Internationalisierung im Einzelhandel: Strategische Optionen und Erzielung von Wettbewerbsvorteilen [1 ed.] 9783428487806, 9783428087808

Mit der vorliegenden Publikation löst sich der Autor von herkömmlichen Betrachtungen und diskutiert sowohl Gestaltung al

141 47 97MB

German Pages 353 Year 1997

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Internationalisierung im Einzelhandel: Strategische Optionen und Erzielung von Wettbewerbsvorteilen [1 ed.]
 9783428487806, 9783428087808

Citation preview

GERT GEORGE

Internationalisierung im Einzelhandel

SCHRIFTEN ZUM MARKETING herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h. c. Erwin Dichtl, Mannheim Prof. Dr. Franz Böcker t, Regensburg Prof. Dr. Hermann Diller, Nürnberg Prof. Dr. Hans H. Bauer, Mannheim Prof. Dr. Stefan Müller, Dresden Prof. Dr. Michael Lingenfelder, Marburg Band 44

Internationalisierung im Einzelhandel Strategische Optionen und Erzielung von Wettbewerbsvorteilen

Von

Gert George

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

George, Gert:

Internationalisierung im Einzelhandel : strategische Optionen und Erzielung von Wettbewerbsvorteilen I von Gert George. Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum Marketing; Bd. 44) Zug!.: Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08780-1

n2 Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0343-5970 ISBN 3-428-08780-1 Gedruckt auf aIterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 §

Vorwort

Zum Zeitpunkt der Publikation vorliegender Arbeit erscheint das Thema Internationalisierung von Handelsunternehmungen aktueller als je zuvor. Der Einzelhandel ordnet seine bestehenden und wendet sich neuen Strategien und Strukturen fiir das kommende Jahrtausend zu. Dabei wird er anscheinend weder von geographischen Grenzen noch von psychologischen Barrieren aufgehalten. Verflechtungen von traditionellen und neuen Märkten sowie Branchen nehmen zu, die Wertschöpfungskette gewinnt im Zusammenhang mit der Gestaltung von Schnittstellen zu Lieferanten und Dienstleistern erneute Aktualität, und die Orientierung an Prozessen wird zunehmend fiir den Einzelhandel diskutiert. Vor dem Hintergrund der Internationalisierung ein Spagat filr den Einzelhandel bei der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen? V orliegende Arbeit, die im Herbst 1995 als Dissertation von der Wirtschaftsund Sozialwissenschaftlichen Fakultät an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Ntimberg angenommen wurde, ist von diesen Überlegungen geprägt. Den Anstoß zur Auseinandersetzung mit der Thematik habe ich meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. H. Diller, Lehrstuhl rur Marketing der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, zu verdanken. Neben der Übernahme des Erstreferats hat er durch Anregungen und kritische Diskussionen bei der Bearbeitung der Problematik unterstützt. Das Zweitgutachten wurde von Prof. Dr. RN. Kumar, Lehrstuhl rur internationales Management an der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nilmberg, erstellt. Dank gilt darüber hinaus der Gesellschaft fiir innovatives Marketing e.V. (GIM), die vorliegende Arbeit förderte. Stellvertretend fiir die Unternehmen, die Einblicke gewährt, Fallstudien ermöglicht und sich der Diskussion über den vorliegenden Untersuchungsgegenstand gestellt haben, sei an dieser Stelle die PORST AG genannt. Zu Dank verpflichtet bin ich all den (ehemaligen) Kollegen und Mitarbeitern am Lehrstuhl fiir Marketing, die fiir ein anregendes (Arbeits-)Umfeld sorgten. Für die konstruktiven Diskussionen und Anmerkungen geht ein großer Dank insbesondere an Imaan Bukhari, Andreas Brielmaier und Dr. Peter Götz.

6

Vorwort

Herzlicher Dank an alle jene, die darüber hinaus direkt und indirekt fUr die notwendige Unterstützung zur Erstellung der vorliegenden Arbeit gesorgt haben. Vielen davon bin ich persönlich verbunden und habe es auf persönlichere Weise zum Ausdruck gebracht. Erforderlich war insbesondere ihr Verständnis fUr die eingebrachte und nicht reproduzierbare Zeit, die sie damit gleichennaßen eingebracht haben. Meinen lieben Eltern gilt in diesem Sinne besonderer Dank, haben sie mich auf meinem Lebens- und Ausbildungsweg in jeder Hinsicht stets gefOrdert und begleitet. Meinem Vater, dem nur die Zeit vergönnt war, das Anfangsstadium vorliegender Arbeit zu erleben, sei diese gewidmet.

Nürnberg, 1996/97

Dr. Gert George

Inhaltsverzeichnis

Kapitel J Bedeutung der Internationalisierung für den Einzelhandel A.

B.

C.

19

Internationalisierung als strategische Neuorientierung des Einzelhandels . . . . . . 19

I.

Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile als Gegenstand der Untersuchung ................................................ 19

11.

Der Markteintritt der PORST AG in Ungarn als Fallstudie zur Internationalisierung im Einzelhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Terminologische Basis der vorliegenden Untersuchung ................... 28

I.

Abgrenzung der, Internationalisierung im Einzelhandel' . . . . . . . . . . . . . . . 28

11.

Abgrenzung des Begriffs, Wettbewerbsvorteil' ...................... 30

Konzeption der Untersuchung ....................................... 33

I.

Zielsetzung der Untersuchung und Vorgehensweise .................. 33

11.

Empirische Fundierung der Untersuchung .......................... 36

Kapitel 2 Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile der Einzelhandelsunternehmung A.

40

Internationalisierung und Einzelhandelsunternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

I.

Zum Stand der Forschung ....................................... 40

11.

Spezifika internationaler Unternehmenstätigkeit des Einzelhandels ....... 45

III. Prozessuale Sichtweise der Internationalisierung im Einzelhandel ....... 49

8 B.

Inhaltsverzeichnis Die Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel ... . .......... 53 I.

Wettbewerbstheoretische Betrachtungsansätze ....................... 54 1. Das Fundament des Industrial-Organization-Ansatzes .............. 54 2. Der Resource-Based Ansatz im strategischen Management .......... 59

II.

Strukturierung internationaler Wettbewerbsvorteile ................... 65 I. Internationale Wettbewerbsvorteile in der Theorie ................. 65 2. Die Internationalisierungstahigkeit der Handelsunternehmung ....... 73

III. Leistungserstellung und internationale Wettbewerbsvorteile im Einzelhandel ..................................... . ........ 78 1. Systematik der zu untersuchenden Ansätze ...................... 78 2. Die Potentialdimension in der Handelsunternehmung - die handelsbetrieblichen Leistungsfaktoren ............................... 81 a) Internationaler Tausch von Leistungsfaktoren ................. 82 b) Internationale Bündelung von Leistungsfaktoren ............... 88 c) Internationaler kalkulatorischer Ausgleich von Leistungsfaktoren . 94 3. Die handelsbetrieblichen Prozesse - die Wertkettenanalyse ......... 99 a) Anknüpfungspunkte an der Wertkette der Einzelhandelsunternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 100 b) Internationale Prozeßkonfiguration und -koordination ......... 105 c) Internationale Verflechtungen im Wertsystem ................ 113 IV. Synopse internationaler Wettbewerbsvorteile im Einzelhandel ......... 121

C.

Externe Einflußfaktoren der Internationalisierung von Handelsunternehmen .. 127 I.

Entwicklung internationaler Wettbewerbs- und Verbrauchsstrukturen ... 128

II.

Internationale Wanderbewegungen des Einzelhandels ................ 131

III. Die Triebkräfte der Internationalisierung im Einzelhandel . . . . . . . . . . . . . 134

D.

Internationalisierung im Zielsystem der Handelsunternehmung ............ 140 I.

Internationalisierung und Unternehmenszie\e der Handelsunternehmung . 140

Inhaltsverzeichnis 11.

Zielorientierung und internationale Einzelhandelstätigkeit

9 143

1. Wachtumsorientierung im Einzelhandel ........................ 143 2. Wettbewerbsorientierung des Einzelhandels .................... 146 3. Nutzung horizontaler Marktsynergien ......................... 150 4. Risikoaspekte der Internationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 154 III. Empirische Ergebnisse zum Internationalisierungserfolg . . . . . . . . . . . . . . 158

E.

Ein Basismodell zur Erklärung internationaler Wettbewerbsvorteile im Einzelhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Kapitel 3

Die inhaltlich-strategische Ausgestaltung der Internationalisierung A.

B.

165

Stoßrichtungen und instrumentelle Ausgestaltung der Internationalisierung . .. 165

I.

Internationale Wachstumspfade der Handelsunternehmung ............ 165

11.

Internationaler Einsatz von Instrumenten des Handelsmarketing . . . . . . .. 171

Koordinationsmechanismen internationaler Einzelhandelstätigkeit . . . . . . . . . . 176

I.

Koordinationsmechanismen im Zuge des internationalen Markteintritts .. 176 1. Statische Betrachtung der Koordinationsmechanismen ............ 176 2. Dynamische Betrachtung der Koordinationsmechanismen ......... 185

11.

C.

D.

Die Handelsunternehmung als Koordinator der Leistungserstellung ..... 188

Timing von Internationalisierungsaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 191

I.

Bestimmung des Markteintrittszeitpunkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 192

11.

Internationale Expansionsgeschwindigkeit und Optionen des Markteintritts ............................................... 199

Länderwahl bei der Internationalisierung .............................. 202

I.

Einflußfaktoren und Phasen der geographischen Ausbreitung von Handelsunternehmen ......................................... 202

10

Inhaltsverzeichnis 11.

E.

Bestandsaufnahme der Ziel märkte internationaler Handelsunternehmen .. 206

Das Strategieprofil der internationalen Einzelhandelsunternehmung ...... . .. 211

Kapite/4 Die Gestaltung von Geschäftsprozessen in der internationalen Einzelhandelsunternehmung A.

213

Prozesse des Betriebstypenmanagements .............................. 213 I.

Prozeßdarstellung des Betriebstypenmanagements ................... 213

11.

Prozeßorganisation des Betriebstypenmanagements .................. 226

III. KurzfaJlstudie zum internationalen Betriebstypenmanagement ...... . .. 230

B.

Prozesse des Sortimentsmanagements ................................ 240 I.

Prozeßdarstellung des Sortimentsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

11.

Prozeßorganisation des Sortimentsmanagements ............ . .... . .. 250

III. Kurzfallstudie zum internationalen Sortimentsmanagement .... . .... . .. 258

C.

Prozesse des Beschaffungsmanagements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I.

Prozeßdarstellung des Beschaffungsmanagements ................... 263

11.

Prozeßorganisation des Beschaffungsmanagements .................. 270

III. Kurzfallstudie zum Beschaffungsmanagement .. . ........ . .. . ....... 275

D.

Prozesse der Warenflußgestaltung ................................... 278 I.

ProzeßdarsteJlung der Warenflußgestaltung .... . ........... . ....... 278

11.

Prozeßorganisation der Warenflußgestaltung ....................... 285

III. Kurzfallstudie zur Warenflußgestaltung ........................... 289

E.

Zusammenfassende Betrachtung der internationalen Gestaltung des Geschäftssystems ................................................ 292

Inhaltsverzeichnis

11

Kapitel 5 Know-how-Transfer und organisationaler Wandel in der internationalen Handelsunternehmung

298

A.

Die Implementierungsflihigkeit der internationalen Handelsunternehmung ... 298

B

Know-how-Transfer in der internationalen Einzelhandelsunternehmung .. . .. 303

C.

I.

Arten des Know-how-Transfers in der internationalen Handelsunternehmung ................................ . ....... 303

11.

Einsatz von Change-Agents für den Know-how-Transfer ..... . ....... 307

Zielkorridor des organisatorischen Wandels in der internationalen HandeIsunternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 I 0

Kapitel 6 Zusammenfassende Betrachtung und Ausblick

317

Literaturverzeichnis ................................ . ................. 322

Tabellenverzeichnis

Tabelle l.l:

Zusammensetzung der Stichprobe nach Branchen und Umsatzgrößenklassen .......................................... 38

Tabelle 2.1 :

Empirische Untersuchungen zur Internationalisierung im Einzelhandel ................................................ 43 Arten, Entstehungsorte und Quellen internationaler Wettbewerbsvorteile ............................................... 68 Beispielhafte Synergiepotentiale von Einzelhandelsunternehmen .. 69 Organisationsmuster und Koordinationsmechanismen der internationalen Unternehmung ................................ 72 Bewertungsmatrix der zu diskutierenden Ansätze .............. 80 Eignung der Leistungsfaktoren für den internationalen Faktortausch ................................................ 83 Eignung der Leistungsfaktoren für die internationale Faktorbündelung ............................................. 90 Berücksichtigung internationaler Wettbewerbsvorteile in den untersuchten Theorieansätzen ............................ 123 Voraussetzungen zur Erzielung internationaler Wettbewerbsvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 126 Bedeutungsgrad einzelner Anstoßfaktoren der Internationalisierung .............................................. 137 Faktoranalytische Verdichtung von Anstoßkräften der Internationalisierung ......................................... 139 Bedeutung und Erreichungsgrad von Internationalisierungszielen 159

Tabelle 2.2: Tabelle 2.3: Tabelle 2.4: Tabelle 2.5: Tabelle 2.6: Tabelle 2.7: Tabelle 2.8: Tabelle 2.9: Tabelle 2.1 0: Tabelle 2.11 : Tabelle 2. 12: Tabelle 3.1: Tabelle 3.2: Tabelle 3.3: Tabelle 3.4: Tabelle 3.5: Tabelle 3.6: Tabelle 3.7:

Vergleich internationaler Koordinationsformen . . . . . . . . . . . . . .. Empirische Ausprägungen internationaler Koordination . . . . . . .. Faktoranalytische Verdichtung der Koordinationsmechanismen der Internationalisierung ................................ Korrelationen zwischen Koordinationsmechanismen der Internationalisierung ....................................... Situativer Bedingungsrahmen für den Marktpionier bei der Wahl zwischen Internationalisierungsführerschaft und -folgerschaft ... Exemplarische Aufstellung von Markteintrittskosten nach Eintrittsformen ................... : ....................... Stammärkte internationaler Einzelhandelsunternehmen in Europa

178 179 181 182 196 200 209

Tabellenverzeichnis

Tabelle 4.1 : Tabelle 4.2: Tabelle 4.3: Tabelle 4.4: Tabelle 4.5: Tabelle 4.6: Tabelle 5.l: Tabelle 5.2:

Infonnationsbeschaffung im Rahmen der Internationalsierung nach zeitlicher Internationalisierungserfahrung ... . . . . . . . . . . . . Berechnung des Umsatzpotentials der PORST AG in Ungarn ..... Umsatzpotentiale von FOFOTOIPORST nach Leistungsarten und Ortschaften ........................................... Investitionsentwicklung der PORST AG in Ungarn ............. Entwicklung der Betriebstypenkonzepte der PORST AG in Ungarn Beschaffungspolitik des internationalen Einzelhandels .........

13

217 231 233 235 239 269

Regressionsanalyse zur Erklärung des Zentralitätsgrades der Gesamtunternehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Zielkorridor des organisatorischen Wandels und Stufen der Implementierung ...................................... 315

Abbildungsverzeichnis

Abbildung

1.1:

Konzeption und Vorgehensweise der Untersuchung ......... 35

Abbildung 2.1 :

Wettbewerbsstrategien und Wettbewerbsvorteile in der Übersicht .............................................. 55 Relative Marktanteile im europäischen LEH ............... 57 Der Resource-based Ansatz und Wettbewerbsvorteile ........ 63 Überwindung klassischer und ländermarktspezifischer Eintrittsbarrieren ....................................... 77 Dimensionen der Leistungserstellung im Einzelhandel ....... 79 Deckungsgrad und Anpassungsgrad internationaler Sortimente in Food- und Non-Food Einzelhandel. .................... 87 Bündelungspotentiale bei der internationalen Warenbeschaffung .............................................. 93 Kalkulatorischer Ausgleich bei internationalen Handelsunternehmen ............................................ 97 Wertkette für eine fiktive Handelsunternehmung (mit Zentrallagerstufe ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 102 Internationale Geschäftstätigkeit und Wertkette ............ 105 Internationale Konfiguration und handelsbetriebliehe Prozesse 112 Lebenszyklusphasen ausgewählter Betriebsformen im europäischen Einzelhandel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 133 Alternative Wachstumsoptionen des Einzelhandels ......... 144 Entwicklung von Betriebshandelsspanne, Kosten und Wareneinsatz im deutschen Facheinzelhandel .................. 151 Verteilung des standardisierten Erfolgsindex .............. 161 Basismodell internationaler Wettbewerbsvorteile im Einzelhandel ........................................... 163

Abbildung 2.2: Abbildung 2.3: Abbildung 2.4: Abbildung 2.5: Abbildung 2.6: Abbildung 2.7: Abbildung 2.8: Abbildung 2.9: Abbildung 2.10: Abbildung 2.11: Abbildung 2.12: Abbildung 2.13: Abbildung 2.14: Abbildung 2.15: Abbildung 2.16:

Abbildung 3.1 : Abbildung 3.2: Abbildung 3.3: Abbildung 3.4: Abbildung 3.5:

Wachstumspfade der Internationalisierung................ Lokale Anpassung der Instrumente des Handelsmarketing ... Bedeutung der Marketinginstrumente innerhalb des internationalen Marketing-Mix ............................ Faktorielle Positionierung und Clusterzugehörigkeit nach den Koordinationsmechanismen der Internationalisierung ... Übergang von Markteintritt zur Marktbearbeitung am Beispiel der PORST AG in Ungarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

166 173 175 183 186

Abbildungsverzeichnis Abbildung 3.6: Abbildung 3.7: Abbildung 3.8: Abbildung 3.9: Abbildung 3.10: Abbildung 3.11:

Abbildung 4.1 : Abbildung 4.2: Abbildung 4.3: Abbildung 4.4: Abbildung 4.5: Abbildung 4.6: Abbildung 4.7: Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung

4.8: 4.9: 4.10: 4.11: 4.12:

Abbildung 4.13: Abbildung 4.14: Abbildung 4.15: Abbildung 4.16: Abbildung 4.17: Abbildung 4.18: Abbildung 4.19: Abbildung 4.20:

Strategische Programme der Internationalisierung. . . . . . . . . . Klassifikation von Leistungs- und Markteintrittskoordination . Zeitpunkte des internationalen Markteintritts in Pioniermärkte ........................................... Zeitpunkte des internationalen Markteintritts in existierende Märkte ........................................... Europäische Zielmärkte der befragten Einzelhandelsunternehmen und kulturelle Nähe zu Deutschland ................. Exemplarisches Strategieprofil fiir die internationale Geschäftstätigkeit von ALD! ............................. Prozeßhierarchie fiir das Betriebstypenmanagement ........ Beta-Werte von Imagevariablen, bezogen auf die VerkaufssteIlenzufriedenheit ................................. Vorgehensweise bei der länderspezifischen Umsetzung von Konzeptelementen .................................. Standortbestimmung am Beispiel eines SB-WarenhausKonzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konfigurationsmatrix fiir die Subprozesse des Betriebstypenmanagements ...................................... Umsatz, Flächen, Verkaufsflächenproduktivität ausgewählter PORST Standorte in Ungarn ........................... Umsatz in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche bei PORST Standorten in Ungarn ................................ Entwicklung ausgewählter PORST Standorte in Ungarn ...... Prozeßhierarchie fiir das Sortimentsmanagement . . . . . . . . . . . Segmentansprache mit länderübergreifenden Sortimenten ... Sortimentspreislagen bei Hersteller- und Handelsmarken .... Zusammensetzung des internationalen Sortiments einer fiktiven Handelsunternehmung ........................... Schematische Darstellung von Ordersatz und gefiihrten Sortimenten einer fiktiven internationalen Betriebstypenschiene . Konfigurationsmatrix für die Subprozesse des Sortimentsmanagements ...................................... Prozeßinhaber im internationalen Sortimentsmanagement ... Tensor-Prozeßorganisation im internationalen Sortimentsmanagement ....................................... Nationale Filialleitung als Warengruppenmanager aufLänderebene .......................................... Vorschlag fiir das internationale Sortimentsmanagement der PORST AG ......................................... Prozeßhierarchie fiir das Beschaffungsmanagement ........ Exemplarische Umsetzung von Vorgaben des Sortimentsmanagements im Beschaffungsmanagement ..............

15 187 190 195 198 207 212 215 218 220 222 227 236 237 238 240 242 245 247 248 251 254 256 258 262 264 267

16 Abbildung 4.21: Abbildung 4.22: Abbildung 4.23: Abbildung 4.24: Abbildung 4.25: Abbildung 4.26: Abbildung 4.27: Abbildung 4.28: Abbildung 4.29:

Abbildung 5.1: Abbildung 5.2: Abbildung 5.3: Abbildung 5.4:

Abbildungsverzeichnis Konfigurationsmatrix rur die Subprozesse des Beschaffungsmanagements ...................................... Organisatorische Einbindung des Beschaffungsmanagements . Vorschlag rur die organisatorische Gestaltung des internationalen Beschaffungsmanagements der PORST AG ......... Prozeßhierarchie rur die Warenflußgestaltung ............. Exemplarische Darstellung der internationalen Warenverteilung im Raum. . .................................. Konfigurationsmatrix rur die Subprozesse der Warenflußgestaltung ........................................... Vorschlag rur die internationale Warenflußgestaltung bei der PORST AG ...................................... Horizontale Schnittstellen der Prozeßorganisation ......... Inter- und intraprozessuale Kommunikation in der Handelsunternehmung ..................................... Diskontinuierliche und permanente Implementation in der Handelsunternehmung ............................... Inhalte und Lerntiefe des Know-how-Transfers bei der Internationalisierung von Handelsunternehmen ............... Change-Agents bei der Implementierung von Internationalisierungsentscheidungen .............................. Mitarbeiterherkunft in den bearbeiteten Zielmärkten ........

271 274 277 279 284 286 291 293 295

301 304 307 312

Abkürzungsverzeichnis CWWS DHI DPK DPP ECR EDIFACT EDV EHI EVP F&E GWA IPLZ IT JIT

KMO LEH MSA MTM PLU POS PR RMA

ROI SB SEDAS SEP SGE SINFOS TQM WKZ ZBB ZVL 2 George

Computergestützte Warenwirtschaftssysteme Deutsches Handelsinstitut, Köln Direkte Produktkosten Direkte Produktprofitabilität Efficient Consumer Response Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport Elektronische Datenverarbeitung Europäisches Handelsinstitut, Köln (vormals siehe DHI) Endverbraucherpreis Forschung und Entwicklung Gemeinkostenwertanalyse Internationaler Produktlebenszyklus Informationstechnologie Just-in-time Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium Lebensmitteleinzelhandel Measure of sampling adequacy Methods Time Measurement Price-look-up Point of Sale Public-Relations Relativer Marktanteil Return-on-Investment Selbstbedienung Standardregelungen rur Einheitliche Daten-Austausch-Systeme Strategische Erfolgsposition Strategische Geschliftseinheit SEDAS Informationssatz Total Quality Management Werbekostenzuschuß Zero-Based-Budgeting Zentralverteillager

Kapitell

Bedeutung der Internationalisierung für den Einzelhandel Im einfilhrenden Kapitel zur Bedeutung der Internationalisierung im Einzelhandel wird zunächst die Problemstellung der vorliegenden Arbeit abgegrenzt. Dabei gilt es, länderüberschreitende Absatzaktivitäten des Einzelhandels als eine in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewinnende Form der Auseinandersetzung im Wettbewerb darzustellen. Die an einem Einzelfall aufgehängte Diskussion von Problemfeldern bei der Internationalisierung dient zum einen der Identifikation möglicher Untersuchungsfelder und zum anderen der Sensibilisierung auf den Untersuchungsgegenstand. Im Anschluß daran werden ein gemeinsames Verständnis von ,Internationalisierung im Einzelhandel' sowie die Abgrenzung des Begriffs, Wettbewerbsvorteil' erarbeitet. Die abschließenden Ausfiihrungen stellen die Zielsetzung und weitere Vorgehensweise sowie die empirische Fundierung der vorliegenden Untersuchung dar.

A. Internationalisierung als strategische Neuorientierung des Einzelhandels I. Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile als Gegenstand der Untersuchung

War es allem Anschein nach vor einigen Jahren noch widersinnig, im Zusammenhang mit dem Einzelhandel, der seit jeher mit der Formel ,,retailing is local" belegt wird, von Internationalisierung zu sprechen, so hat sich dieses Bild grundlegend gewandelt. l Gleichwohl stellt sich die Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen als keineswegs neues Phänomen dar. Betrachtet man grenzüberschreitende Absatzaktivitäten von Einzelhändlern, so lassen sich die ersten internationalen Engagements von WOOLWORTH, einem amerikanischen Betreiber

Vgl. GeorgelDilIer (1993), S. 165; Tietz (1992a), S. 233ff.; Tietz (199Ia), S. 4ff. 2"

20

Kapitell: Bedeutung der Internationalisierung

von Kleinpreisgeschäften mit Outlets in England und Deutschland, auf die Jahre 1909 bzw. 1925 datieren. 2 Folgten in den 60er und 70er Jahren eher sporadische Internationalisierungsversuche überwiegend amerikanischer und britischer Einzelhandelsunternehmen, läßt sich in den 80er Jahren sowohl im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) als auch im Non-Food-Einzelhandel eine breite Aufgabe der rein nationalen Orientierung feststellen. 3 Die internationalen Aktivitäten von METRO, ALD! und PROMODES im LEH oder von IKEA, BENETTON, Toys 'R Us und PORST im Non-food-Einzelhandel stehen nur exemplarisch fiir diese Entwicklungen. Für das Jahr 1992 weisen die vom Informationsdienst M+M-EuRODATA erfaßten 160 umsatzstärksten europäischen Unternehmen des LEH zwar absolut erst 58 international tätige Einzelhandelsunternehmen aus, jedoch repräsentieren diese einen Anteil von 54,3% des gesamteuropäischen LEH-Umsatzes. 4 Mögen die frühen internationalen Engagements von Einzelhandelsunternehmen durch "Pioniergeist" und eine pragmatische Vorgehensweise gekennzeichnet sein, so sind Übereinstimmungen zur Metapher vom "Einzelhändler als Nicht-Strategen" auszumachen. 5 Gleichwohl haben aus theoretischer Sicht die dem Einzelhandel vorgeworfenen Defizite im Bereich der strategischen Führung durch Aufarbeitung in der Literatur Berücksichtigung gefunden. 6 Darüber hinaus zeigen die empirischen Ergebnisse von Hartmann, daß gerade umsatzstarke Handelsbetriebe eine strategische Planung institutionalisiert bzw. implementiert haben.? Als Begründung dafiir läßt sich die erhöhte Planungsnotwendigkeit bei einem Anwachsen der Betriebsgrößen und der damit steigenden internen Komplexität der Handelsunternehmung heranziehen. 8 Die Mitte der 90er Jahre im Einzelhandel diskutierten Themen wie Category Management, Efficient Consumer Response (ECR) oder Electronic Data Interchange (EDI) dokumentieren gleichfalls eine zunehmende Betonung langfristiger Maßnahmen, die ihren Ausgangspunkt in der Antizipation von Konsumentenbedürfitissen haben und auf (zumeist) kooperative, strategische

Vgl. Berekoven (1986), S. 59. Vgl. Kacker (1985a), S. 143; Kacker(1985b), S. 7ff. Eigene Berechnung nach M+M Eurodata (1993). Vgl. Hansen (1990), S. 548. Vgl. Rosenbloom (1980), S.107ff.; Ansätze zur strategischen Führung in Handelsbetrieben sind z.B. zu finden bei Drexel (1981), Wehrle (1984), Heinemann (1989) und Hartmann (1992) sowie in den Schriften der FfH. V gl. z.B. Trommsdorff (1992). Vgl. Hartmann (1992), S. 67f. und 410-414. Vgl. Hansen (1990), S. 549; Berekoven (1990), S. 409.

A. Internationalisierung als strategische Neuorientierung

21

Bindungen mit Herstellern und Lieferanten ausgelegt sind. 9 Damit besetzt der Einzelhandel seine Rolle als idealtypische Marketinginstitution nicht mehr nur in der Theorie, sondern gleichfalls in der Praxis. lo Besteht fiIr Einzelhandelsunternehmen auf der einen Seite die Notwendigkeit, durch flexiblen Einsatz kurzfristiger Marketingaktivitäten Chancen an den einzelnen Standorten zu nutzen, erfordert auf der anderen Seite die Zunahme von Komplexität, Diskontinuitäten und Dynamik die Defmition von "strategischen Stoßrichtungen"ll, die als Regulativ das unternehmerische Handeln kanalisieren. 12 Nachdem Marketing den Umgang mit Märkten bedeutet, sind wettbewerbliche Aspekte grundlegender Bestandteil jeglicher Marketingstrategie. 13 Dabei liegt bereits den Grundgedanken des strategischen Marketings und Managements die Ausrichtung auf Möglichkeiten zur Erzielung und Erhaltung von Wettbewerbsvorteilen zugrunde. Die aufgrund zunehmender Uniformität von Sortimenten und Betriebstypenkonzeptionen ausgelöste Diskussion um eine Betriebstypenprofilierung ist Ausdruck der Suche nach dauerhaften Differenzierungsmöglichkeiten. 14 Darüber hinaus dokumentieren die Auseinandersetzung mit Category Management und ECR ebenso wie die Übertragung von Gedanken des Lean-Managements oder Reengineerings auf den Einzelhandel das Bedürfnis, bestehende (bisher i.d.R. noch interne) Strukturen auf ihre Effizienz und Effektivität hin zu prüfen. ls Interpretiert man Internationalisierung als eine strategische Stoßrichtung der Einzelhandelsunternehmung l6 , so hat sie sich - aufgrund der Inhärenz wettbewerblicher Aspekte - explizit an der Erzielung und Erhaltung von Wettbewerbsvorteilen auszurichten. Die im internationalen Kontext zumeist durchgefiihrte Abwägung zwischen länderübergreifender Standardisierung ("soviel wie möglich") und nationaler Differenzierung ("soviel wie notwendig") von Marketinginstrumenten

10

11 12

13

14

15

16

Vgl. Gerling (1994), S. 7ff.; Speer (1994), S. 12ff.; Bruin (1994), S. 2ff.; Hollreiser (1994), S. 27ff.; Frederick (1994), S. 19ff.; Simmet (1993), S. 260. Vgl. Mattmüller (1991), S. J28. Hax/Majluf(1988), S. 73. Vgl. Kirsch (1990), S. 224ff.; MintzberglWaters (1987), S. 257ff.; Wüthrich (1991), S. 48ff.; Berekoven (1990), S. 409f.; Hansen (1990), S. 547. Vgl. NieschlagIDichtllHörschgen (1994), S. 127ff.; Kotler/Bliemel (1992), S. 25; Böhler (1992), S. 125. V gl. MeffertlHeinemann (1989), S. 119ff.; Berekoven (1990), S. 425f.; Heinemann (1989), S. 5ff. Vgl. O'Connor (1991), S. 31ff.; Hollreiser (1994), S. 27; Biehl (1994b), S. J6ff. Vgl. Kapitell, B.I. und 2, D.I.

22

Kapitel I: Bedeutung der Internationalisierung

und damit -inhalten mag dabei aus zwei Gründen nicht befriedigen: 17 Zum einen gibt es keine konkreten Bestimmungsfaktoren fiir diesen ,Mittelweg', so daß allenfalls Heuristiken aufgestellt werden könnten, die eine Handelsunternehmung in ihren Entscheidungen auf dem Entwicklungspfad von der nationalen zur internationalen Unternehmung nur unzureichend unterstützen. 18 Zum anderen läßt sich die Auseinandersetzung im internationalen Wettbewerb keineswegs auf eine instrumentale Betrachtung des Marketings reduzieren. Vielmehr erfordert die Frage nach der Gestaltung des internationalen absatzgerichteten Engagements einer Handelsunternehmung Antworten darauf, ob sich die traditionelle Standardisierungs- versus Dijferenzierungsdiskussion überwinden läßt und spezifische Koordinationsmechanismen zur Erlangung länderübergreifender Wettbewerbsvorteile gefunden werden können. Einfilhrend wird im folgenden die Internationalisierung der PORST AG (Schwabach/Mittelfranken) mit ihrem Markteintritt in den ungarischen Markt dargestellt. Die Vorstellung dieser Fallstudie zu Beginn der Ausfilhrungen dient einerseits der IdentifIkation potentieller Problem- und Untersuchungsfelder und andererseits der Sensibilisierung auf den Untersuchungsgegenstand ,Internationalisierung im Einzelhandel' .19 11. Der Markteintritt der PORST AG in Ungarn als Fallstudie zur Internationalisierung im Einzelhandel

In der vorliegenden Fallstudie wird zunächst die Ausgangssituation der PORST AG im Jahr 1991 rur einen Eintritt in den osteuropäischen Markt beleuchtet, um in einem zweiten Schritt die Vorteilhaftigkeit bzw. Probleme eines internationalen Engagements abzuleiten. Eine ausfilhrliche Diskussion von Vorgehensweise und Problemlösungen bei der Internationalisierung der PORST AG erfolgt an den entsprechenden Stellen der jeweils folgenden Kapitel. Die angestellten Überlegungen beruhen auf Expertengesprächen mit Vertretern der PORST AG sowie auf Recherchen vor Ort. 20 Ausgangspunkt fiir das internationale Engagement der PORST AG stellte das von der ungarischen Vermögensverwaltung an PORST herangetragene Übernahme-

17

18 19 20

Vgl. u.a. MeffertlBolz (1994), S. 146ff.; Berekoven (1985a), S. 135ff. Vgl. Takeuchi/Porter (1989), S. 133f. Zur Fallstudienmethode vgl. Haag (1994), S. 27If.; Eisenhardt (1989), S. 532ff. Zu den folgenden Ausfilhrungen vgl. George (1993a).

A. Internationalisierung als strategische Neuorientierung

23

angebot des ungarischen Handelsunternehmens FOFOTO dar. Das Angebot sieht eine 97%ige Beteiligung vor, die von der PORST HOLDING AG (Sitz in der Schweiz) gehalten werden könnte. Die verbleibenden 3% sollen in Form von Immobilien (Grundstücke) in den Besitz der Stadt Budapest übergehen. In den notwendigen Übernahmevereinbarungen sind zwn Schutz von FOFOTO insbesondere die Ausbildung und Schulung des Personals sowie der Transfer von Know-how als vertraglich geregelte Verbindlichkeiten aufzunehmen. Die Entscheidung über eine mögliche Beteiligung an FOFOTO erlaubte keine Verzögerung, da das Angebot aufgrund der üblichen Vorgehensweise bei Privatisierungen nicht exklusiv unterbreitet wurde. Insofern herrschte einerseits Entscheidungsdruck, andererseits öffnete sich der PORST AG ein sogenanntes "strategisches Fenster".21 Die Geschäftstätigkeit der PORST AG erstreckt sich in Deutschland sowohl auf den Einzelhandelsbereich als auch die Erstellung von Dienstleistungen, die in engem Verhältnis zur Handelsware stehen. 22 Die wesentlichen Warengruppen der PORST AG unterteilen sich in die Kernbereiche Foto und AudioNideo sowie als Zusatzsortiment den Bereich Consumer-Electronics. Die von der PORST AG in Deutschland geftlhrten Betriebstypenkonzepte lassen sich in eigene Filialen sowie in ein abgestuftes Franchise-System mit Franchise-Fachgeschäften, FranchiseFachdepots sowie Franchise Film+Bild-Depots einteilen.23 Grundsätzlich strebt die PORST AG sowohl qualitatives als auch quantitatives Wachstum an, um die MarktsteIlung zu verbessern. Die Zielsetzung des Wachstums leitet sich bei der PORST AG aus dem Formalziel Gewinn bzw. Cash-Flow ab. Diversifikation, auch in neue Warengruppen, tlächenmäßiger Ausbau der eigenen Filialen, Gewinnung neuer Franchisepartner und Internationalisierung werden dabei als mögliche Wachstumsoptionen angesehen. Charakterisiert man die Marktsituation Ungarns im Jahr 1991, so sind zunächst ständig steigende Intlationsraten sowie eine hohe Schattenwirtschaft mit Zweitund Dritteinkünften kennzeichnend. Während 10% der Bevölkerung als "wohl-

21 Vgl. Abell (1978), S. 21ff. 22 Am Gesamtumsatz der PORST AG hat dieser Dienstleistungssektor einen Anteil von

23

26%. Besondere Bedeutung ist dabei der Herstellung von Fotoarbeiten sowohl in eigenen Großlabors (Schwabach, Dortmund, Dresden) als auch in einigen Filialen vor Ort (Express-Entwicklungen mit einem Anteil von ca. 6% an den Bildentwicklungen) beizumessen. In der Begriffsfassung des DEUTSCHEN FRANCHISE-VERBANDES wären lediglich die Franchise-Fachgeschäfte als Franchising zu bezeichnen. Dieser engen Begriffsfassung wird im weiteren nicht gefolgt. Vgl. George (1993a), S. 7.

24

Kapitell: Bedeutung der Internationalisierung

habend" bezeichnet werden, ist von rund 3 Mio. Menschen auszugehen, die unter der Annutsgrenze leben?4 Aufgrund der Differenzierung der Einkommen läßt sich eine Polarisierung der Nachfrage feststellen, die auch zum Absatz von Luxusartikeln fUhrt. Der hohe Infonnationsstand ungarischer Konsumenten - nicht zuletzt erworben durch Reisemöglichkeiten in das benachbarte Österreich - fUhrt zu einer starken Qualitätsorientierung hinsichtlich Einkaufs- und Produktqualität sowie zu dem Bedürfnis nach aktuellen Produkten. Betrachtet man die Situation im ungarischen Einzelhandel, so stellt sich der Anteil des staatlichen und genossenschaftlichen Handels am gesamten Einzelhandel als noch immer stark beherrschend dar. (Sonderpreis-) Aktionen sind ebenso unbekannt wie die werbliche Hervorhebung von Preisen. Werbung gilt als unseriös und kapitalistisch, der Einkauf wird als Kommunikationsplattfonn des sozialen Lebens betrachtet. Hohe Diebstahlraten sind in einer Betrachtung der Ware als Staatseigentum zu begründen. Die häufig fehlende Motivation der Angestellten im Einzelhandel ist einerseits mit niedrigen Gehältern und andererseits mit einer Abneigung gegen planwirtschaftliehe Vorgaben zu begründen. Die technische Ausstattung des Einzelhandels z.B. mit modernen Kassensystemen oder gar Warenwirtschaftssystemen (WWS) ist als schlecht zu beurteilen. Verschärft wird die Situation im Einzelhandel durch fehlendes Kapital sowie durch Qualifikationsprobleme. Für die Unternehmung FOFOTO, dem potentiellen Übernahmekandidaten aus der Fotobranche, sind die charakteristischen Defizite des ungarischen Einzelhandels gleichennaßen gültig. So fehlen insbesondere Warenkenntnisse, da die in der Vergangenheit von staatlichen Stellen vergebenen Lizenzen zum Import von Produkten eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Konkurrenzprodukten verhinderten. Defizite im Umgang mit Kunden sowie nur rudimentäre Sortimentskenntnisse werden durch die (ehemalige) Tätigkeit in der Verteilungswirtschaft bestimmt. Schwerwiegende Mängel sind überdies in den Bereichen Warenpräsentation, Beschaffungswesen, Logistik, Führung von Marken und Sortimenten sowie dem Erkennen saisonaler Einflüsse des Geschäftsbetriebs festzustellen. Das Unternehmen FÖFOTO, ein 1951 gegründetes ungarisches Staatsunternehmen, ist in wesentlichen Teilbereichen personalintensiver als marktwirtschaftliehe Unternehmen, da noch viele Leistungen, die über die Kerngeschäfte Fotoeinzel-

24

Die Anzahl der Einwohner Ungarns beträgt 10,3 Mio. Die jährliche durchschnittliche Kaufkraft liegt bei 100.000 HUF, zum 01.08.1991 ist ein Wechselkurs von 100 DM=5.200 HUF zu unterstellen. Vgl. George (l993a), S. 1Of.

A. Internationalisierung als strategische Neuorientierung

25

handel und Fotofmishing hinaus gehen, selbst erstellt werden. Im Bereich Einzelhandel, welcher der organisatorischen Funktion Vertrieb unterstellt ist, sind insgesamt 147 Mitarbeiter in 39 Filialen (davon 34 in Budapest) beschäftigt. Die Vertriebsstruktur beinhaltet im Jahr 1991 darüber hinaus 300 sogenannte Pick-upPoints, ein landesweites System von Bildannahmestellen, die über 12 Nachtrouten zur Sammlung und Verteilung von Fotoarbeiten verknüpft sind. Die Flächen der Outlets sind mit einer durchschnittlichen Gesamtfläche von 100m2 und einer durchschnittlichen Verkaufsfläche von 30m2 im Vergleich zu den übrigen Fachgeschäften in Ungarn relativ klein. Dabei verfUgt die kleinste Filiale über lediglich 9m2 Verkaufsfläche. In einigen Outlets läßt sich die Verkaufsfläche aufgrund baulicher Gegebenheiten nur marginal vergrößern, hinsichtlich der Kundenfrequenz weisen die Standorte sehr unterschiedliche Wertigkeiten auf. Die in Ungarn üblichen Mietrechte filr Gebäude sind Eigentum der Firma FOFOTO, so daß eine Kündigung von Mietverträgen durch Dritte nicht möglich ist. Insgesamt ist die ungarische Fotobranche durch ausschließlich lokale bzw. nationale Anbieter gekennzeichnet. Die Hauptwettbewerber im Markt sind die Unternehmen FOFOTO, OFOTERTlFoTEX, SOOTERS sowie diverse private Kleinanbieter. In einem ausgeprägten Konkurrenzverhältnis stehen die Unternehmen FOFOTO und OFOTERTlFoTEX. Bewertet man die Aufnahme der internationalen Geschäftstätigkeit von PORST durch die Akquisition bzw. Beteiligung an FOFOTO, so läßt sich hinsichtlich der erzielbaren Vorteile folgendes festhalten:

o

o

o

Es besteht ein innerer Zusammenhang im Kerngeschäft beider Unternehmen. Bei FOFOTO sind eigene Outlets vorhanden, die als Basis fUr eine Ausweitung der Einzelhandelsaktivitäten der PORST AG in Ungarn dienen können. Mit den 39 Geschäften von FOFOTO sind bereits Standorte und Flächen besetzt, die fUr eine mögliche Übertragung des PORST- Konzepts nach Ungarn dienen könnten. Durch die gemeinsame Klammer im Kerngeschäft können fUr FOFOTOIPORST Degressionseffekte im Einkauf zum Tragen kommen. Gleichwohl sind derartige "economies of large scale buying" abhängig von den Sortimentsüberschneidungen in Deutschland und Ungarn und damit letztlich von dem noch zu planenden Betriebstypenkonzept fUr Ungarn. Neben kostenwirksamen Einsparungen bei einer Übertragung der in Deutschland bewährten Betriebstypenkonzepte lassen sich Differenzierungsvorteile durch den Auftritt als internationaler Film- und Fotoanbieter im ungarischen Markt nutzen.

26

o

Kapitel I: Bedeutung der Internationalisierung

Infonnationsvorteile ergeben sich aus der Zusammenfilhrung bzw. gemeinsamen Nutzung von Länderkenntnissen der FÖFOTo-Mitarbeiter und dem Know-how der PORST-Mitarbeiter über die Führung eines Einzelhandelsnetzes sowie die Betreibung von Finishing-Labors.

Diesen potentiellen Vorteilen, die gleichwohl abhängig von der zu wählenden strategischen Stoßrichtung bei der Bearbeitung des ungarischen Marktes sind, lassen sich folgende Problemfelder gegenüberstellen:

o

o

o

Der Einsatz absatzpolitischer Maßnahmen bei FÖFOTO unterscheidet sich grundlegend von dem der PORST AG. Dabei dokumentiert ein unterschiedliches Verhalten zwischen ungarischen und deutschen Konsumenten, daß eine identische (eins zu eins) Übertragung des Betriebstypenkonzeptes von PORST nur schwer bzw. nicht möglich ist. Nur wenige der vorhandenen Outlets sind aufgrund ihrer Verkaufsflächen in den Lage, die in Deutschland eingefiihrten, gleichwohl nach Flächengrößen differenzierten Betriebstypenkonzepte der PORST AG auch in Ungarn (angepaßt) wiederzugeben. Aufgrund der geringen Verkaufsflächenanteile sind daher Maßnahmen einerseits zur Erhöhung der Flächenproduktivität (Investitionen in Sachkapital) und andererseits zur Bereinigung der Filialstruktur einzuleiten. Gemeinsam mit der Erhöhung der Personalproduktivität sind die vorherrschenden Know-how-Defizite sowohl bezogen auf Managementaufgaben als auch auf den Einsatz von Techniken und Instrumenten abzustellen (Investitionen in Humankapital).

Nach dieser Kurzdarstellung der Fallstudie PORST stellt sich abschließend die Frage, welche möglichen Bearbeitungs/eider for den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ,Internationalisierung im Einzelhandel' ableitbar sind. Das Herausarbeiten erklärungsbedürftiger Phänomene ist dabei als eine wesentliche Aufgabe der Forschung anzusehen. Versucht man, das "Warum", "Wo(hin)" und "Wie" der Internationalisierung von PORST zu beleuchten, wird zunächst deutlich, daß der aufgezeigten Fallstudie bereits einschränkende Prämissen zugrunde liegen. Erstens strebt die PORST AG sowohl qualitatives als auch quantitatives Wachsfilr das unterstellt wird, es sei durch die Option der Internationalisierung erreichbar. Damit drängt sich die Frage auf, wie die Internationalisierung im Zielsystem der Handelsunternehmung verankert ist ("Warum") und in welchem Verhältnis sie zu alternativen Strategieoptionen s~eht.

tum an,

A. Internationalisierung als strategische Neuorientierung

27

Zweitens wurde mit dem an die PORST AG herangetragenen Übernahme angebot der ungarischen Vermögensverwaltung einerseits die Wahl des Ländermarktes ("Wo") und andererseits die Wahl der Markteintrittsform ("Wie") vorgegeben. Eine Entscheidung gegen den Zielmarkt Ungarn und/oder gegen die Eintrittsform Beteiligung bzw. Akquisition hätte damit auch nicht zur Internationalisierung von PORST gefilhrt. Mit anderen Worten werden länderbezogene Einflußfaktoren relevant, welche die Wahl des Zielmarktes oder gar die grundsätzliche Entscheidung über ein "Going-International" beeinflussen können. Darüber hinaus stehen einer Handelsunternehmung unterschiedliche Alternativen hinsichtlich der Markteintrittsform bzw. der Koordination des Markteintritts offen. War die PORST AG im Zuge des Eintritts in den ungarischen Markt auf die Beteiligung bzw. Akquisition von FOFOTO festgelegt, ist fraglich, ob diese Koordinationsform als effizient zu beurteilen ist oder ob es geeignetere Koordinationsformen gibt. Die Überlegung, das von der PORST AG in Deutschland genutzte kombinierte Filial- und Franchisesystem im ungarischen Markt zu implementieren, filhrt zur Ableitung von zwei weiteren Problemfeldern: Zum einen werden Mittelentscheidungen der Internationalisierung angesprochen, bei denen zwischen einer (weitgehend) identischen Übertragung eines bereits existierenden Betriebstypenkonzepts oder dem Aufbau eines völlig neuen Konzepts unterschieden werden kann. Zum anderen stellt sich ein Wechseln zwischen Koordinationsformen im Zeitablauf - wie im vorliegenden Fall möglicherweise von der Akquisition von FOFOTO hin zur Vergabe der Outlets an Franchise-Partner - als ein weiteres Untersuchungsfeld dar. Weitet man diese dynamische Perspektive aus, so stellt sich zudem die Frage nach dem Timing, also dem ,,richtigen" Zeitpunkt sowie der Expansionsgeschwindigkeit von Internationalisierungsaktivitäten. Neben diese, auf einer inhaltlich-strategischen Ebene der Internationalisierung identifizierbaren Problembereiche rückt im Zusammenhang mit der länderübergreifenden Marktbearbeitung die Gestaltung des internationalen Geschäftssystems in der Handelsunternehmung. Überlegungen zum internationalen Geschäftssystem beinhalten mit der Ausgestaltung des Marktauftritts sowie der organisatorischen Gestaltung länderübergreifender Aktivitäten eine gleichsam implementierungsorientierte Sichtweise des "Going-International". In diesem Zusammenhang läßt sich aus dem Fall des Eintritts der PORST AG in den ungarischen Markt die besondere Bedeutung des Transfers von Know-how ableiten.

28

Kapitel I: Bedeutung der Internationalisierung

B. Terminologische Basis der vorliegenden Untersuchung I. Abgrenzung der ,Internationalisierung im Einzelhandel'

Nähert man sich einem Begriffsverständnis von ,Internationalisierung im Einzelhandel', so läßt sich zunächst Dülfers Abgrenzung von ,Internationalisierung' als ,jede Art der Aufuahme erstmaliger oder zusätzlicher grenzüberschreitender Aktivitäten" aufgreifen. 25 Von SteinmanniSchreyägg wird Internationalisierung als eine Strategie im Kontext der strategischen Optionen auf GesamtunternehmensEbene angesehen. 26 Betrachtet man handelsspezifische Literatur, so ist zunächst die Auseinandersetzung mit heschaffongsseitiger sowie ahsatzseitiger Internationalisierung von Handelsunternehmen festzustellen. 27 Eine derartige Diskussion ist über die besondere Stellung des institutionellen Einzelhandels zu begründen, dessen Interaktionsprozesse und distributiven Funktionen aus dem Spannungsausgleich zwischen Produktions- und (End-) Verwendungsbereich ableitbar sind. 28 Dabei formuliert Gümbel zutreffend, daß die Handelsunternehmung als Transaktionskostenspezialist am Markt auftritt. 29 Nachdem nun in der strategischen Planung die Grundfragen nach zukünftigen Geschäftsfeldern sowie den Stoßrichtungen, mit denen Wettbewerbern zu begegnen ist, beantwortet werden sollen, stellen gleichwohl internationale Beschaffongsmaßnahmen keine eigenständigen Strategien dar. Vielmehr haben sie Mittelcharakter und dienen der Realisierung von Wettbewerbsstrategien. 3o Dennoch wurden in den vergangenen Jahren Tendenzen zum Global Sourcing als "Strategie des Versorgungsmanagements" - die im Handel freilich seit Jahrzehnten praktiziert wird31 - besonderer Betrachtung unterzogen. 32 Unabhängig davon ist einer systematischen Ausdehnung der Beschaffungspolitik auf internationale Beschaffungs-

25 26 27 28

29 30

31

32

V gl. Dülfer (1982), S. 50. Vgl. SteinmannlSchreyögg (1990), S. 186. Für den Handel ähnlich vgl. Tietz (1993a), S. 1495. Vgl. Meissner/Simmet (1990), S. 33-37; Tietz (I 990a), S. 20; van den ToornlFriedmann (1992), S. 237ff.; Gugelmann (1992), S. 273. Vgl. Hansen (1990), S. 13 und S. 464ff. Vgl. Gümbel (1985), S. 112f.; Williamson (1985), S. 223; Picot (1986), S. 3. Vgl. SteinmannlSchreyögg (1990), S. 188. Vgl. Meissner/Simmet (1990), S. 33. Zur Entwicklung von Beschaffungskooperationen vgl. Berekoven (1986), S. 78f. Vgl. Amold (1990), S. 58; KummerlLingnau (1992), S. 419; Menze (1993), S. 36ff.

B. Tenninologische Basis der Untersuchung

29

quellen ausschließlich derivativer Charakter zuzusprechen. 33 Damit sind internationale Aktivitäten im Beschaffimgsbereich als sogenannte "strategische Programme" zu bewerten, die keine eigenständige (funktionsübergreifende) Steuerung der Handelsunternehmung bzw. ihrer Geschäftseinheiten übernehmen. 34 Nachdem die ,Internationalisierung im Einzelhandel' im folgenden unter strategischen Gesichtspunkten diskutiert werden soll, sind also fiIr die weiteren Ausfilhrungen von der Beschaffimgsseite induzierte Auslandsaktivitäten auszuschließen. Damit rückt die absatzseitige grenzüberschreitende Tätigkeit von Handelsunternehmen in das Zentrum der Betrachtung. Als Folge läßt sich auch fiir Handeisunternehmen auf den defmitorischen Apparat des managementorientierten internationalen Marketings zurückgreifen. 35 Dabei beziehen sich Autoren wie Kulhavy oder Jain auf einen von der Existenz grenzüberschreitenden Güterverkehrs abhängigen Internationalisierungsbegriff. 36 Stellen derartige begriffliche Abgrenzungen die Bemühung dar, das Untersuchungsobjekt ,Internationalisierung' dem Wesen nach zu erfassen, würde die, wie noch zu zeigen ist, gerade rur den Einzelhandel bedeutsame Produktion von Dienstleistungen innerhalb eines Zielmarktes ausgeschlossen. Damit sollen unter ,Internationalisierung' die internationalen Transaktionen einer Handelsunternehmung verstanden werden, die einer systematischen Auslandsmarktbearbeitung dienen. 37 Unterstellt die ,systematische Bearbeitung von Auslandsmärkten' bereits das oben geforderte managementgeprägte Marketingverständnis, bedeutet ,Internationalisierung' gleichzeitig eine funktionsübergreifende Betrachtung der Handelsunternehmung als Ganzes. 38 Daraus folgt, daß sich eine einseitige Diskussion der Kombination von Instrumenten des Handelsmarketing auf internationaler Ebene ausschließt. 39

33

34 35 36 37

38

39

Vgl. Hansen (1990), S. 465; Tietz (I 993a), S. 507f. Vgl. SteinmanniSchreyögg (1990), S. 131; Kirsch (1990), S. 245f.; Welge/AI-Laham (1992), S. 20; Hinterhuber(1984), S. 24. Vgl. MeffertlBolz (1994), S. 23. Zum managementorientierten Marketing vgl. Nieschlag/Dichtl/ Hörschgen (1994), S. 13 und 20-25; Meffert (1994), S. 5. Vgl. Kulhavy (1981), S. 10; Jain (1990), S. 18. Vgl. Bradley (1991), S. 41; Segler (1986), S. 18; Berekoven (1985a), S. 22. Von einer breiten Auffassung, die Internationalisierung als "zielbezogene Kommunikation mit ausländischen Interaktionspartnern" , Dülfer (1991), S. 5 (Hervorhebung im Original), wird damit bewußt abgewichen. Vgl. Porter (1989), S. 22ff.; Meissner (1987), S. 8f.; Perlitz (1993), S. 7; Wissmeier (1992), S. 52. Vgl. Wissmeier (1992), S. 47.

30

Kapitel I: Bedeutung der Internationalisierung

Betrachtet man die Reichweite der vorliegenden Untersuchung, so impliziert ,Internationalisierung im Einzelhandel' eine Beschränkung auf den institutionellen Objektbereich von Einzelhandelsunternehmungen.4o Hinsichtlich der Systematik des institutionellen Einzelhandels41 , wird eine Eingrenzung auf stationäre Betriebsformen 42 vorgenommen, so daß insbesondere die Probleme einer länderüberschreitenden Versandhandelstätigkeit unberücksichtigt bleiben. Aus den bisherigen Ausfilhrungen kann zusammengefaßt werden: ,Internationalisierung im Einzelhandel' steht als nominaldefmitorische Sprachkonvention für absatzmarktgerichtete Strategien innerhalb des stationären Einzelhandels mit dem Management aller aufländerüberschreitende (internationale) Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. 43 Die vorgestellte Begriffsfassung von Internationalisierung im Einzelhandel impliziert dabei zwei mögliche inhaltliche Ausrichtungen der folgenden Diskussion. Zum einen lassen sich Übergangsstrategien betrachten, die aufdem Pfad von einer nationalen Handelsunternehmung hin zu einer internationalen eingeschlagen werden können und dabei den Transfer von Ressourcen wie HandeIskonzepten, Kapital, Fähigkeiten oder Know-how beinhalten. 44 Zum anderen bietet die internationale Marktbearbeitung einer bereits länderübergeifend tätigen Handelsunternehmung Ansatzpunkte für die Diskussion. Beiden Aspekten inhärent ist dabei, quasi als prozessuales Element, die Problematik der Implementierung internationaler Strategien. 45 11. Abgrenzung des Begriffs ,Wettbewerbsvorteil'

Bereits oben konnte festgehalten werden, daß dem Grundverständnis von Marketing die Ausrichtung auf Möglichkeiten zur Erzielung und Erhaltung von

40 41

42 43

44 45

Vgl. Raffee (1974), S. 49. Vgl. Gümbel (1985), S. 17; Berekoven (1990), S. 29; Hansen (1990), S. 26ff.; Woratschek (1992), S. 1I. Konstituierendes Merkmal des Einzelhandels ist dabei der Absatz an Endverbraucher. Vgl. MeyerlMattmüller(1987), S. 126. Eine Nominaldefinition stellt rein formal eine tautologische Umformung dar und ist von der Realdefinition zu unterschieden, die auf Ebene der Sprache eine Erfassung des Objektes dem Wesen nach versucht. Vgl. Kromrey (1991), S. 98f.; Raffee (1974), S.28. Vgl. SteinmannlSchreyögg (1990), S. 186; Buckley (1990), S. 657f. Vgl. MeffertlBolz (1994), S. 242ff. Zum Implementierungsbegriffvgl. Hilker (1993), S.2-6.

B. Tenninologische Basis der Untersuchung

31

Wettbewerbsvorteilen zugrunde liegt. Einzubinden ist das Konzept der Wettbewerbsvorteile in das Spannungsfeld des strategischen Dreiecks, welches das Verhältnis zwischen Unternehmung, Wettbewerb und Kunden thematisiert. 46 Konnte Internationalisierung als eine Strategie auf Gesamtunternehmens-Ebene erkannt werden, so läßt sich unterscheiden zwischen der der Nutzung bereits vorhandener Wettbewerbsvorteile im internationalen Kontext und der Erschließung sowie dem Erhalt neuer Wettbewerbsvorteile durch die Internationalisierung. Bei der Abgrenzung des Begriffs Wettbewerbsvorteil ist zunächst auf verschiedene, bereits bestehende Ausfilhrungen zurückzugreifen, um einen Defmitionsrahmen aufzubauen. In der Literatur herrscht sowohl implizit als auch explizit noch keine vollständige Übereinstimmung darüber vor, was ein Wettbewerbsvorteil ist bzw. diesen charakterisiert, so daß die unterschiedlichen Begriffs fassungen einige relevante Differenzen erkennen lassen. 47 So wird der Begriff auf der einen Seite zur Deskription besonderer Fähigkeiten und Ressourcen, sog. Kernkompetenzen von Unternehmen, genutzt und auf der anderen Seite, um das daraus resultierende Marktergebnis in der Schaffung von Kundennutzen oder einer relativ besseren Kostensituation zum Ausdruck zu bringen. 48 Als erforderliche Faktoren filr einen Wettbewerbsvorteil thematisiert Aaker neben der Art der Strategie (z.B. Positionierungs-, Produkt-, Preisstrategie) die Wettbewerbsgrundlage als Strategiebasis in Form von Vorteilen, Fähigkeiten und Möglichkeiten, die Wahl des Zielmarktes sowie die IdentifIkation der Konkurrenten. 49 Ein Wettbewerbsvorteil soll in erster Linie in einer relativ zur Konkurrenz signifikant überlegenen Leistung zu sehen sein. 50 Neben Aaker beziehen einige Autoren, wie Simon, die Kundenseite mit in die Abgrenzung von Wettbewerbsvorteilen ein und fordern die Kommunizierbarkeit

46

47

48 49

50

Vgl. Ohmae (1985). Bei einer kritischen Betrachtung von Publikationen der vergangenen Zeit wird deutlich, daß der Begriff Wettbewerbsvorteil insbesondere in der populärwissenschaftlichen Literatur häufig genutzt wird, jedoch nur allzuoft leerfonnelhaft zur Anwendung kommt. Derartige Quellen sollen aus einer weiteren Untersuchung ausgeblendet werden. In den Darlegungen von Porter (1986) wird trotz des Titels "Wettbewerbsvorteile", im Original Porter (1985) "Competitive Advantage", keine Begriffsabgrenzung vorgenommen. Vgl. Day/Wensley (1988), S. 2. Vgl. Aaker (1989), S. 205f. Vgl. Porter (1986); South (1982), S. 15.

32

Kapitell: Bedeutung der Internationalisierung

eines Wettbewerbsvorteils bzw. die Wahrnehmbarkeit durch das Zielsegment. 51 Dies ist im Einzelhandel filr Differenzierungsvorteile, die z.B. aus Erlebniskonzepten, Finanzierungshilfen oder dem Angebot von Handelsmarken erwachsen, zwingend notwendig, da in diesem Fall Wettbewerbsvorteile über spezifische Kundenvorteile zum Ausdruck kommen. Im Rahmen von erzielbaren Kostenvorteilen muß differenziert werden zwischen solchen, die zu einer absoluten Kostenfuhrerschaft fuhren und solchen, die eine relativ zur Konkurrenz günstige Kostenposition in einzelnen betrieblichen Teilbereichen gewährleisten. Die Position der absoluten Kostenfilhrerschaft, die grundsätzlich nur von jeweils einer Unternehmung innerhalb der Branche erreicht werden kann und sich aus einem konsequenten Kostenmanagement auf allen Stufen der betrieblichen Leistungserstellung ergibt, wird über die Preisstellung gegenüber den Konsumenten kommuniziert. 52 Eine relativ zur Konkurrenz günstige Kostenposition kann wie bei diskontierenden Betriebstypen mittels des Preises kommuniziert werden, muß es aber nicht. Es erscheint als Paradoxon und der Komplexität betrieblicher Abläufe nicht adäquat, beispielsweise aus dem Aufbau einer besonders effizienten Logistik erzielbare Kostenvorteile nur dann als Wettbewerbsvorteil zuzulassen, wenn sie über den Preis kommuniziert werden. So soll zwar filr das Verständnis des Wettbewerbsvorteils die filr viele Bereiche besondere Bedeutung der Kommunizierbarkeit unterstrichen werden, jedoch nicht filr die zu erarbeitende Begriffsfassung als unabdingbar zugrunde gelegt werden. Als relevant filr einen Wettbewerbsvorteil ist darüber hinaus zu thematisieren, daß der Unternehmenserfolg aufgrund schwerer Kopierbarkeit langfristig gesichert wird. Die Voraussetzung dafilr ist eine prinzipielle und dauerhafte Wirksamkeit des Wettbewerbsvorteils, die einen Beitrag zur Zielerreichung bzw. zum Erfolg des Unternehmens leisten soll.53 Durch eine dauerhafte Wirksamkeit wird der Forderung von Porter und South Genüge getan, daß Wettbewerbsvorteile gegenüber den bestehenden und potentiellen Konkurrenten einer Branche verteidigt werden müssen. 54 Außerdem wird impliziert, daß eine Bestimmung von zukünftigen Wettbewerbsvorteilen und ihren Ausprägungen einer prospektiven Denkhaltung entspricht und idealerweise in die strategische Planung einzubringen ist. Wettbewerbsvorteile sind demnach immer strategischer Art und gehen mit der Grund-

51 Vgl. Aaker (1989), S. 205ff; Simon (1988), S. 4. 52 In diesem Zusammenhang ist auf die enge Verbindung zwischen Kostenfilhrerschaft und Preisfilhrerschaft hinzuweisen, die jedoch nicht zwingend notwendig ist.

53 Vgl. Hildebrandt (1986), S. 38. 54 Vgl. Porter (1986); South (1982), S. 15.

c. Konzeption der Untersuchung

33

idee des strategischen Managements einher, Spielräume und Optionen fiir die langfristige Unternehmenssicherung durch die Schaffung zukünftiger Ertragspotentiale zu generieren. 55 Daraus ist zu folgern, daß auch eine wettbewerbsrelevant maßgeblich überlegene Leistung erst dann einen Wettbewerbsvorteil darstellt, wenn ein bedeutsamer Faktor für die zukünftige Entwicklung der Unternehmung in der antizipierten Umwelt- und Marktsituation betroffen ist. 56 Aus den bisherigen Ausfiihrungen soll zusammenfassend die rur die folgenden Darlegungen zweckmäßige und dem Forschungsobjekt adäquate Definition fiir das oben diskutierte Konstrukt vorgestellt werden. Im Sinne einer Nominaldefmition57, die eine Sprachkonvention fiir das Defmiendum58 geben soll, wird im folgenden von einem Wettbewerbsvorteil gesprochen, wenn eine dauerhafte und relativ zur Konkurrenz überlegene Leistung vorliegt, die für die zukünftige Entwicklung der Unternehmung einen bedeutsamen Faktor darstellt. Wie aus den vorangehenden begrifflichen Abgrenzungen deutlich wurde, ist es im Rahmen der Erörterung von Wettbewerbsvorteilen wesentlich, einerseits auf die möglichen Ausprägungen der Vorteile einzugehen und sich andererseits damit auseinanderzusetzen, wie diese erreicht werden können. Dennoch wird die Unterstellung eines sequentiellen und deterministischen Zusammenhangs zwischen den Quellen von Wettbewerbsvorteilen, der erzielten Wettbewerbsposition und den Leistungen der Unternehmung der Realität nur bedingt gerecht, so daß diesem Umstand Rechnung zu tragen ist. 59

C. Konzeption der Untersuchung I. Zielsetzung der Untersuchung und Vorgehensweise

Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Ausgangssituation ergibt sich rur die vorliegende Untersuchung das zentrale Ziel, absatzmarktgerichtete Strategien

55 56

57 58

59

Vgl. Wüthrich (1991), S. 46. Vgl. Pümpin (1986), S. 34. In der Terminologie Pümpins werden der Begriff "Strategische Erfolgsposition" (SEP) verwendet und Nutzenpotentiale als Quellen der Wertschöpfung dargestellt. Vgl. Kromrey (1991), S. 98f.; Raffee (1974), S. 28. Im Rahmen eines Definitionsvorgangs wird ein Vorstellungsinhalt (Definiens) auf ein als Definiendum bezeichneten Begriff (hier: Wettbewerbsvorteil ) übertragen. V gl. PrimfTilmann (1989), S. 34. Vgl. Day/Wensley (1988), S. 2.

3 Georgc

34

Kapitell: Bedeutung der Internationalisierung

und das Management aller auf internationale Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten innerhalb des stationären Einzelhandels zu untersuchen. Thematisch beinhaltet diese Sprachregelung ftlr Internationalisierung im Einzelhandel bereits eine Zweiteilung in eine stärker konzeptionelle und eine eher implementierungsorientierte Sichtweise. Nachdem gezeigt werden konnte, daß mit der strategischen Ausrichtung einer Unternehmung explizit und implizit die Erzielung und Erhaltung von Wettbewerbsvorteilen verknüpft wird, ist diese Leitidee in der Untersuchung zu berücksichtigen. Bemüht sich Wissenschaft darum, vielfiUtige Ereignisse "zu sammeln, zu ordnen und Aussagen über ihre innere Verbundenheit zu machen"60, wird die Suche nach "Wahrheit" angestrebt. 61 Ist Komplexitätsreduktion Voraussetzung daftlr, eine komplexe Wirklichkeit besser erklären oder verstehen zu können, sollte ein theoretischer Ansatz gleichwohl die Realität nicht zu sehr vereinfachen. Dazu bedarf es allerdings eines umfassenden Ansatzes, wenn nicht gar mehrerer theoretischer Ansätze. Folgt weder die Forschung im Feld des (internationalen) Marketings bzw. Managements noch die Auseinandersetzung mit Handelsunternehmen jeweils einer singulären Forschungsrichtung, sind im folgenden sich gegenseitig ergänzende und befruchtende Ansätze zu berücksichtigen. 62 Dabei eröfthet die Verfolgung eines multi-paradigmatischen Ansatzes einerseits den Zugriff auf unterschiedliche Forschungsrichtungen innerhalb der Bereiche internationales Marketing bzw. Management, Wettbewerbstheorie und Handelsforschung und andererseits die Verknüpfung zwischen den einzelnen Bereichen. Die Vorgehensweise der vorliegenden Arbeit knüpft an den formulierten Untersuchungszielen an: Dazu werden in einem ersten Schritt Internationalisierung sowie die Erzielung und Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel einer näheren Betrachtung unterzogen. Eine Fokussierung auf die als relevant herausgestellte konzeptionelle Ebene erfolgt durch die Beleuchtung der inhaltlichstrategischen Ausgestaltung der Internationalisierung. Eine implementierungsorientierte Sichtweise wird mit der Diskussion des internationalen Geschäftssystems der Handelsunterneh mung aufgegriffen. Im einzelnen setzen sich die Ausfilhrungen mit folgenden Inhalten auseinander (vgl. Abbildung 1.1): Zur Vermittlung von Grundlagen werden in Kapitel 2 Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile näher betrachtet. Dabei ist zunächst der Forschungsstand im

60 61

62

Schnell (1993), S. 37. V gl. Primffilmann (1989), S. 14; Wuchterl (1987), S. 43ff.; Schanz (1982), S. 32. Vgl. Tietz (1993b), S. 153ff.; Tietz (1993c), S. 225ff.

c. Konzeption der Untersuchung

35

Bereich Internationalisierung des Einzelhandels zu dokumentieren. Die daran anschließende Diskussion von Besonderheiten der internationalen Unternehmenstätigkeit von Einzelhandelsunternehmen dient dazu, die Notwendigkeit einer spezifischen Auseinandersetzung von Internationalisierungsphänomenen im Bedeutung der Internationalisierung für den Einzelhandel Internotlonollslerung als strategische Neuorientierung des Einzelhandels Terminologische Basis der Untersuchung

Konzeption der Untersuchung

Internationalisierung und Wettbewerosvortelle der EInzelhandelsunternehmung Intemationalisierung und Einzelhandels·

unternehmung

AusgestoHung Inter·

nationaler WellbeWElIbsvorteile

Externe Einflußfaktoren der IntemotionailslenJng

ZielsysIem der Hondels-

unternehmung

Basismodell zur Erldärung Internationaler Wettbewerbsvorteile im Einzelhandel

Die Inhaltlich-strategische Ausgestaltung der internationalisierung Strategische Stoßrichtungen

Koordinationsmechanismen

TIming

Länderwahl

Strategieprofil der Internationalen EInzelhandelsunternehmung

Die Gestaltung von Geschöftsprozessen in der Internationalen EInzelhandelsunternehmung Betriebs1ypenmanagement

Sortimentsmanagement

Synopse zur internationalen

Beschattungsmanagement Gesfo~ung

Warenfiußgesfaltung

des Geschäftssystems

Know-how-Transfer und organlsatlonaler Wandel In der Internationalen Handelsuntemehmung Implementierungsfähigkeit der Handelsunternehmung Know-how-Transfer der Internationalen Handelsunternehmung

Zielkorridor des organlsationalen Wandels

Zusammenfassung und Ausblick

Abbildung 1.1: Konzeption und Vorgehensweise der Untersuchung

institutionellen Einzelhandel zu begründen. Die Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen befaßt sich zum einen mit wettbewerbstheoretischen Forschungsansätzen und deren Übertragung auf den Einzelhandel, zum anderen werden diese Erkennt-

36

Kapitel I: Bedeutung der Internationalisierung

nisse auf spezifisch internationaler Ebene diskutiert. Die Ausfiihrungen zur Potential- und Prozeßdimension der handelsbetrieblichen Leistungserstellung stellen die unternehmens internen Voraussetzungen zur Erzielung internationaler Wettbewerbsvorteile dar und münden in ein Geschäftsprozeßmodell der Handelsunternehmung, das als Grundlage fiir die Implementierung internationaler Entscheidungen dient. Mit der Darstellung externer Faktoren, welche Einfluß auf internationale Entscheidungen haben, sowie der Diskussion des Zielsystem der Handelsunternehmung fließen die Ergebnisse dieses zweiten Kapitels in die Konstruktion eines Basismodells zur Erklärung internationaler Wettbewerbsvorteile ein. Konzeptionellen Aspekten widmen sich die Ausfiihrungen zur inhaltlich-strategischen Ausgestaltung der Internationalisierung (Kapitel 3). Dabei werden die internationalen Stoßrichtungen von Handelsunternehmungen sowie der internationale Einsatz von Instrumenten des Handelsmarketings diskutiert. Daran schließt sich die Darstellung von Koordinationsmechanismen der internationalen Handelsunternehmung, das Timing von Internationalisierungsaktivitäten sowie die Wahl der internationalen Zielrnärkte an. Auf Basis des oben abgeleiteten Geschäftsprozeßmodells erfolgt in Kapitel 4 eine implementierungsorientierte Betrachtung der internationalen Geschäftstätigkeit von Handelsunternehmungen. Dabei wird von den vier Schlüsselprozessen Betriebstypenmanagement, Sortimentsmanagement, Beschaffungsmanagement sowie Warenflußgestaltung ausgegangen. Diese, die Handelsunternehmung kennzeichnenden Schlüsselprozessen, werden hinsichtlich ihrer länderübergreifenden Inhalte sowie ihrer internationalen Prozeßorganisation problematisiert. In Kapitel 5 wird die Implementierungsfllhigkeit mit dem Transfer von Knowhow sowie dem organisationalen Wandel der internationalisierenden Handelsunternehmung aufgenommen, um in Kapitel 6 die Diskussion mit einer zusammenfassende Betrachtung abzurunden. 11. Empirische Fundierung der Untersuchung

Die bisher wenigen empirischen Befunde über die Internationalisierung des Einzelhandels legen die Erhebung eigener empirischer Daten nahe. 63 Dabei steht aufgrund der noch relativ unstrukturierten Zusammenhänge primär die Exploration

63

Vgl. die Ausführungen zum Stand der Forschung in Kapitel 2, A.1.

C. Konzeption der Untersuchung

37

und Deskription internationaler Entscheidungen von Einzelhandelsunternehmen im Vordergrund. Die Zielsetzung, sowohl konzeptionelle als auch implementierungsorientierte Entscheidungen zu untersuchen, die im Zusammenhang mit der Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen stehen, mündete in ein kombiniertes Querschnitts- und Längsschnittsdesign.64 Während konzeptionelle Entscheidungsbereiche in Form standardisierter, schriftlicher Befragungen bei deutschen Einzelhandelsunternehmen in einer Querschnittsanalyse erhoben wurden, diente die Erstellung mehrerer Fallstudien der Abbildung implementierungsorientierter (Längsschnitts-) Prozesse. Wendet man sich der standardisierten, schriftlichen Befragung deutscher Einzelhandelsunternehmen zu, so stellte sich als erste Problem die Abgrenzung der Grundgesamtheit. Nachdem fiir den Untersuchungsgegenstand ausschließlich international tätige Handelsunternehmen als relevant erachtet wurden, lagen zum Untersuchungszeitpunkt gleichwohl keine exakten Angaben darüber vor, wie viele deutsche Handelsunternehmungen bereits international tätig sind. Aufgrund einer dadurch fehlenden operationalen Auswahlgrundlage entfallen sowohl eine Vollerhebung als auch eine Auswahl der Erhebungseinheiten auf Basis repräsentativer Stichprobenziehung. Die Auswahl der befragten Handelsunternehmungen resultierte daher zum einen aus der Sichtung von Materialien einschlägiger Informationsdienste, Firmenveröffentlichungen und Branchenzeitschriften. Zum anderen wurde der Annahme gefolgt, daß ein Zusammenhang zwischen der Umsatzgröße einer Handelsunternehmung und internationaler Geschäftstätigkeit besteht, so daß zusätzlich deutsche Einzelhandelsunternehmen mit einem Umsatz von mindestens 200 Mio. DM in die Untersuchung aufgenommen wurden. 65 Ohne die Beschränkung auf eine bestimmte Branche wurde mit insgesamt 197 versandeten Fragebogen die Feldarbeit zwischen Juli und Oktober 1992 durchgeführt. Die Anschreiben wurden, überwiegend personalisiert, an Handelsmanager der Funktionsbereiche Vertrieb und Marketing sowie an die Geschäftsleitung gerichtet. Die Rücklaufquote betrug, auf die versandten Fragebogen bezogen, 36,0%. Dabei wurden auch von ausschließlich national tätigen Handelsunternehmen

64

65

Vgl. HammannlErichson (1994), S. 64f.; Hüttner (1992), S. 332. Eine ex-ante auf Basis der internationalen Daten von M+M EURODATA durchgefiihrte Analyse bestätigt hochsignifikant die Korrelation zwischen Umsatzgröße und Internationalisierungsgrad einer Handelsunternehmung. Vgl. M+M Eurodata (1993) sowie die Ausfiihrungen in Kapitel 2, D.ll.l.

Kapitel I: Bedeutung der Internationalisierung

38

insgesamt sechs Fragen durchlaufen, die sich auf Hinderungsgrunde bei der Internationalisierung sowie auf allgemeine Angaben zur Unternehmung bezogen haben. In Anbetracht des Fragebogenumfangs und der generellen Öffentlichkeitsscheu des Einzelhandels kann diese erzielte Rücklaufquote befriedigen. Für den Untersuchungsgegenstand Internationalisierung sind dennoch nur insgesamt 37 Fragebogen (52,1 %, bezogen auf den Bruttorücklauf) relevant. Dieses Ergebnis mag gemessen an vier derzeit existierenden Vergleichsstudien, die in nur einem Fall mit 42 relevanten Auswertungseinheiten die absolute Anzahl der vorliegenden Studie übersteigt, als zufriedenstellen angesehen werden. Tabelle 1.1 Zusammensetzung der Stichprobe nach Branchen und Umsatzgrößenklassen Nennungen Branche

absolut relativ

Nennungen Umsatzgrößenklassen a)

absolut

relativ

Lebensmittel

10

27,0%

200 b.u. 500 Mio. DM

6

17,6%

Textilien

4

10,8%

500 b.u. 1000 Mio. DM

7

20,6%

Schuhe

4

10,8%

1000 b.u. 5000 Mio. DM

I3

38,2%

Do-It-Yourself

2

5,4%

5000 b.u. 10000 Mio. DM

4

11,8%

Unterhaltungselektronik

4

8,1%

über 10000 Mio. DM

4

11,8%

Mischkonzern

8

21,6%

Sonstige

5

16,2%

Summe

37

100,0%

Summe

34

100,0%

Anmerkung: b.u.:= bis unter; I) Umsatz 1991 Quelle: Eigene Erhebung (1992).

Hinsichtlich der Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse ist aufgrund des verwendeten Auswahlverfahrens sowie der insgesamt geringen Anzahl relevanter Untersuchungseinheiten große Skepsis angebracht. Gleichwohl erscheint die Auswertungsmasse bei vorsichtiger Interpration als tragflihig, der explorativen und deskriptiven Untersuchung einer erst in den Anfängen befmdlichen Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen zu genügen. Die in Expertengespächen im Einzelhandel validierten Auswertungsergebnisse unterstreichen die Plausibilität der vorliegenden

c. Konzeption der Untersuchung

39

Daten. Eine Übersicht struktureller Merkmale der filr die Untersuchung relevanten Erhebungseinheiten stellt Tabelle 1.1 dar. 66 Im Rahmen mehrerer Fallstudien, wurden neben konzeptionellen eher implementierungsorientierte Aspekte der Internationalisierung erhoben. Dabei dokumentiert die überwiegende Zahl der in den folgenden AusfUhrungen verwendeten Beispiele die im Rahmen von Expertengesprächen und Kurzfallstudien gewonnenen Erkenntnisse. Die erhobenen Kurzflille beziehen sich, mit Ausnahme der Darstellungen zur Internationalisierung des französischen Hypermarktbetreibers PROMODES, auf den Non-Food Einzelhandel. Die gemeinsam mit der PORST AG zusammengetragenen Informationen über mehrere Phasen des Markteintritts und der Marktbearbeitung hinweg erlauben überdies eine dynamisierte Betrachtung der Internationalisierung am Einzelfall. Sind diese Erkenntnisse zwar nicht verallgemeinerungsfiihig, bieten sie dennoch die reizvolle Möglichkeiten der tiefergehenden Auseinandersetzung mit Internationalisierungsphänomenen und der Analyse einer Vielzahl von Zusammenhängen. 67

66

67

Alle Daten wurden mit dem Programmpaket SPSS for Windows (© SPSS Inc.) in der Release-Version 5.0.2 berechnet. Darüber hinaus kam MS-Excel (© Microsoft) in der Version 5.0 zum Einsatz. Vgl. Haag (1994), S. 271; Kromrey (1991), S. 426f.

Kapitel 2

Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile der Handelsunternehmung Im folgenden Kapitel werden die Grundlagen der weiteren Diskussion gelegt. Dabei sind erstens der Forschungsstand hinsichtlich des Untersuchungsgegenstandes Internationalisierung im Einzelhandel, die Besonderheiten internationaler Unternehmenstätigkeit des Einzelhandels und die prozessuale Sichtweise einer Internationalisierung zu dokumentieren. Die im zweiten Teil diskutierte Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel befaßt sich zunächst mit wettbewerbstheoretischen Betrachtungsansätzen und der Strukturierung internationaler Wettbewerbsvorteile, um daran anschließend die Erlangung internationaler Wettbewerbsvorteile vor dem Hintergrund der handelsbetrieb lichen Leistungserstellung zu beleuchten. Durch die Diskussion externer Einflußfaktoren der Internationalisierung (drittens) sowie der Internationalisierung im Zielsystem der Handelsunternehmung (viertens) wird der situative Hintergrund von Internationalisierungsentscheidungen aufgespannt. Zur Zusammenfiihrung der einzelnen gewonnen Erkenntnisse dient runftens der Aufbau eines Basismodells zur Erklärung internationaler Wettbewerbsvorteile im Einzelhandel.

A. Internationalisierung und Einzelhandelsunternehmung I. Zum Stand der Forschung

Obwohl die theoretische Auseinandersetzung mit Fragen des internationalen Managements in der angloamerikanischen Betriebswirtschaftslehre bereits eine langjährige Forschungstradition hat, begann die umfassende Auseinandersetzung mit diesem Themengebiet im deutschsprachigen Raum erst Anfang der 80er Jahre. l Eine ähnliche Entwicklung läßt sich rur die Antizipation internationaler Entwicklungen in der Marketingforschung feststellen, wenngleich bereits in den 70er

Vgl. Perlitz (1993), S. 19; Lück/Trommsdorff (1982).

A. Internationalisierung und Einzelhandelsunternehmung

41

Jahren die ersten Monographien von Kahmann, Berekoven und Stahr veröffentlicht wurden. 2 Bis zum Ende der 80er Jahre fmdet der Einzelhandel zwar Berücksichtigung in Veröffentlichungen zum internationalen Marketing, jedoch wird er - sowohl in der amerikanischen wie auch deutschen Literatur- ausschließlich als nationaler Absatzmittler im Rahmen der internationalen Distributionspolitik von Herstellern angesehen. Ausnahmen stellen im amerikanischen Raum die Monographien von Hollander (1970), Waldman (1978) und Kacker (1985) sowie der Herausgeberband von Kaynak (1988) dar. 3 Überwiegend wird dabei auf Belange amerikanischer Handelsunternehmen abgestellt. 4 Neben qualitativen Bestandsaufnahmens werden vornehmlich die zeitlich jeweils aktuellen Diskussionen des internationalen Marketing bzw. Management - wie die Standardisierung des Instrumenteneinsatzes6, Globalisierungsstrategien7 oder die Problematik bei der Bearbeitung von Entwicklungsländern8 - nachvollzogen. In einer Würdigung der auch angrenzenden Forschungsdisziplinen entspringenden Literatur bis zum Jahr 1991 ziehen Dichtl, Lingen/elder und Müller das Fazit, daß die Internationalisierung des institutionellen Handels allenfalls beiläufig aufgegriffen wird. 9 Gleichwohl stellen die von Trommsdorffherausgegebenen Sammelbände, zum einen über ,Internationalisierung im Handel' und zum anderen über den ,Handel im integrierten Europa' erste Schwerpunkte der deutschsprachigen Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand dar. Io Vorrangig werden dabei insbesondere die folgenden vier Problemkreise thematisiert:

10

Vgl. Kahmann (1972); Berekoven (1978); Stahr (1979). Zur angloamerikanischen Literatur vgl. Kramer (1959); Fayerweather (1965); Carson (1967) sowie zur Übersicht Berekoven (1985a), S. 26. Vgl. Hollander (1970); Waldman (1978); Kacker (I 985a); Kaynak (1988a). Die Ausfiihrung zum europäischen Einzelhandel berücksichtigen dabei allenfalls Darstellungen von länderspezifischen Umfeldausprägungen. V gl. Kaynak (l988a), S.135ff. Vgl. Hollander(1970), S. 14-101. Vgl. Waldmann (1978), S. 68ff. Vgl. z.B. Kaynak (1988b), S. 3ff.; Kaynak (1988c), S. 43ff.; Kaynak (1988d), S. 33ff. Vgl. z.B. Kaynak (I 988e), S. 249ff. Vgl. DichtIlLingenfelderlMüller (1991), S. 1041. Vgl. Trommsdorff (1990); Trommsdorff (1993).

42

o

o o o

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

Strategische Aspekte der Internationalisierung, 11 Besonderheiten bei der Expansion in osteuropäische Märkte l2 , Struktur des Einzelhandels und Spezifika einzelner Märkte innerhalb Europas (wenngleich diese Ausfiihrungen noch keinen direkten Bezug zur Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen haben)13 sowie Spezialbereiche wie die Gestaltung von Informationssystemen oder strategisches internationales Controlling in Handelsunternehmen. 14

In Ergänzung zu diesen Themenkreisen sind nach dem Erscheinen beider Sammelbände nur noch einzelne Phänomene im Umfeld der Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen, wie international integrierte Warenwirtschaftssytsme (WWS) oder die empirische Validierung von "Country-of-origin"-Effekten, aufgegriffen worden. 15 Ähnliche Forschungs/eider werden in der angloamerikanischen Literatur besetzt, die in der Auseinandersetzung mit Problemkreisen um die Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen keinen zeitlichen Vorsprung vor der deutschsprachigen besitzt. So ist wiederum in erster Linie die Beschäftigung mit strategischen Fragestellungen der Internationalisierung, wie dem Markteintritt oder der Standardisierungs- versus Differenzierungsdiskussion, festzustellen. 16 Darüber hinaus steht, weitaus stärker als in der deutschsprachigen Literatur, die sekundärstatistische Erfassung von Unternehmen, Organisationen und Erscheinungsformen und weniger die Explikation der Internationalisierung im Vordergrund. 17 Einer der wenigen modellbildenden Ansätze liegt der Diskussion von Kacker zugrunde, der sich mit dem speziellen Themenfeld des internationalen Transfers handels spezi-

s. 3ff.; Meissner/Simmet (1990), S. 27ff.; GeorgelDiller (1993), S. 165ff. Vgl. Tietz (1993a), S. 119ff.; Zentes/Poungias (1993), S. 145ff.; Hallier (1993), S. 187ff. Vgl. Trommsdorff(1993). Vgl. Simmet (1993), S. 255; AhlertiSchröder (1990a), S. 57ff. Vgl. Marschner (1993b), S. 143; Lingenfe1derlBallhaus (1993), S. 199ff. Vgl. SalmonITordjman (1988), S. 3ff.; Alexander (1990), S. 75ff.; BrownlBurt (1992), S.82. Vgl. RobinsoniClarke-HiII (1990), S. 3ff. Insbesondere sind die zwischen 1988 und 1991 am OXIRM (Oxford Institute of Retail Management) erschienenen Veröffentlichungen von Treadgold und Davies zu beachten: Vgl. TreadgoldIDavies (1988); Treadgold (1991); OxinnlCIG (1990); Sanghavirrreadgold (1990).

11 Vgl. Tietz (1990a), 12

13

14 15 16 17

A. Internationalisierung und Einzelhande1sunternehmung

43

Tabelle 2.1 Empirische Untersuchungen zur Internationalisierung im Einzelhandel Autor

Analysegrundlage .. UntersuchungsAuswahlLand Jahr verfahren Sam le Ruck- rele- gegenstand 'P lauf.. vant

Alexander GB (1990)

1988

Cut-offVerfahren

200

80

26 Motive und Probleme der Internationalisierung, Formen des Markteintritts

Williarns (1992)

GB

k.A.

bewußte Auswahl

61

42

42 Motive und Probleme der Internationalisierung, Marketingkonzept, Organisationsmerkmale

Lingenfelder (1993)

D

1991

k.A.

k.A.

51

17 Motive und Probleme der Internationalisierung, Voraussetzungen der Internationalisierung

Blümle/ Halm (1994)

CH

1993

Zufallsauswahl

775

363

33

1992

Cut-offVerfahren

197

71

37 Motive der Internationalisierung, Markt- und Standortwahl, Formen des Markteintritts, Marketingkonzept, Wettbewerbsvorteile

Motive der Internationalisierung, Zielmärkte und zeitliche Entwicklung, Formen des Markteintritts

Vergleichsstudie: George

D

Anmerkung: Mit ,relevant' wird die tatsächlich auswertbare Anzahl internationaler Handelsunternehmen der jeweiligen Studie wiedergegeben. In allen Untersuchungen stellen international tätige Handelsunternehmen des jeweiligen Marktes die relevanten Untersuchungsobjekte dar. In der Studie von Williams wurde auf SGE-Ebene erhoben. Die Studie von Lingenfolder beschränkt sich auf den LEH.

fischen Know-hows auseinandersetzt. IB Eine Übertragung des eklektischen Paradigmas von Dunning auf den Einzelhandel wurde erstmals 1991 von Pe/legrini durchgefUhrt, gleichwohl in darauf folgenden Forschungsansätzen nicht weiter

18

Vgl. Kacker (1988), S. 41ff.; Kacker (1985b), S. 7ff.

44

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

berücksichtigt.19 Bemühungen, die bisher zum Themenkreis ,Internationalisierung im Einzelhandel' allenfalls sporadischen Betrachtungen zu strukturieren und zunächst Forschungsfelder abzugrenzen, dokumentieren die Ausführungen von Whitehead sowie von Brown/Burt in einer Sonderausgabe des "European Journal of Marketing" des Jahres 1992 .20 Wendet man sich empirischen Analysen zur Internationalisierung im Einzelhandel zu, so liegen bislang vier veröffentlichte Studien vor, in denen primärstatistische Erhebung bei Handelsunternehmungen durchgefiihrt wurden. Davon untersuchen zwei Studien das Internationalisierungsverhalten von britischen und die beiden verbleibenden das von deutschen bzw. schweizerischen Handelsunternehmungen. 21 Die in Tabelle 2.1 zusammengetragenen thematischen Schwerpunkte der empirischen Untersuchungen zeigen dabei die überwiegend im Vordergrund stehenden deskriptiven und explorativen Forschungsziele der Studien auf. Als Indikator fiir die erst zu Beginn der 90er Jahre einsetzende Beschäftigung mit Fragen der Internationalisierung in Forschung und Praxis darf neben den gesetzten Forschungsschwerpunkten die auch bei großen Stichproben und befriedigenden Rückläufen allenfalls geringe Zahl der tatsächlich relevanten (internationalen) Handelsunternehmen bewertet werden. 22 Über Studien zum Internationalisierungsverhalten von Handelsunternehmen existieren empirische Untersuchungen zu Teilaspekten der Internationalisierung wie zum bereits erwähnten "Country-of-origin"-Effekt sowie zu den internationalen Franchiseaktivitäten amerikanischer Hersteller, Dienstleister sowie Handelsunternehmen. 23 Im Bereich des komparativen Marketings ist die Studie von Rudolph angesiedelt, der aus einer breiten empirische Basis von Konsumentenurteilen in Deutschland, Großbritannien und der Schweiz sowie flankierenden Expertengesprächen bei Handelsunternehmen Rückschlüsse auf Positionierungsansätze und Profilierungsmaßnahmen im Einzelhandel zieht. 24 Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß sich die Forschung zur Internationalisierung im Einzelhandel in einem noch frühen Stadium befmdet, obgleich bereits auf einzelne, nicht in einen Gesamtzusammenhang eingebunde Forschungs-

19 Vgl. Pellegrini (1991), S. 3ff.; BrownlBurt (1992), S. 81. 20 Vgl. Whitehead (1992), S. 74ff.; BrownlBurt (1992), S. 80ff. 21 Vgl. Alexander (1990), S. 75ff.; Williarns (1992), S. 8ff.; Lingenfelder (1993), S. Iff.; BlümlelHalm (1994), S. 203ff.

22 Vgl. auch die explorative Studie von Zentes (1993), S. 564ff. 23 Vgl. Kacker(1988), S. 43ff. 24 Vgl. Rudolph (1993), S. 29.

A. Internationalisierung und Einzelhandelsunternehmung

45

ergebnisse zurückgegriffen werden kann. Damit ergibt sich fiir die weitere Forschung ein Ansatzpunkt in der strukturierten Aufarbeitung und Integration des bereits Bestehenden. Ohne damit jedoch die (wohl vermessene) Forderung nach einem holisitischen Ansatz - einer Metatheorie - erheben zu wollen, soll in den folgenden Ausfiihrungen der Versuch unternommen werden, ein ganzheitliches Bild der Internationalisierung im Einzelhandelsunternehmen zu zeichnen. Dabei besteht insbesondere Bedarf, aktuelle Ansätze der Marketing- und Managementforschung zu berücksichtigen. 11. Spezifika internationaler Unternehmenstätigkeit des Einzelhandels

Die bisherigen Ausfiihrungen haben den Stand der einzelhandelsspezifischen Forschung zur Internationalisierung dargestellt. Dabei wurde bewußt auf die Einbeziehung der überwiegenden Zahl von Untersuchungen verzichtet, die zwar dem Themenschwerpunkt "internationales Marketing" zuzuordnen sind, sich in ihrer Reichweite jedoch auf das Konsumgütermarketing beschränken. 25 Es soll in der weiteren Diskussion zwar auf die Einarbeitung der entsprechenden Ergebnisse nicht verzichtet werden, dennoch ist im jeweiligen Einzelfall zu überprüfen, ob die Erkenntnisse für den Einzelhandel einschlägig und übertragbar sind. Dabei steht einer direkten Übernahme von Aussagesystemen, die sich nahezu ausschließlich auf die internationale Vermarktung von Sachleistungen beziehen, der Sach- und Dienstleistungsverbund bei der handelsbetrieblichen Leistungserstellung entgegen. 26 Herrschen in der Literatur zwar unterschiedliche Meinungen darüber, ob Handelsunternehmen als Dienstleistungsbetriebe einzuordnen sind, so ist - unabhängig davon - der Handelsunternehmung die gleichzeitige Erbringung sowohl von Sach- als auch Dienstleistungen zu eigen. 27 Dabei zeichnet sich Anfang der 90er Jahre durch die Zunahme von Eigenmarkenanteilen in den Sortimenten sowie durch eine verstärkte Nutzung des "Specification-Buying"28 ein steigender Einfluß der Handelsunternehmen auf die früher überwiegend von Herstellern fremdersteIlten Sachleistungen ab. 29 Für Sachleistungsanteile an der Handels-

25 V gl. Segler (1986); Kreutzer (1989); Wissmeier (1992); Bolz (1992). 26 Vgl. Algennissen (1976), S. 9; Hansen (1990), S. 156ff.; Berekoven (1990), S. 60.

Zur Argumentation für die Handelsunternehmung als Dienstleistungbetrieb vgl. Gutenberg (1979), S. 143; Heskett (1988). Zur gegensätzlichen Argumentation vgl. Meyer (1986), S. 61ff.; Mattmüller (1990), S. 81ff. 28 Zum "Specification-Buying" vgl. Berekoven (1990), S. 158. 29 Vgl. dagegen noch Mitte der 80er Jahre Büttner (1986), S. 32f.

27

46

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

leistung läßt sich damit auf Erkenntnisse des internationalen Konsumgütermarketing zurückgreifen. Dagegen erfordern Dienstleistungsanteile an der Handelsleistung sowie der Verbund aus Sach- und Dienstleistungen eine eigenständige Betrachtung. Verbunden damit sind die Besonderheiten der Immaterialität angebotener Dienstleistungen, des "uno-actu-Prinzips" bei der Leistungserstellung sowie der erforderlichen Integration des sogenannten "externen Faktors" Endverbraucher. 30 Ein Zwischenfazit ziehend, ergibt sich filr die internationale Handelsunternehmung

o

die Notwendigkeit zur Erschließung internationaler Standorte, um den "externen Faktor" Endverbraucher integrieren und damit die Handelsleistung international erst erstellen zu können,ll

o

die daraus resultierende Abhängigkeit von nationaler sowie lokaler Konkurrenz an den einzelnen internationalen Standorten sowie

o

die Notwendigkeit, lokale Konkurrenzgegebenheiten auch durch die internationale Handelsunternehmung antizipieren zu können.

Aus der Notwendigkeit zur Erschließung internationaler Standorte - ohne die die Dienstleistungsanteile nicht erstellt werden könnten - folgt bereits, daß die Internationalisierung von Handelsleistungen auf einem höheren Aktivitätsniveau ansetzt als die Internationalisierung reiner Sachleistungen. Soll der "Export von Handelsleistungen" zwar an dieser Stelle noch nicht grundsätzlich als Markteintrittsoption filr Einzelhandelsunternehmen ausgeschlossen werden, ergibt sich dennoch filr die Effizienzbeurteilung des "Exports" eine im Vergleich zur Internationalisierung von Sachleistungen veränderte Perspektive. 32 Komplexitätssteigernd wirkt filr internationalisierende Einzelhandelsunternehmen darüber hinaus, daß - im Gegensatz zu Herstellerunternehmen - keine schrittweise Steigerung des internationalen Engagements mit zunächst ausgewählten Produkten oder Produktlinien vorgenommen werden kann. Vielmehr sind ex-

30 31 32

Vgl. Meyer (1987), S. 26ff.; Meyer/Westerbarkey (1991), S. 87; Meyer (1991), S. 198f Dabei liegt die Hypothese begrenzter Absatzreichweiten im stationären Einzelhandel zugrunde. Vgl. Hansen (1990), S. 562. Vgl. GeorgelDiller (1993), S. 174. Zum Ausschluß der Eintrittsoption "Export" für Dienstleistungen vgl. Root (1987); Erramilli (1990), S. 59; Meyer (1991), S. 202. Im Kontext der Transaktionskostentheorie vgl. ErramillilRao (1993), S. 19ff. sowie Kapitel 3, B.l.l.

A. Internationalisierung und Einzelhandelsunternehmung

47

ante Entscheidungen über. vollständige' Sortimente mit Artikel:zahlen zwischen 600 und 120.000 Artikeln abhängig von Betriebstypenkonzept bzw. Betriebsfonn zu flUlen. 33 Aus Gründen der Zeit- und Kosteneffizienz sind damit ftlr Handelsunternehmen im Rahmen der Internationalisierungsplanung Marktforschungs- bzw. Wirtschaftlichkeitsanalysen auf Artikelebene und darüber hinaus die Berücksichtigung der möglichen Verbundeffekte in den einzelnen internationalen Märkten als nicht realistisch anzusehen. Zusammenfassend läßt sich aufgrund der Komplexität der Handelsleistung, unvollständiger Infonnationen über länderspezifische Marktreaktionen auf Artikel- und Sortimentsebene sowie eines höheren Aktivitätsniveaus im Vergleich zu Konsumgüterherstellern von größeren Ungewißheiten bei der Internationalisierung von Handelsunternehmen ausgehen. Wurde bisher von ,der Handelsleistung' gesprochen, konnten Sach- und Dienstleistungsanteile als relevant ftlr deren Erstellung erkannt werden. Dabei bildet der durch die unternehmensspezifische Gestaltung der handelbetrieblichen Einsatzfaktoren realisierte Sach- und Dienstleistungsverbund über die Betriebstypenkonzeption das individuelle Produkt einer Handelsunternehmung. Die Betriebstypenkonzeption bzw. der Betriebstyp sind insofern von der Betriebsfonn abzugrenzen, als durch die unternehmensspezifische Ausgestaltung absatzrelevanter Merkmale mit dem Betriebstyp ein kompetitives System entsteht. 34 Über die Betriebstypenkonzeption wird dabei eine Profilierung gegenüber Wettbewerbern und Kunden angestrebt. 35 Damit folgen die Ausfilhrungen der sich zunehmend durchsetzenden Ansicht, daß der Betriebstyp einer Handelsunternehmung als Marke aufzufassen ist. 36 Als Konsequenz ergibt sich ftlr die Handelsunternehmung, daß primär das "Produkt Betriebstypenkonzept" internationalisiert wird und nur sekundär einzelne Artikel, Warengruppen oder auch Dienstleistungen. 37 Sind ftlr ein Betriebstypenkonzept - jedoch jeweils nur zu Teilen - sowohl Merkmale des klassischen

33 34

35

36 37

Vgl. Berekoven (1990), S. 74. Die Unterscheidung von Betriebsfonnen beruht auf einer Klassifikation (Null-EinsEntscheidung, z.B. Discounter oder Supennarkt), die von Betriebstypen auf einer Typologie (Metrik zur Beschreibung konkreter Gestaltungsfonnen, z.B. von einzelnen Discountern). Vgl. Knoblich (1972), S. 142; Heinemann (1989), S. l3f. Vgl. Diller (1990), S. 140; Berekoven (1990), S. 425ff; Heinemann (1989), S. l3f. Zu den Begriffen Betriebsfonn, abstrakter und kompetitiver Betriebstyp vgl. Drexel (1990), S. 140f. Vgl. Berekoven (1990), S. 425ff.; Esch (1993), S. 299-301; Esch/Levennann (1993), S. 79ff.; Davies (1991), S. 6ff. Vgl. auch die Erkenntnisse zum Einkaufsstättenwahlverhalten, das durch die ganzheitliche Wahrnehmung des Geschäftsimages prädisponiert wird. Vgl. MüllerlBeeskow (1982), S. 401.

48

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

Markenartikels als auch der Dienstleistungsmarke sowie der Firmenmarke gültig38 , läßt sich folgendes festhalten:

o

o

o

Mit dem ,Produkt Betriebstypenkonzept' werden die im Marketing-Mix festgelegten Gestaltungselemente mit den jeweiligen Ausprägungen von Sortiments-, Preis-, Personal-, Kommunikations-, Service- und Standortpolitik39 als Marketing-Inhalte internationalisiert. Da zur internationalen Erstellung der Handelsleistung die Mobilität des gesamten (handelsspezifischen) Faktorsystems erforderlich ist, werden mit einer Betriebstypenkonzeption ebenfalls GeschäJtsprozesse internationalisiert. 40 Dabei ermöglichen erstens Geschäftsprozesse, wie die Warenbewirtschaftung, eine Erstellung der Handelsleistung ("Support-activities"). Zweitens stellen kundenbezogene Prozesse, wie Bedienung und Beratung, eine eigenständige Dienstieistungskomponente des Betriebstyps dar. Drittens ermöglichen Managementprozesse erst die Führung einer Betriebstypenkonzeption im Zielmarkt. Aus der Internationalisierung von Marketing-Inhalten und Geschäftsprozessen, die nur im Zielmarkt vom eingesetzten Personal umzusetzen bzw. zu erbringen sind, folgt als dritte Komponente die Internationalisierung von Know-how. 41 Dabei stellt das Personal des Stammlandes den Träger des Know-how-Transfers auf neue Mitarbeiter bzw. Partner im Zielmarkt dar. 42

Zusammenfassend läßt sich festhaiten, daß filr die internationale Geschäftstätigkeit von Handelsunternehmungen spezifische Merkmale identifiziert werden konnten. In ihrer Summe begründen diese Spezifika, welche sich insbesondere aus dem Sach- und Dienstieistungsverbund der Handelsleistung sowie der Interpretation des Betriebstyps als Produkt des Einzelhandels ergeben, eine sehr hohe Komplexität bei der Planung und Durchfilhrung von Internationalisierungsentscheidungen. Im Vergleich zur Internationalisierung "traditioneller Produkte" wie Konsumgüter läßt sich also von erhöhten Anforderungen an die Organisation der internationalen Handelsunternehmung ausgehen. Die Erkenntnis, daß als Be-

38 39 40 41

42

Vgl. Dichtl (1992a), S. 272f.; Dichtl (1992b), S. 16ff.; Berekoven (1992), S. 41f.; Graumann (1983). Vgl. z.B. Hansen (1990), S. 49f.; Berekoven (1990), S. 63; Barth (1993), S. 151; Tietz (1993a), S. 549f. Vgl. Meyer (1991), S. 202. Vgl. Kacker(1988), S. 41ff. Im Zusammenhang mit dem internen Marketing vgl. Diller (1991a), S. 157; Stauss (1991), S. 229ff.

A. Internationalisierung und Einzelhandelsunternehmung

49

sonderheit des internationalen Kontextes weniger die Zunahme von Marktgröße, sondern vielmehr das Ansteigen von Komplexität und Unsicherheit angesehen wird, ist damit fiir Einzelhandelsunternehmen weit stärker einschlägig als fiir andere Branchen. 43 III. Prozessuale Sichtweise der Internationalisierung im Einzelhandel

Die im folgenden darzustellende prozessuale Sichtweise der Internationalisierung im Einzelhandel gliedert sich in drei Teilbereiche. Zunächst werden Internationalisierungsaktivitäten im strategischen Managementprozeß verankert, um daran anschließend zeitlich abgestufte Schrittfolgen einer sich vollziehenden Internationalisierung zu beleuchten. Als drittes Element der prozessualen Perspektive wird die Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen als Prozeß der Strategieund Organisationsentwicklung aufgefaßt. Beinhaltet unserer Sprachkonvention von ,Internationalisierung im Einzelhandel' das Management aller auf internationale Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten, liegt zunächst eine Interpretation der Internationalisierung im Rahmen des Managementprozesses nahe. 44 Ansätze fiir den internationalen Managementprozeß oder auch den Planungsprozeß des internationalen Managements finden sich u.a. bei Berekoven, Meissner, Meffert und Bolz sowie Bradley.45 Dabei wird die Internationalisierung als systematische Abfolge (Prozeß) der Managementfunktionen - Planung, Organisation, Personaleinsatz, Führung und Kontrolle begriffen, die ihren Ausgangspunkt in der Internationalisierungsplanung haben. 46 Jegliche (vor-)ordnende Steuerungs leistung wird damit ausschließlich der Planung übertragen. Gleichwohl verwehrt eine derart plandeterminierte Sichtweise permanent erforderliche Selektionsleistungen (insbesondere der Planung) wie auch Kompensationsleistungen (insbesondere der Kontrolle) der Unternehmung im Rahmen der Internationalisierung. 47 Für Handelsunternehmen konnte in den bisherigen Ausfiihrungen eine mit der Internationalisierung einhergehende, stark ansteigende Komplexität sowie Unsi-

43 44 45

46

47

Vgl. Kogut (1989), S. 388; Roxin (1992), S. 144; MeffertlBolz (1994), S. 270. Vgl. zur Definitorik Kapitell, B.1. Vgl. Berekoven (1985a), S. 61ff.; Meissner (1987), S. 22f.; MeffertlBolz (1994), S. 34ff.; Bradley (1991), S. 11 ff. Vgl. GulickfUrwick (1937), S. 13; KoontzJO'Donnell (1955); SteinmannlSchreyögg (1990), S. 116ff. Vgl. SteinmannlSchreyögg (1990), S. 116ff.

4 George

50

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

cherheit festgestellt werden. Dabei erscheinen die Voraussetzungen einer plandeterminierten Unternehmensfilhrung - zum einen die vollständige Erfaßbarkeit von Wirkungszusammenhängen und damit ihre exakte Prognostizierbarkeit und zum anderen die problemfreie Realisierbarkeit und Beherrschung des Handlungssystems - als idealisierte und unzutreffende Annahmen. 48 Folgt man den Ausfilhrungen von Steinmann und Schreyögg, umfaßt der Managementprozeß daher insbesondere: " ... strategische Planung als Selektionsprozeß, der einerseits durch Vereindeutigung von Komplexität und Unsicherheit Handeln ermöglicht, andererseits aber aufgrund des Selektionsrisikos eine kompensierende Systemüberwachung erforderlich macht. ,,49

Im zugrundeliegenden Verständnis des Managementprozesses stellt die Internationalisierung eine ,strategische Option' der Handelsunternehmung dar, die nach der ,strategischen Wahl' in die Generierung von ,strategischen Programmen' sowie die ,Realisation bzw. Implementation' übergeht. so ,Strategische Programme', die einer Implementation der Internationalisierung dienen, sind dabei in erster Linie im Zusammenhang mit dem Markteintritt sowie der Marktbearbeitung, jedoch gleichfalls filr einzelne Funktionalbereiche der Handelsunternehmung zu sehen. sl Alle Schrittfolgen begleitet die ,strategische Kontrolle', welche permanent eine kritisch absichernde Funktion übernimmt. S2 Internationalisierung als absatzmarktgerichtete Strategie ordnet sich damit in die allgemeine prozessuale Sichtweise des Managements - den Managementprozeß - ein. Alle Managementfunktionen sind im Rahmen der Internationalisierung formal sowie inhaltlich zu besetzen. In den folgenden Ausfilhrungen läßt sich nun filr die Internationalisierung selbst mit einer bestimmten Ordnung und Abfolge von Schritten der Internationalisierungsprozeß in den Mittelpunkt rücken. Im Zusammenhang mit dem durch die Internationalisierung ausgelösten Wandel in der Unternehmung formuliert Melin zutreffend: "Strategy making is about changing perspectives and/or positions. Internationalization - the process of increasing involvement in international

Vgl. Wüthrich (1991), S. 125ff.; SteinmanniSchreyögg (1990), S. 106. SteinmanniSchreyögg (1990), S. 120. so Vgl. Staehle (1990), S. 561ff. SI Vgl. Kutschker(1993), S. 17. S2 Vgl. Schreyögg/Steinmann (1987), S. 91ff. 48 49

A. Internationalisierung und Einzelhandelsunternehmung

51

operations across borders - comprise both changed perspectives and changed positions. ,,53

Eine explizit prozessuale Sichtweise wird in den sogenannten "Stufenmodellen der Internationalisierung" eingenommen. 54 Dabei werden von der Unternehmung sequentiell logisch aufeinander folgende Schritte bei der Internationalisierung durchlaufen. So erklärt das internationale Produktlebenszyklusmodell (lPLZ) von Vernon die Stufen der Internationalisierung vom Export bis hin zur Produktion in ausländischen Märkten in Abhängigkeit von den Parametern Flexibilitätserfordernisse, internationale Preiselastizität der Nachfrage sowie Interaktion zwischen Produzent und Abnehmer. 55 Demgegenüber erklären Johanson/Vahlne die schrittweise Abfolge bei der Bearbeitung unterschiedlicher Ländermärkte durch bereits vorhandene bzw. wachsende Marktkenntnisse und Internationalisierungserfahrung sowie durch psychische Distanz und ein über den Ressourceneinsatz geprägtes Commitment gegenüber den Zielmärkten. 56 Als Kritik an den Stufenmodellen der Internationalisierung läßt sich insbesondere der deterministische Modellcharakter festhalten, der auf einem zwangsweisen Durchlaufen der jeweiligen Internationalisierungsstufen beruht. 57 Demgegenüber bleibt ein Überspringen einzelner Stufen - sogenanntes "Leapfrogging" - unberücksichtigt.58 Darüber hinaus wird, wie auch in der traditionellen Theorie der Direktinvestition, wenig über bereits erfahrene internationale Unternehmungen sowie die über bedeutende Markteintrittsform der Akquisition bzw. Beteiligung ausgesagt. 59 Trotz dieser Restriktionen läßt sich fi1r den Einzelhandel, der bisher über einen noch relativ geringen Internationalisierungsgrad verfUgt und erst seit Ende der 80er Jahre seine internationalen Aktivitäten ausweitet, die Relevanz der Ausfilhrungen von Johanson/Vahlne fi1r die Ländermarktwahl feststellen. 60 Löst man sich vom deterministischen Charakter der Stufenmodelle der Internationalisierung, läßt sich eine Verknüpfung zum oben formulierten Managementprozeß herstellen. Dabei lassen sich konkrete strategische Programme der Interna-

53

Melin (1992), S. 102.

55

Vgl. Vernon (1966); Vernon (1974).

57 58 59 60

sonIV ahlne (1990), S. 11 ff. Vgl. auch Kapitel 3, D.1. Vgl. Forsgren (1989); Forsgren (1990), S. 261ff.; JohansonIVahlne (1990), S. 14f. Vgl. McKiernan (1992); Hagedoorn (1993), S. 373; Harrigan (1988), S. 144. Vgl. Forsgren (1990), S. 262ff.; Zur weiteren Kritik vgl. Melin (1992), S. 104. Vgl. Kapitel 3, D.1.

54 Vgl. eben da.

56 Zum Uppsala-Modell vgl. JohansonlWiedersheim-Paul (1975); S. 306ff.; Johan-

4"

52

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

tionalisierung als Internationalisierungsepisoden betrachten. 61 Kirsch spricht dann von Episoden, wenn strategische Programme in zeitlich verdichteten ,Aktivitätsclustern' ablaufen und diese fiIr die weitere Entwicklung der Unternehmung große Bedeutung haben. 62 Für die Internationalisierung lassen sich ,bedeutsame' Episoden in den strategischen Programmen zum internationalen Markeintritt, zum Beginn der internationalen Marktbearbeitung in einem neuen Zielmarkt oder zur nachhaltigen Veränderung der internationalen Markbearbeitung verorten. Schließlich vermag der Internationalisierungsprozeß einen organisatorischen Wandel in der Handelsunternehmung auslösen. Damit läßt sich die Internationalisierung von Einzelhandelsunternehmen gleichsam als Prozeß der Organisationsentwicklung auffassen. Die sogenannte "Prozeßschule multinationaler Unterneh-

men"63 setzt sich dabei im "integration-responsiveness framework" mit der Balance zwischen globaler Integration und der Berücksichtigung lokaler Erfordernisse auseinander. 64 Im Vordergrund stehen dabei weniger die Dynamik des Wandels von der nationalen zur internationalen Unternehmung, sondern prozessuale Aspekte der Strategie- und Organisationsgestaltung in internationalen Unternehmen. Im vorliegenden Kontext erscheinen derartige Ansätze, obwohl zum Teil phänomenologisch, insofern fruchtbar, als fllr Einzelhandelsunternehmen per se zu vermuten ist, daß die Notwendigkeit zur nationalen bzw. lokalen Differenzierung besteht. 65 Gleichzeitig leitet sich das Erfordernis zur länderübergreifenden Integration aus einem zunehmenden internationalen Wettbewerb ab, der als ,ökonomischer Imperativ' bezeichnet wird. 66 Ist im Rahmen der internationalen Organisationsentwicklung also der Ausgleich zwischen globaler Integration und nationalen Anpassungserfordernissen anzustreben, so dienen von Bartlett und Ghoshal vorgeschlagene

61 Vgl. Kutschker (1993), S. 17. 62

Vgl. Kirsch (1990), S. 131fT.

63 Vgl. MeIin (1992), S. 107; Fayerweather (1969); Fayerweather (1981); DozlPrahalad

64

65

66

(1991), S. 145. Z.T. werden dabei der Zusammenhang zwischen Strategie und Struktur (Organisation) aufgegeben und beide Elemente als identisch angesehen. Vgl. Roxin (1992), S. 154f. Vgl. die Ausfiihrungen zur internationalen Unternehmenstätigkeit im Einzelhandel in Kapitel 2, A.n. V gl. Fayerweather (1978), S. 6.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

53

"integrierte Netzwerke"67 situationsabhängigen Verständigungsprozessen bei der internationalen Entscheidungsfmdung. 68 Zusammenfassend läßt sich festhalten:

o

Die Internationalisierung stellt im Managementprozeß der Handelsunternehmung eine strategische Option dar. Damit leitet sich filr die weitere Betrachtung erstens das Erfordernis ab, die strategische Verankerung der Internationalisierung in der Handelsunternehmung zu untersuchen. Zweitens sind mögliche strategische Programme für den internationalen Markteintritt und die Marktbearbeitung einer Handelsunternehmung aufzustellen.

ODer Internationalisierungsprozeß bildet die Schrittfolgen einer sich vollziehende Internationalisierung der Geschäftstätigkeit ab. Derartige Schrittfolgen sind im folgenden in einer explizit dynamischen Sichtweise zu berücksichtigen.

o

Darüber hinaus vermag der Internationalisierungsprozeß einen organisatorischen Wandel auslösen. Zu klären ist daher erstens, inwieweit Strategie- und Strukturgestaltung in der internationalen Handelsunternehmung in Einklang zu bringen sind und zweitens wie sich das Phänomen der Organisationsentwicklung filr die internationale Handelsunternehmung darstellt.

B. Die Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel Die Diskussion der Ausgestaltung internationaler Wettbewerbsvorteile im Einzelhandel beruht zunächst auf der Darstellung wettbewerbstheoretischer Forschungsansätze und deren Übertragung auf den Einzelhandel. Aufgrund ihrer Relevanz werden dabei als einschlägige Modelle sowohl der IndustrialOrganization-Ansatz als auch der z.T. konträre Resource-Based-Ansatz herangezogen. Die daran anschließenden Ausfiihrungen befassen sich mit der Einordnung und Strukturierung spezifisch internationaler Wettbewerbsvorteile im Handel. Im dritten Schritt wird die Leistungserstellung in der Handelsunternehmung - aus einer potential- und prozeßorientierten Sicht - zum Ausgangspunkt der Diskussion um die Erzielung internationaler Wettbewerbsvorteile.

67 Vgl. Doz (1986), S. 214f.; BartlettiGhoshal (1990), S. 118ff. Von Hedlund wird 68

vergleichbar damit die Organisationsform der "Heterarchie" vorgeschlagen. Vgl. Melin (1992), S. 109; Hedlund (1986), S. 9ff.; HedlundIRolander (1990), S. 25ff. Vgl. Doz (1986), S. 214.

54

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

I. Wettbewerbstheoretische Betrachtungsansätze

1. Das Fundament des Industrial-Organization-Ansatzes Als Basis der Diskussion um Wettbewerbsstrategien und Wettbewerbsvorteile wird vielfach das - vor dem nationalökonomischen Hintergrund der Industrieökonomik stehende - Konzept der ,Industrial Organization' (1/0) herangezogen. Die Diskussion des 1I0-Paradigmas dient der Betrachtung von Wettbewerbsvorteilen, die filr Einzelhandelsunternehmen im Kontext des Branchenumfeldes erzielbar werden. Untersuchungsgegenstand des 1I0-Paradigmas ist der als deterministisch unterstellte gerichtete Zusammenhang von Marktstruktur (structure), unternehmerisehern Verhalten (conductlbehaviour) und Marktergebnis (performance).69 Dieser Zusammenhang wurde im modemen 1I0-Paradigma zugunsten einer interdependenten Verknüpfung der drei Untersuchungs ebenen aufgegeben. 70 Die sinnvolle Modellierung derartiger Rückkoppelungsschleifen wird z.B. durch die Betrachtung von Konzentrationsentwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel einsichtig, bei denen das Marktergebnis eines Unternehmens in der Periode 10 eine Übernahme auslöst und dann in Periode t 1 zu einer veränderten Marktstruktur fUhrt. Diese Betrachtungsweise eröffnet die Möglichkeit der Gestaltung des Branchenumfeldes durch ein strategisches Management. Eine von Schmalensee durchgeführte Untersuchung der Unternehmens-Performance führte zur Bestätigung des in der traditionellen 1I0-Forschung in den V ordergrund gestellten Brancheneffektes. 71 Gleichzeitig mußte bei einer nur geringen Wirkung des Marktanteils die Hypothese über einen Einfluß des Unternehmens (Unternehmenseffekt) auf die eigene Performance abgelehnt werden. Dieses eine strategische Unternehmensfilhrung in Frage stellende Ergebnis konnte von Rumelt dahingehend relativiert werden, als in seiner Vergleichsstudie ein Geschäftsfeldeffekt auf die Unternehmensprofitabilität nachweisbar wurde, der vorn Einfluß der (relativen) Wettbewerbsposition einer Geschäftseinheit ausgeht. 72 Der auch von Rumelt bestätigte Brancheneffekt und die fehlende Existenz eines Unternehmenseffektes wurden wiederum in anderen Studien relativiert, die eine

69 V gl. Bain (1968), S. 7ff.; Böbel (1978), S. 19. 70

71

n

Vgl. Scherer (1980), S. 4. Vgl. Schmalensee (1985), S. 341ff. Vgl. Rumelt (1991), S. 167ff.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

55

eindeutige Perfonnance-Wirkung der Unternehmung und z.T. die Dominanz des Unternehmenseffektes über den Brancheneffekt nachweisen konnten. 73 Sind die Erkenntnisse zum Einfluß der eigenen Unternehmung auf das Marktergebnis aufgrund nicht einheitlicher Ergebnisse unbefriedigend, gibt gleichwohl die Existenz einer strategischen Unternehmensfilhrung Grund, sich mit der ,Corporate Strategy' auseinanderzusetzen. An dieser Stelle wird ein erweiterter Ansatz

Änderung der wettbewerbsgrundlagen

Innovation In einem Tell der Branche

Überlegene Branchenobdeckung out bre~er Front

KO;;~~h nde 'y rerschall

Konzentration out Nische

Wie?

Gesamt· branche

FOCus aut

Kosten

beim

w"t'u&c,enc;;r;:;:;re Vorteile

Differenzierung

FOCus aut Differenzierung

neue

Vorteile' Welche?

->egeln

Quelle: modifiziert nach Müller-Stewens (1990), S. 168.

Abbildung 2.1: Wettbewerbsstrategien und Wettbewerbsvorteile in der Übersicht

verfolgt, bei dem sich ausgehend von unterschiedlichen Konzepten zur strategischen Unternehmensfiihrung fiIr die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen vier zentrale Dimensionen ergeben (vgl. Abbildung 2.1):74

o o o

die Art der erzielbaren Wettbewerbsvorteile,

o

die Höhe der Wettbewerbsvorteile.

Die Art des Zustandekommens von Wettbewerbsvorteilen, der Ort der Vorteilserzielung sowie

Bei der Art des Zustandekommens von Wettbewerbsvorteilen ist entscheidend, ob ein Unternehmen neue Spielregeln fiIr den Wettbewerb schafft oder ob nach

73 74

Vgl. auch die Zusammenstellung bei Knyphausen (1993), S. 773; KirschlKnyphausen (1993), S. 91. Vgl. Feider/Schoppen (1988), S. 676ff; Porter (1987), S. 62ff; Hax/Majluf (1988), S. I 76ff; Müller-Stewens (1990), S. 166ff. Zu den Matrizen im einzelnen vgl. Mauthe (1984).

56

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

alten Regeln verfahren wird. 75 So ist der amerikanische Spielwareneinzelhändler Toys 'R Us durch seinen Markteintritt in Deutschland insofern mit neue Spielregeln angetreten, als ein rur den deutschen Spielwareneinzelhandel bis dahin unübliches großflächiges Fachmarktkonzept aufgebaut wurde. Der Discounter ALDI hat durch seinen Markteintritt in Großbritannien die Spielregeln des Preiswettbewerbs neu gestaltet, da im britischen LEH bisher unbekannte (niedrigste) Preisniveaus besetzt wurden. Demgegenüber läßt sich der Markteintritt sowie die anschließende Marktbearbeitung von PROMODES (mit der Vertriebsschiene CONTINENT) in Deutschland als (z.T. gescheiterten) Versuch charakterisieren, nach den bestehenden Spielregeln der im deutschen Markt tätigen SB-Warenhausbetreiber Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dies leitet über zur Art der erzielbaren Wettbewerbsvorteile, die angibt, ob eine überlegene Kostenposition (und damit i.d.R. ein Preisvorteil rur den Kunden) besetzt wird oder eine Differenzierung im Konkurrenzumfeld erfolgt. Denkbar ist dabei, daß sich ein Wettbewerbsvorteil erst durch die Aggregation mehrerer V orteile auf unterschiedlichen Ebenen ergibt. So finden auch diskontierende Handelsunternehmungen ihre Wettbewerbsvorteile i.d.R. nicht nur in einer überlegenen Kostenstruktur, sondern ebenfalls in einer auf das niedrige Preisniveau abgestimmten Anpassung anderer Leistungsparameter, wie z.B. Ladenausstattung, Personaleinsatz oder Sortimentsgestaltung. 76 Dabei verbirgt sich sowohl hinter Differenzierungs- als auch hinter Kostenvorteilen ein oftmals komplexes Wettbewerbsvorteils-System. So lassen sich die Kostenvorteile des Mitnahmemöbelhauses IKEA durch eine standardisierte und in Schweden zentralisierte Sortimentsgestaltung, Einkaufsvorteile durch sogenanntes "specification-buying" in weltweit günstigsten Produktions standorten sowie durch eine Verlagerung von Handelsoperationen auf den Kunden (Zusammenbau von Möbeln) charakterisieren. Die Frage nach dem Ort der Vorteilserzielung thematisiert, ob Wettbewerbsvorteile in der gesamten Branche, wie z.B. dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) oder in einer Teilbranche, beispielsweise dem Handel mit Feinkostartikeln, realisiert werden. Im internationalen Zusammenhang wird darüber hinaus der Ort der Vorteilserzielung durch ein erweitertes Konkurrenzspektrum - i.S.d. Ein-

75 76

Vgl. Wittek (1987), S. 43; Emans (1988), S. 128; Knappstein (1989), S. 36f. Vgl. Kreilkamp (1987), S. 196. Gegenteiliger Meinung waren McKINSEY & Co., die bei der Analyse des Geschäftssystems von jeweils nur einem relevanten Faktor als wichtigste Ressource zur größtmöglichen Differenzierung (entweder Kosten oder Produktleistung) gegenüber der Konkurrenz ausgingen. Vgl. Timmermann (1982), S. 14.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

57

beziehung "neuer" geographischer Räume - bestimmt. Eine Handelsunternehmung erweitert damit durch die Internationalisierung ihre potentiellen geographischen Orte der Vorteilserzielung. Betrachtet man auf internationaler Ebene branchenbezogene Maßgrößen, so wird die Relevanz erweiterter räumlicher Branchengrenzen deutlich: 77 Relative Marktanteile der TOP 12 des europölschen LEH Unternehmen Umsatz

-,---Tesco

Metro

Solnsbuly

1.5

Metro Rewe Carrefaur Leelere Intermarehe Aldl Edeka Salnsbury Tengelmann Auehan Promodes Tesco

71. 707 38.208 35.007 33.578 33.512 32.658 25.338 25.333 24.965 24.862 24.338

2

Relative Marktanteile Relative Marktanteile der TOP 9 des britischen LEH Unternehmen Umsatz Salnsbury Tesco Marks & Speneers

~~

JlP

~

~~-

Booker

Argy1i

Asda

0.5

~rs

Gateway 8aoker JLP KwlkSave

Tesco Sainsbur; 1.5

25.333 22.787 14.866 14.729 12.468 8.259 7.543 6 .745 6 .194

2

Relative Marktanteile

Anmerkung: Kreisgrößen repräsentieren absolute Umsätze (Angaben in Mio. DM) Quelle: Eigene Berechnung aus M+M Eurodata (1993).

Abbildung 2.2: Relative Marktanteile im europäischen LEH (Stand 1992)

So zeigt Abbildung 2.2 (unten) zunächst die relativen Marktanteile der filhrenden britischen LEH Unternehmen innerhalb ihres Stammarktes, unter denen SAINSBURY und TESCO (relative Marktanteile: 1,11 und 0,9) die führenden Positionen einnehmen. Erweitert man demgegenüber die räumliche Marktabgrenzung auf den gesamteuropäischen Raum (vgl. Abbildung 2.2 oben), halten beide HandeIsunternehmen gleichwohl untergeordnete MarktsteIlungen inne (relative Marktanteile: 0,35 und 0,34). Als Folge läßt sich festhalten, daß das geographische und wettbewerbliche Umfeld und damit die Orte der Vorteilserzielung filr eine interna-

77

Für die Abgrenzung geographischer Märkte sei grundsätzlich unterstellt, daß Staatsgrenzen keine bzw. eine nur geringe Bedeutung besitzen. Aus pragmatischen Gründen muß jedoch oftmals auf die Abgrenzung von Ländern zurückgegriffen werden.

58

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

tionalisierende Handelsunternehmung eine Erweiterung im Vergleich zu nationalen Anbietern erfahren. Während die Dimensionen Anzahl der Wettbewerbsvorteile und Art des Zustandekommens in ihren Ausprägungen jeweils Alternativen darstellen, erscheint es fiir die Höhe von Wettbewerbsvorteilen zumindest langfristig relevant, hohe Vorteile zu erzielen. Die Einbeziehung der Höhe der Wettbewerbsvorteile beruht auf einer Weiterentwicklung des MarktwachstumslMarktanteilsportfolios von BeG, die Anfang der 80er Jahre vor dem Hintergrund stagnierender bzw. geringer wachsender Märkte entstand. 78 Dabei ist die Höhe von Wettbewerbsvorteilen eng mit dem Aufbau von Markteintrittsbarrieren verbunden, so daß einerseits ein Einfluß der Branche und andererseits die Zugehörigkeit zu einer bestimmten strategischen Gruppe den Ausschlag rur die Vorteilserzielung gibt. 79 Bereits die Arten der Wettbewerbsvorteile haben Aufschluß über die sogenannten generischen Wettbewerbsvorteile gegeben: Kosten- und DijJerenzierungvorteile stellen dabei die Grundlage entweder einer Kostenfuhrerschafts- oder einer Differenzierungsstrategie dar. Aus einem angenommenen U-förmigen Funktionsverlauf des ROI in Abhängigkeit des RMA (hoher RMA: Kostenfuhrerschaft, niedriger RMA: Differenzierung) wurde die konsequente Verfolgung einer dieser beiden Strategietypen abgeleitet. 80 Damit sollte eine sogenannte "stuck-in-themiddle"-Position mit niedrigem ROI vermieden werden. 81 Gleichwohl zeigt die dynamische Perspektive der von Gilbert und Strebel entwickelten "Outpacing Strategies", daß ein Wechsel in der strategischen Ausrichtung langfristig zu einer Wettbewerbsposition fuhren kann, die gleichzeitig aufbeiden generischen Wettbewerbsvorteilen aufbaut. 82 Die in den 80er Jahren stark auf die Branche fixierte Sichtweise der 1/0-Vertreter fiihrte insofern zu Kritik, als die Berücksichtigung der einzelnen Unterneh-

78

79

80

81

82

Vgl. Hax/Majluf(1988), S. 177. Zu Markteintrittsbarrieren vgl. Minderlein (1989) und Minderlein (1990). Zum Konzept der strategischen Gruppen vgl. HomburglSütterlin (1992); Albach (1992); McGeeffhomas (1986); MascarenhaslAaker (1989). Zu strategischen Gruppen im Einzelhandel vgl. HawesiCrittenden (1984), S. 275ff.; MeffertlHeinemann (1989). Vgl. Porter (1987), S. 63 und 73. Dabei wurden von Porter zwar andere Beziehungen nicht ausgeschlossen, dennoch in seinen Ausfilhrungen nicht weiter verfolgt. Vgl. Porter (1987), S. 71ff. Vgl. auch die empirischen Ergebnisse filr den Einzelhandel bei Gröppel (1993), S. 178f. Vgl. GilbertiStrebel (1987), S. 28ft:; Kleinaltenkamp (1989), S. 65lf.; Kleinaltenkamp (1993), S. 77ff.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

59

mung als nicht hinreichend angesehen wurde. So stützen Knyphausen und Liebermann/Montgomery diese These anband der in 1I0-Ansätzen vorgenommenen Betrachtung zeitlicher Vorteile des Markteintritts: Zwar wird Aufschluß über die generelle Vorteilhaftigkeit einer "frrst-to-market"-Strategie gegeben, so daß in einer Unternehmung bei Abwägung dieser Vorteile zwar entschieden werden könnte. Auf die voneinander abweichenden Ausgangsbedingungen der Unternehmen wird jedoch nicht eingegangen. 81 Damit neigt das 1I0-Paradigma dazu, Unternehmen trotz unterschiedlicher Ausgangsbedingungen als gleich anzusehen. 84 2. Der Resource-Based Ansatz im strategischen Management Die an der traditionellen 1I0-Sichtweise geübte Kritik einer unzureichenden Berücksichtigung unternehmensindividueller Einflußfaktoren auf den Unternehmenserfolg fiihrte Mitte der 80er Jahre zur Entwicklung einer ressourcenorientierten Betrachtungsweise der Unternehmung, die auf der Eigentümlichkeit - im Sprachgebrauch des Resource-based Ansatzes: Idiosynkratie - von Unternehmen aufbaut. 85 Der den liD-Ansätzen zugrunde liegende "structure-conductperformance"- Wirkungszusammenhang, welcher externe Einflußgrößen in den Vordergrund stellt, wird dabei im Resource-based Ansatz in eine "resourcesconduct-performance"-Wirkung umgekehrt. 86 Wäre aus Sicht der 1I0-Vertreter filr die Betrachtung von Wettbewerbsstrategien also eine Diskussion kollektiver Verhaltensmuster ausschlaggebend, werden im Resource-based Ansatz unternehmensspezifische Ressourcen filr die Erklärung des Wettbewerbsverhaltens herangezogen. 87 Zwar wird der Resource-based Ansatz von einigen seiner Vetreter als grundsätzliche Alternative zu bestehenden 1I0-Ansätzen gesehen, dennoch liegen insbesondere zur revisionistischen Sicht des modemen 1I0-Paradigmas Parallelitäten vor, die beide Ansätze kompatibel machen. 88 Als Grundlage des Resource-based Ansatzes wurde (bislang) kein grundlegend neues Theoriegebäude konstruiert, sondern zunächst auf traditionelle Erkenntnisse

81 84

85 86 87

88

Vgl. Knyphausen (1993), S. 772; LiebermannIMontgomery (1988), S. 4l. Vgl. Knyphausen (1993), S. 772. Vgl. Barney (1991), S. 99; Nelson (1991), S. 64ff. Vgl. Rasche (1994), S. 4. Vgl. Tallman (1991), S. 70. Vgl. dazu der Vergleich zwischen I10-Ansatz und Resource-based Ansatz von Knyphausen (1993), S. 781ff.

60

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

des strategischen Managements ZUIiickgegriffen. 89 So wurde die Idiosynkratie von Unternehmen bereits im klassischen SWOT-Ansatz (Strengths/Weaknesses Oppotunities/Threats) zur Strategieformulierung mit einer expliziten StärkenSchwächen-Analyse erfaßt. Darauf aufbauende Handlungsempfehlungen beruhen auf dem "Fit-Gedanken", womit Wettbewerbsvorteile das Ergebnis einer möglichst guten Übereinstimmung zwischen unternehmens internen und -externen Einflußgrößen darstellen. 90 Gleichwohl stellt der SWOT-Ansatz lediglich eine systematisierende Heuristik dar, die den individuellen Wettbewerbserfolg vergangenheitsbezogen erklärt. 91 In seinem Anspruch versucht der Resource-based Ansatz aus seiner dominanten "Inside-out"- Orientierung, die Quellen von Wettbewerbsvorteilen sowie deren Haltbarkeit zu erklären. Der Focus wird dabei auf die Analyse der Unternehmung als (einzigartiges) Bündel von tangiblen und intangiblen Ressourcen gelenkt. 92 Die sich erst als Folge einer bestimmten Ressourcensituation ergebende Bearbeitung von Märkten oder die Positionierung von Geschäftseinheiten bzw. Produkten rücken damit in den Hintergrund. 93 Gleichwohl läßt sich feststellen, daß es sich nicht um eine grundlegend neue Analyse, sondern um eine Verschiebung in der akzentuierten Betrachtungsebene handelt. 94 Die Aktualität der im Resource-based Ansatz aufgegriffenen Orientierung zeigt sich in Überschneidungen zu den Mitte der 90er Jahre gefiihrten Diskussionen über unternehmens interne Prozesse, Marketing- bzw. Prozeßqualität sowie Total Quality Management. 95 Darüber läßt sich eine explizite Verknüpfung - nicht nur durch die z.T. identischen Autoren wie Prahalad und Hamel- zu den Inhalten der oben bereits angesprochenen "Prozeßschule multinationaler Unternehmen" feststellen. 96

89

90

91

92 93

94 95

96

V gl. dazu bereits Penrose, der die Gestaltung der Unternehmensressourcen als den Grund rur die Unterschiedlichkeit von Unternehmen darstellt. Vgl. Penrose (1959), S. 75 Vgl. auch HoferlSchendel (1978), S. 25; SteinmanniSchreyögg (1990), S. 132; Hax.lMajluf(1988), S. I 82ff. Vgl. Rasche (1994), S. 2. Vgl.Hall (1993), S. 608ff.; Peteraf(1993), S. 183. Vgl. Knyphausen (1993), S. 774. Vgl. dazu Collis (1991), S. 50; Wernerfelt (1984), S. 171. Vgl. exemplarisch Wildemann (1993); Specht (1988), S. 14Iff.; Schildknecht (1992). Vgl. Kapitel 2, A.III.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

61

Für den Resource-based Ansatz lassen sich drei spezifische Elemente heraus arbeiten: 97

o

o o

Kernkompetenzen der Unternehmung, die Organisations fähigkeit der Unternehmung sowie die Historizität der Unternehmung.

Ein erstes Element sind Kernkompetenzen, die irreversible Vermögensgegenstände darstellen und als intangible, wissens basierte Ressourcen die Einzigartigkeit einer Unternehmung ausmachen. 98 Für Rasche beruhen Kernkompetenzen dabei auf sozialen Interaktionsmustern - entweder als personengebundene Verhaltensstereotype (Fähigkeiten) oder als überindividuelle Verhaltensmuster (Routinen) -, die in einem Lernprozeß erworben wurden. 99 Für einen Handelsbetrieb mögen damit Kernkompetenzen in einzigartigen Fähigkeiten und/oder Routinen zur Führung von Sortimenten, der Anwendung von Technologien wie Scannersystemen oder auch zur Durchfiihrung von Prozessen wie der Warenbeschaffung liegen. Im Rahmen der Internationalisierung von Handelskonzepten werden Fähigkeiten bedeutsam, die eine Übertragung und Anpassung bereits im Stammarkt existierender Sortimente und Betriebstypen gewährleisten und damit eng mit dem ländeTÜbergreifenden Transfer handelsbetrieb lichen Know-hows zusammenhängen. Prahalad und Hamel defmieren, gleichwohl allgemeiner, Kernkompetenz als die Fähigkeit zum kollektiven Lernen der Organisation. loo Damit besteht bereits eine Verbindung zum zweiten Element des Resource-based Ansatzes, der Organisationsfähigkeit einer Unternehmung, die auf eine kontinuierliche (dynamische) Verbesserung von Effizienz und Effektivität abstellt. 101 Um dieses Ziel zu erreichen, sind von organisatorischer Seite die Schaffung eines innovativen Klimas, die Fertigkeit zum organisatorischen Lernen sowie der Transfer von Informationen und Know-how zu erbringen. Hängt auf der einen Seite die Erlangung generischer Wettbewerbsstrategien grundsätzlich von der Organisationsfähigkeit der Unternehmung ab, kann auf der anderen Seite auch die Organisationsfähigkeit selbst zu einer Kernkompetenz werden. Um fiir einen

97 98

99 100

101

Vgl. Collis (1991), S. 51. Im Gegensatz dazu können nach Collis auch tangible Ressourcen als Kompetenzen bezeichnet werden. Vgl. Collis (1991), S. 5lf. Vgl. Rasche (1994), S. 91ff. Vgl. PrahaladlHamel (1990), S. 82; HamellPrahalad (1995), S. 307. Vgl. Powell (1992), S. 12Of.; Winter (1987)

62

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

Handelsbetrieb im Rahmen der Internationalisierung diese Organisationsfiihigkeit zu gewährleisten, bieten sich nun weniger hierarchische denn mehrere, sich überlappende, eher informelle Koordinationsmechanismen an, wie sie in den Ansätzen intraorganisatorischer bzw. internationalen Netzwerke dargestellt werden. 102 Das dritte Element des Resource-based Ansatzes liegt in der Historizität der Unternehmung begründet und betrifft sowohl die in der Vergangheit akkumulierten Aktiva und Verfahren als auch die in der Unternehmens geschichte geprägte kulturelle Ausrichtung der Unternehmung. IO ) Gerade im deutschen Einzelhandel mag letzteres von großer Bedeutung sein, da in relativ vielen Handelsunternehmen die GrUnderfamilien einen maßgeblichen Einfluß auf die bisherige Unternehmensentwicklung hatten bzw. haben. Aber auch die in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen über Betriebstypenkonzepte, Standortverteilungen oder die Nutzung von Informationstechnologien haben Einfluß auf die aktuelle Ressourcensituation und damit die strategischen Optionen einer Unternehmung. 104 Bereits gesammelte Internationalisierungserfahrung, ebenso wie ein in der Vergangenheit vollzogener Aufbau von Outlet- oder Lagerstandorten in ausländischen Märkten beeinflussen daher auch zukünftige Internationalisierungsentscheidungen der Handelsunternehmung. Nachdem die Zielsetzung des Resource-based Ansatzes darin besteht, sowohl die Quellen als auch die Erhaltbarkeit von Wettbewerbsvorteilen zu erklären, werden im folgenden die an Wettbewerbsvorteile geknüpften Bedingungen dargelegt (vgl. auch Abbildung 2.3). Für den Aufbau bzw. Erhalt eines Wettbewerbsvorteils gilt dabei: lOS

o

Die effizienz- bzw. effektivitätssteigernde Wirkung einer Ressource fiir die Unternehmung,

o o

das fiir eine Ressource gültige Knappheitsprinzip,

102 103 104

lOS

die Nicht- oder nur begrenzte Imitierbarkeit bzw. Substituierbarkeit der Ressource sowie

Vgl. Sydow (1992), S. 246ft". Vgl. Knyphausen (1993), S. 781ff. Dies schließt verständlicherweise auch die jeweils entgegengesetzte Option des NichtHandelns ein. So beeinflußt der bewußte Verzicht auf neue Technologien ebenfalls die Ressourcenbasis einer Unternehmung, wie am Beispiel ALOI, die über keine Scannersysteme verfilgen, deutlich wird. Vgl. Powell (1992), S. 120.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

o

63

unvollkommene bzw. unvollständige Faktonnärkte filr eine Ressource.

Als Grundvoraussetzung des Resource-based Ansatzes wird die Heterogenität von Ressourcen herausgestellt. 106 Geht man zunächst davon aus, daß Ressourcen über einen Markt gehandelt werden könnten, so würden filr ein Unternehmen dann supranonnale Gewinne entstehen, wenn die Ressource in der Erwartung der Unternehmung (ex ante) höher eingeschätzt wird als der Marktpreis fiir sie angesetzt ist. 107 So wird die Akquisition eines ausländischen EinzelhandelsunterHeterogenltOt der Ressource

1 '-----'1

Asymmetrie In Ressourcenausstattung

Existenz eines Wettbewerbsvorteils

I Imperfekte (l.d.R. strategische) FaktormOrkte

j

Wettbewerbsvorte,l Gewinnerwartung als tang,ble/rnlang,ble Ressource

Restriktionen beim Ressourcentransfer

Imitationsschutz bzw. fehlende Substitution der Ressource

Erhalt Im Unternehmen

L,----------,.J ImmobilitOt der Ressource

Abbildung 2.3: Der Resource-based Ansatz und Wettbewerbsvorteile

nehmens einen größeren Wert filr solche Handelsunternehmen haben, die sich im Vergleich zu anderen Unternehmen höhere Degressionseffekte durch Einkaufsbündelung, besser ausgelastete Logistikkapazitäten etc. erhoffen. Auch Investitionen in intangible Ressourcen, wie z.B. der Aufbau von Good-will, wird (bei rationaler Entscheidungsfindung) ceteris paribus mit supranonnalen Gewinnerwartungen verknüpft sein. Dadurch ist die Existenz von Asymmetrien in der Ressour cenausstattung begründet. Ist eine Ressource aufgebaut, so verhindert fehlende Substituierbarkeit, daß erzielte Effektivitäts- und Effizienzwirkungen auch bei Konkurrenzunternehmen

106 107

Vgl. Peteraf(l993), S. 180ff. Vgl. Barney (1991), S. 100; Peteraf(1993), S. 182.

64

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

auf ähnliche Weise erreichbar sind. 108 Zum Erhalt eines Wettbewerbsvorteils tragen dabei gleichermaßen die Errichtung bzw. die Existenz von Imitationsbarrieren bei, deren Aufbau von Dierickx und Cool maßgeblich im Prozeß des Ressourcenaufbaus lokalisiert wird. 109 So tragen die Unternehmenshistorie (z.B. über die sich ausgebildete Unternehmenskultur IlO), die Komplexität sozialer Systeme, die eventuelle Unkenntnis über das Vorhandensein besonderer Fähigkeiten sowie spezialisierte Vermögensgegenstände lll (z.B. durch ein speziell konfiguriertes Warenwirtschaftssystem) zum Imitationsschutz bei. Darüber hinaus greifen traditionelle Isolations-Mechanismen wie unvollständige Information, Größenvorteile oder Restriktionen bei den Wettbewerbern. 1I2 Besteht im Einzelhandel zwar keine Möglichkeit, Schutzrechte an einer Betriebstypenkonzeption eintragen zu lassen, so mag das auf viele Personen verteilte und sich ergänzende Know-how zur Betreibung eines Betriebstyps einen Imitationsschutz darstellen, der auch im Falle der Abwerbung einzelner Manager bestehen bleibt. Damit ist bereits die zum Erhalt eines Wettbewerbsvorteils notwendige Immobilität der Ressourcen angesprochen, die insbesondere dann vorliegt, wenn Ressourcen unternehmensspezifisch aufgebaut wurden, unterschiedliche Ressourcen gemeinsam die Effizienz und/oder Effektivität der Unternehmung beeinflussen oder die Transaktionskosten des Ressourcentranfers fUr Wettbewerber zu hoch sind. I 13 Derartige Ressourcen wären zwar grundsätzlich handel bar, fUr eine andere Unternehmung jedoch nicht effizient zu erwerben. Darüber hinaus tritt die Imrnobilität fUr solche Ressourcen in den Vordergrund, tUr die grundsätzlich kein Markt zum Transfer existiert. I 14 Begründen bereits unterschiedliche Gewinnerwartungen der Unternehmen unvollkommene Faktormärkte, so erscheint es einsichtig, daß insbesondere fUr intangible Ressourcen, wie z.B. die oben angefiihrte Organisa-

108 109

110

111

112 113 114

V gl. Porters Branchentriebkraft Substitutionsgefahr. Porter (1987), S. 49f. Vgl. Dierickx/Cool (1989), S. 1504ff. Knyphausen spricht in diesem Zusammenhang von "immanenter Zeitlichkeit sozialer Systeme". Knyphausen (1993), S. 776. In diesem Zusammenhang ist aufgrund des Charakters spezialisierter Vermögensgegenstände als Sunk-Costs auf die Asymmetrie zwischen Wettbewerbern verwiesen. Vgl. z.B. Williamson (1985). Vgl. Bain (1956); CaveslPorter (1977), S. 241fT. Vgl. Peteraf(1993), S. 183. Vgl. Dierickx/Cool (1989), S. 1506.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

65

tionsflihigkeit von Unternehmen, per se keine - und nur in Ausnahmefällen lediglich unvollständige - Faktonnärkte existieren. 11 5 In der Argumentationslogik des Resource-based Ansatzes begründet die Heterogenität von Ressourcen als notwendige jedoch nicht hinreichende Bedingung die Existenz von Wettbewerbsvorteilen. Durch den Imitationsschutz wird ein langfristiger Erhalt und durch die Immobilität die ausschließliche Nutzung durch die im Besitz der Ressource befmdlichen Unternehmung gewährleistet. Dabei stellen unvollständige Faktonnärkte zum einen die Begründung (ex ante) fiir heterogene Ressourcen und zum anderen eine ex-post Begründung fiir die Immobilität der Ressourcen dar. 11 6 11. Strukturierung internationaler Wettbewerbsvorteile

1. Internationale Wettbewerbsvorteile in der Theorie Eine explizite Berücksichtigung der Internationalisierung ist in den Grundintentionen der bisher vorgestellten Ansätze nicht aufzufinden. Daß die Diskussion von Wettbewerbsvorteilen im internationalen Kontext einer Erweiterung bedarf, wird bereits deutlich, wenn man checklistartige Aufzählungen wie die von Leontiades betrachtet, der internationale Größe und Einkauf, Know-how-Transfer, die Fähigkeit zur internationalen Bedürfnisbefriedigung, den Zugang zu internationalen Unternehmensressourcen sowie eine internationale Coporate Identity als Quellen internationaler Wettbewerbsvorteile identifiziert. I 17 Um eine systematische Darstellung vornehmen zu können, soll daher in einem nächsten Schritt auf die Berücksichtigung von Wettbewerbsvorteilen in der Internationalisierungstheorie ,eingegangen werden. Betrachtet man zunächst die unterschiedlichen Stränge der theoretischen Auseinandersetzung mit Internationalisierungsphänomenen, so ist festzuhalten, daß gleichennaßen makro- wie mikroökonomische Ansätze zur Erklärung von Außenhandel und Direktinvestitionen herangezogen werden. Darüber hinaus läßt sich

115

116 117

Bei gleichen Gewinnerwartungen kann sich ex post dennoch herausstellen, daß die Ressource unterbewertet war, was jedoch ausschließlich auf den Faktor Glück oder Zufall zurückzuführen ist. Vgl. Knyphausen (1993), S. 775. Vgl. dazu auch das Informationsparadoxon von Arrow (1974). Vgl. Peteraf(l993), S. 185. Vgl. Leontiades (1985), S. 66f. Weitere Aufzählungen finden sich beispielsweise bei Toyne/Walters (1989), S. 308f.; Kogut (1985), S. 15; Kappich (1987), S. 77.

5 George

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

66

feststellen, daß diese als Partialansätze zu bewertenden Konzepte insgesamt kein geschlossenes Bild einer Internationalisierungstheorie vennitteln. 118 Die unterschiedlichen Ansatzpunkte partieller Internationalisierungstheorien liegen dabei in der Auseinandersetzung mit der Theorie komparativer Kostenvorteile (bzw. Theorie des internationalen Handels), den Standorttheorien sowie der Übertragung von I10-Ansätzen und der Transaktionskostentheorie auf internationale Sachverhalte. 1I9 Geht man zunächst zu den bereits auf nationaler Ebene bezüglich ihrer managementorientierten Anwendbarkeit diskutierten I10-Ansätzen zurück, so beginnt deren internationale Ausrichtung mit der Fokussierung oligopolistischer Interdependenzen. 12o Damit werden aus Sicht des I10-Ansatzes bereits Anknüpfungspunkte filr das an späterer Stelle zu diskutierende internationale Wettbewerbsverhalten von Handelsunternehmen gegeben. 121 Für die Diskussion internationaler Wettbewerbsvorteile liefert der I10-Ansatz die Amegung, Marktstrukturen in einem erweiterten Sinne - auf internationaler Ebene - zu betrachten. Neben klassische Markteintritts- oder Mobilitätsbarrieren treten dann länderbezogene Barrieren, die von Handelsunternehmen bei dem Eintritt in einen neuen Ländennarkt zu überwinden sind. Betriffi die Notwendigkeit zu Überwindung von Ländennarkt-Barrieren zwar alle eintretenden Unternehmen, so mag dennoch die Ressourcensituation von einem zum anderen Handelsunternehmen so unterschiedlich sein, daß besondere Fähigkeiten im Umgang mit Marktstrukturen bereits einen eigenständigen internationalen Wettbewerbsvorteil darstellen. Eine Zusammenfilhrung der ressourcenorientierten Sichtweise sowie die Betrachtung des I10-Ansatzes filhrt dabei einerseits zur Fokussierung der internen Voraussetzung einer Internationalisierung und andererseits zur internationalen strategischen Ausrichtung der Handelsunternehmung. Damit wird die Internationalisierungsfiihigkeit eine Voraussetzung fiir die Implementation internationaler Aktivitäten und somit auch filr die internationale Erzielbarkeit von Wettbewerbsvorteilen. Bereits oben konnte in diesem Zusammenhang die herausragende Rolle der Unternehmenshistorie auf die strategische Wahl bei der Internationalisierung sowie das Internationalisierungsverhalten thematisiert werden. 122

118 119 120 121 122

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Kumar (1992), S. 6. Roxin (1992), S. 193; Macharzina/Engelhardt (1991), S. 23ft". Hymer (1976); Kindleberger (1969) Kapitel 3, c. ColIins (1991), S. 51.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

67

Die Existenz spezifisch international ausgeprägter Wettbewerbsvorteile, also die Erzielung solcher Wettbewerbsvorteile, die ausschließlich aufgrund der internationalen Geschäftstätigkeit entstehen, läßt sich nun nicht nur aus den weiterentwicklten VO-Ansätzen ableiten, sondern ebenfalls aus den weiter oben bereits benannten Argumentationssträngen der Internationalisierungsforschung. 123 Derartige Vorteile werden insbesondere in Dunnings "Eklektischem Paradigma" thematisiert, das von Kumar als "Königsweg" der Kombination internationaler Partialmodelle bezeichnet wird. 124 Dunning berücksichtigt neben dem VO-Ansatz, aus dem Eigentumsvorteile hergeleitet werden, Standortvorteile aus der Standorttheorie sowie Internalisierungvorteile aus der Transaktionskostentheorie (vgl. Tabelle 2.2).125 Damit sollen Eigentumsvorteile das Warum, Standortvorteile das Wo und Internalisierungsvorteile das Wie der Internationalisierung erklären. 126 Werden durch diese Betrachtung zwar eher Vorteile internationaler Unternehmenstätigkeit denn Wettbewerbsvorteile im Sinne obiger Definition betrachtet, läßt sich dennoch ein direkter Bezug zwischen Dunnings Argumentation und der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen herstellen. So repräsentieren Eigentumsvorteile die bereits aufgezeigten generischen bzw. traditionellen Wettbewerbsvorteile (Differenzierung- und Kostenvorteile) aus internationaler Sicht, wenngleich ein z.T. starker Fokus auf die der internationalen VO-Theorie entlehnten, monopolistischen Vorteile zu erkennen iSt. 127 Standortvorteile hingegen thematisieren solche Wettbewerbsvorteile, die durch eine Ausnutzung von Länderdifferenzen - im Sprachgebrauch der Internationalisierungsforschung auch komparative Vorteile - aufgebaut werden können. Die bereits angesprochene unternehmensinterne Fähigkeit zur Internationalisierung wird wiederum zum Teil in den Internalisierungsvorteilen des "Eklektischen Paradigmas" abgebildet. Die Verknüpfung der drei unterschiedlichen Vorteilskategorien läßt sich als ein interdependentes Gebilde darstellen, das von Roxin wie folgt beschrieben wird: "Eigentumsvorteile werden u.V. durch Internalisierung erlangt, Standortvorteile durch Eigentums- und Internalisierungsvorteile beeinflußt, Änderungen in Stand-

123 124 125

126 127

5'

Vgl. z.B. Dunning (1988), S. 27. V gl. Kumar (1992), S. 6. Vgl. Dunning (1988), S. 59ff. Zwar versucht Dunning "internationale Produktion" zu erklären, definiert diese jedoch in einer weiten Begriffsfassung als wertschöpfende Aktivitäten auf ausländischen Märkten, so daß die Übertragbarkeit auch auf den Einzelhandel gegeben scheint. Vgl. Dunning (1988), S. 1. Vgl. Dunning (1988), S. 30. Vgl. Dunning (1988), S. 39; Roxin (1992), S. 84.

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

68

ortvariablen können Ausläser von Internalisierung sein, Internalisierungsvorteile allein nicht zu internationaler Produktion fUhren.,,128

Tabelle 2.2 Arten, Entstehungsorte und Quellen internationaler Wettbewerbsvorteile Art des Vorteils InternalizationIncentive Advantages Internalisierungs-

OwnershipSpecific Advantages Eigentumsvorteile Vorteilscharakter

0 r

Branche

V

o r t

e

Schutz vor oder Ausnut- Beeinflussen die Wahl zen von Marktunvollzwischen Stamm- und kommenheiten Zielmarkt

Unternehmensgröße, Leistungstiefe, Ausmaß der Diversifikation, Innovations-, Marketingorientierung, Wertestabilität, Risikoneigung

Organisatorische Prozesse der Unternehmung, Einstellung zu Diversifikation und Wachstum, Einstellung zu internationalen Koordinationsfonnen

................................._......................................~.tMI.~9!D:!I!.i.~h!I?!! ......... .. Faktorexistenz, Marktgröße, politisch-rechtliche Restriktionen, Wettbewerbssituation der Länder

Land

s

Quelle:

128

Vorteile einer Unternehmung gegenüber der anderen

Strategie der Direktinvestitionen, (De-)Zentralisierung von Aktivitäten, Internationalisierungserfahrung, psychische Distanz der Länder, geographische Struktur des ................................. _......................................l.'m1:f.q!i9.~ ..................... . Fertigungstiefe, Inno- Ausmaß von Möglichkeit Ursprung und Verteivationsarten, Techno- und/oder Wünschbarkeit lung immobiler Ressourvertikaler bzw. horizonta- cen, Logistikkosten, logieintensität, Ausmaß der Differenzie- ler Integration, Möglich- Branchenspezifische keit vertraglicher Fixie- (nicht-)tarifltre Hemmrung, Economies of nisse, BranchenwettbeScale, Zugang zu In- rung von Internalisierungsvorteilen, Nutzbar- werb zwischen Unterputs bzw. Märkten keit von Eigentumsvor- nehmen, Teilbarkeit von teilen, Komplementäre Funktionen bzw. ProzesVorteile lokaler Untersen in der Branche, Benehmen deutung kritischer

Unternehmen

d e s

yorteile

Location-Specific Variables Standortvorteile

-

--

-

.

-

Regierungseinfluß auf Physische und psychische Distanz, Restriktiodie Internalisierung, nen durch die Regierung Unterschiede in der Marktstruktur zwischen Ländern, Infrastruktur, Fähigkeit zur Internalisierung

---_._-

------

in Anlehnung an Dunning (1988), S. 27 und S. 3 I.

Roxin (1992), S. 197. (Hervorhebung im Original, zitiert ohne Literaturverweise bzw. Fußnoten).

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

69

Die Betrachtung von Synergien (Eigentumsvorteile), welche erst durch die internationale Tätigkeit einer Handelsunternehmung enstehen, soll im folgenden als Beispiel fiir die Vernetzung der unterschiedlichen Vorteilskategorien dienen (vgl. auch Tabelle 2.3).129 So kann der Kauf einer ausländischen Handelsunternehmung - ausgelöst durch veränderte Standortvariablen - zu einem gegenseitigen Transfer bzw. Austausch von Know-how fUhren. Nutzte der übernommene HanTabelle 2.3 Beispielhafte Synergiepotentiale von Einzelhandelsunternehmen Exemplarische Synergiequellen Betriebstypendiversifikation

Internationalisierung

Gemeinsame Nutzung von Vermögensgegenständen

Logistik regionaler WVZ, Rückgriff auf gleiche Ladenbausysteme, etc.

Internationale Handelsmarken, Internationale Betriebstypenmarkierung, etc.

Gemeinsame externe Beziehungen

Agglomerative Standorte mit unterschiedlichen Betriebstypen (z.B. in Fachmarktzentren), etc.

Bedienung international mobiler Zielgruppen, Arbitrage durch Einkaufbei internationaler Herstellertochter, etc.

Gemeinsames Lernen

Gemeinsame Betriebstypen- oder Sortimentsentwicklung in der Zentrale, etc.

Zusammenführung unterschiedlichen Wissens, das in den Ländermärkten entwickelt wurde, etc.

Quelle:

nach einer Anregung von Ghoshal (1987), S. 435.

deisbetrieb im Gegensatz zur akquirierenden Unternehmung Scannertechnologie (möglicherweise durch die im Zielland höhere technische Ausstattung des institutionellen Einzelhandels als weitere Standortvariable), so ließen sich Eigentumsvorteile, d.h. die Nutzung der Scannertechnologie im Heimatmarkt, erst durch die Internalisierung des Know-hows erzielen. Die ausschlaggebende Voraussetzung dafiir ist die Fähigkeit zum Know-how-Transfer. Diese Fähigkeit wird

129 Vgl. Kogut (1983), S. 43f., der "shared activities", "shared knowledge" und "shared image" unterscheidet. Ebenfalls Ansoff (1966), S. 125ff; RobertslBerry (1985), S. 14.

70

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

einerseits nutzlos, wenn keine geeigneten Objekte (z.B. Technologie) filr einen Know-how-Transfer vorhanden sind. Andererseits wird deutlich, daß die Fähigkeit zur Internalisierung von Know-how noch keine hinreichende Bedingung filr die Erklärung der Internationalisierung eines Einzelhandelsunternehmens darstellt. Wurde bereits mehrfach auf die im Resource-based Ansatz zentralen organisatorischen Fähigkeiten der Unternehmung verwiesen, so filhrt die Weiterentwicklung einer innerorganisatorischen Betrachtung zum letzten Baustein internationaler Wettbewerbsvorteile. Als eigenständiger internationaler Wettbewerbsvorteil wird dabei die Nutzung operationaler Flexibilität in der als Netzwerk zu beschreibenden internationalen Handelsunternehmung erkannt. \30 Kogut äußert sich über diesen Wettbewerbsvorteil wie folgt: "This operating flexibility sterns trom the benefits of coordinating the flows within a multinational network. The value of such flexibility rests not only on exploiting differentials in factor, product, and capital markets, but also on the transfer of leaming and innovations throughout the firm, as weil as the enhanced leverage to respond to competitors' and governments' threats."131

Die zugrunde liegende Argumentation thematisiert die filr eine internationale Geschäftstätigkeit zunehmende Unsicherheit aufgrund steigender Umweltvarianz und ist kompatibel mit den von Dunning referierten Vorteilen aus internationaler Geschäftstätigkeit. 132 Darüber hinaus stellt das Denken in operationaler Flexibilität eine Anknüpfung an die von Perlmutter formulierte geozentrische (und mit einigen Einschränkungen regiozentrische) Orientierung der internationalen Unternehmung dar und nimmt Abstand von der Standardisierungs- versus Differenzierungsdiskussion. 133 Neben der Parallelität zu Perlmutters Bezugsrahmen des internationalen Managements lassen sich in den Strategien zur Nutzung operationaler Flexibilität wiederum Elemente von Dunnings Paradigma auffmden. So beziehen sich Arbitragestrategien auf die Nutzung von Länderdifferenzen und Druckstrategien auf die Ausnutzung des internationalen Machtgewinns in einem Netzwerk. \34

130 131 132 133 134

Vgl. De Benedetti (1988), S. 171.; Zum Flexibilitätsbegriffvgl. Osterloh (1988), S. 9; Götz (1992), S. 329. Kogut (1989), S. 383f. (Hervorhebung im Original). Vgl. Kogut (1989), S. 383 und S. 388; Roxin (1992), S. 144ff.; Dunning (1988), S. 27. Vgl. Perlmutter (1969), S. 12; Perlitz(l993), S. 138. Vgl. Roxin (1992), S. 147.; Colberg (1989), S. 35ff.; Kogut (1985), S. 33.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

71

Im Rahmen der in der Literatur diskutierten Arbitragestrategien erscheint, gemeinsam mit den intangiblen Ressourcen einer Handelsunternehmung, die Inforrnationsarbitrage als Basis weitreichender Wettbewerbsvorteile in einern internationalen Netzwerk. 13s Dabei können länderspezifische Innovationen bei Betriebstypen, bei einzelnen Konzeptelernenten oder auch bei Geschäftsprozessen der internationalen Gesamtunternehmung zur Verfilgung gestellt werden, wodurch eine breitere Wissens basis als in rein nationalen Handelsunternehmen entsteht. Gleichzeitig lassen sich dadurch Kostensenkungspotentiale aufgrund internationaler Lemkurveneffekte nutzen. 136 Unter den Druckstrategien nimmt das sogenannte "Cross-Subsidizing" eine zentrale Position ein und läßt sich ausschließlich durch internationale Unternehmen nutzen. Dabei werden Konkurrenzauseinandersetzungen auf einzelnen Länderrnärkten durch Überschüsse aus anderen Ländern subventioniert. 137 Durch die Ausnutzung operationaler Flexibilität treten länderrnarktspezifische ,Economies of Scale', aber auch eine inhomogene internationale Nachfrage in den Hintergrund. 138 Wurde die Nutzung operativer Flexibilität bereits mit internationalen Netzwerken in Zusammenhang gebracht, so erscheint diese intraorganisatorische Ver-

flechtung der internationalen Unternehmung als eine weitere Quelle für die Erzielung internationaler Wettbewerbsvorteile. 139 Eine Begründung filr die Effizienz des Netzwerks als modeme Kontextsteuerung liefert die Systemtheorie, welche bei zunehmender Umweltkomplexität auch zunehmende intraorganisatorische Komplexität fordert. 140 Sydow bezeichnet die an den Netzwerkgrenzen befindlichen Knoten eines Netzwerks als "Horchposten zur Netzwerkurnwelt"141. Wurde als Spezifikum der Internationalisierung die ansteigende Umweltkom-

135 Vgl. Ghoshal (1987), S. 430ff.; Andere Arbitragestrategien stellen internationales Sourcing, Leistungserstellungsverlagerungen, Steuerminimierungen sowie Finanzmarktarbitrage dar. 136 Vgl. auch Vernon (1979), S. 255ff., der operationale Flexibilität als "Scanning"Fähigkeit globaler Netzwerke ansieht. 137 Vgl. dazu auch den internationalen kalkulatorischen Ausgleich bei Segler (1986), S. 129ff.

138 Vgl. HamellPrahalad (1988), S. 11. 139 Vgl. GhoshallBartlett (1990), S. 603ff.; lohansonlMattson (1989), S. 287ff.; Hedlund (1986), S. 32; Probst (1987). 140 Vgl. Luhmann (1975), S. 211; Wilke (1993), S. 272 und 100ff. 141 Sydow (1992), S. 113. Gleichwohl schließt Sydow intraorganisatorische Netzwerke aus seiner Betrachtung aus. Dennoch lassen sich seine Gedanken zu großen Teilen auch im vorliegenden Kontext anwenden, da nicht alle Formen der Internationalisierung auf internalisierten Koordinationsmechanismen beruhen. Vgl. Sydow (I 992),78ff.

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

72

plexität erkannt, so läßt sich die internationale Handelsunternehmung vor dem Hintergrund der Netzwerkansätze betrachten, die traditionelle Organisationsfonnen durch eine neue Organisation ersetzen oder überlagern (vgl. auch Tabelle 2.4).142

Tabelle 2.4 Organisationsmuster und Koordinationsmechanismen der internationalen Unternehmung Periode

Organisationsmuster

Koordinationsmechanismen

1920-1950 Multinational Multidomestic

Dezentraler Zusammenschluß: Loser Zusammenschluß autonomer Tochtergesellschaften, focussiert auf den jeweiligen Ländermarkt

Formale Mechanismen: Internationale Divisionen; Berichte an Zentrale; Bewertung der finanziellen Performance (gering Outputorientiert); Verhaltenskoordination durch Manager der Zentrale

1950-1980 Gobal Pure Global

Zentralisierter Fokus: Wertaktivitäten (insbes. vorgelagerte), die Wettbewerbsvorteile versprechen, in der Unternehmenszentrale bzw. straff kontrolliert

Formale Mechanismen: Internationale Divisionen, weltweite Produkte, regionale Divisionen; Entscheidungsfindung in der Zentrale; hoher Formalisierungsgrad, Standardisierung in Planungs- und Budgetierungssystemen

1980Transnational Complex Global

Integriertes Netzwerk: international verteilte physische Vermögensgegenstände und Managementfähigkeiten, interdependent verstreute tangible und intangible Ressourcen, Know-howZentren in jeder Tochtergesellschaft

Formale Mechanismen: Frühere Strukturen gemeinsam mit globaler Matrixorganisation; zentrale Entscheidungsfindung mit starker Tochterbeteiligung; hoher Formalisierungsgrad, strategische Planung; straffe und komplexe Outputkontrolle

Quelle:

-

-

-

Eher informale Mechanismen: Permanente und befristete Teams, Task-Forces, Komitees, Integratoren; Informale Kommunikation und Beziehungen zwischen allen Managern; starke Unternehmenskultur durch gemeinsame Ziele und Werte

_.. _ - - - - - -- -

-

_..

in Anlehnung an MartinezJJarillo (1989), S. 506.

142 Vgl. Diller (1991a), S. 159.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

73

Als Wettbewerbsvorteil eines Netzwerks ist dabei die Aufgabe der hierarchischen Steuerung von Auslandstöchtern zugunsten international verteilter Entscheidungszentren anzusehen, die durch ihre Flexibilität sowohlloleale Anpassungen durchführen als auch gleichzeitig globale Vorgehensweisen nutzen können. 143 Gleichzeitig fördert ein internationales Netzwerk das gemeinsame Lernen der Gesamtunternehmung. Aus den diskutierten Theoriebausteinen lassen sich nun die folgenden Aussagen zusammenfassen:

o

Marktstrukturen sind im internationalen Kontext einer erweiterten Betrachtung zu unterziehen und um länderspezifische Barrieren zu ergänzen, die es fiir einen internationalisierenden Handelsbetrieb zu überwinden gilt.

o

Die Internationalisierungsfiihigkeit einer Handelsunternehmung ist sowohl Voraussetzung fiir die Internationalisierung als auch als eigenständiger Wettbewerbsvorteil anzusehen.

o

Es konnte die Existenz spezifisch internationaler Wettbewerbsvorteile aufgezeigt werden, die als Eigentums-, Standort- und Internalisierungsvorteile über generische Wettbewerbsvorteile hinausgehen. Beeinflußt werden spezifisch internationale Wettbewerbsvorteile, wie die Nutzung operationaler Flexibiltät, maßgeblich durch die internationale Organisationsfähigkeit einer Handelsunternehmung.

Nachdem die Internationalisierungsfiihigkeit der Handelsunternehmung bereits an unterschiedlichen Stellen angesprochen wurde, soll diese zunächst Gegenstand einer detaillierteren Betrachtung sein. Die oben vollzogene Begründung für die Existenz spezifisch internationaler Wettbewerbsvorteile dient als Fundament fiir deren anschließende Diskussion. 2. Die Internationalisierungsfiihigkeit der Handelsunternehmung Bei einer Analyse der Internationalisierungsfiihigkeit von Handelsunternehmungen ist bei einer Kombination von I/O-Ansatz sowie Resource-based Ansatz erstens darauf abzustellen, welche Ressourcenausstattung für eine Internationalisierung notwendig ist, und zweitens, inwieweit ein Handelsunternehmen in der Lage ist, Barrieren für den Eintritt in einen neuen Markt zu überwinden.

143

Vgl. MeffertlBolz (1994), S. 252; Hedlund (1986), S. 32ff.

74

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

Zunächst ist festzustellen, daß filr einen Markteintritt in neue Ländermärkte im internationalen Kontext eine eingeschränkte Betrachtungsweise notwendig ist, da lediglich ein ,relativer Markteintritt ' vollzogen wird. Ein relativer Markteintritt ist durch die im Resource-based Ansatz thematisierte Historizität von Unternehmen dann gegeben, wenn durch den Verbund mit einer (internationalen) Muttergesellschaft Eintrittsbarrieren egalisiert werden können und diese damit bedeutungslos werden. l44 So können durch gegebene Ressoucen der Muttergesellschaft beispielsweise die Notwendigkeit zur Erzielung von Einkaufsvorteilen oder die Beschaffung von Kapital in einem neu zu bearbeitenden Markt entfallen. 145 Damit ist bei international tätigen Unternehmen von einer - im Vergleich zur nationalen Konkurrenz - höheren ,strategischen Plattform' 146 (im Sprachgebrauch der internationalen IIO-Forschung: monopolistischer Vorteil) auszugehen. 147 Die strategische Plattform als Ausdruck der individuellen Ressourcenausstattung einer internationalen Handelsunternehmung fUhrt zu einer Änderung in der Wirkungsweise von Markteintrittsbarrieren: Klassische Eintrittsbarrieren können von nationalen Unternehmen lediglich in abgeschwächter Form gegenüber internationalen Wettbewerbern geltend gemacht werden. In den Ausfiihrungen zur internationalen Anwendung des Resource-based Ansatzes wird von Tal/man die Unternehmensgröße - operationalisiert durch den Umsatz - als Hilfsvariable filr die strategische Plattform von Unternehmen herangezogen. 148 Dabei berücksichtigt der konsolidierte Umsatz sowohl die in ersten Internationalisierungsphasen im Stammarkt bereitstehenden Ressourcen als auch den Ressourcenzuwachs durch die internationale Geschäftstätigkeit. Daneben läßt sich filr Einzelhandelsunternehmen der Bestand an Betriebstypenkonzepten als Agglomeration tangibler sowie intangibler Ressourcen sehen, der einen möglichen Indikator filr die Internationalisierungsfähigkeit von Handelsunternehmen darstellen könnte. Ein existierendes Betriebstypenportfolio bietet damit eine Auswahl-

144 145

146 147

148

Vgl. Collins (1991), S. 51. In der 1/0-Theorie der Internationalisierung spricht man von monopolistischen Vorteilen internationalisierender Unternehmen gegenüber rein nationalen Unternehmen. Vgl. auch Dunning (1988). Zum Begriff der strategischen Plattform vgl. z.B. Müller-Stewens (1990), S. 133f. Dieser Schluß ist aus empirischen Untersuchungen zu ziehen, die Unternehmensgröße, Kapitalintensität, Produktdifferenzierung etc. als Ursachen tUr Direktinvestitionen annehmen. Vgl. Jahrreiß (1984), S. 192ff. Vgl. TalIman (1991), S. 76.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

75

möglichkeit, um eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen länderspezifischen Umfeldfaktoren und vorhandenen Ressourcen zu erzielen. 149 Geht man von der Annahme aus, daß der Bestand an Betriebstypenkonzepten gleichsam durch die Unternehmensgröße repräsentiert wird, ließe sich nun ceteris pari bus die Hypothese testen, daß sich die Umsatzgröße einer Handelsunternehmung positiv auf deren Internationalisierungsgrad auswirkt. Gleichwohl läßt sich aus Plausibilitätsüberlegungen umgekehrt argumentieren, daß ein steigender Internationalisierungsgrad auch steigende Umsätze nach sich zieht. Aufgrund der fehlenden eindeutig bestimmbaren Wirkungsrichtung soll daher ausschließlich die Korrelation zwischen Umsatz (1991) und Internationalisierungsgrad in der Studie des Informationsdienstes M+M EURODATA ermittelt werden. lso Als Internationalisierungsgrad wird dabei die Anzahl der durch die Handelsunternehmung bearbeiteten Länder betrachtet. Von den im Datensatz insgesamt erfaßten 164 Handelsunternehmen aus 17 europäischen Ländern sind 48 Unternehmen in durchschnittlich 4,02 Ländern (inklusive ihres Heimatmarktes) tätig. ISI Ein hochsignifikanter Korrelationskoeffizient von 0,31 bestätigt den Zusammenhang zwischen Umsatz und Anzahl der bearbeiteten Ländermärkte. Dieser Zusammenhang ist, insbesondere vor dem Hintergrund der von M+MEURODATA ausschließlich erfaßten umsatzstarken Handelsunternehmen, als stark ausgeprägt zu bewerten. Dennoch stellt sich die Frage, inwieweit der Umsatz die tatsächliche Ressourcensituation einer internationalen Handelsunternehmung abzubilden vermag. Nachdem in der Diskussion des Resource-based Ansatzes die maßgebliche Bedeutung intangibler Ressourcen herausgestellt wurde, ist zu vermuten, daß diese nur unzureichend bzw. nicht im Umsatz erfaßt werden können. Neben dem Einfluß der Ressourcensituation auf die Entscheidung fiir oder gegen eine Internationalisierung wird im Resource-based Ansatz noch einen Schritt weiter gegangen und die von Länderspezifika abhängige Erzielbarkeit von Wettbewerbsvorteilen thematisiert. Diesem Umstand wird insofern Rechnung getragen, als davon ausgegangen wird, daß sich die Art der zugrunde liegenden Ressourcen auch auf die Länderwahl auswirkt. IS2 Damit ist die Hypothese zu formulieren, daß Handelsunternehmen im Rahmen ihrer Internationalisierungsaktivitäten in solche

149 ISO ISI IS2

Vgl. Collins (1991), S. 51. Vgl. M+M Eurodata(1993). Die Standardabweichung beträgt dabei: StdDev=2,13. Vgl. Knyphausen (1993), S. 780.

76

Kapitel 2: Internationalisierung und Wettbewerbsvorteile

Länder eintreten, bei denen die größten Übereinstimmungen zwischen länderspezifischen Umfeldfaktoren und vorhandenen Ressourcen vorliegen. 153 Das sich ergebende Entscheidungsfeld gewinnt demzufolge im internationalen Kontext an Komplexität, da sich fUr verschiedene Märkte voneinander unterschiedliche Ressourcen als kritisch erweisen können. So stellen rur ein Einzelhandelsunternehmen beim Eintritt in einen ausländischen Markt beispielsweise die Fähigkeit zur Standortbesetzung und beim Markteintritt in ein anderes Land die Anpassungstahigkeit an das landesübliche Preisniveau kritische Ressourcen dar. Die Übereinstimmung zwischen Länderspezifika und Ressourcenausstattung soll anband folgender zwei Beispiele ausgefiihrt werden: (I) Aufgrund struktureller Marktbedingungen ist fiir einen Markteintritt in die Bundesrepublik Deutschland, wegen der vorherrschenden Flächenrestriktionen, die Fähigkeit zur Besetzung geeigneter Standorte als Grundvoraussetzung fiir die Internationalisierung und damit fiir die ErIangung internationaler Wettbewerbsvorteile zu werten. Damit kann bereits in der Fähigkeit zur Standortbesetzung ein Wettbewerbsvorteil gesehen werden. So wird ftir die britische VIRGIN-GRUPPE, die im Jahr 1991 mit der Tochter VIRGIN RETAIL DEUTSCHLAND in den deutschen Einzelhandelsmarkt fiir Medien (Tonträger, Videokassetten, Bücher und Spiele) eingetreten ist, bereits drei Jahre später ein zeitlicher Wettbewerbsnachteil von über einem Jahr angenommen, da anvisierte la-Standorte nicht besetzt werden können. Damit stockt im Jahr 1994 die fiir Europa geplante Expansion der VIRGIN-GRUPPE, die eine Ausweitung der Standorte von bisher 36 im Jahr 1992 auf 50 bis 100 im Jahr 1998 vorsieht. 154 (2) Betrachtet man als zweites Beispiel ausgewählte Betriebstypen, so stellt fiir einen in den deutschen Markt eintretenden diskontierenden Handelsbetrieb die Anpassung an das in Deutschland von Hard-Discountern erreichte Preis- und Kostenniveau eine Voraussetzung fiir die kompetitive Marktbearbeitung dar. Damit wird die Fähigkeit zur Erzielung von Kostenvorteilen, bezogen auf die spezifische Länderbranche des deutschen Discounteinzelhandels, zu einer kritischen Größe fiir den Markteintritt. Im Vergleich dazu war zu Beginn der 80er Jahre diese Fähigkeit fiir den britischen Markt keine als kritisch zu bewertende Voraussetzung des Markteintritts, da von britischen Handelsbetrieben in der Vergangenheit ein Preisschirrn aufgebaut wurde. Diese Situation veränderte sich durch den Markteintritt deutscher Handelsunternehmen, die mit der relativen Innovation "Hard-Discounting" eine neue Marktnische besetzten und die Spielregeln des Wettbewerbs veränderten. Nach dieser Änderung der Spielregeln ist fiir die Situation Anfang bis Mitte der 90er Jahre anzunehmen, daß die Fähigkeit zur Erzielung von Kostenvorteilen fiir einen Markteintritt in das britische Discountsegment ähnlich wie in Deutschland ausgeprägt ist.

153 154

V gl. Collins (1991), S. 51. V gl. VossenlDawson (1994), S. JI O.

B. Ausgestaltung von Wettbewerbsvorteilen im Einzelhandel

77

Bisher wurde auf klassische Markteintritts- bzw. Mobilitätsbarrieren abgestellt, die fiir die Bearbeitung unterschiedlicher Länder relevant sind. Darüber hinaus ist fiir die Internationalisierungsfähigkeit von Handelsunternehmen die Überwindung von Ländermarkt-Eintrittsbarrieren erforderlich (vgl. Abbildung 2.4).ISS Als Ländermarkt-Barrieren werden von Hymer u.a. die kulturelle Distanz zwischen Ländern, Länderkenntnisse, Wechselkursrisiken sowie bereits bestehende Geschäftsbeziehungen heimischer Konkurrenten aufgefilhrt. 156 Die Fähigkeit zur Überwindung derartiger Ländermarkt-Barrieren stellt dabei die Grundvoraussetzung fiir die Internationalisierung und damit auch die Erzielung internationaler Wettbewerbsvorteile dar. Die Überwindung von Ländermarkt-Barrieren wird dabei

~

eanomles of Scale . Produktdifferenzierung . Absolute Kostenführersehatt ete.

Überwindung klassischer Marktelntrillsbarrieren Internationale Wellbewerbsfählgkell

Überwindung von Löndermarkt Elntrillsbarrieren

-/'

/

Inlernatlonallslerungsfähigkeit KuHurelle Distanz. lOnderkenntnisse. WOhrungsrisika ete.

Überwindung hoher klasslsener Morl