harsomtus das Kind.
Text: – Beischrift der Hathor (73, 7–8): (Dd mdw jn) @w.t-@r nb(.t) Iwn.t ir.t Ra Hrj-[ib] BHd.t (Rezitation durch:) Hathor, die Herrin von Dendara, das Auge des Re, die in Edfu residiert, As.t wr.t mw.t-nTr rr(.t) Xrd.w=s m Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die ihre Kinder aufzieht in Dendara, m BHd.t m Gbtj.w m #m m Mdnj.t in Edfu, in Koptos, in Letopolis, in Aphroditopolis, m spA.t nb(.t) msj(.t) @r im in jedem Gau, in dem Horus geboren wurde. – Göttliche Randzeile (73, 9–10): nswj.t bjtj.t Ra.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, Sonnengöttin,
1008 1009 1010 1011
Eine Bezeichnung für feindliche Schlangen, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 1012–1013. Ergänzungsvorschlag von KURTH, Übersetzung Edfou VII, S. 214. Das Bekämpfen von Schlangen ist typisch für Hededet, siehe GOYON, Hededyt, S. 452. Zu der schon im NR belegten Identifikation von Isis mit Selket siehe STOOF, Skorpion, S. 81–87; MÜNSTER, Isis, S. 147–148, die allerdings sämtliche „Isis“ benannte Darstellungen mit Skorpion auf dem Kopf als Isis-Selket interpretiert; vgl. dagegen GOYON, Hededyt, bes. S. 456–457. Auch in einer Bieropferszene der Mesenit erscheint Isis-Selket: Edfu I, 242, 2. 1012 Zu diesem Kultobjekt der Hathor von Dendara und seiner symbolischen Bedeutung im Hinblick auf die Genese des göttlichen Kindes bzw. des Weltherrschers, siehe ausführlich BUDDE, Götterkind, bes. S. 376–406; zu dem Objekt und seiner Umschreibung in obiger Szene ibid., S. 20.
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Edfu, Horustempel
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Hnw.t njw.wt [H]q[A](.t)1013 m tA.wj Hna idb.w die Gebieterin der Städte, die Herrscherin(?) in den Beiden Ländern und den Ufern, As.t wr.t nb(.t) is.tj Isis, die Große, die Herrin der Beiden Paläste (= Ägypten),1014 @w.t-@r wr.t nb(.t) Iwn.t Hathor, die Große, die Herrin von Dendara. Kommentar: Hathor und Isis sind in dieser Szene eng miteinander verbunden, indem sowohl die Beischrift als auch die göttliche Randzeile Namen und Haupttitel beider Göttinnen nennen. Die Herrschaft über das ganze Land (Ober- und Unterägypten), welche auch Gabe und Gegengabe der Szene symbolisieren,1015 wird hier dadurch ausgedrückt, daß Isis, die Gottesmutter par excellence, ihren Sohn und Erben Horus bzw. verschiedene Horusformen, wie der Plural Xrd.w=s nahelegt, an den verschiedenen Orten im ganzen Land aufgezogen hat. 1016 Exemplarisch werden einige wichtige Kultorte, allen voran natürlich Edfu und Dendara, namentlich aufgezählt. In der göttlichen Randzeile wird Hathor-Isis dementsprechend als Herrscherin der Städte Ägyptens und des ganzen Landes bezeichnet. Das Konzept erinnert stark an die Varianten der kulttopographischen Litanei, in welcher meist Isis, aber auch Hathor(-Isis), systematisch die Herrschaft über Städte und Gaue des Landes zugeschrieben wird, üblicherweise mit der ausdrücklichen Erwähnung der gesamten osirianischen Familie am Schluß.1017 Dieser Aspekt, d. h. die Kombination der Idee des in der osirianischen Familie wietergegebenen Erbes mit der Oberhoheit über das ganze Land, ist es, der Hathor in dieser Szene mit Isis identifiziert. 4.5.2
Edfu: Gesamtkommentar zu den Texten und der Isis-Theologie des Heiligtums Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Heiligtümern (Kap. 4.1–4) ist Isis in dem unter Ptolemaios III. bis Ptolemaios XII. erbauten und dekorierten Horustempel von Edfu nicht die Hauptgöttin, spielt aber aufgrund ihrer Beziehung zum Tempelherrn Horus dennoch eine wichtige Rolle,1018 die sich teilweise mit derjenigen der Hathor von Dendara, der Partnerin des Horus von Edfu, überschneidet.1019 Isis kann auch als Mutter des Horus Behedeti 1013 Vgl. zu dieser Ergänzung auch BUDDE, Götterkind, S. 19. 1014 Siehe dazu WILSON, Ptol. Lex., S. 113. 1015 Dies verdeutlichen der Spruch des Königs sowie die Rede der Hathor, vgl. BUDDE, Götterkind, S. 18–19; WILSON, Ptol. Lex., S. 1118. 1016 Vgl. dazu auch eine Passage in Philae-Hymne 7. 1017 Siehe v. a. den Hauptzeugen Dend. Isis, 78, 16–79, 5; vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19–24. Ausführlich dazu: NAGEL, One for All. 1018 Zu Isis in Edfu siehe auch ZAKI, Premier Nome, S. 191–192, allerdings recht oberflächlich. 1019 So wird Hathor z. B. in Raum F (Osiris-Kapelle) explizit mit Isis-Sothis gleichgesetzt: „Hathor, Herrin von Dendara, Isis, die Gebieterin der Götter, Sothis, die den Nil ausgießt…“, Edfu I, 164, 3; ähnlich auch Edfu VII, 165–166 (Libieren), wo Hathor bezeichnet wird als: „Isis, die Gottesmutter, die ihren Sohn schützt, Sothis, die Große, die den Nil aus seiner Höhle fließen läßt, um Götter und Menschen am Leben zu erhalten“. Weitere Gleichsetzungen von Isis und Hathor z. B. in Edfu I, 274, 11–12, und 279, 15. Vgl. zur engen Beziehung zwischen Isis und Hathor (von Dendara) auch beson-
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
gelten und wird in Edfu mindestens seit der 2. ZwZt. neben dem lokalen Hauptgott verehrt.1020 So tritt sie im ptolemäischen Tempel in der Axialkapelle Mesenit (I) als Mutter, Amme und Schützerin des Horus auf.1021 Einer ihrer lokalen Haupttitel, der in vielen kurzen Szenenbeischriften verwendet wird, ist „Isis, die in Edfu residiert“ o. ä., z. B. in der hinteren Kapelle des Beines (K): „Isis, die Herrin des Himmels, die in Mesen residiert, die Edle und Mächtige in der Kapelle des Beines, die ihren Bruder schützt…“. 1022 Mit ähnlichen, auf Edfu bezogenen topographischen Zuordnungen wird sie als „die an der Spitze der Bezirke des Horus des Tanitischen Gaues, Herrin von Mesen“ und „Isis-Hededet, die im Thronsitz des Horus residiert, die Iun (= Osiris) beschützt in der Kapelle des Fürsten (Hw.t-sr)“ bezeichnet.1023 Diese Funktion und besonders die Erwähnung der Kapelle des Fürsten läßt an Isis und den Osiriskult von Behbeit el-Hagar denken.1024 Der Schutz und die Sorge für Osiris stehen im Mittelpunkt ihrer Funktion in dem gesamten Komplex der osirianischen Räume, wo sie vor allem in ihrer Form als Witwe/Klagefrau Isis-Schentait erscheint und mit ihrer Schwester Nephthys-Meherchetes ein Paar bildet.1025 Als wehrhafte Schützerin des Osiris sowie des Horus nimmt Isis in Edfu zudem häufig die Form der Skorpiongöttin (Isis-)Hededet, bzw. der mit dieser wohl eng verwandten IsisSkorpion (Isis-wHa.t), und sogar der Isis-Selket ein.1026 Die seit dem NR in Edfu belegte
1020 1021
1022 1023 1024 1025 1026
ders das folgende Kap. (4.6) zu Dendara. Als Göttin, die den Nil ausschüttet, wird (Sothis/Satet-)Isis zudem wie im Gebiet des 1. Kataraktes mit Anuket in Verbindung gebracht: Edfu I, 317–318. Siehe P. VERNUS, s. v. „Tell Edfu“, in: LÄ VI, Sp. 323–331: 326; W. K. SIMPSON, A Statuette of Amunhotpe III in the Museum of Fine Arts, Boston, in: BMFA 68, 1970, S. 260–269; MÜNSTER, Isis, S. 161–162. Siehe die Szenen Edfu I, 232; 239 („Gottesmutter des Falken der Goldenen“, 232, 13; 239, 13); 240 („die Mutter, die Horus in seinem Nest aufzieht/nährt“, 240, 12) und 233 (Werethekau, schützt Horus in Pe, 233, 12–13); 236–237 (Zaubermächtige, die Horus mit ihren Sprüchen gegen seine Feinde schützt, 237, 3–4) 243–244 („die ihren Sohn wohlbehalten sein läßt als Kind“, 244, 7) u. a. Auch wird sie „Gebieterin des Geburtshauses“ genannt (Edfu I, 207, 9, 2. Sokar-Kammer), wenngleich das Mammisi von Edfu selbst der Triade Horus, Hathor und Harsomtus gewidmet ist. Die Geburt des Harsomtus durch Hathor in Edfu wird tatsächlich auch explizit mit der Geburt des Horus durch Isis in Chemmis verglichen: die Soubassement-Inschrift der Außenwand des Mammisis beginnt auf der rechten (südlichen) Seite mit: „Dieser Ort, an dem das Kind geboren wurde durch seine Mutter, wie es Isis für ihren Sohn getan hat im Versteck.“, Edfu Mam., 55, 5–6; vgl. die Übersetzung des ganzen Textes bei DAUMAS, Mammisis, S. 295–297. Edfu I, 269, 16. In einer Weinopferszene in der Mesenit, in der Isis zweimal vertreten ist: Edfu I, 235, 1–2 u. 5. Übersetzung der ganzen Szene (Edfu I, 234–235) bei CAUVILLE, Théologie d’Osiris, S. 65–66. Siehe oben, Kap. 4.4. Siehe zu diesen Erscheinungsformen oben den Kommentar zur Götterliste Edfu I, 138, 10–12; vgl. auch Edfu I, 176, 9–14. Siehe oben die Texte Edfu I, 312, 13–313, 4; II, 22–25; V, 332, 14–333, 2; II, 82, 15–83, 6; V, 77, 8– 17; V, 226, 13–227, 9; VII, 119, 10–120, 8. Die Doppelfunktion gegenüber Osiris und Horus wird z. B. explizit in Edfu I, 519, 11–12, ausgedrückt: „Isis-Hededet in Edfu, die Zaubermächtige, die ihren Spruch kennt, die vortreffliche Schützerin ihres Bruders Osiris, die die Feinde ihres Sohnes Horus fällt.“; ähnlich auch Edfu I, 529, 16–17. Siehe ergänzend Edfu I, 317, 4–5, wo es heißt, daß Isis als Skorpion (Selket) und Schlange die Feinde mit ihrem Gift tötet, vgl. GOYON, Hededyt, S. 452.
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Edfu, Horustempel
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(Isis-)Hededet1027 ist gleichzeitig Tochter des Re und steht somit in enger Verbindung zum solaren Hauptgott des Tempels; ihr Charakter als leuchtendes Gestirn (= Sothis, Sonnenauge) wird insbesondere in den korrespondierenden Spiegelszenen Edfu V, 77, 8–17 und 173, 10–174, 4 hervorgehoben. In der Szene Edfu II, 82, 15–83, 6 wird auch diese Isisform mit Hathor identifiziert, wie auch in einigen anderen Szenen Hathor die Rolle der Hededet ausfüllen kann.1028 Daß es sich bei Hededet um die in Edfu zentrale und vielleicht ursprünglichste lokale Form der Göttin handelt, legt ihre Benennung als solche (in Variation zu dem lautlich verwandten Behedetit, was sicherlich kein Zufall ist) in der entsprechenden Sektion der kulttopographischen Litanei1029 nahe, die in Auszügen auch in den Edfu-Szenen Edfu V, 226, 13–227, 9, und Edfu III, 69, 17–70, 3, zitiert wird. Unter dem offiziellen Titel „Isis-Hededet, die Gottesmutter, die in Edfu residiert“ besitzt sie eine eigene Priesterschaft 1030 und ein Fest, das am 2. Mesore (IV. Smw) begangen wird. 1031 Entsprechend trägt auch die Chronokratorengöttin dieses Tages den Namen Hededet.1032 Neben diesen Sonderformen erfüllt Isis in Edfu aber auch ihre traditionelle Rolle als Gemahlin des Osiris und Mutter des Horus innerhalb der osirianischen Familie und wird im Zusammenhang mit beiden dargestellt.1033 In dieser Konstellation versorgt und beschützt sie beide Familienmitglieder und verhilft Horus zu seinem Königtum. Eben diese familiäre Rolle kann in Edfu auch Hathor innehaben.1034 Die genannten drei Formen Isis, Isis-Hededet und Schentait werden in einer Szene im 1. Sokar-Zimmer (G) zusammengebracht.1035 Isis heißt darin „die Große, die Gottesmutter, die im Thronsitz des Horus (Edfu) residiert, die erste Königsgemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme)“, Isis-Hededet ist „Isis-Hededet in Edfu, die über ihren Bruder Osiris wacht“ und Schentait wird „die Edle, die in Edfu residiert, die Gottesmutter, die Weberin (msn.t) 1036 “ genannt. Letzterer Beiname verbindet sie zudem mit dem unterägyptischen mythischen Horuskultort Mesen, dem in Edfu insbesondere die Axialkapelle Mesenit (I) gewidmet ist.1037 1027 Vgl. GOYON, Hededyt, S. 448; zuvor (ab dem MR) ist eine Isis-Skorpion bereits in Nubien und Oberägypten belegt, wo auch die Ursprünge dieser Isisform liegen könnten, vgl. dazu C. MAZZA, Evidenze del culto di Iside Scorpione in Nubia, in: L. Bongrani Fanfoni (Hrsg.), Atti della Prima Giornata di Studi Nubiani, Roma, 24 aprile 1998, Studi e ricerche 15, Rom 2001, S. 71–77. 1028 Z. B. Edfu I, 273, 18–19: „Hathor, die in der Kapelle des Beines residiert, Isis-Hededet in Edfu, die die Gottesglieder ihres Bruders Osiris behütet, die das Bein im txn-Schrein heiligt“; weitere Stellen: Edfu VII, 186, 17; VIII, 27, 13. 1029 @dd.t m BHd.t: Dend. I, 20, 14–21, 5, mit Parallelen; siehe unten, Kap. 4.6.2. 1030 Siehe GOYON, Hededyt, S. 448–449. 1031 Edfu V, 394, 14; vgl. ALLIOT, Culte d’Horus, S. 207 u. 214; GOYON, Hededyt, S. 449. 1032 Vgl. GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 134, Anm. 261. 1033 Z. B. Edfu I, 310–311 (Kapelle Behedet (M)); II, 48; 53–54; 63–64; 68 (2. Hypostyl); 248; 264–265 (Nilkammer (A‘)); Edfu IV, 98–99 (Außenwand Naos). 1034 Siehe z. B. Edfu VII, 213, 15–16; 266, 1; 310, 14; VIII, 4, 8; 11, 15–16; 35, 4–5; 37, 7; 38, 9–10; 48, 12; 101, 13–14. Zu Hathor und Isis vgl. oben, Anm. 172. 1035 Edfu I, 184, 15–185, 16. Übersetzung der ganzen Szene bei CAUVILLE, Théologie d‘Osiris, S. 17–19. 1036 Zu diesem typischen Titel der Schentait von Edfu, siehe CAUVILLE, Chentayt et Merkhetes, S. 23. Zu Isis (und Nephthys) als Webergöttin siehe BACKES, Hedjhotep, S. 79–81 (jedoch ohne Schentait-Belege); JØRGENSEN, Egyptian Mythological Manuals, S. 82–83. 1037 Zur Mesenit und dem Kult des Horus von Mesen siehe z. B. CAUVILLE, Essai, S. 48; 51–52; 225– 229; R. B. FINNESTAD, Image of the World and Symbol of the Creator: on the Cosmological and Ico-
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Neben den lokalspezifischen Isisgestalten von Edfu besitzt auch die Isis von Koptos zusammen mit Min, der mit Horus identifiziert wird, als dessen Muttergemahlin einen Gastkult im Tempel.1038 Beide werden entsprechend besonders in der Min-Kapelle (O) in vielen Szenen gemeinsam dargestellt, vor allem auf der Westwand.1039
4.6
Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
4.6.1
Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Isistempel und Isistor
4.6.1.A Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen Bandeau-Inschriften im Sanktuar Text/Hauptpublikation Dend. Isis, 78, 4–8 Anbringungsort Dendara, Isistempel, Sanktuar (A), Bandeau-Inschrift des Soubassement, rechte Hälfte (Ost) Bibliographie CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 24–25; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 16–18; 272–273; DAUMAS, Mammisis, S. 32–34; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 152, (61) (nur Anfang) Parallelen Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XIV, 146, 3–14; Dend. XV, 337, 10–14; Dend. Isis, 327, 17–328, 2 Text: hrw pn nfr grH nxn m sS=f An diesem schönen Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest,1040 Hb aA n sxx n tA msj.tw As.t m Xnw Iwn.t dem großen Fest der Weite der Erde, wurde Isis geboren in Dendara in Ip.t wr.t m Pr-Sps.t durch Ipet, die Große, im ‚Haus der Edlen‘ (= Dendara),1041 m s.t km.t dSr.t Xnm(.t) anx bnr.t mrw.t als schwarze und rote Frau,1042 die mit Leben erfüllt ist,1043 von süßem Liebreiz.
1038 1039
1040 1041 1042
nological Values of the Temple of Edfu, Studies in Oriental Religions 10, Wiesbaden 1985, S. 96–99; GUTBUB, Dieux du nome Tanitique I–II; C. ZIVIE-COCHE, Tanis. travaux récents sur le tell Sân elHagar 3, Statues et autobiographies de dignitaires: Tanis à l’époque ptolémaïque, Mission française des fouilles de Tanis, Paris 2004, S. 312–318. Zu Isis in Koptos siehe unten, Kap. 4.10.3. Edfu I, 387–408; vgl. das Schema bei CAUVILLE, Essai, S. 39. Weitere Szenen z. B. im Zentralvestibül (N, Edfu I, 375–376), im 2. Hypostyl (Edfu II, 84–85; 96–97), im Laboratorium (Z, Edfu II, 213– 215) und auf einer der überhaupt stark kulttopographisch gegliederten Säulen des Pronaos (Edfu III, 268, 11–17), vgl. KURTH, Dekoration der Säulen, S. 55–57. Name des Geburtsfestes der Isis in der Nacht des (zumindest ursprünglich) 4. Epagomenentages, zur Diskussion siehe LEITZ, Nacht des Kindes; KURTH/WAITKUS, Nacht des Kindes; und unten, Kap. 4.6.3. Vgl. KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 73. CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 24–25, liest s.t km.t Sny [dSr.t] inm.w „Frau mit schwarzen Haaren und rosiger Haut“, zur Diskussion dieser Beschreibung der Isis, siehe Kap. 4.6.3.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Dd.jn mw.t=s Nw.t m-xt mAA=s Da sprach ihre Mutter Nut, nachdem sie sie erblickte: is nwj r(=i?) mw.t=T ‚Siehe, ich bin wirklich deine Mutter! (?)‘.1044 xpr rn=s pw n As.t Das ist, wie ihr Name Isis entstanden ist.1045 Tnj-sj ^Ay tp msxn.tj Schai hat sie (schon) auf den Geburtsziegeln erhoben,1046 aSA ib=s m ix.t nb ihr Herz ist reich an allen Dingen,1047 rdj(.w) n=s rsw r wbn itn Der Süden ist ihr gegeben zum Erglänzen der Sonnenscheibe, mHw r rA-a kkw und der Norden bis hin zur Finsternis,1048 1043 Häufiges Epitheton von Isis und manchmal Hathor in Dendara, vgl. LGG VI, 20a–b. Vgl. zu Xnm außerdem: A. GULYÁS, Die Bedeutung des Verbs Xnm in Ritualinschriften, in: SAK 32, 2004, S. 159–169; P. WILSON, Ptol. Lex., S. 769. Interessanterweise wird parallel dazu bereits in PT 573, § 1482a–b „der Sohn der Sothis“ (= Horus-Sopdu) als iwd n anx „dem Leben zugeteilt ist“ bezeichnet, vgl. dazu BEAUX, Sirius étoile, S. 69. 1044 Vgl. die Parallele Dend. XII, 2, 2–12. Die Interpretation dieser Stelle ist sehr umstritten: In der hieroglyphischen Transkription bei DAUMAS, Mammisis, S. 32, fehlt gegenüber der Transkription in Dend. Isis, 78, 5, das Zeichen einer sitzenden Frau mit nw-Topf hinter is. Er faßt somit die Aussage imperativisch auf und erkennt in is das Verb isj „leicht sein“, Wb I, 128, 4–5: „Sei leicht für deine Mutter“, ibid., S. 33. BERGMAN, Ich bin Isis, S. 280, möchte das Eigenschaftswort is „alt“ verstehen (Wb I, 128, 7–9) und übersetzt versuchsweise: „Du bist älter als deine Mutter!“ oder „Sei älter als deine Mutter!“, obwohl ihm selbst die Satzkonstruktion im ersten Fall nicht klar ist, und is laut Wb nicht als Verb belegt ist (vgl. ID., loc. cit., Anm. 7). Aufgrund dessen sowie aufgrund des völligen Fehlens von Determinativen sowohl an obiger Stelle als auch in der Parallele Dend. XII, 2, 2–12 möchte ich is weder als „alt“ noch als „leicht“ auffassen, sondern die Partikel is darin sehen (Wb I, 130, 12; vgl. KURTH, Einführung II, S. 778–781, § 159). Dies wird durch die Parallele Dend. XIV, 146, 3–14, bestätigt, da die Partikel dort in der Variante sk geschrieben ist, vgl. dazu KURTH, loc. cit. Diese Auffassung findet sich auch bei LEITZ, Nacht des Kindes, S. 152, (58), m. Anm. 88 (zur Parallele) und CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 24–25. Ersterer liest is nwj r(=i) mw.t=T „Ich bin wirklich deine Mutter!“, letztere: is n=i r mw.t=T „Siehe, daß ich deine Mutter bin!“ Das Problem liegt also im Verständnis von und dem nachfolgenden iw/r. Die Hieroglyphenkombination dürfte eine Schreibung für das unabhänge Pronomen der 1. Pers. Sing. fem. sein, wie LEITZ bemerkt, siehe dazu KURTH, Einführung II, S. 610–611, § 62, mit den Bemerkungen zur Entstehung dieser Form von QUACK, Rez. zu: Kurth, Einführung, S. 274. Da hinter is ein eigenständiger Satz zu erwarten ist, würde ich diese Lesung derjenigen von CAUVILLE deutlich vorziehen. 1045 Eine typische ägyptische nachträgliche Ätiologie, die keinen Hinweis auf eine tatsächliche Etymologie des Namens gibt. 1046 Vgl. zu dieser auch in den Parallelen belegten Phrase QUAEGEBEUR, Shaï, S. 88, der statt der oben gegebenen, auch von anderen Bearbeitern (z. B. DAUMAS, Mammisis, S. 32–33) bevorzugten Übersetzung vorschlägt, „Sie (Isis) erhebt Schai auf der Meschenet“ zu übersetzen, da dies besser zu der üblicherweise belegten Unterordnung Schais unter andere Gottheiten passen würde, zumal dieselbe Aussage auch von Chnum und Thoth gemacht wird. 1047 Diese Formulierung ist trotz der zahlreichen Texte zur Isisgeburt in Dendara nur hier belegt, vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 17.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nts pw nb(.t) itr.tj BAq.t (denn) sie ist die Herrin der ‚Beiden Heiligtümer‘ (= der Tempel) Ägyptens, Hna sA=s sn=s Wsjr zusammen mit ihrem Sohn und ihrem Bruder Osiris. Hsj=s nswt bjtj nb tA.wj [(HqA HqA.w stp n PtH) r nHH Möge sie(?) loben den König von Ober- und Unterägypten, den Herrn der Beiden Länder [(Herrscher der Herrscher, erwählt von Ptah), bis in Ewigkeit.1049 Kommentar: Die untere Bandeau-Inschrift im Sanktuar des Isis-Tempels berichtet auf der rechten Seite von Isis’ Geburt, welcher der Tempel und insbesondere das Sanktuar gewidmet ist. Als Pendant dazu ist in der linken Hälfte von der Entstehung der Hathor aus den Augen des Sonnen- und Schöpfergottes die Rede.1050 Beide Ereignisse werden auch an anderen Stellen in Dendara gegenübergestellt.1051 Eine halbplastische, leider stark zerstörte frontale Darstellung der gebärenden Nut und der darunterstehenden (erwachsenen) Isis bildet das Zentrum an der Rückwand des Sanktuars.1052 Zumindest für das Mittelbild der Nut mit den beiden kuhköpfigen Geburtshelferinnen ist jedoch auch ein intaktes Kalksteinmodell aus Dendara erhalten.1053 Laut der Bandeau-Inschrift erhält Isis unmittelbar nach ihrer Geburt die Herrschaft über ganz Ägypten, das sie zusammen mit Osiris und Horus regiert. Ähnliche Formeln gibt es auch für Osiris, z. B.: Dend. Isis, 89, 14–15: „Er ist es, der in den Beiden Heiligtümern Ägyptens ist, zusammen mit seinem Sohn Horus und seiner Schwester Isis.“1054
1048 DAUMAS, Mammisis, S. 34, übersetzt aktivisch: „Sie hat den Süden gegeben…“, was theoretisch auch möglich wäre. Aufgrund ähnlicher Passagen, die der Göttin (oder auch dem König) die verschiedenen Himmelsrichtungen zuschreiben (vgl. z. B. WILSON, Ptol. Lex., S. 1091), halte ich die obige Übersetzung jedoch für wahrscheinlicher. Vgl. auch den Text Dend. XIII, 26, 7–28, 3. 1049 Ähnliche (kürzere) Texte zur Geburt der Isis finden sich auch immer wieder im Haupttempel, so z. Bsp. Dend. I, 87, 5–6; vgl. dazu LEITZ, Nacht des Kindes; und CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 345–377, jeweils mit ausführlicher Belegsammlung. 1050 Dend. Isis, 78, 10–13. Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 18; CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 24–25. 1051 Z. B. am Isis-Tor, Dend. Porte d’Isis, Nr. 1 u. 2, siehe unten. 1052 Dend. Isis, Taf. 11; vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 27–28; DAUMAS, Temple d’Hathor, S. 89– 90. 1053 Kairo JE 40267. Siehe CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 27–28 und 278; J.-F. NUNN, Medicine, Taf. 193. 1054 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 47; ähnlich auch Dend. XII, 140, 14; Dend. XIV, 128, 13.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
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Dend. Isis, 78, 16–79, 5 Dendara, Isistempel, Sanktuar (A), Bandeau-Inschrift des Frieses, rechte Hälfte (Ost) CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 26–29; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 19–24 (Synopse); F. DAUMAS, Les dieux de l’Égpyte, Paris 1965, S. 99; ID., Temple d’Hathor, S. 90; BERGMAN, s. v. „Isis“, Sp. 198 Philä I, 6; I, 72 (nur einzelne Phrasen); Philä I, 168–169 (nur kleiner Teil, inhaltliche aber nicht wörtliche Parallele); Edfu III, 69, 17–70, 3; Edfu V, 226, 13–227, 9; Edfu VIII, 64; Dend. I, 20–21; Dend. III, 35, 9–11; Dend. XI, 60, 5–10; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XII, 28, 13–32, 7; Dend. XIII, 26, 7–28, 3; Dend. XIII, 73, 14–74, 1; pTebt. H I, X 1, 3–3, 21055
Text: (nswj.t bj.tj.t) HqA.t sA.t Gbb (Die Königin von Ober- und Unterägypten), die Herrscherin, die Tochter des Geb, itj.t irj.n Nw.t die Fürstin, die Nut gemacht (= geboren) hat, As.t wr.t mw.t-nTr dj(.t) r tA m IA.t-dj Isis, die Große, die Gottesmutter, die in Iatdi1056 zur Welt gebracht wurde. nb(.t) BAs.t Iwn(j).t pw Die Herrin von Bubastis: das ist Iunit; bA n As.t kA=tw m rn=s ‚Ba der Isis‘ (= Ba-(a)st(et)) nennt man sie mit ihrem Namen,1057 BA.t rn=s m rA n Hnmm.t m rk nTr.w r-mn mjn ‚Bat‘ ist ihr Name im Mund des Sonnenvolkes in der Zeit der Götter und bis heute,1058 %pd.t pw Hnw.t nb.t SmAy.w das ist Sothis, die Gebieterin und Herrin der Wanderdämonen,1059 nb(.t) tp-rnp.t rn=s n mAa.t ‚Herrin des Jahresanfangs‘ ist ihr wahrer Name,
1055 Liste nach CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19, der allerdings die Version auf dem Papyrus aus Tebtynis nicht bekannt war. 1056 Üblicher Name des Geburtsortes der Isis in Dendara, wörtl. „Hügel des Gebens“, womit aller Wahrscheinlichkeit nach abgekürzt IA.t-dj.t-r-tA „Hügel des Zur-Welt-Bringens (der Isis)“ gemeint ist, vgl. DAUMAS, Mammisis, S. 197, Anm. 4; KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 60–61; CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 270. 1057 Zur Etymologie des Namens der Bastet als „Ba der Isis“ vgl. auch den Abschnitt über den Bubastites in der großen geographischen Prozession in Edfu: bA n As.t im m BAs.t.t, Edfu I, 335, 4, siehe unten, Kap. 4.13.1.2. Siehe dazu und zu ihrem Kult in Bubastis BERGMAN, Isis-Seele, S. 26–34. 1058 Zur weiblichen Form Bat in Verbindung mit Göttinnen, besonders Hathor von Dendara, siehe BERGMAN, Isis-Seele, S. 36–41. 1059 Vgl. zu den „Wanderdämonen“ den Text Philä III, Nr. 143, m. Anm. 391.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Imn.t m1060 WAs.t MnH(j).t m @w.t-sr Amaunet in Theben, Menhit im Haus des Fürsten,1061 Rnp.t rn=s m Hw.t-kA-PtH ‚Jahr‘1062 ist ihr Name im Haus des Kas von Ptah (= Memphis), %pd.t m Abw(?)1063 Nxb.t m Nxb Sothis in Elephantine, Nechbet in Elkab, *nn.t m Iwnw (Sma) Iwn(j).t m Iwn.t Tjenenet im (südlichen) On (= Armant), Iunit in Dendara, As.t m AbDw %SA.t m Wnw Isis in Abydos, Seschat in Hermopolis,1064 @q.t m @r-wr WAD(j).t m @r-dw1065 Heket in Her-wer,1066 Uto in Hardai, mrj(.t) sxn m Nnj-nswt die das Ereignis/Glück(?) liebt in Herakleopolis,1067
1060 Man beachte die vielsagende Schreibung der Präposition m mit dem mw.t-Geier , wodurch gleichzeitig die Präsenz der anderen thebanischen Hauptgöttin Mut angedeutet wird. 1061 Altes Heiligtum des Osiris- (und Re-)Kultes in Heliopolis, siehe dazu P. KAPLONY, s. v. „Fürstenhaus“, in: LÄ II, 1977, Sp. 351–356; FAVARD-MEEKS, Behbeit el-Hagar, S. 103–119 u. 345–347; M. SMITH, pHarkness, S. 218. 1062 Eine bereits seit den Pyramidentexten (PT 477, § 965a–c) übliche Bezeichnung der Sothis als Personifikation des Jahres, siehe Wb II, 432, 6; LGG IV, 678b–c; BEAUX, Sirius étoile, S. 69. 1063 Eher geschrieben wie iAb.t „Osten“, vgl. aber die Parallelen, z. B. Dend. XI, 60, 5–6. 1064 Zu Hermopolis als oberägyptischem Hauptkult- und möglichem Herkunftsort der Seschat, siehe BUDDE, Seschat, S. 60–62. 1065 Die Neulesung des früher _wn-an.wj oder _wn-a.wj transliterierten Gauzeichens folgt den Vorschlägen von COLLOMBERT, Le toponyme, der die verschiedenen Schreibungen und Namensvarianten desselben Ortes (@w.t-rdw/@w.t-rDw = @r-dw/@r-dy), der ursprünglichen Hauptstadt des 17. Gaues, überzeugend aufgelöst hat. Seit dem Neuen Reich bildeten der 17. und 18. Gau offenbar reell eine einzige gemeinsame Verwaltungseinheit, mit Hardai als Hauptstadt, auch wenn die ‚zwei‘ Gaue teilweise noch in weit späteren religiösen bzw. kulttopographischen Texten separat aufgeführt werden. 1066 Eine bedeutende Stadt im 15. o.äg. Gau, nahe bei Hermopolis, mit dem heutigen Dorf el-Hûr am Bahr Jussuf, manchmal aber auch mit dem späteren Antinoe/Antinooupolis identifiziert, vgl. F. GOMÀA, s. v. „Her-wer“, in: LÄ II, Sp. 1157–1158. Auch CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 27, übersetzt mit „Antinoe“. 1067 Ein sehr ungewöhnlicher Beiname, der sonst nur noch in dem Paralleltext Dend. XIII, 26, 7–28, 3 (siehe dort) belegt ist, vgl. LGG III, 351a. Auch die Bedeutung im Kontext von Herakleopolis ist mir unklar; in LGG und von CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 27, wird „die die Umarmung liebt“ übersetzt. In Herakleopolis wurde v. a. Hathor verehrt, und möglicherweise ließe sich eine Verbindung zur Wiedervereinigung des Sonnenauges mit Re herstellen, vgl. z. B. das Fest Hb sxn nfr, siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 906. Andererseits könnte sxn auch für den astronomischen Begriff „Konstellation“ bzw. „Einfluß eines Gestirns“ stehen, was die astronomischen Bezüge der Rückkehr der Fernen Göttin stärker hervorheben würde, vgl. zu dieser Bedeutung von sxn QUACK, Monumentaldemotisch, S. 116, Anm. k); H. J. THISSEN, Zum Namen Σαλμεσχινιακα, in: Leitz, Sternuhren, S. 51–55. Erst im Mai 2014 wurden in Beni Suef, nicht weit der Gauhauptstadt Herakleopolis, Reste eines unter Ptolemaios II. errichteten Tempels entdeckt, der vorläufigen Untersuchungen zufolge Isis als Hauptgöttin gewidmet war, was für eine bedeutende Rolle der Göttin in diesem Gau sprechen würde (http:// luxortimesmagazine.blogspot.nl/2014/05/egyptian-archaeologists-unearth-ptolemy.html).
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Rnp.t1068 m &A-S nb.t anx m &p-iH.w das ‚Jahr‘ (oder: die Junge?) im Seeland (Fayum), die Herrin des Lebens in Atfih. ©d.t m ©d.t sDm(.t) nb m ©dw Die Dauernde/die Rezitiererin(?)1069 in Mendes, die den Herrn hört (?) in Busiris,1070 StA.t m BAs.t Py.t m P _p.t m _p die Geheime/Geierin in Bubastis,1071 Pyt in Pe, Depet in Dep, N.t m %Aw WAD(y).t m Im.t Neith in Sais, Uto in Imet (Tell el-Faraoun), ¢ns.t m IAb.t.t nb.t m spA.t nb(.t) Chenset1072 im Osten/Ostgau, die Herrin1073 in jedem Gau. 1068 Nach dem Vergleich mit der Liste von Beinamen für Isis im demotischen pBerlin P. 6750 ist hier vielleicht auch Rpj.t „die Göttin Repit“ (oder: „die vornehme Dame“, Wb II, 415, 1–4?) zu lesen; siehe für die Edition der Papyri WIDMER, Résurrection d’Osiris; vgl. auch Kap. 6.1.2, zur Klärung des Namens mit weiteren griechischen und demotischen Dokumenten. Für die Bereitschaft zur Diskussion sei Frau WIDMER an dieser Stelle herzlich gedankt. In der Parallele Dend. XIII, 28, 1, ist allerdings eindeutig rnp.t geschrieben. 1069 CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 27, übersetzt, „die, die spricht“, vgl. aber die zahlreichen Belege für dieses Epitheton in LGG VII, 680–681. Besonders Isis und Hathor werden häufig so bezeichnet, und in den busiritischen Choiaktexten des Osirisbeckens von Koptos (siehe dazu Kap. 4.10.3) handelt es sich um einen Namen der Schentait, vgl. J. OSING, Zu den Osiris-Räumen im Tempel von Hibis, in: Hommages Daumas II, S. 511–516: 512–513; YOYOTTE, Cuve osirienne III, S. 189. Möglicherweise gehört dieses Epitheton ursprünglich zu (Schentait von) Busiris, das im obigen Text erst nachfolgend genannt ist. Vgl. auch, besonders zu dieser Benennung der Isis in Philae, KOCKELMANN/ WINTER, Philae III, S. 85, Anm. 4 (zu Philä III, Nr. 35), mit der guten Überlegung, daß die verschiedenen Schreibweisen möglicherweise absichtlich verschiedene Assoziationen erwecken sollten: So wird z. B. bei der erweiterten Form Dd.t nfr.t häufig der Pavian für nfr verwendet, was möglicherweise den Aspekt der Isis als „Rezitiererin“ betonen sollte (dies würde dann wiederum mit CAUVILLEs Übersetzung übereinstimmen). 1070 Siehe zur Göttin %Dm.t-nb, die auch mit Nephthys gleichgesetzt wird MEEKS, Mythes et légendes, S. 185–189; G. GODRON, Á propos de la déesse Sédjémet-Nébet, in: Rivista degli studi orientali 43, 1968, S. 319–326. Sowohl MEEKS und GODRON, als auch LGG VI, 740b–c, übersetzen den Namen mit „Die alles hört“. Da nb „alle, jeder“ jedoch nie substantiviert wird, muß der Name „die den Herrn hört“ bedeuten. Diese Göttin ist eigentlich vor allem eng mit Heliopolis (häufig auch in Verbindung mit Iusaas oder Nebethetepet), und nicht mit Busiris verbunden. Vielleicht wird eine Verbindung zu Busiris jedoch durch die Priestertitel eines Tjanefer bestätigt, da dieser sowohl „geschorener Priester (Hm fk.tj) der %Dm.t-nb“ als auch „Priester der Isis, Herrin von Hebit“ ist (siehe MEEKS, Mythes et légendes, S. 187). %Dm.t-nb ist hier zwar keinem Toponym explizit zugeordnet und die Titulatur stammt von einem saitischen Sarkophag aus der Nekropole von Heliopolis, es sei aber dennoch auf die enge theologische Beziehung des Isistempels von Behbeit el-Hagar (im Sebennytes) zum Osiriskult von Busiris verwiesen, siehe oben, Kap. 4.4.2. Tatsächlich zählt eine Titulatur von einem anderen Sarkophag der gleichen Nekropole unter anderem die Ämter „geschorener Priester“, „Priester der Isis, der Gottesmutter“ und „Priester des Osiris, Herr von Busiris“ auf (siehe ibid.), womit eine explizite Beziehung zu Busiris hergestellt ist. 1071 Vgl. die Gaumonographie Edfu I, 335, 4–5, wo „der geheime Kasten der Geheimen“ (hn StA n StA.t) unter der Rubrik Osirisglied(er) für den Bubastites aufgeführt wird, siehe LEITZ, Gaumonographien, S. 337 (vgl. auch S. 347). Zu Schetat siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 1037–1038; LGG VII, 140–141; speziell zu Schetat von Bubastis GOYON, Rituel du sHtp %xmt, S. 96–100. Zur Beziehung von Isis und Bastet in Bubastis siehe BERGMAN, Isis-Seele, S. 9–69. 1072 Göttin, die die weibliche Perücke personifiziert und als Partnerin des Sopdu im 20. unterägyptischen Gau galt. Sie wird häufig mit Isis identifiziert und mit Kuhgehörn und Sonnenscheibe (mit Maat-Fe-
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nts pw wn(.t) m njw.t nb(.t) spA.t nb(.t) Sie ist es, die in jeder Stadt und jedem Gau ist, Hna sA=s @r Hna sn=s Wsjr zusammen mit ihrem Sohn Horus und ihrem Bruder Osiris.1074 Hsj=s nsw.t bj.tj nb tA.wj [(HqA HqA.w stp n PtH) r nHH Möge sie den König von Ober- und Unterägypten, den Herrn der Beiden Länder [(Herrscher der Herrscher, erwählt von Ptah) (= Augustus) loben, bis in Ewigkeit. Kommentar: Diese lange Litanei in der Friesinschrift postuliert Isis’ Vorherrschaft in ganz Ägypten, indem sie sie systematisch mit verschiedenen Göttinnen in den ägyptischen Gauen identifiziert und somit als Hauptgöttin der jeweiligen Orte bezeichnet. Dies geschieht sowohl über Eigennamen als auch über wichtige Beinamen der jeweiligen Göttinnen. Insgesamt werden 22 Namen und Toponyme genannt, wobei der Hauptteil (ab: „Sothis in Elephantine“) geographisch von Süden nach Norden geordnet ist (zumindest in Oberägypten; in Unterägypten ist die Ordnung der ägyptischen Gaue allgemein uneinheitlich). Nur die wichtigsten Kultzentren des Landes, Theben, Heliopolis und Memphis sind an den Anfang der Reihe vorgezogen.1075 Die letztliche Aussage des Textes wird im abschließenden Satz zusammengefaßt: Isis ist es, die zusammen mit ihrer Familie in jedem Gau verehrt wird.1076 D. h. sämtliche Göttinnen werden als lokale Manifestationen der Isis gedeutet.1077 Die Einleitung deutet darauf hin, daß die Komposition zum Jahresbeginn rezitiert wurde,1078 der ja gerade in Dendara besonders eng mit der Geburt der Isis(-Sothis) verbunden ist.1079 Die Identifikation mit Sothis und – hier über ein gängiges Wortspiel – Bastet1080
1073
1074 1075 1076 1077 1078 1079
der) oder kuhköpfig dargestellt. Siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 737. Vgl. zu dieser Göttin auch P. BARGUET, La déesse Khensout, in: BIFAO 49, 1950, S. 1–7; I. W. SCHUMACHER, Der Gott Sopdu, der Herr der Fremdländer, OBO 79, Freiburg (Schweiz) – Göttingen 1988, S. 243–245. CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 27, liest die sitzende Göttin-Hieroglyphe mit KuhgehörnSonnenscheibe und Papyrusszepter als „Hathor“. Die Hieroglyphe erscheint im vorangegangenen Text mehrere Male als Determinativ hinter den verschiedenen Göttinnennamen, insbesondere dann, wenn es sich eher um Beinamen als um eigentliche Eigennamen handelt. An der einen Stelle zuvor, wo die Hieroglyphe einen Lautwert darstellt, nämlich 78, 18, ist sie eindeutig als nb.t zu lesen (nb.t SmAy.w). Hier nun Hathor lesen zu wollen, erscheint mir nicht sinnvoll, erstens, da der Satz natürlich die vorangehende Litanei zusammenfassen möchte und nb.t m spA.t nb(.t) eine sehr geläufige Wendung ist, und zweitens, da es sich hier um die rechte Bandeau-Inschrift des Allerheiligsten des IsisTempels handelt, Isis zu Beginn der Inschrift genannt ist und hier gegenüber Hathor deutlich Vorrang hat (um diese dreht sich die linke Bandeau-Inschrift). In dem nb.t sind implizit natürlich Isis wie Hathor gemeint, aber ebenso all die anderen genannten Manifestationen der Göttin. Vgl. auch die Parallele Dend. XII, 2, 2–12, wo an dieser Stelle eindeutig „Isis“ geschrieben ist, sowie Dend. XII, 28, 13–32, 7 (Dend. XII, 30, 7–14), wo eindeutig „Hathor“ steht. Zu den zahlreichen Parallelen dieser Schlußphrase siehe CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 17–18. Zu diesem Vorzug der Hauptkultorte vgl. KUCHAREK, Klagelieder, S. 146–147. Entsprechende Phrasen gibt es auch für Osiris, z. B. Dend. Isis, 89, 14–15; vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 47. Ausführlich habe ich Texte dieser Art im Zusammenhang in NAGEL, One for All, behandelt. Vgl. auch DAUMAS, Temple d’Hathor, S. 90; CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19–24. Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19, Anm. 25. Siehe dazu den vorigen Text und Kap. 4.6.3.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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findet sich auch in der Einleitung von Assuan-Hymne 6, die sich sicher (wie weitere Hymnen in Assuan) dem gleichen Anlaß zuordnen läßt. Die Hervorhebung von Bubastis und Bastet im obigen Text könnte zudem mit der engen theologischen Verbindung zwischen Dendara und Bubastis zusammenhängen.1081 Zahlreiche, wenn auch etwas kürzer gehaltene Parallelen der Litanei finden sich über ganz Dendara verteilt, in geringerem Ausmaß auch an anderen Orten. 1082 CAUVILLE bezeichnet den Text als „Aretalogie“,1083 was m. E. nicht korrekt ist, schon allein, da hier nicht wirklich göttliche Taten und Tugenden (griech. ἀρετή) aufgezählt werden, 1084 sondern lediglich Namen bzw. Erscheinungsformen und Orte, ähnlich wie z. B. in den traditionellen wdnw-Litaneien. 1085 Ich möchte den Text daher als kulttopographische Litanei bezeichnen.1086 Diese Textgattung wird auch in weiteren Kapiteln – z. B. zu den demotischen und griechischen Texten aus Ägypten (Kap. 6) – eine wichtige Rolle spielen. Hymnen an Hathor-Isis in den Türlaibungen der Kapellen Text/Hauptpublikation Dend. Isis, 138; Taf. 134 Anbringungsort Dendara, Isistempel, Kapelle B (pr-nw), Eingang, rechte (östliche) Türlaibung Bibliographie CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 96–97; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 112–115 (Synopse) Parallelen Dend. II, 11–12; Dend. IV, 82; Dend. VII, 173–175 Text: Kol. 1:
(Dd mdw) i nfr.wj @w.t-@r nb(.t) [Iwn.t Htp.tw] (Rezitation:) Oh, wie schön ist Hathor, die Herrin von Dendara, indem sie zufrieden ist!1087 i [nfr].wj As.t wr.t mw.t-nTr Htp.tw Oh, wie schön ist Isis, die Große, die Gottesmutter, indem sie zufrieden ist! i [nfr].wj %xm.t Htp.tw Oh, wie schön ist Sachmet, indem sie zufrieden ist! i nn xm=s nb r [( ) Oh, möge nicht irgendetwas von ihrem Staub gegen [(den König) kommen!
1080 Vgl. auch eine ptolemäische Priesterstatue, die den Titel eines „Priesters der Bastet-Isis, Herrin von Baqet“ enthält, siehe D. KLOTZ/M. LEBLANC, An Egyptian Priest in the Ptolemaic Court: Yale Peabody Museum 264191, in: Zivie-Coche/Guermeur (Hrsg.), Hommages Yoyotte II, S. 645–698: 654– 655 u. 659, (f); LEITZ, Gaumonographien, S. 338. 1081 Siehe dazu KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 95–96. 1082 Siehe die Synopse in Transliteration bei CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 20–22. Vgl. Kap. 4.6.2. 1083 CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19. 1084 Zur Definition der Aretalogie im Ägyptischen, siehe ASSMANN, „Aretalogien“; mit Verbesserungen von STADLER, Weiser und Wesir, S. 229–231; vgl. übergreifend auch JÖRDENS, Aretalogies. 1085 Siehe dazu ASSMANN, „Litanei“; SAUNERON, Esna VIII, S. 3–14; QUACK, Geographie als Struktur, S. 131–132; ID., Neuer funerärer Text, bes. S. 77–78 u. 83–86. 1086 BUDDE, Die Eine, S. 290, bezeichnet sie etwas allgemeiner als „kulttopographische Listen“. 1087 Abweichend von der durchgängigen Übersetzung der Phrase bei CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 96–97: „Comme cela est beau, Hathor,…, est satisfaite!“ Sie übersetzt demnach i nfr.wj unpersönlich und nicht mit der jeweils genannten Göttin als Subjekt zum Adjektivalsatz.
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Kol. 2:
Kol. 3:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
i wr.t nSn=s dr[…]j Oh, Große, deren Wut […?] zurückstößt! i nfr.wj nbw.t m [xnt] pr-wr bAq.tw Xr nfr.w=s Oh, wie schön ist die Goldene an der Spitze des pr-wr, das erhellt ist durch ihre Schönheit! i psD(?)=s1088 tA.wj m mfk(A.t) Oh, möge sie erleuchten(?) die Beiden Länder mit Türkis/Freude! i wr.t wbn.tw m wp.t n Ra Oh, Große, die am Scheitel des Re aufgeht! i nfr.wj @w.t-@r nb(.t) Iwn.t Oh, wie schön ist Hathor, die Herrin von Dendara, indem sie zufrieden ist, Htp.tw Xnm=s wArx.t wenn sie sich mit der Säulenhalle vereint (= wenn sie die Säulenhalle mit ihrem Duft erfüllt)!1089 i Ra Ssp.n=f-sw m a.wj=f Oh, Re; er empfängt sie in seinen Armen! i Itm rr=f-sw Hr mn(.tj)=f Oh, Atum; er zieht sie auf auf seinem Schoß! [i nTr.w] n=T Hkn[…] m r(?)[…] Oh, die Götter (kommen?) zu dir, Jubel in […]! i [nTr.wt] n=T Xr [mnj.t]=sn Oh, die Göttinnen (kommen?) zu dir mit ihren Menit-Halsketten! i nfr.wj nbw.t ij.tw m Htp Oh, wie schön ist die Goldene, indem sie willkommen ist in Frieden! i dj=s TAw nb r fnD nb anx r mrj.n=s Oh, sie gibt jeglichen Atem an jede Nase, und Leben an den, den sie liebt! i Nxb.t xnj=s r pr-wr Oh, Nechbet; sie läßt sich nieder im pr-wr!
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Dend. Isis, 139; Taf. 134 Dendara, Isistempel, Kapelle B (pr-nw), Eingang, linke (westliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 96–99; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 112–115 (Synopse) Dend. Isis, 189; Dend. II, 11–12; Dend. IV, 82; Dend. VII, 173–175
1088 CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 96–97, liest stw.t, übersetzt dies jedoch als Verb. 1089 Vgl. zur übertragenen Bedeutung von Xnm: WILSON, Ptol. Lex., S. 769.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: Kol. 1:
Kol. 2:
Kol. 3:
(Dd mdw) i nfr.wj […].t […] Htp.tw (Rezitation:) Oh, wie schön ist […], indem sie zufrieden ist! i nfr.wj ir.t Ra(?) Htp.tw Oh, wie schön ist das Auge des Re, indem sie zufrieden ist! i [nfr.wj] WAD.t [x]nj=s r pr-nsr Oh, wie schön ist Uto, wenn sie sich niederläßt im pr-nsr! i sn.tj [snsn m] pr-nw Oh, die Beiden Schwestern, die sich vereinen im pr-nw! [i MAa.t] sjar.tw r [X]nw [kAr] Oh, Maat, indem sie erhoben ist im Inneren des Schreins! i Mr.t=k [n=k] Ra ra nb Oh, deine Meret ist für dich, Re, jeden Tag! mrj Ra mAa.t nn wn hrw [Ab(?)]=f im=s Re liebt die Maat, es gibt keinen Tag, an dem er von ihr [getrennt ist(?)].1090 i Nbw.t Htp.tw m aH[.t] Oh, Goldene, indem sie zufrieden ist/ruht im Palast! [i As.t(?)] nTr.t Htp.tw m aH.t Oh, Isis(?),1091 die Göttin, indem sie zufrieden ist/ruht im Palast! i nTr.t mnx.t sp sn Oh, vortreffliche, vortreffliche Göttin! i hy As.t nTr.t Htp.tw Oh, he, Isis, die Göttin ist zufrieden! i Sfj.t=T(?) pXr m idb.w Oh, dein Ansehen ist verbreitet an ‚den Ufern‘ (Ägypten)! i nrw(=T) m tA.w nb Oh, dein Schrecken ist in allen Ländern! i hh=T m xftj.w=T Oh, deine Flamme ist unter deinen Feinden! i dn[dn]=T [… sbj.w?]1092 Oh, deine Wut ist [unter den Rebellen?]! […] ib(?)[=T?] m […] ? [… …] ? [… … … … … … … … …] […] ??? […] i nfr.wj As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Oh, wie schön ist Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, Hrj-ib Iwn.t Htp.tw sp sn die in Dendara residiert, indem sie zufrieden ist, zufrieden ist!
1090 Vgl. Wb I, 6, 8. 1091 Ergänzung nach CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 98–99; es ist jedoch fraglich, ob der Platz dafür tatsächlich ausreicht. 1092 Vgl. das erhaltene Determinativ des geköpften und gebundenen Feindes.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Dend. Isis, 189; Taf. 172 Dendara, Isistempel, Kapelle C (pr-nsr), Eingang, rechte (östliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 160–163; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 112–115 (Synopse) Dend. II, 11–12; Dend. IV, 82; Dend. VII, 173–175
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
Kol. 3:
(Dd mdw) i As.t nTr.t ij.tw m Htp (Rezitation:) Oh, Isis, die Göttin, sei willkommen in Frieden! i @w.t-@r nb(.t) Iwn.t ij.tw m Htp Oh, Hathor, Herrin von Dendara, sei willkommen in Frieden! i pXr(.t) Hr(.t) m anD Oh, die den Himmel im Sonnenlicht durchquert! i sS(.t) wA.wt (n) mrj.n=s Oh, die die Wege öffnet (für) den, den sie liebt! i xnj nfr.t [… … … … …]T imj.w pr.w Oh, die Schöne läßt sich nieder […] die, die in den Häusern/Tempeln sind! i tj.t nfr.t sp sn Oh, schönes Abbild, schönes Abbild, @w.t-@r wr.t nb(.t) Iwn.t Hathor, die Große, die Herrin von Dendara! i xftj.w=T xr [X]r=T Oh, deine Feinde fallen unter dir, iw/r ib=T Htp Hr snf=sn bis dein Herz zufriedengestellt ist durch ihr Blut! nfr.wj Hnw.t nfr(.t) Hr.w Wie schön ist die Gebieterin, schön an Gesichtern, nb(.t) ISr(w) Hnw.t irj(.t)[-sj] die Herrin von Ischeru, die Gebieterin, die sich erschaffen hat! [… …] nb(.t) Hm.wt wsr.t Hnw.t wa.t […] die Herrin der Frauen, die Mächtige, die einzigartige Gebieterin! i Dsr.t xnt aH.t WAs.t Oh, Heilige an der Spitze des Palastes von Theben! i [… …]S(?) mnx.t(?) m aH.t [… … … …] Oh, […] Vortreffliche im Palast […]! [i] @w.t-@r nb(.t) Iwn.t [… … … … …] Hnw.t hrw spr=s r aH.t [Oh,] Hathor, Herrin von Dendara […], Gebieterin, der Tag, an dem sie den Palast erreicht.
Kommentar: Die drei Texte der Türlaibungen der Seitenkapellen bilden zusammen eine Einheit von Hymnen mit anaphorischen Versen, die die Göttin in ihren verschiedenen Formen (Hathor, Isis, Sachmet, Nechbet, Uto, Maat) preisen. Sie beruhen auf Hymnen für Hathor im Haupt-
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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tempel, die für Isis adaptiert wurden.1093 Jeder Vers beginnt mit dem Anruf i „Oh…“, wodurch die Hymnen durchgehend strukturiert werden; Parallelen finden sich z. B. in der Litanei für Sokar innerhalb des Rituals, „um Sokar aus der Schetit zu holen“.1094 Das wiederkehrende Verb xnj „sich niederlassen“ deutet darauf hin, daß die Göttin während einer Prozession an verschiedenen Stationen haltmacht. Im Hathor-Tempel sind die Texte entlang des Prozessionsweges der Hathor beim pr-nw, im Wabet, und an der Osttreppe, über die die Prozession vom Dach zurückkehrt, angebracht.1095 In den weitaus kleineren Dimensionen des Isistempels sind die Inschriften auf die Nebenkapellen verteilt, wobei der Hymnus selbst sowohl pr-nw und pr-nsr als auch pr-wr (das Sanktuar) erwähnt. Inhaltlich scheint es in erster Linie um die Gefährliche Göttin mit ihren Manifestationen (Sachmet, Uto, Nechbet) zu gehen, die Feinde wirksam bekämpft, im Tempel jedoch zufriedengestellt wird (Htp) und dem König keinen Schaden zufügen soll. Bandeau-Inschriften an der Tempelaußenwand Text/Hauptpublikation Dend. Isis, 300, 1–5 Anbringungsort Dendara, Isistempel, Außenwand (E), Ostseite, Soubassement-Inschrift, linke (nördliche) Seite Bibliographie CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 300–301; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 225 Text: iA.t n Iwnj.t Der Hügel ist für Iunit („Die von Dendara“). papa.tw=s m h(A)w=s m s.t km.t [dSr(.t)] Sie wurde auf ihm geboren als schwarze und rote Frau, Xnm(.t) anx mrj(.t) ins die mit Leben erfüllt ist, die den blutroten Stoff liebt, Hnw.t n nTr.wt Sps.wt die Gebieterin der Göttinnen und der Edlen, s.t msxn(.t) n Hm=s m aAy die ‚Geburtsstätte‘ ist für Ihre Majestät in Jubel, Dsr.tw Xr smn=s tp tA geheiligt unter ihrem Abbild auf Erden, Hw.t-nmj.t n.t/ntj(?)[… … … …] Xr kA n sA.t Gbb das ‚Haus der Liege‘ der/für(?) […] unter dem Ka der Tochter des Geb, NTrj.t nTr[j.t] Xr HqA.t HqA(.t) Hp.tj ‚Die Göttliche‘ (Dendara) ist göttlich unter der Herrscherin, die die Welt beherrscht, As.t wr.t mw.t-nTr Hsj=s [nswt bjtj]… Isis, die Große, die Gottesmutter. Möge sie den König begünstigen… 1093 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 112. Die entsprechenden Texte im Haupttempel sind Dend. II, 11–12; Dend. IV, 82; Dend. VII, 173–175. 1094 Siehe zuletzt QUACK, Sokarritual, mit Angabe weiterer Literatur. Vgl. zum Sokarritual auch unten, Kap. 5.1.4. 1095 CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 112. Vgl. auch EAD., Fêtes d’Hathor, S. 41–42.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kommentar: Die Soubassement-Inschrift gibt die Funktion und Bedeutung des Isistempels, bzw. seines Standorts (iA.t, der Hügel; sonst IA.t-dj genannt) an: Es ist der Ort, an dem Isis geboren wurde, die in ihren Eigenschaften beschrieben wird. Der rote Stoff, den sie dem Text zufolge liebt, steht in enger Verbindung mit Blut, was hier möglicherweise im Kontext des Geburtsblutes zu sehen ist.1096 Andererseits werden häufig Formen der Gefährlichen Göttin als „Herrin des ins-Stoffes“ bezeichnet, wohl ihren Blutdurst andeutend.1097 Die andere Hälfte der Inschrift ist Hathor-Tefnut gewidmet.1098 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. Isis, 300, 8–11 Dendara, Isistempel, Außenwand (E), Ostseite, Fries-Inschrift, rechte (südliche) Seite CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 300–301; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 226
Text: nswj.t bjtj.t As.t wr.t mw.t-nTr Die Königin von Ober- und Unterägypten, Isis, die Große, die Gottesmutter, nb.t IA.t-dj Hrj(.t)-ib Iwn.t die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, sA.t Gbb irj(.t) n Nw.t m &A-rr die Tochter des Geb, geboren von Nut in Dendara, Hm.t-nsw.t tpj.t nj.t [(Wn-nfr mAa xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), mw.t-nTr n bjk n nbw die Gottesmutter des Falken des Goldes, HqA.t HqA(.t) tA.wj die Herrscherin, die die Beiden Länder beherrscht, Dr prj=s m X.t seitdem sie aus dem Leib herausgekommen ist, iTj.n=s &A-mrj tp nwd.t=s sie hat das Geliebte Land (Ägypten) (noch) in ihrer Windel in Besitz genommen, wbn n=s Ra m Sw Dr ms.tw=s m BHd.tj sAb-Sw.t Re erscheint für sie im Lichtglanz, als sie geboren wird/nachdem sie geboren wurde, als Behedeti, der Buntgefiederte, ij n=s nTr.w m iAw sp sn die Götter kommen zu ihr in Lobpreis, in Lobpreis, Sps.wt m hnw sp sn die Edlen (= Göttinnen) sind in Jubel, in Jubel.
1096 Vgl. PT Spruch 570, § 1464a: „Ich bin das Rote (ins), das hervorkam aus Isis, ich bin das Blutrote (dSr.w), das aus Nephthys hervorkam.“ 1097 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 279–280; GERMER, Textilfärberei, S. 126–128; LGG IV, 19a–b. 1098 Dend. Isis 299, 15–18. Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 225.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Hsj=s nswt bjtj… Möge sie loben den König… Kommentar: Auch die Friesinschrift erwähnt das Hauptereignis der Isisgeburt, stellt dieses jedoch vor allem in den Zusammenhang ihrer Familienverhältnisse und der damit verbundenen Erbschaft des Königsamtes, welches sie gleich nach der Geburt ergreift.1099 Das konkrete Motiv der Herrschaft „bereits in den Windeln“ ist ein zentraler Topos ägyptischer Königseulogien. 1100 Außerdem wird ihre Geburt mit dem Sonnenaufgang verbunden, da dieser bei Jahresbeginn unmittelbar nach dem Erscheinen der Sothis, mit der Isis identifiziert wird, stattfand.1101 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Dend. Isis, 327, 5–9 Dendara, Isistempel, Außenwand (E), Südseite, Soubassement-Inschrift, rechte (östliche) Seite CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 336–337; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 243–244; 272–273; 285–288 (Synopse); BERGMAN, Ich bin Isis, S. 156, Anm. 5; S. 159–160 (zu Parallelen) a) Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XIV, 146, 3–14; Dend. XV, 337, 10–14; Dend. Isis, 78, 4–8; Dend. Isis, 300, 1–5 u. a. b) Kalabchah I, 15–16; Philae-Hymne 3; Assuan-Hymne 3; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XIV, 146, 3–141102
Text: anx Iw-dj (=IA.t-dj) Iwn.t-tA-nTr.t xr=tw r=f Es lebe Iat-di, ‚Dendara/Iunet der Göttin‘1103 nennt man es. msj.tw As.t im m s.t km(.t) {dSr.t?} Xnm(.t) anx Isis ist dort geboren als schwarze {und rote} Frau, die mit Leben erfüllt ist, mrj(.t) ins die den blutroten Stoff liebt, nb(.t) mrw.t Hnw.t nTr.wt Hm.wt die Herrin der Liebe/Beliebtheit, die Gebieterin der Göttinnen und Frauen.1104 nxb n=s ©Hwtj nxb.t m Dd Thoth hat für sie die Titulatur festgesetzt, mit den Worten:1105 1099 Siehe auch oben, zur Hymne im Sanktuar Dend. Isis 78, 4–8. 1100 Siehe dazu J. KÜGLER, Die Windeln des Pharao. Ein Topos ägyptischer Königstheologie in hellenistisch-jüdischer und christlicher Rezeption, in: GM 172, 1999, S. 51–62; BUDDE, Harpare-pachered, S. 74–78; WILSON, Ptol. Lex., S. 500–501. 1101 Vgl. dazu LEITZ, Nacht des Kindes, S. 137–138; CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 226. 1102 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 285. 1103 Vgl. KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 54–57. Mit dem genitivischen Zusatz tAnTr.t ist natürlich die Göttin von Dendara, Hathor-Isis, gemeint, die somit als „die Göttin“ schlechthin gedacht ist. 1104 Vgl. zu diesem Abschnitt die Paralleltexte a).
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
r.t-pa.t sA.t Gbb HA.tj.t-a sA.t MrHy Prinzessin, Tochter des Geb, Fürstin, Tochter des Mereh-Stiers,1106 m TAtj.t sA.t ©Hwtj mAA.t @r als weiblicher Wesir die Tochter des Thoth, die Horus sieht, mrj(.t) BA wDA(.t) $nmw(?) geliebt vom Bock (Ba), die Pflegerin(?) des Chnum(?),1107 wr(.t) Hsw.t wr(.t) Hts groß an Gunst, groß an Vollendung, Dr.t-nTr Hm.t-nTr Hm.t nswt die Gotteshand, die Gottesgemahlin, die Gemahlin des oberägyptischen Königs, Hm.t bjtj Hm.t wr.t die Gemahlin des unterägyptischen Königs, die Große Gemahlin,1108 nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr) die Königin von Ober- und Unterägypten [(Isis, die Große, die Gottesmutter), nb(.t) IA.t-dj Hrj(.t)-ib Iwn.t die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, sA.t Nw.t m Hw.t-Nw.t die Tochter der Nut im Tempel der Nut. Hsj=s nswt bjtj… Möge sie den König begünstigen… Kommentar: Die Soubassement-Inschrift kombiniert zwei zentrale Texte der Isis-Theologie, die jeweils durch mehrere Parallelen vertreten sind (s. o.). Der erste Teil enthält die lokale Konzeption der Isisgeburt mit einer kurzen Beschreibung der neugeborenen Göttin mittels einer Reihe von typischen Elementen (schwarzrote Frau, blutroter Stoff etc.). 1109 Den zweiten Teil hingegen bildet die in diversen Tempeln belegte und demnach weitverbreitete KöniginnenTitulatur der Isis, welche sich aus teilweise sehr alten Titeln zusammensetzt, und die ihr nach Aussagen der Geburtstexte von Dendara von Thoth verliehen wird.1110
1105 Hiermit beginnt die Parallele zu b). 1106 Alter Titel von Königinnen, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 443. 1107 Vgl. den Kommentar zu diesem Epitheton in der Parallele Assuan-Hymne 3, Kap. 4.2.1.A, Anm. 566. 1108 Prinzessinnen-, Königinnen- und Gottesgemahlinnen-Titel, vgl. auch die ähnliche Titelreihe in Philae-Hymne 3. 1109 Ausführlich zur Summe dieser Elemente, welche in den Isistexten in Dendara immer wieder in verschiedenen Kombinationen genannt werden: LEITZ, Nacht des Kindes; vgl. Kap. 4.6.3. 1110 Vgl. Assuan-Hymne 3 (mit Literaturangaben) und die anderen Parallelen. Siehe zur Verleihung dieser Titulatur an Isis PAYRAUDEAU, Titres des reines, S. 223–225.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
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Dend. Isis, 327, 17–328, 2 Dendara, Isistempel, Außenwand (E), Südseite, Fries-Inschrift, rechte (östliche) Seite CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 338–339; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 243–244 Dend. Isis, 78, 4–8; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XIV, 146, 3– 14; Dend. XV, 337, 10–14
Text: anx @r.t Hwnw.t sA.t HqA Es lebe der weibliche Horus, das junge Mädchen, die Tochter des Herrschers, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter, papa(.t) m Iwn.t m grH nxn m sS=f geboren in Dendara in der Nacht des Kindes in seinem Nest, Hr gs imntj n Hw.t-sSS.t auf der Westseite des ‚Hauses des Sistrums‘ (= Hathortempel).1111 Dd.jn nb.t Iwn.t ir.t Ra m &A-rr Es sprach die Herrin von Dendara, das Auge des Re in Dendara, &fn.t […] mw.t(?)=s irj-s[j? … …] Tefnut […] ihre Mutter(?), als/die sie (sie) zur Welt brachte(?) […] xp(r) rn=s pw n As.t So entstand ihr Name ‚Isis‘.1112 wn=s ir.tj=s(j) wpS.n=s [Ax.t?] bd.n=s tA mj Ax.tj Sie öffnet ihre Augen, als sie [das Feld?] bestrahlt und die Erde erleuchtet wie der Horizontische, Tnj[-sj] WADD Hrj-tp ndb=s1113 der Agathodaimon hat sie auf ihrem Grund erhoben, nfr ib n sxm.w n mAA=s das Herz der (göttlichen) Mächte ist erfreut bei ihrem Anblick, it=s Ra Dwj=f1114 nTr iw/r Hm.t=s dj n=s [… …] ihr Vater Re, er ruft zu ihrer Majestät, […] gibt ihr […] Hsj=s nswt bjtj … Möge sie den König begünstigen… Kommentar: Die rechte Friesinschrift der Südaußenwand, welche die Soubassement-Inschrift ergänzt (s. o.), beginnt mit Titeln der Isis, die an Elemente aus der Königstitulatur erinnern, bzw.
1111 Vgl. zur Lagebeschreibung des Isistempels Dend. XII, 2, 2–12, und das Inventar in der „Archivkrypta“: Dend. VI, 155, 15–159, 2. 1112 Vgl. zu dieser Stelle die Parallelen (s. o.). 1113 Oder vielleicht: nwd=s? 1114 Zur Lesung als Dwj „rufen“ in Verbindung mit der Rektion mit r siehe QUACK, Fragmente, S. 108, Anm. e).
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
speziell an Horusnamen einiger Ptolemäerköniginnen,1115 und schließt damit direkt an die Königinnentitel der unteren Bandeau-Inschrift an. Die Ätiologie des Namens „Isis“, den die Göttin nach der Geburt erhält, ist hier nicht ganz erhalten, scheint aber eine gewisse Variation zu den Parallelen (s. o.) dieser Stelle (die alle nicht ganz identisch miteinander sind) zu zeigen: Nicht Nut, sondern Hathor-Tefnut von Dendara wird hier anscheinend als Mutter der Isis bezeichnet, falls nicht ein n in der Lücke zu ergänzen ist, wodurch Hathor die Worte der Namensgebung zur Mutter Nut sprechen würde, was m. E. wenig Sinn macht und ebenfalls eine Abweichung von der sonst üblichen Wiedergabe wäre. Auch die Aussage, daß Schai (hier wADD genannt)1116 Isis nach ihrer Geburt erhebt, findet sich in den Parallelen im Anschluß an die Namensgebung wieder. Die Westseite beider Bandeau-Inschriften zeigt entsprechende Texte für Hathor, von denen jedoch jeweils nur etwas mehr als die Hälfte erhalten ist. Sie beschreiben einen Zustand der Festlichkeit und Freude (Soubassement-Inschrift), der auch den Schwerpunkt für die Epitheta der Hathor (Fries-Inschrift) bildet.1117 4.6.1.B Ergänzende Texte in Ritualszenen u. a. Szenen im Isistempel Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 88, 3–16; Taf. 93 Dendara, Isistempel, Sanktuar A, Ostwand, 1. Reg., Szene IV CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 38–39; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 43–46 Augustus betet Isis in Kuhgestalt an, die auf einem Podest steht (Titel: „Gott sehen für seine Mutter, die Mächtige“), dahinter steht Nut in Menschengestalt.1118
Text: – Beischrift der Isis-Kuh (88, 11–12): [… … … …] Sps n.j.t nb.tj rxj.t […] das/die edle [Abbild?] der Beiden Herrinnen (= Königin) der Rechit-Menschen, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter, wbn.tw m Dry.t=s xnt s.t msxn.t{j} die erscheint in ihrer Kapelle an der Spitze der Geburtsstätte m bs=s m Ax.t an(.t) Hr in ihrem Abbild (= Erscheinungsform) als Kuh mit schönem Gesicht. – Göttliche Randzeile (88, 15–16): nswj.t bjtj.t Sps.t n id.wt mw.t-nTr Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Edle der Kühe, die Gottesmutter,
1115 1116 1117 1118
Berenike II.: sA.t HqA. Kleopatra I: Hwn.t sA.t HqA, siehe BECKERATH, Königsnamen, S. 236–239. Siehe dazu z. B. QUAEGEBEUR, Shaï, S. 140–141. Siehe die Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 336–339. Siehe zu dieser Szene CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 43.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Hnw.t tA.wj nb.t nfr.t bnr(.t) mr(w).t die Gebieterin der Beiden Länder, die vollkommene Kuh, mit süßem Liebreiz, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Kommentar: Die Darstellung der Isis als Kuh ist hier sicherlich von Hathor beeinflußt, die in der korrespondierenden Szene ebenfalls in dieser Form gezeigt wird,1119 und von der es heißt, daß sie Isis („diese Göttin“) säugt.1120 Auch im Fries der Südwand, wo die heiligen Götterbilder dargestellt sind, wird Isis u. a. durch eine Kuh repräsentiert, mit der Beischrift:1121 sStA StA n As.t (nTr.t) „Das geheime Bild von Isis(, der Göttin).“1122 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 90, 1–92, 8; Taf. 95–96 Dendara, Isistempel, Sanktuar A, Ostwand, 2. Register, lange Szene über die ganze Wand CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 40–43; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 48–52 Augustus spielt Sistrum vor einer ganzen Reihe an thronenden Göttern: Hathor, Isis mit Horus auf dem Schoß, Horus, Harsomtus, Thoth und die Triade Isis, Osiris und Harsiesis. Vor dem König stehen Ihi und Harsomtus, ikonographisch gleich gestaltet, auf einem Semataui-Zeichen und halten jeweils ein Sistrum, davor zwei mnw-Vasen auf einem Ständer, davor ein weiterer Kindgott (wohl der jugendliche Sonnengott) auf einer Lotusblüte sitzend, umgeben von den Wappenpflanzen von Ober- und Unterägypten; davor und direkt vor den Göttern, steht ein weiterer, größerer Ihi, der Hathor Menit und Sistrum entgegenhält. Bei dem Spruch des Ihi handelt es sich um einen Auszug aus dem heliopolitanischen Ritual der mnw-Vase.1123
Text: – Beischrift der ersten Isis, mit Horus auf dem Schoß, stillend (90, 5–6): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, hrj-ib Iwn.t ATj.t n sA=s @r die in Dendara residiert, die Amme ihres Sohnes Horus, 1119 1120 1121 1122 1123
Dend. Isis, Taf. 112; vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 43–46. Dend. Isis, 114, 16. Dend. Isis, 108, 11; Taf. 108. Es könnte sich bei auch um ein bloßes Determinativ handeln. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 50 m. Anm. 87. Siehe dazu H. STERNBERG-EL HOTABI/F. KAMMERZELL, Ein Hymnus an die Göttin Hathor und das Ritual ‚Hathor das Trankopfer darbringen‘ nach den Tempeltexten der griechisch-römischen Zeit, Rites Égyptiens 7, Brüssel 1992; QUACK, Ostrakon Glasgow; CAUVILLE, Fêtes d’Hathor, S. 68–97.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
SAa.t SAa(.t) irj xnt nTr.wt die Uranfängliche, die als Erste gebar an der Spitze der Göttinnen, nfr(.t) Hr bnr(.t) bnr.w schön an Gesicht und süß an (süßer) Milch. – Beischrift der zweiten Isis, in der osirianischen Triade (91, 17): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, xnt &A-rr ir.t Ra nb(.t) p.t xnt IA.t-dj die an der Spitze von Dendara, das Auge des Re, die Herrin des Himmels, die an der Spitze von Iat-di ist, nb.t njw.wt Hnw.t spA.wt itj.t xnt itr.tj die Herrin der Städte, die Gebieterin der Gaue, die Fürstin an der Spitze der Beiden Heiligtümer (= Ägypten). Kommentar: Isis ist hier nicht als neugeborene Göttin gedacht (was ihr Hauptaspekt im Tempel ist), sondern als Mutter von Horus,1124 und in der osirianischen Triade außerdem als Gattin des Osiris (wenngleich dies in den Beischriften nicht erwähnt wird). Die drei Mitglieder der osirianischen Familie werden als Herrscher über das ganze Land präsentiert: Dem Schluß der Beischrift von Isis, die über Städte, Gaue und die Beiden Heiligtümer herrscht, entspricht bei Osiris und Harsiese je eine Passage, die sie als Herren über Tempel und Heiligtümer bezeichnet.1125 Dadurch wird einmal mehr betont, daß die osirianische Familie in ganz Ägypten eine herausragende Rolle spielt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen Inhalt der Szene
Dend. Isis, 96, 10–97, 10; Taf. 100 Dendara, Isistempel, Sanktuar A, Südwand, 3. Register, lange Szene über die ganze Wand CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 48–49; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 72–76; QUACK, Standardhymnus Philae-Hymne 7; Dend. IV, 75, 14–76, 1 und diverse Versionen des Sistrumhymnus Augustus, kniend, der in der königlichen Randzeile mit Pepi I. identifiziert wird, präsentiert den Sistrum spielenden Kindgott Hor-Ihi vor Isis und Harsomtus, beide thronend; die Szene wird rechts abgeschlossen durch einen frontal dargestellten Hathorkopf auf einem Goldzeichen auf einem Podest.
1124 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 51. 1125 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 51. Vgl. auch die kulttopographische Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5, und Parallelen.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: – Beischrift der Isis (97, 5–7): (Dd mdw jn) [(As.t wr.t mw.t-nTr) nb(.t) IA.t-dj (Rezitation durch) [(Isis, die Große, die Gottesmutter), die Herrin von Iat-di, Hrj-ib Iwn.t nb(.t) pr-wr Hnw.t pr-nsr.t die in Dendara residiert, die Herrin des pr-wr, die Gebieterin des pr-nsr.t, HqA.t nb(.t) sSS.t iHj.tw n D.t=s die Herrscherin und Herrin des Sistrums, für deren Leib man musiziert, mw.t-nTr n KA-mw.t=f die Gottesmutter des Kamutef, Hm.t nsw.t wr.t n irj wnn.t die Große Königliche Gemahlin dessen, der das Existierende geschaffen hat, mH(.t) p.t tA m nfr.w(?)=s die Himmel und Erde mit ihrer Schönheit erfüllt. Kommentar: Die Szene adaptiert Auszüge aus dem Sistrumhymnus, ähnlich der Parallele Philae-Hymne 7.1126 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 121, 1–13; Taf. 117 Dendara, Isistempel, Sanktuar A, Westwand, 3. Reg., Szene II CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 76–77; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 64–66 Isis, die durch eine thronende Ebenholzstatue mit Thron auf dem Haupt und wAs-Szepter in der Hand vertreten ist, erhält von Ihi ein Udjat-Auge.
Text: – Beischrift der Isis (121, 10–11): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, Hrj-ib Iwn.t ir.t Ra psD(.t) m Ax.t die in Dendara residiert, das Auge des Re, die erglänzt im Horizont, wbg.n=s p.t nms.n=s tA sie erleuchtet den Himmel, sie erhellt die Erde, snj stw.t=s r stw.t itn hbn qA mH 1 ihre Strahlen gleichen den Strahlen der Sonnenscheibe. Ebenholz. Höhe: 1 Elle. – Göttliche Randzeile (121, 12–13): nTr.t tn Sps.t wsr.t an(.t) xa(.w) m IA.t-dj Diese Göttin, die Edle und Mächtige, mit schönem Erscheinen in Iat-di, HAy.t m Hr.t sHD snk.t die Leuchtende am Himmel, die die Dunkelheit erhellt, 1126 Vgl. QUACK, Standardhymnus, CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 73–75.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
wpS.n=s tA Hr ndb=f sie erleuchtet die gesamte Erde. Kommentar: Die Isis-Statue dieser Szene ist auch in der Südkrypta des Haupttempels dargestellt (Dend. V, 133); insgesamt kommt der ikonographische Typus nur mit Thron auf dem Kopf recht selten in Dendara vor.1127 In den Beischriften wird die Göttin mit einer Kumulation von verschiedenen Worten für „leuchten“ u. ä. als Auge des Re identifiziert – eine Rolle, die in Dendara auch häufig Hathor zugeschrieben ist und zu deren engen Haupttiteln gehört. Mit dem von Isis verkörperten Himmelsgestirn dürfte auch hier Sothis gemeint sein („ihre Strahlen gleichen denen der Sonnenscheibe“). Nicht nur in dieser Szene, sondern jeweils in den letzten drei Szenen der oberen beiden Register, übernehmen Götter die Offiziantenrolle des Königs.1128 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 128, 12–129, 9; Taf. 122 Dendara, Isistempel, Sanktuar A, Südwand, 4. Reg., große Szene CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 84–87; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 89 Der König kniet nieder vor Isis und Osiris, beide thronend; vor dem König steht Harsiese und spielt Sistrum vor seiner Mutter.
Text: – Beischrift der Isis (129, 5–6): (Dd mdw jn) [(As.t wr.t mw.t-nTr) nb(.t) IA.t-dj (Rezitation durch) [(Isis, die Große, die Gottesmutter), die Herrin von Iat-di, Hrj-ib Iwn.t dj r tA m Hw.t-Nw.t die in Dendara residiert, die zur Welt gebracht wurde im Tempel der Nut, wbn n=s itn n p.t m ixx für die die Sonnenscheibe aufgeht am Himmel in der Morgendämmerung m BHd.tj sAb Sw.t mj.t.t sk Dr bX.n=s sA=s als Behedeti, der Buntgefiederte, ebenso wie als sie ihren Sohn gebar, Dr smA=s tA n sn=s Wsjr und als sie ihren Bruder Osiris bestattete.1129
1127 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 65, Anm. 119. 1128 Siehe CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 65. 1129 Vgl. dazu eine Passage im Text Dend. XII, 3, 4–9: „Re-Behedeti-Somtus ging für sie auf in der Dämmerung, als sie geboren wurde, er handelte für sie ebenso, als sie ihren Sohn Horus gebar, und als sie ihren Bruder, den König von Ober- und Unterägypten, bestattete.“
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Kommentar: Die Szene empfindet die komplementäre Szene mit Hathor nach, in der zwei Kindgötter Sistrum spielen, und die sich mit verdoppelten Figuren auch im Haupttempel wiederfindet (Dend. III, 93–94). Dabei handelt es sich um eine alte Statuengruppe.1130 Die osirianische Familie ist in der Szene in den Vordergrund gestellt, umso mehr als in den Beischriften alle drei (Isis, Osiris, Harsiese) Kartuschen um ihre Namen tragen. Auch Isis’ Beschrift nimmt Bezug auf ihr Verhältnis zu Mann und Sohn. Von Osiris wird außerdem gesagt, daß er in Theben geboren wurde (129, 8), wo diesem Ereignis tatsächlich der Opet-Tempel gewidmet ist.1131 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 151, 13–152, 8; Taf. 144 Dendara, Isistempel, Kapelle B (pr-nw), Ostwand, 2. Reg., Szene III CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 116–119; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 134–135 Der König libiert vor den thronenden Isis und Osiris.
Text: – Beischrift der Isis (152, 4–5): (Dd mdw jn) [(As.t wr.t mw.t-nTr) nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t (Rezitation durch) [(Isis, die Große, die Gottesmutter), die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, Hm.t-nswt tpj.t n nswt-bjtj die Erste Königliche Gemahlin des Königs von Ober- und Unterägypten, %pd.t m bjA nb(.t) tp-rnp.t Sothis am Himmel, die Herrin des Jahresanfangs, mw.t-nTr n bjk nbw.t die Gottesmutter des Falken der Goldenen. – Göttliche Randzeile (152, 9–10): wnn nb(.t) p.t psD m pr-^ps.t Es erglänzt die Herrin des Himmels im Haus der Edlen (Dendara), Hr stj Hapj r baH tA.wj indem sie den Nil ausgießt, um die Beiden Länder zu überschwemmen, sw m sn.t nTr n.t Wsjr sqdj(.t) m xt=f m nn.t (denn) sie ist die Gottesschwester des Osiris, die hinter ihm im Himmel daherzieht. Kommentar: Isis ist hier als Sothis, Urheberin der Überschwemmung, Osiris als Orion gedacht.1132
1130 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 87–88. 1131 Vgl. Kap. 4.7, und den Text der Monumentalszene Dend. XII, 28, 13–32, 7. 1132 Vgl. z. B. Philae-Photo 1298; die Hymne in der Szene Dend. XIV, 210, 11–211, 5; Dend. IX, 18, 11– 20, 6.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 190, 13–191, 5; Taf. 173 Dendara, Isistempel, Kapelle C (pr-nsr), Türrahmen, rechte Seite, 1. Reg. CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 162–165; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 116 Der König vollzieht das Ritual sHtp %xm.t vor Isis.
Text: – Beischrift der Isis (191, 2–3): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, %xm.t sxm(.t) m sbj.w aA.t snD Sachmet, die Mächtige unter den Feinden, groß an Furcht (die sie verursacht), stp rqy.w ijj n=s nTr.w m iAw die die Widersacher schlachtet, zu der die Götter in Verehrung kommen. – Göttliche Randzeile (191, 4–5): nswy.t bjtj.t HqA.t HqA(.t) Hp.tj Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Herrscherin, die die Welt beherrscht, Sps.t m Sn itn die Edle im Umkreis der Sonnenscheibe, nswy.t n rsj bjtj.t m mH.t Oberägyptische Königin im Süden, Unterägyptische Königin im Norden, HqA.t nb(.t) imnt.t iAb.t Herrscherin und Herrin des Westens und Ostens. Kommentar: Isis wird, aufgrund der Bedeutung des Rituals, in ihrer Erscheinungsform als Sachmet als furchterregend und kriegerisch beschrieben. In der göttlichen Randzeile wird jedoch, wie auch in vielen anderen Texten, besonders den Hymnen, ihre Herrschaft über die Welt und die vier Himmelsrichtungen thematisiert. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 228, 12–229, 8; Taf. 203 Dendara, Isistempel, Opfersaal D, Nordwand, 1. Reg., Szene I CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 212–213; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 182–183 Der König reinigt den Opferaltar vor Isis und Osiris.
Text: – Beischrift der Isis (229, 2–3): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert,
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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psD(.t) m Hr.t m-xt sn=s die erglänzt im Himmel hinter ihrem Bruder,1133 inj(.t) nwn r tr=f n rnp.t SAa(.t) Htp.w n nTr.w die die Flut zu ihrer Zeit im Jahr bringt, die die Opfer für die Götter begonnen hat. – Göttliche Randzeile (229, 7–8): nswy.t bjtj.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, Hnw.t bA.w-nTr anx.w die Gebieterin der lebenden Bas der Götter (Sterne), irj(.t) sn.w n sAw.w-n=sn die die Opferbrote für die Wächtergötter macht, aSA(.t) xpr.w xnt itr.tj mit zahlreichen Erscheinungen in den Beiden Heiligtümern, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Kommentar: Die Andeutungen auf das Erglänzen am Himmel hinter „ihrem Bruder“ (= Osiris-Orion) und das Bringen der Flut zeigen, daß Isis-Sothis gemeint ist, die hier im Kontext der Opferaltar-Szene als Garantin der Fruchtbarkeit und der Nahrungsversorgung fungiert. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 307, 17–308, 11; Taf. 253 Dendara, Isistempel, Östliche Außenwand (E), Südhälfte, 3. Reg., Szene III CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 310–311; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 237 Der König räuchert und libiert vor Isis und Osiris.
Text: – Beischrift der Isis (308, 7): (Dd mdw jn) [(As.t wr.t mw.t-nTr) [nb(.t)] IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t (Rezitation durch) [(Isis, die Große, die Gottesmutter), [die Herrin] von Iat-di, die in Dendara residiert, StA.t Sps.t nb.t qr.tj die edle Geierin, die Herrin der Beiden Quelllöcher. – Göttliche Randzeile (308, 10–11): nTr.t tn Sps.t wsr.t mw.t mw.wt Diese Göttin, die Edle und Mächtige, die Mutter der Mütter, Dsr(.t) m aH die geheiligt ist im Palast,
1133 Vgl. dazu Dend. Isis, 151, 13–152, 8; siehe oben.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
%pd.t wr.t stj(.t) Hapj m tpH.t=f r1134 [tr=f] Sothis, die Große, die den Nil ausgießt aus seiner Höhle zu [seiner Zeit], irj(.t) anx n anx.w die Leben für die Lebenden macht. Kommentar: Zum Inhalt vgl. die vorige Szene Dend. Isis, 228, 12–229, 8 und 151, 13–152, 8. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 308, 13–309, 10; Taf. 253 Dendara, Isistempel, Östliche Außenwand (E), Südhälfte, 4. Reg., Szene I CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 312–313; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 238 Der König bringt Stoff für Isis und Harsiese.
Text: – Beischrift der Isis (309, 4–5): (Dd mdw jn) [(As.t wr.t mw.t-nTr) nb(.t) IA.t-dj [Hrj-ib] Iwn.t (Rezitation durch) [(Isis, die Große, die Gottesmutter), die Herrin von Iat-di, die in Dendara [residiert], HqA.t sA.t HqA xnt iA.t-&f[n.t] Herrscherin, Tochter eines Herrschers, die an der Spitze der Stätte der Tef[nut] ist, &Aj.t DbA(.t) D.t n.t sn=s [Ws]jr Tait, die den Leib ihres Bruders [Os]iris einkleidet/einhüllt, mk(.t) kA=f m rA-a.wj=s die seinen Ka schützt durch ihr Werk. Kommentar: Im Zusammenhang des Überreichens von Stoff wird Isis mit der damit verbundenen Göttin Tait identifiziert.1135 Die Angleichung der beiden Göttinnen kommt gerade im Zusammenhang mit der Sorge, d. h. besonders für die Bekleidung, für den Verstorbenen häufig vor.1136 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Isis, 334, 11–335, 12; Taf. 269 Dendara, Isistempel, Südliche Außenwand (E), Osthälfte, 1. Reg., Szene IV CAUVILLE, Dend. Isis Traduction, S. 348–349; EAD., Dend. Isis Analyse, S. 248 Der König, in Begleitung von Harsomtus, überreicht Maat an Hathor-Isis und Harsomtus.
1134 In der hieroglyphischen Umschrift in Dend. Isis, 308, 10, ist nach dem ein und dann die Lücke wiedergegeben. Auf dem Foto der Szene, Dend. Isis, Taf. 253, oben, scheint mir jedoch ein nach dem zu erkennen zu sein. Ob das vermeintliche bereits das tr-Zeichen ist? 1135 Zur Stoff-Göttin Tait und ihren Bezügen zu Isis, siehe BACKES, Hedjhotep, S. 69–74; H. M. EL-SAADY, Reflections on the Goddess Tayet, in: JEA 80, 1994, S. 213–217; MÜNSTER, Isis, S. 149–152. 1136 Siehe BACKES, Hedjhotep, S. 70; MÜNSTER, Isis, S. 149–152.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: – Beischrift der Hathor-Isis (335, 6–7): (Dd mdw jn) @w.t-@r nb(.t) Iwn.t ir.t Ra nb(.t) p.t (Rezitation durch) Hathor, die Herrin von Dendara, das Auge des Re, die Herrin des Himmels, As.t mw.t-nTr xnt IA.t-dj Isis, die Gottesmutter, die an der Spitze von Iat-di ist, MAa.t wsr.t HqA.t […] n […] m itr.tj Maat, die Mächtige, die Herrscherin […] in den Beiden Heiligtümern. – Göttliche Randzeile: nswy.t bjtj.t tpj.t n tpj.w-a Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Erste der Ahnen, itj[.t] n Dr.tj.w tm(m).w die Fürstin der Urgötter und der Menschheit,1137 MAa.t wsr.t xnt Hw.t-MAa.t Maat, die Mächtige, die an der Spitze des Tempels der Maat ist, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Kommentar: Isis und Hathor sind hier zu einer Göttin vereint. Obwohl der Name der Hathor in der Beischrift zuerst genannt ist, folgen später Name und Haupttitel der Isis, und in der göttlichen Randzeile wird nur Isis namentlich genannt, nicht aber Hathor. Texte und Szenen am Isistor Text/Hauptpublikation Dend. Porte d’Isis, Nr. 1, S. 3, 5–7; S. 72–73 (Übersetzung); S. 241–242 (Kommentar) Anbringungsort Dendara, Isistor, Ostseite (= Außenseite), Soubassement-Inschrift, Nordhälfte Bibliographie ZIVIE-COCHE, Khentetiabtet, S. 793–794 u. 803 Text: nswt bjtj nxb Der König von Ober- und Unterägypten, die Lotusblüte, xpr m xnt sSn wr qmA ix.t nb(.t) die am Anfang entstanden ist, der große Lotus, der alle Dinge erschaffen hat, nTr aA pw wnj=f ir.tj=f m {m} wx dieser große Gott, er öffnet seine Augen in der Nacht, m-xt dj.tw ¢ntj.t-IAbt.t r tA nachdem ‚Die Vorsteherin des Ostens‘ zur Welt gebracht wurde, ©Hwtj Ds=f nxb=f n=s nxb.t m wbn n=s Ra m p.t Thoth selbst, er setzt die Titulatur für sie fest, wenn Re für sie am Himmel aufgeht 1137 Und nicht: „aller Urgötter“, wie CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 349, übersetzt; vgl. Wb V, 305.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
m ixx hrw grH nxn m sS=f in der Morgendämmerung des Tages der Nacht des Kindes in seinem Nest, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Kommentar: Es geht, wie der Schluß des Textes ganz klar zeigt, um die Geburt der Isis in Dendara, obwohl am Anfang zunächst vom Sonnengott als Harsomtus die Rede ist. Warum Isis hier nicht mit ihrem Eigennamen, sondern als ‚Vorsteherin des Ostens‘ bezeichnet wird,1138 ist nicht ganz ersichtlich, da dies in den übrigen Geburtsbeschreibungen und -anspielungen nicht vorkommt. 1139 Möglicherweise ist die Benennung der Ausrichtung des Tores nach Osten und der Anbringung des Textes auf der Ostseite geschuldet. Zusätzlich sollte vielleicht der Osten als Ort des Sonnen- und damit auch des heliakischen Sothisaufgangs betont werden.1140 Die ‚Vorsteherin des Ostens‘ ist eigentlich eine Göttin des tanitischen Gaues, die nach ZIVIE-COCHE erst ab der Ptolemäerzeit unter diesem Namen konzipiert wurde und wohl als Form der Isis, Mutter des Horus (von Mesen), anzusehen ist. Mehrfach kommt Chentetiabtet, besonders in Dendara, allerdings auch ohne jeglichen geographischen Bezug als Benennung der Isis vor.1141 Daß Thoth die Titulatur der Isis festlegt, wird auch in anderen Geburtspassagen in Dendara gesagt.1142 Die andere Hälfte der Bandeau-Inschrift (Nr. 2) beschreibt parallel dazu die Geburt der Hathor, die aus den Tränen des jungen Sonnengottes entsteht. Nach CAUVILLEs Analyse beider Inschriften und der darin verwendeten temporalen Konjunktionen, ist die Schöpfungsreihenfolge die folgende:1143 – Isis wird geboren – danach erscheint die Lotusblume mit dem jugendlichen Sonnengott, der die Augen öffnet – es wird Tag und Hathor entsteht aus seinen Tränen Die Geburt der Isis geht demzufolge also derjenigen der Hathor voran. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. Porte d’Isis, Nr. 15, S. 25, 4–11; S. 92–95 (Übersetzung); S. 263–265 (Kommentar) Dendara, Isistor, Durchgang, Soubassement, Bandeau-Inschrift, Südseite –
1138 Siehe zu dieser Göttin bzw. dem Beinamen LGG V, 893a–b; GUTBUB, Dieux du nome Tanitique I; ZIVIE-COCHE, Khentetiabtet. 1139 Vgl. CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 241. 1140 Vgl. auch die Bemerkungen von ZIVIE-COCHE, Khentetiabtet, S. 803, die an eine bewußte Umdeutung der ursprünglich rein geographischen Bedeutung des Namens Chentetiabtet zu einer solaren Konnotation denkt. 1141 Vgl. ZIVIE-COCHE, Khentetiabtet, S. 792–795. 1142 Z. B. Dend. Isis, 327, 5–9. 1143 CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 243.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: mAh.t wr.t apr.tj m kA.t=s Das große Portal ist ausgestattet mit seiner Arbeit, Hr=s wbA iw/r iAb.t.t sein Gesicht (= Fassade) ist geöffnet nach Osten, psD apj m xnt=s tp wbn.t die Flügelsonne erglänzt in seinem Inneren am Anfang der ersten Tagesstunde, smA stw.t=f xnt s.t msxn.t seine Strahlen vereinigen sich an der Spitze der Geburtsstätte, mAA.n=f sA.t=f nachdem er seine Tochter gesehen hat,1144 HqA.t mw.t-nTr itj.t m tA Hr ndb=f die Herrscherin, die Gottesmutter, die Fürstin auf der gesamten Erde, nb.t pw anx(?).tw n mAA=s die Herrin ist es, bei (durch) deren Anblick man lebt, ir.t nb(.t) sn-tA n1145 stw.t nb.t anx jedermann küßt die Erde für die Strahlen der Herrin des Lebens. sqAj.n1146 D.t=T r snDm ib=T Ich erhöhe deinen Leib, um dein Herz zu erfreuen, swr.n=i bA.w=T iw/r nTr.w nb.w ich mache deine Gottesmacht größer als (die) jeden Gottes, njs.n=i sm=T (?)1147 m Ssr(.w) n %jA.t(?) ich rufe dein Abbild an mit den Formeln der Siat(?),1148 m Dd(.w)=s spd1149 Ax.w n Isdn mit ihren tüchtigen (wirksamen?) Aussprüchen1150 und den Verklärungen des Isden. mj.t m Htp r srx m Haa.w Komme in Frieden zu dem Thron, in Jubel, nDm ib=T Hr mAA mnw=T möge dein Herz froh sein beim Erblicken deines Denkmals!
1144 CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 93, übersetzt die Phrase präsentisch und als neuen Hauptsatz. 1145 Die Präposition n steht im hieroglyphischen Text an falscher Position in der Mitte des folgenden Wortes, Dend. Porte d’Isis, S. 25, 6. 1146 Auch dieses n ist in die Mitte des Wortes sqAj gesetzt. 1147 Der Sinn der Hieroglyphe einer stehenden Frau mit erhobener Hand ist mir an dieser Stelle nicht klar; ein Determinativ für das Suffixpronomen 2. Pers. fem. sing.? Von CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 92–93, wird das Zeichen jedenfalls nicht gelesen. 1148 Zu Sia gibt es m. W. eigentlich kein weibliches Pendant, doch ist hier definitiv eine sitzende Frau mit Sia-Zeichen auf dem Kopf als Hieroglyphe abgebildet. Normalerweise wird die männliche Personifikation Sia in einem solchen Zusammenhang genannt, siehe CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 265 m. Anm. 62. Möglicherweise handelt es sich um eine bewußte Angleichung an die weibliche Hauptgottheit des Tempels. 1149 CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 92, fügt hier ein unnötiges ab ein (wenn überhaupt, müßte es m-ab heißen). 1150 Die Übersetzung dieser Stelle ist unsicher; CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 93, übersetzt, „das, was sie sagt, ist bemerkenswert“ und ignoriert das m.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
iH(.w) Apd.w mAHD sfT.[t]w [… … … … …] pw […].t nb [… …] m pXr=s Rind, Vögel, geschlachtete Antilopen […] ? […] alle(?) […] um sie herum, Hna SA nb nDm sTj zusammen mit jeder Pflanze von süßem Duft. wDA Hm.t r mAA=sn Möge es deiner Majestät wohl ergehen(?),1151 sie zu sehen, ra nb m wbn Hna1152 km D.t jeden Tag beim Aufgehen, und bis ans Ende der Ewigkeit. As.t mw.t-nTr nb.t IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, , die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, dj(=T?) nswj.wt aA.w(.t) wr.w(.t) n nswt-bjtj… Mögest du sehr große Königtümer an den König von Ober- und Unterägypten (Augustus) geben… Kommentar: Bei den Bandeau-Inschriften im Tordurchgang handelt es sich um Dedikationsinschriften, von denen sich die obige an Isis, die gegenüberliegende (Nr. 16) an Hathor richtet. Die Ausrichtung des Tores nach Osten wird beschrieben und in kosmisch-göttlichen Zusammenhang gestellt, indem von der aufgehenden Sonne, die morgens darin erglänzt, die Rede ist.1153 Da Sonnenaufgang und Geburt der Isis zeitlich eng beieinander liegen, mündet die Beschreibung in einer Hymne an die Tempelherrin, mit Anrufungen in der 1. Pers. Dies ist ungewöhnlich für Dedikationsinschriften, die normalerweise vom Bauherrn (und Ritualvollzieher), dem Pharao, in der 3. Pers. sprechen,1154 zeigt aber, daß es sich um die tatsächlich rezitierte Version der Anrufung handelt. Am Ende folgt die übliche Bitte für den König. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. Porte d’Isis, Nr. 29, S. 39, 4–14; S. 106–109 (Übersetzung); S. 274–275 (Kommentar) Dendara, Isistor, Durchgang, Nordwand, Textkolumne westlich des anx-wAs-Frieses ZIVIE-COCHE, Khentetiabtet, S. 794 (Auszüge) u. 803
Text: – Epithetareihe (S. 39, 4–9): [nswy.t bjtj.t] @w.t-@r wr.t [Die Königin von Ober- und Unterägypten], Hathor, die Große, 1151 Die von CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 93 (vgl. auch S. 264), angegebene Übersetzung „erfreut“ (réjouie) ist nicht üblich für wDA (das hieße wDA-ib, siehe Wb I, 400, 9–10). Ein weiteres Problem stellt die Konstruktion mit r + Infinitiv dar, da eigentlich (bei dieser Interpretation) Hr + Infinitiv zu erwarten wäre. 1152 CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 92, liest Hr, doch handelt es sich um eine typische Schreibung für Hna, und km D.t wird mit r (nicht Hr) angeschlossen, das jedoch (wie hier) auch wegfallen kann, siehe Wb V, 130, 2. 1153 Vgl. die Benennung der Isis als „Vorsteherin des Ostens“ im zuvor besprochenen Text Dend. Porte d’Isis, Nr. 1. 1154 Vgl. CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 264.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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nb(.t) Iwn.t ir.t Ra nb(.t) p.t die Herrin von Dendara, das Auge des Re, die Herrin des Himmels, Hnw.t nTr.w nb(.w) nbw.t nb(.t) stw.t die Gebieterin aller Götter, die Goldene, die Herrin der Sonnenstrahlen, itn.t nb(.t) sSp die (weibliche) Sonnenscheibe, die Herrin der Helligkeit, mH(.t) tA m nqr nbw xsbD(.t) die die Erde mit Goldstaub erfüllt, die Lapislazulifarbene (Uräusschlange),1155 nb(.t) xsbD m &A-n-Itm die Herrin des Lapislazuli im Land des Atum (Dendara), mfkA.t Hnw.t mfkA.t die Türkisfarbene (Uräusschlange), die Gebieterin des Türkises, THn[.t nb.t THn.t] die Fayencefarbene (Uräusschlange), [die Herrin des Fayence], THn(.t) xpr.w THn tA Dr psD=s die mit glänzender Erscheinung, seit deren Erstrahlen das Land glänzt, mw.t nj.t bjk n nbw.t tmA.t nfr.t nj.t mAa-xrw die Mutter des Falken der Goldenen, die vollkommene Mutter des Gerechtfertigten, HqA.t mnx.t m stp-sA die vortreffliche Herrscherin im Palast, n hb aH.t m xm=s ohne deren Kenntnis der Palast nicht betreten wird, Hm.t-nswt tpj.t nj.t sr HD.t die Erste Königliche Gemahlin des Fürsten der Weißen Krone (= Osiris),1156 aA(.t) snD.t Sfj.t m ifd.w n nn.t deren Ehrfurcht (vor ihr) und Ansehen groß sind in den vier Ecken des Himmels, %pd.t wr.t stj(.t) Hapj m tpH.t=f Sothis, die Große, die den Nil aus seiner Höhle ausgießt, r baHj Ax.t m nfr.w[=s] um das Fruchtland mit ihrer Schönheit zu überfluten, nb.tj rxj.t xnt IA.t-dj [… … die Beiden Herrinnen der Menschen1157 an der Spitze von Iat-di [… …] &wbn r rsj\ n mjt.t=s xnt ¢t-mn …] erstrahlt bis in den Süden, derengleichen es nicht gibt in Ägypten, Xnm stw.t=s s.t wr.t n Ra deren Strahlen sich mit dem Großen Sitz des Re vereinigen. nDm ib n ¢ntj.t-IAbt.t Das Herz der ‚Vorsteherin des Ostens‘1158 ist erfreut! 1155 Diese und die folgenden Farb-/Materialbezeichnungen sind jeweils mit einem Uräus determiniert. 1156 Ein üblicher Titel des Osiris in griechisch-römischer Zeit, vgl. E. WINTER, Der „Fürst der weißen Krone“, ein Beiname des Osiris, in: CdÉ 39, 1964, S. 41–43. 1157 Zu diesem Titel der Isis und der Hathor, der besonders häufig in Dendara vorkommt, siehe PREYS, Isis et Hathor. 1158 Zur ‚Vorsteherin des Ostens‘ siehe oben, Dend. Porte d’Isis, Nr. 1.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kommentar: Es folgt eine Beschreibung des Tores mitsamt Maßangaben (39, 10–13).1159 Der Text ist zu Beginn namentlich an Hathor gerichtet, die mit vielen typischen Epitheta als strahlende, goldene Sonnen- bzw. Gestirnsgöttin1160 und Uräusschlange gekennzeichnet wird. Ab mw.t nj.t bjk (39, 7) gemahnen die Beinamen jedoch deutlich eher an Isis,1161 die zu Horus (dem „Falken der Goldenen“) und Osiris (dem „Fürst der Weißen Krone“) in Beziehung gesetzt, und deren Macht über das Königsamt wie so häufig betont wird.1162 Außerdem wird Sothis genannt, die sowohl auf Isis als auch auf Hathor verweist. Die Titelreihe ist also insgesamt der doppelgesichtigen Göttin von Dendara, Hathor-Isis, gewidmet, was auch in der für beide gerade in Dendara typischen Bezeichnung nb.tj rxj.t zum Ausdruck kommt.1163 Bei dem Teil hinter der Lücke („[…] erstrahlt bis in den Süden…“) ist nicht ganz klar, ob es sich hier immernoch um Epitheta der Göttin oder aber bereits um das Tor selbst handelt, dessen Maße im Anschluß genannt werden (ebenfalls mit Suffix der 3. Pers. fem. sing.). Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Porte d’Isis, Nr. 3, S. 4–5; Taf. 18–19; S. 72–75 (Übersetzung); 243–245 (Kommentar) Dendara, Isistor, Ostseite, Nordhälfte, 1. Reg. – Der König (Augustus) opfert Fleischstücke geschlachteter Tiere für Isis und Osiris.
Text: – Beischrift der Isis (4, 12–14): (Dd mdw jn) [(As.t wr.t mw.t-nTr) nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t (Rezitation durch) [(Isis, die Große, die Gottesmutter), die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, Sps.t wsr.t xnt nTr.wt die Große und Mächtige, die an der Spitze der Göttinnen ist, Hm.t Hm(.t) ijj m HaDA das weibliche Nilpferd (???),1164 das den zurücktreibt, der sich räuberisch nähert. – Göttliche Randzeile (5, 3–5): nswy.t bjtj.t nb.tj rxj.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Königin (‚die Beiden Herrinnen‘) der Menschen, sxr(.t) sbj.w n sn=s Wsjr die die Feinde ihres Bruders Osiris schlägt, 1159 Vgl. CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 264–265 u. 274–275. 1160 Siehe zur Problematik der Einordnung von weiblichen Epitheta wie Ra.t und itn.t VON LIEVEN, Scheiben am Himmel. 1161 Vgl. CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 274–275. 1162 Vgl. zu Isis und dem Königsamt NAGEL, Isis und die Herrscher. 1163 Siehe hierzu PREYS, Isis et Hathor. 1164 So von CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 73, mit Kommentar S. 244, aufgefaßt. Die Schreibung könnte auch für Hm.t wr.t „große Gemahlin“ stehen (vgl. LGG V, 133c, mit gleicher Schreibung), was in diesem Kontext allerdings nicht gut passen würde.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Twt r=T wr.t nb(.t) tA.wj (denn) du1165 bist die Große, die Herrin der Beiden Länder, Sps.t wsr.t xnt IA.t-dj die Edle und Mächtige an der Spitze von Iat-di, sw m HqA.t nb(.t) Haa THn.t r tr[=s] (denn) sie1166 ist die Herrscherin, die Herrin des Jubels, die Glänzende zu [ihrer] Zeit, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. – Bandeau-Inschrift über der Szene (5, 7–9):1167 nswy.t bjtj.t nsr.t ns[r](.t) m %tS(?) Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Flammende, die Seth in Flammen setzt, Asb.t wbd(.t) Abw die Brennende, die die Gestalt des Bösen (= Seth) verbrennt, wnmy.t pw wnm(.t) aD.w n xftj.w es ist die Flamme, die die Fettstücke der Feinde in Brand setzt, sfsf(.t) X.t=sn m tm-wn die ihre Leiber zu Asche verbrennt bis zur Nichtexistenz, snh.t nb(.t) mk.t die Beschirmerin(?),1168 die Herrin des Schutzes, irj(.t) nh.t n sn=s die die Wache ihres Bruders übernimmt, wdj(.t) aDy.t m XAk.w-ib.w die Gemetzel anrichtet unter denen mit verschlagenen Herzen, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Kommentar: Isis ist, ebenso wie Hathor in der entsprechenden Szene auf dem Südpfosten, ganz im Sinne des Szenentyps als wilde Gefährliche Göttin dargestellt, die die Feinde bekämpft und schlachtet. Nur in wenigen individuellen Phrasen (abgesehen von ihrem Namen und den Haupttiteln), die sich auf „ihren Bruder“ Osiris und seinen Schutz beziehen, wird wirklich deutlich, daß es sich um Isis handelt, die hier der Kumulation von Begriffen aus dem Wortfeld ‚Feuer‘ zufolge offenbar in erster Linie als feuerspuckende Uräusschlange (nsr.t) gedacht ist.
1165 Hier ist ungewöhnlicherweise das Randzeilenschema des 4. Reg. mit hineingekommen, vgl. CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 244. 1166 Hier ist hingegen das Randzeilenschema des 2. Reg. angewendet, vgl. CAUVILLE, loc. cit. 1167 Über den am Tor angebrachten Ritualszenen befinden sich jeweils zusätzliche Bandeau-Inschriften, die in Funktion und Form den göttlichen Randzeilen entsprechen und diese im Durchgang praktisch ersetzen. 1168 Zur fraglichen Bedeutung des Wortes vgl. LGG VI, 390c; Wb IV, 167, 13–14.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Porte d’Isis, Nr. 5, S. 7–8; Taf. 22; S. 76–77 (Übersetzung); 245–247 (Kommentar) Dendara, Isistor, Ostseite, Nordhälfte, 2. Reg. – Der Pharao (Augustus) bringt Stoffe zu Isis und Thoth.
Text: – Bandeau-Inschrift über der Szene (8, 7–9): nswy.t bjtj.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, Xkr.t nb(.t) Xkr.w die Schmückende (Uräusschlange), die Herrin des Schmuckes, Msxn.t nfr(.t) aSA(.t) xpr.w die vollkommene Meschenet, mit zahlreichen Erscheinungen, an.t mnx.t smnx(.t) psD die Schöne und Vortreffliche, die den psD-Stoff vortrefflich macht, @DD.t wr.t nb.t HDDwj Hededet, die Große, die Herrin des Lichtes, Rnn.t nfr.t nb(.t) Hw.t-Rnn.t/Rnn-wt.t die vollkommene Renenutet, die Herrin des Hauses der Renenutet, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Kommentar: Isis wird in der Bandeau-Inschrift mit mehreren Göttinnen identifiziert, die nicht alle direkt aus dem Kontext des Szenentyps heraus zu erklären sind: die Uräusschlange, die Geburtsgöttin Meschenet, die Skorpiongöttin Hededet,1169 eine Sonderform der Isis, die vor allem in Edfu belegt ist, und Renenutet als Stoffgöttin. Die Namen der Göttinnen werden jeweils durch Wortspiele mit weiteren Attributen verbunden. Laut CAUVILLE soll dies dazu geführt haben, daß Hw.t-Rnn-wt.t „Haus (oder Tempel) der Renenutet“ hier spontan als Name für den Dendara-Tempel hinzu erfunden wurde.1170 Ob hiermit wirklich der ganze Tempelbezirk gemeint sein soll, sei dahingestellt; völlig aus der Luft gegriffen ist die Bezeichnung im Zusammenhang mit Dendara jedoch sicherlich nicht, denn es hat dort tatsächlich eine Kapelle o. ä. für diese Göttin gegeben, wie aus der dreisprachigen Stele des Strategen und Propheten Ptolemaios, Sohn des Panas, hervorgeht.1171
1169 Zu Hededet siehe GOYON, Hededyt, und Kap. 4.4–5. 1170 CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 247. 1171 VLEEMING, Some Coins, Nr. 163 (vgl. unten, Kap. 6.2.8); M. N. AIME-GIRON, Une stèle trilingue du stratège Ptolémée fils de Panas, in: ASAE 26, 1926, S. 148–156; zum Thermuthis-Schrein auch DAUMAS, Temple d’Hathor, S. 15.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
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Dend. Porte d’Isis, Nr. 11, S. 14–15; Taf. 28–29; S. 82–85 (Übersetzung); 250–252 (Kommentar) Dendara, Isistor, Ostseite, Türsturz, Nordhälfte – Pharao (Augustus) überreicht Maat an Isis, Osiris und Harsomtus, vor denen nochmals Harsomtus als Kindgott steht und ein Sistrum hält.
Text: – Beischrift der Isis (15, 5–7): (Dd mdw jn) [(As.t wr.t mw.t-nTr) (Rezitation durch) [(Isis, die Große, die Gottesmutter), [iwt.t] mjt.t=s derengleichen es nicht gibt, Msxn.t nfr.t bs(.t) m […].t die vollkommene Meschenet, die herauskommt aus […],1172 Xnm(.t) sn=s die sich mit ihrem Bruder vereint, SAa.t [SAa.t(?)]1173 spXr die Uranfängliche, die zuerst das Schreiben begann, %SA.t wr.t nb(.t) pr-sS Seschat, die Große, die Herrin des Schriftenhauses (Bibliothek), […] nb(.t) Wr.tj-HkAw […?], die Herrin der beiden Zauberreichen, [xwj(.t) sn=s m]1174 kAr=f [die ihren Bruder schützt] in seinem Schrein, Iwnj.t m Iwn.t sA.t [… …] Iunit in Dendara, die Tochter von […], idb.w-@r dmD Xr sxr.w=s nach deren Plänen die Gestade des Horus (= Ägypten) vereint sind. – Göttliche Randzeile: nswy.t bjtj.t ¢ntj.t-IAbt.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, die ‚Vorsteherin des Ostens‘,1175 Sps.t wsr(.t) xnt [… … …] die Edle und Mächtige an der Spitze von […], wa.t sDm(.t) spr.w n HH die Einzig(artig)e, die die Bitten von Millionen erhört, 1172 Vielleicht zu bs(.t) m [Nw.t] zu ergänzen, vgl. die Belege für Isis in Dendara in LGG II, 830a. 1173 Das von CAUVILLE in der Mitte der Lücke noch transkribierte t scheint nicht so recht zu der Ergänzung zu passen. Zumindest wäre die Zeichenanordnung für das relativ sicher zu erwartende SAa.t dann sehr ungewöhnlich. 1174 Die Ergänzung nach CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 82; vgl. LGG V, 672–673, auch wenn genau das gleiche Epitheton mit der Lokalisierung m kAr=f nicht belegt ist. 1175 Siehe oben, zu Dend. Porte d’Isis, Nr. 1.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
HqA.t wr.t Hnw.t stp-sA die große Herrscherin, die Gebieterin des Palastes, rdj(.t) Km.t Hr mw bjk [(As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj) die Ägypten auf das Wasser des Falken bringt (= die Ägypten treu zum Falken stehen läßt), [(Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di). Kommentar: Auch hier wird Isis wieder mit mehreren Göttinnen gleichgesetzt: Meschenet, Seschat und Iunit. Außerdem wird sie wie in der Soubassement-Bandeau-Inschrift als ¢ntj.t-IAbt.t bezeichnet. Das Erhören von Bitten, welches in der Randzeile zum Ausdruck kommt, erklärt sich vor allem aus dem Anbringungsort heraus, denn monumentale Tempeltore waren ein typischer Ort für die Interaktion zwischen Gläubigen und Göttern. 1176 Dementsprechend wird auch Hathor in der komplementären Szene „die, die zu dem kommt, der zu ihr ruft“ genannt.1177 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Porte d’Isis, Nr. 17, S. 26–27; Taf. 34; S. 94–95 (Übersetzung); S. 266 (Kommentar) Dendara, Isistor, Durchgang, Nordhälfte, östlicher Türpfosten, 1. Reg. – Pharao (Augustus) überreicht Blumensträuße an Isis und Osiris, vor denen noch Harsomtus mit dem Sistrum steht.
Text: – Beischrift der Isis (26, 13–14): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr nb.t IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, Hrj.t-tp n Ra bjA.t(.t) Snj-tA das Uräusdiadem des Re, die Wunderbare der ‚Erdhaar‘-Pflanzen, nb(.t) nbw Hnw.t xsbD die Herrin der Gold-Pflanzen, die Gebieterin der Lapislazuli-Pflanzen. – Bandeau-Inschrift über der Szene (27, 4–6): nswy.t bjtj.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, HqA.t nb.t Hnb.t Hnw.t m Hp.tj die Herrscherin, die Herrin des Feldes, die Gebieterin in der Welt, nb(.t) sm.w srd Snj.w-tA die Herrin der Kräuter, die die ‚Erdhaar‘-Pflanzen wachsen läßt, qmA ix.(w)t nb.w(.t) m qmA.n ib=s die alle Dinge erschafft mit dem/als das, was ihr Herz erschaffen hat, 1176 Vgl. CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 250. 1177 Dend. Porte d’Isis, Nr. 12; S. 17, 2. ijj(.t) n njs n=s.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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nb(.t) Hrr.w(t) nDm sTj die Herrin der Blumen von süßem Duft; baHj.n=s Hapj m HAy.w sie flutet die Nilüberschwemmung als Flutwasser, [As.t wr.t mw.t-nTr] [Isis, die Große, die Gottesmutter]. Kommentar: Passend zum Szenentypus wird Isis als Herrin und Schöpferin der Vegetation und des Gedeihens, auch in Verbindung mit der Nilschwemme, präsentiert. Für Hathor finden sich in der gegenüberliegenden Szene ähnliche Epitheta. Doch über die Gaben der Erde hinaus ist Isis auch Gebieterin der ganzen Welt (Hnw.t m Hp.tj). Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Porte d’Isis, Nr. 23, S. 32; Taf. 40; S. 100–101 (Übersetzung); S. 269–270 (Kommentar) Dendara, Isistor, Durchgang, Nordhälfte, östlicher Türpfosten, 4. Reg. – Pharao (Augustus) überreicht einen Spiegel(?)1178 an Sothis und Nechbet.
Text: – Bandeau-Inschrift über der Szene (32, 13–14): [nswy.t bjtj.t … … … Nx]b [Die Königin von Ober- und Unterägypten, … … …,] Elkab, %pd.t wr.t Hnw.t xAbAs.w Sothis, die Große, die Gebieterin der Gestirne, mH(.t) p.t tA m nfr.w=s1179 die Himmel und Erde mit ihrer Schönheit erfüllt, nb(.t) pr-wr Hnw.t pr-nsr die Herrin des Per-wer, die Gebieterin des Per-neser, @w.t-@r wr.t m spA.t nb(.t) As.t wr.t [mw.t-nTr] Hathor, die Große, in jedem Gau, Isis, die Große, die Gottesmutter. Kommentar: Der Bandeau-Text dieser Szene zeigt sehr deutlich die synkretistisch verwobene Theologie der Göttinnen Sothis, Isis und Hathor. Sothis ist in dieser Zeit kaum noch unabhängig von Isis zu denken, und obwohl Sothis in der Szene die Rezipientin ist, finden sich am Ende der 1178 Laut CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 269, handelt es sich wie bei der gegenüberliegenden Szene (Nr. 24) um ein Sistrum; es gibt keinen Szenentitel und in den übrigen Beischriften deutet nichts auf Sistrumspiel hin, aber die Darstellung scheint m. E. eher einen Spiegel zu zeigen. 1179 So von CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 100, und LGG III, 368a–c [Beleg 71], verstanden; vielleicht ist hier aber auch nfr.w iAx.w=s „die Schönheit ihres Lichtglanzes“ zu lesen. Andererseits könnte die Strahlensonne als Determinativ gesehen werden und die Lichthaftigkeit der Schönheit damit impliziert sein.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
dazugehörigen Bandeau-Inschrift der Name und die üblichen Titel der Isis. Gleichzeitig ist die Göttin „Hathor in jedem Gau“, also eine Erscheinungsform der Hathor.1180 Auch die zweite Göttin in der Szene, Nechbet, dürfte nach den Resten am Anfang der Bandeau-Inschrift genannt sein, so daß der Text für beide Göttinnen gilt.1181 Wahrscheinlich greift die Nennung von „Hathor in jedem Gau“ insbesondere Nechbet wieder auf, während die der Isis sich vor allem auf Sothis bezieht.1182 Ähnlich ist auch die komplementäre Szene auf der Südseite gestaltet (Nr. 24), in der Mut und Tefnut mit Hathor identifiziert werden. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Porte d’Isis, Nr. 31, S. 42–44; Taf. 50; S. 110–113 (Übersetzung); S. 277–278 (Kommentar) Dendara, Isistor, Durchgang, Südhälfte, westlicher Türpfosten, 1. Reg. – Pharao (Augustus) überreicht Isis, vor der Harsomtus mit dem Sistrum steht, ein Tablett mit Opferspeisen (fAj ix.t).
Text: – Göttliche Randzeile (43, 12–14): nswy.t bjtj.t Sps.t m Iwn.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Edle in Dendara, HA.t dj(.t) r tA m nTr.wt die Erste, die zur Welt gebracht wurde unter den Göttinnen, SAa.t SAa(.t) xpr die Uranfängliche, die zuerst entstand, SAa(.t) qmA ix.wt nb(.wt) sA.t tpj.t n Gbb die zuerst alle Dinge erschuf, die erste Tochter des Geb, [… … …]1183 sxm.w [(As.t wr.t mw.t-nTr) […] göttliche(n) Mächte, [(Isis, die Große, die Gottesmutter). Kommentar: Die göttliche Randzeile stellt Isis mit mehreren ähnlichen Beinamen als erste, ursprüngliche Göttin heraus, die vor den anderen Göttinnen entstand und mit der Schöpfung begann. Die Epitheta der Beischrift von Isis und der Bandeau-Inschrift über der Szene sind sehr allgemein oder direkt vom Szenentyp abhängig; daher sind diese Textteile hier nicht eigens zitiert.
1180 Vgl. zu dieser Phrase die Versionen der kulttopographischen Litanei, siehe z. B. oben, Dend. Isis, 78, 16–79, 5. 1181 Dies ist ebenso in der gegenüberliegenden Szene (Nr. 24) der Fall, vgl. auch CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 270. 1182 Vgl. CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 305. 1183 Vielleicht vorher Hnw.t zu ergänzen: „die Gebieterin der Mächtigen/göttlichen Mächte“, nach AssuanHymne 6.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
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Dend. Porte d’Isis, Nr. 43, S. 56–57; Taf. 62; S. 122–125 (Übersetzung); S. 282–283 (Kommentar) Dendara, Isistor, Westseite, Südhälfte, 1. Reg. – Der König (Augustus) überreicht ein Feld an Isis und Osiris. Isis trägt hier eine ungewöhnliche Krone: die Doppelkrone, bei der aber die Weiße Krone noch seitlich von zwei gebogenen Federn eingerahmt ist, wie bei Osiris’ Atefkrone (die er in dieser Szene auch trägt); um den unteren Teil der Krone windet sich eine Kobra. CAUVILLE nennt diese Krone „Festkrone“, genau wie diejenigen von Hathor und Horus in der komplementären Szene1184 (diese Kronen sind jedoch individuell verschieden gestaltet).
Text: – Göttliche Randzeile (57, 4–6): nswy.t bjtj.t wr.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Große, nb.t tA.wj Sps.t die Herrin der Beiden Länder, die Edle, nb(.t) Sn-wr die Herrin des ‚Großen (Wasser-)Kreises‘ (= Ozeans/Roten Meeres?), HqA.t nb(.t) km-wr die Herrscherin, die Herrin des ‚Großen Schwarzen‘ (der Bitterseen), itn.t nb(.t) pXr-wr die (weibliche) Sonnenscheibe, die Herrin des ‚Großen Herumfließenden‘ (Meeres),1185 Ra.t m rA-a stw.t itn Sonnengöttin bis hin zu den Strahlen der Sonnenscheibe, wa.t nfr.t Hnw.t nTr.wt die Einzigartige und Schöne, die Gebieterin der Göttinnen, nb(.t) Htp.w sDfA tA.wj die Herrin der Opferspeisen, die die Beiden Länder mit Nahrung versorgt, [(As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t) [(Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert).
1184 CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 282. 1185 Vgl. zu den verschiedenen Meeresbegriffen WILSON, Ptol. Lex., S. 1016; TRAUNECKER, Coptos, S. 220, w). Hier sind sicherlich keine realen geographischen Entitäten gemeint, sondern vielmehr Bezeichnungen für mythische (Ur-)Ozeane, oder nach CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 283, allgemein „ferne Gegenden“ (contrées lointaines).
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kommentar: Die göttliche Randzeile dieser Szene ist sehr ungewöhnlich: Isis wird hier als Herrin von Gewässern und Ozeanen beschrieben, wobei drei verschiedene Bezeichnungen für solche größeren Gewässer auftauchen. Diese Epitheta sind laut LGG nur hier belegt.1186 Die Kartusche der Isis umschließt am Ende der Randzeile nicht wie üblich nur die Haupttitel der Göttin „Isis, die Große, die Gottesmutter“, sondern auch ihre nahen lokalen Beinamen mit Bezug auf Dendara, die sie in den meisten Inschriften dort trägt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Porte d’Isis, Nr. 45, S. 59–60; Taf. 64; S. 126–127 (Übersetzung); S. 284–286 (Kommentar) Dendara, Isistor, Westseite, Südhälfte, 2. Reg. – Der König überreicht ein HH-Symbol (Symbol für Königtum und lange Regierungsjahre)1187 an Isis, hinter der Harsomtus steht.
Text: – Göttliche Randzeile (60, 2–4): wnn Sps.t wsr.t Dd.tw xnt Iwn.t Es ist die Edle und Mächtige dauerhaft in Dendara m nb(.t) nswj.t HqA.t D.t als Herrin des Königtums und Herrscherin der Ewigkeit, Hr Ssp HH Abw.t n kmA-s(j) indem sie die Ewigkeit empfängt, das Abbild von dem, der sie geschaffen hat, nb(.t) rnp.wt m a.wj sA=s die Herrin der Jahre aus den Händen ihres Sohnes, sw m ity[.t] HqA(.t) Sn n itn (denn) sie ist die Fürstin, die Herrscherin des Umkreises der Sonnenscheibe, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. – Bandeau-Inschrift über der Szene (60, 6–7): [nswy.t bjtj.t] sD.tj.t [Die Königin von Ober- und Unterägypten], das Flammenkind,1188 sA.t sfj die Tochter des Kindes (= der jugendliche Sonnengott), Rm.t nfr.t nb(.t) rnp.wt die vollkommene Renenutet, die Herrin der Jahre, HqA.t nb(.t) nHH die Herrscherin und Herrin der Ewigkeit,
1186 LGG IV, 143b; 150c; 58b. 1187 Siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 673. 1188 Ein Titel, der besonders typisch für Hathor in Dendara ist, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 981; BUDDE, Götterkind, S. 115–119, bes. 115, m. Anm. 567.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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psD(.t) m Ax.t Dsr(.t) s.t m wjA n @H die im Horizont erglänzt, deren Sitz geheiligt ist in der Barke des Heh, Ssp.n=T xa.w m Xkr.w n *nn du hast die Kronen mit dem Schmuck des Tenen empfangen, %mA-tA.wj dmD Hna1189 mw.t=f Somtus ist vereint mit seiner Mutter. Kommentar: Im Kontext des Szenentypus konzentrieren sich die Epitheta der Randzeile auf Isis als Herrin von Königtum und Dauerhaftigkeit, welche in dem Symbol der Gabe HH impliziert sind. Hingegen enthält die Bandeau-Inschrift über der Szene vor allem Beinamen, die eher Hathor als Isis zuzuschreiben sind, wie sD.tj.t, sA.t sfj. Der Eigenname einer der Göttinnen wird aber nicht genannt. Auch daß Harsomtus, als dessen Mutter Isis(?) im Bandeau-Text bezeichnet wird, an Stelle von Horus dargestellt ist, welcher sich besser mit der Thematik des Königtums verbinden ließe, ist ungewöhnlich, und verweist auf Hathor und ihre tentyritische Triade.1190 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt der Szene
Dend. Porte d’Isis, Nr. 49, S. 64–65; Taf. 68; S. 130–133 (Übersetzung); S. 287–288 (Kommentar) Dendara, Isistor, Westseite, Südhälfte, 4. Reg. – Der König (Nero) überreicht Isis und Harsomtus zwei Spiegel.
Text: – Bandeau-Inschrift über der Szene (65, 9–11):1191 nswy.t bjtj.t Iwnj.t m IA.t-dj Die Königin von Ober- und Unterägypten, Iunit in Iat-di, itj.t nb(.t) gs.w-pr.w die Fürstin und Herrin der Kultstätten, HqA.t nb(.t) Hw.wt (m-)hAw qbH.wj die Herrscherin und Herrin der Tempel in der Gegend der Beiden Wassergebiete (Ägypten), dj(.t) tp-rd m sxm.w itr.tj die die Vorschriften in die Heiligtümer der Beiden Heiligtümer (Ägypten) gab,1192 BAq.t mn.tw Xr sSm.w=s1193 1189 Und nicht Hr, wie CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 126, liest. 1190 Vgl. CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 285. 1191 Eine wörtliche Parallele der ganzen Inschrift (nur die Schluß-Titulatur ist etwas gekürzt) findet sich, ebenfalls für Isis, in der Randzeile einer „Sand schütten“-Szene an der östlichen Außenwand des Naos des Haupttempels von Dendara, im 1. Reg.: Dend. XII, 91, 3–92, 2. 1192 CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 132–133, hat den Passus hier falsch segmentiert und itr.tj an den Beginn der nächsten Phrase gezogen. Zu beachten ist aber, daß qbH.wj, itr.tj und BAq.t sämtlich Begriffe sind, die Ägypten als Ganzes bezeichnen und damit den kulttopographischen Rahmen für die einzelnen Aussagen bilden. 1193 CAUVILLE, Dend. Porte d’Isis, S. 132–133, liest die sitzende Isisfigur hinter sSm.w gesondert als nb.t und übersetzt (unter Hinzuziehung des itr.tj, vgl. die vorige Anm.) falsch: „Die Heiligtümer Ägyptens bewahren das Bild ihrer Herrin“. M. E. ist die sitzende Göttin eher als Determinativ zu sSm.w zu ver-
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
unter/mit deren Kultbild Ägypten beständig ist, As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert. Kommentar: Die Bandeau-Inschrift thematisiert in erster Linie Isis’ Bedeutung für die Heiligtümer ganz Ägyptens, die mit den unterschiedlichen Bezeichnungen gs.w-pr.w, Hw.wt und sxm.w mit größtmöglicher Vollständigkeit evoziert werden, so wie parallel dazu auch für „Ägypten“ drei Synonyme verwendet werden, die verschiedene Aspekte betonen. Die wichtigsten Aussagen (die über die bloße Titulierung von Isis als „Herrin“ etc. der Heiligtümer hinausgehen) sind die, daß Isis die Tempelvorschriften erlassen hat und Ägypten „unter“ ihrem Kultbild fortdauert, d. h. daß ihr Kultbild im ganzen Land verbreitet ist. Eine ähnliche Formulierung ist nochmals direkt über dieser Szene auf dem Türsturz zu lesen (wiederum von Augustus dekoriert), in der Beischrift der Isis in einer Maat-Szene:1194 [sxm.w] nTr.w Xr sSm.w=s1195 „unter deren Kultbild die [Heiligtümer] der Götter sind“ (= deren Kultbild sie haben). 4.6.2
Kommentierte Übersetzung der Inschriften: Haupttempel (Zentrale Texte: Hymnen, Bandeau-Inschriften, Epithetareihen)1196
Hymnen und Litaneien im Sanktuar und im Bereich des Couloir mystérieux Text/Hauptpublikation Dend. I, 20, 14–21, 5 Anbringungsort Dendara, Haupttempel, Sanktuar, Tür, linke Türlaibung (West) Bibliographie CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 40–43; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 139–140; CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 19–24 (Synopse); EAD., Dend. Pronaos Analyse, S. 21; F. DAUMAS, Les dieux de l’Égpyte, Paris 1965, S. 99; ID., Temple d’Hathor, S. 90; BERGMAN, s. v. „Isis“, Sp. 198 Parallelen Philä I, 6; I, 72 (nur einzelne Phrasen); Philä I, 168–169 (nur kleiner Teil, inhaltliche aber nicht wörtliche Parallele); Edfu III, 69, 17–70, 3; Edfu V, 226, 13–227, 9; Edfu VIII, 64; Dend. III, 35, 9–11; Dend. XI, 60, 5–10; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XII, 28, 13–32, 7; Dend. XIII, 26, 7–28, 3; Dend. XIII, 73, 14–74, 1; Dend. Isis, 78, 16–79, 5; pTebt. H I, X 1, 3–3, 21197 Inhalt 1 Kolumne für Pharao1198 und 2 für Isis.
1194 1195 1196 1197 1198
stehen, um zu verdeutlichen, daß es sich eben um ein Isis-Kultbild handelt (so offenbar auch in LGG I, 625a, gedeutet, wo jedoch ebenfalls itr.tj vor BAq.t gezogen ist. Dend. Porte d’Isis, Nr. 51, S. 67, 15. Hier ist sSm.w mit determiniert, was die Vermutung oben (Anm. 1193) unterstützt. Aufgrund der enorm hohen Anzahl zu dieser Kategorie zählender Texte wird darauf verzichtet, auch noch ergänzende Texte aus Ritualszenen (wie für die übrigen Tempel geschehen) hinzuzuziehen. Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19. Leere Kartuschen wie in zahlreichen Inschriften in Dendara. Siehe dazu und zur Datierung M. ELDAMATY, Die leeren Kartuschen aus der Regierungszeit von Kleopatra VII. im Tempel von Dendera, in: J.-C. Goyon/C. Cardin (Hrsg.), Proceedings of the Ninth International Congress of Egyptolo-
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: – Isis: Kol. 1: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj(.t)-ib Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, inmitten von Dendara, nb(.t) tp-rnp.t Hnw.t SmAy.w die Herrin des Jahresanfangs, die Gebieterin der Wanderdämonen,1199 wbn(.t) m wp-rnp.t r wp rnp.t nfr.t die zum Jahresbeginn erscheint, um das gute Jahr zu eröffnen. Imn.t m WAs.t MnH(j).t m Iwnw1200 Amaunet in Theben, Menhit in Heliopolis, Rnp.t rn=s m Hw.t-kA-PtH ‚Jahr‘ ist ihr Name im Haus des Kas von Ptah (= Memphis), %pd.t m Abw @dd.t m BHd.t Sothis in Elephantine, Hededet in Edfu nr.t Sps.t nb(.t) @D-nxn1201 die edle Geierin, die Herrin von Hierakonpolis, Iwn(j).t m Iwn.t sA.t Nw.t dj(.t) r tA m IA.t-dj Iunit in Dendara, die Tochter der Nut, die zur Welt gebracht wurde in Iat-di, Kol. 3: m hrw pn nfr nxn m sS=f an diesem schönen Tag des Kindes in seinem Nest, srwD/srd.n=f Sw.t n mAw(.t) r p.t wenn es sein Gefieder von neuem zum Himmel wachsen läßt (= zum Himmel fliegt). HqA.t m AbDw1202 %SA.t m Wnw die Herrscherin in Abydos, Seschat in Hermopolis, ©d.t rn=s m ©dw ^tA.t m BAs.t ‚Die Dauernde/die Rezitiererin (?)‘ ist ihr Name in Busiris, die Geheime/Geierin in Bubastis, Py.t m P _py.t rn=s m _p Pyt (‚die von Pe‘) in Pe, Depet (‚die von Dep‘) ist ihr Name in Dep, N.t m %Aw WAD(y).t m Im.t Neith in Sais, Uto in Imet (Tell el-Faraoun),1203 @w.t-@r m &A[-n-Itm1204…] Hathor im ‚Land [des Atum‘ …].
1199 1200 1201 1202 1203 1204
gists, Grenoble, 6–12 septembre 2004, 1, OLA 150, Leuven 2007, S. 501–534; ID., Zur Bedeutung der leeren Kartuschen, in: GM 207, 2005, S. 23–36. Vgl. zu den „Wanderdämonen“ den Text Philä III, Nr. 143, m. Anm. 391. In der Parallele Dend. Isis, 78, 16–79, 5 steht MnH(j).t m @w.t-sr. Iwnw könnte hier als Benennung ausgewählt worden sein, um die Nähe zu Iwn.t „Dendara“ zu betonen. Vgl. Dend. Isis, 78, 16–79, 5: Nxb.t m Nxb. Vgl. Dend. Isis, 78, 16–79, 5: As.t m AbDw. Vgl. dazu die Angabe der Hauptgöttin in der Gaumonographie von Edfu (Edfu I): Edfu I, 335, 15–16, siehe unten, Kap. 4.13.1.2. Ergänzung nach CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 42.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
n[ts] p[w] wn(.t) [m njw.t nb(.t) spA.wt] nb.w(.t) S[ie] ist [es], die [in] allen [Städten und Gauen ist], Hna sA=s @r [Hna sn=s Wsjr] zusammen mit ihrem Sohn Horus [und ihrem Bruder Osiris]. Kommentar: Wie im Sanktuar des Isis-Tempels von Dendara ist auch in dem des Hathor-Tempels eine Version der kulttopographischen Litanei für Isis angebracht, was die zentrale Bedeutung dieses Textes zeigt.1205 Um den Text den Platzverhältnissen anzupassen, wurde er allerdings etwas gekürzt und es finden sich einige kleinere Variationen.1206 Die rechte Türlaibung ist Hathor gewidmet,1207 allerdings findet sich dort keine Hymne dieser Art. Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Dend. I, 74, 11–13 Dendara, Haupttempel, Sanktuar-Umgang (Couloir mystérieux), östliche Tür, Außenseite, rechter (östlicher) Türpfosten CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 118–119
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
nD Hr=T wsr.t m Iwn.t Sei gegrüßt, Mächtige in Dendara, HqA.t papa(.t) n/m pr-Sps.t Herrscherin, die im Haus der Edlen (= Dendara) geboren wurde, wbn Ra m Ax.t iw/r mAA=T sHtp-tw psD.t=f Re geht im Horizont auf, um dich zu sehen, seine Neunheit stellt dich zufrieden, ijj Hr.w r sxntS ib=T die Menschen (‚Gesichter‘) kommen zu dir, um dein Herz zu erfreuen, r sn-tA n bA.w Hm.t um die Erde zu küssen für die Gottesmacht deiner Majestät, Ra.t wr.t n it=s Gbb Sps.t n mw.t=s Nw.t Sonnengöttin, die Große ihres Vaters Geb, die Edle ihrer Mutter Nut, As.t wr.t mw.t-nTr Htp Hr=T nfr n nswt bjtj [( ) Isis, die Große, die Gottesmutter, möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten [( ).
Kommentar: Im zentralen Teil der kurzen Hymne werden huldigende Handlungen verschiedener Personengruppen gegenüber der Göttin beschrieben: des Sonnengottes, der Götterneunheit und der Menschen. In Isis’ Epitheta werden, wie in Dendara so häufig, ihre dortige Geburt und ihre Genealogie in den Vordergrund gestellt.
1205 Siehe auch Kap. 4.6.1.1, und bei den anderen Parallelen. 1206 Vgl. auch die Synopse bei CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19–24. 1207 Dend. I, 20, 3–8; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 40–41.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Am linken Türpfosten befindet sich ergänzend wie üblich eine Hymne an Hathor,1208 die formal analog gestaltet ist (auch wenn die einzelnen Abschnitte etwas unterschiedlich gewichtet sind): Beginn mit der Grußformel nD Hr=T, einige Epitheta, Aussagen über verschiedene Gruppen, die der Göttin Verehrung entgegenbringen, weitere Epitheta, Name und Haupttitel, zum Abschluß der Segenswunsch für den König, dessen Kartusche leer ist. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Dend. I, 75, 12–76, 2 Dendara, Haupttempel, Sanktuar-Umgang (Couloir mystérieux), östliche Tür, linke (westliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 120–121 1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Isis (75, 14–76, 2): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, nswj.t n %nw.t r Aw=s die Königin Ägyptens in seiner Ausdehnung (= ganz Ägyptens), aA.t m p.t wsr.t m tA die Große im Himmel, die Mächtige auf Erden, nhm nTr.w n mAA Hr=s bei dem Anblick von deren Gesicht die Götter sich erfreuen. SAa.t pw SAa(.t) ix.wt nb.wt nfr(.wt) Die Uranfängliche ist es, die zuerst alle guten Dinge erschuf,1209 dj(.t) im=sn n mrj=s und demjenigen von ihnen gibt,1210 den sie liebt, Kol. 3: wa.t pw Hnw.t stp-sA die Einzigartige ist es, die Herrin des Palastes, grg(.t) [njw.wt]1211 smn(.t) spA.wt die [die Städte] gründet und die Gaue fest einrichtet, R[a].t(?) […]1212 mnx(.t) Hnw.t nb(.t) sS Rat(?), […], die Vortreffliche, die Gebieterin, die Herrin der Schrift, […] mn(.tj) Xr s.t[-rA]=s unter deren Be[fehl Ägypten o. ä.]1213 beständig ist,
1208 Dend. I, 74, 15–75, 2. Vgl. CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 118–119. 1209 Ähnlich in der göttlichen Randzeile der Speiseopferszene Dend. Porte d’Isis, Nr. 31 (s. dort): SAa.t SAa(.t) xpr SAa(.t) qmA ix.wt nb(.wt). 1210 Bei CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 121, offenbar passiv aufgefaßt: „dont (certaines) données à qui elle aime“, was die Phrase unnötig verkompliziert. 1211 Mit relativer Sicherheit hier zu ergänzen. 1212 Möglicherweise enthält die Lücke nur die ausführliche Schreibung für mnx.t, so daß das folgende als Determinativ und nicht als Ideogramm fungiert. 1213 Es muß sicherlich eines der vielen Synonyme für Ägypten ergänzt werden oder aber eine Bezeichnung der Summe seiner Teile, wie Städte, Tempel, Gaue etc.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
nTr.t wa.t HH.w Hr dwA=s [… … … … …] die einzigartige Göttin, die Millionen verehren […] Kommentar: Die Türlaibungsinschrift besteht zu einem Großteil aus einer bloßen Aneinanderreihung von Beinamen, wie es auch für Szenenbeischriften üblich ist. Eine Ausnahme bilden jedoch die beiden parallel konstruierten pw-Sätze etwa in der Mitte, die auch ein Merkmal bei vielen anderen Hymnen und eulogischen Inschriften bilden.1214 Bei dem entsprechenden Text für Hathor auf der rechten Türlaibung1215 findet sich allerdings keine solche Unterbrechung der parataktischen Titelreihe. Isis wird als Ur- und Schöpfergöttin und Herrscherin des Kosmos (aA.t m p.t wsr.t m tA) stilisiert. Außerdem ist sie es, die Städte und Gaue gründet. Den Beinamen „Herrin der Schrift“ erhält Isis sicherlich über ihre geläufige Identifizierung mit Seschat,1216 möglicherweise aber auch als Tochter des Thoth.1217 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Dend. I, 81, 15–82, 6 Dendara, Haupttempel, Sanktuar-Umgang (Couloir mystérieux), westliche Tür, linke (westliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 130–131 1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Isis (82, 1–6): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die inmitten von Dendara ist, %SA.t wr.t nb(.t) sS Seschat, die Große, die Herrin der Schrift, aA.t m p.t wsr.t m tA die Große im Himmel, die Mächtige auf Erden, HqA.t HqA(.t) ifd.w n Nn.t die Herrscherin, die die vier Ecken des Himmels beherrscht, mTA.t Hnw.t tA.wj nb(.t) tp-nfr die Wesirin, die Gebieterin der Beiden Länder, die Herrin der rechten Ordnung,1218
1214 1215 1216 1217
Ausführlich zu den formalen Charakteristika der Texte siehe unten, Kap. 5.1.2. Dend. I, 75, 7–10; vgl. CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 118–119. Siehe BUDDE, Seschat, S. 163–169. Siehe dazu BUDDE, Seschat, S. 145–146; STADLER, Weiser und Wesir, S. 153–155. DELIA, Isis, or the Moon, S. 548–549, behauptet fälschlich, die Vorstellung von Isis als Tochter des Thoth/Hermes sei den Ägyptern gänzlich fremd gewesen. AUFRÈRE, Taches lunaires, S. 27, leitet diese Familienkonstellation von Isis’ Gleichsetzung mit Unut/Nehemetawai ab. Vgl. auch Assuan-Hymne 3 und Parallelen. 1218 Zu diesem Begriff siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 1136; Wb V, 285–287. Griechisch wird dies gewöhnlich mit τὸ δίκαιον wiedergegeben.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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irj(.t) sxr.w n tm xAa SA.w/Hsb.w (?)1219=s die für den sorgt, der nicht ihren Grund verläßt (der nicht illoyal ihr gegenüber ist), Kol. 3: irj(.t) mk.t n mrj=s m hrw n ptr.t die den behütet, den sie liebt, am Tag des Schlachtfeldes, sr(.t) ijj(.t) xp(r) n Hn.tj die das Kommende verkündet, das geschehen wird in ferner Zeit, anx m a snb m xfa=s in deren Hand das Leben ist, in deren Faust die Gesundheit ist,1220 nn an.tw prj(.t) m rA=s nicht kehrt man das um, was aus ihrem Mund kommt (man widerspricht ihr nicht),1221 nD.tj.t mnx.t n ntj.w {n}tj.w1222 (sic!) die vortreffliche Beschützerin derer mit Besitz und der Besitzlosen1223 (oder: derer, die sind, und derer, die nicht sind), nn hb aH.t m xm(.t)=s ohne deren Kenntnis der Palast nicht betreten wird. Kommentar: Der Text versammelt mehrere relativ ungewöhnliche Charakterisierungen für Isis. Das Epitheton „Herrin der rechten Ordnung“ ist laut LGG nur hier belegt,1224 ebenso wie das darauffolgende (irj(.t) sxr.w…).1225 Eher selten ist auch die Bezeichnung als Verkünderin der Zukunft (sr(.t) ijj(.t)), wenngleich ähnliche Aussagen durchaus einige Male v. a. für Isis und Hathor vorkommen. 1226 Möglicherweise ist hier eine Anspielung auf die Praxis der astrologischen Weissagung durch Beobachtung des Sothis-Sterns und umgebender Konstellationen oder Winden bei dessen Aufgang gegeben.1227 Auf bekannterem Boden ist man 1219 Zur Lesung dieses Wortes vgl. den Text Kalabchah I, 16, Kap. 4.3.1.2, m. Anm. 33. 1220 Vgl. eine enge Parallele in Philä III, Nr. 2: anx m a=s snb r xt=s „Leben ist in ihrer Hand und Gesundheit in ihrem Gefolge“, siehe oben, Kap. 4.1.1.A. 1221 Zu dieser Phrase siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 154. 1222 Von CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 130–131, werden ntj.w und tj.w in der Reihenfolge vertauscht gelesen. Trotz der verderbten Schreibung ist es aufgrund des schlechten Vogel-Determinativs dennoch klar, daß es sich beim zweiten Wort um iwtj.w handeln muß (so auch in LGG IV, 596c, aufgefaßt). 1223 Zu dieser Bedeutung von ntj(.w)/iwtj(.w) vgl. Wb I, 46, 10; WILSON, Ptol. Lex., S. 57. 1224 LGG IV, 162a. 1225 LGG I, 529a. 1226 Vgl. LGG VI, 426–427. Siehe dazu auch BUDDE, Götterkind, S. 47, m. Anm. 192; C. CANNUYER, La giraffe dans l’Égypte ancienne et le verbe „sr“: étude de lexicographie et de symbolique animalière, AcOrB Subsidia 4, Brüssel 2010, bes. S. 482–491; zur obigen Stelle S. 484, doc. 251. Vgl. z. B. auch eine Stelle im Isis-Hymnus Philä III, Nr. 2: sr(.t) ij n nHH, siehe oben, Kap. 4.1.1.A; vgl. zu einer weiteren Parallele zu diesem Text oben, Anm. 1220. 1227 Ein Beispiel für die Zusammenstellung solcher Prognosen ist der demotische pKairo CG 31222, siehe G. R. HUGHES, A Demotic Astrological Text, in: JNES 10, 1951, S. 256–264; J. F. QUACK, „Assur will suffer.“ Predicting Disaster in Ancient Egypt, in: G. J. Schenk (Hrsg.), Historical Disaster Experiences. Towards a Comparative and Transcultural History of Disasters Across Asia and Europe, Transcultural Research, Cham 2017, S. 189–206, bes. 191–192, 198–199 u. 200–201; vgl. auch BERGMAN, Isis-Seele, S. 46; L. KÁKOSY, Die mannweibliche Natur des Sirius in Ägypten, in: StudAeg 2, Budapest 1976, S. 41–46: 43.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
hingegen mit der expliziten Identifizierung mit Seschat, die auch in der Türlaibung der östlichen Tür (Dend. I, 75, 12–76, 2; siehe oben) angedeutet wird. Eine starke Betonung liegt in dem Text einerseits auf der herrschaftlichen Autorität der Göttin, insbesondere im ersten Teil, aber auch gegen Ende (nn an.tw…; nn hb…), andererseits auf ihrer Fürsorge und Schutzfunktion gegenüber ihren Anhängern, was v. a. im Mittelteil thematisiert wird. Ähnliche Züge finden sich in der Hymne an Hathor in der anderen Türlaibung (Dend. I, 81, 9–13):1228 In Analogie zu Isis als „Herrin der rechten Ordnung“ wird sie als „Maat, die Große, die Herrin der Urteilssprüche für die Bittenden“ bezeichnet; als Entsprechung für den Themenkreis ,Schutz und Fürsorge’ heißt sie u. a. nD.tj.t mnx.t irj(.t) gs-dp.t n njs n=s m hrw n Hr n anx mwt „Die vortreffliche Beschützerin, die Schutz bereitet für denjenigen, der zu ihr ruft am Tage des Angesichts von Leben und Tod“ – eine Phrase, die formal direkt parallel zu derjenigen mit nD.tj.t mnx.t von Isis gestaltet ist und ebenso wie diese ein Gegensatzpaar enthält. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen Inhalt
Dend. I, 90, 15–97, 3 Dendara, Haupttempel, Sanktuar, Außenwand (Couloir mystérieux), Soubassement, Ostwand CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 142–149 Dend. XII, 59–83 (tw.)1229 Gauprozession der oberägyptischen Gaue vor Hathor und Ihi von Dendara sowie Horus von Edfu.
Text: – 1. o.äg. Gau: (…) ntT %pd.t bsj(.t) nwn tp-rnp.t r iwH Ax.t m nfr.w=s (…) (denn) du bist Sothis, die die Urflut hervorquellen läßt zu Beginn des Jahres,1230 um das Fruchtland zu überschwemmen mit ihren Vollkommenheiten. – 2. o.äg. Gau: (…) ntT BHd.tj.t sAb(.t) Sw.t mH(.t) ib n Ra m Haa.wt (…) (denn) du bist Behedetit (die von Edfu), die Buntgefiederte, die das Herz des Re mit Jubel erfüllt.1231 – 3. o.äg. Gau: (…) ntT HD.t Nxn sAb(.t) Sw.t PxA.t(?) n.j.t itn wr (…) (denn) du bist die Weiße von Hierakonpolis (= Nechbet), die Buntgefiederte, Pechat (Uräusschlange) der großen Sonnenscheibe.
1228 Vgl. die Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 128–129. 1229 Hier nicht separat bearbeitet. 1230 Vgl. auch LGG II, 830b–c, mit zahlreichen Parallelen in Dendara; LOCHER, Topographie, S. 328. ZAKI, Premier Nome, S. 91, übersetzt tp-rnp.t mit „jedes Jahr“. 1231 Ein übliches Epitheton der Hathor von Dendara mit Bezug auf Horus(-Re) von Edfu, vgl. LGG III, 366b.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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– 4. o.äg. Gau: (…) ntT wsr.t HqA.t nb(.t) ISrw SAa.t SAa(.t) xp(r) xnt (…) (denn) du bist die Mächtige, 1232 die Herrscherin, die Herrin von Ischeru (= Mut), die Urzeitliche, die am Anfang zuerst entstand.1233 – 5. o.äg. Gau: (…) ntT mAA(.t) sA=s wsr Hr xtjw=f r nh [(Wn-nfr mAa xrw) (…) (denn) du bist die, die ihren mächtigen Sohn sieht, der auf seiner Empore ist,1234 um [(Onnophris, wahrhaft an Stimme) zu beschirmen. – 6. o.äg. Gau: (…) ntT Ra.t xnt tA-n-Itm iHj=tw n=T m mnj.t sxm (…) (denn) du bist die Sonnengöttin an der Spitze von ‚Land des Atum‘ (Dendara); man musiziert für dich mit Menat und Sistrum.1235 – 7. o.äg. Gau: (…) ntT bnr.t mrw.t Hwnw.t Hnw.t nTr.wt Hn(.t) bnw m Hw.t-bnw1236 (…) (denn) du bist die mit süßem Liebreiz, die junge Löwin,1237 die Gebieterin der Göttinnen, die den Phönix im Haus des Phönix1238 schützt. – 8. o.äg. Gau: (…) ntT Dd(.t) nb=s m njw.t-xprr HqA.t HqA(.t) xndw wr (…) (denn) du bist die, die ihren Herrn dauern läßt in der Stadt des Skarabäus (= Abydos),1239 die Herrscherin, die den großen Thron beherrscht. – 9. o.äg. Gau: (…) ntT ¢ntj.t-IAbt.t xnt %n.wt mw.t Mnw xnt Mnw (…) (denn) du bist die ‚Vorsteherin des Ostens‘1240 an der Spitze des Senut-Heiligtums,1241 die Mutter des Min an der Spitze von Panopolis. – 10. o.äg. Gau: (…) ntT mAA(.t) sA=s xnt @w.t-sHtp ibA(.t) Hr-sA Dw (…) (denn) du bist die, die ihren Sohn sieht an der Spitze vom ‚Tempel der Besänftigung‘,1242 die tanzt nach dem Unheil.1243 1232 Wortspiel mit dem Stadtnamen WAs.t „Theben“. 1233 Das auf die urzeitliche Entstehung abzielende Epitheton läßt an Amaunet als Teil der hermopolitanischen Achtheit denken. 1234 Dieser Göttinnenname ist sonst nicht belegt, vgl. LGG III, 206b („die ihren mächtigen Sohn auf seiner Treppe sieht“). Die „Treppe“ oder „Empore“ ist jedoch engstens mit Min von Koptos verbunden, und Hrj-xtjw(=f) ist ein häufiger Beiname von ihm, vgl. LGG V, 373c–374b; H. GAUTHIER, Le „reposoir“ du dieu Min, in: Kêmi 2, 1929, S. 41–82. 1235 Siehe zu dieser Passage auch S. CAUVILLE, Les inscriptions géographiques relatives au nome tentyrite, in: BIFAO 92, 1992, S. 67–99: 75. 1236 Man beachte die Alliteration auf Hw/Hn. 1237 Zu dieser Bezeichnung für die Göttin des 7. o.äg. Gaues vgl. LGG V, 102c–103b, Belege [17] und [38]; vgl. auch BUDDE, Götterkind, S. 97–101 zu Hwnw.t als Bezeichnung der Hathor/Isis in Dendara. 1238 Heiligtum bzw. Name des Hauptortes (heute Hu) des 7. o.äg. Gaues, GDG IV, S. 66. 1239 Siehe dazu auch STADLER, Skarabäus, S. 77–78. 1240 Zu diesem Göttinnennamen siehe oben, Kap. 4.6.1.B, Kommentar zu Dend. Porte d’Isis, Nr. 1. Mit dem 9. o.äg. Gau wird sie in Dendara noch ein weiteres Mal in Verbindung gebracht: LGG V, 893a– b, Beleg [23]. 1241 Bezeichnung des Min-Tempels von Panopolis (Achmim), vgl. GDG V, S. 39. 1242 Stadt im 10. o.äg. Gau, siehe GDG IV, S. 128.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
– 12. o.äg. Gau: (…) ntT MAty.t m sStA=s n As.t Haa.tj m HH n sp (…) (denn) du bist Matit1244 in ihrer geheimen Gestalt der Isis, indem sie millionenfach jubelt.1245 – 13. o.äg. Gau: (…) ntT @w.t-@r Hnw.t 16 sTs ix.wt n [… … … …] (…) (denn) du bist Hathor, die Herrin der 16,1246 die Opfergaben erhebt für […].1247 – 14. o.äg. Gau: (…) ntT %xm.t sxm(.t) m nbD wnmy.t wbd(.t) smAy.w=f1248 (…) (denn) du bist Sachmet, die Macht hat über den Bösen (Seth), die Verzehrende (Flamme), die seine Genossen verbrennt. – 15. o.äg. Gau: (…) ntT MH.t-wr.t DAj.n=s nwn [@]sA.t(?) xf(A?/d?)=s X.t/Xr(?) Ra (…) (denn) du bist Mehetweret, indem sie den Nun durchfährt, die [He]satkuh, …? Re.1249 – 16. o.äg. Gau: (…) ntT AS.t Hnb.n=s B bHn(.t) nbD tp irj.n=f (…) (denn) du bist Aschet (die Hündin), indem sie Be (= Seth) geschlachtet hat, die den Bösen zerschneidet/bestraft wegen dem, was er getan hat.1250
1243 CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 147, übersetzt den letzten Teil separat als „Frohlocken folgt auf Unheil“. In der Prozession auf der Ostaußenwand des Naos von Dendara heißt es für den 10. o.äg. Gau ähnlich: mAA.n=s sA=s m ibA Hr-sA Dw „die ihren Sohn tanzend nach dem Unheil sieht“, siehe LGG III, 206b; vgl. dazu auch BEINLICH, Geographische Inschriften, S. 70, der aber übersetzt: „die sieht ihren Sohn (…), der jubelt auf dem Rücken des Bösen“. 1244 Zur Löwengöttin Matit siehe DE WIT, Lion, S. 298–300. Diese wird auch in weiteren geographischen Texten mit dem 12. o.äg. Gau verbunden, vgl. LGG III, 213b–c, Belege [9], [10], [13], [14]. 1245 Vgl. zu dieser Passage auch VANDIER, Anubis femelle, S. 201. Ähnlich die zum 12. o.äg. Gau gehörige Passage in einer Osiriskapelle in Dendara: Dend. X, 77, 12: xwj.tw=k MAtj.t m sStA=s n As.t. Siehe dazu und zu Matit jetzt LEITZ, Geographisch-osirianische Prozessionen, S. 150 u. 155–156. 1246 Zu Hathor als „Herrin der 16“ im 13. o.äg. Gau, siehe Kap. 4.2.1.A, zu Assuan-Hymne 6; GOYON, Seize et quatorze; PREYS, Maîtresse des Seize. 1247 Oder: „für [die] Opfergaben erhoben werden […]“, vgl. auch CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 147. 1248 Alliteration auf s und w. 1249 CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 146–147, liest unkommentiert DA.n=s nww m(?) Ax.t xpd=s(?) Xr Ra „die das Urwasser in Gestalt einer Kuh durchquert, während ihr Rücken (tatsächlich: Hinterteil!) Re trägt.“ Nach Tb 17 wird Re tatsächlich an den Hinterbacken (xpd) der Mehetweret geboren, was für CAUVILLEs Lesung (wenngleich xf geschrieben ist) sprechen könnte. LGG III, 376b, Beleg [46]: „Sie durchquert den Nun als (?) Kuh, wobei sie gesehen wird (? xf=s) mit Re“. Könnte vielleicht xsfj „stromauf fahren“ (Wb III, 337, 14–16) gemeint sein? xsfj(.t) Xr Ra „die stromauf fährt mit Re.“ Zu vergleichen ist die parallele Gauprozession an der Außenwand des Naos von Dendara, Dend. XII, 74, 8–9: ntT MH.t-wr.t DAj Hr itrw=s wDA Ra imj-wt wp.t=s „(denn) du bist Mehetweret, die auf ihrem Fluß dahinfährt, während Re zwischen ihren Hörnern reist“; und eine Stelle im Mythologischen Handbuch PSI Inv. I 72, x+5, 16: „Da(bei) sind (noch): Hesat, Nährerin von Re, Mehetweret als ‚die den Fluß überquert (mit) Re auf ihrem Gehörn als Kind‘.“, siehe OSING/ROSATI, Papiri geroglifici, S. 172.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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– 17. o.äg. Gau: (…) ntT Inpw.t grg.tw Hr X.t=s Ts.wt spd.w(t) r stp nbD (…) (denn) du bist Input (die Schakalin), die (kampf)bereit1251 ist auf ihrem Bauch, mit spitzen Zähnen, um den Bösen zu zerreißen.1252 – 18. o.äg. Gau: (…) ntT WADy.t mna.n=s sA=s Sd(.t) nnj=s m HD.w (…) (denn) du bist Uto, indem sie ihren Sohn aufzieht, die ihr Kind stillt mit Milch.1253 – 20. o.äg. Gau: (…) ntT aD.t mAs.n=s aApp m sStA=s n Hwnw.t (…) (denn) du bist das Ichneumonweibchen,1254 indem sie Apophis geschlachtet hat in ihrer geheimen Gestalt als junge Löwin.1255 – 21. o.äg. Gau: (…) ntT sn.t sn.nw.t n mw.t wa(.t) Ddm(.t) bsj(.t) m war.tj […] (…) (denn) du bist die zweite Schwester von einer Mutter,1256 die Stechende(?), die aus den beiden Beinen hervorkam1257 […]. – 22. o.äg. Gau: (…) ntT wpj(.t) D.t n kA [dS]r [Hr T]ms.w=f1258 dj(.t) iwf.w/Ha.w=f n sA=T (…) (denn) du bist die, die den Leib des [rot]en Stieres öffnet [wegen] seiner [Un]taten, und die sein Fleisch deinem Sohn gibt.
1250 Vgl. zur Hündin Aschet VANDIER, Anubis femelle, bes. S. 201 zur Stelle, und 202 zu Aschet. Siehe zu den Details der entsprechenden mythologischen Episode Kap. 4.13.3 zu pJumilhac, wo das Geschehen allerdings dem 17.–18. o.äg. Gau zugeordnet ist. 1251 Zu dieser Bedeutung von grg (Hr) siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 1105. 1252 Vgl. Anm. 1250 zum 16. o.äg. Gau. Hier wird offenbar auf dasselbe Ereignis angespielt. Zu Inpw.t in ähnlichem Zusammenhang siehe die in LGG I, 398b–c, angegebenen Parallelen; sowie M. SMITH, Reign of Seth, S. 402–403; VANDIER, Anubis femelle. Zur Stelle und den Parallelen auch LEITZ, Geographisch-osirianische Prozessionen, S. 211–213. 1253 Auch nach pJumilhac war Uto Hauptgöttin des 18. o.äg. Gaues; Isis-Uto ist dort Mutter des AnubisHorus, siehe Kap. 4.13.3. 1254 EL-SAYED, Neith, S. 559, Doc. 889, liest den Göttinnennamen als „Neith“. Es steht aber aD und nicht N.t. 1255 Vgl. die Parallele an der Außenwand des Naos, Dend. XII, 79, 8: ntT aA.t bk.n=s aApp m D.t=s m Hwnw.t „Die Große, indem sie Apophis getötet hat in ihrer Gestalt als junge Löwin.“ Zu Hwnw.t vgl. auch oben die Angabe zum 7. o.äg. Gau (Anm. 1237). 1256 Hiermit könnte Nephthys gemeint sein. 1257 CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 148–149, übersetzt Ddm mit „sammeln/zusammensuchen“: „die das zusammensucht, was aus den beiden Beinen hervorkam.“ Möglicherweise leitet sie diese Bedeutung von dem laut MEEKS, Année lexicographique, 79.3690, belegten Verb Ddm „aufhäufen“ ab. Inhaltlich ist diese Deutung wohl sinnvoller, da das Bein als „Osirisreliquie“ des 20. und 21. Gaues galt (vgl. Beinlich, „Osirisreliquien“, S. 236–238). 1258 Ergänzungen nach CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 148.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen Inhalt
Dend. I, 122, 14–128, 12 Dendara, Haupttempel, Sanktuar, Außenwand (Couloir mystérieux), Soubassement, Westwand CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 184–191 Dend. XII, 188–205 (tw.)1259 Gauprozession der unterägyptischen Gaue vor Isis und Harsomtus (einmal als Kindgott, einmal als Mann) von Dendara.
Text: – 1. u.äg. Gau: (…) ntT %xm.t Hnw.t nb(.t) ins iwH(.t) m Htp [… … …] (…) (denn) du bist Sachmet, die Gebieterin, die Herrin des blutroten Stoffes,1260 die überschwemmt in Frieden1261 […]. – 2. u.äg. Gau: (…) ntT nb.t wArx wa.t m pr-sA wr(.t) Hsw.t m Hw.t-bjtj (…) (denn) du bist die Herrin der Säulenhalle,1262 die Einzigartige (Uräus) im Haus des Schutzes(?),1263 groß an Lobpreis im Haus der Biene.1264 – 3. u.äg. Gau: (…) ntT mw.t-nTr nbw.t nb(.t) ImA.w Sdj(.t) xj=s m anx-wAs (…) (denn) du bist die Gottesmutter, die Goldene, die Herrin von Kom el-Hisn, die ihr Kind stillt mit Milch. – 4. u.äg. Gau: (…) ntT wsr.t HqA.t nb.t HkA.w1265 dr nrw n kA n Ra wr (…) (denn) du bist die Mächtige, die Herrscherin, die Herrin der Zauberkraft, die den Schrecken des Stieres von Re, dem Großen,1266 vertreibt. – 5. u.äg. Gau: (…) ntT ¥smw.t aHA(.t) Hr sA=s nD.tj(.t) n wbn m D.t=s (…) (denn) du bist Schesemut,1267 die für ihren Sohn kämpft,1268 die Schützerin dessen, der aus ihrem Leib erscheint. 1259 1260 1261 1262 1263
Hier nicht separat bearbeitet. Häufiger Beiname von Sachmet und Hathor, vgl. LGG IV, 19a–b. Oder m Htp[.w …] „mit Opfergab[en …]“? Möglicherweise handelt es sich bei wArx auch um ein Toponym des Letopolites, vgl. LGG IV, 37a–b. Nach MEEKS, Année lexicographique, 78.1471, bezeichnet pr-sA ein Entbindungshaus oder Säuglingsheim. 1264 Ein Heiligtum, das in Sais oder Letopolis lokalisiert sein kann, vgl. Kap. 4.2.1.A, Anm. 606. 1265 Wortspiel/Alliteration zwischen HqA.t und HkA.w. 1266 CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 187, übersetzt „Schrecken des großen Ka des Re“. Zur obigen Übersetzung vgl. LGG VII, 562a, und außerdem LGG VII, 265c zu kA n Ra wr: Dieses Epitheton ist in Edfu und Dendara für den Gott Schesemu belegt, der wiederum zumindest in einer Quelle (LGG VII, 122a, Beleg [89] = Opet I, 245 rechts) mit der anderen, nördlichen Hälfte des Neith-Gaues (5. u.äg. Gau) statt wie hier mit dem südlichen Neith-Gau verbunden ist. Vgl. auch die Erwähnung einer weiblichen Form von Schesemu für den 5. u.äg. Gau im obigen Text. Zu Schesemu siehe z. B. M. CICCARELLO, Shesmu the Letopolite, in: Studies in Honor of George R. Hughes, SAOC 39, Chicago 1976, S. 43–54.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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– 6. u.äg. Gau: (…) ntT sA.t Ra xp(r.t) im=f Wps.t Sps.t wtT.n=f-sj (…) (denn) du bist die Tochter des Re,1269 die aus ihm entstanden ist, die Verbrennende,1270 die Edle; er hat sie gezeugt. – 7. u.äg. Gau: (…) ntT mw.t-nTr Snj(.t) m HkA.w=s sxr(.t) ¤tS1271 m tpj.w-rA=s (…) (denn) du bist die Gottesmutter, die mit ihrer Zauberkraft beschwört, die Seth mit ihren Zaubersprüchen niederwirft. – 8. u.äg. Gau: (…) ntT ¡w.t-¡r nb(.t) anw {x}m Hw.t-¡w.t-¡r xtj(.t) ¤tS xr.w(?) HA.t(?) sA=s1272 (…) (denn) du bist Hathor, die Herrin von Anu1273 im Tempel der Hathor, die Seth erblickt/zurücktreibt, indem er gefallen ist(?) vor(?) ihren Sohn.1274 – 9. u.äg. Gau: (…) ntT nw(.t) sn=s m njw.(w)t1275 spA.wt rdj(.t) sA=s Hr ns.t it=f (…) (denn) du bist diejenige, die ihren Bruder einhüllt in den Städten und Gauen, und die ihren Sohn auf den Thron ihres Vaters setzt.1276 – 10. u.äg. Gau: (…) ntT ¢wj.t Hbs.n=s nTr Hd.t a.wj=s Hr mkj nb=s (…) (denn) du bist Chuit („die Schützerin“),1277 indem sie den Gott bekleidet,1278 die ihre Arme ausbreitet beim Schützen ihres Herrn.1279 1280 – 11. u.äg. Gau: (…) ntT Hsb(.t)1281 qnj.w n nbD tp irj.n=f Hwj(.t) sDb.w r=f m nm.t (…) (denn) du bist diejenige, die die Übeltaten des Bösen zählt, wegen dem, was er getan hat, und Unheil gegen ihn verhängt an der Richtstätte.1282
1267 Die weibliche Form des Gottes Schesemu ist laut LGG VII, 123c, nur hier belegt. Siehe dazu die vorige Anm. 1266. 1268 Diese Bezeichnung ist mehrfach für Isis belegt, LGG II, 187c. 1269 Amun-Re ist der Hauptgott des 6. u.äg. Gaues. 1270 Wps.t („die Verbrennende“) ist eine häufige Form der Göttin Tefnut bzw. der Gefährlichen Göttin, Tochter des Re, vgl. LGG II, 367; JUNKER, Auszug der Hathor-Tefnut, S. 36; ID., Onurislegende, S. 82–94; INCONNU-BOCQUILLON, Déesse Lointaine, S. 239–242 und 281–289. 1271 Alliteration auf s/S. 1272 Alliteration auf H/x. 1273 Es handelt sich um das w-Gebiet des 8. u.äg. Gaues, siehe GDG I, S. 144. 1274 Vgl. zur Lesung CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 186–187. In LGG V, 969c, dagegen gelesen als xtj(.t) ¤tS Xr-HA.t(?) sA=s „die Seth sieht vor(?) ihrem Sohn.“ 1275 Wortspiel/Alliteration zwischen nw(.t) und njw.t. 1276 So und ähnlich häufiger für Isis belegt, vgl. LGG IV, 781b–782a. 1277 Eine eigenständige Göttin im Gau von Athribis (10. u.äg.) und Partnerin des Horus Chentechtai, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 711; LGG V, 675c–676a; C. LEITZ, Die regionale Mythologie Ägyptens nach Ausweis der geographischen Prozessionen in den späten Tempeln, Soubassementstudien IV, SSR 10, Wiesbaden 2017, S. 476. 1278 „Die den Gott bekleidet“ ist ein häufiges Epitheton der Chuit von Athribis, vgl. LGG V, 675c–676a. 1279 Gemeint dürfte Horus Chentechtai sein, vgl. Anm. 1277. 1280 Vgl. zu diesem Abschnitt auch VERNUS, Athribis, Doc. 206. 1281 Wortspiel mit dem Namen des Gaues ¡sb.w.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
– 12. u.äg. Gau: (…) ntT ©d.t sA.t Ra mrj(.t)=f mAA=s n Hrj1283 Hr HA.t=f m MHnj.t (…) (denn) du bist die Dauernde/Rezitiererin(?),1284 die Tochter des Re, die zu sehen er liebt, die sich nicht von seiner Stirn entfernt als Ringelschlange (Mehenet). – 13. u.äg. Gau: (…) ntT Iw=s-aA=s ir.t Ra m Hw.t-HkA irj.tw n=s Iwn.t m DbA n Iwnw (…) (denn) du bist Iusaas, das Auge des Re im ‚Tempel der Zauberkraft‘,1285 für die Iunet (das weibliche Heliopolis, Dendara) geschaffen wurde als Gegenstück zu Heliopolis.1286 – 14. u.äg. Gau: (…) ntT ¢ntj.t-IAbt.t xnt ¢ntj.t-IAbt.t1287 sanx(.t) TA=s xnt Msn (…) (denn) du bist die ‚Vorsteherin des Ostens‘ an der Spitze (des Gaues) von ‚Vorsteherin des Ostens‘, die ihr Kind leben läßt an der Spitze von Mesen.1288 – 15. u.äg. Gau: (…) ntT NHm.t-awAy Hnw.t m Wp-rH.wj Sps.t wsr.t iwt.t twt n=s (…) (denn) du bist Nehemetawai,1289 die Gebieterin in Wep-rehui (Hermopolis parva), die Edle und Mächtige, deren Gleiche es nicht gibt.1290 – 16. u.äg. Gau: (…) ntT @A.t-mHy.t Hnw.t nb(.t) ©d.t HHj(.t) sn=s Hr nwj (…) (denn) du bist Hatmehit, die Gebieterin, die Herrin von Mendes, die ihren Bruder in den Fluten sucht.1291
1282 Zur Lesung vgl. LGG V, 487b, und CAUVILLE, Dend. I Traduction, S. 188–189, die am Ende allerdings xb.t statt nm.t liest. Zum ersten Teil vgl. auch den Deltapapyrus (pBrooklyn 47.218.84), Kol. 15, 2: Hsb=tw n=f qnj; MEEKS, Mythes et légendes, S. 33 u. 146, Anm. 510. 1283 Wortspiel mit dem Hauptgott des Gaues, Onuris (In-Hr). 1284 Der kulttopographischen Litanei zufolge trägt Isis diesen Namen in Busiris (©dw) bzw. Mendes (©d.t), siehe Dend. Isis, 78, 16–79, 5 und Dend. I, 20, 14–21, 5. 1285 Heiligtum in Heliopolis, siehe GDG IV, S. 115. 1286 Siehe zu dieser Stelle auch VANDIER, Iousâas II, S. 107. 1287 Wortspiel mit dem Namen des Gaues. Die Göttin ¢ntj.t-IAbt.t wird außerdem auch für den 9. o.äg. Gau genannt, siehe oben. Zu ¢ntj.t-IAbt.t als Erscheinungsform der Isis siehe oben, Dend. Porte d’Isis, Nr. 1, mit Kommentar. 1288 Gemeint ist der Hauptgott des Gaues, Horus von Mesen. 1289 Göttin sowohl des ober- als auch des unterägyptischen Hermopolis, Gefährtin des Thoth, siehe dazu J. PARLEBAS, Die Göttin Nehmet-Awaj, Diss., Univ. Tübingen 1984; OSING/ROSATI, Papiri geroglifici, S. 153–178. 1290 Siehe dazu auch A.-P. ZIVIE, Hermopolis et le nome de l’ibis. Recherches sur la province du dieu Thot en Basse Égypte I, Bdé 66, 1, Kairo 1975, S. 189, Doc. 62; L. HABACHI, Notes on the Delta Hermopolis, Capital of the XVth Nome of Lower Egypt, in: ASAE 53, 1955/56, S. 441–480: 460. 1291 Vgl. die bedeutungsgleiche Bezeichnung HHj(.t) sn=s Hr mtr der Hatmehit in einer Ritualszene (Esel töten) in Dend. X, 54, 10–11 (LGG V, 467c), vgl. zu Hatmehit I. GAMER-WALLERT, Fische und Fischkulte im alten Ägypten, ÄgAb 21, Wiesbaden 1970, S. 98–101. Hier wird offenbar auf die Suche der Isis nach Osiris im Mittelmeer oder zumindest in den Deltasümpfen angespielt. Damit hängt nach LEITZ, Gaumonographien, S. 472, womöglich auch die Zuordnung des Delphins (itn) zu Isis in Frg. 31 des Geographischen pTanis (innerhalb einer Auflistung heiliger Fische) zusammen.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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– 17. u.äg. Gau: (…) ntT Mw.t wr.t nb(.t) ISrw sA.t Ra xnt %mA-BHd.t (…) (denn) du bist Mut, die Große, die Herrin von Ischeru, die Tochter des Re an der Spitze von el-Balamun. – 18. u.äg. Gau: (…) ntT BAs.t Hnw.t nb(.t) BAs.t ir.t Itm xnt tA-n-Itm (…) (denn) du bist Bastet, die Gebieterin, die Herrin von Bubastis, das Auge des Atum an der Spitze von ‚Land des Atum‘ (= Dendara). – 19. u.äg. Gau: (…) ntT @w.t-@r wr.t nb(.t) Im.t Hrj(.t) wAD=s irj(.t) mk.t n sA=s (…) (denn) du bist Hathor, die Große, die Herrin von Imet (Tell el-Faraoun), die über ihrer Papyrussäule ist,1292 die den Schutz ihres Sohnes bereitet.1293 – 20. u.äg. Gau: ntT ¢sy.t wr(.t) Hrj.t-tp n Ra aA(.t) sxr.w m wp.t Itm (…) (denn) du bist Chenset, die Große, die Uräusschlange des Re, mit großen Ratschlägen am Scheitel des Atum.1294 Kommentar: Dem jeweils hinteren Teil der Begleittexte der Gauprozession im Soubassement der Sanktuaraußenwand liegt das gleiche Prinzip zugrunde wie der kulttopographischen Litanei, die sich ja an der linken Türlaibung des Sanktuars (Dend. I, 20, 14–21, 5; s. o.) sowie im Inneren des Sanktuars des Isistempels (Dend. Isis, 78, 16–79, 5) befindet: Die Göttinnen von Dendara, Hathor bzw. Isis, werden jeweils mit einer Hauptgöttin der einzelnen ägyptischen Gaue identifiziert, was hier durch die Formel ntT X „(denn) du bist X“ erzielt wird. Die Namen bzw. Bezeichnungen der einzelnen Gauherrinnen werden noch durch zusätzliche Epitheta erweitert, die sich teilweise auf lokale mythische Episoden beziehen und häufig den Schutz des Osiris oder Horus vor Seth thematisieren. Die genannten Göttinnen sind manchmal, aber nicht immer, identisch mit den in den Exemplaren der kulttopographischen Litanei genannten; Unterschiede kommen zudem auch dadurch zustande, daß in letzterer nicht streng alle Gauhauptstädte durchdekliniert werden, sondern ausgewählte wichtige religiöse Hauptstädte. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. II, 66, 13–67, 3 Dendara, Haupttempel, 1. Ostkapelle (D) im Couloir mystérieux (War.t xpr XA.t), linke (südliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 108–109
1292 Eine häufige Bezeichnung der Uto, vgl. LGG V, 437c–438a. 1293 Als Bezeichnung der Göttin des 19. u.äg. Gaues auch in den Parallelen Dend. XII, 199, 16: ntT ir.t Ra Hrj(.t) wAD=s xwj(.t) sA=s Sdj(.t) @r m Axy „(denn) du bist das Auge des Re, die über ihrer Papyrussäule ist, die ihren Sohn beschirmt, die Horus aufzieht im Papyrusdickicht.“; und Deltapapyrus (pBrooklyn 47.218.84), Kol. 15, 6: @w.t-@r wr.t nb(.t) Im.t Hrj(.t) wAD=s xwj=s sA=s Sdd nTr m Axy.t „Hathor, die Große, die Herrin von Imet, die über ihrer Papyrussäule ist. Sie beschirmt ihren Sohn, sie rettet/zieht auf den Gott im Papyrusdickicht.“; MEEKS, Mythes et légendes, S. 34;148, Anm. 518, u. 302–303. 1294 Vgl. die Parallele Dend. XII, 200, 17–18: [nt]T ¢n[sy].t Hrj.t-tp n Ra MHnj.t m tp n nb-Dr „(denn) [du] bist Chen[se]t, die Uräusschlange des Re, die Ringelschlange am Kopf des Allherrn.“
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260 Inhalt
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (66, 15–67, 3): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, Hrj.t-tp n Ra Hnw.t tA.wj die Stirnschlange des Re, die Gebieterin der Beiden Länder, wa.t pw Hnw.t nTr.w nTr.wt die Einzigartige ist es, die Gebieterin der Götter und Göttinnen, nn mjt.t=s m gs.w-pr.w derengleichen es nicht gibt in den Tempeln, nTr.t wa.t wD(.t) md.w n HH.w die einzigartige Göttin, die Befehle erteilt an Millionen, nn wn k.t [… … … …]1295 mit der keine andere [vergleichbar ist (o. ä.),] Kol. 3: nb(.t) p.t tA dwA.t mw Dw.w die Herrin des Himmels, der Erde, der Unterwelt, des Wassers und der Gebirge, nn wn irj(.t) m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung nichts getan wird („ohne… es kein Gemachtes gibt“), rpj.t nfr.t n Hr xw=s die schöne Vornehme, deren Art es nicht (noch einmal) gibt, bjAtj(.t) sr.t xp(r) n Hn.tj die Wunderbare, die verkündet, was geschieht in ferner Zeit,1296 [nTr].t1297 tn nswj.t r (sic!) tpj.w-a HqA.t n [… … … … …] diese [Göttin], die Königin der Vorfahren,1298 die Herrscherin der/des […] Kommentar: Isis wird in dieser Epithetareihe, die keine formalen Besonderheiten aufweist, in erster Linie als Herrscherin mit oberster Befehlsgewalt und als Herrin des Kosmos vorgestellt, insbesondere mit der Aufzählung seiner verschiedenen Bereiche (Himmel, Erde, Unterwelt…). Ihre Einzigartigkeit wird in variierenden Formulierungen mehrfach betont: wa.t, nn
1295 CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 108–109, ergänzt hier m sn.t r=s, wohl nach Dend. VI, 138, 9–10 (vgl. LGG III, 484b). Eine andere Möglichkeit wäre nn wn k.t Hr xw=s, nach Dend. VIII, 28, 3–4 (vgl. LGG III, 484b), wobei eine solche Phrase (ohne k.t) im obigen Text später noch folgt (67, 2), so daß diese Ergänzung wohl weniger wahrscheinlich wäre. Der Sinn bleibt der gleiche. 1296 Vgl. die ähnliche Formulierung im Text Dend. I, 82, 1–6 (s. o.). 1297 Größe und Form der Lücke würden perfekt passen für . Vgl. die parallele Stelle Dend. III, 55, 2–8 (s. u.): „diese Göttin, die fürstlicher ist als die Vorfahren“. 1298 Die Präposition r ist ungewöhnlich, zu erwarten wäre n, vgl. die anderen Belege in LGG IV, 349c. Möglicherweise handelt es sich um eine Verschreibung. Andererseits stellt sich die Frage, was in der Lücke vorher gestanden hat, so daß möglicherweise mit dem r auch ein komparativer Sinn gemeint war, etwa „die […], die königlicher (noch) ist, als die Vorfahren“.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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mjt.t=s, nTr.t wa.t, nn wn k.t […], n Hr xw=s. In der gegenüberliegenden Türlaibung ist wie üblich ein entsprechender Text für Hathor angebracht (Dend. II, 66, 8–11).1299 Inschriften der Geburtskapelle der Isis Text/Hauptpublikation Dend. II, 98, 2–99, 3 Anbringungsort Dendara, Haupttempel, 2. Ostkapelle (E) im Couloir mystérieux (s.t msxn.t = Geburtskapelle der Isis), Tür, Außenseite, rechter (nördlicher) Türpfosten Bibliographie CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 152–155; KURTH, Einführung I, S. 565–568; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 140–141, Nr. (8) (nur Teile); VON LIEVEN, Scheiben am Himmel, S. 282 (nur Teile) Text: Kol. 1:
Kol. 2:
(Dd mdw) iAw n=T iAw n kA=T (Rezitation:) Lobpreis für dich, Lobpreis für deinen Ka, [(As.t wr.t mw.t-nTr) nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t [(Isis, die Große, die Gottesmutter), die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, SAa.t pw SAa(.t) xp(r) xnt ?1300 die Uranfängliche ist es, die als Erste am Anfang entstanden ist, wa.t Hnw.t nTr.w die Einzigartige, die Gebieterin der Götter, papa(.t)(?)1301 n mw.t=s iw/r tA m &A-rr die zur Welt gebracht wurde von ihrer Mutter in Dendara m hrw pn nfr grH nxn m sS=f an diesem schönen Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest. wbn HAy.tj m bjA m AxAx (= ixxw) Die beiden Himmelslichter gingen auf am Himmel in der Dämmerung, Dr wn=T ir.tj=T m &A-n-Itm als du deine beiden Augen öffnetest im Land des Atum (= Dendara), dj nb.t Iwn.t bnr=s r Snb.t=T die Herrin von Dendara gibt ihre Süße (Milch) in deine Kehle,
1299 Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 106–107. 1300 Die überflüssige Sonnenscheibe muß wohl getilgt werden. LEITZ, Nacht des Kindes, S. 140, übersetzt unter Einbeziehung der Sonnenscheibe „die zuerst vor Re Entstandene“, vgl. dagegen aber LGG VII, 24a (Beleg [2]). 1301 Die Lesung des Wortes ist unsicher, der Sinn aufgrund des Determinativs und Zusammenhangs jedoch klar; papa nach CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 152, die jedoch keinen Kommentar dazu abgibt; und KURTH, Einführung I, S. 567, der eine Verschreibung von zu annimmt, was mir plausibel erscheint. LEITZ, Nacht des Kindes, S. 140, m. Anm. 29, liest mit Fragezeichen AxAx, was den geschriebenen Zeichen zwar am nächsten kommt, aber wenig Sinn machen würde; er übersetzt trotz der Lesung aufgrund des eindeutigen Zusammenhanges „die zur Welt gebracht wird“, ähnlich auch LGG I, 60b, allerdings mit AXAX statt AxAx.
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Kol. 3:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Atf=s tw=T m mrw.t=s sie bekrönt dich/stattet dich aus (?)1302 mit ihrer Liebe,1303 pAw.tj tpj (Hr) dj(.t) iAw m Hr=T der erste Urgott gibt Lobpreis vor deinem Antlitz, psD.t aA.t Hr dwA kA=T die große Neunheit betet deinen Ka an, njw.wt spA.wt grg Xr sSm=T Städte und Gaue sind ausgestattet mit deinem Abbild,1304 n sk tp tA D.t unvergänglich auf Erden, ewiglich. wD.n=T mdw m gs.w-pr.w Du hast die Anweisungen in den Kultstätten gegeben, aq(?)1305 prj x{w}t wD=T man geht ein und aus gemäß deiner Weisung, mnx.t an.t Hnw.t nTr.w nTr.wt die Vortreffliche und Schöne, die Gebieterin der Götter und Göttinnen, rpy.t nfr.t m Pr-Rpy.t die schöne Vornehme im Haus der Repit/der Vornehmen (= Dendara),1306 iqr.t(?)1307 pw n wn mj.t.t=s die Treffliche ist es, deren Gleiche es nicht gibt, nb(.t) sS Hnw.t pr-mDA.t die Herrin der Schrift, die Gebieterin des Hauses der Schriftrollen (Bibliothek),
1302 Die Stelle ist unsicher; obige Lesung auch bei CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 152–153. Allerdings wird Atf in Wb I, 23, 4–5, nur als intransitives Verb mit der Bedeutung „gekrönt sein“, „versehen sein“ angegeben. Für eine solche Bedeutung müßte aber stark emendiert werden, außerdem würde der Satz dann nicht mehr in das Muster der vorherigen und der folgenden Phrasen passen, die alle jeweils eine Handlung anderer Götter und Entitäten gegenüber Isis ausdrücken. Somit muß hier eine transitive Bedeutung „krönen, ausstatten“ für Atf zumindest für diese Zeit angenommen werden, vgl. auch KURTH, Einführung I, S. 567. 1303 CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 152–153, liest m mjt.t=s „wie sich selbst“; vgl. zur obigen Lesung und Übersetzung KURTH, Einführung I, S. 567. 1304 Alternative: „Städte und Gaue wurden gegründet unter deiner Leitung“, vgl. KURTH, Einführung I, S. 567. Beide Varianten halte ich für gut möglich. 1305 Das Zeichen zeigt eine herauskriechende Schlange statt einer hineinkriechenden . KURTH, Einführung I, S. 567, erklärt diesen „Fehler“ mit einer möglicherweise beabsichtigten Hinwendung der Schlange zum vorher geschriebenen gs.w-pr.w. CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 152–153, liest hingegen prj prj.t xft wD=T „das was geschieht, geschieht nach deiner Weisung“, was die Fehlschreibung auflösen würde, mir hier jedoch weniger wahrscheinlich vorkommt. 1306 Siehe dazu KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 103–104. 1307 CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 154–155, und KURTH, Einführung I, S. 567–568 lesen Hb.t „Ibisweibchen“, doch gibt es für eine solche Göttinnenbezeichnung zumindest laut LGG keine Parallele. Immerhin wird Isis in dem frühdemotischen magischen Papyrus pBM 10378 einmal als „Ibis (hb) von der Waage der Beiden Länder“ bezeichnet, siehe zur Diskussion Kap. 6.5.2.1. Aufgrund der somit dünnen Beleglage, aber auch im Hinblick auf das folgende „deren Gleiche es nicht gibt“, halte ich im obigen Text die Lesung iqr.t für wahrscheinlicher, vgl. auch LGG I, 566b (Beleg [7], allerdings mit Fragezeichen).
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Kol. 4:
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HqA.t pw n.j.t Aw n tA die Herrscherin der (ganzen) Weite der Erde ist es, itj.t m Sn n itn die Fürstin im Umkreis der Sonnenscheibe, Ra.t xaj(.t) tp rnp.t m nn.t Sonnengöttin, die zu Beginn des Jahres am Himmel erscheint m %pd.t Hnw.t xAbAs.w als Sothis, die Gebieterin der Himmelsleuchten. wpS mAw=T1308 tA Hr ndb=f mj Ra Deine Strahlen erleuchten das ganze Land wie Re, dj=f-sw m dwA wenn er sich zeigt am Morgen. nb(.t) tp rnp.t Sdj.t Hapj m tpH.t=f Herrin des Jahresanfangs, die den Nil aus seiner Höhle herauszieht, r xp(r) anx n anx.w damit Leben entsteht für die Lebenden. TAj.w Hm.wt m ksw n1309 bA.w=T Männer und Frauen sind in Verbeugung vor deiner Gottesmacht, &A-mrj(.w?) n=T m wAH-tp das Geliebte Land/die Ägypter1310 ist/sind für dich mit gesenktem Kopf (= in Ehrerbietung), [(As.t wr.t mw.t-nTr) Htp Hr=T nfr n nswt bjtj nb tA.wj [( ) mrj=T [(Isis, die Große, die Gottesmutter), möge dein schönes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten, dem Herrn der Beiden Länder [( ), den du liebst.
Kommentar: Der Eingang zu Isis’ Geburtskapelle in Dendara wird von zwei langen Hymnen eingerahmt, von denen obige an Isis, die auf der linken (südlichen) Seite (Dend. II, 99, 5–100, 3)1311 an Hathor gerichtet ist. Die Komposition für Isis ist formal sehr reich gestaltet und in verschiedene Abschnitte gegliedert, die sich auch in der Verteilung auf die vier Kolumnen widerspiegeln. Die Hymne ist an Isis in der 2. Pers. gerichtet und beginnt mit der geläufigen Einleitung iAw n…1312 In der 1. Kolumne werden ihre Haupttitel genannt und ihre Geburt als Urgöttin in Dendara am „Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest“ thematisiert,1313 wie es so häufig in Dendara vorkommt1314 und hier in Verbindung mit der Geburtskapelle be1308 Die Stelle wurde falsch verstanden von LEITZ, Nacht des Kindes, S. 141, der wpS als Partizip an den vorangehenden Satz anschließt und übersetzt „die das ganze Land erleuchtet mit der Sonnenscheibe (?)“, indem er m itn statt mAw=T liest. Zu mAw „Strahlen, Helligkeit“ siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 400–401; Wb II, 28, 1–4. 1309 Das n ist in das Determinativ des sich verbeugenden Mannes hineingeschrieben. 1310 Das Determinativ des Mannes und der Frau mit Pluralstrichen sowie die beschriebene Handlung zeigen an, daß hiermit die Bewohner des genannten Landes gemeint sein müssen. 1311 Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 154–157. 1312 Diese Einleitung wird z. B. auch in den Philae-Hymnen 1 und 2 verwendet. 1313 Zur umstrittenen Interpretation dieses Datums, siehe Kap. 4.6.3. 1314 Siehe die Belegsammlung bei LEITZ, Nacht des Kindes, S. 139–148.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
sonders passend ist. Nach der Einleitung werden die Epitheta wie meist mit substantivischen Ausdrücken und Partizipialformen gebildet. Mit der zweiten Kolumne beginnt ein neuer Abschnitt, der formal durch Verbalsätze gekennzeichnet ist, die jeweils Handlungen anderer Gottheiten und Gruppen gegenüber Isis beschreiben, die ihre Verehrung und Huldigung implizieren. Elegant verbunden werden diese mit dem ersten Abschnitt durch die „beiden Himmelskörper“ (HAy.tj), die bei Isis’ Geburt „in der Dämmerung“ aufgehen, und damit deren kosmischen Zusammenhang zeigen. Mit diesem Ausdruck dürften hier wie üblich Sonne und Mond gemeint sein.1315 Das Öffnen der beiden Augen von Isis bezeichnet denselben Vorgang. Möglicherweise ist der Text – sowie der ganze Themenkomplex der Isisgeburt – jedoch in Beziehung zum Thema Mundi zu sehen, dem Geburtshoroskop der Welt.1316 In der ideellen Vorstellung fällt der Anbeginn der Welt, wie der Beginn jeden Jahres, mit einem heliakischen Siriusaufgang zusammen. Der im Sternzeichen Krebs befindliche Sirius ist dabei nahe bei Sonne (im Löwen) und Mond (im (Haus) Krebs, wenngleich er auf den astronomischen Decken in seinem Hypsoma, dem Stier, und nicht im Haus dargestellt wird). Die Planeten folgen in der Reihenfolge zunehmenden Abstandes von der Sonne nacheinander in den übrigen Sternzeichen. Das Thema Mundi wird auch im rechteckigen Himmelsbild in der Hypostylhalle des Tempels von Dendara gezeigt. Da diese Vorstellung demnach für den Tempel von Dendara von großer Bedeutung war, ist es naheliegend, auch die Theologie der Isisgeburt dort mit dieser kosmischen Konstellation zu verbinden. Dies bedeutet, daß der Rahmen der Beginn der Welt ist, deren Startpunkt der Sothisaufgang ist, der demzufolge mit der Geburt der Isis gleichgesetzt sein muß.1317 Im obigen Text folgen auf die Geburt das Stillen und Bekrönen, sowie die Huldigungen. Die 3. Kolumne widmet sich dann Taten und Eigenschaften der Göttin selbst, ist formal aber heterogen gestaltet. Beginnend mit Isis’ Erlaß von Vorschriften für die Tempel1318 und ihrer allgemeinen Autorität über diese werden zunächst Verbalsätze verwendet, gefolgt von substantivischen Ausdrücken, die relativ allgemeine Epitheta enthalten. Diese werden unterbrochen von zwei pw-Sätzen mit jeweils angehängten weiteren Beinamen, die Isis als Herrscherin des gesamten Erdkreises und Herrin der Schrift bezeichnen. Letzteres verweist erneut auf die bereits erwähnte Identifizierung mit der Göttin Seschat.1319 Am Ende der Kolumne ist wiederum von Isis-Sothis und ihrem Aufgang am Neujahrsmorgen die Rede, die wie die Sonne selbst das Land erleuchtet. Der Vergleich mit der Sonne selbst wird auch 1315 Siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 613; Wb III, 15, 9; WAITKUS, Krypten, S. 134–135, Anm. 33; gefolgt auch von BUDDE, Götterkind, S. 59, Anm. 285. Dagegen argumentiert LEITZ, Nacht des Kindes, S. 138, daß es sich im Zusammenhang mit der Isisgeburt bei den beiden Leuchtenden um Sonne und Sothis handeln muß, die beim heliakischen Sirius-Aufgang gemeinsam am Horizont erscheinen. Dies ist allerdings problematisch, da Isis(-Sothis) im Text eine von den beiden Leuchtenden differenzierte wietere Entität ist, vgl. auch QUACK, Dekane, S. 331. 1316 Siehe ausführlich zum Thema Mundi, seiner Bedeutung und dem möglichen Bezug der DendaraTexte darauf: QUACK, Dekane, S. 322–333. 1317 Vgl. zum Thema der Schöpfung und ihrer Reihenfolge auch den Text am Isistor Dend. Porte d’Isis, Nr. 1. 1318 Vgl. dazu zum Beispiel auch die Bandeau-Inschrift der Szene am Isistor Dend. Porte d’Isis, Nr. 49, S. 65, 9–11. 1319 Siehe oben zu den Hymnen in den Laibungen der beiden Türen des Coulouir mystérieux Dend. I, 75, 12–76, 2; 82, 1–6.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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in ihrer Bezeichnung als Ra.t „Sonnengöttin/weiblicher Re“, die auch sonst häufig vorkommt, verdeutlicht.1320 Der Sothis-Aspekt wird zu Beginn der 4. Kolumne weiter ausgeführt, indem auch die ihr zugeschriebene Auslösung der Nilflut Erwähnung findet. Das Ende der eigentlichen Hymne (vor Haupt-Titulatur und Fürbitte für den König) drückt, im Prinzip ähnlich wie in Kolumne 2, die Verehrung der Isis – in diesem Fall durch die Menschen bzw. Ägypter selbst – aus, allerdings mit Hilfe von Adverbial- anstelle von Verbalkonstruktionen. Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie Parallelen
Dend. II, 100, 6–11 Dendara, Haupttempel, 2. Ostkapelle (E) im Couloir mystérieux (s.t msxn.t = Geburtskapelle der Isis), rechte (nördliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 156–157; CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 284–288 (teilweise) Philae-Hymne 3; Dend. VI, 2, 21–4, 6
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
@r.t As.t/nb.t(?)1321 wr.t Weiblicher Horus: Isis(?), die Große (oder: die große Herrin(?)), nb.t tA.wj ity.t m Sn itn die Herrin der Beiden Länder: die Fürstin im Umkreis der Sonnenscheibe, wr(.t) Hsw.t wr(.t) mrw.t mit großer Gunst und großer Beliebtheit, nswj.t bjtj.t [(As.t) rn=s mAa die Königin von Ober- und Unterägypten: [(Isis) ist ihr wahrer Name, @A.t-mHy.t irj(.t) sA Ams Hatmehit,1322 die den Schutz des Ames-Szepters1323 bereitet, Mns.t nwj(.t) aSA(.t?) dm.t die schützende Menset(?),1324 reich an Messern (?);1325
1320 Siehe dazu und zu den Epitheta Ra.t und itn.t die Überlegungen von VON LIEVEN, Scheiben am Himmel, zum Text: S. 282, die diese Bezeichnungen generell eher auf den Sothis-Stern beziehen möchte als auf die Sonne. 1321 Hinter @r.t folgt eine sitzende Frau mit Hathorkrone und wAD-Szepter, die von CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 156–157, wohl als Determinativ aufgefaßt wird. Angesichts des ansonsten allein stehenden (was natürlich auch möglich wäre) folgenden wr.t stellt sich m. E. die Frage, ob das Zeichen nicht doch einzeln als As.t oder zumindest nb.t gelesen werden sollte. @r.t wird üblicherweise eigentlich nicht mit Determinativ geschrieben, vgl. Wb III, 124, 10–125, 3. 1322 Die Gaugöttin von Mendes, die zumindest in der Spätzeit auch als Helferin bei der Suche nach den Osirisgliedern belegt ist, und daher mit Isis gleichgesetzt werden kann, vgl. RÄRG, S. 282; und oben, Anm. 1291. 1323 Ein königliches Szepter, das vor allem vor Gefahren und Unreinheit schützen soll, siehe dazu WILSON, Ptol. Lex., S. 10–11; P. KAPLONY, s. v. „Szepter“, in: LÄ VI, Sp. 1373–1389: Sp. 1376. 1324 „Menset“ ist sonst nicht als Göttinnenbeiname belegt, vgl. LGG III, 317a, dürfte hier aber aufgrund der Endung so gemeint sein. Menset bezeichnet normalerweise Kultstätten in Heliopolis, wo Schu (obere Menset) und Tefnut (untere Menset) entstanden sein sollen und verehrt werden, siehe RÄRG, S. 771; Wb II, 88, 11–12; VANDIER, Iousâas II, S. 152–156; M. SMITH, pHarkness, S. 217–218, (c).
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Kol. 3:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
wnn=sn aHA.wt r-mn hrw p[n]1326 sie sind die Kriegsschiffe1327 bis zu diesem(?) Tag, Hm.t [nTr] dwA.t wr.t die Gottesgemahlin, die große Gottesanbeterin, mw.t-nTr Dr.t [nTr] die Gottesmutter, die Gotteshand,1328 Xkr.t nb.t1329 aH nb(.t) Abw.t Schmuck und Herrin des Palastes, die Herrin der Gestalt(en), AxAx(.t) imA mH(.t) aH m nfr.w=s von glänzender Wohlgestalt, die den Palast mit ihrer Schönheit erfüllt, THn(.t) xa apr(.t) Xkr.w mit glänzender Erscheinung und ausgestattet mit Schmuck, nb(.t) mDA.t1330 Hnw.t m sSd die Herrin des Kronenuntersatzes,1331 die Gebieterin mit der Sesched-Binde,1332 As.t iTj(.t) gs.t m aH-nTr Isis, die den Lauf beginnt im Gottespalast, igp(.t) wrx m sTj iAd.t=s die die Säulenhalle mit ihrem Wohlgeruch umwölkt,
1325 Auch in LGG III, 317a, und LGG II, 228b, werden hier zwei einzelne Epitheta der Isis verstanden. Eine weitere Möglichkeit wäre die Auffassung von CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 157, als ein zusammengehöriger Ausdruck: „Menset, die den beschützt, der reich an Messern ist“ (bei CAUVILLE etwas freier als „der mit Messern bewaffnet ist“), wobei sich dann die Frage stellt, wer damit gemeint ist, und warum er trotz der zahlreichen Messer noch weiteren Schutz benötigt. Andererseits wären damit die beiden Phrasen parallel gestaltet: „Hatmehit, die Schutz bereitet…“ „Menset, die schützt…“, was wiederum für CAUVILLEs Deutung spräche. 1326 CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 156, ergänzt aHA (allerdings ohne dies als Ergänzung anzugeben); hinter r-mn ist jedoch hrw pn üblich; in Dend. II, 100, 8, ist außerdem in der Lücke noch ein p mit Fragezeichen angegeben. 1327 CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 157, übersetzt „Kämpferinnen“ (combattantes), doch das Determinativ zeigt, daß das Wort für Kriegsschiffe gemeint sein muß, das besonders für die Schiffe des Horus gebraucht wird, mit denen er seine sethischen Feinde bekämpft, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 171; Wb I, 216, 17–18. Tatsächlich wird in der Edfu-Version des Mythos das Schiff mehrfach mit Isis gleichgesetzt, z. B. Edfu IV, 18, 11; 59, 11–12; 212, 14–213, 1; siehe oben, Kap. 4.5.1.B, Kommentar zu Edfu II, 82, 15–83, 6. 1328 Zu dieser Titelreihe und zur Ergänzung vgl. Philae-Hymne 3, deren Text ab hier in etwa mit der obigen Hymne übereinstimmt; siehe auch dort für Anmerkungen zum Text. 1329 CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 156–157: nb.t t aH „Herrin des Brotes des Palastes“; vgl. auch LGG IV, 154a. Das Brotzeichen unter nb ist möglicherweise eine Verschreibung, die aus einer Verwechslung mit nb.t t-HD entstanden sein könnte. Ich glaube nicht, daß hier tatsächlich das „Brot des Palastes“ gemeint war, sondern nur der Palast. Eine ähnliche Schreibung findet sich auch in der Parallele Dend. VI, 3, 1, siehe unten. 1330 Zur Lesung mDA.t (an Stelle von xprS, wie bei CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 157) siehe M. GABOLDE, La statue de Merymaât, gouverneur de Djâroukha, in: BIFAO 94, 1994, S. 261–275: S. 267–270, zur Stelle: S. 268, (2) (obwohl er den Text Hathor zuordnet); LGG IV, 69a. In ihrer Synopse korrigiert CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 43, m. Anm. 56, ihre alte Lesung xprS nach den Parallelen zu Sw.tj. Es mag zwar sein, daß es sich hier um eine Verschreibung für Sw.tj handelt, zu lesen ist dennoch mDA.t. 1331 Dieses Epitheton fehlt in der Parallele Philae-Hymne 3. 1332 Philae-Hymne 3 ohne m.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Hnskj.t [… Hnw.t]1333 ^ma.w MHw die Bezopfte [… die Gebieterin] von Ober- und Unterägypten,1334 wsr.t wr.t aA.t m p.t tA die Mächtige und Große, die Große im Himmel und auf Erden, Hnw.t Hm.(w)t Dr=w nb(.t) mnj.t Hnw.t sSS.wt die Gebieterin aller Frauen,1335 die Herrin des Menit, die Gebieterin der Sistren, Htp(.t) ib n rs-wDA die das Herz zufriedenstellt von dem ‚Der unversehrt erwacht‘ (= Osiris), As.t rn=s mAa{=s} nbw.t rn it=s Gbb Isis ist ihr wahrer Name, die Goldene,1336 der Name ihres Vaters ist Geb, rn mw.t=s Nw.t msj(.t) nTr.w der Name ihrer Mutter ist Nut, die die Götter gebiert. Kommentar: Die ganze Hymne dreht sich um Isis als Königin1337 und vereint dabei mehrere Elemente. Zu Beginn wird der Göttin eine Art Königstitulatur zugeschrieben, mit einem (weiblichen) Horusnamen, dem Titel „Herrin der Beiden Länder“, und dem auf „Königin von Ober- und Unterägypten“ folgenden Eigennamen.1338 Die übrigen Elemente der klassischen Königstitulatur fehlen allerdings. In dieser Hinsicht ähnelt die Titulatur der Isis denen der ptolemäischen Königinnen, 1339 die ebenfalls nur Horus- und Eigennamen aufweisen, 1340 nur im Ausnahmefall auch den Thronnamen.1341 Dieser Anfangsteil der Hymne mit der Titulatur sowie der Schluß, welcher nochmals ihren Namen plus den ihrer Eltern Geb und Nut nennt, finden ihre Entsprechung in dem Text auf der gegenüberliegenden Türlaibung; dort geht es nicht wie sonst meistens um Hathor, sondern um Isis’ ebenso königlichen Gemahl Osiris. 1342 Ihm wird darin eine vollständige klassische Königstitulatur mit Horusname, Nebti-Name, Goldhorusname, Thronname mit dem Titel „König von Ober- und Unterägypten“ und Eigenname mit dem Titel „Sohn des Re“ gegeben. Darauf folgen der Geburtsort Theben, die Eltern Geb und Nut, der Krönungsort Herakleopolis und die Besetzung der wichtigsten Verwaltungsämter mit Thoth, Hu und Sia. Der ganze Mittelteil des insgesamt längeren Isis-Texts unterscheidet sich jedoch sehr stark von dem für Osiris, wo nur noch eine knappe Größenangabe gemacht wird, die sich 1333 1334 1335 1336 1337 1338 1339 1340 1341 1342
Ergänzt nach Philae-Hymne 3, wo der vorangehende Teil lautet: Hnskj.t bnr(.t) mrw.t. Hier endet die Parallele zu Philae-Hymne 3. Ähnlich z. B. in Philae-Hymne 7. Oder: „Isis, ihr wahrer Name ist ‚die Goldene‘“; so CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 157. Siehe zu dieser Thematik auch CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 284–291; KÁKOSY, Isis Regina; BRUGSCH, Mythologica; NAGEL, Isis und die Herrscher, S. 119–125. In der kanonischen Königstitulatur stehen beide Titel, nswt-bjtj und nb tA.wj, vor dem Thronnamen, siehe BECKERATH, Königsnamen, S. 2. Zur Beziehung von Isis zu den Ptolemäerinnen, siehe NAGEL, Isis und die Herrscher, S. 128–135. Berenike II., Kleopatra I. und VII. (jeweils Eigen- und Horusname), Kleopatra II. und III. (jeweils nur Eigenname in Kartusche), siehe BECKERATH, Königsnamen, S. 236–245. Arsinoë II. (Thronname und Eigenname), BECKERATH, Königsnamen, S. 234–235. Dend. II, 100, 13–101, 7; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 158–159; YOYOTTE, Notice biographique, mit Kommentar. Siehe außerdem bereits BRUGSCH, Mythologica, S. 6. Zu Osiris als König (mit Zitat des Dendara-Textes), vgl. auch U. LUFT, Beiträge zur Historisierung der Götterwelt und der Mythenschreibung, Stud. Aeg. 4, Budapest 1978, S. 78–90.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
sicherlich auf eine monumentale Kultstatue beziehen dürfte. 1343 Bei Isis folgt auf die Titulatur ein kurzer Abschnitt, der etwas aus der übrigen Thematik herausfällt: Sie wird mit Hatmehit und Menset(?) identifiziert, wobei letzterer Name möglicherweise auf Tefnut hindeutet.1344 Daß es inhaltlich um schützende Eigenschaften dieser Göttinnen(?) geht, wird aus den jeweils folgenden Beinamen klar; auch die zusammenfassende Bezeichnung beider als „Kriegsschiffe“, was sich möglicherweise auf den Horusmythos beziehen könnte,1345 deutet darauf hin, daß es hier um die Bewahrung des Königsamtes für den rechtmäßigen Herrscher gehen könnte. Die anschließende lange Textparallele zu Philae-Hymne 3, die in erster Linie die „liebliche“, weibliche Seite der Königin hervorhebt, bildet zu diesen kriegerischen Aspekten einen starken Kontrast, wenngleich hier Anspielungen auf ihre herrschaftliche Macht keineswegs fehlen. Auch der direkte Bezug zu Osiris, der auf der linken Türlaibung vorgestellt wird, findet sich am Ende des Textes. Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Dend. II, 105, 11–106, 2 Dendara, Haupttempel, 2. Ostkapelle (E) im Couloir mystérieux (s.t msxn.t = Geburtskapelle der Isis), Tür, Innenseite, rechter (nördlicher) Türpfosten CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 164–165; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 141, (10)
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
Kol. 3:
1343 1344 1345 1346
Dd mdw nD Hr=T HqA.t sA.t Gbb (Rezitation:) Sei gegrüßt, Herrscherin, Tochter des Geb, As.t wr.t mw.t-nTr dj(.t) r tA Isis, die Große, die Gottesmutter, die zur Welt gebracht wurde m &A-n-Itm m hrw grH nxn m sS=f im Land des Atum (Dendara) am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest. wbn Ra m p.t m AxAx/ixxw Re ist aufgegangen am Himmel in der Dämmerung, Dr prj=s m X.t m &A-rr als sie aus dem Leib herauskam in Dendara, wa.t wr.t nb(.t) iar.t die Einzigartige, die Große, die Herrin der Uräusschlange, n hb aH m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung man nicht den Palast betritt, aHa HqA Hr ns.t Hr Dd(.t)=s auf deren Worte hin der Herrscher den Thron besteigt,1346
Vgl. YOYOTTE, Notice biographique, S. 147. Siehe oben, Anm. 1322 u. 1324–1325 zum Text. Vgl. Anm. 1327. Zu diesen beiden Phrasen vgl. z. B. auch Dend. XI, 140, 1–5; siehe allgemein dazu NAGEL, Isis und die Herrscher; BERGMAN, Ich bin Isis, S. 166–169.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Kol. 4:
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Hm.t nswt tpj.t n.j.t [(Wnn-nfr mAa xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), BA.t m p.t wsr.t m tA Bat (weibliche Ba-Seele)1347 im Himmel, die Mächtige auf Erden, stp-sA mn Xr sSm=s mit deren Abbild (oder: unter deren Leitung?) der Palast beständig ist, xtm.t [iw]/r Aw=s xtm.t(j) Hr xtm=s1348 mit deren Siegel die ganze Welt (‚das zu Siegelnde‘) gesiegelt ist, tA Dr=f arf m xfa=s in deren Faust die ganze Erde umfaßt ist, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Htp Hr=T nfr n nswt bjtj [( ) Möge dein schönes Antlitz gnädig sein dem König von Ober- und Unterägypten [( ).
Kommentar: Nachdem der Text mit der häufigen Hymnen-Einleitung nD Hr=T beginnt, findet in den folgenden Epitheta ein Wechsel auf die 3. Pers. sing. statt. Erst die Schlußformel für den König spricht die Göttin wieder direkt in der 2. Pers. an. Folgende für Dendara typische Themen werden ausgeführt: – Kol. 1–2: Geburt in Dendara und kosmischer Zusammenhang – Kol. 2–4: Isis’ Macht über das Königsamt und Herrschaft über die ganze Welt. Die Hymne auf dem linken Türpfosten an Hathor1349 ist formal genauso aufgebaut. Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Dend. II, 107, 10–108, 2 Dendara, Haupttempel, 2. Ostkapelle (E) im Couloir mystérieux (s.t msxn.t = Geburtskapelle der Isis), Bandeau-Inschrift des Frieses, rechte (nördliche) Seite CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 166–169
Text: – ab Nordwand (nach Titeln und Beinamen des Königs): Hts.n=f s.t-msxn.t mj nn.t Er hat die Geburtsstätte vollendet wie den Himmel,
1347 Zu Bat siehe BERGMAN, Isis-Seele, S. 36–41; vgl. auch die Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5. 1348 Für steht jeweils . Vgl. ähnliche Ausdrücke wie xtm.t xtm Hr xtm=s „die mit ihrem Siegel versiegelt, was zu versiegeln ist“, wo ebenfalls Schreibungen mit vorkommen, siehe LGG V, 971c. In LGG VII, 94c, und von A. GUTBUB, Jeux de signes dans quelques inscriptions des grands temples de Dendérah et d’Edfou, in: BIFAO 52, 1953, S. 57–101: S. 77, wird obige Stelle aufgefaßt als Sn r Aw=[f] sxn.t Hr Sn=s „auf deren Umkreis der Erdkreis in seiner Weite ruht“; CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 164–165, liest Sn.t r Aw=s Sn.tw Hr Sn=s „die ganze Welt ist umfaßt in ihrem Kreis“, und ignoriert damit das eigentlich maskuline Genus von Sn. 1349 Dend. II, 106, 4–8; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 164–165.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
ifd.w=s Xr Xnm.t anx bnr.t mrw.t indem seine vier Ecken die tragen, die ,erfüllt mit Leben’ ist, mit süßem Liebreiz, nb.t iwa.t Hr wnmj=s wobei die Herrin des Erbes (= Isis) auf ihrer rechten Seite ist, ir.t Ra Hr iAbj=s das Auge des Re (= Hathor) auf ihrer linken Seite, dj(.t) anx m wAD m a.wj=s die Leben spendet mit dem Papyrusszepter in ihren Händen n sr HD.t n/m HAy.t=s für den Fürsten der Weißen Krone (= Osiris), in ihrem Schrein, Hn(.t) Hm=f ra nb die Seine Majestät schützt jeden Tag, sA=s @r nD tjt=f während ihr Sohn Horus sein Abbild beschützt, dmA.t pD.wt(?)1350 m nh.t=s die die Bögen(?) zusammenbindet (= Nechbet) ist ihr (Isis’?) Schutz, sanx bk(A.t) der/die(?) die Schwangere belebt,1351 mk.tj.w xw.tj.w m xw.t=s die Schützenden und die Behütenden sind ihr Schutz. swr=s nswy.wt n nswt Hr ns.t=f xnt kA.w anx.w D.t Möge sie vergrößern die Königtümer des Königs auf seinem Thron an der Spitze der lebenden Ka-Mächte, ewiglich. Kommentar: In dieser Bandeau-Inschrift, die zunächst den Bau der Kapelle durch den König konstatiert, wird ausdrücklich gesagt, daß die rechte Hälfte Isis, die linke Hathor gewidmet ist, was sich ja auch anhand der Dekoration immer wieder feststellen läßt. Im etwas kryptischen Rest des Textes geht es um Schutz und Leben für Osiris und wohl auch für Isis. Für Osiris gehen diese Handlungen (schützen und beleben) von Isis und Horus aus, für Isis selbst von verschiedenen Göttern (Nechbet? Amun?) und göttlichen Wesen (mk.tj.w und xw.tj.w, jeweils mit Götterdeterminativ). Auch in der Südhälfte der Bandeau-Inschrift wird der Bau des Königs Isis zugeschrieben, was mit einer kurzen (in ihren Grundzügen aus vielen anderen Texten bekannten) Beschreibung ihrer Geburt einhergeht.1352 1350 Korrektur der Transkription in Dend. II, 107, 12, wo eine kleine Lücke hinter dmA.t angegeben ist, nach CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 168. 1351 Es ist nicht ganz klar, auf wen sich dieses Epitheton bezieht; CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 169, glaubt, daß mit sanx bk(A.t) Amun gemeint ist, wofür es aber trotz seiner Rolle im Geburtsmythos m. E. hier keinen Hinweis gibt; laut LGG ist dieses Epitheton sonst nicht belegt. Dort wird die obige Stelle auf Isis bezogen: LGG VI, 186b. Es ist allerdings insgesamt fraglich, warum der Schutz mit den femininen Suffixen plötzlich für eine weibliche Person, wohl Isis, gegeben wird, obwohl vorher von Osiris die Rede war. Eventuell auch auf die vorher mit dem Epitheton „die die Bögen zusammenbindet“ genannte Nechbet zu beziehen. 1352 Dend. II, 108, 4–8; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 168–169; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 141–142, (11).
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Inschriften in weiteren Kapellen des Couloir mystérieux Text/Hauptpublikation Dend. II, 201, 12–17 Anbringungsort Dendara, Haupttempel, Südost-Kapelle (H) im Couloir mystérieux (pr-nw), linke (westliche Türlaibung) Bibliographie CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 304–305; PREYS, Les complexes, S. 48–50 Inhalt 1 Textkolumne für den König, 2 für Isis. Text: – Text Isis (201, 14–17): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr ir.t Ra nb(.t) p.t Isis, die Große,die Gottesmutter, das Auge des Re, die Herrin des Himmels, Hnw.t nTr.w nb.w an.t nfr.t xaj(.t) m aH.t die Gebieterin aller Götter, die vollkommene Schönheit, die im Palast erscheint, WADy.t wD(.t)1353 anx m tA.wj Uto, die das Leben in den Beiden Ländern befiehlt (= zuteilt), %pd.t wr.t sTj(.t) srf m stj Sothis, die Große, die das Flutwasser aus dem Bein ausgießt, r sqbH ib n sA.w[-n=sn … …?] um das Herz der Wächtergötter zu erfrischen […?], Kol. 3: bjAtj(.t) wr.t xpr(.t) xnt die große Wunderbare, die am Anfang entstanden ist, n hb aH.t m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung man nicht den Palast betritt, HqA.t wr.t n.j.t Aw n tA itj.t n ifd.w n nn.t die große Herrscherin der Weite der Erde, die Fürstin der vier Ecken des Himmels, nTr.t wa.t HH.w Hr dwA=s die einzigartige Göttin, die Millionen verehren,1354 nn nTr nTr.t [m sn.t r=s?]1355 der kein Gott und keine Göttin gleichkommt. Kommentar: Die ersten Beinamen der Isis („Auge des Re“ bis „Gebieterin aller Götter“) entsprechen wörtlich denen der Hathor auf der rechten Türlaibung.1356 Anschließend wird Isis mit Hilfe von Alliterationen und Wortspielen (WADy.t wD(.t); %pd.t … sTj(.t) srf m stj) mit Uto und Sothis identifiziert. Uto ist die vorherrschende Göttin im Per-nu, während sich die SothisThematik mit dem Ausgießen der Flut ebenfalls bestens in deren Kontext einfügt, da die Kapelle schon im Namen (pr-nw = „Haus des Wassers/der Flüssigkeit“) Flüssigkeit als
1353 Vielleicht auch wdj(.t) zu verstehen; der Sinn läuft auf das Gleiche hinaus. 1354 Siehe auch Dend. I, 75, 12–76, 2. 1355 So die Ergänzung von CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 304. Möglich wäre auch [Hr xw=s], siehe zu einem ähnlichen Fall auch oben, Anm. 1295, zu Dend. II, 66, 13–67, 3. 1356 Dend. II, 201, 7–10; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 304–305.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Hauptthema angibt.1357 Die folgenden Phrasen, die Isis’ Uranfänglichkeit, Herrschaft, Verehrung und Einzigartigkeit herausstellen, sind bereits in ähnlicher Form aus zahlreichen Dendara-Texten (und von anderen Orten) bekannt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie Inhalt
Dend. III, 2, 2–7 Dendara, Haupttempel, Südöstliches Hinterzimmer (I) im Couloir mystérieux (Hw.t-sSS.t = Sistrumkapelle), linke (südliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 32–33; PREYS, Les complexes, S. 148–150; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 143, (18) 1 Textkolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (2, 4–7): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr ir.t Ra Isis, die Große, die Gottesmutter, das Auge des Re, nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb.w die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, nswj.t n nswt.w die oberägyptische Königin der oberägyptischen Könige, bjtj.t n bjtj.w die unterägyptische Königin der unterägyptischen Könige, nn Hr xw=s m nTr.wt der keine gleichkommt unter den Göttinnen, papa(.t) m Iwn.t m grH nxn m sS=f die geboren wurde in Dendara am Tag des Kindes in seinem Nest, Hb aA n tA Dr=f dem großen Fest des ganzen Landes. Kol. 3: wbn Ax.tj m p.t m AxAx/ixxw Der Horizontische ist aufgegangen am Himmel in der Dämmerung, Dr bX.n-s(j) mw.t=s r tA als ihre Mutter sie zur Welt gebracht hat, sA.t Gbb pw Dd.tj m tj.t=s[…?] die Tochter des Geb ist es, indem sie dauerhaft ist in ihrer Kapelle (o. ä.) 1358 […?],1359 Hr(.w) nb(.w) twt r mAA=s alle Gesichter (= jedermann) sind versammelt, um sie zu sehen, nTr.w m Hb nTr.wt m wp nhm die Götter sind im Fest, die Göttinnen sind am Feiern und Jubeln, nA[y] Iwn.t prj iw=w nhm die (Einwohner) von Dendara sind herausgekommen und jubeln.1360 1357 Vgl. PREYS, Les complexes, S. 49. 1358 Wb V, 240, 12: „Gemach im Tempel“. 1359 Es fehlt eigentlich nichts zur Vollständigkeit des Satzes.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
273
Kommentar: Im Mittelpunkt steht wie so oft Isis’ Geburt, in diesem Fall aber besonders der Aspekt des zu diesem Anlaß in Dendara gefeierten Festes, das durch die freudigen Handlungen von Göttern und Menschen, sogar konkret der Einwohner Dendaras, lebendig umschrieben wird. Die Inschrift für Hathor in der rechten (nördlichen) Türlaibung1361 behandelt ebenfalls die Feststimmung, jedoch nicht im Zusammenhang mit einem konkreten Fest, derer es für Hathor ja mehrere gab. Unter anderem wird erwähnt, daß für sie das Sistrum gespielt wird, und die Kapelle „Sistrumkapelle“ heißt, wodurch eine Verbindung der Festlichkeiten zur Thematik der Kapelle hergestellt wird.1362 Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Parallelen
Dend. III, 35, 9–11 Dendara, Haupttempel, Südöstliches Hinterzimmer (I) im Couloir mystérieux (Hw.t-sSS.t = Sistrumkapelle), südliche Nische, linke (westliche) Türlaibung CAUVILLE, Temple d’Isis Analyse, S. 19–24 (Synopse); CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 86–87; PREYS, Les complexes, S. 240; BUDDE, Seschat, S. 61 (nur teilweise) Philä I, 6; I, 72 (einzelne Phrasen); Philä I, 168–169 (kleiner Teil, inhaltliche, aber nicht wörtliche Parallele); Edfu III, 69, 17–70, 3; Edfu V, 226, 13–227, 9; Edfu VIII, 64; Dend. I, 20, 14–21, 5; Dend. XI, 60, 5–10; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XII, 28, 13–32, 7; Dend. XIII, 26, 7–28, 3; Dend. XIII, 73, 14–74, 1; Dend. Isis, 78, 16–79, 5; pTebt. H I, X 1, 3–3, 21363
Text: Kol. 1:
(Dd mdw) nfr.wj Hr=T Htp.tj m HD=T (Rezitation:) Oh, wie schön ist dein Antlitz, wenn du in deinem Schrein ruhst, @w.t-@r wr.t xnt Iwn.t Hathor, die Große an der Spitze von Dendara, %pd.t m p.t itj.t n w1364 Sothis am Himmel, die Fürstin der Himmelsleuchten, wbn(.t) m bjA m wp-rnp.t die am Himmel aufgeht zum Jahresanfang, Imn.t wr(.t) Hrj-ib Ip.t-s.wt1365 Amaunet, die Große, die in Karnak residiert,
1360 Diese letzte Phrase ist in demotischer Sprache (Präsens I) formuliert; zu demotischen Texten im Rahmen der Tempelinschriften siehe QUACK, Monumentaldemotisch; ferner ID., Was ist das Ptolemäische?, in: WdO 40, 2010, S. 70–92: 83–90; ID., Von der Vielfalt der ägyptischen Sprache in der griechisch-römischen Zeit, in: ZÄS 140, 2013, S. 36–53, bes. 44–45. 1361 Dend. III, 1, 13–16; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 32–33; PREYS, Les complexes, S. 148. 1362 Vgl. PREYS, Les complexes, S. 149; CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 2. 1363 Liste nach CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19. 1364 Statt des Bartes für xAbAs ist ein Bein geschrieben. 1365 Vgl. Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5: Imn.t m WAs.t.
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274 Kol. 2:
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
MnHy.t xnt @qA-aD1366 Iwnj.t m Iwn.t1367 Menhit an der Spitze von Heliopolis, Iunit (‚die von Dendara‘) in Dendara, %SA.t m Wnw1368 BAs.t aA.t xnt BAs.t1369 Seschat in Hermopolis, Bastet, die Große, an der Spitze von Bubastis, As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, Htp Hr=T nfr n sA Ra [( ) möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem Sohn des Re [( ).
Kommentar: Zu Beginn der Inschrift ist Hathor angesprochen, am Ende aber Isis mit ihren tentyritischen Haupttiteln, während die rechte (östliche) Türlaibung gänzlich Hathor gewidmet ist, die am Anfang und Ende des Textes adressiert ist.1370 Die Hathor-Isis-Hymne verwendet Teile (mit leichten Variationen) der kulttopographischen Litanei, deren vollständigste bzw. längste Version im Sanktuar des Isistempels angebracht ist, eine weitere Version im Sanktuar des Hathortempels.1371 Obwohl auf den Frontseiten der Türpfosten ebenfalls verschiedene lokale Formen der Hathor aufgezählt werden (allerdings jeweils mit der Formel „Hathor, Herrin von X“),1372 zeigt die rechte Türlaibung seltsamerweise keine solchen Elemente. Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Dend. III, 38, 2–5 Dendara, Haupttempel, Südöstliches Hinterzimmer (I) im Couloir mystérieux (Hw.t-sSS.t = Sistrumkapelle), südliche Nische, Tür, Innenseite, linker (westlicher) Türpfosten CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 90–91; PREYS, Les complexes, S. 242
Text: Kol. 1:
(Dd mdw) nD Hr=T nbw.t xnt Iwn.t (Rezitation:) Sei gegrüßt, Goldene an der Spitze von Dendara, nb.tj rxj.t m &A-rr die Beiden Herrinnen/Königin der Menschen in Dendara, HqA.t pw n wn twt n=s die Herrscherin ist es, der niemand gleicht,
1366 1367 1368 1369 1370
Vgl. die Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5: MnH(j).t m @w.t-sr. Vgl. die Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5 (ohne Abweichung). Vgl. die Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5 (ohne Abweichung). Vgl. die Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5: StA.t m BAs.t. Dend. III, 35, 5–7; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 84–85; PREYS, Les complexes, S. 239–240. 1371 Dend. Isis, 78, 16–79, 5, siehe Kap. 4.6.1.A; und Dend. I, 20, 14–21, 5, siehe oben. Vgl. dazu NAGEL, One for All; Synopse der Versionen bei CAUVILLE, Temple d’Isis Analyse, S. 19–24. 1372 Dend. III, 33, 12–35, 2; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 82–85; PREYS, Les complexes, S. 238–239. Es handelt sich um musizierende Hathoren, die jeweils Tamburin oder Sistrum spielen, vgl. Dend. III, Taf. 176; CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 5; es steht also eine andere Konzeption dahinter, als bei der kulttopographischen Litanei, doch die geographische Zuordnung ist vergleichbar.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Kol. 2:
Kol. 3:
275
wa.t n snj r=s die Einzigartige, der niemand gleichkommt, aA.t m p.t wsr.t m tA die Große im Himmel, die Mächtige auf Erden, wD(.t) mdw m stp-sA die Befehle erteilt im Palast, nswj.t n nswt.w die oberägyptische Königin der oberägyptischen Könige, bjtj.t n tpj.w-a die unterägyptische Königin der Vorfahren,1373 Hnw.t n Sn n itn die Gebieterin des Umkreises der Sonnenscheibe, sA.t tpj.t n it=s Gbb Sps.t n mw.t=s Nw.t die erste Tochter ihres Vaters Geb, die Edle ihrer Mutter Nut, tmA.t nfr.t n bjk n nbw.t die vollkommene Mutter des Falken der Goldenen, Hm.t nswt tpj.t n [(Wn-nfr(.w) mAa-xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme). iTj.n=s iAw.t n prj(.t)=s m X.t Sie hat das Amt ergriffen, als sie (noch) nicht aus dem Leib gekommen war, HqA.n=s ns.t Hr nw=s und sie hat den Thron beherrscht (noch) in ihrer Windel, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Htp Hr=T nfr n sA Ra [( ) Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem Sohn des Re [( ).
Kommentar: Wie so häufig kombiniert auch diese Hymne an Isis, die zu Beginn durch den Beinamen „Goldene“ an Hathor angeglichen ist, die familiäre Einbindung der Göttin (Eltern, Gatte und Sohn) mit der Betonung ihres Königtums von Geburt an.1374 In der gegenüberliegenden Hymne an Hathor steht hingegen deren himmlisches Wesen im Vordergrund,1375 welches insgesamt den wichtigsten Aspekt in der Südnische der Sistrumkapelle darstellt.1376
1373 Vgl. die Türlaibung der Sistrumkapelle, Dend. III, 2, 4–7 (s. o.): nswj.t n nswt.w bjtj.t n bjtj.w. 1374 Vgl. z. B. die Bandeau-Inschrift Dend. Isis, 300, 8–11. 1375 Dend. III, 37, 14–18; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 88–91; PREYS, Les complexes, S. 241–242. 1376 Vgl. die Interpretation von PREYS, Les complexes, S. 246–250.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Inhalt
Dend. III, 55, 2–8 Dendara, Haupttempel, Zentrales Sanktuar (J) im Couloir mystérieux (pr-wr), linke (westliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 118–119; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 143, (19); B. RICHTER, Theology, S. 280–281, Doc. 21 1 Textkolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (55, 5–8): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr ir.t Ra Isis, die Große, die Gottesmutter, das Auge des Re, nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb(.w) die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, papa.n-s(j) mw.t=s r tA m IA.t-dj ihre Mutter hat sie zur Welt gebracht in Iat-di m hrw grH nxn m sS=f am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest, wa.t pw Hnw.t nTr.w nTr.wt die Einzigartige ist es, die Gebieterin der Götter und Göttinnen, n nTr m snj(.t) r=s der kein Gott gleichkommt, %pd.t m p.t HqA.t n xAbAs.w Sothis am Himmel, die Herrscherin der Himmelsleuchten, wD(.t) mdw m Sn n itn die Befehle erteilt im Umkreis der Sonnenscheibe, Kol. 3: Sps.t pw m xnt Pr-Sps.t die Edle im ‚Haus der Edlen‘ (= Dendara) ist es, rpy.t an.t n Pr-Rpy.t die schöne Vornehme im ‚Haus der Vornehmen/der Repit‘ (= Dendara),1377 nTr.t tn itj.t r tpj.w-a diese Göttin, die fürstlicher ist als die Vorfahren, HqA.t n ijj Hr sA=s die Herrscherin dessen, der hinter ihr geht,1378 nswj.t n tA-Sma.w die oberägyptische Königin von Oberägypten, bjtj.t n tA-mHw die unterägyptische Königin von Unterägypten, BA.t m imn.t.t iAb.t.t Bat (weiblicher Ba) im Westen und Osten.
1377 Vgl. z. B. die Hymne Dend. II, 98, 2–99, 3. 1378 B. RICHTER, Theology, S. 281, übersetzt n ijj Hr sA=s als negativen Existenzialsatz „niemand kommt hinter ihr her“; die Schreibung spricht jedoch dagegen. Vgl. auch LGG V, 538a, für weitere Belege.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
277
Kommentar: Der Text dreht sich um die bereits aus anderen Dendara-Texten bekannten Themen: – – – – –
Geburt Einzigartigkeit unter Göttern Sothis Göttin von Dendara Herrschaft über vier Himmelsrichtungen. Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Dend. III, 92, 10–13 Dendara, Haupttempel, Zentrales Sanktuar (J) im Couloir mystérieux (pr-wr), Nische in Rückwand, Bandeau-Inschrift des Frieses, linke (westliche) Hälfte CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 170–171; B. RICHTER, Theology, S. 371, Doc. 71
Text: nswj.t bjtj.t nswj.t n %nw.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Königin von Ägypten, Ra.t r-rA-a stw.t itn Sonnengöttin bis hin zu den Strahlen der Sonnenscheibe, itj.t n p.t HqA.t xAbAs.w die Fürstin des Himmels, die Herrscherin der Himmelsleuchten, imn sStA=s r sxm.w deren geheimes Abbild verborgen ist vor den (göttlichen) Mächten, BA.t aA(.t) bA.w m xnt nTr.w Bat (weiblicher Ba), groß an Gottesmacht unter den Göttern, n nTr m snj(.t) r=s der kein Gott gleichkommt, tj.t mnx.t Dd.tj m Dry.t=s vortrefflicher Isisknoten(?),1379 der dauerhaft ist in seinem Schrein, dwAw nTr.w r dwA=s ra nb die Götter sind früh auf, um sie zu preisen, jeden Tag, nTr.t wa.t HH Hr Sms=s die einzigartige Göttin, der Millionen folgen, nb(.t) n njw.wt spA.wt D.t sp sn psD(.t) m pr=T die Herrin der Städte und Gaue, ewiglich, ewiglich, die du in deinem Haus erstrahlst, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter, xw sA=T mrj=T sA Ra [( ) D.t schütze deinen geliebten Sohn, den Sohn des Re [( ), ewiglich. 1379 Vgl. LGG VII, 364a; ähnlich B. RICHTER, Theology, S. 371: „excellent tyet-symbol“. Vielleicht ist hier aber auch einfach tj.t „Abbild“ gemeint. CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 171, übersetzt „la déesse-boucle“, was mir nicht ganz einleuchtet.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kommentar: Die Bemerkung, daß das geheime Bild oder Kultbild verborgen ist, findet man auch häufig in den Texten der Krypten,1380 wo die Statuen ja aufbewahrt wurden. Auch in der anderen Hälfte der Bandeau-Inschrift, die Hathor gewidmet ist,1381 heißt es, daß ihr Abbild versteckt ist.1382 Die Nische in der Rückwand des pr-wr, und damit der Rückwand des Tempels, ist von besonderer theologischer Bedeutung: Sie bildet den tiefsten Kern des Tempels, der am hintersten Punkt und auf der zentralen Achse liegt.1383 Hier befand sich weiteren Inschriften zufolge wohl eine große goldene Statue der Hathor.1384 Außerdem sind in der Wanddekoration der Nische alte Götterstatuen dargestellt,1385 auf die sicherlich in den Texten angespielt wird. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Dend. III, 103, 6–11 Dendara, Haupttempel, 1. Westkapelle (K) im Couloir mystérieux (Hw.t-ab = Ihi-Kapelle), linke (nördliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 188–189; BUDDE, Götterkind, S. 70 (tw. Übersetzung) 1 Textkolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (103, 8–11): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, HqA.t HqA(.t) Sn n itn die Herrscherin, die den Umkreis der Sonnenscheibe beherrscht, nswj.t mnx.t nb(.t) stp-sA die vortreffliche Königin, die Herrin des Palastes, n hb aH.t m xm=s ohne deren Kenntnis keiner den Palast betritt, aA.t m p.t wsr.t m tA die Große am Himmel, die Mächtige auf Erden, dwAw nTr.w w/r [dwA=s ra nb …?]1386 die Götter sind früh auf, um [sie zu preisen, jeden Tag…?], Kol. 3: aA(.t) nrw m njw.wt aA(.t) snD.t m spA.wt die groß an Schrecken ist in den Städten, und groß an Ehrfurcht in den Gauen, sSm=s nTr.w nTr.wt m aA n bA.w=s sie leitet die Götter und Göttinnen durch die Größe ihrer Gottesmacht,1387
1380 Siehe unten, z. B. die Bandeau-Inschrift Dend. V, 103, 17–104, 8. 1381 Dend. III, 92, 5–8; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 170–171. 1382 Dend. III, 92, 5. Zu weiteren entsprechenden Textstellen, die sich offenbar auf die Statue(n) der Göttin im Per-wer beziehen, siehe B. RICHTER, Theology, S. 186–192. 1383 Vgl. CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 11. 1384 Siehe dazu B. RICHTER, Theology, S. 189–192 und 194–196. 1385 Dend. III, Taf. 101–102; vgl. CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 12. 1386 Vgl. den vorigen Text, Dend. III, 92, 10–13.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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aSA(.t) rn.w=s m tA.wj Hna idb.w die mit zahlreichen Namen in den Beiden Ländern und den Ufern, n spA.t Swj(.t) m bjA.w=s an deren Wundern es keinem Gau fehlt, nb(.t) p.t tA dwA.t mw Dw.w nwn ? [… … …] die Herrin von Himmel, Erde, Unterwelt, Wasser, Gebirgen und Urozean […]. Kommentar: Die Hymne dreht sich ausschließlich um die allumfassende Herrschaft von Isis. Diese erstreckt sich nicht nur über den Königspalast und das Land Ägypten (Städte und Gaue, die Beiden Länder und die Ufer), sondern ebenso über die anderen Götter und die ganze Welt (der Umkreis der Sonnenscheibe) mit ihren einzelnen Konstituenten (Himmel, Erde, Unterwelt…). Dies entspricht auch in etwa der Thematik des komplementären Textes für Hathor in der rechten (südlichen) Türlaibung, 1388 der sie ebenfalls als Königin und allmächtige Herrscherin erscheinen läßt. 1389 Diese Hervorhebung der königlichen Aspekte beider Göttinnen ist im Kontext der Funktion der Kapelle zu betrachten, welche v. a. der Übertragung der Königsmacht an Ihi gewidmet ist,1390 wie z. B. die beiden Hymnen auf den Türpfosten der Tür-Innenseite zeigen.1391 Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie Inhalt
Dend. III, 134, 16–135, 3 Dendara, Haupttempel, 2. Westkapelle (L) im Couloir mystérieux (Hw.t-mnj.t = Menit-Kapelle), linke (nördliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 236–237 1 Textkolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (134, 18–135, 3): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große,die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, ir.t Ra nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb(.w) das Auge des Re, die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, BA.t r sxm.w itj.t n tpj.w-a die Ba-mächtiger ist als die göttlichen Mächte, die Fürstin der Vorfahren, HqA.t HqA(.t) Sn n itn die Herrscherin, die den Umkreis der Sonnenscheibe beherrscht, 1387 CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 188–189, versteht die Götter und Göttinnen als Akteure und übersetzt: „Götter und Göttinnen geleiten sie wegen der Größe ihrer Gottesmacht“. Daran orientiert sich offenbar BUDDE, Götterkind, S. 70, mit der Übersetzung „der die Götter und Göttinnen wegen der Größe ihres Ba folgen“. Mir scheint hier jedoch eher die Führung der Götter durch Isis gemeint zu sein. 1388 Dend. III, 103, 1–4; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 188–189. 1389 Vgl. CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 13. 1390 Vgl. CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 12. 1391 Dend. III, 106–107; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 192–195; vgl. ibid., S. 14.
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280
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
sA.t nTrj.t prj(.t) m Gbb die göttliche Tochter, die aus Geb hervorgegangen ist, wr.t m [… … …] die Große in […] Kol. 3: Sps.t wsr.t mnx(.t) sxr.w n sn=s die Edle und Mächtige, mit vortrefflicher Sorge für ihren Bruder, rdj.t sA=f Hr ns.t[=f r] nHH die seinen Sohn auf seinen Thron setzt, in Ewigkeit, nb(.t) p.t tA dwA.t mw Dw.w die Herrin von Himmel, Erde, Unterwelt, Wasser und Gebirgen,1392 xAs.wt nb.w(t) x(A)b n [… … …]1393 vor der/deren […] alle Fremdländer gebeugt sind […?]. Kommentar: Auch hier1394 steht die Herrschaftsmacht der Isis im Vordergrund, deren Rechtmäßigkeit durch die Betonung der Familienverhältnisse klargestellt wird. Mit dem Bezug auf Osiris und Horus wird deutlich, daß Isis als Hüterin und Überträgerin dieses Erbes gedacht ist.1395 Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Dend. III, 138, 16–139, 4 Dendara, Haupttempel, 2. Westkapelle (L) im Couloir mystérieux (Hw.t-mnj.t = Menit-Kapelle), Tür, Innenseite, linke (nördliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 242–243
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
(Dd mdw) nD Hr=T sDtj.t sA.t Gbb (Rezitation:) Sei gegrüßt, Mädchen, Tochter des Geb, Iwnj.t irj(.t) m &A-rr Iunit, die geboren wurde in Dendara, nswj.t n nswt(.w) die oberägyptische Königin der oberägyptischen Könige, bjtj.t n sxm.w HqA.t die unterägyptische Königin der göttlichen Mächte, die Herrscherin, HqA(.t) Hp.tj die die Welt beherrscht. ijj n=s pa.t m swAS n bA.w=s1396 Die Pat-Menschen kommen zu ihr in Verehrung vor ihrer Gottesmacht,
1392 Vgl. den vorigen Text in der Türlaibung der Kapelle Hw.t-ab (Dend. III, 103, 6–11). 1393 Es ist sicherlich =s oder Hm.t=s o. ä. zu ergänzen. Je nachdem, was genau hier stand, könnte dies die ganze Lücke ausgefüllt haben, oder aber es befand sich noch ein weiteres kurzes Epitheton dahinter. 1394 Vgl. den vorigen Text mit Kommentar. 1395 Vgl. auch CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 21. 1396 Korrektur der Hieroglyphen in Dend. III, 139, 1, (dort steht ein überflüssiges m) nach CAUVILLE, Dend. III Traduction, S. 242.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Kol. 3:
Kol. 4:
281
snj=sn tA r rw.t HD=s sie küssen die Erde draußen vor ihrem Schrein, Hpt=sn Gbb n sie umarmen Geb (= werfen sich zu Boden) vor km(A)tj n kA=s dwA=sn D.t=s m Dry.t=s dem Götterbild ihres Kas, sie preisen ihren Leib in ihrer Kapelle, sHtp=sn saH=s m s.t=s Dsr(.t) sie stellen ihre Gestalt zufrieden an ihrem heiligen Platz, Abj(.t).n ib=s Dr-bAH sxnt=sn den ihr Herz wünscht seit Anbeginn, sie erhöhen snn=s tpj-a psD.t sHaa=sn Hm=s m HAy.t=s ihre Statue vor der Neunheit, sie bejubeln ihre Majestät in ihrem Gemach: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große,die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, Htp Hr=T nfr n sA Ra [( ) möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem Sohn des Re [( ).
Kommentar: Die Hymne, eingeleitet durch die Grußformel nD Hr=T, beschreibt die mannigfaltigen Huldigungen der Menschen vor Isis bzw. ihrer Statue im Tempel. Inschriften im Vestibül und seinen seitlichen Räumen (Stoff- und Schatzkammer) Text/Hauptpublikation Dend. IV, 60, 11–17 Anbringungsort Dendara, Haupttempel, Zentrales Vestibül (O), Bandeau-Inschrift des Frieses, linke (westliche) Seite Bibliographie CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 122–123; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 157–158, (64); KURTH/WAITKUS, Nacht des Kindes, S. 51; ELDAMATY, Sokar-Osiris-Kapelle, S. 181 Text: nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr) Die Königin von Ober- und Unterägypten [(Isis, die Große, die Gottesmutter), nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, bX(.t) m Iwn.t m 5 Hrj.w-rnp.t die zur Welt gebracht wurde während der fünf Epagomenentage (?),1397 m 1/2 1/10 1/3=f r=f an 1/2 (+) 1/10, und dazu noch 1/3 (= 3/5 + 1/5 = 4/5 = an seinem 4. (Tag)),1398 1397 Laut LEITZ, Nacht des Kindes, S. 157, (64), macht eine Kardinalzahl hier wenig Sinn, da Isis nicht an allen 5 Tagen geboren wurde, weshalb er eine Ordinalzahl ansetzt und „am 5. Epagomenentag“ übersetzt. Die Interpretation „während der 5 Epagomenentage“ hingegen bei CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 123; ELDAMATY, Sokar-Osiris-Kapelle, S. 181; nach KURTH/WAITKUS, Nacht des Kindes, S. 50–51. Die „5 Epagomenen-Tage“ bezeichnen demnach eine Zeitperiode, vergleichbar einem Monat, auf den das genaue Tagesdatum folgt. Siehe auch die folgende Anm. 1398 und zur gesamten Problematik des Datums Kap. 4.6.3.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
wbn wbn(.w) m bjA m DAw Der Leuchtende leuchtet auf am Himmel in der Dämmerung Dr wn ir.tj=s(j) m &A-n-Itm nach dem Öffnen ihrer Augen im Land des Atum (= Dendara), nTr.w m {nb} nTr.wt r=w (oder: ir.w?) (Hr) nhm die Götter sind im Fest, die Göttinnen freuen sich, Dr xf=w Hnw.t=w m grH nxn m sS=f als sie ihre Gebieterin erblicken in der Nacht des Kindes in seinem Nest. sw m nswj.t n %nw.t iw/r Aw=s Sie ist die Königin von Ägypten in seiner Ausdehnung, itj.t m Sn n {x} die Fürstin im Umkreis der Sonnenscheibe, wr.wj rn=s Dsr.wj sStA=s oh wie groß ist ihr Name, oh wie heilig ist ihr (geheimes) Abbild! nts pw sSm(.t) it=s mw.t=s wr(.t) Hsw.t Sie ist es, die ihren Vater und ihre Mutter leitet, die Große an Gunst, wr(.t) mrw.t THn(.t) xa.w nb(.t) Xkr.w groß an Beliebtheit, mit glänzender Erscheinung, die Herrin des Schmuckes. sw m rpy.t nfr.t xnt psD.t Sie ist die schöne Vornehme an der Spitze der Neunheit, Hr wD mdw iw/r ifd.w n nn.t beim Erteilen von Befehlen an die vier Ecken des Himmels, nTr.t wa.t irj(.t) p.t tA dwA.t die einzigartige Göttin, die den Himmel, die Erde und die Unterwelt erschuf, n wn nTr m sn.t r=s der kein Gott gleichkommt. dj=s qn nxt n sA Ra nb xa.w [( ) Möge sie Stärke und Sieg verleihen an den Sohn des Re, den Herrn der Erscheinungen [( ), mj irj=s n sA=s @r wie sie es tut für ihren Sohn Horus, iw=f m bjk mn Hr srx xnt kA.w anx.w D.t indem er der Falke ist, der beständig ist auf dem Thron an der Spitze der lebenden Ka-Mächte, ewiglich. Kommentar: In Isis’ Hälfte der oberen Randinschrift wird anfangs wiederum ihre Geburt sowie das darauffolgende Fest der Götter beschrieben, offenbar sogar mit einer genauen Datumsangabe
1398 So nach KURTH/WAITKUS, Nacht des Kindes, S. 50–51. LEITZ, Nacht des Kindes, S. 157, (64), verkompliziert die Datumsangabe enorm, indem er die Rechnung und das (erste) Suffix auf die Nacht des Geburtstages bezieht (die vorher aber gar nicht genannt ist), anstatt auf den (vorher angegebenen!) Zeitraum der 5 Tage, und so die Uhrzeit des heliakischen Sothis-Aufgangs errechnet. Somit würde ich eher der Interpretation und Rechnung von KURTH/WAITKUS folgen, die auf den „klassischen“ 4. Epagomenen als Geburtstag der Isis kommt.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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des 4. Epagomenen, sofern die Deutung von KURTH/WAITKUS zutreffend ist.1399 Des wieteren werden Isis’ Schöpfertätigkeit und Herrschaft in den verschiedenen Bereichen des Kosmos (Himmel, Erde, Unterwelt) thematisiert. Die beiden parallel gesetzten Ausrufe mit der Admirativpartikel .wj,1400 in denen Name und geheimes Abbild (= Kultbild?) der Isis gelobt werden, verleihen dem Text deutlich den Charakter eines rezitierten Hymnus. Etwas ungewöhnlich und ohne direkten Kontext erscheint mir die Bezeichnung von Isis als „die ihren Vater und ihre Mutter leitet“, die tatsächlich sonst auch nicht belegt ist.1401 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Dend. IV, 104, 7–13 Dendara, Haupttempel, Stoffkammer (P) (Hw.t-mnx.t), rechte (nördliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 186–187; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 144, (24) 1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (104, 10–13): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr ir.t Ra Isis, die Große, die Gottesmutter, das Auge des Re, nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb.w die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, wpj(.t) X.t {2} n mw.t=s Nw.t hrw grH n nxn m sS[=f] die den Leib ihrer Mutter Nut öffnete am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest, HqA.n=s tA.wj iwa.n=s1402 idb.w sie hat die Herrschaft der Beiden Länder an sich genommen, sie hat die Ufer geerbt, iTj=s iAw.t tp nwd.t=s sie ergriff das (Königs-)Amt schon in ihrer Windel, &Ay.t nb(.t) rA SAa.t nb(.t) sSd Tait,1403 die Herrin des rA-Stoffes, die Uranfängliche, die Herrin der Sesched-Binde, qmA.tw nTrj n kA=s für deren Ka der göttliche Stoff hergestellt wird, Kol. 3: Hnw.t nb(.t) HD.t die Gebieterin, die Herrin des weißen Stoffes, wa.t nb(.t) wAD.t die Einzigartige, die Herrin des grünen Stoffes, itj.t n irtjw idmj die Fürstin des purpurfarbenen(?) und roten(?) Stoffes,1404 1399 Siehe oben, Anm. 1397–1398. 1400 Dieses Element fehlt in der ansonsten ähnlich gestalteten rechten Hälfte der Inschrift, die Hathor gewidmet ist, Dend. IV, 60, 3–9; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 120–121. 1401 Siehe LGG VI, 632b. 1402 Korrektur der Transkription in Dend. IV, 104, 11, wo kein s steht, nach CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 186. 1403 Zur Stoff-Göttin Tait und ihren Bezügen zu Isis vgl. die Szene Dend. Isis, 334, 11–335, 12, s. o.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
smnx(.t) mnx.t xnt Hw.t-mnx.t die den Stoff trefflich macht, die an der Spitze der Stoffkammer. [s]Xkr1405=s sn=s m njw.(w)t spA.wt Sie schmückt/stattet aus ihren Bruder in den Städten und Gauen, rdj(.t) sA=f @r Hr Hmr=f n nHH die ihren Sohn Horus auf seinen Thron setzt in Ewigkeit, n ky wHm.tj=fj ohne daß ein anderer es wiederholen wird.1406 Kommentar: Im ersten Teil des Textes geht es wie so oft um Isis’ Geburt und ihr daraufhin angetretenes Erbe, die Herrschaft über Ägypten „schon in der Windel“. Der zweite Teil ist in erster Linie dem Kontext des Anbringungsortes geschuldet: Isis wird mit der Stoffgöttin Tait identifiziert und mit exemplarischen Angaben als Herrin der verschiedenen Stoffarten herausgestellt. Die Verbindung zu Tait und den Stoffen bildet jedoch am Ende den Übergang zu Isis’ Sorge für ihren Bruder Osiris und ihren Sohn Horus, da Tait auch für die Bekleidung des Verstorbenen zuständig ist, was die Identifizierung mit Isis besonders nahelegt.1407 Aus diesem Grund zeigen Isis und Osiris wohl auch in den Szenen der Stoffkammern eine starke Präsenz.1408 Eine noch stärkere thematische Konzentration auf die Funktion der Stoffkammer ist in der Hymne an Isis auf dem linken Türpfosten (Außenseite)1409 sowie in dem Hathor-Text auf der linken Türlaibung 1410 zu erkennen: Darin werden beide Göttinnen mit verschiedenen Ölen und Duftstoffen in Verbindung gebracht, die ebenfalls dem Inventar der Hw.tmnx.t zuzurechnen sind. In Dendara werden die Stoffe der rechten Seite, die Öle/Salben der linken Seite der Kammer zugeschrieben.1411
1404 Zur Definition dieser beiden Farb-/Stoffbezeichnungen siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 99–100; 126– 127; ausführlicher dazu GERMER, Textilfärberei, S. 129–131. 1405 Plausible Ergänzung nach CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 186. 1406 LEITZ, Nacht des Kindes, S. 144, (24), versteht in den letzten beiden Phrasen Osiris als Subjekt und übersetzt: „wenn sie ihr Bruder in den Städten und Gauen schmückt, der seinen Sohn Horus auf den Thron setzt…“ Dies ist m. E. jedoch höchst unwahrscheinlich, da es in dem Text erstens um Isis geht, und daher ihre Taten und Eigenschaften gerühmt werden; zweitens wäre LEITZ’ Übersetzung auch inhaltlich ungewöhnlich, da auch sonst in den Texten kaum Osiris (der ja dem Mythos nach verstorben ist) als aktiv Handelnder gegenüber Isis und Horus dargestellt wird, sondern es üblicherweise Isis ist, die für Osiris sorgt und seinem Sohn auf den Thron verhilft, vgl. z. Bsp. Dend. V, 104, 1: swr(.t) sn=s rdj(.t) sA=s Hr s.t it=f, siehe unten. 1407 Vgl. BACKES, Hedjhotep, S. 70; MÜNSTER, Isis, S. 149–152. 1408 Dend. IV, 101–145, diverse Szenen. 1409 Dend. IV, 103, 14–104, 4; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 184–187. 1410 Dend. IV, 105, 5–9; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 186–189. 1411 Siehe CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 16.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
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Dend. IV, 150, 17–151, 5 Dendara, Haupttempel, Schatzhaus (Q) (pr-HD), linke (nördliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. IV Traduction, S. 250–251 1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (151, 1–5): Kol. 2: As.t wr.t mw.t[-nTr ir.t Ra] Isis, die Große, die [Gottes]mutter, [das Auge des Re,] nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb.w die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, Sps.t wsr.t n mjt.t=s die Edle und Mächtige, deren Gleiche es nicht gibt, Aw-ib it=s m wbn=s deren Vater sich erfreut bei ihrem Aufgang, iwa.n=s tA.wj nn prj=s m X.t sie hat die Beiden Länder geerbt, als sie (noch) nicht aus dem Leib gekommen war, HqA.n=s idb.w Hr nn/mw(?)1412[… … sie hat die Herrschaft über die Ufer ergriffen auf/beim ? […], … …] wbn m p.t m AxAx/ixx [Re(?)] ist aufgegangen am Himmel in der Dämmerung, Dr prj=s r tA nachdem sie zur Welt gekommen ist Kol. 3: m IA.t-dj Haa n=s Ra […]n s ?[…] nb […] n=s it=s n mAA=s in Iat-di, Re jubelt ihr zu […], […] für sie ihr Vater bei ihrem Anblick, ijj n=s nTr[.w] m iAw sp sn die Götter kommen zu ihr in Lobpreis, in Lobpreis, nTr.wt m hnw sp sn die Göttinnen im Jubel, im Jubel, pa.t m ksw rxj.t m wAH-tp Hnmm.t Hr sn-tA die Pat-Menschen in Verbeugung, die Rechit-Menschen mit gesenktem Kopf (= in Ehrerbietung), das Sonnenvolk in Proskynese! Kommentar: Ähnlich wie in zahlreichen anderen Dendara-Texten werden die zentralen Themen Geburt und unmittelbarer Herrschaftsantritt sowie die darauf folgende Verehrung durch Götter und Menschen lebendig skizziert.
1412 Möglicherweise ist hier auch n[wd.t=s] „sie hat die Herrschaft über die Ufer (schon) in ihrer Windel ergriffen“ zu ergänzen, vgl. z. B. den Text Dend. IV, 104, 7–13, siehe oben.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Inschriften in den Krypten Text/Hauptpublikation Dend. V, 103, 17–104, 8 Anbringungsort Dendara, Haupttempel, Ostkrypta 4, Bandeau-Inschrift des Frieses, rechte (westliche) Seite Bibliographie CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 192–193 Text: nswj.t bjtj.t %pd.t m s.t nfr.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, Sothis am ‚Sitz der Schönen‘ (Dendara),1413 sDtj.t txn xpr.w iw/r sxm.w das Mädchen, mit verborgener Gestalt vor den (göttlichen) Mächten, aA.t m p.t wsr.t m tA n spA.t Sw(.t) m rn=s die Große im Himmel, die Mächtige auf Erden, deren Name in keinem Gau fehlt, aA(.t) nrw m njw.wt iw/r Aw=sn mit großem Schrecken in den Städten in ihrer Ausdehnung, HAp(.t?) sStA=s iw/r nTr.w rmT.w deren (geheimes) Abbild verhüllt ist vor Göttern und Menschen,1414 nswj.t n %nw.t swr(.t) sn=s die Königin von Ägypten, die ihren Bruder groß macht, rdj(.t) sA=s Hr s.t it=f die ihren Sohn auf den Sitz seines Vaters setzt, nb(.t) n tA.wj swDA BAq.t die Herrin der Beiden Länder, die Ägypten wohlbehalten sein läßt, mkj(.t) gs.w-pr.w Xr(j.w) sn=s sA=f die die Kultstätten schützt, die unter ihrem Bruder und seinem Sohn sind (= denen ihr Bruder und ihr Sohn innewohnen), Hnw.t nb(.t) ns.t xnt stp-sA die Gebieterin, die Herrin des Thrones an der Spitze des Königspalastes, n hb aH.t m xm=s {t?=s}1415 ohne deren Kenntnis/Zustimmung keiner den Palast betritt, itj.t nb.t tA.wj die Fürstin, die Herrin der Beiden Länder, Hnw.t smA-tA dj(.t) dr n wn HAw die Gebieterin der Bestattung, die dem Nackten1416 Kleidung gibt, nTr.t wa.t HH.w Hr dwA=s n k.t irj(.t) mjt.t=s die einzigartige Göttin, die Millionen anbeten; keine andere handelt wie sie;
1413 1414 1415 1416
Vgl. KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 72. Oder aktivisch „die ihr Abbild verhüllt…“? Offenbar ein Fehler des Schreibers, vgl. Dend. V, 104, Anm. 7. Aufgrund des Kontextes ist damit hier wohl der Verstorbene bzw. Osiris gemeint, vgl. Wb III, 13, 17–18. Andererseits ist „dem Nackten Kleidung geben“ eine geläufige Formel auch in den Idealbiographien.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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aA.t m p.t wsr.t m tA die Große im Himmel, die Mächtige auf Erden, n hb aH.t m xm{n}=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung keiner den Palast betritt,1417 %pd.t wr.t nb(.t) gs.w-pr.w Sothis, die Große, die Herrin der Kultstätten; Ax.t=s pw Ax.t (n)HH ihr Horizont (= ihr Tempel)1418 ist der Horizont der Ewigkeit, Htp(.t)=s im=s wbn=s im=s in dem sie untergeht und in dem sie aufgeht1419 mj Ax.tj xnt Ax.t wie der Horizontische an der Spitze des Horizontes. dwA=s nTr iw/r njw.t=s Möge sie den Gott preisen zugunsten ihrer Stadt,1420 iw/r ib=s m rSw.t psD.t =s ir.w m THHw.t so daß ihr Herz in Freude ist und ihre ganze Neunheit im Jubel! swr=s nswj.t n sA=s mry=s sA Ra nb xa.w [( ) iw=f m bjk mn Hr srx xntj kA.w anx.w D.t Möge sie das Königtum ihres geliebten Sohnes vergrößern, des Sohnes des Re, des Herrn der Erscheinungen [( ), er ist der Falke, der fest bleibt auf dem Thron an der Spitze der lebenden Ka-Mächte, ewiglich. Kommentar: Die lange Hymne der Friesinschrift nennt zwar nicht explizit den Namen der Isis, doch ist Sothis hier sicher, wie so häufig, mit Isis identifiziert, zumal inhaltlich überhaupt nicht auf typische Aspekte der Sothis eingegangen wird (wie Nilflut, Jahresanfang, Gestirne etc.), sondern die Epitheta denen in anderen Isis-Hymnen sehr nahestehen, so z. B. ihre Herrschaft über den Königspalast. Auch die Erwähnung ihres Sohnes und Bruders sowie die Bezüge zur Bestattung weisen auf Isis hin. Ihr Sothis-Aspekt zeigt sich nur in der Charakterisierung als Gestirnsgöttin, die im Horizont auf- und untergeht „wie der Horizontische“. Speziell auf die Lokalisierung der Hymne in einer Krypta sind die Anspielungen auf die verborgene, versteckte Gestalt bezogen, da dort, und gerade in der Ostkrypta 4, heilige Kultbilder auf den Wänden dargestellt und möglicherweise auch aufbewahrt wurden.1421
1417 Beide Phrasen kamen bereits weiter oben vor. Eine solche Doppelung ist innerhalb eines Textes eher ungewöhnlich. 1418 Der „Horizont“ eines Gottes kann oft auch den jeweiligen Tempel bezeichnen, vgl. Wb I, 17, 19. 1419 Oder „Sie geht darin unter und geht darin auf…“. 1420 Entgegen CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 193, glaube ich, daß dieser Teil schon zur abschließenden Fürbitte gehört. 1421 Vgl. CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 56; und ausführlich EAD., Statues cultuelles. CAUVILLE nimmt an, daß es sich bei den Darstellungen um ein Inventar von real vorhandenen, besonders alten, Statuen handelt. F. HOFFMANN, Measuring Egyptian Statues, in: Steele/Imhausen (Hrsg.), Under One Sky, S. 109–119: S. 113, spricht sich gegen die Idee eines Inventars aus, sondern geht bei der Untersuchung der Maßangaben in den Beischriften davon aus, daß es sich um ideelle, theologische Modelle handelt, auf deren Basis Statuen angefertigt werden konnten.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen
Dend. VI, 2, 21–4, 6 Dendara, Haupttempel, Südkrypta 2, Bandeau-Inschrift des Frieses, rechte (östliche ) Seite CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 42–44; 264–267; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 151, (56) (teilweise) Philae-Hymne 3; Dend. II, 100, 6–11; Edfu III, 69, 17–70, 3
Text: nswj.t bjtj.t ir.t Ra Hnw.t tA.wj Die Königin von Ober- und Unterägypten, das Auge des Re, die Gebieterin der Beiden Länder, Hrj.t-tp xnt Hw.t-sSS.t die Stirnschlange, die an der Spitze des ‚Hauses des Sistrums’ (= Dendara) ist, MHn.t wr.t m tp n Itm die große Ringelschlange auf dem Haupt des Atum, mH(.t) ib n Ra m wbn=f die das Herz des Re erfüllt bei seinem Aufgang, Xkr.t nb(.t) Xkr.w nb.t aH.t die Geschmückte, die Herrin des Schmuckes, die Herrin des Palastes,1422 BHd.tj.t sAb(.t) Sw.t bjk.t nTrj(.t) die von Edfu, die Buntgefiederte, das göttliche Falkenweibchen, Hnw.t nb.t Pwn.t die Gebieterin und Herrin von Punt, sAwj(.t)(?) ib(?)1423 n Ra m xaj=f die das Herz von Re erfreut(?) bei seinem Erscheinen, BA.t nb(.t) NTrj.t xnt B(A)s.t Smaj.t Bat, die Herrin ‚der Göttlichen‘ (Dendara)1424 an der Spitze des südlichen Bubastis (Dendara),1425 @A.t-mHy.t pw Hnw.t @A.t-mHy.t Hatmehit ist es, die Gebieterin des Hatmehit-Gaues (16. u.äg.),1426 1422 Vgl. die entsprechende Stelle in Philae-Hymne 3 und Dend. II, 100, 6–11, siehe oben, Anm. 1329. 1423 Die Lesung der Stelle ist unklar; sAwj nach CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 264, obwohl ich dies anhand der Zeichen nicht ganz nachvollziehen kann. LEITZ, Nacht des Kindes, S. 151, (56), hat den Passus gar nicht übersetzt, und danach fälschlich „die das Kind beschützt bei seinem Erscheinen“ gelesen. 1424 Vgl. GDG III, 110. 1425 Üblicherweise wird Pr-BAs.t(.t) Smaj geschrieben, vgl. KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 95–96. BAs.t allein steht aber ebenfalls für Bubastis, vgl. Wb I, 423, 6. Vgl. zu der Wortspielerei mit Bat und Bastet/Bubastis auch den Beginn der Isis-Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5: nb(.t) BAs.t Iwn(j).t pw, bA n As.t kA=tw m rn=s, BA.t rn=s, wobei dort noch das Wortspiel mit den Namen von Bastet und dem Ba der Isis hinzukommt, siehe Kap. 4.6.1.A. Zum Zusammenhang zwischen ‚NTrj.t‘ und dem südlichen Bubastis vgl. die Nähe und kultische Zusammengehörigkeit der entsprechenden Kultorte im Delta; siehe Kap. 4.13.1.2: Gaumonographie Edfu I zum 18. u.äg. Gau. 1426 Siehe oben zu Dend. I, 122, 14–128, 12, 16. u.äg. Gau m. Anm. 1291; und zu Dend. II, 100, 6–11.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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an.t r(?) nTr.wt(?) Iwn.t die schöner ist als die (anderen) Göttinnen (?), die von Dendara,1427 itj.t m Sn n itn die Fürstin im Umkreis der Sonnenscheibe, nb(.t) sxm mnj.t sSS.t die Herrin des sxm-Sistrums, des Menits und des sSS.t-Sistrums, saHa.tw wnSb n Hm.t=s für deren Majestät das wnSb-Symbol aufgestellt wird,1428 s.t km.t dSr(.t) Xnm(.t) anx mrj(.t) ins die schwarze und rote Frau, die mit Leben erfüllt ist, die den blutroten Stoff liebt,1429 mfk(.t) inm xsbD(.t) tp die mit Haut aus Türkis und dem Kopf aus Lapislazuli, THn Hr nb n dgj.t1430=s bei deren Anblick jedes Gesicht (= jedermann) erglänzt, nb(.t) sSd Hnw.t Sw.tj die Herrin der Sesched-Binde, die Gebieterin der Doppelfederkrone,1431 wa.t m ?[… %pd].t die Einzigartige in/an […, Soth]is; nts sTj(.t) Hapj m TpH.t=f sie ist es, die den Nil aus seiner Höhle ergießt, grg(.t) spA.t nb(.t) m rn=s in deren Namen jeder Gau gegründet ist, nb(.t) ^Ay Rr.t die Herrin von Schai und Renenet (Schicksal und Glück), Hnw.t ^ma.w MHw @w.t-@r m spA.t nb(t.) die Gebieterin von Ober- und Unterägypten, Hathor in jedem Gau. iHj n=s nTr.w ibA n=s nTr.wt Die Götter musizieren für sie, die Göttinnen tanzen für sie, wrh n=s wny.w n/m tA die im Land sind (= die Bewohner) springen für sie herum, Hm.t-nTr Dr.t-nTr m &A-n-Itm die Gottesgemahlin, die Gotteshand1432 im Land des Atum (Dendara), 1427 Die Stelle ist schwierig, obige Lesung und Ergänzung nach CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 266–267, obwohl mir die Schreibung für nTr.wt nicht bekannt ist; auch in CAUVILLE, Fonds hiéroglyphique, S. 34, ist sie nur mit obiger Stelle belegt. Aufgrund der zahlreichen Belege des Beinamens an.t r nTr.wt für Hathor, siehe LGG II, 126a–b, erscheint mir CAUVILLEs Vorschlag jedoch gut vertretbar. LEITZ, Nacht des Kindes, S. 151, übersetzt (ohne Kommentar) „die Schöne, Iwnt, die Herrin von Dendara“. Dafür müßte man eine Verschreibung von für annehmen, wobei auch dann noch immer für Iwnj.t fehlen würde. 1428 Vgl. zu dieser Stelle (ab Herrin des sxm-Sistrums) den vergleichbaren Text für Hathor in Edfu III, 69, 17–70, 3 (70, 1–3), mit Kommentaren. 1429 Zur Stoffart und Farbe siehe CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 279–280; GERMER, Textilfärberei, S. 126–128. 1430 Lesung nach CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 266; CAUVILLE, Fonds hiéroglyphique, S. 105. 1431 Vgl. die Parallelen Dend. II, 100, 6–11, und Philae-Hymne 3. 1432 Vgl. die Parallelen Dend. II, 100, 6–11, und Philae-Hymne 3.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
sAwj(.t) ib n sr HD.t die das Herz des Fürsten der Weißen Krone (= Osiris)1433 erfreut, nb(.t) Abw.t irj(.t) sA Ams die Herrin der Gestalt(en),1434 die den Schutz des Ames-Szepters bereitet,1435 THn(.t) xa r psD.t Sps.t mnx.t mit glänzenderer Erscheinung als die Neunheit, die Edle und Vortreffliche, Hnw.t nb(.t) Xkr.w die Gebieterin, die Herrin des Schmucks, mH(.t) aH.t m nfr.w=s die den Palast mit ihrer Schönheit erfüllt,1436 iTj(.t) gst m s.t nTr.w die den Lauf beginnt am Sitz der Götter,1437 pr-nsw.t mn Xr s.t-rA=s unter deren Aufsicht der Königspalast beständig ist, Hnw.t nfr.t bnr.t mrw.t die vollkommene Gebieterin, mit süßem Liebreiz,1438 Ra.t HqA(.t) Sn n p.t Sonnengöttin, die den Umkreis des Himmels beherrscht, nb(.t) Hm.wt itn.t n rnn.wt die Herrin der Frauen, die (Himmels-)Scheibe der Mädchen,1439 dwA n=s TA.w m wbn=s die die Männer anbeten bei ihrem Aufgang, nsr.t wsr.t nb.t Ax.w die Flammende und Mächtige, die Herrin der Verklärungen,1440 nb.t pr MnTw hrw dmD die Herrin des ‚Hauses von Month‘1441 am Tag des Zusammentreffens (= Kampfes). &A-Tnn wr sXkr.n=f D.t=s nbj=f n=s mAH n sAwj Tatenen, der Große, er schmückt ihren Leib, er stellt für sie den Goldkranz her.1442 1433 1434 1435 1436 1437 1438 1439
Siehe E. WINTER, Der „Fürst der weißen Krone“, ein Beiname des Osiris, in: CdÉ 39, 1964, S. 41–43. Vgl. die Parallelen Dend. II, 100, 6–11, und Philae-Hymne 3. Vgl. die Parallele Dend. II, 100, 6–11. Vgl. die Parallelen Dend. II, 100, 6–11, und Philae-Hymne 3. Vgl. die Parallelen Dend. II, 100, 6–11, und Philae-Hymne 3. Vgl. die Parallelen Dend. II, 100, 6–11, und Philae-Hymne 3. rnn.wt-Mädchen agieren auch als Sängerinnen, besonders im Mammisi, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 587; F. DAUMAS, Les propylées du temple d’Hathor à Philae et le culte de la déesse, in: ZÄS 95, 1968, S. 1–17: 11, Anm. 72. Von CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 266–267, mißverständlich als nb.wt „des dames“ übersetzt. 1440 Oder: „des Lichtglanzes“, wobei das Buchrollendeterminativ dagegen spricht. 1441 Laut LGG IV, 54b–c, eine „Art Waffen- oder Gerätelager“, ohne weitere Angaben; CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 266–267, übersetzt frei „l’arène“. Sicher ist, daß der Begriff eine Lokalität bezeichnen muß, die eng mit Krieg oder Kampf zu tun hat. Der Beiname ist nur hier belegt, vgl. aber das häufigere Epitheton njs.tw n=s hrw dmD, z. B. in der Isis-Beischrift Philae-Photos 385–386 (LD IV, 74c), und im selben Text nb(.t) rA-DAw pr MnTw, siehe Kap. 4.1.1.A. 1442 Dieser abschließende Satz deutet möglicherweise auf ein memphitisches Ritual hin, mit (Ptah-) Tatenen als Akteur, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 452–453 zu m(A)H; und CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 44, die die Hymne in den Kontext des Neujahrsfestes am 1. Thoth stellt. Vgl. auch den Text
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Hsj=s sA=s mrj=s nswt bjtj [( ) sA Ra [( ) D.t Möge sie ihren geliebten Sohn loben, den König von Ober- und Unterägypten [( ), den Sohn des Re [( ), ewiglich. Kommentar: Diese lange Hymne in der Südkrypta 2, die sich demnach in der Rückwand des Naos, also einem theologisch „tiefen“ Bereich des Tempels, befindet, ist offenbar aus verschiedenen Vorbildern zusammengestückelt, die teilweise eher auf Hathor, teilweise auf Isis zu beziehen sind,1443 wenngleich der Name von letzterer nicht eigens erwähnt wird (dafür aber ihre wichtige Dendara-Charakterisierung als „schwarzrote Frau“). Dies zeigt, daß der Schwerpunkt auf der ersten Tempelherrin Hathor liegt, deren Wesen jedoch durch Übernahme ganzer Passagen aus Isis-Hymnen umfassender dargestellt wird. Möglicherweise ist auch der besondere Reichtum in der Auswahl der Hieroglyphen, der zu einer Reihe ungewöhnlicher Schreibungen führte, bereits ein Hinweis auf die theologische Bedeutsamkeit dieses Textes.1444 Zunächst scheint sich die Inschrift mit einigermaßen typischen Epitheta an Hathor zu richten;1445 die Beziehung zu Re/Atum sowie zu Horus von Edfu wird betont; auch ihre Schönheit und die Verbindung mit den üblichen ‚hathorischen‘ Objekten und Materialien wie Sistrum, Menit, Türkis und Lapislazuli sowie weitere Kultobjekte der Hathor finden Erwähnung. Dazwischen sind jedoch immer wieder einzelne Anspielungen auf Isis eingestreut, so die eindeutige Bezeichnung als schwarzrote Frau, Identifizierung mit Sothis oder Handlung gegenüber Osiris, dem Fürsten der Weißen Krone.1446 Des weiteren sind kürzere Textpassagen aus den (einander viel genauer entsprechenden) Parallelen PhilaeHymne 3 und Dend. II, 100, 6–11 in willkürlich erscheinender Reihenfolge über die ganze Inschrift verteilt. 1447 So findet sich z. B. auch die aus Dend. II, 100, 6–11 bekannte Identifizierung mit Hatmehit wieder, allerdings in einem anderen Kontext. Die etwa in der Mitte stehende, resümierende Phrase „Hathor in jedem Gau“ scheint den Abschluß eines Textabschnitts zu bilden, 1448 ähnlich wie in den kulttopographischen Litaneien.1449 Inhaltlich ist jedoch kein deutlicher Einschnitt zwischen beiden Texthälften
1443 1444 1445 1446 1447 1448 1449
für Hathor in Edfu III, 69, 17–70, 3, mit Kommentar: Der Goldkranz sowie die im hier besprochenen Text mit einigem Abstand weiter oben genannten zwei Sistrenarten, Menit und wnSb-Symbol gehören zu den 10 Kultobjekten der Hathor von Dendara. Für eine ausführliche Studie des Darreichens des mAH-Kranzes siehe DERCHAIN, Couronne. Vgl. zum Ritual des Schmückens (bzw. Schminkens) der Göttin auch QUACK, Ostrakon Glasgow, S. 302–303; und J. YOYOTTE, Seshat maquilleuse, in: RdÉ 29, 1977, S. 227–228. Vgl. auch CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 42–43. Wobei anzumerken ist, daß sich Bandeau-Inschriften generell gerne durch eine besonders auffällige Zeichenwahl auszeichnen. Vgl. CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 42. Vgl. z. B. Dend. II, 107, 10–108, 2, dort mit einer anderen Handlung (Leben spenden mit dem Papyrusszepter). Vgl. CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 42–43. Die einzelnen Stellen sind jeweils oben in den Anm. der Übersetzung gekennzeichnet. So auch CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 42. Siehe dazu NAGEL, One for All, z. B. „Sie ist es, die in jeder Stadt und jedem Gau ist…“ am Ende der Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5.
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292
Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
festzustellen, da beide sowohl ‚hathorische‘ Elemente als auch Ausschnitte aus den beiden Isis-Paralleltexten enthalten. Der noch viel längere Text, der die andere (linke/westliche) Hälfte der Friesinschrift füllt, ist hingegen deutlich Hathor gewidmet und bildet eine komplexe, aber einheitlicher wirkende Komposition einer Eulogie, die durch wörtliche Reden von Re und Thoth sowie eine Bauinschrift bereichert ist.1450 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. VI, 52, 12–53, 2 Dendara, Haupttempel, Südkrypta 3, Bandeau-Inschrift des Frieses, linke (westliche) Seite CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 324–325; BUDDE, Götterkind, S. 70 (tw. Übersetzung)
Text: nswj.t bjtj.t itj.t n tpj.w-a Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Fürstin der Vorfahren, sA.t nTrj.t prj(.t) m Gbb die göttliche Tochter, die hervorgegangen ist aus Geb, Sps.t wr.t bsj(.t) m Nw.t die Edle und Große, die hervorgekommen ist aus Nut, iwa.n=s tA.wj tp nwd=s sie hat die Beiden Länder (schon) in der Windel geerbt, iTj.n=s Sn nb n itn sie hat den ganzen Umkreis der Sonnenscheibe ergriffen,1451 iqH.n stw.t=f r=sn als deren (der Sonnenscheibe) Strahlen auf sie (die Beiden Länder?) trafen (?),1452 nb.t pr-wr Hnw.t pr-nsr die Herrin des Per-wer, die Gebieterin des Per-neser, aA(.t) snD m pr-nw mit großer Ehrfurcht im Per-nu, an.t nfr.t xnt pr-an.t die vollkommene Schöne an der Spitze des ‚Hauses der Schönen‘ (= Dendara),1453 an HA.wt n.j.wt nTr.w iw/r mAA=s die Vorderseiten/Gesichter der Götter wenden sich um, um sie zu sehen.
1450 Dend. VI, 4, 9–8, 2; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 268–271; Kommentar ibid., S. 44–45. 1451 Bei CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 325, ist nb in der Übersetzung unterschlagen. 1452 CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 325, reiht den Satz parataktisch neben den vorhergehenden, wodurch die Aussage über die Sonnenstrahlen aber etwas zusammenhanglos im Raum stünde. M. E. muß hier inhaltlich eine Verbindung zu den Handlungen der Isis geknüpft sein, von denen ja die Rede ist. Das Suffixpronomen =sn kann sich eigentlich nur auf tA.wj beziehen, da vorher sonst kein Plural vorkommt. Auch inhaltlich macht es den meisten Sinn. 1453 Vgl. KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 71.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Hsj=s sA=s mrj=s sA Ra [( ) Hr s.t @r xnt kA.w anx.w D.t Möge sie ihren geliebten Sohn loben, den Sohn des Re [( ), auf dem Sitz des Horus an der Spitze der lebenden Ka-Mächte, ewiglich. Kommentar: Die Friesinschrift in der Südkrypta 3 ist gleichmäßig zwischen Hathor (rechte Seite)1454 und Isis (linke Seite) aufgeteilt, obwohl die Namen beider Göttinnen nicht ausdrücklich genannt werden. Aufgrund der Titel ist die Identifizierung eindeutig. Das Erbe des Königtums steht im Mittelpunkt des Textes und wird wie häufig direkt in den Kontext von Isis’ Geburt und Filiation gestellt. Im zweiten Teil wird Isis als Herrin von Dendara und der fundamentalen Kapellen, die sich ja wie die Krypta im hintersten Teil des Tempels befinden, charakterisiert. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. VI, 66, 10–67, 9 Dendara, Haupttempel, Westkrypta 1, Tür, Innenseite, Durchgang, linke (nördliche) Wand CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 344–345; WAITKUS, Krypten, S. 167
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
ijj.n nswt bjtj [( ) xr=T Der König von Ober- und Unterägypten [( ) ist zu dir gekommen, As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t ir.t [Ra] Isis die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, das Auge des [Re], n=T 1455 hy m aq1456 n rnp.t nfr(.t) für dich Jubel am Fest des Guten Jahres, m hrw grH nxn m [sS=f …?] n kA=s am Tag der Nacht des Kindes [in seinem Nest, …?] für ihren Ka,1457
1454 Dend. VI, 49, 22–50, 2; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 322–323. 1455 Diese Emendierung des Textes nach CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 344–345, scheint mir nach dem Vorbild der komplementären Inschrift für Hathor (Dend. VI, 65, 22–66, 8; genau: 65, 23: sjar=f n=T wsx…) naheliegender als die umständliche Konstruktion bei WAITKUS, Krypten, S. 167: nt(T) hy… „Du bist die, für deren Ka Jubel herrscht am Fest…“ Vgl. auch Anm. 1457. 1456 Zur Lesung dieses Wortes als aq an Stelle von mk siehe QUACK, Rez. zu: Kurth, Einführung, S. 131; ID., Rez. zu: Kurth, Übersetzung Edfou VIII, S. 199; ID., Rez. zu: Herbin, Parcourir l’étérnité, in: OLZ 91, 1996, Sp. 151–158: 153. 1457 Der Wechsel von der 2. auf die 3. Pers. für die Anrede der Göttin stellt zusammen mit der Lücke vor n kA=s ein Problem für das Verständnis der ganzen Konstruktion dar; WAITKUS, Krypten, S. 167, geht offenbar davon aus, daß hinter dem sicheren m sS=f in der Lücke nichts mehr steht und übersetzt daher (vgl. auch obige Anm. 418) „Du bist die, für deren Ka Jubel herrscht am Fest…“, was mir als Konstruktion recht umständlich erscheint, zumal hy kein Verb ist (Wb II, 483) und man erwarten würde, daß n kA=s direkt hinter hy stünde und nicht durch mehrere lange adverbiale Bestimmungen davon getrennt ist. Bei CAUVILLEs (siehe Anm. 1455) obiger Übersetzung nach Vorbild des HathorTextes muß davon ausgegangen werden, daß ein weiteres Wort hinter m sS=f stand, das aus […] n kA=s vielleicht ein partizipiales Epitheton bildete, wenngleich auch dies schlecht hinter den vorigen Satz passen würde: „er macht für dich Jubel…, für deren Ka [gejubelt o. ä.] wird“. Ein solcher Wech-
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 3:
Kol. 4:
Kol. 5:
Kol. 6:
1458 1459 1460 1461
1462 1463 1464 1465 1466 1467
ij=tw n=s m Htp mAA X.t=s […] man kommt zu ihr in Frieden, um ihren Leib zu sehen […], xpr.w{t}=s m Ax.w=s ihre Erscheinungsform durch ihre Verklärungen, @w1458 Wr-HkA.w m pXr m qd mkj [… …]tw […]s Der Schläger und der Zauberreiche erfreuen sich,1459 […] schützen […] sie(?), %DfA.t Hrj.t nTr.wt [… …] die Ernährerin, die Oberste der Göttinnen […] Ha.w=s rrj(.t)=s m rS(w.t?)1460 ihren Leib, die sie aufzieht (ist?) in Freude,1461 xwj Msxn.(w)t fd.wt die vier Meschenet (Geburtshelfer-Göttinnen) beschützen (sie?), irj.w(t)/irj=w(?) s.t=sn m Sn=s die ihren Platz einnehmen/sie nehmen ihren Platz ein in ihrem Umkreis, wn […] snsn=sn(?)1462 sns.w sDm/idnw(?) [… …] sxr.w […] Sms(?) [… …] es sind […] sie(?) singen Lobpreisungen, ? […] Pläne […] ? […] dmA.t pD.(w)t wr.t sxpr(.t) bkA.t die die Bögen bespannt,1463 die Große, welche die Schwangere1464 entstehen läßt snfr(.t) gnn(.t) m irw=s und die Schwache vollkommen macht in ihrer Gestalt,1465 $nmw Hna [@]q.t [… …]s n [… … … …] Chnum und Heket […] pAq(?) smar(.w?) D.t=s m [sSp.t(?)1466 … … … … …] feines Leinen, ihr Leib ist bekleidet(?)1467 mit [dem hellen Kleid(?) …], sAw(?) smn.t=s m nfr.w=s […] ihr Abbild beschützt/en(?) in seiner Vollkommenheit,
sel von der 2. auf die 3. Person ist bei dem Hathor-Text hingegen erst in der Schlußformel (Dend. VI, 66, 8) zu beobachten. Möglicherweise ist der Isis-Text etwas verderbt. Siehe zu diesem nicht genauer definierten göttlichen Wesen WILSON, Ptol. Lex., S. 624; LGG V, 56c. Zur Bedeutung von pXr m qd siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 368. Oder m rx(.t) „als Wissende“? Aufgrund der vielen Zerstörungen in dem Text ist oft nicht klar, auf wen sich einzelne Ausdrücke beziehen und wie sie grammatikalisch zu bewerten sind. Vgl. auch die teilweise sehr stark voneinander abweichenden Übersetzungen und Deutungen von CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 344– 345; und WAITKUS, Krypten, S. 167, auf die wegen der vielen Unsicherheiten hier nicht im Einzelnen eingegangen werden soll. Von CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 344, nach Kollationierung gelesen; fehlt in der Publikation Dend. VI, 67, 3–4. Allerdings scheint mir so der Anschluß an das wn vorne problematisch. Ein geläufiger Beiname der Nechbet, siehe Wb V, 452,1; LGG VII, 539–540; vgl. auch den Text Dend. II, 107, 10–108, 2. Und nicht „den Embryo“, wie CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 345, phantasievoll übersetzt; siehe Wb I, 481, 12–14. Auch hier ist CAUVILLEs (loc. cit.) Übersetzung „die der Gebärenden bei ihrer Aufgabe assistiert“ nicht sehr nah am Text. Plausibler Ergänzungsvorschlag von WAITKUS, Krypten, S. 167, m. Anm. 21. Auch hier sind grammatische Konstruktion und Bezüge unklar.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Kol. 7:
Kol. 8:
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wDA n nbw m […] das Halsamulett aus Gold an […] [… … … … … … …] n Stj.t(?)1468 m Sn=T(?) […] in der verborgenen Kapelle(?)1469 in deinem(?) Umkreis, irj=w sA=T wHm=w mk.t msj [tw=T]1470 sie beschützen dich, sie wiederholen (deinen) Schutz, es gebiert dich mw.t Nw.t m Hw.t-Nw.t deine Mutter Nut im Tempel der Nut (= Dendara)1471 m anx m hrw {n pr} nfr als mit Leben Erfüllte an diesem schönen Tag, wbn HAy.tj r tA m wDA.tj an dem die beiden Himmelslichter aufgehen über der Erde als die beiden Augen, m nw m wnw.t m prj=s(n?) in dem Moment der Stunde, in der sie hervorkommt/kommen(?).1472 Hsj=s sA=s mrj=s [(Pr-aA) […] Möge sie ihren geliebten Sohn loben, [(Pharao) […].
Kommentar: Die beiden Texte auf den Seitenwänden des Türdurchgangs zur Westkrypta 1 bilden gleichzeitig die äußeren Türpfosteninschriften der Kammer A: 1473 Die angesprochenen Themen finden sich daher auch auf der jeweils zugehörigen Seite der Kammer wieder.1474 Die rechte (südliche) Inschrift ist natürlich Hathor gewidmet,1475 und beschreibt ihr Fest am 5. Paophi.1476 Der obige Text für Isis ist leider stark zerstört, so daß viele Stellen unklar bleiben. Für die formale Struktur kann man sich jedoch etwas an der wesentlich besser erhaltenen Inschrift für Hathor orientieren. Im Mittelpunkt steht trotz aller Unsicherheiten eindeutig die Geburt der Isis und das damit zusammenhängende Fest am „Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest“.1477 Damit wird bereits auf die Kammer D der Krypta hinge1468 Lesung unsicher, so nach CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 344. 1469 Eigentlich speziell die Sokar-Kapelle, aber auch z. B. die Krypten selbst können so bezeichnet werden, vgl. Wb IV, 559, 18. 1470 Plausible Ergänzung nach CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 344; das abhängige Pronomen 2. Pers. sing. fem. ist in Dendara meist tw=T, vgl. KURTH, Einführung II, S. 602. 1471 Vgl. KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 89. 1472 Eigentlich müßte hier die Geburt der Isis als zeitlicher Bezugspunkt gemeint sein, das Suffix =s sich also auf Isis beziehen; wie WAITKUS, Krypten, S. 169, Anm. 27, richtig anmerkt, wird diese jedoch zuvor mehrfach in der 2. Person angesprochen. Er liest daher =sn und bezieht dies auf die beiden Lichter, deren Aufgang ja kurz zuvor erwähnt wird; dadurch würde es sich allerdings um eine Doppelung handeln, ohne eine neue Information über den Zeitpunkt dieses Aufgangs, so daß der Satz eigentlich seinen Sinn verliert. Daher muß es sich m. E. trotz aller formalen Unklarheiten um Isis handeln. Auch die direkt anschließende Fürbitte zugunsten Pharaos spricht über Isis in der 3. Pers. sing. 1473 Vgl. CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 29. 1474 CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 29–30. 1475 Dend. VI, 65, 22–66, 8; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 342–343; WAITKUS, Krypten, S. 166. 1476 Siehe dazu CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 29–30; EAD., Fêtes d’Hathor, S. 97–107. 1477 Vgl. hierzu die Kommentare von CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 30; und WAITKUS, Krypten, S. 250–251.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
wiesen, die genau wie die Kapelle E im überirdischen Tempel s.t msxn.t heißt und somit der Geburt der Göttin gewidmet ist. Der Text beschreibt offenbar, analog zu dem für Hathor, die Handlungen verschiedener Götter („der Schläger“, „der Zauberreiche“,1478 die vier Meschenet, Nechbet, Chnum und Heket) während und nach Isis’ Geburt1479 sowie die entsprechenden Ritualhandlungen des Königs anläßlich des Festes, die sich sicherlich auch hinter den Tätigkeiten der Götter verbergen.1480 Weitere göttliche Aktionen gegenüber Isis werden in der linken (westlichen) Friesinschrift der Kammer A beschrieben:1481 Darin heißt es, daß Thoth und Seschat sie anbeten und preisen, zu ihrem Ka sprechen und ihn schützen. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. VI, 86, 6–10 Dendara, Haupttempel, Westkrypta 1, Kammer D (s.t msxn.t), Bandeau-Inschrift des Frieses, rechte (östliche) Seite CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 372–373; WAITKUS, Krypten, S. 201
Text: s.t-msxn.t nfr.t Xr nn.t n nbw Die vollkommene Geburtsstätte ist unter dem Himmel des Goldes (= IsisHathor?),1482 As.t wr.t mw.t-nTr HqA.t n BAq.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrscherin von Ägypten, tpj(.t) n.t irj.t(?)-s(j)1483 die Erste derjenigen, die sie geboren hat (= ihrer Mutter) (?), Xnm.t anx bnr.t mrw.t die mit Leben erfüllt ist, mit süßem Liebreiz. sr wsr m Hr=s Xr is-niAw Der mächtige Fürst (= Amun)1484 ist vor ihr mit dem Lufthauch, 1478 CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 30, deutet Hu und Werhekau als Formen von Thoth; dies entbehrt jedoch jeglicher Grundlage, vgl. LGG V, 56c, für Hu („der Schläger“ und nicht die bekanntere Personifikation des „Ausspruches“, wie das Determinativ deutlich zeigt!), und LGG II, 454–455 für Werhekau. 1479 Ausführlich wird die Geburt der Isis in ihrem eigenen Tempel in Dendara thematisiert, siehe dort (Kap. 4.6.1. und 4.6.3) und zusammenfassend CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 269–282. 1480 Vgl. WAITKUS, Krypten, S. 250, der ebendies für den Hathor-Text annimmt. 1481 Dend. VI, 70, 2–5; Übersetzung bei CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 348–349; WAITKUS, Krypten, S. 170. 1482 WAITKUS, Krypten, S. 206, Anm. 13, sieht im Gold trotz fehlendem Determinativ den (von Hathor übernommenen) Beinamen der Isis. Die Bezeichnung „Himmel des Goldes“ wird allerdings auch mehrfach in dem Text, der das Himmelsbild von Dendara umgibt (Dend. X, 175, 1–5), verwendet, um ebendieses zu benennen. VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 177, vermutet daher, daß „Himmel des Goldes/aus Gold“ ein allgemeiner Terminus für runde Himmelsbilder ist. Da „Gold“ in den Belegen mit Körnchen-, aber ohne Göttinnendeterminativ geschrieben ist, ist es weniger wahrscheinlich, daß Isis bzw. Hathor damit gemeint ist, siehe ibid., S. 177, Anm. 526. 1483 Die Lesung ist unsicher; WAITKUS, Krypten, S. 201, m. Anm. 14 auf S. 206, betrachtet als eine Schreibung von mw.t; CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 372 m. Anm. 49, hält für eine Verschreibung von . Es ist nach parallelen Epitheta jedenfalls anzunehmen, daß im Zusammenhang der Geburt auf den Ausdruck „Erst(geboren)e des/der…“ ein Elternteil folgt, vgl. z. B. Dend. III, 38, 4.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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(Hr) dj(.t) TAw n anx r fnD=s indem er den Lebensatem an ihre Nase gibt, Nxb.t m sA=s m mk.t n kA Nechbet ist ihr Schutz als/und Schutz (ihres) Kas, xwj(.t) D.t=s is m a.wj=s und auch als Beschirmerin ihres Leibes mit ihren beiden Armen, nswj.t m rsj (nämlich von:) die oberägyptische Königin im Süden, bjtj.t m mH.t.t itj.t n imn.t.t iAb.t.t die unterägyptische Königin im Norden, die Fürstin des Westens und Ostens. wDA n nbw m-a &A-tnn r xx=s Das Halsamulett aus Gold aus der Hand von Tatenen ist für ihren Hals, mnx.tj1485 m snb n{.t} nb(.t) P aufgezogen mit dem Seneb-Schilfband1486 der Herrin von Pe (= Uto). Hsj Ra r1487 sA=s mrj=s nswt bjtj [(iwa (n) pA nTr ntj nHm stp n PtH irj mAa.t n Ra sxm anx n Imn) Dr nHH r km D.t Möge sie Re loben zugunsten ihres geliebten Sohnes, des Königs von Ober- und Unterägypten [(Erbe des Rettenden Gottes, auserwählt von Ptah, der die Maat des Re ausführt, das lebende Abbild des Amun), 1488 von der Unendlichkeit bis hin zur Ewigkeit. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. VI, 88, 12–89, 2 Dendara, Haupttempel, Westkrypta 1, Kammer D (s.t msxn.t), Bandeau-Inschrift des Frieses, linke (westliche) Seite CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 374–375; WAITKUS, Krypten, S. 201
1484 So auch WAITKUS, Krypten, S. 201. Daß es sich um Amun handelt, zeigt das Determinativ. CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 373, versteht zwei getrennte Titel „Der Fürst (= Geb)“ und „Der Mächtige (= Amun)“, doch nichts deutet darauf hin, daß zwei verschiedene Götter gemeint sind, schon gar nicht Geb. Vgl. außerdem die Geburtsszene im Isis-Tempel selbst (Dend. Isis, 80–81; Taf. 7 u. 88), in der Amun (und Schu) Atemluft gibt, nicht aber Geb, der ja schließlich auch kein Luftgott ist. Auch in der Geburtskapelle des Haupttempels (E) gibt Amun den Atem an die Nase der Gebärenden: Dend. II, 125, 12f., vgl. CAUVILLE, Dend. II Traduction, S. 194–195. 1485 WAITKUS, Krypten, S. 201, liest mnx.tj „die trefflich ist“; CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 372–373, liest wAD.tj „tutélaire“, was ich auch nicht nachvollziehen kann. Im Hinblick auf das Folgende bezieht sich das PsP definitiv auf das Halsamulett, vgl. auch die folgende Anm. 1486. Zu mnx „(Amulett) aufziehen, auffädeln“, siehe Wb II, 87, 8–10. 1486 Eine Pflanze mit schützenden Eigenschaften, die eng mit Buto und der Göttin Uto verbunden ist; es handelt sich wohl um eine Papyrusart. Daraus werden offenbar Bänder für Amulette gemacht, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 859; P. KOEMOTH, Snb, le papyrus ou le cordon en papyrus de Pé, in: GM 130, 1992, S. 33–43; zur Stelle S. 39, Anm. 37; TÖPFER, Balsamierungsritual, S. 144, cy); 230; 233; 265–266; and 358. 1487 Korrektur von CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 372, gegenüber Dend. VI, 86, 9. 1488 Ptolemaios XII.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: s.t-msxn.t nfr.t Xr hy n nfr.w=s Die vollkommene Geburtsstätte ist in Freude über ihre Vollkommenheit, As.t wr.t mw.t-nTr (nämlich von:) Isis, die Große, die Gottesmutter, nb.tj rxj.t n tA Hr ndb=f die Beiden Herrinnen (= Königin) der Menschen der ganzen Erde, nb.t iwa.t1489 xnt pr-nswt die Herrin des Erbes an der Spitze des Königspalastes, SAa.t Sps.t SAa(.t) xp(r) xnt die Uranfängliche und Edle, die als Erste am Anfang entstanden ist, ^Ay1490 Rr.t m-xt=s m xn(m).tj Schai und Renenet sind hinter ihr als Ammen, msw.tj.t mnx.t n wsr.w-HA.t der vortreffliche (weibliche) Abkömmling ‚Derer mit mächtiger Stirn‘,1491 smsw.t n mw.t=s Nw.t die älteste Tochter ihrer Mutter Nut, $nmw Hna @q.t nHp=sn Ha.w1492 Chnum und Heket, sie formen ihre Glieder, sAx xpr.w=s m kA.t=sn (so daß) ihre Gestalt herrlich gemacht ist durch ihr Werk, kA mAa.t mAa.tj(?)1493 rnp.t HH1494 m Hr=s der Stier der Maat (= Thoth)1495 bringt Millionen Jahre dar vor ihr, (Hr) fAj1496 sSd n D.t=s m rnp.t nfr.t indem er die Sesched-Binde für ihren/zu ihrem Leib als Gutes Jahr trägt.1497 1489 Korrektur von CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 374, gegenüber Dend. VI, 88, 12. 1490 Etwas fehlerhafte Schreibung, aber anhand des Kontextes und des Schlangendeterminativs klar identifizierbar. 1491 Oder „Die Mächtigen seit Anbeginn“, so die Interpretation von GOYON, Dieux-gardiens, S. 469, m. Anm. 2, da es sich um eine Bezeichnung für Ahnengötter handelt. 1492 steht eigentlich für das Suffix der 2. Pers. sing. fem. =T; hier müßte die Göttin jedoch in der 3. Person angesprochen sein, wie auch im Rest des Textes. 1493 Ein PsP ist hier eigentlich unpassend. Möglicherweise handelt es sich bei der Endung um eine aus dem voranstehenden mAa.t resultierende Verschreibung, da die Verbindung mAa.t mAa.tj „die Maat wird dargebracht“ in Maat-Opferszenen sehr geläufig ist, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 396. 1494 Eine weitere Möglichkeit wäre rnp.t nfr.t „das gute Jahr“ zu lesen; so auch bei CAUVILLE, Dend. V– VI Traduction, S. 374–375, aufgefaßt. 1495 Daß es sich um Thoth handelt, ist bereits am Determinativ ablesbar, vgl. aber ausführlich zu diesem Epitheton D. KESSLER, in: D. Kessler/R. Schulz (Hrsg.), Gedenkschrift für Winfried Barta, MÄU 4, Frankfurt a. Main et al. 1995, S. 229–245, bes. 237–238. 1496 CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 374, korrigiert zu Sdj gegenüber der in Dend. VI, 89, 1, angegebenen Lücke. Allerdings ist laut Determinativ Sdj „rezitieren, vorlesen“ gemeint, was m. E. hier aber weniger gut in den Kontext paßt, auch wenn CAUVILLE, op. cit., S. 375, übersetzt „er rezitiert (das Ritual) der Stoffbinde für ihre Person…“. Möglicherweise ist jedoch auch zu fAj zu ergänzen, was mehr Sinn ergeben würde. 1497 Zur Bedeutung der Sesched-Binde und der Beziehung zum neuen Jahr und zu Isis’ Geburt, siehe LEITZ, Nacht des Kindes, S. 156; allgemein zur Sesched-Binde: EL-KORDY, Bandeau.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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sAwj=s sA=s sA Ra [(Ptwlmys anx D.t mrj PtH As.t) Dr nHH r km D.t Möge sie ihren Sohn groß machen, den Sohn des Re [(Ptolemaios, er lebe ewig, geliebt von Ptah und Isis), von der Unendlichkeit bis hin zur Ewigkeit. Kommentar: Die Kammer D der Westkrypta 1 ist der Geburtskapelle der Isis zugeordnet, was sich allein schon in der gemeinsamen Bezeichnung als s.t msxn.t bemerkbar macht. 1498 Denselben Namen teilt auch der eigene Tempel der Isis in Dendara. Somit sind die beiden Hälften der Friesinschrift dieser Kammer ganz der Geburt der Göttin gewidmet; auch die übrige Dekoration der Kammer sowie des auf sie zuführenden kurzen Ganges (Passage C–D) zeigt starke Bezüge zu diesem Thema und der Dekoration der eigentlichen Isis-Kapelle (E),1499 wenngleich die Ritualszene auf der Westwand sich an Hathor richtet. In ähnlicher Weise wie in dem Text im Eingang zur ganzen Westkrypta 1 (Dend. VI, 66, 10–67, 9, siehe oben) werden Taten verschiedener helfender Götter anläßlich der Geburt der Isis beschrieben; Kulthandlungen wie das Überreichen der Seschedbinde oder des Goldamuletts sowie die verschiedenen schützenden Aktionen finden immer wieder in diesem Zusammenhang Erwähnung und zeigen daher sicher einen Widerhall der real während des Festes ausgeführten Riten. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Inhalt
Dend. VI, 155, 15–159, 2; Taf. 582–583 Dendara, Haupttempel, Westkrypta 3 („Archivkrypta“), Ostwand, Inventarliste CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 456–463 (S. 456–457 zu Isis); DAUMAS, Mammisis, S. 30–31; ELDAMATY, SokarOsiris-Kapelle, S. 179; CHASSINAT, Khoiak, S. 325 Inventarliste mit 40 Textkolumnen zu Materia sacra von Dendara, davon Kol. 7–10 für Isis.
Text: – Text Isis (156, 5–7): Kol. 7 (Ende): msj.tw As.t Isis wurde geboren Kol. 8: m IA.t-dj s.t tn in Iat-di. wnn=s r gs mH.t(j) imn.t(j) m/n s.t tn n.j.t @w.t-@r Dieser Ort, er befindet sich an der nordwestlichen Seite dieses Sitzes der Hathor. Hr=s Sein Gesicht (= seine Front) Kol. 9: r iAb.t.t wbn Ra Hr=s ist gegen Osten gerichtet. Re geht darüber auf,
1498 Vgl. WAITKUS, Krypten, S. 243–244. 1499 Vgl. CAUVILLE, Dend. V–VI Traduction, S. 32–33; WAITKUS, Krypten, S. 244, mit Beispielen für Parallelen in Kapelle E. Speziell zur Thematik des Spiegelopfers und der Geburt der Isis, siehe HUSSON, Offrande du miroir, S. 261f.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
dj=f-sw (Hr) sHD p.t tp grH wenn er sich zeigt beim Erleuchten des Himmels (am Ende) jede(r) Nacht. s.t tn ‚Dieser Sitz Kol. 10: n.j.t Nw.t rn=s n/m Iwn.t pw der Nut‘ ist sein Name in Dendara. Kommentar: Dieser Abschnitt der „Inventarliste“ von Dendara, welche sich in der sog. ‚Archivkrypta‘ befindet, beschreibt die Lage der Geburtsstätte von Isis, also ihren kleinen Tempel. Die angegebenen Himmelsrichtungen sind natürlich die theologischen, nicht die real geographischen, was aber der gängigen Praxis in Dendara entspricht.1500 Inschriften in den umgebenden Räumen der Dachtreppen Text/Hauptpublikation Dend. VII, 109, 13–110, 4 Anbringungsort Dendara, Haupttempel, Raum U, linke (südliche) Türlaibung Bibliographie – Inhalt 1 Kolumne für den König, 2 für Isis. Text: – Text Isis (110, 1–4): Kol. 2: As.t [wr.t mw.t-nTr nb.t?]1501 IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, [die Große, die Gottesmutter, die Herrin] von Iat-di, die in Dendara residiert, itj.t m Aw n tA.w die Fürstin in den Weiten der Länder, aA.t m p.t wsr.t m tA die Große im Himmel, die Mächtige auf Erden, n nTr m snj(.t) r=s ohne daß irgendein Gott ihr gleichkommt, bjAtj.t pw xntj(.t) xtmn die Wunderbare ist es, die an der Spitze der Welt ist, wa.t xnt Pr-wa.t die Einzigartige an der Spitze des ‚Hauses der Einzigartigen‘ (= Dendara),1502 Kol. 3: [… … … … …] Ra n ijj Hr sA=s […] Re für den/dessen, der hinter ihr geht,1503
1500 Vgl. A. MARIETTE, Dendérah. Texte, Paris 1875, S. 39–41. 1501 Die Lücke scheint fast ein wenig groß dafür, doch wären dies die üblichen Haupttitel von Isis in Dendara. 1502 Vgl. KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 78. 1503 Vgl. z. B. den Beinamen HqA.t n ij Hr sA=s „Herrscherin dessen, der hinter ihr kommt“, der ebenfalls für Isis belegt ist; LGG V, 538a. Aufgrund des zerstörten Kontextes kann an der obigen Stelle jedoch nicht mehr rekonstruiert werden, wie Re in die hier vorliegende Formulierung eingebunden ist.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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nTr.t(?)1504 aA.t nb(.t) stp-sA die große Göttin(?), die Herrin des Palastes, HqA.t m Sn n itn die Herrscherin im Umkreis der Sonnenscheibe, rx(y).t nfr.t sSm(.t) it=s die vollkommene Wissende, die ihren Vater leitet, imj(.t)-rA sbA.w n xpr xnt die Vorsteherin der Lehre (= Oberlehrerin) dessen, der zuerst entstand. Kommentar: Die einzige etwas ungewöhnlichere Stelle (wenn man von derjenigen absieht, die halb zerstört ist)1505 ist der Schluß „die ihren Vater leitet, die Vorsteherin der Lehre (= Oberlehrerin) dessen, der am Anfang entstand“; beides ist sonst nicht belegt.1506 Vgl. aber zum ersten Teil den Text Dend. IV, 60, 11–17 (s. o.) im Vestibül (O), wo es heißt: „Sie ist es, die ihren Vater und ihre Mutter leitet“. Die obige Inschrift geht allerdings noch etwas weiter, da sie im Anschluß von Isis sagt, daß sie den, „der zuerst entstand“, also den Schöpfergott belehrt, was impliziert, daß sie („die vollkommene Wissende“) über mehr Weisheit verfügt als dieser. Der Text in der gegenüberliegenden Türlaibung ist Hathor gewidmet.1507 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Dend. VII, 140, 13–141, 2 Dendara, Haupttempel, Vorkammer der Osttreppe (V), rechte (nördliche) Türlaibung – 1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (140, 15–141, 2): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, %pd.t nb(.t) p.t Hnw.t xAbAs.w Sothis, die Herrin des Himmels, die Gebieterin des Sternenheers, mf(.t) xa.w THn(.t) Xkr.w mit türkisfarbener Erscheinung, mit glänzendem/fayencefarbenem Schmuck, Ra.t wbn(.t) m bjA Sonnengöttin, die am Himmel aufgeht, wsx.t nmt.t m skt(.t) nb(.t) rSw.t m anD.t mit weitem Schritt in der Abendbarke, die Herrin der Freude in der Morgenbarke,
1504
. Es könnte auch iqr.t o. ä. zu lesen sein. Aufgrund der Verbindung mit aA.t ziehe ich hier die Lesung nTr.t vor. 1505 Siehe Anm. 1503 zum Text. 1506 Vgl. LGG VI, 632b, wo allerdings das Folgende mit hinzugezogen und fälschlich sSm.t it=s m dwAw „die ihren Vater am Morgen leitet“ gelesen wird, so daß das Epitheton „die Vorsteherin der Lehre dessen, der zuerst entstand“ überhaupt nicht aufgenommen ist. 1507 Dend. VII, 109, 8–11.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 3: iqr.t pw n wn mjt.t=s die Treffliche ist es, deren Gleiche es nicht gibt, xntj(.t) sAw-n=sn n xtmn die Vorsteherin der Schutzgötter der Welt, nTr.t tn wsr.t mnx.t r nTr.w diese Göttin, die Mächtige, die vortrefflicher ist als die (anderen) Götter, HqA.t nb(.t) ^ma.w MHw die Herrscherin, die Herrin von Ober- und Unterägypten, nswj.t pw m tA D.t die Königin auf der Erde ist es, ewiglich, n wn iDrw aHaw=s ohne daß es ein Ende ihrer Lebenszeit gibt. Kommentar: Der erste Teil des Textes für Isis (Kol. 2) konzentriert sich vor allem auf Isis’ kosmische Erscheinung als Sothis und Gestirnsgöttin, die sich in der Morgen- und Abendbarke des Sonnengottes befindet.1508 Die Verbindung mit Türkis und Fayence-Glanz ist typisch für Hathor. Die komplementäre Inschrift für Hathor auf der linken Seite stellt ebenfalls deren Lichthaftigkeit und damit die Verbindung zur Sonne in den Vordergrund.1509 Dies hängt sicherlich mit dem Anbringungsort der Inschriften in der Treppenkammer zusammen, die ja zu den Treppen auf das Tempeldach überleitet, wo zum Neujahrsfest das Ritual der Vereinigung mit der Sonnenscheibe stattfand.1510 Ein weiterer Hinweis darauf ist auch in Isis’ Bezeichnung mf(.t) xa.w THn(.t) Xkr.w „mit türkisfarbener Erscheinung, mit glänzendem Schmuck“ enthalten, denn M.-Th. DERCHAIN-URTEL zeigt in ihrem Aufsatz zu diesem Fest, daß gerade mfk(A.t) und THn häufig in den dazugehörigen Hymnen bei der Beschreibung der freudigen Feststimmung verwendet werden.1511 In der zweiten Hälfte des Isis-Textes stehen ihr Vorrang und ewige Herrschaft über Ägypten, die Welt und die Götter im Mittelpunkt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Dend. VII, 168, 9–13 Dendara, Osttreppe (W), Nordtür, linke (westliche) Türlaibung – 1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
1508 Die Verbindung von Isis mit diesen Barken des Sonnenkreislaufs kommt recht häufig vor, vgl. z. B. Philae-Hymne 8; Assuan-Hymne 1 u. a. 1509 Dend. VII, 141, 6–8. Man bemerke allein schon im Schriftbild die häufige Verwendung des Zeichens . 1510 Siehe dazu CAUVILLE, Fêtes d’Hathor, S. 35–49; DERCHAIN-URTEL, „Der Himmel ist festlich…“; A. CORTHALS, The Procession of the New Year in the Staircases at Edfu and Dendara, in: A. Amenta (Hrsg.), L’acqua nell’Antico Egitto. Vita, rigenerazione, incantesimo, medicamento, Proceedings of the First International conference for Young Egyptologists, Italy, Chainciano Terme, October 15–18, 2003, Egitto antico 3, Atti 1, Rom 2005, S. 211–219. 1511 Loc. cit., S. 36–38 (vgl. die vorige Anm. 1510).
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: – Text Isis (168, 11–13): Kol. 2: As.t (dj.t anx)1512 wr.t mw.t-nTr ir.t Ra Isis, (die Lebensspenderin,) die Große, die Gottesmutter, das Auge des Re, nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb.w die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, aA.t m p.t wsr.t m [tA]1513 die Große im Himmel, die Mächtige auf Erden, an(.t) xa.w m xpr[.w=s] mit schöner Erscheinung in ihrer Gestalt. Kol. 3: bqnqn.w Hr wpj n=s mTn Die Standarten1514 öffnen für sie den Weg, Hr sHr DAj.t sp sn (= DAj DAj.t) m rA-wA.t=s indem sie Unheilstifter und Unheilstifterinnen vertreiben von ihrem Weg/aus ihrer Nähe, ns=s r s.t=s tp-a psD.t damit sie zu ihrem Sitz geht an der Spitze der Neunheit, iw/r […?]1515 snsn [n] it[n] um sich mit der Sonnenscheibe zu vereinen. Kommentar: Obwohl die ersten Titel zu Isis gehören, ist die Göttin hier am Treppenaufgang zum Dach stark von Hathor geprägt, da die Treppe ganz im Zeichen ihres Neujahrsfestes steht, an dem sie sich mit der Sonnenscheibe vereinigt, wie es auch in diesem Text beschrieben ist.1516 Nach einigen üblichen Titeln der Isis-Hathor in der 2. Kolumne widmet sich Kolumne 3 ebendiesem Fest und besonders der Prozession zum Dach. Die erwähnten Standarten sind an den Wänden des Treppenganges auch in bildlicher Darstellung präsent.1517
1512 Das Zeichen ist eigentlich das einer thronenden Hathor mit Lebenszeichen in der Hand ; die Göttin kann sowohl Isis als auch Hathor gelesen werden, und ihre lebenspendende Gebärde ist auf den König in der gegenübergestellten Kolumne gerichtet, der auch bereits mit dem üblichen mrj „geliebt von“ an die Göttinnenzeile angebunden ist. Es ist fraglich, ob dj.t anx an solchen Stellen mitgelesen werden muß oder nur symbolische Bedeutung hat, vgl. auch die angegebenen Möglichkeiten bei KURTH, Einführung I, S. 144, 88c. 1513 Ergänzung sicher, vgl. z. B. den Text Dend. V, 103, 17–104, 8, siehe oben. 1514 Standarten, die den Gott (oder den König) auf Prozessionen begleiten. Den Weg von schädlichen Einflüssen zu bereinigen ist ihre übliche Aufgabe, siehe dazu WILSON, Ptol. Lex., S. 333–334; GOYON, Dieux-gardiens, S. 465 (auch zur Stelle oben). 1515 Die Lücke deutet an, daß unter iw noch ein flaches Zeichen stand; für den Sinn des Satzes fehlt jedoch eigentlich nichts. Möglicherweise war es ein s als phonetisches Komplement zu snsn, oder es ist doch nicht r + Infinitiv als finale Konstruktion zu verstehen (obwohl mir das am sinnvollsten erscheint), sondern ein Umstandssatz mit iw=s: „…wobei sie sich mit der Sonnenscheibe vereint.“ 1516 Vgl. auch den vorigen Text Dend. VII, 140, 13–141, 2, mit Kommentar. 1517 Siehe Dend. VII, Taf. 666–669.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Inschriften im Erscheinungssaal und seinen umgebenden Räumen Text/Hauptpublikation Dend. IX, 18, 11–20, 6 Anbringungsort Dendara, Erscheinungssaal („Inneres Hypostyl“, Z), linke (westliche) Türlaibung Bibliographie CAUVILLE, Dend. Pronaos Analyse, S. 22–23; LEITZ, Nacht des Kindes, S. 151–152, (57) (teilweise) Inhalt 7 Kolumnen Text; aufgrund der Wandschräge der Fassade sind die ersten beiden Kolumnen kürzer als der Rest.1518 Die ersten beiden Kolumnen drehen sich um den Tempel selbst (in der zweiten mit Bezug auf Isis), die dritte ist dem König gewidmet, die übrigen Isis. Text: – Text Isis (18, 12–14; 19, 5–20, 6): Kol. 2: wnn Iwn.t qA.tw Dd.tw Dr msj.tw As.t im=f Es ist Dendara hoch und dauerhaft, nachdem Isis dort geboren wurde m s.t km(.t) dSr.t Xnm(.t) anx [… …] als schwarzrote Frau, die mit Leben erfüllt ist […], nb(.t) mrw.t Hnw.t nTr.wt Hm.wt die Herrin der Beliebtheit, die Gebieterin der Göttinnen und Frauen,1519 Sps.t nfr(.t) mAA die Edle und schön Anzusehende.1520 wbn Sw m bjA m AxAx Das Sonnenlicht ist erstrahlt am Himmel in der Dämmerung, Dr msj.tw=s m njw.t tn als sie geboren wurde in dieser Stadt. Kol. 4: As.t wr.t mw.t-nTr nbw.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Goldene, nb(.t) Iwn.t xnt Iwn.t die Herrin von Dendara an der Spitze von Dendara, prj(.t) m X.t xnt &A-n-Itm die aus dem Leib hervorgekommen ist an der Spitze des ‚Landes von Atum‘ (Dendara) hrw grH nxn m sS=f am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest. wbn Ra m p.t m AxAx Re ist aufgegangen am Himmel in der Dämmerung, 1518 Vgl. Dend. IX, 16; Taf. 823. 1519 In LGG V, 192b, übersetzt mit „die Gebieterin der weiblichen Göttinnen“, was jedoch redundant wäre und wenig Sinn ergibt; CAUVILLE, Dend. Pronaos Analyse, S. 22, übersetzt nur (ohne Translit.) „Gebieterin der Göttinnen“. 1520 Und wohl nicht „die Edle und Schöne, die das Leuchten des Sonnenlichtes sieht…“, wie LEITZ, Nacht des Kindes, S. 151, übersetzt. An der ähnlichen Stelle weiter unten trennt er nfr(.t) mAA jedoch ebenfalls als eigenen Ausdruck ab.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Dr irj.tw=s Hr tA m &A-rr als sie zur Welt gebracht wurde in Dendara m s.t km.t dSr(.t) nfr(.t) Hr sHb(.t) mnD.tj als schwarzrote Frau, mit schönem Gesicht und festlich geschminkten Augen,1521 nb.t mrw.t Hnw.t nTr.wt Hm.wt die Herrin der Beliebtheit, die Gebieterin der Göttinnen und Frauen,1522 wr.t nfr(.t) mAA die Große und schön Anzusehende. Tnj-s(j) ^Ay [nn prj=s]1523 m X.t Schai hat sie erhoben, [als sie (noch) nicht] aus dem Leib [gekommen war], [… … …] iw nn prj=s […],1524 ohne daß sie herausgekommen war. Kol. 5: p.t m {nb} ndb=f m Haa Der Himmel ist im Fest, die ganze Erde ist im Jubel, Hw.t-nhm nhm m xnt=s das ,Haus des Jubels‘ (= Dendara)1525 jubelt vor ihr, Dr mAA=sn HqA.t wenn sie1526 die Herrscherin sehen, irj(.t) mw.t=s m Iwn.t m Hb wr n tA Dr=f die ihre Mutter geboren hat in Dendara an dem großen Fest des ganzen Landes. nb.t (r) Dr pw Hnw.t nTr.w nTr.wt Die Allherrin ist es, die Gebieterin der Götter und Göttinnen, n xp(r) k.t Xr HA.t=s vor der keine andere entstanden ist,1527 psD.t aA.t m [… … …] ibA=sn m prj=s die große Neunheit ist im/am […], sie tanzen bei ihrem Herauskommen. iwa.n=s tA.wj HqA.n=s idb.w Sie hat die Beiden Länder geerbt, sie hat die Herrschaft über die Ufer ergriffen, Hrj-tp.n=s Sn n itn sie regiert1528 den Umkreis der Sonnenscheibe, tmA.t mnx.t n nDm[… … … … … … [( ] ) die vortreffliche Mutter des süß[… [( ]). Kol. 6: %pd.t m p.t sTj(.t) Hapj m tpH.t=f Sothis am Himmel, die den Nil aus seiner Höhle ausgießt, 1521 1522 1523 1524 1525 1526 1527 1528
Vgl. zu diesem Ausdruck, der häufig als Götterepitheton auftritt, WILSON, Ptol. Lex., S. 440. Die gleiche Epithetafolge kommt bereits oben, in Kol. 2, vor, siehe dort. O. ä., vgl. z. B. Dend. III, 38, 5. Es ist wohl eine komplementäre Phrase zu der vorhergehenden zu erwarten, bspw. „sie hat das Amt ergriffen“ o. ä., vgl. z. B. Dend. III, 38, 5. Vgl. KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 166. Entgegen LEITZ, Nacht des Kindes, S. 151, meine ich, daß mit dem Suffix 3. Pers. Pl. nicht (nur) die Bewohner von Dendara gemeint sind, sondern alle zuvor aufgezählten Entitäten: Himmel, Erde und Dendara. Fehlerhaft übersetzt von CAUVILLE, Dend. Pronaos Analyse, S. 22. Zu Hrj-tp als Verb siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 666; Wb. III, 141, 12–13.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
srd(.t) Ax.t r nw=s die das Fruchtland gedeihen läßt zu seiner Zeit, sqdj(.t) m Hrj Hr wA.t n.j.t sn=s die am Himmel auf dem Weg ihres Bruders dahinzieht, Sm(.t) Hr nmt.t=f ra nb die auf seinem Schritt geht (= seinem Lauf folgt), jeden Tag,1529 nb(.t) p.t Hnw.t bA.w anx.w die Herrin des Himmels, die Gebieterin der lebenden Bas (= Dekane),1530 Hsb.tw rnp.wt m wbn=s mit deren Aufgang die Jahre berechnet werden,1531 BA.t m bjA wsr.t m tA Bat (weiblicher Ba) am Himmel, die Mächtige auf Erden, aA(.t) snD m sdg(.t)-XA.wt mit großer Ehrfurcht in ‚Die die Leichen verbirgt‘ (= Totenreich),1532 wa.t wr.t nb(.t) die Einzigartige, die Große, die Herrin, iar.t(?)1533 iqr(.t) sxr.w n nswt die Uräusschlange(?) mit trefflichen Plänen für den König, aHa HqA Hr ns.t [Hr Dd=s1534 … … … … …] [auf deren Worte hin] der Herrscher den Thron besteigt […]. Kol. 7: wD.n=s MHn Sie weist Mehen (die Ringelschlange/Uräusschlange) demjenigen zu, n Abj ib=s xrp.n=f tA.wj m nDy.t den ihr Herz wünscht,1535 damit er die Beiden Länder führt als Untertanen,1536 Sn r Aw=f Sn.tw m Sn=s der Erdkreis in seiner Ausdehnung ist umfaßt in ihrem Umkreis, tA Dr=f arf m Am=s die ganze Erde ist umschlossen in ihrem Griff,1537 Sn n itn n=s imj der Umkreis der Sonnenscheibe gehört ihr, 1529 Damit ist sicherlich Osiris-Orion gemeint, der am Himmel von Isis-Sothis gefolgt wird. Orion geht ca. eine Stunde vor Sirius auf und nimmt etwa dieselbe Bahn am Himmel, siehe LEITZ, Nacht des Kindes, S. 152, Anm. 84. Vgl. zu dieser Passage auch Assuan-Hymne 5; Dend. Isis, 151, 13–152, 8; Dend. XIV, 210, 11–211, 5, mit ähnlichen Formulierungen. 1530 Vgl. Assuan-Hymne 5. 1531 LEITZ, Nacht des Kindes, S. 152, (57), versteht trotz der eindeutigen Schreibung: Hsb.t rnp.wt „die die Jahre berechnet“. M. E. geht es jedoch darum, daß allgemein die Jahre jeweils ab dem Aufgang der Sothis gerechnet werden, da dieses Ereignis den Jahresbeginn markiert. 1532 Siehe Wb IV, 372, 6. 1533 Es ist nicht eindeutig zu sagen, ob die Kobra separat als eigenes Wort zu lesen ist, oder noch als Determinativ zu nb(.t) gehört. 1534 Ergänzt nach Parallelen, vgl. LGG II, 193a. 1535 CAUVILLE, Dend. Pronaos Analyse, S. 22, ignoriert und übersetzt falsch: „Was sie befiehlt ist, was ihrem Herzen gefällt“. 1536 Ebenfalls von CAUVILLE, Dend. Pronaos Analyse, S. 22, falsch übersetzt. 1537 Vgl. zu den beiden parallelen Aussagen auch die Hymne Dend. II, 105, 11–106, 2.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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nmt.t Axw xfa m xfa=s das Schreiten des Leuchtenden (= der Sonne) ist gefaßt in ihrer Faust, nswj.t m [rsj] bjtj[.t] m mH.t die oberägyptische Königin im [Süden], die unterägyptische Königin im Norden, imn.t.t iAb.t.t Xr wD=s Westen und Osten sind unter ihrem Befehl, pa.t1538 m xt=s wpw.tj.w m Sms=s die Pat-Menschen sind hinter ihr, die Botendämonen sind in ihrem Gefolge, Ax.w mwt.w Hr/Xr1539=s die Verklärten und die Toten sind unter ihr, nb(.t) pr-nswt Hnw.t HA.t -xt(?) die Herrin des Königspalastes, die Gebieterin des Anfangs(?) und der Zukunft(?),1540 rA-a pH.wj [H]A(?) […]=s bis zum Ende hinter(?) ihr[…] (?). Kommentar: Dieser lange Text im Eingang zum Erscheinungssaal (Z) bildet das Pendant zu einer homogen gestalteten Inschrift für Hathor in der rechten (östlichen) Türlaibung.1541 Die linke Türlaibung fokussiert nach der Nennung der Stadt mit ihren Hauptgöttern Hathor und Horus (Kol. 1, hier nicht übersetzt) auf der Bedeutung von Isis für Dendara (Kol. 2): sie wurde dort geboren als schwarzrote Frau, woraufhin die Sonne am Himmel aufging. Die 3. Kol. widmet sich dem König, doch der restliche Text (Kol. 4–7) ist ganz an Isis gerichtet, wobei die lokaltypischen Themen aufgegriffen werden: das Geburtsszenario (Kol. 4), das anschließende Fest zu Ehren der geborenen Allherrin und Erbin Ägyptens, das von Dendara, aber auch von Himmel, Erde und den Göttern begangen wird (Kol. 5). In Kol. 6 wird Isis’ Erscheinungsform als Sothis beschrieben, die für die Fruchtbarkeit des Landes sorgt und als Stern hinter ihrem Bruder Osiris-Orion am Himmel entlangzieht und damit die Jahresrechnung festlegt, aber auch ihre Herrschaft über die drei Bereiche Himmel, Erde und Unterwelt, sowie – im irdischen Bereich – über den Königsthron. Die letzte Kolumne ist zu Beginn etwas dunkel in der Bedeutung, da nicht ganz klar ist, wie Mehen hier in den Kontext paßt, und ob sich der nächste Satz mit dem maskulinen Suffixpronomen tatsächlich auf ihn bezieht. Möglicherweise liegt die Erklärung in der langen Zerstörung am Ende von Kol. 6. Der übrige Text führt jedoch klar die Beschreibung von Isis’ universalem Herrschaftsbereich (aus Kol. 6) mit seinen verschiedenen Konstituenten auf räumlicher, personeller und zeitlicher Ebene fort: der Sonnenlauf, die ganze Erde mit den vier Himmelsrichtungen, Menschen, Genien/Dämonen, Verklärte und Tote, Anfang und Ende; leider ist der Schluß des Textes durch die Zerstörungen unverständlich. 1538 Möglicherweise liegt hier eine Verschreibung für xAtj.w oder SmAy.w vor, da dies besser in den Kontext passen würde, vgl. z. B. den Text Dend. XIII, 26, 7–28, 3. 1539 Zum Wechsel von H und X siehe KURTH, Einführung I, S. 527, § 21.3. 1540 Sehr unsichere Deutung. 1541 Dend. IX, 16–17; vgl. R. PREYS, Les montants du Per-Nou et la Fête de la Bonne Réunion à Dendera, in: RdÉ 51, 2000, S. 195–221, wo er einen Paralleltext behandelt.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Dend. IX, 167, 11–16 Dendara, Haupttempel, Nebenraum B’ (sH = „Kapelle“ oder Magazin) des Erscheinungssaals, Bandeau-Inschrift des Frieses, linke (südliche) Seite –
Text: nswj.t bjtj.t %pd.t m s.t Ra Die Königin von Ober- und Unterägypten, Sothis am Sitz des Re,1542 mH(.t) p.t tA m nfr.w=s die Himmel und Erde mit ihrer Schönheit erfüllt, HqA.t HqA(.t) Hp.tj itj.t n iA.wt die Herrscherin, die die Welt beherrscht, die Fürstin der Hügel/Stätten, xbj(.t) in.w m Sn n itn die Abgaben einzieht aus dem Umkreis der Sonnenscheibe, nswj.t n sxm.w die oberägyptische Königin der (göttlichen) Mächte, bjtj.t n tpj.w-a die unterägyptische Königin der Vorfahren, n aHa Hr ns.t m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung niemand auf den Thron steigt. tpj.t pw (m-)hAw njw.wt spA.wt Die Erste vor/in den Städten und Gauen ist es, Hna sA=s sn=s imj-wt=sn mit ihrem Sohn und ihrem Bruder zwischen ihnen, wr.t m p.t HqA(.t) xAbAs.w die Große im Himmel, die Herrscherin der Himmelsleuchten, irj irf xAtj.w Hr Dd=s auf deren Worte hin die Schlächter-Dämonen1543 handeln, dr=s aSA(.t) Xr HA.t anD.t auf daß sie die Vielen von den Wenigen abwehrt, dj=s iTj wa xA.w und daß sie einen (Einzelnen) Tausende ergreifen läßt,1544 nb.t Xnw xnt xA-wr.t die Herrin der Residenz, die an der Spitze der Großen Halle1545 ist,
1542 Ein Heiligtum des Re im Norden von Dendara, vgl. GDG V, S. 82; hier möglicherweise auf Dendara insgesamt bezogen. 1543 Abwehrende und Krankheit bringende Boten, die in erster Linie der Sachmet zugeordnet werden, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 705–706; VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 27 u. 50–55; M. A. STADLER, Der Totenpapyrus des Pa-Month, SAT 6, Wiesbaden 2003, S. 74–75 (jeweils mit weiteren Literaturverweisen). 1544 Siehe zu dieser Stelle LGG I, 479a, [1]. 1545 Es handelt sich um eine Halle des Königs (vielleicht Thronsaal o. ä.?), vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 700; Wb III, 221, 20.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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anx mwt Xr s.t-rA=s unter deren Befehl Leben und Tod sind, nb.t qrs Hnw.t smA-tA die Herrin der Bestattung, die Gebieterin des Begräbnisses, rdj(.t) sA=s iw/r s.t it=f die ihren Sohn auf den Thron seines Vaters bringt. Hsj=s sA=s mrj=s sA Ra nb xa.w [( ) Hr s.t @r xnt kA.w anx.w mj Ra D.t Möge sie ihren geliebten Sohn loben, den Sohn des Re, den Herrn der Erscheinungen [( ), auf dem Sitz des Horus, an der Spitze der Lebenden Ka-Mächte, wie Re, ewiglich. Kommentar: Die linke Friesinschrift des mittleren Nebenraumes auf der Ostseite des Erscheinungssaals ist nominell Sothis gewidmet, doch macht der Inhalt nur allzu deutlich, daß Sothis als Aspekt der Isis gemeint ist, die selbst nicht genannt wird. Spätestens die Erwähnung ihrer Beziehung zu Bruder und Sohn macht die Identifizierung sicher. Entsprechend fällt in der rechten Hälfte dieses Bandeau-Textes der Name Hathors nicht,1546 doch ist sie sicherlich dort gemeint. Obige Inschrift erscheint insofern besonders interessant, als sie offenbar nicht auf das ‚typische‘ Repertoire für die tentyritische Isis zurückgreift, dessen Formulierungen in der Mehrzahl der Türlaibungen und Bandeau-Inschriften in mehr oder weniger ähnlicher Weise immer wieder begegnen (z. B. die Thematik der Isisgeburt, das Königtum). Hier werden zwar auch vereinzelte Phrasen verwendet, die den gängigen Konzepten entsprechen,1547 ein Großteil aber ist für Dendara eher ungewöhnlich; so wird im zweiten Teil Isis’ eher düstere und kämpferische Seite, die sie implizit mit Sachmet gleichsetzt, betont sowie ihre Rolle bei der Bestattung erwähnt, die zwar seit alters her ein zentrales Element der Göttin ist,1548 in Dendara jedoch (außerhalb der Osiristexte) sonst kaum Bedeutung hat. Beide Charakterzüge passen tatsächlich auch zum Sothis-Aspekt (wenngleich sie in den hier behandelten Texten hinter der Jahres-, Himmels- und Überschwemmungsthematik meist weit zurücktreten), denn diese kann sowohl das Sonnenauge (als Gefährliche Göttin) verkörpern1549 als auch die Rolle als Amme und Erneuerin des Toten annehmen.1550 Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie
Dend. XI, 4, 6–10; Taf. 1 u. 9 Dendara, Haupttempel, Nebenraum D‘ (pr-HD = Schatzhaus) des Erscheinungssaals, Tür, Außenseite, linker (nördlicher) Türpfosten –
1546 Dend. IX, 167, 5–9. 1547 Z. B. „die Himmel und Erde mit ihrer Schönheit erfüllt“, „oberägyptische Königin…unterägyptische Königin…“, „ohne deren Kenntnis niemand auf den Thron steigt“ usw. 1548 Vgl. MÜNSTER, Isis, S. 22–79. 1549 Vgl. VON LIEVEN, Scheiben am Himmel, S. 280; QUACK, Goddess Rising, bes. S. 286–290; vgl. auch ID., Monumentaldemotisch, S. 109, Anm. 14; 116, Anm. k. 1550 Vgl. MÜNSTER, Isis, S. 78–79.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: Kol. 1: nD Hr=T HqA.t sA.t Gbb dj(.t) r tA m IA.t-dj Sei gegrüßt, Herrscherin, Tochter des Geb, die zur Welt gebracht wurde in Iat-di, sA.t nTrj(.t) bsj(.t) m Nw.t die göttliche Tochter, die hervorgekommen ist aus Nut, Kol. 2: hrw grH nxn m sS=f am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest, wa.t wr.t nb(.t) iar.t(?)1551 die Einzigartige und Große, die Herrin, die Uräusschlange(?), n aHa HqA m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung der Herrscher nicht (den Thron) besteigt, nswj.t m die oberägyptische Königin im Kol. 3: bjA bjtj.t m tA Himmel, die unterägyptische Königin auf der Erde, HqA.t m imn.t.t iAb.t.t die Herrscherin im Westen und Osten, mw.t-nTr n.j.t bjk nbw.t Hm.t nswt tpj.t n die Gottesmutter des Falken der Goldenen, die Erste Königliche Gemahlin des Kol. 4: [(Wn-nfr mAa-xrw) [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di. Htp Hr=T nfr n sA Ra nb xa.w [( ) Möge dein vollkommenes Antlitz gnädig sein dem Sohn des Re, dem Herrn der Erscheinungen [( ). Kommentar: Die Hymne fügt sich sowohl inhaltlich als auch was einzelne Formulierungen angeht, klar in die Reihe der tentyritischen Isishymnen ein, vgl. z. B. diejenige auf dem Türpfosten der Sistrumkapelle (Dend. III, 38, 2–5, siehe oben). Die zentralen Themen sind entsprechend: – Geburt und Eltern – Herrschaft über Königtum, und selbst Königin in allen Himmelsrichtungen – Mutter des Horus, Gattin des Osiris Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Inhalt
Dend. XI, 6, 2–8; Taf. 10 Dendara, Haupttempel, Nebenraum D‘ (pr-HD = Schatzhaus) des Erscheinungssaals, linke (nördliche) Türlaibung – 1 Textkolumne für den König, 2 für Isis.
1551 Möglicherweise bildet die Kobra nur das Determinativ zu nb.t, vgl. oben, Anm. 1533 zum Text Dend. IX, 18, 11–20, 6.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: – Text Isis (6, 5–8): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr ir.t Ra nb(.t) p.t Isis, die Große, die Gottesmutter, das Auge des Re, die Herrin des Himmels, Hnw.t nTr[.w nb.w nswj].t n sxm.w die Gebieterin [aller] Götte[r, die oberägyptische König]in der göttlichen Mächte, bjtj.t n Drtj.w die unterägyptische Königin der Ahnen, HqA.t HqA(.t) iA.wt n tA die Herrscherin, die die Stätten der Erde beherrscht, mw.t-nTr n bjk n nbw die Gottesmutter des Falken des Goldes, Hm.t 1552 tpj.t n [(Wn-nfr mAa-xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), Kol. 3: itj.t(?) n tpj.w-a xnt itr.tj die Fürstin der Vorfahren, die an der Spitze der Beiden Heiligtümer (Ägypten) ist, wD(.t) mdw m sxm.w die Befehle erteilt in den Heiligtümern, Sps.t wsr.t n k.t Hr xw=s die Edle und Mächtige, der keine gleichkommt, n hb aH [m xm]=s ohne deren [Kenntnis/Zustimmung] man nicht den Palast betritt, wr.t m p.t HqA(.t) xAbAs.w die Große am Himmel, die Herrscherin des Sternenheers, wa.t xnt psD.t aA.t die Einzigartige an der Spitze der Großen Neunheit. Kommentar: Auch in dieser Inschrift wiederholen sich zentrale Aspekte der Isis von Dendara: Ihre familiäre Grundkonstellation, die sie als Mutter des Horus und Gattin des Osiris zeigt, wird im Zusammenhang mir ihrem Herrschaftsaspekt betont. Sie hat die Herrschaft über verschiedene Wesenheiten sowie Himmel und Erde inne und befiehlt über den Thron und in den Heiligtümern.
1552 Verschreibung zu einem seltsamen Zeichen.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie Parallelen
Dend. XI, 60, 5–10; Taf. 48 Dendara, Haupttempel, Nebenraum E‘ (Hrj.t-ib „Mittlere (Kammer)“) des Erscheinungssaals, Tür, Außenseite, linker (nördlicher) Türpfosten CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 19–24 (Synopse) Philä I, 6; I, 72 (einzelne Phrasen); Philä I, 168–169 (kleiner Teil, inhaltliche, aber nicht wörtliche Parallele); Edfu III, 69, 17–70, 3; Edfu V, 226, 13–227, 9; Edfu VIII, 64; Dend. I, 20, 14–21, 5; Dend. III, 35, 9–11; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XII, 28, 13–32, 7; Dend. XIII, 26, 7–28, 3; Dend. XIII, 73, 14–74, 1; Dend. Isis, 78, 16–79, 5; pTebt. H I, X 1, 3–3, 21553
Text: Kol. 1:
Kol. 2:
Kol. 3:
nswj.t bjtj.t HqA.t mw.t-nTr Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Herrscherin, die Gottesmutter, Hm.t nswt tpj.t n [(Wn-nfr.w mAa-xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), %pd.t m Abw bsj(.t) srf m stj Sothis in Elephantine,1554 die das Wasser aus dem Bein führt, r baHj tA.w nb.w m nfr.w um die alle Länder mit Vollkommenheit zu überschwemmen, @dd.t m BHd.t @wr.t m Nxn Hededet in Edfu,1555 Huret(?)1556 in Hierakonpolis, *nn.t Hrj-ib Iwnw Sma Iwn(j).t m Iwn.t Tjenenet residierend im (südlichen) On (= Armant), Iunit in Dendara,1557 irj(.t) m xnt=f(sic!) m Hb aA n ndb die darin geboren ist am großen Fest des ganzen Landes,1558 As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter, HqA.t xnt njw.t-¢prj die Herrscherin an der Spitze von der ‚Stadt des Chepri‘ (= Abydos),1559 %SA.t m Wnw @q.t m @r-wr WADj.t wsr.t m @r-dw Seschat in Hermopolis, Heket in Her-wer,1560 Uto, die Mächtige, in Hardai.1561
1553 Liste nach CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19. 1554 Hier beginnt die Parallele zur kulttopographischen Litanei (Dend. Isis, 78, 16–79, 5 mit Parallelen), allerdings mit einer langen Partizipialphrase als Erweiterung. 1555 Vgl. Litanei Dend. I, 20, 14–21, 5. 1556 Ein Beiname der Nechbet von Elkab mit unbekannter Bedeutung, siehe LGG V, 107; Wb III, 56, 6. Vgl. Litanei Dend. Isis, 78, 16–79, 5: Nxb.t m Nxb. 1557 Vgl. Litanei Dend. I, 20, 14–21, 5. 1558 Erweiterung, inhaltlich ähnlich in Dend. I, 20, 14–21, 5; Dend. XIII, 26, 7–28, 3. 1559 Zum Toponym siehe GDG III, S. 80. Vgl. Dend. Isis, 78, 16–79, 5: As.t m AbDw; Dend. I, 20, 14–21, 5: HqA.t m AbDw; Dend. XIII, 26, 7–28, 3: As.t wr.t xnt njw.t-¢prj. 1560 Vgl. Dend. Isis, 78, 16–79, 5. 1561 Vgl. Dend. Isis, 78, 16–79, 5: WAD(j).t m @r-dj.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Kol. 4:
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nts pw wn(.t) m njw.t nb(.t) Sie ist es, die in jeder Stadt ist, Hna sA=s @r Hna sn=s Wsjr zusammen mit ihrem Sohn Horus und ihrem Bruder Osiris,1562 As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter. Htp Hr=s nfr n sA Ra [( ) Möge ihr vollkommenes Antlitz gnädig sein dem Sohn des Re [( ).
Kommentar: Es handelt sich um einen Paralleltext der langen kulttopographischen Isis-Litanei, die hier auf den vorhandenen Platz angepaßt wurde, indem nur Teile der oberägyptischen Abfolge (allerdings in der richtigen Reihenfolge) übernommen und teilweise noch mit Erweiterungen versehen wurden, die für die Theologie von Dendara selbst offenbar bedeutsam erschienen: Erstens wird die Funktion von Sothis näher erläutert, da diese als Aspekt der Isis eine zentrale Rolle in Dendara einnimmt, zweitens natürlich Dendara selbst als Geburtsort der Isis näher beschrieben. Auf dem rechten Türpfosten befindet sich erwartungsgemäß eine Titelreihe der Hathor,1563 die jedoch keine geographische Auflistung enthält. Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie Inhalt
Dend. XI, 61, 10–62, 3; Taf. 49 Dendara, Haupttempel, Nebenraum E‘ (Hrj.t-ib „Mittlere (Kammer)“) des Erscheinungssaals, linke (nördliche) Türlaibung – 1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
Text: – Text Isis (61, 13–62, 3): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr ir.t Ra nb(.t) p.t Isis, die Große, die Gottesmutter, das Auge des Re, die Herrin des Himmels, Hnw.t nTr.w nb(.w) sA.t Gbb irj(.t).n Nw.t die Gebieterin aller Götter, die Tochter des Geb, die Nut geboren hat, dj(.t) r tA m IA.t-dj die zur Welt gebracht wurde in Iat-di, psD(.t) m p.t tp tr=s n rnp.t die am Himmel erglänzt jedes Mal zu ihrer Zeit des Jahres, inj(.t) Hapj r baHj tA.wj die die Nilflut bringt, um die Beiden Länder zu überschwemmen, sTj(.t) srf r sw=f die das Wasser ausgießt zu seiner Zeit, r sfsf Aw(.t) r wAH ix.t n sxm.w um Speisen zu spenden und Opfergaben darzubringen für die göttlichen Mächte, 1562 Vgl. Dend. Isis, 78, 16–79, 5: nts pw wn(.t) m njw.t nb(.t) spA.t nb(.t) Hna sA=s @r Hna sn=s Wsjr. 1563 Dend. XI, 59, 11–60, 3.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 3: iw/r sqbb ib.w n imj.w IA.t-dj um die Herzen derer, die in Iat-di sind, zu erfrischen, r twr tj.t n D.t=sn um das Tempelgemach für ihre Leiber zu reinigen, (r) baHj Sna m ix.t nb.t nfr(.t) (um) die Küche1564 mit allen guten Dingen zu überfluten, r drp abA n psD.t um den Speisetisch der Neunheit zu beschenken, r irj ix.t n Drtj.w imj.w &A-rr um Opfer zu bereiten für die Ahnen(götter), die in Dendara sind, ij ib=sn m nfr.w auf daß ihre Herzen kommen in Vollkommenheit, Xnm bA=sn Hr bs=sn ra nb auf daß ihre Bas mit ihren Götterbildern vereinigt sind, jeden Tag, Htp=sn m Htp.w=sn und daß sie zufrieden sind mit ihren Opfergaben. Kommentar: Der Text beginnt mit den Titeln der Isis und geht schnell zu der Funktion der Isis-Sothis als Bringerin der Nilflut und damit der Fruchtbarkeit des Landes über. Diese Erträge wiederum garantieren die steten Opfergaben für die verschiedenen Götter des Tempels, die ab dem Ende von Kol. 2 im Mittelpunkt des Textes stehen. Diese Thematik ist abhängig von der Lage und Funktion des Raumes E’ selbst, durch den die Priester im täglichen Tempeldienst das Wasser in das Innere des Tempels brachten: Er besitzt eine Tür nach außen in Richtung zum Brunnen/Nilometer und heiligem See.1565 Text/Hauptpublikation Anbringungsort
Bibliographie Inhalt
Dend. XI, 139, 13–140, 5; Taf. 101 Dendara, Haupttempel, Nebenraum F‘ (sH = „Kapelle“ od. Magazin) des Erscheinungssaals, Eingang, linke (nördliche) Türlaibung CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 290 (Übersetzung) 1 Kolumne für den König, 2 für Isis.
1564 Zur genauen Bedeutung von (pr-)Sna als Lebensmittelproduktionsstätten (anstatt dem häufig angegebenen einfachen „Speicher, Magazin“) siehe P. ANDRÁSSY, Das pr-Sna im Alten Reich, in: SAK 20, 1993, S. 17–35, mit Angabe weiterer Literatur. 1565 Siehe dazu P. ZIGNANI, Enseignement d’un temple égyptien. Conception architectonique du temple d’Hathor à Dendara, Lausanne 2008, S. 63–64 u. 49, Abb. 2.20.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: – Text Isis (140, 1–5): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr{.w} ir.t Ra Isis, die Große, die Gottesmutter, das Auge des Re, nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb.w die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, nb(.t) pr-nswt Hnw.t iar.t die Herrin des Königspalastes, die Gebieterin der Uräusschlange, nn hb aH.t m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung man nicht den Palast betritt, aHa HqA Hr Hmr Hr Dd=s auf deren Worte hin der Herrscher den Thron besteigt, rhn nTr.w nTr.wt Hr md.t=s auf deren Rede sich Götter und Göttinnen stützen/verlassen, Kol. 3: irj(.t) m Iwn.t m grH nxn m sS=f die geboren wurde in Dendara in der ‚Nacht des Kindes in seinem Nest‘, m {nb} wr n tA Dr=f an dem großen Fest des ganzen Landes. Tnj-s(j) ^Aw nn [prj=s]1566 m X.t Schai erhebt sie, als sie (noch) nicht aus dem Leib herausgekommen ist, Hsj(.t) Ra {f?}1567 r skm Dt Re preist (sie) (?), um die Ewigkeit zu vollenden, Dd=f n=s itj.t nn wbn=s er sagt zu ihr ‚Fürstin‘, als sie (noch) nicht erschienen ist,1568 HqA.t iw n papa.tw=s ‚Herrscherin‘, als sie (noch) nicht geboren ist. Kommentar: Der Text konzentriert sich ganz auf die königliche Macht der Isis, welche sie bereits vor ihrer Geburt innehat und sie auch zur Königsmacherin für den irdischen Herrscher werden läßt.1569
1566 Vgl. zur sinngemäßen Ergänzung CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 290; Dend. III, 38, 5. 1567 Hier scheint der Text verderbt zu sein. Vielleicht deutet das überflüssige f darauf hin, daß hier eigentlich it=s „ihr Vater“ stehen sollte? 1568 Dieser ganze Teil wird in der Übersetzung von CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 290, ausgelassen. 1569 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 290–291. Ausführlich zu diesem Thema: NAGEL, Isis und die Herrscher.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Monumentale Bandeau-Inschriften und eine Monumentalszene an den Außenwänden des Naos Text/Hauptpublikation Dend. XII, 2, 2–12; Taf. 4–5; S. XII Anbringungsort Dendara, Haupttempel, Naos, südliche Außenwand (H‘), Soubassement-Inschrift, linke (westliche) Seite Bibliographie CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 19–24 (Synopse); 271–272 (teilweise); 284–287 (Synopse); 359 (nur teilweise); LEITZ, Nacht des Kindes, S. 152, (58) (nur teilweise) Parallelen a) Dend. XIV, 146, 3–14; Dend. XV, 337, 10–14; Dend. Isis, 78, 4–8; 327, 17–328, 2 b) Assuan-Hymne 3; Kalabchah I, 15–16; Dend. XIV, 146, 3– 14; Dend. Isis, 327, 5–91570 c) Philä I, 6; I, 72 (nur einzelne Phrasen); Philä I, 168–169 (nur kleiner Teil, inhaltliche aber nicht wörtliche Parallele); Edfu III, 69, 17–70, 3; Edfu V, 226, 13–227, 9; Edfu VIII, 64; Dend. I, 20, 14–21, 5; Dend. III, 35, 9–11; Dend. XI, 60, 5–10; Dend. XII, 28, 13–32, 7; Dend. XIII, 26, 7–28, 3; Dend. XIII, 73, 14– 74, 1; Dend. Isis, 78, 16–79, 5; pTebt. H I, X 1, 3–3, 21571 Text: anx @r.t-Ra(.t) wr.t papa(.t) m Iwn.t Es lebe der Weibliche Horus-Re, die Große, geboren in Dendara, r gs imntj n Hw.t-sSS.t auf der Westseite des ‚Hauses des Sistrum‘ (großer Dendaratempel),1572 wbn BHD.tj m p.t m ixxw Behedeti ist aufgegangen am Himmel in der Dämmerung, Dr irj.tw=s m hrw grH nxn m sS=f nachdem sie geboren wurde am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest m s.t km.t Xnm(.t) anx als schwarz Frau,1573 die mit Leben erfüllt ist, itj.t n nTr.w Hnw.t HkA.w die Fürstin der Götter, die Gebieterin der Zauberkraft. Dd mw.t=s r=s is nwj r(=i) mw.t=T (?) Ihre Mutter sprach über sie: ‚Siehe, ich bin wirklich deine Mutter! (?)‘.1574 xp(r) rn=s pw n As.t Das ist, wie ihr Name Isis entstanden ist. Tnj-s(j) ^Ay Hrj-tp msxn.tj Schai hat sie (schon) auf den Geburtsziegeln erhoben,1575 1570 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 285. 1571 Liste nach CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19. 1572 Vgl. zu dieser Lagebeschreibung von IA.t-dj auch das Inventar in der „Archivkrypta“: Dend. VI, 155, 15–159, 2, siehe oben; und Dend. Isis 327, 17–328, 2. 1573 Emendation nach den Parallelen (a). 1574 Zur Diskussion um die Übersetzung dieser Stelle, vgl. die Parallele Dend. Isis, 78, 4–8 (a)).
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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nxb n=s ©Hwtj nxb.t m Dd Thoth setzt für sie die Titulatur fest, mit den Worten:1576 r.t-pa.t sA.t Gbb HA.tj.t-a sA.t MrHy Prinzessin, Tochter des Geb, Fürstin, Tochter des Mereh-Stiers, mTA.t sA.t ©Hwtj mAA.tj @r die Wesirin, die Tochter des Thoth, die Horus sieht, mrj(.t) BA wDA(.t) $nmw(?) geliebt vom Bock (Ba), die Pflegerin(?) des Chnum(?),1577 wr(.t) Hsw.t 1578 Hts groß an Gunst, groß an Vollendung, Dr.t-nTr Hm.t Hm.t nswt die Gotteshand, die Gottesgemahlin, die Gemahlin des oberägyptischen Königs, Hm.t bjtj Hm.t wr.t die Gemahlin des unterägyptischen Königs, die Große Gemahlin, nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr nbw.t nb.t Iwn.t ir.t Ra) die Königin von Ober- und Unterägypten [(Isis, die Große, die Gottesmutter, die Goldene, die Herrin von Dendara, das Auge des Re).1579 nb(.t) tp-rnp.t Imn.t MnH(j).t Rnp.t Herrin des Jahresanfangs, Amaunet, Menhit, ‚Jahr‘,1580 %pd.t *nn.t Iwn(j).t As.t %SA.t @q.t WAD(j).t mrj(.t) sxn Sothis, Tjenenet, Iunit, Isis, Seschat, Heket, Uto, die das Ereignis/Glück (?) liebt, Rnp.t nb.t anx *j.t(?)1581 sDm(.t)-nb StA.t ‚Jahr‘, die Herrin des Lebens, die Dauernde(?), die den Herrn hört, die Geheime, Py.t _p.t N.t WAD(j).t ¢ns.t As.t m spA.t nb(.t) Pyt, Depet, Neith, Uto, Chenset, Isis in jedem Gau. nts pw nb(.t) njw.wt spA.(w)t Sie ist die Herrin der Städte und Gaue, Hna sA=s @r sn=s Wsjr zusammen mit ihrem Sohn Horus und ihrem Bruder Osiris.
1575 1576 1577 1578 1579
Vgl. zu diesem Abschnitt (ab Dd mw.t=s) Dend. Isis, 78, 4–8 (a)). Vgl. zu dieser Stelle und dem Folgenden die Titulatur-Parallelen (oben, b)). Vgl. den Kommentar zu diesem Epitheton in der Parallele Assuan-Hymne 3, Kap. 4.2.1.A, Anm. 566. Ergänzt nach den Parallelen (b). Diese Titel sind in den Parallelen unterschiedlich gestaltet und nur hier gibt es Zusätze innerhalb der Kartusche. Diese verweisen auf Hathor. Dend. Isis, 327, 5–9: nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr) nb(.t) IA.t-dj Hrj(.t)-ib Iwn.t sA.t Nw.t m Hw.t-Nw.t. Assuan-Hymne 3 und Kalabchah I, 15–16: nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr) Hm.t nswt tpj(.t) n [(Wnn-nfr mAa xrw). 1580 Mit dieser Sequenz beginnt die Parallele zur kulttopographischen Litanei (Textzeugen oben unter c)), deren Hauptzeuge Dend. Isis, 78, 16–79, 5 ist. Allerdings werden im Gegensatz dazu hier nur die Göttinnen-Namen aufgezählt, ohne die Nennung der zugeordneten Toponyme. 1581 Ob hier trotz der seltsamen Schreibung auch ©d.t gemeint ist wie in den Parallelen? Sonst zumindest weicht der Text nirgends gänzlich von den sonst genannten Bezeichnungen ab, bringt höchstens Verkürzungen.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Htp=s Hr mnw pn nfr irj n=s @r.t (…) [(QljwpAdrA.t) (…) [(Ptwlmys) (…) [(Ky[srs]) Sie ruht/möge ruhen/möge zufrieden sein in/über dieses schöne Denkmal, das für sie gemacht hat: Weiblicher Horus (…) [(Kleopatra) und (…) [(Ptolemaios) (…) [(Kaisaros).1582 Kommentar: Die linke Hälfte der Soubassement-Inschrift, die sich auf der Südaußenwand des Naos befindet, also direkt dem dahinter liegenden Isis-Tempel zugewandt ist, vereinigt die wichtigsten Elemente der tentyritischen Isis-Theologie mit Hilfe von Versatzstücken der dafür zentralen Texte, die jeweils in mehreren Parallelen vorliegen. Diese Elemente sind: 1. Geburt der Isis: Ort, Zeit, Aussehen und Eigenschaften d. Isis, Namensgebung (a)1583 2. Königtum: Direkt auf die Geburt folgt die Einsetzung der Isis als Königin durch: Erhöhung durch Schai, Verleihung der Titulatur durch Thoth (b) 3. Herrschaft über ganz Ägypten in den Formen aller Göttinnen: Als Königin von Ober- und Unterägypten, wie sie in der Titulatur genannt wird, ist Isis die oberste Göttin jedes Gaus und jeder Stadt und wird mit den Namen aller Göttinnen verehrt – mit einem Text, der im innersten Sanktuar sowohl des Isis- als auch des Hathortempels eine bedeutende Stellung einnimmt (c). Die rechte Hälfte dieser Inschrift1584 beginnt ähnlich wie der Schluß der linken Hälfte mit der Titulatur von Kleopatra VII., gefolgt von ihrem weniger ausführlich betitelten Sohn Kaisarion. Kleopatra wird damit praktisch als irdische Königin der Königin Isis gegenübergestellt.1585 Der lange Rest der rechten Hälfte behandelt Hathor. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. XII, 3, 4–9; Taf. 14–16; S. XII Dendara, Haupttempel, Naos, südliche Außenwand (H‘), Friesinschrift, linke (westliche) Seite LEITZ, Nacht des Kindes, S. 148, (51) (nur teilweise); CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 272; 359–360
Text: anx @r.t-Ra(.t) rpa.t.t sA.t rpa.t Es lebe der weibliche Horus-Re(?), die Prinzessin, Tochter des Prinzen (Geb), As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter, Hm.t nswt tpj.t nj.t [(Wn-nfr mAa-xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), mw.t-nTr nj.t bjk n nbw die Gottesmutter des Falken des Goldes. 1582 Es steht eine ausführliche Titulatur für Kleopatra VII., die einige Elemente mit der Titulatur der Isis gemeinsam hat, vgl. hierzu CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 286–287; EAD., Dend. XII, S. XII. 1583 Vgl. die unter den entsprechenden Buchstaben (a)–(c) angegebenen Parallelen oben in der Informationstabelle zum Text. 1584 Dend. XII, 1, 5–18. 1585 Vgl. auch CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 286–287; EAD., Dend. XII, S. XII.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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bX.n-s(j) mw.t=s tp tA n IA.t-dj Ihre Mutter hat sie zur Welt gebracht in Iat-di m hrw grH nxn m sS=f am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest, Dd.(j)n mw.t=s ir.t Ra r=s und ihre Mutter sagte ‚Auge des Re‘ im Hinblick auf sie.1586 @w.t-@r(?)1587 pw wr.t As.t pw kA=s m mAa.t Hathor(?) ist es, die Große. Isis ist wahrhaftig ihr Name.1588 Tnj.tw=s Hr msxn.tj Sie wurde erhoben/erhöht (schon) auf den Geburtsziegeln, wbn n=s Ra BHd.tj %mA-tA.wj m ixxw Dr papa.tw=s Re-Behedeti-Somtus ging für sie auf in der Dämmerung, als sie geboren wurde, irj=f n=s mjt.t Dr irj.n=s sA=s @r er handelte für sie ebenso, als sie ihren Sohn Horus gebar, Dr smA=s tA n sn=s nswt bjtj und als sie ihren Bruder, den König von Ober- und Unterägypten, bestattete,1589 nkA=s m xpr iw/r Hn.tj das, was sie ersinnt, ist das, was in Zukunft geschieht,1590 iw.n=s m xrw m sbx.t wr(.t) nachdem sie klagte mit (ihrer) Stimme am großen Torbau,1591 %SA.t wr.t SAa.t SAa(.t) spXr Seschat, die Große, die Uranfängliche, die das Schreiben begann,
1586 CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 359, liest zwar ebenfalls r=s, übersetzt jedoch „L’Oeil de Rê qu’elle est,…“. Vgl. auch Anm. 1588. 1587 . Man könnte auch „Isis“ lesen; so z. B. LEITZ, Nacht des Kindes, S. 148. 1588 Das Veständnis der ganzen Stelle ist etwas problematisch. Der letzte Teil muß ein 3-gliedriger pw-Satz sein, der vorangehende ein 2-gliedriger. Es ist nicht klar, ob alle Erklärungen noch zur wörtlichen Rede der Mutter gehören oder Erläuterungen des Textes sind. LEITZ, Nacht des Kindes, S. 148, übersetzt unter Auslassung von wr.t: „Das ist Isis (vgl. Anm. 1587). Isis ist ihr Name in Wahrheit.“ Auch die Übersetzung von CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 359, ist an einigen Stellen fraglich: „L’Oeil de Rê qu’elle est, c’est Hathor la grande, c’est Isis elle-même en vérité (As.t pw kA=s m mAa.t)“. Wieso macht sie aus r=s hinter „Auge des Re“ einen Relativsatz? Auch die Übersetzung von kA=s mit „elle-même“ erscheint seltsam. 1589 Vgl. zur Übersetzung auch CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 359. Vgl. zu dieser Passage die Szene Dend. Isis, 128, 12–129, 9, Beischrift der Isis: „…für die die Sonnenscheibe aufgeht am Himmel in der Morgendämmerung als Behedeti, der Buntgefiederte, ebenso wie als sie ihren Sohn gebar und als sie ihren Bruder Osiris bestattete.“ 1590 Vgl. LGG IV, 363c, zu einer ähnlichen Aussage über Thoth, ebenfalls auf der Naos-Außenwand Dendara. 1591 CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 359–360, liest iw aD=s (sw) m mdw m sbx.t wr.t „le ‚malheureux‘, elle (le) réconforte par (sa) parole à la porte monumentale“, was ich nicht wirklich nachvollziehen kann, zumal die Konstruktion äußerst umständlich scheint. Außerdem ist laut Dend. XII, 3, 8, geschrieben und nicht . Isis’ Klage (nach obigem Übersetzungsvorschlag) bezieht sich wohl auf den kurz zuvor angedeuteten Tod des Osiris; vgl. zum Klagegeschrei z. B. PETRIE, Koptos, Taf. 22/1, siehe Kap. 4.10.3, und das oKairo JdÉ 50266, siehe Kap. 6.3.2. Zur Bedeutung von sbx.t als Schrankenwände bzw. ein von Schrankenwänden umgebener Bau (Portikus, Kiosk, Mammisi…), in dem die Gottheit erscheint, siehe BUDDE, Götterkind, S. 369–373; ähnlich ELGAWADY, Schranken, S. 66–68.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
SAa(.t)1592 dj(.t) r tA m nTr.wt die Uranfängliche, die zur Welt gebracht wird unter den Göttinnen. Hsj=s nswt bjtj {nbw} tA.wj [(Awdgrdr) Möge sie loben den König von Ober- und Unterägypten, den Herrn der Beiden Länder [(Autokrator), sA rA nb xa.w [(KysrAs anx Dt mrj PtH As.t) xnt kA.w anx.w D.t den Sohn des Re, den Herrn der Erscheinungen [(Kaisaros, er lebe ewig, Geliebt von Ptah und Isis) (= Augustus), an der Spitze der lebenden Ka-Mächte, ewiglich. Kommentar: Auch die linke Seite der Friesinschrift thematisiert vor allem die Geburt der Isis, parallel zur Entstehung der Hathor aus Res Augen in der rechten Hälfte.1593 Der Aufgang des Sonnengottes nach Isis’ Geburt wird allerdings mit einer ungewöhnlichen Erläuterung im Kontext der Handlungen des Horus und der Bestattung des Osiris durch Isis verbunden. Es handelt sich also um einen kosmischen Zusammenhang, der sich an den anderen wichtigen Etappen des Mythos um Osiris, Isis und Horus wiederholt. Im weiteren Verlauf wird außerdem Isis’ Autorität sowie evtl. ihre Orakelfunktion1594 hervorgehoben, und sie wird als Erfinderin der Schrift mit Seschat identifiziert, was in Dendara häufig vorkommt.1595 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Inhalt der Szene
Dend. XII, 28, 13–32, 7; Taf. 22–23; S. XI Dendara, Haupttempel, Naos, südliche Außenwand (H‘), 1. Reg., linke (westliche) Seite, Monumentalszene BUDDE, Götterkind, S. 52–67, Dok. 6b; CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 19–24 (Synopse); S. 360 (nur teilweise) a) Dend. XII, 183, 9–12 b) Philä I, 6; I, 72 (nur einzelne Phrasen); Philä I, 168–169 (nur kleiner Teil, inhaltliche, aber nicht wörtliche Parallele); Edfu III, 69, 17–70, 3; Edfu V, 226, 13–227, 9; Edfu VIII, 64; Dend. I, 20, 14–21, 5; Dend. III, 35, 9–11; Dend. XI, 60, 5–10; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XIII, 26, 7–28, 3; Dend. XIII, 73, 14–74, 1; Dend. Isis, 78, 16–79, 5; pTebt. H I, X 1, 3–3, 21596 Pharao (Kaisarion) räuchert, hinter ihm Kleopatra VII. mit Sistrum und Menit, vor den Hauptgöttern von Dendara: Isis, vor der Harsomtus als Kindgott steht, Harsomtus (erwachsen) und die osirianische Triade mit Osiris, Horus und nochmals Isis. Die Szene nimmt in der Breite die ganze Wandhälfte und die Höhe von etwa 3 Registern ein.1597
1592 Oder wa(.t)? 1593 Dend. XII, 2, 15–3, 2; vgl. ibid., S. XII. 1594 Bzw. die Entgegennahme von persönlichen Gebeten? Die Sorge für persönliche Anliegen wäre dann durch die Formulierung mit ihrem eigenen mythischen Leid, der Klage um Osiris, assoziiert. 1595 Vgl. dazu BUDDE, Seschat, S. 163–165, bes. S. 163 zur Schrifterfindung. 1596 Liste nach CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19. 1597 Vgl. Dend. XII, S. XI.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: – Beischrift der 1. Isis (30, 7–14): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t (Rezitation:) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, nbw.t papa(.t) m Pr-nbw.t die Goldene, geboren im ‚Haus der Goldenen‘ (= Dendara),1598 irj.tw sn=s m WAs.t sA=s m Gsj.t (= Qjs) deren Bruder in Theben geboren wurde, ihr Sohn in Qus, sn.t=s mnx.t m @w.t-sxm und ihre vortreffliche Schwester in Diospolis (Hu),1599 Py.t nb(.t) Htp.w Ra.t nb(.t) DfA.w Pyt, die Herrin der Opfergaben, Sonnengöttin, die Herrin der Speisen, nb(.t) tA.wj nb(.t) t ir(.t) Hnq(.t) die Herrin der Beiden Länder, die Herrin des Brotes, die Bier bereitet, nb(.t) hy nb(.t) Haa.wt xnj.tw n Hm.t=s die Herrin der Freude, die Herrin des Jubels, für deren Majestät man musiziert, BHd.tj(.t) BA.t n Bwgm Behedetit (‚die von Edfu‘), Bat (weiblicher Ba) von Bugem,1600 nb.tj n Drtj.w sA.t itj.w die Beiden Herrinnen (= Königin) der Ahnen, die Tochter der Fürsten, Hm.t nswt wtT(.t) nTr nfr @r(?)1601 die Königsgemahlin, die den vollkommenen Gott Horus(?) erzeugt, iAx(.t) wr.t nj.t wr.t Hts die Glänzende, die Große derer mit großer Vollendung (?),1602 1598 Siehe KOCKELMANN, Toponymen- und Kultnamenlisten, S. 75–76. 1599 Vgl. zu diesem Abschnitt Dend. XII, 183, 9–12 (a), siehe unten. Seth wird hier ganz ausgelassen. 1600 Eine typische Bezeichnung der Hathor und Isis in Dendara, vgl. LGG II, 733b–c. Bugem ist eine Region im Sudan, die eng mit Tefnut verbunden ist und damit mit dem Mythos von der Fernen Göttin, vgl. GDG II, S. 20; BUDDE, Götterkind, S. 55, Anm. 258. 1601 Vielleicht ist auch nur Determinativ, so offenbar verstanden bei BUDDE, Götterkind, S. 55, m. Anm. 259, die zudem auf die Doppeldeutigkeit der Stelle (auf Horus respektive den König (Kaisarion) bezogen) hinweist. 1602 Nach BUDDE, Götterkind, S. 56, Anm. 260, ist mit der wr.t Hts die in der Szene dargestellte Königin Kleopatra VII. gemeint, da der gleiche Titel, den königliche Frauen bereits seit der Frühzeit tragen, auch in der Rede der Isis (Dend. XII, 30, 13) vorkommt und dort mit einer sitzenden Frau mit typischer Ptolemäerinnenkrone determiniert ist. Diese Krone trägt Kleopatra auch in der Szenendarstellung. Tatsächlich handelt es sich bei der Krone um die Kombination aus Hathorkrone und Doppelfeder, die auch die Vorstufe zu dem für Isis ab der Ptolemäerzeit typisch gewordenen Basileion bildet, vgl. dazu MALAISE, Basileion; ID., Coiffure hathorique; D. BUDDE, „Die den Himmel durchsticht und sich mit den Sternen vereint“. Zur Bedeutung und Funktion der Doppelfederkrone in der Götterikonographie, in: SAK 30, 2002, S. 57–102. So wird das gleiche Determinativ mit dieser Krone in der göttlichen Randzeile (Dend. XII, 32, 6) eindeutig für Isis (hinter der Bezeichnung als r.t-pa.t) verwendet. Es könnte nach ägyptischer Logik der Tempeldekoration durchaus auch möglich sein, daß sich das Epitheton hier (oben im Text) auf Isis, und in der Rede auf Kleopatra VII. bezieht, um Gottheit und Königin einander nahe zu bringen. Zu wr.t Hts als Bezeichnung der Isis siehe Assuan-Hymne 3 mit Parallelen, Kap. 4.2.1.A.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
n hb aH.t m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung man nicht den Palast betritt, Imn.t m WAs.t MnH(j).t m @w.t-sr Amaunet in Theben,1603 Menhit im Haus des Fürsten, Rnp.t rn=s m Hw.t-kA-PtH ‚Jahr‘ ist ihr Name im Haus des Kas von Ptah (= Memphis), @dd.t m BHd.t Iwn(j).t xnt Iwn.t @w.t-@r m spA.t nb(.t) Hededet in Edfu,1604 Iunit in Dendara, Hathor in jedem Gau. – Beischrift der 2. Isis (in der osirianischen Triade, 32, 2–5): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj (Rezitation:) Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, Hrj-ib Iwn.t nbw.t nTr.w xnt Iwn.t die in Dendara residiert, die Goldene der Götter an der Spitze von Dendara. irj.n-s(j) mw.t=s Nw.t tp tA m Hw.t-sSS.t Ihre Mutter Nut hat sie zur Welt gebracht im ‚Haus des Sistrums‘ (Dendara), hrw grH nxn m sS=f am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest: bjk.t nTrj(.t) HqA(.t) %nw.t das göttliche Falkenweibchen, die Herrscherin von Ägypten, Hm.t nswt tpj.t n [(Wn-nfr mAa-xrw) die Erste Königliche Gemahlin des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), Hnw.t nb(.t) Htp.w die Gebieterin und Herrin der Opfergaben, sDfA(.t) tA.wj sSm(.t) anx n tA pn die die Beiden Länder mit Speisen versorgt, die diesem Land Leben zuführt. – Göttliche Randzeile (32, 6–7): nswj.t bjtj.t sA.t Nw.t Die Königin von Ober- und Unterägypten, die Tochter der Nut, r.t-pa.t qmA(.t) n rpa.t die Prinzessin, erzeugt von dem Prinzen (Geb),1605 xaj n=s BHd.tj m bjA ixxw Behedeti erscheint für sie am Himmel in der Dämmerung, Dr bX.tw=s tp tA m &A-rr nachdem sie auf die Welt gebracht wurde in Dendara, nts xnt njw.wt Hna sA=s sn=s Sie ist an der Spitze der Städte, zusammen mit ihrem Sohn und ihrem Bruder, As.t wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter.1606 1603 Hiermit beginnt die Parallele zur kulttopographischen Litanei (b)). Vgl. bes. Dend. Isis, 78, 16–79, 5. 1604 Vgl. die Parallele Dend. I, 20, 14–21, 5. 1605 BUDDE, Götterkind, S. 59, liest hier fälschlich nochmals die weibliche Form („die Fürstin, die von einer Fürstin geschaffen wurde“). Ergänzend zu der zuvor genannten Nut dürfte hier aber ihr Vater Geb gemeint sein, um die Filiation zu komplettieren. Zudem unterscheidet sich die Schreibung deutlich von der zuvor geschriebenen, eindeutig weiblichen Form. Vgl. auch Dend. XII, 3, 4–9, s. o.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Kommentar: Diese berühmte großformatige Szene mit Kleopatra und Kaisarion, die zusammen mit ihrem Gegenpart auf der rechten Seite1607 die Hauptgötter des Ortes auf der Tempelrückseite zusammenführt, enthält in der Beischrift der ersten Isis eine lange Titelreihe, die nicht nur ihre Geburt in Dendara, sondern auch die Geburt von Osiris, Horus und Nephthys in Karnak, Qus und Diospolis erwähnt. Eine ähnliche Passage findet sich nochmals in der Soubassement-Inschrift der westlichen Außenwand (a)).1608 Zumindest für Osiris ist ja auch tatsächlich eine Art Geburtstempel, nämlich der Opet-Tempel, in Karnak belegt.1609 Nach einigen allgemeinen Epitheta, die die Göttin als Spenderin von Speisen, Herrin von Jubel,1610 Königin und Mutter des Königs feiern, folgt ein kurzer Ausschnitt aus der kulttopographischen Litanei, die auch in der Soubassement-Inschrift dieser Außenwand verarbeitet wurde.1611 Der Abschnitt und damit die Beischrift endet vorläufig mit „Hathor in jedem Gau“. Die übliche darauf folgende Schlußformel dieser Litanei (in einer verkürzten Version) bildet in der obigen Szene aber das Ende der göttlichen Randzeile. Isis ist noch ein zweites Mal dargestellt, und zwar an hinterer Stelle der Szene als Mitglied der osirianischen Triade, was in ihrem Begleittext auch durch die Erwähnung ihres Gemahls Osiris verdeutlicht wird. Inhalt der Ritualszene ist das Räuchern für die Uräusschlange, mit der Isis – ebenso wie Hathor in der korrespondierenden Räucherszene auf der Ostseite – gleichgesetzt wird. In dem dazugehörigen Spruch1612 adressiert der König (Kaisarion) sie mit Namen verschiedener Göttinnen, die standardmäßig ebenfalls als Erscheinungsformen der Uräusschlange gelten und Parallelen in anderen Hymnen und Ritualtexten für Isis/Sonnenauge/Uräusschlange finden, die bis zu den sogenannten „Hymnen an das Diadem“ zurückgehen: Uto, Nechbet, Sachmet, Bastet, Satet/Sothis (oder Schesemtet?).1613
1606 Vgl. zu diesem Schluß wiederum die kulttopographische Litanei (b)). Vgl. z. B. Dend. Isis, 78, 16– 79, 5: nts pw wn(.t) m njw.t nb(.t) spA.t nb(.t) Hna sA=s @r Hna sn=s Wsjr. 1607 Dend. XII, 11–15, Taf. 12–13; vgl. BUDDE, Götterkind, S. 44–51, Dok. 6a. 1608 Siehe dazu auch BUDDE, Götterkind, S. 55, Anm. 255. Seth wird hier ausgelassen. 1609 Siehe Kap. 4.7. PH. COLLOMBERT, Rapport préliminaire sur la première campagne de l’Université de Genève à Hou (juillet 2009), in: BSEG 28, 2008–10, S. 15–33, bes. 30–33, stellt die interessante These auf, daß es sich bei den Resten eines ptolemäischen Kiosks auf einem Podium in Hu tatsächlich um ein entsprechendes Geburtshaus der Nephthys handeln könnte. Zu den Kulten von Hu auch ID., Hout-sekhem et le septième nome de Haute Égypte III: Les cultes de Hout-sekhem à la XVIIIe dynastie, in: Zivie-Coche/Guermeur (Hrsg.), Hommages Yoyotte I, S. 337–373. 1610 Diese Epitheta beziehen sich einerseits auf den großen Opferaufbau innerhalb der Szene, und entsprechen andererseits üblichen Beinamen der Hathor, die diese in Trankopferszenen trägt, vgl. BUDDE, Götterkind, S. 66–67. 1611 Siehe oben, Dend. XII, 2, 2–12. 1612 Dend. XII, 28, 13–15. 1613 Vgl. Assuan-Hymne 6 (Kap. 4.2.1.A, mit Anm. 618); pCarlsberg 206, x+3, 17–19 (Kap. 4.13.1.1).
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie Parallelen Inhalt
Dend. XII, 183–185; Taf. 109–110; S. XII Dendara, Haupttempel, Naos, westliche Außenwand (H‘), Soubassement-Inschrift CAUVILLE, Inscriptions dédicatoires; EAD., Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 276 und 360–361 (nur teilweise) Dend. XII, 28, 13–32, 7 (Dend. XII, 30, 7–14) Der lange Text beginnt mit einer langen Titelreihe des Königs (Augustus), „…geliebt von Hathor, der Herrin von Dendara…“, es folgt ein Text über die Geburt von Isis und ihren Geschwistern.1614
Text: – Text Isis (183, 9–12): Sps.t wsr.t nb.tj rxj.t Die Edle und Mächtige, die Königin (‚die Beiden Herrinnen‘) der Menschen, As.t1615 dj(.t) iw/r tA m IA.t-dj Isis, die zur Welt gebracht wurde in Iat-di, wbn n=s wbn [Ra] BHd.tj %mA-tA.wj für die der Aufgehende aufgegangen ist, (nämlich) [Re] Behedeti Semataui, m ixxw Dr papa.tw=s in der Dämmerung, als sie geboren wurde, irj.t(w) sn=s m WAs.t sA=s @r m Gsj.t (= Qjs) ihr Bruder wurde in Theben geboren, ihr Sohn Horus in Qus, saw.tj(?)1616 nik1617 m Nbw.t der Bestrafte wurde (unter Wehen) herausgestoßen in Ombos, msj.tw Nb.t-Hw.t m Xnw @w.t-nTr Nephthys wurde innerhalb von Diospolis (Hu) geboren,1618
1614 Vgl. CAUVILLE, Inscriptions dédicatoires, S. 86–87. 1615 Bei CAUVILLE, Inscriptions dédicatoires, S. 86–87, wurde das Zeichen als leicht zerstört transkribiert, aber nicht gelesen, ebensowenig in CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 360. In Dend. XII, 183, 9, ist es in der Transkription deutlich angegeben, obwohl auf Taf. 109 nicht mehr viel zu erkennen ist außer dem Schemen einer sitzenden Person. 1616 Das Verb ist unklar; CAUVILLE, Inscriptions dédicatoires, S. 94, (10), interpretiert es als Kausativ zum Wort aAa „Samen ergießen, erzeugen“, Wb I, 166, 17. M. E. dürfte aber eher eine Verbindung zum Verb saj „zittern, in Angst sein“ bestehen, das üblicherweise mit dem Determinativ einer gebärenden Frau geschrieben wird und laut Wb IV, 43, 5–6, möglicherweise ursprünglich auf die Geburtswehen bezogen ist, nach JØRGENSEN evtl. speziell auf Frühgeburten bzw. (auch) die reguläre Menstruation; vgl. MEEKS, Mythes et légendes, S. 107–108, Anm. 316; JØRGENSEN, Egyptian Mythological Manuals, S. 151–156, mit 152, Abb. 3 zur Stelle in Dendara; vgl. auch D. DEVAUCHELLE, Écrire le nom des jours épagomènes et du premier jour de l’an (Odém DElM. 4-1), in: Studi di Egittologia e di Papirologia 2, 2005, S. 75–81: 78, auch zur Stelle in Dendara (allerdings ohne Lösung). Der Dendara-Text zeigt als Determinativ ein Ei und einen schlagenden Arm, was jedenfalls auf die gewaltsame Geburt des Seth hindeutet, siehe dazu CAUVILLE, loc. cit., m. Anm. 25. 1617 Eigentlich eine übliche Bezeichnung für Apophis, vgl. LGG III, 528; im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch sicherlich Seth gemeint, zumal dessen Kultort Ombos genannt ist.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Ax(.t) mnx.t n.j.t Iwnj.t die Prächtige und Vortreffliche der Iunit (= Hathor von Dendara), HqA.t tA Dr=f die Herrscherin des ganzen Landes, Hnw.t itr.tj BAq.t1619 die Gebieterin der Beiden Heiligtümer von Ägypten, @w.t-@r nb(.t) &A-rr Hathor,1620 die Herrin von Dendara. Kommentar: Im Gegensatz zur Parallele in der großen Weihrauchszene auf der Südwand wird hier sogar die Geburt des Seth erwähnt.1621 Die Soubassement-Inschrift wird anschließend mit einer ausführlichen Baubeschreibung fortgesetzt.1622 Kaiserzeitliche Inschriften des Pronaos Text/Hauptpublikation Dend. XIII, 26, 7–28, 3; Taf. 17 u. 20; S. V–VI (nur teilweise) Anbringungsort Dendara, Haupttempel, Pronaos G‘, Frontseite, Tor, linke (westliche) Türlaibung Bibliographie CAUVILLE, Dend. XIII Traduction, S. 32–35; EAD., Dend. Pronaos Analyse, S. 23–25; EAD., Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 19–24 (Synopse); 361–362 (nur teilweise) Parallelen Philä I, 6; I, 72 (einzelne Phrasen); Philä I, 168–169 (kleiner Teil, inhaltliche, aber nicht wörtliche Parallele); Edfu III, 69, 17–70, 3; Edfu V, 226, 13–227, 9; Edfu VIII, 64; Dend. I, 20, 14–21, 5; Dend. III, 35, 9–11; Dend. XI, 60, 5–10; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XII, 28, 13–32, 7; Dend. XIII, 73, 14–74, 1; Dend. Isis, 78, 16–79, 5; pTebt. H I, X 1, 3–3, 21623 Inhalt 1 Kolumne für den König (Claudius), 4 für Isis.
1618 Zum Abschnitt über die Geburtsorte der Kinder der Nut, vgl. die Parallele Dend. XII, 28, 13–32, 7 (Dend. XII, 30, 7–14), s. o. 1619 Die Anordnung der Zeichen ist an dieser Stelle etwas wirr. Die Lesung oben folgt CAUVILLE, Inscriptions dédicatoires, S. 86. M. E. könnte aber auch zu lesen sein: HqA.t tA Dr=f itr.tj Hnw.t BAq.t „die Herrscherin der ganzen Erde und der Beiden Heiligtümer, die Gebieterin von Ägypten“, was der bei CAUVILLE wiedergegebenen tatsächlichen Zeichenfolge eher entspräche. 1620 CAUVILLE, Inscriptions dédicatoires, S. 87, übersetzt am Ende dieses Textabschnitts „Hathor-Isis, Herrin von Dendara“, obwohl sie in der Transliteration auch nur @w.t-@r liest. Zu ihrer Begründung, siehe ibid., S. 94, (12). Geschrieben ist @w.t-@r, das wie üblich beide Göttinnen meinen kann. Daß es an dieser Stelle vor allem um den Isis-Aspekt geht, wird aus dem Text über die Geburt deutlich. 1621 Siehe dazu und zu den Geburtsorten der Nut-Kinder CAUVILLE, Inscriptions dédicatoires, S. 93–94, (9)–(11); ausführlich A. TILLIER, Le lieu de naissance des enfants de Nout, in: CdÉ 89, 2014, S. 51–70. 1622 Vgl. CAUVILLE, Inscriptions dédicatoires, S. 95–109. 1623 Liste nach CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 19.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Text: – Text Isis (26, 12–28, 3): Kol. 2: As.t wr.t mw.t-nTr nb(.t) IA.t-dj Hrj(.t)-ib Iwn.t Isis, die Große, die Gottesmutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, ir.t Ra nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb(.w) das Auge des Re, die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter, nbw.t nb(.t) Iwn.t die Goldene, die Herrin von Dendara, wbn(.t) m Pr-nbw.t die aufgeht im ‚Haus der Goldenen‘ (Dendara), HqA.t sA.t Gbb papa(.t) m Nw.t die Herrscherin, die Tochter des Geb, geboren aus Nut, dj(.t) iw/r tA m &A-rr die zur Welt gebracht wurde in Dendara hrw grH nxn m sS=f Hb aA n tA Dr=f am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest, dem großen Fest des ganzen Landes, wbn BHD.tj %mA-tA.wj {r} p.t m ixxw Behedeti-Somtus ist am Himmel aufgegangen in der Dämmerung, Dr irj.tw=s nachdem sie geboren wurde, Tnj=s(j) ^Ay Hrj-tp msxn.tj m s.t km.t dSr[.t … … … … … … Schai hat sie erhoben auf den Geburtsziegeln als schwarzrote Frau [… … … … …] n mAA=s iwj n=s nTr[.w] …] bei ihrem Anblick, die Götter kommen zu ihr Kol. 3: m iAw sp sn nTr.wt m hnw sp sn in Lobpreis, in Lobpreis, die Göttinnen im Jubel, im Jubel,1624 psD.t aA.t pXr m qd ibA=sn m prj=s die große Neunheit erfreut sich,1625 sie tanzen bei ihrem Auszug, Sps.t wsr.t m s.t msxn.t (nämlich von:) die Große und Mächtige in der Geburtsstätte, wa.t n twt n=s die Einzigartige, der niemand gleicht, iwa.n=s tA.wj Hrj-tp.n=s idb.w sie hat die Beiden Länder geerbt, sie hat die Ufer regiert, HqA.n=s iAw.t tp nwd sie hat das Amt1626 beherrscht (schon) in der Windel, nswj.t pw1627 n sxm.w n %nw.t die oberägyptische Königin der göttlichen Mächte Ägyptens ist es, 1624 Vgl. zu dieser Stelle Dend. IV, 150, 17–151, 5. 1625 Zur Wendung pXr m qd siehe WILSON, Ptol. Lex., S. 368. 1626 CAUVILLE, Dend. XIII Traduction, S. 32–33, versteht iA.wt „heilige Stätten, Hügel“, wird aber üblicherweise für die Schreibung des oben vorgeschlagenen iAw.t „(Königs-)Amt“ verwendet, Wb I, 29, 7–13. 1627 Von CAUVILLE, Dend. XIII Traduction, S. 32–33, ausgelassen.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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bjtj.t m gs.w-pr.w nb(.t) stp-sA nb(.t)[… … … … … … die unterägyptische Königin in den Tempeln, die Herrin des Palastes, die Herrin [… …] wD(.t) […] n Abj ib=s …], die […] zuweist dem, den ihr Herz wünscht/nach dem Wunsch ihres Herzens, n hb aH.t m xm=s [… … … … … ohne deren Kenntnis/Zustimmung man nicht den Palast betritt [… …] n=s rsj[…?] …] ihr der Süden[…?]1628 Kol. 4: mH.t.t r rA-a kkw der Norden bis hin zur Finsternis,1629 imn.t.t iAb.t.t Xr wD.n=s Westen und Osten sind unter dem, was sie befiehlt, Sn n itn n=s imj der Umkreis der Sonnenscheibe gehört ihr. nts pw nb(.t) itr.tj BAq.t Sie ist die Herrin der Beiden Heiligtümer Ägyptens, nmt.t n iAxw m Am=s in deren Griff der Schritt/die Bahn des Leuchtenden (= der Sonne) ist, xAtj.w m xt=s wpwtj.w m Sms=s hinter der die Schlächter-Dämonen sind,1630 in deren Gefolge die Boten sind,1631 Ax.w mwt.w Hr Dd(?)=s auf deren Geheiß(?) die Verklärten und die Toten (handeln),1632 nb.t p.t Hnw.t bA.w anx.w die Herrin des Himmels, die Gebieterin der lebenden Bas (Sterne), nb.t tp-rnp.t Hnw.t SmAy.w die Herrin des Jahresanfangs, die Gebieterin der SmAy.w-Dämonen,1633 wbn(.t) m [wp-rnp.t r wp rnp.t nfr.t (?)1634 … … … … … die zum [Jahresbeginn] erscheint, [um das gute Jahr zu eröffnen … …] @dd.t m BHd.t …] Hededet in Edfu, Kol. 5: nr.t Sps.t nb(.t) @D-nxn die edle Geierin, die Herrin von Hierakonpolis,
1628 CAUVILLE, Dend. XIII Traduction, S. 32–33, ergänzt zu [rdj.w] n=s rsj [r wbn itn] „der Süden ist ihr gegeben bis hin zum Sonnenaufgang“, was gut mit dem Folgenden zusammenpaßt; allerdings gibt sie keine Parallelen an. 1629 Auch vom König kann gesagt werden, daß er das Königtum über ganz Ägypten „bis hin zur Finsternis“ erhält, vgl. WILSON, Ptol. Lex., S. 1091. Etwas in diesem Sinne wird auch hier gemeint sein, vgl. auch den Text Dend. Isis, 78, 4–8. 1630 Vgl. den Text Dend. IX, 167, 11–16 oben. 1631 Vgl. Dend. IX, 18, 11–20, 6 oben. 1632 Vgl. Dend. IX, 18, 11–20, 6 oben. 1633 Mit diesen Bezeichnungen beginnt die Parallele zur kulttopographischen Litanei, vgl. bes. Dend. I, 20, 14–21, 5. 1634 Mögliche Ergänzung nach der Parallele Dend. I, 20, 14–21, 5. Vgl. außerdem Dend. III, 35, 9–11: wbn(.t) m bjA m wp-rnp.t.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
irj(.t) mk.t n sA=s @r die den Schutz für ihren Sohn Horus bereitet,1635 *nn.t wr.t nb(.t) Iwnw Sma Tjenenet, die Große, die Herrin des südlichen On (= Armant), Iwn(j).t m Iwn.t papa(.t) m IA.t-dj Iunit in Dendara,1636 geboren in Iat-di, As.t wr.t xnt Njw.t-xprr Isis, die Große an der Spitze der ‚Stadt des Skarabäus‘ (= Abydos),1637 %SA.t m Wnw @q.t m @r-wr WAD(j).t m @r-dw Seschat in Hermopolis, Heket in Her-wer, Uto in Hardai, mrj(.t) sxn m @w.t-nnj-nswt die das Ereignis/Glück liebt in Herakleopolis,1638 Rnp.t m &A-S nb.t anx ?1639 m Mdnj.t das ‚Jahr‘ im Fayum, die Herrin des Lebens in Aphroditopolis,1640 ©d.t m ©d.t sDm(.t) nb m ©dw Die Dauernde in Mendes, die den Herrn hört in Busiris, StA.t m BAs.t [… … … … … die Geheime in Bubastis,1641 [… …] @r{.t} sn=s [[(Wn-nfr mAa-xrw]) D.t …] Horus1642 und ihrem Bruder [[(Onnophris, wahrhaft an Stimme]), ewiglich.1643 Kommentar: Diese lange Inschrift am Haupttor des Tempels ist ähnlich aufgebaut wie die Soubassement-Inschrift auf der Rückseite,1644 also genau an der entgegengesetzten Tempelfront: Zuerst werden Isis’ Haupttitel genannt und ihre Geburtsumstände beschrieben (Kol. 2), anschließend die auf ihre Geburt folgende Festfreude (Kol. 2–3).1645 Kol. 3–4 thematisieren ihre Amtsergreifung direkt nach der Geburt, und dann ausführlich ihre Herrschaft über Ägypten und die ganze Welt, sowie über verschiedene Arten von Wesen: Dämonen und Genien, Verklärte und Tote. Am Ende von Kol. 5 fängt die kulttopographische Litanei an, deren Anfang der Version am Eingang zum Sanktuar entspricht,1646 später aber ausführli1635 Erweiterung gegenüber der Parallele Dend. I, 20, 14–21, 5. 1636 Vgl. Dend. Isis 78, 16–79, 5, hier mit Zusatz wr.t hinter Tjenenet. 1637 Vgl. Dend. I, 20, 14–21, 5: sA.t Nw.t dj(.t) r tA m IA.t-dj m hrw pn nfr nxn n sS=f srwD/srd.n=f Sw.t n mAw(.t) r p.t, HqA.t m AbDw. 1638 Vgl. Dend. Isis 78, 16–79, 5. 1639 Kobra auf Standarte mit Pluralstrichen. Zumindest der Plural müßte gestrichen werden, die Kobra könnte dann Determinativ sein. 1640 Vgl. Dend. Isis 78, 16–79, 5: nb.t anx m &p-iH.w. Die seltene Schreibung von anx mit (siehe dazu z. B. LEITZ, Tempelinschriften, Zeichenliste D1) im obigen Text ist sicherlich durch den Namen der Gauhauptstadt &p-iH.w beeinflußt. 1641 Vgl. Dend. Isis, 78, 16–79, 5. 1642 Vgl. die Parallelen der kulttopographischen Litanei, die üblicherweise mit der Nennung der übrigen Mitglieder der osirianischen Familie enden. 1643 Vgl. Dend. Isis, 78, 16–79, 5: nts pw wn(.t) m njw.t nb(.t) spA.t nb(.t) Hna sA=s @r Hna sn=s Wsjr. 1644 Dend. XII, 2, 2–12, siehe oben. 1645 Dieser Aspekt fehlt in der Bandeau-Inschrift auf der Rückwand, vgl. dafür aber: Dend. IX, 18, 11–20, 6. 1646 Dend. I, 20, 14–21, 5.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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cher wird, so daß trotz der größeren Zerstörungen anzunehmen ist, daß sie nahezu die Vollständigkeit der Parallele im Sanktuar des Isis-Tempels1647 erreicht hat. Auf der rechten Türlaibung ist eine Hymne an Hathor angebracht,1648 die ebenfalls eine Parallele zur entsprechenden Inschrift im Tor zum Sanktuar bildet.1649 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Text:
Dend. XIV, 45, 6–46, 2 Dendara, Haupttempel, Pronaos (G‘), Südwand innen, Soubassement-Inschrift, linke (westliche) Hälfte CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 60–61; EAD., Dend. Pronaos Analyse, S. 223–224; EAD., Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 365 (nur teilweise); LEITZ, Nacht des Kindes, S. 147, (46) (nur teilweise)
As.t1650 nb(.t) Iwn.t (Hr) psD xnt IA.t-dj Isis, die Herrin von Dendara, erglänzt an der Spitze von Iat-di, s.t papa.t(w)=s in mw.t=s Nw.t dem Ort, (an dem) sie geboren wurde durch ihre Mutter Nut, [… …] Rnn-wt.t(?)1651 xnt Pr-Sps.t […] Renenutet(?) an der Spitze des ‚Hauses der Edlen‘ (= Dendara), sAw-n=sn dmD m Sn=s [… …] sbx.t(?) in deren Umkreis alle Schutzgötter versammelt sind, […] Torbau,1652 bd(.t) msxa.w m HD=s von leuchtender Erscheinung in ihrer Kapelle hrw grH nxn sS=f am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest, As.t wr.t mw.t[-nTr] nb.t IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t Isis, die Große, die [Gottes]mutter, die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert. @r %mA-tA.wj nTr aA Hrj-ib Iwn.t Harsomtus, der große Gott, der in Dendara residiert, BHd.tj1653 sAb Sw.t xaj=sn m hrw und Behedeti, der Buntgefiederte, sie erscheinen an dem Tag, srwD.n=f Sw.t n mAw.t r p.t als er (der Sonnengott) seinen Flug erneut fest macht zum Himmel, Dr irj.tw=s wpS mAw=sn ndb=f nachdem sie geboren wurde, und ihre Strahlen erhellen das ganze Land.
1647 1648 1649 1650
Dend. Isis, 78, 16–79, 5. Dend. XIII, 23–25; vgl. dazu CAUVILLE, Dend. Pronaos Analyse, S. 20–21. Vgl. Dend. XIII, S. V. Oder nbw.t „die Goldene“? So gelesen bei CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 60–61. Daß jedenfalls Isis gemeint ist, zeigen die Thronhieroglyphe auf dem Kopf und der folgende Text. 1651 Zur Lesung vgl. CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 60–61. 1652 Zu sbx.t siehe oben, Dend. XII, 3, 4–9, m. Anm. 1591. 1653 CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 365, liest Ra-BHd.tj, obwohl in der schmalen Lücke vor BHd.tj nur noch , das letzte Zeichen für die Schreibung von Iwn.t stehen kann.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Tnj-s(j) ^Ay [nn(?)] bsj m X.t Schai erhebt sie, als sie [noch nicht] aus dem Leib gekommen ist (?).1654 wr.wj rn=s n mjt.t=s Oh wie groß ist ihr Name, derengleichen es nicht gibt. nb.t-Dr pw Hnw.t1655 nTr.w nTr.wt Die Allherrin ist es, die Gebieterin der Götter und Göttinnen, ibA=sn m prj=s bei deren Auszug sie tanzen, wa[.t …] n [… …]=s die Einzigartige, der [niemand gleichkommt o. ä.], D[d(.t)(?)] n Abj ib=s die [spricht?,] wie ihr Herz wünscht, nswj.t n sxm.w(?)1656 m-qAb itr.tj die oberägyptische Königin der göttlichen Mächte innerhalb der Beiden Heiligtümer (= Ägypten), snD n=s HA kAr […] die Ehrfurcht vor ihr ist hinter der Kapelle […],1657 tA-mrj r Aw=s Hr irj n=s iAw das ‚Geliebte Land‘ (Ägypten) in seiner Ausdehnung gibt Lobpreis für sie, Sn n itn n=s imj der Umkreis der Sonnenscheibe gehört ihr,1658 Hm.t nTr (sic!) tpj.t nj.t [(Wn-nfr mAa xrw) die Erste Gottesgemahlin1659 des [(Onnophris, wahrhaft an Stimme), nfr(.t) Hr nfr(.t) mAA die mit vollkommenem Antlitz und vollkommenem Anblick, tmA.t mnx.t n nDm-anx die vortreffliche Mutter dessen Mit süßem Leben,1660 grg(.t) spA.(w)t nb.w(t) n/m [rn=s (?)1661] in [deren Namen] alle Gaue gegründet sind. Hsj=s nswt bjtj nb [(HqA HqA.w Awtwkrdr) Möge sie loben den König von Ober- und Unterägypten, den Herrn [(Herrscher der Herrscher, Autokrator),
1654 Vgl. die Parallelen zu dieser Phrase, z. B. in Dend. XI, 139, 13–140, 5. CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 60–61, ergänzt statt dessen zu [Dr] bsj m X.t. 1655 Von CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 60–61, ausgelassen. 1656 Drei sitzende Götter mit sxm-Szepter: . 1657 Der Ausdruck scheint so vollständig zu sein, vgl. LGG VI, 405c. Es ist also fraglich, was in der Lücke noch gestanden haben könnte (selbst wenn es schon zur nächsten Phrase gehören sollte). 1658 Vgl. den Text Dend. XIII, 26, 7–28, 3. 1659 Es müßte eigentlich „Erste Königliche Gemahlin“ heißen, wie sonst auch. Einen weiteren Beleg gibt es in Edfu I, 408, 7: „Die Gottesgemahlin des Onnophris, wahrhaft an Stimme“, vgl. LGG V, 137a. 1660 Eine häufige Bezeichnung des Horus von Edfu, vgl. LGG IV, 599; WILSON, Ptol. Lex., S. 567. 1661 Vgl. den Text Dend. VI, 2, 21–4, 6.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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sA Ra nb xa.w [(&brs Klwtys Kysrs Krmnyqs mrj PtH As.t anx Dt) Hr rA-a.wj=f den Sohn des Re, den Herrn der Erscheinungen [(Tiberius Claudius Kaisaros Germanikus, geliebt von Ptah und Isis, er lebe ewig) (= Claudius) für sein Werk, iw=f m nswt wAH n nHH mj irj=s n sA=s nHH Dt indem er der König ist, dauernd in Ewigkeit, wie sie es getan hat für ihren Sohn, für immer und ewig. Kommentar: Die linke Soubassement-Inschrift der Südwand beginnt wie viele andere Texte mit der Beschreibung der Isis-Geburt, auf die der Sonnenaufgang folgt, der hier mit der Erscheinung von Harsomtus und Horus von Edfu symbolisch ausgedrückt wird. Auffällig sind die zahlreichen Ausdrücke aus dem Wortfeld „leuchten/erscheinen“ (psD, bd, msxa, xaj, wpS, mAw). Anschließend wird Isis als Herrscherin und Allherrin dargestellt, und die Ehrfurchtsbezeugungen von verschiedenen Seiten werden beschrieben. Am Ende wird sie in ihren Familienkreis mit Osiris und Horus (hier der von Edfu, da die solare Thematik stark im Mittelpunkt steht) eingeordnet; der Schlußsatz, der ihr die Gaue Ägyptens zuschreibt, erinnert an die übliche Schlußformel der kulttopographischen Litanei,1662 die die Herrschaft und Präsenz in allen Städten und Gauen Ägyptens ebenfalls mit der Nennung der Familienmitglieder in Zusammenhang bringt. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Dend. XIV, 46, 5–9 Dendara, Haupttempel, Pronaos (G‘), Südwand innen, Bandeau-Inschrift des Frieses, linke westliche Hälfte CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 62–63; EAD., Dend. Pronaos Analyse, S. 227
Text: psD nb.tj rxj.t hAw an(?) n kA=s Die Beiden Herrinnen (Königin) der Menschen erglänzt am Himmel(?) 1663 ihres Kas, As.t(?)1664 wr.t mw.t-nTr Isis, die Große, die Gottesmutter, HqA.t mnx.t Hnw.t pr-nswt die vortreffliche Herrscherin, die Gebieterin des Königshauses, aHa nb Hr Dd.w=s auf deren Ausspruch der Herr (den Thron) besteigt, itj.t n Drtj.w r-mn tpj.w-tA die Fürstin der Ahnen bis hin zu den Erdbwohnern (= den Menschen), 1662 Siehe bes. die Version Dend. Isis, 78, 4–8. 1663 Himmelsdeterminativ, obwohl ein Wort an „Himmel“ m. W. sonst nicht bekannt ist bzw. nicht in den gängigen Wörterbüchern aufgeführt wird. Der Himmel wird zu Beginn von Friesinschriften aufgrund des Anbringungsortes nahe der Decke (= Himmel) häufig als Erscheinungsort der Gottheit erwähnt, vgl. z. B. Dend. II, 107, 10–108, 2, s. o. Zur Übersetzung vgl. auch CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 62–63. 1664 Thronende Hathor mit Papyrus-Szepter . Die nachfolgenden Titel legen nahe, daß Isis gemeint ist.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
n irj.tw sxr.w m xm=s ohne deren Kenntnis/Zustimmung keine Pläne gemacht werden. mw.t-nTr pw nj.t bjk n nbw.t bA BHd.tj Die Gottesmutter des Falken der Goldenen ist es, des Bas von Behedeti, nTr aA nb p.t sAb Sw.t des großen Gottes, des Herrn des Himmels, des Buntgefiederten, prj m Ax.t Ra %mA-tA.wj Hrj-ib Iwn.t der aus dem Horizont hervorkommt, des Re-Somtus, der in Dendara residiert, MHnj.t=f pw Iwnj.t xnt Iwn.t seine Ringelschlange ist es, Iunit an der Spitze von Dendara, nswj.t Hnw.t n nswt.w die (oberägyptische) Königin, die Gebieterin der (oberägyptischen) Könige. Hsj=s nswt bjtj Möge sie loben den König…(Augustus)… Kommentar: Die Friesinschrift der Südwand beschreibt, wie die Göttinnen in ihrem Tempel erscheinen;1665 von Hathor heißt es parallel zu Isis: wbn nbw.t hAw bjA m aqA njw.t=s „Die Goldene geht am Himmel auf gegenüber von ihrer Stadt“.1666 Wie auch in der Soubassement-Inschrift ist der Fokus auf den solaren Kontext gerichtet, weswegen die Beziehung der Isis zu den männlichen Sonnen- und Himmelsgöttern von Dendara stark betont wird: Sie ist Mutter von Horus von Edfu, dem Herrn des Himmels, und von Re-Somtus und verkörpert gleichzeitig deren schützende Uräusschlange. Nach ihren Haupttiteln wird Isis außerdem als Herrin über das Königsamt (Palast, Thron und Pläne/Entscheidungen), sowie von Ahnen(göttern) und Menschen bezeichnet. Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Dend. XIV, 146, 3–14; S. VI Dendara, Haupttempel, Pronaos (G‘), West- und Nordwestwand innen, Friesinschrift CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 198–199; EAD., Dend. Pronaos Analyse, S. 224–225; CAUVILLE, Dend. Temple d’Isis Analyse, S. 272 (nur teilweise); 285 (Synopse); 366– 367 (nur teilweise); LEITZ, Nacht des Kindes, S. 152, (59) (nur teilweise) a) Dend. XII, 2, 2–12; Dend. XV, 337, 10–14; Dend. Isis, 78, 4–8; 327, 17–328, 2 b) Philae-Hymne 3; Assuan-Hymne 3; Kalabchah I, 15–16; Dend. XII, 2, 2–12; Dend. Isis, 78, 4–8; Dend. Isis, 327, 5– 91667
1665 Vgl. Dend. XIV, S. VI. 1666 Dend. XIV, 4, 6. 1667 Vgl. CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, S. 285.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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Text: Iwn.t pw xr.tw r njw.t tn Iwn.t(?) ‚Dendara‘ ist, was man sagt zu dieser Stadt, Osiris, Horus, Isis,1668 IA.t-dj pw kA.tw m rn=s ‚Iat-di‘ ist es, so wird es genannt mit seinem Namen, pr-msw.t pw n Nw.t s.t-msxn.t n As.t tA nTr.t das Geburtshaus der Nut ist es, die Geburtsstätte von Isis, der Göttin. msj.tw As.t im m s.t km.t dSr(.t) Isis wird dort geboren als schwarzrote Frau, Xnm(.t) anx mrj(.t) ins die mit Leben erfüllt ist, die den blutroten Stoff liebt, nb(.t) mrw.t Hnw.t nTr.wt Hm.wt die Herrin der Beliebtheit, die Gebieterin der Göttinnen und Frauen.1669 Dd.jn mw.t=s Nw.t m xt mAA=s Da sprach ihre Mutter Nut, nachdem sie sie erblickt hatte: sk nwj r(=i) mw.t „Siehe, ich bin wirklich (deine) Mutter! (?)“. xpr rn=s pw n As.t Das ist, wie ihr Name Isis entstanden ist.1670 Tnj-sj ^Ay Hrj-tp msxn.tj=s Schai hat sie (schon) auf ihren Geburtsziegeln erhoben, nxb n=s ©Hwtj nxb.t m Dd Thoth hat für sie die Titulatur festgesetzt, mit den Worten:1671 r.t-pa.t sA.t Gbb HA.tj.t-a sA.t MrHy Prinzessin, Tochter des Geb, Fürstin, Tochter des Mereh-Stiers, mTA.t sA.t ©Hwtj mAA.t @r die Wesirin, die Tochter des Thoth, die Horus sieht, mrj(.t) BA wDA(.t) $nmw(?) geliebt vom Bock (Ba), die Pflegerin(?) des Chnum(?),1672 wr(.t) Hsw.t wr(.t) Hts1673 groß an Gunst, groß an Vollendung,
1668 Vgl. LEITZ, Nacht des Kindes, S. 152, mit leicht abweichender Übersetzung: „Das ist Dendara, man sagt über diese Stadt: ‚Osiris, Horus, Isis‘.“ Nach eigener Angabe (Anm. 89) folgt er damit der alten Lesung von J. DÜMICHEN, Die Säle und Zimmer im Tempel von Dendera, in: ZÄS 7, 1869, S. 101– 106: 105, der jedoch an beiden Stellen „(der Sitz von) Osiris, Horus und Isis“ liest. Offenbar gibt der Text hier selbst die Erklärung für die gängige Schreibung für Iwn.t mit den drei Gottheiten. Vgl. Dend. XV, 337, 5, wo die drei Namen deutlicher ausgeschrieben sind und es heißt: Wsjr @r As.t kA.tw m rn=s. 1669 Siehe die Parallelstelle in Dend. IX, 18, 11–20, 6, mit Stellenkommentar (s. o.). 1670 Vgl. hierzu die Parallelen Dend. XII, 2, 2–12; Dend. Isis, 78, 4–8; Dend. Isis, 327, 5–9 (a). 1671 Hier beginnt die Parallele zur Königinnen-Titulatur der Isis (b)). 1672 Vgl. den Kommentar zu diesem Epitheton in der Parallele Assuan-Hymne 3, Kap. 4.2.1.A, Anm. 566. 1673 CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 198–199, liest wr.t Xkr.w „mit großen Insignien“; vgl. aber die Parallelen, wo Hts teilweise auch einkonsonantisch ausgeschrieben ist, siehe auch LGG II, 498b.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Dr.t-nTr Hm.t-nTr Hm.t nswt die Gotteshand, die Gottesgemahlin, die Gemahlin des oberägyptischen Königs, Hm.t bjtj Hm.t wr.t die Gemahlin des unterägyptischen Königs, die Große Gemahlin, nswj.t bjtj.t [(As.t wr.t mw.t-nTr) die Königin von Ober- und Unterägypten [(Isis, die Große, die Gottesmutter), nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, SAa(.t) dj(.t) r tA m nTr.wt die Erste, die zur Welt kam unter den Göttinnen. Ra-BHd.tj %mA-tA.wj (Hr) wbn m ixxw Dr irj.tw=s Re-Behedeti-Somtus ging auf in der Dämmerung, nachdem sie geboren wurde hrw grH nxn m sS=f am Tag der Nacht des Kindes in seinem Nest, Hb aA n tA Dr=f dem großen Fest des ganzen Landes,1674 psD=f n Hm.t=s Dr bX.n=s sA=s er erglänzte für ihre Majestät, nachdem sie ihren Sohn geboren hat1675 m xy nfr xnt Ax-bj.t1676 als vollkommenes Kind an der Spitze von Chemmis. ijj n=s nTr.wt (Hr) nD1677 anx-wAs Die Göttinnen kamen zu ihr und spendeten ihr Milch, r sHtp ib=s m Abj=s um ihr Herz zufriedenzustellen mit dem, was sie wünschte. nts pw nb(.t) itr.tj BAq.t Sie ist die Herrin der Beiden Heiligtümer Ägyptens Hna sA=s @r Hna sn=s Wsjr zusammen mit ihrem Sohn Horus und mit ihrem Bruder Osiris. Hsj=s nswt bjtj… Möge sie loben den König…(Nero)… Kommentar: Die Fries-Inschrift der linken Innenseite des Pronaos ist aus mehreren, bereits aus anderen Inschriften bekannten Teilen zusammengesetzt: 1. dem Geburtsbericht mit der Namensgebung (a)) 2. der Verleihung einer ausführlichen Königinnentitulatur durch Thoth (b)) 3. der Beschreibung des Sonnenaufganges nach ihrer Geburt, deren Beginn in ähnlicher Weise häufiger vorkommt. Dieser wird hier aber ungewöhnlicherweise fortgesetzt durch 1674 Vgl. z. B. Dend. XII, 3, 4–9. 1675 CAUVILLE, Dend. Isis Analyse, bricht ihre Übersetzung hinter bX.n=s ab und übersetzt wohl aus Gewohnheit: „nachdem sie geboren wurde“, obwohl kein Passiv vorliegt und der Satz eindeutig anders weitergeht; so auch EAD., Dend. XIV Traduction, S. 198–199, wo sie den folgenden Teil als eigenständigen Satz abtrennt: „Ihr Sohn ist das vollkommene Kind…“. 1676 CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 198–199, liest fälschlich WAD.t und übersetzt dies mit „Buto“. 1677 Vielleicht steht auch für , so daß es hieße X(r) anx-wAs „mit Milch, Milch tragend“.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
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eine parallele Aussage über die Geburt von Horus in Chemmis, was ein wenig fehl am Platze erscheint,1678 zumal danach wieder vom Säugen der Isis durch die Göttinnen die Rede ist. Eine ähnliche Verbindung wird jedoch auch in der Friesinschrift der südlichen Außenwand des Naos gezogen:1679 „Er handelt für sie ebenso, als sie ihren Sohn gebiert…“ Außerdem wird dort auch noch auf die Bestattung des Osiris verwiesen. Im obigen Text hingegen wird die Einheit der osirianischen Familie und ihre Herrschaft über Ägypten wieder in dem Schlußsatz vor dem Gebet ausgedrückt.1680 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen Inhalt der Szene
Dend. XIV, 210, 11–211, 5; Taf. 168 Dendara, Haupttempel, Pronaos (G‘), Corniche der Südwand, linke (westliche) Seite, 1. Szene CAUVILLE, Dend. XIV Traduction, S. 278–281; EAD., Dend. Pronaos Analyse, S. 280; STADLER, Isishymnus (zu den Parallelen; dieser Text wird von ihm nicht erwähnt) Assuan-Hymne 5; Dend. XV, 25, 7–26, 14 Pharao (nur pr-aA in der Kartusche) preist Isis.
Text: – Titel (210, 11): iAw n Hr=T1681 As.t wr.t mw.t-nTr Lobpreis für dich, Isis, die Große, die Gottesmutter – Beischrift der Isis (210, 13–14): (Dd mdw jn) As.t wr.t mw.t-nTr (Rezitation durch) Isis, die Große, die Gottesmutter, nb(.t) IA.t-dj Hrj-ib Iwn.t die Herrin von Iat-di, die in Dendara residiert, ir.t Ra nb(.t) p.t Hnw.t nTr.w nb(.w) das Auge des Re, die Herrin des Himmels, die Gebieterin aller Götter. – Hymne an Isis (211, 1–5): Kol. 5: nD Hr=T As.t nD Hr(=T) %pd.t bA n As.t Sei gegrüßt, Isis, sei gegrüßt, Sothis, der Ba von Isis, nb.t p.t Hnw.t bA.w anx.w die Herrin des Himmels, die Gebieterin der lebenden Bas Kol. 6: n nTr.w psD(.t) m Hrj.t xt sn=s Wsjr der Götter (Sterne), die am Himmel erglänzt hinter ihrem Bruder Osiris, Sm=s Hr nmt.t=f sxr(.t) indem sie auf seiner Bahn geht,1682 die 1678 1679 1680 1681
Daher wohl auch CAUVILLEs Irrtum, siehe Anm. 1675. Dend. XII, 3, 4–9; Taf. 14–16, siehe oben. Siehe dazu oben, zu Dend. XIV, 45, 6–46, 2. Es müßte eigentlich nur iAw n=T heißen, offenbar liegt eine Verwechslung mit der anderen Einleitungsformel nD Hr=T vor. 1682 Vgl. hierzu die Texte Dend. IX, 18, 11–20, 6 und Assuan-Hymne 5, die sinngemäß ähnliche Passagen enthalten.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
Kol. 7: sbj{.w} pfj Hr=f Hna smAy.w=f jenen Feind vor ihm niederwirft, zusammen mit seinen Genossen, Ax.tj m p.t xr Ra m rn=T pfj n die du glänzend bist im Himmel bei Re in jenem deinem Namen Kol. 8: Ax.t wsr.t(j)1683 m tA m rn=T pfj n wsr.t ‚Glänzende‘, die du mächtig bist auf Erden in jenem deinem Namen ‚Mächtige‘, Tnj.tj m dwA.t xr Wsjr die du erhaben bist in der Unterwelt bei Osiris. Kommentar: Passend zur Position der Szene im obersten Wandbereich preist die kurze Hymne Isis in ihrem astralen Aspekt der Sothis, die als ihr Ba bezeichnet wird. Sie folgt ihrem Bruder Osiris-Orion über den Himmel1684 und bekämpft seine Feinde, Seth mit seinem Gefolge, womit die Konstellation des „Stierschenkels“ (msxtjw, Großer Wagen) gemeint sein könnte, die üblicherweise den Gegenspieler des Osiris-Orion am Himmel darstellt, vor dem er geschützt werden muß.1685 Isis’ Stellung in den drei Bereichen Himmel, Erde und Unterwelt wird in der zweiten Hälfte des Textes mithilfe der Namensformel beschrieben. Es wirkt allerdings, als hätte der Platz nicht mehr gereicht, um die letzte Formel zu Ende zu bringen, die in der Parallele in Assuan (Assuan-Hymne 5) länger ausgeführt ist.1686 Text/Hauptpublikation Anbringungsort Bibliographie
Parallelen
Dend. XV, 25, 7–26, 14 Dendara, Haupttempel, Pronaos (G‘), Decke, östlicher Deckenarchitrav III, Textband CAUVILLE, Dend. XV Traduction, S. 34–37; EAD., Dend. Pronaos Analyse, S. 551–552; LEITZ, Sternbilder, S. 288 (Kol. 1); STADLER, Isishymnus a) Assuan-Hymne 5; Dend. XIV, 210, 11–211, 5
Text: Kol. 1:
nD Hr=T %pd.t nD Hr=T As.t nb(.t) p.t Sei gegrüßt, Sothis, sei gegrüßt, Isis, Herrin des Himmels, Hnw.t bA.w anx.w n.j.w nTr.w Gebieterin der lebenden Bas der Götter (= Dekane), psD(.t) m Hrj.t m-xt sn=s Wsjr die am Himmel erglänzt im Gefolge ihres Bruders Osiris, Sm=s Hr nmt.t=f ra nb indem sie auf seiner Bahn geht, jeden Tag,1687
1683 Genauso geschrieben wie das substantivierte Epitheton am Schluß: . 1684 Vgl. oben, zum Text Dend. IX, 18, 11–20, 6; vgl. auch die Szene Dend. Isis, 151, 13–152, 8. 1685 Ausführlich dazu VON LIEVEN, Himmel über Esna, S. 24–29; vgl. auch A. PIANKOFF, Le livre du jour et de la nuit, BdÉ 13, Kairo 1942, S. 23–24. 1686 Dort auch etwas abweichend: &s.t\.t(?) m dwA.t [xr] Wsjr (?) m rn=T n As.t. 1687 Vgl. ähnliche Passagen in den Texten Assuan-Hymne 5; Dend. Isis, 151, 13–152, 8; Dend. IX, 18, 11–20, 6; Dend. XIV, 210, 11–211, 5.
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Dendara, Heiligtum von Hathor und Isis
Kol. 2:
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Hr sHr(.t) sbj.w=f Hna smAy.w=f1688 beim Vertreiben seiner Feinde zusammen mit seinen Genossen (= des Seth), Hr xsf aApp m Ax.w tp-rA=s beim Abwehren des Apophis mit den Zaubern ihres Spruches,1689 Ax.t m p.t xr Ra m rn=T1690 pj n Ax.t die Glänzende/Wirkmächtige im Himmel bei Re in jenem deinem Namen ‚Glänzende/Wirkmächtige‘, wsr.t m tA xr Gbb m rn=T pfj n Wsr.t die Mächtige auf der Erde bei Geb in jenem deinem Namen ‚Mächtige‘,1691 Tnj.t m dwA.t xr Wsjr m rn=T pfj n *nn.t1692 die Erhabene in der Unterwelt bei Osiris in jenem deinem Namen ‚Erhabene‘ (Tjenenet), stj(.t) Hapj baHj=T1693 tA.wj m rn=T pfj n %pd.t/%Tj.t die den Nil ausgießt, wenn du die Beiden Länder überschwemmst, in jenem deinem Namen ‚Sothis/Satet‘, inq.t1694 sjwr(.t) sx.t1695 m rn=T pfj n anq.t die Flutende, die das Feld fruchtbar macht, in jenem deinem Namen ‚Anuket‘, sxpr(.t) wnn.t nb(.t) sanx(.t)1696 Hr nb im m rn=T pj n anx.t1697 die alles Existierende entstehen läßt und jedermann damit belebt in jenem deinem Namen ‚die Lebendige‘, sqdj=T m-xt %AH1698 wbn=T Hr iAbt.t n.j.t p.t du ziehst dahin im Gefolge des Orion, du gehst auf im Osten des Himmels, Htp=T m anx Hr imnt.t1699 du ruhst lebendig im Westen. nHm=T (sic!)1700 Mögest du bewahren… xaj wr.t m xnt Ax.t Die Große erscheint an der Spitze des Horizontes,
1688 Vgl. die Parallele Dend. XIV, 210, 11–211, 5: sxr(.t) xftj{.w} pfj Hr=f Hna smAwtj.w=f. 1689 Diese Phrase fehlt in der Parallele Dend. XIV, 210, 11–211, 5. Vgl aber dazu z. B. auch PhilaeHymne 8. 1690 In diesem Text wird rn=T mehrfach mit geschrieben, was wohl symbolisch als gleichwertig mit Kartuschen, die den Namen Isis enthalten, anzusehen ist. 1691 In der Parallele Dend. XIV, 210, 11–211, 5 abgekürzt zu: wsr.t(j) m tA m rn=T pfj n wsr.t. 1692 In der Parallele Dend. XIV, 210, 11–211, 5 fehlt das Ende: Tnj.tj m dwA.t xr Wsjr. 1693 Die Parallele Assuan-Hymne 5 weicht hier etwas ab: baHj.n=f tA.wj „wenn/damit er die Beiden Länder überschwemmt“. Die Parallele Dend. XIV, 210, 11–211, 5 endet bereits mit der vorigen Formel. 1694 Oder inq=T? 1695 Assuan-Hymne 5: inq=T-s(w) r sjwr sx.t. 1696 CAUVILLE, Dend. XV Traduction, S. 34–35, trennt falsch ab nb(.t)=s anx… und hat somit Probleme mit der Übersetzung, bei der sie Ergänzungen vornehmen muß. 1697 Leicht abweichend in Assuan-Hymne 5: dj(.t) xpr wnn.t nb(.t) m tA anx=sn im=T m rn=T pfj n anx.t. 1698 Assuan-Hymne 5: sqdj=T m tA xr %AH. 1699 Assuan-Hymne 5: sHtp=T m anx Hr imnt.t ra nb. 1700 In Assuan-Hymne 5 folgt hierauf wie in vielen Abschlußgebeten die Titulatur des Königs, die hier am Ende der Kolumne jedoch fehlt. CAUVILLE, Dend. XV Traduction, S. 34–35, liest stattdessen imnt.t n Hm.t „Westen des (Himmels-)Bauches“, was mich angesichts der Parallele jedoch nicht überzeugt.
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Isis und ihre Lokalformen in den Tempeln
wbn=s Hr wp.t n it=s sie erglänzt am Scheitel ihres Vaters, nmt=T m s.t-ib=T pHrr=T iw/r nTr.w du schreitest an deinem Lieblingsort, indem du zu den Göttern läufst, wbn1701 Dd.tj.t m aH.t kA=T m xt(=T/s?) die Dauernde erglänzt im Palast, dein Ka ist hinter (dir/ihm?), @w %jA m Sms=T Hu und Sia sind in deinem Gefolge,1702 wp.n=T ©Hwtj wA.wt sxn.tw=Tn Ra m a.wj=f Thoth öffnet die Wege für dich, Re umarmt dich mit seinen beiden Armen, iw=T sxntj m aH.t Sps.t wenn du stromauf fährst/fahren läßt aus dem Palast der Edlen, xa=T m xnt Ax.t du erscheinst an der Spitze des Horizontes, tw=T nb(.t)-Dr imn(.t) sStA denn du bist die Allherrin, mit verborgenem Abbild, xsr(.t) Dw Hr nb kAr die das Böse vertreibt vom Herrn des Schreines,1703 wTs.t sxm.tj1704 m pr-wr die die Doppelkrone trägt im pr-wr-Heiligtum, sHD(.t) fAw.t(?)1705 m wbn.t1706 die den Götterschrein(?) als Aufgehende erhellt, iw nfrw=T xr Ra deine Vollkommenheit ist bei Re, psD=T anx rxj.t du leuchtest, so daß die Rechit-Menschen leben, iw Ax.t m wAD s.t r Hb=T (?)1707 nj.t Dt der Horizont (= Tempel) ist gedeihend, der Ort für dein Fest (?) der Ewigkeit.1708
1701 CAUVILLE, Dend. XV Traduction, S. 34–35, liest das Zeichen nb und zieht es zum vorigen Ausdruck: „zu allen Göttern“. Entsprechend übersetzt sie die folgende Form nicht als Substantiv, sondern „du bist dauerhaft…“. 1702 Vgl. zur Übersetzung CAUVILLE, Dend. XV Traduction, S. 34–35. 1703 Als Bezeichnung des Osiris belegt, vgl. LGG III, 764b–c. 1704 CAUVILLE, Dend. XV Traduction, S. 34–35, liest Ts xa.w m pr-wr, ignoriert dabei aber . Vgl. zu obiger Lesung auch LGG II, 615c, mit weiteren Belegen. 1705 In LGG VI, 491b, trotz Hausdeterminativ und abweichender Schreibung unter sHD.t Atfj m wbn.t „die den mit der Atefkrone als Aufgehende erhellt“ aufgenommen. 1706 CAUVILLE, Dend. XV Traduction, S. 34–35, versteht m. E. die Form falsch als m wbn=T und übersetzt „…wenn du leuchtest“. Das Determinativ steht jedoch erst hinter , was darauf hindeutet, daß es sich hier um ein Substantiv handeln dürfte. 1707 Oder Hb nb.t nj.t D.t „das Fest der Herrin der Ewigkeit?“ Die Schreibung ist nicht eindeutig; entweder ist das Hb-Zeichen nicht ausgefüllt, oder ein Determinativ für Hb fehlt. 1708 Zum „Fest der Ewigkeit“, das in Behbeit el-Hagar und Dendara mit der Wiederbelebung des Osiris verbunden ist, siehe MEEKS, Mythes et légendes, S. 280.
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