Internationale Wanderungen von Humankapital und wirtschaftliches Wachstum [1 ed.] 9783428529988, 9783428129980

Internationale Wanderungen von Humankapital haben sowohl Auswirkungen auf das Wachstum der aufnehmenden Volkswirtschaft

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Internationale Wanderungen von Humankapital und wirtschaftliches Wachstum [1 ed.]
 9783428529988, 9783428129980

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Volkswirtschaftliche Schriften Heft 557

Internationale Wanderungen von Humankapital und wirtschaftliches Wachstum Von

Janna Czernomoriez

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JANNA CZERNOMORIEZ

Internationale Wanderungen von Humankapital und wirtschaftliches Wachstum

Volkswirtschaftliche Schriften Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J. Broermann †

Heft 557

Internationale Wanderungen von Humankapital und wirtschaftliches Wachstum

Von

Janna Czernomoriez

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0505-9372 ISBN 978-3-428-12998-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Geleitwort Niemand kann den Zeitpunkt seiner Geburt bestimmen – wohl aber den Ort, an dem er lebt. Die Wahl des Wohnortes folgt aus der üblichen individuellen Nutzenmaximierung so wie vergleichbar die Standortwahl ein Parameter der unternehmerischen Gewinnmaximierung ist. Lässt man staatliche Zwangsumsiedlungen, Deportationen sowie die politisch bedingte, lebenserhaltende Flucht einmal außer Acht, so sind Wanderungen resp. Migrationen freiwillige Aktionen und in diesem ökonomischen Sinne im Prinzip wohlfahrtssteigernd. Dieses gilt individuell ebenso wie gesamtwirtschaftlich. Ohne Migration gäbe es die heutigen USA, Australien, Neuseeland, Island usw. nicht. Ohne Wanderungen im Rahmen einer Familie bspw. der Rothschilds aus Köln gäbe es die Bankdynastie der Rothschilds in Paris und die Diamantendynastie der Rothschilds in Südafrika nicht. Ohne Wanderungen bspw. nach Baku hätten die Brüder Siemens (mit Elektrizität, Kupfer usw.) und die Gebrüder Nobel (mit Öl usw.) den Familienreichtum nicht geschaffen und damit auch nicht die großen Unternehmungen hier oder bspw. das Geld für die Nobelpreise. Dabei gibt es verschiedene Motive der Migration. Letztlich aber ist es unerheblich, ob Nahrungsprobleme wie bei den nach Südosteuropa bis in den Kaukasus und nach Amerika ausgewanderten bspw. Iren und Deutschen ursächlich waren (Sind Wirtschaftsflüchtlinge nicht Pioniere?) oder ob es Diversifikationsüberlegungen waren wie bspw. bei den Nordfriesen oder in einzelnen Familien, in der Regel Unternehmerfamilien (Soll man das Wohlergehen der gesamten Familie an einen Standort, an einen Staat binden?). Üblicherweise wandern eher die (früher durch Erbfolgeregeln oder, wie auch heute noch, durch Zukunftserwartungen „bedrängten“) jüngeren und damit flexiblen, mobilen und ausgebildeten Menschen. Man denke hier auch an Deutschland als Ein- und auch als Auswanderungsland und zwar in verschiedenen Jahrzehnten und mit unterschiedlichen staatlichen Systemen, d.h. an die „entsprechenden“ Politiken, das sind im heutigen Sinne ineffiziente Politiken mit der Folge der Abwanderung von ausgebildeten jungen Menschen (wie zum Teil heute) oder es sind Politiken einer gewünschten Einwanderung (Peuplierung, Humankapital usw.) wie in dem damals fortschrittlich liberalen Preußen. Sicherlich darf man bei Migrationsfragen die jeweiligen einzelnen menschlichen Schicksale nicht vergessen, aber alle zusammen sind zugleich

6

Geleitwort

Ausdruck einer Vielzahl von ökonomischen und politischen Fragestellungen, die adäquat strukturiert und analysiert werden können sowie müssen. Jeden Staat, egal ob ein Transformationsland oder ein Industriestaat mit sinkender Bevölkerungszahl oder eine Industrienation mit einem individuell attraktiven Universitäts- und Gesellschaftssystem, betreffen diese Probleme der Abgabe und/oder der Gewinnung sowie Integration von international mobilen Menschen. Zum ökonomischen Grundverständnis und zur Bewertung einzelner staatlicher Maßnahmen und Phänomene der Migration trägt die vorliegende Arbeit in hervorragender Weise bei. Potsdam, im September 2008

Prof. Dr. Wilfried Fuhrmann

Danksagung Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für makroökonomische Theorie und Politik an der Universität Potsdam und wurde dort von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät im Juni 2008 als Dissertation angenommen. Meinem Doktorvater und hochgeschätzten Lehrer Prof. Dr. Wilfried Fuhrmann gilt mein erster Dank. Die geistigen Freiheiten, die er mir im Rahmen meiner Forschung ließ, bei gleichzeitiger fortwährender Diskussionsbereitschaft, haben nicht nur wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen, sondern sind auch für mich persönlich von unschätzbarem Wert. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die durch Prof. Fuhrmann vermittelte kritische und ganzheitliche Herangehensweise an Forschung waren und sind die Basis meiner Ideen. Danken möchte ich darüber hinaus Professor Dr. Malcolm Dunn für die Erstellung des Zweitgutachtens. Meinen Freunden und (zum Teil ehemaligen) Kollegen Robert Kirchner, Marius Clemens und Dr. Mathias Brehe danke ich sehr für die Hilfe und Unterstützung und für die vielen wertvollen (nicht)fachlichen Gespräche, Diskussionen und Anregungen. Meiner lieben Freundin Ina Brüggemann danke ich herzlich für das sorgfältige Korrekturlesen dieser Arbeit. Meinem geliebten Ehemann Henrik danke ich von ganzem Herzen für das unermessliche Vertrauen in mich. Sein Optimismus und sein Verständnis haben maßgeblich dazu beigetragen, dass ich das „Projekt Dissertation“ nie infrage gestellt habe und damit die Arbeit erst ermöglicht. Aus tiefstem Herzen danke ich meinen Eltern Gisela und Bernd Böhringer und meiner Schwester Lisa für ihre mich immer begleitende Liebe, Unterstützung und für ihr Vertrauen, die mir Kraft und Zuversicht geben. Ihnen sei diese Arbeit gewidmet. Potsdam, im September 2008

Janna Czernomoriez

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2

Arbeitskräftewanderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Ansätze zur Erklärung der Migrationsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Begriffsbestimmung Migration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Traditionelle Theorien der Migrationsforschung . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Neuere Ansätze der Migrationsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Arbeitskräftewanderungen in einfachen statischen Modellen . . . . . . . . . 2.3 Arbeitskräftewanderungen im traditionellen exogenen Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Das neoklassische Wachstumsmodell von Solow und Swan für eine geschlossene Volkswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Das neoklassische Wachstumsmodell von Solow und Swan mit Wanderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 27 28 32 33 36

3

4

Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums mit Kapitalakkumulation: das Grundmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Der Humankapitalbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Überblick über die Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Ein einheitlicher Modellrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Die Ausbildungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Das Wirtschaftswachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Der „Brain-Effekt“ – Schwachstellen der Modellierung . . . . . . 3.4.2 Die Bedeutung der Technologie und des technischen Fortschritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42 43 48 54 54 58 60 62 65 70 70 72

Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt . . . . . . . . . . 77 4.1 Technischer Fortschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.2 Das Innovationsmodell von Romer (1990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.2.1 Die Haushalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 4.2.2 Die Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4.2.3 Das Wachstumsgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4.3 Das Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966) . . . . . . . . . . . . . . . 92 4.3.1 Das Modell von Nelson und Phelps (1966) ohne Berücksichtigung von Barrieren der Technologiediffusion . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.3.2 Das Modell von Nelson und Phelps (1966) unter Berücksichtigung von Barrieren der Technologiediffusion . . . . . . . . . . . . . . . 101

10

Inhaltsverzeichnis 4.4 Ein Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen . . 4.4.1 Grundlegende Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Die Haushalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3 Die Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.4 Das Wachstumsgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Ein Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Grundlegende Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Die Haushalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Die Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Die Entwicklung des technischen Fortschritts . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.5 Die Humankapitalentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5

6

7

Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Humankapitalwanderungen im Innovationsmodell vom Typ Romer . . . 5.2 Humankapitalwanderungen im Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Humankapitalwanderungen im Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Humankapitalwanderungen im Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung . . . 5.5 Diskussion der Ergebnisse und Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überlegungen zur empirischen Evidenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Politikimplikationen der modelltheoretischen Untersuchungen . . . . . . . . 6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer für Auswanderungsländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Ausgestaltungen der Immigrationsbestimmungen und Wanderungsströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Wachstumseffekte der Immigrationsbestimmungen . . . . . . . . . . . 6.2.3 Die Bedeutung des Technologieniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Würdigung der modelltheoretischen Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . .

105 105 106 107 112 125 126 128 128 130 143 146 146 147 148 151 158 164 164

174 175 186 192 200

Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.1 Ein einheitlicher Modellrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.2 Das Modell von Romer (1990) unter Berücksichtigung des Faktors Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.3 Intertemporale Nutzenmaximierung und Euler-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . A.4 Zur Lösung von Differentialgleichungen erster Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . A.5 Die Abhängigkeiten von HA und HI in dem Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

215 215 216 219 224 226

Inhaltsverzeichnis A.6 A.7

Anmerkungen zur Parameterwahl und Robustheitsbetrachtung . . . . . . . . . Die Wachstumsrate der Technologie im Modell mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.8 Die Wachstumsrate der Technologie im Modell mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung beiVariation der gesamten Humankapitalausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.9 Die Lösung des Modells mit Innovationen und Innovationen für H ã 0;5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.10 Länderzuordnung bei Iregui (2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A.11 Zur „Annahmenkritik“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 228 231

233 240 242 243

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1:

Ursachen und Folgen internationaler Arbeitskräftewanderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

Das Wachstumsgleichgewicht im Solow-Swan-Modell mit technischem Fortschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

Eine alternative Darstellung der Dynamik im Solow-SwanModell mit technischem Fortschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

Abbildung 4:

Eine höhere Wachstumsrate des technischen Fortschritts im Solow-Swan-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

Abbildung 5:

Dynamik im Solow-Swan-Modell mit technischem Fortschritt und Wanderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

Abbildung 6:

Die Ausbildungsentscheidung als Resultat eines Vergleiches des Ertrages der Ausbildung mit den Kosten der Ausbildung . .

65

Abbildung 7:

Die Aufteilung des Humankapitals auf den Forschungs- und den Endproduktsektor im Romer-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

Abbildung 8:

Die Struktur des Romer-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

Abbildung 9:

Die Entwicklung der Technologie im Einwanderungsland . . . . .

97

Abbildung 10: Die Entwicklung der Technologie im Einwanderungsland und im Auswanderungsland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

Abbildung 2: Abbildung 3:

Abbildung 11: Die Technologielücke zwischen Einwanderungs- und Auswanderungsland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Abbildung 12: Technologielücke und eigener technischer Fortschritt . . . . . . . . . 108 Abbildung 13: Technologielücke und Technologiediffusion und -adaption . . . . 108 Abbildung 14: Technologielücke, eigener technischer Fortschritt und Technologiediffusion und -adaption bei stärkerer Gewichtung des eigenen technischen Fortschritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Abbildung 15: Technologielücke, eigener technischer Fortschritt und Technologiediffusion und -adaption bei stärkerer Gewichtung von Technologiediffusion und -adaption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Abbildung 16: Das Wachstumsgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Abbildung 17: Technologielücke, eigener technischer Fortschritt und Technologiediffusion und -adaption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Abbildung 18: Der Verlauf der Funktion aus Gleichung 182 . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Abbildung 19: Die Humankapitalaufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

13

Abbildung 20: Die Humankapitalaufteilung im Endproduktsektor I . . . . . . . . . . 144 Abbildung 21: Die Humankapitalaufteilung im Endproduktsektor II . . . . . . . . . 145 Abbildung 22: Die Aufteilung des Humankapitals auf den Forschungsund den Endproduktsektor bei unterschiedlichen Humankapitalausstattungen im Modell von Romer (1990) . . . . . . . . . . . 147 Abbildung 23: Die Aufteilung des Humankapitals bei variierender Technologielücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Abbildung 24: Arbeitskräfte mit mittlerer und Arbeitskräfte mit hoher Ausbildung mit und ohne Möglichkeit der Migration . . . . . . . . . 152 Abbildung 25: Anteil ausländischer Arbeitsloser an der gesamten Arbeitslosigkeit in Relation zum Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung [(Ausl.AL/AL)/(Ausl./Erw.Bev.)] für die Jahre 2002–2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Tabelle 1:

Gewinne aus Wanderungen in Prozent des Welteinkommens bei verschiedenen Maßzahlen für den Durchschnittslohn und unterschiedlichen Szenarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Tabelle 2:

Bedeutung von Wanderungen für ausgewählte Regionen im Jahr 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Tabelle 3:

Länder mit den höchsten Auswanderungsquoten von Personen mit tertiärer Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Tabelle 4:

Technology Achievement Index (TAI) für ausgewählte Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

Tabelle 5:

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (in US-$) im Jahr 2000 für ausgewählte Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197

Symbolverzeichnis Lateinische Symbole A A AB AL B c ci C Co e EAE FÈa ê g h ht ht þ 1 H Hy HF & E HI HA HM HS k K L L1 L2 m

Individuelle Fähigkeit/Begabung eines Wirtschaftssubjektes Technologieniveau, Stand des technischen Wissens (ab Kapitel 3: im Auswanderungsland) technischer Fortschritt im Auswanderungsland bei der Existenz von Barrieren Arbeitslosigkeit Wertpapierbestand Individuelle Kosten der Ausbildung Pro-Kopf-Konsum Konsum Konstante fixes Ausbildungsprogramm erwarteter Ertrag der Ausbildung Anteil der Arbeitskräfte, der sich nicht ausbilden lässt Wachstumsrate Anzahl der Effizienzeinheiten je Arbeitskraft Effizienzeinheiten einer Arbeitskraft ohne Ausbildung Effizienzeinheiten einer Arbeitskraft mit Ausbildung Humankapital in Effizienzeinheiten eingesetztes Humankapital im Endproduktsektor eingesetztes Humankapital im Forschungssektor für die Herstellung von Innovationen eingesetztes Humankapital für die Herstellung von Imitationen eingesetztes Humankapital Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau Kapitalintensität Kapitalbestand Arbeitsmenge gelernte Arbeitskraft ungelernte Arbeitskraft Migrationswahrscheinlichkeit

Symbolverzeichnis M

mi ã L M MA Mi

Nettowanderungsrate Anzahl der Wandernden Anteil der Arbeitskräfte, der sich ausbilden lässt Gut i ã 1;2

M Y

Importquote

n NA p P PA Px r s S t T U w w wI wd w wHy wHF & E wHI wHA x y Y

Bevölkerungswachstumsrate Arbeitsangebot Wahrscheinlichkeit Güterpreis Preis eines Patentes Preis eines Zwischenproduktes Zinssatz Sparquote Ersparnis Zeitindex Technologieniveau im Einwanderungsland Nutzenniveau Reallohnsatz Lohnsatz je effiziente Arbeitseinheit im Auswanderungsland Lohnsatz je effiziente Arbeitseinheit im Einwanderungsland Ertrag der Ausbildung im Auswanderungsland Ertrag der Ausbildung im Einwanderungsland Humankapitallohnsatz im Endproduktsektor Humankapitallohnsatz im Forschungssektor Humankapitallohnsatz für Innovationen Humankapitallohnsatz für Imitationen Zwischenprodukt Realer Output Nominaler Output

Griechische Symbole 

aã 

a a

a ~ a

@a @t

absolute Veränderung von a pro Zeiteinheit Wachstumsrate einer Variablen a langfristiger Gleichgewichtswert einer Variablen a Variable a in Einheiten effizienter Arbeitskraft

15

16

Symbolverzeichnis

g d e ex h1

Gewichtungsparameter Abschreibungsrate des Sachkapitals Störterm Preiselastizität der Nachfrage nach Zwischenprodukten Nachfrageelastizität nach gut ausgebildeten Arbeitskräften

1 h

intertemporale Substitutionselastizität

q l l1 ld p pZP r s È1  s ê ’ 

 1’

F FÈHê Èê HÈê EÈê

Produktivität der Innovations- und Imitationstätigkeit konstante Wachstumsrate der Technologie im Einwanderungsland Menge an Kapital, das mit jedem Wandernden verbunden ist technischer Fortschritt, der vom Einwanderungsland in das Auswanderungsland diffundiert Gewinn Gewinn im Zwischenproduktsektor Zeitpräferenzrate partielle Produktionselastizität der Arbeitskräfte mit mittlerer Ausbildung in Imitationen partielle Produktionselastizität der Arbeitskräfte mit hoher Ausbildung in Imitationen partielle Produktionselastizität der Arbeitskräfte mit mittlerer Ausbildung in Innovationen partielle Produktionselastizität der Arbeitskräfte mit hoher Ausbildung in Innovationen Produktivitätsparameter des Humankapitals Adaptionsfunktion Lagrange-Funktion Hamilton-Funktion Erwartungswert

1 Einleitung „. . . it is perhaps precisely because it is so difficult to make generalizations about migration that it is such an important and fascinating subject to study!“ (King, 1996, S. 7)

Die Erforschung der Ursachen für die großen Ungleichheiten zwischen den Volkswirtschaften unserer Welt ist seit jeher eines der Grundanliegen der Wirtschaftswissenschaften. Mit der Zeit hat sich sowohl in der Wissenschaft als auch in der Politik ein Konsens darüber herausgebildet, dass eine ungenügende Ausstattung mit dem Faktor Humankapital eine der Hauptursachen für die anhaltende Armut in Volkswirtschaften darstellt.1 Humankapital wird dabei ganz allgemein definiert als „das in ausgebildeten und qualifizierten Individuen repräsentierte Leistungspotential einer Bevölkerung“ (Clar et al., 1997, S. 13).2 Die Akkumulation von Humankapital wird als eine grundlegende Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft angesehen. Eine sinkende Ausstattung mit Humankapital ist in diesem Sinne mit Einkommens- beziehungsweise Wachstumseinbußen verbunden, da der wichtige Produktionsfaktor, durch den eine dauerhafte Einkommenserhöhung in einem Land erst ermöglicht wird, knapper wird. In diesem Zusammenhang wurde das Phänomen des „brain drain“ in der Literatur in den 1970er und 1980er Jahren intensiv diskutiert. Unter dem Begriff des „brain drain“ wird die Abwanderung von Humankapital verstanden, also die Auswanderung ausgebildeter und hoch qualifizierter Arbeitskräfte in andere Volkswirtschaften (Wong/Yip, 1998, S. 1). Während in den 1970er und 1980er Jahren vorwiegend mögliche Einkommens- und damit Niveaueffekte eines „brain drain“ untersucht wurden, steht in jüngerer Zeit die Analyse des Zusammenhangs zwischen Humankapitalwanderungen und dem wirtschaftlichen Wachstum in Volkswirtschaften 1 Als weitere wichtige Ursachen für Armut sind der Mangel an öffentlicher Infrastruktur wie beispielsweise Schulen und Straßen, das Fehlen oder der Mangel wohldefinierter Eigentumsrechte, das Vorherrschen von Korruption (und diese insbesondere innerhalb von staatlichen Institutionen) und einer ausgeprägten Schattenwirtschaft zu sehen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung der Bedeutung des Humankapitals für wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung. 2 Siehe für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Begriff des „Humankapitals“ Kapitel 3.1 unten.

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1 Einleitung

im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Die Abkehr von der Analyse der statischen Effekte der Abwanderung des Produktionsfaktors Humankapital und die Hinwendung zu einer Analyse möglicher dynamischer Wachstumseffekte eines „brain drain“ wurde vor allem durch die Entstehung der neuen beziehungsweise endogenen Wachstumstheorie ermöglicht, in der anhaltendes wirtschaftliches Wachstum einer Volkswirtschaft erklärt werden kann. Die Bedeutung der Akkumulation von Humankapital für das Wirtschaftswachstum wird in den Modellen der endogenen Wachstumstheorie besonders betont. Für Lucas (1988) stellt Humankapital die entscheidende Determinante eines langfristigen Wachstums des Pro-Kopf-Einkommens dar. Die Wachstumswirkungen internationaler Humankapitalwanderungen werden erst in der jüngeren Zeit in der Forschung intensiv untersucht. Die weitgehende Vernachlässigung dieses Forschungsfeldes in der Vergangenheit erscheint ungerechtfertigt, da die Bedeutung des Produktionsfaktors Humankapital intensiv untersucht wurde: „Despite the reinforcement of the role of human capital in the generation of growth by recent research, the international movement of such capital has not been studied even though there has been interest in the mobility of physical capital. Although the issue of brain drain did receive a fair amount of attention in the 1970s, and remains of interest in developing countries, the consequences of this problem of economic growth have not been carefully analyzed.“ (Haque/Kim, 1995, S. 602).

Ein Grund für das in der jüngsten Zeit stark gestiegene Interesse an den Ursachen und Folgen internationaler Humankapitalwanderungen kann in einem erhöhten Grad der Integration von Volkswirtschaften, das heißt der Globalisierung, gesehen werden. Mit dieser Globalisierung werden auch „neue“ politische Ordnungen notwendig, die die Form des Zusammenlebens der Menschen regeln: „International migration is one of the central dimensions of globalization. [. . .] As with increasing flows of goods and capital, it is necessary for governments – and the international community – to decide how to address this facet of global development.“ (UN, 2004, S. V).

Während in der Vergangenheit die Effekte von Faktorwanderungen vor allem aufgrund der Betonung des internationalen Güterhandels in der neoklassischen Außenhandelstheorie im Hintergrund der wissenschaftlichen Untersuchung standen (der freie Handel mit Gütern führt in der neoklassischen Außenhandelstheorie zu einem Faktorpreisausgleich und stellt damit ein vollkommenes Substitut für Faktorwanderungen dar)3, entwickelt sich 3

Vgl. die Literatur zum Faktorpreisausgleichstheorem, welches auf dem Modell von Heckscher und Ohlin basiert. Für eine umfassende Darstellung siehe z. B. Rose/ Sauernheimer (1995), Kap. III, 2/II.

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heute das Interesse an der Analyse internationaler Faktorwanderungen einerseits aufgrund der Weiterentwicklungen in der theoretischen Forschung und andererseits aufgrund der gestiegenen Anforderungen an politische Regelungen. Während sich sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der öffentlichen Diskussion weitgehend ein Konsens bezüglich positiver Wohlfahrtseffekte eines verstärkten Güterhandels herausgebildet hat (Lutz, 2001, S. 1), gilt dies in einem nur sehr geringen Umfang für internationale Arbeitskräftewanderungen. Migration wird vor allem in der öffentlichen Diskussion als Herausforderung für Ein- und Auswanderungsländer betrachtet und oft auch in der wissenschaftlichen Diskussion kritisch beurteilt. Während sich die Stimmen in der Wissenschaft offen für einen unbeschränkten internationalen Güterhandel aussprechen und die Nachteile einer strategischen beziehungsweise protektionistischen Handelspolitik betonen, ist diese Einschätzung in Hinblick auf die Effekte internationaler Arbeitskräftewanderungen deutlich seltener vorzufinden. Diese Einstellungen lassen sich in den erheblichen politischen Restriktionen, denen die internationale Mobilität der Arbeit unterliegt, wieder finden. Diese Restriktionen beziehen sich in erster Linie auf die Einwanderungsbestimmungen. Während es im Prinzip als ein Grundrecht angesehen wird, dass ein Mensch aus seinem Heimatland auswandert, wird eine Einwanderung in den meisten Ländern mehr oder weniger strikt begrenzt. Die vorliegende Arbeit untersucht die Auswirkungen eines „brain drain“, das heißt der Abwanderung von Humankapital, auf das wirtschaftliche Wachstum in Auswanderungsländern anhand modelltheoretischer Untersuchungen und der Diskussion empirischer Arbeiten. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es somit, die Wachstumseffekte, die von einer Abwanderung des Faktors Humankapital aus einer Volkswirtschaft für diese Volkswirtschaft ausgehen, zu untersuchen. Dabei ist die Tatsache, dass die Mobilität des Faktors Arbeit erheblichen politischen Einwanderungsbeschränkungen unterliegt, von entscheidender Bedeutung. Diese Beschränkungen entwickeln sich derart, dass die Einwanderungsländer in zunehmendem Maße Immigrationsbestimmungen haben, die gut ausgebildete beziehungsweise hoch qualifizierte Arbeitskräfte präferieren [vgl. z. B. OECD (2002), OECD (2004), OECD (2005), OECD (2006), OECD (2007)]. In Branchen, in denen in den Einwanderungsländern Arbeitskräftemangel herrscht (bei gleichzeitigem Arbeitskräfteüberschuss in anderen Branchen), wird Zuwanderung als eine Möglichkeit angesehen, diesen Arbeitskräftemangel auszugleichen. Neben der in der Literatur erklärten positiven Korrelation zwischen dem individuellen Ausbildungsniveau und der

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Wahrscheinlichkeit der Auswanderung eines Wirtschaftssubjektes4 – diese positive Korrelation führt dazu, dass auch ohne Mobilitätsrestriktionen irgendeiner Art mehr hoch qualifizierte Arbeitskräfte in höher entwickelte Volkswirtschaften auswandern würden als gering qualifizierte Arbeitskräfte – kommt es aufgrund dieser Immigrationsbestimmungen zu einer selektiven Abwanderung von Humankapital aus dem Auswanderungsland. In dieser Arbeit wird die Frage untersucht, welchen Einfluss die selektiven Einwanderungsbestimmungen der Einwanderungsländer auf das wirtschaftliche Wachstum in den Auswanderungsländern nehmen. Die Immigrationspolitiken der Einwanderungsländer haben also zur Folge, dass das Ausmaß der internationalen Arbeitskräftemobilität in hohem Maße von der Nachfrage der Einwanderungsländer nach ausgebildeten Arbeitskräften abhängt: „The institutional background of the brain drain [. . .] is now characterized by a ‚demand pull‘ on the side of the receiving countries, whose immigration policies are increasingly determined according to domestic needs and labor-market conditions, regardless of the consequences for the immigrants’ origin countries.“ (Beine et al., 2003, S. 4 f.).

Dies führt zu einem Humankapitalabfluss aus dem Auswanderungs- in das Einwanderungsland, das heißt der Faktor Humankapital wandert in diejenige Volkswirtschaft, in der er bereits relativ reichlich vorhanden ist (Beine et al., 2003, S. 4; Easterly/Levine, 2002; Todaro, 1996): „. . . the irony of international migration today is that . . . many of the people who migrate legally from poor to richer lands are the very ones that Third World countries can at least afford to lose: the highly educated and skilled. Since the great majority of these migrants move on a permanent basis, this perverse brain drain not only represents a loss of valuable human resources but could prove to be a serious constraint on the future economic progress of Third World nations.“ (Todaro, 1996, S. 119).

Die vorliegende Arbeit ist wie folgt gegliedert: im zweiten Kapitel werden zunächst internationale Arbeitskräftewanderungen untersucht. Dabei werden in einem ersten Schritt Ansätze zur Erklärung der Migrationsentscheidung vorgestellt. An eine Begriffsbestimmung der Migration schließt sich die Darstellung verschiedener Migrationsmodelle an. Dabei wird vor allem die Frage untersucht, welche theoretischen Erklärungen für eine internationale Migration in der Forschung herangezogen werden. In einem zweiten Schritt wird ein Überblick über existierende Untersuchungen zu den Wirkungen von Arbeitskräftewanderungen gegeben. In Abschnitt 2.2 werden zunächst die statischen Effekte einer Abwanderung von Arbeitskräften analysiert. Wie bereits erwähnt, wurde die Untersuchung 4

Siehe Borjas/Bronars/Trejo (1992) und Carrington/Detragiache (1998).

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der Wirkungen von Faktorwanderungen in der Forschung lange Zeit vernachlässigt. Dies lässt sich vor allem auf die Ergebnisse der neoklassischen Außenhandelstheorie zurückführen, nach der die Aufnahme des internationalen Freihandels nicht nur mit Wohlfahrtsgewinnen für die einzelne Volkswirtschaft und für die Welt als Ganzes, sondern auch mit einer optimalen Faktorallokation zwischen den Ländern verbunden ist. Der Freihandel lenkt die Produktionsfaktoren in ihre produktivste Verwendung und sorgt damit auch für einen Ausgleich der Löhne und Renten (Faktorpreisausgleich). Der Güterhandel stellt somit ein vollkommenes Substitut für die Faktormobilität dar, da es bei Abwesenheit von Marktunvollkommenheiten trotz immobiler Produktionsfaktoren zu einer Angleichung der Preise der Produktionsfaktoren kommt und damit der Anreiz zur Wanderung verschwindet (Mundell, 1957). Bei Abwesenheit von internationalem Güterhandel können die statischen Effekte von Arbeitskräftemobilität im einfachsten Fall im Rahmen eines MacDougall-Diagramms untersucht werden (siehe MacDougall, 1960). Die sich zwischen den Volkswirtschaften unterscheidende Ausstattung mit dem Produktionsfaktor Arbeit (in der ursprünglichen Form mit dem Faktor Kapital) sorgt für Lohnunterschiede (angenommen wird eine Entlohnung des Produktionsfaktors nach dem Grenzprodukt), die durch die Wanderungen ausgeglichen werden. Diese Effekte, die von der Faktorwanderung ausgehen, sind statischer Natur. Statische Effekte einer Abwanderung von Arbeitskräften werden auch im Modell von Bhagwati und Hamada (1974) untersucht, das im Anschluss vorgestellt wird. Dieses Modell stellte in den 1970er Jahren das Grundmodell zur Untersuchung der Einkommens- und Wohlfahrtseffekte eines „brain drain“ für das Auswanderungsland dar. Für das Auswanderungsland kommt es innerhalb des Modells zu Verlusten aus der Abwanderung von Arbeitskräften. Aufgrund dieser Verluste schlägt Bhagwati (1976) die Einführung einer Steuer vor, die jedes Wirtschaftssubjekt zu entrichten hat, welches im Inland (das Auswanderungsland) einen bestimmten Bildungsgrad erreicht hat und das Land verlässt. Diese „brain drain tax“ wurde in den 1970er Jahren in der Forschung intensiv diskutiert, jedoch nicht in die Praxis umgesetzt. In Abschnitt 2.3 werden dann erste Überlegungen zu den dynamischen Effekten einer Abwanderung von Arbeitskräften angestellt. Hier werden die theoretischen Grundlagen zum Zusammenhang zwischen Arbeitskräftemobilität und wirtschaftlichem Wachstum herausgearbeitet. Dabei wird das traditionelle neoklassische Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) vorgestellt und es werden die Effekte einer Emigration untersucht. Die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens im langfristigen Wachstumsgleichgewicht (steady state) wird hier durch eine modellexogen bestimmte Rate des technischen Fortschritts gegeben. Da die Wachstumsrate

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des technischen Fortschritts exogen bestimmt wird, können von einer Migration keine langfristigen Effekte auf das Wirtschaftswachstum in einer Volkswirtschaft ausgehen. Wachstumseffekte treten nur auf dem Anpassungspfad an das steady state auf. Dieses Ergebnis der Exogenität der Wachstumsrate wurde als bedeutendes Defizit der traditionellen Wachstumstheorie angesehen und führte in jüngerer Zeit zur Entwicklung der endogenen Wachstumstheorie. Die Modelle, die die Wachstumswirkungen eines „brain drain“ innerhalb der endogenen Wachstumstheorie untersuchen, kommen in Hinblick auf die entstehenden Wachstumseffekte zu neuen Ergebnissen. So wird die Sichtweise, dass das Phänomen des „brain drain“ mit Verlusten für das Auswanderungsland verbunden ist, angezweifelt und darauf hingewiesen, dass internationale Arbeitskräftewanderungen sowohl mit Wachstumsverlusten als auch mit Wachstumsgewinnen für das Auswanderungsland einhergehen können. Es werden ein negativer Effekt (in der Literatur als „Drain-Effekt“ bezeichnet) und ein positiver Effekt (in der Literatur als „Brain-Effekt“ bezeichnet) der Arbeitskräftemobilität unterschieden (vergleiche beispielsweise Beine et al., 2003). Der negative Wachstumseffekt entsteht, da der Produktionsfaktor, der das wirtschaftliche Wachstum herbeiführt, durch die Abwanderung knapper wird. Unter bestimmten Annahmen steht diesem negativen Effekt ein positiver Wachstumseffekt gegenüber. Wird angenommen, dass das Immigrationsland eine Einwanderungspolitik betreibt, die sich dadurch auszeichnet, dass ein bestimmtes Bildungsniveau Voraussetzung für die Aufnahme eines Wirtschaftssubjektes in das Gastland ist, und wird diese Bedingung vor dem Hintergrund der Existenz bestimmter Wahrscheinlichkeiten bezüglich der späteren Chancen der Emigration untersucht, so erhöht sich innerhalb des Auswanderungslandes durch gestiegene Möglichkeiten der Mobilität der Anreiz, Humankapital zu bilden. Zu einem positiven Wachstumseffekt kommt es, da nur ein Teil der Wirtschaftssubjekte, die aufgrund der Aussicht auf Auswanderung Humankapital akkumulieren, tatsächlich das Land verlassen. Die im Heimatland verbleibenden Wirtschaftssubjekte erhöhen aufgrund ihrer Bildung das Wachstumspotential der Volkswirtschaft. Überwiegt dieser positive Anreizeffekt den Wachstumsverlust, der durch die Abwanderung von Humankapital entsteht, so kann von einem „beneficial brain drain“ gesprochen werden (Beine et al., 2003).5 5

Es gibt eine Reihe weiterer Ansätze für die Modellierung eines „beneficial brain drain“. Haque/Kim (1995) nehmen alternativ zu der Annahme einer selektiven Immigrationspolitik des Einwanderungslandes an, dass aufgrund unterschiedlicher Steuersätze und verschiedener Produktionstechnologien in zwei Volkswirtschaften Lohnunterschiede existieren, die durch Wanderungsbewegungen ausgeglichen werden. Haque/Kim (1995) zeigen, dass Wirtschaftssubjekte mit besonderen Fähigkeiten schneller emigrieren als solche ohne eine spezielle Ausbildung, da zwar die

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Von entscheidender Bedeutung ist an dieser Stelle, dass es sich bei den existierenden Modellen, die die Wachstumswirkungen eines „brain drain“ innerhalb der endogenen Wachstumstheorie untersuchen, um Akkumulationsmodelle handelt. Grundsätzlich können im Rahmen der endogenen Wachstumstheorie zwei Modelltypen unterschieden werden: Akkumulationsmodelle und Modelle des technischen Fortschritts. In den Akkumulationsmodellen wird davon ausgegangen, dass eine erhöhte Ausstattung mit Humankapital über positive externe Effekte oder konstante oder steigende Skalenerträge zu einer Erhöhung des wirtschaftlichen Wachstums führt. In den Modellen, die den technischen Fortschritt endogenisieren, wird im Gegensatz dazu davon ausgegangen, dass es nur bei der Existenz eines technischen Fortschritts zu wirtschaftlichem Wachstum kommt. Humankapital ist dabei ein Faktor, durch den der technische Fortschritt erleichtert beziehungsweise beschleunigt wird. In Kapitel 3 werden die verschiedenen Akkumulationsmodelle, die die Wachstumswirkungen eines „brain drain“ untersuchen, in einem einheitlichen Modellrahmen – dem Grundmodell – vorgestellt. Bevor jedoch dieser Modellrahmen genau untersucht werden kann, wird der Humankapitalbegriff eingehend analysiert. Im Anschluss daran findet eine kritische Auseinandersetzung mit dem Grundmodell statt. Dabei wird zunächst deutlich, dass der – in den Modellen der endogenen Wachstumstheorie betonte und für das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland positive – „Brain-Effekt“ eine problematische Modellierung darstellt. Dieses Ergebnis ist vor allem auf eine fehlende Berücksichtigung der Risikoeinstellungen der die Ausbildungsentscheidung treffenden Akteure zurückzuführen. Innerhalb der Akkumulationsmodelle bleibt die Bedeutung des technischen Fortschritts unberücksichtigt. Die Technologien im Einwanderungsund im Auswanderungsland sind exogen und bleiben durch die Wanderungen unverändert. An der Bedeutung des technischen Fortschritts setzen die Kapitel 4 und 5 an, die den Hauptteil der vorliegenden Arbeit bilden. Die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Humankapital und Produktionstechnologie steht dabei im Mittelpunkt. Kapitel 4 nimmt zunächst eine Begriffsbestimmung des technischen Fortschritts vor. Im Anschluss wird das Innovationsmodell von Romer (1990) vorgestellt, welches als bedeutendes endogenes Wachstumsmodell des techKosten der Immigration für alle gleich, jedoch die Erträge für die Wirtschaftssubjekte, die Humankapital akkumuliert haben, deutlich höher sind als für weniger ausgebildete Akteure.

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nischen Fortschritts angesehen werden kann. Romer (1990) modelliert den technischen Fortschritt als das Resultat ökonomischer Entscheidungen und endogenisiert ihn somit. Mithilfe dieses Modells können Technologieunterschiede zwischen Volkswirtschaften erklärt werden. Ein solcher – allerdings unerklärter – Technologieunterschied zwischen den Ländern stellt im Grundmodell aus Kapitel 3 die Ursache für die Humankapitalwanderungen dar. Bei Romer (1990) besteht das Problem nun darin, dass er zwar die Existenz eines technischen Fortschritts zu erklären vermag, jedoch keine Berührungspunkte zwischen Volkswirtschaften mit unterschiedlichen Technologien hergestellt werden. Es ist aber bekannt, dass Länder, welche gegenüber anderen Volkswirtschaften einen Technologierückstand aufweisen, einen technischen Fortschritt nicht nur aufgrund eigener Forschungsaktivitäten erzielen, sondern auch oder vor allem aufgrund von Nachahmungen der Technologien von Volkswirtschaften mit höherem Technologieniveau. Entsprechend wird im Anschluss an das Modell von Romer (1990) das Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966) vorgestellt, in dem es zu technischem Fortschritt nur in der Folge von Imitationen kommt. Dem Faktor Humankapital kommt in beiden Modellen die gleiche Funktion zu: durch Humankapital wird technischer Fortschritt – infolge von Innovationen („eigenem“ technischen Fortschritt) oder Imitationen („fremdem“ technischen Fortschritt) – erleichtert beziehungsweise beschleunigt. Für die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, Imitationen durchzuführen, ist darüber hinaus die Existenz eines Güterhandels entscheidend, da es nur durch Handel mit Gütern zu einer Diffusion der Technologien der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung in die Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand kommt. Das Humankapital wird dann benötigt, um die prinzipiell vorhandenen Technologien in die Produktion einzusetzen, das heißt das Humankapital ermöglicht die Technologieadaption. In Abschnitt 4.4 werden die beiden Modelle in einem Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen zusammengefasst und dessen Modelllösung für das Wachstumsgleichgewicht modelltheoretisch hergeleitet. Gemeinsames Argument der drei Modelle aus den Abschnitten 4.2, 4.3 und 4.4 ist die Annahme der Exogenität des zur Verfügung stehenden Humankapitals. Die Wachstumsrate im Wachstumsgleichgewicht bestimmt sich einerseits durch die exogen gegebene Höhe des zur Verfügung stehenden Humankapitalstocks und andererseits durch die Aufteilung des gegebenen Humankapitals auf die verschiedenen Verwendungen, welche modellendogen ist. Für die Beantwortung der Frage nach den Wachstumswirkungen von Humankapitalwanderungen in einer Volkswirtschaft mit einem Technologierückstand ist die Endogenisierung des Humankapitals von entscheidender Bedeutung. Bleibt die Ausstattung mit Humankapital eine exogene

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Größe, so kann keine Aussage darüber getroffen werden, wie sich die Existenz selektiver Immigrationsbestimmungen auf die Entscheidung, Humankapital zu bilden, auswirkt. Gemäß diesen Überlegungen wird in Abschnitt 4.5 ein Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung entwickelt. Entscheidendes Ergebnis dieses Modells ist, dass es auch hier einen Anreizeffekt („Brain-Effekt“) gibt, dieser aber sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Wachstumsrate im Auswanderungsland haben kann. Der Effekt hängt unter anderem von der Struktur des Humankapitals im Auswanderungsland und von dem relativen Technologieniveau zwischen Einwanderungs- und Auswanderungsland ab. Im fünften Kapitel werden die Wachstumswirkungen internationaler Humankapitalwanderungen in den untersuchten Modellen endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt analysiert und mit den Wachstumseffekten des Grundmodells aus Kapitel 3 verglichen. Die Hauptaufmerksamkeit liegt hier auf dem Anreizeffekt, welcher sich auf das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland im Rahmen des Grundmodells in jedem Fall positiv auswirkt, sich in dem im Abschnitt 4.5 entwickelten Modell jedoch sowohl positiv als auch negativ auswirken kann. Wirkt sich der Anreizeffekt positiv auf das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland aus, sind die entstehenden Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen eines Einwanderungslandes für ein Auswanderungsland vorab nicht bestimmbar. Wirkt sich der Anreizeffekt hingegen negativ auf das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland aus, sind diese Wachstumseffekte eindeutig negativ. Dies gilt, da sich in beiden Modellen der Abwanderungseffekt (mit der Abwanderung von Humankapital gehen Wachstumsverluste für das Auswanderungsland einher) negativ auf das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland auswirkt. Kapitel 6 stellt im Anschluss daran Überlegungen zur empirischen Evidenz an. Dabei werden zunächst die Politikimplikationen, die sich aus den modelltheoretischen Untersuchungen ergeben, herausgearbeitet und diskutiert. Es folgt die Analyse der empirischen Evidenz von Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern auf Auswanderungsländer. In diesem Rahmen werden die Immigrationsbestimmungen der wichtigsten Einwanderungsländer skizziert und es wird ein Überblick über die aktuellen Wanderungsströme gegeben. Daran schließen sich die Vorstellung und ein Vergleich empirischer Arbeiten aus der Literatur an. Der theoretische Rahmen dieser Analysen basiert auf dem Grundmodell aus Kapitel 3. Aus diesem Grund werden in Abschnitt 6.2.3 Überlegungen zur empirischen Überprüfung der Voraussagen des Modells endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung aus den Kapiteln 4 und 5 angestellt.

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Der Abschnitt 6.3 diskutiert die Modellimplikationen der Empirie. Ziel dieses Abschnitts ist es, den entwickelten Modellrahmen der Kapitel 4 und 5 zu würdigen. An dieser Stelle wird die Frage beantwortet, inwieweit die Berücksichtigung technologischer Entwicklungen für die Beurteilung der für die Auswanderungsländer entstehenden Wachstumseffekte von Arbeitskräftewanderungen infolge selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern von Bedeutung ist. Im siebten Kapitel wird die vorliegende Arbeit abschließend betrachtet. Dabei werden die Ergebnisse zusammengefasst und die Frage nach den Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer für die Auswanderungsländer beantwortet.

2 Arbeitskräftewanderungen Bevor in den folgenden Kapiteln die Auswirkungen von Humankapitalwanderungen auf das wirtschaftliche Wachstum in Auswanderungsländern ins Zentrum der Analyse rücken, werden in dem vorliegenden Kapitel zunächst die Effekte von Arbeitskräftewanderungen untersucht. An die Vorstellung verschiedener Ansätze zur Erklärung der Migrationsentscheidung schließt sich die Analyse von Arbeitskräftewanderungen in einfachen statischen Modellen und in dem traditionellen exogenen Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) an.

2.1 Ansätze zur Erklärung der Migrationsentscheidung Die Frage, warum Menschen von ihrem Herkunftsort zu einem Zielort wandern oder zu wandern anstreben, steht am Anfang der Migrationsforschung. In den Theorien und Ansätzen zur Erklärung der Migrationsentscheidung wird der Versuch unternommen, Ursachen für die Wanderungsbewegungen anzugeben. Sie können in traditionelle Theorien und in neuere Ansätze unterschieden werden. In den traditionellen Theorien wird davon ausgegangen, dass die Entscheidung für oder gegen eine Migration eine individuelle Entscheidung ist, die von dem Einzelnen im Rahmen eines Nutzenmaximierungskalküls getroffen wird. Ursachen der Wanderungen sind Unterschiede in den Lohnund Beschäftigungsmöglichkeiten zwischen dem Herkunfts- und dem Zielland. Jedes Wirtschaftssubjekt stellt damit die erwarteten Kosten einer Migration den erwarteten Erträgen einer Migration gegenüber. Unterschieden werden dabei „Push“- und „Pull“-Faktoren, wobei unter den Push-Faktoren diejenigen Einflüsse zusammengefasst werden, die ceteris paribus zu einer verstärkten Abwanderung führen, wie beispielsweise eine hohe Arbeitslosenquote oder niedrige Lohnniveaus. Unter den Pull-Faktoren werden im Gegensatz dazu diejenigen Einflüsse verstanden, die ceteris paribus zu einer erhöhten Einwanderung führen, also beispielsweise eine geringe Arbeitslosenquote oder hohe Lohnniveaus (vgl. z. B. Parnreiter, 2000; Haug, 2000). Die neueren Ansätze zur Erklärung internationaler Wanderungen sind stärker von politikwissenschaftlichen und soziologischen Einflüssen geprägt. Betont wird hier das Zusammenspiel zwischen dem Individuum und der Gemeinschaft, in der dieses Individuum lebt. Während also in den traditio-

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nellen Theorien ökonomische Faktoren in den Vordergrund gestellt werden, betonen die neueren Ansätze insbesondere soziale Aspekte der Migration. Im Rahmen dieser Arbeit werden drei ausgewählte neuere Ansätze vorgestellt: der Ansatz der „New Economics of Migration“, der Ansatz der Migrationsnetzwerke und der Ansatz des sozialen Kapitals.1 In dem Ansatz der „New Economics of Migration“ werden nationale Wanderungen vom ländlichen in den städtischen Raum im Rahmen von Entscheidungen privater Haushalte untersucht. Die Analyseeinheit ist also nicht das Individuum, sondern es wird davon ausgegangen, dass in einem privaten Haushalt mehrere Wirtschaftssubjekte ein gemeinsames Ziel der Nutzenmaximierung der Haushaltsmitglieder verfolgen. Als Ursache der Migration werden hier vor allem Bestrebungen zur Risikominimierung angesehen. In dem Ansatz der Migrationsnetzwerke wird insbesondere das „Eingebettetsein“ von Individuen in soziale Beziehungen oder Netze berücksichtigt, die außerhalb eines privaten Haushalts liegen. Dieser Ansatz kann damit beispielsweise das Phänomen von Massenwanderungen erklären. Dabei ist die Aufnahme einer Beschäftigung im Gastland nicht (notwendigerweise) das Ziel der Wanderung. Der Ansatz des sozialen Kapitals konkretisiert den der Migrationsnetzwerke und betont insbesondere die Bedeutung solidarischen Verhaltens zwischen Migranten. Im Folgenden wird zunächst der Begriff „Migration“ definiert und im Anschluss daran werden die Theorien der Migration überblicksartig dargestellt. 2.1.1 Begriffsbestimmung Migration Internationale Migration umfasst alle grenzüberschreitenden Wanderungen, wie freiwillige Auswanderung (Emigration), Wanderungen mit dem Ziel der Familienzusammenführung, illegale (oder nicht-dokumentierte) Migration, temporäre Wanderungen und Wanderungen, die aufgrund von Flucht stattfinden (durch Kriege, politische Verfolgung oder existenzielle Bedrohungen erzwungene Wanderungen).2 Von internationaler Migration kann die interne Migration (Binnenwanderung) unterschieden werden, welche sich auf Wanderungen innerhalb der Grenzen eines festgelegten geographischen Raumes bezieht. Binnenwanderung umfasst sowohl Wanderungen innerhalb eines Landes als auch Wanderungen innerhalb von Staatenverbunden wie beispielsweise dem der Europäischen Union. 1 Für einen Überblick über weitere neuere Ansätze siehe Massey et al. (1993). Zu nennen sind hier insbesondere der Ansatz der transnationalen Migration und der Ansatz der Migrationssysteme. 2 Vgl. Nuscheler (2004, S. 52).

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Der entscheidende Unterschied zwischen internationaler und interner Migration besteht darin, dass der Einzelne über eine interne Migration grundsätzlich frei entscheiden kann, die internationale Migration hingegen von den Ländern, in die eingewandert wird, reguliert wird. In Hinblick auf die EU-Binnenwanderung ist allerdings zu beachten, dass die Freizügigkeit der Bürger aus den mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund von Übergangsbestimmungen der alten EU-15-Länder noch stark eingeschränkt ist.3 Innerhalb der EU-15-Länder gilt das Prinzip der Freizügigkeit, welches die Niederlassungsfreiheit beinhaltet. Da sich die vorliegende Arbeit auf die Untersuchung der internationalen Migration konzentriert, ist – wird im Folgenden von Migration gesprochen – die internationale Migration gemeint. In Hinblick auf die Wanderungsursache zeigt die obige Definition, dass freiwillige (vor allem Arbeitskräftewanderungen) und erzwungene Wanderungen (Flucht und Vertreibung) unterschieden werden. Diese Unterscheidung ist umstritten, da die Grenzen zwischen Freiwilligkeit und Zwang fließend sind und eine Einordnung mit Werturteilen verbunden ist.4 Die vorliegende Arbeit untersucht Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für Auswanderungsländer und konzentriert sich damit auf Wanderungen ausgebildeter Arbeitskräfte. In diesem Zusammenhang geht sie von freien, individuellen Migrationsentscheidungen aus. Illegale Migration, Wanderungen mit dem Ziel der Familienzusammenführung und Wanderungen aufgrund von Flucht werden entsprechend in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt. Internationale Migration wird weiterhin nach zeitlichen Aspekten in temporäre (kurzfristige) und permanente (langfristige) Wanderungen unterschieden. Gemäß den Vereinten Nationen beziehen sich temporäre Wanderungen auf einen Wohnortwechsel von einem Zeitraum zwischen drei Monaten und einem Jahr (ausgenommen sind Touristen); die langfristige Migration ist definiert als ein Wohnortwechsel mit der Dauer von mindestens einem Jahr (Lemaitre, 2005, S. 2).5 Zur Erfassung der Wanderungen werden von den Vereinten Nationen Daten über die voraussichtliche Aufenthaltsdauer, den Zeitraum der Gültigkeit des Aufenthaltstitels und den tatsächlichen Wanderungszeitraum herangezogen. Vor allem die voraussichtliche Aufenthaltsdauer und der tatsächliche Wanderungszeitraum können aber erheblich voneinander abweichen. Ein prominentes Beispiel hierfür sind die „Gastarbei3

Siehe zu den Übergangsbestimmungen genauer Abschnitt 6.2.1 unten. Vgl. Santel (1995, S. 26 f.); Treibel (1990, S. 20 f.). 5 Fischer/Straubhaar (1994, S. 75 f.) sprechen erst dann von Migration, wenn die Wohnortänderung einer Person die Dauer von mindestens einem Jahr umfasst. 4

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ter“ aus Süd- und Südosteuropa, die in den 1950er und 1960er Jahren nach Deutschland kamen. Diese Einwanderung war als zeitlich begrenzt konzipiert, wurde aber zu einem Daueraufenthalt vieler der ausländischen Arbeitskräfte (Santel, 1995, S. 67). In dieser Arbeit wird die permanente Migration untersucht, es wird also davon ausgegangen, dass Wanderungen auf Dauer angelegt sind beziehungsweise dauerhaft werden. Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Messung von Wanderungsströmen gegeben werden. Grundsätzlich lassen sich Wanderungsströme sowohl anhand von Zahlen über Emigrationen als auch über Immigrationen messen. In der Praxis werden die Wanderungsströme meist auf der Grundlage von Daten über Immigrationen geschätzt, da die Messung der Emigrationen oftmals erheblich problematischer ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Auswanderung aus einem Land in der Regel wesentlich geringeren politischen Beschränkungen unterliegt als die Einwanderung: „The right to emigrate is widely recognized; the right to immigrate is not and the high-income countries appear as elite clubs with restricted entry.“ (Lucas, 2004a, S. 18).

Bei den Einwanderungen werden Brutto- und Nettowanderungen unterschieden. Unter Bruttomigration wird die Summe aller in einem bestimmten Zeitraum erfolgten Immigrationen in ein Land verstanden; die Nettomigration ist die Differenz aus der Bruttomigration und den Auswanderungen in der gleichen Periode (Fischer/Straubhaar, 1994, S. 78). Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Daten zu den Wanderungsströmen national erhoben werden und nur mit großen Einschränkungen international vergleichbar sind. Dies liegt vor allem daran, dass in den Ländern verschiedene Definitionen des Begriffes „Einwanderer“ existieren: „An immigrant is variously defined as a person who obtains the right of permanent residence, who obtains a residence permit of a minimum limited duration, or who registers in a population register and intends to stay in the host country for longer than a specified number of months.“ (OECD, 2005, S. 25).

Unterschiede zwischen Ländern bestehen vor allem in Hinblick auf die Dauer des Aufenthalts. Während beispielsweise in den klassischen Einwanderungsländern Australien, Kanada, Neuseeland und den USA als Einwanderer nur gezählt wird, wer über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügt (nicht als Einwanderer gelten also diejenigen, die eine befristete Aufenthaltserlaubnis haben), wird in Europa als Einwanderer erfasst, wer über eine Aufenthaltserlaubnis mit der Dauer von mindestens einem Jahr verfügt. Diese Unterschiede führen dazu, dass bestimmte Wanderungen in einigen

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Ländern als Einwanderungen erfasst werden und in anderen Ländern nicht. So würde zum Beispiel mehr als die Hälfte der in Deutschland lebenden Einwanderer in den USA nicht als Einwanderer gezählt werden (OECD, 2005, S. 26). Die beschriebenen Abweichungen erschweren die internationale Vergleichbarkeit von Migrationsstatistiken. Innerhalb der einzelnen Länder sind die Einwanderungen jedoch gut erfasst. Insofern sind die Daten zu den Bruttowanderungen relativ zuverlässig. Problematischer ist die Erfassung der Nettowanderungen, da hier der Umfang der Auswanderungen eine Rolle spielt. Da Auswanderungen wie beschrieben nur wenig dokumentiert werden, müssen sie geschätzt werden. Die Methoden für diese Schätzung unterscheiden sich ebenfalls von Land zu Land. In Deutschland sind die An- und Abmeldeformulare der Meldeämter die Erhebungsgrundlage der Wanderungsstatistik. Grundsätzlich müssen sich alle Personen, die aus dem Ausland zuziehen, anmelden und alle Personen, die ins Ausland fortziehen, abmelden. Allerdings kann dies von den Behörden nur schwer überprüft werden. Es besteht also das Problem fehlender An- und vor allem Abmeldungen. Dazu kommt, dass jeder Zu- oder Fortzug im Melderegister als unabhängiges Ereignis auftaucht und entsprechend Umzüge einer Person mehrmals gezählt werden. In Deutschland werden mit den Zu- und Fortzügen auch die Staatsangehörigkeit der Person, das Zielland, das Herkunftsland, Geschlecht, Familienstand, Alter und Religionszugehörigkeit erfasst. Bildungsstand und Erwerbstätigkeit bleiben allerdings unberücksichtigt (Sauer/Ette, 2007, S. 17 f.). In Ländern, die über keine Melderegister verfügen (z. B. Großbritannien und die USA), stellen Grenzstatistiken ein Instrument zur Erfassung der Auswanderung dar. In Großbritannien werden die Nettowanderungen durch Befragungen an Häfen und Flughäfen – ist der Reisende wohnhaft in Großbritannien und plant er, das Land für mehr als ein Jahr zu verlassen? – geschätzt. Die Nettowanderungen sind für die Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung wichtig. Gleichzeitig stellt die tatsächliche Bevölkerungsentwicklung eine Möglichkeit dar, ex post die Güte der geschätzten Nettowanderung zu bestimmen (OECD, 2005, S. 48). Die folgenden Abschnitte und Kapitel beschäftigen sich mit theoretischen Überlegungen zur internationalen Migration. In den nächsten beiden Abschnitten werden die Ursachen für die Wanderungsbewegungen herausgearbeitet.

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2 Arbeitskräftewanderungen

2.1.2 Traditionelle Theorien der Migrationsforschung In den traditionellen Theorien zur Erklärung von Wanderungsbewegungen wird Migration als das Ergebnis nutzenmaximierender Verhaltensweisen von Individuen verstanden. Anreize zur Migration entstehen aufgrund von Unterschieden in der Höhe der Löhne und/oder Unterschieden in den Beschäftigungsquoten zwischen Regionen oder Volkswirtschaften. Jedes Wirtschaftssubjekt ermittelt den erwarteten Nettogewinn der Wanderung als die Differenz aus den erwarteten Erträgen und den Kosten der Migration. Der erwartete Nettogewinn lässt sich durch einen Vergleich der erwarteten Einkommenshöhe im Zielland mit der erwarteten Einkommenshöhe im Herkunftsland bestimmen, jeweils gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit einer Beschäftigung, abzüglich der sonstigen mit der Migration entstehenden Kosten (Haug, 2000, S. 5 f.). Ist der erwartete Nettogewinn der Migration positiv, so wird sich das Individuum für eine Wanderung entscheiden. Der Anreiz zu internationalen Arbeitskräftewanderungen entsteht also aufgrund von Unterschieden zwischen nationalen Arbeitsmärkten. Bei Abwesenheit solcher Unterschiede verschwindet für jedes einzelne Wirtschaftssubjekt der Anreiz zur Wanderung. Die Ausstattung mit dem Faktor Arbeit bestimmt die Höhe der Löhne und die Arbeitskräfte werden in diejenige Volkswirtschaft wandern, in welcher der Faktor Arbeit relativ knapp und damit das Lohnniveau hoch ist. Dieser Prozess führt dazu, dass sich sowohl die Löhne als auch die Beschäftigungsmöglichkeiten in den Ländern einander annähern und damit eine Entwicklung hin zu einem Gleichgewicht stattfindet. Migration führt in dieser statischen Betrachtung zu einer optimalen Allokation der Ressourcen (Parnreiter, 2000, S. 27). Die traditionellen Theorien werden in mikroökonomische und makroökonomische Theorien unterschieden. In der mikroökonomischen Theorie stellt das Individuum die Analyseeinheit dar. Die Wahrscheinlichkeit der Wanderung steigt mit einer steigenden individuellen Humankapitalausstattung, steigender erwarteter Entlohnung und einer steigenden Wahrscheinlichkeit einer Beschäftigung im Zielland. Als bedeutende Vertreter der mikroökonomischen Ansätze zur Erklärung von Wanderungsbewegungen sind vor allem Todaro (z. B. 1969 und 1996), Harris und Todaro (1970), Borjas (z. B. 1989) und Sjaastad (1962) zu nennen. Die makroökonomische Theorie erklärt Wanderungsbewegungen mittels der Untersuchung von Aggregaten, wobei dieser Analyse eine mikroökonomische Fundierung zugrunde liegt. Migration wird durch Unterschiede in dem Arbeitsangebot und der Arbeitsnachfrage und daraus resultierenden unterschiedlichen Lohnniveaus zwischen Volkswirtschaften verursacht. Sie hält solange an, bis sich die Löhne in den betrachteten Ländern einander

2.1 Ansätze zur Erklärung der Migrationsentscheidung

33

angleichen beziehungsweise die Lohndifferenz den Kosten der Migration entspricht. Besondere Bedeutung kommt hier den so genannten Push-PullModellen zu. Push-Faktoren sind dabei solche Faktoren, die zu einer verstärkten Abwanderung führen, beispielsweise niedrige Lohnniveaus oder eine hohe Arbeitslosigkeit. Pull-Faktoren wirken anziehend, wie beispielsweise hohe Lohnniveaus oder eine geringe Arbeitslosigkeit. 2.1.3 Neuere Ansätze der Migrationsforschung Den neueren Ansätzen zur Erklärung der Migrationsentscheidung ist gemein, dass sie die traditionellen Theorien kritisieren. Die Konzentration auf das Individuum innerhalb der traditionellen Theorie stellt den Hauptkritikpunkt dar. In den neueren Ansätzen wird die Migrationsentscheidung vor dem Hintergrund von Familien- oder Haushaltsentscheidungen erklärt. In diesem Rahmen spielt neben der Maximierung des erwarteten Lebenseinkommens insbesondere der Aspekt der Risikominimierung eine Rolle. So kann beispielsweise das Risiko, Einkommensausfälle zu erleiden, innerhalb einer Familie dadurch reduziert werden, dass einige Familienmitglieder im Heimatland und die anderen Familienmitglieder im Ausland, in dem die Löhne und die Beschäftigungssituation nur in geringem Maße mit der heimischen Wirtschaft korrelieren, beschäftigt sind (Massey et al., 1993, S. 436). Arbeitskräftewanderungen sind damit nicht (allein) auf die Existenz von Einkommensdifferenzen zurückzuführen, sondern sind (auch) die Folge von Unsicherheiten und Bestrebungen zur Risikominderung und zum Einkommenspooling (Parnreiter, 2000, S. 31). In dem Ansatz der „New Economics of Migration“, der auf Stark (1991) zurückgeht, werden Wanderungen aus ländlichen Regionen in die Stadt innerhalb von Entwicklungsländern untersucht. Den Ausgangspunkt bildet die Transformation des ländlichen zum kapitalistischen Betrieb. Da eine solche Transformation zusätzliche Risiken mit sich bringt und Investitionen in neue Technologien notwendig macht, Versicherungs- und Kapitalmärkte jedoch nur unzureichend funktionieren, stellt die Arbeitsmigration ein Mittel zur Risikominderung insofern dar, als Einkommensausfälle wie beispielsweise Missernten von dem in der Stadt arbeitenden Familienmitglied kompensiert werden können. Die Risikominderung wird also durch die Streuung des Risikos beziehungsweise die Diversifizierung der Einkommensquellen erreicht. Konkret benötigt eine Familie, die den ländlichen Betrieb in einen kapitalistischen umwandeln möchte, zusätzliches Kapital (beispielsweise Maschinen und Düngemittel). Existieren keine Versicherungs- und Kapitalmärkte oder sind diese nicht effizient, so muss dieser Haushalt die zusätzlich mit

34

2 Arbeitskräftewanderungen

der Umwandlung zum kapitalistischen Betrieb entstehenden Risiken selbst abdecken und Geld, welches nicht am Kapitalmarkt geliehen werden kann, von einem Familienmitglied verdient werden. Aus diesem Grund findet Binnenwanderung eines oder mehrerer Haushaltsmitglieder vom Land in die Städte statt. Mit einer steigenden Effizienz von Versicherungs- und Kapitalmärkten würde demnach das Wanderungsvolumen zurückgehen. Gemäß diesem Ansatz hängt die Migration also nicht von der Höhe der Lohndifferenziale ab, sondern von der Ausgestaltung und Entwicklung der Versicherungsund Kapitalmärkte (Parnreiter, 2000, S. 31 f.). In dem Ansatz der Migrationsnetzwerke und dem des sozialen Kapitals werden weniger diejenigen Faktoren untersucht, durch die Wanderungsbewegungen ausgelöst werden, als vielmehr solche Einflüsse betrachtet, die zu einem Andauern der Migration führen. Migrationsnetzwerke sind das Resultat sozialer Beziehungen zwischen Migranten. Die Existenz solcher Beziehungen führt zu einer Reduktion der mit einer internationalen Migration verbundenen Kosten und Risiken. Die sinkenden Kosten der Wanderung sind abnehmende Informationskosten einerseits (die Akteure, die bereits ausgewandert sind, verfügen über spezifische Informationen über das Gastland, welche sie ihren Freunden und Verwandten im Heimatland zukommen lassen) und sinkende Ausgaben andererseits (beispielsweise kann ein Migrant bei der Ankunft im Gastland zunächst bei Freunden und Verwandten wohnen, die dort bereits leben). Die mit einer Migration verbundenen Risiken werden durch das Vorhandensein von Netzwerken ebenfalls reduziert (beispielsweise verfügen Migranten über Informationen in Bezug auf offene Stellen im Gastland; diese Informationen reduzieren für die potentiellen Migranten das Risiko, im Gastland keine Beschäftigung zu finden). Es wird in diesem Ansatz davon ausgegangen, dass es Lohndifferenzen oder Unterschiede in den Arbeitslosenquoten zwischen Ländern sind, die die internationale Migration auslösen, es dann aber die entstehenden Netzwerke sind, die zu einer Ausweitung der Wanderungen führen. Dieser Prozess wird als sich selbst verstärkend insofern angesehen, als sinkende Kosten und Risiken der Migration zu einer erhöhten Wanderungsbereitschaft führen, damit die Stärke der Migrationsnetzwerke zunimmt und folglich die Kosten und Risiken einer Migration weiter sinken (Massey et al., 1993, S. 449). Der Umfang der Wanderungen wird also von unterschiedlichen Löhnen und Arbeitslosenquoten und den durch die Migrationsnetzwerke sinkenden Kosten und Risiken bestimmt (Massey et al., 1993, S. 448 ff.). Eine Schwäche des Ansatzes der Migrationsnetzwerke liegt in der Vernachlässigung ökonomischer Argumente. Einige Studien sprechen dafür, dass ökonomische Motive entscheidend sind und soziale Beziehungen nur für einen kleinen Anteil der Migranten ein dominierendes Motiv darstellen

2.1 Ansätze zur Erklärung der Migrationsentscheidung

35

(Haug, 2000, S. 19). Darüber hinaus wird nicht bedacht, dass sich Netzwerke negativ auf die Gesellschaft im Zielland auswirken können. Zu sinkenden Kosten der Migration kommt es zunächst auch dann, wenn für den Einzelnen der Integrationsdruck sinkt (zum Beispiel die Sprache, die im Zielland gesprochen wird, nicht erlernt werden muss, da tägliche Aktivitäten wie Einkaufen innerhalb des Netzwerkes stattfinden können). Mit der Zeit werden dadurch aber Kosten für die Gesellschaft im Zielland entstehen, die dann wiederum Rückwirkungen auf die Migranten haben (beispielsweise eine hohe Arbeitslosenquote der ausländischen Bevölkerung aufgrund von Sprachschwierigkeiten oder schlechter Ausbildung). Insofern lässt dieser Ansatz eine ganzheitliche Sicht auf die Ursachen und Folgen von Migrationsnetzwerken vermissen. Der Ansatz des sozialen Kapitals stellt eine Konkretisierung des Netzwerke-Ansatzes dar. Der Begriff des sozialen Kapitals fasst die positiven ökonomischen Effekte zusammen, die im Rahmen sozialer Strukturen entstehen. Das soziale Kapital ist das Ergebnis solidarischen Verhaltens zwischen Migranten und führt ebenfalls zu sinkenden Kosten der Migration. Es wird als Vorteil der Migranten gegenüber den „Einheimischen“ betrachtet. Andererseits beinhalten diese gesellschaftlichen Verpflichtungen auch Einschränkungen für das Individuum, z. B. die Einhaltung von Normen und Regeln, die innerhalb der Gruppe gelten (Haug, 2000, S. 21 ff.). Die neueren Ansätze können zwar einige gegenwärtige Migrationsphänomene erklären – beispielsweise kann mit Hilfe des Ansatzes der Migrationsnetzwerke gezeigt werden, warum „vor allem jene Menschen wandern, die bereits emigrierte Verwandte oder Freunde haben“ (Parnreiter, 2000, S. 47) – stellen aber kein geschlossenes Theoriegebäude dar, sondern betonen jeweils nur einzelne Aspekte internationaler Wanderungen. Da die neueren Ansätze die individuelle Wanderungsentscheidung in einen sozialen Kontext einbetten und damit über die klassischen Erklärungen hinausgehen, scheinen sie geeignet, die traditionellen Theorien zu ergänzen, nicht aber zu ersetzen. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird von den traditionellen Theorien ausgegangen, die Migrationsentscheidung also vor dem Hintergrund der Existenz von Lohndifferenzen (und teilweise von Beschäftigungsdifferenzen) analysiert. Da sich die vorliegende Arbeit auf die Untersuchung von Arbeitskräftewanderungen konzentriert, spielen Lohndifferenzen als Wanderungsursache eine wichtige Rolle. Die traditionellen Theorien sind also in Hinblick auf die hier im Mittelpunkt stehenden Arbeitskräftewanderungen adäquat.

36

2 Arbeitskräftewanderungen

2.2 Arbeitskräftewanderungen in einfachen statischen Modellen Internationale Faktorwanderungen wurden – wie eingangs schon erwähnt – in der Forschung lange Zeit nur wenig untersucht. Da Güter international wesentlich mobiler waren als die Produktionsfaktoren, stand auch in der Forschung die Untersuchung des internationalen Güterhandels im Vordergrund. Gemäß der neoklassischen Außenhandelstheorie führt der freie Handel mit Gütern zu einer optimalen Faktorallokation zwischen den am Handel beteiligten Ländern und damit über einen Ausgleich der Grenzproduktivitäten auch zu einem Ausgleich der Faktorpreise. Dieser Ausgleich der Faktorpreise führt dazu, dass es für die Produktionsfaktoren keinen Anreiz mehr gibt, in eine andere Volkswirtschaft zu wandern. Der Handel mit Gütern erübrigt damit die Faktormobilität (siehe Mundell, 1957). Wird von internationalem Handel mit Gütern abstrahiert, kann eine Faktormobilität in einem Modell untersucht werden, das Mobilität durch Ressourcenunterschiede auslöst. Dabei werden substitutionale Produktionsfunktionen mit abnehmenden Grenzproduktivitäten und vollkommen flexible Preise und Löhne angenommen. Werden zwei Volkswirtschaften betrachtet, in denen jeweils mit dem Einsatz der beiden Produktionsfaktoren Arbeit und Boden ein homogenes Gut produziert wird, wird der Faktor Arbeit in derjenigen Volkswirtschaft niedriger entlohnt (die Grenzproduktivität ist geringer), die relativ reichlich mit diesem Faktor ausgestattet ist. Werden Arbeitskräftewanderungen zugelassen, so werden Wanderungen solange stattfinden, bis sich die Grenzproduktivitäten zwischen den Volkswirtschaften ausgleichen und damit die Löhne in beiden Ländern identisch sind. Die folgende Abbildung 1 stellt die Ursachen und Folgen der internationalen Arbeitskräftewanderungen graphisch dar. Die Darstellung geht zurück auf die Arbeit von MacDougall (1960), die sich allerdings auf Kapitalbewegungen bezieht. Layard et al. (1992) übertragen die Überlegungen MacDougalls auf Arbeitskräftewanderungen. Die Situation in Lt stellt die Ausgangssituation dar. 0LT misst die Menge der Arbeitskräfte, die bei Abwesenheit von internationaler Mobilität der Arbeit im Inland beschäftigt sind. Die Grenzproduktivität und damit der Lohnsatz betragen im Inland GPt Im Ausland ist die Menge 0 f Lt an Arbeitskräften beschäftigt; die Grenzproduktivität und der Lohnsatz betragen GPtf . Werden Arbeitskräftewanderungen zugelassen und vollkommene Arbeitsmobilität angenommen, so wird eine Arbeitsmigration vom Ausland ins Inland solange stattfinden, bis sich die Löhne in den Volkswirtschaften ausgeglichen haben. Im Inland arbeiten dann 0Lt þ 1 Arbeitskräfte, im Ausland 0 f Lt þ 1 Arbeitskräfte. Die Menge der Arbeiter Lt Lt þ 1 ist dabei vom Ausland ins Inland gewandert.

2.2 Arbeitskräftewanderungen in einfachen statischen Modellen

37

GPLf

GPL

A

GPt D

GPt

B 0

Lt

C

GPt + 1f

E

GPtf

Lt + 1

0f

Abbildung 1: Ursachen und Folgen internationaler Arbeitskräftewanderungen6

Die Arbeitskräftewanderung bringt verschiedene Effekte mit sich: erstens kommt es zu einer Konvergenz der Reallöhne (die Löhne sinken im Inland und steigen im Ausland); zweitens steigt infolge der Neuverteilung des Faktors Arbeit die Produktion um die Fläche ABC, das heißt es entsteht ein positiver Einkommens- und damit auch Wohlfahrtseffekt für die Welt als Ganzes. Die Migranten beziehen höhere Löhne; dies wird durch die Fläche BDCE repräsentiert. Allerdings gibt es auch Gruppen, die durch die Integration Verluste erleiden. Dies sind die Wirtschaftssubjekte, die nicht aus dem Ausland auswandern. Sie erfahren einen Einkommensverlust in der Höhe des Dreieckes BCE. Theoretisch wäre es möglich, dass die Gewinner die Verlierer kompensieren. Dies hätte zur Folge, dass jeder Einzelne von der unbeschränkten Migration einen Vorteil hätte (siehe überblicksartig auch Razin/Sadka, 1992, S. 31 f.; Krugman/Obstfeld, 2004, S. 222 ff.; Fuhrmann/Braumann, 2003). Entscheidend an dieser Untersuchung ist die Annahme der vollkommenen Konkurrenz auf den Märkten. Diese zentrale Annahme der neoklassischen Theorie, nach der die Produktionsfaktoren nach ihrem Grenzprodukt entlohnt werden, impliziert prinzipiell, dass die Abwanderung auch eines gut ausgebildeten Wirtschaftssubjektes für die im Heimatland verbleibende Bevölkerung keinen Verlust darstellt, da der Auswandernde nur seinen Beitrag zum Sozialprodukt und das Einkommen, das er durch diesen Beitrag erzielt, „abzieht“ und das Einkommen der verbliebenen Bevölkerung damit unverändert bleibt (Grubel/Scott, 1966, S. 270). Dies gilt jedoch nur für einen 6

Darstellung in Anlehnung an Fuhrmann/Braumann (2003, S. 5).

38

2 Arbeitskräftewanderungen

„marginalen Migranten“, insgesamt entstehen Einkommensverluste für die Wirtschaftssubjekte, die im Ausland zurückbleiben (siehe oben die Verluste in Höhe des Dreieckes BCE). Wird die Annahme der Entlohnung der Produktionsfaktoren nach ihrem Grenzprodukt fallen gelassen, so können für die im Heimatland verbleibende Bevölkerung ebenfalls Verluste aus der Auswanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte entstehen. Die Produktionsfaktoren werden in zwei Fällen nicht entsprechend ihrem Grenzprodukt entlohnt: beim Vorliegen von Externalitäten oder von Marktversagen in Form von Verzerrungen. Grubel und Scott (1966, S. 271) betonen, dass auch bei Vorliegen positiver externer Effekte, die mit der Produktion durch gut ausgebildete Arbeitskräfte entstehen, ein langfristiger Verlust durch Abwanderung für die Bevölkerung nur dann entsteht, wenn die positiven Externalitäten an die auswandernde Person selbst gebunden sind. Fallen die externen Effekte aufgrund der Tätigkeit des Wirtschaftssubjektes an und nicht aufgrund der Person selbst, so wird es zu Verlusten aus der Abwanderung nur für eine begrenzte Zeit kommen, das heißt nur solange, bis ein anderes Wirtschaftssubjekt in der gleichen Tätigkeit ausgebildet wurde. Auch in Hinblick auf ein Vorliegen von Marktversagen und damit einhergehende Bestrebungen einer übergeordneten Instanz, durch staatliche Eingriffe dieses Marktversagen zu kompensieren, wird es lediglich zu in der kurzen Frist auftretenden Verlusten aus einer Abwanderung ausgebildeter Arbeitskräfte kommen (Grubel/Scott, 1966, S. 272). Im Folgenden wird das Modell von Bhagwati und Hamada (1974) vorgestellt. Dieses Modell war in den 1970er und 1980er Jahren Ausgangspunkt für eine Analyse des Phänomens „brain drain“, welches – wie in der Einleitung erläutert wurde – erstmals in diesen Jahren besondere Aufmerksamkeit erlangte. Von Bhagwati präferiert wurde in der Folge seiner Arbeiten eine „brain drain tax“, welche beinhaltet, dass ein gut ausgebildetes Wirtschaftssubjekt, das sein Heimatland verlässt, dort eine Steuer zu entrichten hat, welche die zurückbleibende Bevölkerung für die mit der Abwanderung einhergehenden Nachteile entschädigt (siehe ausführlich zu einer „brain drain tax“: Bhagwati, 1976a). Bhagwati und Hamada (1974) untersuchen zunächst eine kleine geschlossene Volkswirtschaft, in der zwei Güter durch den Einsatz der beiden Produktionsfaktoren gelernte und ungelernte Arbeit produziert werden. Für die Produktion des Gutes M1 wird ausschließlich der Faktor gelernte Arbeit ÈL1 ê eingesetzt, für die Produktion des Gutes M2 ausschließlich der Faktor ungelernte Arbeit ÈL2 ê. Die Produktionsfunktionen lauten: È1ê

M1 ã F1 ÈL1 ê

2.2 Arbeitskräftewanderungen in einfachen statischen Modellen È2ê

39

M2 ã F2 ÈL2 ê:

Bei vollkommener Konkurrenz sind die zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte optimal auf die beiden Faktoren aufgeteilt (es gilt L1 þ L2 ã N A , wobei N A für das gesamte Arbeitsangebot steht), wenn folgende Gleichung erfüllt ist:  È3ê

w1  c ã

@F1 @L1



 cã

@F2 @L2

 ã w2 ;

wobei w1 und w2 die Lohnsätze in den beiden Verwendungen und c die individuell aufzuwendenden Kosten der Ausbildung (ausgedrückt in Einheiten des Gutes M2 ) sind. Stimmt der Lohnsatz (die Grenzproduktivität) der ausgebildeten Arbeitskräfte abzüglich der Kosten der Akkumulation von Humankapital mit dem Lohnsatz (der Grenzproduktivität) der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte überein, haben die Wirtschaftssubjekte keinen Anreiz mehr, sich zusätzlich ausbilden zu lassen. Bhagwati und Hamada (1974) führen nun in ihr Modell die folgenden Abweichungen vom Pareto-Optimum ein: die Kosten für die Ausbildung werden vom Staat getragen, das heißt die Ausbildung wird öffentlich finanziert, und die Löhne sowohl für die ausgebildeten als auch für die nicht ausgebildeten Arbeitskräfte werden von einer Gewerkschaft oberhalb ihrer Gleichgewichtswerte auf den Niveaus w1 und w2 fixiert, die sich nach den Lohnniveaus im Rest der Welt (auf dem Weltmarkt) richten. Da die Produktionsfaktoren nach ihren Grenzproduktivitäten entlohnt werden, hängt die Höhe der Beschäftigung von diesen fixierten Löhnen ab. Es gilt: 0 È4ê

È5ê

1

@F1 w1 B w1 C L1 ã f1 @ p A beziehungsweise ã p @L1 1 1 p2 p2

L2 ã f2 Èw2 ê beziehungsweise

und

@F2 ã w2 : @L2

p1 ist das Preisverhältnis der beiden Güter, ausgedrückt in Einheiten des p2

Gutes M2 . Dieses Preisverhältnis wird auf dem Weltmarkt bestimmt und stellt für die betrachtete Volkswirtschaft ein Datum dar (Annahme einer kleinen Volkswirtschaft). Durch die fixierten Löhne wird die Höhe der Beschäftigung der ausgebildeten Arbeitskräfte L1 und der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte L2 bestimmt. Da die Löhne annahmegemäß oberhalb der sich

40

2 Arbeitskräftewanderungen

im Gleichgewicht einstellenden Löhne festgelegt sind, resultiert in beiden Sektoren Arbeitslosigkeit in der Höhe AL1 und AL2 . Im Gleichgewicht haben die erwarteten Erträge der ausgebildeten Arbeitskräfte die gleiche Höhe wie die erwarteten Erträge der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte. Die erwarteten Erträge werden als durchschnittliche Löhne in den beiden Verwendungen dargestellt. Im Gleichgewicht gilt somit:  È6ê

Ew1 ã w1

L1 N1



 ã Ew2 ã w2

 L2 : N2

Das gesamte Arbeitsangebot N A wird also im Gleichgewicht so auf die beiden „Verwendungen“ gelernte und ungelernte Arbeit aufgeteilt, dass sich die erwarteten Erträge ausgleichen. Liegen die erwarteten Erträge der ausgebildeten Arbeitskräfte über denen der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte, so ist es für die Gesellschaft optimal, dass der Staat zusätzlich in Ausbildung investiert und damit die Anzahl der ausgebildeten Arbeitskräfte ansteigt, während die der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte zurückgeht. Damit steigt und sinkt N2 , bis Ew1 ã Ew2 . Das der Gesellschaft insgesamt zur Verfügung stehende Einkommen nach Abzug der Kosten für die Ausbildung und ausgedrückt in Einheiten von M2 ist:  È7ê



p1 M1 þ M2 p2

  cN1 :

Bhagwati und Hamada (1974) untersuchen nun die Effekte der Öffnung des Modells für Arbeitskräftewanderungen. Untersucht werden jeweils die Auswirkungen auf die Beschäftigung und das Volkseinkommen im Auswanderungsland in vier Szenarien. Interessant ist vor allem das dritte Szenario, in dem die Auswanderung ausgebildeter Arbeitskräfte über eine anfängliche Verringerung der Arbeitslosigkeit ausgebildeter Arbeitskräfte im Auswanderungsland oder aufgrund höherer Löhne im Einwanderungsland zu einer Erhöhung des erwarteten Ertrages der Ausbildung im Auswanderungsland führt.7 Der steigende erwartete Ertrag der Ausbildung hat ein steigendes Angebot ausgebildeter Arbeitskräfte im Auswanderungsland zur Folge. Da die Erhöhung des Angebotes im Modell von Bhagwati und Hamada (1974) 7

Im ersten Szenario erhöht sich infolge der Marktöffnung der Lohnsatz der ausgebildeten Arbeitskräfte im Auswanderungsland; im zweiten Szenario überträgt sich diese Lohnerhöhung auf den Lohnsatz der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte; im vierten Szenario werden die Effekte der Szenarien zwei und drei miteinander verbunden. Siehe ausführlich: Bhagwati/Hamada (1974).

2.2 Arbeitskräftewanderungen in einfachen statischen Modellen

41

die Anzahl der Auswanderungen übersteigt, erhöht sich im Auswanderungsland infolge der Marktöffnung die Arbeitslosigkeit der ausgebildeten Arbeitskräfte. Darüber hinaus kommt es zu einer Reduktion des Volkseinkommens. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Möglichkeit der Auswanderung entsprechend negativ auf die gesellschaftliche Wohlfahrt im Auswanderungsland auswirkt, wenn Arbeitslosigkeit und Volkseinkommen diese positiv beeinflussen. Damit unterscheidet sich das Modell von Bhagwati und Hamada (1974) grundlegend von den Modellen endogenen Wachstums. Im einleitenden Kapitel wurde bereits auf eine aktuelle Argumentation im Rahmen von Modellen endogenen Wachstums hingewiesen, nach der positive Effekte einer Emigration dann entstehen, wenn die erwarteten Erträge der Humankapitalakkumulation durch die Möglichkeit der Auswanderung ansteigen, entsprechend mehr Wirtschaftssubjekte in die Bildung von Humankapital investieren und letztlich nicht alle Arbeitskräfte, die Humankapital akkumuliert haben, aus ihrem Heimatland auswandern dürfen. Der Wachstumseffekt eines „brain drain“ ist dann positiv, wenn mehr Arbeitskräfte infolge der gestiegenen erwarteten Erträge zusätzlich Humankapital akkumuliert haben als infolge der Marktöffnung gut ausgebildete Arbeitskräfte und damit Humankapital aus dem Land verloren gehen. Hinter dieser Modellierung steht die Annahme, dass die zusätzlichen ausgebildeten Arbeitskräfte, die in ihrem Heimatland verbleiben, dort auch einen Arbeitsplatz finden. Es wird also in Modellen endogenen Wachstums unterstellt, dass es in dem Auswanderungsland keine Arbeitslosigkeit gibt und das gestiegene Arbeitskräfteangebot auch nachgefragt wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in dem Modell von Bhagwati und Hamada (1974) eine aufgrund des steigenden erwarteten Ertrages der Ausbildung steigende Ausstattung ausgebildeter Arbeitskräfte zu einem Wohlfahrtsverlust führt, da die Arbeitslosigkeit ausgebildeter Arbeitskräfte aufgrund des gestiegenen Angebotes steigt. Im Gegensatz dazu kommt es in Modellen endogenen Wachstums zu einer Erhöhung des wirtschaftlichen Wachstums, da das aufgrund des gestiegenen erwarteten Ertrages der Ausbildung erhöhte Angebot ausgebildeter Arbeitskräfte annahmegemäß auch nachgefragt wird, da in den Modellen endogenen Wachstums von Vollbeschäftigung ausgegangen wird. Problematisch am Modell von Bhagwati und Hamada (1974) ist, dass lediglich die beiden Produktionsfaktoren gelernte und ungelernte Arbeit betrachtet werden. Der Produktionsfaktor Kapital wird nicht berücksichtigt. Für die Analyse der Effekte eines „brain drain“ erscheint es jedoch notwendig, auch den Faktor Kapital einzubeziehen. Davies und Wooton (1992) analysieren in einem Zwei-Länder-Modell, in dem jeweils zwei Güter mit

42

2 Arbeitskräftewanderungen

dem Einsatz der drei Produktionsfaktoren Sachkapital, Humankapital und ungelernte Arbeit produziert werden, den Zusammenhang zwischen internationalen Faktorwanderungen und der Einkommensungleichheit zwischen den beiden Volkswirtschaften. Unterschieden werden ein humankapitalintensiver und ein arbeitsintensiver Sektor, das Sachkapital wird in beiden Sektoren eingesetzt und ist zwischen diesen mobil. Eine Abwanderung von Humankapital führt zu einem Rückgang der Rendite des Sachkapitals im humankapitalintensiven Sektor mit der Folge, dass das Sachkapital in den arbeitsintensiven Sektor wandert. Übersteigt die Entlohnung des Humanund Sachkapitals die des Faktors Arbeit, so wird es zu einem Einkommensrückgang im Auswanderungsland kommen (Wolburg, 2001, S. 46). Bedeutende negative Einkommenseffekte können für das Auswanderungsland insbesondere dann auftreten, wenn die (angeborenen) Fähigkeiten eines Wirtschaftssubjektes mit dem Grad seiner Ausbildung korrelieren. Lassen sich in erster Linie diejenigen ausbilden, die über die besseren Fähigkeiten verfügen und wandern die besser ausgebildeten zuerst aus, dann verbleiben die Wirtschaftssubjekte mit den geringeren Fähigkeiten im Heimatland mit der Folge, dass dort die Produktivität und die Produktion zurückgehen (Wolburg, 2001, S. 46). Die Auswirkungen eines „brain drain“ innerhalb eines solchen Modellaufbaus mit der Annahme einer von den unterschiedlichen Fähigkeiten der Akteure abhängigen Humankapitalakkumulation werden in den folgenden Kapiteln untersucht.

2.3 Arbeitskräftewanderungen im traditionellen exogenen Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) Die von einer Emigration ausgebildeter Arbeitskräfte ausgehenden Effekte für das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens in einem Land werden insbesondere im Rahmen der endogenen Wachstumstheorie untersucht. Die endogene Wachstumstheorie erweitert die traditionelle exogene Wachstumstheorie, die vor allem auf Solow (1956) und Swan (1956) zurückgeht. In diesem Abschnitt sollen zunächst die möglichen Effekte einer Migration innerhalb des Wachstumsmodells von Solow (1956) und Swan (1956) untersucht werden. In einem ersten Schritt wird das Grundmodell mit technischem Fortschritt für eine geschlossene Volkswirtschaft dargestellt. In einem zweiten Schritt werden mögliche Auswirkungen der Migration auf das Einkommensniveau innerhalb des Modells einer offenen Volkswirtschaft untersucht.

2.3 Arbeitskräftewanderungen im traditionellen exogenen Wachstumsmodell 43

2.3.1 Das neoklassische Wachstumsmodell von Solow und Swan für eine geschlossene Volkswirtschaft Solow (1956) und Swan (1956) setzen mit der Entwicklung der neoklassischen Wachstumstheorie an einer kritischen Überprüfung der auf Harrod und Domar zurückgehenden postkeynesianischen Wachstumstheorie an. Insbesondere die in der postkeynesianischen Wachstumstheorie getroffene Annahme der Exogenität der Sparquote, des Kapitalkoeffizienten und der Wachstumsrate des Arbeitskräftepotentials und eine aus dieser Annahme resultierende Zufälligkeit eines gleichgewichtigen Wachstumspfades, auf dem alle genannten Modellparameter mit der gleichen Rate wachsen, wird von Solow (1956) und Swan (1956) abgelehnt. Die Autoren führen eine Produktionsfunktion ein, bei der die Produktionsfaktoren in einem substitutionalen Verhältnis zueinander stehen, folglich der Kapitalkoeffizient variabel wird. Für jede gegebene Sparquote und für jede gegebene Wachstumsrate des Arbeitskräftepotentials existiert dann ein stabiles Wachstumsgleichgewicht (Maußner/Klump, 1996, S. 35). Das neoklassische Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) besitzt die Struktur eines allgemeinen Gleichgewichtsmodells. Unterstellt wird vollkommene Konkurrenz auf den Märkten. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Entwicklung von vier Variablen im Zeitablauf: dem Output Y, dem Kapitalstock K, der Arbeitsmenge L und dem Technologieniveau A in einer Volkswirtschaft. Es wird ein homogenes Gut mit der folgenden Produktionsfunktion hergestellt:   Yt ã F Kt ; Lt AÈtê ;

È8ê

wobei Y den Output des Gutes darstellt und K und L die eingesetzten Mengen des physischen Kapitals K und der Arbeitsmenge L sind. Die Zeitindizierung wird im Folgenden der Einfachheit halber weggelassen. Die Produktionstechnik A(t) ist als arbeitssparender technischer Fortschritt modelliert und wächst im Zeitablauf mit einer konstanten Rate

A 8 . Der A

technische Fortschritt bleibt exogen, er bleibt ein Modellparameter, der sich autonom über die Zeit entwickelt, „wie Manna vom Himmel fällt“ (Frenkel/ Hemmer, 1999, S. 113). Die neoklassische Produktionsfunktion weist die folgenden Eigenschaften auf (Inada-Bedingungen): Die Produktion des homogenen Gutes setzt den Einsatz der Produktionsfaktoren voraus: È8:1ê 8

FÈ0; 0ê ã 0:

Siehe zu den Klassifikationen des technischen Fortschritts Kapitel 4.1 unten.

44

2 Arbeitskräftewanderungen

Die Grenzproduktivitäten der Produktionsfaktoren sind positiv und nehmen mit zusätzlichem Einsatz ab: È8:2ê

@F=@K > 0; @ 2 F=@K 2 < 0; @F=@L > 0; @ 2 F=@L2 < 0

für K; L 2 ½0; 1Å:

Die Produktionsfunktion ist linear-homogen (homogen vom Grade eins). Damit weist sie konstante Skalenerträge auf, das heißt eine proportionale Veränderung des Einsatzes der Inputfaktoren Kapital und Arbeit führt zu einer proportionalen Veränderung des Outputs:   a1 Y ã F a1 K; a1 LAÈtê :

È8:3ê

Unter der Bedingung der stetigen Differenzierbarkeit der Funktion und aufgrund der linearen Homogenität kann Gleichung (8) umformuliert werden zu:9 ~y ã f È~kê;

È9ê

wobei ~y ã

Y den Output pro eingesetzter effizienter Arbeitseinheit darLAÈtê

stellt. Da der technische Fortschritt annahmegemäß als arbeitssparender technischer Fortschritt in Erscheinung tritt, ist es sinnvoll, alle Größen in Einheiten effizienter Arbeitskraft darzustellen. Entsprechend ist die „effiziente“ Kapitalintensität ~k ã

K . Diese Größe gibt Auskunft über den LAÈtê

Kapitalstock pro effiziente Arbeitseinheit. Gleichung (9) zeigt den Output pro effiziente Arbeitseinheit als eine Funktion des Kapitalstocks pro effiziente Arbeitseinheit. Der physische Kapitalstock verändert sich im Zeitablauf wie folgt (ein Punkt über einer Variablen steht für die Veränderung dieser Variablen über die Zeit): 

È10ê

K ã sFÈK; LAÈtêê  dK;

mit d der Abschreibungsrate des Sachkapitals. Wird diese Gleichung durch LAÈtê dividiert, ergibt sich: 

K ã sf È~kê  d~k: LAÈtê

È11ê

9

Y ã FÈK; LAÈtêê;

  1 1 1 YãF K; LAÈtê ; ~y ã FÈ~k; 1ê ã f È~kê: LAÈtê LAÈtê LAÈtê

2.3 Arbeitskräftewanderungen im traditionellen exogenen Wachstumsmodell 45

Die Veränderung des Kapitalstocks pro effiziente Arbeitseinheit erfolgt gemäß:10 

e kã

È12ê

 !  K A  ~k n þ ; LAÈtê A



mit n ã

L der Wachstumsrate der Bevölkerung. L

Einsetzen von (11) in (12) liefert die grundlegende Entwicklungsgleichung des Kapitalstocks pro effiziente Arbeitseinheit: 

e k ã sf È~kê 

È13ê

!  A þ n þ d ~k: A

Diese nicht-lineare Differentialgleichung der effizienten Kapitalintensität beschreibt das Wachstum einer Volkswirtschaft. Die Veränderung des Kapi

talstocks pro effiziente Arbeitseinheit (~k) folgt aus der Differenz zweier Terme. Der erste Term sf È~kê stellt die reale Ersparnis je effiziente Arbeitseinheit dar. Er  kann als! realisierte Investition interpretiert werden. Der zweite Term

A þ n þ d ~k gibt an, welche Investitionen je effiziente ArA

beitskraft erforderlich sind, um die Kapitalintensität auf ihrem bestehenden Niveau zu halten, das heißt um den effektiven Kapitalstockverschleiß d  ~k, das effektive Arbeitskräftewachstum n  ~k und den arbeitsvermehrenden  technischen Fortschritt

A ~  k zu kompensieren. Übersteigen die tatsächlich A

getätigten Investitionen die Investitionen, die erforderlich sind, um die Kapitalintensität auf ihrem bestehenden Niveau zu halten, so steigt die Kapitalintensität (in der Abbildung 2 die Situation in ~k1 ). Sind die tatsächlich getätigten Investitionen jedoch geringer als die Investitionen, die notwendig sind, um die Kapitalintensität konstant zu halten, so sinkt die Kapitalintensität (in der Abbildung 2 die Situation in ~k2 ). Die Kapitalintensität  strebt also immer zurück zu ihrem gleichgewichtigen Wert ~k , bei dem ~k unverändert bleibt. Die folgende Graphik (Abbildung 2) verdeutlicht diesen Zusammenhang. Alternativ kann die Entwicklung der effizienten Kapitalintensität hin zu ihrem langfristigen gleichgewichtigen Wert anhand der folgenden Graphik 



     K K K  Gemäß!Quotientenregel gilt: e L AÈtê þ LA Ètê ;e kã kã  LAÈtê ÈLAÈtêê2 LAÈtê A :  ~k n þ A

10

46

2 Arbeitskräftewanderungen

(

~

y



)

~ A + n+δ k A

~

f (k )



~*

y



• •

~

sf (k )

• •

0

~

~

~*

k1 → k

~

← k2

k

Abbildung 2: Das Wachstumsgleichgewicht im Solow-Swan-Modell mit technischem Fortschritt11

(Abbildung 3) verdeutlicht werden. Dabei wird die Wachstumsrate der Kapitalintensität durch den vertikalen Abstand der Ersparnis je effiziente Arbeitseinheit und der Geraden der effektiven Abschreibung (Investitionen in dieser Höhe wären erforderlich, um die Kapitalintensität auf ihrem bestehenden Niveau zu halten) repräsentiert. Im steady state bleibt ~k unverändert. Die Produktionsfunktion je effiziente Arbeitseinheit f È~kê ist aufgrund der positiven und abnehmenden Grenzproduktivität des Kapitals eine streng konkave Funktion. Die Funktion der Ersparnis je effiziente Arbeitseinheit sf È~kê verläuft unterhalb der f È~kê-Kurve. Der vertikale Abstand zwischen beiden Kurven entspricht dem Pro-Kopf-Konsum je effiziente Arbeitskraft. Das langfristige Wachstumsgleichgewicht (steady state) ist als ein Zustand definiert, in dem verschiedene Größen mit gleichen Raten wachsen (Barro/Sala-i-Martin, 1998, S. 22).12 In ihrem langfristigen Gleichgewicht bleibt die Kapitalintensität konstant, das heißt die Veränderung von ~k be

trägt Null (~k ã 0). Entsprechend gilt im steady state die folgende Gleichung: È14ê

11

~

sf Èk ê ã

!  A þ n þ d k~ : A

Darstellung in Anlehnung an Gärtner (1997, S. 183). An dieser Stelle soll unterstellt werden, dass ein langfristiges Wachstumsgleichgewicht existiert. 12

2.3 Arbeitskräftewanderungen im traditionellen exogenen Wachstumsmodell 47 •

A + n+δ A ~

sf (k ) ~

k •

A + n+δ A ~

sf (k ) ~

k ~

~

~∗

k1 → k



~

k

k2

Abbildung 3: Eine alternative Darstellung der Dynamik im Solow-Swan-Modell mit technischem Fortschritt13

Die Variablen je effiziente Arbeitseinheit sind im langfristigen Gleichgewicht konstant. Im steady state ist somit das Einkommen je effiziente Arbeitseinheit konstant. Dies bedeutet gleichzeitig, dass das Pro-Kopf-Einkommen mit der Rate des technischen Fortschritts a wächst. Damit wachsen alle Pro-Kopf-Größen k, y, s und c mit der Rate des exogenen technischen  Fortschritts  nþ

A . Die Niveauvariablen K, Y, S und C wachsen mit der Rate A

A . Die Existenz des technischen Fortschritts erlaubt somit ein langfrisA

tiges Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens in einer Volkswirtschaft (vgl. auch: Barro/Sala-i-Martin, 1998). Da die Rate des technischen Fortschritts und das Bevölkerungswachstum exogen sind, sind auch die Wachstumsraten exogen bestimmt. Eine exogen gestiegene Rate des technischen Fortschritts wirkt sich wie folgt auf ! die verschiedenen Größen aus (siehe Abbildung 4): die 

A þ n þ d ~k-Linie dreht sich nach oben. Der neue gleichgewichtige KaA

pitalstock je effiziente Arbeitseinheit und das neue Einkommen je effiziente Arbeitseinheit sind niedriger als im alten steady state. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der technische Fortschritt negativ auf das Pro-Kopf-Einkommensniveau auswirkt. Während das Einkommen je effiziente Arbeitseinheit durch den technischen Fortschritt sinkt, erhöhen sich das Pro-KopfEinkommen und der Kapitalstock pro Arbeitseinheit. Zu dieser Erhöhung 13

Darstellung in Anlehnung an Barro/Sala-i-Martin (1998, S. 42).

48

2 Arbeitskräftewanderungen

(

~

y



)

~ A + n+δ k A

f (k )

~*

y

) (

~

y

~* 1



~ A + n+δ k A1

• •



~

sf (k )



~

~ * 1

k

~*

k

k

Abbildung 4: Eine höhere Wachstumsrate des technischen Fortschritts im Solow-Swan-Modell14

kommt es, da durch den technischen Fortschritt bei gegebener Ausstattung mit den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital das Produktionspotential steigt. 2.3.2 Das neoklassische Wachstumsmodell von Solow und Swan mit Wanderungen Den Ausgangspunkt einer Untersuchung internationaler Arbeitskräftewanderungen bildet das im Abschnitt 2.3.1 beschriebene Modell von Solow (1956) und Swan (1956) für eine geschlossene Volkswirtschaft. Dabei wird nun angenommen, dass die Volkswirtschaft keinen internationalen Güterhandel und keinen internationalen Kapitalverkehr hat. Es wird aber jetzt unterstellt, dass die Wirtschaftssubjekte international mobil sind und somit über einen höheren Grad der Mobilität verfügen als das immobile physische Kapital. Durch die Wanderungen wird allerdings ein gewisser Grad an Kapitalmobilität erzeugt, da davon ausgegangen wird, dass jeder Wandernde Kapital mit sich führt. An dieser Stelle wird ein weit gefasster Kapitalbegriff verwendet, welcher Sach- und Humankapital umfasst.15 Es wird davon ausgegangen, dass jedes Wirtschaftssubjekt im Laufe seines Lebens Humankapital akkumuliert. Mit der Wanderungsentscheidung eines Wirtschaftssubjektes geht auch eine Veränderung der Kapitalausstattungen im Aus- und Einwanderungsland einher (Barro/Sala-i-Martin, 1998, S. 333 f.). 14

Darstellung in Anlehnung an Gärtner (1997, S. 183). Das Sachkapital spielt hier eine untergeordnete Rolle, da ein Wandernder üblicherweise nicht viel physisches Kapital mit sich führt. 15

2.3 Arbeitskräftewanderungen im traditionellen exogenen Wachstumsmodell 49

Durch die Wanderungsbewegungen wird die Wachstumsrate der Bevölkerung zu: 

L ã n þ mi; L

È15ê

wobei mi ã

M die Nettowanderungsrate angibt. mi kann sowohl positiv als L

auch negativ sein, je nachdem, ob die betrachtete Volkswirtschaft ein Einwanderungs- oder ein Auswanderungsland ist.16 Die betrachtete Volkswirtschaft ist ein Einwanderungsland, wenn die Nettowanderungsrate größer als Null ist (mi > 0); sie ist ein Auswanderungsland, wenn die Nettowanderungsrate kleiner als Null ist (mi < 0). Die Veränderung des Kapitalstocks im Zeitablauf wird zu: È16ê



K ã sFÈK; LAÈtêê  dK þ l1 M:

Dabei stellt l1 die Menge an Kapital dar, die mit jedem Wandernden verbunden ist. Multipliziert mit der Anzahl der Wandernden M ergibt dies das gesamte von den Auswandernden mitgenommene beziehungsweise von den Einwandernden mitgebrachte Kapital. Entsprechend den Gleichungen (10) bis (14) kann nun die grundlegende Entwicklungsgleichung des Kapitalstocks je effiziente Arbeitskraft bei der Existenz von Wanderungen hergeleitet werden. So wird Gleichung (11) oben zu: 

È17ê

K l1 M ã sf È~kê  d~k þ : LAÈtê LAÈtê

Die Veränderung des Kapitalstocks pro effizienter Arbeitseinheit (Gleichung 12) wird zu:17 

È18ê

e kã

 !  K A ~  k n þ mi þ : LAÈtê A

Die Entwicklungsgleichung des Kapitalstocks je effiziente Arbeitskraft kann durch Einsetzen von Gleichung (17) in (18) gewonnen werden: 16 Es wird nur diese Volkswirtschaft betrachtet, der Rest der Welt wird nicht modelliert.        K K K 17 Gemäß Fußnote (15) gilt: e ã e  L AÈtê þ LA Ètê ; ã k k ! LAÈtê ÈLAÈtêê2 LAÈtê A ~ :  k n þ mi þ A

50

2 Arbeitskräftewanderungen 

È19ê

e k ã sf È~kê  

!  l1 M A  ~k mi beziehungsweise þ n þ d ~k þ LAÈtê A

e k ã sf È~kê 

È20ê

!  A þ n þ d ~k þ miÈl~1  ~kê; A

l1 wobei l~1 ã , da die Variable bereits je Wandernder definiert ist. AÈtê Zu der ursprünglichen Bewegungsgleichung in dem Grundmodell ohne Migration tritt also ein neuer Term miÈl~1  ~kê hinzu, durch den die Investitionen, die erforderlich sind, um die Kapitalintensität je effiziente Arbeitseinheit konstant zu halten, erhöht werden. Beträgt die Nettowanderungsrate Null Èmi ã 0ê oder gilt l~1 ã ~k, so entspricht die gesamte Gleichung der des Grundmodells und die Veränderungs- beziehungsweise Wachstumsrate der effizienten Kapitalintensität und damit auch die des Pro-Kopf-Einkommens je effiziente Arbeitseinheit werden von der internationalen Migration (im Fall l~1 ã ~k) nicht beeinflusst. Durch den hinzu gekommenen Term miÈl~1  ~kê wird aus !der horizontal verlaufenden Geraden mit dem Ordina

A þnþd A

tenwert

eine mit positiver Steigung verlaufende Kurve. Diese

positive Steigung entsteht aufgrund der Annahme, dass mit einer Erhöhung des Kapitalstocks je effiziente Arbeitseinheit die Wanderungen zunehmen. Dies lässt sich anhand eines positiven Zusammenhangs zwischen ~k und dem Lohnsatz in der betrachteten Volkswirtschaft erklären. Mit steigendem ~k wird der Produktionsfaktor Kapital relativ reichlicher, während der Faktor Arbeit relativ knapper wird. Damit einher geht eine Senkung der Entlohnung des Faktors Kapital und eine Erhöhung der Entlohnung des Faktors Arbeit, das heißt des Lohnsatzes. Da hier davon ausgegangen wird, dass Lohndifferenzen die Wanderungen begründen, erhöht sich mit steigendem Lohnsatz ceteris paribus der Anreiz, in die betrachtete Volkswirtschaft einzuwandern (für den Fall, dass es sich um ein Auswanderungsland handelt, wird der Anreiz auszuwandern sinken). Eine Erhöhung von ~k führt also zu einer Erhöhung von mi und damit von miÈl~1  ~kê. Abbildung 5 zeigt den Anpassungsprozess von ~k an sein langfristiges Gleichgewicht. Das langfristige Wachstumsgleichgewicht liegt im Schnittpunkt   der Spar ~ sf Èkê A þnþd kurve ~ mit der Kurve der effektiven Abschreibung k

A

þ miÈl~1  ~kê. Hat der gleichgewichtige Kapitalstock je effiziente Arbeitskraft die Höhe ~k2 , so beträgt die Wanderung Null ÈmiÈ~kê ã 0;

2.3 Arbeitskräftewanderungen im traditionellen exogenen Wachstumsmodell 51 • ~ ~ A + n + δ + mi (λ 1 − k ) A ~ sf (k ) ~

k • ~ ~ A + n + δ + mi (λ 1 − k ) A



A + n+δ A

~

sf (k ) ~

mi < 0 mi > 0

k ~

~

k2

~ ∗∗

k

k

~∗

k

Auswanderung Einwanderung

Abbildung 5: Dynamik im Solow-Swan-Modell mit technischem Fortschritt und Wanderungen18

miÈl~1  ~kê ã 0ê. Ist die effiziente Kapitalintensität größer (kleiner) als ~k2 , so sind die Wanderungen positiv (negativ), das heißt es wird in die Volkswirtschaft eingewandert (aus der Volkswirtschaft ausgewandert). Liegen die Kurven wie in der Abbildung dargestellt, handelt es sich bei der betrachteten Volkswirtschaft um ein Einwanderungsland. Der Anpassungsprozess der Kapitalintensität vollzieht sich entsprechend dem Modell ohne Wanderungen. Liegt die effiziente Kapitalintensität unter halb ihres gleichgewichtigen Wertes (~k < ~k ), übersteigt die Ersparnis die Abschreibungen, in der Folge steigt ~k an und bewegt sich damit in Richtung auf den gleichgewichtigen Wert. Liegt die effiziente Kapitalintensität  hingegen oberhalb ihres gleichgewichtigen Wertes (~k > ~k ), übersteigen die Abschreibungen die Ersparnis, in der Folge sinkt ~k und bewegt sich wieder  auf den gleichgewichtigen Wert ~k zu. Parameteränderungen innerhalb des Modells mit Wanderungen ergeben ähnliche Ergebnisse wie im Modell ohne Wanderungen. Eine Erhöhung der Sparquote führt dazu, dass sich die

sf È~kê ~k -Kurve nach oben verschiebt und

damit der gleichgewichtige Kapitalstock je effiziente Arbeitseinheit und in der Folge auch die Nettowanderungsrate ansteigen. Da die Wachstumsraten im Solow-Swan-Modell im langfristigen Gleichgewicht exogen sind, können von einer Migration beziehungsweise von Ar18

Darstellung nach Barro/Sala-i-Martin (1998, S. 338).

52

2 Arbeitskräftewanderungen

beitskräftewanderungen keine Wachstumseffekte auf die Wachstumsrate im steady state ausgehen. Es sind die Niveaugrößen, die sich infolge der Migration verändern. Diese wachsen bei der Existenz von Arbeitskräftewanderungen mit der Summe aus der Wachstumsrate der Bevölkerung, der Rate des technischen Fortschritts und der Nettowanderungsrate. Wanderungen haben damit einen statischen, nicht jedoch einen dynamischen (das heißt Wachstums-)Effekt. Durch die Migration wird der Anpassungsprozess an das steady state einer Volkswirtschaft beeinflusst; das langfristige Gleichgewicht bleibt unverändert. Damit kann das Modell keine Aussagen über die Wachstumswirkungen internationaler Arbeitskräftewanderungen machen. Die Frage nach den Wachstumswirkungen einer Abwanderung von Humankapital für das Auswanderungsland kann in diesem Modellrahmen nicht beantwortet werden. Solow und Swan haben mit ihren Arbeiten gezeigt, dass ein langfristiges, stabiles Wachstumsgleichgewicht existiert, welches das Pro-Kopf-Einkommen der Wirtschaftssubjekte in einer Volkswirtschaft maximiert. Der technische Fortschritt, welcher ein langfristiges Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens ermöglicht, wird als gegeben angenommen. Zu einem Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens kommt es entweder, wenn ein Land sein steady state noch nicht erreicht hat oder infolge des exogenen technischen Fortschritts im langfristigen Gleichgewicht. Aufgrund der Annahme der vollständigen Konkurrenz und vollkommener Märkte „bewegen“ sich die Volkswirtschaften immer auf ihr langfristiges Wachstumsgleichgewicht zu. Zu einem dauerhaften Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens kann es einzig durch einen exogenen technischen Fortschritt kommen. Insofern wird ein langfristiges Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens nicht erklärt, sondern angenommen: „[The] model takes as given the behavior of the variable that it identifies as the driving force of growth. . . . [we] have been modeling growth by assuming it.“ (Romer, 1996, S. 25).

Diese Annahme der Exogenität der Wachstumsraten stellt den Ausgangspunkt für die Modelle endogenen Wachstums dar. In der endogenen Wachstumstheorie wird wirtschaftliches Wachstum endogen, das heißt in den Modellen erklärt. Die Modelle verändern die zentrale Annahme des traditionellen neoklassischen Wachstumsmodells – die abnehmende Grenzproduktivität des Kapitals und die Existenz eines exogenen technischen Fortschritts. Nimmt die Grenzproduktivität des Kapitals mit zunehmendem Kapitaleinsatz nicht ab, so kann es zu einem dauerhaften Einkommenswachstum kommen.19 19

Dieses Einkommenswachstum ist allerdings in gewisser Hinsicht auch exogen, da eine konstante oder steigende Grenzproduktivität der Faktoren angenommen wird.

2.3 Arbeitskräftewanderungen im traditionellen exogenen Wachstumsmodell 53

Eine entscheidende Bedeutung für die Erklärung von Wachstumsprozessen spielt die Endogenisierung des technischen Fortschritts. Mit der expliziten Modellierung technologischer Entwicklungen wird der Tatsache Rechnung getragen, dass solche Entwicklungen weder von allein, noch in allen Ländern gleichermaßen stattfinden. In dem folgenden Kapitel werden endogene Wachstumsmodelle vorgestellt, die die Wachstumswirkungen internationaler Humankapitalwanderungen untersuchen. Bevor die existierenden Modelle in einen einheitlichen Modellrahmen gebracht werden, wird der Begriff des Humankapitals untersucht. Die Systematisierung der verschiedenen Modelle endogenen Wachstums mit Kapitalakkumulation in einen einheitlichen Modellrahmen schafft einen Ausgangspunkt für die kritische Würdigung dieser Modelle und für die Entwicklung des Modells endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt in den Kapiteln 4 und 5.

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums mit Kapitalakkumulation: das Grundmodell In den letzten Jahren sind eine Reihe endogener Wachstumsmodelle entwickelt worden, die die Wachstumswirkungen eines „brain drain“ für das Auswanderungsland untersuchen. Zu diesen zählen insbesondere die Modelle von Galor und Tsiddon (1997), Mountford (1997), Vidal (1998), Beine et al. (2001), Commander et al. (2004) und Beine et al. (2003). Diese Modelle werden im Folgenden in einem einheitlichen Modellrahmen dargestellt und diskutiert. Zunächst wird jedoch der Begriff „Humankapital“ vertiefend definiert und analysiert.

3.1 Der Humankapitalbegriff Dem Begriff „Humankapital“ wird eine beträchtliche Aufmerksamkeit nicht nur in der Forschung, sondern in jüngerer Zeit auch in der öffentlichen Diskussion gewidmet.1 Aus diesem Grund erscheint es von besonderer Bedeutung, den Begriff des Humankapitals genau abzugrenzen. Um 1 Das öffentliche Interesse spiegelt sich wider beziehungsweise ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass der Begriff „Humankapital“ von einer Jury aus Sprachwissenschaftlern zum „Unwort“ des Jahres 2004 gewählt wurde. Gemeint ist damit eine Formulierung aus der öffentlichen Sprache, die sachlich grob unangemessen ist und möglicherweise sogar die Menschenwürde verletzt. Die Kritik richtet sich dabei letztlich auf die „zunehmende ökonomische Bewertung vieler Lebensbezüge“ und damit der „Herabsetzung der Menschen zu nur noch ökonomisch interessanten Größen“ (siehe die Stellungnahme zum Unwort des Jahres 2004). Eine Kritik, die der Autor der vorliegenden Arbeit teilt, bezieht sich darauf, dass der Begriff „human“ in der deutschen Sprache (die Übersetzung des englischen Human Capital ist gerade nicht „Humankapital“, sondern vielmehr „menschliches Kapital“, also menschliche Fähigkeiten und Fertigkeiten) dem Humanismus entspringt beziehungsweise die gleichen sprachlichen Wurzeln wie dieser hat und im Humanismus soziale Aspekte des Lebens, insbesondere Werte und Gefühle des Menschen im Mittelpunkt stehen, Charakteristika resp. Aspekte, die sich der Ökonomik entziehen und im Begriff des Humankapitals gerade nicht berücksichtigt werden. Insofern ist die Wahl des Begriffes „Human“ in „Humankapital“ unglücklich bis falsch; weniger Unmut würde möglicherweise eine Formulierung wie „Arbeitsvermögen“ o. ä. hervorrufen. Trotz dieser Kritik verwendet die vorliegende Arbeit den Begriff „Hu-

3.1 Der Humankapitalbegriff

55

eine solche Definition vornehmen zu können, wird zunächst die historische Entwicklung der humankapitaltheoretischen Forschung skizziert. Erste Überlegungen zum „geistigen Vermögen“ eines Menschen stammen bereits aus der Zeit des Merkantilismus im 17. Jahrhundert. Ausgangspunkt für konkrete Berechnungen des Humankapitals, wie sie etwa von Sir William Petty im Jahre 1676 vorgenommen wurden, bildete die Bestrebung, Verluste von Menschen durch Kriege und Krankheiten messbar machen zu können.2 Die Ansicht, dass nur eine Gleichstellung des menschlichen Vermögens mit dem Sachkapital die tatsächliche Bedeutung des Humankapitals als eine der wichtigsten Ressourcen für eine Volkswirtschaft erlaubt und entsprechend eine fehlende Berücksichtigung des menschlichen Kapitals dazu führt, dass das Kapital höher geachtet wird als der Mensch, findet sich auch bei Johann Heinrich von Thünen, einem bedeutenden Vorläufer der Neoklassik, wieder: „Eine innere Scheu scheint [. . .] alle von der Betrachtung, was der Mensch kostet, welches Kapital in ihm enthalten ist, abzuhalten. Der Mensch scheint uns zu hoch zu stehen, und wir fürchten eine Entwürdigung zu begehen, wenn wir eine solche Betrachtungsweise auf ihn anwenden. [. . .] Diese Scheu, den Menschen als Kapital zu betrachten, wird aber besonders im Kriege der Menschheit verderblich; denn hier schont man das Kapital, aber nicht den Menschen, und unbedenklich opfert man im Kriege hundert Menschen [. . .] auf, um eine Kanone zu retten.“ (von Thünen, 1875, S. 145 f.).

In den Arbeiten von Friedrich List wird die Bedeutung der Produktivität des geistigen Kapitals betont und damit argumentiert, dass dieses geistige Kapital in den Kapitalbegriff einfließen muss. Geistiges Kapital, das Humankapital, ist für den Wohlstand einer Nation maßgeblich und wird durch die Bildung akkumuliert. Entsprechend stellt die Bildung eine Investition dar, die die Prosperität einer Nation in der Zukunft ermöglicht. In der Folgezeit traten die Untersuchungen zum Humankapital in der Ökonomik eher in den Hintergrund. Erst mit den Arbeiten von Schultz (1963) und Becker (1964) kam es zu einem Wiederaufleben des Interesses an der Humankapitaltheorie. Unverändert über die Zeit blieb dabei die Vorstellung über die Wirkungen der Humankapitalakkumulation für eine Gesellschaft: durch die Bildung wird Humankapital akkumuliert, durch dieses Humankapital werden sowohl die Produktivität und damit Wachstum und Wohlstand erhöht als auch ein sozialer Frieden und Armutsbegrenzung ermöglicht. Der Begriff des Humankapitals wurde im Folgenden insbesondere durch die Arbeiten von Schultz (1963) und Becker (1964) geprägt. Dabei wird mankapital“ gemäß der wissenschaftlichen Literatur. Siehe auch: Fuhrmann (2007), Fuhrmann/Böhringer (2007). 2 Siehe hierzu vertiefend: Immel (1994, S. 23 ff.).

56

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

Humankapital als „das in ausgebildeten und qualifizierten Individuen repräsentierte Leistungspotential einer Bevölkerung“ (Clar et al., 1997, S. 13) verstanden. In Becker (1964) werden allgemeines und spezifisches Humankapital unterschieden: während allgemeines Humankapital zwischen Sektoren und Firmen transferierbar ist, ist spezifisches Humankapital nur in bestimmten Bereichen nutzbar, also etwa sektor- oder firmenspezifisch und damit nicht allgemein anwendbar. Die Akkumulation von Humankapital kann sowohl durch „Lernen“ als auch im Rahmen der Ausübung und Tätigkeit (Learning-by-doing) erfolgen (Lucas, 1988). Während in der traditionellen Wachstumstheorie die Akkumulation von Wissen in der Form eines technischen Fortschritts als exogen angenommen wurde, steht in endogenen Wachstumsmodellen die Akkumulation von Humankapital im Mittelpunkt der Untersuchung.3 Dabei unterscheiden sich Humankapital und technologisches Wissen insofern, als Humankapital personengebunden, damit nicht übertragbar, also ein privates Gut ist, welches die Eigenschaften der Rivalität und des Ausschlussprinzips erfüllt. Im Unterschied dazu wird technologisches Wissen in der Literatur oftmals als ein öffentliches Gut angesehen, welches von verschiedenen Akteuren zur gleichen Zeit genutzt werden kann (Schütt, 2003).4 Die vorliegende Arbeit unterscheidet zwei Arten der Modellierung des Humankapitals: 1. Insbesondere durch die Arbeiten von Becker (1964) und Lucas (1988) wurde die Modellierung des Humankapitals geprägt. Das Humankapital wird hier als ein zusätzlicher Produktionsfaktor – neben den herkömmlichen Produktionsfaktoren Arbeit und Sachkapital – in der Produktionsfunktion berücksichtigt. Damit ist es die Akkumulation von Humankapital, die das wirtschaftliche Wachstum vorantreibt. Wachstumsunterschiede zwischen Volkswirtschaften können also auf Unterschiede in den Raten, mit denen der Produktionsfaktor Humankapital akkumuliert wird, zurückgeführt werden. Durch die fortwährende Humankapitalbildung wird bei konstanten oder steigenden Skalenerträgen oder positiven 3 Gries (1995) kritisiert, dass die Eigenschaften von Humankapital in Modellen endogenen Wachstums kaum explizit diskutiert werden: „Humankapital wird [. . .] beinahe schon als Dummy Variable eingesetzt, die immer dann, wenn positive Effekte auftreten sollen, in das Modell eingeführt wird.“ (Gries, 1995, S. 93). Er formuliert die Angebots- und Nachfrageentscheidungen für Humankapital explizit vor dem Hintergrund mikroökonomischer Fundierungen. 4 Eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Begriff des technologischen Wissens beziehungsweise der Technologie erfolgt in Kapitel 4.

3.1 Der Humankapitalbegriff

57

externen Effekten des Humankapitals ein dauerhaftes Wachstum des Volkseinkommens ermöglicht. 2. In den Arbeiten von Schultz (1963) und Nelson und Phelps (1966) wird Humankapital nicht als ein eigenständiger Produktionsfaktor modelliert, sondern Humankapital wird als ein Faktor verstanden, durch den einerseits ein technischer Fortschritt erleichtert und damit beschleunigt und andererseits die Adaption vorhandener Technologien verbessert wird. In dem Ansatz von Nelson und Phelps (1966) und später bei Romer (1990) wird die Wachstumsrate des Volkseinkommens durch den Humankapitalstock einer Volkswirtschaft bestimmt. Wachstumsunterschiede zwischen Ländern lassen sich hier auf unterschiedliche Größen des Humankapitalstocks zurückführen (vgl. Aghion/ Howitt, 1998, S. 327 und Acemoglu, 2003). Wie oben bereits erwähnt, kann Humankapital sowohl durch Lernen als auch im Rahmen der Ausübung einer Tätigkeit (Learning-by-doing, Berufspraxis) gebildet werden. Grundsätzlich sind im Lernen sowohl „eigenes Lernen“ (beispielsweise in Form von Abendlektüre) als auch „geleitetes Lernen“ (beispielsweise in Form einer Berufsausbildung oder eines Studiums) enthalten. Da die Beiträge des „eigenen Lernens“ zum Humankapital empirisch schwer messbar sind, wird Lernen im Konzept der Ausbildung formalisiert. Ausbildung bezieht sich entsprechend nicht nur auf die Berufsausbildung (als Berufsschule, Lehre oder Bachelor-Studium), sondern umfasst auch das (Master-)Studium an einer Universität oder Fachhochschule sowie im Selbststudium oder auch im Rahmen der Freizeit erworbenes Humankapital. In Hinblick auf die Ausbildung wird die Bildung von Humankapital als eine Investition verstanden. Ein Individuum wird nur dann in die Ausbildung investieren, wenn die erwarteten Erträge die Kosten der Ausbildung übersteigen. Mit einer steigenden Humankapitalausstattung steigt die Produktivität der Arbeitskräfte und es kann entsprechend mehr produziert werden (Aghion/Howitt, 1998, S. 354). Das Humankapitalkonzept stellt formalisiert die Bedeutung der Ausbildung in den Vordergrund. Es geht weniger um die Bildung an sich, als vielmehr um die Investition in ein spezifisches Ausbildungsprogramm. Die Betonung der Ausbildung lässt sich aus dem Humankapitalbegriff ableiten: das oben zitierte Leistungspotential einer Bevölkerung ist das „durch den Markt bewertete Leistungspotential“, das heißt berücksichtigt werden nur diejenigen Fähigkeiten beziehungsweise dasjenige Wissen eines Menschen, welche(s) auch tatsächlich im Produktionsprozess eingesetzt werden (wird). Bildung (im Sinne einer Allgemeinbildung) hat keinen „Wert an sich“.

58

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

Vom Humankapitalkonzept zu unterscheiden ist das Konzept des Sozialkapitals, welches die Bedeutung sozialer Gruppen oder Strukturen betont. Es geht zurück auf Bourdieu (1986), der unter Sozialkapital das Aggregat tatsächlicher oder potentieller Ressourcen versteht, die aus Netzwerken oder sozialen Beziehungen erwachsen. Akteure können von der Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen oder Strukturen profitieren, etwa aufgrund gemeinsamer Wertvorstellungen oder solidarischen Verhaltens innerhalb der Gruppe. Beides senkt Informations- und Transaktionskosten für die Gruppenmitglieder. Als Quelle des Sozialkapitals gilt Vertrauen, welches notwendige Voraussetzung für Geben und Nehmen zwischen Gruppenmitgliedern ist. Allerdings können für ein Individuum auch Nachteile aus der Gruppenzugehörigkeit erwachsen, zum Beispiel aufgrund von Konformitätsdruck, Beschränkungen des Kontakts mit Personen außerhalb der entsprechenden Gruppe und streng sanktionierten Normen: „At the individual level, the processes alluded to by the concept cut both ways. Social ties can bring about greater control over wayward behavior and provide privileged access to resources; they can also restrict individual freedoms and bar outsiders from gaining access to the same resources through particularistic preferences.“ (Portes, 1998, S. 21).

Euler (2006) weist darauf hin, dass Sozialkapital bisher nicht eindeutig definiert ist und zwei grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen existieren: Vertreter der einen Richtung gehen davon aus, dass das Soziale Kapital eine individuell nutzbare Ressource ist, welche in der Nutzenfunktion des Einzelnen enthalten ist. Vertreter der anderen Richtung gehen davon aus, dass Sozialkapital nur für Gesellschaften als Ganzes nutzbar ist (Euler, 2006, S. 16) und beispielsweise zu einer sinkenden Kriminalität oder sinkender Korruption führt (Portes, 2000, S. 3). Solange keine grundlegende Einigung über die Bedeutung des Sozialen Kapitals besteht, ist das Sozialkapital ein Platzhalter, ein Residuum.

3.2 Überblick über die Modelle Bevor der einheitliche Modellrahmen in dem nachfolgenden Abschnitt dieser Arbeit entwickelt wird, werden die einzelnen Arbeiten zunächst kurz vorgestellt und deren Unterschiede herausgearbeitet. Galor und Tsiddon (1997) untersuchen in ihrer Arbeit den Zusammenhang zwischen der Akkumulation von Humankapital und wirtschaftlichem Wachstum. Internationale Arbeitskräftewanderungen werden dabei nicht berücksichtigt. Die Autoren unterscheiden zwei Arten von externen Effekten des Humankapitals: einen positiven lokalen Agglomerationseffekt („the

3.2 Überblick über die Modelle

59

home environment externality“) und einen positiven allgemeinen Technologieeffekt („the global technological externality“). Der lokale Effekt misst den direkten positiven Einfluss, der von dem Bildungsniveau der Eltern auf das Bildungsniveau der Kinder ausgeht. Der globale Effekt steht für die Beobachtung, dass Wachstum und technischer Fortschritt positiv von der durchschnittlichen Humankapitalausstattung in einer Gesellschaft abhängen. Von dem Bildungsniveau eines Wirtschaftssubjektes geht damit neben dem direkten Effekt auch ein indirekter Effekt insofern aus, als die Humankapitalausstattung jedes Akteurs die durchschnittliche Humankapitalausstattung in der Gesellschaft und das wirtschaftliche Wachstum beeinflusst (Galor/Tsiddon, 1997, S. 93 f.). In den Arbeiten von Mountford (1997), Beine et al. (2001), Commander et al. (2004) und Beine et al. (2003) wird davon ausgegangen, dass Individuen mit unterschiedlichen Fähigkeiten der Humankapitalakkumulation ausgestattet sind. Diese unterschiedlichen Fähigkeiten werden als angeborene Fähigkeiten aufgefasst und folglich nicht näher erklärt. Es ist jedoch vorstellbar, diese verschiedenen Fähigkeiten als das Resultat des lokalen Agglomerationseffektes zu interpretieren. Der globale positive Effekt wird in diesen Modellen als eine intergenerative Humankapitalexternalität modelliert. Humankapitalinvestitionen der heutigen Generation führen zu einer erhöhten Humankapitalausstattung, mit der die Individuen der nachfolgenden Generation geboren werden. Die Wachstumsrate in einer Volkswirtschaft hängt damit positiv von dem Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte ab. Die Wachstumswirkungen internationaler Humankapitalwanderungen werden jeweils vor dem Hintergrund selektiver Immigrationsbestimmungen des Einwanderungslandes und einer Unsicherheit bezüglich der Möglichkeit der Emigration für die Arbeitskräfte aus dem Auswanderungsland analysiert. Vidal (1998) untersucht nicht nur den Einfluss einer positiven Migrationswahrscheinlichkeit für das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens im Auswanderungsland, sondern betrachtet darüber hinaus auch den Einfluss der durchschnittlichen Humankapitalausstattung im Auswanderungsland für die Möglichkeit der Migration; die Migrationswahrscheinlichkeit wird damit endogenisiert. In dem folgenden Abschnitt werden diese Modelle in einen einheitlichen Modellrahmen gebracht.

60

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

3.3 Ein einheitlicher Modellrahmen Den Ausgangspunkt der skizzierten Modelle bilden selektive Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer. Die Einwanderungsländer versuchen, die Einwanderung derart zu gestalten, dass sie für das Zuwanderungsland selbst von Vorteil ist. Von besonderer Bedeutung ist die Zuwanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte. Selektive Immigrationsbestimmungen meint, dass die Einwanderungsländer nur die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte akzeptieren. Das Einwanderungsland selbst wird nicht modelliert, die Analyse beschränkt sich also auf das Auswanderungsland. Es wird unterstellt, dass das Einwanderungsland gegenüber dem Auswanderungsland einen Produktivitätsvorteil hat (dieser wird als gegeben angenommen und nicht genauer untersucht) und in der Folge die Löhne im Einwanderungsland höher sind. Damit haben die Arbeitskräfte aus dem Auswanderungsland einen Anreiz, aus ihrem Heimatland in das Einwanderungsland auszuwandern. Die Lohndifferenz zwischen den beiden Volkswirtschaften schafft annahmegemäß den einzigen Anreiz zur Wanderung.5 In dem Auswanderungsland wird durch den Einsatz von zwei Produktionsfaktoren Arbeit/Humankapital und Sachkapital ein homogenes Gut gemäß einer neoklassischen Produktionsfunktion mit konstanten Skalenerträgen hergestellt. Die Produktionsfunktion hat entsprechend die folgende Form: È21ê

Yt ã FÈKt ; Ht ê;

wobei Yt den Output des homogenen Gutes darstellt und Kt und Ht die eingesetzten Mengen der Produktionsfaktoren Sachkapital und Arbeit je effiziente Arbeitseinheit darstellen. Da der Faktor Ht in Effizienzeinheiten gemessen wird, beinhaltet er Aussagen über die Produktivität einer Arbeitskraft beziehungsweise über den Technologieunterschied zwischen dem Einwanderungs- und dem Auswanderungsland. Der Faktor Ht ist vergleichbar mit dem Faktor Arbeit multipliziert mit dem arbeitsvermehrenden technischen Fortschritt ÈLAÈtêê in der Produktionsfunktion in dem Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) (siehe Abschnitt 2.3). 5

Gemäß Katz/Rapoport (2005) stellt die Annahme von Lohndifferenzen in den Volkswirtschaften keine notwendige Annahme dar. Die Autoren zeigen, dass der im Folgenden beschriebene Anreiz der Humankapitalbildung auch von der Variabilität der Einkommen in den Ländern abhängt und diese Variabilität zu den gleichen Resultaten führt wie die Annahme von Lohndifferenzen zwischen den Ländern. Poutvaara (2005) weist jedoch darauf hin, dass die Gültigkeit dieser Ergebnisse von der zugrunde liegenden Produktionstechnologie abhängt.

3.3 Ein einheitlicher Modellrahmen

61

Da die Inada-Bedingungen (siehe Abschnitt 2.3.1) erfüllt sind, kann Gleichung (21) wie folgt umformuliert werden: È22ê

yt ã

    Yt Kt Kt ã f Èkt ê: ãF ;1 ã f Ht Ht Ht

yt stellt den Output je effiziente Arbeitseinheit und kt den Kapitalstock je effiziente Arbeitseinheit dar. Auf dem Gütermarkt herrscht vollkommene Konkurrenz, die Produktionsfaktoren werden nach ihrem Grenzprodukt entlohnt. Der Zinssatz r stellt für das kleine Auswanderungsland ein Datum dar; er ist auf dem Weltmarkt bestimmt – unterstellt wird also freier Kapitalverkehr. Da der Zinssatz gegeben und konstant ist, ist auch der Kapitalstock je effiziente Arbeitseinheit bestimmt und in der Folge ist auch der Lohnsatz je effiziente Arbeitseinheit w bestimmt und konstant. Dieser ist aufgrund des angenommenen Produktivitätsnachteils im Auswanderungsland niedriger als im Einwanderungsland. Der Produktionsfaktor Arbeit/Humankapital umfasst zwei Arten von Arbeitskräften: gut ausgebildete und nicht ausgebildete Arbeitskräfte. Diese stellen eine unterschiedliche Anzahl an Effizienzeinheiten zur Verfügung. Eine ausgebildete Arbeitskraft hat eine höhere Produktivität als eine nicht ausgebildete. Dies spiegelt sich in höheren Effizienzeinheiten der ausgebildeten Arbeitskräfte wider. Eine zusätzlich ausgebildete Arbeitskraft erhöht damit den Output des homogenen Gutes stärker als eine zusätzliche nicht ausgebildete Arbeitskraft. Entsprechend ist das Einkommen (der konstante Lohnsatz je effiziente Arbeitseinheit multipliziert mit den Effizienzeinheiten) einer ausgebildeten Arbeitskraft höher als das einer nicht ausgebildeten Arbeitskraft. Jedes Wirtschaftssubjekt trifft eine Entscheidung darüber, ob es sich ausbilden lassen will. Dabei kommt jedes Wirtschaftssubjekt mit der Humankapitalausstattung (das heißt mit den Effizienzeinheiten) ht zur Welt, lebt für zwei Perioden und trifft in der ersten Periode die Ausbildungsentscheidung.6 Entscheidet sich ein Wirtschaftssubjekt für die Ausbildung, verfügt es in der zweiten Periode über eine erhöhte Anzahl an Effizienzeinheiten ht þ 1 . Investiert ein Wirtschaftssubjekt nicht in die Ausbildung, verfügt es auch in der zweiten Periode über die Anzahl an Effizienzeinheiten ht . Die Verbindung zwischen dem Produktionsfaktor Ht in der Produktionsfunktion und den von einer Arbeitskraft zur Verfügung gestellten Effizienzeinheiten ht beziehungsweise ht þ 1 sei anhand eines Beispiels kurz verdeutlicht: wird angenommen, dass eine ausgebildete Arbeitskraft doppelt so produktiv ist wie eine nicht ausgebildete Arbeitskraft, dann gilt der folgende Zusammenhang: 2ht ã ht þ 1 . Lassen sich nun von zehn Wirtschafts6

Der Modellaufbau ist in Anhang 1 graphisch dargestellt.

62

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

subjekten fünf nicht ausbilden (5ht ) und fünf ausbilden (5ht þ 1 ã 10ht ), dann gilt Ht ã 15ht .7 3.3.1 Die Ausbildungsentscheidung Jedes Wirtschaftssubjekt trifft eine Entscheidung darüber, ob es in der ersten Periode in ein fixes Ausbildungsprogramm e investiert. Mit diesem Ausbildungsprogramm sind Kosten verbunden, die aufgrund von angeborenen heterogenen Begabungen der Arbeitskräfte für alle unterschiedlich sind. Je höher die Begabung ist, umso geringer sind die Kosten der Ausbildung. Damit gilt: È23ê

c ã cÈaê; mit

@c < 0; @a

wobei c die Kosten der Ausbildung sind und a die jeweilige Begabung eines Individuums ist. Jedes Wirtschaftssubjekt maximiert sein erwartetes Lebenseinkommen und vergleicht damit das Einkommen, das es als nicht ausgebildete Arbeitskraft erzielen kann, mit dem Einkommen, das es als ausgebildete Arbeitskraft verdient. Das Lebenseinkommen (LE) für eine nicht ausgebildete Arbeitskraft ist: È24ê

LE ã w  ht þ

w  ht : 1þr

Das Einkommen in beiden Perioden ergibt sich also durch die Multiplikation der Effizienzeinheiten, die eine nicht ausgebildete Arbeitskraft zur Verfügung stellt, mit dem konstanten Lohnsatz je effiziente Arbeitseinheit. Das Einkommen der zweiten Periode wird mit dem als konstant unterstellten Zinssatz abdiskontiert. Das Lebenseinkommen einer ausgebildeten Arbeitskraft ergibt sich aus dem Einkommen in der ersten Periode (hier werden die Kosten der Ausbildung berücksichtigt) plus dem aufgrund der Ausbildung und damit einhergehender steigender Produktivität der Arbeitskraft erhöhten Einkommen in der zweiten Periode. Die Möglichkeit der Wanderung beeinflusst die Ausbildungsentscheidung in folgender Weise: da das Einwanderungsland selektive Immigrationsbestimmungen hat, können nur ausgebildete Arbeitskräfte auswandern. Die Investition in die Ausbildung stellt jedoch eine notwen7

Unterstellt wird Substituierbarkeit zwischen ausgebildeten und nicht ausgebildeten Arbeitskräften. Siehe zu den Substitutionsmöglicheiten zwischen Humankapital und nicht ausgebildeten Arbeitskräften Gries (1995, S. 86 ff.).

3.3 Ein einheitlicher Modellrahmen

63

dige, aber keine hinreichende Bedingung dar, da ein ausgebildetes Wirtschaftssubjekt nicht in jedem Fall auswandern kann, sondern aufgrund einer Quote des Einwanderungslandes nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. Diese Wahrscheinlichkeit kann sowohl eine subjektive (jedes Individuum bildet sich eine eigene Wahrscheinlichkeit über die Möglichkeit, auszuwandern) als auch eine objektive (den Arbeitskräften aus dem Auswanderungsland ist die Quote des Einwanderungslandes bekannt) Wahrscheinlichkeit sein. Das erwartete Lebenseinkommen (ELE) einer ausgebildeten Arbeitskraft ist damit: È25ê

  wI  ht þ 1 w  ht þ 1 ELE ã m  w  ht  cÈaê þ þ È1  mê  w  ht  cÈaê þ : 1þr 1þr

Der erste Term der Gleichung stellt das Lebenseinkommen dar, wenn das Individuum in der zweiten Periode als ausgebildete Arbeitskraft in das Einwanderungsland auswandern kann. In diesem Fall (Wahrscheinlichkeit m) setzt sich das Lebenseinkommen zusammen aus dem Einkommen der ersten Periode Èw  ht ê abzüglich der Kosten der Ausbildung ÈcÈaêê plus dem abdiskontierten Einkommen der zweiten Periode, welches im Einwanderungsland erzielt wird. Dieses ist der angenommene höhere Lohnsatz je effiziente Arbeitseinheit (wI ) multipliziert mit den aufgrund der Ausbildung gestiegenen Effizienzeinheiten (ht þ 1 ), wiederum abdiskontiert mit dem Zinssatz r. Kann das Wirtschaftssubjekt nicht auswandern [Wahrscheinlichkeit È1  mê], so verdient es in der zweiten Periode den konstanten Lohnsatz je Effizienzeinheit im Auswanderungsland multipliziert mit der Anzahl der Effizienzeinheiten (ht þ 1 ). Eine Arbeitskraft wird in die Ausbildung investieren, wenn gilt:

È26ê

  wI  ht þ 1 w  ht þ 1 m  w  ht  cÈaê þ þ È1  mê  w  ht  cÈaê þ 1þr 1þr  w  ht þ

w  ht 1þr

Nach Umformung ergibt sich8:  m  w  ht  È27ê

8

   wI ht þ 1 ht þ 1  1 È1  mê  w  ht  1 w ht ht þ  cÈaê: 1þr 1þr

m  ÈwI  ht þ 1  w  ht ê þ È1  mê  Èw  ht þ 1  w  ht ê  cÈaê:

64

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

Eine Arbeitskraft wird dann in die Ausbildung investieren, wenn der erwartete Ertrag der Ausbildung größer oder gleich  den Kosten  der Ausbilw  ht 

dung ist. Zur Vereinfachung gilt: ht þ 1 w  ht  1 ht 1þr

wI ht þ 1 1  w ht 1þr

ã w

und

ã wd , wobei w für den erwarteten Ertrag der Ausbil-

dung im Einwanderungsland und wd für den erwarteten Ertrag der Ausbildung im Auswanderungsland steht. Diese Erträge werden mit den jeweiligen Wahrscheinlichkeiten gewichtet und ergeben zusammen den gesamten erwarteten Ertrag der Ausbildung. In vereinfachter Schreibweise gilt damit für den erwarteten Ausbildungsertrag (EAE): È28ê

EAE ã m  w þ È1  mê  wd :

Liegt dieser Ertrag über den Kosten der Ausbildung, so wird in das Ausbildungsprogramm investiert. Abbildung 6 stellt den Zusammenhang graphisch dar. Dabei sind die Begabungen ai auf der Abszisse abgetragen. Es sei angenommen, dass diese unter den Individuen gleichverteilt sind. Es wird deutlich, dass es ein Individuum mit den Fähigkeiten a gibt, welches indifferent ist zwischen in Ausbildung investieren und nicht in Ausbildung investieren. Arbeitskräfte, die über Fähigkeiten verfügen, die höher (geringer) sind als die des indifferenten Wirtschaftssubjektes, werden sich ausbilden (nicht ausbilden) lassen, da bei ihnen der relative Ertrag der Ausbildung höher (niedriger) ist als die Kosten der Ausbildung. Der Anteil der Arbeitskräfte (MA), der sich ausbilden lässt, ist damit: MA ã 1  FÈa ê und stellt graphisch die Fläche unter der Kurve rechts von a dar. Abbildung 6 zeigt, dass eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit der Auswanderung den Ertrag der Ausbildung erhöht (in der Abbildung die horizontale Verschiebung der EAEt -Kurve nach EAEt00 ) und damit dazu führt, dass der Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte im Auswanderungsland ansteigt. Die „indifferente Fähigkeit“ a reduziert sich infolge der Erhöhung von m auf a1 ; damit steigt der Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte auf die Fläche unter der Kurve rechts von a1 an. Die Arbeitskräfte, deren Fähigkeiten zwischen a1 und a liegen, lassen sich nur aufgrund der gestiegenen Wahrscheinlichkeit auszuwandern ausbilden. Eine gestiegene Auswanderungswahrscheinlichkeit erhöht also den Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte in der Volkswirtschaft. Bis hier ist das vorgestellte Modell statischer Natur. Die Ausbildungsentscheidung wird von den Individuen mit dem Ziel der Maximierung des erwarteten Lebenseinkommens getroffen. Die Bereitstellung des Ausbildungspro-

3.3 Ein einheitlicher Modellrahmen

65

c(a )

m↑

EAE´´t EAE t

F (a ∗ ) ∗

MA = 1 − F ( a )

a1

a∗

a2

a

Abbildung 6: Die Ausbildungsentscheidung als Resultat eines Vergleiches des Ertrages der Ausbildung mit den Kosten der Ausbildung9

gramms selbst benötigt keinen Einsatz von Ressourcen, das heißt es gibt keinen Ausbildungssektor, in dem das Ausbildungsprogramm e produziert wird. Die dynamische Komponente des Modells wird durch die Modellierung des wirtschaftlichen Wachstums eingebracht. Es wird gezeigt, dass die Höhe des Wirtschaftswachstums positiv von dem Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte abhängt, der im Auswanderungsland verbleibt (nachdem die Migration in das Einwanderungsland stattgefunden hat). 3.3.2 Das Wirtschaftswachstum Da die ausgebildeten Arbeitskräfte eine größere Menge an Effizienzeinheiten zur Verfügung stellen als die nicht ausgebildeten, erhöht sich durch einen zunehmenden Anteil ausgebildeter Arbeitskräfte in der Produktion der Output des homogenen Gutes. Diese Erhöhung des Outputs führt zu einem Wirtschaftswachstum der Volkswirtschaft. Ein langfristiges Wirtschaftswachstum wird durch eine intergenerative Humankapitalexternalität ermöglicht: die durchschnittliche Ausstattung mit Humankapital in einer Generation wird in die folgende Generation übertragen, das heißt jede Generation kommt mit der durchschnittlichen Humankapitalausstattung der vorangehenden Generation zur Welt. Das Modell ist ein Modell überlappender Generationen, in dem jedes Individuum für zwei Perioden lebt und genau ein Kind zur Welt bringt, so dass es kein Bevölkerungswachstum gibt. Die oben betrachtete Generation kommt mit der durchschnittlichen Humankapitalausstattung (gemessen in Effizienzeinheiten) der vorangehenden Generation ht zur Welt. Die Höhe des Wirtschaftswachstums hängt ab von dem Anteil der im Auswanderungsland verbleibenden ausgebildeten Arbeits9

Darstellung nach Beine et al. (2003, S. 9).

66

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

kräfte. Dieser Anteil ist der Quotient aus den ausgebildeten Arbeitskräften, die in ihrem Heimatland verbleiben, und der Gesamtbevölkerung abzüglich der ausgewanderten ausgebildeten Arbeitskräfte. Damit gilt: È29ê

Anteil ã

È1  mê  1  FÈa ê È1  mê  MA

ã : 1  m  MA 1  m  1  FÈa ê

Gesucht ist in Hinblick auf den Wachstumseffekt einer Abwanderung von Humankapital die Auswirkung einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit der Emigration für das Wachstum. Die Wachstumsrate g ist: È30ê

g ã gÈAnteilê

Gesucht wird also

dg . Das totale Differential von g ist: dm

dg ã

È31ê

@g  dAnteil: @Anteil

Gleichung (29) lässt sich umformen zu: È32ê

Anteil ã 1 

FÈa ê : 1  m þ m  FÈa ê

Die absolute Veränderung ist entsprechend: È33ê

dAnteil ã

mit

@Anteil @Anteil  dFÈa ê  dm þ @m @FÈa ê

@Anteil FÈa ê  È1 þ FÈa êê < 0 und ã @m È1  m þ m  FÈa êê2

0





@FÈa ê @a  @a @m

@Anteil B  dFÈa ê ã @  1  m þ m  FÈa ê @FÈa ê

FÈa êÈ1ê  m 



1

@FÈa ê @a  @a @m C

È1  m þ m  FÈa êê2

A  dm.

Damit gilt für die Veränderung des Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte: È34ê

dAnteil ã





FÈa ê  È1 þ FÈa êê È1  m  È1  FÈa êê2

 dm þ

@FÈa ê @a  @m  dm @a È1  m  È1  FÈa êê2

È1  mê 

3.3 Ein einheitlicher Modellrahmen

67

Gleichung (34) eingesetzt in Gleichung (31) liefert den gesuchten Wachstumseffekt einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit der Auswanderung:  1 @FÈa ê @a È1  mê    B ½1  FÈa êÅ  FÈa ê dg @g @m C @a C; þ ã B 2 2 @ A   dm @Anteil ½1  m½1  FÈa êÅÅ ½1  m½1  FÈa êÅÅ 0

È35ê

wobei

@g > 0. Der erste Term in der Klammer hat ein negatives Vor@Anteil

zeichen und repräsentiert den so genannten „Drain-Effekt“. Es ist der Wachstumsverlust, der dem Auswanderungsland infolge der gestiegenen Abwanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte entsteht. Der zweite Term in der Klammer repräsentiert den „Brain-Effekt“, der entsteht, da die gestiegene Wahrscheinlichkeit der Auswanderung den Anreiz, Humankapital zu bilden, erhöht. Der Ausdruck

@a gibt Auskunft über die Veränderung der @m

„indifferenten Fähigkeit“ bei einer Veränderung der Wahrscheinlichkeit und ist negativ, das heißt mit steigender Wahrscheinlichkeit, auswandern zu können, lassen sich mehr Arbeitskräfte ausbilden; die „indifferente Fähigkeit“ sinkt. Der gesamte Term hat also ein positives Vorzeichen und stellt damit einen positiven Wachstumseffekt dar. Überwiegt der positive „BrainEffekt“ den negativen „Drain-Effekt“, so kommt es infolge einer gestiegenen Wahrscheinlichkeit der Wanderung für die Arbeitskräfte aus dem Auswanderungsland zu einer Erhöhung der Wachstumsrate. Diese neueren Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass eine erhöhte Abwanderung von Humankapital infolge selektiver Immigrationsbestimmungen des Einwanderungslandes zu einem insgesamt positiven Wachstumseffekt für das Auswanderungsland beitragen kann, obwohl der primäre Einfluss auf das Wirtschaftswachstum negativ ist, da der Volkswirtschaft der für das Wachstum entscheidende Faktor Humankapital teilweise verloren geht. Damit stellen sie die in den frühen Untersuchungen zu den Einkommens- und Wohlfahrtswirkungen eines „brain drain“ hervorgehobenen negativen Effekte einer Abwanderung von Humankapital in Frage. Der Modellrahmen bildet die Grundlage für aktuelle Untersuchungen der Wachstumswirkungen eines „brain drain“ beziehungsweise für die Untersuchung der Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer für die Auswanderungsländer im Rahmen der endogenen Wachstumstheorie. Neben dem beschriebenen positiven Anreizeffekt wird in der Literatur auch auf mögliche positive Auswirkungen von Geldleistungen der Migranten an die im Heimatland verbleibenden Wirtschaftssubjekte („Remit-

68

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

tances“), die Bedeutung möglicher Wissens-Spillovers und die positiven Effekte, die von einer Rückkehr der Migranten in ihr Heimatland ausgehen, hingewiesen [siehe dazu die oben zitierte Literatur: Galor/Tsiddon (1997), Mountford (1997), Vidal (1998), Beine et al. (2001), Commander et al. (2004), Beine et al. (2003), aber auch Stark (2003), Lundgorg (2004) und Lucas (2004)].10 Dabei ist zu beachten, dass die Richtung der von den Unterstützungszahlungen der (hoch qualifizierten) Migranten ausgehenden Wachstumseffekte nicht eindeutig bestimmt ist. Während die oben zitierte Literatur auf die positiven Effekte dieser Geldleistungen hinweist, zeigt beispielsweise Faini (2003, 2006), dass die Höhe der Überweisungen negativ abhängt von der Dauer des Aufenthaltes der Migranten im Einwanderungsland, das heißt die Geldleistungen an das Heimatland werden um so geringer, je länger sich der Migrant im Gastland aufhält. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Migrant seine Heimat mit der Zeit immer stärker im Einwanderungsland findet und damit den Bezug zum Auswanderungsland verliert und möglicherweise die Bildung an seine Familie abnimmt. Da die internationalen Wanderungen hoch qualifizierter Arbeitskräfte vor allem mittel- bis langfristiger Natur sind, ist davon auszugehen, dass die zunehmend selektiven Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer dazu führen, dass die Unterstützungszahlungen der Migranten an die im Heimatland verbleibenden Wirtschaftssubjekte insgesamt abnehmen. Darüber hinaus hängt die Höhe dieser Transferleistungen negativ von dem Grad der Ausbildung der Migranten ab. Dies liegt daran, dass Migranten mit geringeren Qualifikationen eher wieder in ihr Heimatland zurückkehren als Migranten mit höheren Qualifikationen. Sie überweisen mehr, um den Bezug zu ihrem Heimatland und ihrer Familie nicht zu verlieren (Faini, 2003, S. 8). Zu diesem Ergebnis kommt auch Adams (2008). Die empirische Studie zeigt, dass in Ländern, aus denen in erster Linie hoch qualifizierte Arbeitskräfte auswandern, die „Remittances“ niedriger sind als in Ländern, aus denen vor allem gering qualifizierte Arbeitskräfte auswandern. Eine Erklärung neben der Migrationsdauer und Bildung an das Heimatland ist, dass Familienangehörige hoch qualifizierter Arbeitskräfte eher ebenfalls auswandern können als Familienangehörige gering qualifizierter Arbeitskräfte (Adams, 2008, S. 16). Negative Auswirkungen von „Remittances“ auf das Wirtschaftswachstum der Heimatländer können darüber hinaus die Folge von Problemen moralischen Risikos („moral hazard“) sein (Chami et al., 2003). Als Motiva10 In der Literatur wird dabei insbesondere die Bedeutung von Geldleistungen der Migranten an Angehörige im Heimatland untersucht. Siehe z. B. Faini (2003).

3.3 Ein einheitlicher Modellrahmen

69

tionsfaktor für die Zahlungen wird Altruismus des Migranten unterstellt. Auslöser der Probleme moralischen Risikos sind Informationsasymmetrien zwischen Remittance-Sender und -Empfänger. Da der Migrant altruistisch ist, wird er einen umso größeren Teil seines Einkommens an seine Familienangehörigen im Heimatland senden, je größer die Einkommensdifferenz zwischen seinem Einkommen und dem seiner Familie ist. Sein Ziel ist es, mit den Überweisungen schlechte ökonomische Ergebnisse wie etwa ein geringes Volkseinkommen oder Armut in seinem Heimatland zu kompensieren. Es soll ein Mindest-lebensstandard seiner Familie gesichert werden. Für den „Remittance-Empfänger“ steigt durch die Überweisungen dessen Einkommen. Er reagiert darauf mit einer Anpassung seines Arbeitsangebotes und wird seine Leistung auf dem heimischen Arbeitsmarkt verringern. Dieses Verhalten kann der Migrant nicht kontrollieren. Es führt zu einer Reduktion der Produktivität im Heimatland und hat damit negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland. Neben altruistischen spielen auch andere Motive für die Höhe der Transferzahlungen eine Rolle. Es ist zum Beispiel denkbar, dass ein Migrant mit den Überweisungen zuvor erhaltene Ausbildungskredite zurückzahlt. Darüber hinaus ist es möglich, dass er Geld überweist, wenn er in der Zukunft in sein Heimatland zurückkehren und dort ein Unternehmen gründen oder andere Investitionen durchführen möchte. In Hinblick auf die positiven Auswirkungen einer Rückkehr der Migranten in ihr Heimatland wird darauf hingewiesen, dass diese Rückkehr eine Art „negative Selektion“ aufweise: vor allem diejenigen Migranten, die im Gastland nicht erfolgreich sind (also keine Beschäftigung gefunden haben oder ein geringes Einkommen erzielen), werden in ihr Heimatland zurückkehren. Diese Auswahl der „leistungsschwacheren“ Migranten führt dazu, dass die positiven Auswirkungen dieser „return migration“ gering ausfallen und somit die negativen Effekte der Abwanderung des knappen Faktors Humankapital nicht kompensieren können (Faini, 2003, S. 10). Im folgenden Abschnitt werden die Probleme, die mit der dargestellten Modellierung einhergehen, herausgearbeitet. Dabei konzentriert sich die Untersuchung auf den positiven „Brain-Effekt“ und lässt die Analyse der Wirkungen von Geldüberweisungen und der Rückwanderung außer Acht. Es soll eine Antwort auf die Frage gefunden werden, inwieweit der oben vorgestellte Modellrahmen die entstehenden Wachstumswirkungen internationaler Arbeitskräftewanderungen erklären kann.

70

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

3.4 Kritische Würdigung Die Würdigung des Grundmodells erfolgt in zwei Schritten: zunächst wird die Modellierung des positiven Anreizeffektes genauer untersucht. Die Schwachstellen des Modells liegen in der fehlenden Berücksichtigung der Risikoeinstellungen der Akteure und darin, dass sich die Unsicherheit über die Möglichkeit der Auswanderung implizit positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Darüber hinaus ist nur schwer begründbar, dass der positive „Brain-Effekt“ über mehrere Perioden hinweg bestehen bleibt. Das Hauptaugenmerk liegt im zweiten Schritt auf der Untersuchung der Bedeutung der Technologie und der vollständigen Substituierbarkeit der Arbeitskräfte. Die Kritik richtet sich gegen die fehlende Berücksichtigung eines technischen Fortschritts und gegen die Art der Modellierung des Zusammenhangs zwischen Humankapital und Wachstum. Die Bedeutung von Technologieunterschieden zwischen Volkswirtschaften stellt den Ausgangspunkt für die Entwicklung des endogenen Wachstumsmodells im vierten Kapitel dar. 3.4.1 Der „Brain-Effekt“ – Schwachstellen der Modellierung Im Rahmen des vorliegenden Abschnitts wird der Effekt, der in der Literatur in den letzten Jahren besonders betont wird – der „Brain-Effekt“ – untersucht. Dabei soll eine Antwort auf die Frage gefunden werden, inwieweit die beschriebene Modellierung zur Erklärung der infolge selektiver Immigrationsbestimmungen entstehenden Wachstumseffekte für das Auswanderungsland geeignet ist. Zunächst sind es, wie beschrieben, die selektiven Immigrationsbestimmungen des Einwanderungslandes, die dazu führen, dass die Wirtschaftssubjekte im Auswanderungsland einen zusätzlichen Anreiz haben, Humankapital zu bilden. Dieser Anreiz entsteht aufgrund der Unsicherheit über die Möglichkeit, später tatsächlich im Ausland zu arbeiten. Von N Arbeitskräften, die sich ausbilden lassen, werden nur pN von ihnen tatsächlich auswandern dürfen. Liegt p unter 100% (für p ã 1 würden alle Wirtschaftssubjekte, die sich ausbilden lassen, auch auswandern dürfen), wird ein Teil der Arbeitskräfte, der in die Akkumulation von Humankapital investiert, um in der Zukunft im Ausland zu arbeiten und dort ein höheres Einkommen zu erzielen, diese Investitionsentscheidung bereuen – ein negativer Effekt, der in den Modellen nicht berücksichtigt wird. Bevor auf diesen Effekt genauer eingegangen wird, soll zunächst betont werden, dass es zu dem positiven Anreiz- und in der Folge Wachstumseffekt im Sinne des „Brain-Effektes“ vor allem dann kommt, wenn die subjektiven Wahrscheinlichkeiten die ob-

3.4 Kritische Würdigung

71

jektiven Wahrscheinlichkeiten der Emigration übersteigen, die Wirtschaftssubjekte aus dem Auswanderungsland also zu optimistisch in Hinblick auf die Möglichkeit auszuwandern sind. Nun kann davon ausgegangen werden, dass sich diese Abweichung zwischen den subjektiven und objektiven Wahrscheinlichkeiten auf lange Sicht ausgleicht, das heißt die subjektiven Wahrscheinlichkeiten der Akteure sich an die objektiven Wahrscheinlichkeiten anpassen (Commander et al., 2004, S. 15). Aber auch bei einer richtigen Einschätzung der Wahrscheinlichkeiten entsteht der positive Wachstumseffekt aufgrund eines Screening-Problems: die Akteure (Staat und Unternehmen) im Einwanderungsland verfügen nicht über die Möglichkeit, die Arbeitskräfte mit den besten Fähigkeiten aus dem Auswanderungsland auszuwählen. Könnten die Unternehmen im Einwanderungsland die Arbeitskräfte mit den besten Fähigkeiten auswählen, würde es auch keine zusätzliche Humankapitalbildung geben. Obwohl die Annahme, dass eine fehlerfreie Auswahl der besten Arbeitskräfte nicht möglich ist, in der Realität sicher zutrifft, erscheint sie aus theoretischer Sicht dennoch problematisch. Es ist diese fehlerhafte – sogar zufällige – Auswahl der Migranten, durch die der positive Anreiz entsteht. Es ist folglich dieses Marktversagen, das den positiven Wachstumseffekt produziert (siehe dazu auch: Commander et al., 2004). Der Anreiz, zusätzliches Humankapital zu bilden, entsteht für die Arbeitskräfte also aufgrund von Unsicherheit darüber, ob sie in der Zukunft auswandern dürfen. Je höher diese Unsicherheit ist, umso mehr Arbeitskräfte werden sich im Auswanderungsland ausbilden lassen. Die Implikation, die mit dieser Argumentation einhergeht, beinhaltet, dass sich eine erhöhte Unsicherheit ceteris paribus positiv auf das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland auswirkt. Erstens ist diese Implikation zumindest fragwürdig und zweitens tritt der positive Anreizeffekt wie beschrieben vor allem in der kurzen Frist auf, wenn die subjektiven Wahrscheinlichkeiten der Akteure über der objektiven Wahrscheinlichkeit auszuwandern liegen. Problematischer als die beschriebenen Implikationen erscheint die Tatsache, dass innerhalb der Bevölkerung im Auswanderungsland permanente Verluste aufgrund von Fehlinvestitionen hingenommen werden. Es wurde gezeigt, dass im Zuge einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit der Auswanderung sich zusätzlich Arbeitskräfte ausbilden lassen (dies genau ist der „Brain-Effekt“). Für diese Arbeitskräfte lohnt sich die Investition in das Ausbildungsprogramm allein aufgrund der gestiegenen Wahrscheinlichkeit. Ohne die Möglichkeit der Wanderung oder bei einer geringeren Wahrscheinlichkeit der Auswanderung wären die Kosten der Ausbildung für diese Arbeitskräfte mit relativ geringen Fähigkeiten zu hoch, das heißt die Kosten der Ausbildung würden den Ertrag der Ausbildung übersteigen. Können diese Arbeitskräfte ex post nicht auswandern, verfügen sie über ein

72

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

geringeres Lebenseinkommen als ein Individuum mit gleichen Fähigkeiten, welches nicht in die Ausbildung investiert. Da die Arbeitskräfte ex ante ihr erwartetes Lebenseinkommen maximieren, liegt dieser Maximierung eine Risikoeinstellung zugrunde. Das Risiko, ex post eine negative Rendite aus der Ausbildung zu erzielen, wird von den Akteuren jedoch nicht in ihre Entscheidungen einbezogen. Das Risiko, insgesamt Verluste aufgrund der Ausbildung zu machen, wird im Modell nicht berücksichtigt. Das Kalkül verändert sich auch über Generationen hinweg nicht. Eine tatsächliche Berücksichtigung des Risikos und damit die Modellierung der Risikoeinstellungen der Akteure wäre aber im Rahmen der Arbeit mit diesem Modell wichtig. Im Grundmodell wird darüber hinaus keine Modellierung des Ausbildungssektors vorgenommen. Es werden Kosten der Ausbildung unterstellt (die annahmegemäß von den individuellen Fähigkeiten der Akteure abhängen), es wird jedoch nicht erklärt, durch welche Faktoren sich die Höhe dieser Kosten bestimmt und in welchem Sektor die Ausbildungsleistung erfolgt. Es erscheint sinnvoll, sich dies wie folgt vorzustellen: da die Wirtschaftssubjekte, die in das Ausbildungsprogramm e investieren, während der Zeit der Ausbildung (also in der Periode t) entsprechend den Wirtschaftssubjekten, die nicht in das Ausbildungsprogramm investieren, das Einkommen w  ht erzielen, kann die Ausbildung als ein während der Arbeitszeit entstehendes Lernen aufgefasst werden. Beide Gruppen (diejenigen, die sich ausbilden lassen und diejenigen, die dies nicht tun) erhalten das gleiche Einkommen und bei denjenigen, die in die Ausbildung investieren, wird dieses Einkommen um die individuellen Kosten der Ausbildung c ã cÈaê vermindert. Die Ausbildung findet also zeitgleich mit der beruflichen Tätigkeit am Arbeitsplatz statt und „verbraucht“ einen Teil der Produktion. 3.4.2 Die Bedeutung der Technologie und des technischen Fortschritts Die beiden innerhalb des oben vorgestellten Grundmodells betrachteten Volkswirtschaften unterscheiden sich einzig in ihren Technologieniveaus. Da eines der beiden Länder über einen Technologievorsprung verfügt, wird diese Volkswirtschaft zum Einwanderungsland. Der Technologievorsprung ist exogen, bleibt also unerklärt. Die Arbeitskräfte verfügen über unterschiedliche Fähigkeiten, Humankapital zu akkumulieren. Dennoch sind diese Arbeitskräfte als vollkommene Substitute anzusehen. Der Produktionsfaktor Arbeitskraft wird in Einheiten effizienter Arbeitskraft gemessen und die von einem Akteur bereitgestellten Effizienzeinheiten steigen mit zunehmender Humankapitalausstattung. Die Effizienz einer gut ausgebildeten Arbeitskraft

3.4 Kritische Würdigung

73

ist entsprechend höher als die einer nicht ausgebildeten Arbeitskraft. Die vollständige Substituierbarkeit der Arbeitskräfte wird wie folgt modelliert: eine Arbeitseinheit eines Arbeiters mit der Humankapitalausstattung x kann vollständig durch x Arbeitseinheiten eines Arbeiters mit Humankapitalausstattung von eins substituiert werden. Infolge dieser Annahme ergeben sich Lohndifferenzen einzig aus den Technologieunterschieden.11 Sowohl in dem Einwanderungs-, als auch in dem Auswanderungsland wird ein einziges homogenes Gut produziert. Da das Einwanderungsland über den Technologievorsprung verfügt, wird hier eine größere Menge dieses Gutes hergestellt und die Löhne je effiziente Arbeitseinheit sind höher. Die Technologieniveaus der Volkswirtschaften sind exogen und bleiben auch infolge der Arbeitskräftewanderungen unverändert. Im Auswanderungsland besteht keine Möglichkeit, den Technologierückstand gegenüber dem Einwanderungsland zu reduzieren. In dem folgenden Kapitel 4 steht der Zusammenhang zwischen Humankapital und Technologie beziehungsweise technischem Fortschritt im Mittelpunkt. Neben der Exogenität der Technologien besteht eine weitere restriktive Annahme des Grundmodells in der Art der Modellierung der Verbindung zwischen Humankapital und wirtschaftlichem Wachstum. Wie in der Einleitung skizziert können endogene Wachstumsmodelle in zwei Modelltypen unterschieden werden: in Akkumulationsmodelle und in Modelle des technischen Fortschritts.12 Während die Akkumulationsmodelle den Faktor Humankapital als einen eigenständigen Produktionsfaktor modellieren, wird in den Modellen des technischen Fortschritts davon ausgegangen, dass durch das Humankapital der technische Fortschritt beschleunigt werden kann. Entsprechend den Definitionen des Humankapitals wird im Rahmen der Akkumulationsmodelle den Überlegungen von Becker (1964) und Lucas (1988) gefolgt und Humankapital als ein Produktionsfaktor, welcher konstante oder steigende Skalenerträge aufweist oder bei dessen Einsatz in die Produktion positive externe Effekte entstehen, modelliert. In den Modellen des technischen Fortschritts wird Humankapital hingegen in Anlehnung an Schultz (1963) und Nelson und Phelps (1966) als ein Faktor betrachtet, durch den die Adaption vorhandener Technologien ermöglicht wird. Im Rahmen von Akkumulationsmodellen kommt es durch die Akkumulation von Humankapital zu einem Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens. Benhabib und Spiegel (1994) testen diesen theoretisch abgeleiteten Zusammenhang. Dabei gehen sie von der folgenden Cobb-Douglas-Produktionsfunktion13 aus: 11

Vergleiche dazu die Ausführungen von Stokey (1991). Siehe für diese Einordnung auch: Frenkel/Hemmer (1999) und Fuhrmann/Böhringer (2005). 12

74

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

È36ê

yt ã At  Kt®  Lyt  Htz  et ;

wobei A wieder für das Technologieniveau steht, K für den Sachkapitalbestand, L für den Faktor Arbeit und H für den Faktor Humankapital. e stellt einen Störterm dar (EÈeê ã 0). Entsprechend setzt sich die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens wie folgt zusammen: È37ê

Èlog yT  log y0 ê ã Èlog AT  log A0 ê þ ®Èlog KT  log K0 ê þ yÈlog LT  log L0 ê þ zÈlog HT  log H0 ê þ Èlog eT  log e0 ê

Dabei ist (log xT  log x0 ) die Wachstumsrate von x. Im Solow-Swan-Modell (vgl. Kapitel 2) wurde Humankapital nicht berücksichtigt. Die Arbeitskräfte wurden in dem Produktionsfaktor L zusammengefasst. Die Produktionsfunktion hat die folgende Form: Yt ã FÈKt ; Lt  AÈtêê. In diesem Rahmen sind Einkommenssteigerungen die Folge einer Erhöhung des Kapitalbestandes K, des Arbeitskräftebestandes L oder einer Erhöhung des technischen Fortschritts über die Zeit, das heißt einer Erhöhung von A(t). Im Modell in Kapitel 3 ist die Produktionsfunktion: Yt ã FÈKt ; Ht ê. Einkommenssteigerungen entstehen hier durch eine Erhöhung des Sachkapital- oder des Humankapitalbestandes. Während ein dauerhaftes wirtschaftliches Wachstum in dem Solow-Swan-Modell über die exogene Rate des technischen Fortschritts sichergestellt wird, sind es im Grundmodell die angenommenen positiven externen Effekte des Humankapitals (modelliert als eine intergenerative Humankapital-externalität), welche ein dauerhaftes Einkommenswachstum ermöglichen. Eine Erhöhung des Humankapitalbestandes (des Faktors H) kann hier prinzipiell die folgenden Ursachen haben: ein Bevölkerungswachstum, welches dazu führt, dass sich die Zahl der Arbeitskräfte erhöht; ein technischer Fortschritt, der zu einem Anstieg der von den Arbeitskräften jeweils zur Verfügung gestellten Effizienzeinheiten führt und eine Erhöhung des Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte, da eine ausgebildete Arbeitskraft eine höhere Anzahl an Effizienzeinheiten bereitstellt als eine nicht ausgebildete Arbeitskraft. Da innerhalb des Modellrahmens von den ersten beiden Ursachen abgesehen wird (das Bevölkerungswachstum ist annahmegemäß Null und die von einer ausgebildeten beziehungsweise nicht ausgebildeten Arbeitskraft zur Verfügung gestellten Effizienzeinheiten sind konstant), kommt es zu einer Erhöhung des Humankapitalbestandes nur dann, wenn sich mehr Arbeitskräfte ausbilden. Bei einer empirischen Untersuchung dieses Effektes dürfen die anderen Ursachen jedoch nicht unberücksichtigt bleiben. Entsprechend erfolgt die 13 Siehe für die Eigenschaften dieser Produktionsfunktion: Fuhrmann (1994, S. 95 f.).

3.4 Kritische Würdigung

75

Spezifikation bei Benhabib und Spiegel (1994) gemäß Gleichung (37). Diese verschiedenen Spezifikationen der Produktionsfunktionen sind also miteinander vereinbar. Benhabib und Spiegel (1994) erwarten, dass die Wachstumsrate des Humankapitals einen positiven Einfluss auf die Wachstumsrate des Pro-KopfEinkommens hat, wenn die Spezifikation in Gleichung (36) korrekt ist. Sie finden jedoch einen nicht signifikanten oder sogar negativen Zusammenhang zwischen der Wachstumsrate des Humankapitals und der Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens und kommen damit zu dem Ergebnis, dass die Verbindung zwischen Humankapital und Wachstum gemäß der Cobb-DouglasProduktionsfunktion nicht verifiziert ist. Im Anschluss daran testen sie das Modell von Nelson und Phelps (1966). Dieses Modell zeigt, dass durch das Humankapital der technische Fortschritt beschleunigt wird. Der technische Fortschritt entwickelt sich gemäß Nelson/Phelps (1966) wie folgt:   TÈtê  AÈtê A ã FÈHê  : A AÈtê

È38ê 

A

Der Ausdruck steht für den technischen Fortschritt und der Ausdruck  A TÈtê  AÈtê stellt die „Technologielücke“ zwischen dem theoretisch mögAÈtê

lichen Technologieniveau T(t) und dem tatsächlichen Technologieniveau A(t) dar. Der Ausdruck FÈHê mit der Eigenschaft

@F > 0 wird als Adap@H

tionsfunktion verstanden und beschreibt die positive Abhängigkeit des technischen Fortschritts von der Humankapitalbildung. Je mehr Humankapital in einer Volkswirtschaft vorhanden ist, umso schneller wächst der technische Fortschritt.14 In dieser Formulierung finden Benhabib und Spiegel (1994) einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen Humankapital und Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens und kommen entsprechend zu dem folgenden Ergebnis: „. . . human capital accumulation fails to enter significantly in the determination of economic growth, and even enters with a negative point estimate. When we introduce a model in which human capital influences the growth of total factor productivity we obtain more positive results.“ (Benhabib/Spiegel, 1994, S. 173).

Entsprechend diesem empirischen Ergebnis ist es notwendig, in der Analyse des Zusammenhangs zwischen Humankapital und Wirtschaftswachstum 14

Siehe zu diesem Ansatz ausführlich Abschnitt 4.3.

76

3 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums

den technischen Fortschritt zu berücksichtigen. Ausgehend von diesen Überlegungen werden in Kapitel 4 zur Untersuchung der Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer für die Auswanderungsländer Wachstumsmodelle herangezogen, welche den technischen Fortschritt endogenisieren.

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt In dem vorangehenden Abschnitt wurde gezeigt, dass die Modelle, welche in Kapitel 3 in einem einheitlichen Modellrahmen dargestellt wurden, insbesondere zwei Schwächen aufweisen: erstens werden technologische Entwicklungen in den Modellen nicht berücksichtigt. Dies führt dazu, dass der Technologievorsprung des Einwanderungslandes persistent ist und damit das Auswanderungsland keine Möglichkeit hat, den Technologieunterschied zum Einwanderungsland zu reduzieren. Im Auswanderungsland bleibt entsprechend der Anreiz auszuwandern für jedes einzelne Wirtschaftssubjekt unverändert. Zweitens wird in den Modellen aus Kapitel 3 davon ausgegangen, dass die Akkumulation von Humankapital direkt zu einem wirtschaftlichen Wachstum führt. Dieser unterstellte Zusammenhang zwischen Humankapital und Wachstum wird in empirischen Arbeiten jedoch nicht bestätigt. Wie beschrieben zeigt die Untersuchung von Benhabib und Spiegel (1994), dass Humankapital erst in Verbindung mit der Berücksichtigung eines technischen Fortschritts zu einem wirtschaftlichen Wachstum führt.1 Das Humankapital erfüllt damit die Funktion, einen technischen Fortschritt zu ermöglichen. Als eigenständiger Faktor in der Produktionsfunktion zeigt Humankapital keine das wirtschaftliche Wachstum steigernden Effekte. Die Ergebnisse von Benhabib und Spiegel (1994) bestätigen empirisch die Überlegungen von Nelson und Phelps (1966), wonach Humankapital die Adaption und Implementierung neuer Technologien in die Produktion ermöglicht: „. . . the connection between education and growth which we have discussed has a significant implication for the proper analysis of economic growth. Our view suggests that the usual, straightforward insertion of some index of educational attainment in the production function may constitute a gross misspecification of the relation between education and the dynamics of production.“ (Nelson/Phelps, 1966, S. 75).

In Abschnitt 4.1 wird zunächst eine Begriffsbestimmung des technischen Fortschritts vorgenommen. Daran schließt sich in Abschnitt 4.2 die Darstellung des Innovationsmodells von Romer (1990) an, welches als bedeutendes 1 Siehe für einen intuitiven, nicht technischen Überblick über die verschiedenen Wachstumstheorien die Arbeit von Helpman (2004).

78

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

Modell endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt angesehen werden kann. Damit dieser Ansatz von Romer (1990) in Abschnitt 4.4 um die Existenz von Imitationen erweitert werden kann, wird in Abschnitt 4.3 das bereits skizzierte Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966) vorgestellt. Das Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen aus Abschnitt 4.4 wird im Folgenden (Abschnitt 4.5) um eine endogene Humankapitalbildung erweitert. Die Wachstumswirkungen internationaler Humankapitalwanderungen werden anschließend in diesem Modellrahmen untersucht.

4.1 Technischer Fortschritt Erste wachstumstheoretische Untersuchungen – und dabei insbesondere das Modell von Solow (1956) und Swan (1956) – führten ein Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens auf die Akkumulation von Sachkapital zurück. Eine über die Zeit steigende Kapitalintensität führt in diesem Rahmen zu einem Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens. Dieses Wachstum ist jedoch endlich, da aufgrund der angenommenen abnehmenden Grenzproduktivitäten der Faktoren die Kapitalintensität im langfristigen Wachstumsgleichgewicht (steady state) unverändert bleibt. Im steady state wächst folglich das Pro-Kopf-Einkommen mit einer Rate von Null; entsprechend wächst das Volkseinkommen mit einer Rate, die mit der des Bevölkerungswachstums übereinstimmt.2 Mit der Implikation des langfristiges Nullwachstums können diese Modelle die empirischen Beobachtungen eines wirtschaftlichen Wachstums nicht erklären: Volkswirtschaften wachsen, sie wachsen über lange Zeiträume hinweg und dieses Wachstum lässt sich nicht (nur) auf die Akkumulation von Produktionsfaktoren zurückführen.3 Entsprechend wurde das neoklassische Wachstumsmodell um einen über die Zeit stattfindenden exogenen technischen Fortschritt erweitert. Generell kann ein technischer Fortschritt verschiedene Formen annehmen, er kann arbeitssparend, kapitalsparend oder neutral sein.4 Arbeitssparender (kapitalsparender) technischer Fortschritt führt dazu, dass ein gegebener Output mit einem geringeren Einsatz des Faktors Arbeit (Kapital) produziert werden kann. Der technische Fortschritt wirkt damit wie eine Erhöhung der Produktivität des Faktors Arbeit (Kapital). Bei neutralem technischen Fortschritt bleibt das Einsatzverhältnis der Produktionsfaktoren unverändert. Im neoklassischen Wachstumsmodell ist nur ein arbeitssparender technischer Fortschritt mit der Existenz 2 3 4

Siehe auch die Ausführungen in Kapitel 2. An dieser Stelle sei auf Easterly/Levine (2002) verwiesen. Siehe Barro/Sala-i-Martin (1998, S. 38 f.).

4.1 Technischer Fortschritt

79

eines langfristigen Wachstumsgleichgewichts vereinbar (Barro/Sala-i-Martin, 1998, S. 38 f.).5 Während der technische Fortschritt in diesen frühen Modellen exogen bleibt, steht in den jüngeren Modellen der Wachstumstheorie (in Modellen endogenen Wachstums) die Frage, wie es zu einem solchen technischen Fortschritt kommt, im Mittelpunkt der Untersuchung. Unter technischem Fortschritt wird dabei die „fortwährende Verbesserung der Methoden der Produktion und der Arten und Qualitäten der produzierten Güter“ (Barro/Sala-i-Martin, 1998, S. 247) verstanden. Diese Verbesserungen entstehen durch Innovationen, welche in Prozessinnovationen (Verbesserung der Produktionsmethoden) oder Produktinnovationen (diese werden wiederum unterteilt in horizontale Innovationen, welche zu Produktkreationen beziehungsweise zur Produktion neuer Güter führen und vertikale Innovationen, welche zu einer verbesserten Qualität der bestehenden Produkte führen) unterschieden werden. Im Rahmen der Produktinnovationen kommt den horizontalen Innovationen eine bedeutende Rolle zu. Innovationen beeinflussen maßgeblich die wirtschaftliche Entwicklung von Volkswirtschaften: „A high level of innovative activity means a high share of „new“ goods in output and an extensive use of „new“ techniques in production. Since „new“ goods command high prices and „new“ techniques imply high productivity, it follows that countries with a comparatively higher level of innovative activities also tend to have a higher level of value-added per worker, or GDP per capita, than other countries.“ (Fagerberg, 1987, S. 88).

Schumpeter (1993) definiert technischen Fortschritt (er spricht von „Entwicklung“) als „Durchsetzung neuer Kombinationen“: „Produzieren heißt die in unserem Bereiche vorhandenen Dinge und Kräfte kombinieren [. . .]. Anderes oder anders produzieren heißt diese Dinge und Kräfte anders kombinieren.“ (Schumpeter, 1993, S. 100 f.).

Schumpeter (1993) unterscheidet die folgenden fünf Fälle technischen Fortschritts: „1. Herstellung eines neuen, d.h. dem Konsumentenkreise noch nicht vertrauten Gutes oder einer neuen Qualität eines Gutes. 2. Einführung einer neuen, d.h. dem betreffenden Industriezweig noch nicht praktisch bekannten Produktionsmethode [. . .]. 3. Erschließung eines neuen Absatzmarktes [. . .]. 4. Eroberung einer neuen Bezugsquelle von Rohstoffen oder Halbfabrikaten [. . .]. 5. Durchführung einer Neuorganisation, wie Schaffung einer Monopolstellung [. . .] oder Durchbrechen eines Monopols.“ 5

Siehe zum Beweis Barro/Sala-i-Martin (1998, S. 63 f.).

80

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

Neben der Unterscheidung von arbeitssparendem, kapitalsparendem und neutralem technischen Fortschritt und den Kategorien der Prozess- und Produktinnovationen werden in der Literatur noch weitere Klassifikationen des technischen Fortschritts verwendet. Blattner (1996, S. 216) verweist auf Mansfield (1984), welcher vollständig neue Produkte oder Produktionsprozesse von Produkt- und Prozessverbesserungen unterscheidet und auf die durch Arrow (1962) geprägte Begrifflichkeit der „gewöhnlichen“ und der „drastischen“ Innovationen. Gemäß diesen Definitionen ist ein Technologierückstand einer Volkswirtschaft auf nur geringe Forschungs- und Entwicklungs- beziehungsweise Innovationsaktivitäten zurückzuführen. Zu einem technischen Fortschritt kann es in dieser Volkswirtschaft durch die Ausweitung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten einerseits und durch die Übertragung der Technologien einer Volkswirtschaft mit einem Technologievorsprung andererseits kommen. Dabei spielt letzteres für technologisch rückständige Länder eine entscheidende Rolle: „It is probably no exaggeration to believe that the relative importance of foreign technology in most less developed countries is at least 90%, and probably higher.“ (Keller, 2001, S. 43).

Das Ausmaß der Übertragung der Technologie spielt damit eine entscheidende Rolle für die Wachstumsmöglichkeiten in der Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand. Die Vorstellung, dass Lohn- und Einkommensdifferenzen zwischen Volkswirtschaften auf Unterschiede in dem technologischen Wissen zwischen Ländern zurückzuführen sind, wird in vielen Modellen angenommen.6 Dem entgegen steht jedoch die – in der Theorie ebenfalls verbreitete – Einschätzung, dass das technologische Wissen ein öffentliches Gut darstellt, welches international übertragbar ist.7 Die Frage, ob der technische Fortschritt ein öffentliches Gut darstellt – und entsprechend für alle Volkswirtschaften gleichermaßen verfügbar ist – oder im Gegensatz dazu dieser technische Fortschritt zwischen Volkswirtschaften unterschiedlich ist, wurde vor einigen Jahren insbesondere im Rahmen der Diskussion um die Aussagekraft endogener Wachstumsmodelle im Vergleich zum traditionellen neoklassischen Wachstumsmodell diskutiert.8 In der Literatur hat sich heute weitgehend die Vorstellung durchgesetzt, dass der technische Fortschritt kein öffentliches Gut darstellt: 6

Vgl. z. B. Romer (1993). Siehe hierzu auch die Arbeit von Easterly/Levine (2002), die Einkommensdifferenzen auf Unterschiede in der „total factor productivity (TFP)“ zurückführen. 7 Vgl. z. B. Acemoglu/Zilibotti (2001) und Fagerberg (1994). 8 Siehe Mankiw et al. (1995), Romer (1995), Mankiw et al. (1992), Barro et al. (1995), Dunn (2000).

4.1 Technischer Fortschritt

81

„We have overwhelming evidence that technology is not a public good.“ (Romer, 1995, S. 319).

In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass die Übertragung der Technologie von der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung (dem Einwanderungsland) in die Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand (dem Auswanderungsland) von zwei Faktoren abhängt: dem Ausmaß der Technologiediffusion und dem Ausmaß der Technologieadaption (siehe auch Gries, 1998, S. 97 ff. und S. 125 ff.). Die Technologiediffusion bezieht sich auf die direkte Übertragung der Technologie vom Einwanderungs- in das Auswanderungsland, also auf die Übertragung von Wissen in Form von Blaupausen oder Plänen (Blueprints). Coe und Helpman (1993) und Coe, Helpman und Hoffmaister (1997) argumentieren, dass der Handel mit Gütern den entscheidenden Kanal für die Diffusion der Technologie darstellt: in importierten Gütern ist das technologische Wissen des Handelspartners enthalten. Durch den Import dieser Güter wächst das Potential, über die Produktionsmethoden des Handelspartners zu lernen und es steigt die Möglichkeit, die Technologien des Handelspartners zu kopieren beziehungsweise zu imitieren. Keller (2001) stellt die Bedeutung der Zwischenprodukte in den Mittelpunkt: „. . . technology diffuses internationally through foreign intermediate goods. [. . .] employing the foreign intermediate good involves the implicit usage of the design knowledge that was created with the R&D investment of the foreign inventor. In this sense, the technological knowledge of the blueprint is embodied in the intermediate good.“ (Keller, 2001, S. 7).

Die Technologiediffusion ist entsprechend umso ausgeprägter, je mehr die Volkswirtschaften miteinander handeln, das heißt die Technologiediffusion steigt mit einem steigenden Güterhandel und insbesondere mit einem steigenden Handel mit Zwischenprodukten. Ein fehlender oder nur geringer Güterhandel zwischen den Volkswirtschaften stellt folglich eine Barriere für die Technologiediffusion dar.9 Die Technologieadaption bezieht sich auf die Möglichkeit, diffundierte Technologien effizient in die Produktion einzusetzen. Diese Möglichkeit hängt entscheidend von der Humankapitalausstattung in einer Volkswirtschaft ab. In den Ansätzen der „Angemessenen Technologie“ („Appro9 Es werden nur die Auswirkungen des internationalen Güterhandels auf die Technologiediffusion und damit auf den technischen Fortschritt im Auswanderungsland untersucht. Nicht berücksichtigt wird, dass technischer Fortschritt wiederum Auswirkungen auf die internationale Arbeitsteilung und damit auf die Handelsstruktur haben kann. Siehe zur Beeinflussung der internationalen Arbeitsteilung durch technischen Fortschritt Dunn (1994).

82

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

priate-technology“-Ansätze)10, welche die Bedeutung der Technologieadaption betonen, wird davon ausgegangen, dass es keine Barrieren der Technologiediffusion gibt. In diesen Modellen wird angenommen, dass Technologien prinzipiell in jeder Volkswirtschaft gleichermaßen verfügbar sind. Produktivitätsunterschiede zwischen Ländern ergeben sich dann durch unterschiedliche Fähigkeiten, die vorhandenen Technologien in die Produktion einzusetzen. Diese Fähigkeit hängt von der Humankapitalausstattung einer Volkswirtschaft ab, aber auch von anderen institutionellen Regelungen wie dem Wirtschaftssystem oder der Wettbewerbsordnung. In den Ansätzen der „Angemessenen Technologie“ wird die Bedeutung des Humankapitals betont. Es wird davon ausgegangen, dass die Technologien infolge von Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen weitestgehend in den Industrieländern (also in jenen Ländern, die bereits über einen Produktivitätsvorsprung verfügen) entwickelt werden. Diese Technologien sind dann auf bestimmte Faktoreinsätze in den Industrieländern abgestimmt: „Many technologies used by the LDCs (the South) are imported from more advanced countries (the North). These technologies are designed to make optimal use of the prevailing factors and conditions in the richer countries [. . .]. [. . .] these technologies will often be inappropriate for LDCs.“ (Acemoglu/Zilibotti, 2001, S. 2).

Die Möglichkeit, die Technologien des Einwanderungslandes im Auswanderungsland einzusetzen, ist umso ausgeprägter, je besser das Auswanderungsland mit dem Faktor Humankapital ausgestattet ist. Eine nicht ausreichende Humankapitalausstattung in der Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand stellt folglich eine Barriere für die Technologieadaption dar. Während in den Ansätzen der „Angemessenen Technologie“ davon ausgegangen wird, dass die Ausstattung mit dem Faktor Humankapital über die eingesetzten Technologien und damit über die Produktivität in einer Volkswirtschaft entscheidet, werden in der vorliegenden Arbeit sowohl die Technologiediffusion als auch die Technologieadaption untersucht. Die Übertragung der Technologie vom Einwanderungs- in das Auswanderungsland wird entsprechend durch Barrieren der Technologiediffusion in der Form eines geringen Handels (mit Zwischenprodukten) einerseits und durch Barrieren der Technologieadaption in der Form einer geringen Humankapitalausstattung im Auswanderungsland andererseits begrenzt. Im Auswanderungsland kommt es folglich nur dann zu einem technischen Fortschritt durch die Übertragung der Technologien des Einwanderungslandes, wenn 10 Vgl. die Arbeiten von Basu/Weil (1996), Acemoglu/Zilibotti (2001) und Berman/Machin (2000). Für einen Überblick siehe auch: Grossman/Steger (2007).

4.2 Das Innovationsmodell von Romer (1990)

83

sowohl die Barrieren der Technologiediffusion als auch die Barrieren der Technologieadaption nicht prohibitiv sind. Während der Güterhandel entscheidend ist für den Technologietransfer, wird durch den Faktor Humankapital der Einsatz dieser Technologien in die Produktion ermöglicht: „An important determinant of the benefits which low-income countries can reap from globalization is whether they can ignite a simultaneous increase of technology imports and the skill level of the domestic labour force. [. . .] The coordination [. . .] is crucial because investment in human capital alone will lead to diminishing returns to skill accumulation, while increased technology transfer alone is unlikely to be enduring and might have negative developmental effects from rising income inequality.“ (Mayer, 2001, S. 18 f.).

In dem folgenden Abschnitt wird das Innovationsmodell von Romer (1990) vorgestellt, in dem eine Volkswirtschaft einen technischen Fortschritt durch eigene Innovationen realisieren kann. Die Möglichkeit der Übertragung von Technologien, welche in einer anderen Volkswirtschaft entwickelt wurden, ist hier zunächst nicht gegeben.

4.2 Das Innovationsmodell von Romer (1990) Romer (1990) entwickelt in „Endogenous Technological Change“ ein Modell horizontaler Innovationen, das heißt ein Modell zunehmender Produktvielfalt.11 Die Ökonomie besteht aus drei Sektoren: einem Forschungssektor, einem Zwischenproduktsektor und einem Endproduktsektor. Im Forschungssektor werden Ideen produziert. Bei deren Entstehung fallen Kosten an, da Humankapital und das bereits vorhandene Wissen A eingesetzt werden, um Ideen zu entwickeln. Einmal vorhanden, sind Ideen aber prinzipiell für alle verfügbar, das heißt sie sind nicht-rival, können also von beliebig vielen Marktteilnehmern zur gleichen Zeit genutzt werden. Die Eigenschaft der Nichtrivalität von Ideen stellt den Grund für die Annahme eines exogenen technischen Fortschritts im neoklassischen Wachstumsmodell dar. Bei Romer (1990) wird dieses Problem umgangen, indem davon ausgegangen wird, dass jeder Forscher für eine neue Idee beziehungsweise für in Blaupausen enthaltene Informationen ein Patent erhält. Diese Patente werden vom Zwischenproduktsektor gekauft und die Ideen in Form von Blaupausen in Zwischenprodukte umgewandelt. Der Zwischenproduktsektor zeichnet sich durch die Marktform der monopolistischen Konkurrenz aus, da jedes Unternehmen aufgrund des Erwerbs eines Patentes aus 11 Siehe zu den folgenden Ausführungen Romer (1990), Frenkel/Hemmer (1999), Kap. 10; Aghion/Howitt (1998), Kap. 1.6.; Romer (1996), Kap. 3.4.; Jones (2005).

84

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

dem Forschungssektor über eine Monopolstellung in Hinblick auf das spezifische Zwischenprodukt verfügt, gleichzeitig aber die von den Unternehmen produzierten Zwischenprodukte untereinander stark substituierbar sind. Im Endproduktsektor werden die Zwischenprodukte gemeinsam mit den Faktoren Humankapital und Arbeit zur Produktion eines Endproduktes eingesetzt. In diesem Sektor liegt die Marktform der vollkommenen Konkurrenz vor. Es gibt vier Produktionsfaktoren: Zwischenprodukte, Humankapital, Arbeit und Wissen. Im Folgenden wird der Faktor Arbeit aus Gründen der Anschauung auf eins normiert (die Modellimplikationen werden durch diese Normierung nicht verändert). In Anhang 2 werden die Grundgleichungen des Modells unter Berücksichtigung des Faktors Arbeit beschrieben. Technischer Fortschritt manifestiert sich in einer Erhöhung der in der Volkswirtschaft zur Verfügung stehenden Zwischenprodukte. Es wird davon ausgegangen, dass neue Zwischenprodukte bereits existierende Zwischenprodukte nicht verdrängen, sondern dass sie gemeinsam zur Produktion eines Endproduktes eingesetzt werden.12 Für endogenen technischen Fortschritt ist es notwendig, dass es für einen Innovator einen Anreiz gibt, Innovationen durchzuführen. Dieser Anreiz besteht in Form erwarteter Gewinne, die ein Unternehmer durch Innovationen erzielen kann. Die Gewinne entstehen aufgrund monopolistischer Konkurrenz im Zwischenproduktsektor. Die Zwischenprodukthersteller haben monopolistische Preissetzungsmacht. Im Gegensatz zum Monopolmarkt werden jedoch langfristig keine Gewinne erzielt, da der Marktzutritt frei ist und solange neue Anbieter in den Markt strömen werden, bis der Gewinn auf Null gesunken ist. 4.2.1 Die Haushalte Die Haushalte maximieren ihren Nutzen über eine Lebensdauer n ! 1. Es besteht das folgende Optimierungsproblem: Z1 È39ê

er  t 

max ! U ã 0

12

Ct1 h  1 dt 1h

Eine andere Interpretation des technischen Fortschritts findet sich in Modellen vertikaler Innovationen, in denen existierende Zwischenprodukte in der Folge eines technischen Fortschritts eine Qualitätsverbesserung erfahren. Einen guten Überblick über die Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt liefert: Grossman/Steger (2007).

4.2 Das Innovationsmodell von Romer (1990)

85

unter der Nebenbedingung: 

È40ê

Bt ã r t  Bt þ w t  H t  C t ; |{z} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} |{z} Y

S

C

mit: r:

Zeitpräferenzrate,

1 : h

intertemporale Substitutionselastizität,



Bt :

Veränderung der Wertpapierhaltung in der Periode t ã ^ Ersparnis in dieser Periode,

rt  Bt : Kapitaleinkommen in der Periode t, wt  Ht : Arbeitseinkommen in der Periode t.

Die Haushalte ermitteln ihren optimalen Konsum- und Sparplan. Ihr Einkommen setzt sich zusammen aus Arbeits- und Kapitaleinkommen. Die Ersparnis wird in Wertpapieren gehalten, welche von den Unternehmen im Zwischenproduktsektor ausgegeben werden. Aus diesem Maximierungsproblem folgt die Euler-Gleichung:13 

È41ê

CÈtê rt  r ã : CÈtê h

4.2.2 Die Produktion Im Endproduktsektor wird ein homogenes Endprodukt y mit der folgenden Produktionsfunktion produziert: È42ê

y ã Hya 

A X iã1

xi1  a :

Hy steht für das Humankapital, welches zur Produktion des Endproduktes verwendet wird. Die Summe über i ã 1; :::; A stellt die Anzahl der Zwischenprodukte xi dar, die für die Produktion im Konsumgütersektor zur Verfügung stehen. Entscheidend ist hier, dass die verschiedenen Zwischenprodukte sich nicht wie beispielsweise in dem oben vorgestellten neoklassischen Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) zu einer einzigen Maßzahl K aggregieren lassen, sondern die Produktionsfunktion 13

Siehe für die Herleitung der Euler-Gleichung Anhang 3.

86

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

additiv-separabel ist, das heißt eine Veränderung der eingesetzten Menge eines Kapitalgutes j verändert die Grenzproduktivität des Kapitalgutes i nicht (Obstfeld/Rogoff, 1999, S. 484 f.). Die Grenzproduktivität jedes einzelnen 1a , aber es liegen konstante SkalenZwischenproduktes xi nimmt ab Èê erträge in Hinblick auf die Anzahl der zur Verfügung stehenden Zwischen1 produkte vor Èê . Die Produktionsfunktion lässt sich aufgrund der Symmetrieeigenschaft der Zwischenprodukte (im Gewinnmaximum setzen die Produzenten die zur Verfügung stehenden Zwischenprodukte in gleichen Mengen ein)14 vereinfachen zu: y ã Hya  A  xi1  a :

È43ê

Die Gewinnmaximierungsbedingung im Endproduktsektor lautet: È44ê

A A X X Max ! p ã |{z} 1  Hya  x1i  a  wHy  Hy  Px  xi : |fflfflfflffl{zfflfflfflffl} iã1 iã1 Py |fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl} Lohnkosten |fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl} y

Kapitalkosten



Im Forschungssektor werden neue Ideen A mit dem Einsatz von Humankapital HF & E und dem bereits existierenden Wissen A entwickelt: È45ê



AÈtê ã F  HF & E  AÈtê:

wobei F einen Produktivitätsparameter darstellt, HF & E für das im Forschungssektor eingesetzte Humankapital steht und AÈtê das bereits vorhandene Wissen ist. Das Wissen AÈtê wirkt sich positiv auf die Entwicklung  der Ideen AÈtê aus. Entsprechend gilt für die Wachstumsrate der Ideen: 

È46ê

AÈtê ã F  HF & E : AÈtê

Im Zwischenproduktsektor werden die im Forschungssektor entwickelten Ideen in Zwischenprodukte umgewandelt. Für diese Umwandlung wird stets genau eine Einheit des Endproduktes benötigt. Das Endprodukt wird also entweder konsumiert oder in die Produktion von Zwischenprodukten eingesetzt.15 Die Gewinnmaximierungsbedingung im Zwischenproduktsektor lautet: 14

Siehe Romer (1990, S. 88 f.). Obwohl die verschiedenen Zwischenprodukte nicht vollständig substituierbar sind und entsprechend auch nicht zu einer Maßzahl K aggregiert werden können, führt Romer diese ein und interpretiert sie als Menge des Endproduktes, welche von 15

4.2 Das Innovationsmodell von Romer (1990) È47ê

87

Max ! pZP ã Px  x  |{z} GK x: ã1

Da im Zwischenproduktsektor monopolistische Konkurrenz herrscht, gilt für den Preis eines Zwischenproduktes gemäß monopolistischer Preis1 1 16 setzungsregel nach Chamberlin: Px ã 1 ã 1  a . Aufgrund der op1þ ex timalen Nachfrage nach Zwischenprodukten im Endproduktsektor ist die inverse Nachfragefunktion im Zwischenproduktsektor: Pxi ã È1  aê  Hya  xa i

È48ê

und damit ist der Gewinn: þ1 pZP ã È1  aê  Hya  xa x i

È49ê

und da

@pZP ! ã 0: @x 2

xi ã x ã È1  aê a  Hy :

È50ê

Für den Gewinn im Zwischenproduktsektor gilt also: 2

pZP ã È1  aê a  Hy 

È51ê

a : 1a

4.2.3 Das Wachstumsgleichgewicht Da im steady state die untersuchten Größen mit der gleichen Rate wach









Y K K A A sen, gilt: ã ã ã F  HF & E , mit K ã A  x. Da ã und Y K A K A     x x K A ã þ , ist ã 0. Es ist die Höhe des Einsatzes von HF & E , welche K A x x

die Wachstumsrate bestimmt. Entscheidend ist also die Aufteilung des als 

den Wirtschaftssubjekten nicht konsumiert wurde: Y  C ã S ã K : Da diese in die Produktion von Zwischenprodukten eingesetzt wurde, gilt: K ã A  x: 16 È1  aê  Hya  xa 1 Px i 1 1 1 i ! Px ã exi ã  ã ã ã a  È1  aê  Hya  xa1  x 1 @Pxi xi a 1 i i 1þ 1þ 1 @xi ex 1 ã : a 1a

88

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

gegeben unterstellten Humankapitals auf den Forschungs- und den Endproduktsektor ÈH ã HF & E þ Hy ê. Für die Bestimmung des Wachstumsgleichgewichtes sind die Gleichgewichtspreise und -mengen in den drei Sektoren zu ermitteln. Die Preise werden ausgedrückt in Einheiten des Endproduktes. Vollkommene Humankapitalmobilität führt zu einem Ausgleich der Löhne in den Sektoren: wHF & E ã wHy ã w. Im Endprodukt- und im Forschungssektor werden im Gewinnmaximum die Faktoren aufgrund der vollkommenen Konkurrenz nach ihren Grenzproduktivitäten entlohnt. Damit gilt:

È52ê

wHy ã

2È1  aê @y ã a  Hya1  A  x1  a ã a  Hya1  A  Hy1  a  È1  aê a @Hy

ã a  A  È 1  aê

2È1  aê a ;



È53ê

wHF & E

wHF & E @A : ã ã PA  F  A ! PA ã @HF & E FA

wHy und wHF & E stehen für die Humankapitallohnsätze im Endproduktund im Forschungssektor, PA stellt den Preis eines Patentes ausgedrückt in Einheiten des Endproduktes dar. Die Zwischenprodukthersteller fragen die im Forschungssektor hergestellten Blueprints nach und sind im Gleichgewicht bereit, denjenigen Preis für ein Patent zu bezahlen, dessen Höhe dem abdiskontierten Gewinn aus dem Verkauf der Zwischenprodukte an den Endproduktsektor entspricht. Es herrscht freier Marktzugang, d.h. es kommen solange neue Firmen in den Markt, bis die zusätzlichen Kosten einer Innovation ÈPA ê den zusätzlichen (abdiskontierten) Nettoerträgen einer In  pZP 17 : novation entsprechen r

È54ê

pZP a  È1  aê ã ! PA ã FA r F wHF & E

2È1  aê a

2

ã

È1  aê a  Hy  r

a 1a

!

r ã F  È1  aê  Hy ! rA ã F  È1  aê  ÈH  HF & E ê:

Dieser Ausdruck verdeutlicht den produktionsseitigen Zusammenhang zwischen der Höhe des Zinssatzes und der Aufteilung des Humankapitals auf die beiden Sektoren. Je geringer (höher) ceteris paribus der Zinssatz r ist, umso günstiger (teurer) ist der Einsatz der Zwischenprodukte relativ zum Einsatz des Humankapitals im Endproduktsektor und entsprechend 17 Vgl. Hypothesen zur Investitionsgüternachfrage: Fuhrmann (1994, S. 54 ff.), insbesondere S. 59.

4.2 Das Innovationsmodell von Romer (1990)

89

umso weniger (mehr) Humankapital wird zur Produktion im Endproduktsektor eingesetzt. Da der Humankapitallohnsatz im Endproduktsektor positiv von der Höhe des Zinssatzes abhängt, sinkt (steigt) infolge einer Zinsreduktion (Zinserhöhung) auch dieser Lohnsatz relativ zum Humankapitallohnsatz im Forschungssektor und es kommt zu einer Reallokation des Humankapitals in den Forschungssektor (in den Endproduktsektor), bis sich die Löhne in den beiden Sektoren wieder angeglichen haben. Die Aufteilung des Humankapitals gemäß Gleichung (54) zeichnet sich also dadurch aus, dass hier die Produktion optimal ist und Faktorpreisausgleich vorliegt. Die Beziehung zwischen der Höhe des Zinssatzes und der Aufteilung des Humankapitals auf die Verwendungen kann auch wie folgt erklärt werden: je geringer (höher) der Zinssatz ist, umso größer (kleiner) ist der abdiskontierte Nettoertrag einer Innovation im Zwischenproduktsektor, umso höher (geringer) ist der Preis eines Patentes und umso größer (kleiner) ist die Anzahl innovativer Unternehmen und damit umso höher (geringer) ist der Einsatz des Humankapitals im F&E-Sektor im Wachstumsgleichgewicht. Der Gleichgewichtszinssatz und damit die Aufteilung des Humankapitals wird im Wachstumsgleichgewicht darüber hinaus durch die Präferenzen der Nachfrager bestimmt. Es gilt: 

È55ê



rr AÈtê CÈtê ã ã ã F  HF & E ! r N ã r þ h  F  HF & E : AÈtê CÈtê h

Dieser Ausdruck verdeutlicht ebenfalls den Zusammenhang zwischen der Höhe des Zinssatzes und der Aufteilung des Humankapitals auf die beiden Sektoren, an dieser Stelle als nachfrageseitiges Gleichgewicht. Die r N -Kurve besitzt eine positive Steigung, da die Haushalte ihren Konsum bei einem steigenden Zinssatz in die Zukunft verlagern und damit die Konsumwachstumsrate, welche im steady state mit der Wachstumsrate der übrigen Variablen übereinstimmt, ansteigt. Eine steigende Wachstumsrate im Forschungssektor kommt wiederum nur dann zustande, wenn der Humankapitaleinsatz in diesem Sektor steigt. Entsprechend steigt mit einem steigenden Zinssatz der Humankapitaleinsatz im Forschungssektor. Abbildung 7 stellt die optimale Aufteilung des Humankapitals auf den Forschungs- und den Endproduktsektor graphisch dar. Die Wachstumsrate im Wachstumsgleichgewicht bei optimaler Aufteilung des Humankapitals auf die Sektoren ist gemäß den Gleichungen (54) und (55): È56ê

g ã F  HF & E ã

F  È1  aê  H  r : h þ È 1  aê

90

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt r r

N

= ρ + η ⋅ Φ ⋅ H F& E

r = (1 − α ) ⋅ Φ ⋅ (H − H F & E ) A

0 H F∗ & E

H y∗

H

H F& E

Abbildung 7: Die Aufteilung des Humankapitals auf den Forschungs- und den Endproduktsektor im Romer-Modell18

Diese Gleichung macht deutlich, dass die Wachstumsrate im Modell vom Typ Romer von dem insgesamt zur Verfügung stehenden Humankapital – dem Humankapitalstock – abhängt. Dieser Größeneffekt wurde in der Literatur intensiv diskutiert. Er steht der Vorstellung gegenüber, dass nicht die absolute Ausstattung mit Humankapital über die Höhe des wirtschaftlichen Wachstums in einer Volkswirtschaft bestimmt, sondern vielmehr die Veränderung der Humankapitalausstattung über die Wachstumsmöglichkeiten in einem Land entscheidet.19 Der Wertpapiermarkt ist wie folgt modelliert: neue Zwischenprodukthersteller geben Wertpapiere an die Haushalte, verschulden sich also bei den Haushalten, um die Patente bezahlen zu können. Die Haushalte legen entsprechend ihre gesamte Ersparnis in Wertpapieren an. Die Titel haben annahmegemäß eine unendliche Lebensdauer, für die Unternehmen fallen nur Zins-, aber keine Tilgungszahlungen an. Die Kosten für die Entwicklung einer Idee entsprechen dem Preis eines Patentes: È57ê

w a  A  È1  aê PA ã ã FA FA

2  2a a

:

Dies wiederum entspricht der Höhe der Verschuldung eines Unternehmens. Die gesamte Verschuldung des Zwischenproduktsektors B ergibt sich durch Multiplikation mit der Anzahl der Zwischenprodukthersteller, welche mit der Anzahl der Ideen in der Volkswirtschaft übereinstimmt: 18 19

Darstellung nach Frenkel/Hemmer (1999, S. 252). Siehe zur „Jones-Kritik“ insbesondere Jones (1995).

4.2 Das Innovationsmodell von Romer (1990) w a  È1  aê Aã Bt ã FA F

È58ê

2  2a a

91

 A:

Die folgende Abbildung 8 verdeutlicht die Modellstruktur.

Zinssatz r: – Je höher der Zinssatz r, umso eher sind die HH bereit, ihren Konsum in die Zukunft zu verlagern, umso höher ist die Konsumwachstumsrate und damit die gesamte Wachstumsrate und entsprechend umso höher muss der Einsatz von HF & E sein.

Finanziert Kauf der Patente (Umwandlung in ZP) über B. Jedes Unternehmen gibt ein Wertpapier heraus. HH halten ihre Ersparnis in Wertpapieren.

Es werden so viele neue Ideen entwickelt, wie dann in Form zusätzlicher Patente vom ZPsektor gekauft/ nachgefragt werden.

F&E-Sektor

Produziert neue Ideen mit dem Einsatz des bereits vorhandenen Wissens und Humankapital.



A(t )

A(t )

Zinssatz r: – Je höher der Zinssatz r, umso geringer π ZP / r und damit PA , umso weniger ZPhersteller und da Anzahl der ZP = Anzahl der Ideen/Patente = Anzahl der Unternehmen im ZPsektor umso weniger Ideen, umso geringer der Einsatz H F & E .

Zwischenproduktsektor Patent

PA =

Kap.stock =



Preis Patent PA =

A

A

A(t ) = Φ ⋅ H F &E A(t )

Kauft Patent & wandelt Idee in ZP um. Im GG:

π w = ZP Φ⋅ A r

Σ xi bzw.

i =1

∫ x di i

0

Endprodukte

π ZP

=

r

,

kommen neue Unternehmen hinzu; kurzfristige Monopolgewinne).

A

y = H αy ⋅ Σ xi1−α i =1

Kauft ZP vom ZPsektor und setzt sie in die Produktion des EP ein. Im GG: Preis ZP = Px = GP =

r

Gewinn aus dem Verkauf der ZP an den EPsektor (wenn PA
0; AÈtê AÈtê 

AÈtê wobei für die Rate des technischen Fortschritts im Auswanderungsland AÈtê

und AÈtê für das Technologieniveau im Auswanderungsland steht. Die Funktion FÈHê erklärt, in welchem Maße die Technologie des Einwanderungslandes vom Auswanderungsland adaptiert werden kann. Die Möglichkeit der Technologieadaption hängt positiv von der Humankapitalausstattung H im Auswanderungsland ab. Die Humankapitalausstattung im Auswanderungsland ist damit die Barriere der Technologieadaption: je niedriger die Humankapitalausstattung ist, umso geringer ist der technische Fortschritt im Auswanderungsland. Mit steigendem Humankapital können vorhandene Technologien besser genutzt werden (vgl. auch Stokke, 2004). Der Term

TÈtê  AÈtê repräsentiert die relative Technologielücke zwiAÈtê

schen Einwanderungs- und Auswanderungsland. Je größer diese Lücke ist, umso schneller wächst die Technologie im Auswanderungsland. 24 Siehe für die Herleitung dieser linearen Differentialgleichung erster Ordnung Anhang 4.

4.3 Das Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966)

97

T (t ) = T0 ⋅ e λ ⋅ t

T (t )

T0 (t ) t

0

Abbildung 9: Die Entwicklung der Technologie im Einwanderungsland (eigene Darstellung)

Die Lösung dieser Differentialgleichung – der Gleichgewichtspfad der Technologie im Auswanderungsland A Ètê – folgt durch Umformung und Einsetzen von Gleichung (60) in Gleichung (61): 

È62ê

AÈtê þ FÈHê  AÈtê ã FÈHê  T0  el  t :

Die allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung ist:25 2 AÈtê ã eF  t  4

È63ê

Zt

3 eF  t  F  T0  el  t  dt þ Co5;

0

beziehungsweise 2 AÈtê ã eF  t  4F  T0 

È64ê

Zt

3 et  ÈF þ lê  dt þ Co5;

0

beziehungsweise È65ê

  AÈtê ã eF  t  F  T0 

1 1  et  ÈF þ lê   e0 ’þl ’þl



þ Co ;

beziehungsweise È66ê

25

  1 1 lt F  t e þe AÈtê ã F  T0  Co  F  T0  : Fþl Fþl Siehe Anhang 4.

98

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

Folglich gilt für die Entwicklung des Technologieniveaus über die Zeit: È67ê

AÈtê ã

 A0 

F  T0 Fþl

  eF  t þ

F  T0  el  t ; Fþl

wobei: A0 ã AÈ0ê ã Co. Co ist eine Konstante. Der Gleichgewichtspfad der Technologie A Ètê ist damit: A Ètê ã

È68ê

 (für t ! 1 strebt A0 

F  T0  el  t Fþl

F  T0 Fþl



 eF  t ! 0).

Der Pfad der Technologie ist umso höher, je größer FÈHê ist und je größer l. Die folgende Abbildung 10 stellt die Entwicklung der Technologien im Einwanderungs- und im Auswanderungsland graphisch dar. Für die Technologielücke zwischen Einwanderungs- und Auswanderungsland

TÈtê  A Ètê ergibt sich: A Ètê 

TÈtê  A Ètê ã A Ètê

È69ê



È70ê

TÈtê  A Ètê ã A Ètê

FÈHê  T0  el  t FÈHê þ l

 T0  el  t 1  T0 

FÈHê  T0  el  t FÈHê þ l

el  t

FÈHê FÈHê þ l



FÈHê FÈHê þ l

1 ã

;

FÈHê FÈHê þ l

FÈHê FÈHê þ l

;

TÈtê  A Ètê l ã : A Ètê FÈHê

È71ê

Der

T0  el  t 

relative

Abstand

zwischen

den

Technologien

ist

mit

A Ètê FÈHê ã konstant. Die Technologielücke ist umso größer, je TÈtê FÈHê þ l

schneller die Technologie im Einwanderungsland wächst (je größer l ist) und je geringer die Humankapitalausstattung im Auswanderungsland FÈHê ist. Gibt es im Einwanderungsland keinen technischen Fortschritt (l ã 0), verschwindet die Technologielücke. Sie wird umso kleiner, je kleiner l.

4.3 Das Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966)

99

T (t ) = T0 ⋅ e λ ⋅ t

T (t ) ∗

A (t ) ∗

A (t ) =

Φ( H ) λt ⋅ T0 ⋅ e Φ( H ) + λ

T0 Φ( H ) T0 Φ( H ) + λ

t

0

Abbildung 10: Die Entwicklung der Technologie im Einwanderungsland und im Auswanderungsland (eigene Darstellung)

Dieses Ergebnis lässt sich folgendermaßen interpretieren: da hier nur die Bedeutung von Imitationen untersucht wird, kann das Auswanderungsland die technologische Lücke zum Einwanderungsland nur dann schließen, wenn dieses keine neuen Technologien entwickelt, l also Null ist. Solange im Einwanderungsland neue Technologien entwickelt werden, kann das Auswanderungsland die technologische Lücke nie ganz schließen. Erst wenn es selbst eigene Technologien entwickelt, kann es das Einwanderungsland einholen oder überholen. Die Effekte von Parameteränderungen werden in der Abbildung 11 dargestellt. Anhand dieser Abbildung wird deutlich, dass die Humankapitalaus

AÈtê -Kurve bestimmt. Eine erhöhte Humankastattung die Steigung der AÈtê

pitalausstattung führt zu einer Drehung der Kurve nach oben und damit zu einer Reduktion der gleichgewichtigen Technologielücke. Eine Erhöhung des technischen Fortschritts im Einwanderungsland führt hingegen zu einer 

TÈtê -Kurve nach oben und in der Folge steigt die TechVerschiebung der TÈtê

nologielücke zwischen Einwanderungs- und Auswanderungsland an. Auf der Kurve kommt es jeweils zu einer Anpassung an die gleichgewichtige Technologielücke. Ist beispielsweise das Technologiewachstum im Auswanderungsland zu Beginn höher (niedriger) als im Einwanderungsland, so reduziert (erhöht) sich die Technologielücke. Diese Anpassung wird in der Abbildung 11 durch die Pfeil-richtungen dargestellt. Bedeutsam ist neben der Entwicklung der Technologien in den Volkswirtschaften und der Größe der Technologielücke die Höhe der Elastizität der

100

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt •

λ

λ

Φ (H ) ↑

⎡ T (t ) − A(t ) ⎤ A(t ) = Φ( H ) ⋅ ⎢ A(t ) A(t ) ⎥⎦ ⎣



λ↑

T (t ) =λ T (t )

Φ (H )

0

λ Φ (H )

T (t ) − A(t ) A(t )

Abbildung 11: Die Technologielücke zwischen Einwanderungs- und Auswanderungsland26

Technologie in Bezug auf die Humankapitalausstattung im Auswanderungsland. Diese Elastizität gibt Auskunft über die prozentuale Veränderung der Technologie bei einer einprozentigen Veränderung der Humankapitalausstattung (im Auswanderungsland). Sie weist den folgenden Wert auf: @A Ètê H ã   @H A Ètê



   F0 ÈHê  T0  el  t  l þ FÈHê  FÈHê  T0  el  t  F0 ÈHê  H     l þ FÈHê  l þ FÈHê  T0  el  t  FÈHê

È72ê

È73ê

l þ FÈHê

0 @A Ètê H F ÈHê  l þ F0 ÈHê  FÈHê  F0 ÈHê  FÈHê  H   ã   : @H A Ètê FÈHê  l þ FÈHê

Nach Vereinfachung ergibt sich: @A Ètê H H  FÈHê l ã    ; @H A Ètê FÈHê FÈHê þ l

È74ê

wobei gilt:

H @A Ètê > 0.   @H A Ètê

Gleichung (74) besagt, dass die Veränderung der Technologie im Zuge einer einprozentigen Erhöhung der Humankapitalausstattung im Auswanderungsland mit einem steigenden technischen Fortschritt im Einwan26

Darstellung in Anlehnung Nelson/Phelps (1966, S. 74).

4.3 Das Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966)

101 0

derungsland ansteigt. Der erste Term auf der rechten Seite

H  F ÈHê stellt FÈHê

die Elastizität der Adaption in Bezug auf die Humankapitalausstattung dar. Sie gibt Auskunft über die prozentuale Veränderung der Technologieadaption, wenn sich die Humankapitalausstattung im Auswanderungsland um 1% verändert. Die Veränderung der Technologie im Einwanderungsland hängt damit von der Adaptionsfunktion einerseits und von der Höhe des technischen Fortschritts im Auswanderungsland andererseits ab. Eine Erhöhung der Humankapitalbildung im Auswanderungsland ist umso wirkungsvoller in Hinblick auf das wirtschaftliche Wachstum, je höher der technische Fortschritt im Einwanderungsland ist:27 „. . ., education has a positive payoff only if the technology is always improving.“ (Nelson/Phelps, 1966, S. 70).

Entsprechend den obigen Überlegungen hängt die Übertragung der Technologie jedoch nicht nur von der Höhe der Technologielücke zwischen den betrachteten Volkswirtschaften und von der Möglichkeit der Technologieadaption durch den Faktor Humankapital ab, sondern darüber hinaus spielt auch die im Modell nicht berücksichtigte Technologiediffusion eine entscheidende Rolle. Die Technologiediffusion hängt wie beschrieben von dem Ausmaß des internationalen Handels zwischen dem Einwanderungs- und dem Auswanderungsland ab. Im Folgenden wird das Modell von Nelson und Phelps (1966) um die Berücksichtigung von Barrieren der Technologiediffusion erweitert. 4.3.2 Das Modell von Nelson und Phelps (1966) unter Berücksichtigung von Barrieren der Technologiediffusion Werden Barrieren der Technologiediffusion betrachtet, entscheidet die Höhe dieser Barrieren über den technischen Fortschritt im Auswanderungsland. Eine steigende Humankapitalausstattung im Auswanderungsland führt nun nur dann zu einem steigenden technischen Fortschritt, wenn es zwischen dem Einwanderungs- und dem Auswanderungsland zu einer Technologiediffusion kommt. Die Akkumulation von Humankapital führt im Auswanderungsland also nicht automatisch zu technischem Fortschritt und wirtschaftlichem Wachstum, sondern erst das gleichzeitige Vorhandensein 27 Diesem Modell liegt die restriktive Annahme zugrunde, dass eine steigende Humankapitalbildung im Auswanderungsland nicht zu einem „eigenen“ technischen Fortschritt im Auswanderungsland führt. Humankapitalakkumulation und technischer Fortschritt werden hier strikt getrennt. Nicht berücksichtigt wird, dass im Rahmen des Lernens (also bei der Entstehung von Humankapital) eigene Ideen entwickelt werden, welche wiederum zu technischem Fortschritt führen.

102

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

einer auf dieses Humankapital ausgerichteten Technologie erlaubt den effizienten Einsatz der ausgebildeten Arbeitskräfte in die Produktion. Die Barriere der Technologiediffusion stellt ein fehlender oder zu geringer Güterhandel zwischen den Volkswirtschaften dar. Im vorangehenden Abschnitt wurde davon ausgegangen, dass der technische Fortschritt l im Einwanderungsland vollständig in das Auswanderungsland übertragen wird und die Höhe des technischen Fortschritts im Auswanderungsland folglich nur von der Humankapitalausstattung abhängt. Existieren dagegen Barrieren der Technologiediffusion, so wird nur ein bestimmter Anteil des technischen Fortschritts aus dem Einwanderungsland in das Auswanderungsland übertragen. Die Barrieren der Technologiediffusion werden definiert als die Differenz zwischen dem technischen Fortschritt im Einwanderungsland l und den neuen Technologien, welche vom Einwanderungsland in das Auswanderungsland diffundieren ld . Der Ausdruck Èl  ld ê > 0 steht folglich für die Höhe der Barrieren der Technologiediffusion. Sie wirken im Auswanderungsland also wie eine Reduktion des technischen Fortschritts im Einwanderungsland. Existieren Barrieren der Technologiediffusion, ist der Gleichgewichtspfad der Technologie im Auswanderungsland (der Index B steht für die Barrieren):28 È75ê

AB Ètê ã

FÈHê  T0  el d  t : FÈHê þ ld

Für die Technologielücke zwischen Einwanderungs- und Auswanderungsland

È76ê

È77ê

È78ê 28

TÈtê  AB Ètê gilt entsprechend den Gleichungen (69)–(71): AB Ètê

TÈtê  AB Ètê ã AB Ètê

T0  el  t 

TÈtê  AB Ètê ã AB Ètê

FÈHê  T0  el d  t FÈHê þ ld

FÈHê  T0  eld  t FÈHê þ ld T0  el  t FÈHê  T0  eld  t FÈHê þ ld

1

TÈtê  AB Ètê FÈHê þ ld el  t FÈHê þ ld Èl  l êt d 1 ã  l t 1 ã e  d FÈHê e FÈHê AB Ètê Siehe hierzu die Gleichungen (62)–(68) und Anhang 4.

4.3 Das Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966) È79ê

TÈtê  AB Ètê ã AB Ètê



ld 1þ FÈHê

103

  eÈl  ld ê  t  1:

Die Technologielücke ist umso größer, je größer ld und je kleiner FÈHê ist. Mit steigendem ld sinken bei einem gegebenen technischen Fortschritt im Einwanderungsland l die Barrieren der Technologiediffusion. Dies führt zu einer sinkenden Technologielücke. Allerdings steigt mit einem steigenden ld der Abstand zwischen den Technologien in Einwanderungs- und Auswanderungsland. Da dieser Effekt größer ist, besteht insgesamt ein positiver Zusammenhang zwischen ld und der Technologielücke. Es wird ersichtlich, dass bei der Existenz von Barrieren der Technologiediffusion nicht nur die Technologie selbst, sondern auch die Technologielücke zwischen den Volkswirtschaften exponentiell wächst und insofern nicht mehr von einem Gleichgewichtswert gesprochen werden kann. Die Technologieelastizität (in Bezug auf die Humankapitalausstattung) wird zu: È80ê

@AB Ètê H H  F0 ÈHê ld ã    ; FÈHê þ ld @H AB Ètê FÈHê

die Elastizität ist damit geringer als die Elastizität bei der Abwesenheit von Barrieren, das heißt da ld < l ist

@AB Ètê H @A Ètê H   <   . @H AB Ètê @H A Ètê

Die Technologie verändert sich bei einer 1%igen Erhöhung der Humankapitalausstattung um so weniger, je geringer ld ist, das heißt die Elastizität sinkt mit steigenden Barrieren. Je höher die Barrieren der Technologieadaption sind, umso geringer ist ld und umso geringer ist der Effekt einer 1%igen Erhöhung der Humankapitalausstattung auf die Technologie. Der technische Fortschritt und damit das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland hängen in dem um Barrieren der Technologiediffusion erweiterten Modell von Nelson und Phelps (1966) also von den folgenden Größen ab: – positiv von der Höhe des technischen Fortschritts im Einwanderungsland l, – positiv von der Technologielücke zwischen Ein- und Auswanderungsland:

TÈtê  A Ètê , A Ètê

– negativ von der Höhe der Barrieren der Technologieadaption. Die Adaptionsfunktion hängt positiv von der Humankapitalausstattung im Auswanderungsland ab: F ã FÈHê, mit F0 ÈHê > 0. – negativ von der Höhe der Barrieren der Technologiediffusion Èl  ld ê.

104

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

In Hinblick auf die Frage nach den Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen des Einwanderungslandes gilt, dass die Höhe der Wachstumseffekte dieser Bestimmungen des Einwanderungslandes für das Auswanderungsland von der Höhe der Barrieren der Technologiediffusion abhängt. Barriere der Technologiediffusion ist ein fehlender oder nur geringer Güterhandel, da davon ausgegangen wird, dass Technologien in Gütern inkorporiert sind. Wichtig für das Auswanderungsland sind die Importe, da in importierten Produkten die im Einwanderungsland entwickelten Technologien enthalten sind. Existieren keine Barrieren der Technologiediffusion, das heißt haben die Volkswirtschaften einen hohen Offenheitsgrad, führt eine Erhöhung der Humankapitalausstattung im Auswanderungsland zu einem steigenden technischen Fortschritt durch die erhöhten Möglichkeiten der Technologieadaption. Sind die Barrieren der Technologiediffusion jedoch ausgeprägt beziehungsweise sinken sie nicht gleichzeitig mit der steigenden Humankapitalakkumulation, so geht mit dem gestiegenen Humankapital kein oder ein nur geringfügig steigender technischer Fortschritt einher. Voraussetzung für einen positiven Wachstumseffekt von Humankapital stellen also niedrige beziehungsweise sinkende Barrieren der Technologiediffusion dar. Da der internationale Güterhandel zu sinkenden Barrieren der Technologiediffusion führt, kann hier der Güterhandel als Voraussetzung dafür angesehen werden, dass es mit einer steigenden Humankapitalausstattung zu einem positiven Wachstumseffekt kommt. Bei Nelson/Phelps (1966) wird keine Disaggregation der Güter vorgenommen. Es spielt im Modell keine Rolle, ob Konsum- oder Investitionsgüter importiert werden; implizit wird davon ausgegangen, dass in allen Gütern die gleichen Technologien enthalten sind. Darüber hinaus wird bei Nelson/Phelps (1966) die Humankapitalbildung nicht erklärt. Es gibt keinen Ausbildungssektor und zur Akkumulation von Humankapital werden keine Ressourcen benötigt. Eine weitere Schwäche des Modells ist die Nichtberücksichtigung eines eigenen technischen Fortschritts im Auswanderungsland. Im folgenden Abschnitt wird ein Modell entwickelt, innerhalb dessen ein technischer Fortschritt durch Forschungsanstrengungen im Auswanderungsland einerseits und durch die Übertragung der Technologien des Einwanderungslandes in das Auswanderungsland andererseits realisiert werden kann. Es werden also die Ansätze von Romer (1990) und Nelson/Phelps (1966) miteinander verbunden.

4.4 Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen

105

4.4 Ein Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen In dem vorliegenden Abschnitt wird entsprechend den obigen Überlegungen ein endogenes Wachstumsmodell entwickelt, welches die Existenz eines technischen Fortschritts aus zwei unterschiedlichen Quellen erlaubt: der technische Fortschritt in einer technologisch „weniger entwickelten“ Volkswirtschaft kann einerseits die Folge eigener Forschungsanstrengungen sein oder im Rahmen einer Übertragung von Technologien aus einer Volkswirtschaft mit einem Technologievorsprung in die Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand entstehen. Die grundlegenden Überlegungen sind auf Stokke (2005) zurückzuführen. Im Gegensatz zu Stokke (2005) wird hier von einem technischen Fortschritt infolge eines „organizational change“ abgesehen.29 In der vorliegenden Arbeit wird die Modelllösung für das Wachstumsgleichgewicht hergeleitet, während Stokke (2005) diese Lösung kalibriert. 4.4.1 Grundlegende Annahmen Es gelten die folgenden Prämissen: 1. In einer Volkswirtschaft mit einem Technologierückstand wird technischer Fortschritt durch eigene Forschungsanstrengungen und durch die Imitation von in der technologisch führenden Volkswirtschaft entwickelten Technologien ermöglicht. 2. Die Rate des technischen Fortschritts ! in der technologisch führenden  Volkswirtschaft ist exogen

T Ètê ãl . TÈtê

3. Technologie ist kein international öffentliches Gut. Es gibt Barrieren der Technologiediffusion. Technologie ist inkorporiert in Gütern, das heißt mit steigendem Güterhandel sinken die Barrieren. 4. Humankapital wird in einem Forschungssektor einerseits für Innovationen und andererseits zur Adaption der Technologien des Einwanderungslandes eingesetzt. 5. Die Technologielücke zwischen den Volkswirtschaften ist definiert als das Technologieniveau in der Volkswirtschaft mit dem Technologierück29

Stokke (2005) untersucht die Bedeutung des „organizational change“ als Alternative zu technischem Fortschritt infolge von Innovationen oder Imitationen. Hierin enthalten sind Strukturwandel, Veränderungen von Institutionen und Einstellungen der Menschen, wie Offenheit und Toleranz gegenüber Veränderungen und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem.

106

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

stand relativ zum Technologieniveau in der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung:

AÈtê . Sie nimmt Werte zwischen Null und Eins TÈtê

AÈtê ã 1 verfügen die Volkswirtschaften über die gleichen TechTÈtê AÈtê an den Wert Null annähert, umso unnologieniveaus. Je näher sich TÈtê

an. Für

terschiedlicher sind die Technologien in Einwanderungs- und Auswanderungsland. 6. Es wird nur die Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand betrachtet. 4.4.2 Die Haushalte Die Haushalte maximieren ihren Nutzen über eine „unendliche“ Lebenszeit. Es gilt wie oben im Romer-Modell: Z1 È81ê

er  t 

max ! U ã 0

Ct1  h  1 dt 1h

unter der Nebenbedingung: 

Bt ã rt  Bt þ wt  Ht  Ct ; |{z} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} |{z}

È82ê

Y

S

C

mit: r:

Zeitpräferenzrate,

1 : h

intertemporale Substitutionselastizität,



Bt :

Veränderung der Wertpapierhaltung in der Periode t ã ^ Ersparnis in dieser Periode,

rt  Bt : Kapitaleinkommen in der Periode t, wt  Ht : Arbeitseinkommen in der Periode t.

Die Euler-Gleichung ist: 

È83ê

30

CÈtê rt  r 30 : ã CÈtê h

Siehe für die Herleitung der Euler-Gleichung wieder Anhang 3.

4.4 Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen

107

4.4.3 Die Produktion Die Ökonomie besteht wieder aus drei Sektoren: einem Endproduktsektor, einem Forschungssektor und einem Zwischenproduktsektor. Die Produktionsfunktion im Forschungssektor wird folgendermaßen modifiziert (die Zeitindizierung wird im Folgenden der Einfachheit halber weggelassen): 

È84ê

A ã A



HI H

g1

A  þb T



HA H

g1  g2 "  2 # M A A    : Y T T

Der technische Fortschritt kann zwei Quellen haben: einen eigenen technischen Fortschritt, repräsentiert durch den ersten Term auf der rechten Seite und einen technischen Fortschritt infolge der Übertragung von Technologien aus der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung, repräsentiert durch den zweiten Term auf der rechten Seite der Gleichung. Die Höhe des eigenen technischen Fortschritts hängt ab von dem Anteil des zur Verfügung stehenden Humankapitals, welches im Forschungssektor für Innovationen eingesetzt wird (HI stellt das Humankapital dar, welches im F&E-Sektor eingesetzt wird, H ist das in der Volkswirtschaft insgesamt zur Verfügung stehende Humankapital). Es wird davon ausgegangen, dass die Fähigkeit, eigene Innovationen durchzuführen, von dem Abstand zwischen den Technologieniveaus in den Ländern abhängt. Je ähnlicher sich die Technologien in den Ländern bereits sind, umso größer ist die Bedeutung eigener Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für die Wachstumsrate. Zu einem technischen Fortschritt kommt es darüber hinaus durch die Übertragung von Technologien aus der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung. Die Übertragung hängt von dem Anteil des Humankapitals, welcher H  M A , der Importquote und der für die Adaption eingesetzt wird H

Y

Technologielücke ab. b ist ein Gewichtungsparameter, der die Bedeutung von Imitationen relativ zu Innovationen anzeigt. Es gilt: b > 0. Die Technologielücke wirkt sich auf die Übertragung in zweifacher Hinsicht aus: einerseits ist das Wachstumspotential umso höher, je größer die Technolo  A , andererseits ist die Fähigkeit, Technologien des Eingielücke ist 1  T

wanderungslandes zu übernehmen, um so geringer, je größer die Technolo  A . Das Zusammenwirken der beiden Effekte führt dazu, gielücke ist T

dass das Wachstumspotential aus der Adaption der Technologien des Einwanderungslandes bei einer mittleren Technologielücke maximal ist.

108

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

Im Folgenden wird der Zusammenhang zwischen der Technologielücke und dem technischen Fortschritt unter der Prämisse untersucht, dass die Humankapitalanteile im Forschungssektor konstant sind. In Abbildung 12 wird der Zusammenhang zwischen Technologielücke und eigenem technischen Fortschritt graphisch dargestellt. Betrachtet wird hier nur der erste   H g 1 A A I ã  . AbTerm auf der rechten Seite der Gleichung (84), also A

H

T

bildung 13 stellt den Zusammenhang zwischen Technologielücke und Technologiediffusion und -adaption graphisch dar. Betrachtet wird entsprechend



A A γ1

HI ↑ H

⎧HI ⎫ ⎪ ⎪ ⎩H ⎭

0 A =1 T

A T

Abbildung 12: Technologielücke und eigener technischer Fortschritt (eigene Darstellung)



A A

0 A =1 T

A T

Abbildung 13: Technologielücke und Technologiediffusion und -adaption (eigene Darstellung)

4.4 Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen

109

nur der zweite Term auf der rechten Seite der Gleichung (84), also 

A ãb A



HA H

g1  g2 "  2 # M A A   .  Y T T



A

hängt von den ParameterDer Verlauf des gesamten Wachstumspfades A werten ab. Diskussion

a) Im Auswanderungsland gibt es keinen eigenen technischen Fortschritt:  M  A > 0 sein. damit > 0, muss Y

A

b) Die

Volkswirtschaften

betreiben

keinen

Güterhandel.

Es

gilt:

 g1 HI A A  (der Funktionsverlauf entspricht dem der Abbildung 12). ã T A H 

c) Ein technischer Fortschritt im Auswanderungsland resultiert aus eigenen Forschungsaktivitäten und aus der Übertragung der Technologien des Einwanderungslandes: H g 1 H g1 M g2 I >b A  , dann ist der Verlauf (siehe Abbil– Wenn H

H

Y

dung 14):



A A γ1

⎧HI ⎫ ⎪ ⎟ ⎩H ⎭

0 A =1 T

A T

Abbildung 14: Technologielücke, eigener technischer Fortschritt und Technologiediffusion und -adaption bei stärkerer Gewichtung des eigenen technischen Fortschritts (eigene Darstellung)

110

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

– Wenn

H g 1 I

H

, so dass A

T

T

Punkt weg bewegt. 



T A < , so dass A T



  A T

sinkt.

31

Rechts von

A T1

 ist

steigt und sich das relative Technologieniveau auf

das stabile Gleichgewicht zu bewegt. Da die Situation, in der das Auswanderungsland technologisch  g1 HI aufholt, von Interesse ist, wird im Folgenden unterstellt: H  g1  g2 HA M ’, ist < . HS; I HS; A

134

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

  s 1’ Es wird definiert: © ã . ’  È1  sê

Gleichung (157) lässt sich umformen zu: s  g’

È160ê



HM; A HS; A

s  1

T Ètê  AÈtê ã  AÈ t ê



HM; I HS; I

’  1 :

Einsetzen von (159) in (160) führt zu: s  ©s  1  g’

È161ê



HM; I HS; I

s  1

T È t ê  AÈ t ê ã AÈtê





’  1

HM; I HS; I

Nach einigen Umformungsschritten folgt: 

È162ê

HM; I HS; I



 ã

s g’



1 ’s



s1 ©’s

 

T Ètê  AÈtê AÈtê



1 ’s

:

Gleichung (158) lässt sich umformen zu:  È163ê

HM; A HS; A

s  

È1  s ê T È t ê  AÈ t ê   ã AÈtê 1’ g



HM; I HS; I

’ :

Einsetzen von (159) in (163) führt zu: 

È164ê

HM; A HS; A



 ã

  1   ’   1 1  ’  g s’ 1 s’ T È t ê  AÈ t ê ’  s   : È1  s ê © AÈtê

Die Gleichungen (162) und (164) verdeutlichen die optimalen Anteile von Arbeitskräften mit einem mittleren Ausbildungsniveau zu Arbeitskräften mit einem hohen Ausbildungsniveau, jeweils für Innovationen [Gleichung (162) und für Imitationen (Gleichung (164)]. Um die Wachstumsrate der Technologie zu berechnen, sei z definiert als:   1    1  s  s’ s’ È1  s ê s 1’ T Ètê  AÈtê s  ’    , beziehungszã  1’ g



weise z ã

È1  s ê   1’ g

’  È1  s ê

 1 s’



s ©s’

AÈtê

 

T Ètê  AÈtê AÈtê

die Gleichungen (162) und (164) schreiben als:



1 s’

. Damit lassen sich

4.5 Modell mit Innovationen, Imitationen und Humankapitalbildung  È165ê

HM; I HS; I

 È166ê

 ã

HM; A HS; A

1 

È1  sê   1’ g



1 s’

 ã



s

 ©s’ 

T Ètê  AÈtê AÈtê



1 

È1  s ê



1 s’

È1’êg



 ©s’ 



T ÈtêAÈtê



1 s’

1 s’

ã

ã

135

1 : z

© : z

AÈtê

Die Wachstumsrate der Technologie folgt aus: 

AÈt þ 1ê  AÈtê A ã A AÈtê      AÈ t ê T Ètê  AÈtê ’ 1’ s 1s þ g H :  H   H  ã q HM; M; I S; I A S; A AÈ t ê AÈ t ê

gA ã È167ê

Nun können HM; I und HM; A mithilfe der Gleichungen (165) und (166) jeweils ersetzt werden durch HS; I und HS; A . Es gilt: È168ê

gA ã q



HS; A © z

s

  HS;1 A s 

T Ètê  AÈtê AÈ t ê



 þg

HS; I z

’

  HS;1 I ’

;

beziehungsweise È169ê

     ’ gA T Èt ê s s : ã HS; A  z  ©   1 þ g  HS  HS; A  z q AÈ t ê

Umformen von Gleichung (166) führt zu: HS; A ã HM; A  È170ê

z ©

HS; A  © ã HM; A  z þ HS; I  HS; I HS; A  © ã HM; A  z þ HM; I  z  HS; I þ HS; A  HS; A     HS; A  ©  HS; A ã HM; A þ HM; I  z  HS; I þ HS; A

    und da HM ã HM; A þ HM; I und HS ã HS; A þ HS; I folgt daraus: HS; A  È©  1ê ã z  HM  HS . Also gilt: È171ê

HS; A ã

z  HM  HS : È©  1 ê

136

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

Entsprechend gilt für die Wachstumsrate der Technologie: È172ê

3

2 

T Èt ê z  HM  HS ’ 7 7 z 7  1 þ g  HS  z’  g  5 s ’ AÈtê È1  s ê  ’ 3   T Èt ê z  HM  HS 7 7 7  1 þ g  HS  z’  g  z’  ©s  s ’ 5 AÈtê È1  s ê  ’

6 zH H gA s 6 M S ã6  z  ©s  4 s ’ q È1  s ê  ’ 2 6 zH H gA s M S 6 ã6 z 4 s ’ q È1  s ê  ’



Nach einigen Umformungen ergibt sich41: È173ê

   gA ã q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ :

Anhand dieser Gleichung können nun verschiedene Wachstumswirkungen untersucht werden. Zunächst lassen sich die Wachstumseffekte von Veränderungen der Anzahl von Arbeitskräften mit einem mittleren Ausbildungsniveau und Arbeitskräften mit einem hohen Ausbildungsniveau im Technologiesektor unterscheiden. Die Bedeutung der Technologielücke für das wirtschaftliche Wachstum lässt sich indirekt über die Untersuchung der Variablen z ermitteln. Der Einfluss der Variablen q und g wird unmittelbar ersichtlich: je höher die Produktivität der gesamten Forschungstätigkeit (q) und je größer die Bedeutung von Innovationen relativ zu Imitationen (g), desto höher ist die Wachstumsrate der Technologie. AÈtê

" (Technologielücke Zur Bedeutung der Technologielücke: wenn TÈtê    1  TÈtê  AÈtê s  ’ AÈtê sinkt), dann #! z # , das heißt: z ã z . Wenn z #, AÈtê TÈtê     dann z1  ’ # und z’ ". Da gA ã q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ , zeigt dies, dass die Bedeutung von Imitationen für die Wachstumsrate im „Entwicklungsprozess“ (das heißt mit einem steigenden relativen Technologieniveau) sinkt, während die Bedeutung von Innovationen steigt. In Entwicklungsstufen, in denen Imitationen wichtig sind, ist es entscheidend, dass „mittleres Humankapital“ gebildet wird und nicht „hohes“. Die Wachstumseffekte von Veränderungen der Anzahl an Arbeitskräften mit einem mittleren Ausbildungsniveau und von Veränderungen der Anzahl 41

Siehe Anhang 7.

4.5 Modell mit Innovationen, Imitationen und Humankapitalbildung

137

an Arbeitskräften mit einem hohen Ausbildungsniveau im Technologiesektor sind: @gA @gA AÈtê "; ã q  g  z1  ’  ’ ! # mit @HM @HM TÈtê È174ê das heißt :

@gA @ 2 gA > 0; A < 0: @HM @HM @ T

  @gA @gA AÈtê ã q  g  1  ’  z’ ! " mit "; @HS @HS TÈtê È175ê

@gA @ 2 gA > 0; A > 0: @HS @HS @

das heißt :

T

Dieses Ergebnis sagt noch nichts darüber aus, welcher Wachstumsbeitrag absolut größer ist, beziehungsweise in welchem Systemzustand eine Erhöhung der Anzahl der Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau die Wachstumsrate der Technologie stärker (oder weniger stark) erhöht als eine Erhöhung der Anzahl der Arbeitskräfte mit einem hohen Ausbildungsniveau. Dieser Frage wird im Folgenden nachgegangen:  ’ @gA > @gA > > 1 ã  1? ã ? ! z1  ’  ’ ã < < 1’ z ? ! z < @HM @HS ’

• Wenn z > ’1  1, dann  Da z ã 

È1  s ê   1’ g

È1  s ê   1’ g



1 s’





@gA @g > A. @HM @HS

1 s’

s ©s’



 

s © s’

 

T Ètê  AÈtê AÈtê

T Ètê  AÈtê AÈt ê



1 s’

>



1 ’

1 s’

, bedeutet dies: wenn

 1,

dann

ist

der

Wachstumsbeitrag der Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau größer als der Wachstumsbeitrag der Arbeitskräfte mit einem hohen Ausbildungsniveau. È176ê

È1  s ê   1’ g

!

1 s’



s ©s’

 

T Ètê  AÈtê AÈtê



1 s’

>

1  1; ’

138

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt

beziehungsweise È1  s ê   1’ g

È177ê

!

  ©s 

T Ètê  AÈtê AÈtê



 >

s  ’ 1 ; 1 ’

beziehungsweise T Èt ê > AÈ t ê

È178ê



  s  ’  s   1 1 1’ g 1 þ 1;   È1  s ê ’ ©

beziehungsweise AÈ t ê 1 ; <        s ’  T Ètê È1  s ê 1’ 1’ g   þ1 È1  s ê s ’

È179ê

beziehungsweise AÈtê < T Èt ê

È180ê

1 È1  s ês  1  ’’ þ1 g  ’  1 1’  ss

Ist die Gleichung (180) erfüllt, ist:

:

@gA @gA > . Dabei gilt, dass je @HM @HS

È1  s ês  1  ’’ , umso kleiner ist der Ausdruck ’  1 1’  ss

größer der Term g   1 È1  s ês  1  ’’ þ1 ’  1 1’  ss

und damit umso kleiner ist das relative Technologie-

g 

niveau

@gA AÈtê @gA , bis zu dem > ist. TÈtê @HM @HS È 1  s ê s  1  ’’ AÈtê  1 ist die Gleichung (180) für Werte von ’  1 s TÈtê 1’ s

Für g  

zwischen 0 

AÈtê TÈtê

 0; 5 erfüllt. È1  s ês  1  ’’

>

ã Da bisher unbekannt ist, ob g   ’  1 < 1, gilt unter der An1’  ss nahme, dass g ã 1:  È181ê

1s s

s 

1 > ã 1s
0; @HM

@ 2 gA @HM @

A < 0: T

  @gA @gA AÈtê ã a  q  g  z’  1  ’ ! " mit "; @HS @HS TÈtê È187ê

das heißt :

@gA > 0; @HS

@ 2 gA A > 0: @HS @ T

Die Analysemethode verändert sich nicht. Die jetzt möglichen Erklärungen entsprechen denen der partiellen Untersuchung. Es gibt aber einen Niveaueffekt, da sich die partiellen Wachstumseffekte um den Faktor Èaê verringern. Gelten die oben skizzierten Annahmen, gilt auch hier, dass der Wachstumsbeitrag von Arbeitskräften mit einem mittleren Ausbildungsniveau dann größer ist als der Wachstumsbeitrag von Arbeitskräften mit einem hohen Ausbildungsniveau, wenn das Verhältnis der Technologien zueinander relativ klein ist, also wenn gilt (für g ã 1): 0 

AÈtê  0;5. TÈtê

Damit ist die Analyse der Wachstumseffekte einer Veränderung des gesamten Humankapitalbestandes vorbereitet. 4.5.5 Die Humankapitalentscheidung Es wird davon ausgegangen, dass die Ausstattung mit den Faktoren HM und HS zu Beginn gegeben ist. HM repräsentiert die Einheiten Humankapital mit mittlerem Ausbildungsniveau, HS steht für die Einheiten Humankapital mit hohem Ausbildungsniveau. Das gesamte Humankapital ist H ã HM þ HS , es wird zunächst vollständig im Endproduktsektor eingesetzt und jeweils nach der Grenzproduktivität entlohnt. Abbildung 20 stellt die Humankapitalaufteilung im Endproduktsektor graphisch dar. Die Lohnsätze sind wM; t und wS; t . Es wird angenommen, dass Humankapital mit dem mittleren Ausbildungsniveau zu Beginn in größerer Menge zur Verfügung steht als Humankapital mit dem hohen Ausbildungsniveau. Darüber hinaus ist die Produktionselastizität der Arbeitskräfte mit dem hohen Ausbildungsniveau höher als die Produktionselastizität der Arbeits-

144

4 Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt N (=ˆ GP )

wM

wS wS ,t

N (=ˆ GP )

wM, t

0

HM

H M = H M, y

HM

0

HS

HS

H S = H S, y

Abbildung 20: Die Humankapitalaufteilung im Endproduktsektor I (eigene Darstellung)

kräfte mit dem mittleren Ausbildungsniveau. Bei der Produktionsfunktion y ã ÈA  ÈHMb  HS1  b êêa  x1  a bedeutet dies, dass È1  bê > b angenommen wird. Daraus folgt, dass der Lohnsatz der Arbeitskräfte mit dem hohen Ausbildungsniveau den Lohnsatz der Arbeitskräfte mit dem mittleren Ausbildungsniveau übersteigt. Abbildung 21 stellt die Humankapitalaufteilung im Endproduktsektor in einem Diagramm dar. Die Lohndifferenz beträgt wS; t  wM; t . Es wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaftssubjekte mit dem mittleren Ausbildungsniveau am Ende der Periode entscheiden können, durch Aufwendung der Kosten der hohen Ausbildung c in diese zu investieren. Diese Kosten sind exogen und wie die Lohnsätze in Einheiten des Endproduktes angegeben. Im Rahmen der Diskussion des Grundmodells wurde bereits auf die Problematik dieser Modellierung der Kosten der Ausbildung hingewiesen. Sie sind auch hier – entsprechend dem Grundmodell – zu verstehen als Ausbildungskosten, die während der Arbeitszeit anfallen. Im Gegensatz zum Grundmodell wird hier davon ausgegangen, dass die Wirtschaftssubjekte nicht über unterschiedliche individuelle Fähigkeiten verfügen. Entsprechend haben an dieser Stelle die Kosten der hohen Ausbildung für alle die gleiche Höhe. Sie sind wie die Lohnsätze in Zeiteinheiten, also etwa pro Stunde oder pro Arbeitstag angegeben. Beispielsweise beträgt der Lohnsatz der Arbeitskräfte mit dem hohen Ausbildungsniveau x Einheiten des Endproduktes pro Stunde, die Kosten der Ausbildung werden ebenfalls in Einheiten des Endproduktes pro Stunde ausgedrückt. Gedanklich findet die hohe Ausbildung zeitgleich mit der beruflichen Tätigkeit statt und „verbraucht“ einen Teil der Produktion. Es werden solange Arbeitskräfte zusätzlich in die hohe Ausbildung investieren, bis wS; t  c ã wM; t gilt, bis also die Lohndifferenz den Kosten der hohen Ausbildung entspricht. Es hat nur dann kein Wirtschaftssubjekt einen

4.5 Modell mit Innovationen, Imitationen und Humankapitalbildung wM

145

wS wS, t c

wM, t

0 HM

HS

H

Abbildung 21: Die Humankapitalaufteilung im Endproduktsektor II (eigene Darstellung)

Anreiz, zusätzlich in die hohe Ausbildung zu investieren, wenn die Kosten der hohen Ausbildung genau der Lohndifferenz entsprechen: c ã wS; t  wM; t . Sind die Kosten der hohen Ausbildung geringer als die Lohndifferenz, werden die Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau solange in die hohe Ausbildung investieren, bis die Kosten der Lohndifferenz entsprechen. Der Anteil der Arbeitskräfte mit einem hohen Ausbildungsniveau steigt in der Folge an und der Anteil der Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau geht zurück. Je höher also die Kosten der hohen Ausbildung sind, umso weniger Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau werden sich entschließen, in die hohe Ausbildung zu investieren. Im Gegensatz zum Grundmodell aus Kapitel 3 sind es hier nicht die Kosten der Ausbildung, die sich zwischen den Wirtschaftssubjekten unterscheiden (diese haben hier für alle die gleiche Höhe), sondern die Löhne verändern sich (während diese im Grundmodell konstant sind). Im folgenden fünften Kapitel werden die Wachstumswirkungen internationaler Humankapitalwanderungen in den untersuchten Modellen endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt analysiert und mit denen des Grundmodells aus Kapitel 3 verglichen.

5 Humankapitalwanderungen in Modellen endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt Die Gliederung des Kapitels 4 wird an dieser Stelle beibehalten und es werden die Wachstumseffekte von Wanderungen in den bisher diskutierten Modellstrukturen untersucht. Zunächst werden die Auswirkungen von Ausund Einwanderung auf die Wachstumsrate im Modell von Romer (1990) analysiert (Abschnitt 5.1). In Abschnitt 5.2 wird die Frage beantwortet, welche Wachstumseffekte aus einer exogenen Veränderung der Humankapitalausstattung im Modell von Nelson und Phelps (1966) resultieren. Der Abschnitt 5.3 beschäftigt sich mit den Wirkungen von Humankapitalwanderungen im Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen. Da in allen drei Modellen die Humankapitalausstattung exogen ist, kann keine Aussage darüber gemacht werden, in wie weit die Möglichkeit einer Migration die Entscheidung, Humankapital zu bilden, beeinflusst. Dies wird erst im Abschnitt 5.4 möglich, in dem entsprechend untersucht wird, wie sich die Möglichkeit einer Auswanderung auf die Ausbildungsentscheidung auswirkt. In diesem Abschnitt werden dann die wachstumstheoretischen Implikationen des Grundmodells und des Modells endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung verglichen.

5.1 Humankapitalwanderungen im Innovationsmodell vom Typ Romer Da die Ausstattung mit Humankapital im Modell von Romer (1990) exogen ist, ist es nur möglich, die Auswirkungen einer exogenen Veränderung des Humankapitalbestandes auf die Wachstumsrate zu untersuchen. Die Abwanderung (Zuwanderung) von Humankapital führt zu einer Reduktion (Erhöhung) des Humankapitalbestandes. Infolge einer Reduktion (Erhöhung) des Humankapitalbestandes sinken (steigen) die Achsenabschnitte der r A -Kurve (vergleiche Abbildung 22). Die r A -Kurve verschiebt sich also bei einer Abwanderung (Zuwanderung) von Humankapital nach links (rechts). Folglich sinkt (steigt) bei einer Abwanderung (Zuwanderung) von Humankapital der Humankapitaleinsatz im Forschungssektor und sinkt (steigt) entsprechend die gleichgewichtige Wachstumsrate.

5.2 Humankapitalwanderungen im Imitationsmodell von Nelson und Phelps 147 r r

N

= ρ + η ⋅ Φ ⋅ H F &E

r = (1 − α ) ⋅ Φ ⋅ (H − H F & E ) A

0

H F1∗&E H F∗ & E ↓

H F0∗&E

H F2∗&E

H F∗ & E ↑

H1

H0 H↓

H2

H F &E

H↑

Abbildung 22: Die Aufteilung des Humankapitals auf den Forschungs- und den Endproduktsektor bei unterschiedlichen Humankapitalausstattungen im Modell von Romer (1990) (eigene Darstellung)

Im Romer-Modell führt eine Abwanderung von Humankapital also zu einer Reduktion der Wachstumsrate. Damit kommt es qualitativ zu den gleichen Ergebnissen wie die Akkumulationsmodelle, in denen der Faktor Humankapital aufgrund positiver externer Effekte oder nicht abnehmender Skalenerträge ein langfristiges Wachstum ermöglicht. Das Problem besteht hier darin, dass die Entscheidung, Humankapital zu bilden, nicht modelliert wird und insofern die Frage, ob es einen positiven Anreizeffekt im Sinne eines „Brain-Effektes“ gibt, nicht beantwortet werden kann.

5.2 Humankapitalwanderungen im Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966) In dem Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966) hat die Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand die Möglichkeit, Technologien der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung zu nutzen. Das Ausmaß der Übertragung von Technologien hängt wie beschrieben von der Technologiediffusion einerseits und von der Fähigkeit der Technologieadaption andererseits ab. Nur letztere wird von der Humankapitalausstattung in der Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand beeinflusst. Es wurde anhand einer Adaptionsfunktion gezeigt, dass die Möglichkeit der Technologieadaption umso effizienter genutzt werden kann, je mehr Humankapital in der Volkswirtschaft vorhanden ist. Bei der Abwesenheit von Barrieren der Technologiediffusion wächst die Volkswirtschaft mit dem Technologie-

148

5 Humankapitalwanderungen in Modellen mit technischem Fortschritt

rückstand im Gleichgewicht entsprechend der exogenen Wachstumsrate in der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung. Die Möglichkeit der Technologieadaption durch den Faktor Humankapital beeinflusst die Höhe der Technologielücke in diesem Gleichgewicht. Der Abstand zwischen den Technologien der beiden Länder ist umso geringer, je größer die Ausstattung mit Humankapital in der Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand ist. Dies bedeutet, dass auch hier – entsprechend dem Modell von Romer (1990) – eine Abwanderung von Humankapital negative Auswirkungen hat, in diesem Fall für das relative Technologieniveau zwischen den beiden Ländern. Spiegelbildlich hat eine Zuwanderung von Humankapital positive Auswirkungen, da sich durch die steigende Ausstattung mit Humankapital die Möglichkeiten der Technologieadaption erhöhen. Gibt es allerdings keinen oder einen nur geringen Güterhandel, so ist die Technologiediffusion gering und eine steigende Humankapitalausstattung führt nicht zu einer Erhöhung des technischen Fortschritts, da keine Technologien zur Adaption zur Verfügung stehen. Die Technologiediffusion stellt also die Voraussetzung dafür dar, dass es durch eine steigende Ausstattung mit Humankapital zu einer Adaption der Technologien kommt. Genauso ist auch vorstellbar, dass sich durch eine Abwanderung von Humankapital die Wachstumsrate in der Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand nicht reduziert, da das bisher vorhandene Humankapital nicht effizient in die Adaption von Technologien eingesetzt werden konnte, da ein zu geringer Güterhandel zu einer nur geringen Technologiediffusion führte. In einer solchen Situation würde die Abwanderung von Humankapital nicht zu einer Reduktion des wirtschaftlichen Wachstums führen.

5.3 Humankapitalwanderungen im Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen In diesem Modell wird ein wirtschaftliches Wachstum durch eigene Innovationen und durch die Übertragung von in einer anderen Volkswirtschaft entwickelten Technologien ermöglicht. Dies trägt im Vergleich zu Romer (1990) der Tatsache Rechnung, dass Volkswirtschaften mit einem relativ niedrigen Technologieniveau oftmals wachsen, da sie in bestimmten so genannten Entwicklungsstufen erfolgreich Technologien übernehmen, die in anderen Ländern entwickelt wurden. Im Vergleich zu Nelson und Phelps (1966) ist es der Volkswirtschaft jedoch zusätzlich möglich, einen technischen Fortschritt infolge eigener Innovationen zu realisieren. Das Modell verbindet damit die Ansätze vom Typ Romer (1990) und Nelson und Phelps (1966). Die Voraussetzung für die Möglichkeit der Übertragung von

5.3 Humankapitalwanderungen mit Innovationen und Imitationen

149

Technologien ist auch hier, dass die Volkswirtschaften miteinander Güterhandel betreiben (die betrachtete Volkswirtschaft Güter aus der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung importiert), da es erst mit dem Güterhandel zu einer Diffusion dieser Technologien kommt. Der Ausdruck  g2 M muss also größer als Null sein. Y

Die Wachstumsrate im steady state ist wie bei Nelson und Phelps (1966) exogen. Die Aufteilung des Humankapitals bestimmt also nur die Höhe der Technologielücke im Wachstumsgleichgewicht und die Höhe der Wachstumsrate während des Anpassungsprozesses an das Gleichgewicht, der sich ausgehend von einem Ungleichgewicht ergibt. Die Abwanderung (Zuwanderung) von Humankapital führt hier ebenfalls zu einer Veränderung des gesamten Humankapitalstocks, das heißt infolge einer Abwanderung sinkt der Humankapitalbestand und infolge einer Zuwanderung steigt der Humankapitalstock. Im Gegensatz zum Romer-Modelltyp hat eine Veränderung des Humankapitalbestandes hier keine Auswirkungen auf die gleichgewichtige Wachstumsrate (die der exogenen Wachstumsrate in der Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung entspricht) und beeinflusst ebenfalls nicht die gleichgewichtige Technologielücke. Wird das obige Beispiel betrachtet und nun davon ausgegangen, dass H ã 0;5 (im Gegensatz zu H ã 1 in dem Beispiel in Abschnitt 4.4.4) und   M ã 0;4, wieder l ã 0;1; a ã 0;6; g1 ã g2 ã 0;5; r ã 0;091; r ã 0;2; Y

ergibt sich für den Parameter b wieder b ã 5;5556. Die optimalen Humankapitaleinsätze im Forschungssektor sind jetzt: HI ã 0;0041322 und HA

dem in dem obigen HA ã 0;041322. Damit entspricht das Verhältnis HI   HA ã 10;00 . Die gleichgewichtige Technologielücke mit dem Beispiel HI

hohen Technologieniveau beträgt unter der Annahme, dass die Volkswirtschaft ab einem relativen Technologieniveau von oben

A ã 0;1 aufholt, wie T

A ã 0;99.1 Der Unterschied zwischen dem Modell vom Typ Romer T

und dem Modell mit Innovationen und Imitationen besteht also darin, dass in letzterem der Anteil des Humankapitals ausschlaggebend ist und nicht wie bei Romer (1990) die absolute Höhe des eingesetzten Humankapitals. Im Wachstumsgleichgewicht ist die Allokation des Humankapitals auf die verschiedenen Verwendungen konstant. Im Übergang verändert sich die 1

Siehe hierzu ausführlich Anhang 9.

150

5 Humankapitalwanderungen in Modellen mit technischem Fortschritt HA HI

b

1 1−γ 1

γ2

⎧ M ⎫1−γ 1 ⋅⎪ ⎪ ⎩Y ⎭

⎧M ⎫ ⎪↑ ⎪ ⎩Y ⎭

0

A =1 T

A T

Abbildung 23: Die Aufteilung des Humankapitals bei variierender Technologielücke (eigene Darstellung)

Aufteilung mit einer Veränderung der Technologielücke zwischen den Volkswirtschaften gemäß Gleichung (188): È188ê

1 HA ã b 1  g1  HI



M Y



g2 1  g1

  1 A 1  g1  1 : T

A " holt die Volkswirtschaft mit dem Technologierückstand (das T HA . In Abbildung 23 wird die Auswanderungsland) auf; in der Folge sinkt HI

Mit

Aufteilung des Humankapitals bei variierender Technologielücke graphisch dargestellt. Mit sinkendem Abstand zwischen den Technologien sinkt auch

HA , das HI

heißt die Bedeutung von HA geht zurück und die von HI steigt. Je ausgeprägter der Güterhandel zwischen den Volkswirtschaften ist, umso kleiner ist bei einem gegebenen

HA der Abstand zwischen den Technologien in HI

den Volkswirtschaften. Mit einem steigenden Technologieniveau werden Innovationen wichtiger und die Bedeutung von Imitationen geht zurück. Für die Untersuchung der Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen wird – wie oben bereits beschrieben – die Endogenisierung der Humankapitalbildung benötigt. Darüber hinaus wird im Folgenden davon ausgegangen, dass das Humankapital keinen homogenen Faktor darstellt, sondern in den Verwendungen Innovationen und Imitationen unterschiedliche „Arten von Humankapital“ unterschiedliche Produktivitäten aufweisen.

5.4 Humankapitalwanderungen mit endogener Humankapitalbildung

151

5.4 Humankapitalwanderungen im Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung Im Abschnitt 4.5.5 wurde gezeigt, dass die Ausbildungsentscheidung der Wirtschaftssubjekte von der Höhe der Löhne für Arbeitskräfte mit dem hohen und dem mittleren Ausbildungsniveau abhängt. Es wurde angenommen, dass zu Beginn der Periode t eine größere Menge an Arbeitskräften mit einem mittleren Ausbildungsniveau vorhanden ist als mit einem hohen Ausbildungsniveau. Darüber hinaus wurde angenommen, dass die Produktionselastizität der Arbeitskräfte mit dem hohen Ausbildungsniveau im Endproduktsektor höher ist als die der Arbeitskräfte mit dem mittleren Ausbildungsniveau. Diese beiden Annahmen stellen sicher, dass der Lohnsatz für eine Arbeitskraft mit dem hohen Ausbildungsniveau den Lohnsatz einer Arbeitskraft mit dem mittleren Ausbildungsniveau übersteigt. Für die Modelluntersuchung bei Vernachlässigung der Möglichkeit der Migration wird ein Ausgangsgleichgewicht unterstellt, die Lohndifferenz entspricht den Kosten der hohen Ausbildung und am Ende der Periode t kommt es nicht zu einer Umschichtung von HM zu HS . Entsprechend verändert sich das Modell infolge der Berücksichtigung der Ausbildungsentscheidung nicht. In der Periode Èt þ 1ê trifft der Zwischenproduktsektor gemäß den obigen Überlegungen die Entscheidung darüber, wie viele Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau und wie viele Arbeitskräfte mit einem hohen Ausbildungsniveau er nachfragt. Die Aufteilung auf den Zwischenprodukt- und den Endproduktsektor erfolgt entsprechend der obigen Darstellung. Wird nun davon ausgegangen, dass die Arbeitskräfte mit dem hohen Ausbildungsniveau die Möglichkeit haben, mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in eine zweite Volkswirtschaft mit einem höheren Lohnsatz auszuwandern, ergeben sich für das Modell die im Folgenden dargestellten Veränderungen. Dabei wird entsprechend dem Grundmodell angenommen, dass die Volkswirtschaft mit dem Technologievorsprung selektive Immigrationsbestimmungen in der Form hat, dass ein bestimmter Anteil der Arbeitskräfte mit dem hohen Ausbildungsniveau in diese Volkswirtschaft einwandern darf. Die Wirtschaftssubjekte können damit mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit aus dem Auswanderungsland auswandern (ebenfalls entsprechend dem Grundmodell). Das Produkt aus dieser Wahrscheinlichkeit und dem höheren Lohnsatz beeinflusst nun am Ende der Periode t die „Umschichtungsentscheidung“ eines Teils der Arbeitskräfte mit dem mittleren Ausbildungsniveau hin zu der hohen Ausbildung. Ohne Migrationsmöglichkeit werden die Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau wie beschrieben solange in die hohe Ausbildung investieren, bis wS; t  wM; t ã c.

152

5 Humankapitalwanderungen in Modellen mit technischem Fortschritt

Bei der Existenz einer positiven Migrationsmöglichkeit/-wahrscheinlichkeit m verändert sich diese Entscheidung wie folgt: Es wird zusätzlich eine hohe Ausbildung nachgefragt, solange: È1  mê  wS; t þ m  wI  c > wM; t , beziehungsweise bis: È1  mê  wS; t þ m  wI  c ã wM; t wobei wI für den Lohnsatz der Arbeitskräfte mit dem hohen Ausbildungsniveau im Einwanderungsland steht (dieser ist stets größer als wS; t ) und m die Wahrscheinlichkeit, auswandern zu können, repräsentiert. Nach Umformung erhält man im Migrationsgleichgewicht: wS; t  È1  mê þ m  wI  wM; t ã c:

È189ê

Im Vergleich zu dem Ergebnis ohne Möglichkeit der Migration wS; t  wM; t ã c zeigt sich, dass bei einer Wahrscheinlichkeit der Auswanderung die Anzahl der Arbeitskräfte mit hoher Ausbildung steigt und die mit mittlerer Ausbildung zurückgeht. Es wird „länger umgeschichtet“, das heißt HS steigt im Vergleich zu der Situation ohne Migration und HM geht zurück. Verfügt das Auswanderungsland über ein geringes relatives Technologieniveau, kommt es infolge dieses Prozesses zu einer Reduktion der Wachstumsrate. In Abbildung 24 werden die Zusammenhänge graphisch dargestellt. Bei gegebenen Kosten der hohen Ausbildung c stellen sich ohne Möglichkeit der Migration die Löhne bei wS; 0 ã weS; 0 und wM; 0 ein. Die Menge HM; 0 an wS = wS, t ⋅ (1 − m ) + m ⋅ w e

I

wS = wS

e

wM

e

wS m↑

w

e

w

S, 1 e S, 0

c c wM, 1 wM, 0 H

0 H M, 0

H S, 0

H M, 1

H S, 1

Abbildung 24: Arbeitskräfte mit mittlerer und Arbeitskräfte mit hoher Ausbildung mit und ohne Möglichkeit der Migration (eigene Darstellung)

5.4 Humankapitalwanderungen mit endogener Humankapitalbildung

153

Arbeitskräften verfügt über die mittlere Ausbildung, die Menge HS; 0 an Arbeitskräften verfügt über die hohe Ausbildung. Durch die Möglichkeit der Auswanderung wird der Lohnsatz der hohen Ausbildung zum erwarteten Lohnsatz. Dieser ist: weS ã wS; t  È1  mê þ m  wI . Da wI > wS , ist weS > wS , wenn m > 0. Die Kurve des erwarteten Lohnsatzes verschiebt sich durch die Migrationsmöglichkeit nach oben. Die Menge an Arbeitskräften mit mittlerer Ausbildung geht zurück auf HM; 1 , die Menge an Arbeitskräften mit hoher Ausbildung steigt auf HS; 1 . Formale Darstellung des Modells

Im Folgenden wird das Modell noch einmal formal dargestellt: gA ã gA ÈHM ; HS ; :::ê;

È190ê

dgA ã

È191ê

@gA @gA  dHM þ  dHS : @HM @HS

È192ê

H ã HM þ HS ;

È193ê

dH ã dHM þ dHS ; f u¨ r dH ã 0 gilt : dHM ã dHS :

dgA ã È194ê

@gA @gA @gA @gA  ÈdHS ê þ  dHS ; ! dgA > 0; wenn < ; @HM @HS Èþê @HM @HS Èê Èþê

! dgA < 0; wenn

Èþê

@gA @gA @gA @gA > ; ! dgA ã 0; wenn ã : @HM @HS @HM @HS

È195ê

HM ã HM Èmê;

È196ê

HS ã HS Èmê;

È197ê

dHM ã

È198ê

dHS ã

@HM  dm; @m Èê

@HS  dm; @m Èþê

154

5 Humankapitalwanderungen in Modellen mit technischem Fortschritt

È199ê

dHM ã dHS !

  gA ã gA HM Èmê; HS Èmê; ::: ;

È200ê

È201ê

@HM @HS ã : @m @m

dgA ã

@gA @HM @gA @HS  dm þ  dm;   @HM @m @HS @m 0

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1

dgA @gA @HM @gA @HS @HM B @gA @gA C > A ã 0: ã  þ  ã @  dm @HM @m @HS @m @m @HM @HS < Èþê

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@HM @HS ã gilt und bei einem niedrigen relativen Technologie@m @m @gA @gA dgA > gilt, ist < 0. niveau @HM @HS dm

Da

Modellgleichungen ohne Wanderungen

Ohne die Möglichkeit der Auswanderung sind die folgenden Gleichungen relevant: È203ê

  a y ã A  H bM; y  HS;1 y b  x1  a ;

È204ê

  a  1 @y ã a  A  H bM; y  HS;1 y b  x1  a  A  b  H bM;y1  HS;1 y b ã wM; t ; @HM; y

È205ê

  a  1   @y ã a  A  H bM; y  HS;1 y b  x1  a  A  1  b  H bM; y  HS;by ã wS; t ; @HS; y

È206ê

wS; t  wM; t ã c:

Werden (204) und (205) in (206) eingesetzt, folgt: È207ê

 HS; y ba a1ba 1a ã c; a  Aa  H M;  H  x  1  b  b  y S; y HM; y

5.4 Humankapitalwanderungen mit endogener Humankapitalbildung  È208ê

È209ê

aA  a

ba HM; y



HS;a y 1  b  a

   cãa |fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl} x1  a

Aa

x

ba HM; y

1a





 1b

HS;a y 1  b  a

f

HM; y þ HS; y HM; y

155

 ã c;

   H :  1b HM; y

Diese Bedingung muss erfüllt sein.

Modellgleichungen bei einer Veränderung der Kosten der Ausbildung

Welche Effekte ergeben sich, wenn die Kosten der Ausbildung exogen steigen oder sinken? Da  È210ê

cãf 

ba HM; y



HS;a y 1  b  a

 1b



H HM; y



bedeutet dies, dass bei steigenden Kosten der hohen Ausbildung c auch der Wert auf der rechten Seite der Gleichung (210) ansteigen muss. Dies geschieht ceteris paribus nur, wenn HM steigt und HS sinkt:         H H ba a1ba ". 1b "  1b c "! f  HM; y  H S; y HM; y HM; y    H ba wenn HM; y " und 1  b  # wenn HM; y #. HM; y " wenn HM; y " HM; y

  ba a1ba und HM; # wenn HS; y ", da a  1  b  a y # wenn HM; y #. HS; y a1ba " muss HS; y #. < 0. Damit H S; y

Für sinkende Kosten der Ausbildung ergeben sich entsprechend die gegenläufigen Effekte. Modellgleichungen mit Wanderungen

Unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Auswanderung sind die folgenden Gleichungen relevant: È211ê

  a y ã A  H bM; y  HS;1 y b  x1  a ;

156 È212ê

È213ê

È214ê

5 Humankapitalwanderungen in Modellen mit technischem Fortschritt   a  1 @y b1 1b ã a  A  H bM; y  HS;1 y b  x1  a  A  b  HM; y  HS; y ã wM; t ; @HM; y   a  1   @y ã a  A  H bM; y  HS;1 y b  x1  a  A  1  b  H bM; y  HS;by ã wS; t ; @HS; y   wS; t  wM; t ã c  m  wI  wS; t

Werden (212) und (213) in (214) eingesetzt, folgt:      HM; y þ HS; y ba a1ba 1a a  Aa  HM;  H  x  1  b  ã c  m  wI  wS; t ; y S; y HM; y È215ê     I  H a  x1  a  H b  a  H a  1  b  a  1  b  c  m  w : ã  w a  A S; t M; y S; y È216ê |fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl} HM; y f

   Da c  m  wI  wS; t < c, muss bei Berücksichtigung der Möglichkeit der Auswanderung auch die rechte Seite kleiner sein als innerhalb des Modells ohne Wanderungen:

È217ê

   H f  H bM; ay  H aS;y 1  b  a  1  b  HM; y mit Wanderungen    H ba a1ba < f  H M;  H  1  b  y S; y HM; y ohne Wanderungen

Dies ist nur erfüllt, wenn HM; ymit Wanderungen < HM; yohne Wanderungen und wenn HS; ymit Wanderungen > HS; yohne Wanderungen . Also kommt es infolge der Möglichkeit der Auswanderung für gut ausgebildete Arbeitskräfte zu einer stärkeren „Umschichtung“: eine größere Anzahl an Arbeitskräften mit einer mittleren Ausbildung entscheidet sich am Ende der Periode t dafür, in die hohe Ausbildung zu investieren. Je höher die Wahrscheinlichkeit ist, auswandern zu dürfen, umso größer ist dieser Effekt. Also gilt: È218ê

@HM < 0; @m

È219ê

@HS > 0: @m

5.4 Humankapitalwanderungen mit endogener Humankapitalbildung A

157

dgA

In niedrigen Entwicklungsstufen, also wenn gering ist, ist < 0, da: dm T   @gA @HM @gA @HS   dm þ   dm ! gA ã gA HM Èmê; HS Èmê; ::: ! dgA ã @HM @m dgA @gA @HM @gA @HS @gA @gA ã  þ  und > . dm @HM @m @HS @m @HM @HS Èþê

Èê

Èþê

@HS

@m

Èþê

Also gilt: dgA @HM ã  dm @m

È220ê



@gA @gA  @HM @HS

 < 0:

Die selektiven Immigrationsbestimmungen des Einwanderungslandes führen zu einer Reduktion des wirtschaftlichen Wachstums im Auswanderungsland, da die Auswanderungsmöglichkeit den Anreiz erhöht, in hohe Ausbildung zu investieren, sich die Volkswirtschaft jedoch in einer Situation befindet, in der mittlere Ausbildung produktiver ist als hohe, da Imitationen wichtiger sind als Innovationen und Arbeitskräfte mit mittlerer Ausbildung produktiver sind in der Durchführung von Imitationen und Arbeitskräfte mit hoher Ausbildung produktiver sind in der Durchführung von Innovationen. Zusammenfassend lassen sich die folgenden Ergebnisse ableiten: • Es existiert ein positiver Wachstumseffekt sowohl durch hoch ausgebildete Arbeitskräfte als auch durch mittel ausgebildete Arbeitskräfte   @gA @g > 0; A > 0 . @HS

@HM

• Die Möglichkeit der Migration erhöht den Anreiz, in die hohe Ausbildung zu investieren, da nur Arbeitskräfte mit einem hohen Ausbildungsniveau die Möglichkeit haben, auszuwandern. • Für den Fall, dass die betrachtete Volkswirtschaft ein geringes Technologieniveau hat, ist es möglich, dass der Wachstumsbeitrag von Arbeitskräften mit einem mittleren Ausbildungsniveau höher ist als der Wachstumsbeitrag von Arbeitskräften mit einem hohen Ausbildungsniveau, da Imitationen in dieser Entwicklungsphase produktiver sind als Innovationen und Imitationen den Faktor „mittleres Humankapital“ relativ intensiv nutzen und Innovationen den Faktor „hohes Humankapital“. • Es wurde hier also unterstellt, dass die Anzahl der Menschen, die sich ausbilden lassen, gegeben ist und durch die Aufteilung auf „mittleres Humankapital“ und „hohes Humankapital“ die Wachstumsrate bestimmt wird. • Eine steigende Wahrscheinlichkeit für die Wirtschaftssubjekte mit hoher Ausbildung auswandern zu können, wirkt sich bei einem geringen Tech-

158

5 Humankapitalwanderungen in Modellen mit technischem Fortschritt

nologieniveau negativ auf die Wachstumsrate aus, da

@gA @g > A und @HM @HS

sich Arbeitskräfte mit mittlerer Ausbildung entschließen, in die hohe Ausbildung zu investieren. • Es gibt zwei Gründe für den negativen Wachstumseffekt: 1.

@gA > 0 ! Der Wachstumsbeitrag von Arbeitskräften mit hoher Aus@HS

bildung ist in jedem Falle positiv. Wenn diese auswandern, entsteht auf jeden Fall ein Wachstumsverlust. Dieser Verlust an Humankapital ist der „Drain-Effekt“. 2.

@gA @g > A ! Es entsteht ein negativer Wachstumseffekt, wenn sich @HM @HS

Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau entschließen, in die hohe Ausbildung zu investieren. Der „Brain-Effekt“ ist also negativ, wenn

@gA @g @gA @g > A . Ist dagegen < A , dann ist der ursprüng@HM @HS @HM @HS

liche positive „Brain-Effekt“ vorhanden. Die Richtung des Wachstumseffektes hängt also von der Größe der Technologielücke, das heißt von dem „relativen Technologiestand“ des Auswanderungslandes ab. Bei einem geringen relativen Technologieniveau führt der so genannte Anreizeffekt der Migration zu einem negativen Wachstumseffekt. Die Möglichkeit der Auswanderung löst Substitutionseffekte aus weg von mittlerer Ausbildung und hin zu hoher Ausbildung. Es kommt also nicht zu einer Erhöhung des gesamten Humankapitalbestandes, sondern nur zu einer Umschichtung von mittlerer Ausbildung zu hoher Ausbildung. Dies wiederum hat dann negative Auswirkungen auf die Wachstumsrate, wenn das Technologieniveau im Auswanderungsland gering ist. Selektive Immigrationsbestimmungen eines Landes wirken sich negativ auf das Auswanderungsland aus, wenn sein Technologieniveau gering ist. Mit einem steigenden Technologieniveau im Auswanderungsland wird es möglich, dass mit den selektiven Immigrationsbestimmungen positive Wachstumseffekte für das Auswanderungsland einhergehen, da der Anreizeffekt positiv wird und damit prinzipiell den auch hier negativen Auswanderungseffekt übersteigen kann.

5.5 Diskussion der Ergebnisse und Erweiterungen In den Kapiteln 4 und 5 wurden die sich infolge selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für Auswanderungsländer ergebenden Wachstumseffekte im Rahmen von Modellen endogenen Wachs-

5.5 Diskussion der Ergebnisse und Erweiterungen

159

tums mit technischem Fortschritt untersucht. Den Ausgangspunkt für die Analyse von Modellen, in denen der technische Fortschritt erklärt wird, stellte das Grundmodell (Kapitel 3) dar, da es dort der angenommene Technologieunterschied zwischen den Volkswirtschaften ist, durch den die Wanderungen beziehungsweise die Wanderungsanreize entstehen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die Frage gestellt, ob und in welcher Hinsicht die explizite Modellierung technologischer Entwicklungen die Ergebnisse des Grundmodells modifiziert. Es wurde gezeigt, dass technischer Fortschritt in Volkswirtschaften, die im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften über einen „Technologierückstand“ verfügen, einerseits aus Innovationen („eigenem“ technischen Fortschritt) und andererseits aus Imitationen („fremdem“ technischen Fortschritt) resultiert. Die relative Bedeutung von Innovationen und Imitationen hängt wiederum vom relativen Technologieniveau im Auswanderungsland (relativ zum Einwanderungsland) ab. Nachdem in den Abschnitten 4.2 und 4.3 jeweils ein Innovationsmodell und ein Imitationsmodell vorgestellt und in Abschnitt 4.4 diese beiden Modellrahmen miteinander verbunden wurden, rückte in dem Abschnitt 4.5 wieder die Humankapitalbildung ins Zentrum der Analyse. Vorher wurde vorübergehend davon ausgegangen, dass die Ausstattung mit Humankapital exogen ist. Im Abschnitt 4.5 wurden entsprechend sowohl die Humankapitalbildung als auch die Technologie endogenisiert. Dabei ist es für die Ergebnisse zentral, dass nicht die Humankapitalausstattung insgesamt, sondern nur die Aufteilung des vorhandenen Humankapitals auf zwei unterschiedliche Humankapitalarten erklärt wird beziehungsweise veränderbar ist. Von entscheidender Bedeutung ist, dass im Rahmen der Modelle des vorliegenden Kapitels davon ausgegangen wird, dass das Einwanderungsland über ein Technologieniveau verfügt, welches den Bezugspunkt – oder den Referenzwert – für die Technologie des Auswanderungslandes bildet. In der Analyse wurde davon ausgegangen, dass die Technologie des Einwanderungslandes das maximal erreichbare Technologieniveau darstellt und damit das relative Technologieniveau zwischen den Ländern

A auf Eins norT

miert. Es ist natürlich möglich, dass das Auswanderungsland nicht nur aufholt beziehungsweise im Grenzfall das Einwanderungsland einholt, sondern auch, dass es dieses überholt. Das Auswanderungsland wird dann zum Einwanderungsland und das Einwanderungsland wird zum Auswanderungsland. Im Rahmen der modelltheoretischen Untersuchungen wurde also nur ein bestimmter „Teil“ des Entwicklungspfades untersucht und das System nur bis zu dem Punkt analysiert, an dem das relative Technologieniveau Eins wird. Damit geht auch die Vorstellung einher, dass Volkswirtschaften gleiche Entwicklungsschritte vollziehen, sie sich also gleichgerichtet entwickeln. Folgt man diesen Überlegungen zu technologischen Veränderungen, sind sich not-

160

5 Humankapitalwanderungen in Modellen mit technischem Fortschritt

wendigerweise auch die Innovationen und technischen Standards in Einund Auswanderungsland ähnlich. Es gibt „nur einen Weg“ technologischer Entwicklungen. Es gibt ein Zentrum und eine Peripherie, eine Welt, wie sie in den 1960er Jahren vorzufinden war, mit den Vereinigten Staaten als ökonomischem Zentrum der Welt. Die USA waren größte (absolut gesehen) und reichste (gemessen am Pro-Kopf-Einkommen) Wirtschaftsnation, die die Weltwirtschaft dominierte (Gries, 2007, S. 25). Gemäß Dunn (2000) ist in dieser Modellierung ein bedeutendes Defizit der gesamten endogenen Wachstumstheorie zu sehen. Er weist darauf hin, dass technischer Fortschritt kein deterministischer, sondern ein offener Prozeß ist, dessen Ergebnisse nicht im voraus feststehen (Dunn, 2000, S. 293 ff.). Die Modellstruktur berücksichtigt nicht, dass Länder unterschiedliche „Entwicklungspfade“ haben können oder es mehr als ein ökonomisches Zentrum geben kann. Im Zuge der wirtschaftlichen und politischen Integration Europas wurde die Europäische Union ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts neben den USA zum zweiten ökonomischen Zentrum der Welt. China erfüllt drei Bedingungen eines potentiellen ökonomischen Zentrums der Welt. Es hat eine sehr große Bevölkerung (im Juli 2007 betrug die Einwohnerzahl etwa 1,321 Mrd. Menschen), ist wirtschaftlich sehr erfolgreich (die Wachstumsrate betrug im Jahr 2007 11,4% des realen ProKopf-Einkommens) und ist in Hinblick auf den Außenhandel in die Weltwirtschaft integriert (China hat den drittgrößten Handelsanteil aller Länder und ist wichtiger Handelspartner der Europäischen Union und der USA). Die Bevölkerungszahl gibt Auskunft über die potentielle, das Wirtschaftswachstum über die tatsächliche wirtschaftliche Kraft eines Landes. Der Grad der weltwirtschaftlichen Integration ist Hinweis für die Bedeutung Chinas für den Rest der Welt. China ist damit ein potentielles ökonomisches Zentrum der Welt (Gries, 2007, S. 43). Globale Veränderungen („global shifts“) dieser Art kann die modelltheoretische Analyse der vorliegenden Arbeit nicht abbilden. Aufgrund dieser Vorstellung, dass es „nur einen Weg“ technologischer Entwicklungen gibt, entspricht es der Intuition, dass Imitationen in niedrigen Entwicklungsstufen, das heißt bei einem niedrigen relativen Technologieniveau, produktiver sind als Innovationen und mit einem steigenden relativen Technologieniveau Innovationen möglich und dann produktiver werden und die Bedeutung von Imitationen zurückgeht. Da Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau relativ intensiv in die Herstellung von Imitationen eingesetzt werden und Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau in die von Innovationen, ist die Bedeutung der mittleren Ausbildung in niedrigen Entwicklungsstufen hoch und geht dann im Entwicklungsprozess

5.5 Diskussion der Ergebnisse und Erweiterungen

161

zurück. Resultat dessen ist, dass im Modell mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung der Wachstumseffekt, der sich aus der infolge der selektiven Immigrationsbestimmungen entstehenden Umschichtung (von mittlerer zu hoher Ausbildung) ergibt, eindeutig negativ ist, solange das Auswanderungsland über ein relativ geringes Technologieniveau verfügt. In der Terminologie des Grundmodells bedeutet das, dass es hier keinen „Brain-Effekt“ gibt beziehungsweise dieser negativ ist: der gestiegene individuelle Anreiz, in die hohe Ausbildung zu investieren, wirkt sich negativ auf die Wachstumsrate und damit makroökonomisch aus, da Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau produktiver sind als Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau. Ist das Technologieniveau im Auswanderungsland dagegen relativ hoch, ergeben sich die gleichen Ergebnisse wie im Grundmodell: der Auswanderungseffekt („Drain-Effekt“) ist negativ; der Anreizeffekt („Brain-Effekt“) ist positiv und der Gesamteffekt der selektiven Immigrationsbestimmungen für das Auswanderungsland ist vorab nicht bestimmbar. In der Literatur, die mögliche positive Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen für die Auswanderungsländer untersucht, stellt der Verweis auf den positiven Anreizeffekt nur ein Argument dar. Es wird darüber hinaus auf verschiedene weitere Einflussfaktoren hingewiesen, die im Rahmen dieser Arbeit bisher weitgehend vernachlässigt wurden. Zu diesen gehören insbesondere Geldüberweisungen der Migranten an im Heimatland verbliebene Familienmitglieder („Remittances“), Wissens-Spillovers und eine Rückkehr der Migranten in ihr Heimatland (Return Migration). Umfangreiche Literatur existiert vor allem im Rahmen der „Remittances“ [Adams (2003), Adams (2007), Docquier (2006), Drinkwater et al. (2003), Özden/Schiff (2006)]. In Abschnitt 3.3.2 wurde bereits darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Bedeutung der „Remittances“ für das wirtschaftliche Wachstum in Auswanderungsländern noch nicht geklärt ist (Faini, 2006). Schätzungen der Weltbank zufolge betrugen die Überweisungen von Migranten in Entwicklungsländer im Jahr 2007 etwa 240 Mrd. US-$, dies ist doppelt so viel wie die gesamte Entwicklungshilfe und zwei Drittel der gesamten ausländischen Direktinvestitionen in Entwicklungsländer (Weltbank, 2007). Die Zahlungen von Migranten an im Heimatland verbliebene Familienmitglieder wachsen pro Jahr um ca. 30 Prozent (Weltbank, 2007). Die Hauptempfängerländer der Überweisungen sind Indien (27 Mrd. US-$), China (25,7 Mrd. US-$), Mexiko (25 Mrd. US-$) und die Philippinen (17 Mrd. US-$). Der Anteil der Überweisungen am Bruttoinlandsprodukt ist am höchsten in Tadschikistan (36,2% des BIP), Moldawien (36,2% des BIP), Tonga (32,3% des BIP) und Kirgisistan (27,4% des BIP) (Ratha et al., 2007, S. 3).

162

5 Humankapitalwanderungen in Modellen mit technischem Fortschritt

Da „Remittances“ reale Transfers sind, besteht die Vermutung, dass sich diese Zuflüsse positiv auf das wirtschaftliche Wachstum in Volkswirtschaften auswirken. Wichtig ist jedoch, ob dieses Geld im Empfängerland für Konsum- oder für Investitionszwecke verwendet wird. Letzteres führt aufgrund des Kapazitätseffektes zu einem steigenden Kapitalstock, einer steigenden Produktionskapazität und damit zu Wachstum. Werden die Überweisungen im Empfängerland in erster Linie für Konsumzwecke verwendet, führt dies aufgrund des Nachfrageeffektes ebenfalls zu einem steigenden Einkommen und damit zu Wachstum, wenn die Nachfrage nach heimischen Gütern steigt. Steigt hingegen die Nachfrage nach importierten Gütern, führt dies zu einem erhöhten Druck auf die Handelsbilanz (war sie vorher ausgeglichen, liegt jetzt ein Handelsbilanzdefizit vor) und zu einer Zunahme der Verbindlichkeiten (Nettokapitalimport). Empirische Studien kommen in Hinblick auf die Verwendung der Überweisungen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Unterstützungszahlungen zu einem großen Teil für Konsumzwecke verwendet werden (Chami et al., 2003, S. 10 f.). Andere empirische Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Haushalte, die Unterstützungszahlungen erhalten, weniger konsumieren und mehr investieren (beispielsweise in Bildung) als Haushalte ohne „Remittances“ (Adams, 2007, S. 17 f.). Wie bereits erwähnt2 ist zu beobachten, dass die Überweisungen um so geringer werden, je länger sich ein Migrant im Gastland aufhält. Gemäß Faini (2003, 2006) führen selektive Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern dazu, dass die Unterstützungszahlungen an die im Heimatland verbleibenden Familienmitglieder insgesamt abnehmen. Gemäß Adams (2007) sind Armut und der Umfang der Geldleistungen, die in ein Entwicklungsland fließen, nicht positiv korreliert. Ceteris paribus sind in Ländern mit niedrigem Bruttoinlandsprodukt die „Remittances“ nicht höher als in Ländern mit einem höheren Bruttoinlandsprodukt (Adams, 2007, S. 17). Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass Migranten nicht aus altruistischen, sondern aus anderen (zu untersuchenden) Motiven Geld an ihre Familienmitglieder senden. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass Länder mit einem sehr geringen Bruttoinlandsprodukt nur wenige Migranten aufweisen und aufgrund dessen die Geldüberweisungen geringer ausfallen (Adams, 2007, S. 17). In Hinblick auf die Effekte von Wissens-Spillovers und der Rückkehr von Migranten wird in der Literatur häufig argumentiert, dass diese sich 2

Siehe Abschnitt 3.3.2 der vorliegenden Arbeit.

5.5 Diskussion der Ergebnisse und Erweiterungen

163

positiv auf das wirtschaftliche Wachstum in Auswanderungsländern auswirken [vgl. z. B. Lucas (2004), Katseli et al. (2006)]. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde darüber hinaus davon ausgegangen, dass sich die Arbeitskräfte in ihrem Heimatland ausbilden lassen und erst nach Abschluss der Ausbildung die Möglichkeit der Wanderung besteht. Dies erscheint in Hinblick auf die Untersuchung der Wirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen adäquat, erschwert allerdings die konkrete empirische Untersuchung, da es tatsächlich viele Fälle gibt, in denen sich die Menschen erst im Einwanderungsland ausbilden lassen. Zu denken ist hier insbesondere an die Vereinigten Staaten von Amerika. Hier erfolgt die Einwanderung oftmals in Verbindung mit einem Studium in den USA. Letztlich spielt auch die Annahme, dass die Kosten der Ausbildung von den Individuen getragen werden, es also keine staatliche Finanzierung der Ausbildung gibt, eine entscheidende Rolle. Wird Humankapital (aufgrund der entstehenden positiven externen Effekte) als ein öffentliches Gut angesehen und aufgrund dessen (zumindest teilweise) vom Staat in Form öffentlicher Bildungseinrichtungen finanziert, fallen die Kosten der Ausbildung für die Gesellschaft im Auswanderungsland an und die Erträge der Ausbildung entstehen dann nach Abschluss der Wanderungen im Einwanderungsland.

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz Im vorliegenden Kapitel werden die politischen Implikationen, die aus den modelltheoretischen Untersuchungen der vorangehenden Analysen resultieren, diskutiert. Wichtig ist, dass sich diese politischen Implikationen vor dem Hintergrund der skizzierten Vereinfachungen ergeben und entsprechend nicht direkt auf die Realität übertragen werden sollten. Aufgrund dessen wird im Anschluss auf die empirische Evidenz von Wachstumswirkungen selektiver Einwanderungsbestimmungen eingegangen. Die Modelle werden dann (in Abschnitt 6.3) vor dem Hintergrund dieser empirischen Evidenz evaluiert und deren Möglichkeiten und Grenzen aufgezeigt.

6.1 Politikimplikationen der modelltheoretischen Untersuchungen Dieser Abschnitt setzt sich mit den Politikimplikationen der vorangehenden Kapitel auseinander. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Diskussion der politischen Empfehlungen, die sich aus den Kapiteln 4 und 5 herleiten lassen. Bei der Untersuchung von Arbeitskräftewanderungen in der neoklassischen Theorie wurde deutlich, dass diese in der ökonomischen Forschung lange Zeit eine geringe Rolle spielten, da die Modelle zu dem Ergebnis kommen, dass sich in der Folge eines internationalen Güterhandels die Faktorpreise angleichen und damit der Anreiz für Wanderungen verschwindet. Während Kapitalwanderungen aufgrund eines Ausbleibens dieses Faktorpreisausgleichs zunehmende Berücksichtigung fanden, blieb die internationale Migration weitgehend in ihrem traditionellen Bereich der soziologischen und politikwissenschaftlichen Forschung verankert und in der ökonomischen Forschung wenig berücksichtigt. Dies liegt insbesondere daran, dass es um Menschen geht, die wandern, und dass dabei nicht nur ökonomische, sondern soziale Aspekte eine wichtige Rolle spielen: „ ‚Internationale Migration‘ gehört zweifelsfrei zu den zentralen wirtschaftspolitischen Herausforderungen an die Jahrhundertwende. Sie ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie weiterreichende ökonomische, gesellschaftliche und politische Dimensionen berührt als Güterhandel oder Kapitalbewegungen. Beim Freihandel geht es um meist anonyme Güter. In der Regel wird gekauft und verkauft. [. . .] Bei der internationalen Migration hingegen kommen und bleiben Menschen.

6.1 Politikimplikationen der modelltheoretischen Untersuchungen

165

Damit sind neben ökonomischen Sphären ebenso unmittelbar soziale und politische Belange berührt.“ (Straubhaar, 2000, S. 7).

In den letzten Jahren hält die internationale Migration verstärkt Einzug in die Ökonomik. Die Existenz von Lohndifferenzen als Wanderungsanreiz schließt verschiedene Aspekte mit ein, wie Netzwerkeffekte, unterschiedliche Arbeitslosenquoten und Unterschiede in sozialen Sicherungssystemen oder der Wirtschafts- und Eigentumsordnung. Preußen beispielsweise gehörte historisch zu den Gewinnern aus der Migration, „insbesondere [aufgrund] einer relativ liberalen Wirtschaftsordnung, einer relativ sicheren und transparenten Rechtsordnung bei gezielter Bekämpfung von Korruption, einer garantierten Religionsfreiheit usw. von den Einwanderern aus Böhmen, Frankreich, Holland, Polen, Russland, Österreich (. . .).“ (Fuhrmann, 2006, S. 10).

Untersucht werden vorwiegend Arbeitskräftewanderungen; andere „Wanderungsarten“, wie beispielsweise der Familiennachzug, werden weiterhin vor allem in der soziologischen und politikwissenschaftlichen Forschung behandelt. Die neue Wachstumstheorie ist ein möglicher Ausgangspunkt für die Analyse internationaler Arbeitskräftewanderungen. Die Konzentration auf das Einkommenswachstum einer Volkswirtschaft ist aus verschiedenen Gründen problematisch. Erstens lassen die hier zugrunde gelegten Wachstumsmodelle Verteilungsfragen außer Acht, das heißt es wird implizit unterstellt, dass das entstehende zusätzliche Einkommen gleichmäßig auf die Wirtschaftssubjekte in dem betreffenden Land aufgeteilt wird. Von Verteilungsfragen wird in den hier untersuchten Wachstumsmodellen abstrahiert.1 Zweitens ist es nicht das Wirtschaftswachstum selbst, welches im Zentrum des Interesses steht, sondern es ist die „gesellschaftliche Wohlfahrt“ und es ist das Ziel, diese zu maximieren. Das wirtschaftliche Wachstum ist ein Konzept zur Quantifizierung dieses schwer fassbaren Begriffes der „gesellschaftlichen Wohlfahrt“, sollte aber nicht mit diesem gleichgesetzt werden. Ebenso verhält es sich mit dem Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und „Entwicklung“. Auch hier stellt das Konzept des wirtschaftlichen Wachstums nur eine Annäherung an den Begriff „Entwicklung“ dar. Trotz dieser Schwächen der Wachstumstheorie erscheint es sinnvoll, Arbeitskräftewanderungen unter Verwendung von Wachstumsmodellen zu untersuchen. Wachstum kann einerseits als Indikator für das Maß der gesellschaftlichen Wohlfahrt interpretiert werden (dieser Überlegung kann gefolgt werden, wenn man von einem positiven Zusammenhang zwischen der ökonomischen Leistungskraft einer Volkswirtschaft und der Wohlfahrt der Be1

Aufgrund der Fülle an Literatur zur Wachstums- und Verteilungstheorie sei der Leser an dieser Stelle auf das Sammelwerk von Atkinson/Bourguignon (2000) verwiesen.

166

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

völkerung ausgeht) und andererseits kann Wachstum als Voraussetzung für Entwicklung angesehen werden, „wenn Entwicklung auch wirtschaftliche Wohlstandserzielung oder Aspekte wie Erhöhung der Lebenserwartung und Verbesserung der Ausbildung mit beinhaltet (. . .) Denn durch reine Umverteilung allein kann kein dauerhafter Entwicklungsprozess (. . .) aufrechterhalten werden.“ (Wagner, 1997, S. 2 f.).

Aus dem Modell endogenen Wachstums mit Kapitalakkumulation (dem Grundmodell) im dritten Kapitel lassen sich die folgenden politischen Implikationen ableiten: • Da die Wachstumsrate des Auswanderungslandes eine Funktion des Humankapitalbestandes im Auswanderungsland ist, wird sie durch eine Erhöhung des Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte im Auswanderungsland gesteigert. Dieser Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte hängt insbesondere von der Wanderungswahrscheinlichkeit m, von den Kosten der Ausbildung und von der Einkommensdifferenz der Ausbildungstypen ab. • Eine Erhöhung der Wanderungswahrscheinlichkeit m hat zur Folge, dass im Auswanderungsland der Anreiz steigt, in die Bildung von Humankapital zu investieren. Dies ist auf die höheren Löhne im Einwanderungsland und den damit steigenden erwarteten Ertrag der Ausbildung im Auswanderungsland zurückzuführen. Der „Brain-Effekt“ führt zu einer Erhöhung des Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte und entsprechend zu einer Erhöhung der Wachstumsrate. Diesem positiven Anreizeffekt steht ein negativer Abwanderungseffekt gegenüber: durch den „Drain-Effekt“ reduziert sich die Wachstumsrate im Auswanderungsland, da in Folge der gestiegenen Wanderungswahrscheinlichkeit mehr ausgebildete Arbeitskräfte das Land verlassen. Da das Einwanderungsland die Einwanderungsbestimmungen, also die Höhe von m, festlegt, hat das Auswanderungsland hier keine Einflussmöglichkeiten. Selektive Immigrationsbestimmungen eines Einwanderungslandes wirken sich negativ auf die Wachstumsrate im Auswanderungsland aus, wenn der Auswanderungseffekt den Anreizeffekt überwiegt. Sie wirken sich positiv aus, wenn der Anreizeffekt den Auswanderungseffekt überwiegt. • Das Auswanderungsland hat dagegen die Möglichkeit, die Höhe der Kosten der Ausbildung zu bestimmen. Es wurde deutlich, dass mit steigenden (sinkenden) Kosten der Ausbildung der Anteil der Arbeitskräfte, der in das Ausbildungsprogramm investiert, zurückgeht (ansteigt). Sinkende Kosten der Ausbildung wirken sich ceteris paribus positiv auf die Wachstumsrate im Auswanderungsland aus. Sie wurden interpretiert als Kosten, die während der Arbeitszeit anfallen und von den Arbeitskräften selbst getragen werden. Staatliches Handeln wurde nicht explizit modelliert. Unterstellt man, dass der Staat durch Unterstützungsleistungen einen Teil

6.1 Politikimplikationen der modelltheoretischen Untersuchungen

167

der Ausbildungskosten trägt, so ist das Modell entsprechend zu modifizieren. Dann könnte beispielsweise der Staat versuchen, über Steuern auf das Einkommen der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte den Anreiz zu erhöhen, Humankapital zu bilden. Eine solche Politik führt im Grundmodell über steigende Humankapitalinvestitionen zu einer Erhöhung des Wirtschaftswachstums. In den Modellen endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt aus den Kapiteln 4 und 5 ergeben sich die folgenden politischen Implikationen: • Im Grundmodell begründet der angenommene Technologieunterschied zwischen den Volkswirtschaften den Wanderungsanreiz. In den Kapiteln 4 und 5 wurde untersucht, inwieweit sich die Ergebnisse des Grundmodells verändern, wenn die Entwicklung der Technologie modelliert wird. Im ersten Schritt wurde das Innovationsmodell von Romer um einen technischen Fortschritt aufgrund von Imitationen erweitert. Der grundlegende Gedanke war dabei, dass Volkswirtschaften mit einem anfänglichen (unerklärten) Technologierückstand technischen Forschritt durch eigenen technischen Fortschritt (Innovationen) und durch „imitierten“ technischen Forschritt (Imitationen) realisieren können. Es wurde gezeigt, dass die Möglichkeit, Imitationen durchzuführen, von zwei Größen abhängt: der Technologiediffusion und der Technologieadaption. Während letztere von der Humankapitalausstattung in der imitierenden Volkswirtschaft abhängt, weist erstere auf die Bedeutung eines internationalen Güterhandels hin. Technologien sind nach dieser Überlegung in den gehandelten Gütern enthalten und „diffundieren“ mit den importierten Produkten. Der internationale Handel ermöglicht Imitationen und damit einen „Aufholprozess“ der Volkswirtschaften mit Technologierückstand. • Im Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung zeigte sich, dass die Wachstumseffekte einer Auswanderung von Arbeitskräften mit einem hohen Ausbildungsniveau vom relativen Technologieniveau des Auswanderungslandes abhängen. Ist dieses niedrig, ist der Wachstumseffekt selektiver Immigrationsbestimmungen negativ, da nicht nur der Abwanderungseffekt, sondern auch der Anreizeffekt negativ wirkt. Der Anreiz zur Umschichtung infolge steigender erwarteter Erträge hoher Ausbildung führt zu einem negativen Wachstumseffekt, da sich das Auswanderungsland in einer Situation befindet, in der Imitationen und damit Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau wichtiger sind als Innovationen und damit Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau. Ist das relative Technologieniveau im Auswanderungsland dagegen hoch, weisen die entstehenden Wachstumswirkungen die gleichen Vorzeichen auf wie im Grundmodell. Der Abwanderungseffekt ist wiederum negativ, da dem Auswanderungsland

168

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

durch Emigration Humankapital verloren geht. Der Anreizeffekt ist jetzt positiv, da die Umschichtung von „mittlerem“ zu „hohem“ Humankapital einen positiven Wachstumseffekt begründet. Der Gesamteffekt ist hier entsprechend dem Grundmodell vorab nicht bestimmbar. Die politische Implikation, die sich hieraus ergibt, kann wie folgt skizziert werden: selektive Immigrationsbestimmungen eines Einwanderungslandes sind für ein Auswanderungsland, welches eine große Technologielücke zum Einwanderungsland aufweist, in jedem Fall negativ. Je ähnlicher sich die Technologien in Ein- und Auswanderungsland sind, umso weniger eindeutig sind die für das Auswanderungsland entstehenden Wachstumseffekte. Überwiegt der Anreizeffekt (der Auswanderungseffekt), sind die entstehenden Wachstumswirkungen positiv (negativ). Die Problematik, aus diesen modelltheoretischen Ergebnissen politische Empfehlungen abzuleiten, ergibt sich insbesondere aus der Tatsache, dass im Rahmen der theoretischen Analyse das Ziel die Maximierung des wirtschaftlichen Wachstums im Auswanderungsland war. Es ist aber das Einwanderungsland, welches die Immigrationsbestimmungen festlegt, mit dem Ziel, die eigene Wohlfahrt zu maximieren. Aus der Perspektive des Auswanderungslandes kam die vorliegende Arbeit zu dem Ergebnis, dass die Abwanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte vor allem für Volkswirtschaften negativ ist, deren Technologieniveau gering ist, die also auf einem so verstandenen Entwicklungspfad noch relativ weit vom Technologieniveau des Einwanderungslandes entfernt sind. Auf die Problematik, dass das Technologieniveau des Einwanderungslandes den Anker beziehungsweise die Referenz/den Benchmark des Technologieniveaus darstellt, sei hier nochmals hingewiesen (siehe aber vor allem Abschnitt 5.5). Es stellt sich also die Frage, welche Zielfunktion den jeweiligen Entscheidungen zugrunde liegt. Maximiert das Einwanderungsland die eigene Wohlfahrt, ist es für diese Volkswirtschaft uninteressant, welche Effekte sich für das Auswanderungsland ergeben. In den letzten Jahren wird in der Literatur zunehmend auf mögliche Gewinne durch internationale Migration für die Welt als Ganzes hingewiesen. Die zu maximierende Größe ist in diesem Fall die Weltwohlfahrt. Die möglichen Gewinne aus internationaler Migration werden als ungleich größer eingeschätzt als die entstehenden Gewinne infolge weiterer Handelsliberalisierungen: „Trade continues to dominate the international agenda, though migration is also becoming a focus of interest for good reason. Recent simulations indicate that small increments to global migration could have far more profound effects in enhancing world production than would complete removal of all policy barriers to trade.“ (Lucas, 2004a, S. 2).

So schätzt beispielsweise Iregui (2005), dass eine vollständige Liberalisierung von Arbeitskräftewanderungen das Welteinkommen um 13% bis

6.1 Politikimplikationen der modelltheoretischen Untersuchungen

169

67% erhöhen würde. Unbeschränkte Wanderungen ausgebildeter Arbeitskräfte würden gemäß den Schätzungen von Iregui (2005) das Welteinkommen um 3% bis 11% erhöhen. Bei dem dieser Analyse zugrunde liegenden Modell handelt es sich um ein statisches allgemeines Gleichgewichtsmodell, welches acht Regionen unterscheidet. Jede Region produziert mit einer CES-Produktionsfunktion mit den Inputfaktoren ausgebildete Arbeitskräfte, nicht ausgebildete Arbeitskräfte und Kapital ein Gut. Die Güter sind zwischen den Regionen heterogen. In jeder Region kann das dort produzierte Gut von einem repräsentativen Wirtschaftssubjekt konsumiert oder in die anderen sieben Regionen exportiert werden. Die Güternachfrage in einer Region setzt sich zusammen aus der Nachfrage nach dem im Inland produzierten Gut und der Nachfrage nach den in den anderen Regionen produzierten Gütern. Der Faktor Kapital wird als immobil unterstellt; die Faktoren ausgebildete und nicht ausgebildete Arbeitskräfte sind vollkommen mobil.2 Da von Unterschieden in der Qualität des Humankapitals zwischen Regionen abstrahiert wird, finden die Wanderungen solange statt, bis die Löhne zwischen den Regionen ausgeglichen sind. Iregui (2005) verwendet für die empirische Analyse Daten aus dem Jahr 1990. Die acht Regionen sind: die EU-12-Länder, die USA, Japan, „andere europäische Länder“, „andere Industrieländer“, Länder Mittel- und Südamerikas, afrikanische Länder und asiatische Länder.3 Für jede Region wird anschließend auf Grundlage verschiedener Daten der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization: ILO) ermittelt, wie hoch die jeweiligen Anteile der ausgebildeten und der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte in der Region sind.4 Für die Anteile der ausgebildeten Menschen ergeben sich für die Regionen die folgenden Werte (die Anteile der nicht ausgebildeten Menschen ergeben sich aus der Differenz aus 100% und dem Anteil der ausgebildeten Menschen): EU-12-Länder: 20,6%, USA: 30,2%, Japan: 17,4%, „andere europäische Länder“: 13,5%, „andere Industrieländer“: 25,5%, Länder Mittel- und Südamerikas: 15,7%, afrikanische Länder: 14,3% und asiatische Länder: 9,1%. 2 Die Annahme des immobilen Sachkapitals erscheint zwar „unrealistisch“, sie ist aber für die Modellstruktur von zentraler Bedeutung. Es wird ein immobiler Produktionsfaktor benötigt, da ohne diese Annahme das Konzept der verschiedenen Regionen unklar wird. Werden alle Produktionsfaktoren als vollkommen mobil unterstellt, können keine Regionen unterschieden werden (vgl. Iregui, 2005, S. 5). Grundsätzlich kann alternativ zu der Annahme des immobilen Sachkapitals auch von immobilen ausgebildeten oder von immobilen nicht ausgebildeten Arbeitskräften ausgegangen werden. Dies ist allerdings in Hinblick auf die hier gestellte Frage wenig zielführend. 3 Siehe für die Länderzuordnung Anhang 10. 4 Die verwendeten Daten und Hinweise zur Methodik werden von Iregui (2005) auf Anfrage bereitgestellt.

170

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

Weiterhin werden Daten zu den Löhnen benötigt, um Durchschnittslöhne in den Regionen zu erhalten. Da keine allgemeine Definition des Durchschnittslohnes existiert, werden sechs unterschiedliche Maßzahlen verwendet: a) der Quotient aus Lohnsumme und Bevölkerung, b) der Quotient aus Lohnsumme und Erwerbsbevölkerung, c) der Quotient aus Pro-Kopf-Einkommen und Bevölkerung, d) der Quotient aus Pro-Kopf-Einkommen und Erwerbsbevölkerung, e) der Quotient aus dem Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkraftstärken und Bevölkerung f) und der Quotient aus dem Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkraftstärken und der Erwerbsbevölkerung. In Verbindung mit Daten für die Substitutionselastizitäten schätzt Iregui (2005) den Umfang der Wanderungen bei Abwesenheit von Mobilitätsrestriktionen (bei Erreichen eines Ausgleichs der Durchschnittslöhne über alle Regionen) und die damit verbundenen Einkommenseffekte. Es werden Daten für die folgenden Substitutionselastizitäten (SE) benötigt: – SE zwischen ausgebildeten und nicht ausgebildeten Arbeitskräften, – SE zwischen Sachkapital und dem aggregierten Arbeitseinsatz, – SE zwischen heimischen und importierten Gütern, – SE zwischen importierten Gütern aus den jeweils anderen sieben Regionen. Die folgende Tabelle 1 zeigt die Erhöhung des Welteinkommens (gemessen als die Summe der Bruttoinlandsprodukte der betrachteten Länder in US-$ im Jahr 1990) infolge der Wanderungen für unterschiedliche Szenarien. Die erste Spalte gibt an, welche Maßzahl jeweils für den Durchschnittslohn zugrunde gelegt wurde. In der zweiten Spalte sind die Einkommensgewinne aus Wanderungen in Prozent des Welteinkommens für den Fall eines homogenen Faktors Arbeit angegeben. Hier werden die Arbeitskräfte also nicht nach ausgebildeten und nicht ausgebildeten Arbeitskräften unterschieden. Durch eine vollständige Liberalisierung der Arbeitsmärkte gleichen sich die Durchschnittslöhne in den Regionen an, die Güterproduktion und damit das Welteinkommen steigt. Die gesamte Produktion erhöht sich gegenüber dem Referenzwert der Summe der Bruttoinlandsprodukte in US-$ im Jahr 1990 um 15% bis 67%. Die Variation entsteht, da je nach Definition des Durchschnittslohnes das Ausmaß der Wanderungen unterschiedlich ist. Finden beispielsweise Wanderungen solange statt, bis der Quotient aus Lohnsumme und Bevölkerung in

6.1 Politikimplikationen der modelltheoretischen Untersuchungen

171

Tabelle 1 Gewinne aus Wanderungen in Prozent des Welteinkommens bei verschiedenen Maßzahlen für den Durchschnittslohn und unterschiedlichen Szenarien5 Homogener Faktor Arbeit

Heterogener Faktor Arbeit Ausgebildete und nicht ausgebildete AK wandern

Nur ausgebildete AK wandern

Lohnsumme/Bevölkerung

67

59

11

Lohnsumme/Erwerbsbevölkerung

54

48

9

Pro-Kopf-Einkommen/ Bevölkerung

45

41

8

Pro-Kopf-Einkommen/ Erwerbsbevölkerung

36

32

7

Pro-Kopf-Einkommen (gemessen in Kaufkraftstärken)/ Bevölkerung

19

17

4

Pro-Kopf-Einkommen (gemessen in Kaufkraftstärken)/Erwerbsbevölkerung

15

13

3

allen Regionen gleich groß ist, steigt das Welteinkommen um 67%. Wird hingegen der Quotient aus Lohnsumme und Erwerbsbevölkerung zugrunde gelegt, ist der Umfang der Wanderungen, der zu einem Ausgleich der Durchschnittslöhne führt, geringer. Der Anstieg der Produktion ist mit 54% ebenfalls geringer. Dient der Quotient aus dem Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkraftstärken und der Erwerbsbevölkerung als Maßzahl für den Durchschnittslohn, ist der Einkommensgewinn mit 15% im Vergleich zu den anderen Szenarien relativ gering. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Unterschiede in den Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkraftstärken zwischen den Regionen kleiner sind als die Unterschiede in den Pro-Kopf-Einkommen zwischen den Regionen. Damit kommt es bereits bei einem geringeren Umfang der Wanderungen – also geringeren statischen Einkommenseffekten – zu einem Ausgleich der „realen Durchschnittslöhne“ (siehe Tabelle 1, Spalte 2). 5

Quelle: Iregui (2005, S. 12 f.).

172

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

Geringer sind die statischen Einkommensgewinne, wenn ein heterogener Faktor Arbeit untersucht wird und nach ausgebildeten und nicht ausgebildeten Arbeitskräften unterschieden wird (siehe Tabelle 1, Spalten 3 und 4). In diesem Fall wird sowohl für die ausgebildeten als auch für die nicht ausgebildeten Arbeitskräfte ein Durchschnittslohn ermittelt. Die Wanderungen finden solange statt, bis diese jeweils über die Regionen ausgeglichen sind. Wandern sowohl die ausgebildeten als auch die nicht ausgebildeten Arbeitskräfte, liegen die Gewinne zwischen 13% und 59% (Tabelle 1, Spalte 3). Dürfen nur die ausgebildeten Arbeitskräfte wandern, betragen die Gewinne 3% bis 11% des Welteinkommens (Tabelle 1, Spalte 4). Die Gewinne entstehen für „die Welt als Ganzes“, diese Größe ist aber für politische Entscheidungsträger nicht relevant. Das Problem besteht darin, dass die Gewinne aus der internationalen Migration insbesondere für die Migranten selbst anfallen und in den jeweiligen Einwanderungsländern Verluste aus der Einwanderung erwartet werden. Insofern gehen politische Bestrebungen nicht in Richtung einer generellen Liberalisierung internationaler Migration. Im Gegenteil lässt sich beobachten, dass die internationale Migration zunehmend als eine Möglichkeit einer strategischen Politik angesehen wird. Eine wachsende Zahl an Beiträgen spricht sich für eine „strategische Migrationspolitik“ aus (vgl. Zimmermann, 2004; Straubhaar, 2006). Damit kommt es zwar zu einer Liberalisierung, allerdings nur in dem Bereich hoch qualifizierter Arbeitskräfte: „Dabei fällt die ökonomische Diagnose angesichts beginnenden Fachkräftemangels und demographischen Wandels eindeutig aus: Je länger wir darauf verzichten, durch ein System von Quoten und Auswahlkriterien in gezielter Dosierung ausländische Fachkräfte ins Land zu holen, um so gravierender die Folgen für diejenigen Unternehmen, die freie Arbeitsplätze nicht besetzen können. Umso spürbarer sind auch die Konsequenzen für die heute Arbeitslosen [. . .]. Je später wir das Instrumentarium einer bedarfsgerecht gesteuerten Zuwanderung erproben, umso schwerer dürfte es uns auch fallen, den nach dem Jahr 2010 verstärkt einsetzenden Arbeitskräfterückgang aufzufangen. Dies umso mehr, als Deutschland mit diesem Problem keineswegs alleine steht und sich der internationale Wettbewerb um das knappe Gut Humankapital verschärfen wird.“ (Zimmermann, 2003, S. 1).

Die theoretische Analyse der vorangehenden Kapitel hat gezeigt, dass die mit dieser „strategischen Sicht“ verbundenen Politiken vor allem für diejenigen Volkswirtschaften von Nachteil sind, die über ein geringes Technologieniveau verfügen. Kohler (2007) schlägt als Alternative zu internationaler Migration Standortverlagerungen vor. Durch „offshoring“ sei es eher möglich, dass sowohl das Geberland (Hochlohnland) als auch das Empfängerland (Niedriglohnland) aus der Integration Gewinne erzielen, das heißt die Effizienzgewinne werden zwischen den Ländern aufgeteilt:

6.1 Politikimplikationen der modelltheoretischen Untersuchungen

173

„. . . offshoring might be a useful element in a general strategy to achieve efficiency gains from reallocation of labor through forms of globalization that are politically feasible.“ (Kohler, 2007, S. 36).

Der zentrale Unterschied zwischen Standortverlagerungen und Migration besteht darin, dass bei ersteren die (in der Regel hoch qualifizierten) Arbeitskräfte aus dem Geberland im Empfängerland zu den Konditionen des Geberlandes arbeiten, während bei zweiteren die Migranten in den Arbeitsmarkt des Geberlandes eintreten und die höheren Löhne erhalten. Bei Standortverlagerungen sind die Gewinner aus der Integration in erster Linie die Unternehmen im Geberland, bei der internationalen Migration sind es die Migranten selbst (Kohler, 2007, S. 34).6 Benhabib und Jovanovic (2007) untersuchen den Umfang einer „optimalen Migration“ für die Weltwohlfahrt bei Zugrundelegung unterschiedlicher Wohlfahrtsfunktionen. Wird von einer egalitären Wohlfahrtsfunktion ausgegangen, das heißt werden die Wohlfahrt der Bürger in den Einwanderungsländern und die der Bürger in den Auswanderungsländern gleich gewichtet, würden Wanderungen gering qualifizierter Arbeitskräfte die Weltwohlfahrt maximieren. Die optimale Anzahl der gering qualifizierten Arbeitskräfte, die aus den Auswanderungsländern in die Einwanderungsländer wandern würden, schätzen die Autoren auf 3,2 Mrd. Menschen. Wird dagegen von einer Wohlfahrtsfunktion ausgegangen, die die Wohlfahrt der Bürger in den Einwanderungsländern stärker gewichtet als die Wohlfahrt der Menschen in den Auswanderungsländern, beträgt die optimale Wanderung gering qualifizierter Arbeitskräfte Null und es wandern nur hoch qualifizierte Arbeitskräfte. In der jüngsten Zeit finden sich in der Wissenschaft einige Beiträge, die ein Umdenken in der Migrationspolitik fordern. So argumentieren auch Benhabib und Jovanovic (2007), dass im Zuge einer auf internationaler Ebene geforderten Stärkung demokratischer Grundprinzipien ebendiese auch in Hinblick auf internationale Wanderungen ausgedehnt werden müssen. In diesem Zusammenhang sind auch Überlegungen zu der Notwendigkeit der Schaffung einer Internationalen Organisation für Migration (vergleichbar der Welthandelsorganisation für den Bereich des internationalen Güterhandels) zu nennen.7 Im Grundmodell aus Kapitel 3 bildete die Situation der Abwesenheit internationaler Arbeitskräftewanderungen den Referenzrahmen und nicht diejenige Migrationspolitik, die zu einer Maximierung der Weltwohlfahrt führt. 6 Kohlers (2007) Analyse der statischen Effizienzgewinne berücksichtigt nicht mögliche dynamische Effekte wie beispielsweise unterschiedliche Auswirkungen von Standortverlagerungen und internationaler Migration auf Strukturwandel und Wirtschaftswachstum. 7 Siehe z. B. Hatton (2006).

174

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

Verglichen wurde die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens im Auswanderungsland bei der Existenz selektiver Immigrationsbestimmungen des Einwanderungslandes mit der Wachstumsrate, die sich ohne Wanderungen einstellen würde. Dieser Vorstellung wurde auch im weiteren Verlauf der Arbeit gefolgt. Dies ist im Rahmen der Diskussion der sich aus den theoretischen Überlegungen ergebenden politischen Implikationen zu berücksichtigen. Gemessen am Referenzrahmen einer optimalen Migrationspolitik, die als zu maximierende Größe die Weltwohlfahrt setzt, sind selektive Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für die Welt als Ganzes eindeutig negativ und damit abzulehnen. Im folgenden Abschnitt wird die empirische Evidenz von Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für Auswanderungsländer untersucht. Dabei werden zunächst die Ausgestaltung der Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern und die aktuellen Wanderungsmuster skizziert. Im Anschluss daran wird der Versuch unternommen, die entstehenden Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen anhand empirischer Arbeiten aus der Literatur zu schätzen. Darüber hinaus wird die Frage untersucht, welche Bedeutung der Technologielücke in diesem Zusammenhang zukommt. Im daran anschließenden Abschnitt 6.3 werden dann die Ergebnisse des theoretischen Teils mit den Ergebnissen der empirischen Analyse verglichen. Dabei werden auch die modelltheoretischen Implikationen der empirischen Analyse diskutiert.

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer für Auswanderungsländer In diesem Abschnitt werden die Wachstumswirkungen selektiver Einwanderungsbestimmungen für Auswanderungsländer untersucht. In einem ersten Schritt werden die Wanderungsströme und die Immigrationspolitiken der weltweit wichtigsten Einwanderungsländer skizziert. Dabei wird deutlich, dass diese Immigrationspolitiken in zunehmendem Maße die Einwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte erleichtern und fördern, während gleichzeitig versucht wird, die Einwanderung gering qualifizierter Arbeitskräfte zu erschweren und zu reduzieren; eine Beobachtung, die die oben angenommenen selektiven Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer bestätigt. In einem zweiten Schritt werden empirische Untersuchungen vorgestellt, die die mit diesen selektiven Immigrationsbestimmungen einhergehenden Wachstumseffekte für die Auswanderungsländer messen. Diese empirischen Untersuchungen folgen den theoretischen Vorstellungen des Grundmodells. In einem dritten Schritt wird das Modell endogenen Wachs-

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

175

tums mit technischem Fortschritt und endogener Humankapitalbildung (Kapitel 4 und 5) herangezogen und die Möglichkeit diskutiert, die Voraussagen der Theorie empirisch zu überprüfen. 6.2.1 Ausgestaltungen der Immigrationsbestimmungen und Wanderungsströme Die „International Organization for Migration“ (IOM) schätzt die Zahl der Migranten in der Welt auf 191 Millionen im Jahr 2005. Dies entspricht ca. 3% der Weltbevölkerung (IOM, 2007: www.iom.int). Im Jahr 1960 waren es im Vergleich dazu nur 75 Millionen Menschen (UN, 2003). Zu den Volkswirtschaften, in die am meisten eingewandert wird, gehören Australien, Kanada, Neuseeland und die Vereinigten Staaten von Amerika. In diesen Ländern stieg die Zahl der Migranten zwischen 1960 und 2000 von 14,5 Mio. auf 46,4 Mio. Menschen. Davon lebten im Jahr 2000 35 Mio. Migranten in den USA, 5,8 Mio. in Kanada, 4,7 Mio. in Australien und 850.000 in Neuseeland (UN, 2004, S. 38). Im Jahr 2005 lebten in den USA 38,3 Mio. Migranten (dies entspricht 12,9% der US-amerikanischen Bevölkerung), in Kanada 6,1 Mio. Migranten (dies entspricht einem Anteil von 18,9% an der kanadischen Bevölkerung), in Australien 4,1 Mio. Migranten (20,3% der australischen Bevölkerung) und in Neuseeland 642.000 Migranten (15,9% der neuseeländischen Bevölkerung). In Europa leben heute 64 Mio. Migranten (8,8%) (UN, 2006).8 Zu einer ausgeprägten Einwanderung in europäische Länder kam es nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund eines mit dem Wiederaufbau einhergehenden wirtschaftlichen Aufschwungs und im Zuge dessen steigenden Arbeitskräftebedarfes. Westeuropäische Regierungen warben aktiv ausländische Arbeitskräfte an. In den 1950er und 1960er Jahren waren diese Arbeitskräfte zu einem großen Teil so genannte „Gastarbeiter“ aus anderen europäischen Staaten, vor allem aus Griechenland, Italien, Portugal und Spanien. In den späten 1960er Jahren kamen Arbeitskräfte aus Marokko, der Türkei und dem ehemaligen Staat Jugoslawien hinzu. Nachdem es in den 1970er Jahren zu einem durch die Ölkrise ausgelösten deutlichen Rückgang der Wanderungen kam, stiegen diese in den 1980er Jahren mit der zunehmenden europäischen Integration erneut an, allerdings mit einem veränderten Muster. Die ehemaligen „Gastarbeiterländer“ und jungen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft Italien und Spanien und in einem geringeren Umfang auch Griechenland und Portugal 8

Die Definition „Migrant“ bezieht sich nach der UN nicht auf die Staatsangehörigkeit einer Person, sondern auf den Ort, an dem die betreffende Person geboren ist. Diese Definition erhöht die internationale Vergleichbarkeit der Daten, da unterschiedliche Einbürgerungspolitiken der Länder hier keinen Einfluss auf die Ausländeranteile an der Bevölkerung haben. Vgl. OECD (2005, S. 42).

176

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

wurden selbst zu den Zielländern der Migranten, die nun zunehmend aus Entwicklungsländern stammten. Innerhalb des geographischen Europas sind Italien und Spanien heute wichtige Einwanderungsländer für Marokko, Rumänien und die Ukraine. Die Auswanderung aus Bulgarien erfolgt vor allem in die Türkei (OECD, 2006, S. 32). Die Wanderungen aus Beschäftigungsgründen nehmen in den OECDLändern einen relativ hohen Stellenwert ein. Nach Portugal, Dänemark und in die Schweiz wanderten mehr als 40% der Immigranten im Jahr 2004 aus Beschäftigungsgründen ein (in Portugal waren es etwa 60%). Geringer ist der Anteil der Menschen, die aus Beschäftigungsgründen einwandern, in Australien, Finnland und Großbritannien (er liegt hier um die 30%). In Deutschland beträgt der Anteil der Zuwanderer, die aus Beschäftigungsgründen nach Deutschland kommen, ca. 20%. In den Vereinigten Staaten von Amerika spielt die Einwanderung aus familiären Gründen traditionell eine große Rolle (über 60% der Einwanderung ist hierauf zurückzuführen) (OECD, 2006, S. 35). Die Wanderungsströme sind jeweils vor dem Hintergrund der Einwanderungsbestimmungen der Länder zu betrachten. Dies bedeutet, dass sich Veränderungen in der Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung in einem Land zumindest teilweise auf die Immigrationsbestimmungen der betreffenden Volkswirtschaft zurückführen lassen. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Beschäftigtenquote der ausländischen Bevölkerung höher als die der gesamten Bevölkerung. In den meisten OECD-Ländern gilt der umgekehrte Zusammenhang, das heißt die Arbeitslosigkeit der ausländischen Bevölkerung ist höher als die der Gesamtbevölkerung. Im Jahr 2003 betrug der Anteil der nicht in den Vereinigten Staaten geborenen Bevölkerung an der Gesamtbeschäftigung 14,8%, der Anteil der nicht in den Vereinigten Staaten geborenen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung betrug hingegen nur 12,3%. In Australien, Kanada und Neuseeland ist die Beschäftigtenquote der im Ausland geborenen Bevölkerung ebenfalls höher als die Beschäftigtenquote der Gesamtbevölkerung (OECD, 2005, S. 41 und S. 59 f.). In der folgenden Abbildung 25 wird der Anteil der ausländischen Arbeitslosen an der Gesamtzahl der Arbeitslosen in Relation gesetzt zum Anteil der ausländischen Bevölkerung an der erwerbsfähigen Bevölkerung für ausgewählte europäische Länder für den Durchschnitt über die Jahre 2002 und 2003. Der Wert eins ergibt sich für den Fall, dass die Arbeitslosenquote der Ausländer der Arbeitslosenquote der gesamten erwerbsfähigen Bevölkerung entspricht. Die Abbildung zeigt, dass dies nur für Ungarn annähernd der Fall ist, für alle anderen betrachteten Volkswirtschaften ergibt sich ein Wert von größer als eins. Dies bedeutet, dass die Arbeitslosenquote der Ausländer die Arbeitslosenquote der gesamten Erwerbsbevölkerung übersteigt.

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

177

3

2

1

0 HU

ES

GB

PL

DE

FI

NO

FR

SE

BE

NL

(Ausl.AL/AL)/Ausl./Erw.Bev.

Abbildung 25: Anteil ausländischer Arbeitsloser an der gesamten Arbeitslosigkeit in Relation zum Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung [(Ausl.AL/AL)/(Ausl./Erw.Bev.)] für die Jahre 2002–20039

Das Ausmaß der Partizipation der ausländischen Bevölkerung an den Arbeitsmärkten kann Ausdruck der Einwanderungsbestimmungen der Länder sein, kann aber auch von der Integration der ausländischen Arbeitskräfte in den inländischen Arbeitsmarkt abhängen, die in den traditionellen Einwanderungsländern erfolgreicher verläuft als in anderen Volkswirtschaften. Ein Vergleich der Beschäftigtenquote der ausländischen mit der der inländischen Bevölkerung gibt noch keine Auskunft über die Qualifikation der Migranten. Diese ist in den verschiedenen Einwanderungsländern sehr unterschiedlich. Üblicherweise wird hinsichtlich der Qualifikation in primäre (Null bis acht abgeschlossene Schuljahre), sekundäre (neun bis zwölf Schuljahre) und tertiäre Bildung (mehr als dreizehn Bildungsjahre) unterschieden. Menschen mit tertiärer Bildung sind hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Im Jahr 2000 waren gemäß Angaben der OECD 6% aller in den OECD-Ländern ansässigen Personen mit tertiärer Bildung Migranten aus Nicht-OECDLändern und 4% aus OECD-Ländern (OCED, 2006, S. 47 f.). Dies bedeutet, dass die Wanderungen hoch qualifizierter Arbeitskräfte aus NichtOECD-Ländern die Wanderungen hoch qualifizierter Arbeitskräfte aus OECD-Ländern übersteigen. Werden Wanderungen innerhalb der OECDLänder untersucht, ist für den Großteil der Länder die Differenz zwischen Zuwanderung aus anderen OECD-Ländern und Auswanderung in andere OECD-Länder der Personen mit tertiärer Bildung negativ. Für die Wanderungen innerhalb der OECD-Länder ergab sich für das Jahr 2000, dass 9

Darstellung nach OECD (2005, S. 63). Siehe für die Jahre 2003–2004 auch OECD (2006, S. 60). Qualitativ haben sich hier gegenüber den Jahren 2002–2003 keine Veränderungen ergeben.

178

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

z. B. aus Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Österreich, Polen und Portugal mehr hoch qualifizierte Personen in andere OECD-Länder auswanderten als aus anderen OECD-Ländern einwanderten. Im Durchschnitt über alle OECD-Länder entstand eine Nettomigration von –1,9% der hoch qualifizierten Personen. Eine positive Nettomigration der hoch Qualifizierten ergibt sich nur für Australien, Kanada, Luxemburg, Norwegen, Schweden, die Schweiz, Spanien und die Vereinigten Staaten von Amerika. Werden Wanderungen aus Nicht-OECD-Ländern in die Betrachtung einbezogen, ergibt sich für die OECD-Länder eine durchschnittliche positive Nettowanderung von 6%. In einigen OECD-Ländern ist der Anteil der hoch qualifizierten Zuwanderer (aus OECD-Ländern und aus Nicht-OECD-Ländern) an der Gesamtzahl der hoch qualifizierten Bevölkerung dieser Länder sehr hoch: für Australien betrug er für das Jahr 2000 etwa 26,5%, für Kanada 20,4%, für Luxemburg 33,5%, für die Schweiz 16,4% und für die Vereinigten Staaten 12,7%. Für Deutschland ergab sich auch insgesamt eine negative Nettowanderung von –3,9%. Es wandern also auch insgesamt (bei Betrachtung von OECD-Ländern und Nicht-OECD-Ländern) mehr hoch Qualifizierte aus Deutschland aus als nach Deutschland ein (OECD, 2006, S. 47 f.). Gemäß Docquier und Marfouk (2006) machten im Jahr 2000 Personen mit tertiärer Bildung einen Anteil von 34,6% an den gesamten Einwanderungen in OECD-Länder aus. Insgesamt verfügen aber nur 11,3% der Weltbevölkerung über eine tertiäre Bildung. Dies bedeutet, dass die Mobilität hoch qualifizierter Arbeitskräfte die Mobilität der geringer Qualifizierten deutlich übersteigt. Zwischen 1990 und 2000 stieg die relative Bedeutung von Wanderungen hoch qualifizierter Arbeitskräfte deutlich an (der Anteil der Personen mit tertiärer Bildung an den gesamten Wanderungen stieg von 29,8% im Jahr 1990 auf 34,6% im Jahr 2000), während die relative Bedeutung von Wanderungen gering qualifizierter Arbeitskräfte zurückging (der Anteil der Personen mit primärer Bildung an den gesamten Wanderungen sank von 44,9% im Jahr 1990 auf 36,4% im Jahr 2000). Der Anteil der Migranten mit sekundärer Bildung betrug entsprechend 25,3% im Jahr 1990 und 29,0% im Jahr 2000 (Docquier/Marfouk, 2006, S. 167 f.). Werden die weltweite Bevölkerungsentwicklung und Veränderungen in den erreichten Bildungsstufen berücksichtigt, stieg die durchschnittliche Auswanderungsrate der hoch qualifizierten Arbeitskräfte von 5,0% im Jahr 1990 auf 5,4% im Jahr 2000, die der Arbeitskräfte mit sekundärer Bildung von 1,4% im Jahr 1990 auf 1,8% im Jahr 2000. Die durchschnittliche Auswanderungsrate der gering Qualifizierten sank geringfügig von 1,2% auf

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

179

1,1%. Werden nur Nicht-OECD-Länder betrachtet, ergibt sich eine höhere durchschnittliche Auswanderungsrate der hoch qualifizierten Arbeitskräfte von 7,2% für das Jahr 2000. Zwischen 1990 und 2000 stieg in allen OECD-Ländern die Einwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte aus Nicht-OECD-Ländern deutlich an (Docquier/Marfouk, 2006, S. 168 f.). Die Hälfte der Migranten mit tertiärer Bildung lebt in den Vereinigten Staaten von Amerika. Werden Australien und Kanada (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) hinzugezogen, leben 70% (85%) der Migranten mit tertiärer Bildung in diesen drei (sechs) Einwanderungsländern. Die Tabelle 2 zeigt die Bedeutung der internationalen Migration für ausgewählte Regionen im Jahr 2000. Es werden die Anteile an der gesamten Einwanderung, die Auswanderungsraten und die Anteile der hoch qualifizierten Arbeitskräfte dargestellt. Die Auswanderungsrate der Menschen mit tertiärer Bildung ist in der Karibik mit 42,8% besonders hoch. Afrika ist von Auswanderungen ebenfalls stark betroffen. Aus afrikanischen Ländern wandern 10,4% aller hoch Qualifizierten aus. 16,9% aller hoch qualifizierten Arbeitskräfte aus Mittelamerika verlassen ihr Heimatland. Für Nordund Südeuropa sind die Auswanderungsraten mit 13,7% und 10,7% ebenfalls relativ hoch. Gering sind dagegen die Auswanderungsraten in Nordamerika (0,8% gesamt und 0,9% der hoch Qualifizierten), in Südamerika (1,6% gesamt und 5,1% der hoch Qualifizierten), Osteuropa (2,2% gesamt und 4,3% der hoch Qualifizierten), Westeuropa (3,3% gesamt und 5,4% der hoch Qualifizierten), Asien (0,8% gesamt und 5,5% der hoch Qualifizierten), Australien und Neuseeland (3,7% gesamt und 5,4% der hoch Qualifizierten). Für die EU-15-Länder beträgt die Auswanderungsrate 4,8% insgesamt und 8,1% der hoch Qualifizierten. Die letzten beiden Spalten geben Auskunft über die Mobilität der Personen mit tertiärer Bildung. Der Anteil der hoch qualifizierten Arbeitskräfte an den Migranten übersteigt in allen Fällen den Anteil der hoch qualifizierten Arbeitskräfte an der Gesamtbevölkerung.10 10 Siehe für die Abgrenzung der Ländergruppen Docquier/Marfouk (2006, S. 188 f.). Zu Nordeuropa gehören gemäß dieser Aufteilung die folgenden Länder: Dänemark, Estland, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen und Schweden. Zu Osteuropa gehören: Belarus, Bulgarien, Moldova, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei, Tschechien, Ukraine und Ungarn. Zu Südeuropa zählen: Albanien, Andorra, Bosnien und Herzegowina, Griechenland, Italien, Kroatien, Malta, Mazedonien, Portugal, San Marino, Serbien und Montenegro, Slowenien und Spanien. Westeuropa umfasst die folgenden Länder: Belgien, Deutschland, Frankreich, Liechtenstein, Luxemburg, Monaco, Niederlande, Österreich und die Schweiz.

5,1%

13,7%

4,7%

7,9%

7,9%

12,4%

7,5%

23,0%

7,6%

3,8%

25,5%

1,0%

4,2%

Karibik

Mittelamerika

Südamerika

Osteuropa

Nordeuropa

Südeuropa

Westeuropa

Europäische Union (EU-15)

Afrika

Afrika südlich der Sahara

Asien

Australien und Neuseeland

Am wenigsten entwickelte Länder (nach UN)

Quelle: Docquier/Marfouk (2006, S. 170 f.).

2,8%

Nordamerika

Gesamt

4,2%

1,4%

34,5%

4,7%

6,8%

21,6%

8,6%

6,5%

9,9%

7,8%

5,6%

6,6%

5,7%

4,6%

Hoch Qualifizierte

Anteil an gesamter OECD-Immigration

1,0%

3,7%

0,8%

0,9%

1,5%

4,8%

3,3%

6,6%

6,8%

2,2%

1,6%

11,9%

15,3%

0,8%

Gesamt

13,2%

5,4%

5,5%

12,9%

10,4%

8,1%

5,4%

10,7%

13,7%

4,3%

5,1%

16,9%

42,8%

0,9%

Hoch Qualifizierte

Auswanderungsrate

2,3%

32,7%

6,3%

2,8%

4,0%

18,6%

23,4%

10,8%

19,9%

17,4%

12,3%

11,1%

9,3%

51,3%

An der Bevölkerung

34,0%

49,2%

46,8%

42,6%

30,9%

32,5%

39,3%

18,2%

43,2%

34,2%

41,2%

16,6%

38,6%

57,9%

An den Migranten

Anteil hoch qualifizierter Arbeitskräfte

Tabelle 2 Bedeutung von Wanderungen für ausgewählte Regionen im Jahr 2000 180 6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

181

Tabelle 3 Länder mit den höchsten Auswanderungsquoten von Personen mit tertiärer Bildung11 Docquier/Marfouk (2006)

Cohen/Soto (2001)

Barro/Lee (2001)

Guyana

89,0%

Guyana

83,0%

Guyana

76,9%

Grenada

85,1%

Jamaika

85,1%

Jamaika

81,9%

Jamaika

72,6%

St. Vincent und die Grenadinen

84,5%

Guinea-Bissau

70,3%

Haiti

83,6%

Haiti

78,5%

Haiti

68,0%

Trinidad und Tobago

79,3%

Trinidad und Tobago

76,0%

Trinidad und Tobago

66,1%

St. Kitts und Nevis

78,5%

Fidschi

61,9%

Mosambik

52,3%

Samoa

76,4%

Angola

53,7%

Fidschi

42,9%

Tonga

75,2%

Zypern

53,3%

Gambia

42,3%

St. Lucia

71,1%

...

...

...

...

Ghana

46,9%

Mosambik

47,1%

Mosambik

45,1%

Ghana

45,1%

Liberia

45,0%

...

...

Kenia

38,4%

... Kenia

35,9%

...

...

Ghana

31,2%

Kenia

27,8%

Zypern

26,0%

Tabelle 3 zeigt die von Auswanderungen von Personen mit tertiärer Bildung am stärksten betroffenen Volkswirtschaften. Es werden die Ergebnisse von Docquier und Marfouk (2006), von Cohen und Soto (2001) und von Barro und Lee (2001) präsentiert.12 Dargestellt werden die Anteile der hoch qualifizierten Personen, die aus den Ländern auswandern.

11 12

Quelle: Docquier/Marfouk (2006) und OECD (2005). Siehe Docquier/Marfouk (2006) und OECD (2005).

182

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

Im Vergleich der Studien fällt auf, dass die Schätzungen in allen Fällen nahe beieinander liegen und die Rangfolge sehr ähnlich ist. Die Auswanderungsraten der hoch Qualifizierten sind für einige (oft kleine) Länder sehr hoch; sie betragen ca. 80% für Guyana und liegen zwischen 70% und 80% für Jamaika und Haiti. Docquier und Marfouk (2006) nennen als eine mögliche Erklärung für diese Auswanderungsraten die geographische Nähe dieser Länder zu den Vereinigten Staaten von Amerika, weisen aber gleichzeitig darauf hin, dass davon auszugehen ist, dass Wanderungsentscheidungen hoch qualifizierter Arbeitskräfte komplexer sind und Entfernungen eine untergeordnete Rolle spielen (Docquier/Marfouk, 2006, S. 187). Sehr hoch sind die Auswanderungsraten der hoch qualifizierten Arbeitskräfte auch in einigen afrikanischen und mittelamerikanischen Ländern. Werden die Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer betrachtet, wird deutlich, dass diese in zunehmendem Maße darauf abzielen, die Einwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte zu erhöhen. International kommt es zu einem steigenden Wettbewerb um hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Gleichzeitig haben die Volkswirtschaften, aus denen ausgewandert wird, ein Interesse daran, die Auswanderung von Arbeitskräften mit tertiärer Bildung zu begrenzen. Die Interessen der Entsende- und der Aufnahmeländer stehen sich diametral gegenüber: „. . ., migration provokes diametrically opposed interests in sending and receiving areas: a) Emigration countries prefer to export unskilled, unemployed workers to get rid of some labour market pressure. But they are keen to keep their brightest minds back home to get at least some social returns from former public investments in human capital. b) Immigration countries prefer to import skilled, human capital rich workers to let profit their immobile local workforce from some spill-overs and positive externalities. But they are very restrictive to the entrance, stay, and work of lower qualified foreigners that would substitute local workers.“ (Straubhaar, 2000a, S. 33 f.).

Das deutsche Zuwanderungsgesetz und europäische Regelungen zur Zuwanderung

Die klassischen Einwanderungsländer Australien, Kanada, Neuseeland und die Vereinigten Staaten von Amerika verfügen über „Punktesysteme“. Die Punkte werden gemäß verschiedener Charakteristika (z. B. Alter, Sprachkenntnisse, Ausbildung, Arbeitserfahrung) vergeben. Bei Erreichen einer bestimmten Punktezahl erhält der Bewerber eine unbegrenzte Aufent-

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

183

halts- und Arbeitserlaubnis. In diesen Ländern ist die Bedeutung der Einwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte in den letzten Jahren weiter gestiegen.13 Deutschland versucht erst seit 2005 die Zuwanderung gezielt zu steuern und Arbeitskräften mit besonderen beruflichen Qualifikationen die Einwanderung zu erleichtern. Das Zuwanderungsgesetz (Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern)14, welches nach langwierigen Verhandlungen im Januar 2005 in Kraft trat, besteht aus dem Aufenthaltsgesetz (Artikel 1; das Aufenthaltsgesetz ersetzt das Ausländergesetz von 1990 und regelt den Aufenthalt von Ausländern, die nicht aus der Europäischen Union kommen), dem Freizügigkeitsgesetz (Artikel 2; das Freizügigkeitsgesetz befasst sich mit der Freizügigkeit von Unionsbürgern und deren Familienangehörigen und ersetzt das Aufenthaltsgesetz/EWG von 1980) sowie Änderungen in anderen Gesetzen.15 Im neuen Aufenthaltsgesetz werden zwei Aufenthaltstitel unterschieden: die befristete Aufenthaltserlaubnis und die unbefristete Niederlassungserlaubnis. Unterschieden wird nach Aufenthaltszwecken, wie Erwerbstätigkeit, Ausbildung, Familiennachzug und humanitäre Gründe. In Hinblick auf die Erwerbstätigkeit ist ein Aufenthaltstitel nur zu erteilen, wenn ein Arbeitsplatzangebot vorliegt und die Beschäftigung im Einklang mit den wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Erfordernissen in Deutschland steht. Für hoch qualifizierte Arbeitskräfte – zu dieser Gruppe gehören gemäß der Definition des Zuwanderungsgesetzes Wissenschaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen, Lehrpersonen und wissenschaftliche Mitarbeiter in herausgehobener Funktion sowie Spezialisten und leitende Angestellte mit besonderer Berufserfahrung und einem Gehalt von mindestens dem Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung (die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung liegt im Jahr 2008 bei einem jährlichen Bruttogehalt von 43.200 Euro) – ist eine Niederlassungserlaubnis von Anfang an vorgesehen. Der bestehende Anwerbestopp wird für nicht und gering Qualifizierte grundsätzlich beibehalten. Es ist das erklärte Ziel des Zuwanderungsgesetzes, die Zuwanderung von hoch qualifizierten Arbeitskräften zu erleichtern: „Einem hoch qualifizierten Aus13

Siehe ausführlich die Länderprofile in OECD (2006). Siehe das Zuwanderungsgesetz online unter: http://www.zuwanderung.de/ downloads/Zuwanderungsgesetz_gesamt.pdf. 15 Siehe das Aufenthaltsgesetz online unter: http://bundesrecht.juris.de/aufenthv/ index.html und das Freizügigkeitsgesetz online unter: http://bundesrecht.juris.de/ freiz_gg_eu_2004/index.html. 14

184

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

länder kann (. . .) eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 zugestimmt hat (. . .)“ (Zuwanderungsgesetz, § 19, Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte). Damit wird hoch qualifizierten Arbeitskräften vom Zeitpunkt der Wanderung an die Möglichkeit eines dauerhaften Aufenthalts (Niederlassungserlaubnis) gegeben. Das Freizügigkeitsgesetz umfasst die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit für Bürger der Europäischen Union. Ausnahmen bestehen allerdings in Hinblick auf die neuen Mitgliedstaaten. Die EU-15-Länder können gegenüber den Ländern Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien während einer siebenjährigen Frist von 2004 bis 2011 die Freizügigkeit der Staatsangehörigen aus diesen Ländern begrenzen.16 Die Übergangsbestimmungen werden das 2+3+2-Modell genannt. In den ersten beiden Jahren (1. Mai 2004 bis 30. April 2006) fanden Übergangsbestimmungen in den meisten alten Mitgliedstaaten Anwendung – das Vereinigte Königreich, Irland und Schweden öffneten ihre Arbeitsmärkte sofort. In der zweiten Phase (1. Mai 2006 bis 30. April 2009) können die Schutzregelungen für nationale Arbeitsmärkte um weitere drei Jahre verlängert werden. Hierfür müssen von den Mitgliedstaaten triftige, die Arbeitsmarktsituation betreffende Gründe für die Aufrechterhaltung der Übergangsbestimmungen genannt werden. Sechs der EU-15-Staaten erhalten während dieser zweiten Phase die Übergangsbestimmungen aufrecht: diese sind Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Österreich. Die übrigen neun17 der EU-15-Staaten haben ihre Arbeitsmärkte vollständig geöffnet. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit wird für den Zeitraum, in dem die Übergangsbestimmungen gelten, gemäß den jeweiligen nationalen und bilateralen Bestimmungen geregelt. Deutschland und Österreich wenden die Übergangsbestimmungen darüber hinaus auch auf die mit einer Entsendung von Arbeitnehmern verbundene grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen in bestimmten sensiblen Bereichen wie der Bauwirtschaft und dem Reinigungsgewerbe an. Bei Vorliegen einer anhaltenden, erheblichen Störung der Arbeitsmarktsituation kann in einer dritten Phase (1. Mai 2009 bis 30. April 2011) die Freizügigkeit der Staatsangehörigen der neuen EU-Länder um zwei weitere Jahre begrenzt werden. Zum 1. Mai 2011 ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit vollständig herzustellen. Arbeitnehmerfreizügigkeit richtet sich grundsätz16 Diese Zeiträume gelten nicht für Rumänien und Bulgarien. Für diese Länder begannen die Übergangsbestimmungen mit der Frist von maximal sieben Jahren am 1. Januar 2007, gelten also von 2007 bis 2014. 17 Diese sind Finnland, Griechenland, Irland, Italien, die Niederlande, Portugal, Schweden, Spanien und das Vereinigte Königreich.

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

185

lich an Einzelpersonen; sie wird in Artikel 39 des EG-Vertrages geregelt. Artikel 39 gilt für so genannte Wanderarbeiter (Staatsangehörige eines Mitgliedstaates, die zwecks Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ihr Herkunftsland verlassen), ausgenommen sind Selbständige, Studenten, Rentner oder Nichterwerbstätige. Familienangehörige von Arbeitnehmern haben das Recht, mit dem Arbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat zu wohnen (EU, 2007). Da die Pro-Kopf-Einkommen der EU-15 Länder relativ homogen sind, ist der Anreiz für Wanderungen zwischen diesen Volkswirtschaften relativ gering. Anders verhält es sich mit den neuen Mitgliedstaaten aus Mittel- und Osteuropa, deren Pro-Kopf-Einkommen deutlich niedriger sind. Gemäß Brücker und Siliverstovs (2006, S. 36) beträgt das durchschnittliche ProKopf-Einkommen der zehn am 1. Mai 2004 beigetretenen Länder18 und der am 1. Januar 2007 beigetretenen Länder Bulgarien und Rumänien 45% der EU-15-Länder. Entsprechend ist der Anreiz relativ hoch, aus den neuen Mitgliedstaaten in die EU-15-Länder einzuwandern. Innerhalb der Europäischen Union ist Deutschland eines der wichtigsten europäischen Zielländer von Migranten. Für Deutschland erscheint es realistisch, von einer Gesamtzahl von 1,6 bis 1,8 Millionen Menschen auszugehen, die innerhalb der nächsten zwanzig Jahre aus den neuen Mitgliedstaaten nach Deutschland einwandern (Brücker/Siliverstovs, 2006, S. 51). Frühere Abschätzungen der Migrationspotentiale erwarteten deutlich umfangreichere Wanderungen. Beispielsweise sagten Flaig (2001) und Sinn et al. (2001) ein Migrationspotential von 4–5% der Bevölkerung aus Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik, der Slowakei und Ungarn – dies entspricht 4–5 Millionen Menschen – für Deutschland voraus. In den folgenden Abschnitten wird die empirische Evidenz von Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen untersucht. Zunächst werden empirische Arbeiten skizziert, die der Vorstellung der Akkumulationsmodelle folgen: das Humankapital wird hier als ein Produktionsfaktor angesehen, dessen Akkumulation direkt zu wirtschaftlichem Wachstum führt. Überprüft werden also die Aussagen des Grundmodells. In Abschnitt 6.2.3 werden dann Überlegungen zur empirischen Überprüfung des Modells endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung aus den Kapiteln 4 und 5 angestellt.

18 Diese sind Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern.

186

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

6.2.2 Wachstumseffekte der Immigrationsbestimmungen Im Rahmen der empirischen Arbeiten zu den Wachstumswirkungen internationaler Humankapitalwanderungen für die Auswanderungsländer wird in der Regel nicht die Wachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens der betrachteten Volkswirtschaft zugrunde gelegt, sondern es wird als Indikator für diese Wachstumseffekte die Veränderung des Humankapitalbestandes herangezogen. Dahinter steht die im theoretischen Teil dieser Arbeit eingehend diskutierte Vorstellung, dass der Faktor Humankapital direkt die Wachstumsrate einer Volkswirtschaft bestimmt beziehungsweise zwischen beiden Größen ein positiver Zusammenhang besteht. Aufgrund dieser Vorgehensweise der empirischen Arbeiten ist eine direkte Vergleichbarkeit der empirischen Evidenz mit den theoretischen Implikationen der vorangehenden Kapitel nicht möglich. Das in den Kapiteln 4 und 5 entwickelte Modell mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung kommt zu dem Ergebnis, dass die Wachstumseffekte einer Auswanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte von dem relativen Technologieniveau im Auswanderungsland abhängen. Eine Erhöhung des Humankapitals im Auswanderungsland wirkt sich nur dann positiv auf die Wachstumsrate aus, wenn dieses Humankapital im Auswanderungsland produktiv eingesetzt werden kann. Es wurde gezeigt, dass dies von dem relativen Technologieniveau im Auswanderungsland abhängt. Ist dieses gering, führt eine Erhöhung des Anteils der hoch qualifizierten Arbeitskräfte nicht zu einer Erhöhung der Wachstumsrate, da die entsprechenden Technologien für den effizienten Einsatz der hoch qualifizierten Arbeitskräfte fehlen. In einer solchen Situation eines geringen relativen Technologieniveaus erhöht ein Anstieg des Anteils der Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau die Wachstumsrate im Auswanderungsland stärker als ein Anstieg der Arbeitskräfte mit einem hohen Ausbildungsniveau. Die vorangehenden Kapitel haben gezeigt, dass dieser Zusammenhang in der Literatur bisher formal nicht berücksichtigt wurde. Das gleiche gilt auch für die empirischen Arbeiten, die mit diesem Vorgehen die Wachstumseffekte mit den Veränderungen des Humankapitalbestandes gleichsetzen. Ein negativer Wachstumseffekt ist in diesen Arbeiten definiert als eine Reduktion des Humankapitalbestandes. Ein positiver Wachstumseffekt ist entsprechend definiert als eine Erhöhung des Humankapitalbestandes. Beine et al. (2006)19 untersuchen die Veränderung des Ex-post-Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte in Auswanderungsländern. Dieser Ex-post19

Siehe auch Beine et al. (2003). Diese Studie wird hier nicht genauer untersucht, da sie ältere Daten zugrunde legt und Beine et al. (2006) als Aktualisierung angesehen werden kann.

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

187

Anteil ist der Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte, der nach erfolgter Abwanderung im Auswanderungsland zu verzeichnen ist (Anteil). Er ist entsprechend der Gleichung (221) definiert als der Quotient aus den ausgebildeten Arbeitskräften, die in ihrem Heimatland verbleiben (È1  mê  MA) und der Gesamtbevölkerung abzüglich der ausgewanderten ausgebildeten Arbeitskräfte (1  m  MA): È221ê

Anteil ã

È1  mê  MA : 1  m  MA

Der Wachstumseffekt der selektiven Immigrationsbestimmungen des Einwanderungslandes für das Auswanderungsland ergibt sich nach dieser Vorgehensweise aus dem Vergleich dieses Ex-post-Anteils mit dem kontrafaktischen Anteil ausgebildeter Arbeitskräfte bei der Abwesenheit von Wanderungen. Die selektiven Immigrationsbestimmungen sind folglich dann mit positiven Wachstumseffekten für das Auswanderungsland verbunden, wenn der (Ex-post-)Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte im Auswanderungsland bei der Existenz von Wanderungen höher ist als dieser Anteil bei der Abwesenheit von Wanderungen und vice versa.20 Um den Anreizeffekt (die Veränderung des Ex-ante-Humankapitalstocks infolge der Möglichkeit der Auswanderung) zu isolieren, wird die Wachstumsrate des Ex-ante-Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte (MA) für die Jahre 1990–2000 ökonometrisch geschätzt. Für den Abwanderungseffekt werden von den Autoren internationale Migrationsdaten nach Bildungsstufen von Docquier und Marfouk (2006) herangezogen. Da Daten über Emigration nur in geringem Umfang und zwischen den Ländern unterschiedlich erhoben werden, benutzen Docquier und Marfouk (2006) Immigrationsdaten der OECD-Länder für die Jahre 1990–2000. Auf dieser Basis erhalten sie Ergebnisse über den Umfang der Auswanderung nach Bildungsstufen für 195 Auswanderungsländer im Jahr 2000 und für 174 Auswanderungsländer im Jahr 1990. Von diesen Ländern legen Beine et al. (2006) ihrer empirischen Analyse 127 Entwicklungsländer zugrunde (entwickelte Volkswirtschaften werden von den Autoren nicht berücksichtigt). Beine et al. (2006) kommen zu den folgenden Ergebnissen:21 • Der Anreizeffekt überwiegt den Abwanderungseffekt und ist statistisch signifikant, das heißt die Anzahl der ausgebildeten Arbeitskräfte steigt, 20 Arbeitslosigkeit wird hier nicht berücksichtigt. Es wird implizit davon ausgegangen, dass das zur Verfügung stehende Humankapital auch in die Produktion eingesetzt wird. 21 Docquier et al. (2007) kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Die Autoren nehmen zusätzlich politische Indikatoren und historische Entwicklungen in ihre Analyse mit auf.

188

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

wenn die Möglichkeit der Auswanderung besteht. Der Migrationskoeffizient liegt bei etwa 0,5. Dies bedeutet, dass eine Verdoppelung der Wahrscheinlichkeit, als ausgebildete Arbeitskraft auswandern zu können, die Humankapitalbildung (die Anzahl der Arbeitskräfte mit tertiärer Bildung) im Auswanderungsland um etwa 5% erhöht. • Im Vergleich des Ex-post-Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte mit dem geschätzten kontrafaktischen Anteil ausgebildeter Arbeitskräfte (die Autoren schätzen diesen, indem sie die Wanderungswahrscheinlichkeit der hoch qualifizierten Arbeitskräfte mit der der nicht ausgebildeten Arbeitskräfte gleichsetzen; es wird hier also davon ausgegangen, dass es keine strukturierten selektiven Wanderungsbestimmungen gibt) zeigt sich, dass es sowohl „Gewinner“, als auch „Verlierer“ aus den Wanderungen hoch qualifizierter Arbeitskräfte gibt. Die „Gewinner“ zeichnen sich dadurch aus, dass der Ex-post-Anteil ausgebildeter Arbeitskräfte höher ist als der kontrafaktische Anteil ausgebildeter Arbeitskräfte bei Abwesenheit selektiver Immigrationsbestimmungen. Bei den „Verlierern“ ist dagegen der kontrafaktische Anteil höher als der beobachtete Ex-post-Anteil ausgebildeter Arbeitskräfte. • Die „Verlierer“ bilden einen Anteil von ca. 60% der untersuchten Länder, die verbleibenden 40% sind als „Gewinner“ anzusehen (ohne Berücksichtigung der Volkswirtschaften, bei denen sich kein Effekt für den Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte ergibt22). Die Erhöhung des Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte liegt für die Länder, die zu den Gewinnern zählen, zwischen 0,1% (für Malaysia) und 1,5% (für Argentinien). Für die Volkswirtschaften, die zu den Verlierern zählen, ergeben sich Verluste von –0,1% (für Malawi) bis –21,5% (für Grenada). Während die Gewinne also moderat ausfallen, ist die Reduktion des Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte infolge der selektiven Immigrationsbestimmungen für einige Länder gravierend. Zu den „Gewinnern“ zählen z. B. Brasilien, China und Indien. Unter den „Verlierern“ sind z. B. Jamaika, Mexiko, Nicaragua und viele der afrikanischen Staaten. Als „Gewinner“ sind Asien und Südamerika anzusehen, die „Verlierer“ finden sich in Mittelamerika, im Pazifik und in Afrika südlich der Sahara. • Da die Länder, die zu den „Gewinnern“ zählen, im Durchschnitt eine größere Bevölkerung aufweisen als die Länder, die den „Verlierern“ zuzuordnen sind, gibt es gemäß den Ergebnissen von Beine et al. (2006) mehr Menschen, die von den selektiven Immigrationsbestimmungen profitieren als solche, die Verluste erleiden.23 22

Beine et al. (2006) zählen diese Länder zu den „Gewinnern“. In diesen Berechnungen wurden wiederum die Volkswirtschaften, bei denen sich infolge der selektiven Immigrationsbestimmungen der Anteil der ausgebildeten 23

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

189

Beine et al. (2006a) finden in ihrer Studie keinen positiven Anreizeffekt für einkommensschwache und für einkommensstarke Volkswirtschaften. Infolgedessen würden diese Länder von einer Reduktion der Auswanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte profitieren (dies betrifft vor allem einkommensschwache Länder wie Grenada, Guyana, Haiti, Ruanda, Somalia, Trinidad und Tobago). Für Volkswirtschaften mit einem mittleren Einkommensniveau erhalten die Autoren für den Gesamteffekt der Wanderungsmöglichkeit hoch qualifizierter Arbeitskräfte unterschiedliche Ergebnisse. Von den 33 untersuchten Ländern mit mittlerem Einkommensniveau ergeben sich für 10 Volkswirtschaften negative Effekte für den Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte in der jeweiligen Volkswirtschaft (z. B. für Algerien, Bulgarien und Rumänien). In den verbleibenden 23 untersuchten Ländern würde hingegen ein Abbau der selektiven Immigrationsbestimmungen der Länder, in die eingewandert wird, nicht zu einer Erhöhung des Anteils der ausgebildeten Arbeitskräfte in der betreffenden Volkswirtschaft führen (z. B. für El Salvador, Iran, Kuba, Libanon, Thailand, Tunesien, Türkei). Die Länder, in denen sich die Auswanderungsmöglichkeit negativ auf den Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte auswirkt, zeichnen sich nach Beine et al. (2006a) vor allem dadurch aus, dass sie sehr hohe Auswanderungsquoten (von im Durchschnitt 45 Prozent) aufweisen. Volkswirtschaften, in denen sich die Immigrationsbestimmungen der korrespondierenden Einwanderungsländer nicht negativ auf den Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte auswirken, haben dagegen geringere Auswanderungsquoten (von im Durchschnitt 17 Prozent). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Docquier (2006), der verschiedene empirische Studien vorstellt und darauf hinweist, dass die Auswanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte sich dann positiv auf das Ausbildungsniveau im Auswanderungsland auswirkt, wenn diese Auswanderung relativ gering ist. Er schätzt die optimale Auswanderungsrate auf zwischen 5% und 10%. Der Zusammenhang zwischen dem Anteil der ausgebildeten Arbeitskräfte in einer Volkswirtschaft (als Maßzahl des Humankapitalstocks) und der Höhe des Wirtschaftswachstums wird in den skizzierten empirischen Studien nicht untersucht. Es wird unterstellt, dass der Faktor Humankapital direkt zu einem Einkommenswachstum führt. Ein positiver Zusammenhang zwischen Humankapital und Einkommenswachstum in einem Land wird gemäß der Untersuchung von Mincer (1974) Arbeitskräfte nicht verändert, zu den „Gewinnern“ gezählt. Dieses Vorgehen ist problematisch, da sich in der Gruppe Länder mit einer hohen Bevölkerungszahl befinden (z. B. Äthiopien, Dem. Rep. Kongo, Niger, Nigeria, Pakistan und Tansania) und damit die Anzahl der „Gewinner“ künstlich erhöht wird.

190

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

auf mikroökonomischer Ebene deutlich bestätigt. Die bekannte MincerGleichung lautet: ln Wi ã b0 þ b1 Si þ b2 Xi þ b3 Xi2 þ ei ;

È222ê wobei:

ln Wi : natürlicher Logarithmus des Lohnsatzes des Individuums i, Si :

Anzahl der Ausbildungsjahre,

Xi :

die Berufserfahrung,

Xi2 :

die quadrierte Berufserfahrung dieses Individuums i,24

e:

Störterm.

Die Anzahl der Ausbildungsjahre als Maßzahl des Humankapitals eines Individuums hat gemäß den Daten einen signifikant positiven Einfluss auf den individuellen Lohnsatz.25 Weniger eindeutig ist die Beziehung zwischen Humankapital und Einkommenswachstum auf makroökonomischer Ebene. Im Abschnitt 3.4.2 der vorliegenden Arbeit wurde bereits auf die empirische Untersuchung von Benhabib und Spiegel (1994) hingewiesen. Die Autoren finden keinen signifikant positiven Zusammenhang zwischen Humankapital und Wirtschaftswachstum im Rahmen einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion. Auch bei Barro und Sala-i-Martin (1995) existiert kein signifikant positiver Zusammenhang zwischen einer Erhöhung der Anzahl der Ausbildungsjahre (als Maßzahl des Humankapitals) und der Einkommenswachstumsrate in einer Volkswirtschaft. In der Arbeit von Barro (1997) resultieren aus der sekundären und tertiären Ausbildung von Frauen Wachstumsverluste. Barro (1997) führt dieses Ergebnis auf eine Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zurück, die eine unzureichende Nutzung der Fähigkeiten und Fertigkeiten von Frauen zur Folge hat. 24 Berufserfahrung wirkt sich sowohl positiv auf den Lohnsatz aus (mit steigender Berufserfahrung steigt die Produktivität; b2 > 0), als auch negativ (Berufserfahrung kann auch verbunden sein mit einer Art „Betriebsblindheit“ oder mit Inflexibilitäten, die sich negativ auf die Produktivität auswirken; b3 < 0). 25 Die Mincer-Gleichung wurde für die meisten Volkswirtschaften der Welt geschätzt (sowohl Querschnittsanalysen als auch Zeitreihenanalysen). b1 besitzt im Allgemeinen ein positives Vorzeichen. Die Frage, ob dies auf eine infolge steigender Ausbildungsjahre tatsächlich gestiegene Produktivität zurückzuführen ist oder ob die Anzahl der Ausbildungsjahre ein Signal für die Fähigkeiten eines Individuums darstellt, wurde in der Literatur ausführlich diskutiert. Obwohl endgültige Antworten nicht gefunden sind, deuten die Untersuchungen darauf hin, dass für die Erklärung des positiven Zusammenhangs zwischen Ausbildung und individueller Einkommenshöhe beide Argumente wichtig sind. Siehe ausführlich Krueger/Lindahl (2001).

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

191

Ein weiteres Problem besteht in Hinblick auf die Kausalität. Es ist nicht nur die Bildung, die die Wachstumsrate beeinflusst, sondern es ist auch das Wachstum in einer Volkswirtschaft, das sich positiv auf die Nachfrage nach Bildung auswirkt (Problem der umgekehrten Kausalität).26 Die Frage, ob das Humankapital einen Produktionsfaktor darstellt, dessen Höhe sich direkt auf das Einkommen auswirkt oder ob das Humankapital über eine Beschleunigung des technischen Fortschritts auf das Einkommen wirkt, ist empirisch bisher nicht ausreichend gesichert. De la Fuente und Ciccone (2002) vergleichen empirische Studien und kommen zu dem Ergebnis, dass beide Beiträge die gleiche Größenordnung aufweisen, eine Erhöhung des Humankapitals also sowohl direkt zu einem steigenden Output führt als auch den technischen Fortschritt beschleunigt. In den Kapiteln 4 und 5 wurde untersucht, inwieweit sich die Ergebnisse des Grundmodells verändern, wenn der Faktor Humankapital nicht als eigenständiger Produktionsfaktor angesehen wird, sondern wenn er funktional mit einem technischen Fortschritt verbunden wird und zu einer Beschleunigung von Innovationen und Imitationen führt. In dem folgenden Abschnitt wird die empirische Evidenz dieser theoretischen Überlegungen analysiert. Zu den vorgestellten empirischen Untersuchungen kann zusammenfassend gesagt werden, dass diese Arbeiten keine eindeutigen Aussagen über die Wirkungen von Humankapitalwanderungen treffen können. Gemäß Docquier und Marfouk (2006) ist die Annahme selektiver Immigrationsbestimmungen eine realistische Annahme. Die Daten zeigen, dass die Auswanderungswahrscheinlichkeit für Arbeitskräfte mit tertiärer Bildung fünfbis zehnmal so hoch ist wie die für Arbeitskräfte mit primärer oder sekundärer Bildung. Die Rate, mit der die Einwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte in die sechs größten Einwanderungsländer wächst, wird für die Jahre 1975–2000 auf 6% geschätzt und ist damit doppelt so groß wie die Rate, mit der die Einwanderung insgesamt wächst (Docquier, 2006). Die Auswanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte kann sich sowohl positiv als auch negativ auf die Auswanderungsländer auswirken. Empirische Arbeiten deuten darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit, dass mit der Auswanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte positive Effekte für das Auswanderungsland verbunden sind, maximal ist, wenn es sich bei dem Auswanderungsland um eine offene Volkswirtschaft mit einem mittleren Einkommensniveau handelt. Da die skizzierten empirischen Analysen wie beschrieben nicht die Wachstumseffekte, sondern lediglich die Veränderung der Humankapitalbestände in den jeweiligen Auswanderungsländern messen, ist eine Über26

Vgl. Bils/Klenow (2000).

192

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

prüfung des Modells endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung anhand dieser empirischen Analysen nicht möglich. Wie beschrieben gehen diese Untersuchungen davon aus, dass sich die Wachstumsrate einer Volkswirtschaft mithilfe der Humankapitalakkumulation in dieser Volkswirtschaft erklären lässt. Dieser Zusammenhang wurde jedoch in den Kapiteln 4 und 5 in Frage gestellt. Im Folgenden wird die empirische Evidenz der theoretischen Überlegungen aus den Kapiteln 4 und 5 (insbesondere Abschnitt 4.5) untersucht.

6.2.3 Die Bedeutung des Technologieniveaus Die modelltheoretischen Überlegungen der vorliegenden Arbeit haben gezeigt, dass die Berücksichtigung technologischer Entwicklungen die Richtung der Wachstumseffekte internationaler Humankapitalwanderungen beeinflussen kann. Da auf die Auswanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte infolge selektiver Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer abgestellt wurde, wurde ein technischer Fortschritt untersucht, welcher Resultat eigener Forschungs- und Entwicklungstätigkeit oder eines Imitationsprozesses der Technologien des Einwanderungslandes ist. Die Wachstumseffekte der Emigration hoch qualifizierter Arbeitskräfte für das Auswanderungsland hängen davon ab, in welcher Weise durch die Auswanderung die Innovations- und die Imitationstätigkeit des Auswanderungslandes berührt wird. Die relative Bedeutung von Innovationen und Imitationen für den technischen Fortschritt im Auswanderungsland hängt wiederum davon ab, wie hoch das Technologieniveau im Auswanderungsland relativ zum Einwanderungsland ist. Der Technologieunterschied begründet entsprechend dem Grundmodell aus Kapitel 3 die Wanderungsrichtung. Bei der Betrachtung zweier Volkswirtschaften wird diejenige Volkswirtschaft zum Auswanderungsland, deren Technologieniveau geringer ist als das Technologieniveau der anderen Volkswirtschaft, welche zum Einwanderungsland wird. Im Gegensatz zum Grundmodell nimmt der Wanderungsanreiz im Auswanderungsland ab, wenn sich die Technologien zwischen den Ländern angleichen. Einen solchen Prozess kann das Grundmodell nicht abbilden, hier bleibt der Wanderungsanreiz unverändert, da technologische Entwicklungen nicht modelliert werden, der Technologieunterschied also bestehen bleibt, der wiederum den Wanderungsanreiz begründet. Um die theoretischen Überlegungen der Kapitel 4 und 5 empirisch überprüfen zu können, werden zunächst Kennziffern für die Technologieniveaus in Volkswirtschaften benötigt. Daran anschließend ist zu untersuchen, ob sich Wanderungsmuster zwischen Ländern anhand von Technologieunterschieden erklären lassen. Dies erscheint allerdings problematisch, da wie

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

193

beschrieben die „Nachfrageseite“ die tatsächlichen Wanderungsmuster entscheidend mitbestimmt. Zu untersuchen ist demnach der Zusammenhang zwischen Wanderungsanreiz und Technologieunterschieden zwischen Volkswirtschaften. Da im Verlauf der Arbeit davon ausgegangen wurde, dass der Wanderungsanreiz aufgrund von Lohndifferenzen entsteht, wird an dieser Stelle vereinfachend die Beziehung zwischen Lohndifferenzen zwischen Ländern (als Maßzahl des Wanderungsanreizes) und Technologieunterschieden analysiert. Im Rahmen der theoretischen Untersuchung wurde darüber hinaus davon ausgegangen, dass die relative Bedeutung von Innovationen und Imitationen vom relativen Technologieniveau der betrachteten Volkswirtschaft abhängt. Je geringer das Technologieniveau ist, umso wichtiger sind Imitationen für das wirtschaftliche Wachstum in einem Land. In Hinblick auf die Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern auf Auswanderungsländer kam das Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen zu dem Ergebnis, dass dieser Wachstumseffekt vom relativen Technologieniveau des Auswanderungslandes abhängt. Ist dieses gering, so sind sowohl der Abwanderungseffekt als auch der Anreizeffekt negativ und die Wachstumseffekte der selektiven Immigrationsbestimmungen sind negativ. Im vorliegenden Abschnitt werden Überlegungen zur empirischen Evidenz dieser Voraussage angestellt. Im Rahmen der Wachstumszerlegung setzt sich die Einkommenswachstumsrate aus der Wachstumsrate der Inputs und der Wachstumsrate der totalen Faktorproduktivität zusammen, die üblicherweise als Residuum ermittelt wird.27 Einen wichtigen Bestandteil der totalen Faktorproduktivität stellt der technische Fortschritt dar. Die Höhe des Technologieniveaus und des technischen Fortschritts können auf unterschiedliche Arten ermittelt werden. Eine verbreitete Maßzahl für den technischen Fortschritt ist die Anzahl der in einem Jahr angemeldeten Patente in einem Land. Dahinter steht die Vorstellung, dass Innovationen zu einem technischen Fortschritt führen und für jede Innovation ein Patent angemeldet wird. In der vorliegenden Arbeit wurde betont, dass Volkswirtschaften mit einem Technologierückstand technischen Fortschritt nicht nur durch Innovationen, sondern auch durch Imitationen realisieren können. Dieser Vorstellung und der Überlegung, dass nicht nur die Technologiediffusion, sondern auch die Technologieadaption notwendig sind, um erfolgreich Imitationen durchführen zu können, trägt der „Technology Achievement Index“ (TAI) Rechnung, welcher im Human Development Report (UNDP, 2001) für eine 27

Siehe zur Wachstumszerlegung ausführlich: Helpman (2004).

194

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

Vielzahl von Ländern ermittelt wurde. Dieser Index berücksichtigt neben der Anzahl der angemeldeten Patente als Maßzahl für die Innovationstätigkeit der betrachteten Volkswirtschaft auch erfolgreiche Innovationen, die in der Vergangenheit hervorgebracht wurden. Als Indikator dienen Honorare und Lizenzgebühren, die vom Ausland ins Inland fließen. Die Technologiediffusion wird zur Ermittlung des TAI ebenfalls berücksichtigt. Hier werden die Verfügbarkeit des Internet, der Anteil der Exporte technologieintensiver Produkte an den gesamten Exporten, die Ausstattung mit Telefonen pro Kopf und die Höhe des Elektrizitätskonsums pro Kopf herangezogen. Für die Fähigkeit der Technologieadaption spielt Humankapital eine wichtige Rolle. Entsprechend werden für den TAI als Maßzahl für die Humankapitalausstattung einer Volkswirtschaft die durchschnittliche Anzahl der Schuljahre in der Bevölkerung und die Einschreibequoten in tertiäre Ausbildungsstudiengänge in Naturwissenschaften, Mathematik und Ingenieurwissenschaften ermittelt. Die folgende Tabelle 4 zeigt den TAI für einige der untersuchten Länder.28 Aus diesen Indizes lassen sich die Technologieunterschiede zwischen Ländern ermitteln und mit den entsprechenden Lohndifferenzen vergleichen. Der „Technology Achievement Index“ nimmt Werte zwischen Null und Eins an. Der maximale Wert wird für Finnland (0,744) erreicht, der TAI ist am geringsten in Mosambik (0,066). Lohndifferenzen zwischen Ländern sind schwierig zu ermitteln. Die Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization: ILO) stellt zwar im Rahmen der Laborsta (Datenbank zu Arbeitsmarktdaten: http://laborsta.ilo.org) Daten über die Bruttolöhne in der verarbeitenden Industrie für viele Länder zur Verfügung, allerdings sind diese nicht harmonisiert und für einige Nicht-OECD-Länder nicht erhältlich. Ein Vergleich zwischen Ländern und die Ermittlung von Lohndifferenzen zwischen Ländern sind daher nur schwer möglich. Die Probleme, die bei der Interpretation der Bruttolohndaten der ILO entstehen, werden anschaulich in der Studie von Freeman und Oostendorp (2000) diskutiert. Die Autoren stellen ein Verfahren vor, mit dessen Anwendung die Daten harmonisiert werden und ein 28 Obwohl leider keine aktuelleren Untersuchungen zum TAI zur Verfügung stehen, wird dieser der Analyse zugrunde gelegt, da der TAI nicht nur die Innovationsfähigkeit von Volkswirtschaften misst, sondern die Bedeutung von Imitationen und die der Technologiediffusion und -adaption berücksichtigt. Wie grundsätzlich bei allen Indizes besteht auch hier das Problem, dass es zum Teil „wahllos“ erscheint, welche Größen in den TAI aufgenommen oder nicht aufgenommen werden. Beispielsweise ist unklar, warum in den TAI natur- und ingenieurwissenschaftliche Studien einfließen, während wirtschafts- oder gesellschaftswissenschaftliche Studien unberücksichtigt bleiben.

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

195

Tabelle 4 Technology Achievement Index (TAI) für ausgewählte Länder29 Technology Achievement Index (TAI)

Technology Achievement Index (TAI)

1 Finnland

0,744

38 Uruguay

0,343

2 Vereinigte Staaten von Amerika

0,733

39 Südafrika

0,340

3 Schweden

0,703

40 Thailand

0,337

4 Japan

0,698

43 Brasilien

0,311

5 Korea

0,666

45 China

0,299

6 Niederlande

0,630

49 Jamaika

0,261

7 Vereinigtes Königreich

0,606

63 Indien

0,201

8 Kanada

0,589

64 Nicaragua

0,185

9 Australien

0,587

65 Pakistan

0,167

10 Singapur

0,585

66 Senegal

0,158

11 Germany

0,583

67 Ghana

0,139

12 Norwegen

0,579

68 Kenia

0,129

17 Frankreich

0,535

69 Nepal

0,081

19 Spanien

0,481

70 Tansania

0,080

20 Italien

0,471

71 Sudan

0,071

32 Mexiko

0,389

72 Mosambik

0,066

Vergleich zwischen Ländern möglich wird. Die neu erstellte Datenbasis steht unter http://www.nber.org/oww/ zur Verfügung. Als Hilfsgröße für Lohndifferenzen können näherungsweise Einkommensdifferenzen zwischen Ländern herangezogen werden, die vom Internationalen Währungsfonds (International Monetary Fund: IMF) im Rahmen der „World Economic Outlook Databases“ herausgegeben werden. Wird das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (angegeben in US-$) zugrunde gelegt, wird 29

Quelle: Human Development Report, UNDP (2001, S. 48 ff.).

196

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

deutlich, dass Technologieniveaus und Pro-Kopf-Einkommen deutlich positiv korrelieren. Die folgende Tabelle fünf zeigt die Pro-Kopf-Einkommen der Länder, für die in Tabelle vier der TAI für das Jahr 2000 dargestellt wird. Es wird deutlich, dass Länder mit einem hohen (niedrigen) TAI auch über hohe (niedrige) Pro-Kopf-Einkommen verfügen. Für Länder mit hohen Pro-Kopf-Einkommen und einem hohen TAI ist die Korrelation geringer als für die betrachteten Länder mit geringeren Pro-Kopf-Einkommen und einem niedrigen TAI. Beispielsweise hatte Finnland im Jahr 2000 den höchsten TAI, werden die betrachteten Länder nach der Höhe ihrer Pro-KopfEinkommen angeordnet, befindet sich Finnland jedoch nur an 8. Stelle. Umgekehrt hatte Norwegen im Jahr 2000 das höchste Pro-Kopf-Einkommen, liegt bei Zugrundelegung des TAI jedoch „nur“ an 12. Stelle der betrachteten Länder. Für die Länder, die in der rechten Spalte der Tabelle 5 dargestellt werden, stimmen die „Plätze“ von TAI und Pro-Kopf-Einkommen für viele Länder überein. Beispielsweise hatte Mosambik das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen und den geringsten TAI der betrachteten Länder, liegt also jeweils auf „Platz“ 32. Dies gilt auch für Tansania (jeweils „Platz“ 30), Kenia (jeweils „Platz“ 28), Pakistan (jeweils „Platz“ 25) und Nicaragua (jeweils „Platz“ 24). Für alle anderen Länder liegen nur geringe Unterschiede in der Reihung nach TAI und nach Pro-Kopf-Einkommen vor (Uruguay befindet sich auf „Platz“ 17 beim TAI und auf „Platz“ 18 beim Pro-Kopf-Einkommen, Brasilien auf „Platz“ 20 beim TAI und auf „Platz“ 19 beim Pro-Kopf-Einkommen, China auf „Platz“ 21 beim TAI und auf „Platz“ 23 beim Pro-Kopf-Einkommen). Aghion et al. (2005) schätzen die relativen Technologieniveaus anhand von Daten über die Arbeitsproduktivität und auf Grundlage der Anzahl der Patentanmeldungen innerhalb eines Jahres. Gemäß den Autoren sind die Ergebnisse für die relativen Technologieniveaus bei beiden Vorgehensweisen ähnlich: „We measure labor’s product per employee in a state, and we divide that measure of labor productivity by the maximum labor productivity observed in any state in that year. Thus, the state with the maximum labor productivity is at the frontier and has a proximity equal to one. (. . .) An alternative measure of proximity to the frontier can be based on patents, and we in fact use patents to form instruments for the productivity-based measure of proximity. It is comforting that states that are recorded as close-to-the-frontier on the basis of their labor productivity tend also to be recorded as close-to-the-frontier on the basis of their patents.“ (Aghion et al., 2005, S. 29).

Wird davon ausgegangen, dass der Faktor Arbeit gemäß seiner Grenzproduktivität entlohnt wird, entsprechen die Unterschiede in den Arbeitsproduktivitäten den Lohndifferenzen und besteht folglich ein enger Zusammenhang zwischen Technologiedifferenzen und Lohndifferenzen.

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

197

Tabelle 5 Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (in US-$) im Jahr 2000 für ausgewählte Länder30 Reihung aus TAI

Bruttoinlands- Reihung aus TAI produkt pro Kopf, in lfd. Preisen, in US-$, in 2000

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, in lfd. Preisen, in US-$, in 2000

1 Finnland

23.359

38 Uruguay

6.045

2 Vereinigte Staaten von Amerika

34.774

39 Südafrika

2.986

3 Schweden

27.332

40 Thailand

1.966

4 Japan

36.670

43 Brasilien

3.535

5 Korea

10.884

45 China

6 Niederlande

23.341

49 Jamaika

7 Vereinigtes Königreich

24.551

63 Indien

480

8 Kanada

23.658

64 Nicaragua

779

9 Australien

20.328

65 Pakistan

532

10 Singapur

23.077

66 Senegal

434

11 Germany

23.188

67 Ghana

270

12 Norwegen

37.211

68 Kenia

409

17 Frankreich

23.730

69 Nepal

246

19 Spanien

14.515

70 Tansania

270

20 Italien

18.734

71 Sudan

397

32 Mexiko

5.935

72 Mosambik

223

945 2.922

Also kann davon ausgegangen werden, dass sich – wie im theoretischen Teil der vorliegenden Arbeit unterstellt – Wanderungsmuster zwischen Volkswirtschaften anhand von Technologieunterschieden erklären lassen.31 30

Quelle: IMF (2006), World Economic Outlook Database, April 2006. Es handelt sich hierbei um eine „Annahmenüberprüfung“, das heißt es wird der empirische Erklärungsgehalt einer im Rahmen der theoretischen Analyse getroffenen Annahme untersucht. Entscheidend ist der Erklärungsbeitrag einer modell31

198

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

Für die empirische Analyse des Zusammenhangs zwischen dem relativen Technologieniveau und der Bedeutung von Innovationen und Imitationen für technischen Fortschritt und die damit einhergehende Rolle von Arbeitskräften mit mittlerem und hohem Ausbildungsniveau wird die Arbeit von Vandenbussche et al. (2006) herangezogen. Die Autoren untersuchen empirisch die Bedeutung von Humankapital für den technischen Fortschritt. Sie verwenden jährliche Daten der Pro-Kopf-Einkommen und Investitionsquoten für die Jahre 1950 bis 2000 (Penn World Tables, Version 6.1), führen eigene Schätzungen des Kapitalstocks durch und schätzen die totalen Faktorproduktivitäten der untersuchten Länder. Die totalen Faktorproduktivitäten werden herangezogen, um die relativen Technologieniveaus der Volkswirtschaften zu bestimmen, welche als Quotient aus der totalen Faktorproduktivität der jeweiligen Volkswirtschaft und der totalen Faktorproduktivität der Vereinigten Staaten von Amerika definiert werden. Um den Einfluss des Humankapitals zu untersuchen, werden die Bildungsdaten von Barro und Lee (2001) und von De la Fuente und Domenéch (2006) und die öffentlichen Bildungsausgaben der Länder herangezogen. Es verbleiben 19 OECD-Länder, für die für alle Bereiche Daten existieren und welche von Vandenbussche et al. (2006) der weiteren Analyse zugrunde gelegt werden. Der Faktor Humankapital wird von den Autoren in „mittleres Humankapital“ (primäre und sekundäre Ausbildung) und in „hohes Humankapital“ (tertiäre Ausbildung) unterschieden. Die empirische Analyse zeigt die folgenden Zusammenhänge auf: 1. Es existiert eine positive Beziehung zwischen der Höhe des relativen Technologieniveaus und dem Anteil der Menschen mit tertiärer Ausbildung. Dies zeigt, dass Menschen mit tertiärer Ausbildung für Volkswirtschaften mit hohem relativen Technologieniveau eine größere Rolle spielen als für Volkswirtschaften mit geringem relativen Technologieniveau (ihre Produktivität steigt mit steigendem relativen Technologieniveau). Der positive Wachstumseffekt einer steigenden Ausstattung mit hoch qualifizierten Arbeitskräften ist in Volkswirtschaften mit hohem Technologieniveau höher als in Volkswirtschaften mit geringem Technologieniveau. 2. Ein positiver Effekt für die Wachstumsrate in OECD-Ländern wird durch eine Erhöhung der Ausstattung mit hoch qualifizierten Arbeitskräften ausgelöst. Es ist also die tertiäre Ausbildung, die einen positiven theoretischen Analyse und nicht die diesem Modell zugrunde liegenden Annahmen. Die empirische Überprüfung von Modellannahmen ist aus wissenschaftstheoretischer Sicht also nicht notwendig. An dieser Stelle ist sie jedoch sinnvoll und interessant, da sie Auskunft gibt über Ursachen von Wanderungsbewegungen. Siehe zur „Annahmenkritik“ genauer Anhang 11.

6.2 Empirische Evidenz von Wachstumswirkungen

199

Einfluss auf die Wachstumsrate in OECD-Ländern hat und nicht die primäre oder sekundäre Ausbildung. Dieses Ergebnis löst auch das Problem des negativen Zusammenhangs, der zwischen Humankapital und Wirtschaftswachstum in einigen empirischen Arbeiten gefunden wurde (vgl. z. B. Krueger und Lindahl, 2001). Es ist also nicht die Ausstattung mit Humankapital als solche, die sich positiv auf die Wachstumsrate auswirkt, sondern in unterschiedlichen Entwicklungsstadien sind unterschiedliche Arten von Humankapital relevant. Diese empirischen Ergebnisse bestätigen die Aussagen der theoretischen Analyse der Kapitel 4 und 5. Das Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung kommt zu dem Ergebnis, dass der Wachstumseffekt der selektiven Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer für die Auswanderungsländer vom relativen Technologieniveau des Auswanderungslandes abhängt. Bei geringem relativen Technologieniveau wirken sowohl der Abwanderungseffekt als auch der Anreizeffekt negativ und der Wachstumseffekt der selektiven Immigrationsbestimmungen ist somit eindeutig negativ. Da sich die Wachstumseffekte von Immigrationsbestimmungen empirisch schwer von anderen Wachstumseinflüssen isolieren lassen, wäre eine empirische Untersuchung der Umschichtungsentscheidung der Arbeitskräfte im Auswanderungsland sinnvoll. Im theoretischen Teil wurde argumentiert, dass die Wahrscheinlichkeit der Auswanderung für hoch qualifizierte Arbeitskräfte im Auswanderungsland dazu führt, dass mehr Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau in eine hohe Ausbildung investieren. Im Gegensatz zum Grundmodell verändert sich hier nicht die Humankapitalausstattung insgesamt, sondern es wird von mittlerer zu hoher Ausbildung umgeschichtet. Es steigt also die Anzahl der Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau und die Anzahl von Arbeitskräften mit mittlerem Ausbildungsniveau geht in gleichem Maße zurück. Um diesen Zusammenhang empirisch überprüfen zu können, werden Daten über die Anteile hoch qualifizierter Arbeitskräfte an der Bevölkerung in einem Land und eine Maßzahl über die Wahrscheinlichkeit der Auswanderung für hoch qualifizierte Arbeitskräfte benötigt.32 Würde zwischen beiden Größen eine positive Korrelation gefunden, deutete dies darauf hin, 32 Während Daten über die Anteile der hoch qualifizierten Arbeitskräfte an der Bevölkerung zur Verfügung stehen [siehe z. B. OECD (2007a)], bedarf es für die Wahrscheinlichkeiten der Auswanderung der genauen Ermittlung von Kennziffern. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird auf die konkrete empirische Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Auswanderungswahrscheinlichkeit und Ausbildungsniveau verzichtet.

200

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

dass mit steigender Wahrscheinlichkeit, dass hoch qualifizierte Arbeitskräfte auswandern können, auch der Anteil hoch qualifizierter Arbeitskräfte steigt. Allerdings kann hier die Frage nach der Kausalität nicht eindeutig beantwortet werden. Es ist auch möglich, dass die konkrete Ausgestaltung der Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer für die jeweiligen Auswanderungsländer nicht unabhängig vom Bildungsstand im Auswanderungsland ist. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass eine Scheinkorrelation vorliegt, die einen positiven Zusammenhang zwischen der Wahrscheinlichkeit der Auswanderung und dem Anteil hoch qualifizierter Arbeitskräfte in einer Volkswirtschaft behauptet. Es ist möglich, dass die Internationalisierung der Güter- und Faktormärkte sowohl zu einer steigenden Mobilität der Arbeitskräfte im Land selbst (und damit letztlich auch international) als auch zu einer steigenden Bedeutung von Humankapital führt, welche wiederum den Anteil hoch qualifizierter Arbeitskräfte an der Bevölkerung erhöht. Andererseits ist es ebenso möglich, dass Arbeitskräftewanderungen die Folge einer zu geringen Flexibilität (Internationalisierung) der Gütermärkte sind.33 Wird empirisch ein robuster positiver Zusammenhang zwischen der Wahrscheinlichkeit einer Auswanderung und dem Anteil hoch qualifizierter Arbeitskräfte an der Bevölkerung gefunden, stellt sich weiterhin die Frage, wie sich dies auf das wirtschaftliche Wachstum einer Volkswirtschaft auswirkt und welche Wachstumseffekte entstehen, wenn die Anzahl der hoch qualifizierten Arbeitskräfte steigt, während die Anzahl der Arbeitskräfte mit einem mittleren Ausbildungsniveau zurückgeht. Darüber hinaus ist zu klären, ob der entstehende Wachstumseffekt von dem relativen Technologieniveau einer Volkswirtschaft abhängt.

6.3 Würdigung der modelltheoretischen Untersuchungen „Can [this] be viewed as a summary of things that are known about economic growth? After all, [it is] simply a sketch of some of the properties of mathematical models, purely fictional worlds, that certain economists have invented. How does one acquire knowledge about reality by working in one’s office with pen 33 Es hängt davon ab, ob internationaler Güterhandel und Migration Substitute oder Komplemente sind. Ist internationaler Handel die Folge unterschiedlicher Faktorausstattungen (Heckscher-Ohlin-Modell), sind Handel und Migration Substitute, da es infolge eines Güterhandels zu einem Faktorpreisausgleich kommt. Ist internationaler Handel dagegen die Folge von Unterschieden in den Produktionstechnologien zweier Länder, sind Handel und Migration Komplemente. Empirisch ist der Zusammenhang zwischen Handel und Migration nicht eindeutig geklärt. Collins et al. (1999) kommen in ihrer empirischen Arbeit zu dem Ergebnis, dass Handel und Migration in der Vergangenheit Komplemente und keine Substitute waren. Vgl. Collins et al. (1999), Venables (1999).

6.3 Würdigung der modelltheoretischen Untersuchungen

201

and paper? There is more to it, of course: Some of the numbers I have cited are products of decades-long research projects, and all of the models I have reviewed have sharp implications that could be, and have not been, compared to observation. Even so, I think this incentive, model-building process we are engaged in is an essential one, and I cannot imagine how we could possibly organize and make use of the mass of data available to us without it. If we understand the process of economic growth – or of anything else – we ought to be capable of demonstrating this knowledge by creating it in these pen and paper (and computerequipped) laboratories of our. If we know what an economic miracle is, we ought to be able to make one.“ (Lucas, 1993, S. 271).

Das Hauptergebnis der theoretischen Analyse der vorliegenden Arbeit besteht in der Feststellung, dass die Berücksichtigung technologischer Entwicklungen für die Beurteilung von Wachstumseffekten internationaler Migration eine wichtige Rolle spielt. Wird mit Modellen endogenen Wachstums mit Kapitalakkumulation gearbeitet, sind die Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für Auswanderungsländer nicht bestimmbar. Der Gesamteffekt kann positiv oder negativ sein, je nachdem, ob der Anreizeffekt den Abwanderungseffekt übersteigt oder ob der Abwanderungseffekt größer ist als der Anreizeffekt. Die Einbeziehung internationaler Humankapitalwanderungen in Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt zeigt dagegen, dass unter Berücksichtigung technologischer Entwicklungen die Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen greifbar werden. Die für die Auswanderungsländer infolge selektiver Immigrationsbestimmungen entstehenden Wachstumseffekte hängen entscheidend von der Höhe ihres Technologieniveaus ab. Es wurde deutlich, dass selektive Immigrationsbestimmungen für Volkswirtschaften, welche einen relativ geringen Entwicklungsstand aufweisen, mit Wachstumseinbußen verbunden sind. Mit steigendem Technologieniveau eines Auswanderungslandes werden diese Verluste kleiner. Ab einem bestimmten Technologieniveau ist es – entsprechend dem Grundmodell – möglich, dass für das Auswanderungsland Wachstumsgewinne infolge selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern entstehen. Eine empirische Überprüfung dieser modelltheoretischen Ergebnisse ist mit Schwierigkeiten verbunden. Im Rahmen der theoretischen Analyse wurden einige beobachtbare Phänomene ausgeklammert oder nur am Rande berücksichtigt, so dass eine Ableitung konkreter politischer Empfehlungen problematisch erscheint. Es ist unbestritten, dass die Abstraktion einen inhärenten Bestandteil der Modellbildung darstellt. Um Wirkungszusammenhänge aufzeigen zu können, muss im Rahmen der Theoriebildung notwendigerweise von der Realität abstrahiert werden: „. . . formal theorizing almost always proceeds at some intellectual distance from what is known empirically [. . .]. If the hallmark of appreciative theory is story-

202

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

telling that is close to the empirical details, the hallmark of formal theorizing is an abstract structure set up to enable one to explore, find, and check proposed logical connections.“ (Nelson, 2005, S. 13).

Im Folgenden werden einige Überlegungen zu der Frage angestellt, wie sich die Ergebnisse der modelltheoretischen Analyse unter Berücksichtigung verschiedener empirischer Phänomene verändern würden. In den Modellen der vorliegenden Arbeit wurden jeweils zwei Volkswirtschaften betrachtet: ein Einwanderungsland und ein Auswanderungsland. Es wurde davon ausgegangen, dass in das Einwanderungsland nur eingewandert wird und dass aus dem Auswanderungsland nur ausgewandert wird. Eine gleichzeitige Aus- und Einwanderung wurde nicht berücksichtigt. Empirisch ist die Klassifikation nach Aus- und Einwanderungsland nicht immer eindeutig, da in die meisten Länder sowohl Immigrationen als auch Emigrationen stattfinden. Damit ist es möglich, dass sich die Effekte von Aus- und Einwanderungen ausgleichen. Kritisiert werden muss also die statische Sicht der modelltheoretischen Analysen, wonach die eine Volkswirtschaft nur Einwanderungen erfährt und die andere Volkswirtschaft nur Auswanderungen. Damit hängt auch die Vorstellung zusammen, dass das Auswanderungsland das Einwanderungsland technologisch zwar einholen, aber nicht überholen kann (siehe auch Abschnitt 5.5). Das Technologieniveau des Einwanderungslandes stellte in den Kapiteln 4 und 5 den „Anker“, also das maximal erreichbare Technologieniveau des Auswanderungslandes, dar. Damit wurde also nur ein bestimmter Ausschnitt des Entwicklungspfades betrachtet, da es grundsätzlich möglich ist, dass das Auswanderungsland das Einwanderungsland technologisch überholt (und dann auch kein Auswanderungsland mehr wäre). Die Möglichkeiten und Voraussetzungen eines solchen Überholens zu untersuchen, wäre insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrungen in Ländern wie Japan oder China, die technologisch nicht nur aufgeholt haben, sondern teilweise auch technologische Führerschaft erlangen, wichtig. Im Grundmodell und in den Modellen endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt wurde davon ausgegangen, dass Ausbildung privat finanziert wird. Jedes Wirtschaftssubjekt trifft eine Entscheidung darüber, ob es in ein spezifisches Ausbildungsprogramm investiert oder nicht. Die Kosten der Ausbildung werden von jedem Wirtschaftssubjekt selbst getragen. Sie wurden interpretiert als Kosten, die während der Arbeitszeit anfallen. Würde eine (teilweise) staatliche Finanzierung der Ausbildung berücksichtigt, entstünden durch eine Auswanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte steigende Verluste für das Auswanderungsland. Es wäre nicht mehr nur der Verlust von Humankapital, welcher sich im Auswanderungsland ne-

6.3 Würdigung der modelltheoretischen Untersuchungen

203

gativ auf das wirtschaftliche Wachstum auswirken würde, sondern hinzu kämen weitere Verluste, da die Gesellschaft Kosten der Ausbildung trüge, die Erträge dann aber im Einwanderungsland anfielen. Im Grundmodell wird der Anreizeffekt durch die staatliche Finanzierung der Ausbildung beeinflusst. Wird die Ausbildung über eine Staatsverschuldung finanziert und wird vereinfachend davon ausgegangen, dass diese Verschuldung innerhalb des Betrachtungszeitraumes nicht zurückgezahlt werden muss, führt die staatliche Finanzierung der Ausbildung zu einem steigenden Anteil ausgebildeter Wirtschaftssubjekte an der Bevölkerung, da die staatliche Defizitfinanzierung für jeden Einzelnen die Kosten der Ausbildung senkt und damit den erwarteten Ertrag der Ausbildung erhöht. Das Problem der Staatsverschuldung wird bei dieser Betrachtung allerdings vollständig ausgeblendet. Wird die Ausbildung hingegen über Steuereinnahmen finanziert, hängt die Richtung und Stärke der Beeinflussung des Anreizeffektes davon ab, wie das Steuersystem ausgestaltet ist. Dabei wäre es grundsätzlich denkbar, die Kosten der Ausbildung für die einzelnen Wirtschaftssubjekte in Abhängigkeit von den individuellen Fähigkeiten so zu beeinflussen, dass der Anteil der ausgebildeten Wirtschaftssubjekte an der Bevölkerung gegenüber einer privaten Finanzierung der Ausbildung ansteigt. Der negative Abwanderungseffekt bliebe allerdings bestehen und wäre wie bei der Staatsverschuldung größer als im Falle einer privaten Finanzierung. Im Rahmen des Modells endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt in Abschnitt 4.5 wurde davon ausgegangen, dass die Kosten der Ausbildung für alle Wirtschaftssubjekte die gleiche Höhe haben, während die Lohnsätze aufgrund sich verändernder Grenzproduktivitäten für alle Wirtschaftssubjekte verschieden sind. Eine defizitfinanzierte staatliche Förderung der Ausbildung würde auch hier zu einer Reduktion der Ausbildungskosten für jedes einzelne Wirtschaftssubjekt führen. Eine zunehmende Anzahl an Arbeitskräften, die über mittlere Ausbildung verfügen, würde in eine hohe Ausbildung investieren. Im Rahmen des Abschnitts 4.5 wurde deutlich, dass die Wachstumswirkungen eines steigenden Anteils hoch qualifizierter Arbeitskräfte (bei gleichzeitig sinkendem Anteil von Arbeitskräften mit mittlerem Ausbildungsniveau) vom relativen Technologieniveau im Auswanderungsland abhängen. Ist dieses Technologieniveau gering, so ist eine steigende Umschichtung von mittlerer Ausbildung hin zu hoher Ausbildung mit Wachstumsverlusten verbunden. Da der Abwanderungseffekt ebenfalls eindeutig negativ ist, ist eine staatliche Finanzierung der hohen Ausbildung für Volkswirtschaften mit einem

204

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

niedrigen Technologieniveau mit Wachstumsverlusten verbunden. Gegenüber dem Modell mit der privaten Finanzierung der hohen Ausbildung sind die Wachstumsverluste gestiegen. Anders verhält es sich in Volkswirtschaften mit relativ hohem Technologieniveau. In dieser Situation wirkt sich eine staatliche Defizitfinanzierung der hohen Ausbildung positiv auf die Wachstumsrate aus, da Arbeitskräfte mit dem hohen Ausbildungsniveau für das Wirtschaftswachstum wichtiger sind als Arbeitskräfte mit dem mittleren Ausbildungsniveau. In Hinblick auf eine steuerfinanzierte staatliche Förderung der Ausbildung wäre es auch hier möglich, durch eine gezielte Steuerpolitik die Richtung und Stärke des Anreizeffektes zu beeinflussen. In Volkswirtschaften, die über ein geringes (hohes) relatives Technologieniveau verfügen, könnte über eine Steuerpolitik der Anteil der Arbeitskräfte mit mittlerem (hohem) Ausbildungsniveau erhöht werden. Der negative Abwanderungseffekt bliebe allerdings auch hier bestehen. Neben der Berücksichtigung einer (teilweisen) staatlichen Ausbildungsfinanzierung wäre auch die Analyse der Bedeutung von Arbeitslosigkeit interessant. Beispielsweise ist die Auswanderung von Arbeitskräften, die in ihrem Heimatland arbeitslos waren und im Gastland eine Beschäftigung finden, nicht mit Wachstumsverlusten für das Auswanderungsland verbunden. Da es sich bei den Modellen endogenen Wachstums um neoklassische Modelle handelt, also Vollbeschäftigung unterstellt wird, entzieht sich die Problematik der Unterbeschäftigung hier einer modelltheoretischen Analyse. Ebenfalls nicht berücksichtigt wird die Möglichkeit, dass Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau im Auswanderungsland Unternehmen gründen, wenn sie nicht auswandern können. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die internationale Migration in der vorliegenden Arbeit als ein Prozess angesehen wird, der langfristiger Natur ist. Betrachtet wird nur die dauerhafte Wohnortänderung von Menschen; kurzfristige – oder temporäre – Wanderungen werden nicht berücksichtigt. Genauso bleibt die Rückwanderung von Migranten in ihr Heimatland unbeachtet. Es kann davon ausgegangen werden, dass beide Phänomene – temporäre Wanderungen und die Rückwanderung von Migranten in ihr Heimatland – empirisch die Wachstumsverluste von Humankapitalwanderungen für ein Auswanderungsland abschwächen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass in der vorliegenden Arbeit der Begriff der wirtschaftlichen Entwicklung implizit mit dem Begriff des wirtschaftlichen Wachstums gleichgesetzt wird. Dies stellt eine stark vereinfachte Sicht des Entwicklungsprozesses dar. Verteilungsaspekte und umweltökonomische Fragestellungen werden bei dieser Betrachtung nicht berücksichtigt. Das Ziel ist die Erhöhung des wirtschaftlichen Wachstums in

6.3 Würdigung der modelltheoretischen Untersuchungen

205

einer Volkswirtschaft; wohlfahrtstheoretische Überlegungen werden weitgehend ausgeklammert. Darüber hinaus findet im Rahmen der betrachteten Modelle keine Auseinandersetzung mit der Rolle von Institutionen statt (Dunn (2000), Oberender/Christl, 1999, S. 25 f.). Es wird unterstellt, dass wichtige Institutionen in den Volkswirtschaften vorhanden sind und effiziente Märkte existieren. Eine große Rolle spielen dabei internationale Finanzmärkte. In den realen Modellen endogenen Wachstums werden vollkommen effiziente Finanzmärkte unterstellt. Da hier annahmegemäß keine Ressourcen verbraucht werden, bedarf der gesamte monetäre Sektor keiner genauen Untersuchung und werden monetäre Aspekte aus der Analyse ausgeklammert. Wichtig erscheint darüber hinaus die Ableitung konkreter politischer Empfehlungen aus den Ergebnissen der modelltheoretischen Überlegungen. Es wurde bereits diskutiert, dass die Ableitung solcher Empfehlungen nicht möglich ist, da die Frage nach der zugrunde liegenden gesellschaftlichen Zielfunktion nicht hinreichend geklärt ist. Richtet sich die Ausgestaltung der Immigrationsbestimmungen nach nationalstaatlichen Interessen der Einwanderungsländer, eignen sich selektive Immigrationsbestimmungen zur Wohlfahrtsmaximierung im Einwanderungsland. Wird hingegen die gesellschaftliche Wohlfahrt des Auswanderungslandes berücksichtigt beziehungsweise stellt das Ziel die Maximierung der Weltwohlfahrt dar, muss bei Ausgestaltung der Immigrationsbestimmungen der Länder berücksichtigt werden, dass die gezielte Anwerbung hoch qualifizierter Arbeitskräfte für die Auswanderungsländer mit Wachstumseinbußen verbunden sein kann. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde davon ausgegangen, dass das Konzept des wirtschaftlichen Wachstums als Annäherung an ein Wohlfahrtskonzept angesehen werden kann. Wachstumseinbußen für ein Auswanderungsland sind umso wahrscheinlicher, je geringer das relative Technologieniveau des jeweiligen Auswanderungslandes gemessen an der Volkswirtschaft mit dem maximalen Technologieniveau ist. Im Rahmen einer Analyse der globalen Wohlfahrtseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen stellt sich auch die Frage nach unterschiedlichen Einwanderungspolitiken für Länder mit verschiedenen Technologieniveaus und etwaigen Kompensationszahlungen für Volkswirtschaften, die aufgrund der Einwanderungspolitik Verluste erleiden. Ist die Wohlfahrtsfunktion einer Volkswirtschaft das Aggregat der individuellen Nutzenfunktionen ihrer Bevölkerung, führen unterschiedliche Bevölkerungsgrößen zu einer ungleichen Gewichtung der gesellschaftlichen Wohlfahrt des Ein- und Auswanderungslandes. Hat das Einwanderungsland eine größere Bevölkerung als das Auswanderungsland, ist es denkbar, dass aufgrund einer damit verbundenen stärkeren Gewichtung der gesellschaft-

206

6 Überlegungen zur empirischen Evidenz

lichen Wohlfahrt im Einwanderungsland selektive Immigrationsbestimmungen zu einer Erhöhung der Weltwohlfahrt führen. In diesem Fall werden die Wohlfahrtsverluste im Auswanderungsland durch Wohlfahrtsgewinne im Einwanderungsland überkompensiert. Hieraus lässt sich möglicherweise die Forderung ableiten, dass das Einwanderungsland unterschiedliche Einwanderungsbestimmungen für verschiedene Länder festlegt. Alternativ könnten selektive Immigrationsbestimmungen mit Kompensationszahlungen der Einwanderungsländer an Auswanderungsländer verbunden werden. Beides bedarf jedoch einer genauen vorhergehenden empirischen Analyse der entstehenden Wohlfahrtseffekte. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Konzepte wie das der gesellschaftlichen Wohlfahrt für die Welt als Ganzes als Grundlage für politische Entscheidungsprozesse dienen oder dienen werden. Hier ist vielmehr davon auszugehen, dass nationalstaatlichen Interessen eine steigende Bedeutung zukommen wird. Je stärker sich die Volkswirtschaften in die Weltwirtschaft integrieren, umso weniger Erfolg versprechend wird jedoch eine politisch festgelegte Begrenzung von Arbeitskräftewanderungen werden. Ein durch die Politik auf den Bereich der hoch qualifizierten Arbeitskräfte beschränkter Wettbewerb ist nur über einen gewissen Zeitraum aufrechtzuerhalten. Kommt es zu einer steigenden Bedeutung selektiver Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer, so wird mit der Zeit auch der Druck steigen, internationale Wanderungen gering qualifizierter Arbeitskräfte zuzulassen, da hier ein beträchtliches Potential für Wohlstandssteigerungen nicht nur in den Auswanderungsländern, sondern auch für die einzelnen Migranten existiert. Die Herausforderung besteht dabei darin, die potentiellen Gewinne internationaler Arbeitskräftewanderungen – sowohl hoch als auch gering qualifizierter Arbeitskräfte – zu erkennen. Der Beitrag, den die Wissenschaft hier leisten kann, besteht darin, diese potentiellen Gewinne für alle beteiligten Volkswirtschaften aufzuzeigen. Ähnlich wie im Bereich des internationalen Güterhandels können wissenschaftliche Arbeiten deutlich machen, unter welchen Bedingungen mit einer unbeschränkten internationalen Migration Gewinne sowohl für das Einwanderungsland als auch für das Auswanderungsland verbunden sein können. Beim internationalen Güterhandel herrschte lange die Sichtweise vor, dass ein beschränkter Handel mit Gütern die gesellschaftliche Wohlfahrt maximiert. Von der Politik wurden Zölle und nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen aufrecht erhalten. Wissenschaftliche Arbeiten zeigten dann die Vorteile eines unbeschränkten Güterhandels auf. Zumindest zum Teil dürften diese wissenschaftlichen Untersuchungen dazu beigetragen haben, dass sich die Vorstellung eines die Wohlfahrt maximierenden freien Güterhandels zu einem großen Teil auch in der Politik durchgesetzt hat.

6.3 Würdigung der modelltheoretischen Untersuchungen

207

Die vorliegende Arbeit hat anhand theoretischer Überlegungen gezeigt, dass mit einer auf die Mobilität hoch qualifizierter Arbeitskräfte beschränkten Immigrationspolitik eines Einwanderungslandes nur dann keine Wachstumsverluste für ein Auswanderungsland verbunden sind, wenn dieses einen relativ geringen technologischen Abstand zum Einwanderungsland aufweist. Je ähnlicher sich die Volkswirtschaften sind, umso eher entstehen infolge der selektiven Immigrationsbestimmungen keine Wachstumsverluste für das Auswanderungsland. Allerdings wird auch der Wanderungsanreiz umso geringer, je kleiner der technologische Abstand zwischen den Volkswirtschaften ist.

7 Schlussbemerkungen Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Wachstumseffekte internationaler Humankapitalwanderungen theoretisch herauszuarbeiten. Die Konzentration lag dabei auf der Untersuchung der Auswirkungen von Wanderungen auf die wirtschaftliche Entwicklung von Auswanderungsländern. Als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung wurde die Wachstumsrate einer Volkswirtschaft herangezogen. Ausgangspunkt der Analyse war die Beobachtung, dass Einwanderungsländer in zunehmendem Maße versuchen, ihre Immigrationsbestimmungen derart zu gestalten, dass vor allem hoch qualifizierte Menschen in die jeweilige Volkswirtschaft einwandern. Festzustellen ist also eine zunehmende Konkurrenz um hoch qualifizierte Einwanderer. Selektive Immigrationsbestimmungen wurden in den theoretischen Teilen wie folgt modelliert: es wurde davon ausgegangen, dass Wirtschaftssubjekte mit einem genau spezifizierten Ausbildungsniveau mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit aus ihrem Heimatland in das Einwanderungsland einwandern dürfen. Verfügt ein Wirtschaftssubjekt nicht über diese Ausbildung, so ist die Wanderungswahrscheinlichkeit Null. Im zweiten Kapitel wurden zunächst Ansätze zur Erklärung der Migrationsentscheidung vorgestellt. Im Anschluss wurden die Effekte von Arbeitskräftewanderungen in der neoklassischen Theorie untersucht. Der Abschnitt 2.3 wendete sich den Wachstumseffekten internationaler Arbeitskräftewanderungen im neoklassischen Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) zu. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde deutlich, dass sich das Modell von Solow (1956) und Swan (1956) aufgrund der Exogenität der Wachstumsrate für die weitere Analyse nicht eignet. Modelle endogenen Wachstums erklären die Höhe des wirtschaftlichen Wachstums in einer Volkswirtschaft. Es lassen sich zwei Modellgruppen unterscheiden: Akkumulationsmodelle und Modelle des technischen Fortschritts. In Akkumulationsmodellen wird davon ausgegangen, dass es aufgrund von konstanten oder steigenden Skalenerträgen und/oder externen Effekten nicht zu einer abnehmenden Grenzproduktivität der Produktionsfaktoren kommt und damit eine dauerhafte Akkumulation der Faktoren möglich ist. Das Humankapital spielt in diesen Modellen eine wichtige Rolle. In den Modellen des technischen Fortschritts werden Verbesserungen

7 Schlussbemerkungen

209

der Technologie als das Resultat ökonomischer Entscheidungen angesehen und die Anreize, in neue Technologien zu investieren, modelliert. Im dritten Kapitel wurde ein Modell endogenen Wachstums mit Kapitalakkumulation (das Grundmodell) vorgestellt, welches die Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für Auswanderungsländer analysiert. Es wurde gezeigt, dass die Auswanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte zwei gegenläufige Wachstumseffekte mit sich bringt: einen positiven Wachstumseffekt (den Anreizeffekt) und einen negativen Wachstumseffekt (den Auswanderungseffekt). Da die Akkumulation von Humankapital zu wirtschaftlichem Wachstum führt, wirkt sich die Auswanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte negativ auf das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland aus, wenn der Volkswirtschaft der das Wachstum begründende Faktor Humankapital verloren geht. Dieser negative Zusammenhang zwischen der Abwanderung von Humankapital und Wirtschaftswachstum wird im Grundmodell „Drain-Effekt“ genannt. Der „Brain-Effekt“ beschreibt im Gegensatz dazu einen positiven Wachstumseffekt, der infolge selektiver Immigrationsbestimmungen eines Einwanderungslandes für ein Auswanderungsland entsteht. Eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Auswanderung führt bei den Wirtschaftssubjekten im Auswanderungsland zu einem steigenden erwarteten Ertrag der Ausbildung und damit zu einem steigenden Anreiz, in die Akkumulation von Humankapital zu investieren. Dieser Anreizeffekt hat zur Folge, dass im Auswanderungsland mehr Humankapital gebildet wird, wenn die Möglichkeit einer Auswanderung besteht. Je nachdem, welcher der beiden Effekte größer ist, geht mit steigender Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte ein insgesamt positiver (der Anreizeffekt ist größer als der Auswanderungseffekt) oder ein insgesamt negativer Wachstumseffekt (der Auswanderungseffekt ist größer als der Anreizeffekt) einher. An die Vorstellung des Grundmodells schloss sich in Abschnitt 3.4 eine kritische Würdigung dieses Modells an. Ein Kritikpunkt war die Nichtberücksichtigung technologischer Entwicklungen in Volkswirtschaften. Im Grundmodell wurde angenommen, dass eine der beiden betrachteten Volkswirtschaften über einen Technologievorsprung verfügt und aufgrund dessen zum Einwanderungsland wird. Es wurde davon ausgegangen, dass dieser Technologievorsprung über die Zeit unverändert bestehen bleibt. An der Annahme der Exogenität der Technologie knüpften die Überlegungen der folgenden Kapitel an. Im vierten Kapitel wurden Modelle endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt untersucht. Im Anschluss

210

7 Schlussbemerkungen

an die Darstellung des Innovationsmodells von Romer (1990) und des Imitationsmodells von Nelson und Phelps (1966) wurden diese beiden Modelle in einem Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen zusammengeführt. Ziel dieser Zusammenführung war es, die Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen eines Einwanderungslandes für ein Auswanderungsland unter Berücksichtigung technologischer Entwicklungen zu analysieren. Das Auswanderungsland realisiert einen technischen Fortschritt einerseits in der Folge von Innovationen („eigenem“ technischen Fortschritt) und andererseits in der Folge von Imitationen („fremdem“ technischen Fortschritt). Um die Wachstumseffekte von Humankapitalwanderungen untersuchen zu können, wurde in einem nächsten Schritt die Humankapitalbildung endogenisiert. Kapitel 4 ging zunächst von einem gegebenen Humankapitalbestand aus. Im Abschnitt 4.5 wurde die Entscheidung der Humankapitalbildung in das Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen aufgenommen. Es wurde dabei – gemäß der Vorgehensweise in Kapitel 3 – davon ausgegangen, dass ein Wirtschaftssubjekt unter Inkaufnahme bestimmter Kosten in ein spezifisches Ausbildungsprogramm investieren kann. Im Gegensatz zum Grundmodell sind hier nicht die Kosten der Ausbildung von Wirtschaftssubjekt zu Wirtschaftssubjekt unterschiedlich (während der erwartete Ertrag der Ausbildung für alle die gleiche Höhe hat), sondern es sind die Erträge, die aufgrund sich verändernder Lohnsätze für alle Wirtschaftssubjekte unterschiedlich sind (während die Kosten für alle die gleiche Höhe haben). Im fünften Kapitel wurden dann die Wachstumseffekte von Humankapitalwanderungen in den verschiedenen Modellen endogenen Wachstums mit technischem Fortschritt untersucht. Da bei Romer (1990) die Ausstattung mit Humankapital exogen ist, findet eine Veränderung des Humankapitalbestandes außerhalb des Modells statt und kann folglich nicht erklärt werden. Eine Reduktion des Humankapitalbestandes führt im Innovationsmodell zu einem sinkenden Einsatz von Humankapital im Forschungssektor. Da in diesem Sektor Ideen entwickelt werden, welche einen technischen Fortschritt begründen, führt die Reduktion des Humankapitalbestandes zu einer Reduktion der gleichgewichtigen Wachstumsrate. Umgekehrt führt eine exogene Erhöhung des Humankapitalbestandes zu einer Erhöhung der gleichgewichtigen Wachstumsrate. Ähnliche Zusammenhänge gelten für das Imitationsmodell von Nelson und Phelps (1966). Auch hier wirkt sich eine Reduktion des ebenfalls als exogen angenommenen Humankapitalbestandes negativ aus. Beeinflusst

7 Schlussbemerkungen

211

wird allerdings nicht die gleichgewichtige Wachstumsrate (diese entspricht im Auswanderungsland der gegebenen Wachstumsrate im Einwanderungsland), sondern die gleichgewichtige Technologielücke. Diese ist umso höher, je geringer die Humankapitalausstattung im Auswanderungsland ist. Umgekehrt hat eine Erhöhung des Humankapitalbestandes positive Auswirkungen, da sich durch die steigende Ausstattung mit Humankapital die Möglichkeiten der Technologieadaption verbessern und die gleichgewichtige Technologielücke sinkt, das heißt das relative Technologieniveau zwischen dem Auswanderungs- und dem Einwanderungsland ansteigt. Es wurde gezeigt, dass neben der Technologieadaption die Technologiediffusion eine wichtige Rolle spielt. Kommt es aufgrund fehlenden Güterhandels zwischen den Volkswirtschaften nicht zur Übertragung von Technologien aus dem Einwanderungs- in das Auswanderungsland, führt eine steigende Ausstattung mit Humankapital im Auswanderungsland nicht zu einem steigenden relativen Technologieniveau, da die Technologien nicht zur Verfügung stehen. Der Faktor Humankapital ermöglicht die Adaption von bereits ins Auswanderungsland diffundierten Technologien. Innerhalb des Modells mit Innovationen und Imitationen wurde zwischen einem Einsatz von Humankapital zur Durchführung von Imitationen und einem Einsatz von Humankapital zur Durchführung von Innovationen unterschieden. Es wurde deutlich, dass technischer Fortschritt im Auswanderungsland bei niedrigem Entwicklungsniveau vor allem auf Imitationen zurückzuführen ist und die Bedeutung von Innovationen mit sinkender Technologielücke zwischen Auswanderungs- und Einwanderungsland ansteigt. Insofern kommt dem Humankapital, welches zur Durchführung von Imitationen eingesetzt wird, in niedrigen Entwicklungsstufen eine größere Bedeutung zu als in hohen und vice versa. Der Faktor Humankapital wurde hier allerdings noch als ein homogener Produktionsfaktor angesehen, der in die Produktion von Innovationen und Imitationen gleichermaßen eingesetzt werden kann. Die Untersuchung der Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für Auswanderungsländer erfolgte in Abschnitt 5.4 im Rahmen des Modells endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung. Dabei wurden Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau und Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau unterschieden und es wurde davon ausgegangen, dass Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau produktiver in der Durchführung von Imitationen eingesetzt werden können und Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau produktiver sind in der Herstellung von Innovationen. Da die Bedeutung von Innovationen und Imitationen vom relativen Technologieniveau im Auswanderungsland ab-

212

7 Schlussbemerkungen

hängt, verändert sich mit einer Veränderung dieses Technologieniveaus auch die relative Bedeutung von Arbeitskräften mit mittlerem und Arbeitskräften mit hohem Ausbildungsniveau. Es wurde darüber hinaus davon ausgegangen, dass Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau die Entscheidung treffen, unter Aufwendung bestimmter Kosten einer hohen Ausbildung in diese zu investieren. Die Kosten einer hohen Ausbildung haben für alle Wirtschaftssubjekte die gleiche Höhe, während sich die Erträge der Ausbildung verändern, da die Lohnsätze veränderbar sind. Ein Wirtschaftssubjekt wird dann in eine hohe Ausbildung investieren, wenn die Erträge einer hohen Ausbildung deren Kosten übersteigen. Im Rahmen des Abschnitts 5.4 wurde gezeigt, dass die folgenden Wachstumseffekte von selektiven Immigrationsbestimmungen der Einwanderungsländer für die Auswanderungsländer ausgehen: • Es existiert – wie im Grundmodell – ein negativer Wachstumseffekt. Dieser entsteht, da infolge der Auswanderung die Ausstattung mit Humankapital im Auswanderungsland zurückgeht. Der „Drain-Effekt“ bleibt also bestehen. • Der Wachstumseffekt, welcher im Grundmodell beobachtet und „BrainEffekt“ genannt wurde, hängt jetzt vom relativen Technologieniveau des Auswanderungslandes ab. Der Anreizeffekt kann hier sowohl positiv als auch negativ sein. Ist das relative Technologieniveau gering, führt der Anreizeffekt zu einer Verstärkung des „Drain-Effektes“, da Arbeitskräfte mit mittlerem Ausbildungsniveau aufgrund der Bedeutung von Imitationen für das Auswanderungsland wichtiger sind als Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau. Die selektiven Immigrationsbestimmungen lösen Substitutionseffekte aus weg von mittlerer Ausbildung und hin zu hoher Ausbildung; es kommt zu einer Umschichtung von mittlerer Ausbildung zu hoher Ausbildung. Dies wiederum hat dann negative Auswirkungen auf die Wachstumsrate, wenn das relative Technologieniveau im Auswanderungsland gering ist. Ist das Technologieniveau im Auswanderungsland dagegen relativ hoch, ist der Anreizeffekt positiv, da für die Volkswirtschaft in dieser Situation Innovationen wichtiger sind als Imitationen und die zusätzlichen Arbeitskräfte mit hohem Ausbildungsniveau relativ intensiv in der Herstellung von Innovationen eingesetzt werden. Dies heißt also, dass die Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen eindeutig negativ sind, wenn das betrachtete Auswanderungsland ein relativ niedriges Technologieniveau aufweist. Mit steigendem Technologieniveau im Auswanderungsland wird es möglich, dass mit selektiven Immigrationsbestimmungen positive Wachstumseffekte für das Auswanderungsland einhergehen, da der Anreizeffekt positiv wird

7 Schlussbemerkungen

213

und damit prinzipiell den auch hier negativen Auswanderungseffekt übersteigen kann. Die modelltheoretischen Untersuchungen der Kapitel 4 und 5 machten damit deutlich, dass sich bei Berücksichtigung unterschiedllicher technologischer Entwicklungen in den beiden Volkswirtschaften die Beurteilung selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für Auswanderungsländer verändern kann. Während der Stand der Technologie in den betrachteten Volkswirtschaften im Grundmodell als gegeben angenommen wurde, wurden technologische Entwicklungen in den Ländern im Rahmen der Analyse der Kapitel 4 und 5 explizit aufgenommen. Es wurde deutlich, dass die Wachstumseffekte selektiver Immigrationsbestimmungen für ein Auswanderungsland dann eindeutig negativ sind, wenn es ein niedriges relatives Technologieniveau und damit einen relativ geringen Entwicklungsstand aufweist. Dies bedeutet, dass die zunehmende Konkurrenz um hoch qualifizierte Arbeitskräfte sich vor allem für Volkswirtschaften negativ auswirkt, die „noch relativ wenig entwickelt“ sind. Für Auswanderungsländer mit relativ hohem Technologieniveau sind die Wachstumseffekte genauso wie im Grundmodell nicht eindeutig bestimmbar. Der Gesamteffekt der selektiven Immigrationsbestimmungen kann für diese Länder positiv oder negativ sein. Im sechsten Kapitel wurden die Politikimplikationen der vorliegenden Arbeit diskutiert. Ein wichtiges Ergebnis war dabei die Feststellung, dass sich aus den theoretischen Untersuchungen nur mit Schwierigkeiten Empfehlungen für politische Entscheidungsprozesse ableiten lassen, da die Frage nach einer gesellschaftlichen Zielfunktion einer genaueren Untersuchung bedarf. Im theoretischen Teil stand die Wachstumsrate im Auswanderungsland im Mittelpunkt der Untersuchung und es wurde die Frage beantwortet, wie sich eine Immigrationspolitik, die vom Einwanderungsland festgelegt wird, auf das wirtschaftliche Wachstum im Auswanderungsland auswirkt. Das Problem besteht dabei darin, dass die Einwanderungsländer mit der Ausgestaltung ihrer Politiken die Maximierung ihrer eigenen gesellschaftlichen Wohlfahrt zum Ziel haben. Es stellt sich also die Frage nach dem Referenzrahmen. Wird als dieser die Maximierung der Weltwohlfahrt angesehen, sind selektive Immigrationsbestimmungen unter den diskutierten Bedingungen abzulehnen. Im sechsten Kapitel folgte dann die Analyse der empirischen Evidenz der Wachstumswirkungen selektiver Immigrationsbestimmungen von Einwanderungsländern für Auswanderungsländer anhand empirischer Arbeiten aus der Literatur und die Würdigung der modelltheoretischen Untersuchungen.

214

7 Schlussbemerkungen

Bisherige empirische Studien berücksichtigen nicht die hier modelltheoretisch abgeleiteten Zusammenhänge zwischen Wirtschaftswachstum, verschiedenen Arten von Humankapital und dem relativen Technologieniveau. Finden diese Zusammenhänge Bestätigung durch empirische Untersuchungen, sollten die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Politikimplikationen Eingang in die Migrationspolitik finden. Auch wäre dann die Forderung berechtigt, bei der Ausgestaltung von Einwanderungsbestimmungen die Interessen aller an den Wanderungen beteiligten Staaten zu berücksichtigen. Daraus erwächst die Hoffnung, dass die vorliegende Arbeit einen Beitrag für ein damit verbundenes Umdenken in der Migrationspolitik leisten kann.

Anhang A.1 Ein einheitlicher Modellrahmen Auswanderungsland (kleine Volkswirtschaft)

Einwanderungsland

exogener Produktivitätsvorteil → höherer Lohnsatz je Effizienzeinheit: w I

nicht ausgebildete Arbeitskräfte Ausbildungsentscheidung ausgebildete Arbeitskräfte

Wahrscheinlichkeit m auszuwandern selektive Immigrationsbestimmungen

Kapital

Produktion Neoklassische Produktionsfunktion Konstante Skalenerträge

Yt = F ( K t , H t ) yt =

⎧K ⎫ Yt = F ⎪⎪ t , 1⎪⎪ = Ht ⎩Ht ⎭

⎧K f ⎪⎪ t ⎩Ht

⎫ ⎪⎪ = f (k t ) ⎭

Ht in Einheiten effizienter Arbeitskraft kt : Kapitalstock je effiziente Arbeitskraft vollkommene Konkurrenz: Faktorpreise: r ist auf dem Weltmarkt bestimmt (freier Kapitalverkehr) → Kapitalstock je effiziente Arbeitseinheit ist bestimmt: k → Lohnsatz je effiziente Arbeitseinheit ist bestimmt und konstant: w

Quelle: eigene Darstellung.

Wachstum

vereinfacht: g = g ( Anteil ) Anteil: Anteil der gut ausgebildeten Wirtschaftssubjekte der vorangehenden Generation, der im Heimatland verbleibt. Intergenerative Externalität: durchschnittliches Humankapital wird an die folgende Generation weitergegeben und erhöht dort die Anfangsausstattung mit Humankapital.

216

Anhang

A.2 Das Modell von Romer (1990) unter Berücksichtigung des Faktors Arbeit Das Optimierungsproblem der Haushalte entspricht dem des Modells von Romer (1990) ohne Berücksichtigung des Faktors Arbeit. Die Produktionsfunktion im Endproduktsektor wird zu: A

È1ê

; y ã Hya  Lb   x1ab i iã1

und aufgrund der Symmetrieannahme: È2ê

: y ã Hya  Lb  A  x1ab i

Die Gewinnmaximierungsbedingung im Endproduktsektor lautet: È3ê

A X x1ab  wL  L  wHy  Hy  Px  xi : i iã1 iã1 |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl} Lohnkosten

Max ! p ã |{z} 1  Hya  Lb  Py

A X

y

Kapitalkosten

Die Produktionsfunktion im Forschungssektor bleibt: È4ê



AÈtê ã F  HF & E  AÈtê

und die Wachstumsrate der Ideen: 

AÈtê ã F  HF & E : AÈtê

È5ê

Die Gewinnmaximierungsbedingung im Zwischenproduktsektor bleibt ebenfalls unverändert: È6ê

GK  x : Max ! pZP ã Px  x  |{z} ã1

Der Preis eines Zwischenproduktes ist gemäß monopolistischer Preissetzungsregel nach Chamberlin: È7ê

Px ã

1 1þ

1 ex

ã

1 1 : 1ab

Für den Gewinn des Monopolisten und damit für den Preis eines Patentes ergibt sich:

Anhang

217



aþb  xi : 1ab

PA ã

aþb  xi : 1ab

È8ê Also ist PA : È9ê

Entlohnung nach der Grenzproduktivität im Forschungssektor führt zu: wHF & E

È10ê

PA

ã F  A ! PA ã

wHF & E FA

:

Der Preis des Zwischenproduktes ergibt sich wiederum aus den über eine unendliche Laufzeit mit dem (als konstant angenommenen) Zinssatz r abdiskontierten Nettoerträgen im Endproduktsektor. Da die Nettoerträge den Grenzproduktivitäten entsprechen, gilt für den Preis eines Zwischenproduktes:2 È11ê

P xi ã

1 :  È1  a  bê  Hya  Lb  xab i r

Setzt man die Gleichungen (9) und (10) gleich, ergibt sich für den Humankapitallohn im Forschungssektor: È12ê

wHF & E ã

aþb  F  A  xi : 1ab

Der Humankapitallohn im Endproduktsektor ist: È13ê

wHy ã

@y ã a  Hya  1  Lb  A  x1ab : i @Hy

1

 È1  a  bê  Hya  Lb  xab i Pxi 1 r e xi ã  ã1 ã ; @Pxi xi ab1 a  b a b  È1  a  bê  Hy  L  Èa  bê  xi  xi 1

1

@xi

PXi ã

2

r

1 1þ

1

ã

1 : 1ab

1 a  b

Die unendliche geometrische Reihe lässt sich mit der folgenden Formel lösen:

P xi ã

A 1 1 ; mit A ã ,qã : 1q 1þr 1þr

218

Anhang

Setzt man nun die Gleichungen (7) und (11) gleich und formt nach Lb um, erhält man: È14ê

Lb ã

1 È1  a  bê2

r

1  xa þ b : Hya i

Einsetzen in (13) liefert: È15ê

wHy ã

1 È1  a  bê2

raA

1  xi : Hy

Ausgleich der Humankapitallöhne im Endprodukt- und im Forschungssektor führt zu: aþb a 1  F  A  xi ã rA  xi 1ab Hy È1  a  bê2

È16ê

und umgeformt nach dem Zinssatz r: È17ê



Èa þ bê  È1  a  bê  F  Hy a

beziehungsweise: rã È18ê rA ã

Èa þ bê  È1  a  bê  F  ÈH  HF & E ê; a Èa þ bê  È1  a  bê Èa þ bê  È1  a  bê FH  F  HF & E : a a

Die optimale Wachstumsrate des Konsums ist: 

È19ê

rr C ã gã ã F  HF & E : C h

Umstellen nach dem Zinssatz liefert: È20ê

r N ã r þ h  F  HF & E :

Die Wachstumsrate im Wachstumsgleichgewicht bei optimaler Aufteilung des Humankapitals auf die Sektoren ist gemäß den Gleichungen (18) und (20):  È21ê

g ã F  HF & E ã

   aþb  1ab FHr a :     aþb  1ab hþ a

Anhang

219

A.3 Intertemporale Nutzenmaximierung und Euler-Gleichung Während in dem Wachstumsmodell von Solow (1956) und Swan (1956) die Sparquote der privaten Haushalte exogen und konstant ist, wird sie in Wachstumsmodellen des optimalen Konsums endogenisiert. Die Überlegungen zur intertemporalen Nutzenmaximierung gehen insbesondere auf die Arbeiten von Ramsey (1928), Cass (1965) und Koopmans (1965) zurück. Bei der intertemporalen Nutzenmaximierung maximiert ein Wirtschaftssubjekt seinen Nutzen über den gesamten Lebenszyklus. Gesucht ist der optimale Konsumpfad über alle Perioden. Im Folgenden wird die intertemporale Nutzenmaximierung der Haushalte skizziert. • Intertemporale Nutzenmaximierung eines Individuums über zwei Perioden Zur Verdeutlichung der intertemporalen Nutzenmaximierung sei zunächst von einem Individuum i ausgegangen, welches für zwei Perioden 1, 2 lebt und seinen Nutzen über diese beiden Perioden maximiert. Für die Nutzenfunktion gilt3: È1ê

U1i ã uÈci1 ê þ b  uÈci2 ê; mit 0 < b < 1; u0 Èci ê > 0; u00 Èci ê < 0;

wobei ci1 (ci2 ) für den Konsum in der ersten (zweiten) Periode und b für einen Zeitpräferenzparameter des Individuums steht. Die intertemporale Budgetrestriktion hat die folgende Form: È2ê

yi1 þ

yi2 ci ã ci1 þ 2 : 1þr 1þr

Das Individuum konsumiert das gesamte über die beiden Perioden zur Verfügung stehende Einkommen yi . Konsum und Einkommen der zweiten Periode sind mit dem Zinssatz r abdiskontiert. Das Individuum kann sich in der ersten Periode zu dem Zinssatz r auf dem Weltmarkt verschulden oder selbst Teile seines Einkommens verleihen. Die Bedingung besagt, dass über beide Perioden der Gegenwartswert des Konsums dem Gegenwartswert des Einkommens zu entsprechen hat. Die aus der Anwendung des Lagrange-Verfahrens resultierende Bedingung erster Ordnung für dieses Optimierungsproblem lautet: È3ê

È4ê

3



uÈci1 ê

þb

uÈci2 ê

 þ l  ci1 

 ci2 yi2 i  y1  ; 1þr 1þr

@ ! ã u0 Èci1 ê þ l ã 0; @ci1

Vgl. Obstfeld/Rogoff (1999).

220

Anhang

È5ê

@ 1 ! ã 0; ã b  u0 Èci2 ê  l  @ci2 1þr

È6ê

@ ci yi ! ã ci1  2  yi1  2 ã 0: 1þr 1þr @l

Aus (4) und (5) folgen: È7ê

u0 Èci1 ê ã È1 þ rê  b  u0 Èci2 ê;

È8ê

b  u0 Èci2 ê 1 ã : È1 þ r ê uÈci1 ê

Die Gleichung (8) ist als Euler-Gleichung bekannt und beschreibt, dass im Nutzenmaximum der Quotient aus den Grenznutzen zukünftigen Konsums (multipliziert mit dem Zeitpräferenzparameter) und heutigen Konsums dem Preis zukünftigen Konsums (ausgedrückt in Einheiten heutigen Konsums) entspricht. Der Zeitpräferenzparameter b ist definiert als b ã

1 , wobei r die Zeitpräfe1þr

renzrate ist. Je höher die Zeitpräferenzrate ist (je geringer b ist), umso stärker bevorzugt das Individuum heutigen Konsum gegenüber zukünftigem Konsum. Für eine spezifizierte Nutzenfunktion können durch Umformen und Einsetzen von Gleichung (8) in Gleichung (6) die optimalen Konsummengen für die beiden Perioden ermittelt werden. Ausschlaggebend für die Konsummengen ist die Beziehung zwischen dem Zeitpräferenzparameter und dem Diskontierungsfaktor. Haben beide die gleiche Höhe, so wünscht das Individuum einen in beiden Perioden gleich großen Konsum. Das Wirtschaftssubjekt glättet also seinen Konsum über die Zeit: bã

1 1 ! u0 Èci1 ê ã u0 Èci2 ê ! ci1 ã ci2 . Ist b kleiner als (die Zeitpräferenz1þr 1þr

rate r also größer als der Zinssatz), hat das Individuum eine starke Gegenwartspräferenz und wünscht einen höheren Konsum in der ersten Periode: b < ã ^ r > r ! u0 Èci1 ê < u0 Èci2 ê ! ci1 > ci2 . Ist b größer als

1 1þr

1 (die Zeitpräferenzrate 1þr

r also kleiner als der Zinssatz), wünscht das Wirtschaftssubjekt einen höheren Konsum in der zweiten Periode: b >

1 ã ^ r < r ! u0 Èci1 ê > u0 Èci2 ê ! ci1 < ci2 . In 1þr

Abhängigkeit der Verteilung des Einkommens über die beiden Perioden nimmt das Individuum in der ersten Periode Schulden am Kapitalmarkt auf und zahlt diese in der zweiten Periode zurück oder er verleiht in der ersten Periode und kann damit in der zweiten Periode ein höheres Konsumniveau realisieren.

Anhang

221

• Intertemporale Nutzenmaximierung eines Individuums über eine endliche Anzahl von Perioden Der Gegenwartswert des Nutzens des Individuums i über die gesamte Lebensdauer ergibt sich aus den mit der Zeitpräferenzrate abdiskontierten Einzelnutzen jeder Periode. Es gilt: Zl È9ê

uÈct ê  er  t  dt;

UÈ0ê ã 0

mit l: Lebensdauer des Individuums, uÈct ê: Einzelnutzen je Periode. Die Nutzenfunktion uÈct ê kann durch verschiedene Typen von Nutzenfunktionen spezifiziert werden, beispielsweise durch die logarithmische Nutzenfunktion uÈcê ã log c oder c1  h

1

durch die CES-Nutzenfunktion uÈcê ã , mit : intertemporale Substitutionsh 1h elastizität. • Intertemporale Nutzenmaximierung über eine unendliche Anzahl von Perioden In der Wachstumstheorie wird oft von einer unendlichen Lebensdauer ausgegangen. Die Nutzenfunktion wird dann zu: Z1 È10ê

uÈct ê  er  t  dt:

UÈ0ê ã 0

Für die Herleitung des Konsumpfades im Nutzenmaximum werden folgende Annahmen getroffen:4 es gibt kein Bevölkerungswachstum und der Haushalt betrachtet den Lohnsatz w und den Zinssatz r, welcher sowohl Einlagen-, als auch Kreditzins ist, als gegeben. Der Haushalt kann seinen Konsum durch Sparen und Verschulden intertemporal verlagern. Die Ersparnis wird in Wertpapieren B, welche aus Realkapital bestehen, gehalten. Das Haushaltseinkommen setzt sich aus Lohn- und Zinseinkommen zusammen. Folglich ist die Ersparnis einer Periode (Stromgröße), welche der Veränderung des Wertpapierbestandes in dieser Periode (Bestandsgröße) entspricht: È11ê



Bt ã rt  Bt þ wt  Lt  Ct ;

mit L: Anzahl der Haushalte. Und in Pro-Kopf-Größen: È12ê





bt ã rt  bt þwt  ct ;

4 Die folgende Herleitung orientiert sich an: Frenkel/Hemmer (1999), Kap. 4, Anhang 4.B.

222

Anhang 

mit bt ã



Bt Lt

; ct ã

Ct Lt

. Die Hamiltonfunktion lautet entsprechend:

HÈct ; bt ; lt ; tê ã uÈct ê  er  t þ lt Èrt  bt þ wt  ct ê;

È13ê

mit den Bedingungen erster Ordnung: È14ê

@H ! ã u 0 Èct ê  er  t  lt ã 0; @ct

È15ê

 @H ! ã lt  r ã  lt ; @bt !

lim Èbt  lt ê ã 0:

È16ê

5

t!1

Wird (14) nach der Zeit differenziert ergibt sich:

È17ê

@uÈct ê   u 0 Èct ê  er  t  @ct ã ã u 00 Èct ê  ct  er  t þ u 0 Èct ê  r  er  t @t @t  @lt ã lt ã @t

und in Verbindung mit (15):    u 00 Èct ê  ct  er  t þ u 0 Èct ê  r  er  t ã lt  r

È18ê

Da gemäß (14) lt ã u 0 Èct ê  er  t wird (18) zu: È19ê

   u 00 Èct ê  ct er  t þ u 0 Èct ê  r  er  t ã u 0 Èct ê  er  t  r

und umgeformt: È20ê

u 00 Èct ê   ct ã r þ r; u 0 Èct ê

È21ê

ct ã



 u 0 Èct ê   rr : 00 u Èct ê

Diese Bedingung besagt, dass für t ! 1 mindestens der Wertpapierbestand oder dessen Schattenpreis gegen Null gehen muss. Ein Haushalt hat keinen Anreiz, in t ã 1 Ersparnis zu halten. 5

Anhang

223

Die Euler-Gleichung ergibt sich, wird dieser Ausdruck durch ct dividiert: 

  ct u 0 Èct ê ã  00  rr : ct u Èct ê  ct

È22ê

Da die intertemporale Substitutionselastizität des Konsums Kehrwert der Grenznutzenelastizität eÈct ê ã 

1 definiert ist als der h

u 00 Èct ê  ct und sich die logarithmische u 0 Èct ê

Nutzenfunktion dadurch auszeichnet, dass die intertemporale Substitutionselastizität den Wert eins aufweist ist die Euler-Gleichung, welche auch als Keynes-RamseyRegel bezeichnet wird: 

ct rr ãrr ã ct h

È23ê

und aufgrund des angenommenen Nullwachstums der Bevölkerung: 

C ã r  r: C

È24ê

Die Gleichungen (23) und (24) machen deutlich, dass die Konsumwachstumsrate nur dann positiv ist, wenn der Kapitalmarktzinssatz die Zeitpräferenzrate des reprä  sentativen Haushalts übersteigt r > r und der Haushalt damit für seinen Konsumverzicht durch die Zinszahlung auf die Wertpapierhaltung entschädigt wird. Über  steigt die Zeitpräferenzrate den Zinssatz r < r , ist der Haushalt nicht bereit, auf heutigen Konsum   zu verzichten und entsprechend ist die Konsumwachstumsrate negativ. Für r ã r ergibt sich eine Konsumwachstumsrate von Null. Die Keynes-Ramsey-Regel für die logarithmische Nutzenfunktion in Gleichung (23) ergibt sich bei zeitstetiger Betrachtung. Das gleiche Ergebnis erhält man ebenfalls bei einer zeitdiskreten Betrachtung, in diesem Fall als Approximation. Wird wie oben der Fall der intertemporalen Nutzenmaximierung über zwei Perioden betrachtet und eine logarithmische Nutzenfunktion zugrunde gelegt, gilt:   U ci1 ; ci2 ã log ci1 þ b  log ci2

È25ê

und damit im Nutzenmaximum: È26ê

È27ê

  dU ci1 ; ci2 ã d log ci1 þ b  d log ci2 ã 0;

b

@ci2 @ci @ci 1 ci ã  i 1 ! 2i ã   2i i b c1 c2 c1 @c1

224

Anhang

Die Steigung der Budgetgeraden ist: @ci2 ã È1 þ r ê @ci1

È28ê

Da im Nutzenmaximum die Steigung der Indifferenzkurve (27) der Steigung der Budgetgeraden (28) entspricht, liefert Umstellen und Gleichsetzen von (27) und (28): ci2 1þr ã : ci1 1þr

È29ê

Für die optimale Konsumwachstumsrate gilt damit: 

c ci2 1þr ci2  ci1 1þr 1þr ã ã ! 1 þ !1þ ã ! i i c1 c1 c 1þr 1þr 1þr

È30ê





c 1þr rr ã 1! ã 1þr 1þr c c c

und näherungsweise: 

c

È31ê

c

ã r  r;

sowie bei einer konstanten Bevölkerung: 

C ã r  r: C

È32ê

A.4 Zur Lösung von Differentialgleichungen erster Ordnung Unterschieden werden Differentialgleichungen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten und mit variablen Koeffizienten. • Differentialgleichungen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten Die Differentialgleichung erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten weist die folgende Form auf: È1aê



yÈtê þ a  yÈtê ã b beziehungsweise die verk¨urzte Schreibweise :

Anhang 

È1bê

225





y þ a  y ã b; mit yÈtê ã y ã

dyÈtê dt

und den Konstanten a und b. Ziel ist die Bestimmung des Verhaltens von yÈtê beziehungsweise y. Die generelle Lösung von yÈtê wird gefunden, indem für (1b) eine homogene und eine spezielle Lösung gefunden wird: È2ê

y ã yh þ yp ; mit yh : homogene L¨osung yp : spezielle L¨osung:

– Für die homogene Lösung wird b ã 0 gesetzt und die neue Gleichung integriert: 

È3ê

y þ a  y ã 0; wobei a 6ã 0 gilt: 

y

È4ê

È5ê È6ê

y Z y y

ã a:

Z  dt ã

Z a  dt )

1  dy ã y

Z a  dt:

ln y þ co1 ã at þ co2 :

Umstellung und Umkehrung der Logarithmus-Operation liefert: È7ê

eln y ã eat þ Èco2  co1 ê

È8ê

y ã eat  eco2 co1 :

Damit gilt für die homogene Lösung: È9ê

yh Ètê ã eat  co: 

– Für die spezielle Lösung wird y ã 0 gesetzt. Dies ist die steady-state-Lösung. Bei diesem Wert y bleibt y über die Zeit unverändert. Es folgt: È10ê

0  a  y ã b:

Also gilt für die spezielle Lösung: È11ê



b : a

226

Anhang

Damit ist die Lösung der linearen Differentialgleichung erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten: yÈtê ã Co  eat þ

È12ê

b a

• Differentialgleichungen erster Ordnung mit variablen Koeffizienten Die Differentialgleichung erster Ordnung mit variablen Koeffizienten weist die folgende Form auf: 

È13ê

yÈtê þ aÈtê  yÈtê ã bÈtê und verk¨urzt wieder :

È14ê

y þ aÈtê  y ã bÈtê:



aÈtê und bÈtê sind bekannte und kontinuierliche Funktionen. Die generelle Lösung der linearen Differentialgleichung erster Ordnung mit variablen Koeffizienten besitzt die folgende Form (für die Herleitung siehe Hoy et al., 1996, S. 731 f.):

È15ê

2 t 3 Z Z yÈtê ã eAÈtê 4 eAÈtê  bÈtêdt þ Co5 mit AÈtê ã aÈtêdt: 0

A.5 Die Abhängigkeiten von HA und HI in dem Modell endogenen Wachstums mit Innovationen und Imitationen HA þ HI ã f ÈH ; l; g1 ; r ; aê þ

A.

þ

þ





  HI þ HA ã f l þ

Gemäß Gleichung (111) ist: HA þ HI ã Es ist zu zeigen, dass

l  È 1  aê  g 1  H : l  È1  aê  g1 þ r

@ ÈHI þ HA ê > 0 gilt. @l

 1 HI þ HA ã l  È1  aê  g1  H  l  È1  aê  g1 þ r

Anhang

227

 1 @ È HI þ HA ê ã È1  aê  g1  H  l  È1  aê  g1 þ r @l  2  l  È1  aê  g1  H  l  È1  aê  g1 þ r  È1  aêg1 Für das Vorzeichen gilt damit: @ ÈHI þ HA ê È1  aê  g1  H  r ã  2 > 0: @l l  È1  aê  g1 þ r B.

! HI þ HA ã f g1 þ

HA þ HI ã

Es ist zu zeigen, dass

l  È 1  aê  g 1  H : l  È1  aê  g1 þ r

@ ÈHI þ HA ê > 0 gilt. @g1

 1 HI þ HA ã l  È1  aê  g1  H  l  È1  aê  g1 þ r  1 @ È HI þ HA ê ã l  È1  aê  H  l  È1  aê  g1 þ r @g1  2  l2  È1  aê2  g1  H  l  È1  aê  g1 þ r Für das Vorzeichen gilt damit: @ ÈHI þ HA ê l  È1  aê  H  r ã  2 > 0: @g1 l  È1  aê  g1 þ r C.

  HI þ HA ã f a 

HA þ HI ã

Es ist zu zeigen, dass

l  È 1  aê  g 1  H : l  È1  aê  g1 þ r

@ ÈHI þ HA ê < 0 gilt. @a

228

Anhang  1 HI þ HA ã l  È1  aê  g1  H  l  È1  aê  g1 þ r  1 @ ÈHI þ HA ê ã  lg1 H  l  È1  aê  g1 þ r @a   2  þ È1ê  l  È1  aê  g1  H  l  È1  aê  g1 þ r  lg1

Für das Vorzeichen gilt damit: @ ÈHI þ HA ê lg1 H  r ã  2 < 0: @a l  È1  aê  g1 þ r

A.6 Anmerkungen zur Parameterwahl und Robustheitsbetrachtung Für die Betrachtung einer Volkswirtschaft, die über die Möglichkeit des technologischen Aufholens verfügt, gelten die folgenden Bedingungen: 



HI H

g1   A  T



ã1


1, da T    g1  HI T A < verletzt ist.  ã1 H T (*)

T

  g1  T HI A >  ã1 H T T

und

damit

12,12667378

die

Bedingung

230

Anhang

Der Humankapitaleinsatz im Endproduktsektor verringert sich, wenn l steigt und wenn r steigt. Dies wird auch anhand von Gleichung (112) deutlich: È112ê mit

Hy ã

Hr ; l  È 1  aê  g1 þ r

@Hy @Hy < 0 und < 0. @l @r

Wenn l steigt und wenn r steigt, geht der Humankapitaleinsatz im Bereich der Innovationen HI zurück und der im Bereich der Imitationen HA steigt. Die Abhängigkeiten von HI und HA lassen sich nicht aus den Gleichungen (120) und (121) ableiten, da sich infolge einer Veränderung von l, r und r jeweils der Parameter b verändert. l  È 1  aê  g 1 l  È1  aê  g1 þ r 1; HI ã 0   g2  1 1  g1 M @1 þ b  A  0;9 Y

È120ê

l  È1  aê  g1 l  È1  aê  g1 l  È 1  aê  g1 þ r 1: 0 HA ã   g2  1 l  È 1  aê  g 1 þ r 1  g1 M @1 þ b  A  0;9 Y

È121ê

Das relative Technologieniveau im hohen Wachstumsgleichgewicht steigt mit sinkendem l und sinkendem r. Für konstante l, r und r werden in der folgenden Tabelle die Auswirkungen von Veränderungen von a untersucht. l ã 0;1 r ã 0;21 r ã 0;1

HI

HA

Hy

A T

b

Variation von a, bei M=Y ã 0;4, g1 ã g2 ã 0;5, H ã 1, A=Tmin ã 0;1 a ã 0;6

0,007561437 0,079395085 0,913043478

0,9857142

5,69275043

a ã 0;7

0,0044444

0,0622223

0,9642857

6,57342197

a ã 0;8

0,00206611

0,043388429 0,954545455

0,942857

8,05076487

0,933333

Eine Erhöhung von a führt dazu, dass der Humankapitaleinsatz im Forschungssektor sinkt (HI # und HA #) und der Humankapitaleinsatz im Endproduktsektor

Anhang

231

steigt (Hy "). Das gleichgewichtige relative Technologieniveau sinkt

A # (siehe T

auch die Ausführungen in Abschnitt 4.4.4 bei „Ein Zahlenbeispiel zur Verdeutlichung“).

A.7 Die Wachstumsrate der Technologie im Modell mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung 2   s    6 zH H gA s 1’ T Èt ê s M S 6 ã6 z   1 þ 4 s ’ q ’  È1  s ê AÈ t ê È1  s ê  ’ 3 þ g  HS  z’  g  z’

2 6 gA 6 ã6 4 q

z  HM  HS s ’ È1  s ê  ’

7 7 7 5

  s   3 s 1’ T Èt ê s z   1 þ7 ’  È1  s ê AÈtê 7 7; 5 È ê 1  s  ’ ’ ’ È g  HS  z  g  z  z  HM  HS ê  s ’

Èz  HM  HS ê 

È1  s ê  ’  s ’



3

2

7 6 7 6   s    7 6 È1  sê  ’ s gA s 1’ T Ètê  AÈtê 7 6 ã 6Èz  HM  HS ê   þ :::7 z  7 6 È1  s ê Ètê q s  ’ ’  A 7 6 |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl ffl}   5 4 1  ’  g s’ ã z  1s



Exkurs:

s   T Ètê  AÈtê È1  ’ê  g ã zs  ’   .

s  È1  ’ê ’  È1  s ê

Es ist zu zeigen, dass: 

È1  sê È1  ’ê  g

Wir wissen, dass z ã

 Umformung liefert: z  ist: zs  ’ 

È1  ’ê  g È1  sê

s’



ã 

ã

AÈtê



1 s’

 

È1  sê È1  ’ê  g

1s



s  È1  ’ê ’  È1  sê

s s’





T Ètê  AÈtê AÈtê

1 s’

.

  s   s  È1  ’ê T Ètê  AÈtê  . Also  ’  È1  s ê

s   s  È1  ’ê T Ètê  AÈtê . 

’  È1  sê



AÈtê

AÈtê

232

Anhang

Damit ist:    È1  s ê  ’ s s  ’ 1  ’  g gA ã Èz  HM  HS ê  z z þ ::: ;  q s ’ 1s    gA ’s’ 1’ g ã Èz  HM  HS ê  z’   þ g  HS  z’  q s ’ 1s ’s’  g  z’  Èz  HM  HS ê  s ’ 3     ’s’ 1’ g ’s’ 1’ g ’ ’    HS  z   þ g  HS  z 7 6 HM  z s’ 1s s’ 1s 7 gA 6 7 ã6 7 6 q 5 4 ’  s  ’ ’  s  ’ g  z’   z  HM þ g  z’   HS s’ s’ 2

1’

     gA ’s’ 1’ g ’s’ 1’  g ã HM  z  q s ’ 1s s ’     ’s’ 1’ ’s’ ’  1  HS  z  g s ’ s ’ 1s 2     6 gA ’s’ 1’ ’s’ 6 1’  ã 6HM  z   1s qg 4 s ’ s ’ |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} ã’



3



  ’s’ 1’ ’s’ 7 7 7 þ HS  z’  1   þ s ’ 1s s ’ 5 |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} ã1’

  ’  s  ’ È1  ’ê ’  s  ’ ã ’.   Es ist zu zeigen, dass: s ’ 1s s ’     ’s’ È1  ’ê ’s’ s  ’ ’s’  1 ã’!  ã’! ã’! Exkurs:

s ’

1s

s ’

È1  sê  ’ ã’!’ã’. 1s

Des Weiteren ist zu zeigen, dass 1 

1s

1s

’  s  ’ È1  ’ê ’  s  ’  þ ã1’ . s ’ 1s s ’

Anhang 

È1  ’ê 1 1s



233 



1

’s’  s ’

1

’s’ ’  È1  sê ã1’!1 ã 1  ’ ! 1  ’ ã 1  ’: 1s 1s

ã1’!1

’s’ s  ’  ã1’! s ’ 1s

Damit ist:   gA ã HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ ; qg    gA ã q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ :

A.8 Die Wachstumsrate der Technologie im Modell mit Innovationen und Imitationen und endogener Humankapitalbildung bei Variation der gesamten Humankapitalausstattung Herleitung von: gA ã q  g  a 



       z1  ’  ’ þ HS  HS  z’  1  ’ HM  HM

Es ist aus Gleichung (138) bekannt, dass   a y ã A  H bM; y  HS;1 y b  x1  a

È1ê

für die Periode t gilt. Für Èt þ 1ê gilt also: È2ê

  a 1a  xÈt þ 1ê : yÈt þ 1ê ã AÈt þ 1ê  H bM; y Èt þ 1ê  HS;1 y b Èt þ 1ê

Aus Gleichung (141) wissen wir, dass  È3ê

xÈt þ 1ê ã

È 1  aê Px

1 h  i a  AÈt þ 1ê  H bM; y Èt þ 1ê  HS;1 y b Èt þ 1ê :

Aus Gleichung (2) wird in Verbindung mit Gleichung (3):  È4ê

yÈt þ 1ê ã

È 1  aê Px

1 h  i a  AÈt þ 1ê  H bM; y Èt þ 1ê  HS;1 y b Èt þ 1ê :

Der Lohnsatz für die Arbeitskräfte mit der mittleren Ausbildung beträgt aufgrund der Entlohnung nach der Grenzproduktivität:

234

È5ê

Anhang wM Èt þ 1ê ã

@yÈt þ 1ê @HM; y Èt þ 1ê 2

b1 1b ã È1  aê a  b  AÈt þ 1ê  HM; y Èt þ 1ê  HS; y Èt þ 1ê:

Aus Gleichung (153) ist bekannt, dass:

È6ê

  2 a s1 È ê  È1  aê a  H bM; y Èt þ 1ê  HS;1 y b Èt þ 1ê  q  s  HM; A tþ1 È1  aê  HS;1 A s Èt þ 1ê  ÈT Ètê  AÈtêê ã wM Èt þ 1ê

gilt. Werden die Gleichungen (5) und (6) miteinander verbunden, ergibt sich [im Folgenden wird der Zeitindex nur noch bei der Variablen A angezeigt, da hier sowohl die Periode t als auch die Periode Èt þ 1ê auftaucht; für alle anderen Variablen gilt der Zeitindex Èt þ 1ê]: 2

È7ê

È1  aê a  b  AÈt þ 1ê ã

2 a s1 1s  È1  aê a  HM; y  q  s  HM; A  HS; A È1  aê

 ÈT Ètê  AÈtêê;

È8ê

È9ê

AÈt þ 1ê ã

a 1 s1 1s È Èê È êê   HM; y  q  s  HM; A  HS; A  T t  A t ; È 1  aê b

ÈT Ètê  AÈtêê AÈt þ 1ê  AÈtê a 1 s1 1s ã   HM; y  q  s  HM; A  HS; A  È 1  aê b AÈtê AÈtê 

Da gA ã

AÈtê : AÈtê

   AÈt þ 1ê  AÈtê ã q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ wird (9) zu: È ê At

   q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ ã È10ê s1 1s  HM; A  HS; A 

a 1   ÈHM  HM ê  q  s È1  aê b

T Ètê  AÈtê 1 AÈ t ê

Das Ziel ist es nun, diese Gleichung als Gleichung mit zwei Unbekannten zu formulieren, den Variablen HM und HS , während die gesamte Ausstattung mit Humankapital HM und HS gegeben ist.

Anhang Gemäß Gleichung (171) ist: HS; A ã  (170) ist HM; A ã

 z

HS; A ’  È1  s ê   s 1’

235

z  HM  HS

   s 1’ 1 ’  È1  s ê

und gemäß Gleichung

 . Also kann Gleichung (10) umgeformt werden zu:

   q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ a 1   ÈHM  HM ê  q  s  z1  s  ã È 1  aê b È11ê



’È1  s ê sÈ1  ’ê

1  s 

T Ètê  AÈtê 1 AÈtê

Da festgelegt wurde, dass È1  s ê   1’ g



z

s’

ã

È1  s ê   1’ g

!

1 s’

  s   1 s’ s 1’ T È t ê  AÈ t ê s  ’   und damit ’  È1  s ê AÈtê 

!    s   s 1’ T È t ê  AÈ t ê   ; wird È11ê zu : ’  È1  s ê AÈtê

   q  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ È12ê

È13ê

ã 

a 1 ’ 1   ÈHM  HM ê  q  s  z1  s   zs  ’  ; È1  aê b s g

  HM  z  ’ þ HS  1  ’ ã

a 1 ’ z’ :   ÈHM  HM ê  s   z  È1  aê b gq s

Das vorläufige Ergebnis lautet:   a 1 1 1’ a 1 z’  1 ã È14ê HM þ :   HM þ HS     HM  È 1  aê b È 1  aê b ’ gq’ z Der Lohnsatz für die Arbeitskräfte mit der hohen Ausbildung beträgt aufgrund der Entlohnung nach der Grenzproduktivität:

È15ê

@yÈt þ 1ê @HS; y Èt þ 1ê 2   ã È1  aê a  1  b  AÈt þ 1ê  H bM; y Èt þ 1ê  HS;by Èt þ 1ê:

wS Èt þ 1ê ã

236

Anhang

Aus Gleichung (155) ist bekannt, dass:

È16ê

 2  a s È êÈ ê  È1  aê a  H bM; y Èt þ 1ê  HS;1 y b Èt þ 1ê  q  HM; A tþ1 1  s È 1  aê  HS;sA Èt þ 1ê  ÈT Ètê  AÈtêê ã wS Èt þ 1ê

gilt. Werden die Gleichungen (15) und (16) miteinander verbunden, ergibt sich [im Folgenden wird der Zeitindex wieder nur noch bei der Variablen A angezeigt, da hier sowohl die Periode t als auch die Periode Èt þ 1ê auftaucht; für alle anderen Variablen gilt der Zeitindex Èt þ 1ê]: È17ê

AÈ t þ 1 ê ã

a 1 s s È ê È Èê È êê  HS; y  q  HM;  A  HS; A  1  s  T t  A t ; È1  aê 1  b

AÈt þ 1ê  AÈtê a 1 s s È ê  HS; y  q  HM; ã  A  HS; A  1  s È 1  aê 1  b AÈ t ê

È18ê



T È t ê  AÈ t ê  1: AÈtê

Wie oben wird jetzt gA ã    1  ’ eingesetzt. Daraus folgt:

 AÈt þ 1ê  AÈtê ã q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’ AÈtê

   q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ È19ê

ã

a 1 T Ètê  AÈtê s s È ê   HS; y  q  HM; 1 A  HS; A  1  s  È1  aê 1  b AÈ t ê

Umformung liefert:   HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ È20ê

ã

a 1 T Ètê  AÈtê 1 s   HS;sA  È1  s ê   HS; y  HM;   A È1  aê 1  b  g AÈ t ê qg

Wie oben wird für HS; A ã  eingesetzt.

z  HM  HS

HS; A

   und für HM; A ã   s 1’ ’  È1  sê   1 z ’  È1  sê s 1’

Anhang HM  z1  ’  

È21ê

237

’ a 1  þ HS  z’ ã    ÈHS  HS ê È 1  aê 1  b  g 1’ !s È1  s ê ’  È1  s ê s      z  s 1’ 1’ 

T È t ê  AÈ t ê 1    AÈtê qg 1’

Es wird wieder unter Zuhilfenahme von !    s   È1  s ê s 1’ T È t ê  AÈ t ê s’  z ã   ersetzt :  ’  È1  s ê AÈtê 1’ g

HM  z1  ’   È22ê

’ a 1  þ HS  z’ ã   ÈHS  HS ê  È 1  aê 1  b 1’  zs  zs  ’ 

È23ê

1  : qg 1’

’ a 1 z’  þ HS ã   ÈHS  HS ê   :  HM  z   È1  aê 1  b 1’ qg 1’

Das vorläufige Ergebnis lautet: HS þ È24ê

a 1 ’ a 1   HS þ HM  z    ã    È 1  aê 1  b È 1  aê 1  b 1’  HS 

z’  : gq 1’

Durch weiteres Umformen und Substituieren kann der Einsatz von Arbeitskräften mit dem hohen Ausbildungsniveau im Technologiesektor ÈHS ê als Funktion des gesamten Humankapitalbestandes (HS und HM ) ausgedrückt werden. Dafür werden die Gleichungen (14) und (24) nach ÈHM ê umgestellt, gleichgesetzt und nach ÈHS ê aufgelöst. Gleichung (14) nach ÈHM ê umgestellt liefert: 0 È25ê

B HM ã B @

1

  C 1 a 1 z’  1 1 1’ C : a 1 A È1  aê  b  HM  g  q  ’  HS  z  ’ 1þ  È1  aê b

238

Anhang

Gleichung (24) nach ÈHM ê umgestellt liefert: HM ã È26ê

  a 1’ 1 z’  1 1’ 1     HS   HS   È1  aê ’  1  b gq’ z ’ z   a 1’    HS :   È1  aê ’  1  b  z

Werden nun die Gleichungen (25) und (26) gleichgesetzt, folgt nach einigen Umformungen: !  1’ 1 b a  þ1þ      HS  È1  aê  1  b ’ z 1b     b 1’ 1 a 1’ 1 z’  1       HS  ã    HS  HM þ È 1  aê ’  1  b z z gq’ ’ 1b 

È27ê

Auflösen nach ÈHS ê ergibt: È28ê HS ã È1  aê 

    ! ’z 1b a z’  1  b     : b  HS   HS   HM þ È1  aê 1’ gq 1’

Genauso kann durch weiteres Umformen und Substituieren der Einsatz von Arbeitskräften mit dem mittleren Ausbildungsniveau im Technologiesektor ÈHM ê als Funktion des gesamten Humankapitalbestandes (HS und HM ) ausgedrückt werden. Dafür werden jetzt die Gleichungen (14) und (24) nach ÈHS ê umgestellt, gleichgesetzt und nach ÈHM ê aufgelöst. Gleichung (14) nach ÈHS ê umgestellt liefert: HS ã  È29ê

’ a 1 z’ ’  z  z    HM    HM  È1  aê b 1’ 1’ gq 1’



a 1 ’   HM  z  È 1  aê b 1’

Gleichung (24) nach ÈHS ê umgestellt liefert: 0 B HS ã B @ È30ê

1 C 1 a 1 z’ C A È1  aê  1  b  HS  g  q  1  ’ a 1   1þ È 1  aê 1  b

 HM  z  

’ : 1’

Anhang

239

Werden nun wiederum die Gleichungen (29) und (30) gleichgesetzt folgt nach einigen Umformungen:

È31ê

’  z HM   1’  HS þ 



    a 1 1b ’ 1b  z  HM  þ1þ ã  È 1  aê b b b 1’

’ a 1 z’  z     HM  È 1  aê b 1’ gq 1’

Auflösen nach ÈHM ê ergibt:  È32ê

HM ã È1  aê 



  1’ b a z’  1  b 1  b  HM   HS þ  HM  È1  aê z’ gq’ 



und  Werden die Gleichungen (28)   (32) nun in die Wachstumsgleichung gA ã q  g  HM  z1  ’  ’ þ HS  z’  1  ’ (siehe Gleichung (173) in Abschnitt 4.5.4) eingesetzt, ergibt sich nach einigen Umformungen die Wachstumsrate bei einer gesamten Variation der Humankapitalausstattung:

È33ê

 È1  aê  b  gA ã ’  z 1  ’  a  HM  þ 1  ’  z’  a  HS qg gq   È 1  aê  1  b  ; gq

È34ê

  È1  aê  b  z’  1 gA 1’ ã a’z  HM  qg gqa’ !     ’ È1  aê  1  b  z’   : þ a  1  ’  z  HS  gqa 1’

Die neue Wachstumsgleichung lautet damit: È35ê

gA ã q  g  a 

 1’       z HM  HM  ’ þ HS  HS  z’  1  ’ ;

mit: HM

È1  aê  b  z’  1 ã gqa’

und

HS

  È 1  aê  1  b  z ’   : ã gqa 1’

240

Anhang

A.9 Die Lösung des Modells mit Innovationen und Innovationen für H ã 0;5 Für H ã 0;5 wird die Gleichung (122) zu: 0 B B B B 0;1 ã B B B B @

0;1  0;4  0;5  0;5 10;5  0;1  0;4  0;5 þ 0;2  C C 2 1 þ Èb  0;40;5  0;9ê C C C  0;1 C 0;5 C C A 0

0;1  0;4  0;5  0;5 0;1  0;4  0;5 þ 0;2

B 0;1  0;4  0;5  0;5 B B 0;1  0;4  0;5 þ 0;2  1 þ Èb  0;40;5  0;9ê2  B þbB B 0;5 B @

10;5 C C C

C 2 C  0;40;5  0;1  È0;1ê C C A

Die Lösung ist wie oben: b ã 5;5556. Der optimale Humankapitaleinsatz für Innovationen im Forschungssektor wird zu: 0;1  0;4  0;5  0;5 0;1  0;4  0;5 þ 0;2 HI ã  2  ã 0;0041322 1 þ È5;5556  0;40;5  0;9ê und der optimale Humankapitaleinsatz für Imitationen im Forschungssektor ist jetzt: 0;1  0;4  0;5  0;5 0;1  0;4  0;5 þ 0;2 0;1  0;4  0;5  0;5  HA ã 2  ã 0;041322: 0;1  0;4  0;5 þ 0;2 1 þ È5;5556  0;40;5  0;9ê Für den Humankapitaleinsatz im Endproduktsektor gilt: Hy ã

0;2  0;5 ã 0;5  0;0041322  0;041322 ã 0;45454: 0;1  0;4  0;5 þ 0;2

Das Verhältnis ist wie oben: HA 0;041322 ã ã 10;00 ã ^ 5;55562  0;4  0;92 ã 10;00: HI 0;0041322

Anhang

241

Weiterhin sind erfüllt: 1 g A g 1 ã 2;5 ã ^ 1  HI 1  H g1   Hy ã 2;5 1a T r und 1 g ã 2;5 ã ^ 1 b r 1a



M Y

g2

"

g 1  HA 1

H

g1

A   T

 2 # A  Hy ã 2;5: T

Bei konstanter Humankapitalaufteilung auf die drei Verwendungen ergibt sich für die Technologielücke im hohen Wachstumsgleichgewicht wie oben: 

0;5 0;0041322 0;5 A 1 ã þ  0;5 T 2 0;041322 2  5;5556   0;40;5 0;5 vffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi u0  0;5 12 u 0;0041322 u uB uB 0;5 1C C C  0;099 B þu þ   0;5 u@ 2A 0;041322 t 2  5;5556   0;40;5 0;5 A ã 0;99: T

242

Anhang

A.10 Länderzuordnung bei Iregui (2005) Region 1

USA

Region 2

Japan

Region 3

EU-12

Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal und Spanien

Region 4

andere entwickelte Länder

Australien, Finnland, Island, Israel, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Österreich, Schweden, die Schweiz und Südafrika

Region 5

Länder MittelAntigua und Barbuda, Argentinien, Barbados, und Südamerikas Belize, Bolivien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Dominica, Dominikanische Republik, Ecuador, El Salvador, Grenada, Guatemala, Guyana, Haiti, Honduras, Jamaika, Kolumbien, Mexiko, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru, St. Kits und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Suriname, Trinidad und Tobago, Uruguay und Venezuela

Region 6

Afrikanische Länder

Ägypten, Äthiopien, Algerien, Angola, Benin, Botswana, Burkina Faso, Burundi, Comoros, Djibouti, Elfenbeinküste, Gabon, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kap Verde, Kenia, Kongo, Lesotho, Madagaskar, Malawi, Mali, Mauretanien, Mauritius, Marokko, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Réunion, Ruanda, Sambia, Sao Tome und Principe, Senegal, Seychellen, Sierra Leone, Simbabwe, Sudan, Swaziland, Tansania, Togo, Tschad, Tunesien, Uganda und die Zentralafrikanische Republik

Region 7

Asiatische Länder

Bahrain, Bangladesch, Butan, China, Hong Kong, Indien, Indonesien, Iran, Jemen, Jordanien, Katar, Korea, Kuwait, Laos, Libanon, Malaysia, Mongolei, Myanmar, Nepal, Oman, Pakistan, Philippinen, Saudi-Arabien, Singapur, Sri Lanka, Syrien, Taiwan, Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate

Region 8

andere europäische Länder

Bulgarien, Estland, ehem. Jugoslawien, Kroatien, Malta, Polen, Rumänien, Russland, Slowenien, Tschechien, Türkei, Ungarn und Zypern

Anhang

243

A.11 Zur „Annahmenkritik“ An die Theoriebildung schließt sich die Überprüfung der Theorie an, die einerseits aus der logischen Prüfung der Ableitung und andererseits aus der empirischen Prüfung durch Konfrontation mit den Fakten besteht (Woll, 2000, S. 12 ff.). Die Frage, ob nur die aus der modelltheoretischen Analyse abgeleiteten Ergebnisse, oder ebenfalls die getroffenen Annahmen eines Modells einer empirischen Überprüfung standhalten müssen, ist Gegenstand eines wissenschaftstheoretischen Diskurses. Auf Karl Popper zurückzuführen ist die in seinem Werk Logik der Forschung von 1934 präsentierte Feststellung, dass Theorien nicht bewiesen, sondern nur überprüft, das heißt falsifiziert werden können. Eine Theorie ist also niemals wahr, sondern nur solange gültig, bis sie falsifiziert wird.6 Gemäß Popper (1934, 3. Aufl. 1969) ist die empirische Evidenz der Modellannahmen wichtig, da die Wahrscheinlichkeit, dass eine Theorie falsifiziert wird, umso geringer ist, je „realistischer“ die Annahmen eines Modells sind. Opp (1995) formuliert dies folgendermaßen: „Es ist ein grundlegender Tatbestand der Logik, dass nur aus wahren Prämissen immer zutreffende und niemals falsche Aussagen ableitbar sind. Es ist zwar möglich, aus falschen Sätzen wahre Sätze abzuleiten. Aber man wird damit rechnen müssen, dass aus falschen Prämissen immer wieder auch falsche Aussagen abgeleitet werden. Will man also zutreffende Aussagen aus Modellen ableiten, ist es sinnvoll, nach „realistischen“ Modellannahmen zu suchen.“ (Opp, 1995, S. 96). Dem gegenüber steht die Vorstellung Friedmans (1953), nach der „realistische“ Annahmen kein Kriterium einer brauchbaren Theorie sind. Er führt die Forderung nach „realistischen“ Annahmen auf den Irrglauben zurück, dass durch die Annahmen eines Modells dessen Gültigkeitsbereich bestimmt werden kann. Es ist vielmehr so, dass durch die Modellannahmen der Gültigkeitsbereich des Modells spezifiziert wird: „. . . the entirely valid use of „assumptions“ in specifying the circumstances for which a theory holds is frequently, and erroneously, interpreted to mean that the assumptions can be used to determine the circumstances for which a theory holds, and has, in this way, been an important source of the belief that a theory can be tested by its assumptions.“ (Friedman, 1953, S. 19). Von Bedeutung ist nicht, dass die Annahmen eines Modells „realistisch“ sind, sondern dass sich die zu erklärenden Variablen verhalten, als ob die Annahmen zuträfen. Friedman (1953) führt zur Veranschaulichung das folgende Beispiel an: untersucht wird die Dichte des Blätterwuchses an den verschiedenen Stellen eines Baumes. Angenommen wird, dass die Blätter so wachsen, als ob sie intelligente Wesen wären, die jeweils das Sonnenlicht, welches sie bekommen, maximieren, die Positionen aller anderen Blätter berücksichtigen und problemlos und ohne Zeitverlust ihre eigene Position ändern können. Die Wortwahl ist an dieser Stelle entschei6

Vgl. Wenturis/Van hove/Dreier (1992, S. 110 ff.).

244

Anhang

dend; es wird nicht davon ausgegangen, dass die Blätter tatsächlich intelligent sind, sondern dass sie so wachsen, als ob sie es wären: „. . . the hypothesis does not assert that leaves do these things but only that their density is the same as if they did.“ (Friedman, 1953, S. 20). Mit dieser offensichtlich „unrealistischen“ Annahme kann die Dichte des Blätterwuchses eines Baumes gut erklärt werden. Das Ergebnis einer (realistischen) passiven Anpassung der Blätter an die Umweltbedingungen (an Stellen, an denen der Baum viel Sonne erhält wird der Blätterwuchs stärker und dichter sein als an Stellen des Baumes, die von der Sonne weniger erreicht werden) entspricht den Aussagen des Modells, wenn davon ausgegangen wird, dass die Blätter „Sonnenlicht-maximierende“ Akteure sind. Die Annahmen eines Modells sind dennoch auch nach der Ansicht Friedmans (1953) nicht unwichtig. Er räumt ein, dass Annahmen, die mit den Erfahrungen übereinstimmen, die also „realistisch“ sind, „eleganter“ sind als „konstruierte“ und im Allgemeinen die Erklärungen von Modellen, welche sich auf empirisch überprüfbare Annahmen stützen, schwieriger zu falsifizieren sein werden als solche, denen „konstruierte“ Annahmen zugrunde liegen (Friedman, 1953, S. 20 f.). Diese Sichtweise stimmt wiederum mit der Karl Poppers überein. Zusammenfassend gilt, dass eine Annahme, die über einen gewissen Grad an empirischer Evidenz verfügt, einer „konstruierten“ Annahme ohne Realitätsbezug vorzuziehen ist. Aus diesem Grund wurde in der vorliegenden Arbeit eine „Annahmenprüfung“ durchgeführt.

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Sachregister Akkumulationsmodelle 23, 73, 147, 185 Annahmenkritik 243 Anreizeffekt 25, 71, 124, 158, 161, 166–167, 187, 193, 201, 209, 212 Arbeitskräftewanderungen 19, 27, 29, 32–33, 35–36 Arbeitslosigkeit 33, 40, 176–177, 204 Ausbildung 57 Ausbildungsentscheidung 62, 64–65, 146 Ausbildungsertrag 64 Ausbildungskosten 144, 167 Auswanderungseffekt 158, 161, 166, 168, 209, 213 Auswanderungsland 20–23 Bildung 57 brain drain 17–19, 21–23, 38 Brain-Effekt 22–23, 25, 69–71, 158, 161, 209 Differentialgleichung 45, 97, 224–226 Drain-Effekt 67, 158, 161, 209 Effizienzeinheiten 60–61, 63, 65 Einwanderungsbestimmungen 166, 177 Einwanderungsland 49, 51, 60, 62, 72, 92 Einwanderungsländer 20, 26, 60 endogene Wachstumstheorie 42 Endproduktsektor 84–87, 143–145 Entwicklung 17, 79, 166, 204, 208 Entwicklungsland 162 Entwicklungsländer 94, 161, 187 Entwicklungspfad 159, 202

Euler-Gleichung 85, 106, 219–220, 223 Faktorwanderungen 18, 36 Finanzierung der Ausbildung 163, 202–203 Forschungssektor 83–84, 86, 88–89, 107 Güterhandel 36, 81, 83, 104, 149 Humankapital 54 Humankapitalakkumulation 41, 59, 104 Humankapitallohnsatz 89 Humankapitalwanderungen 17–18, 54, 93, 146, 204, 208 Imitationen 24, 105, 124–126, 148–149, 151 Imitationsmodell 78, 92, 147 Importquote 107 Industrieländer 82, 169 Innovationen 24–25, 78–79, 83, 105, 124–125 Innovationsmodell 23, 77, 83, 146, 210 Institutionen 17, 105, 205 Internationale Migration 28–29, 34, 164–165, 204 intertemporale Nutzenmaximierung 112, 219 Lohndifferenzen 50, 73, 165, 193–194 Migrationsentscheidung 27, 29, 33, 35 Migrationsnetzwerke 28, 34–35

258

Sachregister

Modelle des technischen Fortschritts 23, 77–83, 208 Modelle endogenen Wachstums siehe endogene Wachstumstheorie partielle Produktionselastizität 121 Politikimplikationen 25, 164, 213–214 Produktinnovationen 79–80 Prozessinnovationen 79

Technologielücke 75, 92–93, 95, 98, 103, 107 Technologieniveau 25, 192–193, 196 traditionelle exogene Wachstumstheorie 42 Übergangsbestimmungen 184

selektive Immigrationsbestimmungen 60, 62, 151, 162, 205, 208, 213 Sozialkapital 58

Wachstumsgleichgewicht 43, 46, 88–91, 105, 110, 112, 121, 149 Wanderungsströme 174, 176 Weltwohlfahrt 168, 173, 206, 213 Wirtschaftswachstum 65–67 Wohlfahrt 165, 168

technischer Fortschritt 43–44, 78–84 Technologieadaption 81–82, 93, 148, 194 Technologiediffusion 81–83, 93, 95–96, 101, 123, 147, 167

Zuwanderung 60, 148–149 Zuwanderungsgesetz 182–184 Zwischenproduktsektor 83, 85–87, 126–130

Remittances 68, 161–162