Innocenz III., Honorius III. und ihre Briefe: Die Edition der päpstlichen Kanzleiregister im Kontext der Geschichtsforschung. Jahrestagung 2021 [1 ed.] 9783205217718, 9783205217695

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Innocenz III., Honorius III. und ihre Briefe: Die Edition der päpstlichen Kanzleiregister im Kontext der Geschichtsforschung. Jahrestagung 2021 [1 ed.]
 9783205217718, 9783205217695

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Innocenz III., Honorius III. und ihre Briefe Die Edition der päpstlichen Kanzleiregister im Kontext der Geschichtsforschung Herausgegeben von Andrea Sommerlechner und Herwig Weigl

Innocenz III., Honorius III. und ihre Briefe

Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Band 79

2023 Böhlau Verlag Wien

Innocenz III., Honorius III. und ihre Briefe Die Edition der päpstlichen Kanzleiregister im Kontext der Geschichtsforschung

Herausgegeben von Andrea Sommerlechner und Herwig Weigl

2023 Böhlau Verlag Wien

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://www.dnb.de abrufbar. © 2023 Böhlau Verlag, Zeltgasse 1, A-1080 Wien, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Umschlagabbildungen: Registrierungsvermerke auf Litterae Innocenz’ III. für das Domkapitel von Gurk (5. Juni 1208, Klagenfurt, Kärntner Landesarchiv, Allgemeine Urkundenreihe C 1185 St, https://www.monasterium.net/mom/AT-KLA/AUR/AT-KLA_418-B-C_1185_St/charter) und Honorius’ III. für Reichersberg (18. März 1219, Stiftsarchiv Reichersberg, https://www.monasterium.net/mom/ AT-StiAR/ReichersbergCanReg/1219_III_18/charter) (mit freundlicher Genehmigung des Kärntner Landesarchivs und des Stifts Reichersberg) Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Satz: Bettina Waringer, Wien

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-205-21771-8



Inhalt Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Andrea Sommerlechner Einleitung: Die Geschichte der Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III. und die Aussichten einer Fortsetzung mit der Edition der Kanzleiregister Papst Honorius’ III. Mit zwei Exkursen von Andreas Gottsmann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 David L. d’Avray The Fichtenau Paradigm and Hageneder’s Question. . . . . . . . . . . . . . . . 27 Patrick Zutshi Proctors in the chancery of Innocent III. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Christoph Egger Sind 4183 Briefe genug? Überlegungen zu Quellen, Stil und Autorschaft in den Briefen Innocenz’ III.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Andreas Fischer Schreiben Innocenz’ III. und Honorius’ III. in der Briefsammlung des Thomas von Capua: Überlieferungs­zusammenhänge und Rezeptionsinteressen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Stefan Schima Innocenz III. als Gesetzgeber Einige Bemerkungen aus dem Blickwinkel heute maßgeblicher Rechtsstandards. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

6 Inhaltsverzeichnis

Anne J. Duggan Sententia Romani pontificis posse in melius commutari: Innocent III and his predecessors.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Rainer Murauer Pfründenteilung – Pfründentausch: Vom strikten Verbot zur bedingten Zulassung Ein Beitrag zur Entwicklung des Kirchenrechts von Alexander III. bis Innocenz III.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 Lotte Kéry Irregularität und Strafe bei Innocenz III. (1198–1216). . . . . . . . . . . . . . 155 Chris Schabel Absolutely Essential, but Incompletely Edited, Inadequately Summarized, and Frequently Misunderstood Papal Registers and the Latin East, with the Example of Archbishop John of Neopatras, ca. 1207–1219. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Kristjan Toomaspoeg Die Register Innocenz’ III. als historische Quelle für Süditalien: Beobachtungen, Bemerkungen und Desiderata.. . . . . . . . . . . 185 Damian Smith The Letters of Popes Innocent III and Honorius III to the Iberian Peninsula. . . Thomas W. Smith The Registers of Pope Honorius III: A Quantitative Approach. . . . . . . . . .

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Georg Vogeler Digitale Methoden bei der Erforschung von Papsturkunden – Stand der Dinge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Serena Ammirati – Marco Maiorino – Paolo Merialdo I registri di Onorio III. Il progetto In Codice Ratio e la sua applicazione ai registri papali. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

Inhaltsverzeichnis 7

Jörg Voigt Zur Erschließung der Papstregister des Spätmittelalters Die Anfänge des Repertorium Germanicum im Kontext weiterer Editionsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Siglenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Beitragende. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort Vom Nutzen des Edierens, der Nutzung von Editionen, von Langzeitprojekten und ihren Problemen, von den Techniken des Edierens und den Möglichkeiten, welche die Digitalisierung eröffnet, handelte die Jahrestagung 2021 des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, und zwar konkret anhand der Register zweier Päpste: Im Mittelpunkt standen die Edition der Register Papst Innocenz’ III., die nach dem Erscheinen des vorletzten Bandes vor dem Abschluss steht, und die angestrebte und wünschenswerte Fortsetzung mit der Edition der Register seines Nachfolgers Honorius III. Es ging um einen Rückblick auf die lange Geschichte einer Edition und das Sammeln von Ideen, und Werben um Unterstützung und institutionelle Verankerung für die zweite, die sich sinnvoll an die erste reiht und eine Forschungslücke schließen soll. Die Papstdiplomatik, das Kirchenrecht, die Nutzung im regionalen Bereich und der Beitrag digitaler Techniken und Methoden waren, stets mit Bezug auf die Register, inhaltliche Themenbereiche, die sich im Aufbau des Tagungsbands widerspiegeln. Diskutiert wurden auch Fragen und Antworten, Defizite und Desiderata, die sich im Zug der Innocenz-Edition ergeben und herausgestellt haben, und deren Konsequenzen und die Perspektiven für eine Edition der Honorius-Register1. Gewidmet war die Tagung dem Andenken Othmar Hageneders (gest. 27. Juni. 2020), der ein Forscherleben lang mit Innocenz III. und seinen Registern verbunden war und dessen Memoria in einer eigenen Veranstaltung begangen wurde2. Der Band enthält den größten Teil der Tagungsreferate – Paul Freedman (New Haven) wird seinen Beitrag in Band 65 der Römischen Historischen Mitteilungen publizieren, Marek Kowalski (Kraków) den seinen in den Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung – sowie den Beitrag von Anne Duggan, die 2021 an der Teilnahme verhindert war. Wir danken allen Beitragenden, die sich auf das Thema eingelassen und Perspektiven für eine Weiterarbeit eingebracht haben, und dem Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Christian Lackner für die Aufnahme unter die Jahrestagungen des Instituts und für die stete und nachdrückliche Unterstützung der Editionsunternehmen. Eine solche sprach auch der Präfekt des Archivio Apostolico Vaticano, Sergio Pagano B, in seiner Grußadresse den Veranstaltern und TeilnehmerInnen aus, insbesondere indem er das Projekt der Edition der Register Honorius’ III. unter den Schirm des Archivs stellte3. Andrea Sommerlechner, Herwig Weigl 1 Aaron Schwarz, Tagungsbericht: Innocenz III., Honorius III. und ihre Briefe. Die Edition der päpstlichen Kanzleiregister im Kontext der Geschichtsforschung, in: H-Soz-Kult, 19. 3. 2022, www.hsozkult.de/ conferencereport/id/fdkn-127809 [9. 12. 2022]. 2  In memoriam Othmar Hageneder. MIÖG 130 (2022) 447–466. 3   Schreiben vom 6. 10. 2021: „In segno, quindi, della stima, che questo Archivio ha sempre avuto per la suddetta iniziativa ed avrà anche per la futura, assicuro il Patrocinio di questo Archivio Apostolico Vaticano per l’edizione dei registri di papa Onorio III“.



Einleitung: Die Geschichte der Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III. und die Aussichten einer Fortsetzung mit der Edition der Kanzleiregister Papst Honorius’ III. Andrea Sommerlechner mit zwei Exkursen von Andreas Gottsmann

Mehr als 60 Jahre Editionstätigkeit, die sich nun tatsächlich dem Abschluss nähert, sind ein Anlass Bilanz zu ziehen: das Erreichte und seine Stellung im Kontext der Forschung zu beschreiben, seinen Wert an sich und die eröffneten Forschungsperspektiven und Forschungsdesiderate zu benennen, aber auch gegenüber den gerade vorherrschenden „Narrativen“ und „Diskursen“ und ihrer Definitionsmacht zu rechtfertigen, ja zu verteidigen. Die Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III wird seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts am Österreichischen Historischen Institut in Rom und seit den 80ern auch am Institut für Österreichische Geschichtsforschung betrieben. 2006, bei der 125-Jahrfeier des Römischen Instituts, haben Othmar Hageneder, der erste und lebenslange Bearbeiter, und ich, die ich zur Halbzeit dazu gestoßen bin, Bilanz gezogen und bei allen Kautelen optimistisch „die Fertigstellung der Gesamtedition (15 Bände) mit Corrigenda, einem Wortund Sachindex, einem Generalindex der Namen, Bibelzitate und Dekretalen und einer Digitalversion“ für das Jahr 2020 in Aussicht gestellt1. 2015, beim Jubiläumskongress zum IV. Laterankonzil, haben wir die Edition der Rubrizellen der verschollenen Jahrgänge 3. und 4. und 17. und 18. noch hinzugefügt. Dieses Ziel wurde nicht ganz erreicht. Der umfangreichste Band mit den Briefen des ersten Pontifikatsjahrs ist 1964 erschienen, der zweite Jahrgang 1977, ab dem fünften 1993 erschienen in regelmäßigen Abständen von zwei bis drei Jahren die Bände bis zum 14. Jahrgang 2018 und zum 15., der, 2020 abgeschlossen, nach einer langen Drucklegungsphase im Mai 2022 ausgeliefert werden konnte; der 16. und letzte Jahrgang wird 2023 im Manuskript vorliegen. Aus dem Sonderprojekt der Rekonstruktion des 3. und 4. Jahrgangs, von denen ein Fragment und die Rubrizellen erhalten sind und das sich Werner Maleczek vorbehalten hat2, befindet sich die vorweggenommene Edition des Fragments von 57 Briefen des dritten Jahrgangs 1 Othmar Hageneder–Andrea Sommerlechner, Die Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III. – Eine Bestandsaufnahme. MIÖG 115 (2007) 112–120, hier 112. 2 Werner Maleczek, Die Rekonstruktion des dritten und vierten Jahrganges der Register Papst Innocenz’ III., vor allem aus kirchenrechtlichen Sammlungen, in: Proceedings of the Twelfth International Congress of Medieval Canon Law, Washington, D.C., 1‒7 August 2004, hg, von Uta-Renate Blumenthal‒Kenneth Pennington‒Atria A. Larson (MIC, Series C: Subsidia 13, Città del Vaticano 2008) 531‒566.

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Andrea Sommerlechner

im Druck; die Rubrizellen des dritten und vierten Jahrgangs sollen, eine weitere Vorwegnahme, mit denen des 17. und 18. Jahrgangs in einem eigenen Band der Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, der sich auch der Quellengattung Rubrizellen widmet, herausgebracht werden. Die Edition der Innocenz-Register hat ihre eigene Geschichte, die schon des öfteren, insbesondere von Othmar Hageneder3 und Werner Maleczek4, erzählt wurde und die hier nur kurz resumiert sei. Zur Vorgeschichte gehören die Errungenschaften und Fragestellungen der Hilfswissenschaftlichen Schule am Wiener Institut seit Emil von Ottenthal5, Studien von Wilhelm M. Peitz6 und Rudolf von Heckel7, und ganz konkret die paläographisch-diplomatische Untersuchung der Handschriften des 1. bis 12. Jahrgangs der Innocenzregister, der Codices Reg. Vat. 4, 5, 7 und 7A im Archivio Apostolico Vaticano, durch Friedrich Kempf 19458 und seine Modell-Edition des aus der Registerserie ausgelagerten Thronstreitregisters zwei Jahre später9. Der Beginn des Projekts, in institutioneller und personeller Hinsicht, ist Leo Santifaller, dem damaligen Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, zu verdanken. Er wollte für das römische historische Institut, das dem nach dem 2. Weltkrieg wieder eröffneten Österreichischen Kulturinstitut in Rom als „Abteilung für historische Studien“ angegliedert war, ein würdiges Mittelalterprojekt und für dessen Mitarbeiter und Stipendiaten ein geeignetes editorisches Arbeitsunternehmen lancieren und konnte dafür die ältesten in Serie erhaltenen Papstregister, jene Innocenz’ III., sichern, da die École Française de Rome ihre in den 1880er Jahren begonnene Serie von Publikationen von Papstregistern mit Gregor IX. einsetzen hatte lassen10 und die Register Innocenz’ III. nicht beanspruchte, weil es hier ja die Ausgabe von Jacques-Paul Migne von 1855 in den Bänden 214 bis 216 der Patrologia Latina gab; ebensowenig jene Honorius’ III., die Pietro Pressutti reserviert worden waren11. Am Anfang des Innocenz-Projekts steht weiters Othmar Hageneders Romaufenthalt als Stipendiat im Jahr 1952/1953, in welchem er die Handschriften – noch über Kempfs Analyse hinaus, der dem Unternehmen beratend zur Seite stand – minutiös kodikologisch und paläographisch untersuchte und die Abgleichung der Hände und Bestimmung der Neuansätze gemäß der ersten zentralen Fragestellung vornahm: Wurden die Register kontinuierlich zeitgleich mit dem Ausstoß der Briefe geführt, oder liegen sie uns in späteren Reinschriften vor? Diese Frage ist mittlerweile im Sinne Kempfs, von Heckels und Hageneders beantwortet: Sie wurden zeitnah, nach Konzepten oder nach den noch   Hageneder–Sommerlechner , Edition (wie Anm. 1) 112–115; ders., Vorwort zu Reg. Inn. Bd. XIII.  Werner Maleczek, L’édition autrichienne des registres d’Innocent III. MEFRM 112 (2000) 259–272. 5  Emil v. Ottenthal, Die Bullenregister Martin V. und Eugen IV., in: MIÖG Ergbd. 1 (Innsbruck 1885) 401–589; vgl. Hageneder–Sommerlechner, Edition (wie Anm. 1) 114. 6  Wilhelm M. Peitz S. J., Das Originalregister Gregors VII. im Vatikanischen Archiv (Reg. Vat. 2) nebst Beiträgen zur Kenntnis der Originalregister Innocenz’ III. und Honorius’ III. (Reg. Vat. 4–11) (SB der Kaiserl. Akad. d. Wiss., phil.-hist. Kl. 165/5, Wien 1911). 7   Rudolf v. Heckel, Untersuchungen zu den Registern Innozenz’ III. HJb 40 (1920) 1–43. 8 Friedrich Kempf, Die Register Innocenz III. Eine paläographisch-diplomatische Untersuchung (MHP 9, Roma 1945). 9   Regestum Innocentii III papae super negotio Romani imperii, hg. von Friedrich Kempf S. J. (MHP 12, Roma 1947). 10  Vgl. Bruno Galland, La publication des registres de lettres pontificales par l’École française de Rome. BEC 154 (1996) 625–634; Olivier Poncet, Les entreprises éditoriales liées aux archives du Sainte-Siège (1880– 2000) (Collection de l’École Française de Rome 318, Rom 2003) 15. 11  S. unten Exkurs 2. 3

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Die Geschichte der Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III.

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nicht ausgegebenen Ausfertigungen schubweise eingetragen, wobei sich oft Briefbündel abzeichnen, die an denselben Empfänger oder in dieselbe Region gingen und die die Arbeitsweise der Kanzlei und der Prokuratoren dokumentieren12. Die Planung der Arbeit durch Santifaller baute auf Flexibilität und Disponibilität und der Interaktion unterschiedlich miteinbezogener Personen: Ein Hauptbearbeiter für den diplomatisch-paläographischen Part und die Endredaktion sollte bei kürzeren Romaufenthalten Material sammeln; Teilnehmende und Absolventen des Wiener Institutskurses sollten Sammlungen von Photos und eine Bibliographie anlegen und Stipendiaten in Rom am Sachkommentar arbeiten. Aus der Phalanx derjenigen, die die Karteien und Sammlungen des bis heute verwendeten „Innocenz-Apparats“ erstellt haben, seien Herta Eberstaller(-Hageneder), Fritz Eheim, Helmuth Feigl, Friederike Hillbrand(-Grill), Gerlinde Möser-Mersky, Kurt Peball, Ernst Popp und Christiane Thomas genannt. Ihre Tätigkeit mündete in wertvollen Detailstudien13, deckte das grundlegende Sammeln ab und trug auf vielfältige Weise zum Entstehen des ersten Bandes bei14; nicht jedoch konnte auf diesem Modell in der Folge die eigentliche Arbeit an der Register-Publikation fortgesetzt werden. 1955 bis 1957 kam als Stipendiat Anton Haidacher aus Innsbruck dazu, der neben einigen grundlegenden Untersuchungen zu den Registern15 vor allem den Sachkommentar bearbeitete, und der erste, voluminöse, Maßstäbe setzende Band, herausgegeben von Othmar Hageneder und Anton Haidacher, konnte 1964 erscheinen. Mehrere Initiativen für eine institutionelle Verankerung des Projekts in Rom wurden in der Folge unternommen16. 1964 gelang es Santifaller, an der Historischen Abteilung des Österreichischen Kulturinstituts einen Assistenten mit dem Sonderauftrag der Bearbeitung der Innocenz-Register anzustellen, den die Hauptbearbeiter Hageneder und Haidacher (der eine in Linz am Oberösterreichischen Landesarchiv, der andere an der Universität Innsbruck tätig) unterstützen sollten. Das funktionierte in den ersten 25 Jahren nicht ganz wie gehofft, da, so rückblickend Othmar Hageneder, „eigene wissenschaftliche

12   S. dazu die Einleitungen der Registerbände, bes. Bd. I XXXIIIf. mit Anm. 140; Othmar Hageneder, Die äußeren Merkmale der Originalregister Innocenz’ III. MIÖG 65 (1957) 296–339, und zusammenfassend Othmar Hageneder, Die Register Innocenz’ III., in: Papst Innocenz III. Weichensteller der Geschichte Europas, hg. von Thomas Frenz (Stuttgart 2000) 91–101. 13  Grundlegend Helmuth Feigl, Die Überlieferung der Register Innozenz’ III. (Handschriften und Druckausgaben). MIÖG 65 (1957) 242–295; ders., Die Registrierung der Privilegien unter Papst Innozenz III. MIÖG 68 (1960) 114–127; Kurt Peball, Zu den kanonistischen Randzeichen im Register Papst Innozenz’ III. RHM 1 (1958) 77–105. 14  Das spiegelt sich auch im Titel: Die Register Innocenz’ III. 1. Pontifikatsjahr, 1198/1199. Texte. Bearbeitet von Othmar Hageneder und Anton Haidacher gemeinsam mit Herta Eberstaller, Fritz Eheim, Helmuth Feigl, Friederike Grill-Hillbrand, Gerlinde Möser-Mersky, Herbert Paulhart, Kurt Peball, Ernst Popp, Christiane Thomas und Gerhard Trenkler. Hageneder würdigte in der Einleitung, S. XL, den Beitrag der „Arbeitsgemeinschaft“ und deren Koordination durch Helmuth Feigl, der „fast die gesamte organisatorische Last des Unternehmens trug“. 15 Anton Haidacher, Über den Zeitpunkt der Exkommunikation Ottos IV. durch Papst Innozenz III. Eine historisch-kanonistische Untersuchung. RHM 3 (1960) 132–185; ders., Weiteres zur Exkommunikation Ottos IV. durch Papst Innozenz III. RHM 4 (1960/61) 26–36; ders., Beiträge zur Kenntnis der verlorenen Registerbände Innozenz’ III. Die Jahrgänge 3–4 und 17–19 der Hauptregisterreihe und die ursprüngliche Gestalt des Thronstreitregisters. Ebd. 37–62; ders., Zum Zeitpunkt der Exkommunikation Ottos IV. durch Papst Innocenz III. RHM 11 (1969) 206–209. 16  S. unten Exkurs 1.

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Andrea Sommerlechner

Interessen“ die jeweiligen Inhaber des Postens „ablenkten“17. 1968 starb tragisch früh Anton Haidacher, der intensiv an den Registern gearbeitet und auch Pläne zur Rekonstruktion der verlorenen Jahrgänge entworfen hatte18. Othmar Hageneder erhielt 1976 den Ruf auf eine Professur nach Innsbruck, seit 1980 lehrte er in Wien. Aufgrund seiner beruflichen Auslastung und der Notwendigkeit der Delegierung an temporäre (nicht eingearbeitete) und teilweise auch unwillige, weil als Stipendiaten zwangsrekrutierte Mitarbeiter verflachte sich die Kurve. Der zweite Band, herausgegeben von Hageneder, dem Assistenten am römischen Institut Alfred A. Strnad und Werner Maleczek, der 1968 als Romstipendiat zur Arbeitsgruppe kam, erschien erst 1979; es folgte ein Indexband, den Strnads Nachfolger Karl Rudolf betreute. Dann kam es wieder zu einer längeren Pause, und die Innocenz-Register erhielten den Ruf eines nach großen Anstrengungen und guten Anfängen versickerten und auf der Strecke gebliebenen Unternehmens. Othmar Hageneder arbeitete indessen weiter, selbst an den Registern und am Aufbau eines Mitarbeiterstabs. Bewegung und Kontinuität kam in das Unternehmen durch die erneuerte Dedikation der römischen Stelle, die ich 1988 übernommen habe; durch das Zusammenfinden eines Teams mit Herwig Weigl, Christoph Egger und Rainer Murauer; durch meine Übersiedlung an das Institut für Österreichische Geschichtsforschung unter Mitnahme des „Innocenz-Postens“, womit das Projekt eine doppelte Verankerung erfuhr, in Wien und durch Rainer Murauer in Rom, und durch die Zusammenarbeit mit und um Othmar Hageneder, der, vor allem auch seit 1995 als Emeritus, am Unternehmen bis zu dessen letztem Band beteiligt war. Ich hoffe zuversichtlich, bis 2023 den 16. Jahrgang und den Rubrizellenband zumindest eingereicht zu haben und somit die Registeredition Innocenz’ III. in der aktiven Dienstzeit abschließen zu können. Wenn man Kick-off (die anachronistische Formulierung sei in Bezug auf das Wirken Santifallers, Kempfs und des jungen Hageneder gestattet) und Follow-up des InnocenzProjekts betrachtet, so lässt sich festhalten: Die lebenslange Weiterführung, Leitung und Mitarbeit bis zur Fahnenkorrektur der Edition durch Othmar Hageneder stellte zweifelsohne die Grundlage dar. Da es jedoch nicht möglich ist, die Last eines solchen Unternehmens nebenberuflich zu tragen, war es nach den inspirierten Anfängen vor allem nötig, einen institutionellen Rahmen für das Projekt zu schaffen. Es braucht eine fixe Stelle und auf dieser eine*n Hauptbearbeiter*in für die Hauptlast der Editionsarbeit; und zweitens braucht es ein konsistentes Team aus Spezialist*innen, an welche einzelne Gebiete wie Theologie und Kanonistik ausgelagert werden können. Ein solches Team kann auch als Chance gesehen werden, Expertise zu repräsentieren und Papstregisterunternehmen in einer zunehmend solchen Projekten gegenüber feindlich eingestellten Umwelt weiterzuführen. Dies zu reklamieren war ein Zweck und ein Appell der Tagung. Soweit der institutionell-personelle Abriss. Was die eigentliche Edition betrifft, so änderten sich in einem Dreivierteljahrhundert zwangsläufig die Fragestellungen der Bearbeitenden, und dies auch aufgrund der erzielten Ergebnisse: Die ursprüngliche Diskussion um die kontinuierliche Eintragung, um Kopie oder Originalregister und Konzept oder Ausfertigung als Vorlage kann als beendet betrachtet werden. Wenn die Aufnahme der  Othmar Hageneder, Vorwort, in: Reg. Inn. Bd. XIII S. IX.   S. auch die Tätigkeitsberichte zum Innocenz-Projekt in den RHM 8/9 (1964/65 und 1965/66), 10 (1966/67) und 11 (1969), jeweils S. 7; die Nachrufe von Othmar Hageneder in MIÖG 76 (1968) 515f. und von Alfred A. Strnad in RHM 11 (1969) 14–19; vgl. auch Maleczek, Rekonstruktion (wie Anm. 2) 534. 17

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Die Geschichte der Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III.

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Neuansätze routinemäßig weitergeführt wurde, so illustrieren diese eher die päpstliche Sommerfrische und Schlampereien der Bürokratie. Dafür ist im Laufe der Jahre der Sachkommentar stark angewachsen. Dieser war zunächst mit den Worten Hageneders „sparsam geplant und auf Personen, Orte und etwaige Entlehnungen aus dem römischen und kanonischen Recht beschränkt“19. Dass er sukzessive ausgebaut wurde, ist zum Teil der leichteren Zugänglichkeit von Quellen und Literatur geschuldet, auch der Versuchung, ins Detail zu gehen und in den Privilegien jedes Grundstück zuzuordnen, mehr noch der stärkeren Fokussierung auf den Inhalt der Briefe, dem Versuch, komplementär zur Forschung Hintergrund zu bieten: die Register als Steinbruch zu behandeln und der Forschung, serviceorientiert, einen Zugang zu bieten. Die Voraussetzung hierfür stellen elaborierte Namenindices dar; eine weitere Voraussetzung bleibt, dass in den Papstregistern gesucht wird, dass diese als Quelle betrachtet und verstanden werden, was nicht immer der Fall war und ist20. Sehr ausgebaut im Vergleich zu den Anfängen ‒ wobei jetzt die Register nicht als Lieferant von Information, sondern als eigenwertiger Text behandelt werden ‒ wurde die Betrachtung von Quellen, Sprache und Stil des Textes, die Identifikation von Entlehnungen aus biblischen, unterschiedlichen theologischen, liturgischen und antiken Schriften. Die solcherart gesammelte Erkenntnis zielt auch auf den Bildungshintergrund des Verfassers und darüber hinaus auf die diffizile Frage: Wer verfasste die Schreiben; wird der Theologe und Reformer Innocenz selbst als Verfasser/Inspirator greifbar21, welche Personen in Kanzlei und Kurie, eventuell auch welche Impetranten haben sich eingebracht, sind der Papst und seine Entourage über solche Zitate auszumachen? („Persönliches“ von Innocenz III. auf einer ganz anderen Ebene lässt sich vielleicht noch gelegentlich in der Coda oder am Anfang mancher Briefe finden, in welcher der Papst kirchliche Amtsträger zurechtweist22.) Jedenfalls wurde hier nur ein Anfang gemacht und auf ein auf der 19   „Der historische Kommentar will schließlich den Text für die Forschung möglichst benützbar machen. Vor allem galt es, alle darin erwähnten Personen und Orte auszuweisen bzw. mögliche Identifikationen anzudeuten“, schreibt vorsichtig Hageneder in der Einleitung zum 1. Band: Reg. Inn. Bd. I S. XXXIX. Ebd. XXXIXf. über die Textentlehnungen aus juridischen Quellen, die im Registertext explizit als solche erwähnt oder auch ohne Kennzeichnung verwendet wurden: solche würden, ohne „systematische Vollständigkeit anzustreben“, ausgewiesen. Vgl. auch Hageneder–Sommerlechner, Edition (wie Anm. 1) 118. 20 Ebd. 21   Vgl. allgemein Patrick Zutshi, The personal role of the pope in the production of papal letters in the thirteenth and fourteenth centuries, in: Vom Nutzen des Schreibens. Soziales Gedächtnis, Herrschaft und Besitz, hg. von Walter Pohl–Paul Herold (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters = ÖAW, phil.-hist. Kl., Denkschriften 306, Wien 2002) 225–236. S. die Beiträge von Christoph Egger und Anne Duggan in diesem Band. 22   Nur einige Beispiele zum Thema der Invektiven, das auch einmal eine Betrachtung wert sein könnte: der Anfang von Br. VI 38 an den Magister Prepositinus, damals Domscholaster von Mainz: Credebamus hactenus, quod sapientia regnaret in senibus et ornaret prudentia litteratos, sed in te iam, quod dolentes didicimus, econtrario experimur, quod in seno desipis, qui tempore sapueras iuventutis, et multe littere ad insipientiam te adducunt (Reg. Inn. Bd. VI S. 60 Z. 22‒25); die Coda von Br. VII 20 an den Bischof Rainer von Fiesole, der einen empfindlichen Nerv getroffen hat: quia coram nobis pro certo cognosces, utrum pecunia tua, sicut diceris te iactasse, possit apud nos redimere culpam tuam (Reg. Inn. Bd. VII S. 41 Z. 27f.); das Crescendo in der Strafandrohung am Ende eines als a pari-Brief eingetragenen Schreibens an den Erzbischof Bernhard von Split: ut pena unius sit cautela multorum et iusti lavent manus suas in sanguine peccatorum (Br. VII 128 Reg. Inn. Bd. VII S. 210 Z. 23f.); das Abwinken angesichts der Menge der Fragen des ehemaligen Erzbischofs Jean Bellemains von Lyon: tua discretio investiget (Br. V 120 [121], Reg. Inn. Bd. V S. 239 Z. 8–13) und der Liste an Auskünften, die der Patriarch Albert von Jerusalem wünscht: ... scientes te in iure sufficienter instructum et nequaquam, quid iuris sit, in predictis articulis ignorare ... (Br. IX 252 [254] Reg. Inn. Bd. IX S. 431 Z. 34–S. 432 Z. 2). Vielleicht auch Br. IX 136, der zur Beruhigung eines Frater Augustinus aus Norton geschrieben wurde und in dem der Papst sich selbst als

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Edition basierendes, über die Edition hinausgehendes Forschungsdesiderat aufmerksam gemacht. Die Registerführung im Rahmen kurialer Vorgänge bleibt ein aktuelles Thema der Forschung. Dass den Impetranten eine große Rolle zukommt und die Urkundenproduktion der Kurie in großen und in alltäglichen Belangen über weite Strecken reaktiv ist, wurde zuletzt in der Forschung wieder betont23 und zeigt sich in der Empfängerüberlieferung wie im Register. Ausfluss und Registrierung und die damit verbundene Garantie werden gesteuert durch Impetranten und deren Prokuratoren oder Protektoren. Andererseits stellt das Register ein Instrument päpstlicher Politik und Verwaltung und Spiegel päpstlicher Interessen dar und enthält Schreiben, die an der Kurie als wichtig oder recht-schaffend erachtet und programmatisch aufgenommen wurden. Aus den letzten Jahrgängen ragen hier an der Kurie angelegte Zusammenstellungen heraus wie die Abschrift der Berichte, die der päpstliche Legat Milo in der Provence 1209 zu seiner Legationstätigkeit anlegte (Processus und Forma), kombiniert mit weiteren Einläufen und päpstlichen ­Schreiben24; die Schriftstücke zum Konzil von Lavaur 121325 und jene zum Sieg des Königs von Kastilien über die Sarazenen bei Las Navas de Tolosa26: Dossiers zur Entscheidungsfindung, zur Dokumentation, zur Aufbewahrung für den künftigen Gebrauch wie im Fall des Prozessionsordo, des Modells einer Bittprozession für den Kampf gegen das Kalifat in Spanien in Rom im Mai 1212. Diese Zusammenstellungen, von der irreführenden graphischen Aufbereitung im Druck von Migne befreit, wurden im Laufe der Registerarbeit erstmals analysiert und als das erkannt, was sie sind. Von Georgine Tangl stammt die minutiöse und immer noch gültige Untersuchung der fieberhaften Arbeit der Kanzlei an der Ausfertigung der Konzils- und Kreuzzugsbriefe Quia Maior und Vineam Domini nebst Begleitbriefen aus dem letzten erhaltenen Registerjahrgang des Papstes, welche den Rhythmus des gesamten 16. Jahrgangs bestimmt27. Die Listen der a pari-Briefempfänger, die Bündelungen und die Mandate an diverse Beispiel dafür nennt, dass mit dem Namenswechsel bei der Profess bzw. bei der Papstwahl nichts verloren geht. 23 Patrick Zutshi, Petitioners, popes, proctors: the development of curial institutions, c. 1150–1250, in: Pensiero e sperimentazioni istituzionali nella „Societas Christiana“ (1046–1250). Atti della sedicesima Settimana internazionale di studio, Mendola, 26–31 agosto 2004, hg. von Giancarlo Andenna (Milano 2007) 265‒293; als Leitthema bei Thomas W. Smith, Curia and Crusade. Pope Honorius III and the Recovery of the Holy Land 1216–1227 (Outremer. Studies in the Crusades and the Latin East 6, Turnhout 2017). Eigentlich sollte darüber Konsens herrschen; Studien, die in jedem klar als impetriert und vom Impetranten formuliert erkennbaren Brief eine Initiative des Papstes sehen, sind jedoch weiterhin zahlreich und verbreitet. 24  Br. XII 86–90, 106–109, Processus Nr. 1–14, Forma Nr. 1–14; vgl. Andrea Sommerlechner, Processus negotii Raimundi comitis Tolosani – Bemerkungen zu Einschüben im 12. Jahrgang der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III. MIÖG 120 (2012) 139–145. 25  Br. XVI 39–51 (48); vgl. Andrea Sommerlechner, Das Dossier zum Konzil von Lavaur im 16. Jahrgang der Register Papst Innocenz’ III. – Zugleich eine Notiz über die Abschriften des Originalregisters durch avignonesische Kopisten und durch François Bosquet, in: Incorrupta Monumenta Ecclesiam Defendunt. Studi offerti a mons. Sergio Pagano, prefetto del Archivio Segreto Vaticano, II: Archivi, Archivistica, Diplomatica, Paleografia, hg. von Andreas Gottsmann–Pierantonio Piatti–Andreas E. Rehberg (Collectanea Archivi Vaticani 107, Città del Vaticano 2018) 843–856. 26  Br. XV 182–185 (183). Vgl. auch Reg. Inn. XV S. IXf. Das Dankgebet für den Sieg, das zwischen dem Siegesbulletin Alfons’ VIII. und Innocenz’ Glückwunschschreiben steht, wurde aufgrund des Layouts späterer Drucke bis in jüngste Zeit dem kastilischen König zugeschrieben. 27  Georgine Tangl, Studien zum Register Innocenz’ III. (Weimar 1929). Die Studie geht auch in exemplarischer Weise dem Werdegang von den Konzepten bis zu den Ausfertigungen und dem Kursieren von Fassungen der unterschiedlichen Stadien der beiden Schreiben nach. Für Quia maior vgl. auch Thomas W. Smith, How to Craft a Crusade Call: Pope Innocent III and Quia maior (1213). Historical Research 92 (2019) 2–23.



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Überbringer sind eine Fundgrube für Betrachtungen zur Funktionsweise der Kanzlei. Diese Studien konnten nicht am Originalregister durchgeführt werden, sondern anhand divergierender Überlieferungen, da der Registerband, der die Jahrgänge 13 bis 16 enthielt, verschollen ist. Tradiert wurde er in einer an der avignonesischen Kurie 1365 bis 1367 angelegten Sicherheitskopie, dem Reg. Vat. 8, mit dem Korrelat einer gelehrten Herausgabe durch den Toulousaner Juristen und späteren Bischof von Montpellier François Bosquet, der das Originalmanuskript im Collège de Foix in Toulouse vor dessen Verschwinden (zwischen 1635 und 1680) benutzen konnte28; die Feststellung, dass Reg. Vat. 8 und Bosquet dasselbe Original benützten, und der erste Vergleich der beiden Versionen gehen ebenfalls auf Georgine Tangl zurück29. Der ursprüngliche Plan Santifallers zielte vielleicht auf eine Gesamtedition aller erhaltenen Register, Fragmente und Rubrizellen; die Planung Hageneders hatte lange Zeit nur die Edition der Originalregister vorgesehen. Die Betrachtung der Register als eigenständiges Werk und die thematische Verschiebung zum Inhalt der Briefe (und ein Drang nach Vollständigkeit) begründeten die Entscheidung, die vier Jahrgänge des verlorenen Registerbandes zu edieren, und zwar nach der Handschrift der Kopie, die neun kuriale Skriptoren, die orthographische und sonstige Eigenheiten aufweisen und mit unterschiedlicher Sorgfalt gearbeitet haben, in Avignon abgeschrieben haben. Diese bedarf zeitweise der Ergänzung durch Bosquet, und die Frage danach, wie der Originaltext ausgesehen haben könnte, kann im Dialog zwischen ediertem Text und dem Apparat mit den Varianten Bosquets in Ansätzen beantwortet werden. Die Edition von Reg. Vat. 8 stellt dem bisher im Alleinstellungsrang benutzten Druck von Migne basierend auf Bosquet (mit der 1682 von Étienne Baluze publizierten Ausgabe als Zwischenglied)30 eine authentische andere Version entgegen31. Das Durchführen eines Langzeitprojekts erfordert auch Revisionen, insbesondere das Kappen von Nebentrieben, die das Fortschreiten hemmen: Im Fall der InnocenzRegister war das zunächst das systematische Sammeln der Empfängerüberlieferung; die Schnittmenge aus erhaltenen oder tradierten Urkunden und den Registern stellte sich als zu klein und der Erkenntnisgewinn aus den Vergleichen als zu bescheiden heraus, um Ressourcen in eine Rasterfahndung zu investieren. Auch wenn die digitale Zugänglichkeit von Archivalien die Suche nunmehr um Vieles erleichtert, wurde weiters pragmatisch nur verglichen, was greifbar war, obwohl die Empfängerüberlieferung für die letzten vier Jahrgänge den Vergleich zwischen den beiden unterschiedlichen Abschriften bereichert und mitunter differierende Versionen erklären hilft. Die Rekonstruktion des 3. und 4. Jahrgangs aus der Empfängerüberlieferung und der kanonistischen Überlieferung wurde ausgelagert, um das Fortschreiten der Edition der erhaltenen Registerbände nicht zu belasten. Verzichtet wird auch, schweren Herzens, darauf, in absehbarer Zeit ein Sachregister zu erstellen: Ein solches Register, das sich nicht mit Schlagworten begnügt, sondern die Texte 28  François Bosquet, Innocentii tertii Pontificis maximi epistolarum libri quatuor, Regestorum XIII. XIV. XV. XVI (Toulouse 1635). Vgl. die Einleitungen von Reg. Inn. Bd. XIII S. XXXIV, Bd. XIV S. XVII. 29 Georgine Tangl, Ein verschollenes Originalregister Innocenz’ III. QFIAB 26 (1935/1936) 1–20; Nachtrag in: QFIAB 27 (1936/1937) 264–267. 30 Étienne Baluze, Epistolarum Innocentii III Romani pontificis libri undecim, Bd. 2 (Paris 1682). 31  Zur Problematik und zur Entscheidung im Umgang damit vgl. die Einleitungen der Bände Reg. Vat. XIII–XV.

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in all ihren Schichten aufschlüsselt, ist mit den vorhandenen Ressourcen nicht machbar. Dasselbe gilt für einen Generalindex der Namen, der auch einzelne Identifizierungen revidieren müsste. Die Erarbeitung einer – mittlerweile technisch durchaus machbaren – neben dem Druck erscheinenden digitalen Edition, die diesen Namen verdient, hätte relativ knapp vor dem absehbaren Abschluss der Edition zu viele Ressourcen zu lange gebunden und wäre überdies nur unter Einbeziehung der älteren Bände wirklich sinnvoll32. Vorrangiger Aspekt eines Langzeitprojekts muss bleiben, dass es in überschaubaren Etappen vorangetrieben und abgeschlossen wird. Diesem Grundsatz wurde und wird somit eine Reihe von Möglichkeiten geopfert. Mit dem Projekt zu vereinbaren waren dagegen die Studien und Publikationen der Mitarbeiter zum Thema, die aus der Registerarbeit entstanden sind und diese auch wieder befruchten, eine laufende Auswertung der Register in diplomatisch-formaler und inhaltlicher Weise, begonnen mit den von Leo Santifaller geleiteten „Studien und Vorarbeiten zur Edition der Register Papst Innozenz’ III.“, die u. a. grundlegende Aufsätze von Hageneder und Haidacher versammeln33; dazu gehören auch Werner Maleczeks zahlreiche Publikationen über das Kardinalskolleg und einzelne Kardinäle, Christoph Eggers Auseinandersetzung mit „Innocenz III. als Theologe“ und Rainer Murauers Beiträge zur Kanonistik34. Die Innocenz-Register (vorweggenommen) abschließend und als Editoren-Team formulieren wir aus der Defensive: Wir glauben an den Nutzen des Edierens ‒ Voraussetzung ist, dass in der Forschung, bei Rezipient*innen, in der scientific community der Wille und die Fähigkeit bestehen, sich mit aufbereiteten Originalquellen auseinanderzusetzen; Forscher, die anhand von nicht verstandenen Kopfregesten argumentieren, sind nicht die Zielgruppe ‒ und wir halten an der Verantwortung fest, die ein nicht so bald zu korrigierendes Opus bedeutet ‒ um es mit R. B. C. Huygens zu sagen: „an unsatisfactory   Vgl. aber die Beiträge von Kristjan Toomaspoeg und Georg Vogeler in diesem Band.   Vgl. die Auflistung in Reg. Inn. Bd. I S. IXf. Zum Stellenwert des Papstes und seiner Register in Hageneders Oeuvre s. den Nachruf von Winfried Stelzer und das Werkverzeichnis in MIÖG 129 (2021) 265–289. Haidacher (s. auch Anm. 18) machte noch exemplarisch einen Familiaren des Papstes zum Gegenstand einer Studie: Anton Haidacher, Mag. Opizo von Asti, Erzbischof von Cosenza. Biographisch-genealogische Anmerkungen, in: Festschrift Karl Pivec. Zum 60. Geburtstag gewidmet von Kollegen, Freunden und Schülern, hg. von dems.–Hans Eberhard Mayer (Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft 12, Innsbruck 1966) 141–150. 34  Um die wichtigsten herauszugreifen: Werner Maleczek, Papst und Kardinalskolleg von 1191 bis 1216. Die Kardinäle unter Coelestin III. und Innocenz III. (Publ. d. Hist. Inst. beim Österr. Kulturinstitut in Rom I/6, Wien 1984); ders., Petrus Capuanus. Kardinal, Legat am Vierten Kreuzzug, Theologe († 1214) (Publ. d. Hist. Inst. beim Österr. Kulturinstitut in Rom I/8, Wien 1988), zuletzt als: Pietro Capuano, cardinale, legato alla quarta crociata, teologo († 1214) (Biblioteca amalfitana 2. Amalfi 1997); Christoph Egger, Papst Innocenz III. als Theologe. Beiträge zur Kenntnis seines Denkens im Rahmen der Frühscholastik. AHP 30 (1992) 55–123; ders., A Theologian at Work: Some Remarks on Methods and Sources in Innocent III’s Writing, in: Pope Innocent III and his World, hg. von John C. Moore (Aldershot u. a. 1999) 25–33; ders., Die Schreiber der päpstlichen Kanzlei unter Papst Innocenz III. Versuch eines ersten Überblicks. AfD 64 (2018) 113‒159; Rainer Murauer, Priusquam litteras aperiret, ... ad sedem apostolicam appellavit. Zu den Zusammenhängen von Exkommunikation, Appellation und (ad cautelam-)Absolution. MIÖG 105 (1997) 330‒345; ders., Papst – Metropolit – Bischof um 1200. Zur Verzögerung der Weihe des Elekten Heinrich von Straßburg. RHM 43 (2001) 257–310; ders., Innocenz III., die Kustodin R. und die Nonne G. Der Streit um die Wahl der Äbtissin von Neuenheerse, in: Urbs et Orbis 257–322; ders., Hanc penam ecclesia non imponit. Die Behandlung straffällig gewordener Geistlicher durch die Kirche vom Decretum Gratiani bis zum Liber Extra (1140–1234). RHM 46 (2004) 47‒76. 32 33



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edition is a long lasting annoyance“35. Die Register Innocenz’ III. sind eine Quelle, die als eigenständiges Werk (kein Abriss, keine Auswahl) mit aufwändigen Apparaten ediert und kontextualisiert wird; das ist eine Aufgabe, die Zeit in Anspruch nehmen darf, aber so geplant und durchgeführt werden soll, dass sie bei allen Imponderabilien zum Ziel gelangen kann. Wenn dies aber trotz allen Hindernissen gelungen ist, wollen wir, daran anknüpfend, die Chancen einer Fortsetzung erwägen bzw. dafür plädieren. Konkret haben wir ins Auge gefasst, der Edition der Kanzleiregister Innocenz’ III. jene seines Nachfolgers Honorius III. folgen zu lassen. Für die Edition der Innocenz-Register sprach damals, dass die Edition von Migne ganz offensichtlich ungenügend war und dass die drängenden Fragen der Diplomatiker nach den Expeditionsbündeln, der Arbeitsweise an der Kurie, den Modi der Eintragung und Andere nur am Original behandelt werden konnten. Diese Fragen sind mittlerweile beantwortet. Für eine Edition der Register Honorius III. spricht hingegen, dass es bis dato keine gibt. Man muss nicht einmal die gängige Floskel bemühen, dass es Honorius nicht verdient, im Schatten seines Vorgängers Innocenz zu stehen, dass seine Register genauso viel an Inhalt bieten, die originellen Arengen etlicher Schreiben genauso zur Frage einladen, wieviel davon dem Papst selbst zuzuordnen ist, seine Register ebenso zu einem sprachlichen Monument machen. Die Edition der Register Honorius’ III. ist ein Defizit und ein Desideratum, seit die Papstregistereditionen der École Française de Rome die beiden ersten Päpste des 13. Jahrhunderts aussparten, ein Defizit, das umso stärker hervortritt, als sich die Geschichtsforschung in jüngerer Zeit vermehrt dem Nachfolger Innocenz’ III. zugewandt hat36. Was vorliegt, sind, abgesehen von den meistbenützen, aber nicht unbedingt zuverlässigen Regesten von Pietro Pressutti37, eine Auswahl von Briefen aus verschiedenen Überlieferungen in der fälschlich „Opera omnia“ übertitelten Publikation von Horoy38 und einzelne geographisch begrenzte Auswahleditionen39, insbesondere jene der Honoriusbriefe nach Outremer und Griechenland40, die umso mehr motivieren, das Ganze anzugehen. Über 35   R. B. C. Huygens, Ars edendi. A practical introduction to editing medieval Latin texts (Turnhout 2000) 10. 36   Z. B. Viola Skiba, Papst Honorius III. (1216–1227). Seelsorger und Pragmatiker (Päpste und Papsttum 45, Stuttgart 2016); Smith, Curia and Crusade (wie Anm. 23). 37  Pietro Pressutti, Regesta Honorii Papae III, 2 Bde. (Rom 1888–1895); s. Exkurs 2. 38   Honorii III Romani pontificis opera omnia, ed. [César Auguste] Horoy, 5 Bde. (Medii aevi bibliotheca patristica 1–5, Paris 1879–1882), Briefe in Bd. 2–5; s. auch die Rezension von Ulysse Robert in BEC 40 (1879) 478–482. 39 Karl Rodenberg, Epistolae saeculi XIII e regestis pontificum Romanorum selectae (MGH Epistolae saeculi XIII, Bd. 1, Berlin 1883; Demetrio Mansilla, La documentación pontifica de Honorio III (1216– 1227) (Monumenta Hispaniae Vaticana. Sección Registros 2, Rom 1965). 40   Aloysius L. Tăutu, Acta Honorii III (1216–1227) et Gregorii IX (1227–1241) (Pontificia Commissio ad redigendum codicem iuris canonici orientalis. Fontes, Ser. III/3, Città del Vaticano 1950); Bullarium Cyprium 1: Papal Letters Concerning Cyprus 1196–1261, ed. Christopher Schabel, with an Introduction by Jean Richard (Texts and Studies in the History of Cyprus 64, Nicosia 2010); Bullarium Terrae Sanctae, ed. PierreVincent Claverie, in: ders., Honorius III et l’Orient (1216–1227). Étude et publication de sources inédites des Archives vaticanes (ASV) (The Medieval Mediterranean 97, Leiden 2013) 279–478; Bullarium Hellenicum.

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den Bedarf muss also nicht diskutiert werden. Dafür stellt sich erstens die Frage, wie diese Edition aussehen sollte, und zweitens, ob sie machbar ist. Soll eine Fortsetzung der Innocenz-Register mit einem anderen Papst im Kopfregest angestrebt werden? Oder soll die Edition der Honoriusbriefe schlanker werden als die Innocenz-Register, die sich dem Einwand stellen mussten, ob sie nicht zuviel mitschleppen? Etliches, was in der ersten Phase der Innocenz-Register wichtig war und der Argumentation um Original oder Kopie als Basis diente und danach noch getreulich mitgeführt wurde, wie die Feststellung der Neuansätze, scheint auf den ersten Blick entbehrlich, bleibt aber dennoch wichtig für die Feststellung von Empfängerbündeln und Kanzleipraktiken. Die übrigen Stränge des umfangreichen Apparates, ein ausführlicher Sachkommentar und die Aufschlüsselung der Texte nach Quellen aus der Bibel, der Liturgie, antiken Schriftstellern, theologischen Texten, Kanonistik und römischem Recht, sind im Grunde unverzichtbar und sollten auch weitergeführt werden. Der Sachkommentar sollte nicht in eine Bibliographie entarten, aber möglichst alle Personen und Orte ausweisen und einen Einstieg in den Inhalt bieten, als Service für den Benutzer. Dabei wäre auch zu überlegen – was heutzutage schon aufgrund der Möglichkeiten der Kommunikation um Vieles leichter wäre als in den 80er Jahren, als John Moore, Hofstra University, New York, am Sachkommentar des 6. Jahrgangs mitgearbeitet hat –, den Sachkommentar auf Expert*innen zum jeweiligen Thema aufzuteilen, was natürlich die Frage der Koordination aufwirft, und im Falle internationaler Kooperation jene der Sprache, sowohl der Herausgeberteile als auch der Gestaltung der lateinischen Texte41. In der ausführlichen Rezension, in welcher sich Leonard Boyle mit der Edition des ersten Bandes auseinandersetzte, vermisste er den philologischen Tiefgang und die Behandlung der Register als „literary monuments in their own right“, die der Fokussierung auf die perfekte Aufbereitung des Inhalts zum Opfer gefallen sei42. Die verstärkte Suche nach Vorbildern und Assoziationen im Text ist sicher ein Schritt auf dem Weg; bei Interpunktion und Berücksichtigung des Cursus haben die folgenden Bände einen Mittelweg zwischen Verständlichkeit und Bewahrung des Sprachduktus eingeschlagen 43. Der Zugang des Philologen zu den Texten bleibt aber ein Desiderat auch für die elaborierteren Honoriustexte. Der Vergleich mit der Empfängerüberlieferung könnte ähnlich pragmatisch gehandhabt werden wie bei den Innocenz-Registern, indem das, was greifbar ist, miteinbezogen wird und dort zielgerichtet nachgesucht wird, wo ein Erkenntnisgewinn zu erwarten ist. Großes Augenmerk wurde bei den Innocenz-Registern auch auf die Randvermerke gelegt, die Interessen von Benützern aus Jahrhunderten spiegeln, insbesondere aber auf jene frühen Marginalien, die mit der Auswahl kanonistischer Sammlungen in Zusammenhang standen44; die Randvermerke wurden allerdings im Laufe der Jahrgänge spärlicher, und in den Honorius-Registern finden sich nur wenige. Pope Honorius III’s Letters to Frankish Greece and Constantinople (1216–1227), ed. William O. Duba–Christopher D. Schabel (Mediterranean Nexus 3, Turnhout 2015). 41  S. auch den Beitrag von Christopher Schabel in diesem Band. 42  Speculum 42 (1967) 153–162, Zitat S. 162, mit einem veritablen Plädoyer für die Sichtbarmachung des Cursus auf S. 159–162. 43 Vgl. Hageneder in der Einleitung von Reg. Inn. Bd. II S. XXVII. 44 Vgl. Peball, Randzeichen (wie Anm. 13); Hageneder, Einleitung zu Reg. Inn. I S. XXII–XXXI.



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Zur zweiten Frage: Ist eine solcherart konzipierte Edition der 5.144 Briefe des Registers Honorius’ III. machbar (non obstante, dass die Edition der 3.989 Briefe Innocenz’ III. ein dreiviertel Jahrhundert gedauert hat; hier sollte dann vor allem überlegt werden, wie sich Verzögerungen vermeiden lassen)? Eine Bestandsaufnahme der Voraussetzungen für das Honorius-Projekt: An Vorarbeiten, die verwendet werden können, liegen konkret vor: aus dem Projekt einer Edition aus den späten 1990er Jahren eine Transkription des ersten Jahrgangs durch Ursula Kohl; rezent wurde eine Transkription des zweiten Jahrgangs von Andrea Singh Bottanová angefertigt. Eine erste Bearbeitung des ersten Jahrgangs, nach dem Muster der InnocenzEdition, was Köpfe und Sachkommentar betrifft, hat Werner Maleczek zeitnah zur Transkription unternommen. Zur sachlichen Ausgangslage kommt ein Team, das bereit wäre, das neue Projekt auf Schiene zu stellen, das allerdings Verjüngung braucht, mit den Möglichkeiten zur Vernetzung und der Expertise für den Sachkommentar, für den der Pontifikatswechsel bei den zahlreichen anhängenden Fällen keinen Einschnitt darstellt Essentiell sind allerdings die Rahmenbedingungen. Als Leo Santifaller die Edition der Innocenz-Register für die österreichische Geschichtsforschung reklamierte, gab es auch nach der Goldgräberstimmung zur Zeit der Archivöffnung in der scientific community rund um den Vatikan noch die Möglichkeit, claims abzustecken. Was den Wunsch nach Editionen überhaupt, was die Einrichtung von Arbeitsunternehmen längerer Dauer betrifft, ist das mit heute nicht vergleichbar. In der „Gründerzeit“ von Editionen und Langzeitprojekten hatten diese einen großen Stellenwert und genossen ein hohes Ansehen; allerdings wurde meist erwartet, dass verdienstvolle Professoren und andere Wissenschaftler dies unentgeltlich, nebenbei betrieben bzw. ihre Assistenten damit beschäftigten. Das erregt höchsten Respekt vor denen, die das taten, aber nicht den Wunsch nach Nachahmung. Die „goldenen Zeiten“, wo Arbeitsstellen im Hinblick auf kontinuierliche Arbeit und auf die Schaffung von Gremien mit Expertise eingerichtet wurden, folgten im letzten Drittel des Jahrhunderts, gehören aber leider ebenfalls der Vergangenheit an. Die heutigen Zeiten, wo im Universitätsbetrieb und auch sonst leicht Geringschätzung gegenüber wissenschaftlicher „Hilfsarbeit“ aufkommt und jeder Fußbreit editorischer Arbeit neu erklärt, verteidigt und erobert werden muss, stellen die Rahmenbedingungen, in denen wir formulieren, was ein solches Unternehmen rechtfertigt und dass es eine institutionelle Verankerung braucht. Die Edition von Papstregistern ist ein Langzeitprojekt und als solches nur mit Hilfe von fixen Mitarbeiter*innen realisierbar; das zeigt auch die Geschichte der Innocenz-Register, trotz der Ausnahmeerscheinung Othmar Hageneders und seines fast 70jähringen Engagements dafür. Ob also die Innocenz-Edition ihre Nachfolge finden wird, ob die „coraggiosa e meritevole iniziativa“, in den Worten des Präfekten des Vatikanischen Archivs, Monsignore Pagano, der dem Honorius-Projekt in einer Grußadresse an die Teilnehmenden des Kongresses das „Patrocinio“ des Archivio Apostolico Vaticano verliehen hat, in eine fruchtbare Arbeit münden wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob Dienst- und Fördergeber bereit sein werden, sie zuzulassen und zu ermöglichen.

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Exkurs 1 1966/67 öffnete sich vorübergehend ein Zeitfenster zur Verbesserung der personellen Ausstattung des Projekts in Rom. Am 10. Juni 1966 schrieb der Direktor des Kultur­ instituts, Hermann Fillitz, an IÖG-Direktor Fichtenau wegen der Besetzung des Postens des wissenschaftlichen Sekretärs, der nach dem Abgang von Johann Rainer frei geworden war. Er habe diese Position Haidacher und Hageneder angeboten, doch beide hätten abgelehnt45. Fillitz dachte in der Folge auch an die Anstellung eines Neuzeithistorikers, vor allem auf Drängen von Friedrich Engel-Janosi46. Fichtenau schlug als Alternative vor, den Posten des wissenschaftlichen Sekretärs durch zwei wissenschaftliche Assistenten zu ersetzen, die sich, familiär ungebunden, mit einem geringen Gehalt zufriedengeben sollten. Für das Mittelalter gab es einen Kandidaten: seinen 24-jährigen Assistenten Siegfried Haider, „wissenschaftlich wirklich tüchtig und arbeitsam, charakterlich tadellos, katholischer Weltanschauung und (worauf es in Rom ja auch ankommt) von gutem Aussehen und guten Umgangsformen“. Er sollte am Innocenz-Projekt mitarbeiten und daneben die Möglichkeit für eigene Forschung erhalten47. Da die Stelle als Administrativposten im Bereich des Auslandskulturdienstes definiert war, hatte dieser allerdings die Befürchtung, dass er mittelfristig vom wissenschaftlichen Bereich abgezogen werden könnte. Auch musste noch die Zustimmung Santifallers, damals Vorsitzender des Kuratoriums des Istituto storico bei der ÖAW, eingeholt werden. Und dieser war hinsichtlich einer Verstärkung des Innocenz-Teams skeptisch und gab einer Bearbeitung der Nuntiaturberichte den Vorzug. Fillitz dazu: „Was Santifaller wirklich dachte, als er sich so sehr für die Nuntiatur der Neuzeit einsetzte, kann ich mir auch nicht erklären. Einerseits ist es vielleicht wirklich nur die Salvierung vor etwaigen Vorwürfen, nur Mediävisten in Rom zu haben, andererseits könnte ich mir aber auch vorstellen, dass er mit den Nuntiaturberichten des 18. Jahrhunderts rascher weiterkommen möchte.“48 Santifaller unterstützte dann aber die Idee, durch Siegfried Haider die Verbindung zwischen dem römischen Institut und dem IÖG zu stärken49: „So würden wir, falls Haider genommen wird, den Innozenz flott vorwärts bringen, was ja für die Sache und auch für das Ansehen des Instituts in hohem Grade wünschenswert und erfreulich wäre.“50 Die Besetzung des Neuzeitpostens sollte aufgeschoben werden, bis sich ein geeigneter Kandidat fände, zwischenzeitlich sollte die Neuzeit durch zwei Vollstipendien abgedeckt werden, schlug Santifaller vor, der Fillitz seine Unterstützung für die Schaffung eines Kunsthistoriker-Postens zusicherte und Engel-Janosi versprach, dass ein etwaiger zweiter Historikerposten jedenfalls für die Neuzeit gewidmet werde51. Fillitz wurde nun beim Unterrichtsministerium vorstellig, um die Umwandlung des dem Auslandskulturdienst zugeordneten Postens in eine Stelle des wissenschaftlichen Dienstes durchzusetzen und dadurch die Bedenken Haiders zu entkräften52.

45  Archiv des Österreichischen Historischen Instituts in Rom, Abt. II, Karton 137, Fillitz an Fichtenau, 10. 6. 1966. 46   Ebd., Fillitz an Engel-Janosi, 10. 6. 1966. 47   Ebd., Fichtenau an Fillitz, 15. 6. 1966. 48   Ebd., Fillitz an Fichtenau, 23. 7. 1966. 49   Ebd., Fillitz an Fichtenau, 14. 7. 1966. 50   Ebd., Santifaller an Fillitz, 22. 7. 1966. 51   Ebd., Fillitz an Engel-Janosi, 2. 8. 1966 52   Ebd., Fillitz an Unterrichtsministerium, 2. 8. 1966.



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Engel-Janosi drängte weiterhin auf die Berufung eines Neuzeithistorikers: Die Öffnung der vatikanischen Archive zum Pontifikat Pius’ IX. erfordere eine eigene wissenschaftliche Stelle für das 19. Jahrhundert. Fillitz meinte, dass, auch wenn im Ministerium die Meinung vorherrsche, „dass wir anstelle der Arbeiten am Innozenz-Register solche durchführen sollten, die stärker an Probleme der Gegenwart anrühren“, sich ein Neuzeitposten aus budgetären Gründen kaum realisieren lassen werde. Es zeichneten sich allerdings auch keine geeigneten Kandidaten ab, denn Edith Saurer und Moritz Csáky wurden zwar kontaktiert, zeigten aber kein Interesse. Für Fillitz blieb Haider daher die erste Wahl, Engel-Janosi wurde auf eine künftige Einrichtung einer wissenschaftlichen Stelle für Neuzeit vertröstet. Doch die Berufung Haiders nach Rom wurde immer unwahrscheinlicher, denn im Ministerium war man „erbittert über eine Verstärkung des Innozenz-Teams, und Haider selbst scheint auch die Entscheidung nach Rom zu gehen hinausschieben zu wollen, wenn nicht sogar überhaupt einen Rückzieher vorzubereiten“. Deshalb stellte Fillitz die „Umwandlung des Postens in einen kunsthistorischen […], den ich ja auch schon lange forderte“, zur Diskussion53. Santifaller folgte zunächst der Argumentation Engel-Janosis, dass Österreich die Öffnung der Bestände des Pontifikats Pius’ IX. nicht ignorieren dürfe. In einem Schreiben an die Lehrenden für neuere Geschichte an den Universitäten Graz, Innsbruck, Salzburg und Wien unterstrich der Kuratoriumsvorsitzende die Bedeutung dieser Aktenbestände und die dringende wissenschaftspolitische Notwendigkeit, dass Österreich Anteil an dieser Forschung nehme: „Durch die generelle Öffnung des Vatikanischen Archivs bis 1878 ist, wie uns von verschiedenen Seiten mitgeteilt wurde, immer deutlicher eine verstärkte Tätigkeit der italienischen Forschung über das Risorgimento, vor allem auch für die Jahre 1859 und 1866, zu erwarten. Es wäre nun sicherlich schade und unverantwortlich, wenn die Bearbeitung dieser für die österreichische Geschichte sehr entscheidenden Epoche primär oder gar ausschließlich aus italienischer Sicht heraus erfolgte.“ Santifaller wies darauf hin, dass das Deutsche Historische Institut über eine gut besetzte Abteilung für die Erforschung des 19. Jahrhunderts verfüge und dort sogar ein zusätzlicher Posten geschaffen wurde. „An uns aber wurde von zuständigster Seite die Anregung herangetragen, doch möglichst bald eine tüchtige Kraft für die Arbeiten dieser Epoche in Rom einzusetzen, um eben selbst auch das Material für uns zu erarbeiten, ehe es vollständig blockiert bzw. in einer für Österreich ungünstigen Form publiziert ist. Das Kuratorium beabsichtigt daher, möglichst rasch, unmittelbar beim Herrn Bundesminister den dringlichen Antrag zu stellen, er möge aus den oben angeführten Gründen am Österreichischen Institut in Rom baldigst einen zusätzlichen Arbeitsposten für die Erforschung der Jahre 1846–1878 schaffen.“ Santifaller forderte die Universitätslehrenden auf, seinen Antrag zu unterstützen und mögliche Kandidaten zu nennen54. Fillitz war mittlerweile mit seinem Versuch einer Umwidmung des Auslandskulturpostens in eine wissenschaftliche Stelle gescheitert – und zwar auch am Widerstand des Unterrichtsministeriums gegen die Berufung eines Mediävisten, weil man „lieber jemanden auf diesem zweiten Posten sähe, der stärker sich mit neuzeitlichen Themen beschäftigt“. Offenbar wurde der Antrag des Direktors deshalb gar nicht in Erwägung gezogen. Fillitz hielt den Beamten entgegen, dass kein geeigneter Neuzeithistoriker zur Verfügung   Ebd., Fillitz an Engel-Janosi, 9. 1. 1967.   Ebd., Santifaller an die Professoren und Dozenten für Österreichische Geschichte und Geschichte der Neuzeit an den Universitäten Graz, Innsbruck, Salzburg und Wien, 10. 1. 1967. 53 54

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stehe, man aber durch die Anstellung eines tüchtigen Mediävisten „wenigstens eines der Arbeitsvorhaben des Hauses vorantreiben“ könne55. Nun verlor Santifaller die Geduld und erzwang eine Entscheidung. Fichtenau berichtet: „Nun ist Santifaller in der Sache Haider aktiv geworden und hat […] von Haider eine sofortige Entscheidung verlangt. Er hat ihn dabei telefonisch recht hart angefaßt und das hat den Ausschlag gegeben.“56 Haider lehnte den ihm angebotenen Posten ab. Fillitz zeigte sich schwer enttäuscht: „Für uns bedeutet Ihre Ablehnung natürlich eine außerordentlich unangenehme, ja peinliche Situation. […] Praktisch haben wir damit 8 Monate ungenützt verstreichen lassen, was vielleicht ein Wissenschaftler versteht, was aber kaum einer Verwaltungsbehörde, wie dem Bundesministerium für Unterricht klarzumachen ist.“57 Santifaller habe es mit seiner undiplomatischen Vorgehensweise zu verantworten, dass der Posten für das Innocenz-Projekt verloren gegangen sei, „Professor Santifaller [habe] wieder einmal durch übertriebene Energie eine Lösung zu erzwingen [geglaubt]. Offenbar hat sich dieser sein Zug, den wir ja alle hinreichend kennen, mit zunehmendem Alter noch verhärtet.“ Unangenehm war Fillitz auch, dass er dies Friedrich Kempf beibringen musste: „Morgen werde ich P. Kempf noch besuchen, für den die Absage Dr. Haiders ja auch sehr schmerzlich sein wird. Sie wissen doch, dass er sich als den geistigen Vater der Innozenz-Register-Edition betrachtet.“ Fillitz verfolgte nun zielstrebig eine Widmung des Postens für Kunstgeschichte und schlug Rudolf Preimesberger vor, übte sich aber vorerst in Zweckpessimismus: „Ich fürchte mich nur ein wenig vor der weiteren Entwicklung, da ja das Ministerium, das durchaus unseren wissenschaftlichen Intentionen nicht immer positiv gegenübersteht, all das mitverwenden wird, dem weiteren Ausbau des Instituts im wissenschaftlichen Sinne, namentlich der Disziplinen der Epochen, die vor dem 19. Jahrhundert liegen, Argumente entgegenzustellen.“58 Wohl um sein bisher unglückliches Agieren zu sanieren, setzte sich Santifaller beim Unterrichtsministerium intensiv für einen Ausbau der Historischen Abteilung ein: „Mit einem provisorischen wissenschaftlichen Assistenten (Strnad) und den stets wechselnden Stipendiaten ist es unmöglich, die beiden seit Jahrzehnten laufenden geschichtswissenschaftlichen Unternehmungen (Register Innozenz III. und Nuntiaturberichte der Neuzeit) auch nur einigermaßen fruchtbringend vorwärts zu bringen. Es ist uns unter diesen Umständen bei aller aufgewendeten Arbeitsenergie und bei allem guten Willen nicht möglich, das Ansehen Österreichs als ‚geistiger Großmacht‘ gegenüber den anderen ausländischen Instituten in Rom aufrechtzuerhalten.“ Santifaller führte aus, dass das Deutsche Historische Institut über 20 wissenschaftliche Beamte und mehrere Angestellte verfüge, an der Hertziana waren 30 Kunsthistoriker und am Deutschen Archäologischen Institut 20 Wissenschafter tätig, insgesamt gab es also mehr als 80 wissenschaftliche Angestellte in Rom. Der Antrag von Direktor Fillitz auf Schaffung eines zweiten Historikerpostens sei daher äußerst bescheiden59. Diese Argumente blieben nicht ungehört, die Umwidmung in einen Kunsthistorikerposten gelang und dieser wurde 1967 mit Rudolf Preimesberger besetzt, der das Institut im folgenden Jahr allerdings wieder verließ. Sein Nachfolger wurde Jörg Garms. Alfred A. Strnad blieb als Assistent für die Geschichte des   Ebd., Fillitz an Santifaller, 11. 1. 1967.   Ebd., Fichtenau an Fillitz, 19. 1. 1967. 57  Ebd., Fillitz an Haider, 23. 1. 1967. 58  Ebd., Fillitz an Fichtenau, 23. 1. 1967. 59  Ebd., Santifaller an Karasek, 21. 3. 1967. 55 56



Die Geschichte der Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz’ III.

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Mittelalters bis 1976 am Institut. 1968 etablierte der damals neu ernannte Direktor des Kulturinstituts, Heinrich Schmidinger, ein neuzeitliches Forschungsprojekt zur „Aufklärung in Italien und deren Auswirkungen auf Österreich“. Es wurde jahrelang als Instituts­ projekt geführt, lieferte aber mangels wissenschaftlichen Personals kaum Ergebnisse. Das Projekt der Innocenz-Register und der Kunstgeschichteschwerpunkt blieben damit bis in die späten achtziger Jahre – bis zur Etablierung einer Stelle für Archäologie – die einzigen institutionell am Institut verankerten Forschungsprojekte. Die – fast als dramatisch zu bezeichnenden – Korrespondenzen machen unterschiedliche forschungspolitische Ansätze und persönliche Interessen deutlich: die Notwendigkeit, ein Forschungsprojekt zügig weiterzuführen, aber auch – bei beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen – eine institutspolitisch wichtige inhaltliche Ausweitung auf Kunstgeschichte und Neuzeit. Letztlich setzten sich – nach mehrfachen in ihren Intentionen nicht immer ganz klaren Wendungen – die fachlichen Interessen des Kunsthistorikers Fillitz durch, gegenüber dem Ministerium, letztlich aber auch gegenüber dem Kuratoriumsvorsitzenden Santifaller und Engel-Janosi. Entscheidend war wohl, dass er für diese Stelle einen geeigneten Kandidaten präsentieren konnte, der auch bereit war, für einige Zeit nach Rom zu gehen. Überraschend ist in diesen Diskussionen die fachliche Festlegung der Ministerial­ bürokratie gegen das Innocenz-Projekt. Das Ringen um die inhaltliche Ausrichtung des Instituts macht deutlich, wie wichtig eine möglichst breite thematische Aufstellung des römischen Instituts war und ist – ein Idealzustand, der aus unterschiedlichen Konstellationen heraus leider nur in kurzen Phasen der fast eineinhalb Jahrhunderte dauernden Geschichte des Österreichischen Historischen Instituts in Rom gegeben war60.

Exkurs 2 1877 hatte eine vielschichtige Persönlichkeit, der Priester Pietro Pressutti – in der Literatur als „archivista di casa Orsini“ bezeichnet –, damit begonnen, Regesten über die etwa 5.000 Briefe von Papst Honorius III. anzulegen61. Pressutti arbeitete auch für andere römische Adelsfamilien, vor allem Colonna, Corsini und Sforza Cesarini. Selbst in spezialisierten biographischen Lexika sucht man den Namen Pressutti jedoch vergeblich – und das mit gutem Grund. Theodor von Sickel hatte 1889 an das Unterrichtsministerium über die Intrigen zwischen italienischen Historikerkollegen berichtet, bei denen Pressutti im Mittelpunkt stand62. Der römische Historiker Christian Grasso schrieb kürzlich in diesem Zusammenhang in einer Publikation über Honorius III. von der „bizarra

60  Zur Geschichte des Österreichischen Historischen Instituts in Rom speziell nach 1945 siehe Leo Santifaller, Das Österreichische Historische Institut in Rom und die Abteilung für historische Studien des Österreichischen Kulturinstituts in Rom. RHM 1 (1958) 5–26; Heinrich Schmidinger, Leo Santifaller und das Österreichische Institut in Rom. RHM 12 (1970) 15‒21; ders., Die Historischen Studien und deren Abteilung am Österreichischen Kulturinstitut in Rom nach dem Zweiten Weltkrieg. RHM 23 (1981) 139–179, sowie Austria in Urbe 1938–2018: Österreichs irdische Adresse in der Ewigen Stadt, hg. von Elke Atzler–Andreas Gottsmann (Wien 2017). 61  Elisabetta Mori, L’Archivio Orsini. La famiglia, la storia, l’inventario (Carte scoperte. Collana dell’archivio storico capitolino 4, Roma 2016). 62   Abgedruckt bei Walter Goldinger, Österreich und die Eröffnung des Vatikanischen Archivs. Archiva­ lische Zeitschrift 47 (1951) 23–52, Beilage 5: Aus dem Berichte Sickels an das Unterrichtsministerium vom 18. Februar 1889, 49–52, hier 52.

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personalità“ Pressuttis63. Darin erschöpfen sich die Informationen über Pressutti. Christian Grasso hat sich am eingehendsten mit dem Priester-Historiker beschäftigt. Er sieht Pressutti äußerst kritisch, seine Regesten-Arbeit sei konfus und inkongruent und habe den Blick auf diesen Pontifikat verstellt, er habe der Historiographie damit keinen guten Dienst geleistet. Grasso schreibt, die Arbeitsmethoden Pressuttis seien unorthodox gewesen – er war kein akribischer Forscher, sondern führte trotz seines Priestergelübdes ein mondänes Leben und frequentierte mehrere Damen der römischen Aristokratie. Diese Kontakte öffneten ihm den Zugang zu den genannten Familienarchiven – und, nicht unwesentlich, er besaß das Vertrauen von Papst Leo XIII. Seine Arbeit zog Pressutti zunächst im Geheimen durch, insbesondere an der École française sollte man davon nichts wissen, da dort gerade ein Projekt über die Papstregister des 13. Jahrhunderts begonnen wurde. 1884 trat Pressutti mit der ersten Teiledition der Regesta an die Öffentlichkeit – und handelte sich harsche Kritik ein, die nicht mehr enden sollte. Darauf bezieht sich wohl auch das erwähnte Schreiben Sickels an das Unterrichtsministerium aus dem Jahre 1889. Nach dem Tod Pressutti sechs Jahre später – damals erschienen auch die zwei Bände der zweiten Auflage – verstärkte sich die Kritik an der Arbeit des Historikers noch weiter. Sein zeitgenössischer Hauptkontrahent war Guido Levi, der selbst an einer Edition der Register des Kardinals Ugo d’Ostia arbeitete64 und enge Kontakte zur École française pflegte. Levi bezeichnete die Indizierungen der Dokumente bei Pressutti als unvollständig, als zu stark reduziert und teilweise irreführend, auch bei den Datierungen stellte er zahlreiche Fehler fest. Die Edition biete keinen vollständigen Überblick über die Register aus der Kanzlei Honorius’ III. und sei in paläographischer und kodikologischer Hinsicht mangelhaft. Grasso teilt die inhaltliche Kritik, die Arbeit Pressuttis sei nur mit größter Vorsicht zu verwenden65. Eine moderne editorische Herangehensweise an diese Archivalien sei überfällig, so Grasso. Das geplante Editionsprojekt soll diese Lücke schließen.

63  Christian Grasso, Onorio III e la Crociata, in: Nuovi studi su Onorio III, hg. von Christian Grasso (Italia Sacra. Studi e documenti di storia ecclesiastica N. S. 3, Roma 2017) 105–120, hier 106f. 64  Registri dei cardinali Ugolino d’Ostia e Ottaviano degli Ubaldini, ed. Guido Levi (FSI 8, Roma 1890). 65  Grasso, Onorio III (wie Anm. 63) 107. Levi rezensierte die beiden von Pressutti herausgegebenen Editionen der Regesta Honorius’ III. im ASRSP 7 (1884) 598–602 sowie ebd. 11 (1888) 357‒359.

The Fichtenau Paradigm and Hageneder’s Question David L. d’Avray

The „Fichtenau Paradigm“ is shorthand for applied Diplomatic, and „Hageneder’s question“ for the problem of explaining how the papacy governed by letter without a proper bureaucracy. Hageneder’s answer to his question is a model of how to apply Fichtenau’s kind of Diplomatic1. Both Heinrich Fichtenau2 and Othmar Hageneder were leading lights of the Institut für Österreichische Geschichtsforschung in Vienna, so the proceedings of a conference held in their Institut is an appropriate setting for the following reflections. An observer of the Vienna school through the medium of its publications may have a paradoxical advantage over insiders, whose awareness of personalities might obscure fundamental intellectual affinities. Thus I believe that Hageneder was a pupil of Leo Santifaller and that Santifaller and Fichtenau may not have been soulmates3. Nonetheless it is evident to an outsider – perhaps more than to scholars who are within the Vienna school, for whom local and personal differences may bulk larger – how squarely Hageneder stands in the Fichtenau tradition. Fichtenau himself stood in an existing tradition of applied Diplomatics, one going back to the eighteenth century Göttingen professor Johann Christoph Gatterer4. Gatterer did not think that Diplomatic was an end in itself and criticised the authors of the massive Maurist „Traité de Diplomatique“ for treating their discipline as if it were an end 1  In bringing together Fichtenau’s paradigm and Hageneder’s question, I am distilling findings from my The Power of Protocol: Diplomatics and the dynamics of papal government, c. 400–c. 1600 (forthcoming, Cambridge 2023). 2   For a wide-ranging set of assessments of Fichtenau’s oeuvre and influence, see Urkunden – Schriften – Lebensordnungen. Neue Beiträge zur Mediävistik, ed. Andreas Schwarcz–Katharina Kaska (VIÖG 63, Wien 2015). 3   The difference between their intellectual orientations is relevant to this paper. Santifaller believed in segregating „Hilfswissenschaften“ from general history, while Fichtenau sought to integrate them. See Manfred Stoy, Studentische Erinnerungen an Heinrich Fichtenau und die Santifaller-Nachfolge, in: Urkunden – Schriften – Lebenordnungen (cit. n. 2) 293–310, at 302. But there was also personal tension: „Das Verhältnis Fichtenaus zu Santifaller war von Anfang an gespannt, ihre Charaktere und wissenschaftliche Ausrichtung waren zu verschieden. Schon als Santifaller im Jahre 1943 seine Wiener Professur antrat, soll Fichtenau ihm bei einem erteilten Arbeitsauftrag erklärt haben, dass er nicht sein Assistant sei.“, ibid. 299. Santifaller tried hard to prevent Fichtenau from succeeding him as Director of the Institut für Österreichische Geschichtsforschung, for instance (this is Stoy’s educated guess at Santifaller’s motives) by creating a Chair in which Fichtenau could be parked so that he would not take over the directorship: ibid. 300, or by pushing the candidature of Theodor Schieffer, who did not however want to leave Cologne, ibid. 310. 4 Maciej Dorna, Mabillon und andere. Die Anfänge der Diplomatik (Wolfenbütteler Forschungen 159, Wiesbaden 2019) 235–248.

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in itself5. In Austria, Julius Ficker and Hans Hirsch stood for applied Diplomatic before Fichtenau6. Nonetheless Fichtenau expressed with exceptional clarity the difference between his and the „Hilfswissenschaft“ approach to Diplomatic. Addressing an audience of Chartistes in Paris, well aware that they constituted the closest analogue in France to his own institute, Fichtenau drew a contrast between two kinds of „diplomatique“, through the conceit of a religious order with a laxer observance and a stricter observance (one thinks of Conventual and „Spiritual“ Franciscans) 7. In the Vienna tradition the strict observance was represented above all by Theodor von Sickel8. In that Austrian generation, as just noted, a prominent representative of the „lax“ approach was Julius Ficker, whose chair was not in Vienna but at the University of Innsbruck, but it was at Vienna that Fichtenau turned the „lax“ approach into a self-conscious paradigm. Like all good paradigms, it was communicated as much or more by example as by self-conscious manifestos such as the address to the Chartistes. Though „Papstforschung“ was not his primary preoccupation, his 1957 study of preambles, arengae, is a model of applied Diplomatic9 and relevant to papal history. Instead of treating arengae in the abstract in the contexts of the „parts of a charter“, he studied them as sources for the history of, in effect, mentalities. I suspect that in doing so he was not influenced by the French historiographical trend gathering force at the time, but there is certainly a strong affinity with the „mentalités“ approach – except that the latter was a long way from the world of „Urkundenlehre“. The „Arenga“ monograph was also, equally independently as it seems to me, in tune with another French historiographical trend of the day: the study of the longue durée in history, an approach pioneered by Fernand Braudel. Braudel’s interests however were primarily in social and economic continuities. In Fichtenau’s „Arenga“, by contrast, continuities in states of mind and assumptions are traced from late Antiquity to the late Middle Ages. „Arenga“ was never a book for the „grand public“. Much of it consists of untranslated Latin quotations, and the full implications of what he was about are not explicitly spelled out. Nonetheless it is key model for applied papal (though not only papal) Diplomatic – on the level of ideology and attitudes. „Hageneder’s question“ takes us out beyond the realm of ideas into the technicalities of papal practice. The question, in full, was this: how could the Church and Christendom be ruled without an appropriate administrative apparatus which was capable of checking and overseeing the documents issued by the Chancery with regard to the correctness of the assumptions on which they were based, and to their execution in the localities10? The starting point was the awareness on the part of Hageneder and other „Papstforscher“ that the curia did not know what documents it had issued, given that only a small proportion of them were registered11. There was a rationalisation of registration in   Ibid. 235s.   As Werner Maleczek pointed out in a personal communication. 7  Heinrich Fichtenau, La situation actuelle des études de diplomatique en Autriche. BEC 119 (1961) 5–20. 8   Ibid. 8s. 9 Heinrich Fichtenau, Arenga. Spätantike und Mittelalter im Spiegel von Urkundenformeln (MIÖG Ergbd. 18, Graz 1957). 10 Othmar Hageneder, Päpstliche Reskripttechnik: Kanonistische Lehre und kuriale Praxis, in: Stagnation oder Fortbildung? Aspekte des allgemeinen Kirchenrechts im 14. und 15. Jahrhundert, ed. Martin Bertram (BDHIR 108, Tübingen 2005) 181–196, at 194: „wie waren Kirche und Christenheit ohne einen entsprechenden Verwaltungsapparat, der den Urkundenausstoß der Kanzlei auf die Richtigkeit seiner Voraussetzungen und seine Durchsetzung in partibus hätte prüfen und überwachen können, zu regieren?“. 11  On registration see Thomas Frenz–Sergio Pagano, I documenti pontifici nel medioevo e nell’età mo5 6



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the fourteenth century12, but by that time the papacy had worked out a pragmatic solution, skilfully reconstructed by Hageneder himself and his pupil Brigitte Meduna13. In a nutshell, rules governing the clausulae in papal letters enabled them to be ranked like cards in games like bridge or poker, so that it would be clear which overrode which if there was a conflict, as good easily happened when two claimants to the same benefice turned up with a papal letter14. Here we see technical papal Diplomatic solving the substantive historical problem of how the curia governed without adequate record keeping, especially in the thirteenth century, when record keeping could not begin to keep pace with documentary output. This is a specific problem but Hageneder’s question can be generalised and asked of medieval papal history as a whole. Applied Diplomatic à la Fichtenau can help to solve a whole range of other problems with regard to which Hageneder’s question needs to be asked: (1) How did Petrine ideology become embedded in the mentality of the European elite? (2) How did late- and post-Carolingian papal privileges continue to command respect despite the terrible Latin in which they were not infrequently couched? (3) Given the administrative weakness that the bad Latin suggests, how did the papal writing office continue to produce long privileges? (4) How did the Gregorian papacy make their documents instil awe, after the awesome earlier papyrus privileges ceased to be used? (5) How did the curia meet the ever expanding demand for papal justice, without a proper bureaucracy with a solid financial base? (6) After the Schism of 1378, and the departure from Rome for Avignon of a great part of the administration, how did the Roman popes manage to keep up with correspondence? (7) How could popes engaged in the demanding high level business possibly find the time for routine business which standard accounts of the „Geschäftsgang“ at the curia assume that they devoted to it? (8) Finally, what happened to papal governance after the Council of Trent, if one wants to move beyond an uninformative allusion to the „creation of the Congregations“?

1. How did Petrine ideology become embedded in the mentality of the European elite? There are of course many, compatible, answers to this question, but for one of them we may look again to what was, before Fichtenau, the Cinderella of papal documents, namely, arengae and their sisters, prooemia, which took their place alongside arengae in the

derna (Littera Antiqua 6, Città del Vaticano 21998) 52–60, and Sergio Pagano, Art. Registri pontifici, in: Lessico di Storia della Chiesa, ed. Bernard Ardura–Emmanuel Tawil–Pierantonio Piatti (Città del Vaticano 2020) 515–517. 12  Patrick Zutshi, The Origins of the Registration of Petitions in the Papal Chancery in the First Half of the Fourteenth Century, in: Suppliques et requêtes. Le gouvernement par la grâce en Occident (XIIe–XVe siècle), ed. Hélène Millet (Collection de l’École Française de Rome 310, Roma 2003) 177–191, reprint in idem, The Avignon Popes and their Chancery. Collected Essays (mediEVI 30, Firenze 2021) 69–83. 13  See the studies by Hageneder listed in David D’Avray, Medieval Religious Rationalities. A Weberian Analysis (Cambridge 2010) 178s.; see also Brigitte Meduna, Studien zum Formular der päpstlichen Justizbriefe von Alexander III. bis Innocenz III. (1159–1216): Die non obstantibus-Formel (SB der ÖAW 536, Wien 1989); see also Harry Dondorp, Review of Papal Rescripts in the Canonists’ Teaching. ZRG Kan. Abt. 76 (1990) 172–253. 14  D’Avray, Medieval Religious Rationalities (cit. n. 13) 144–146.

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strictest sense in Fichtenau’s pioneering monograph. The earliest papal decretals15 could contain elaborate arengae. These decretals were for the most part responses to questions posed by bishops. The bishops were looking for answers on practical questions about the relation between different religious sub-systems such as baptism and the liturgical year. Earlier in the fourth century, general councils had provided answers. As the Roman empire in the West began to fall apart, there were no more general councils in the West. Roman imperial practice provided a model of responsive government – government by rescript. It was natural to assign a similar role to the bishops of Rome and their replies were modelled on the Diplomatic of Roman imperial rescripts, though the questions answered and the contents of the replies were quite different from the contents of imperial rescripts, unsurprisingly. These responses from Rome had arengae or (strictly) prooemia in which the Petrine authority of the apostolic see might be foregrounded: e. g. „… since you have strongly requested the norm and authority of the Roman church, I have adapted my behaviour somewhat to your desire and sent you attached to my letter the rules, in summary form, of discipline for life and approved behaviour through which the peoples of the churches of your region may perceive what conditions and rules should serve as a framework for the life of Christians in the walk of life of each individual, and what the discipline that should be observed in the churches of the city of Rome is. … Let us therefore begin, with the help of the holy apostle Peter, through whom both the apostolate and the episcopate had their beginning in Christ, … you have rightly asked that the model to which the Roman church holds should be followed in those parts …“16. This prooemium would have a wide diffusion through canon law collections. There are at least two other such „Petrine“ prooemia with a similar reception. Moving forward to Carolingian times, the papal letters that we find in the Codex Carolinus also transmit Petrine ideology17. These are important for a different reason: they were before the eyes of rulers of the Carolingian empire. The implantation in the West of belief in the papacy is, like so many major historical developments, over-determined, but prooemia have a place alongside other explanations.

2. How did late- and post-Carolingian papal privileges continue to command respect despite the terrible Latin in which they were not infrequently couched? From the late eighth century, if not earlier, to the early eleventh century papal Latin could be very shaky. Modern historians do not perhaps emphasize this so much as they should. It was not as if there were no examples of correct Latin against which ninth-century contemporaries could have measured the weaker products of the papal writing office. We also have letters by, for instance, Pope Nicholas I, written in accurate if complex Latin. Harry Bresslau sketches a chronology. It is limited by the need to work from surviving original documents, not copies, which might correct or corrupt the Latin. In the pontifi15  On these early decretals see David D’Avray, Papal Jurisprudence, c. 400. Sources of the Canon Law Tradition (Cambridge 2019). 16  Jaffé3 665 = JK 286 (85), PL 20 (1845) 469s. The base manuscript is BAV, Vat. Lat. 5845, fol. 83ra–b. For the status of this manuscript and a description see D’Avray, Papal Jurisprudence (cit. n. 15) 4, 30–42. 17   Codex Epistolaris Carolinus: frühmittelalterliche Papstbriefe an die Karolingerherrscher, ed. Florian Hartmann–Tina B. Orth-Müller (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 49, Darmstadt 2017) 82–84, 98, 106, 134, 172, 178, 182, 206, 212, 368.



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cate of Hadrian I (772–795) the Latin looks weak – perhaps it was insecure earlier too. In the ninth century there is an improvement. The rot sets in again in the later ninth century. Bresslau was aware that often the papal writers were presented with a draft prepared earlier, but points out that they were apparently not too interested in, or able to, correct it18. Why did this weak Latin not undermine papal prestige? A partial answer is that when the general Latin level of the beneficiary institution was no better, nobody would mind. That is especially relevant for those who had not been caught up in the Carolingian cultural revival. Another part of the answer relates to the shaky Latin we find from time to time in the Codex Carolinus, a compilation of papal letters to Frankish rulers apparently compiled for Charlemagne. The Frankish rulers were probably not capable of spotting errors themselves, and in any case it seems likely that someone translated the letters for them. All that said, in Northern Europe there were many monks with excellent Latin in the late Carolingian period and afterwards. Would they not have been shocked by mistakes in papal privileges? A likely explanation is at hand. The privileges were written in a script, derived from Late Roman cursive, which would have been exceedingly difficult for anyone brought up on Carolingian minuscule to read19. Furthermore, reading the privileges was not perhaps the point. They were enormously long – several metres – and written on papyrus, unlike other Western documents. This combined with the Tolkienesque script must have made quite an impression. As Marina Rustow has written of the even longer Fatimid state documents, „Documents communicate as much by how they look as by what they say“20. The visual impact mattered more than the accidence and syntax.

3. Given the administrative weakness that the bad Latin suggests, how did the papal writing office continue to produce long privileges? The weak Latin is nonetheless symptomatic of an ill-educated administrative staff around the pope. Despite that, demand for papal privileges did not abate, and the papacy managed to meet the demand. How was this possible? Again, applied Diplomatic can come to the rescue. Hans-Henning Kortüm has shown that the substantive parts of papal privileges were brought ready made to Rome, so the papal scribes only needed to copy them out in their archaic and illegible script21. The formulaic parts of the privilege could be copied from the famous formulary known as the Liber Diurnus, and the recipient

18 Harry Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien 2/1 (Leipzig 21915) 330 with n. 1; 344–346. 19 Hans-Henning Kortüm, Zur päpstlichen Urkundensprache im frühen Mittelalter. Die päpstlichen Privilegien 896–1046 (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 17, Sigmaringen 1995) 316. 20  Marina Rustow, Fatimid State Documents. Jewish History 32 (2019) 221–277, at 238. Cf. ibid. 263: „The impressive dimensions of the state decrees were meant for public performance, to inspire awe in subjects and to substitute for the person of the caliph.“ Cf. Peter Rück, Beiträge zur diplomatischen Semiotik, in: Graphische Symbole in mittelalterlichen Urkunden. Beiträge zur diplomatischen Semiotik, ed. idem (Historische Hilfswissenschaften 3, Sigmaringen 1996) 13-47, at 13: „Jedes Schriftwerk transportiert über die inhaltliche hinaus Botschaften mannigfachster Art, ja es ist als spezielles Schriftwerk nur über die Zusatzbotschaften wahrnehmbar. Kein Typus mittelalterlichen Schriftwerks ... ist stärker geprägt durch die Zusatsbotschaften als die Urkunde ... .“ 21  Kortüm, Zur päpstlichen Urkundensprache (cit. n. 19) passim.

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of the document had an influence on the choice of formulae22. The receiving institution (beneficiary) even influenced the external appearance of the document23. It looks as though the scribes around the pope did not need to do more than put together the different parts of a kit, under the guidance of the beneficiaries, copying it all out onto papyrus in the special Roman Curiale script which was one thing they could manage.

4. How did the Gregorian papacy make their documents instil awe, after the awesome earlier papyrus privileges ceased to be used? Around the time of the „papal turn“ in the third quarter of the eleventh century the mysterious-looking Roman Curiale script was abandoned24. The scribes who could write it were being sidelined by scribes brought by pope Leo IX from North of the Alps, who accompanied him on his travels. They wrote a „modern“ legible script, which was useful because the precise contents and wording of documents began to matter a lot, especially when it specified the degree of a monastery’s independence from the local bishop. Papal documents were now written on parchment, which restricted their scale to the size of a sheepskin but which was much sturdier. That was a great gain but the strange impressiveness of the enormous earlier papyrus privileges was a loss from a visual point of view. To make it good, new visual features were introduced, notable the Rota and the Benevalete monogram, which students of Diplomatic have studied intensively25. These were visually very striking in a different way.

5. How did the curia meet the ever expanding demand for papal justice, without a proper bureaucracy? One of the outstanding contributions to applied Diplomatic from the last generation was Brigide Schwarz’s study of the papal scribal colleges26. It is also one of the most successful examples of Max Weber’s ideal-type methodology. The latter is sometimes misunder22  Jochen Johrendt, Der Empfängereinfluß auf die Gestaltung der Arenga und Sanctio in den päpstlichen Privilegien (896–1046). AfD 50 (2004) 1–11. 23  „... wurde im 9. bis 11. Jahrhundert bemerkenswert oft die äußere Gestalt der Papsturkunden in unterschiedlicher Deutlichkeit von der empfangenden Institution beinflusst“, Judith Werner, Papsturkunden vom 9. bis ins 11. Jahrhundert. Untersuchungen zum Empfängereinfluss auf die äußere Urkundengestalt (Abh. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen N. F. 43, Berlin 2017) 468. 24  For a survey of the script’s history see Paulius Rabikauskas, Die römische Kuriale in der päpstlichen Kanzlei (MHP 20, Collectionis no. 59, Roma 1958). 25 Papsturkunden der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts (1057–1098), ed. Irmgard Fees–Francesco Roberg (Digitale Urkundenbilder aus dem Marburger Lichtbildarchiv älterer Originalurkunden 2/II, Leipzig 2007): many examples of both Rota and Benevalete monogram among the documents beautifully reproduced. On the changes see notably Joachim Dahlhaus, Aufkommen und Bedeutung der Rota in den Urkunden des Papstes Leo IX. AHP 27 (1989) 7–84; Werner, Papsturkunden (cit. n. 23) 336; Otfried Krafft, Bene Valete. Entwicklung und Typologie des Monogramms in Urkunden der Päpste und anderer Austeller seit 1049 (Leipzig 2010), and idem, Der monogrammatische Schlußgruß (Bene Valete). Über methodische Probleme, historischdiplomatische Erkenntnis zu gewinnen, in: Papsturkunden des frühen und hohen Mittelalters. Äußere Merkmale – Konservierung – Restaurierung, ed. Irmgard Fees–Andreas Hedwig–Francesco Roberg (Leipzig 2011) 209–247. 26 Brigide Schwarz, Die Organisation kurialer Schreiberkollegien von ihrer Entstehung bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts (BDHIR 37, Tübingen 1972).



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stood to mean the imposition of a schema on the facts. On the contrary, its whole point is to look for where the facts deviate from the schema. Brigide Schwarz looked for where the papal administration deviated from Weber’s ideal-type of bureaucracy, and found that the scribal colleges deviated in multiple respects: no systematic salary structure, no separation of home and work, no hierarchy of line managers, etc. In fact papal government differed fundamentally from modern bureaucracies – or indeed a medieval bureaucracy like that of thirteenth century England – in that it did not rely on taxation to pay the salaries of the men who carried out routine administration. And yet the papal curia managed to respond, with an extraordinary epistolary output, to the burgeoning demand for judicial decisions and „graces“, jobs and spiritual favours of many different sort. How was it possible27? Only applied Diplomatic can supply answers. For letters of grace, it was Hageneder himself who gave them, by showing how the clausulae got round the problem of inadequate record-keeping by the curia. Complementary to that explanation is Brigide Schwarz’s demonstration that letter-production was self-financing. Scribes did not have salaries: they were paid by the petitioner and by the piece of work produced. (Since they worked from home, furthermore, there were no office-space costs.) The same „payment by the piece“ system was used for the letters of justice that started judge-delegate suits28. The papacy managed to cope with the apparently almost unlimited demand for its justice by delegating ad hoc papal power to judges in the localities, local „Honoratioren“ in Weber’s vocabulary. These had authority just for the case in question and were not paid a salary. That cut the cost of justice considerably. The letters commissioning judges delegate would normally be taken from a formulary, that of the Audientia Litterarum Contradictarum. This is analogous to the „Registers of Writs“ that, in the functionally equivalent English royal system, enable the monarchy to meet a similar demand for justice from the top. An institutional litigating party might have its own private copy of the formulary and pick the appropriate form to be drafted at Rome. If not, a proctor in Rome would do the drafting. If it was done well, it would be checked by a corrector, after which a fair copy would be produced by a papal scribe. The „Geschäftsgang“, like the English royal writ system, had the great advantage in relatively routine cases that very little thinking needed to be done by officials in the centre. Only thus was it possible to cope with the quantity of business. After passing the check, mainly for form, by the corrector, the draft would be sent on to the Audientia Litterarum Contradictarum. There, the proctor of the defendant could challenge the contents or the proposed judges. The beauty of the system was that if the objection was upheld, the fair copy would be scrapped and a new one had to be made that met the objection. The implications of this were missed by many but not by Peter Herde, who saw that it gave the plaintiff a strong incentive to agree in advance with the defendant on the judges delegate. That turned the system into something not too far from arbitration. Unsurprisingly, it seems to have been administratively creative Innocent III who introduced the Audientia stage. The application of the Weberian ideal-type of bureaucracy to papal administration does draw attention to one respect in which the fit is good: it was a system run by rules. Rules 27  In what follows I summarise findings (based in turn largely on German-language „Papstforschung“) in D’Avray, Medieval Religious Rationalities (cit. n. 13) 134–147. For a much fuller treatment see D’Avray, Power of Protocol (cit. n. 1), ch. 4: The Religious Governance of the Latin World, 1150–1378. 28  In what follows, the debt to the work of Peter Herde will be evident.

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and the oaths to keep them governed the procedures outlined above. The fundamental importance of this aspect of papal government is implicit in Brigide Schwarz’s great book, but has been brought out with characteristic cogency by Andreas Meyer, another great historian of papal government, who shows how the Chancery Rules were in effect a legal system29.

6. After the Schism of 1378, and the departure from Rome for Avignon of a great part of the administration, how did the Roman popes manage to keep up with correspondence? The Great Schism broke out shortly after the papacy had returned from Avignon to Rome, so it was no accident that the dissident cardinals went back to Avignon and made it their base. Much of the administrative infrastructure was still in place there, and the intemperance and unpopularity of Urban VI soon led to an exodus of administrators from Rome back to Avignon. The invention of the papal brief, Latin breve, seems to have been one response to this administrative crisis. One should speak of „adoption“ rather than invention, because the papal brief was probably modelled on a type of letter, also called breve, used by the Queen of Naples and her predecessors. Briefs were produced not by the Chancery but by papal secretaries. Briefs looked quite different from traditional papal letters. Among other differences, the format was landscape rather than portrait, and the parchment was scraped on both sides, to make it thinner and whiter. In the mid-fifteenth century a new script began to be used for briefs: humanistic script, and famous humanists worked as papal secretaries.

7. How could popes engaged in the demanding high level business possibly find the time for routine business which standard accounts of the „Geschäftsgang“ at the curia assume that they devoted to it? Despite the stereotype of a decline of the papacy in the late Middle Ages, the production of papal documents was enormous in the fifteenth century, and, as before, largely demand-driven. From the records of the Apostolic Penitentiary alone Arnold Esch was able to write what is practically a social history of the late Middle Ages30. Alongside the Penitentiary, which was its own system, were the great machines producing Chancery letters and briefs. The volume of briefs greatly increased in the later fifteenth century as the papal secretaries took on routine work in addition to the high level correspondence that had been their original remit. To judge by an admirable analysis of the „Geschäftsgang“ by Leonard Boyle, the pope was involved, signing or orally, in the production of all these letters (Boyle is not discussing the Apostolic Penitentiary)31. Like some other classic analyses of the „Geschäftsgang“ this overestimates the capacity of one man, preoccupied with world affairs, to deal in even 29 Andreas Meyer, Spätmittelalterliche päpstliche Kanzleiregeln, in: Von der Ordnung zur Norm: Statuten in Mittelalter und Früher Neuzeit, ed. Gisela Drossbach (Paderborn 2010) 95–108. 30 Arnold Esch, Die Lebenswelt des europäischen Spätmittelalters. Kleine Schicksale selbst erzählt in ­Schreiben an den Papst (München 2014). 31  Leonard Boyle, The Papal Chancery at the End of the Fifteenth Century, in: Calendar of Entries in the Papal Registers relating to Great Britain and Ireland: Papal Letters 15. Innocent VIII: Lateran Registers 1484–1492, ed. Michael Haren (Dublin 1978) xv–xxiv.



The Fichtenau Paradigm and Hageneder’s Question 35

the most perfunctory way with routine governmental business. In fact it could be processed without him. After a petition had been sent seen by a referendarius, emerged from the Signatura, dated, and registered in the Register of Supplications, it would be checked then passed to an abbreviator who would draft a letter. The rescribendarius whose turn it was to lead the writing office (a very un-bureaucratic rotation system, incidentally) would give the draft to a scribe to make a fair copy. After further checks the vice-chancellor would sign off on it (probably without spending much time on it in view of all the earlier checking – perhaps like a modern minister signing a pile of papers left for her or him by competent subordinates). The pope did not have to be involved32. Another method of coping with the mass of business should be noted. When popes wanted to send a letter to a large number of recipients, they could legitimise copying by public notaries. We see this in a letter of 1455 relieving the Knights Hospitallers from a tax to fund resistence to the Turks33. It was the order who needed multiple copies of the bill, so they could take care of diffusing it.

8. Finally, what happened to papal governance after the Council of Trent, if one wants to move beyond an uninformative allusion to the „creation of the Congregations“? Papal Diplomatic, whether „pure“ or „applied“, has been very little studied for the post-Trent period (Thomas Frenz is an honourable exception). Compared with the state of research on the Middle Ages, this seems an almost virgin field. Yet papal government went on, and indeed, was extended to the the New World and the Far East, and, as with the Middle Ages, Diplomatic is a key to understanding it. There were far reaching changes, but also more continuity than historians have recognized. Theoretically, all the „external forum“ business (dispensations and absolutions) which had filled the huge registers of the Apostolic Penitentiary in the late Middle Ages was removed from its competence34 and assigned to the Chancery. It is clear however that the Penitentiary continued to do or soon resumed some external forum business: absolutions from censures and some of the „irregularities“, such as blindness in one eye35. There is furthermore some reason to think that letters now issued by the Chancery were based on analyses done in the Penitentiary, to which Chancery fees flowed back36. 32  Practica Cancellariae Apostolicae saeculi XV. exeuntis. Ein Handbuch für den Verkehr mit der päpstlichen Kanzlei, ed. Ludwig Schmitz-Kallenberg (Münster i. Westfalen 1904), especially 16–35, and Frenz– Pagano, Documenti (cit. n. 11) 75–82. On the Practica see Claudia Märtl, Modus expediendi litteras aposto­ licas: Pragmatische Schriftlichkeit und stilus curiae am Ende des 15. Jahrhunderts, in: Stilus – modus – usus. Regeln der Konflikt- und Verhandlungsführung am Papsthof des Mittelalters, ed. Jessika Nowak–Georg Strack (Utrecht Studies in Medieval Literacy 44, Turnhout 2019) 335–351 (my thanks to Patrick Zutshi for the reference). Märtl, ibid. 338, calls the work „Anleitung“. Schmitz-Kallenberg invented the title „Practica“. 33   London, British Library, Add Ch 13331. 34 Alessandro Saraco, La Penitenzieria Apostolica. Storia di un Tribunale di misericordia e di pietà (Città del Vaticano 2011) 31. 35  „Adhibetur etiam in Curia vocabulum brevium in illis expeditionibus, quas ut plurimum pro foro interno, ac etiam pro externo pro absolutionibus, a censuris, & ab aliquibus irregularitatibus, concedit Tribunal Pœnitentiariæ, sed istæ expeditiones longe diversam habent formam [from other briefs], diversumque sigillum, adeo ut redoleant diversitatem notoriam infra. disc. 12.“, Joannes Baptista de Luca, Relatio Curiae Romanae (Coloniae Agrippinae 1683) Discursus VII.12, p. 59. 36  Ibid. Discursus XII.5–6, p. 86: „… circa minores dispensationes matrimoniales, super remotioribus

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Behind the complexity of the post-Trent administration there appear to have been two great writing offices, both going back to the Middle Ages: the Chancery and Secretaria apostolica. Rather like the „typing pools“ that some of us remember, these did the writing for various organs of papal government. The division of labour was curious. The most important and the least important business went to the Secretaria, while the Chancery dealt with the intermediate level. Strange though it seems on the surface, the system is historically explicable. The top level business had been the work of the Secretaries from the start. Only in the later fifteenth century did the Secretaria start to take on routine business, leaving the Chancery with matters of middling importance37. A genuine innovation, fifteenth century but pre-Trent, was the Segretaria di Stato, responsible for diplomatic correspondence. In a break with tradition, the language of the letters was Italian. The institution of Nunciatures correlates with this. The first was set up at the imperial court in 1513, the start date of the Segretaria di Stato. Post-Trent innovations were the Congregations, of which the earliest and most important were the Congregation of the Inquisition and the Congregation of the Council. Work on their Diplomatic is only beginning. For the Inquisition, a paper by Francesco Beretta provides a valuable introduction38. For the perhaps even more interesting Congregation of the Council, a team led by Dr Benedetta Albani at the Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte is doing pioneering work on the Diplomatic as on other aspects of the Congregation, familiarity with whose records will transform understanding of early modern Catholicism39.

Conclusion For the post-Trent period the basic spadework of Diplomatic is only just beginning. For the medieval period, the problem is different. On the one hand, we have some excellent handbooks, both of Diplomatic generally and specifically for papal diplomatic. They are, however, most definitely in the „pure“ category. On the other hand, there is a rich scholarly literature in the „lax“, applied Diplomatic tradition. Here papal Diplomatic is perhaps better served than almost any other subfield of the discipline – perhaps because of the penchant of German and Austrian scholars for prolonged periods of research in the eternal city. The insights are however published as papers in „Festschriften“, journals, small sections of larger books, and collective edited volumes. gradibus, quæ expediuntur in Cancellaria Apostolica, per illos Procuratores Pœnitentiariæ, quorum officium quoque ad instar aliorum, est venale, illaque modica emolumenta, quæ pro huiusmodi dispensationibus solvuntur, destinata sunt sustentationi ipsius Pœnitentiarii, eiusque ministrorum, et officialium, de quibus infra, qui regunt hoc Tribunal fori interni seu pœnitentialis.“; cf. also Tractatus de praxi Romanae Curiae, London, British Library, MS Stowe 379, fol. 1v–2r: Magnus Poenitentiarius cognovit de materiis quae spectant ad forum poeniten­ tiale, veluti de quibusdam absolutionibus, et aliis materiis quae ad poenitentiarium mittuntur; absolutiones tamen quae a Papa obtinentur, quamvis sint tantum sub simplici signatura expeditae, sunt tamen potiores ipsis quae ab ipso poenitentiario conceduntur, licet in charta mem[fol. 2r]brana, et cum sigillo expediantur. 37  I discuss this more fully in Power of Protocol (cit. n. 1), ch. 5: From Schism to Counter Reformation, c. 1450–c.1600. 38  Francesco Beretta, L’archivio della Congregazione del Sant’Ufficio: bilancio provvisorio della storia e natura dei fondi d’antico regime. Rivista di Storia e letteratura religiosa 37 (2001) 29–58. 39   For a bibliography on the Congregation up to c. 2009, see David D’Avray, Rationalities in History. A Weberian Essay in Comparison (Cambridge 2010) 195s.



The Fichtenau Paradigm and Hageneder’s Question 37

This is true for papal Diplomatic in general but also for the genre with which the Vienna conference was especially concerned, the papal registers, on which there are brilliant papers, for example by Schieffer40, Maleczek41 and Zutshi42, and Hageneder himself43, but for which the only book-length studies are essentially catalogues 44. A deside­ ratum is a book-length study of the whole medieval history of papal registers, answering Hageneder’s question with specific reference to this class of sources, in the spirit of the Fichtenau paradigm.

40  Rudolf Schieffer, Die päpstlichen Register vor 1198, in: Das Papsttum und das vielgestaltige Italien. Hundert Jahre Italia Pontificia, ed. Klaus Herbers–Jochen Johrendt (Abh. der Akademie der Wissenschaften zu Götttingen N. S. 5, Berlin–New York 2009) 261–273. 41 Werner Maleczek, L’édition autrichienne des registres d’Innocent III. MEFRM 112 (2000) 259–272; idem, Les registres pontificaux du XIIIe siècle, in: L’art médiéval du registre. Chancelleries royales et princières, ed. Olivier Guyotjeannin (Etudes et rencontres de l’Ecole des Chartes 51, Paris 2018) 37–54. 42 Patrick Zutshi, Changes in the Registration of Papal Letters under the Avignon Popes (1305–1378), in: Kuriale Briefkultur im späteren Mittelalter. Gestaltung – Überlieferung – Rezeption, ed. Tanja Broser–Andreas Fischer–Matthias Thumser (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 37, Köln–Weimar–Wien 2015) 237–261, reprint in idem, Avignon Popes (cit. n. 12) 107–138. 43 Othmar Hageneder, Die päpstlichen Register des 13. und 14. Jahrhunderts, in: Atti del III Congresso internazionale di Diplomatica, Roma 1971. Relazioni e comunicazioni (Annali della Scuola Speciale per Archivisti e Bibliotecari dell’Università di Roma 12 [1972], Torino 1973) 45–76. 44 Martino Giusti, Inventario dei Registri Vaticani (Collectanea Archivi Vaticani 8, Città del Vaticano 1981); idem, Studi sui registri di bolle papali (Collectanea Archivi Vaticani 1, Città del Vaticano 1968, reprint 1979).

Proctors in the chancery of Innocent III Patrick Zutshi

In the second half of the thirteenth century, resident, more or less professional proctors were a prominent feature of the papal curia1. They were mostly Italians. They represented the interests of their clients, and were legally empowered to act for them, in several curial departments. Some proctors, such as Peter of Assisi, had curial careers lasting decades and acted on behalf of a wide range of employers. His name may represent a firm of proctors rather than an individual, which would help to explain both his longevity and his extensive clientele. Much of Peter’s business arose from his position as general proctor of the Cistercian Order2. The standing of Andrew of Sezze, proctor of among others the Order of Santiago, was such that he was described as one of the tres leones magn[i] of the curia3. A small band of scholars has investigated the circumstances in which the resident proctor emerged. In general terms the role can be seen as a product of the greatly enhanced international status of the papacy following the Gregorian reform movement and the increasing frequency with which ecclesiastics, and to a lesser extent the laity, applied to the pope for justice or grace. Petitioners and litigants who were unable or unwilling to go the papal curia in person might send someone who was able to act for them, but there were also advantages in employing the services of a man who was especially familiar with the procedures and personalities of the curia, in other words, of a curialist or another resident of the curia4. Both types of proctor are documented under Innocent III. The proctors’ principal areas of activity were the papal law courts (such proctors were later called procuratores ad agendum) and the chancery, where they impetrated papal documents 1   I am very grateful to Christoph Egger, Magnus Ryan, Herwig Weigl and Benedict Wiedemann for their assistance in preparing this paper. 2  On Peter of Assisi see Hermann Grauert, Magister Heinrich der Poet in Würzburg und die römische Kurie (Abh. der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-philol. und hist. Klasse 27, München 1912) 254–259; Rudolf von Heckel, Das Aufkommen der ständigen Prokuratoren an der päpstlichen Kurie im 13. Jahrhundert, in: Miscellanea Francesco Ehrle 2 (StT 38, Città del Vaticano 1924) 290–321, at 318s.; Robert Brentano, Peter of Assisi as witness. QFIAB 41 (1961) 323–325; idem, Two Churches. England and Italy in the Thirteenth Century (Princeton 1968, reprint Berkeley 1988) 32–37; Peter Herde, Beiträge zum päpstlichen Kanzlei- und Urkundenwesen im 13. Jahrhundert (Münchener Historische Studien Abt. Geschichtl. Hilfswissenschaften 1, Kallmünz/Opf. 21967) 133s., 137–142, 145s.; Winfried Stelzer, Beiträge zur Geschichte der Kurienprokuratoren im 13. Jahrhundert. AHP 8 (1970) 113–138, at 129–135. 3  Peter Linehan, Spanish litigants and their agents at the thirteenth-century papal curia, in: Proceedings of the Fifth International Congress of Medieval Canon Law, Salamanca 21–25 September 1976, ed. Stephan Kuttner–Kenneth Pennington (MIC, Series C: Subsidia 6, Città del Vaticano 1980) 487–501, at 500s. 4  For a different view see Lucia Dell’Asta, I molti volti della rappresentanza. Nuntii e procuratores alla curia di Innocenzo III. QFIAB 96 (2016) 191–223, especially 215.

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on behalf of their clients (hence their later designation as procuratores ad impetrandum). It was doubtless common for the same man to undertake both roles, first acting for his client in litigation and then in obtaining the consequent documentation. Innocent III’s pontificate has attracted particular attention from scholars interested in proctorial activity. The starting point for most modern discussions is an article by Rudolf von Heckel published in 19245. ** * In this paper I am concerned principally with three types of sources concerning proctorial activity under Innocent III: 1) the chancery ordinance printed as Constitutio II in Michael Tangl’s Kanzleiordnungen, several clauses of which date from Innocent’s pontificate; 2) letters contained in the papal registers which mention proctors, mainly proctors sent by their clients to the curia, or which throw light indirectly on their role; and 3) papal documents surviving in the original, which sometimes display the names or initials of proctors. Of these sources, the chancery ordinance is perhaps the most problematic. One difficulty is that the popes responsible for the various clauses in it are not named. Another is that the ordinance seems to have come down to us in a garbled form. Despite this obvious defect, we should regard it as representing a series of official pronouncements, for clauses 1–11 occur in the Liber censuum of the Roman Church6. I should also mention that clauses 1–10 were copied into Alanus’ decretal collection and into the Collectio Abrin­ censis7. In Alanus they appear under the heading Innocentius III in registro8. However, it has not been possible to locate the clauses in either the extant registers or the rubricellae to the lost registers of Innocent’s third and fourth pontifical years, which means that Alanus’ reference must be treated with some reserve. Rudolf von Heckel suggested that the chancery ordinance occurred in a collection of decrees promulgated at the Lateran palace, traces of which can be found in the rubricellae to the register of the fourth year9. If Alanus’ reference is correct and refers to one of the lost registers, it would provide a terminus ante quem for these clauses of the end of the fourth year, that is, of 21 February 1202. Otherwise, the terminus ante quem is the completion of Alanus’ collection in 1206.  Heckel, Aufkommen (cit. n. 2).   BAV, Vat. lat. 8486, fol. 170v, no. 209, under the heading Institutio cancellarie super petitionibus dandis et recipiendis. 7   On the other hand, Jane E. Sayers, Papal Government and England during the pontificate of Honorius III (1216–1227) (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought, Third Series 21, Cambridge 1984) 19–21, doubts the official status of the chancery ordinance. 8  Rudolf von Heckel, Studien über die Kanzleiordnung Innozenz’ III. HJb 57 (1937) 258–289, at 259, 261. 9  Ibid. 261–266. It is worth quoting his tentative conclusion, since his argument has not always been represented accurately in the literature: „Haben wir auch die blosse Möglichkeit, dass die KO im Register Innozenz’ III. gestanden habe, wie uns Alanus so verführerisch versicherte, aufgeben müssen, so haben die vorstehenden Erörterungen, wenn sie auch auf dem schwankenden Boden der Vermutungen ergehen mussten, doch vielleicht mit einiger Wahrscheinlichkeit gezeigt, an welcher Stelle und in welchem Zusammenhang wir uns die KO veröffentlicht denken können.“ On the lost registers, see Werner Maleczek, Die Rekonstruktion des dritten und vierten Jahrganges der Register Innocenz’ III., vor allem aus kirchenrechtlichen Sammlungen, in: Proceedings of the Twelfth International Congress of Medieval Canon Law, Washington, D. C., 1‒7 August 2004, ed. Ute-Renate Blumenthal–Kenneth Pennington–Atria A. Larson (MIC, Series C: Subsidia 13, Città del Vaticano 2008) 531–566, with discussion of the heading in registro at 544. 5 6



Proctors in the chancery of Innocent III 41

Clause 10 may throw further light on the date of the preceding clauses. It requires the reading of the chancery ordinance in communi recepta, that is, in the place where petitions were submitted (or the occasion when this occurred), as mentioned in clauses 1 and 310. It seems that this type of publication of papal enactments would at a later date take place in the audientia publica, first documented in 1205–120611. The reference to the data communis rather than the audientia publica suggests that the latter had not yet been established or that it had not yet acquired such a function. The section of the Liber censuum in which clauses 1–11 occur was added in the time of Honorius III12. Clause 11 follows the earlier clauses 1–10 without a change of hand or ink13. It forbids illicit pacts pro iustitia vel spirituali negotio promovendis. It threatens both those offering money and those receiving it, if clerics, with suspension, while those offering money were to be deprived of any letters impetrated. Laymen were to be excommunicated and deprived of the letters they had obtained in this way14. Either Innocent III or Honorius III might have issued it. Its sentiments correspond to those of the earlier pope, for in 1211 Innocent vehemently condemned the bishop of Alessandria for making such a pact with his proctors concerning loans from Roman merchants, which were to be used to obtain certain graces from the pope15. The bishop’s punishment was the same as that specified in the chancery ordinance, suspension. It is even possible that this particular case inspired the framing of clause 11. Clause 2 largely excludes notaries, bullatores, abbreviatores and scribes from acting as proctors in impetrating papal documents16. We can conclude that when it was issued, either in the early years of Innocent III or earlier, the chancery personnel had been doing exactly this. They were exceptionally well placed to act because of their familiarity with chancery procedure. Whether the enactment was effective in preventing their activity is doubtful, for it permitted them to continue to act for their relatives and special friends, a rather vague formulation. It is unclear whether clause 7 preceded or followed clause 2. Clause 7 contains a more sweeping restriction of proctorial activity, for only sublimes were permitted representation and this was to be by sending a nuntius17; by implication 10  Die päpstlichen Kanzleiordnungen von 1200–1500, ed. Michael Tangl (Innsbruck 1894) 54 § 10: Ne quis autem ex ignorantia occasionem accipiat in peccatis, semper in communi (data) legatur hoc scriptum et sint pre­ sentes notarii scriptores et bullatores: Heckel, Studien (cit. n. 8) 261 n. 7 (cf. 272 n. 32), shows that the reading recepta is to be preferred to data. Later the term data communis prevailed. 11   On the audientia publica and the audientia litterarum contradictarum associated with it, see below at nn. 65–67. For further evidence of the arrangements in place prior to the existence of the audientie, see Augusto Gaudenzi, Un nuovo ms. delle collezioni irlandesi e pseudoisidoriana e degli estratti Bobbiesi. QFIAB 10 (1907) 370–379, especially 376, 378. 12 Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 305s. 13  BAV, Vat. lat. 8486, fol. 170v. 14  Kanzleiordnungen, ed. Tangl (cit. n. 10) 55 § 11: Ad hec si pro iustitia vel spirituali negotio promovendis fiat pactio vel certa promissio, et dans et recipiens ab officio et beneficio suspendatur, si clericus fuerit, et offerens insuper careat impetratis; laicus vero excommunicetur et de curia litteris impetratis privatus nichilominus repellatur. 15  Reg. Inn. vol. XIV no. 114. See Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 201s. (with further references). 16  Kanzleiordnungen, ed. Tangl (cit. n. 10) 54 § 2: Item nullus omnino notarius bullator breviator aut scrip­ tor petitiones aliquas promovendas assumat, nisi proprias aut consanguineorum suorum vel specialium amicorum, quas tamen non alii quam domino pape offerat admittendas; sed officio suo sit unusquisque contentus. Quicunque vero predictorum deprehensus fuerit contra fecisse, officii sui amissionem incurrat. 17   Ibid. 54 § 7: Item nemo per alium petitiones offerat vel procuret nec quisquam petitiones alterius offerendas vel promovendas assumat, sed quilibet hoc faciat per se ipsum, nisi forte sit sublimis persona, que per certum et ido­ neum nuntium id decenter et honeste procuret.

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resident proctors were excluded. Nor were chancery officials permitted to act, except as specified in clause 2 for their „relatives and special friends“. However, clauses 3–6 allow wider scope for proctors than clause 7, and they doubtless superseded it18. If, as is likely, the Nullus of clause 3 refers to proctors generally, then the proctor is the subject of this clause and the following four19. He was now permitted, under certain conditions, to promote the petitions of both sublimes and humiles. Yet it is clear from clause 9 that there was still no scope for resident proctors: it is assumed here that the proctor is a nuntius who must return home as soon as possible after he has completed his business20. Clause 3 required proctors of sublimes persone to exhibit sealed letters of their clients when submitting petitions. Similarly, the thirty-seventh constitution of the Fourth Lateran Council of 1215, which was taken into the Compilatio quarta and then the Liber Extra, laid an obligation on proctors impetrating letters super aliqua questione to produce a special mandate from their clients21. This echoes a theme of the chancery ordinance, the requirement for the proctor to exhibit sealed letters from his client, that is, a mandate authorising him to act, later called a procuratorium. Petitioners were divided between those in possession of a seal, who could be expected to provide such letters, and those who lacked a seal. The implication of clause 4 of the chancery ordinance is that humiles were under no obligation to provide a special mandate since they were not in possession of a seal22. The insistence on the mandate in the chancery ordinance and Constitution 37 of the Fourth Lateran Council reflects a desire to counteract the activities of pseudo-proctors – those who claimed to be acting on behalf of their clients when they were not authorised to do so. Clement III had already sought to deal with a similar problem: his constitution Cum ex imposito of 9 March 1189 announced that he would not in future receive any petition super aliqua controversia unless it carried the seal of a known person and the bearer of the petition was named in it, whether he was coming to the curia on his own business or that of someone else23. On the other hand, canonistic and civilian opinion in the late 18  See Harry Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien, 2 vols. (Leipzig and Berlin 21912–1931, part 2 of vol. 2 ed. Hans-Walter Klewitz; reprint 1958 with an index volume by Hans Schulze) 2 3 n. 2; Winfried Stelzer, Die Anfänge der Petentenvertretung an der päpstlichen Kurie unter Innocenz III., in: Atti del III Congresso internazionale di Diplomatica, Roma 1971. Relazioni e comunicazioni (Annali della Scuola Speciale per Archivisti e Bibliotecari dell’Università di Roma 12, Roma 1972) 130–139, at 134–138. 19  Kanzleiordnungen, ed. Tangl (cit. n. 10) 54 § 3: Nullus petitiones sublimium personarum ut regum ducum marchionum comitum vel baronum archiepiscoporum episcoporum abbatum decanorum archidiaconorum aut huiusmodi personarum, que proprium consueverunt habere sigillum, exhibeat in data communi, nisi litteras eorum propter hoc sigillatas ostendat. Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 307–309, argued that Nullus refers to the chancery personnel specified in clause 2, but this view was rejected by Stelzer, Anfänge (cit. n. 18) 134–136, whose convincing interpretation I follow here. 20  Ibid. 54 § 9: Cum autem notas correctas acceperit, sine dilatione faciat eas scribi et scriptas bullari; et post­ quam bullatas acceperit, non faciat longam moram, sed expeditus ad propria revertatur. 21  IV Lat., c. 37 = IV Comp. 1. 2. 5 = X 1. 3. 28 (Friedberg II 31). The requirement was a response to the fraudulent practice of those qui … fingunt causas, super quibus a sede apostolica litteras impetrant absque dominorum mandato, quas vel reo, ne per eas laborum uel expensarum dispendio molestetur, aut actori, ut per eas aduersarium indebita uexatione fatiget, uenales exponunt. Cum autem lites restringende sint potius quam relaxande, hac generali constitutione sancimus ut si quis super aliqua questione de cetero, sine domini speciali mandato, litteras apostolicas impetrare presumpserit, et littere non ualeant et ipse tanquam falsarius puniatur, nisi forte de illis personis extiterit, a quibus non debet exigi de iure mandatum, Constitutiones Concilii quarti Lateranensis una cum Commentariis glossatorum, ed. Antonio García y García (MIC, Series A: Corpus Glossatorum 2, Città del Vaticano 1981) 79s. 22  Kanzleiordnungen, ed. Tangl (cit. n. 10) 54 § 4: Petitiones autem humilium et maxime miserabilium persona­ rum libere porrigat et licenter, dummodo multitudinem effranatam evitet. Cf. Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 205s. 23  Walther Holtzmann, Die Dekretalen Gregors VIII. MIÖG 58 (1950) 113–123, at 123: … petitio nulla



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twelfth and early thirteenth century was divided over whether a proctor needed a mandate24. Constitution 37 did allow an exemption, but only for those who were not required by law (de iure) to produce a mandate25. It is generally said that constitution 37 meant the end of the prohibition on chancery personnel acting as proctors26. However, this is unlikely be the case, because two further clauses of the chancery ordinance, which postdate the Fourth Lateran Council and may be attributed to Honorius III27, show that the restriction on resident proctors continued. It seems likely that if the chancery personnel were exempted from this, it was only in the limited sense allowed by clause 2. Clause 12 ordered that all proctors should leave the curia after a stay of two years, unless they were engaged in a process on behalf of themselves or their clients28. Clause 14 refers to proctors sent by their clients to the curia, who were prevented from employing in turn resident proctors to assist them: the nuntii were to present the petitions per se ipsos29. This would not have stopped the nuntii employing petitionarii. These were men who had the skills to draw up petitions in the correct form. They doubtless offered their services at the Lateran Palace, where it is known that petitions were formulated30. However, neither the petitionarius nor anyone other than the pesuper aliqua controversia recipietur a nobis, nisi fuerit alicuius archiepiscopi vel episcopi, abbatis, prepositi, decani seu archidiaconi vel cuiuslibet note persone sigilli testimonio communita nomenque portitoris sive proprium negotium sive alienum fuerit, contineatur insertum. Cf. Christopher R. Cheney, From Becket to Langton. English church government 1170–1213 (Manchester 1956) 66; Stanley Chodorow, Dishonest litigation in the church courts 1140–98, in: Law, church, and society. Essays in honour of Stephan Kuttner, ed. Kenneth Pennington–Robert Somerville (Philadelphia 1977) 187–206, at 189–191; Harald Müller, Päpstliche Delegationsgerichtsbarkeit in der Normandie (12. und frühes 13. Jahrhundert) 1 (Studien und Dokumente zur Gallia Pontificia 4/1, Bonn 1997) 228–233. 24   See Peter Landau, Die Erteilung des Anwaltsmandats in der Geschichte des kanonischen Rechts – Zugleich zu Bernardus Papiensis und Otto Papiensis, in: Wege zur Globalisierung des Rechts. Festschrift für Rolf A. Schütze, ed. Reinhold Geimer (München 1999) 413–425, at 419–422. 25   I hope to consider the meaning of this exemption, as well as the treatment of the proctor’s mandate in the legal literature, on a subsequent occasion. 26  See Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 311–313, whose interpretation almost all subsequent writers have followed. 27  See Herde, Beiträge (cit. n. 2) 128 (with respect to clause 12). Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 314, attributed clauses 12–17 to Gregory IX, but the reference in clause 14 to Innocent III and to clause 5 (secundum statutum nostrum et predecessoris nostri) would fit better with Honorius III. 28  Kanzleiordnungen, ed. Tangl (cit. n. 10) 55 § 12: Item omnes procuratores, qui fuerint in curia per biennium, infra mensem recedant, nisi habeant propriam causam sive dominorum suorum in curia in iudicio per­ tractandam; alioquin extunc non admittantur ad impetrandum contradicendum vel aliud alieno nomine faciendum. 29   Ibid. 55 § 14: Presenti decreto statuimus, ut procuratores archiepiscoporum episcoporum et aliorum prela­ torum aut magnatum, quando ad curiam veniunt, simul et semel omnes petitiones secundum statutum nostrum et predecessoris nostri porrigant per se ipsos, quantotius poterunt. 30  Robert Davidsohn, Das Petitions-Büreau der päpstlichen Kanzlei am Ende des 12. Jahrhunderts. NA 16 (1891) 638s., prints a witness statement which refers to events datable to 1188–1190: … et hec omnia facta fuerunt cum petitiones scriberentur et hoc in palatio Lateranensi in introitu primi hostii quod custodit Fortunatus, cf. Heckel in Grauert, Magister Heinrich der Poet (cit. n. 2) 214; Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 295–297; Herde, Beiträge (cit. n. 2) 128 n. 18; Benedict Wiedemann, Doorkeepers, the chamberlain and petitioning at the papal court, c. 1150–1200. Historical Research 91 (2018) 409–425, at 410s., 415s. Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 193, states of Heckel: „in prima battuta lo studioso sembra ipotizzare che esse [scil. le origini dell’istituto di procuratore di curia] andassero cercate in quei petitionarii operanti presso la curia e affioranti rare volte dalle fonte“, with reference to Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 295, but he made no such suggestion here. Nor is it correct to say that Heckel „aveva invece identificato gli antenati dei procuratori nei petitionarii oppure nei falsari“ (Dell’Asta, ibid. 195). Dell’Asta offers no evidence for her claim (ibid. 204, 222) that Innocent III opposed the activities of, among others, petitionarii. See also below n. 73.

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titioner or the nuntius was authorised to submit the petition. A further limitation on the force of constitution 37 is that it concerned only the impetration of letters of justice. This is evident from the rationale given for the enactment (Cum autem lites restringende sint potius quam relaxande …) and the reference to impetrating letters super aliqua questione. Nothing is said about those seeking graces from the pope31. Indeed, the Glossa ordinaria by Bernardus Parmensis to the constitution as it appears in the Liber Extra makes it clear that the requirement concerning the mandate refers only to letters of justice, not letters concerning benefices32. It is possible that the regulations in the chancery ordinance concerning the submission of petitions and the employment of proctors discouraged petitioners from approaching the curia. However, one cannot say whether Innocent’s pontificate saw an increase or a decrease in the production of papal documents33. The papal enactments were directed particularly against resident proctors. No less than five of the clauses, explicitly or implicitly, exclude or limit their activity. Why did the popes take this stance? In the case of the chancery personnel, clause 2 expresses the view that each of them should be content with the income of his own office rather than taking on other responsibilities. A further concern, no doubt, was a potential conflict of loyalties for those working in the service of both chancery and petitioners. The popes may also have thought that someone resident in the curia would have better opportunities for becoming involved in fraud and other abuses than one who visited it for only a relatively short period and was less at home there. ** * One reason for restricting proctorial activities may have been the desire to counteract abuses, not the least of which was the forgery of papal letters34. The second type of evidence to be discussed, letters copied into the papal registers, throws further light on this abuse. Innocent III’s well know constitution against forgery of 19 May 1198 records the discovery of an atelier of forgers in Rome. He ordered that in future no-one should receive a papal letter except from the pope or someone authorised by the pope35; and a later 31  Patrick Zutshi, Petitioners, proctors, popes: the development of curial institutions, c. 1150–1250, in: Pensiero e sperimentazioni istituzionali nella „Societas Christiana“ (1046–1250). Atti della sedicesima Settimana internazionale di studio, Mendola, 26–31 agosto 2004, ed. Giancarlo Andenna (Milano 2007) 265–293, at 281s. 32  Gloss Sine speciali mandato to X 1. 3. 28: Secus credo in litteris super beneficiis obtinendis: quia ibi non exigitur mandatum, cum super nulla lite impetrentur, sed de gratia tantum concedantur … . 33  Frank M. Bischoff, Urkundenformate im Mittelalter. Größe, Format und Proportionen von Papsturkunden in Zeiten expandierender Schriftlichkeit (11.–13. Jahrhundert) (Elementa diplomatica 5, Marburg an der Lahn 1996) 28–30, argues for a decrease under Innocent III. 34  See Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) passim. That a proctor might unwittingly become involved in fraud is shown by the case of the proctor of the bishop of Padua in Reg. Inn. vol. XVI no. 56 (53) (forthcoming; PL 216 856); cf. Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 201. On Innocent III and forgery, see most recently Uta Kleine, Litterae, cartae, codices, petentes und notarii. Aspekte der Vertrauenswürdigkeit von Papsturkunden im Pontifikat Innozenz’ III. (1198–1216), in: Strategies of writing. Studies on text and trust in the Middle Ages, ed. Petra Schulte–Marco Mostert–Irene van Renswoude (Utrecht Studies in Medieval Literacy 13, Turnhout 2008) 185–211; Maria Pia Alberzoni, Nolebat quod prevaleret falsitas veritati. I falsi, Innocenzo III e lo stilus curiae, in: Stilus – modus – usus. Regeln der Konflikt- und Verhandlungsführung am Papsthof des Mittelalters, ed. Jessika Nowak–Georg Strack (Utrecht Studies in Medieval Literacy 44, Turnhout 2019) 137–158. 35  Reg. Inn. vol. I no. 235 (X 5. 20. 4, Friedberg II 812); Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 301–304. Cf. Reg. Inn. vol. I nos. 262, 382, 456.



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constitution makes it clear that by the latter the bullatores should be understood36. The enactment of 19 May 1198 at first sight seems an odd way of counteracting forgery, but its purpose was to prevent a petitioner employing someone in the curia to obtain a papal document on his behalf, the petitioner being given a forged rather than a genuine document and then, if the forgery was exposed, claiming that he was unaware that the document was a forgery37. It could also have been deployed against another abuse, whereby those obtaining the documents in the curia falsely pretended to be the petitioners themselves38. Only sublimes persone were now permitted to receive letters through a nuntius39. It is likely that clause 7 of the chancery ordinance is close in date to this constitution, since it makes a similar provision40. Many other letters in the registers refer to proctors, who are designated by a variety of terms, procurator, responsalis, sindicus, nuntius, etc. Although these terms were often used interchangeably, one letter distinguishes between the idoneus responsalis, empowered to appear in court on behalf of his client, and the simplex nuntius, who was no more than a messenger41. Another letter refers to the representative of the archbishop of Milan as non solum causidicus sed procurator42. One characteristic of the procurator is that he was able to display a sufficient mandate from his client. As we have seen, this was a preoccupation of the chancery ordinance and constitution 37 of the Fourth Lateran Council, and it is also 36   Reg. Inn. vol. I no. 349 (X 5. 20. 5, Friedberg II 812); Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 304; Herde, Beiträge (cit. n. 2) 126. 37  Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 303s. Cf. the Decretum … in constitutione Lateranensis palatii promul­ gatum, which occurs in Rainer of Pomposa’s decretal collection (PL 216 1221): Quia vero nonnunquam evenit ut falsas litteras exhibentes, postquam super his fuerint redarguti, ad excusationem suam dicant se hujusmodi litteras per alios impetrasse. On the Decretum … in constitutione Lateranensis palatii promulgatum see Heckel, Studien (cit. n. 8) 262–266. See also Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 199s. For the case of a priest sent to the curia by the archpriest and clergy of Casone, near Rignano Garganico, in the diocese of Siponto, who unwittingly (as he claimed) used a forged letter obtained on his behalf, see Reg. Inn. vol. I no. 456. 38  Iohannes Teutonicus, in his commentary on IV Lat. c. 37, discussing the need to prove that when a proctor impetrated a papal letter he had a mandate from his client, observed: plerique fingunt se esse alios et sub nomine aliorum impetrant litteras (Constitutiones Concilii quarti Lateranensis [cit. n. 21] 233). The same passage occurs in Iohannes’ gloss on the constitution as it appears in IV Comp. 1. 2. 5 (Antiquae collectiones decretalium cum Antonii Augustini Episcopi Ilerdensis, & Iac. Ciriacii Ic. celeberrimi, notis & emendationibus [Paris 1609] 799). Cf. Herde, Beiträge (cit. n. 2) 126. 39   Reg. Inn. vol. I no. 235: Si vero persona tante auctoritatis extiterit, ut deceat eam per nuntium litteras nos­ tras recipere, nuntium ad cancellariam nostram vel ad nos ipsos mittat idoneum, per quem litteras apostolicas iuxta formam prescriptam recipiat. 40 See Heckel, Aufkommen (cit. n. 2), especially 306s.; idem, Studien (cit. n. 8), especially 265s. For a different view, see Stelzer, Anfänge (cit. n. 18) passim. He assigns clauses 1, 2 and 7 to Celestine III (1191–8). I follow Heckel in assigning them to Innocent III; cf. Patrick Zutshi, Innocent III and the reform of the papal chancery, in: Innocenzo III. Urbs et orbis. Atti del Congresso Internazionale Roma, 9–15 settembre 1998, ed. Andrea Sommerlechner (Miscellanea della Società Romana di Storia Patria 44 / Nuovi Studi Storici 55, Roma 2003) 1 84–101, at 90–92. 41   Reg. Inn. vol. V no. 136 (137): quia tandem nullus comparuit idoneus responsalis, qui partem defensaret adversam, licet postmodum quidam simplex nuntius super hoc nobis predictorum Parisiensis episcopi et .. Latiniacen­ sis abbatis litteras presentasset … . 42  Reg. Inn. vol. I no. 360: Idem etiam Passag(uerra) iniquitatem addens iniquitati, cum non solum causidicus sed procurator esset in causa, que vertitur inter venerabilem fratrem nostrum .. Mediolanensem archiepiscopum et di­ lectum filium abbatem de Scozul(a) … . On Passaguerra see most recently Alberzoni, Nolebat (cit. n. 34) 143s.; Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 202s.; Alberto Spataro, Ein unbekannter Brief Innocenz’ III. betreffend den deutschen Thronstreit und die Entstehung des Liber consuetudinum Mediolani von 1216. MIÖG 127 (2019) 407–418.

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reflected in some letters in the registers43. The registers refer to the proctors’ work both in litigation in the consistory or before auditors appointed by the pope and in impetrating letters in the chancery44. Given that the chancery ordinance left little scope for the activity of resident proctors in impetrating documents, it is hardly surprising that they are not mentioned. However, it is possible that they were active behind the scenes, assisting both petitioners and their nuntii. Clause 12 of the chancery ordinance, limiting the sojourn of proctors in the curia to two years, suggests as much, for it would not have been necessary to issue it if there were no proctors who had exceeded this limit. Clause 12 seems to have been directed primarily against proctors active in the chancery, for it allows an exception to proctors who were engaged in litigation for themselves or their clients. And when letters of Innocent III allude to chancery personnel acting as proctors, this is more likely to be in litigation than in the chancery. Clause 2 of the chancery ordinance did not exclude them from acting in the courts. It is in this context that a letter of 1198 refers to the scribe Willelmus de Mercato as the proctor of the abbot of Saint Maixent in the diocese of Poitiers45. A letter of 1202 refers to the papal notary Blasius as effectively promoting the interests of the church of Nevers, but does not specify how he did this46. And a letter of Honorius III from the beginning of his pontificate refers to the scribe Master Andreas in a way which suggests that he had been active as proctor for the church of Bourges but again does not specify the nature of his work47. The scribe Hugo, active under both Innocent and Honorius, was a canon of Argos and may have represented the interests of his church at the curia during the later pontificate48. ** * The third type of evidence, chancery marks on original papal documents, has received the least attention49, although a substantial number of examples is now available in print, largely thanks to the censimento of original papal documents originally proposed by Franco Bartoloni50. Innocent III accurately described the endorsement as a note that designated the letter’s impetrant (notula, que ad designationem persone litteras impetrantis solet apponi)51. In this context, the impetrant meant either the beneficiary or the proctor 43  See Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 206–209. On the proctor’s mandate see Gaines Post, Studies in medieval legal thought. Public law and the State (Princeton 1964), esp. 39–57, 92–108. 44 See Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 209–215. 45  Reg. Inn. vol. I no. 67. See Christoph Egger, Die Schreiber der päpstlichen Kanzlei unter Innocenz III. Versuch eines ersten Überblicks. AfD 64 (2018) 113–159, at 131–133. 46  Reg. Inn. vol. V no. 130 (131). 47 Egger, Schreiber (cit. n. 45) 123s. 48  Ibid. 139. For papal subdeacons and chaplains as proctors, see Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 221. 49 There are brief discussions in Léopold Delisle, Mémoire sur les actes d’Innocent III. BEC 19 (1857/1858) 1–73, at 32s.; Wilhelm Diekamp, Zum päpstlichen Urkundenwesen des XI., XII. und der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts. MIÖG 3 (1882) 565–626, at 603–607; Die Papsturkunden Westfalens bis zum Jahre 1378, 1: Die Papsturkunden bis zum Jahre 1304, ed. Heinrich Finke (Westfälisches Urkundenbuch 5/1, Münster 1888) xxiii–xxvi; Heckel, Aufkommen (cit. n. 2) 317s.; Zutshi, Innocent III and the reform (cit. n. 40) 94s.; Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 215–219; cf. Stelzer, Anfänge (cit. n. 18) 130 (more dismissively). 50  Franco Bartoloni, Per un censimento dei documenti pontifici da Innocenzo III a Martin V (escluso). Relazione, discussione e voto finale al Convegno internazionale di studi per le fonte del Medioevo europeo (Roma, 14–18 Aprile 1953) (Roma 1955). 51  Reg. Inn. vol. X no. 80.



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acting on behalf of the beneficiary. I have found 206 original documents of Innocent III which display the endorsement. Great variety is apparent. Most frequently the endorsement identifies the beneficiary, either directly or indirectly, rather than naming the proctor. Sometimes the endorsement takes the form of a motto or a device. The possibilities can be seen in the endorsements of five letters issued in the same year, 1213, in favour of the Benedictine abbey of Michaelbeuren. Two identify the beneficiary simply as Abbas, two have a device (five circles and four dots), and one names the proctor (Magnus)52. The reason for these inconsistencies is unclear. Of the 206 endorsements just mentioned, 72 name proctors or are likely to do so. I have to say „likely“, because sometimes only an initial is given and one cannot be sure whether it represents the proctor or the beneficiary. A particular ambiguity is evident in the endorsement OTO which occurs on two letters in favour of the Teutonic Order from the end of the pontificate. This may stand for Ordo Teutonicus or it may be the name Otto. A scribe Otto was active under both Innocent III and Honorius III, and a member of the Order called Otto was its proctor at the curia in 122053. One can only speculate on whether in the early thirteenth century the proctors’ names were normally autograph signatures54. It is fortunate that the endorsements often give the Christian name in full and that some also include a toponym. This evidence indicates that the majority of the proctors named were nuntii sent from outside the curia rather than residents of the curia. Henricus de Norprestorf, for instance, proctor of the provost of St. Georgen an der Traisen in Lower Austria, was almost certainly from Nappersdorf, also in Lower Austria55. Although Nappersdorf is not close to St. Georgen an der Traisen, it is worth noting that the church of Nappersdorf had been given to the abbey of Göttweig and that the abbot of Göttweig was one of the letter’s executors. It is likely that the proctor knew him, or knew of him, and proposed him for this role. Another name suggesting a local or regional affiliation is VLR (standing for Ulricus), proctor of the provost and chapter of Berchtesgaden56. To find resident proctors at work is more difficult, but this is likely to be the case when a proctor appears acting for disparate clients. A case in point is Lupus who occurs in 1209 as proctor of the abbey of St. Emmeram, Regensburg57 and as proctor of the monas-

52   Wolfgang Hilger, Verzeichnis der Originale spätmittelalterlicher Papsturkunden in Österreich 1198– 1304. Ein Beitrag zum Index Actorum Romanorum Pontificum ab Innocentio III ad Martinum V electum (FRA II/83, Wien 1991) 34–36 nos. 48–52 and p. 392 Taf. 1. 53  Kurt Forstreuter, Die Berichte der Generalprokuratoren des Deutschen Ordens an der Kurie, 1: Die Geschichte der Generalprokuratoren von den Anfängen bis 1403 (Veröffentlichungen der Niedersächsischen Archivverwaltung 12, Göttingen 1961) 44; Thomas W. Smith, Curia and Crusade. Pope Honorius III and the recovery of the Holy Land 1216–1227 (Outremer. Studies in the Crusades and the Latin East 6, Turnhout 2017) 165. 54  Cf. the careful discussion on the basis of later evidence by Stelzer, Beiträge (cit. n. 2) 118–123. 55 Hilger, Verzeichnis der Originale (cit. n. 52) 44 no. 67. See Heinrich Weigl–Roswitha Seidelmann– Karl Lechner–Fritz Eheim, Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich 5 (Wien 1973) 7. 56  Hilger, Verzeichnis der Originale (cit. n. 52) 17s. no. 25; cf. Egger, Schreiber (cit. n. 45) 143 and n. 177. For further examples see Winfried Stelzer, Ein Empfängerzeichen im Register Innocenz’ III. Ein Beitrag zu den Anfängen der Prokuratorenvermerke sowie zur Frage der Originalität von Reg. Vat. 4, in: Palaeographica, diplomatica et archivistica. Studi in onore di Giulio Battelli 2 (Storia e Letteratura 140, Roma 1979) 61–71; Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4) 218s. 57  Schedario Baumgarten. Descrizione diplomatica di bolle e brevi originali da Innocenzo III a Pio IX, ed. Giulio Battelli–Sergio Pagano, 4 vols. (Città del Vaticano 1965–1986) 1 no. 238.

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tery of Oña in Castile the following year58, and who was still active as a proctor in 122059, although it is not possible to show his continuous presence in the curia during these years. Further evidence about resident proctors concerns the personnel of the chancery, who, as we have seen, were well positioned and well qualified to pursue their clients’ interests as proctors. Under Innocent III for the first time, chancery scribes signed the documents that they engrossed on the plica, and these signatures enable one to suggest identifications with proctors with the same or similar names or initials60. One of the earliest proctors in an endorsement is Alexander in 120061. He may be the scribe who signed as alex. or al. and may also be identical to Alexander de Montefiascone, scribe and proctor under Honorius III62. Iacobus, proctor of the prioress and nuns of Helmstedt in 1204, may be the roughly contemporaneous scribe of this name63. Evidence of a different kind comes from a petition to the pope from the abbot and convent of Nonantola. It appears to survive in the original and to date from the late twelfth or early thirteenth century. It may well have been submitted to Innocent III. It is written in a curial hand, most likely by one of the chancery personnel. This suggests that the abbey of Nonantola was employing such a man as a proctor or petitionarius64. The audientia publica, where letters of justice and other papal documents were read out in order to give an opportunity to an opposing party to object to them, and the au­ dientia litterarum contradictarum, the hearing which followed if an objection was made, are first documented under Innocent III65. The audientie were important centres of proctorial activity in the curia. The names or initials of proctors occur in the upper right-hand corner of the recto of original documents, both letters and privileges, and it seems that that these annotations record the presence of proctors in the audientia publica. The proctor so named is not the proctor impetrating the letter in question, but rather a proctor who had an interest in the issue of the letter, often the proctor of the opposing party in a case66. There are ten instances of this annotation known to me from the time of Innocent III67, but I have not been able to identify any of the proctors mentioned. In half   Reg. Inn. vol. XIII nos. 69–70.  Peter Linehan–Patrick Zutshi, Found in a corner. The activity of proctors in the papal chancery in the first half of the thirteenth century, in: Le discret langage du pouvoir. Les mentions de chancellerie du Moyen Âge au XVIIe siècle, ed. Olivier Canteaut (Études et rencontres de l’École des chartes 55, Paris 2019) 195–232, at 206. 60  I leave to one side the more doubtful case of aue, on which see Egger, Schreiber (cit. n. 45) 137 and n. 131. 61  Bernard Barbiche, Les actes pontificaux originaux des Archives nationales de Paris, 3 vols. (Index Actorum Romanorum Pontificum ab Innocentio III ad Martinum V electum 1–3, Città del Vaticano 1975–1982) 1 no. 32. 62   Egger, Schreiber (cit. n. 45) 130s.; Patrick Zutshi, Chancery marks on original documents of Pope Innocent III (1198–1216) (forthcoming), at n. 174. 63  Egger, Schreiber (cit. n. 45) 125, 152; Zutshi, Chancery marks (cit. n. 62) Part II 2. 64  The petition is printed and discussed in Benedict Wiedemann, Pater sanctissime. Petitions to the pope in the twelfth and thirteenth centuries (forthcoming in AfD). 65  Herde, Beiträge (cit. n. 2) 213–215; Jane E. Sayers, Papal judges delegate in the province of Canterbury 1198–1254 (Oxford 1971) 54–58; Paulius Rabikauskas, Auditor litterarum contradictarum et commissions de juges délégués sous le pontificat d’Honorius III. BEC 132 (1973) 213–244, at 230–232; Müller, Delegationsgerichtsbarkeit (cit. n. 23) 1 20s., 71s., 254s. 66  Linehan–Zutshi, Found in a corner (cit. n. 59). 67   There are eight instances in Linehan–Zutshi, Found in a corner (cit. n. 59) 206, to which may now be added ad guard. (Walter Zöllner, Die jüngeren Papsturkunden des Staatsarchiv Magdeburg, Bestände Halberstadt, Quedlinburg und übrige Gebiete [Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschichte 23, Leipzig 58 59



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of the cases, the proctor’s name is preceded by the word ad. One might be tempted to assume that ad is a preposition, but this is impossible because one annotation reads ad Gerardus (in the nominative, not the accusative). It is likely that ad stands for adest and records the presence of the proctor, in this case Gerardus, in the audientia publica when the letter was read there. There is one type of resident proctor whom I have so far mentioned only in passing, the general proctor of a religious order. He was normally a member of the order whose interests he represented while residing in the curia. In fact, there is no clear evidence of such representation as early as the pontificate of Innocent III. However, a proctor for the entire congregation of Vallombrosa is mentioned in 1216 in terms which suggest that he was to reside at the curia with a view to preventing the issue of letters against Vallombrosa’s interests68. In 1234 arrangements were made for his regular payment69. The evidence concerning general proctors is rather fuller under Honorius III. It is possible that the Dominican William of Monferrato was acting as general proctor of his order in 1220 and still in the 1230s70, and it has been suggested that the activities of the general proctor of the Teutonic Order go back to about 122071. The general chapter of the Cistercians in 1220 ordered that two clerks should act for the order in the papal chancery72. There is no reason to think that the restrictions on proctors found in the sections of the chancery ordinance attributable to Honorius III applied to general proctors. ** * The three kinds of evidence that I have been discussing – the chancery ordinance, the papal registers, and the original documents – present a fairly consistent picture of the activities of proctors in Innocent III’s chancery. While nuntii were, to a greater or lesser extent, tolerated, resident proctors were frowned upon. It is not surprising, therefore, that there is little direct evidence of resident proctors at work. Probably most proctors were nuntii. Nonetheless, curialists and others resident in the curia, even if they had not been formally appointed as proctors, might provide assistance to both petitioners and their nuntii, for instance, in drawing up petitions in accordance with the stylus curie (in other 1982] no. 9 (3 March 1207), which exceptionally appears in the upper left corner, and p (Peter Linehan, Portugalia Pontificia. Materials for the history of Portugal and the papacy 1198–1417, 2 vols. [Lisboa 2013] 1 no. 78 [30 January 1213]). See also Zutshi, Chancery marks (cit. n. 62) Part II 9. 68  Acta capitulorum generalium congregationis Vallis Umbrosae 1, ed. Nicola R. Vasaturo (Thesaurus Ecclesiarum Italiae 7/25, Roma 1985): Et quia multi per Romane curie litteras nos infestant, placet nobis ut in ipsa curia procuratorem, pro tota congregatione, constituere debeamus. See also Barbara Bombi, I procuratori dell’Ordine Teutonico tra il XIII e XIV secolo. RHM 44 (2002) 193–297, at 243 n. 220. 69  Acta capitulorum generalium congregationis Vallis Umbrosae (cit. n. 68) 76. 70  Patrick Zutshi, Letters of Pope Honorius III concerning the Order of Preachers, in: Pope, Church and City. Essays in honour of Brenda M. Bolton, ed. Frances Andrews–Christoph Egger–Constance M. Rousseau (The Medieval Mediterranean 56, Leiden–Boston 2004) 268–286, at 275–282. 71  Forstreuter, Berichte (cit. n. 53) 46, 52. See also Klaus Militzer, Von Akkon zur Marienburg. Verfassung, Verwaltung und Sozialstruktur des Deutschen Ordens 1190–1309 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 56, Marburg 1999) 184s. 72  Quoted in Winfried Stelzer, Niederaltaicher Prokuratorien. Zur Geschichte der Impetrationsvollmachten für die päpstliche Kurie im 13. Jahrhundert. MIÖG 77 (1969) 291–313, at 295: duo clerici providean­ tur assidui in curia Romana pro negotiis ordinis ad impetrandum et contradicendum.

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words, assuming the role of a petitionarius)73. Cardinals and notaries could be particularly useful to petitioners and litigants in furthering their aims74, and the chancery ordinance explicitly recognises the role of cardinals as intercessors75. The letter collection of Thomas of Capua throws considerable light on the informal role of curialists, including cardinals, in promoting the interests of those who had business to transact in the curia. Thomas was a chancery notary in 1215–1216, was promoted to the cardinalate in February–March 1216, and died in 1239. The Summa dictaminis attributed to him is a letter collection in ten books which is thought to have been compiled only in 1268–1271. An unstructured version of the collection also exists76. Emmy Heller, who was the first scholar to investigate Thomas’ oeuvre intensively, believed that the unstructured version preceded the version in ten books, a conclusion that has been confirmed by recent scholarship77. The unstructured version is likely to have been compiled after Thomas’ death, to represent substantially a collection for which he himself was responsible, with letters dating from his lifetime, and to contain for the most part letters that were actually sent. On the other hand, the letters were doubtless assembled to serve as models rather than as a record of outgoing correspondence, and the letters were copied in an abbreviated form78. The letters show that it is difficult to distinguish the activities of curialists, on the one hand, and proctors, on the other79. The ambiguity is evident in a letter in which Thomas wrote: Illa vero negotia, que fuerunt expedienda apud dominum papam, expedivit M., vester et noster,…80. Here M. could be either a curialist or a proctor81. The letters provide ample evidence that Thomas frequently acted as an intercessor and advised supplicants about the circumstances of the curia and the framing of their petitions. The letters illustrate the ser73  On petitionarii see above at n. 30. Boncompagno’s Rhetorica antiqua, published in 1226, defined petitio­ narii thus: Quidam alienigene de permixto genere hominum per curiam Romanam transcurrunt, qui petitionarii no­ minantur. Non est nomen officii, sed donec sunt in actu, ex re nomen habent. Multos namque litteratos viros evidens quandoque necessitas ad exercendum illud opusculum paupertatis inducit. Isti siquidem propter consuetudinem sciunt abreviare prolixa et petitiones componere sub congrua brevitate, Geoffrey Barraclough, Formulare für Suppliken aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Archiv für katholisches Kirchenrecht 115 (1935) 435–456, at 455, no. 44. For the date see ibid. 436 and n. 3. 74  See Heckel in Grauert, Magister Heinrich der Poet (cit. n. 2) 220s., 225s., 228. 75   Kanzleiordnungen, ed. Tangl (cit. n. 10) 54 § 8: Liberum tamen sit cuilibet proprium, si necesse fuerit, intercessorem habere maxime cardinalem. 76  I here follow the terminology proposed by Matthias Thumser, Les grandes collections de lettres de la curie pontificale au XIIIe siècle. Naissance, structure, édition, in: Le dictamen dans tous ses états. Perspectives de recherche sur la théorie et la practique de l’ars dictaminis (XIe–XVe siècles), ed. Benoît Grévin–Anne-Marie Turcan-Verkerk (Bibliothèque d’Histoire Culturelle du Moyen Âge 16, Turnhout 2015) 209–241, at 218 („redaction non structurée“). 77   See Matthias Thumser, Kuriale Briefkultur. Konturen eines vernachlässigten Forschungsgebietes, in: Kuriale Briefkultur im späteren Mittelalter. Gestaltung – Überlieferung – Rezeption, ed. Tanja Broser–An­ dreas Fischer–Matthias Thumser (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 37, Köln–Weimar–Wien 2015) 9–34, at 18s.; Jakob Frohmann, Emmy Heller (1886–1956) und die Überlieferung der Briefsammlung des Thomas von Capua, in: ibid. 153–178; Thumser, Grandes collections (cit. n. 76) 218–220. For a different view see Hans-Martin Schaller, Studien zur Briefsammlung des Kardinals Thomas von Capua. DA 21 (1965) 371–518. 78 Thumser, Grandes collections (cit. n. 76) 214; idem, Kuriale Briefkultur (cit. n. 77) 22; Frohmann, Emmy Heller (cit. n. 77) 156, 168s., 176s. 79  Emmy Heller, Der kuriale Geschäftsgang in den Briefen des Thomas v. Capua. AUF 13 (1933–1935) 198–318, at 200s. 80  Ibid. 282 no. 45. 81  Ibid. 282 n. 2, she suggests that M. was a papal notary.



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vices that a well-placed curialist, and especially a notary, could provide to petitioners. As a source the letters are problematic, since they are undated (and normally undatable) and it is often unclear whether Thomas was writing as a notary or as a cardinal. However, the first group of letters published in Emmy Heller’s edition of his selected correspondence appear to date from his time as a notary, and it is noteworthy that at least two of these letters may indicate a more formal (if illicit) function as proctor82. But much more common are letters which refer to Thomas’ contacts with proctors or nuntii sent by petitioners to the curia83. The letter collection implies a distinction between the activities of those formally appointed as proctors, on the one hand, and of the curialists who assisted them, on the other. It is possible that the restrictions on the activity of resident proctors, which are well documented under Innocent III, made it especially desirable for petitioners and their proctors to seek the more informal advice and assistance of curialists such as Thomas of Capua. Similar restrictions on resident proctors were in force under Honorius III, if clauses 12 and 14 of the chancery ordinance can be assigned to his pontificate, which is likely to be the case84. The letters of appointment of proctors, or procuratoria, reflected the requirement of clause 12 that proctors should not remain in the curia for more than two years, by limiting the term of the appointment to that period; but the clients circumvented the ruling simply by issuing new procuratoria when the old ones expired. Rudolf von Heckel regarded the office of proctor as having illegal origins85. This view has proved controversial86, but if taken to apply, as the author intended, specifically to resident proctors and not to nuntii, it seems to be correct. In the decades following the death of Innocent III, it was the utility of resident proctors to the petitioners, rather than any change in their legal status, that enabled them to become a conspicious and widely accepted feature of the papal curia.

82   Ibid. 203–205, 260 no. 5 (Sane super negotio, quod misistis, litteras apostolicas impetravimus, quas vobis transmittimus per presentium portitorem), 268 no. 18 (Petitionem nobis ex parte vestra porrectam promovimus usque ad notam). 83   Ibid., especially 227s., 301–310. 84   See above at nn. 27–29. 85  Heckel, Aufkommen (cit. n. 2), passim. 86 See Stelzer, Anfänge (cit. n. 18), passim; Dell’Asta, I molti volti (cit. n. 4), especially 200s.

Sind 4183 Briefe genug? Überlegungen zu Quellen, Stil und Autorschaft in den Briefen Innocenz’ III. Christoph Egger

4183 Briefe zählte Othmar Hageneder1 in den Jahrgängen 1 bis 16 der Kanzleiregister Innocenz’ III., nicht ohne darauf hinzuweisen, dass diese ansehnliche Anzahl doch nur einen Bruchteil der Briefe umfasst, die während des Pontifikats des großen Papstes die päpstliche Kanzlei verlassen haben2. Trotzdem sollte man meinen, dass die in den Kanzleiregistern enthaltene Datenbasis für die Kenntnis des Stils des Papstes und damit für die Klärung der Frage der Autorschaft der Briefe mehr als ausreichend ist ‒ dies umso mehr, als eine berühmte Passage in den Gesta Innocentii III, der bis 1208 reichenden, von einem anonymen Autor aus der engeren Umgebung des Papstes verfassten Biographie, die epistole, regesta und decretales ausdrücklich als Werke (opuscula) Innocenz’ bezeichnet3. 1  Dieser Beitrag ist dem Andenken Othmar Hageneders gewidmet, dem ich weit mehr als meine diplomatische Ausbildung und die Beschäftigung mit Papst Innocenz III. verdanke. In dieses Gedenken soll auch P. Friedrich Kempf SJ einbezogen sein, der nicht nur grundlegende Beiträge zur Erforschung des Pontifikats Innocenz’ III. geleistet hat, sondern außerdem Hageneder wissenschaftlich und persönlich eng verbunden war. ‒ Da die zu behandelnden Fragestellungen mich seit mehreren Jahrzehnten begleiten, ist es nicht zu vermeiden, dass in den Fußnoten öfter als sonst auf eigene Arbeiten verwiesen wird. Die bibliographischen Nachweise sind bewusst auf Titel beschränkt, die im Zusammenhang des jeweiligen Arguments wesentlich sind. FreundInnen bibliographischer Fleißarbeit seien auf die einschlägigen Nachschlagewerke und Handbücher sowie auf den Regesta Imperii-Opac (http://opac.regesta-imperii.de/lang_de/) verwiesen. Alle Internetzitate wurden am 12. Dezember 2022 überprüft. Für wertvolle Gespräche und Hinweise in vielen Jahren möchte ich vielen Menschen danken und vor allem Patrick Zutshi, Winfried Stelzer, Rainer Berndt, James Powell†, John W. Baldwin†, John Doran†, Michael Clanchy†, Riccardo Quinto†, Rolf Köhn†, Brenda Bolton, Anne Duggan, Frances Andrews, Björn Weiler und David d’Avray sowie ‒ last but not least ‒ Herwig Weigl und Andrea Sommerlechner nennen. 2 Othmar Hageneder, Die Register Innozenz’ III., in: Papst Innozenz III. Weichensteller der Geschichte Europas. Interdisziplinäre Ringvorlesung an der Universität Passau 5. 11. 1997‒26. 5. 1998, hg. von Thomas Frenz (Stuttgart 2000) 91‒101, hier 92. Die Gesamtzahl der während des Pontifikats ausgestellten Briefe lässt sich nur schätzen; auch wenn die Überlieferung von Originalen, Kopien und nachweisbaren Deperdita einmal weitgehend flächendeckend erfasst sein wird, wird man kaum zu sicheren Zahlenangaben gelangen. Vgl. den Beitrag von Patrick Zutshi in diesem Band S. 46f. 3  Gesta Innocentii c. 2 ... sicut eius opuscula manifestant, que diversis temporibus edidit et dictavit. Fecit enim ante pontificatum libros de miseria conditionis humane et de missarum mysteriis et de quadripartita specie nuptia­ rum, post pontificatum autem libros sermonum, Epistolarum, Regestorum et Decretalium [et Postillam super septem psalmos], que manifeste declarant quantum fuerit tam in humano quam in divino iure peritus. David R. GressWright, The „Gesta Innocentii III“: Text, introduction and commentary (PhD. Bryn Mawr College 1981) 1 Z. 19‒24; PL 214 XVIIB‒XVIIIA.

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Aber in welchem Sinn genau ist die persönliche Autorschaft des Papstes an den Registern zu verstehen4? Ist er tatsächlich der Verfasser jedes in ihnen überlieferten Briefes? Auch wenn man Routineangelegenheiten wie Delegationsreskripte und Pfründenprovisionen, die in der Regel den Papst nicht selbst beschäftigt haben werden, ausscheidet, ist es bis heute nicht gelungen, mit ausreichend großer Sicherheit Briefe der Autorschaft des Papstes zuzuweisen. Versuche, den Stil Innocenz’ zu charakterisieren, finden sich immer wieder5, kranken aber letztlich alle an zwei miteinander verbundenen Problemen: zum einen die zunehmende Professionalisierung der päpstlichen Kanzlei, die unter anderem an der Entwicklung eines charakteristischen Kanzleistils abzulesen ist6 ‒ dieser Prozess beginnt im ausgehenden 12. Jahrhundert und nimmt gerade während Innocenz’ Pontifikat besonders an Fahrt auf 7; zum anderen die Gefahr der Zirkularität aller Schlüsse, die aufgrund der Identifikation von besonderem Bildungsgut (umfangreiche Bibelzitate, Zitate aus antiken Dichtern, aus Kirchenvätern oder aus zeitgenössischen theologischen Autoren) in den Briefen einen besonders gebildetenVerfasser, näherhin den Papst selbst, der als Besucher der Schulen von Paris und Bologna bekannt ist8, feststellen wollen. Da seit der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts die päpstliche Kurie immer mehr zu einem Sammelplatz für im damaligen Sinne „modern“ Gebildete geworden war9, kann besondere Bildung gerade kein päpstliches Alleinstellungsmerkmal mehr darstellen; als Hinweis auf eine päpstliche Verfasserschaft sind solche Bildungselemente allenfalls dann noch geeignet, wenn auch andere Indizien darauf hinweisen. Insbesondere kranken schließlich alle Versuche der Feststellung 4   Auch wäre generell die Frage zu stellen, inwieweit die in den Registern enthaltenen Briefe als repräsentativ für die Gesamtproduktion der Kanzlei gelten können ‒ immerhin rechnen Schätzungen für das frühe 13. Jahrhundert mit einer Registrierung von nur etwa 18 % der Gesamtproduktion. Das Problem, nach welchen Kriterien eine Registrierung stattfand oder unterblieb, ist bereits oft behandelt worden und wird hier nicht neuerlich aufgegriffen. Vgl. Hageneder, Register (wie Anm. 2) 92. 5  Z. B. Christopher R. Cheney, The Letters of Pope Innocent III, in: ders., Medieval Texts and Studies (Oxford 1973) 16‒38 (zuerst in Bulletin of the John Rylands Library 35 [1952] 23‒43); Wilhelm Imkamp, Das Kirchenbild Innocenz’ III. (1198‒1216) (Päpste und Papsttum 22, Stuttgart 1983) 84‒90. 6  Vgl. Tanja Broser, Der päpstliche Briefstil im 13. Jahrhundert. Ein neuer methodischer Ansatz, in: Kuriale Briefkultur im späteren Mittelalter. Gestaltung ‒ Überlieferung ‒ Rezeption, hg. von Tanja Broser‒ Andreas Fischer‒Matthias Thumser (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 37, Köln‒Weimar‒Wien 2015) 129‒150. 7  Allerdings ist hier der Vorbehalt zu äußern, dass sich mit dem Einsetzen der weitgehend ununterbrochenen Registerüberlieferung ab 1198 die Überlieferungssituation und damit die Grundlage für Untersuchungen zu Diktat und Stil tiefgreifend geändert hat. So notwendig Vergleiche zwischen Texten vor 1198 und nach 1198 für ein adäquates Verständnis der Entwicklung des päpstlichen Briefstils sind, so schwierig ist es, eine für die Zeit vor und nach 1198 jeweils vergleichbare Datenbasis herzustellen. Vgl. auch unten Anm. 111. 8  Vgl. Gesta Innocentii c. 1‒2, ed. Gress-Wright (wie Anm. 3) 1; PL 214 XVIIAB. Jüngere ausführlichere Untersuchungen der Frage von Innocenz’ Bildung: Christoph Egger, Papst Innocenz III., De missarum mysteriis. Studien und Vorarbeiten zu einer kritischen Edition. Mit besonderer Berücksichtigung der schriftstellerischen Persönlichkeit des Papstes (masch. phil. Diss. Wien 1996) 55‒85; Olivier Hanne, De Lothaire à Innocent III. L’ascension d’un clerc au XIIe siècle (Le temps de l’histoire, Aix-en-Provence 2014). Auf die Streitfrage, ob Innocenz Recht studiert hat oder nicht, ist hier nicht einzugehen. Es sei nur auf die sorgsam abwägenden Überlegungen in Atria A. Larson, Master of Penance. Gratian and the Development of Penitential Thought and Law in the Twelfth Century (Studies in Medieval and Early Modern Canon Law 11, Washington 2014) 455‒486, hingewiesen, die auch durch die nachdrückliche Wiederholung von Bekanntem in Constance M. Rousseau, Innocent III: A Lawyer-Pope and His Consensual „Policy“ of Marriage? A Reconsideration. ZRG 138 kan 107 (2021) 172‒218, nicht widerlegt werden. 9  Weiterhin unübertroffen: Peter Classen, Rom und Paris: Kurie und Universität im 12. und 13. Jahrhundert, in: ders., Studium und Gesellschaft im Mittelalter, hg. von Johannes Fried (MGH Schriften 29, Stuttgart 1983) 127‒169.



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eines päpstlichen Eigendiktates daran, dass es keine gesicherte Vergleichsgrundlage gibt ‒ bisher ist kein Brief der Pontifikatszeit explizit als von Innocenz verfasst erwiesen; und zwei Briefe aus der Zeit vor dem Pontifikat helfen nicht wirklich weiter. Der eine, an Kaiser Heinrich VI. gerichtet, ist kurz und bietet wenig Anknüpfungspunkte für weiterführende Untersuchungen10; der andere, dessen Zuweisung an Lothar von Segni/Innocenz III. zwar plausibel, aber bisher nicht mit letzter Sicherheit erwiesen ist, ist aufgrund seiner liturgisch-theologischen Ausrichtung für einen Vergleich mit den Briefen der Pontifikatszeit schlecht geeignet11. Aus diesem Grund ist auch die Tatsache, dass mit Innocenz III. zum ersten Mal seit Gregor I. wieder ein durch ein umfangreiches theologisches Werk12 ausgewiesener Autor den Stuhl Petri bestiegen hat, nur wenig hilfreich für die Feststellung der Autorschaft an den unter seinem Namen expedierten Briefen: Theologische Texte folgen anderen literarischen und stilistischen Konventionen als die Erzeugnisse der apostolischen Kanzlei; die schmale Schnittmenge zwischen den beiden Gattungen erlaubt kaum weiterführende Schlüsse, sondern wirft eher neue methodische Probleme auf 13. Im Folgenden sollen anhand einiger Beispiele die Verwendung der ersten Person Singular, das Vorkommen von Zitaten aus Innocenz’ theologischen Schriften in den Briefen, die Verwendung von Zitaten insbesondere aus dem Bereich der Theologie und Liturgie und die Entstehung von formelhaften Textbausteinen vorgeführt werden ‒ möglicherweise wird daraus deutlich werden, dass das eigentliche Problem nicht so sehr die Antwort auf die Frage, sondern die Frage selbst ist.

I. Im 12. und 13. Jahrhundert gibt es immer wieder Anhaltspunkte für einen persönlichen Anteil des Papstes an der Abfassung der Briefe14. Eigenhändige Schreiben, wie sie etwa aus den Pontifikaten Eugens III. und Clemens’ IV. bekannt sind, sind aus der Zeit Innocenz’ III. bisher nicht belegt, doch gibt es immerhin einige Briefen, in denen der Papst in der ersten Person Singular spricht, was ‒ jedenfalls auf den ersten Blick ‒ seine unmittelbare Verfasserschaft suggeriert. Es handelt sich in grob chronologischer Reihenfolge um folgende Briefe: Theologische Anfragebeantwortung an Erzbischof Petrus von Santiago de Compostela (Dezember 1200) Apostolice servitutis officium15 10   Erstmals hingewiesen hat auf diesen Brief Paul Fridolin Kehr, Die Urkunden Arnolfs (MGH DD regum Germaniae ex stirpe Karolinorum 3, Berlin 1940) 38, Vorbemerkung zu D. 26, ohne eine weitere Untersuchung durchzuführen. Gedruckt und kommentiert in Werner Maleczek, Ein Brief des Kardinals Lothar von SS. Sergius und Bacchus (Innocenz III.) an Kaiser Heinrich VI. DA 38 (1982) 564‒576, Text 575f. 11 Christoph Egger, Ein unbekannter Brief Lothars von Segni/Papst Innocenz III.? RHM 49 (2007) 71‒87, Text 85‒87. 12  Vgl. die Aufzählung der Werke im oben Anm. 3 zitierten Abschnitt der Gesta Innocentii und Egger, Schriftstellerische Persönlichkeit (wie Anm. 8). 13  Vgl. unten S. 66. 14 Patrick Zutshi, The personal role of the pope in the production of papal letters in the thirteenth and fourteenth centuries, in: Vom Nutzen des Schreibens. Soziales Gedächtnis, Herrschaft und Besitz im Mittelalter, hg. von Walther Pohl‒Paul Herold (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters = ÖAW, phil.-hist. Kl., Denkschriften 306, Wien 2002) 225‒236, Ndr. in: ders., The Avignon Popes and their Chancery. Collected Essays (mediEVI 30, Firenze 2021) 207–224. 15  Reg. Inn. Bd. III Nr. 216, Potthast 1199, Dezember 1200. Am bequemsten zugänglich in der Dekretalensammlung des Rainer von Pomposa, Tit. 1 un. (PL 216 1175A‒1179B).

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Begleitschreiben zur Übersendung der Predigtsammlung Innocenz’ III. an Abt Arnald von Cîteaux (undatiert) Prophetica docet auctoritas16 Brief an die Bischöfe, Äbte und Kleriker im Kreuzfahrerheer in Konstantinopel (13. November 1204) Legimus in Daniele17 Brief an die Bischöfe, Äbte und Kleriker im Kreuzfahrerheer in Konstantinopel (21. Jänner 1205) Evangelica docente scriptura18 Feierliches Privileg für das Kapitel von St. Peter in Rom (15. Oktober 1205) Domino sancto meritoque beato19 Eine genauere Analyse macht allerdings fraglich, ob die Verwendung der ersten Person Singular in jedem Fall notwendig auf einen direkt sprechenden Papst verweist, oder ob es sich nicht auch ‒ letztlich unentscheidbar ‒ um eine stilistische Konvention handeln kann. Es ist in diesem Zusammenhang auf eine Diktattradition in den Texten päpstlicher Wahlanzeigen zu verweisen, die bis auf Papst Gregor I. zurückgeführt werden kann. Gregor wechselt in zwei Briefen20, die kurz nach seiner Papstwahl geschrieben worden sind und über diese berichten, zwischen erster Person Singular und Plural. Die Wahlanzeigen Alexanders II., Gregors VII., Urbans II., Innocenz’ II., Cölestins II., Eugens III. und Gregors VIII. hängen zum Teil wörtlich von diesen beiden Gregorbriefen ab; auch in ihnen findet sich der Numeruswechsel. Da die Frage an anderer Stelle ausführlicher behandelt worden ist21, soll hier ein Beispiel genügen. Im Februar 591 teilt Gregor I. seine Wahl dem Erzbischof Anastasius von Korinth mit und klagt dabei über seine Schwäche, die ihn für den apostolischen Stuhl nicht geeignet erscheinen lasse, weswegen er die Übernahme der Last lieber verweigert hätte. Doch da den göttlichen Ratschlüssen nicht zuwiderzuhandeln sei, habe er gehorsam befolgt, was Gott ihm auferlegt hat. Bemerkenswert ist an diesem Text der Wechsel von erster Person Singular für die Mitteilung persönlicher Befindlichkeiten und Demutsäußerungen zur ersten Person Plural für darauf folgende formell-offizielle Mitteilungen: … Ego autem considerans infirmitatem meam ad apostolicae sedis culmen minime posse pertingere, onus hoc malui declinare, ne in pastorali regimine imparis administrationis actione succumberem. Sed quia contraire non est Domini disponentis arbitrio, oboedienter secutus sum quod misericors de me regentis manus uoluerit operari. Nam fraternitati uestrae, etsi praesens non eueniret occasio, necessarium fuerat indicandum quod, licet indignum, me apostolicae Dominus sedi praeesse dignatus est. Cum ergo fieri hoc et causa posceret et directi a nobis   PL 217 309‒312.   Reg. Inn. Bd. VII Nr. 154 S. 264‒270, hier 265 Z. 40 ein Vorkommen der ersten Person Singular ‒ dazu unten S. 64 Anm. 69. 18   Reg. Inn. Bd. VII Nr. 203 S. 354‒359. 19  Collectio bullarum sacrosanctae basilicae Vaticanae 1 (Rom 1747) 83‒86; Jochen Johrendt, Ein bisher unbekannter Kardinal in einem neu entdeckten feierlichen Privileg Innocenz’ III.? Gregorius/Rogerius ti­ tuli sancte Anastasie presbiter cardinalis. RHM 48 (2006) 157‒170, Edition 165‒170. Die Urkunde ist nur in Transumpten erhalten und nicht im Register überliefert. Ob es sich wirklich um zwei eigenständige Privilegien handelt, wie Johrendt annimmt, bleibt noch zu untersuchen. Auf das doch bemerkenswerte Vorkommen der ersten Person Singular wird in dem Artikel nicht eingegangen. 20   Gregor I., Registrum epistularum I, 25 und 26, ed. Dag Norberg (CCSL 140, Turnhout 1982) 33‒35. 21  Vgl. Christoph Egger, Päpstliche Wahldekrete und Wahlanzeigen – Formen mittelalterlicher Propaganda?, in: Propaganda, Kommunikation und Öffentlichkeit im Spätmittelalter, hg. von Karel Hruza (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 6 = ÖAW, phil.-hist. Klasse, Denkschriften 307, Wien 2002) 89‒125, hier 113‒116. 16 17



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praesentium latoris, id est Bonifatii defensoris, euenisset occasio, curauimus non solum scriptis fraternitati uestrae caritatis uota persoluere sed etiam de ordinatione nostra, quod desiderabile fuisse uobis credimus, indicare …22. Im 12. Jahrhundert findet sich diese Formulierung weitgehend wörtlich in der Wahlanzeige Cölestins II. an Abt und Konvent von Cluny wieder, auch hier ist der Wechsel zwischen Singular und Plural zu beobachten: ... Cardinales presbyteri et diaconi, una cum fratribus nostris episcopis et subdiaconis, clero ac populo Romano acclamante partim et expetente, tertia die in ipsa ecclesia unanimi voto et pari consensu me indignum et prorsus tanti officii imparem, nescio quo Dei iudicio, in Romanum pontificem concorditer elegerunt. Ego autem considerans infirmitatem meam ad ­apostolicae sedis culmen non posse pertingere, onus hoc malui declinare, ne in pastorali regimine imparis administrationis actione succumberem. Sed quia contraire non est Domini disponentis arbitrio, obedienter secutus sum quod misericors de me regentis manus voluerit operari23. Die Übernahme von Textstücken aus Briefen von Vorgängern auch in Teilen, die durch die Verwendung der Einzahl vordergründig unmittelbar eigene Rede des Verfassers suggerieren, gibt somit zu denken und ist ein weiterer Hinweis, dass solche Stellen eingehender weiterer Interpretation bedürfen, bevor sich sichere Aussagen über die Autorschaft aus ihnen ableiten lassen24. Diese Überlegung lässt sich auch auf die Arenga des feierlichen Privilegs für St. Peter in Rom aus dem Jahr 1205 übertragen, die in der Form eines Gebetes zum heiligen Petrus gehalten ist: Domino sancto meritoque beato celestis regni clavigero et apostolorum principi Petro In­ nocentius indignus episcopus, servus servorum Dei, reverentie votum cum devotione perempni. Cum diligenter attendo, quid ego tibi, sanctissime Petre, valeam retribuere pro omnibus, que tu mihi tribuere voluisti, nichil prorsus invenio preter solum devotionis affectum, quia tua sunt universa quecumque videor obtinere sive plenitudo spiritualium sive temporalium amplitudo. Per te namque michi divinitus est concessa non tam terreni quam celestis regni potestas, summi pontificatus auctoritas et dignitas apostolici principatus, per te mihi gerendi claves, confir­ mandi fratres et pascendi oves est sollicitudo commissa. Domino tibi ante passionem dicente: Tu es Petrus et super hanc petram edificabo ecclesiam meam et tibi dabo claves regni celorum et quodcumque ligaveris super terram, erit ligatum et in celis, et quodcumque solveris, erit solu­ tum et in celis [Mt 16, 18f.]. Circa passionem vero suam: satanas expetivit vos, ut cribraret si­ cut triticum, sed ego pro te rogavi, ut non deficiat fides tua et tu aliquando conversus confirma fratres tuos [Lc 22, 31f.]. Post passionem autem: Symon Johannis diligis me plus hiis? Cui cum tertio requirenti tertio respondisses: Domine, tu scis quia amo te, tertio quoque tibi precipit: pasce oves meas [Io 21, 16f.]. Ut et ego tui successor effectus pascam verbo exemplo et sacra­ mento prelatos, continentes et coniugatos. Ne igitur tante gratie videar esse prorsus ingratus, quod tibi conferre non possum in ipsa tibi basilica ministrantibus censui conferendum, ut sic aliquatinus patrem in filiis vel dominum potius honorem in servis, cum ad hoc non solum ex   Gregor I., Registrum epistularum I, 26, ed. Norberg 34f., bes. 34 Z. 6‒18.   6. November 1143, JL 8435, PL 179 766f. 24  Interessant ist die von Carl Erdmann mitgeteilte Beobachtung, dass Personen aus dem Umkreis der päpstlichen Kanzlei des späteren 13. Jahrhunderts ob des Numeruswechsels in der Wahlanzeige Papst Gregors VIII. so irritiert waren, dass sie in der zweiten Redaktion der Briefsammlung des Pseudo-Marinus von Eboli zu durchgängig Mehrzahl korrigierten und dazu weitgehende Eingriffe in den Text in Kauf nahmen: Carl Erdmann, Zur Entstehung der Formelsammlung des Marinus von Eboli. QFIAB 21 (1929‒1930) 176‒208, hier 189 mit Anm. 1. 22 23

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pastorali debito, verumetiam ex familiari consortio tenear obligatus, quoniam preter id, quod in apostolatus officio tibi licet indignus ex divina tamen dignatione successi, primum in hac sacrosancta basilica ecclesiasticum beneficium sum ademptus et de ipsius gremio ad Romanam ecclesiam in dyaconatus ordinem evocatus. ...25. Der Papst spricht im Apostel Petrus, dem Patron der im feierlichen Privileg bedachten Kirche, den ersten der Apostel und Stellvertreter Christi auf Erden an, dessen Nachfolger und Stellvertreter er, Innocenz, selbst ist. Die Gebetsform lässt es angemessen erscheinen, dass der Papst nicht im Majestätsplural spricht ‒ aber auch hier ist es nicht auszuschließen, dass die Textierung einer stilistischen Konvention folgt, die sich auch schon in einer Schenkung Papst Leos IX. an St. Peter findet. Auch hier ist die Arenga in der Form eines Gebetes zum Apostel Petrus gehalten, wobei unterschieden ist zwischen der betenden Redeweise in der 1. Person Singular und der dispositiv-rechtsetzenden Rede in der ersten Person Plural im Rest des Privilegs26. Der Wechsel zum Plural im dispositiven Teil der Urkunde ist auch in Innocenz’ Privileg zu beobachten. Bemerkenswert ist allerdings, dass ein in analoger Weise aufgebautes feierliches Privileg Innocenz’ III. für St. Paul vor den Mauern sowohl in der gebetsartigen Arenga als auch im dispositiven Teil in der ersten Person Plural verfasst ist, also zwischen dem dem Papst näher stehenden Petrus und seinem „coapostolus“ Paulus auch in der sprachlichen Form unterschieden wird27. Eine analoge „Gesprächssituation“ ist möglicherweise im am 21. Jänner 1205 an die Bischöfe und Kleriker im Kreuzfahrerheer in Konstantinopel gesandten Brief festzustellen28. Hier erläutert der Papst, eingebettet in eine Auslegung der Evangelienperikope vom wundersamen Fischzug (Lc 5, 1‒11), die Bedeutung der Rückkehr der Griechen zur lateinischen Kirche in heilsgeschichtlich-eschatologischer Perspektive. Die tiefe Erschütterung angesichts der durch die Eroberung Konstantinopels ausgelösten heilsgeschichtlichen Wende ist wieder durch einen Wechsel vom Plural in den Singular ausgedrückt: Evangelica docente Scriptura didicimus, quod ascendens Iesus in unam navem, que erat Symonis, rogavit eam reducere a terra pusillum et sedens docebat de navicula turbas. … Ut­ rum autem diebus istis navis sit in altum adducta, malo tacere, ne me ipsum videar commen­ dare, sed hoc unum audacter affirmo, quia laxavi retia in capturam. … Certe nox adversitatis nimium impedivit, ut, licet predecessores mei plurimum laborarint, ipsi tamen pene penitus nichil ceperint, sed ubi ego in verbo Dei laxavi rete, conclusimus ego et fratres mei piscium multitudinem copiosam, sive in Liuonia convertendo paganos per predicatores illuc directos ad fidem, sive in Bulgaria et Blachia reducendo divisos ad unitatem, seu etiam in Armenia requirendo diutius derelictos per legatos ad hos populos destinatos. … Et ego videns, quod iam   Collectio Bullarum (wie Anm. 19) 83‒86; ed. Johrendt, Kardinal (wie Anm. 19) 166f.  Luigi Schiaparelli, Le carte antiche dell’archivio capitolare di S. Pietro in Vaticano I. ASRSP 24 (1901) 393‒496, hier 480‒482 Nr. 19; Italia Pontificia 1, hg. von Paul Fridolin Kehr (Berlin 1906) 140 Nr. 22; JL 4309. 27   Reg. Inn. Bd. VI Nr. 88 S. 138‒145, bes. 139 Z. 4‒14, 13. Juni 1203. 28   Eingehendere Analyse in Christoph Egger, Joachim von Fiore, Rainer von Ponza und die römische Kurie, in: Gioacchino da Fiore tra Bernardo di Clairvaux e Innocenzo III. Atti del 5o Congresso internazionale di studi gioachimiti, S. Giovanni in Fiore, 16‒21 settembre 1999, hg. von Roberto Rusconi (Opere di Gioa­ cchino da Fiore: testi e strumenti 13, Roma 2001) 129‒162. Wichtige Ergänzungen und Korrekturen finden sich in William O. Duba, The Status of the Patriarch of Constantinople after the Fourth Crusade, in: Diplomatics in the Eastern Mediterranean 1000‒1500. Aspects of Cross-Cultural Communication, hg. von Alexander D. Beihammer‒Maria G. Parani‒Christopher D. Schabel (The Medieval Mediterranean 74, Leiden‒Boston 2008) 63‒91. 25

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incipiunt ista compleri, procidere debeo per humilitatem et devotionem ad genua Salvatoris, ut pro tanta gratia gratiarum ei referam acciones. Dicere quoque possum, quod cum sim homo peccator, indignus sum frui eius presentia tam preclara. Magno quippe stupore circumdor cum omnibus, qui sunt mecum pro tanti miraculi novitate, quod diebus istis evenit. Sed ne forte pre nimio stupore confundar, notare debeo diligenter, quod Iesus inquit ad Symonem: Noli timere, quoniam ex hoc iam homines eris capiens …29. Auch hier ist die Redesituation eher einem Gebet vergleichbar, in dem die tiefe Demut des Sprechers angesichts des überwältigenden göttlichen Handelns ausgedrückt wird. Der Wechsel weg vom Majestätsplural zum Singular liegt daher auf der Hand und entspricht damit der soeben festgestellten stilistischen Konvention. Dafür, dass dieser Brief ebenso wie der eng damit zusammenhängende Brief VII 154 vom 13. November 120430 tatsächlich wesentlich von Innocenz selbst verfasst ist, spricht eher eine andere Überlegung. Die beiden genannten Briefe unterscheiden sich formal stark von den meisten anderen Briefen des Registers, sie scheinen über weite Strecken eher Predigten zu entsprechen, die erst sekundär in Briefform gebracht worden sind. Innocenz ist selbst bei vielen Gelegenheiten als Prediger hervorgetreten, wie die in zahlreichen Handschriften überlieferte Sammlung seiner Predigten zeigt31. Die wesentliche Bedeutung der Predigt für die Seelsorge auch des Papstes als Bischof von Rom und als Medium der Kommunikation mit seinen Diözesanen kommt verschiedentlich zum Ausdruck ‒ etwa 1208, als Innocenz im Rahmen der Einrichtung der Veronicaprozession zum Wohle des Spitals von S. Spirito in Sassia ausdrücklich einen jährlich vom Papst bei dieser Gelegenheit zu haltenden sermo exhortatorius vorsieht32. Die 1212 in Zusammenhang mit dem bevorstehenden Kampf gegen die spanischen Mauren auf dem Campus Lateranensis in Rom zusammengeführte supplicatio generalis beinhaltet ebenfalls einen sermo exhortatorius des Papstes 33. Nach dem Sieg bei Las Navas teilt schließlich Innocenz dem König Alfons VIII. von Kastilien mit, dass er das königliche Schreiben, das dem Papst die Siegesnachricht übermittelte34, in einer eigens zusammengerufenen Versammlung des römischen Volkes vorgelesen und in einer Predigt die Bedeutung des Ereignisses erläutert hätte: Convocantes ergo Vrbis clerum et populum universum ei, qui facit mirabilia magna solus, etsi non quantas debuimus, quan­ tas tamen potuimus, una cum illis graciarum exolvimus actiones, ipsas tue celsitudinis litteras   Reg. Inn. Bd. VII Nr. 203 S. 354‒359, 21. Jänner 1205, hier 354–356.   Reg. Inn. Bd. VII Nr. 154 S. 264‒270, 13. November 1204. 31   PL 217 309‒688. Vgl. John C. Moore, The Sermons of Pope Innocent III. RHM 36 (1994) 81‒142; Egger, Schriftstellerische Persönlichkeit (wie Anm. 8) 125‒136; Ingo Klitzsch, „Date eleemosynam ...“. Facetten der Theologie der Almosen Innocenz’ III. Zugleich ein Beitrag zur Frage nach der Gattung, dem historischen Ort und der Textgestaltung des sogenannten Libellus de Eleemosyna. Zeitschrift für Kirchengeschichte 124 (2013) 212‒270. 32  Reg. Inn. X Nr. 179 vom 3. Jänner 1208, S. 297‒299, bes. 299 Z. 9‒12: Quia vero non in solo pane vivit homo, sed in omni verbo, quod procedit ex ore Dei, debet huic stationi Romanus pontifex cum suis cardinalibus interesse, ut missarum sollempnia ibi celebret et exhortatorium faciat de hac celebritate sermonem. Die von Innocenz bei dieser Gelegenheit gehaltene Predigt ist in der Predigtsammlung überliefert: Sermo VIII de tempore (PL 217 345C‒350D). Vgl. Christoph Egger, Papst Innocenz III. und die Veronica. Geschichte, Theologie, Liturgie und Seelsorge, in: The Holy Face and the Paradox of Representation. Papers from a Colloquium held at the Bibliotheca Hertziana, Rome and the Villa Spelman, Florence, 1996, hg. von Herbert L. Kessler‒Gerhard Wolf (Villa Spelman Colloquia 6, Bologna 1998) 181‒203. 33  Reg. Inn. Bd. XV Nr. 182 S. 274‒277, hier 276 Z. 8–10: processionaliter [mit der Kreuzreliquie aus der Palastkapelle Sancta Sanctorum] veniat [der Papst] ante palatium episcopi Albanensis et sedens in scalis exhortato­ rium faciat sermonem ad populum universum. 34  Reg. Inn. Bd. XV Nr. 183 (182) S. 277‒283. 29 30

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legi coram universa multitudine facientes et ore proprio exponentes easdem, in quo post di­ vine virtutis magnalia quantum magnificencie tue preconia extulerimus, ab aliis potius quam a nobis regali excellentie volumus intimari35. Päpstliche Predigten vor dem versammelten römischen Volk anlässlich von als bedeutend angesehenen Ereignissen waren also offenbar die Regel, wobei die Form der Abhaltung wohl wesentlich von der stadtrömischen Stationsliturgie beeinflusst war36. Dass die Eroberung von Konstantinopel von Innocenz zumindest zunächst als ein hochbedeutendes Ereignis von geradezu endzeitlicher Qualität eingeschätzt wurde, ist aus den Texten der Briefe VII 154 und 203 sehr deutlich; dass diese Briefe eine mündlich-predigthafte Erläuterung des Ereignisses durch den Papst widerspiegeln, daher durchaus plausibel. Es bleiben noch die beiden Vorkommen der ersten Person Singular im Brief A ­ postolice servitutis officium und im Begleitschreiben zur Predigtsammlung zu untersuchen. Der erstgenannte Brief ist eine umfangreiche Anfragebeantwortung an den Erzbischof Petrus von Santiago de Compostela, in der auf sehr hohem theologischen Niveau Fragen der Gotteslehre und Christologie behandelt werden. Der Verfasser wird vom spekulativen Eifer gleichsam fortgerissen ‒ so sehr, dass er unvermittelt eine Reminiszenz aus seiner Studienzeit äußert und sich dabei der ersten Person Singular bedient: Ego vero solebam concedere quando scholasticis studiis incumbebam ...37. Vor und nach diesem Einwurf findet konsequent die erste Person Plural Verwendung. Es liegt also nahe, diese Stelle wirklich als Hinweis auf eine persönliche Verfasserschaft Innocenz’ an diesem Brief zu interpretieren38. Ein abschließendes Urteil bedarf allerdings einer eingehenden Analyse des gesamten Textes, die dadurch erschwert ist, dass die Art der theologischen Problembehandlung in ihrem hohen technischen Abstraktionsgrad ebenso wie die überraschende und beachtliche Wendung zu einer negativen Theologie im Schlussteil des Briefes in den theologischen Schriften des Papstes kaum Vergleichbares findet39. Das Begleitschreiben zur Übersendung der Predigtsammlung an Abt Arnald von Cîteaux ist nur aus Handschriften der Predigtsammlung bekannt. Auch wenn die Datierung fehlt, entspricht es sonst formal einer päpstlichen Littera40. Es enthält eine umfassende Darlegung der pastoralen Bedeutung der Predigt sowie der wünschenswerten Eigenschaf35   Reg. Inn. Bd. XV Nr. 185 (183) vom 26. Oktober 1212, S. 283‒285, hier 284 Z. 23‒28. Vermutlich wurde in diesem Kontext auch das in Reg. Inn. Bd. XV Nr. 184 S. 283 Z. 14‒20 eingetragene Gebet gesprochen. 36   Vgl. die Formulierung in der Beschreibung der Gründonnerstagliturgie im Pontificale Romanum des 13. Jahrhunderts: Antequam dominus papa exeat de camera, dicit tertiam et sextam. Hora vero sexta, exit dominus papa de palatio, cum cardinalibus et episcopis et cum toto apparatu curie, veniens ad palatium maius, ubi solet esse hospitium episcopi Albanensis, stans ibi in loco eminentiori, sermocinatur ad populum ut moris est. Michel Andrieu, Le pontifical romain au moyen age 2: Pontificale Romanae Curiae s. XIII (StT 87, Città del Vaticano 1940) 456 Z. 1‒6 (XLII, 4). 37   PL 216 1175A‒1179B, hier Sp. 1175D. 38  So schon Imkamp, Kirchenbild (wie Anm. 5) 87 Anm. 623, allerdings eigenartiger Weise ohne Bezug auf die ebd. 88 als Kriterium für eine Textzuweisung an Innocenz genannte Verwendung der ersten Person Singular, was in diesem Fall sein Argument gestützt hätte. 39   Eine eingehende Untersuchung dieses sehr interessanten, aber auch sehr schwierigen Textes wird an anderer Stelle erfolgen. 40   Das Schreiben ist daher zu Unrecht in Potthast, Regesta Pontificum Romanorum, nicht berücksichtigt.



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ten des guten Predigers. Vor diesem Hintergrund wendet sich der Papst seiner eigenen Situation und seinem Tun zu, um schließlich mit einer Bitte um Gebet zu schließen: Utinam autem in praedicationis officio fecerim ipse quod dico, sed tot sum causarum impe­ ditus incursibus, tot negotiorum nexibus irretitus, ut necesse sit divisum ad singula minorem in singulis inveniri. Contemplari quidem non sinor, sed nec respirare permittor; sic traditus aliis, ut pene penitus mihi videar esse subtractus. Ne vero pro sollicitudine temporalium, quae tempo­ ris exigente malitia valde me gravat, curam spiritualium omnino negligerem, quae mihi propter apostolicae servitutis officium magis incumbit, quosdam sermones ad clerum et populum nunc litterali, nunc vulgari lingua proposui et dictavi, quos ad tuae petitionis instantiam, quam per communem filium, fratrem Nicolaum, capellanum meum et monachum tuum, mihi fecisti, devotioni tuae studui destinare, rogans et obsecrans in Christo Jesu, quatenus in orationibus tuis apud justissimum judicem et piissimum Patrem me reddas spiritualiter commendatum41. Der Text verwendet durchgehend die erste Person Singular, was mit dem sehr persönlichen Gehalt in Einklang steht. Mit der Klage über die durch die Belastung durch die politisch-administrativen Pflichten des Papstamtes vernachlässigte Sorge um das geistliche Wohlergehen anderer und seiner selbst ist ein Thema angesprochen, das sich häufiger bei Innocenz findet. Für die Beschreibung seines Befindens ‒ sed tot sum causarum impeditus incursibus, tot negotiorum nexibus irretitus, ut necesse sit divisum ad singula minorem in sin­ gulis inveniri ‒ wird auf Formulierungen zurückgegriffen, die ihr Vorbild in den Schriften Papst Gregors I. haben42, auch in anderen Schriften Innocenz’ anklingen43 und zuletzt im Prolog des kurz vor seinem Tod verfassten Bußpsalmenkommentars ihre größte Intensität finden: Ne inter occupationes multiplices et sollicitudines vehementes, quas non solum ex cura regiminis, verum etiam ex malitia temporis patior ultra vires quasi totus absorbear a profundo: libenter aliquas horulas mihi furor, quibus ad revocandum et reducendum spiritum ad seip­ sum, ne a seipso dividatur et alienetur omnino, et in lege Domini aliquid meditetur, quod ad hoc ipso proficiat inspirante, cujus spiritus ubi vult spirat, ne semper sic sim traditus aliis, ut numquam restituar ipse mihi. ...44. Die hier angesprochene Sorge, durch die intensive Beschäftigung mit weltlichen Angelegenheiten in einen Zustand spiritueller Selbstentfremdung zu geraten, klingt auch im Begleitschreiben zur Sermonessammlung an (sic traditus aliis, ut pene penitus mihi videar esse subtractus), sie ist ein wesentliches Element der Spiritualität Innocenz’ III.45, was in Verbindung mit der Verwendung der ersten Person Singular für einen erheblichen Eigenanteil des Papstes an der Abfassung des Begleitbriefes zur Predigtsammlung sprechen dürfte. Ein   PL 217 311f.   Cumque animus diuiditur ad multa, fit minor ad singula, tantoque ei in una qualibet re subripitur, quanto latius in multis occupatur. Gregor I., Dialogi I, 4, 19, ed. Adalbert de Vogüé‒Paul Antin (Sources chrétiennes 251, 260, 265, Paris 1978‒1980) 2 56 Z. 231‒233. Ausführlicher ist dieses Thema behandelt in Christoph Egger, The Growling of the Lion and the Humming of the Fly. Gregory the Great and Innocent III, in: Pope, Church and City: Essays in Honour of Brenda M. Bolton, hg. von Frances E. Andrews‒Christoph Egger‒ Constance M. Rousseau (The Medieval Mediterranean 56, Leiden‒Boston 2004) 13‒46, hier 27‒32. 43  Innocenz III., De missarum mysteriis, Libelli conclusio (PL 217 914CD): ... Praesertim cum ex officio, tot causarum sim impeditus incursibus, tot negotiorum nexibus irretitus, ut infra breve temporis spatium, nec ad meditandum otium nec ad dictandum quiverim nancisci quietem. Et quidem minor in singulis, divisus ad singula vix potui meditata dictare, nedum meditando concipere. 44  Innocenz III., Commentarium in VII psalmos poenitentiales, Prolog (PL 217 967f.). Zum Bußpsalmenkommentar Egger, Schriftstellerische Persönlichkeit (wie Anm. 8) 140‒148. 45  Vgl. auch Christoph Egger, Dignitas und Miseria. Überlegungen zu Menschenbild und Selbstverständnis Papst Innocenz’ III. MIÖG 105 (1997) 330‒345. 41 42

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Vorkommen der ersten Person Singular ohne zusätzliche Anhaltspunkte wird man hingegen nicht als sicheren Hinweis auf persönliche päpstliche Verfasserschaft werten können.

II. Als weiteres Argument für eine Verfasserschaft Innocenz an bestimmten Briefen werden Textparallelen zwischen den theologischen Schriften des Papstes und den Briefen genannt46, allerdings auch darauf hingewiesen, dass diese nicht zwingend das Werk des Papstes selbst sein müssten, sondern auch von Untergebenen eingefügt worden sein können47. Umfangreichere Textparallelen zwischen einem Brief und einer theologischen Schrift findet sich etwa in der Beantwortung einer Anfrage des resignierten Erzbischofs von Lyon Jean de Bellesmains (29. November 1202)48. Der Brief behandelt unter anderem ausführlich Spezialprobleme der Sakramentenlehre und hier besonders der Eucharistie und berührt damit Themen, die Innocenz noch in der Kardinalszeit eingehend im vierten Buch seines Messkommentars De missarum mysteriis49 beschäftigt hatten. Interessant ist vor allem eine dieser Textparallelen, weil sie im Register eine von einer anderen als der Texthand als Marginalie eingefügte Ergänzung enthält50. Da die Ergänzung in der auf etwa 1206 zu datierenden Dekretalensammlung des Alanus Anglicus bereits enthalten ist, muss die Eintragung im Register vorher erfolgt sein. In der Parallelstelle in De missarum mysteriis fehlt der Nachtrag hingegen51, was als Hinweis gewertet werden kann, dass der Text der Messauslegung die Quelle für den Text des Briefes ist. Auch ein wörtliches Zitat aus Hugo von St. Victor, De sacramentis christiane fidei52, das in De missarum mysteriis53 enger dem Hugo-Text folgt als im Schreiben Cum Marthe circa54, dürfte die Annahme   Imkamp, Kirchenbild (wie Anm. 5) 87 mit Anm. 622.   Ebd. 86. 48  Cum Marthe circa, Reg. Inn. Bd. V Nr. 120 (121) S. 234‒239. Vgl. Christoph Egger, Papst Innocenz III. als Theologe. Beiträge zur Kenntnis seines Denkens im Rahmen der Frühscholastik. AHP 30 (1992) 55‒123, hier 114‒117 zu den Textparallelen. Zum Problem des Flegma aus Christi Seitenwunde siehe die wichtigen Ergänzungen von Charles de Miramon, Innocent III, Huguccio de Ferrare et Hubert de Pirovano. Droit canonique, théologie et philosophie à Bologne dans les années 1180, in: Medieval Church Law and the Origins of the Western Legal Tradition. A Tribute to Kenneth Pennington, hg. von Wolfgang P. Müller‒Mary E. Sommar (Washington 2006) 320‒346, hier 321‒330. 49   PL 217 773‒916. Vgl. Egger, Schriftstellerische Persönlichkeit (wie Anm. 8) passim. Der in der Patrologia latina gegebene Titel De sacro altaris mysterio ist in der (sehr umfangreichen) handschriftlichen Überlieferung des Werkes nicht belegt; der Titel De missarum mysteriis hingegen schon, er findet sich auch im Verzeichnis der Werke in den Gesta Innocentii c. 2, ed. Gress-Wright (wie Anm. 3) 1 Z. 20f., PL 214 XVIIB. 50   Paulus enim in Actibus apostolorum sic ait: Meminisse vos oportet verbi Domini Iesu, quoniam ipse dixit: beatius est magis dare, quam accipere [Act 20, 35]. Hoc nullus quatuor evangelistarum descripsit. Reg. Inn. Bd. V Nr. 120 (121) S. 235 Z. 6‒8 mit Anm. i. 51  De missarum mysteriis IV, 5 (PL 217 858CD), an der handschriftlichen Überlieferung überprüft. Vgl. die analoge Argumentation in Othmar Hageneder, Zur Dekretale „Quante presumptionis“ (X. V, 39, 47). RHM 6/7 (1964) 352f., über Reg. Inn. Bd. I Nr. 24 S. 35‒37, bes. 36 Anm. b und e. 52  Hugo von St. Victor, De sacramentis christiane fidei II, 8, 6, ed. Rainer Berndt (Corpus Victorinum. Textus historici 1, Münster 2008) 404 Z. 19‒25, 405 Z. 1‒14 (PL 176 465D‒466BC). 53  De missarum mysteriis IV, 35 (PL 217 878D‒879B). 54  Cum Marthe circa (wie Anm. 48) S. 236 Z. 5‒24 mit Anm. 5. Vgl. etwa die Umformulierung der Einleitung eines Zitates aus dem ersten Petrusbrief von Et Petrus apostolus in Hugo von St. Victor (405 Z. 7) und De missarum mysteriis (879A4) zu Apostolorum etiam princeps Petrus sic in epistola sua scribit in Cum Marthe circa (236 Z. 17). 46 47



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einer Priorität des Messkommentars stützen. Am 22. Dezember 1203 erhielt der emeritierte Erzbischof von Lyon noch eine Antwort auf weitere theologische Fragen55. Auch dieser mit den Worten Quod pietatem colendo beginnende Brief enthält Textparallelen zu Innocenz’ theologischen Werken56, darunter zu zwei Sermones aus der Predigtsammlung. Die im Sermo IV de sanctis In circumcisione Domini57 zu findende Parallele58 betrifft einen Text, der eines der aus heutiger Sicht überraschendsten Quellenzitate in Innocenz’ Briefen enthält, nämlich aus dem Apokalypsenkommentar des Joachim von Fiore59. Das Überraschungsmoment wird allerdings deutlich relativiert, wenn man den 1202 verstorbenen Joachim von Fiore nicht aus der Perspektive der Verurteilung seiner Trinitätslehre durch das 4. Laterankonzil 1215 und der danach vor allem im franziskanischen Milieu entstandenen pseudojoachitischen Literatur sieht, sondern aus der Sicht seiner Zeitgenossen ‒ zu denen auch Innocenz III. und sein Umfeld gehörten60. Joachim war nicht unumstritten, manche Zeitgenossen ‒ so der Pariser Theologe Petrus Cantor61 oder der Zisterzienser Gottfried von Clairvaux62 ‒ waren von seinen Schriften irritiert und lehnten sie als absurd ab; andere aber erkannten darin ein treffendes Erklärungsmodell für die eigene Wirklichkeit, etwa der englische Zisterzienserhistoriograph Ralph von Coggeshall63. An der päpstlichen Kurie hielt sich mit Rainer von Ponza64 eine Person auf, die in einem Naheverhältnis zu Joachim gestanden hatte, nun in päpstlichen Diensten tätig war und allem Anschein nach auch einen gewissen Einfluss im Hintergrund entfaltete65. Auch Kardinal 55  Quod pietatem colendo, Reg. Inn. Bd. VI Nr. 191 (193) S. 320‒327; vgl. Egger, Innocenz III. als Theologe (wie Anm. 48) 100‒113. 56   Ebd. 117. 57   PL 217 465B‒470C. 58   Reg. Inn. Bd. VI Nr. 191 (193) S. 323 Z. 34‒324 Z. 25 ‒ Sermo IV de sanctis, PL 217 467A‒470C. Die Parallele betrifft die sinngemäße Entwicklung des Arguments; an einigen Stellen ist sie auch wörtlich. 59  Das Zitat aus Joachim von Fiore haben unabhängig voneinander Egger, Innocenz III. als Theologe (wie Anm. 48) 108f., und Fiona Robb, Did Innocent III Personally Condemn Joachim of Fiore? Florensia 7 (1993) 77‒91, erstmals erkannt. Es handelt sich um Expositio in Apocalypsim, zu Apoc 1, 8, Druck Venedig 1527, fol. 35va. 60  Die Literatur zu Joachim von Fiore ist inzwischen nahezu unüberschaubar. Eine jüngere qualitätvolle Biographie ist Gian Luca Potestà, Il tempo dell’Apocalisse. Vita di Gioacchino da Fiore (Collezione storica, Roma‒Bari 2004). Zu seiner Rezeption bei den Zeitgenossen in den letzten zwei Jahrzehnten des 12. und den ersten Jahren des 13. Jahrhunderts vgl. Christoph Egger, A Pope Without Successor. Ralph of Coggeshall, Ralph Niger, Robert of Auxerre and the Early Reception of Joachim of Fiore’s Ideas in England, in: Joachim of Fiore and the Influence of Inspiration. Essays in Memory of Marjorie E. Reeves (1905–2003), hg. von Julia Eva Wannenmacher (Farnham–Burlington 2013) 145‒179. 61  Philippe Buc, L’ambiguïté du Livre. Prince, pouvoir, et peuple dans les commentaires de la bible au moyen age (Théologie historique 95, Paris 1994) 164 Anm. 96, ausführlich ausgearbeitet von Robert E. Lerner, Joachim and the Scholastics, in: Gioacchino da Fiore tra Bernardo di Clairvaux e Innocenzo III (wie Anm. 28) 251‒264. 62 Herbert Grundmann, Zur Biographie Joachims von Fiore und Rainers von Ponza, in: ders., Ausgewählte Aufsätze 2 (Schriften der MGH 25/2, Stuttgart 1977) 255‒360 [zuerst in DA 16 (1960) 437‒546], hier 323‒341, 358‒360. 63  Egger, Pope Without Successor (wie Anm. 60) 159f. 64  Auch zu ihm gibt es inzwischen eine umfangreiche Literatur. Vgl. neben Grundmann, Zur Biographie (wie Anm. 62) passim, die Beiträge einer Rainer gewidmeten Tagung, gedruckt in Florensia 11 (1997), und zuletzt Marco Rainini, Il profeta del Papa. Vita e memoria di Raniero da Ponza eremita di curia (Dies nova. Fonti per la storia del profetismo, Milano 2016). 65  Er fungierte unter anderem als Legat nach Spanien; nach Ralph von Coggeshall ob laudabilem probi­ tatem domno pape nimis extitit familiaris, assistens ei sepius in urgentioribus negotiis. Radulphi de Coggeshale Chronicon Anglicanum, ed. Joseph Stevenson (RBS 66, London 1875) 131; nach Caesarius von Heisterbach,

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Hugolin von Ostia, der spätere Papst Gregor IX., scheint mit joachimischem Gedankengut sympathisiert zu haben, sicher war er einer der prominentesten Förderer des Florenserordens66 und jedenfalls Rainer von Ponza eng verbunden67. Die Nähe zu joachimischem Gedankengut zeigt sich nun nicht nur in der bereits erwähnten Textstelle in Quod pietatem colendo, sondern in noch wesentlich umfangreicherem Maß in dem bereits oben erwähnten Brief, mit dem Innocenz am 13. November 1204, noch ganz unter dem ersten Eindruck der gerade eingetroffenen Nachricht von der Eroberung Konstantinopels durch die Lateiner stehend, eine heilsgeschichtliche Einordnung dieses Ereignisses versucht. Der Text ist als an den Klerus des Kreuzheeres gerichteter Brief im Register überliefert68; es ist aber bereits oben die Vermutung geäußert worden, dass es sich dabei um die schriftliche Fassung einer von Innocenz gehaltenen Predigt handelt69. Der Text gibt Schritt für Schritt eine Auslegung des johanneischen Auferstehungsberichts (Io 20, 1‒17), die dem Gedankengang nach und streckenweise auch wörtlich aus der Erklärung Joachims von Fiore zu Apoc 11, 2 genommen ist70. Dialogus VII, 6, wäre er confessor des Papstes gewesen. Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculorum ‒ Dialog über die Wunder. Übers. u. kommentiert v. Nikolaus Nösges‒Horst Schneider. Dritter Teilband (Fontes Christiani 86/3, Turnhout 2009) 1298. 66   Vgl. etwa Filippo Caraffa, I monasteri florensi del Lazio meridionale, in: Storia e messagio in Gioacchino da Fiore. Atti del primo congresso internazionale di studi gioachimiti, S. Giovanni in Fiore, 19‒23 settembre 1979 (S. Giovanni in Fiore 1980) 451‒471; sowie die Erwähnung der Florenser zusammen mit den Zisterziensern als drittes Viergespann Christi in der Kanonisationslittera Gregors IX. für Dominicus (1234): Otfried Krafft, Papsturkunde und Heiligsprechung. Die päpstliche Kanonisation vom Mittelalter bis zur Reformation. Ein Handbuch (AfD, Beih. 9, Köln‒Weimar‒Wien 2005) 363‒384, hier 379; Julia Eva Wannenmacher†, The Third Quadriga: Gregory IX, Joachim of Fiore and the Florensian Order, in: Gregory IX (1227–1241): Power and Authority, hg. von Damian J. Smith (in Druck). 67  Vgl. den von ihm verfassten Trauerbrief anlässlich des Todes Rainers von Ponza an die Äbte von Casamari, Fossanova und Salem, neuerlich ediert in Rainini, Il profeta (wie Anm. 64) 138‒142. 68   Legimus in Daniele, Reg. Inn. Bd. VII Nr. 154 S. 264‒270. Vgl. Egger, Joachim von Fiore (wie Anm. 28) 140‒147. 69   Vgl. oben S. 59f. In diesem Zusammenhang auffällig die in diesem Brief einmalige und vielleicht bei der Textredaktion übersehene Verwendung der ersten Person Singular: ... Venit inquam et dicit eis ... (S. 265 Z. 40). 70  Expositio in Apocalypsim, zu Apoc 11, 2, Druck Venedig 1527, fol. 142va‒145vb. Für die wörtlichen Parallelen vgl. die Textgegenüberstellungen in Egger, Joachim von Fiore (wie Anm. 28). ‒ Es mag angebracht sein, hier wenigstens kurz auf den rezenten Aufsatz von Marcia Colish, End Time at Hand: Innocent III, Joachim of Fiore, and the Fourth Crusade, in: The End of the World in Medieval Thought and Spirituality, hg. von Eric Knibbs‒Jessica A. Boon‒Erica Gelser (The New Middle Ages, Cham 2019) 251‒279, einzugehen. In außerordentlich gründlicher und scharfsinniger Analyse kommt sie zum Ergebnis, dass der Einfluss Joachims auf Innocenz und vor allem die Rolle Rainers von Ponza an der Kurie überbewertet werden. Ihre Überlegungen verdienten eine detaillierte Kritik, die hier nicht gegeben werden kann, daher nur eine Anmerkung zu jenem Teil ihrer Argumentation, der auf Fragen des Stils beruht. Die von ihr konstatierte „sloppiness“ von Reg. Inn. Bd. VII Nr. 154 ‒ „his letter of 13 November 1204 is rambling, repetitive, and weakened by internal contradictions, some derived from Joachim and some self-inflicted“ (S. 267) ‒ und die Beobachtung, dass der Text ein Fremdkörper in Innocenz’ sonstiger Kreuzzugsauffassung sei, geht von einem Verständnis des Papstes als Automat aus, der über die gesamte Dauer seines Pontifikats konsistente Äußerungen von sich gibt. Eine solche Sicht ist ahistorisch. Gerade die Ereignisse des Herbst 1204 zeigen einen zutiefst emotionalen Papst, der mit einer unerwarteten Entwicklung konfrontiert ist und diese zu verstehen versucht. Genau diesen Vorgang dokumentieren die Br. VII 154 und Br. 203 (und eine mögliche Erklärung für die stilistische Andersartigkeit [die ich keinesfalls als „sloppiness“ bezeichnen würde] dieser Briefe ist hier vorgeschlagen worden). Dass Innocenz sich in seiner Diagnose gründlich geirrt hat, ist aus dem zunehmend nüchternen und zum Teil geradezu bitteren Ton der weiteren Briefe betreffend das Lateinische Kaiserreich zu erkennen. Natürlich machen einige Zitate aus Joachim von Fiore aus Innocenz noch keinen Joachiten ‒ dergleichen hat allerdings meines Wissens auch niemand behauptet. Dass die Werke Joachims an der Kurie bekannt waren, ergibt sich schon aus der Formulierung der



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Wie sind nun die Briefe Quod pietatem colendo und Legimus in Daniele hinsichtlich der Verfasserfrage zu bewerten? Für den zweitgenannten Brief wurde bereits festgestellt, dass aufgrund des vermuteten Predigtcharakters eine zumindest maßgebliche Mitwirkung Innocenz’ an der Abfassung sehr wahrscheinlich ist. Quod pietatem colendo ist zwar nicht selbst eine Predigt, weist aber Textparallelen zu päpstlichen Sermones auf. Der Brief ist mit 22. Dezember 1203 datiert71, daher ist es bemerkenswert, dass der einer der beiden Sermones, in denen diese Parallelen aufzufinden sind, am Fest der Beschneidung des Herrn, also an einem 1. Jänner, gehalten worden ist. Auch die zweite Predigt gehört zum Weihnachtsfestkreis, sie ist für das Fest der Erscheinung des Herrn bestimmt72. Da die Predigtsammlung vor allem Sermones aus der Frühzeit des Pontifikats enthalten dürfte, wäre es denkbar, dass beide Predigten in die Weihnachtszeit 1202/03 datieren und Innocenz in ihnen Gedanken aufgegriffen hat, die ihn im Zusammenhang der Abfassung von Quod pietatem colendo beschäftigt haben73. Damit wäre auch für Quod pietatem colendo Innocenz’ Verfasserschaft (oder zumindest seine erhebliche Beteiligung daran) wahrscheinlich gemacht. Eine Formulierung, die zugleich in kompakter sprachlicher Form einen wesentlichen theologischen Gedanken beinhaltet, lässt sich sowohl in De missarum mysteriis als auch in Briefen des Registers und in der ersten Konstitution des 4. Laterankonzils nachweisen. Das letzte Kapitel des vierten Buches von De missarum mysteriis74 erläutert verschiedene Gründe für die Einsetzung des Altarsakraments. Einer dieser Gründe ist die in der Eucharistie gesetzte untrennbare Verbindung zwischen Erlöser und Erlösten. Christus hat durch die Menschwerdung die menschliche Natur angenommen; die Gläubigen nehmen in der Eucharistie die göttliche Natur Christi in sich auf. Sie werden so durch Christi Mittlerschaft hineingenommen in die Einheit von Vater und Sohn, wie sie im Hohepriesterlichen Gebet des Johannesevangeliums (Io 17, 1‒26) beschrieben ist: Per id ergo quod suscipit ipse de nostro, accipimus ipsi de suo, tam insolubili nexu conjungimur, ut qui est unum cum Patre per ineffabilem unitatem, fiat unum nobiscum per admirabilem unionem, ac per hoc, ipso communiter mediante, cum Patre unum efficimur. Pater sancte, inquit, serva eos in nomine tuo, quos dedisti mihi, ut sint unum sicut nos [Io 17, 11]. Non pro eis autem rogo tantum, sed et pro illis, qui credituri sunt per verbum eorum in me, ut et ipsi in nobis unum sint, et mundus credat quia tu me misisti [Io 17, 20f.]75. Die derzeit erste Verwendung der Formulierung findet sich in der am 3. April 1200 ausgestellten Littera über die Heiligsprechung der Kaiserin Kunigunde. Am Schluss des Briefes wird das Gebetsformular mitgeteilt, das am Fest der neuen Heiligen zu verwenden ist, darunter als Postcommunio: Sacramentum redemptionis humane, quod in honore beate Verurteilung durch das 4. Laterankonzil; vgl. den Hinweis dazu in Egger, Joachim von Fiore (wie Anm. 28) 149. Ob man confessor nun als „Beichtvater“ übersetzen will oder anders, ändert nichts daran, dass Rainer von Ponza an der Kurie bis zu seinem Tod 1207 eine wichtige Rolle gespielt hat; vgl. die neuerliche Zusammenstellung und sorgfältige Bewertung der zahlreichen Belege in Rainini, Il profeta (wie Anm. 64). 71  Siehe oben Anm. 55. 72   Sermo VIII in solemnitate Apparitionis domini nostri Jesu Christi (PL 217 483C‒490A). Die Text­ parallele ist Reg. Inn. Bd. VI Nr. 191 (193) S. 324 Z. 30‒325 Z. 13, PL 217 486D8‒487B2. 73   Ein möglicher liturgischer Reflex der vorweihnachtlichen Zeit ist übrigens in Quod pietatem colendo mit der Wendung priusquam verus Moyses, rex et legifer noster, veniret in carnem ... (S. 324 Z. 25f.) zu nennen: rex et legifer noster ist ein Anklang an jene der vorweihnachtlichen „O-Antiphonen“, die am 23. Dezember als Magnificatantiphon gebetet wird. 74   De missarum mysteriis IV, 44 (PL 217 884B‒886D). 75   PL 217 886C.

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Chunigundis obtulimus, tibi nos, Domine, reddat acceptos, ut per hoc, quod et accepimus ipsi de tuo et tu suscepisti de nostro, in tui semper unione uiuamus76. Weitgehend wörtlich begegnet der Gedanke wieder im bereits behandelten Schreiben Cum Marthe circa aus dem Jahr 120277. Auch in einem Brief, den am 21. Juli 1208 das Zisterzienserkloster Fossanova erhalten hat und der im Zusammenhang der Gewährung eines Ablasses zum Jahrestag des Ereignisses die von Innocenz im Kloster vorgenommene Altarweihe reflektiert, wird die Formulierung aufgegriffen78. Ausgehend von einem Vergleich der Funktion des Altars im Gottesdienst des Alten und Neuen Bundes kommt hier die Rede auf die Eucharistie, in der Christus als Priester und Opfer das Erlösungswerk ausführt: unigenitus Dei filius Iesus Christus, idem ipse sacrificium et sacerdos, qui et pretium se dedit in cruce, ut moriens fideles suos a morte redimeret, et cibum se tribuit in altari, ut vivens fideles suos alat ad vitam, incorporans sibi esus edentes, ut per hoc, quod accepit ipse de nostro et accipimus ipsi de suo, in unum corpus caput et membra insolubiliter uniamur ipso rogante, ut omnes in ipso, sicut ipse in Patre ac Pater in ipso, sint unum79. Nicht nur begegnet hier wieder die einprägsame Beschreibung der Vereinigung Christi und der Gläubigen in der und durch die Eucharistie, sondern diese wird noch unterstrichen durch die nähere Bestimmung incorporans sibi esus edentes, die ebenfalls schon in einem anderen Text zu finden ist, nämlich in der Postcommunio einer von Innocenz verfassten Messe zum Gedenktag des hl. Bernhard von Clairvaux80. Neuerlich klingt der Gedanke schließlich in der ersten Konstitution des 4. Laterankonzils an: Una verum est fidelium universalis ecclesia, extra quam nullus omnino salvatur, in qua idem ipse sacerdos est et sacrificium Iesus Christus, cuius corpus et sanguis in sacramento altaris sub speciebus panis et vini veraciter continetur, transsubstan­ tiatis pane in corpus et vino in sanguinem potestate divina, ut ad perficiendum mysterium unitatis accipiamus ipsi de suo quod accepit ipse de nostro81. Das häufige Vorkommen der griffigen Formulierung accipiamus ipsi de suo quod accepit ipse de nostro, Ausdruck eines im Zusammenhang von Innocenz’ Theologie wichtigen Konzeptes, kann man sicher als Hinweis auf eine persönliche Verfasserschaft werten. Aber gerade eine griffige Wendung kann auch zum „Textbaustein“ für bei der Textierung der Briefe mitwirkende Personen werden, die damit Konzept und Formulierung des Papstes aufgreifen. Eine zwingende Entscheidung hinsichtlich der Autorschaft der Texte erscheint vor diesem Hintergrund nicht möglich zu sein.

76  Jürgen Petersohn, Die Litterae Papst Innocenz’ III. zur Heiligsprechung der Kaiserin Kunigunde (1200). Jahrbuch für fränkische Landesforschung 37 (1977) 1‒25, hier 25. Zu Kontext, Überlieferung und Aufbau der Urkunde Krafft, Papsturkunde und Heiligsprechung (wie Anm. 66) 227‒238, dort 236f. und 259f. der Hinweis, dass die Beifügung von Gebeten zu den Kanonisationsurkunden eine Eigenheit Innocenz’ ist, die sich bei seinen Nachfolgern nicht mehr findet. 77   Reg. Inn. Bd. V Nr. 120 (121) S. 238 Z. 8‒15. Vgl. oben S. 62. 78   Reg. Inn. Bd. XI Nr. 119 (124) S. 182‒184. 79  Ebd. 183 Z. 3‒9. 80  Ebd. 183 Z. 6; Reg. Inn. Bd. V Nr. 60 (62) vom 8. Juni 1202, S. 116, hier Z. 25f.: Suum in nobis, om­ nipotens Deus, cibus quem sumpsimus operetur effectum, ut incorporet sibi nos esus edentes. 81   Constitutiones Concilii quarti Lateranensis una cum Commentariis glossatorum, ed. Antonio García y García (MIC, Series A: Corpus Glossatorum 2, Città del Vaticano 1981) 42 Z. 31‒37; vgl. Egger, Innocenz als Theologe (wie Anm. 48) 123.



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III. Weitere Hinweise zur Verfasserschaft der Briefe können nach gängiger Auffassung aus der Zitierung von Quellen ‒ wörtlich oder im Anklang ‒ gewonnen werden. Jedenfalls ist die Untersuchung solcher Übernahmen von einiger Bedeutung im Rahmen der Arbeit an der Registeredition. Hier müssen wenige Beispiele für die Verwendung von Quellen aus dem Bereich des theologischen Schrifttums und der Liturgie genügen. Mit Sicherheit aus dem Bereich der mündlichen Kommunikation stammt die De­ liberatio super tribus electis, in der Innocenz den Kardinälen die Gründe für und wider Philipp von Schwaben, Otto von Braunschweig und den puer Friedrich II. darlegt sowie seine Entscheidung und die weitere Vorgangsweise bekanntgibt82. Der Text ist sorgfältig durchdacht aufgebaut und argumentiert, berühmt ist die durchgängige Gliederung der Argumente für und wider die drei Kandidaten: Sicut autem nuper tres sunt in reges electi: puer, Philippus et Otto, sic tria sunt circa singulos attendenda: quid liceat, quid deceat, quid expediat83. Bereits ganz am Anfang von Innocenz’ Pontifikat findet sich dieses Gliederungsprinzip in einem Brief an den Bischof von Troyes, betreffend die von diesem für sich selbst und sechs weitere Personen erbetene Lösung vom Kreuzzugsgelübde84. Eine ausführliche Narratio der Umstände der Bitte des Bischofs, der diese persönlich dem Papst vorgetragen hatte, mündet in eine Erwähnung der Art der Entscheidungsfindung: Propter quod disposuimus deliberare cum fratribus ...85. In einer Beratung des Papstes und der Kardinäle wird das Für und Wider der Eidlösung abgewogen: Et quidem tria preci­ pue duximus in hoc negotio attendenda: quid liceat, quid deceat, quid expediat. Quid liceat secundum equitatem, quid deceat secundum honestatem, quid expediat secundum utilita­ tem86. In diesem Fall geht es um die Erteilung einer Dispens, und auch die Methode der Erwägung nach den Kriterien quid liceat ‒ equitas, quid deceat ‒ honestas und quid ex­ pediat ‒ utilitas scheint in den juristischen Bereich zu verweisen. Doch die Begründung der päpstlichen Dispensationsgewalt ist der Besitz der plenitudo potestatis, und dieser Begriff weist vielleicht auf eine außerjuristische Herkunft der Formel hin. In seinem an Papst Eugen III. gerichteten Traktat De consideratione versucht Bernhard den Papst unter anderem von der Schädlichkeit der Exemptionen zu überzeugen. Diese glichen einer Verstümmelung und Zerstückelung der Ortskirchen. Auch wenn der Papst Inhaber der plenitudo potestatis sei, folge daraus nicht zwingend, dass er auch die Fülle der Gerechtigkeit besitze: Facitis hoc, quia potestis; sed utrum et debeatis, quaestio est 87. Viel82   Regestum Innocentii III papae super negotio Romani imperii, ed. Friedrich Kempf (MHP 12, Roma 1947) Nr. 29 S. 74‒91. 83   Ebd. 76 Z. 5‒77 Z. 2. 84   Reg. Inn. Bd. I Nr. 69 S. 100‒103, 15. März 1198. Hier 103 Z. 36 wird mit quia cessaverunt cause, fa­ cilius cessare potuit et effectus eine bekannte Rechtsregel zitiert, was in den Fußnoten zu ergänzen wäre. Vgl. dazu André Gouron, Cessante causa cessat effectus: à la naissance de l’adage. Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 143/1 (1999) 299‒309; sowie Reg. Inn. Bd. III Nr. 185 (PL 214 891C‒895C Nr. 16, hier 893A; künftig: Reg. Inn. Bd. III Nr. 185 [16] S. 31 Z. 18); Reg. Inn. Bd. VIII Nr. 60 (59) S. 101f., hier 102 Z. 4f.; Reg. Inn. Bd. IX Nr. 24 S. 38‒40, hier 40 Z. 24; Reg. Inn. Bd. X Nr. 100 S. 171 Z. 9; Reg. Inn. Bd. XV Nr. 189 (187) S. 291 Z. 11f.; 4. Laterankonzil c. 22 und 36, ed. García y García (wie Anm. 81) 69 Z. 7f.; 79 Z. 1; Commentarium in septem psalmos poenitentiales, PL 217 990D7, 1118A5f. 85  Reg. Inn. Bd. I Nr. 69 S. 101 Z. 22. 86  Ebd. 101 Z. 26‒29. Ob die in der Edition als Anklänge angeführten Stellen 1Cor 6, 12 und 10, 22 hier treffend sind, bleibe dahingestellt. 87  Bernhard von Clairvaux, De consideratione ad Eugenium papam III, 4, 14, ed. Jean Leclercq‒Henri M. Rochais (Sancti Bernardi opera 3, Rom 1963) 442 Z. 16f.

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mehr hätte der Inhaber der plenitudo potestatis seinen Entscheidungen stets eine dreifache Überlegung zugrundezulegen: Spiritualis homo ille qui omnia diiudicat, ut ipse a nemini iudicetur [1Cor 2, 15], omne opus suum trina quadam consideratione praeveniet. Primum quidem an liceat, deinde an deceat, postremo an et expedit. Nam etsi constet in christiana utique philosophia non decere nisi quod licet, non expedire nisi quod decet et licet, non continuo tamen omne quod licet, decere aut expedire consequens erit88. Könnte es sein, dass die Anregung zur Verwendung des Gliederungsprinzips in der Deliberatio super tribus electis auf Bernhards De consideratione zurückgeht? Eine Kenntnis des „Papstspiegels“ ist auch an anderen Stellen nachweisbar89; und die Gleichsetzung des paulinischen homo spiritualis mit dem seine plenitudo potestatis ausübenden Papst90 findet sich in einer Predigt Innocenz’ zum Jahrestag seiner Papstkrönung91: Während die Apostel an der Sorge um die Kirche teilhaben ‒ vocati sunt in partem sollicitudinis ‒, ist nur Petrus zur Fülle der Gewalt berufen: solus autem Petrus assumptus est in plenitudinem potestatis. Und so ist der vicarius Jesu Christi, successor Petri, Christus Domini, Deus Pharaonis derjenige, qui de omnibus judicat, et a nemine judicatur92. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die sprachlich griffige Wendung quid liceat, quid deceat, quid expediat auch als Stilmittel eingesetzt wird. Dies ist der Fall in einem sicher vor 1185 verfassten Brief des Guibert von Gembloux an eine Nonne aus dem Kloster Rupertsberg93 ebenso wie in einem Brief Innocenz’ III. an König Philipp II. August von Frankreich in Zusammenhang mit dessen Eheaffaire94; auch Thomas von Capua lässt die Wendung in einem in seine Briefsammlung aufgenommenen Privatbrief anklingen95. Im an Zitaten und Anklängen sehr reichen Brief, der im November 1199 ein Schreiben des Patriarchen von Konstantinopel beantwortete, um diesem die Vorrangstellung des Papstes und der lateinischen Kirche zu begründen, findet eine interessante Formulierung Verwendung, um den Begriff universalis ecclesia zu erläutern: intelligentia namque dictorum ex causis est assumenda dicendi, cum non res sermoni sed rei sit sermo subiectus96. Die Quelle für dieses hermeneutische Prinzip ist letztlich der Traktat De Trinitate des Hilarius von Poi  Ebd. III, 4, 15, ed. 442 Z. 20‒25.   Reg. Inn. Bd. II Nr. 200 (209) S. 382‒389, hier 383 Z. 37‒384 Z. 1 und 384 Z. 1‒15 ‒ De consideratione II, 8, 15, ed. Leclercq‒Rochais 424 Z. 3‒7, und II, 8, 16, ebd. 424 Z. 14‒22. 90  Yves M. Congar, Homo spiritualis. Usage juridique et politique d’un terme d’anthropologie chrétienne, in: Aus Kirche und Reich. Studien zu Theologie, Politik und Recht im Mittelalter. Festschrift für Friedrich Kempf zu seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag und fünfzigjährigen Doktorjubiläum, hg. von Hubert Mordek (Sigmaringen 1983) 1‒10, hier 6f. 91   Sermo II in consecratione pontificis maximi, PL 217 653D‒660D. 92  Ebd. 658A. 93   Guiberti Gemblacensis Epistolae XXXIV, ed. Albert Derolez (CCCM 66‒66A, Turnhout 1989) 2 346‒348, hier 347 Z. 1010f. 94  Reg. Inn. Bd. XI Nr. 177 (182) S. 286‒293, hier 292 Z. 30f. Hier wird der König aufgefordert, sein Verhalten nach den Kriterien zu überdenken: Quocirca regalem prudentiam rogamus attentius et monemus, quatinus, et quid liceat et quid deceat et quid etiam expediat in hoc agi negotio, sollerter attendas ... . 95  Die Briefsammlung des Thomas von Capua VI, 14. Unkritische Vorab-Edition mit Kopfregesten, Nachweis der Drucke, Brieftexten. Aus den nachgelassenen Unterlagen von Emmy Heller und Hans Martin Schaller ed. Matthias Thumser–Jakob Frohmann (o. O. 2011) (https://www.mgh.de/storage/app/media/uploadedfiles/MGH_digital_Angebote_Thomas_von_Capua.pdf ) 149 (in der älteren Literatur zitiert nach Emmy Heller, Der kuriale Geschäftsgang in den Briefen des Thomas von Capua. AUF 13 [1935] 198‒318, hier 288f. Nr. 55). Zu Thomas von Capua und seiner Bedeutung für die Entwicklung des päpstlichen Briefstils im frühen 13. Jahrhundert unten S. 75f. 96  Reg. Inn. Bd. II Nr. 200 (209) (wie Anm. 89) 387 Z. 7f., ohne Identifizierung des Zitates. 88 89



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tiers97, doch ist es unwahrscheinlich, dass der Verfasser des Briefes die Wendung direkt von dort bezogen hat, da diese im 12. Jahrhundert von zahlreichen Autoren zitiert wird. So ist die Hilarius-Sentenz gleich mehrmals in den Sentenzen des Petrus Lombardus zu finden98, deren Kenntnis auch in anderen Briefen Innocenz’ nachweisbar ist99; noch enger mit Innocenz verbunden ist Petrus Cantor, in dessen Traktat De tropis loquendi der Text zitiert und kommentiert wird100 ‒ dass sich Innocenz während seiner Studienzeit in Paris im Umkreis des Petrus Cantor101 aufgehalten hat, kann als erwiesen gelten, doch ob Petrus hier auch als Vorlage gedient hat, ist nicht entscheidbar. Die Hilarius-Sentenz war in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gewissermaßen intellektuelles Allgemeingut und erlaubt somit keine sicheren Rückschlüsse auf den genauen Bildungshintergrund des Verfassers. Derselbe Brief an den Patriarchen von Konstantinopel enthält außerdem ein Zitat, das aus dem Bereich der Liturgie stammt und überdies eine bisher unbeachtetete Parallele zu Innocenz’ vor der Papstwahl verfasster Schrift De quadripartita specie nuptiarum bietet. In der Beschreibung des Vorranges der römischen vor allen anderen Kirchen, insbesondere der von Jerusalem, wird auch die Rolle der Kirche als Mutter aller Gläubigen erwähnt. Der betreffende Satz findet sich ‒ mit einer Abweichung ‒ wörtlich auch in De quadipar­ tita specie nuptiarum: De quadripartita specie nuptiarum102 ... Sancta quippe mater Ecclesia, nova semper prole fecunda concipit, parit, et nutrit. Con­ cipit, catechizando quos instruit. Parit, bapti­ zando quos abluit. Nutrit, communicando quos reficit. Eos autem ex aqua, et Spiritu Sancto viro suo Christo regenerat; qui non ex sanguinibus, neque ex voluntate viri, sed ex Deo nati sunt. Quia quod natum est ex spiritu, spiritus est. ...

Reg Inn. Bd. II Nr. 200 (209)103 .. nichilominus tamen ecclesia mater est genera­ lis, que nova semper fetu fecunda conci­ pit, parit et nutrit: concipit cathezizando quos instruit, parit baptizando quos abluit, nutrit communicando quos reficit. De quo propheta dicit in psalmo ...

  Hilarius von Poitiers, De Trinitate IV, 14, ed. Pieter Smulders (CCSL 62, Turnhout 1979) 116 Z. 26f.   Petrus Lombardus, Sentenzen I, 5, 10 (Spicilegium Bonaventurianum 4‒5, Grottaferrata 1971‒1981, hier I/2 84 Z. 16‒18); I, 25, 2 (ebd. I/2 192 Z. 19‒21), und öfter. 99   Etwa Reg. Inn. Bd. V Nr. 120 (121) (wie Anm. 48), hier 238 Anm. 14f.; Reg. Inn. Bd. VI Nr. 191 (193) (wie Anm. 55) 321 Anm. 6. Vgl. Egger, Innocenz als Theologe (wie Anm. 48) 83f., 102f. 100  Luisa Valente, Phantasia contrarietatis. Contraddizioni scritturali, discorso teologico e arti del linguaggio nel De tropis loquendi di Pietro Cantore († 1197) (Unione Accademica Nazionale. Corpus Philosophorum Medii Aevi, Testi e studi 13 = Fonti per la storia della logica 2, Firenze 1997) 60‒62, in Anm. 77 über Probleme der Autorschaft gerade dieser Passage, in Anm. 78 Nennung weiterer Autoren des 12. Jahrhunderts, bei denen die Sentenz vorkommt. 101  John W. Baldwin, Masters, Princes and Merchants. The Social Views of Peter the Chanter and his Circle. 2 Bde. (Princeton 1970). 102  PL 217 929A. Zu diesem Werk, das weit seltener überliefert ist als Innocenz’ Messkommentar (bisher sind nur vier vollständige oder beinahe vollständige Überlieferungen bekannt, außerdem zwei fragmentarische Überlieferungen), vgl. Imkamp, Kirchenbild (wie Anm. 5) 53‒63; Egger, Schriftstellerische Persönlichkeit (wie Anm. 8) 118‒125; Marie-Odile Bonnichon, Le De quadripartita specie nuptiarum de Lothaire de Segni, pape Innocent III (1198‒1216). Rituel et sacrement des noces, in: Sacramentum Magnum. Die Ehe in der mittelalterlichen Theologie, hg. von Pavel Blazek (Archa Verbi Subsidia 15, Münster 2018) 187‒230. 103   Reg. Inn. Bd. II Nr. 200 (209) (wie Anm. 89) 388 Z. 15‒18, wo in den Sachanmerkungen ein Hinweis auf die Textparallele zu ergänzen wäre; auch in Imkamp, Kirchenbild (wie Anm. 5) 263 mit Anm. 390, wird die Textparallele nicht erwähnt. 97 98

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Die Textparallele zu einem theologischen Werk aus Innocenz’ Kardinalszeit könnte, wie bereits dargelegt, als Hinweis auf eine intensivere Mitwirkung des Papstes an der Abfassung des Briefes gesehen werden. Der Text ist allerdings auch noch wegen eines enthaltenen liturgischen Zitats interessant. Die Wendung nova semper prole fecunda findet sich in gleicher oder sehr ähnlicher Form in verschiedenen liturgischen Gebeten, vor allem in der Oration für die Katechumenen im Rahmen der Großen Fürbitten des Karfreitagsgottesdienstes104, als Teil eines Segensgebetes am Karsamstag105 sowie ‒ mit einer geringen Abweichung ‒ in der Collecta der Messe am Osterdienstag: Deus, qui ecclesiam tuam novo semper foetu multiplicas, concede famulis tuis, ut sacramentum vivendo teneant, quod fide perceperunt106. Während der Text von De quadripartita specie nuptiarum das Wort prole setzt, hat der Text im Register fetu. Bei der Eintragung in das Register scheint allerdings eine gewisse Unsicherheit bestanden zu haben, denn die Endung des Adjektivs nova ist auf Rasur geschrieben107 und stimmt jedenfalls nicht mit dem Maskulinum fetus überein, was jedoch der Fall wäre, wenn stattdessen wie in De quadripartita specie nuptiarum das Wort proles dastünde. Die liturgische Wendung nova semper prole fecundat findet sich auch in einigen anderen Briefen108. Besonders interessant und instruktiv ist die Arenga eines am 8. März 1210 ausgestellten feierlichen Privilegs für den Orden von Santiago, die, indem sie das liturgische Zitat und mehrere Bibelzitate geschickt miteinander verwebt, ein stilistisches Meisterwerk ist: Benedictus Deus in donis suis et sanctus in omnibus operibus suis [vgl. Sir 39, 19; Ps 144, 13.17], qui ecclesiam suam nova semper prole fecundat et sic pro patribus filios in ea facit exurgere [vgl. Ps 44, 17], sic a generatione in generationem noticiam nominis sui [vgl. Ps 44, 18] et lucem fidei christiane diffundit, ut, sicud ante ortum solis stelle sese ad occasum in firmamento secuntur, ita in ecclesiasticis gradibus generationes iustorum, antequam veniat dies Domini magnus et horribilis [vgl. Ioel 2, 1.11] et tenebras nostras veri solis splendor illuminet, per tempora sibi succedant et sicud multi sepe per caudam draconis deiciuntur in terram [vgl. Apc 12, 4], ita et per adoptionem spiritus cotidiana fiat reparatio perditorum et de profundo inferni ad querenda multi celestia erigantur et ita corpore teneantur in terra, ut tamquam cives sanctorum et domestici Dei [Eph 2, 19] cogitatione ac desiderio conversentur in celis109. Das Privileg ist allerdings ein hervorragendes Beispiel, wie leicht man bei Diktatuntersuchungen im Bereich der päpstlichen Kanzlei in die Irre gehen kann. Die Arenga bietet 104   Le sacramentaire Grégorien 1: Le sacramentaire, le supplément d’Aniane, ed. Jean Deshusses (Spicilegium Friburgense 16, Fribourg 31992) 178 Nr. 347: Oremus. Omnipotens sempiterne deus, qui ecclesiam tuam noua semper prole fecundas, auge fidem et intellectum catechumenis nostris, ut renati fonte baptismatis adoptioniis tuae filiis aggregentur. Per dominum. 105   Ebd. 584 (Supplementum Anianense) Nr. 1754: Deus, qui de ecclesiae suae intemerato utero novos popu­ los producens eam virginitate manente nova semper prole fecundat, fidei, spei et caritatis vos munere repleat, et suae in vos benedictionis dona infundat. 106   Ebd. 195 Nr. 401. 107   Reg. Inn. Bd. II Nr. 200 (209) S. 388 Anm. ll. 108  Reg. Inn. Bd. I Nr. 11 S. 18‒20, hier 19 Z. 6; Reg. Inn. Bd. IV Nr. 52 (19. April 1201), aus einer Empfängerüberlieferung gedruckt von Alexander Seibold, Livland, Ostpreußen und Finnland in den Briefen Innocenz’ III. Edition mit einem wissenschafts- und provenienzgeschichtlichen Appendix (masch. Staatsprüfungsarbeit IÖG [Wien 1989]) 5‒10 Nr. 4, hier 6; Reg. Inn. Bd. XVI Nr. 123 (120) (künftig) (11. Oktober 1213), ebd. 90‒94 Nr. 27, hier 91 (auch PL 216 917C). 109   Reg. Inn. Bd. XIII Nr. 11 S. 23‒31, hier 23 Z. 20‒24 Z. 3.



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nämlich keine Hinweise auf die Tätigkeit der Kanzlei unter Innocenz III., da sie wörtlich aus der Vorurkunde, einem am 5. Juli 1175 ausgestellten feierlichen Privileg Alexanders III., übernommen ist110. Sie ist damit ein eindrucksvolles Beispiel für die Leistungsfähigkeit der päpstlichen Kanzlei bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und ein deutlicher Hinweis, dass die Untersuchung von Diktat und Stil nicht erst 1198, sondern schon viel früher anzusetzen hat, um eine Grundlage für tragfähige Vergleiche und damit repräsentative Ergebnisse zu erzielen111. Überdies gilt es zu beachten, dass, während für Innocenz’ feierliches Privileg für den Orden von Santiago die Vorurkunde bekannt und die Übernahme eindeutig feststellbar ist, in anderen Fällen mögliche Beiträge von Vorurkunden oder auch Übernahmen aus Petentenschreiben und Parteiendarstellungen nicht immer ohne weiteres erkennbar sind, sodass die Gefahr von Trugschlüssen besteht112.

IV. Ein letztes Beispiel soll ein Phänomen illustrieren, das sich in während Innocenz’ Pontifikat verfassten Briefen immer wieder und möglicherweise in zunehmender Häufigkeit findet, nämlich das Auftreten von Textstücken, die in anderen Briefen wiederverwendet werden (und damit verbunden die Entstehung von Formularen). Damit zusammenhängend tritt auch die Frage nach der Rolle der päpstlichen „Kanzlei“ (beziehungsweise näherhin der unter diesem Begriff zusammengefassten Personen) in den Vordergrund, die mindestens so interessant ist wie die Frage nach der persönlichen Autorschaft des Papstes und zugleich untrennbar mit dieser verbunden. Mit der oben beschriebenen Wendung quod accepit ipse de nostro ...113 ist bereits ein solcher Fall erwähnt worden. Ein anderes Beispiel ist die auf Gregor von Nazianz und Gregor den Großen zurückgehende Wendung ars artium est cura animarum, deren derzeit erstes bekanntes Vorkommen aus einem Brief Innocenz’ aus dem Jahr 1206 stammt und die sich in c. 27 des 4. Laterankonzils wiederfindet114. Eine umfangreiche wörtliche Übereinstimmung zwischen zwei durch ihre Empfänger völlig unverbundenen Briefen findet sich zwischen den Briefen IX 62 an Prior und Mönche von Durham115 und XI 173 (178) an die Erzbischöfe von Tarragona, Braga und Santiago de Compostela116. Beiden Schreiben gemeinsam ist das Thema des Wechsels von einem Orden in einen anderen117. 110   JL 12504, PL 200 1024D‒1025A. Der Anfang der Arenga einschließlich des liturgischen Anklangs ähnelt der Arenga einer weiteren Urkunde Alexanders III., JL 13061, 30. April 1178 (PL 200 1174f.). 111   Vgl. auch oben Anm. 7. Auch hier wird wieder deutlich, dass die wissenschaftsorganisatorisch-traditionell begründete Arbeitsteilung in der Papstdiplomatik in „vor 1198“ und „nach 1198“ sachfremd und alles andere als glücklich ist, jedenfalls, wenn es um das 12. und 13. Jahrhundert geht. 112  Ein anderer solcher Fall ist die Erwähnung der Collectio Hispana, die sich in Reg. Inn. Bd. II Nr. 124 (133) findet: S. 246‒259, hier 256 Z. 22f. mit Anm. 79. S. auch den Beitrag von Anne Duggan in diesem Band. 113  Oben S. 66 Anm. 81. 114  Reg. Inn. Bd. VIII Nr. 215 (214) S. 373‒376, hier 376 Z. 13f.; 4. Laterankonzil, c. 27, ed. García y García (wie Anm. 81) 72. Vgl. Egger, The Growling of the Lion (wie Anm. 42) 25f. 115  Reg. Inn. Bd. IX Nr. 62 vom 29. April 1206, S. 112f., der fragliche Abschnitt 112 Z. 11‒113 Z. 19. 116  Reg. Inn. Bd. XI Nr. 173 (178) vom 26. November 1208, S. 280‒282, der fragliche Abschnitt 281 Z. 2‒282 Z. 11. 117  Besonders interessant ist die in beiden Briefen zu findende Formulierung Ad quod utique designandum unigenitus Dei filius Iesus Christus non de Rachele secundum carnem natus est, sed de Lya [Gn 29, 35], nec legitur eum in domum suam Maria excepisse, sed Martha [vgl. Lc 10, 38f.] (Reg. Inn. Bd. IX Nr. 62 S. 113 Z.15‒17; Reg. Inn. Bd. XI Nr. 173 [178] S. 282 Z. 7–9). Der Gedanke, dass Christus als Mensch nicht ein Sohn der

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In einem der Schreiben, die sich mit der Maßregelung des Erzbischofs Berengar von Narbonne befassen, findet sich eine Formulierung, die in biblischer Sprache das Verhältnis von Strenge und Barmherzigkeit im päpstlichen Handeln beschreibt: … Nos igitur … disposuimus infundere oleum super vinum [vgl. Lc 10, 34], ut in nobis iustitiam pariter et misericordiam inveniret, cum in arca tabernaculi manna contineretur et virga [vgl. Hebr 9, 4], sic tamen, ne manna dulcedinis possit efficere dissolutum, quem virga correctionis de­ bet reddere castigatum. …118. Eine wörtliche Wiederholung dieser Formulierung steht in einem im folgenden Jahr in der selben Sache und an die selben Adressaten gerichteten Schreiben119. Wie der barmherzige Samariter erst Wein und dann Öl in die Wunden des von Räubern halbtot zurückgelassenen Reisenden gießt (vgl. Lc 10, 34) und wie die Bundeslade neben den Gesetzestafeln auch den Stab des Aaron und Reste des Manna, mit dem Gott das Volk Israel in der Wüste genährt hatte, enthielt (vgl. Hebr 9, 4), so bringt die wohlüberlegte Anwendung von Züchtigung und Linderung das erhoffte Ergebnis, den Erzbischof von Narbonne zu Einsicht und Besserung zu bringen. Der Gedanke ist nicht neu, er geht auf Gregor I. zurück, der in seiner Regula pastoralis die wohlüberlegte Verbindung von Züchtigung und Zuwendung, um weder durch übermäßige Strenge Verbitterung noch durch übertriebene Nachgiebigkeit Laxheit zu bewirken, als eine der hervorragenden Fähigkeiten des guten Seelsorgers beschreibt. Auch hier dient die Geschichte vom barmherzigen Samariter ‒ die brennende Kraft des Weines für die Reinigung, die Weichheit des Öls für die Zuwendung ‒ zur bildhaften Verdeutlichung; das Herz des guten Seelsorgers solle wie die Bundeslade ‒ die Gesetzestafeln für die Schriftkenntnis, der Stab des Aaron für die Züchtigung, die Süße des Manna für die Linderung ‒ auf der Grundlage der heiligen Schrift gleichermaßen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit enthalten120. Innocenz war bereits vor Beginn seines Pontifikats mit diesem Gedanken vertraut, Rachel, sondern der Lia sei, findet sich auch in Reg. Inn. Bd. XII Nr. 15 S. 29‒33, hier 30 Z. 25f., und in Innocenz’ Sermo XXVII de sanctis zum Fest Marie Himmelfahrt (PL 217 575D‒582B, hier 579C). Während das Lia-Rachel / Martha-Maria-Thema als Bild für das Verhältnis von Vita activa und contemplativa bei Innocenz häufig vorkommt, scheint dieser Gedanke erst ab 1206 nachweisbar zu sein. ‒ Gewisse Parallelen bestehen übrigens auch zum thematisch verwandten Reg. Inn. Bd. IX Nr. 1 S. 3‒10, der in sehr interessanter Weise die Problematik des Amtsverzichts eines Bischofs behandelt. 118   Reg. Inn. Bd. IX Nr. 66 vom 9. Mai 1206 an die päpstlichen Legaten in Südfrankreich, S. 120‒122, hier 121 Z. 11‒14. 119   Reg. Inn. Bd. X Nr. 68, um den 29. Mai 1207, S. 116‒118, hier 117 Z. 11‒15. 120   Gregor I., Regula pastoralis II, 6, ed. Bruno Judic (Sources chrétiennes 381‒382, Paris 1992) 216: … Hinc namque est quod docente Veritate per Samaritani studium semivivus in stabulum ducitur, et vinum atque oleum vulneribus eius adhibetur, ut per vinum scilicet mordeantur vulnera, per oleum foveantur. Necesse quippe est ut quisquis sanandis vulneribus praeest, in vino morsum doloris adhibeat, in oleo mollitiem pietatis, quatenus per vinum mundentur putrida, per oleum foveantur sananda. Miscenda ergo est lenitas cum severitate; faciendum quoddam ex utroque temperamentum, ut neque multa asperitate exulcerentur subditi neque nimia benignitate solvantur. Quod iuxta Pauli vocem bene illa tabernaculi arca significat, in qua cum tabulis virga simul et manna est (cf. Hebr. 9, 4); quia cum Scripturae sacrae scientia in boni rectoris pectore, si est virga districtionis sit et manna dulcedinis. … . Auch Moralia in Iob XX, 5, 14, ed. Marc Adriaen (CCSL 143A, Turnhout 1979) 1012 Z. 80‒95: Disciplina enim uel misericordia multum destituitur, si una sine altera teneatur. Sed circa subditos suos inesse rectoribus debet et iuste consulens misericordia, et pie saeuiens disciplina. Hinc est quod semiuiui illius uulneribus, qui a Samaritano in stabulum ductus est et uinum adhibetur et oleum; ut per uinum mordeantur uulnera, per oleum foueantur, quatenus unusquisque qui sanandis uulneribus praeest, in uino morsum districtionis adhibeat, in oleo mollitiem pietatis; per uinum mundetur putrida, per oleum sananda foueantur. Miscenda est ergo lenitas cum seueritate, faciendum quod­ dam ex utraque temperamentum, ut neque multa asperitate exulcerentur subditi, neque nimia benignitate soluantur. Hoc nimirum illa tabernaculi arca significat, in qua cum tabulis uirga simul, et manna est, quia cum scripturae sacrae scientia in boni rectoris pectore, si est uirga districtionis, sit et manna dulcedinis.



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wie die Erklärung der Bedeutung des Pallium in De missarum mysteriis zeigt: … In lana quippe notatur asperitas, in candore benignitas designatur. Nam ecclesiastica disciplina con­ tra rebelles et obstinatos severitatem exercet, sed erga poenitentes et humiles exhibet pietatem. … Hinc est quod illius semivivi vulneribus, quem Samaritanus duxit in stabulum et vinum adhibetur et oleum, ut per vinum mordeantur vulnera et per oleum foveantur, quatenus qui sanandis vulneribus praeest, in vino morsum severitatis adhibeat, in oleo mollitiem pietatis. Hoc nimirum per arcam tabernaculi designatur, in qua cum tabulis virga continetur distric­ tionis et manna dulcedinis, ut severitas immoderate non saeviat et pietas plus quam expedit non indulgeat. …121. Die Schilderung des anonymen Autors der Gesta Innocentii, wie der Papst dem späteren Erzbischof Eberhard II. von Salzburg, der 1200 als Bischof von Brixen ohne päpstliche Erlaubnis seine Wahl zum Salzburger Erzbischof angenommen hatte, zuerst mit Strenge die Wahl kassiert und, nachdem Eberhard in einer neuerlich abgehaltenen Wahl wieder gewählt worden war, dem diesmal ordnungsgemäß in Rom um Erlaubnis Bittenden diese barmherzig gewährte, enthält ebenfalls einen Anklang an den Gedanken und vermittelt so das Bild eines seine Untergebenen durch Strenge und Güte zum Besseren erziehenden Papstes: et quidem obtinuit [das Erzbistum Salzburg], ut experimento cognos­ ceret, quod in arca federis et virga continetur et manna122. Leider sind allenfalls in dieser Angelegenheit ergangene Briefe nicht erhalten, sodass es nicht möglich ist festzustellen, ob die historigraphische Erwähnung durch Briefe inspiriert ist. Es ist allerdings auffällig, dass der Gebrauch des Samariter-Bundeslade-Gedankens erst ab 1206 belegt ist, dann aber in einiger Regelmäßigkeit ‒ da der Autor der Gesta wohl erst gegen 1208 an seinem Text gearbeitet hat, könnte er den Gedanken auch im kurialen Milieu, in dem er tätig war, aufgeschnappt haben123. Neben den beiden 1206 und 1207 in der Angelegenheit des Berengar von Narbonne verfassten Briefen, die bereits erwähnt worden sind124, ist das Bild ‒ reduziert auf eine Erwähnung der Bundeslade ‒ im Frühjahr 1207 auch in einem Brief an die Konsuln und das Volk von Piacenza verwendet, um sie in einem Kompromiss mit dem Bischof und Klerus ihrer Stadt zu bestärken125. In der durch die Verbindung mit dem deutschen Thronstreit besonders schwerwiegenden Auseinandersetzung mit dem abgesetzten Erzbischof Adolph von Köln gelangte der Text sogar zweimal zur Anwendung. Adolph war von Innocenz 1205 abgesetzt worden, weil er sich im Thronstreit auf die Seite Philipps von Schwaben gestellt hatte. Allerdings spielte er auch weiterhin im Erzbistum Köln eine gewichtige Rolle; nach dem Bruch Innocenz’ mit Otto IV. kam es auch wieder zu einer Annäherung an Adolph und damit zur Lösung von den über ihn verhängten Kirchenstrafen. Zwischen Anfang 1209 und Herbst 1210 schrieb Innocenz 121   Innocenz III., De missarum mysteriis I, 63 (PL 217 797A‒799A, Zitat 797BC). Der Gedanke klingt auch im Widmungsschreiben der Predigtsammlung an: Debet enim praedicator habere vinum et oleum, virgam et manna, ignem et aqua, singula suo loco congrue proferenda. (PL 217 311). 122  Gesta Innocentii c. 45, ed. Gress-Wright (wie Anm. 3) 66 Z. 25, PL 214, LXXXVIIIC‒LXXXIXA. 123  Zur Identifizierung des Autors James M. Powell, The Deeds of Pope Innocent III by an Anonymous Author (Washington 2004) xiii (Petrus Beneventanus); Giulia Barone, I Gesta Innocentii III: politica e cultura a Roma all’inizio del Duecento, in: Studi sul Medioevo per Girolamo Arnaldi, hg. von Giulia Barone‒Lidia Capo‒Stefano Gasparri (I libri di Viella 24, Roma 2001) 1‒23, hier 22f. (Kardinaldiakon Johannes von S. Maria in Cosmedin). 124  Oben Anm. 118f. 125   Reg. Inn. Bd. X Nr. 64, Mitte April‒Mitte Mai 1207, S. 108‒111, hier 109 Z. 8‒11 die Arenga: In arca federis cum tabulis testamenti virga continebatur et manna, quoniam in mente rectoris cum scienta legis divine virga correctionis et manna dulcedinis debet esse, ut rigor mansuetudine temperetur et mansutudo rigore.

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an einen unbekannten Empfänger (wahrscheinlich Erzbischof Dietrich von Köln), um ihm Anweisungen zur Klärung der Frage von Adolphs Lebensunterhalt und Status (Gebrauch der Pontifikalien) zu geben126. Der Gebrauch der Pontifikalien und der bischöflichen Befugnisse Adolphs wurde schließlich in einem Brief vom 12. November 1210 geregelt ‒ auch die Arenga dieses Briefes bedient sich des Gregorianischen Textbausteins, wobei noch eine kurze Einleitung vorangestellt ist: Ad hoc exemplaria celestis ymaginis in divinis voluminibus sunt descripta, ut ea non solum venerari curemus sed etiam imitari non tam auditores verborum quam rerum factores effecti, quia non auditores legis sed factores iusti sunt apud Deum [vgl. Rm 2, 13]. Sacra quippe scriptura docente didicimus, quod in archa federis Domini cum tabulis legis virga continebatur et manna [vgl. Hebr 9, 4], quoniam in pectore summi pontificis, quod per archam federis designatur, cum scientia legis divine debet virga correctionis et manna dulcedinis contineri, ut sciat vulneribus sauciati oleum infundere super vinum [vgl. Lc 10, 34] et, quem novit ex rigore percutere, sciat eciam ex benignitate sanare, humiliando superbos et humiles erigendo [vgl. Ez 21, 26; Lc 1, 51f.]127. Ein weiteres Mal wurde der Gedanke in der Arenga eines am 4. November 1213 datierten Briefes an König Johann von England verwendet128. Der Konflikt zwischen König und Papst um die Nachbesetzung des Erzbistums Canterbury und das daraus folgende langjährige Interdikt über England waren erst kürzlich aufgehoben worden; Johann hatte England als Lehen vom Papst genommen und Innocenz war nun bemüht, seinen Lehensmann in jeder Hinsicht zu unterstützen. Wieder hatten sich die kluge Anwendung von Strenge und Güte als heilsamer Weg erwiesen und den König von seinen Verirrungen geheilt: Et ecce, qui te iam quasi deiecerat, subito te erexit, humiliando sublimem, et humilem sublimando129. Auch nach Innocenz’ Tod wurde der auf dem Gregortext beruhende Baustein weiter verwendet, wie sein wiederholtes Vorkommen in Briefen der Sammlung des Thomas von Capua zeigt130. Das Beispiel der Verwendung des Gregortextes in stilisierter Form als Arenga für Briefe an verschiedene Adressaten, betreffend die Verhängung von Strafmaßnahmen und der Erweis von Gnaden, beides mit dem Ziel, beim Adressaten eine Verhaltensänderung zu erreichen oder eine erreichte zu honorieren, ist als Ausdruck einer Entwicklung zu 126  Der Brief ist in einer Handschrift der Briefsammlung des Petrus von Blois überliefert (Halle, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek, Cod. Yc 4o 1, fol. 250r‒251r). Gedruckt in Christoph Egger, Innocenz III., Philipp von Schwaben und Köln ‒ Eine Nachlese, in: Philipp von Schwaben. Beiträge der internationalen Tagung anlässlich seines 800. Todestages, Wien, 29. bis 30. Mai 2008, hg. von Andrea Rzihacek‒Renate Spreitzer (Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 19 = ÖAW, phil.-hist. Klasse, Denkschriften 399, Wien 2010) 263‒275, hier 273f. 127  Reg. Inn. Bd. XIII Nr. 175 (177) S. 262f., hier 262 Z. 13‒20. 128  Reg. Inn. Bd. XVI Nr. 133 (130) (künftig), gedruckt in: Selected Letters of Pope Innocent III concerning England (1198‒1216), ed. Christopher R. Cheney‒William H. Semple (Nelson Medieval Texts, London 1953) 168‒170 Nr. 63, hier 168 (auch PL 216 922f.): Sicut in arca foederis Domini cum tabulis testamenti virga continebatur et manna, sic in pectore summi pontificis cum scientia legis divinae rigor districtionis et favor dulcedinis continetur. Unde semper hanc consuevit moderantiam observare, ut verbera patris et ubera matris habens, sic in re­ belles et induratos severitatem exerceat quod benignitatem exhibeat erga humiles et correctos, eius exemplo qui vinum superinfudit et oleum vulneribus sauciati. 129  Ebd. Der Wortlaut von Ez 21, 26 nonne haec est quae humilem sublevavit et sublimem humiliavit wird geschickt für ein Wortspiel genützt, ähnlich der Formulierung im oben Anm. 127 zitierten Brief an Adolph von Köln, wo allerdings mit humiliando superbos et humiles erigendo auch noch der Text des Magnificat (vgl. Lc 1, 51f.) anklingt. 130   Die Briefsammlung des Thomas von Capua I, 42; III, 41; III, 44 (hier ist virgani zu virgam zu korrigieren); VII, 75; IX, 1 (= Honorius III., 20. November 1225, Potthast 7499); IX, 4 (= Gregor IX., 23. August 1238, Potthast 10646); IX, 42, ed. Thumser‒Frohmann (wie Anm. 95) 39, 111f., 112, 177, 215, 228.



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werten, die bereits mehrfach konstatiert worden ist: nämlich eine zunehmende Effizienzsteigerung in der Arbeit der Kanzlei. Diese ist auch erkennbar an der Entstehung von „Textbausteinen“ und in noch weitergehender Form in der Entstehung von Formularen. Ein bekanntes Formular, das bereits im frühen Innocenzpontifikat entstanden ist, ist Cum secundum apostolum für eine bestimmte Form der Pfründenverleihung ‒ immerhin aus vier Briefen bekannt131, wobei bemerkenswert ist, dass es sich bei den beiden als Original überlieferten Stücken um littere clause handelt132. Ein anderes Beispiel für die zumindest ansatzweise Entwicklung eines Formulars ist der Text der littere, die anlässlich von Heiligsprechungen ausgestellt wurden ‒ auch hier werden seit Innocenz III. zumindest Teile der Texte in mehreren Briefen verwendet oder wenigstens als Grundlage für je individuelle Anpassungen herangezogen133. Zugleich wird die Kanzlei und werden vor allem einzelne profilierte Mitarbeiter derselben ab dem Pontifikat Innocenz’ III. zunehmend sichtbar. Gregor VIII. war zwar nur zwei Monate lang Papst, hatte aber als Albert von Morra für längere Zeit die Leitung der päpstlichen Kanzlei inne134. Die große Zeit der kurialen Briefsammlungen beginnt im späten 12. Jahrhundert mit der Sammlung des Transmundus von Clairvaux135, ab dem frühen 13. Jahrhundert ist Thomas von Capua an der Kurie nachweisbar, dessen kuriale Karriere eng mit der Geschichte der Kanzlei und der Entwicklung des päpstlichen Brief131   Erstmals Reg. Inn. Bd. I Nr. 76, 3. April 1198, S. 113‒115. Vgl. Rudolf von Heckel, Die Verordnung Innocenz’ III. über die absolute Ordination und die Forma „Cum secundum apostolum“. HJb 55 (1935) 277‒304; ders., Zur Geschichte der Forma „Cum secundum apostolum“. HJb 57 (1937) 86‒93, mit eingehender Darstellung der subtilen Textänderungen, die die Verfeinerung und Weiterentwicklung des rechtlichen Verständnisses des Sachgehaltes widerspiegeln; zusammengefasst und vertieft durch Andreas Thier, Die päpstlichen Register im Spannungsfeld zwischen Rechtswissenschaft und päpstlicher Normsetzung: Innocenz III. und die Compilatio Tertia. ZRG 119 kan. 88 (2002) 44‒69, hier 63. 132  Es handelt sich um eine Littera an den Erzbischof von Rouen, 8. Februar 1200: David Scott Spear, An Overlooked Letter of Pope Innocent III for Rouen, in: De part et d’autre de la Normandie médiévale. Recueil d’études en hommage à François Neveux, ed. Pierre Bouet (Cahiers des Annales de Normandie 35, Caen 2009) 397–412; und um eine an den Erzbischof von Canterbury, 8. März 1202, The Letters of Pope Innocent III (1198‒1216) concerning England and Wales. A Calendar with an Appendix of Texts, ed. Christopher R. Cheney–Mary G. Cheney (Oxford 1967) 64 Nr. 393; Jane Sayers, Original Papal Documents in England and Wales from the Accession of Pope Innocent III to the Death of Pope Benedict XI (1198‒1304) (Oxford 1999) 12 Nr. 21. Zu den littere clause vgl. Christoph Egger, Littera patens, littera clausa, cedula interclusa. Beobachtungen zu Formen urkundlicher Mitteilungen im 12. und 13. Jahrhundert, in: Wege zur Urkunde ‒ Wege der Urkunde ‒ Wege der Forschung. Beiträge zur europäischen Diplomatik des Mittelalters, hg. von. Karel Hruza‒Paul Herold (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 24, Wien‒Köln‒Weimar 2005) 41‒64. Die hier 50‒53 geäußerte Vermutung, dass einer der Gründe für die Wahl der Form der littera clausa prozessrechtlicher Natur sein könnte, was vielleicht auch eine Erklärung für die verschlossene Expedition der Cum secundum apostolum-Briefe ist, ist nicht aufgegriffen in Werner Maleczek, Litterae clausae der Päpste vom 12. bis zum frühen 14. Jahrhundert, in: Kuriale Briefkultur (wie Anm. 6) 55‒128. Das dort gebotene Verzeichnis original überlieferter Stücke ist nicht vollständig, zum Beispiel wurde auch das oben genannte Stück für den Erzbischof von Rouen übersehen. 133  Krafft, Papsturkunde und Heiligsprechung (wie Anm. 66) passim. 134   Es wird diskutiert, ob er der Verfasser des oben Anm. 110 erwähnten Privilegs Alexanders III. für den Orden von Santiago ist: Klaus Herbers, Das Papsttum und die Iberische Halbinsel im 12. Jahrhundert, in: Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts, hg. von Ernst-Dieter Hehl‒Ingrid Heike Ringel‒Hubertus Seibert (Mittelalter-Forschungen 6, Stuttgart 2002) 25‒60, hier 47. 135  Sheila J. Heathcote, The Letter Collections attributed to Master Transmundus, papal notary and monk of Clairvaux in the late twelfth century. Analecta Cisterciensia 21 (1965) 34‒109, 167‒238; Franz Josef Worstbrock‒Monika Klaes‒Jutta Lütten, Repertorium der Artes Dictandi des Mittelalters. Teil I: Von den Anfängen bis um 1200 (Münstersche Mittelalter-Schriften 66, München 1992) 99‒111.

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stils verbunden ist136. Sein Ruf als Stilist und Diktator von Papstbriefen reicht bis in die Historiographie, wie seine Nennung durch Salimbene de Adam als pulcrior dictator de curia zeigt137. Auch Briefe Innocenz’ III. werden offenbar um ihres Stiles willen gesammelt ‒ zumindest scheint ein solches Interesse eine Erklärung dafür zu sein, dass in einigen Handschriften der Briefsammlung des Petrus von Blois Briefe des Papstes überliefert sind138; auch die großen kurialen Briefsammlungen des 13. Jahrhunderts, Thomas von Capua, Berard von Neapel, ps. Marinus von Eboli, enthalten einzelne seiner Briefe139. Nicht zuletzt wird der stilus dictaminis bereits unter Innocenz auch zu einem Erkennungsmerkmal für die Authentizität päpstlicher Dokumente140.

V. Wie steht es also nun mit der Frage nach dem persönlichen Anteil des Papstes an der Abfassung der unter seinem Namen herausgegebenen Briefe? Sind die 4183 im Register versammelten Texte ausreichend, um Innocenz als Briefschreiber zu fassen? Ich glaube, dass die Frage falsch gestellt ist. Das Problem liegt im Verständnis von „Autorschaft“. Zunächst ist der Begriff zu differenzieren: Für den Inhalt eines Briefes können eine oder mehrere Personen verantwortlich sein, und das gleiche gilt für die Stilisierung des Textes. Inhaltliche Autorschaft und stilistische Autorschaft können, müssen aber nicht identisch sein. Wiederum eine andere Person kann für die Endredaktion des Textes zuständig gewesen sein. Es mag wie ein Anachronismus wirken ‒ aber vermutlich unterschied sich der Vorgang der Abfassung eines inhaltlich bedeutenden Papstbriefes während des Pontifikats Innocenz’ III. nicht wesentlich von der Erstellung eines Textes unter Papst Pius XII., wie sie gerade kürzlich eindrücklich am Beispiel einer Weihnachtsansprache dieses Papstes dargestellt worden ist141. Mehrere Personen, darunter der Papst selbst, waren an der Abfassung des Textes beteiligt und haben zum Teil intensiv daran gearbeitet. Trotzdem ist es die Weihnachtsansprache Pius’ XII., er als Papst ist der Autor ‒ und genau das gilt auch für 136 Jakob Frohmann, Emmy Heller (1886‒1956) und die Überlieferung der Briefsammlung des Thomas von Capua, in: Kuriale Briefkultur (wie Anm. 6) 153‒178, hier 155f. der jüngste Überblick über seine Biographie. S. den Beitrag von Andreas Fischer in diesem Band. 137  Salimbene de Adam, Cronica, ed. Giuseppe Scalia (CCCM 125‒125A, Turnhout 1999) 2 580, zu 1250: Dominus Thomas cardinalis, qui fuit de Capua, fuit pulcrior dictator de curia et dictavit illam epistolam quam misit summus pontifex domino Friderico condam imperatori, reprehendendo ipsum de multis et variis excessi­ bus et excusando se et Romanam Ecclesiam ab obiectis et servitia et beneficia collata recolendo eidem. Fuit autem prin­ cipium illius epistole huiusmodi: Miranda tuis sensibus nostra venit epistola, ut scripsisti, sed mirabilior tua nostris. Es handelt sich um einen Brief Honorius III. an Friedrich II. aus dem Jahr 1226, Potthast 7581. 138   Vgl. den oben Anm. 126 erwähnten Brief in einer Handschrift in Halle; oder Reg. Inn. Bd. IX Nr. 183 (185) S. 334f., in zehn Handschriften der Briefsammlung des Petrus unter seinen Briefen überliefert und auch in PL 207 509 Nr. 220 unter diesen gedruckt. Vgl. die Einleitung Reg. Inn. Bd. IX S. XXIV und den allerdings nicht ganz akkuraten Artikel von Anna Maria Musumeci, Le lettere CCXIX e CCXX di Pietro di Blois. Alcune riflessioni sulla „svolta“ nei rapporti tra Chiesa gerarchica e movimento religioso. Quaderni catanesi 6 (1984) 407‒433. 139   Z. B. Fritz Schillmann, Die Formularsammlung des Marinus von Eboli (BDHIR 16, Rom 1929) 407 (Verzeichnis der zeitlich bestimmten Papsturkunden). Die Zuschreibung der Briefsammlung an Marinus von Eboli ist unzutreffend; vgl. Erdmann, Zur Entstehung (wie Anm. 24) 200. 140  Vgl. Reg. Inn. Bd. I Nr. 349, 4. September 1198, S. 520‒522, hier 521 Z. 15; Reg. Inn. Bd. III Nr. 214 (41), 8. Dezember 1200, PL 214 927A‒929C, hier 929B (künftig: 77 Z. 5f.); und öfter. 141 Hubert Wolf, Verschlossen, verwechselt, verlegt, verbrannt. Das Schicksal der Weihnachtsansprache Pius’ XII. von 1942. Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 70 (2022) 723‒759.



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die Zeit Innocenz’ III. In diesem Sinne ist die Nennung der Briefe, Register und Dekretalen in den Gesta Innocentii142 zu verstehen: Als Papst ist Innocenz der Autor aller Briefe, die unter seinem Namen die Kurie verlassen, der hochbedeutenden politischen Briefe ebenso wie der theologischen und juristischen Anfragebeantwortungen ebenso wie der alltäglichen Routineangelegenheit: Es spricht in ihnen das Amt und nicht das Individuum. Die Individuen hinter den Texten verschwinden hinter dem Autor.

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  Oben Anm. 3.

Schreiben Innocenz’ III. und Honorius’ III. in der Briefsammlung des Thomas von Capua: Überlieferungs­ zusammenhänge und Rezeptionsinteressen Andreas Fischer

Einleitung Schreiben der Päpste Innocenz III. (1198–1216) und Honorius III. (1216–1227) lassen sich in nur zwei der insgesamt vier großen kurialen Briefsammlungen des 13. Jahrhunderts nachweisen, die unter den Namen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Kompilatoren bekannt sind1. Die Sammlungen des Richard von Pofi und des Berard von Neapel enthalten keine Briefe der beiden Päpste vom Anfang des 13. Jahrhunderts2. In ihnen 1 Einen Überblick über die kurialen Briefsammlungen des 13. Jahrhunderts bieten Harry Bresslau. Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien 1 (Berlin–Leipzig 21931) 264–268, und Friedrich Bock, Päpstliche Sekretregister und Kammerregister. Überblick und Ergänzung früherer Studien zum Registerwesen des Spätmittelalters. Archivalische Zeitschrift 59 (1963) 30–58; s. ferner Hans Martin Schaller, Briefe und Briefsammlungen als Editionsaufgabe 2. Die Zeit nach 1100, in: Mittelalterliche Textüberlieferungen und ihre kritische Aufarbeitung (München 1976) 63–69; wieder abgedruckt in: ders., Stauferzeit. Ausgewählte Aufsätze (MGH Schriften 38, Hannover 1993) 409–416; knapp auch Andreas Fischer, Quellen zur Geschichte des Kardinalats im 13. Jahrhundert, in: Geschichte des Kardinalats im Mittelalter, hg. von Jürgen Dendorfer–Ralf Lützelschwab (Päpste und Papsttum 39, Stuttgart 2011) 42–45, hier 43f. Zuletzt ausführlich: Matthias Thumser, Les grandes collections de lettres de la curie pontificale au XIIIe siècle. Naissance, structure, édition, in: Le dictamen dans tous ses états. Perspectives de recherche sur la théorie et la pratique de l’ars dictaminis (XIe–XVe siècles), hg. von Benoît Grévin–Anne-Marie Turcan-Verkerk (Bibliothèque d’Histoire Culturelle du Moyen Âge 16, Turnhout 2015) 209–241. – Nicht hinzugezählt wird hier die Sammlung der Epistole et dictamina Clementis pape quarti, die aus einem Papstregister hervorgegangen ist; s. dazu nun die Edition von Matthias Thumser: Epistole et dictamina Clementis pape quarti. Das Spezialregister Papst Clemens’ IV. (1265–1268), ed. Matthias Thumser, 3 Teile (MGH Briefe des späteren Mittelalters 4, Wiesbaden 2022) (mit Nennung weiterer Literatur). Zu den Epistole et dictamina Clementis pape quarti s. ferner ders., Zur Überlieferungsgeschichte der Briefe Papst Clemens’ IV. (1265–1268). DA 51 (1995) 115–168; vgl. ders., Zurück zu Lachmann? Alte und neue Wege bei der Edition der „Epistole et dictamina Clementis pape quarti“, in: Editionswissenschaftliche Kolloquien 2003/2004. Historiographie – Briefe und Korrespondenzen – Editorische Methoden, hg. von dems.–Janusz Tandecki unter Mitarbeit von Antje Thumser (Publikationen des DeutschPolnischen Gesprächskreises für Quellenedition 3, Toruń 2005) 215–231; auch Edith Pásztor, Per la storia dei registri pontifici nel duecento. AHP 6 (1968) 71–112, wieder abgedruckt in dies., Onus Apostolicae Sedis. Curia romana e cardinalato nei secoli XI–XV (Roma 1999) Nr. VII 111–152, hier 123–152. 2   Zur Kompilation des Richard von Pofi s. Ernst Batzer, Zur Kenntnis der Formularsammlung des Richard von Pofi (Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte 28, Heidelberg 1912); Peter Herde, Öffentliche Notare an der päpstlichen Kurie im dreizehnten und beginnenden vierzehnten Jahrhun-

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haben ausschließlich Schreiben aus den Pontifikaten von Alexander IV. bis Clemens IV. (1254–1268) (Richard von Pofi) und Briefe aus der Zeit Urbans IV. bis Nikolaus’ IV. (1261–1292) (Berard von Neapel) Aufnahme gefunden3. Für eine Analyse schriftlicher Mitteilungen Innocenz’ III. und Honorius’ III. kommen sie daher nicht in Betracht. Anders verhält es sich hingegen mit den Briefsammlungen, die mit den Namen Thomas von Capua und Marinus von Eboli in Zusammenhang gebracht werden4. Sie beinhalten mehrere Briefe der beiden Päpste vom Anfang des 13. Jahrhunderts. Die zuletzt genannte Briefsammlung des Marinus von Eboli stellt dabei die jüngste Kompilation von dert, in: Studien zur Geschichte des Mittelalters. Jürgen Petersohn zum 65. Geburtstag, hg. von Matthias Thumser–Annegret Wenz-Haubfleisch–Peter Wiegand (Stuttgart 2000) 239–259, hier 252f.; ders., Authentische Urkunde oder Stilübung? Papsturkunden in der Briefsammlung des Richard von Pofi, in: Kuriale Briefkultur im späteren Mittelalter. Gestaltung – Überlieferung – Rezeption, hg. von Tanja Broser–Andreas Fischer–Matthias Thumser (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 37, Köln–Weimar–Wien 2015) 179–200; zuletzt auch Thumser, Grandes collections (wie Anm. 1) 220–224, und ders., Päpstliche Kurie, in: Ars dictaminis. Handbuch der mittelalterlichen Briefstillehre, hg. von Florian Hartmann–Benoît Grévin (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 65, Stuttgart 2019) 158–180, hier 167–171. Zur Briefsammlung des Berard von Neapel s. vor allem Elmar Fleuchaus, Die Briefsammlung des Berard von Neapel. Überlieferung – Regesten (MGH Hilfsmittel 17, München 1998); Ferdinand Kaltenbrunner, Römische Studien III. 1. Die Briefsammlung des Berardus de Neapoli. MIÖG 7 (1886) 21–118, und ders., Römische Studien III. 2. Die Sammlung des Berardus als historische Quelle. Ebd. 555–635; Léopold Delisle, Notice sur cinq manuscrits de la Bibliothèque Nationale et sur un manuscrit de la Bibliothèque de Bordeaux contenant des recueils épistolaires de Bérard de Naples. Notices et extraits des manuscrits de la Bibliothèque Nationale et autres bibliothèques 27/2 (1879) 87–167; Andreas Fischer, Zur ursprünglichen Gestalt und frühen Verwendung der Briefsammlung Berards von Neapel, in: Kuriale Briefkultur (wie oben) 201–222; zusammenfassend zuletzt Thumser, Grandes collections (wie Anm. 1) 224–230, und ders., Päpstliche Kurie (wie oben) 175–177. 3   S. dazu neben der in Anm. 2 angegebenen Literatur auch Hans Martin Schaller, Studien zur Briefsammlung des Kardinals Thomas von Capua. DA 21 (1965) 371–518, hier 381f. 4  Zur Briefsammlung des Thomas von Capua s. Hans Martin Schaller, Zur Entstehung der sogenannten Briefsammlung des Petrus de Vinea. DA 12 (1956) 114–159; wieder abgedruckt in: ders., Stauferzeit (wie Anm. 1) 225–270, bes. 253–259; ders., Studien (wie Anm. 3) 371–518; unter Korrektur der Forschungsergebnisse Schallers zuletzt Thumser, Grandes collections (wie Anm. 1) 214–220; ders., Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 160–167; vgl. ferner ders., Die Briefsammlung des Thomas von Capua. Etappen eines Editionsvorhabens, in: Editionswissenschaftliches Kolloquium 2011. Quellen kirchlicher Provenienz. Neue Editionsvorhaben und aktuelle EDV-Projekte, hg. von Helmut Flachenecker–Janusz Tandecki unter Mitarbeit von Krzysztof Kopiński (Publikationen des Deutsch-Polnischen Gesprächskreises für Quellenedition 6, Toruń 2011) 11–25; Jakob Frohmann, Emmy Heller (1886–1956) und die Überlieferung der Briefsammlung des Thomas von Capua, in: Kuriale Briefkultur (wie Anm. 2) 153–178; vgl. nunmehr auch die unkritische Online-Edition Die Briefsammlung des Thomas von Capua. Aus den nachgelassenen Unterlagen von Emmy Heller und Hans Martin Schaller ed. Matthias Thumser–Jakob Frohmann (o. O. 2011) mit der Einleitung 3–9 (https://www.mgh. de/storage/app/media/uploaded-files/MGH_digital_Angebote_Thomas_von_Capua.pdf ) [30. 6. 2022]. Vgl. hierzu ferner Fulvio Delle Donne, Una costellazione di epistolari del XIII secolo: Tommaso di Capua, Pier della Vigna, Nicola da Rocca. Filologia Mediolatina 11 (2004) 143–159. Zur Sammlung des Marinus von Eboli s. Fritz Schillmann, Die Formularsammlung des Marinus von Eboli 1: Entstehung und Inhalt (Bibliothek des Preußischen Historischen Instituts 16, Rom 1929); Carl Erdmann, Zur Entstehung der Formelsammlung des Marinus von Eboli. QFIAB 21 (1929/30) 176–208 (unter Korrektur der Ergebnisse Schillmanns); ferner Peter Herde, Marinus von Eboli: „Super Revocatoriis“ und „De Confirmationibus“. Zwei Abhandlungen des Vizekanzlers Innocenz’ IV. über das päpstliche Urkundenwesen. QFIAB 42/43 (1963) 119–264, hier 157–159; ders., Ein Formelbuch Gerhards von Parma mit Urkunden des Auditor litterarum contradictarum aus dem Jahr 1277. AfD 13 (1967) 225–312, hier 227–230; Martin Bertram, Zwei neue Handschriften der Briefsammlung des Pseudo-Marinus von Eboli, in: Forschungen zur Reichs-, Papst- und Landesgeschichte. Peter Herde zum 65. Geburtstag von Freunden, Schülern und Kollegen dargebracht, hg. von Karl Borchardt–Enno Bünz, Teil 1 (Stuttgart 1998) 457–475; zuletzt Thumser, Grandes collections (wie Anm. 1) 230–235; ders., Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 171–173.



Schreiben Innocenz’ III. und Honorius’ III. in der Briefsammlung des Thomas von Capua 81

Briefen im Umfeld der Kurie des 13. Jahrhunderts dar. Ihre Zusammenstellung wurde nach Carl Erdmann im Rahmen einer Redaktion wohl in der Sedisvakanz nach dem Tod Nikolaus’ IV. zwischen 1292 und 1294 abgeschlossen5. Sie bildet damit den Schlusspunkt in der Reihe der großen Sammlungen, in denen sich die kuriale Briefkultur des 13. Jahrhunderts spiegelt. An deren chronologischem Beginn steht hingegen die Briefsammlung des Thomas von Capua. Ihr Grundstock wurde vor 1239 gelegt, und ihr wird man sich zuwenden müssen, wenn man etwas über das Interesse an der Rezeption von päpstlichen Briefen vom Beginn des 13. Jahrhunderts erfahren und Einblicke in die Überlieferungszusammenhänge gewinnen möchte, die den Rahmen für die Entstehung einer kurialen Briefsammlung bildeten. Der Aufsatz widmet sich diesem Themenkomplex daher ausgehend von der Briefsammlung des Thomas von Capua. Diese wird in ihren unterschiedlichen Redaktionsformen einleitend kurz vorgestellt, ehe eine Bestandsaufnahme der darin enthaltenen Schreiben Innocenz’ III. und Honorius’ III. erfolgt. Dabei werden die Probleme bei ihrer Zuordnung und Erschließung ebenso thematisiert wie mögliche Motive für ihre Aufnahme und Platzierung in der Kompilation. Am Beispiel eines Briefes Honorius’ III. wird schließlich gezeigt, welche Wandlungen ein Schreiben im Überlieferungszusammenhang durchlaufen konnte, und anhand zweier unterschiedlicher Versionen des Briefes die Genese der Briefsammlung des Thomas von Capua in ihren Anfängen beleuchtet.

Die Briefsammlung des Thomas von Capua Die Briefsammlung des Thomas von Capua enthält in einer sogenannten „Normalfassung“ insgesamt 626 Briefe (drei davon Dubletten), die auf die Zeit von 1213 bis 1268 datiert werden können und auf zehn thematisch geordnete Bücher verteilt sind6. Diese Version hat in mehr als 74 Handschriften, in denen sie ganz oder teilweise überliefert ist, die Zeiten überdauert7. In den Codices wird diese Art der Kompilation als Summa dicta­ minis bezeichnet und dem Kardinal Thomas von Capua zugeschrieben (Summa dictaminis composita per magistrum Thomam de Capua sancte Romane ecclesie cardinalem)8. Über den solchermaßen als Urheber der Kompilation identifizierten Geistlichen ist vor allem aufgrund seiner herausgehobenen Stellung an der römischen Kurie recht viel bekannt9. Thomas wurde wohl vor 1185 im süditalienischen Capua geboren. Er ent  Erdmann, Entstehung (wie Anm. 4) 189f.   Schaller, Studien (wie Anm. 3) 399; Briefsammlung des Thomas von Capua, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 4. 7  Ein Verzeichnis aller bislang bekannten Handschriften mit Briefen aus der Briefsammlung des Thomas von Capua, darunter auch die der Zehnbücherredaktion, findet sich in: Handschriftenverzeichnis zur Briefsammlung des Thomas von Capua. Auf der Grundlage von Vorarbeiten von Hans Martin Schaller bearb. von Kristina Stöbener–Matthias Thumser (MGH Hilfsmittel 30, Wiesbaden 2017), zur Zehnbücherredaktion hier LVI; vgl. auch die Angaben bei Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 165. 8   Briefsammlung des Thomas von Capua, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 4f. (mit dem Zitat ebd. 5), und Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) LV (mit dem Zitat ebd.); vgl. auch Schaller, Studien (wie Anm. 3) 380 Anm. 36. 9  Zum Folgenden s. Werner Maleczek, Papst und Kardinalskolleg von 1191 bis 1216. Die Kardinäle unter Coelestin III. und Innocenz III. (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturinstitut in Rom I/6, Wien 1984) 201–203; ders., Zwischen lokaler Verankerung und universalem Horizont. Das Kardinalskollegium unter Innocenz III., in: Urbs et Orbis 102‒174, hier 163; Schaller, Studien (wie Anm. 3) 387–394; Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 155; Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stö5 6

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stammte der lokalen Adelsfamilie de Ebulo10. Nach einer Ausbildung, die ihm den Titel eines Magisters einbrachte, trat Thomas in den Dienst der römischen Kurie ein. Zunächst war er Subdiakon und Notar, ehe ihn Innocenz III. spätestens 1215 zum Leiter der Kanzlei ernannte und ihn im Jahr darauf zum Kardinaldiakon von S. Maria in Via lata erhob. Zuvor war Thomas offenbar zum Erzbischof von Neapel gewählt worden, trat das Amt allerdings nicht an, sondern verblieb an der Kurie, wo ihn der Papst in den Kreis seiner engsten Berater, das Kardinalskollegium, berief. Nur wenige Wochen danach, im April desselben Jahres 1216, wurde dem Neukreierten sogar die Promotion zum Kardinalpriester von S. Sabina zuteil – ein weiterer Beleg dafür, wie sehr Innocenz III. den Capuaner schätzte. Unter dem Nachfolger des Papstes, Honorius III., ging Thomas seiner Tätigkeit in der Kanzlei nicht mehr nach. Weiterhin blieb er als Auditor am kurialen Gericht tätig, übernahm daneben aber auch neue Aufgaben. Seit 1219 fungierte er als Kardinalpönitentiar. Mit dem Pontifikatsantritt Gregors IX. im Jahr 1227 begann dann sein Aufstieg zu einem der wichtigsten Diplomaten der Kurie; einen möglichen Wechsel auf den Patriarchenstuhl von Jerusalem hatte der neue Papst unterbunden. Immer wieder vermittelte Thomas in den folgenden Jahren zwischen Gregor IX. (1227–1241), Friedrich II. und den oberitalienischen Städten: So zeichnete der Kardinal etwa für das Zustandekommen des Friedens von San Germano im Jahr 1230 mitverantwortlich; 1233 war er maßgeblich an der Vermittlung eines Ausgleichs zwischen den Städten Rom und Viterbo beteiligt. Vier Jahre später scheiterten seine Bemühungen um einen Frieden zwischen dem Stauferkaiser und den lombardischen Städten Kommunen allerdings. Im August 1239 verstarb Thomas von Capua schließlich in Anagni. Die Ausübung seiner Ämter an der römischen Kurie verband Thomas mit der Niederschrift entsprechender Werke: In seiner Zeit als Pönitentiar entstand eine Formularsammlung, die im Kern auf ihn zurückgeht, und im Kontext seiner Tätigkeit in der Kanzlei verfasste er eine ars dictandi11. Eben dieser Text findet sich in vielen Handschriften der Summa dictaminis-Version (die sogenannte „Normalfassung“ in zehn Büchern) an der Spitze der Briefsammlung, wo der Kardinal auch als Urheber der Kompilation genannt wird12. Dies und die Tatsache, dass Thomas von Capua den Zeitgenossen als herausragender dictator an der römischen Kurie galt, genügte, um ihm die Briefsammlung in der überlieferten Form zuzuschrei-

bener–Thumser (wie Anm. 7) XLVIIIf.; Thumser, Grandes collections (wie Anm. 1) 214; ders., Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 160. 10  Zu den familiären Hintergründen ausführlich Schaller, Studien (wie Anm. 3) 371–387. 11  Zur Formularsammlung der Pönitentiarie – der ältesten ihrer Art – s. die Einleitung zur Edition: A Formulary of the Papal Penitentiary of the Thirteenth Century, ed. Henry Charles Lea (Philadelphia 1892) v– xxxviii; vgl. Schaller, Studien (wie Anm. 3) 371f., und Maleczek, Papst (wie Anm. 9) 202. Zur ars dictandi: Thomas von Capua, Die Ars dictandi, ed. Emmy Heller (SB der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl. 1928/29, 4, Heidelberg 1929) 10–44; vgl. dazu Claudio Felisi–Anne-Marie Turcan-Verkerk, Les artes dictandi latines de la fin du XIe à la fin du XIVe siècle: un état des sources, in: Le dictamen dans tous ses états (wie Anm. 1) 417–541, hier 492 Nr. 88.1; Tanja Broser, Les règles de l’ars dictaminis à la Curie pontificale durant le XIIIe siècle, in: ebd. 243–256, hier 247f.; Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 161f.; Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) XLIX–LI. 12   Ebd. LI; vgl. auch Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 160 und 162; Schaller, Studien (wie Anm. 2) 399; Maleczek, Papst (wie Anm. 9) 203 Anm. 582; zur Nennung des Thomas von Capua als Urheber der Kompilation s. oben S. 81 mit Anm. 8.



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ben13. Allerdings verweisen die datierbaren Schreiben in der Kompilation auf einen Entstehungszeitraum von 1213 bis 1268; ein Teil der Briefe kann also nicht durch Thomas von Capua in die Kompilation aufgenommen worden sein – der Kardinal starb bereits 123914. Gleichwohl lag der Schwerpunkt der Kompilation erkennbar in seiner Lebenszeit. Zudem lassen sich 26 der Briefe in der Sammlung sicher Thomas von Capua als Verfasser zuschreiben15. Ob noch mehr Schreiben auf ihn unmittelbar zurückzuführen sind, wie man in der Forschung ebenfalls angenommen hat, werden weitere Untersuchungen zeigen müssen16. Insgesamt ist aber davon auszugehen, dass der Kardinal selbst die Grundlage für die Sammlung legte, die unter seinem Namen an der Kurie und in ihrem Umfeld kursieren sollte. Wie genau diese Basis aussah, hat die Forschung zuletzt wieder intensiver beschäftigt. Schon in älteren Untersuchungen war eine Anzahl von Handschriften, die die Sammlung bzw. Teile davon in einem ungegliederten Zustand überliefern, als „Primärtradition“ identifiziert und am Beginn der Überlieferungskette eingeordnet worden17. Übereinstimmende Reihen von Briefen und das Fehlen von Fremdmaterial aus anderen Sammlungen ließen den Schluss zu, dass es sich bei den betreffenden Codices um eine geschlossene Gruppe handelt, die eine frühere Bearbeitungsstufe repräsentiert18. Als solche stand sie, so die Vermutung, näher an der ursprünglichen Version der Kompilation als die Zehnbücherfassung, die Summa dictaminis, die erst in oder nach 1268 entstanden sein kann. Eine erste, sehr frühe Redaktion des Briefmaterials, die die Basis der sogenannten Primärtradition bildete, entstand möglicherweise noch zu Lebzeiten des Kardinals, also vor 1239 und nicht erst, wie man vermutete, um 125719. Die Datierung auf die Zeit nach der Jahrhundertmitte war auch aufgrund eines biographischen Faktors erfolgt: Beide Redaktionen (früh und spät) könnten, so die Vermutung, unter der Ägide des Kardinals Giordano Pironti durchgeführt worden sein, der von spätestens Mitte 1256 bis zu seinem Tod im Oktober 1269 der Kanzlei vorstand20. Inzwischen hat man sich aber – zumindest was   S. dazu Schaller, Studien (wie Anm. 3) 391; Maleczek, Papst (wie Anm. 9) 203.   Zur chronologischen Einordnung der Briefe s. Schaller, Studien (wie Anm. 3) 381f. und 402; Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 156; Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 162. 15  Schaller, Studien (wie Anm. 3) 401; vgl. ferner Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener– Thumser (wie Anm. 7) LIV. 16  Die Annahme Hellers, die Thomas von Capua die meisten Briefe der unter seinem Namen laufenden Sammlung zuschreiben wollte, dürfte indes nicht zutreffen; vgl. dazu Emmy Heller, Der kuriale Geschäftsgang in den Briefen des Thomas v. Capua. AUF 13 (1935) 198–318, und Briefsammlung des Thomas von Capua, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 4f. 17 So Heller, Geschäftsgang (wie Anm. 16) 254–256, mit den Begriffen „Primärtradition“, „Primärüberlieferung“ und „Primärgruppen“; Schaller, Studien (wie Anm. 3) 404–412, griff die Terminologie auf. Vgl. zuletzt Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 162–165. 18  So unter Rückgriff auf die ältere These Emmy Hellers nun Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4), bes. 161 und 167f. (mit dem Stemma auf 168); Briefsammlung des Thomas von Capua, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 5f.; Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) LI–LIX; Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 162–165. Hans Martin Schaller hatte noch die Zehnbücherredaktion für die ursprünglichere Fassung, alle ungegliederten Kompilationen von Briefen aus der Sammlung des Thomas von Capua hingegen für Abfallprodukte gehalten und einen entsprechenden Entstehungsprozess angenommen; s. Schaller, Studien (wie Anm. 3) 437–441. Die neue Sicht der Forschung kehrt das Verhältnis von ungegliederten und geordneten Sammlungen und damit auch den Entstehungsprozess der Briefsammlung um. 19  Zu den Datierungen s. Schaller, Studien (wie Anm. 3) 413–415, 437f. und 449f.; Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 176f.; Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) LVI; Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 165. 20  Vgl. Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) LVIIIf.; Schaller, Stu13 14

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die Entstehung der Primärtradition betrifft – von der Vorstellung gelöst, dass Giordano Pironti daran mitgewirkt haben müsse. Insgesamt geht man auf der Basis der skizzierten Überlegungen in der heutigen Forschung zur Briefsammlung von zwei Stufen der Bearbeitung des Materials aus: Eine erste erfolgte möglicherweise vor 1239, eine zweite, die schließlich zur Einteilung der Sammlung in zehn Bücher führte, eventuell 1268 oder 1269, möglicherweise in der langen Sedisvakanz nach dem Tod Clemens’ IV. (1265–1268), vielleicht noch vor dem Ableben des Giordano Pironti. Als wichtigster Textzeuge der Primärtradition gilt eine Florentiner Handschrift (Gaddi 116); daneben sticht insbesondere ein Codex aus Paris hervor (Paris lat. 11867)21. Auf den letztgenannten wird in diesem Beitrag noch zurückzukommen sein. Bedeutsam sind diese überlieferungsgeschichtlichen Feststellungen hinsichtlich der Aufnahme päpstlicher Schreiben aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in die Briefsammlung, namentlich solcher Innocenz’ III. und Honorius’ III. Dabei geht es nicht nur um inhaltliche Aspekte, die einen Einblick in die Rezeptionsinteressen bieten, sondern auch um die Art der Anordnung der Briefe in der ursprünglichen Fassung – und schließlich ebenfalls um ihren Umfang und ihre Gestalt.

Päpstliche Schreiben in der Briefsammlung des Thomas von Capua: Innocenz III. und Honorius III. Gerade die Art der Ausgestaltung der Schreiben nicht nur in der Briefsammlung des Thomas von Capua ist es, die eine Zuordnung der Papstbriefe enorm erschwert. In den Kompilationen fehlen in der Regel die Angaben zu Absender und Adressaten; Eigennamen wurden zumeist, sofern sie nicht ganz gestrichen sind, im Rahmen einer Bearbeitung der ursprünglichen Briefe durch Initialen ersetzt. Nicht selten wurden die Schreiben dabei bis auf die Exordien gekürzt22. Mit dieser Vorgehensweise trugen die Kopisten dem Charakter der Briefsammlungen als Zusammenstellungen von literarisch-stilistisch interessanten Musterschreiben Rechnung. Sprachlich irrelevante Bestandteile der Briefe konnten entfallen. Auf diese Weise gingen allerdings auch zahlreiche inhaltliche Anhaltspunkte verloren, die eine Einordnung der Schreiben und die Identifizierung von Absender und Adressaten ermöglichten. Für die Identifizierung päpstlicher Schreiben bedeutet dies: Wo sich keine Parallelüberlieferung wie etwa in den Papstregistern findet, ist man bei der Zuordnung der Briefe grundsätzlich auf die Reste angewiesen, die den Überarbeitungsprozess überstanden. Dies gilt auch für die Sammlung des Thomas von Capua, in der man in der Zehnbücherfassung etwa 70 Schreiben als päpstliche Briefe identifiziert hat23. Gemessen an der dien (wie Anm. 3) 413–415. Zu seiner Person s. Christoph Egger, Henry III’s England and the Curia, in: England and Europe in the Reign of Henry III (1216–1272), hg. von Björn K. U. Weiler–Ifor W. Rowlands (Aldershot 2002) 215–231, hier 220–223; ders., Art. Jourdain Pironti de Terracine. DHGE 28 (2003) 337– 339; Andreas Fischer, Kardinäle im Konklave. Die lange Sedisvakanz der Jahre 1268 bis 1271 (BDHIR 118, Tübingen 2008) 185–191; Nicholas Vincent, The Will of Giordano Pironti, Cardinal Deacon of SS. Cosma e Damiano (d. 1269). RSCI 67 (2013) 373–396, hier 373–387. 21  Zu den Handschriften s. Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) 40– 43 Nr. 26 (Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Gaddi 116) und 97–105 Nr. 57 (Paris, BN, lat. 11867). 22   Zu dieser Vorgehensweise in der Sammlung des Thomas von Capua s. Schaller, Studien (wie Anm. 3) 401 und 403. 23  Ebd. 390 und 401; s. auch die Online-Edition der Briefsammlung des Thomas von Capua, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4).



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Zahl von insgesamt 626 Schreiben, die darin vereint wurden, ist das ein vergleichsweise niedriger Wert – die anderen großen kurialen Briefsammlungen weisen einen deutlich höheren Anteil an Papstbriefen auf24. Von den 70 Schreiben kann aufgrund der zuvor geschilderten Probleme etwa die Hälfte keinem Papst zugeordnet werden; von den 35 verbleibenden können beim momentanen Kenntnisstand vier Innocenz III. und 18 Honorius III. zugeschrieben werden25. Von den Schreiben Innocenz’ III. ist keines in der Registerüberlieferung nachweisbar, von den Honorius-Briefen begegnen immerhin neun in den Registern des Papstes26. Für die Hälfte der Briefe Honorius’ III. in der sogenannten „Normalfassung“ der Sammlung des Thomas von Capua, der Summa dictaminis, ist damit deren Authentizität belegt. Allerdings wird man auch für die übrigen Schreiben des Papstes wie die seines unmittelbaren Vorgängers davon ausgehen können, dass es sich nicht um Stilübungen handelte: Gerade dort, wo Eigennamen erhalten geblieben sind, fügen sich die Schreiben und ihr jeweiliger Inhalt gut zu den bekannten Informationen und liefern wertvolle, etwa auch behördengeschichtliche Einblicke27. Kopiert und erweitert wurde die Zusammenstellung der Briefe, die ihre Existenz offenbar konkreten Entstehungszusammenhängen und -anlässen verdanken, gleichwohl offenbar aufgrund des literarischen Modellcharakters der einzelnen Stücke. In der Forschung hat man insbesondere die Entstehung der Zehnbücherredaktion mit einer möglichen Verwendung im Unterricht an der römischen Kurie in Verbindung gebracht28. Die Feststellungen zur Authentizität lenken den Blick auf die ursprünglichen Überlieferungszusammenhänge, im Zuge derer das Material aus den Kanzleien der beiden Päpste in die Vorform der Zehnbücherredaktion der Sammlung gelangt sein muss. Anhand des vollständigsten Textzeugen der ersten Redaktion, der vorhin genannten Florentiner Handschrift Gaddi 116, soll auch hier zunächst eine Bestandsaufnahme erfolgen29. Von den vier Innocenz-Briefen der Zehnbücherredaktion finden sich alle vier Schreiben im Codex aus Florenz; aus dem Honorius-Konvolut sind immerhin 14 Briefe in die Handschrift gelangt (es fehlen I, 61; III, 4, 6; VII, 115). Dass die vier fehlenden Schreiben des Honorius zum Zeitpunkt der Erstellung der Primärtradition, die die Florentiner Handschrift repräsentiert, nicht zur Verfügung standen und erst später, eventuell im Rahmen der zweiten Redaktion in die Sammlung des Thomas von Capua aufgenommen wurde, kann nicht ausgeschlossen werden. Wahrscheinlicher ist aber, dass man sie bei der Niederschrift von Gaddi 116 bewusst ausließ.   So treffend Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 156.   S. hierzu die Einordnung der Briefe in Briefsammlung des Thomas von Capua, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4): I, 15–17 und IV, 1 (Innocenz III.) sowie I, 1; I, 5–8; I, 11; I, 13; I, 61; III, 4-6; VII, 2; VII, 4; VII, 96; VII, 115; IX, 1 und 8 (Honorius III.). Vier weitere Schreiben könnten eventuell Honorius III. zuzuweisen sein: I, 14 (nach Schaller, Studien [wie Anm. 3] 401 Anm. 134 nicht klar zuweisbar; der Brief wird hier aber Honorius III. zugerechnet und mitgezählt; vgl. dazu auch die Online-Edition); deutlich unsicherer: III, 59 (möglicherweise Honorius III.?); VI, 22 (möglicherweise Honorius III.?); VII, 88 (nach Schaller, Studien [wie Anm. 3] 401 Anm. 134 nicht klar zuweisbar, möglicherweise aber eher Honorius III. als – wie in der Online-Edition angegeben – Gregor IX.). 26  Es handelt sich um die Schreiben in der Briefsammlung des Thomas von Capua I, 1 (Pressutti 5967); I, 7 (Pressutti 2207); I, 8 (Pressutti 2208); I, 13 (Pressutti 4408); III, 5 (Pressutti 4262); III, 6 (Pressutti 2372); VII, 96 (Pressutti 100); IX, 1 (Pressutti 5726); IX, 8 (Pressutti 5008), ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 14–18, 22–24, 28f., 98–101, 183, 212f. und 216f. Vgl. dazu auch Schaller, Studien (wie Anm. 3) 403 mit Anm. 144. 27   Heller, Geschäftsgang (wie Anm. 16); Schaller, Studien (wie Anm. 3) 401. 28   Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 164f. und 178. 29   Zur Handschrift s. die in Anm. 21 angegebene Literatur; zu ihrer Einordnung im Anschluss an die Thesen von Heller nun Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 171–177. 24 25

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Denn es ist überaus auffällig, wie die Schreiben Innocenz’ III. und Honorius’ III. im Codex (und damit auch in der Primärtradition) angeordnet sind. Der Großteil der Briefe der beiden Päpste steht am Anfang der Zusammenstellung, und mehrere der Schreiben bilden Blöcke, andere stehen eng beieinander30. In der zweiten Redaktion der Zehnbücherfassung trifft dies hingegen nur auf wenige der Briefe zu; hier hat man die ursprüngliche Ordnung der Primärtradition aufgebrochen, um die Texte der thematischen Gliederung entsprechend zu verteilen31. Daneben lässt auch die Reihung der Briefe Innocenz’ und Honorius’ in der Florentiner Handschrift eine Anordnung erkennen, die inhaltlichen Kriterien verpflichtet ist. Die Tabelle bietet einen Überblick zunächst über die Anordnung der Schreiben in der Handschrift Florenz, Gaddi 11632: Zehnbücherredaktion I, 1 I, 5 I, 6 IX, 8 VII, 2 I, 7 I, 8 III, 5 IX, 1 I, 11 I, 13 VII, 4 I, 14 I, 15 I, 16 I, 17 VII, 96 IV, 1

Florenz, Gaddi 116 1 6 7 11 12 13 14 15 16 26 28 29 32 33 34 35 368 400

Aussteller Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Honorius III. Innocenz III. Innocenz III. Innocenz III. Honorius III. Innocenz III.

In dieser Reihung stellen die ersten Einträge in Gaddi 116, die sich als Papstbriefe identifizieren lassen, eine Gruppe von Schreiben Honorius’ III. dar, in der es um Angelegenheiten des Kreuzzugs sowie um kirchliche und – in einem Fall – um weltliche Belange im Königreich Sizilien geht (die Aufnahme eines Adeligen in die Gunst des Stauferkaisers; in der Tabelle: I, 1–III, 5; Gaddi 116 Nr. 1–15)33. Dieser erste Block an Papstbriefen endet mit der berühmten Konstitution Honorius’ III. zum Schutz der Kardinäle (IX, 1; 30  Zu den folgenden Ausführungen vgl. auch die Beobachtungen von Frohmann, ebd. 172f., die sich mit den hier getroffenen Aussagen decken. 31  Vgl. dazu auch ebd. 173f. 32  Vgl. zur Abfolge der Briefe im Codex die Liste bei Schaller, Studien (wie Anm. 3) 434f., und Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) 40-43 Nr. 26, hier 41, auf deren Zusammenstellung die Angaben hier beruhen. 33   Briefsammlung des Thomas von Capua I, 1; I, 5; I, 6; IX, 8; VII, 2; I, 7; I, 8 und III, 5, ed. Thumser– Frohmann (wie Anm. 4) 14–18, 21f., 22, 216f., 156f., 22f., 24 und 98–100. Zum Inhalt vgl. Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 172.



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Gaddi 116 Nr. 16)34. Unterbrochen wird die Reihe der Papstbriefe zunächst durch vier Schreiben, als deren Absender Thomas von Capua selbst identifiziert werden kann und die sich in den Zusammenhang seiner Legation in Norditalien im Jahr 1237 einordnen lassen; es geht dabei vornehmlich um Friedensstiftung in diesem Raum, im letzten Brief der Gruppe um einen vorläufigen Bericht an Gregor IX. (nicht in der Tabelle: I, 2–4 und II, 1; Gaddi 116 Nr. 2–5)35. Drei weitere Schreiben aus der Feder des Thomas von Capua sorgen für eine zweite Unterbrechung des ansonsten geschlossenen Blocks von Briefen des Honorius: Darin wendet sich der Kardinal an Friedrich II., einmal, um ihn über den Streit zwischen den Söhnen des Grafen von Celano zu informieren und ihn in Auseinandersetzungen mit süditalienischen Gegnern zu beraten, dann, um sich bei ihm für die Kirche von Neapel einzusetzen, und schließlich, um ihm auf seine Beschwerden über den päpstlichen Schiedsspruch mit den Lombarden aus dem Jahr 1233 zu antworten (nicht in der Tabelle: III, 2; V, 2; VI, 1; Gaddi 116 Nr. 8–10)36. An den letzten Brief Papst Honorius’ III. in dieser Gruppe zu Beginn des Florentiner Codex, die Konstitution zum Schutz der Kardinäle (IX, 1; Gaddi 116 Nr. 16), schließen sich zwei weitere Thomas-Briefe unmittelbar an (nicht in der Tabelle: ein Schreiben an Friedrich II., ein anderes an den Erzbischof von Trani; VII, 1 und 3; Gaddi 116 Nr. 17 und 18)37, ehe eine Gruppe von insgesamt sieben Schreiben folgt, die sich aus vier Briefen Gregors IX. und dreien des Thomas von Capua zusammensetzt (nicht in der Tabelle: I, 9; IX, 2, 3 und X, 1 [Gregor IX.] und I, 10; III, 7 und IX, 7 [Thomas von Capua]; Gaddi 116 Nr. 19–25)38. Zumindest die Papstbriefe gehören alle in die 1230er Jahre – drei der Schreiben Gregors IX. sind im Register nachweisbar (I, 9; IX, 3 und X, 1); die Briefe des Thomas von Capua sind nicht klar einzuordnen. Die Themen sind hier andere: In den päpstlichen Dokumenten der Primatsstreit zwischen Bourges und Bordeaux (I, 9, auch im Register, datiert auf 1232 März 29), Angelegenheiten des Kirchenstaats (IX, 2 und 3), namentlich zur Verwaltung desselben und zur Regelung des Verkaufs von Grundbesitz im Patrimonium Petri, und die Behandlung eines Simonievorwurfs gegenüber einem Bischof (X, 1). Die Thomas-Briefe stellen Freundschafts- oder Empfehlungsschreiben bzw. ein Dokument zur Delegierung päpstlicher Machtbefugnisse dar (I, 10; III, 7 und IX, 7). An diese Schriftstücke schließt sich in der Florentiner Handschrift neuerlich eine Reihe von Briefen Honorius’ III. an (I, 11; I, 13; VII, 4 und I, 14; Gaddi 116 Nr. 26, 28, 29 und 32), die durch drei Schreiben des Thomas von Capua unterbrochen wird – sie zeigen den Kardinal als Netzwerker an der Kurie, der sich für Personen aus seinem Umfeld oder für Petenten einsetzte (nicht in der Tabelle: I, 12; VII, 5–6; Gaddi 116 Nr. 27 und 30–31)39. Unmittelbar auf den letzten Brief des Honorius (I, 14; Gaddi 116 Nr. 32) folgt eine Serie von drei Schreiben Innocenz’ III. (I, 15–17; Gaddi 116 Nr. 33–35), die inhaltlich an den direkten Vorläufer in der Reihe anschließen. In allen vier Briefen (dem letzten aus der Honorius-Reihe und den drei Innocenz-Schreiben) geht es um einen gewissen L., Sohn eines Rainerius, der offen  Briefsammlung des Thomas von Capua IX, 1, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 212f.   Briefsammlung des Thomas von Capua I, 2–4 und I, 1, ebd. 18–21 und 53. 36   Briefsammlung des Thomas von Capua III, 2; V, 2 und VI, 1, ebd. 96, 136f. und 145. 37  Briefsammlung des Thomas von Capua VII, 1 und 3, ebd. 156f. 38  Briefsammlung des Thomas von Capua I, 9; IX, 2 und 3; X, 1, I, 10; III, 7 und IX, 7, ebd. 24f., 213f., 230 (Gregor IX.), 25f., 101 und 216 (Thomas von Capua). Zum Inhalt vgl. Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 173. 39  Briefsammlung des Thomas von Capua I, 12 und VII, 5–6, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 27f. und 157f. 34 35

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bar ein Vasall des Grafen von Celano war40: Er hatte wiederholt Kreuzfahrer beim Durchzug durch sein Gebiet überfallen und beraubt; beide Päpste suchten mit ihren S­ chreiben dagegen vorzugehen. Damit schließt der große Block von Briefen Innocenz’ III. und Honorius’ III. zu Beginn der Florentiner Handschrift. Jeweils ein weiteres Schreiben der beiden Päpste findet sich im hinteren Teil, der insgesamt 402 Briefe umfassenden Sammlung in Gaddi 116 – sie betreffen beide in geographischer Hinsicht den spanischen Raum: in einem davon drückt Innocenz Konstanze von Sizilien sein Beileid zum Tod ihres Bruders Peter von Aragón aus (IV, 1; Gaddi 116 Nr. 400), und im zweiten wendet sich Honorius an Alfons IX. von León, um einen Kardinalsfamiliaren zu fördern (VII, 96; Gaddi 116 Nr. 368)41. Weshalb sich die beiden Briefe im hinteren Bereich der Kompilation im Codex aus Florenz befinden, ist unklar: Als Kondolenzschreiben und Unterstützungsersuchen stehen sie in der Zehnbücherfassung in den Büchern vier und sieben, die Trostbriefe (De consolationibus, compassionibus et aliis, que ad id pertinent) und Bittschreiben (De precibus et recommendationibus) enthalten42. Von dieser Einordnung sind die beiden Texte in Gaddi 116 weit entfernt, zumal das Bittschreiben als Nr. 368 einige Briefe vor dem Trostbrief an der Position Nr. 400 in der Sammlung begegnet, die spätere Reihenfolge der „Normalfassung“ in der Summa dictaminis also (noch) umgekehrt ist. Da es die beiden einzigen Schreiben der Kompilation sind, die nachweisbar Innocenz III. und Honorius III. zugewiesen werden können, welche nicht am Beginn der Sammlung des Thomas von Capua im Codex stehen, wird man möglicherweise von inhaltlichen Gründen für die Positionierung ausgehen dürfen. Dabei ging es wohl weniger darum, die spanischen, Aragón und León betreffenden Stücke an einer Stelle zusammenzuführen – dazu stehen die Briefe auch in Gaddi 116 zu weit voneinander entfernt (als Nr. 368 und 400). Vielleicht sollte auf diese Weise aber der Charakter der Gruppe von Briefen Innocenz’ III. und Honorius’ III. zu Beginn der Florentiner Handschrift bewahrt werden. Denn diese widmete sich, wie der kurze inhaltliche Überblick oben gezeigt hat, nahezu ausnahmslos Belangen des Kreuzzugs oder Angelegenheiten im Königreich Sizilien, dazu kirchlichen Angelegenheiten wie dem Schutz der Kardinäle. Nimmt man noch die Schreiben Gregors IX. dazu, bestätigt sich dieses Bild für die päpstlichen Briefe zu Beginn des Codex weitgehend. Neben den Schriftstücken zum Kirchenstaat fällt einzig das Schreiben Gregors IX. zum Streit um den Primat in Aquitanien zwischen Bourges und Bordeaux aus dem engeren thematischen und vor allem geographischen Rahmen der Papstbriefe. Auch die Schreiben des Thomas von Capua bestätigen insgesamt den erkennbaren Schwerpunkt auf Italien, namentlich dessen Süden, und auf kirchliche und weltliche Angelegenheiten ebendort. Sie widmen sich, wo es sich nicht um Freundschaftsbriefe oder Empfehlungsschreiben handelt, im Grunde den gleichen Räumen und Themen wie die sie umgebende Korrespondenz: Oberitalien und Süditalien, die eigene Legation und die Bemühungen des Kardinals um Frieden. Es sind eben jene Briefe des Thomas von Capua selbst, die Rückschlüsse auf die Vorlage der Kompilation in der Handschrift Gaddi 116 erlauben. In der Forschung zu den Briefsammlungen des 13. Jahrhunderts ist immer wieder angenommen worden, lose kur40   Briefsammlung des Thomas von Capua I, 14–17, ebd. 29–32. Zum Inhalt vgl. Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 173. 41  Briefsammlung des Thomas von Capua IV, 1 und VII, 96, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 125 und 183. 42  Briefsammlung des Thomas von Capua IV und VII, ebd. 125 und 156.



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sierende Blätter einzelner Stücke seien irgendwann in einen inhaltlich verbundenen Zusammenhang gebracht worden. Diese Vermutung wurde auch und gerade für die Kompilation formuliert, die unter dem Namen des Thomas von Capua bekannt ist43. Allerdings geht man inzwischen davon aus, dass eher umlaufende Lagen als Vorlagen dienten; in einem Fall, dem der Briefsammlung des Berard von Neapel, konnte sogar die Existenz eines persönlichen, chronologisch geordneten Briefregisters in Gestalt eines liber nachgewiesen werden44. Die skizzierte Zusammensetzung der Briefgruppen zu Beginn des Codex Gaddi 116 lässt ebenfalls eine solche Vermutung zu. Denn offenbar handelte es sich dabei um Material, das vom Kardinal selbst zusammengestellt worden ist. Anders ließe sich die hohe Anzahl eigener und auch ganz persönlicher Schreiben zu Beginn der Handschrift nicht erklären. Offenbleiben muss, ob ein solches Briefregister des Thomas von Capua die unmittelbare Vorlage der Primärtradition bildete: Die für einen solchen Fall erwartbare zumindest grob chronologische Anlage einer solchen Kompilation ist im Florentiner Codex nahezu vollständig aufgelöst, wie der Blick auf das kleine Briefkorpus zu Beginn von Gaddi 116 gezeigt hat, wo Briefe Innocenz’ III. nach solchen Honorius’ III. und Gregors IX. begegnen und auch die Briefe des Thomas von Capua, die im Zusammenhang mit seiner Legation und dem Jahr 1237 stehen, an den Anfang gerückt sind. In der Analyse konnte schon der Vorrang spezifischer inhaltlicher Kriterien bei der Zusammenstellung der Briefgruppe allgemein herausgearbeitet werden. Besonders nachdrücklich lässt sich dieser inhaltliche Primat bei Auswahl und Arrangement der Dokumente aber an der Rolle der Innocenz-Briefe im Block am Anfang der Handschrift vor Augen führen: Drei S­ chreiben des Papstes zu den Übergriffen eines süditalienischen Adeligen auf durchziehende Kreuzfahrer (I, 15–17; Gaddi 116 Nr. 33–35) wurden unmittelbar einem Brief Honorius’ III. nachgestellt, der sich demselben Thema widmete (I, 14; Gaddi 116 Nr. 32). Geht man von einer chronologischen Vorlage für die Primärtradition aus, hätte der Kompilator beim Durchgang durch das Material den Inhalt des HonoriusBriefs als wiederkehrendes Motiv erkannt haben müssen, um anschließend die dazugehörigen ­Schreiben von dessen Vorgänger herauszusuchen und sie geschlossen an das erste ­Schreiben in der Angelegenheit anzuhängen. Eine solche Vorgehensweise unterstreicht die Bedeutung inhaltlicher Kriterien – und das Gewicht, das der Kreuzzug und Süditalien bei der Zusammenstellung der Briefe einnahmen. Welchem historischen Kontext diese Sammlung ihren Zuschnitt verdankte, ist etwas, das die Forschung noch beschäftigen wird. In diesem Zusammenhang muss es auch darum gehen, weitere Erkenntnisse über die Vorlage für die Erstellung der Primärtradition 43   Schaller, Studien (wie Anm. 3) 402 und bes. 413: „Dieses hauptsächlich aus einzelnen Scheden, Lagen oder Heften bestehende Material war beim Tode des Thomas von Capua im August 1239 zweifellos noch nicht kodifiziert, sondern lag allenfalls in sachlich oder zeitlich geordneten Konzeptmappen vor“; ders., Zur Entstehung (wie Anm. 4) 230: „Für unsere Zwecke ist wesentlich, daß die Briefsammlungen wahrscheinlich schon auf das roh nach Sachgebieten geordnete Schedenmaterial zurückgehen“, er schließt zugleich aber eine doppelte Überlieferung des Basismaterials in zeitlicher und sachlicher Ordnung nicht aus. S. ferner Schillmann, Formularsammlung (wie Anm. 4) 51f., vgl. dazu Erdmann, Entstehung (wie Anm. 4) 177 („Schedenmaterial“) und 198 (aus den Konzepten stammend); vgl. zudem Gerhart Ladner, Formularbehelfe in der Kanzlei Kaiser Friedrichs II. und die „Briefe des Petrus de Vinea“, MÖIG Erg.-Bd. 12 (1933) 92–198 und 415, hier 157f.: eine Masse von Aktenstücken als Basismaterial für Petrus de Vinea-Sammlung. Vgl. dazu allgemein Thumser, Grandes collections (wie Anm. 1) 240. 44  Fischer, Zur ursprünglichen Gestalt (wie Anm. 2); zur Einordnung s. auch Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 175f.

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zu gewinnen, wie sie sich in der Florentiner Handschrift widerspiegelt. Einen Hinweis auf diese Vorlage bietet ein Schreiben Honorius’ III., das hier bereits angesprochen wurde und das nun abschließend in den Blick genommen werden soll.

Briefsammlung des Thomas von Capua I, 5: Die Wandlungen eines Briefes Honorius’ III. Es handelt sich dabei um den Brief, den der Papst an einen in Ungnade gefallenen Bischof, wohl den des süditalienischen Teano, gesandt hatte (I, 5)45. Das Schreiben begegnet gleich mehrfach in einer Pariser Handschrift (Paris lat. 11867). Darin sind mehrere Briefsammlungen vereint, darunter auch die des Thomas von Capua in einer Zehnbücherfassung und in einer Version, die zu den ungegliederten Kompilationen zu rechnen ist46. Beide Redaktionsformen beinhalten das Schreiben Honorius’ III., und in beiden weist es den gleichen Umfang und – von kleineren Abweichungen abgesehen – auch den gleichen Wortlaut auf wie in der Florentiner Handschrift Gaddi 11647. Der Brief lässt sich im Pariser Codex allerdings noch ein drittes Mal nachweisen, in einem Teil, der die heute so genannte Kampanische Briefsammlung umfasst48. Diese beinhaltet eine Zusammenstellung von 232 Dokumenten aus den Jahren 1199 bis 1234/39. Bis vor wenigen Jahren war sie unter dem Namen Capuanische Briefsammlung bekannt, doch hatte zuletzt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Konvolut im Rahmen einer Edition eine veränderte, weitere räumliche Zuschreibung der darin überlieferten Texte zur Folge: Da diese sich in besonderem Maße mit kampanischen Angelegenheiten befassen, erhielt die Zusammenstellung ihren neuen Namen49. In der Kompilation finden sich jedenfalls insgesamt sechs Stücke, die auch in der Summa dictaminis des Thomas von Capua vorhanden sind. Unter ihnen ist auch der Ho45   Briefsammlung des Thomas von Capua I, 5, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 21f.; vgl. die Edition in Die Kampanische Briefsammlung (Paris lat. 11867), ed. Susanne Tuczek (MGH Briefe des späteren Mittelalters 2, Hannover 2010) 88–91 Nr. 23. 46  Zur Handschrift insgesamt s. die in Anm. 21 angegebene Literatur; zu den Thomas von Capua-Sammlungen s. Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) 99–102. Schreiben aus der Sammlung des Thomas von Capua sind auch in einer Mischkompilation nachweisbar, die daneben noch anderes Briefmaterial enthält; s. dazu ebd. 102–105; zum Codex insgesamt s. zudem Matthias Thumser, Die Handschrift Paris lat. 11867 (unter Einbeziehung von lat. 9376), in: Kampanische Briefsammlung, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 3–21, zu den Thomas von Capua-Sammlungen s. 5–7 und 8f., zur Mischsammlung 10–13. 47  Der Abgleich erfolgte anhand des Digitalisats in Paris lat. 11867 fol. 17ra–b (https://gallica.bnf.fr/ ark:/12148/btv1b90667289/f19.item) [30. 6. 2022] und fol. 61vb–62ra (https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/ btv1b90667289/f64.item) [30. 6. 2022]. Neben der Version im Codex Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana Gaddi 116 fol. 19vb–20ra wurde ferner der Druck des Briefs bei Simon Friedrich Hahn, Collectio monumentorum veterum et recentium ineditorum 1 (Braunschweig 1724) 308–310, in den Abgleich einbezogen. Dieser Druck beruht auf der (unvollständigen) Handschrift Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1020 Helmsted. S. dazu Schaller, Studien (wie Anm. 3) 394; zur Handschrift in Wolfenbüttel s. Handschriftenverzeichnis, bearb. von Stöbener–Thumser (wie Anm. 7) 162–164 Nr. 87. Vgl. allgemein auch den Apparat zur Edition des Schreibens Nr. 23 in Kampanische Briefsammlung, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 89–91, die neben dem Codex Gaddi 116 auch noch eine Handschrift aus Wien einbezog. 48  Paris lat. 11867 fol. 117rb–va (https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b90667289/f120.item) [30. 6. 2022]. Edition dieser Version in Kampanische Briefsammlung, ed. Tuczek (wie Anm. 7) 88–91 Nr. 23. 49   S. dazu Kampanische Briefsammlung, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 1f.; ferner ebd. 37–42 und Karl Hampe, Über eine Ausgabe der Capuaner Briefsammlung des Cod. lat. 11867 der Pariser Nationalbibliothek (SB der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl., 1910, 8, Heidelberg 1910).



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norius-Brief (I, 5)50. Dieser besitzt in der Kampanischen Briefsammlung allerdings eine erheblich veränderte Gestalt: Der Text des Schreibens ist in dieser Version deutlich umfangreicher als in der gesamten übrigen Thomas-Überlieferung. Dort besteht der Brief aus insgesamt 463 Wörtern, während er in Paris lat. 11867 661 Wörter umfasst. Damit fehlt ein Drittel des Schreibens in der Version, wie sie die Kampanische Briefsammlung überliefert, im Vergleich zu den Fassungen, die sich in anderen ungegliederten Kompilationen und in der Zehnbücherredaktion finden. Der Text des Briefes wurde offenbar massiv bearbeitet. Exemplarisch seien an dieser Stelle nur ein paar typische Eingriffe angesprochen: Neben dem Ersetzen einzelner Wörter oder der Verkehrung einer Wortreihung fallen vor allem Verschiebungen ganzer Sätze oder Teilsätze auf51. Im Vergleich zur Version in Paris lat. 11867 wurden in der kürzeren Fassung bestimmte Formulierungen zwar stark verändert, teilweise dabei erweitert52. Ergänzungen, die sich nicht am Wortlaut in der längeren Fassung des Pariser Codex orientieren, sind in der Kurzversion aber rar53. Insgesamt dominieren im Vergleich der Versionen in der Pariser Handschrift und der Fassung aus den übrigen Codices der Thomas von Capua-Sammlung die zusätzlichen Ausführungen, die den Brief in der Handschrift Paris lat. 11867 deutlich umfangreicher erscheinen lassen. Der größere Umfang wirft die Frage auf, ob die Fassung in der Kampanischen Briefsammlung eine erweiterte Kopie des kürzeren Schreibens darstellt, das in der Zehnbücherfassung und in ungegliederter Überlieferung erhalten geblieben ist, oder ob umgekehrt zunächst die Version der Kampanischen Briefsammlung vorlag, die dann gekürzt 50  Es handelt sich um die Briefe mit den Nummern (nach der Zehnbücherredaktion) I, 5; V, 1; VII, 15, 41 und 97 sowie VIII, 43; s. dazu Kampanische Briefsammlung, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 26 mit Anm. 31 und der Edition der betreffenden Schreiben: 88–91 Nr. 23, 121 Nr. 50, 268 Nr. 163, 243f. Nr. 150, 120 Nr. 49 und 137 Nr. 60. 51  Ersetzen: von autem und dicio in Paris lat. 11867 durch quoque und iurisdictio in der Kurzfassung: vgl. Briefsammlung des Thomas von Capua I, 5, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 21, mit Kampanische Briefsammlung Nr. 23, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 90 Z. 6 (im Satz Clericis autem/quoque tue dicioni/ iurisdictioni subiectis …). Verkehrung der Reihenfolge: vgl. Briefsammlung des Thomas von Capua I, 5, ed. Thumser–Frohmann 21: ubi spiritualia minime seminasti, mit Kampanische Briefsammlung Nr. 23, ed. Tuczek 91 Z. 4f.: ubi minime spiritualia seminas. Verschiebung: vgl. die Position des Satzes Nonnullos quoque ad sacros ordines promoves, cum non examines promovendos in Briefsammlung des Thomas von Capua I, 5, ed. Thumser–Frohmann 21, mit der der gleichlautenden Formulierung Kampanische Briefsammlung Nr. 23, ed. Tuczek 90 Z. 8f. 52   Verändert: s. dazu den letzten Abschnitt des Textes in der Briefsammlung des Thomas von Capua I, 5, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 21: Collige igitur causam tuam in sinu tuo, et sic acta tua corrigas per te ip­ sum, ut in aliis te non constituas ulterius debitorem, ne descendamus et videamus, utrum clamorem, qui venit ad nos, compleveris opere, et exigamus a te rationem utpote a villico diffamato, quia tanto in futurum te acrius corrigemus, quanto ad presens tibi gratiam facimus ampliorem. Vgl. mit Kampanische Briefsammlung Nr. 23, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 91 Z. 21–25 (Unterschiede hier gesperrt): Collige igitur causam tuam in sinu tuo et p ati e n t i am nostram agnos c en s sic pred ic t a corrigas per te ipsum, u t d e b i t a so l va s , q ue d e b e s , e t in aliis te non constituas debitorem. Alioquin, si clamor ad nos venerit iterato, penam debitam infligemus tanto severius in futurum, quanto plus pa t i e nt i e , q u a m i n t e h a b e m us ad presens, e t gratiam tibi facimus ampliorem. Erweitert: s. dazu die Passage in Kampanische Briefsammlung Nr. 23, ed. Tuczek 91 Z. 13f.: Quam, ut tantum scelus in publicum non prodiret, sepulture beneficio subtraxisti. Sie wurde in der Briefsammlung des Thomas von Capua I, 5, ed. Thumser–Frohmann 21 verändert und erweitert zu: … quam, ut tantum scelus in publicum non prodiret, in sterquilinio sepeliri mandasti, subtrahens ei beneficium ecclesiastice sepulture, quam vite crudeliter subtraxisti. 53  S. hierzu etwa die Wendung in tue et eorum salutis dispendium et opprobrium Iesu Christi, die hinter publice detinere eingefügt wurde – in einem Abschnitt, der im Vergleich zur Version in Paris lat. 11867 in der Kurzfassung massiv verändert wurde; vgl. Briefsammlung des Thomas von Capua I, 5, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 21, mit Kampanische Briefsammlung Nr. 23, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 90 Z. 11 (dort fehlt dieser Zusatz).

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wurde. Führt man sich die Art der Verschiebungen im Text und der sonstigen Modifikationen im Wortlaut vor Augen, so erscheint die letztgenannte Annahme als die deutlich wahrscheinlichere Option. Die wenigen Ergänzungen in der Kurzfassung des Briefes sind entweder an den Wortlaut der längeren Fassung angelehnt oder sehr allgemein gehalten; die Auslassungen im Text der Kurzfassung lassen sich leicht als Streichungen deuten, die im Zuge eines Redaktionsvorgangs am längeren Text erfolgten, wie er in der Kampanischen Briefsammlung überliefert ist. Gestützt wird diese Rekonstruktion durch die Tatsache, dass sich die gleiche Vorgehensweise im Zusammenhang mit einem weiteren Brief vermuten lässt, der ebenfalls sowohl in der Kampanischen Briefsammlung als auch in der Kompilation des Thomas von Capua vorkommt (V, 1). Das Schreiben, das ein Geistlicher an einen anderen Geistlichen richtete, begegnet in der Kampanischen Sammlung in einer Version, die gegenüber der Fassung in der Thomas von Capua-Sammlung (beispielsweise in Gaddi 116) umfangreicher erscheint. Darin bittet der Absender den Adressaten um einen Wollmantel für eine reuige Sünderin, die eine Pilgerreise nach Santiago de Compostela unternehmen sollte54. In der Version der Thomas von Capua-Sammlung erfährt man nur von der Bußfertigkeit der Frau aufgrund ihres sittenlosen Lebens, während das Ersuchen um die Gabe fehlt, weil der Text um drei Sätze verkürzt wurde55. Damit erscheint der redaktionelle Ablauf klar und mit der Arbeitsweise in Verbindung mit dem Schreiben des Honorius identisch: In beiden Fällen wurde ein längerer Text durch Streichungen in seinem Umfang reduziert und so in die Sammlung des Thomas von Capua aufgenommen. Man wird daher insgesamt davon ausgehen dürfen, dass die Version des HonoriusBriefs in der Kampanischen Briefsammlung (oder deren Vorlage) die Basis für die kürzere Version in der Zehnbücherredaktion und in den ungegliederten Kompilationen der Thomas von Capua-Sammlung bildete – und nicht umgekehrt. Sie bietet damit einen ursprünglicheren, älteren Text56. An diese Deutung schließt sich die weiterführende Frage an, in welchem Verhältnis der Text des Briefes in der Kampanischen Sammlung und diese selbst zur sogenannten Primärtradition steht, die in der Forschung als Grundlage der Zehnbücherredaktion betrachtet wird und die in den ungegliederten Sammlungen wie etwa in Gaddi 116 die Zeiten überdauert hat. Karl Hampe hatte bereits auf der Grundlage der Identifikation von zwei Briefen in der Kampanischen Kompilation mit Schreiben in der Sammlung des Thomas von Capua auf Überschneidungen hinsichtlich des Materials hingewiesen. In diesem Zusammenhang suggerierte er, der Kardinal selbst könne für die Zusammenstellung der Kampanischen Sammlung verantwortlich gewesen sein57. Inzwischen hat sich – wie erwähnt – die Zahl der identifizierten Schreiben, die sich in der Kampanischen Sammlung und in der Zehnbücherredaktion der Kompilation des Thomas von Capua befinden, sogar auf sechs erhöht und die gemeinsame Schnittmenge damit erweitert. Hingewiesen wurde zuletzt zudem auf inhaltliche und chronologische Übereinstimmungen: Nimmt man vor allem den Beginn des Florentiner Codex Gaddi 116 in den Blick, lassen sich wie in der Kam  Kampanische Briefsammlung Nr. 50, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 121.   Briefsammlung des Thomas von Capua V, 1, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 136. Diese Beobachtung findet sich schon bei Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 176. In der Handschrift Gaddi 116 trägt der Brief die Nr. 377. 56  Vgl. dazu auch Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 176. 57  Hampe, Über eine Ausgabe (wie Anm. 49) 15. 54 55



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panischen Sammlung Schreiben zu sizilischen und kampanischen Belangen entdecken58. Zudem beinhaltet die Kampanische Briefsammlung ausschließlich Schreiben, die in der Lebenszeit des Kardinals entstanden sein dürften59 – genau wie die Briefe, die am Beginn von Gaddi 116 begegnen. Allerdings finden sich auch Briefe anderer Herkunft in der Kampanischen Sammlung. Dazu zählen etwa die 24 Schreiben, die wohl Rainald, dem Erzbischof von Capua (1199–ca. 1215), zugeordnet werden können60. Auch das übrige Material wirkt sehr heterogen. Die Kampanische Briefsammlung dürfte daher nicht auf Thomas von Capua selbst zurückgehen. Dennoch scheinen die Überschneidungen zwischen dem Briefmaterial in der Kampanischen Sammlung und den ungegliederten Thomas von Capua-Kompilationen mit Gaddi 116 an der Spitze mit einer Zusammenstellung von Briefen in Verbindung zu stehen, die auf den Kardinal persönlich zurückzuführen ist. Anders ließe sich nicht erklären, weshalb drei der sechs Schreiben, die in Gaddi 116 als Repräsentanten der Primärtradition unmittelbar hintereinander begegnen, in der Kampanischen Briefsammlung ebenfalls sehr nah zueinander und in zwei Fällen direkt aufeinander folgen61. In der Zehnbücherredaktion stehen die Briefe deutlich weiter voneinander entfernt62. Ihre Nähe und teilweise Aneinanderreihung ist damit einerseits ein deutlicher Beleg für das Alter der Primärtradition, deren Brieffolgen im Zuge der Neuordnung der Sammlung des Thomas von Capua als Zehnbücherredaktion aufgebrochen und umsortiert wurde63. Andererseits dokumentiert die Anordnung der drei Schreiben in beiden Textzeugen deutlich den Zusammenhang zwischen den Sammlungen in der Kampanischen Kompilation Paris lat. 11867 und in Florenz, Gaddi 116. Das in den beiden Handschriften zusammengestellte Material dürfte nicht unabhängig voneinander, etwa durch Empfängerüberlieferung, in die jeweiligen Kompilationen Eingang gefunden haben 64. Vielmehr wird man aufgrund der Nähe der Briefe zueinander und ihrer teilweise unmittelbaren Aufeinanderfolge davon ausgehen müssen, dass die Bearbeiter der Kampanischen Briefsammlung und der ungegliederten Kompilation im Florentiner Codex auf eine gemeinsame Vorlage zurückgriffen. Dabei könnte es sich um ein Briefregister des Kardinals gehandelt haben65. Dafür spricht, dass in der Gruppe der ersten Schreiben in der Handschrift Gaddi 116 – wie oben ausgeführt – entweder Briefe der Päpste Innocenz’ III. bis Gregor IX. oder ­Schreiben des Thomas von Capua enthalten sind, insgesamt also Briefe, für die der Kardinal als Aussteller angenommen werden kann; das Gleiche gilt für die Schreiben   Vgl. dazu auch Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 174f.   Ebd. 176f. 60   Kampanische Briefsammlung, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 2. 61   Florenz, Gaddi 116 Nr. 373, 376 und 377 stehen auf fol. 65va–66rb – nur durch zwei weitere Schreiben (Nr. 374 und 375) voneinander separiert – hintereinander; in der Kampanischen Briefsammlung, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 120f. und 137, begegnen sie als Nr. 49, 50 und 60 (in der Reihung 373, 377 und 376 – wenn man die Zählung in Gaddi 116 zugrunde legt); vgl. dazu neben den Angaben in der Edition von Tuczek auch Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 175. 62   In der Reihung der Kampanischen Briefsammlung Nr. 49, 50 und 60 (= Gaddi 116 Nr. 373, 377 und 376): Briefsammlung des Thomas von Capua VII, 97, V, 1 und VIII, 43, ed. Thumser–Frohmann (wie Anm. 4) 183f., 136 und 207. 63  S. dazu Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 165f. 64  So auch Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 175. 65  S. hierzu und zum Folgenden Thumser, Päpstliche Kurie (wie Anm. 2) 163 und 165, und Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 177. 58 59

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in der Kampanischen Sammlung, die diese mit dem Material in der Briefsammlung des Thomas von Capua gemeinsam hat – in einem Fall lässt sich die Autorschaft des Thomas durch die Nennung seines Namens sogar zweifelsfrei nachweisen66. Auch die Datierung der Briefe in Gaddi 116 und in der Kampanischen Sammlung in Paris lat. 11867 steht mit der Existenz eines persönlichen Briefregisters im Einklang: Kein ­Schreiben datiert später als der Pontifikat Gregors IX., gegen dessen Ende der Kardinal im Jahr 1239 verstarb67. Das Briefregister des Thomas von Capua könnte bereits vor dem Ableben des Kardinals für Personen an der Kurie, die an der darin aufgezeichneten Korrespondenz interessiert waren, zur Verfügung gestanden haben. Unzweifelhaft belegt ist ein solcher Vorgang für das Briefregister des Berard von Neapel, das einem Kammerkleriker während der langen Sedisvakanz im Jahr 1270 zur Einsichtnahme überlassen wurde68. Geht man nun davon aus, dass sowohl die Kampanische Briefsammlung als auch die ungegliederte Kompilation in Gaddi 116 aus dem Briefregister schöpften, und berücksichtigt man zusätzlich den Befund, dass der Honorius-Brief (und mit ihm sicher auch das Schreiben V, 1 aus der Thomas von Capua-Sammlung) in der Kampanischen Briefsammlung eine ältere und ursprünglichere Fassung der gleichen Schreiben in der Zehnbücherredaktion darstellen, ergibt sich daraus eine klare Schlussfolgerung: Die Kampanische Briefsammlung mit den in ihr enthaltenen Briefen aus der Sammlung des Thomas von Capua stand dem Briefregister des Kardinals näher als alle anderen Kompilationen; der darin überlieferte Wortlaut des Honorius-Briefes etwa dürfte daher wohl mit der Gestalt des Schreibens identisch sein, das der Kardinal in ein eventuell von ihm geführtes Briefregister eintrug. Wem die Modifikationen, Umstellungen und vor allem Kürzungen, die der Text erfuhr, zuzuschreiben sind, muss nach wie vor unklar bleiben. Vielleicht war es der Kardinal selbst, der erste Eingriffe vornahm; möglicherweise zeichneten aber auch ein oder mehrere Bearbeiter, die das Briefregister im Zuge der Erstellung der Primärredaktion kopierten, für die massiven Veränderungen verantwortlich. Die Unterschiede zwischen der Fassung des Honorius-Schreibens in der Kampanischen Briefsammlung und allen anderen Redaktionsstufen der Thomas von Capua-Kompilation zeigen jedenfalls, dass der Brief (zusammen mit dem Schreiben V, 1) eine Textstufe vor der Primärredaktion repräsentiert. Die Überlieferungskette der Schreiben lässt sich damit chronologisch und redaktionell um ein Glied nach vorne verlängern, in Richtung der Ursprungsversionen in einem als durchaus wahrscheinlich anzunehmenden Briefregister des Thomas von Capua.

Resümee Unter den Dokumenten in der Sammlung des Thomas von Capua, die als päpstliche Briefe identifiziert werden können, sind es gerade die Schreiben vom Beginn des 13. Jahrhunderts, darunter solche der Päpste Innocenz III. und Honorius III., die tiefe Einblicke in die Entstehung der Kompilation sowie die damit verknüpften Überlieferungszusammenhänge und Rezeptionsinteressen bieten. Zusammen mit Briefen des Thomas von Capua selbst begegnen sie in einer geschlossenen Gruppe zu Beginn des Florentiner   Kampanische Briefsammlung Nr. 49, ed. Tuczek (wie Anm. 45) 120 mit der Namensnennung in Z. 13.   Vgl. dazu Frohmann, Emmy Heller (wie Anm. 4) 174 und 176. 68  S. dazu Fischer, Zur ursprünglichen Gestalt (wie Anm. 2) 215–217. 66 67



Schreiben Innocenz’ III. und Honorius’ III. in der Briefsammlung des Thomas von Capua 95

Codex Gaddi 116, der – wie schon in der älteren Forschung – zuletzt erneut als bedeutsamster Textzeuge für die sogenannte Primärtradition, die noch ungegliederte Frühstufe der Sammlung, ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte. Die auffällige Dichte der Papstschreiben aus den Pontifikaten Innocenz’ III. und Honorius’ III. (aber auch Gregors IX.) und ihre Anordnung, die offenbar zum Teil durch inhaltliche Aspekte bedingt war, legte die Annahme nahe, dass die Gruppe der Briefe aus einem Register entnommen worden sein könnte, das der Kardinal selbst für die von ihm geführte Korrespondenz angelegt hatte. Dies könnte die hohe Anzahl an Schreiben, die ihm persönlich zugewiesen werden können, in der Briefgruppe zu Beginn von Gaddi 116 erklären. Offenbleiben musste indes, ob ein Briefregister des Thomas von Capua als direkte Quelle für die Primärtradition, wie sie die Florentiner Handschrift widerspiegelt, diente oder ob es noch eine Zwischenstufe gab, die nicht mehr erhalten ist. Einen Hinweis zur Beantwortung der Frage lieferte die Analyse eines Schreibens Honorius’ III., das sich in Gaddi 116, aber auch noch in der sogenannten Kampanischen Briefsammlung findet. Der Vergleich mit der Version des Briefs, wie er in der letztgenannten Kompilation überliefert ist, ließ erhebliche Unterschiede in Umfang und Gestalt des Honorius-Schreibens zu der Fassung erkennen, die in den Handschriften der Thomas von Capua-Sammlung – auch in den Textzeugen der Primärtradition wie Gaddi 116 – die Zeiten überdauert hat. Der Brief des Papstes in der Kampanischen Sammlung stellt offenkundig eine ältere Fassung dar, die näher am Briefregister des Kardinals, das man als Vorlage annahmen kann, zu verorten ist. Das gilt sicher in einem chronologischen, möglicherweise aber auch in einem räumlich-personalen Sinne. Denn die zeitliche Ausdehnung des Briefmaterials in der Kampanischen Sammlung, die eine Phase von 1199 bis 1234/39 abdeckt, legt nahe, dass der Kompilator bald nach dem Ableben des Thomas von Capua im Jahr 1239, möglicherweise aber noch davor Zugriff auf die Schreiben hatte, die der Kardinal zusammenstellte, sich also wohl in dessen Umfeld bewegte. Und auch wenn dies eine Vermutung bleiben muss, die sich nicht zur Gewissheit erheben lässt: Fest steht, dass die Version des Honorius-Schreibens in der Kampanischen Briefsammlung eine Textstufe darstellt, die chronologisch und redaktionell vor der Primärtradition anzusetzen ist. Wann diese Fassung des Papstschreibens für dessen Aufnahme in die ungegliederte Primärtradition der Thomas von Capua-Sammlung bearbeitet wurde, ist unklar. Sollte die Primärtradition, wie zuletzt angenommen wurde, ebenfalls bereits zu Lebzeiten des Thomas von Capua entstanden sein, müssten beide Versionen des Briefes recht bald hintereinander zusammengestellt worden sein. Ob es eine weitere Zwischenstufe gab zwischen dem Briefregister des Kardinals, aus dem der Kompilator der Kampanischen Sammlung wohl schöpfte, und der Primärtradition der Thomas-Kompilation, muss im Dunkeln bleiben – ebenso, ob der Kardinal selbst an der Erstellung der Primärtradition beteiligt war. Gleichwohl ergibt sich in der Gesamtschau das Bild dichter Überlieferungszusammenhänge, die von zunächst offenbar vorrangig inhaltlichen Kriterien folgenden Rezeptionsinteressen gesteuert wurden. Dies belegen die Briefe in der Kampanischen Sammlung und in den Handschriften der Primärtradition der unter dem Namen des Thomas von Capua laufenden Briefsammlung, insbesondere Gaddi 116, und ihre Anordnung. Das hier analysierte Schreiben Honorius’ III. erlaubt es darüber hinaus, die Eingriffe in einen Text in einem frühen Entwicklungsstadium der Sammlung des Thomas von Capua nachvollziehbar zu machen. Es wirft damit ein helles Licht auf den Weg von der inhaltlich relevanten zur literarisch-stilistisch anziehenden Briefsammlung, die dem modernen

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Beobachter in der Zehnbücherredaktion entgegentritt. Sie entstand Jahrzehnte nach dem Tod Innocenz’ III., Honorius’ III. und Thomas’ von Capua, als inhaltliches Interesse an den Briefen der Begeisterung für die Schreibkunst des Kardinals weiter gewichen war.

Innocenz III. als Gesetzgeber Einige Bemerkungen aus dem Blickwinkel heute maßgeblicher Rechtsstandards Stefan Schima

Einleitung Im Rahmen des vorliegenden Beitrags kann das umfassende rechtliche Wirken Innocenz’ III. nur schemenhaft dargestellt werden. War er doch jener Papst, der „durch seine Dekretalen mehr als jeder andere Papst des Mittelalters das kanonische Recht des Corpus Iuris Canonici geprägt hat“1. Dabei ist zu beachten, dass in seiner Amtszeit auch die Zahl der Dekretalen, die nicht auf konkrete Anfrage hin ergingen, deutlich in die Höhe stieg2. Für die folgende Darstellung ist somit eine markante Akzentsetzung notwendig. Es werden v. a. jene Verfügungen Innocenz’ III. in den Blick genommen, die in nahem Zusammenhang zu dem stehen, was als „Grundordnung“ eines Gefüges – in diesem Fall der Katholischen Kirche – wahrgenommen wird. In gewissem Sinn entspricht der Begriff „Grundordnung“ dem, was heute in den Rechtswissenschaften als „Verfassungsrecht im materiellen Sinn“ bezeichnet wird3. In Bezug auf den modernen Staat würde man etwa fragen, wer dessen oberste Organe sind, wie die Art ihrer Bestellung und Abberufung vor sich zu gehen hat und welches die Zuständigkeiten dieser obersten Organe sind. Davon ist auch das Verhältnis zwischen den wichtigsten Staatsfunktionen – Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und Verwaltung – betroffen. Darüber hinaus geht es aber auch um die Frage der Rechte der einzelnen Staatsangehörigen bzw. derer, die sich im Gebiet des betreffenden Staates aufhalten. Unter diesem Aspekt wären in heutiger staatsrechtlicher Terminologie die Grundrechte anzusprechen. Es handelt sich um Rechte, die im Verfassungsrang stehen und damit erhöhte Bestands-

1 Peter Landau, Innocenz III. und die Dekretalen seiner Vorgänger, in: Urbs et Orbis 1 175–199, hier 175. Statistisches Material zur Anzahl der Dekretalen Innocenz’ III. ebd. 177–179. 2  Siehe Lotte Kéry, Das Kirchenrecht als Instrument des päpstlichen Führungsanspruchs, in: Die Päpste. Amt und Herrschaft in Antike, Mittelalter und Renaissance, hg. von Bernd Schneidmüller–Stefan Weinfurter– Michael Matheus–Alfried Wieczorek (Die Päpste 1. Publikation der Reiss-Engelhorn-Museen 74, Regensburg 2016) 275–298, hier 293f. 3  Zu diesem Begriff siehe etwa Theo Öhlinger–Harald Eberhard, Verfassungsrecht (Wien 132022) 29.

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kraft aufweisen und im Übrigen für die Betroffenen durchsetzbar sind4. Der Begriff der „Grundrechte“ steht gleichzeitig für jene Menschenrechte, die in einer staatlichen Rechtsordnung eine Positivierung erfahren haben, und dies zumeist in schriftlicher Form5. Das einschlägige rechtliche Wirken Innocenz’ III. wird aus der Sicht des heutigen staatlichen Rechts, aber auch des geltenden katholischen Kirchenrechts in den Blick genommen. Dabei können allfällige Entwicklungslinien bestenfalls kursorisch berücksichtigt werden. Immerhin sollten aber punktuell ausgerichtete Feststellungen möglich sein6. Eine Behandlung der Rechtssetzungstätigkeit Innocenz’ III. darf auch nicht an der Frage vorbeigehen, inwieweit dieser Papst persönlich in die entsprechenden Vorgänge involviert war. Hier darf dankbar auf weitere Literatur im vorliegenden Sammelband verwiesen werden7. In der Folge werden allerdings auch Aspekte wie seine faktische Machtstellung, das in der Forschung gezeichnete Bild vom „Juristenpapst“ und schließlich seine persönliche Involvierung in das Vierte Laterankonzil behandelt. Das Wirken Innocenz’ III. soll nicht nur mit einem Blick auf heute maßgebliche Menschenrechtsstandards, sondern auch vor dem Hintergrund des damit in Zusammenhang stehenden Rechtsstaatsprinzips betrachtet werden. So besteht ein wesentlicher Aspekt dieses Prinzips im Grundsatz der Bindung von Gerichtsbarkeit und Verwaltung an die Gesetze8. Nun kann man erst für die letzten Jahrhunderte von einer deutlich wahrnehmbaren Herauskristallisierung dieser drei Staatsgewalten sprechen. Doch wird heute etwa das Erfordernis der Vorhersehbarkeit richterlicher Entscheidungen innerhalb eines gewissen Rahmens in die Nähe dieses Prinzips gebracht. Aber auch der Schutz Verfahrensbeteiligter, die von vorneherein über eine relativ schwache Stellung verfügen, gehört hierher. In gewisser Weise ist im Kontext der Rechtsstaatlichkeit auch die Frage von Relevanz, welche Rolle das Verschuldensprinzip in modernen Strafrechtsordnungen spielt, bzw. inwieweit diese einer kollektiven Haftung den Riegel vorschieben. Dass andere Prinzipien nicht im Vordergrund der Betrachtungen stehen, ergibt sich aus dem historischen Kontext: So ist von vorneherein klar, dass in der Entwicklung des Kirchenrechts demokratische Prinzipien – und damit der Grundsatz, dass das Recht vom Volk auszugehen hat – im Wesentlichen keine Rolle spielen. Dass sich ungeachtet dessen die Entwicklung des katholischen Kirchenrechts als Vorfeld der Herausbildung moderner Wahlrechtsprinzipien erweist, steht mit demokratischen Grundsätzen nicht in unmittelbarem Zusammenhang. 4  Siehe Stefan Schima, Die Entfaltung der Religionsfreiheit in Österreich von der Dezemberverfassung bis heute. Einblicke in die letzten 150 Jahre, in: Islam, Recht und Diversität. Handbuch, hg. von Stephan Hinghofer-Szalkay–Herbert Kalb (Wien 2018) 3–47, hier 3. Hier wäre auf nationaler österreichischer Ebene etwa die Möglichkeit der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu nennen, die grundsätzlich dann zur Verfügung steht, wenn alle anderen möglichen Rechtsmittel ausgeschöpft sind. 5  Siehe dazu Walter Berka–Christina Binder–Benjamin Kneihs, Die Grundrechte. Grund- und Menschenrechte in Österreich. (Wien 22019) 7: Im Menschenrechtsbegriff „klingt die naturrechtliche Vorstellung angeborener Rechte an, die dem Menschen seiner Natur gemäß zugehören“. Im Grundrechtsbegriff „klingt dagegen die Gewährung der Rechte durch den Staat an“. 6   Freilich müssen anachronistische Ansätze vermieden werden. Ein derartiger Ansatz läge dann vor, wenn man das Verhalten Innocenz’ III. ausschließlich unter dem Blickwinkel heute maßgeblicher Rechtsstandards betrachten und auch beurteilen würde und dies ohne Berücksichtigung damaliger struktureller Vorgaben. 7  Siehe den Beitrag von Christoph Egger in diesem Band. 8 Zum Verständnis von Rechtsstaatlichkeit im österreichischen Recht siehe Heinz Mayer–Gabriele Kucsko-Stadlmayer–Karl Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts (Wien 112015) 92 und 293f.; Öhlinger–Eberhard, Verfassungsrecht (wie Anm. 3) 62–68.



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Diese „Beitrags-Programmatik“ verrät freilich, dass bedeutende Themen, die den Pontifikat Innocenz’ III. prägen, hier nicht oder nur untergeordnet zur Sprache kommen können. Dies betrifft etwa sein Verhältnis zu den weltlichen Fürsten. Dass ihm der deutsche Thronstreit zahlreiche Möglichkeiten bot, Ansprüche geltend zu machen, ist bekannt. Das deutsche Wahlkönigtum, die drohende Verbindung zwischen dem Königreich Sizilien und dem Reich v. a. unter der Herrschaft der Staufer und der damit im Zusammenhang stehende Versuch, eine drohende unio regni ad imperium zu verhindern, aber auch die Frage, wem letztlich die Kaiserwürde zufallen sollte, stellten Innocenz III. vor Situationen, in denen er relativ spontan zu reagieren hatte. Dass er zwar einen „Rechtsanspruch auf Intervention“ geltend machte9, ist bekannt. Doch ist auch zu bedenken, dass er sich in keine unrealistischen Maximalforderungen verstieg10. Im Hinblick auf die Vorgeschichte der Entwicklung des Menschenrechtsgedankens ist seine Beziehung zu England von gewisser Bedeutung. Seine ablehnende Haltung zur im Jahr 1215 besiegelten Magna Carta11 lässt erkennen, dass er nicht viel für die Forderungen des englischen Adels übrig hatte12.

Aktuelle Rechtsstandards und ihre (teils mangelnde) Konsensfähigkeit Die vorangehenden Überlegungen zum modernen „weltlichen“ Recht könnten freilich dazu verleiten, in Bezug auf heute vorgegebene Standards ein aktuell höheres Maß an Übereinstimmung anzunehmen, als dies tatsächlich der Fall ist. Es gibt nicht immer einen „heutigen Standpunkt“, der in allem konsensfähig wäre. Doch ist man andererseits auch nicht immer dazu verhalten, von einer heterogenen „Standpunktesammlung“ auszugehen. Man kann einen ungefähren Konsens feststellen, im Rahmen dessen ein „Kernbereich von Menschenrechten“ anzunehmen ist. V. a. aus rechtsphilosophischer Sicht wird dazu etwa das Recht auf Leben, das Verbot der Sklaverei, das Verbot rassischer oder religiöser Diskriminierung und das Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen Gericht gerechnet13. Dass sich im Bereich der Grundrechte teils beträchtliche Auffassungsunterschiede bemerkbar machen, kann anhand einiger Beispiele deutlich aufgezeigt werden. Vorab ist auf zwei für Österreich maßgebliche Grundrechtsquellen hinzuweisen: Zum einen ist dies die Europäische Menschenrechtskonvention, die im Jahr 1950 aus dem Europarat hervorgegangen ist. Österreich ist ihr im Jahr 1958 beigetreten14 und rückwirkend wurde ihr  Friedrich Kempf, Innocenz III. und der deutsche Thronstreit. AHP 23 (1985) 63–91, hier 89.   Siehe ebd. 89–91. 11   Der Text ist samt englischer Übersetzung abgedruckt bei David Carpenter, Magna Carta (London 2015) 36‒69. 12   Bei der Behandlung der Motive der päpstlichen Ablehnung ist allerdings Vorsicht angebracht. In seinem Schreiben Etsi karissimus vom 24. August 1215 erklärte Innocenz III. das Dokument für ungültig: Das Dokument ist abgedruckt in: Selected Letters of Pope Innocent III concerning England (1198–1216), ed. Christopher R. Cheney–William H. Semple (Nelson’s Medieval Texts, London 1953) 212–216 Nr. 82. Der Papst begründete zwar seinen Schritt, doch ist der eigentliche Grundtenor des Schreibens Thema von Diskussionen: Siehe etwa Christopher R. Cheney, Pope Innocent III and England (Päpste und Papsttum 9; Stuttgart 1976) 382–386; Richard Helmholz, Pope Innocent III and the Annulment of Magna Carta. JEH 69 (2018) 1–14. 13 Gerhard Luf, Grundfragen der Rechtsphilosophie und Rechtsethik (Einführung in die Rechtswissenschaften und ihre Methoden 3, Wien 2015) 84f.; Dietmar von der Pfordten, Rechtsphilosophie. Eine Einführung (München 2013) 80. 14  Bundesgesetzblatt Nr. 210/1958, https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000308 [14. 9. 2022]. 9

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im Jahr 1964 Verfassungsrang zuerkannt15. Dies gilt auch für alle Zusatzprotokolle, die Österreich ratifiziert hat. Dem Europarat gehören heute 46 Staaten an, darunter alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Aus dem Bereich dieses supranationalen Zusammenschlusses ist im Jahr 2000 die Charta der Grundrechte der Europäischen Union16 hervorgegangen. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Jahr 2009 ist die Grundrechtecharta unter bestimmten Voraussetzungen und in leicht geänderter Fassung eine unmittelbar verbindliche Rechtsquelle17. Dass die hier angesprochenen Rechtsstandards nicht in allen Details konsensfähig sind, zeigt sich etwa anhand des Begriffs der „Menschenwürde“. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat ihn anhand der Menschenrechtskonvention entwickelt, und dies v. a. in Hinblick auf deren Art. 3, in dem das absolute Folterverbot ausformuliert ist18. In Art. 1 der Grundrechtecharta wurde schließlich der Schutz der Menschenwürde explizit verankert. Der Begriff der Menschenwürde wird sowohl im Sinne aktiver Sterbehilfe nutzbar gemacht als auch in gegenteiliger Weise19. Darüber hinaus ist auch zu beachten, dass es sowohl auf der Ebene der erwähnten Charta als auch auf der Ebene der Europäischen Menschenrechtskonvention offen bleibt, ab welchem Zeitpunkt menschliches Leben zu schützen ist20. Überhaupt zeigt die umfangreiche Judikatur zu diesen Rechtsquellen, dass in vielerlei Hinsicht kein Konsens über die Reichweite der in ihnen enthaltenen Rechte obwaltet. Wäre es anders, so bräuchten wir diese Rechtsprechung nicht. Was den Schutz der Menschenwürde betrifft, so ist zu beachten, dass hier die Komponente des individuellen Grundrechtsschutzes deutlich zum Tragen kommt. Das Pendant zu dieser Komponente ist der korporative Grundrechtsschutz. Hier steht nicht der Schutz von Einzelpersonen im Vordergrund, sondern der Schutz von Personenmehrheiten bzw. juristischen Personen. Einen Markstein in der Entwicklung europäischer korporativer Grundfreiheiten stellt die bereits erwähnte Magna Carta von 1215 dar. Hier steht der Schutz der ständischen libertates im Vordergrund und nicht die Freiheit des Individuums21. Doch muss im Hinblick auf die Frage, inwieweit die Rechtssetzung Innocenz’ III. heutigen Rechtsstandards gerecht wird oder nicht, betont werden, dass die Religions- und Weltanschauungsfreiheit in Staaten, in denen die Europäische Menschenrechtskonvention maßgeblich ist, in höherem Maße gewährt wird, als dies je der Fall war. Was nun das geltende katholische Kirchenrecht betrifft, so gibt es hier keine Unter15  Bundesgesetzblatt Nr. 59/1964, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1964_59_0/ 1964_59_0.pdf [14. 9. 2022]. 16  Geltende Fassung: Amtsblatt der Europäischen Union, 2012/C 326/02, https://eur-lex.europa.eu/legalcontent/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:12012P/TXT&from=DE [30. 8. 2022]. 17  Zu den Voraussetzungen ihrer Anwendung siehe Stefan Schima, Die wichtigsten religionsrechtlichen Regelungen des Bundesrechts und des Landesrechts, Jahrgang 2009. Österreichisches Archiv für Recht und Reli­ gion 59 (2012) 346–390, hier 369f. 18  Zur einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte siehe Christoph Grabenwarter–Katharina Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention (München 72021) 200–202. 19  Siehe hierzu etwa die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 11. Dezember 2020, Sammlung der Erkenntnisse und wichtigsten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofs, Nr. 20.433/2020, https://www. ris.bka.gv.at/Dokumente/Vfgh/JFT_20201211_19G00139_00/JFT_20201211_19G00139_00.pdf [30. 8. 2022]. Zu beachten ist freilich auch, dass zahlreiche andere grundrechtliche Bestimmungen in Zusammenhang mit der Sterbehilfe-Thematik gebracht werden, wie nicht zuletzt die erwähnte Entscheidung zeigt. 20  Siehe dazu Martin Borowski, Artikel 2. Recht auf Leben, in: Charta der Grundrechte der Europäischen Union, hg. von Jürgen Meyer–Sven Hölscheidt (Baden-Baden 52019) 147–172, hier 159f.; Grabenwarter– Pabel, Menschenrechtskonvention (wie Anm. 18) 172f. 21  Luf, Grundfragen (wie Anm. 13) 76.



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scheidung, wie sie im staatlichen Recht zwischen Verfassungsrecht und einfachem Gesetzesrecht üblich ist22. Schon allein dies hindert eine Übernahme weltlicher Grundrechtsbegrifflichkeit durch das katholische Kirchenrecht. Auch wenn in einem bestimmten Ausmaß von „Grundrechten“ gesprochen werden kann, ist die Durchsetzungsmöglichkeit entsprechender Berechtigungen im kirchlichen Recht in geringerem Ausmaß gegeben, als dies im staatlichen Recht der Fall ist23. Im Übrigen ist der katholisch-kirchliche Grundrechtsgedanke maßgeblich von einer Symbiose von Rechten und Pflichten geprägt24. Diese Konstellation ist im weltlichen Recht in dieser Intensität grundsätzlich nicht anzutreffen.

Innocenz III. – Die Person, ihr Umfeld und das Recht Ein Papst, die Macht und das Recht

Mit der Thematik rechtlicher Wirksamkeit steht auch die Frage nach der tatsächlichen Macht dessen, der Recht setzt oder an der Rechtssetzung wesentlich beteiligt ist, in Zusammenhang. Man muss nicht notgedrungen Marxist sein, um den Kontext zu unserem Thema mit den Worten „Und wer die Macht hat, hat das Recht“ zu umschreiben25. Zutreffend wurde in der Literatur festgestellt, dass die Frage, über wie viele Bataillone der Papst verfüge, die Komplexität päpstlicher Einflussnahme verkenne. In diesem Zusammenhang wird auf das Vorhandensein eines Rezipientenkreises vor Ort, der bereit war, entsprechende päpstliche Interventionen überhaupt anzufordern, hingewiesen26. Doch ergeben sich bei Innocenz III. Aspekte, die dafürsprechen, dass er schon zu Beginn seines Pontifikats von einer nicht unbedeutenden Machtbasis ausgehen konnte. Die vornehme Herkunft des Papstes dürfte einiges zur Realisierung seiner territorialen Ansprüche beigetragen haben. Väterlicherseits stammte er aus einer mächtigen Adelsfamilie, die etwa fünfzig Kilometer südöstlich von Rom reich begütert war27. Sie wird in der Forschung als Conti di Segni bezeichnet28. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war 22   Die Gegenüberstellung von „göttlichem Recht“ (ius divinum) und „rein kirchlichem Recht“ (ius mere ecclesiasticum) ist mit der Gegenüberstellung von Verfassungsrecht und einfachem Gesetzesrecht im staatlichen Recht nicht vergleichbar. Zur zweitgenannten Unterscheidung siehe Winfried Aymans–Klaus Mörsdorf, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici 1. Einleitende Grundfragen und Allgemeine Normen (Paderborn 131991) 35–37. Zu beachten ist, dass sich gemäß katholisch-kirchlichem Selbstverständnis Berechtigungen, die dem weltlichen Grundrechtsgedanken nahekommen, sowohl aus dem ius divinum als auch aus dem ius humanum ableiten lassen. 23   Siehe Sabine Demel, Handbuch Kirchenrecht. Grundbegriffe für Studium und Praxis (Freiburg i. Br. 32022) 348–350. 24   Vgl. Reinhild Ahlers, Die rechtliche Grundstellung der Christgläubigen, in: Handbuch des katholischen Kirchenrechts, hg. von Stephan Haering–Wilhelm Rees–Heribert Schmitz (Regensburg 32015) 289–301. 25  Die Worte stammen aus Carl Orffs im Jahr 1943 uraufgeführter Oper „Die Kluge“. Siehe Carl Orff, Der Mond. Die Kluge, hg. von Kurt Pahlen (München 1981) 137. 26 Stefan Burkhardt, Petrus super aquas maris incessit. Das Papsttum in der mittelalterlichen mediterranen Welt, in: Die Päpste (wie Anm. 2) 299–316, hier 313. 27 Edward Peters, Lotario dei Conti di Segni becomes Pope Innocent III: The Man and the Pope, in: Pope Innocent III and his World, hg. von John C. Moore (Aldershot 1999) 3–24, hier 9. Zur familiären Einordnung des Papstes siehe auch Ludovico Gatto, Innocenzo III, la famiglia, la giovinezza, in: Urbs et Orbis 1 613–641. Olivier Hanne, De Lothaire à Innocent III. L’ascension d’un clerc au XIIe siècle (Le temps de l’histoire, Aix-enProvence 2014), zur Familie 49–86, zur Ausbildung 87–158. 28  Dabei ist zu beachten, dass sich dieser Name aufgrund der Ausübung des comes-Amtes herausgebildet

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Innocenz III. (über seine Mutter) ein Neffe seines Vorvorgängers Clemens III. (1187– 1191)29. Die Herkunft Innocenz’ III. hat sich mit Sicherheit auf den Erfolg seiner „Rekuperationspolitik“ ausgewirkt. Dabei ging es nicht bloß um die Wiedererlangung der weltlichpäpstlichen Machtstellung in Gebieten Mittelitaliens, sondern auch um die erstmalige Unterstellung derartiger Gebiete unter die weltliche Gewalt des Papstes. Innocenz III. setzte sich damit sowohl gegen lokale weltliche Machthaber als auch gegen traditionelle kaiserliche Ansprüche durch30. Im Ergebnis gelang ihm die ungefähre Verdoppelung der Fläche des Kirchenstaates. Damit war ein wesentlicher Schritt zur Verhinderung einer territorialen Vereinigung des Heiligen Römischen Reiches mit dem Königreich Sizilien gesetzt. Die im Wesentlichen erfolgreiche mittelitalienische Territorialpolitik stand wiederum in engem Zusammenhang mit dem staufisch-welfischen Thronstreit31. Wir können bei Innocenz III. von einer stark familiär abgesicherten Basis ausgehen. Eine erhebliche Stütze bei der Durchsetzung seiner Anliegen war ihm sein Bruder Riccardo32. Diese Ausgangslage dürfte auch dazu beigetragen haben, dass ihm bei der Auswahl neuer Kardinäle ein faktisch beträchtlicher Freiraum verblieb. Im Übrigen stellte Nepotismus für Innocenz III. ein „personalpolitisches Instrument“ dar33. Mit Sicherheit erhob Innocenz III. vier Verwandte zu Kardinälen, doch unter Berücksichtigung weitschichtiger Verwandtschaft dürften es wesentlich mehr gewesen sein34. Jedenfalls war der von Innocenz III. zum Kardinal erhobene Hugolinus, der als Gregor IX. (1227–1241) sein übernächster Nachfolger werden sollte, mit ihm verwandt35. Sowohl unter Innocenz III. als auch unter Honorius III. (1216–1227) war Hugolinus einer der einflussreichsten Kardinäle. Schon daran ist zu sehen, dass von den Kardinälen her an keinen nennenswerten Widerstand gegen den Papst zu denken war. Und was die in der Literatur hat. Damit ist ein Phänomen anzutreffen, das im 12. Jh. in der Campagna häufig anzutreffen war: Siehe Agostino Paravicini Bagliani, La vita quotidiana alla corte dei papi nel duecento (Rom 1996) 12. Mithin darf etwa jener Conti-Name, mit dem in der Literatur jener Gegenspieler Innocenz’ II. (1130–1143) bezeichnet wird, der nach dem Tod Anaklets II. im Jahr 1138 als Victor IV. zum Papst proklamiert wurde, nicht zur Annahme verleiten, dass Innocenz III. auch mit diesem verwandt gewesen wäre. Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte: Vgl. dagegen die etwas unbestimmt gehaltenen Mutmaßungen bei Niccolo Del Re, Art. Victor IV. Gegenpapst. Vatikan-Lexikon, hg. von dems. (Augsburg 1998 Übers.) 828. 29  Gatto, Innocenzo III (wie Anm. 27) 619; Peters (wie Anm. 27) 9f. Anm. 19. 30   Siehe Daniel Waley, The Papal State in the Thirteenth Century (New York 1961) 30–67; Sandro Carocci, Il nepotismo nel medievo. Papi, cardinali e famiglie nobili (La corte dei papi 4, Rom 1999) 41; Klaus Herbers, Geschichte des Papsttums im Mittelalter (Darmstadt 2012) 176. 31  Zum konkreten Zusammenhang zwischen mittelitalienischer Territorialpolitik und staufisch-welfischem Thronstreit siehe Thomas Frenz, Das Papsttum als der lachende Dritte? Die Konsolidierung der weltlichen Herrschaft der Päpste unter Innozenz III., in: Staufer & Welfen. Zwei rivalisierende Dynastien im Hochmittelalter, hg. von Werner Hechberger–Florian Schuller (Regensburg 2009) 191–201, hier 197. 32 Vgl. Waley, Papal State (wie Anm. 30) 39; Carocci, Nepotismo (wie Anm. 30) 115f. Zur Rolle Riccardos in Bezug auf die Stärkung päpstlicher Macht in Rom selbst siehe auch Ludovico Gatto, Storia di Roma nel Medioevo (I volti della storia 50, Roma 1990) 382f. 33  So Bernhard Schimmelpfennig, Das Papsttum. Von der Antike bis zur Renaissance (Darmstadt 62009) 194. Ebd. konstatiert der Autor für die Päpste zwischen 1198 und 1303: „Stärker noch als den meisten ihrer Vorgänger diente ihnen Nepotismus als personalpolitisches Instrument.“ 34 Werner Maleczek, Zwischen lokaler Verankerung und universalem Horizont. Das Kardinalskollegium unter Innocenz III., in: Urbs et Orbis 1 102–174, hier 119. 35  Werner Maleczek, Papst und Kardinalskolleg von 1191 bis 1216. Die Kardinäle unter Coelestin III. und Innocenz III. (Publikationen des Historischen Instituts beim Österr. Kulturinstitut in Rom I/6, Wien 1984) 126; Maleczek, Verankerung (wie Anm. 34) 119 und 141.



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oftmals behauptete Verwandtschaft zwischen Gregor IX. und Alexander IV. (1254–1261) betrifft, ist diese nicht unwahrscheinlich36. Immerhin erscheint Alexander IV. bereits in der Chronik des im Jahr 1259 verstorbenen Matthaeus Parisiensis als nepos Gregorii  37. Innocenz III. – ein Juristenpapst?

Noch in jüngerer Zeit gibt es Stimmen, die Innocenz III. eindeutig unter die „Juristenpäpste“ einreihen38. Doch darf man ihn nicht als „Juristenpapst schlechthin“ betrachten, bei dem die Wissenschaften vom Recht eine solitäre Bedeutung eingenommen hätten. Im Übrigen war für die damalige Zeit keine scharfe Trennung zwischen Theologie und Kanonistik – und somit von der Wissenschaft vom Kirchenrecht – gegeben39. Offensichtlich hielt sich der nachmalige Papst für längere Zeit in Paris auf, um dort theologischen Studien nachzugehen40. Über den Studienaufenthalt in Bologna, der ebenfalls in den Gesta erwähnt wird, wissen wir praktisch nichts41. Dieser Aufenthalt kann nicht von langer Dauer gewesen sein42. Die Nachricht, dass der spätere Innocenz III. ein Schüler Huguccios – des wohl begabtesten Kanonisten dieser Zeit – gewesen sei, findet sich erstmals bei Johannes Andreae (gest. 1348)43, doch wird sie heute in Zweifel gezogen44. Offensichtlich fiel der Studienaufenthalt in die Zeit der Lehrtätigkeit Huguccios in dieser Stadt45. Auch ist nicht auszuschließen, dass sich der spätere Papst in Bologna 36   Allerdings ist die Zuschreibung Alexanders IV. zur Familie der Conti di Segni – und damit der Familie Innocenz’ III. – Produkt ungenauer Recherchen. Siehe dazu Agostino Paravicini Bagliani, Cardinali di Curia e „familiae“ cardinalizie dal 1227 al 1254, Bd. 1 (Italia Sacra. Studi e documenti di storia ecclesiastica 18, Padua 1972) 41–47, hier 47: Der nachmalige Alexander IV. „era stato avviato dal futuro Gregorio IX, di cui era forse parente e nipote“. 37   Matthaeus Parisiensis Cronica maiora, a. 1254, Bd. 5: A.D. 1248 to A.D. 1259, ed. Henry Richard Luard (RBS 57/5, London 1882) 472. 38   Vgl. etwa Ilona Riedel-Spangenberger, Art. Juristenpäpste. Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht 2 (2002) 356f., hier 356. 39  Peter Classen, Studium und Gesellschaft im Mittelalter (MGH Schriften 29, Stuttgart 1983) 154. 40   Siehe Christoph H. Meyer, Das Vierte Laterankonzil als Einschnitt der kirchlichen Rechtsgeschichte. Zugleich zur Konzilsgesetzgebung im dreizehnten Jahrhundert, in: Europa 1215. Politik, Kultur und Literatur zur Zeit des IV. Laterankonzils, hg. von Michele C. Ferrari–Klaus Herbers–Christiane Witthöft. Unter Mitarbeit von Harriet Ziegler–Steve Riedl (Beihefte zum AfK 79, Köln 2018) 29–92, hier 58. Siehe auch das bei Sten Gagnér, Studien zur Ideengeschichte der Gesetzgebung (Uppsala 1960) 288, wiedergegebene Zitat: Innocenz III. habe wiederholt von diesem Platz gesprochen, in quo nos recolimus in studiis litterarum aetatem transegisse minorem. 41   Classen, Studium (wie Anm. 39) 154. Vgl. Gesta Innocentii III, ed. David Richard Gress-Wright (Ann Arbor 1993) 1 Z. 16–19: Hic primum in urbe et deinde Parisiis, tandem Bononie scholasticis studiis insudavit et super coetaneos suos tam in philosophica quam theologica disciplina profecit, sicut eius opuscula manifestant que diversis temporibus edidit et dictavit. 42   Details bei Kenneth Pennington, The Legal Education of Innocent III., in: ders., Popes, Canonists and Texts 1150–1550 (CS 412, Aldershot 1993) I, 1–10, hier 9; es handelt sich um die erweiterte Fassung eines Beitrags unter demselben Titel, ursprünglich abgedruckt BMCL 4 (1974) 70–77. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass der spätere Papst höchstens zwei Jahre lang in Bologna studiert haben kann. 43   Siehe ebd. 3f. Anm. 12. Vgl. Johannes Andreae, In quinque decretalium libros novella commentaria 1 (Turin 1963; Nachdr. der Ausgabe Venedig 1581) 158v (ad X 1. 11. 13): Noluit Innocentius aperte reprobare opinionem Huguccionis magistri sui, quam tamen reprobat in effectu et est simile de resti. spo. Litteras. Zur Entstehung des Werkes, das im Jahr 1338 beendet wurde, siehe Stephan Kuttner, Introduction, ebd. V–XIV, hier X. 44 Vgl. Pennington, Education (wie Anm. 42) passim. Siehe auch Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 58. 45  Classen, Studium (wie Anm. 39) 154.

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im Wesentlichen theologischen und nicht so sehr kanonistischen Studien hingab46. Peter Classen hat angemerkt, dass Innocenz III. „in der Anwendung des kanonischen Rechts“ Fähigkeiten unter Beweis gestellt habe, „die man nicht allein auf gute Mitarbeiter zurückführen kann und für die man doch wohl nicht ganz ohne Grund eine Basis in den Bologneser Studien sucht“47. Auch wenn es den Quellen an gesicherten Detailinformationen fehlt, ist doch eine umfassende juristische Kenntnis des Papstes anzunehmen48. Innocenz III. ist aber sicher kein „Juristenpapst“ schlechthin gewesen: Denn gerade er war in seinem „Vorleben“ durch eindeutig theologisches Schrifttum aufgefallen49. Ein nicht geringer Teil der Vorschriften des Vierten Laterankonzils – sie dürften sehr stark durch die Pariser Universitätsausbildung des Papstes beeinflusst sein – war von pastoraltheologischen Erwägungen geprägt50. Es ist allerdings durchaus nachvollziehbar, wenn der im Jahr 1271 verstorbene Hostiensis Innocenz III. als „Vater des Rechts“ bezeichnet51. Diese Ansicht findet auch in der gegenwärtigen Geschichtswissenschaft ihren Niederschlag. So wird gemeint, dass Innocenz III. „durchaus die Formen der rechtlichen Setzung beherrschte und damit prägend wurde“52. Alles in allem erscheint die Annahme, dass man „in Innozenz wohl eher einen rechtlich versierten Theologen als einen theologisch bewanderten Kanonisten zu sehen“ hat53, als plausibel. Darüber hinaus bringt die zeitgenössische Sichtweise von Innocenz III. als neuem Salomo recht plastisch eine Synthese von theologischen und normativ-kanonistischen Sichtweisen zum Ausdruck54. Ein Papst und die praktische Rechtswissenschaft: Innocenz III. und die Compilatio tertia

Lange Zeit hindurch wurde die Rolle Innocenz’ III. im Zusammenhang mit der Entstehung der Compilatio tertia diskutiert55. Bei den quinque compilationes antiquae handelt es sich um Sammlungen päpstlicher Dekretalen, die zwischen 1191 und 1226 entstanden   Pennington, Education (wie Anm. 42) 5.   Classen, Studium (wie Anm. 39) 154. 48  Vgl. Werner Maleczek, Art. Innocenzo III. Enciclopedia dei papi 2 (2000) 327–350, hier 327. Siehe auch https://www.treccani.it/enciclopedia/innocenzo-iii_%28Enciclopedia-dei-Papi%29/ [1. 9. 2022]. 49  Auch wenn die „juristische“ Seite des Papstes nicht in allem deutlich zum Vorschein kommt, so ist er doch eindeutig ein Theologe gewesen. Vgl. Christoph Egger, Papst Innocenz III. als Theologe. Beiträge zur Kenntnis seines Denkens im Rahmen der Frühscholastik. AHC 30 (1992) 55–123. 50   Nicht zuletzt hier sehen wir einen Ansatz für Auswirkungen einer Kultur, die als „gemeineuropäisch“ bezeichnet wird: So Sten Gagnér, Studien (wie Anm. 40) 288. Ebd.: „Seit den Tagen Innocenz’ III. war die aus den alten Pariser Schulen entstandene Universität unter päpstlicher Schirmherrschaft das bedeutendste geistige Zentrum Europas.“ 51 Siehe Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 55: Hier werden die Bezeichnungen pater iuris divini canonici et humani und – schlichter – pater iuris genannt. Diese kurze Bezeichnung wurde auch für Innozenz IV. gebraucht: Siehe ebd. Zu weiteren Stimmen aus dem 13. Jh. siehe ebd. 62. 52 Klaus Herbers, Das Vierte Laterankonzil und Papst Innozenz III. als alleiniges Haupt der Christenheit. Höhepunkt päpstlicher Machtentfaltung? zur debatte 45/2 (2016) 9–11, hier 11. 53   Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 58. Ähnlich auch Richard Kay, Innocent III as Canonist and Theologian: The Case of Spiritual Matrimony, in: Innocent III, hg. Moore (wie Anm. 27) 35–49, hier 49. Nach Stand des Jahres 1199 habe Innocenz III. viel von den Kanonisten gelernt, „but his field of professional expertise was nonetheless theology“. 54  Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 59. Zu den Quellen ebd. 59–61. 55  Quinque compilationes antiquae, ed. Emil Friedberg (Leipzig 1882) 105–134. 46 47



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sind und schließlich im Jahr 1234 durch den Liber Extra ersetzt wurden. Die Compi­ latio tertia wurde in den Jahren 1209 oder 1210 durch den päpstlichen Kaplan Petrus Beneventanus zusammengestellt. Für das Vorliegen eines entsprechenden päpstlichen Auftrags besteht kein Beweis, doch mit Sicherheit hat Innocenz III. die Sammlung zumindest nachträglich autorisiert56. Nach den Worten der Promulgationsbulle Devotioni vestrae sollte die Sammlung absque quolibet dubitationis scrupulo tam in iudiciis, quam in scholis gebraucht werden57. Wenn diese Worte von Zeitgenossen noch nicht im Sinne des Vorliegens einer autoritativen Gesetzessammlung aufgefasst wurden, so wird ihr in der Forschung doch ein entscheidender Platz in der „Ideengeschichte der Gesetzgebung“ zugemessen58. Offensichtlich handelte es sich bei der Compilatio tertia um die erste päpstlich offiziell autorisierte Dekretalensammlung59. Sie enthielt Dekretalen Innocenz’ III. aus dessen ersten zwölf Regierungsjahren. Durch sie sollte dem Umlauf gefälschter Papstschreiben entgegengetreten werden, und in diesem Kontext kam der Autorisierung große Bedeutung zu. In der genannten Promulgationsbulle wird auch die Wortfolge in nostris usque ad XII annum contineri registris gebraucht60. Mit der Feststellung Othmar Hageneders, dass diese Wortfolge „die engste Verbindung zwischen dem päpstlichen Dekretalenrecht und den Registern der Kurie“ darstelle und niemals davor und niemals danach „dieses Recht in einer so nachdrücklichen Art und Weise mit den Briefbänden der Papstkanzlei verknüpft“ wurde61, wird hier die Bedeutung Innocenz’ III. für die Geschichte des päpstlichen Kanzleiwesens in besonderer Plastizität zum Ausdruck gebracht62. Und in diesem Sinne haben noch mehrere Maßnahmen dieses Papstes dazu beigetragen, Übersicht über den Bestand geltenden Rechts zu schaffen. Zu nennen sind etwa die direkten Maßnah56 Kenneth Pennington, The Making of a Decretal Collection: The Genesis of Compilatio tertia, in: Popes, Canonists and Texts (wie Anm. 42) VIII; Peter D. Clarke, The Interdict in the Thirteenth Century: A Question of Collective Guilt (Oxford‒New York 2007) 7; Kéry, Kirchenrecht (wie Anm. 2) 204f. 57 Ed. Friedberg (wie Anm. 55) 105. Zur Promulgation von Normen im Hoch- und Spätmittelalter siehe Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 74–85. 58   Landau, Innocenz III. (wie Anm. 1) 175, mit Berufung auf den Buchtitel von Gagnér, Studien zur Ideengeschichte der Gesetzgebung (wie Anm. 40). Zur Compilatio tertia im Kontext der Gesetzgebungsgeschichte siehe Gagnér, ebd. 300. 59  Clarke, Interdict (wie Anm. 56) 7. Vgl. Hans Erich Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte. Die katholische Kirche (Darmstadt 2019; Nachdr. der Ausg. Köln 51972) 285, der meint, dass die Compilatio tertia „die erste authentische, das heißt vom Gesetzgeber selbst beglaubigte Sammlung“ gewesen sei. Clarke, Interdict (wie Anm. 56) 7: Keinen Anhaltspunkt gibt es für eine derartige Autorisierung bezüglich der Anfang der 1190er Jahre entstandenen Compilatio prima. Weder der nach der Compilatio tertia entstandenen Compilatio secunda noch der von Johannes Teutonicus zusammengestellten Compilatio quarta wurde eine derartige Autorisierung zuteil. Die Compilatio quinta wurde schließlich auf Befehl Honorius’ III. im Jahr 1226 zusammengestellt und enthält Dekretalen dieses Papstes. 60 Ed. Friedberg (wie Anm. 55) 105. 61  Othmar Hageneder, Papstregister und Dekretalenrecht, in: Recht und Schrift im Mittelalter, hg. von Peter Classen (VuF 23, Sigmaringen 1977) 319–347, hier 319. 62   Ohne näher auf Details der Kanzleientwicklung eingehen zu können, sei auf Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart (München 32002) 191, verwiesen: „Das Papsttum hat wahrscheinlich den Anfang mit der Übertragung seines Benefizienrechts auf nicht-geistliche Ämter gemacht, als Innozenz III. es auf die Dienststellung der Kanzleischreiber anwandte. Im 14. Jahrhundert galt eine Schreiberstelle als Pfründe, der Inhaber war unabsetzbar, konnte aber auf seine Stelle verzichten (resignieren). Zusammen mit der Sitte, bei der Amtsverleihung eine geschenkartige Abgabe zu leisten, hat dies dazu geführt, daß dieses Amt als erstes an der römischen Kurie weiterverkauft werden konnte.“

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men gegen Fälscher, die Einführung des Amtes des Korrektors, aber wohl auch die Trennung der Funktionen von notarii und scriptores63.

Die Prägung kirchlicher Grundordnung – Innocenz III. und der päpstliche Universalprimat Die Aufwertung einschlägiger Begrifflichkeit

Durch Innocenz III. gelangte die Primatsidee auf eine neue Stufe, und dies stellt sich als „folgenreich bis heute“ dar64. Mit ihm gewinnt der Titel vicarius Christi eine für das Papsttum exklusive Bedeutung65. Diese Bezeichnung wurde durch ihn stärker betont als durch seine päpstlichen Vorgänger, und im Wesentlichen kann dies im Zusammenhang mit seiner Vorstellung der päpstlichen Amtsgewalt im Sinne einer plenitudo potestatis gesehen werden66. Wie gleich zu zeigen sein wird, bot das Vierte Laterankonzil von 1215 Gelegenheit, der einschlägigen Begrifflichkeit noch mehr praktische Bedeutung zu verleihen. Innocenz III., das Vierte Laterankonzil (1215) und Ansätze einer Verabsolutierung päpstlicher Herrschaft

Unter den Konzilien, die von Seiten der Katholischen Kirche als ökumenisch anerkannt werden, war das Vierte Laterankonzil das erste des zweiten Jahrtausends, das sich 63   Siehe Thomas Frenz, Papsturkunden des Mittelalters und der Neuzeit (Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen 2, Stuttgart 22000) 72 und 76f.; ders., Innozenz III. als Kriminalist – Urkundenfälschung und Kanzleireform um 1200, in: Papst Innozenz III. Weichensteller der Geschichte Europas. Interdisziplinäre Ringvorlesung an der Universität Passau 5. 11. 1997–26. 5. 1998, hg. von dems. (Stuttgart 2000) 131–139. S. auch den Beitrag von Patrick Zutshi in diesem Band. 64  Klaus Schatz, Der päpstliche Primat. Seine Geschichte von den Ursprüngen bis zur Gegenwart (Würzburg 1990) 116. 65   Siehe auch Yves Congar, Titel, welche für den Papst verwendet werden. Concilium 11 (1975) 538–544, hier 540–542. Selbst im 12. Jh. war der Titel noch für Bischöfe verwendet worden. Zum Ausschließlichkeitsaspekt des Begriffs vicarius Christi siehe ferner Alfred Hof, „Plenitudo Potestatis“ und „Imitatio Imperii“ zur Zeit Innocenz’ III. Zeitschrift für Kirchengeschichte 66 (1954/55) 39–71, hier 43: In einer Predigt zum Jahresfest des Papstes Silvester I. sprach Innocenz III. vom maximus sacerdos, der der vicarius illius, qui est Rex regum et Dominus dominantium, Sacerdos in aeternum secundum ordinem Melchisedech sei: PL 217 481. Zum Begriffsgebrauch von plenitudo potestatis durch Vorgänger Innocenz’ III. siehe Hof, Plenitudo 47–50. Erstmals ist der Gebrauch für Leo I. (440–461) nachweisbar. Bereits bei diesem habe der Gedanke der imitatio imperii eine wichtige Rolle gespielt (ebd. 47). Bei Nikolaus I. (858–867) dürfte der Begriffsgebrauch unter dem Eindruck der Konstantinischen Schenkung stehen (ebd. 49f.). Was Innocenz III. betrifft, so bringt er über den Begriff der plenitudo potestatis sein Verständnis des Verhältnisses zu den Patriarchen, Erzbischöfen und Bischöfen zum Ausdruck (ebd. 56). Konkret bezog sich Innocenz III. mit diesem Begriff etwa auch auf den Anspruch, Bischöfe einzusetzen (ebd. 57). Aber auch das Recht auf Einrichtung kirchlicher Sprengel und deren Änderung im Sinne dessen, dass es sich dabei um causae maiores handelte, gehört hierher. 66  Schimmelpfennig, Papsttum (wie Anm. 33) 203. Wenn Papst Franziskus im „Annuario Pontificio“ des Jahres 2020 erstmals zu einigen päpstlichen Titeln – einschließlich vicarius Christi – anmerken ließ, dass es sich um „titoli storici“ handelt, so wurde in den Medien diskutiert, ob es sich dabei um einen Verzicht dieses Papstes auf diese Bezeichnungen handelte: Siehe etwa Fabian Brand, Vicarius Christi und Co.: Die Titel des Papstes und ihre Bedeutung, https://www.katholisch.de/artikel/25443-vicarius-christi-und-co-die-titel-des-papstes-und-ihrebedeutung [1. 9. 2022]. Der Tatsache, dass Innocenz III. durch den exklusiven Gebrauch des Titels vicarius Christi dem Phänotyp des Papsttums bis heute nachhaltige Prägung verlieh, kann damit kein Abbruch getan werden.



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bewusst als ökumenisch bzw. als Fortsetzung der allgemeinen Konzilien des ersten Jahrtausends betrachtete67. Der anvisierte ökumenische Charakter der Versammlung klingt stark im Einladungsschreiben Vineam Domini 68 vom 19. April 1213 an, wobei sie sich hauptsächlich dem Kreuzzug und der Kirchenreform widmen soll: Der Papst wünscht eine generalissima sy­ nodus abzuhalten, und damit bezieht er sich nicht bloß auf den orbis latinus, sondern auf die gesamte Christenheit69. Es ist von einer Gesamtteilnehmerzahl von etwas über 1.200 auszugehen70. Unter ihnen befanden sich mehr als 400 Bischöfe – 71 Kardinäle und Erzbischöfe eingerechnet71. Aus dem Osten waren 23 lateinische Prälaten anwesend72. Pro forma waren auch orthodoxe Bischöfe eingeladen73. Eine Neuerung stellte die Einladung 67  Klaus Schatz, Allgemeine Konzilien – Brennpunkte der Kirchengeschichte (Paderborn 22008) 109. Siehe ferner Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 33, wo auf das Einladungsschreiben Vineam Domini hingewiesen wird: Dort findet sich die Wortfolge generale concilium iuxta priscam sanctorum patrum consuetu­ dinem. Zum Verständnis als Kirchenversammlung, die sich in einer Reihe mit den vier ersten als ökumenisch betrachteten Konzilen des 1. Jahrtausends einordnete, siehe auch Johannes Helmrath, The Fourth Lateran Council. Its Fundamentals, Its Procedure in Comparative Perspective, in: The Fourth Lateran Council. Institutional Reform and Spiritual Renewal. Proceedings of the Conference Marking the Eight Hundredth Anniversary of the Council Organized by the Pontificio Comitato di Scienze Storiche (Rome, 15–17 October 2015), hg. von Gert Melville–Johannes Helmrath (Affalterbach 2017) 17–40, hier 24: So habe Hostiensis das Vierte Laterankonzil als consimile mit diesen Versammlungen betrachtet. Im Übrigen deutet die Einleitung der ersten Konstitution (Firmiter …) auf ein Aufschließen an die vier Versammlungen hin; bzw. gilt dies für dessen Inhalt überhaupt – er enthält zahlreiche Glaubensartikel: Siehe Thomas Prügl, The Fourth Lateran Council – A Turning Point in Medieval Ecclesiology?, in: The Fourth Lateran Council 79–97, hier 81 und 89. Ebd. 89, auch die Behandlung der Wortfolge iuxta priscam sanctorum Patrum consuetudinem. Einschlägige Hinweise auf derartige Traditionen hatten aber auch bei den Päpsten des 12. Jh. nicht gefehlt, so bei Alexander III.: Ebd. 90. ‒ Zum zeitgenössischen Verständnis des generale vel universale concilium siehe Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 34; Werner Maleczek, Vineam Domini. Das päpstliche Rundschreiben vom 13. April 1213 zur Einberufung des Konzils, in: Il Lateranense IV. Le ragioni di un concilio. Atti del LIII Convegno storico internazionale. Todi, 9–12 ottobre 2016 (Atti dei Convegni del Centro italiano di studi sul basso medioevo – Accademia Tudertina N. S. 30, Spoleto 2017) 45–74, hier 64. Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 34: So kennt Huguccio in Anknüpfung an das Decretum Gratiani die Unterscheidung zwischen mehreren Versammlungstypen. Das generale vel universale concilium werde vom Papst oder seinen Legaten gemeinsam mit Bischöfen unterschiedlicher Kirchenprovinzen gefeiert. Das concilium particulare vel speciale (Provinzialkonzil) werde vom Metropoliten oder Primas gemeinsam mit den entsprechenden Suffraganbischöfen abgehalten. Das concilium episcopale vel singulare (Synode) hält ein Diözesanbischof mit den Klerikern seines Amtssprengels ab. 68  Abgedruckt bei Maleczek, Vineam Domini (wie Anm. 67) 72–74. Die Konstitutionen des Konzils sind samt deutscher Übersetzung abgedruckt in Dekrete der ökumenischen Konzilien 2, hg. von Josef Wohlmuth (Paderborn 2000; dieser Ausgabe liegt zugrunde: Conciliorum Oecumenicorum Decreta 2, hg. von Giuseppe Alberigo–Giuseppe L. Dossetti–Perikles–P. Joannou–Claudio Leonardi–Paolo Prodi (Bologna 1973) 230–270. Zu inhaltlichen Hintergründen und Textverständnis der einzelnen Konstitutionen siehe Antonia García y García, Las Constituciones del Concilio IV Lateranense de 1215, in: Urbs et Orbis 1 200–224. Die Bestimmungen sind samt Glossen bzw. Glossenapparaten ed. bei dems., Constitutiones Concilii quarti Lateranensis una cum Commentariis glossatorum (MIC A/2, Città del Vaticano 1981). 69  Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 9. Zu den durch Innocenz III. geäußerten Überlegungen zur Abhaltung eines Konzils noch vor der Konzilsankündigung siehe Maleczek, Vineam Domini (wie Anm. 67) 45f. Trotzdem erging das Einladungsschreiben von 1213 „für alle unerwartet“ (ebd. 47). 70  Vgl. Helmrath, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 27. Vergleichszahlen zu anderen Kirchenversammlungen vom 11. bis zum 13. Jh. ebd. 24. Zur Teilnehmerzahl am Vierten Laterankonzil siehe auch Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 38. Siehe auch Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 10, mit dem Hinweis, dass beim Ersten Laterankonzil 200 Teilnehmer anwesend gewesen waren. 71  Helmrath, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 27. Siehe auch die Aufstellung ebd. 38. 72  Ebd. 25. 73 Ebd.

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von Vertretern der Kathedral- und Stiftskapitel dar74. Unter den weltlichen Fürsten waren etwa Friedrich II., Otto IV., der lateinische Kaiser von Konstantinopel und die Könige Frankreichs, Englands, Aragons und Ungarns durch Vertreter repräsentiert. In den auf die Eröffnung folgenden beiden Sitzungen wurden 71 Konstitutionen verabschiedet, während es auf dem Dritten Laterankonzil lediglich 27 gewesen waren75. Das Vierte Laterankonzil wird mit dem Ersten Konzil von Lyon (1245), dem Zweiten Konzil von Lyon (1274) und in gewisser Beziehung auch mit dem Konzil von Vienne (1311/12) einem eigenen Konzilstyp zugerechnet, der durch folgende Merkmale vereint ist76: 1. Eindeutiges Dominieren des Papstes, dem die Versammlung im Wesentlichen als Beratungsgremium diente77. Die Vollversammlungen des Konzils fungierten nicht als Diskussionsforum, wie dies bei den ökumenischen Konzilien der Neuzeit der Fall sein sollte78. 2. Es handelte sich um keine reinen Bischofsversammlungen, sondern um Zusammenkünfte der „Stände der Christenheit“79. 3. Die folgenden Behandlungsthemen kennzeichnen die genannte Gruppe von Kirchenversammlungen: Kirchenreform im Sinne einer kanonistischen Gesetzgebung, Kreuzzüge und schließlich die Thematik des Friedens. Mit ganz wenigen Ausnahmen haben alle Konstitutionen des Konzils Eingang in das Corpus Iuris Canonici gefunden80. Es kann unstrittig von einer dominierenden Bedeutung des Papstes für das Konzil ausgegangen werden81. Auch in den sorgfältigen Vorarbeiten zum Vierten Laterankonzil – das Einladungsschreiben war im April 1213 ergangen, die Versammlung tagte im November 1215 – kann man ein organisiertes Handeln im Dienste des Papstes spüren82. Schließlich steht die Eröffnungsansprache des Papstes83 im Zeichen beanspruchter   Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 9.  Alberto Melloni, Die Sieben „Papstkonzilien“ des Mittelalters, in: Geschichte der Konzilien. Vom Nicaenum bis zum Vaticanum II, hg. von Giuseppe Alberigo (Übers. Wiesbaden 1993) 214f. Die Quellenlage hinsichtlich des Geschäftsgangs des Konzils ist dürftig. Die Briefe des Papstes aus dem Jahr 1215 sind verloren: Helmrath, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 20. Zum verlorenen Registerband siehe ausführlich Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 68. 76  Zu diesen Kennzeichen siehe auch Schatz, Konzilien (wie Anm. 67) 108f. 77  Zu beachten ist, dass Innocenz III. zu jeder der drei Sessionen eine Predigt hielt: Helmrath, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 21. Doch begegnet er auch als Moderator von Konzilsdiskussionen: Siehe ebd. 21 und 30. 78  Dies hieß allerdings nicht zwingend, dass die Päpste all das durchsetzten, was sie sich vorgenommen hatten. So sehen wir selbst Innocenz III. in einem Fall nachgeben: Dies betraf die Frage der finanziellen Absicherung der päpstlichen Kurie durch regelmäßige Abgaben von Seiten der Bischofskirchen. Siehe dazu Melloni, Papstkonzilien (wie Anm. 75); Schatz, Konzilien (wie Anm. 67) 112. Hier hat der Papst seinen Willen nicht durchgesetzt bzw. faktisch nicht durchsetzen können. 79  Ebd. 109. 80 Joseph Goering, Lateran Council IV and the cura Judaeorum, in: The Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 243–253, hier 243. 81  Vgl. etwa Werner Maleczek, Art. Laterankonzil IV. LMA 5 (1991) 1742–1744, hier 1743: Die 71 Konstitutionen seien „als persönliches Werk Innozenz’ III.“ zu betrachten. 82  Dabei ist zu beachten, dass es offensichtlich nie zuvor einen derartig langen Zeitraum zwischen Einberufung und tatsächlichem Beginn eines Konzils gegeben hatte: Siehe Maleczek, Vineam Domini (wie Anm. 67) 65. 83  Zum Folgenden siehe ausführlich Jochen Johrendt, Innozenz III. und das IV. Laterankonzil. Predigt, verweigerte Aussprache und fiktiver Dialog, in: Europa 1215 (wie Anm. 40) 93–106. 74 75



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Vorrangstellung. Darauf deutet jedenfalls das gleichsam zum „Leitthema“84 gewählte Zitat aus dem Lukasevangelium – Worte Jesu beim Letzten Abendmahl – hin: „Mit großer Sehnsucht habe ich danach verlangt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen“ (Lk 22,15)85. Dieses Leitthema hat der Papst in seiner Rede sieben Mal angesprochen, und dies spricht eine eindeutige Sprache. Innocenz III. sprach in seiner Eröffnungsansprache die Stellung des Papstes zum Konzil nicht ausdrücklich an. Zu Recht wurde allerdings in der Forschung die von Innocenz III. beanspruchte Stellung als vicarius Christi im Zusammenhang mit dieser Rede thematisiert. Diese Bezeichnung gebrauchte Innocenz III. häufiger als seine Vorgänger, und damit in Zusammenhang stand auch sein Verständnis seiner Amtsgewalt als plenitudo potestatis86. Die Bezeichnung vicarius Christi signalisiert eben, dass sich der Papst als das ausschließliche Haupt der Christenheit betrachtete87. In der Forschung wurde ferner auf die Siebenzahl der erwähnten Bibelzitierung hingewiesen. Damit habe Innocenz III. siebenmal als Christus gesprochen88. Wenn Innocenz III. auf dem Konzil offensichtlich argumentative Auseinandersetzungen vermied, so ist dies ebenfalls als Beleg für ein stark ausgeprägtes Selbstverständnis zu sehen. In diesem Zusammenhang wurde auf die Weigerung des Papstes hingewiesen, sich auf der Versammlung mit dem deutschen Thronstreit zu konfrontieren89. Mit Blick auf die Tatsache, dass am Beginn der Bestimmungen des Vierten Laterankonzils Konstitutionen stehen, die Glaubensfragen betreffen, hat man in der Forschung eine mögliche Vorbildwirkung des Codex Iustinianus konstatiert90. Falls dies zutrifft, wird man dabei jedenfalls auch den Ausfluss eines stark ausgeprägten päpstlichen Selbstverständnisses zu sehen haben. Die zentrale Stellung des Papstes wird auch schon daran ersichtlich, dass der überwiegende Teil der Konstitutionen nicht erst auf dem Konzil konzipiert wurde 91. Dafür sprechen auch die Worte eines Zeitgenossen, wonach am Ende des Konzils die Konstitutionen des Herrn Papstes vorgelesen worden seien92. Die Redaktionsgeschichte der Kon  Dieser Begriff ebd. 99.   Die im vorliegenden Beitrag präsentierten deutschen Übersetzungen aus biblischen Schriften wurden stets von der „Revidierten Einheitsübersetzung 2016“, https://www.bibelwerk.at/pages/katholischesbibelwerk/ reveinheitsuebersetzung [5. 9. 2022], übernommen. 86  Schimmelpfennig, Papsttum (wie Anm. 33) 203. Zu dieser Verbindung siehe auch Hof, Plenitudo (wie Anm. 65) 42. Ebd. weist der Autor darauf hin, dass es sich ursprünglich um einen Kaisertitel gehandelt habe, und setzt dies in Verbindung mit der imitatio imperii durch Innocenz III. Zum Titel vicarius Christi siehe auch Gagnér, Studien (wie Anm. 40) 339. 87   Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 11. Mit dem Hinweis darauf, dass der Begriff der chris­ tianitas in den Quellen so vage verwendet wurde, „dass die Durchsetzung dieses Anspruchs auch von Innocenz immer wieder neu ausgehandelt werden musste und das IV. Laterankonzil sicher nicht oder noch nicht den Höhepunkt päpstlicher Machtentfaltung darstellte“. 88   Johrendt, Innozenz III. (wie Anm. 83) 100. Ebd.: Die siebenfache Betonung, Leid auf sich zu nehmen und damit Christus nachzuahmen, könnte ihre Begründung „in der siebenfachen Verfolgung Christi“ finden. 89   Siehe ausführlich ebd. 102–106. Siehe auch Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 10, wo ebenfalls vom Versuch des Mainzer Erzbischofs, sich zu Wort zu melden, die Rede ist. Der Papst meinte daraufhin, erst solle Innocenz gehört werden, dann wolle der Papst den Erzbischof hören. Herbers, ebd.: „Der Papst riss damit die Diskussion an sich, und die Einlassungen des Erzbischofs waren de facto erledigt.“ 90   Michele C. Ferrari–Klaus Herbers–Christiane Witthöft, Einleitung, in: Europa 1215 (wie Anm. 40) 7–25, hier 11. 91  Vgl. Kenneth Pennington, The Fourth Lateran Council. Its Legislation, and the Development of Legal Procedure, in: The Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 41–54, hier 43. 92   Deinde leguntur constitutiones domini pape. Zitiert ebd. 43. 84 85

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zilsbestimmungen liegt allerdings „weitgehend im Dunkeln“93. Der konkrete Anteil des Papstes an deren Zustandekommen ist nicht in allem genau zu ermitteln94, und man hat zu beachten, dass in nicht wenigen Konstitutionen Anleihe an zeitlich vorangegangenen Bestimmungen genommen wurde95. Wir dürfen in Innocenz III. den „Editor in chief“ der Konzils-Konstitutionen sehen96. Trotzdem ist damit nicht die Mitarbeit anderer an deren Konzeption auszuschließen. So blieb nach der Verkündigung von Vineam Domini Zeit für Beratungen, aber auch zwischen den Sessionstagen selbst97. Einzelne Bestimmungen tragen hinsichtlich der Beschlussfassung auffällig unterschiedliche Formulierungen98. Insgesamt dürfen wir aber davon ausgehen, dass Innocenz III. nicht daran dachte, die einzelnen Bestimmungen einer Debatte zu unterwerfen99. Das Konzil selbst war gewissermaßen Bestandteil des von Innocenz III. vertretenen plenitudo-potestatis-Aspekts des Papsttums100. Auffällig ist auch, dass der Text der drei dogmatischen Konstitutionen offensichtlich schon zur Gänze konzipiert war, bevor er den Konzilsvätern zur akklamatorischen Bestätigung vorgelegt wurde. Vor der Akklamation fand offensichtlich keine Diskussion statt101. Aus diesen Vorgängen ist zu erschließen, dass sich die drei Konstitutionen „ausschließlich auf die Initiative Papst Innocenz’ III.“ zurückführen lassen102. Das heißt freilich nicht, dass etwa der Transsubstantiationsbegriff als „Erfindung“ dieses Papstes anzusehen ist. Seine Vorgeschichte reicht in die Vierzigerjahre des 12. Jh. zurück103. Wenn hier nicht näher auf die nachhaltige Bedeutung des Vierten Laterankonzils eingegangen werden kann104, so ist doch bemerkenswert, dass Innocenz III. die Aufnahme der Konstitutionen in das päpstliche Register anordnete105. Offensichtlich hat er sich aktiv für ihre Verbreitung in eigenen Sammlungen engagiert106.   Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 63.   So betont Pennington, Fourth Lateran Council (wie Anm. 91) 47f., überzeugend, dass allein die Worte Innocentius iii. in concilio generali in der Einleitung jeder Konzilskonstitution keinen Beleg für eine Verfasserschaft Innocenz’ III. darstellen. 95  Siehe ebd. 51–54. 96  Helmrath, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 37. 97  Es handelte sich um drei Sessionstage im November 1215. Siehe auch die Zeittafel ebd. 39f. 98   Siehe ebd. 37. 99  Vgl. Prügl, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 87. Ebd. weist der Autor darauf hin, dass das Wort consensus in den programmatischen Texten des Papstes fehlt. 100   Ebd. 88. 101  Werner Maleczek, Firmiter credimus – Die erste dogmatische Konstitution des IV. Lateranum. Bemerkungen zu Genese und Inhalt, in: The Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 57–78, hier 59. Zur näheren Ausgestaltung dieser Akklamationen siehe Helmrath, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 36. 102   Maleczek, Konstitution (wie Anm. 101) 61. Vgl. auch ebd. 64. Ebd. 77 zur ersten Konstitution: Sie sei „als Werk Innocenz’ III. zu betrachten“. Bei deren Formulierung seien „vielleicht theologische Experten der Kurie mit beteiligt“ gewesen. „Eine Diskussion gab es nicht. Dieses ungewöhnliche, kurzgefasste Glaubensbekenntnis hatte eine deutliche Stoßrichtung gegen die zu Beginn des 13. Jahrhunderts als Gefahr für die Kirche empfundene Häresie. Einzelne, genauer analysierte Teile zeigen Innocenz III. als einen gut in den Pariser Schulen ausgebildeten Theologen, der Erkenntnisse seiner Lehrer und Mitschüler in den Rang von allgemein verbindlichen Bestimmungen in der Kirche erhob.“ 103  Ebd. 74; siehe auch Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 10. 104   V. a. in jüngster Zeit wurde der Einfluss dieser Kirchenversammlung auf das Trienter Konzil unterstrichen: Walter Brandmüller, Das Nachleben des IV. Lateran-Konzils, in: The Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 11–14, hier 12–14. 105  Pennington, Fourth Lateran Council (wie Anm. 91) 43. 106 Ebd. 93 94



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In der Folge war das Konzil „in der kirchlichen Rechtskultur des Spätmittelalters und der Frühneuzeit quasi omnipräsent. Kein anderes Konzil hatte für die Kanonisten eine ähnliche Bedeutung.“107 Dies bedeutet zwar keineswegs, dass alle Vorschriften auch wirklich angewendet worden wären108, doch ist das dictum von Hans Erich Feine, wonach das Vierte Laterankonzil „wirklich zu einer Heerschau päpstlicher Weltherrschaft geworden“ sei, durchaus nachvollziehbar109. Berücksichtigt man die Tatsache, dass bei knapp 10 % der Canones des Codex Iuris Canonici von 1917 im Quellenapparat eine Bestimmung des Vierten Laterankonzils auftaucht110, so kann ein sehr vitales Nachleben konstatiert werden111. Lediglich das Konzil von Trient ist im Quellenapparat mit mehr Texten vertreten112. Im Wesentlichen wird man hier einen Ansatzpunkt für das Überleben rechtlicher Denkansätze Innocenz’ III. zu erblicken haben. Die päpstliche Vorrangstellung und der ins Hintertreffen geratene christliche Osten

Grundsätzlich war die Position Innocenz’ III. durch die dramatischen Ereignisse im Osten begünstigt. Zu denken ist hier an den so genannten „Vierten Kreuzzug“, der im Jahr 1204 in der Eroberung Konstantinopels kulminierte. In gewisser Weise saß Innocenz III. am Hebel einer Macht, die keinen Päpsten zuvor und danach gegeben war113. Doch wird man seine tatsächliche Macht nicht überschätzen dürfen. Dabei ist auch festzuhalten, dass die Ereignisse des Jahres 1054 im Kontext der Auseinandersetzung zwischen Ost und West in der christlichen Kirche lange Zeit hindurch überschätzt wurden. Erst die mit dem Vierten Kreuzzug verbundenen Gegebenheiten waren die bedeutendste Ursache für ein östliches Trauma, das das Gefühl der Kirchenspaltung mental und nachhaltig untermauerte. Doch muss vor Augen bleiben, dass auch im 11. Jahrhundert deutliche Tendenzen der Auseinanderentwicklung festzustellen waren: Zwar machten sich auch im Osten reformorientierte Entwicklungen bemerkbar114, doch trug die Papsttum-Bezogenheit der westlichen Kirchenreformen durchaus ihr Schärflein zur Trennung bei. Ferner hatte die Ausbreitung normannischen Einflusses in Süditalien zu einer Durchsetzung westkirchlicher liturgischer Gebräuche bzw. sakramentaler Praxis beigetragen115. Auch brachten die dem Jahr 1204 vorangehenden Kreuzzüge Friktionen innerhalb des Christentums116.   Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 44.   Ebd. 52 und 73. 109  Feine, Rechtsgeschichte (wie Anm. 59) 302. 110  Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 30. 111  Siehe dazu auch Gagnér, Studien (wie Anm. 40) 301: Es liege „eine merkwürdige Kontinuität vor, die von Kodifikation zu Kodifikation bis in das 20. Jahrhundert hinein fast das gesamte Gedankengut der Innocenzischen Reform überliefert“. 112  Meyer, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 40) 30. 113  Vgl. Wilhelm De Vries, Innozenz III. und der christliche Osten. AHP 3 (1965) 87–126, hier 87: „Wenige Päpste haben einen solchen Einfluß auf die kirchlichen Angelegenheiten des Ostens ausgeübt wie gerade Innozenz III.“ 114  Stefan Burkhardt, Ut sit unum ovile et unus pastor. The Fourth Lateran Council and the Variety of Eastern Christianity, in: The Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 111–122, hier 113. 115   Ebd. Siehe ferner Burkhardt, Petrus (wie Anm. 26) 309: Die „Diversität der christlichen Kirchen“ sei „in ganz neuer Intensität in das Bewusstsein der Päpste“ gedrungen. „In Süditalien wurden etwa durch die normannische Eroberung der ehemaligen byzantinischen und arabischen Gebiete die Unterschiede zwischen Ost und West in Dogma, Liturgie und Kirchenrecht recht plötzlich in ihrer ganzen Komplexität erfahrbar.“ 116  Burkhardt, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 113. 107 108

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Was den Pontifikat Innocenz’ III. selbst betrifft, so sind schon vor dem Jahr 1204 bedeutsame Aspekte des Zusammenlebens zwischen christlichem Osten und christlichem Westen zu konstatieren. In diesem Kontext ist der Brief des Papstes Apostolicae sedis pri­ matus an den Patriarchen von Konstantinopel aus dem Jahr 1199 hervorzuheben117. Wenn Innocenz III. hier auf das so genannte „Felsenwort“ aus dem Matthäusevangelium (Mt 16,18) Bezug nimmt und auch den Vorrang Roms vor den anderen Patriarchalsitzen unterstreicht, so ist damit von päpstlicher Seite nichts Neues gesagt. Doch die Art und Weise, wie er die im Matthäusevangelium geschilderten Vorgänge am See Genezareth, auf dem Jesus und Petrus wandeln (Mt 14), anspricht und damit die päpstliche Allgewalt begründet, ist doch bemerkenswert. Dadurch, dass sich Petrus ins Meer geworfen habe, habe er das Vorrecht der singulären päpstlichen Gewalt zum Ausdruck gebracht. Er habe die Leitung des gesamten Erdkreises übernommen, wobei keinem anderen Apostel eine derartige Leitungsfunktion anvertraut gewesen sei. Jedem seien lediglich einzelne Provinzen bzw. bestimmte Kirchen anvertraut worden. Die vielen Wasser, über die Petrus einhergeschritten sei, stünden für die vielen Völker, die zu leiten er die Vollmacht empfangen habe118. Es kann nicht Wunder nehmen, dass die Ereignisse des Jahres 1204 den Papst letztlich in der Geltendmachung konkreter Ansprüche bestärkten. Zwar ist er der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer bekanntlich skeptisch gegenübergestanden. Doch schließlich forderte er diese auf, für die Unterwerfung des Konstantinopolitaner Patriarchen unter den Primat des Papstes zu sorgen119. Die baldige Wiedervereinigung zwischen christlichem Osten und christlichem Westen sah er als potentiell straf- und schuldmildernd für das Verhalten der Kreuzfahrer an120. Das Vierte Laterankonzil sah den Riss zwischen christlichem Osten und christlichem Westen in formeller Weise als gekittet an. Die Teilnahme östlicher – allerdings lateinischer – Bischöfe konnte das Bild eines allgemeinen Konzils unterstreichen121. Beinahe triumphalistisch nimmt sich Konstitution 4 aus: Die Griechen sollten sich der hochheiligen Römischen Kirche unterwerfen. Nicht nur für die Vertiefung der Gräben zwischen christlichem Osten und christlichem Westen war die Zeit Innocenz’ III. eine Schlüsselperiode. Auch der doch eher bescheidene Stellenwert, den die katholischen Ostkirchen im geltenden Kirchenrecht einnehmen, dürfte gerade in dieser Zeit grundgelegt worden sein122. Begleitmusik päpstlichen Herrschaftsstrebens

Zahlreiche weitere Bestimmungen des Vierten Laterankonzils sollten in zumindest indirekter Weise der Untermauerung päpstlicher Herrschaftsgewalt dienen. Ungeachtet der noch zu besprechenden Eckpunkte der Häretikergesetzgebung ist nicht zu übersehen,   Reg. Inn. Bd. II Nr. 200 (209), 1199 XI 12, 382–389. Siehe dazu Burkhardt, Petrus (wie Anm. 26)

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307f.

  Reg. Inn. Bd. II Nr. 200 (209) S. 384 Z. 4–8.  Othmar Hageneder, Innocenz III. und der vierte Kreuzzug. Aufgrund der offiziellen Korrespondenz in den päpstlichen Registern. Wiener humanistische Blätter 47 (2005) 51–69, hier 63. 120  Ebd. 121  Prügl, Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 90. 122   Dabei dürfen allerdings nicht die Besonderheiten des katholischen Ostkirchenrechts, die im Wesentlichen doch eine gewisse Autonomie unterstreichen, übersehen werden. Siehe dazu Richard Potz, Der Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium, in: Handbuch (wie Anm. 24) 101–116, hier 115. 118 119



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dass die Inquisitionsgerichtsbarkeit in gewisser Weise eine Aufwertung der päpstlichen Machtstellung mit sich brachte. So zeigt Konstitution 8 sehr deutlich, wie die Bischöfe und die weltliche Gewalt verstärkt in die Pflicht genommen werden sollten. In gewisser Weise lässt sich auch der Ehegesetzgebung des Vierten Laterankonzils der Eindruck abgewinnen, als ob hier nicht zuletzt auch die päpstliche Macht gestärkt werden sollte. Bei Konstitution 50 steht die Einschränkung der Ehehindernisse der Verwandtschaft und der Schwägerschaft bis zum vierten Grad im Mittelpunkt: Hier hatte Innocenz III. in Anknüpfung an Alexander III. bedeutsame Vorarbeiten geleistet123. Denn beide Päpste hatten sich bemüht, die Geltendmachung von Verwandtschaft als Ehehindernis, wenn diese über den vierten Grad hinausreichte124, zu unterbinden. Dabei spielte das Rechtsinstitut der Verjährung eine Rolle. Dadurch konnte allerdings nicht dem theologischen Argument entgegengetreten werden, wonach die Dauer einer unrechtmäßigen Verbindung die Sündenlast vermehrte125. Ein vergleichsweise sauberer Weg ließ sich daher nur durch eine materiell-rechtliche Regelung erzielen: nämlich durch eine Einschränkung des Ehehindernisses der Verwandtschaft auf den vierten Grad. Zuvor war das Ehehindernis bis zum siebenten Grad maßgeblich gewesen126. Zu den weiteren Inhalten der Konstitution 50 zählt folgerichtig auch die Abschaffung der Verjährung im Zusammenhang mit Ehetrennungsklagen127. Hier kann man nicht auf den ersten Blick eine Stärkung römischer Zentralmacht erkennen. Doch schon allein die Beanspruchung einer derartigen Regelungskompetenz durch eine vom Papst dominierte Kirchenversammlung deutet auf ein stark entwickeltes päpstliches Selbstbewusstsein hin. Ein derartiges Selbstbewusstsein war geeignet, zur Förderung des päpstlichen Ehedispenswesens beizutragen. Der Pontifikat Innocenz’ III. fällt in die Zeit des ersten Auftretens der Dominikaner und der Franziskaner. Er selbst war schon in den ersten Jahren seines Pontifikats mit dem Ersuchen unterschiedlicher Gemeinschaften um Anerkennung bzw. Genehmigung ihrer   Zum Folgenden siehe Landau, Innocenz III. (wie Anm. 1) 185–188.   Zur kanonischen Zählung der Verwandtschaftsgrade, wie sie sich unter Alexander III. kirchenrechtlich gefestigt hatte, siehe Karl Ubl, Inzestverbot und Gesetzgebung. Die Konstruktion eines Verbrechens (300– 1100) (Millennium-Studien zu Kultur und Geschichte des ersten Jahrtausends n. Chr. 20, Berlin 2008) 16–18. Ebd. 16: „Ihr zufolge werden nur die Zeugungen bis zum gemeinsamen Stammvater der verwandten Person gezählt. Geschwister sind im ersten Grad, Geschwisterkinder im zweiten Grad und Geschwisterenkel im dritten Grad verwandt.“ Demnach ist Konstitution 50 so zu verstehen, dass sich das Ehehindernis auf gemeinsame Nachkommen eines Ur-Urgroßelternpaares bezog: Anne Duggan, Conciliar Law 1123–1215. The Legislation of the Four Lateran Councils, in: The History of Medieval Canon Law in the Classical Period, 1140–1234. From Gratian to the Decretals of Pope Gregory IX, hg. von Wilfried Hartmann–Kenneth Pennington (History of Medieval Canon Law 3, Washington 2008) 318–366, hier 350. Zur Motivation der einschlägigen Ehegesetzgebung des Vierten Laterankonzils siehe auch Margareth Lanzinger, Verwaltete Verwandtschaft. Eheverbote, kirchliche und staatliche Dispenspraxis im 18. und 19. Jahrhundert (Wien 2015) 93f. 125  Landau, Innocenz III. (wie Anm. 1) 187. 126 David D’Avray, Lateran IV and Marriage. What Lateran IV did not do about Marriage?, in: The Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 137–142, hier 137. Ebd. 138 nähere Details zur rechtlichen Situation vor 1215: Im Zuge des 11. Jhs. hatte sich die Ausdehnung auf den siebenten Verwandtschaftsgrad herauskristallisiert. V. a. im weltlichen Adel war es zur Gewohnheit geworden, je nach Belieben die Karte der Ehe-Annullierung mit Hilfe dieser restriktiven Vorgaben zu spielen. Konstitution 50 steht daher in engem inhaltlichen Zusammenhang mit Konstitution 51, die klandestine Ehen im Sinne von Ehen, die ohne vorangehendes Aufgebot geschlossen waren, verbat. (Es handelte sich um eine Verbotsvorschrift, nicht um eine Nichtigkeitssanktion: Ebd. 140. Konstitution 51 forderte nicht die Durchführung einer öffentlichen kirchlichen Zeremonie! Siehe ebd. 140). Zu Konstitution 51 siehe ebd. 137. Nur zum Teil konnte man mithilfe von Konstitution 50 dieser Problematik beikommen: Ebd. 138. 127  Landau, Innocenz III. (wie Anm. 1) 188. 123 124

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Regel konfrontiert128. Von großem Interesse ist Konstitution 13 des Vierten Laterankonzils, deren Interpretation in jüngerer Zeit interessanten Wandlungen unterliegt129. Für gewöhnlich wurde in dieser Bestimmung die Regelung des Verbots neuer Orden gesehen130, doch ist diese Deutung zu weit gegriffen. Im Wesentlichen ist festzuhalten, dass künftig „nur noch ein rechtlicher Anschluss an etwas Bestehendes und Anerkanntes erlaubt sein“ sollte und dies „ohne Hinzufügung von Eigenem“131. Wir wissen nicht, wer die treibende Kraft der Formulierung der Konstitution 13 war132. Mit der Betonung der besonderen Bedeutung kirchlicher Predigt durch das Vierte Laterankonzil geht die Bedeutung der Bettelorden einher. Sie wurden in diesem Zusammenhang als „Emanation“ des Reformgeistes des Vierten Laterankonzils bezeichnet133. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Dominikaner und Franziskaner bereits in näherer Zukunft ein geeignetes Instrument des Papsttums darstellen sollten, um seine Herrschaftsansprüche zu einem beträchtlichen Teil durchsetzen zu können. Dies ist vor allem für die Dominikaner in Bezug auf die Häretikerverfolgung der Fall134. Seit Gregor IX. fanden sie regelmäßig im Dienste päpstlicher Inquisitionstätigkeit Verwendung. Beide Orden hoben sich von den herkömmlichen benediktinischen bzw. zisterziensischen Ordensgemeinschaften ab. Bei ihnen hatte die so genannte stabilitas loci keinen Raum. Sie konnten sich als wesentlich flexibler erweisen, wenn es um die Verbreitung von Propaganda ging135, und dies sollte v. a. in den Auseinandersetzungen zwischen Gregor IX. und Friedrich II. eine erhebliche Rolle spielen.

Innocenz III., die Entwicklung des kirchlichen Strafrechts und die Rechtsstellung von Häretikern Allgemeines

Unter den neuen Schwerpunkten, die Innocenz III. im Prozessrecht setzte, werden in der Forschung für den Zivilprozess die litis contestatio, die Beschlagnahme (Sequestration) 128  Maria Pia Alberzoni, Il concilio dopo il concilio. Gli interventi normative nella vita religiosa fino al pontificato di Gregorio IX, in: The Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 289–318, hier 291. Zum Aufblühen des Ordenswesens unter Innocenz III. – auch abseits der Bettelorden – siehe Gert Melville, Die Welt der mittelalterlichen Klöster. Geschichte und Lebensformen (München 2012) bes. 155f., 173–176, 181f. 129   Siehe Gert Melville, … regulam et institutionem accipiat de religionibus approbatis. Kritische Bemerkungen zur Begrifflichkeit in der 13. Konstitution des 4. Laterankonzils, in: The Fourth Lateran Council (wie Anm. 67) 275–288. U. a. steht die Unsicherheit der Auslegung des Wortes approbare im Vordergrund von Melvilles Ausführungen. Siehe dazu auch Alberzoni, Concilio (wie Anm. 128) 292f. und 297. 130  So etwa Raymonde Foreville, Lateran I bis IV (Geschichte der ökumenischen Konzilien 6, Übers. Mainz 1970) 414. 131  Melville, Bemerkungen (wie Anm. 129) 288. 132 Ebd. 133 Jörg Oberste, Die Pastoralbeschlüsse des IV. Lateranums und die europäische Ketzerfrage, in: Europa 1215 (wie Anm. 40) 107–122, hier 114. 134  Siehe Lothar Kolmer, … Ad terrorem multorum. Die Anfänge der Inquisition in Frankreich, in: Die Anfänge der Inquisition im Mittelalter. Mit einem Ausblick auf das 20. Jahrhundert und einem Beitrag über religiöse Intoleranz im nichtchristlichen Bereich, hg. von Peter Segl (Bayreuther Historische Kolloquien 7, Köln 1993) 77–102, hier 92. 135  Vgl. Hubert Houben, Kaiser Friedrich II. (1194–1250). Herrscher, Mensch und Mythos (Stuttgart 2008) 46.



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streitbefangener Sachen und für den Strafprozess das Geständnis genannt136. So sind jene Verfügungen in den Liber Extra eingegangen, aufgrund derer unter bestimmten Voraussetzungen ein kirchliches Strafverfahren infolge eines Geständnisses durchgeführt werden konnte137. Ferner wurde das Bild Innocenz’ III. als Vertreter einer Auffassung, der zufolge ein Richter aktiv sein und in einem kontradiktorischen Verfahren der schwächeren Partei beistehen muss, gezeichnet138. Aus moderner Sicht sind hier Standards zu erblicken, die sich durchaus mit rechtsstaatlichen Zielsetzungen decken. Ambivalenzen: Ansatz zur Rechtsstaatlichkeit im Bereich der Kirchenstrafen und andererseits Betonung kollektiver Bestrafungsaspekte

Die eben getätigte Beobachtung trifft auch für die Ansätze von Systematisierungen im Bereich von Kirchenstrafen, die sich für den Pontifikat Innocenz’ III. feststellen lassen, zu. So hat dieser Papst einen erheblichen Beitrag im Rahmen der Gliederung von Interdikten geleistet139. Dies betrifft nicht nur die Gliederung in Personal- und Lokalinterdikte, sondern auch Untergliederungen bei den Lokalinterdikten selbst. Im Wesentlichen war mit einem Lokalinterdikt das Verbot der Durchführung sakraler Handlungen und der Entzug von Rechten auf geistliche Güter gemeint. Diese Kirchenstrafe war somit – zumindest im Ergebnis – von einem kollektiven Strafgedanken geprägt. Lokalinterdikte bilden nur einen Aspekt des Wirkens Innocenz’ III., der mit Fragen der kollektiven Schuld bzw. kollektiven Bestrafung in Zusammenhang steht140. In der Kanonistik war es umstritten, ob kollektive Bestrafung Anwendung finden sollte. Befürworter konnten sich auf Exodus 20,5 berufen, wonach Gott jenen, die ihn hassen, androht, sie bis in die vierte Generation der Nachkommen zu bestrafen. Gegner konnten dagegen Ezechiel 18,20 ins Treffen führen: Demnach habe Gott gelehrt, dass jeder nur für seine eigenen Sünden bestraft werden sollte. Berühmtheit erlangten v. a. jene Interdikte, die dieser Papst im Jahr 1199 über Frankreich und im Jahr 1208 über England verhängte. Finden wir Innocenz III. in der Frage kollektiver Bestrafung eher fernab von heute maßgeblichen Strafprinzipien, so ist doch zu beachten, dass es ihm ein Anliegen war, dass Kirchenstrafen nur unter vorangehender Warnung verhängt werden durften. V. a. in den Konstitutionen 47 und 48 des Vierten Laterankonzils wird dies zum Ausdruck gebracht. Die Bestimmtheit, mit der der Papst diese Forderung erhob, gemahnt in gewisser Weise an das, was man heute als rechtsstaatliche Vorgabe bezeichnen würde. Unübersehbar ist auch das Anliegen Innocenz’ III., wonach die Verhängung von Exkommunikation und Interdikt nicht sine et manifesta et rationabili causa erfolgen durfte 141. Auch diese Forderung spiegelt sich in Regelungen des Vierten Laterankonzils wider (vgl. Konstitution 47).

  Landau, Innocenz III. (wie Anm. 1) 182f.   Siehe ebd. 183 Anm. 31. 138  Peter Landau, Papst Innocenz III. in der richterlichen Praxis. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Kooperationsmaxime, in: ders., Europäische Rechtsgeschichte und kanonisches Recht im Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze aus den Jahren 1967 bis 2006 mit Addenda des Autors und Register versehen (Badenweiler 2013) 623–630, hier 624. 139  Zu Differenzierungen und Begriffsklärungen im Bereich der Exkommunikation, die sich im Lauf des 13. Jh. herauskristallisierten, siehe Clarke, Interdict (wie Anm. 56) 1. 140  Hierzu und zum Folgenden ebd. 14–28. 141  Reg. Inn. Bd. I Nr. 160, 1198 IV 30, S. 228f. Siehe dazu Clarke, Interdict (wie Anm. 56) 108. 136 137

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Die Herausbildung des Inquisitionsprozesses

In der Geschichte des Strafprozessrechts kommt Innocenz III. eine Schlüsselrolle zu. Unübersehbar ist seine tragende Rolle bei der Entstehung des Inquisitionsprozesses142. Dabei ist zu bedenken, dass sich in den Dekretalen dieses Papstes konturierte Grundlegungen des Inquisitionsprozesses finden, ohne dass diese allerdings von der bisherigen Rechtsentwicklung völlig abgehoben gewesen wären. Zunächst muss das Wesen des Akkusationsprozesses vor Augen geführt werden. Es handelte sich um einen im Wesentlichen römisch-rechtlich geprägten Prozess, der auch für das kanonische Recht große Bedeutung erlangte. Die Eröffnung erfolgte durch den Ankläger – ein nicht zum Gerichtspersonal zählender Privatmann –, der grundsätzlich auf eigenes Risiko handelte. Im Fall des Freispruches war der Ankläger selbst der Gefahr der Anklage ausgesetzt. Der Akkusationsprozess war somit ein Parteienprozess, und im Wesentlichen konnte das Gericht nur auf Parteienantrag vorgehen. Die Risikotragung durch den Ankläger war in der Regel dazu geeignet, eine Prozessflut zu verhindern. Im Gegensatz dazu stand der sich seit dem frühen 13. Jahrhundert sichtbar herausbildende Inquisitionsprozess. Dieser löste den Akkusationsprozess keineswegs ab, doch gelangte er im Lauf des 13. Jahrhunderts zu einer grundlegenden Bedeutung, die sich v. a. im Zusammenhang mit den „Ketzerverfolgungen“ bemerkbar machte. Der Inquisitionsprozess war durch Amtswegigkeit gekennzeichnet, was sich in zwei verfahrensrechtlichen Prinzipien niederschlug: Gemäß der Offizialmaxime hat das Gericht das Verfahren einzuleiten. Die – oftmals anoyme – Denunziation bedeutete per se noch keine Eröffnung des Verfahrens. Gemäß der Instruktionsmaxime war es Aufgabe des Gerichts, die zur Überführung des Täters erforderlichen Beweismittel herbeizuschaffen, wobei ein vorangehender Parteienantrag nicht zwingend notwendig war. Als eine Art Zwischenstufe zwischen Akkusations- und Inquisitionsprozess ist der Infamationsprozess wahrzunehmen143. Wesentliche Impulse dieser Prozessart, die in Verfahren gegen übel beleumundete Kleriker zum Tragen kam, gingen auf kirchliche Rechtsverhältnisse im Frankenreich zurück. Unter Innocenz III. gelangte der Infamationsprozess zu einer Kultivierung, die ihn bereits in starke Nähe zum künftig bedeutsamen Inquisitionsprozess brachte. Genau genommen lässt sich sogar behaupten, dass der Inquisitionsprozess unter Innocenz III. „entstand“144. Grundlegend ist seine Dekretale Qualiter et quando145 aus dem Jahr 1206, die sich im Wesentlichen in Konstitution 8 des Vierten Laterankonzils findet. Kennzeichnend für den Infamationsprozess war zum einen die mala fama der beschuldigten Person bei einer nicht geringen Zahl von anderen ehrenwerten Personen. Die mala fama wurde mit der Klage gleichgesetzt, so wie wir sie aus dem Akkusationsprozess kennen. Des Weiteren hatte von Amts wegen eine inquisitio famae zur Anwendung zu kommen, und somit war hier schon das Offizialprinzip maßgeblich. Zwar besaß der 142  Siehe Winfried Trusen, Der Inquisitionsprozess. Seine historischen Grundlagen und frühen Formen. ZRG Kan. Abt. 74 (1988) 168–230; ders., Von den Anfängen des Inquisitionsprozesses zum Verfahren bei der inquisitio haereticae pravitatis, in: Die Anfänge der Inquisition im Mittelalter (wie Anm. 134) 39–76, hier 40–68; Lotte Kéry, Inquisitio – denunciatio – exceptio: Möglichkeiten der Verfahrenseinleitung im Dekretalenrecht. ZRG Kan. Abt. 87 (2001) 226–268. 143  Zum Infamationsprozess siehe Trusen, Anfänge (wie Anm. 142) 40–47. 144  Trusen, Inquisitionsprozeß (wie Anm. 142) 229. 145  Reg. Inn. Bd. VIII Nr. 201 (200), 1206 I 29.



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Reinigungseid noch große Bedeutung, doch machte sich bereits hier die Bedeutung des Geständnisses bemerkbar. Mit dem Bedeutungsgewinn des Geständnisses kann ein Ausfluss an Rationalität im Beweismittelverfahren konstatiert werden146. Auch hier ist ein Grundelement dessen auszumachen, das für den heutigen Rechtsstaat von Bedeutung ist. Beweise sind materiell – sie haben einen inhaltlichen Bezug zur Tat, wegen der der Prozess geführt wird. Der Reinigungseid war dagegen den formellen Beweismitteln zuzuordnen. Dass freilich mit der zentralen Rolle des Geständnisses das Tor zur regulären Anwendung der Folter aufgestoßen wurde und diese erst im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts an Bedeutung verlor, ist als tragisch zu beurteilen. Hier zeigt sich besonders deutlich, in welcher Ambivalenz Rechtsentwicklungen unter dem Gesichtspunkt humanitärer Erwägungen verlaufen konnten147. Die hier angesprochene Zwiespältigkeit kann thematisch vertieft werden: Die Ausbildung des Inquisitionsprozesses stand grundsätzlich im Zeichen eines geregelten Umgangs mit Häretikern – so befremdlich dies klingen mag. Es ist nämlich zu beachten, dass dieser Prozesstyp nicht den unmenschlichen Umgang mit Glaubensabweichlern mit sich gebracht hat, sondern dass bereits vorher mit unmenschlichen Situationen zu rechnen war. So hatte das, was wir heute als „Lynchjustiz“ bezeichnen, einen nicht geringen Stellenwert, und dies fand auch eine kanonistische Fundierung148. Allerdings hat man mit weiteren rechtlich vorgesehenen Beeinträchtigungen der Menschenwürde zu rechnen: Die Eröffnung von Verfahren war eben nicht mehr – wie im Akkusationsprozess – an einen (privaten) Ankläger gebunden, der auf eigenes Risiko handelte. Die amtswegige Verfahrenseröffnung erfolgte eben häufig aufgrund von Denunziationen, und eine Hemmschwelle der Prozesseröffnung war nun beseitigt. Weitere Aspekte der Häretikerbekämpfung

Dass die Rolle Innocenz’ III. im Rahmen der Albigenserkreuzzüge eine aus heutiger menschenrechtlicher Sicht durchaus unrühmliche war, ist bekannt. Allgemein ist festzuhalten, dass Innocenz III. das Kreuzzugswesen wie kaum einem anderen Papst am Herzen lag149. Sehr früh taucht bei Innocenz’ III. die Wortfolge ad extirpanda hereses universas auf150. Mit der Frage der Behandlung von Häretikern steht auch die Legitimierung von Ketzerkreuzzügen durch Innocenz III. in Zusammenhang151. In der Forschung wurde dazu festgehalten, dass unter Innocenz III. die Formel negotium pacis et fidei auftaucht, und dies in den päpstlichen Registern ab 1208152. Auch wenn es in dieser Formel nicht in erster Linie um die Bekämpfung der Ketzerei gegangen sei, sondern um einen besonderen 146  Dem entspricht in gewisser Weise auch die distanzierte Stellung des Vierten Laterankonzils zu Gottesurteilen (vgl. Konstitution 18). 147  Siehe auch Rainer Maria Kiesow, Das Experiment mit der Wahrheit. Folter im Vorzimmer des Rechts. Rechtsgeschichte 3 (2003) 98–110, hier 99–106. 148   Siehe Michael T. Clanchy, Abaelard. Ein mittelalterliches Leben (Übers., Darmstadt 2000) 367 –370. 149  Nikolas Jaspert, Die Kreuzzüge (Darmstadt 72020) 130. 150  Schreiben an den Erzbischof Bernhard von Auch: Reg. Inn. Bd. I Nr. 81, 1198 IV 1, S. 120 Z. 2. 151  Zu den Ketzerkreuzzügen unter Innocenz III. siehe Jörg Oberste, Der „Kreuzzug“ gegen die Albigenser. Ketzerei und Machtpolitik im Mittelalter (Darmstadt 2003); Jaspert, Kreuzzüge (wie Anm. 149) 130; auch Marco Meschini, Innocenzo III e il „negotium pacis et fidei“ in Linguadoca tra il 1198 e il 1215 (Atti della Accademia nazionale dei Lincei. Memorie, Classe di scienze morali, storiche e filologiche IX/20/2, Roma 2007). 152  Oberste, Pastoralbeschlüsse (wie Anm. 133) 110.

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an die päpstlichen Legaten in Südfrankreich gerichteten Auftrag, gegen die Häresie vorzugehen, habe das Vierte Laterankonzil eben doch Kriegshandlungen vor Augen gehabt153. Zu beachten ist ferner, dass die ersten drei Konstitutionen des Vierten Laterankonzils mit der Häresie-Thematik in Zusammenhang stehen154. Zum Unterschied von früheren einschlägigen Regelungen war das Vierte Laterankonzil in Verbindung mit der Bekämpfung der Häretiker um eine Reform des Klerus bemüht155. Mit beidem ist auch die Anordnung der Privatbeichte als jährliche Ohren- und Osterbeichte verknüpft. Ungeachtet der Wurzeln, die die einschlägige Konstitution 21 aufweist, sollte doch hier ein neues Bild eines Beichtvaters gezeichnet werden. Dieses stand im Zeichen der Stärkung des Pfarrklerus, der sich durch Predigt gegen Vertreter von Häresien richten sollte156. Im Zusammenhang mit diesen auch pastoraltheologisch motivierten Vorschriften wird in der Forschung auf Paris hingewiesen, wo der nachmalige Innocenz III. offensichtlich einschlägige Impulse empfangen hatte157. Die Anordnung, wonach der Beichtvater die näheren Umstände des Sünders und der Sünde erforschen sollte, steht im Zeichen umfassender Kontrolle. Beachtlich ist dabei die Herauskristallisierung der Beachtung des jeweiligen Individuums158. Dadurch, dass in Konstitution 3 bestimmt wurde, dass weltliche und geistliche Amtsträger ex officio gegen Ketzer vorzugehen hatten, wurden Vorgaben des Dritten Laterankonzils verstärkt159. Dabei ist der Kontext zum immer bedeutsamer werdenden Inquisitionsprozess deutlich sichtbar. Das Prinzip der Amtswegigkeit findet eben auch hier seinen Niederschlag. Ebenfalls in Konstitution 3 wurde die Eidesleistung von Amtsträgern betreffend die Verfolgung von Häretikern geregelt. Insgesamt lassen sich bei Konstitution 3 inhaltsähnliche Bestimmungen feststellen, denen offensichtlich Vorbildwirkung zukam160. Hier ist nicht nur das Dritte Laterankonzil zu nennen, sondern auch die Synoden von Avignon 1209 und Montpellier 1211. Doch es ist auch die Dekretale Vergentis in senium161, die Innocenz III. bereits im Jahr 1199 erlassen hatte, zu erwähnen. Sie richtete sich insbesondere gegen defensores, recep­ tatores, fautores et credentes haereticorum, also auch gegen Gruppen, die man in der Terminologie des geltenden weltlichen Strafrechts als „Beitragstäter“ bezeichnen würde. Im Vergleich zum Dritten Laterankonzil enthielt diese Dekretale strengere Strafdrohungen, wobei in Bezug auf Innocenz’ Dekretale die Infamie zu nennen ist. Eine Neuerung stellte dabei die Anordnung dar, dass auch die Söhne der verurteilten Häretiker bzw. die Söhne   Vgl. ebd.   Siehe ebd. 107. 155  Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 10. Siehe auch Oberste, Pastoralbeschlüsse (wie Anm. 133) 111f. 156  Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 10. Zu den das Predigtwesen regelnden Konstitutionen 10 und 11 und deren Vorgeschichte siehe Oberste, Pastoralbeschlüsse (wie Anm. 133) 112f. Was den Beichtzwang betrifft, so stand dieser grundsätzlich im Zeichen des Pfarrzwangs: D. h., das Gemeindemitglied hatte die Beichte in der für es zuständigen Pfarre abzulegen: Siehe ebd. 113. 157 So Herbers, Viertes Laterankonzil (wie Anm. 52) 10. Ausführlich Oberste, Pastoralbeschlüsse (wie Anm. 133) 114–120. 158  In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass Aaron J. Gurjewitsch, Das Individuum im europäischen Mittelalter (Übers. München 1994) 141–195, in einem eigenen Kapitel Motivationsgrundlagen von Beichten und der Abfassung von Autobiographien in einen Zusammenhang setzt. 159  Oberste, Pastoralbeschlüsse (wie Anm. 133) 108. 160 Ebd. 161  Reg. Inn. Bd. II Nr. 1, 1199 III 25, S. 1f. 153 154



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der defensores von Häretikern nicht wieder in entzogene Vermögensrechte eingesetzt werden durften. Der auf die Söhne bezogene Zusatz fehlt dann allerdings in Konstitution 3 des Vierten Laterankonzils162. Hierin zeigt sich, dass offensichtlich der Papst selbst bemüht war, die kollektive Strafwirkung im Bereich der Ketzerbekämpfung zu stärken. Im Zusammenhang mit der Bestrafung von Häretikern ist auch der Stellenwert der Todesstrafe bei Innocenz III. zu beachten. Hier spricht das durch den Papst den Katholischen Armen, bekehrten ehemaligen Waldensern, im Jahr 1208 vorgeschriebene und im Jahr 1210 ergänzte Glaubensbekenntnis eine deutliche Sprache: Die weltliche Gewalt könne ohne Todsünde ein Bluturteil vollstrecken, „solange sie zum Vollzug der Strafe nicht aufgrund von Haß, sondern aufgrund eines richterlichen Urteils, nicht unvorsichtig, sondern überlegt schreitet“163. Damit wird die Zulässigkeit der Todesstrafe nicht ausgeschlossen. Allerdings werden erhebliche rechtliche Voraussetzungen dieser Zulässigkeit benannt, die aus heutiger Sicht durchaus mit rechtsstaatlichen Grundsätzen in Zusammenhang zu bringen sind. Nicht unmittelbar geeignet als Quelle für eine positive Einstellung Innocenz’ III. in Bezug auf die Todesstrafe ist Konstitution 3 des Vierten Laterankonzils. Hier ist davon die Rede, dass die wegen Häresie Verurteilten der weltlichen Gewalt zu überlassen und gebührend zu bestrafen sind164. Erst nachdem Gregor IX. seine Dekretale Excommunicamus in fast völlig gleicher Textform erließ, setzte Bernhard von Parma (gest. 1266) die Auslieferung an den weltlichen Arm mit der Verhängung der Todesstrafe gleich165.

Innocenz III. und die Rechtsstellung der Juden Was die Rechtsstellung der Juden unter Innocenz III. betrifft, so knüpfte er zum einen an seine Vorgänger an, zum anderen sind die entsprechenden Rechtsquellen nun von einem verstärkt misstrauischen Tonfall geprägt166. Auch wurden unter ihm die einschlägigen Regelungsbereiche mannigfaltiger167. Zunächst ist seine Konstitution Licet perfidia Iudaeorum vom 15. September 1199 zu   Oberste, Pastoralbeschlüsse (wie Anm. 133) 109.  Brief Eius exemplo an den Erzbischof von Tarragona Ramon de Rocaberti vom 18. Dezember 1208, Reg. Inn. Bd. VIII Nr. 191 (196), abgedruckt samt deutscher Übersetzung in Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum. Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen Lateinisch–Deutsch, hg. von Heinrich Denzinger–Peter Hünermann (Freiburg i. Br. 371991) 352–355, hier 354f. Nr. 795. (Von hier wurde auch die dt. Übers. übernommen.) Die einschlägige Textstelle stammt aus dem Jahr 1210: Reg. Inn. Bd. XIII Nr. 78 vom 12. Mai 1210, S. 137 mit Anm. 9. Die Ablehnung der Todesstrafe durch die Waldenser steht offensichtlich mit der Bergpredigt in Zusammenhang: In Mt 5,39 wird zum Ausdruck gebracht, dass demjenigen, der jemand etwas Böses antut, kein Widerstand geleistet werden soll. 164  Vgl. auch Konstitution 18, in der den Klerikern ausdrücklich untersagt wird, ein Todesurteil auszusprechen oder zu vollstrecken. 165  Siehe Lotte Kéry, Gottesfurcht und irdische Strafe. Der Beitrag des mittelalterlichen Kirchenrechts zur Entstehung des öffentlichen Strafrechts (Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Symposien und Synthesen 10, Köln 2006) 528f. Ebd. 528 der Textvergleich zwischen der dritten Konstitution des Vierten Laterankonzils und der Dekretale Excommunicamus. 166 Klaus Lohrmann, Die Päpste und die Juden. Zweitausend Jahre zwischen Verfolgung und Versöhnung (Düsseldorf 2008) 113. Zu den Quellen zur Rechtsstellung der Juden unter Innocenz III. siehe Heinz Schreckenberg, Die christlichen Adversus-Judaeos-Texte (11.‒13. Jh.). Mit einer Ikonographie des Judenthemas bis zum 4. Laterankonzil (Europäische Hochschulschriften XXIII/335, Frankfurt a. M. 31997) 400–433. 167  Ebd. 116. 162 163

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nennen168. Anknüpfend an frühere päpstliche Äußerungen bestätigte Innocenz III. ihre bisherigen religiösen Rechte. Juden durften nicht gegen ihren Willen getauft werden, und auch an der Abhaltung ihrer religiösen Feste durften sie nicht gehindert werden, und sie sollten zu keinen Diensten gezwungen werden, soweit sie derartige Dienste nicht schon bisher versehen hatten. Wenn der Papst – wie seine Vorgänger – die Ermordung von Juden verbot, so ist dabei die Ergänzung neu, dass die Hartnäckigkeit der Juden schon oft nachgewiesen worden sei169. Im Übrigen wollte Innocenz III. Juden nur so weit geschützt wissen, als sie sich keiner Machenschaften gegen den christlichen Glauben schuldig gemacht hätten170. V. a. in der Lehre von der ewigen Versklavung des jüdischen Volkes hat sich der Papst exponiert. Sie fand dann bei Thomas von Aquin ihre Fortsetzung171. In einem Brief an den Grafen von Nevers, aus dem Jahr 1208 übt Innocenz III. scharfe Kritik an den Kreditgeschäften der Juden172. Im selben Schreiben wird zum ersten Mal von päpstlicher Seite die Praxis von Juden gerügt, die bestimmte Reste von Fleisch, die diese aus Gründen religiöser Speiseverbote nicht verwerten konnten, an Christen weiter verkauften. Auch kritisierte der Papst eine im Hinblick auf Wein gepflogene ähnliche Praxis: Jener von Juden produzierte Wein, der in Anbetracht der jüdischen Gesetze als nicht einwandfrei galt, wurde von den Juden an Christen weitergegeben. Damit würde – so die Meinung des Papstes – das (potentielle) Blut Christi entstellt werden. Für Innocenz III. ist wesentlich, dass er im Tonfall misstrauischer gegenüber Juden auftrat, als dies bei seinen Vorgängern im 12. Jahrhundert zu spüren ist173. Nicht selten begegnet bei Innocenz III. der Vorwurf, wonach die weltliche Gewalt die Juden begünstigte174. Davon betroffen waren etwa die Beziehungen zu England: Die Ansiedlung von Juden brachte dort im 12. Jahrhundert für das Papsttum insofern Probleme mit sich, als diese nicht automatisch dazu verpflichtet werden konnten, Zahlungen, die ansonsten von Christen geleistet wurden, an kirchliche Stellen zu entrichten175. Der in der Forschung getätigte Hinweis, wonach von einer „rein religiösen Judenfeindschaft“ Innocenz’ III. nicht mehr die Rede sein könne und dieser Papst „das alltägliche Verhalten der Juden diffamiert und als den Christen gefährlich dargestellt“ habe, überrascht nicht176. Betrachten wir die die Juden betreffenden Regelungen des Vierten Laterankonzils, so wurde ihnen die übermäßige Zinsnahme von Christen untersagt (Konstitution 67)177. 168  Reg. Inn. Bd. II Nr. 276 (302), teilw. abgedruckt samt deutscher Übersetzung in: Enchiridion Symbolorum (wie Anm. 163) 339f. Siehe dazu Thomas Brechenmacher, Der Vatikan und die Juden. Geschichte einer unheiligen Beziehung vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart (München 2005) 21f. 169   Lohrmann, Päpste (wie Anm. 166) 119. Einschlägige Briefe von Vorgängern Innocenz’ finden sich bei Shlomo Simonsohn, The Apostolic See and the Jews. Documents: 492–404 (Studies and Texts 94, Toronto 1988) 1–70. 170 Ebd. 171  Siehe dazu Brechenmacher, Vatikan (wie Anm. 168) 31. 172  Reg. Inn. Bd. X Nr. 190, 1208 I 17, S. 330–332. Siehe dazu Lohrmann, Päpste (wie Anm. 166) 119f. 173   Ebd. 113. 174   Siehe ebd. 175   Ebd. 114. 176  Ebd. 121. Weitere Beispiele in Reg. Inn. Bd. VII Nr. 186, Bd. VIII Nr. 122 (121). 177  Siehe dazu ebd. 122. Zu den Zinsregelungen des Konzils und ihrer Rezeption siehe auch Stefan Schima, Die Entwicklung des kanonischen Zinsverbots. Eine Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der Bezugnahmen zum Judentum. Aschkenas 20 (2010) 239–279, hier 262–265.



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Das bisherige grundsätzliche Kontaktverbot wurde durch die gegenüber den jeweils beteiligten Christen angedrohte Exkommunikation verstärkt. Was die für Juden und Muslime geltenden Bekleidungsvorschriften des Vierten Laterankonzils betrifft (Konstitution 68), so findet sich dort der Hinweis auf eine bisherige differenzierte Praxis in den einzelnen Ländern. Hinsichtlich der Juden erfolgte ergänzend der Hinweis auf das Gesetz des Moses. Nun waren also die einschlägigen Vorschriften des Vierten Laterankonzils nicht neu. Doch gerade ihnen wird in Zukunft eine besondere Bedeutung zukommen: Das nationalsozialistische Regime konnte sich im Zusammenhang mit der Pflicht zum Tragen des gelben Sterns auf die Vorbildwirkung mittelalterlicher Vorschriften berufen … . Mit der Bestimmung des Verbots der Bekleidung weltlicher Ämter durch Juden (Konstitution 69) schuf das Konzil im Wesentlichen nichts „ganz“ Neues. Vorbildwirkung konnte hier dem Konzil von Toledo aus dem 6. Jahrhundert zukommen178. Juden sollten als Inhaber öffentlicher Ämter nicht ihren Zorn gegen Christen richten können. Wir wissen nicht, wie groß die Zahl der jüdischen Amtsträger im lateinischen Westen überhaupt gewesen ist. Oftmals waren vor dem Vierten Laterankonzil Amtsverleihungen im Rahmen von Pachtverträgen vorgekommen. Doch es ist der Tonfall, der bei Konstitution 69 die Musik macht. Jüdische Inhaber eines Amtes sollten dieses in Schande verlieren.

Perspektiven Innocenz III. war ein mit ungewöhnlichen Machtmitteln ausgestatteter Papst. Insbesondere seine Rolle im Rahmen von „Ketzerkreuzzügen“ zeigt eine Persönlichkeit, die einen hohen Blutzoll für die Erhaltung der in seinen Augen „reinen“ Lehre in Kauf nahm. Seine restriktiven Maßnahmen gegenüber Juden lassen in ihm einen Papst erkennen, der – grundsätzlich mehr als seine Vorgänger – auf restriktive Politik gegenüber Nichtchristen setzte. Das Auftreten Innocenz’ III. bzw. des Vierten Laterankonzils gegenüber den Juden wurde in der Zeit des Nationalsozialismus aufgegriffen. Dass der Vorschreibung der Kennzeichnungspflicht im Jahr 1215 ihrerseits eine Vorgeschichte vorangegangen ist, ist ebenfalls zu bedenken. Andererseits lassen sich Verfügungen Innocenz’ III. erkennen, die in gewisser Weise heute maßgebliche Rechtsstandards präfigurierten. So lässt seine Sorge um das Registerwesen Anliegen erkennen, die mit „Rechtsstaatlichkeit“ in Verbindung gebracht werden können. Zahlreich waren seine Maßnahmen im Sinne der Schaffung von Übersicht über den Bestand geltenden Rechts. Unter Beachtung heute maßgeblicher rechtlicher Postulate ergibt sich ein differenziertes Bild Innocenz’ III. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf seine Bedeutung für den entstehenden Inquisitionsprozess. Das Individuum erfuhr zwar in vielerlei Hinsicht eine Aufwertung. Dass freilich die zentrale Bewertung des Geständnisses als Beweismittel einen Weg zu rechtlich legitimierter verstärkter Anwendung von Folter bereitete, ist hier ebenfalls ins Treffen zu führen. Auch die Bedeutungszunahme kollektiv bezogener Kirchenstrafen spricht eine andere Sprache. Die Aufgeschlossenheit Innocenz’ III. gegenüber der Anwendung der Todesstrafe steht 178

  Lohrmann, Päpste (wie Anm. 166) 127. Zum Folgenden siehe ebd. 127f.

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in einem Gegensatz zu dem, was die europäische Menschenrechtsentwicklung heute vorzuweisen hat. Auf Ebene der Zusatzprotokolle zur Europäischen Menschenrechtskonvention wurde die Todesstrafe ausgeschlossen179, und heute wird davon ausgegangen, dass dies für alle 46 Konventions-Staaten zu gelten hat. Im Übrigen enthält die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ein ausdrückliches Verbot der Todesstrafe (Art. 2 Abs. 2). Doch auch die Entwicklung der päpstlichen Lehre hat einen einschlägigen Verlauf genommen: Papst Franziskus hat im Jahr 2018 sogar den Katechismus der Katholischen Kirche in der Weise ändern lassen, dass der Todesstrafe nun eine ausdrückliche Absage erteilt wird180. Andererseits wird man in Bezug auf Innocenz III. zu konzedieren haben, dass er durch ausführliches Erwähnen der Voraussetzungen der Zulässigkeit der Todesstrafe eben doch gewissen Standards gerecht wird, die man heute als „rechtsstaatlich“ bezeichnen würde. Einen Weg zur Aufwertung der Bedeutung des Individuums weist in gewisser Hinsicht auch die Konstitution 21 des Vierten Laterankonzils. Zwar war diese geeignet, die Menschenwürde des Kirchenglieds durch organisierte Bevormundung seitens des Beichtvaters einzuschränken. Doch ist hier – wie eben auch bei anderen Maßnahmen Innocenz’ III. ‒ zu fragen, inwieweit nicht das Individuum als solches in – zumindest kleinen – Dosen eine Aufwertung erfuhr.

 Siehe Grabenwarter–Pabel, Menschenrechtskonvention (wie Anm. 18) 176.  Siehe dazu https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_ doc_20180801_lettera-vescovi-penadimorte_ge.html [10. 10. 2022]. 179 180

Sententia Romani pontificis posse in melius commutari: Innocent III and his predecessors Anne J. Duggan

In the context of the continuing debate about whether papal decretals „made law“, Innocent III’s willingness to emend or change the judgments of his predecessors raises the question of the papal attitude to the binding quality, not only of their predecessors’ decisions, but also of their own. At least five times Pope Innocent used variants of the assertion, attributed to his predecessors, that a judgment of the Roman pontiff can be changed for the better (Sententia Romani pontificis posse in melius commutari/reformari), to justify his reversal of judgments made by his immediate predecessor, Celestine III (1191–1198), and many others, but they were made in the context of only two disputes recorded in the registers, relating to a jurisdictional row in Maguelone and a major terrritorial dispute between the Aragonese dioceses of Huesca and Lleida (Lérida), both appealed to the papal audience at the beginning of his pontificate. Even more surprising was his recourse, in the decretals for Huesca vs Lleida, to the civilian text which declared that the (Roman) emperors allowed the question of full restitution to be considered in their courts, even when two formal judgments on the matter had already been recorded (principes contra res bis judicatas in auditorio suo examinari restitutionem in integrum permiserunt). The question arises, why were these ambiguous authorities employed at all, why in these cases, and not in any others recorded in his registers, or indeed by his successors, Honorius III (1216–1227) or Gregory IX (1227–1241)?

Maguelone The first case concerned a disputed appointment to an archdeaconry in the bishopric of Maguelone in the Occitan region of France, close to the border with Spain. At the heart of the problem lay the long drawn out constitutional quarrel between the bishops and the chapter and dignitaries of the cathedral over their respective rights and jurisdiction. Such tensions were fairly commonplace in the period, but the Maguelone case was exacerbated by what French historians called the „republican“ pretensions of the chapter1, and, one could add, the personal ambitions of the provosts, especially Gui of Ventadour 1  Bullaire de l’église de Maguelone 1: 1030–1216, ed. Julien Rouquette–A. Villemagne (Montpellier 1911) 126: „D’alleurs, le chapitre de Maguelone étant une petite république, il était evident.“ – Abbreviation: WH = Walther-Holtzmann-Kartei, https://www.kuttner-institute.jura.uni-muenchen.de/Walther-HoltzmannKartei%20-Stephan_Kuttner_Institute_wh_mit%20Bildverweisen.pdf [4. 10. 2022].

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(1191–1208), supported by a segment of the chapter. More than twenty years earlier (late 1160s) Alexander III had tried to settle the dispute in decretals addressed to Bishop John of Montlaur (1158–1190) and Provost Fulcrand2, but, despite his efforts and the later compromise negotiated by the papal legate Henry, cardinal bishop of Albano, which was copied verbatim and confirmed by Urban III in a long letter to Provost Peter and the chapter on 17 March 1186 or 11873, it took on new life in the 1190s, when Bishop William Raimond nominated Peter of Castelnau for the vacant archdeaconry. On dubious constitutional grounds, Provost Gui of Ventadour challenged the appointment in two appeals to Pope Celestine III: the first against Bishop William I in 1194 or 1195; the second against Bishop William II in 1196–1197; and Celestine’s bewildering changes of opinion in response to these appeals led to yet another appeal, this time to the newly-elected Innocent III in 1198. Innocent, however, was already well acquainted with the dispute. He had heard the second episcopal appeal when, in minore officio (as Lotario, cardinal deacon of SS. Sergio e Bacco (1190–1198), he had assisted two more experienced papal auditors, Bernard and Melior, cardinal priests respectively of S. Pietro in Vincoli and SS. Giovanni e Paolo, when the case was appealed to Celestine III (late June 1196–1197), as he later recalled in Cum olim, sicut accepimus, the long decretal which pronounced the final settlement in June 11984. As summarized there, the dispute began, or rather, was renewed, when Bishop William Raimond (1190–1195), with the assent of the cathedral prior and Archdeacon Peter of Aigrefeuille, nominated the later well-known Peter of Castelnau to the vacant archdeaconry of Maguelone, against which the cathedral provost, Gui of Ventadour, vigorously protested. He claimed that he should have had a „double voice“ (duplici voce) in the appointment, as provost and major prior (which would, with the sacristan and the other archdeacon, have tilted the vote in favour of his own candidate, Gérald Joannin, 4:3)5, and appealed to Rome. In this claim there are echoes of the compromise recently negotiated by the papal legate (Henry of Marcy O. Cist., cardinal bishop of Albano, 1179–1188)6 and confirmed by Urban III on 17 March 1186 or 1187, in which the office of provost was enlarged to include the duties of the major prior of the cathedral, with the consequential loss of the separate office7. At this point Bishop William (I) died, and was succeeded by William (II) of Fleix (1195–1202), who immediately obtained con2  Ibid. 121–128 nos. 83 and 84: JL 11462 and 11463, both with the incipit Ex iniuncto nobis (cited in later appeals, cf. n. 14). Four further Alexandrine decretals were issued individually to the bishop (2), provost, and chapter of Maguelone on various questions of jurisdiction in December 1167–1169: Bullaire Maguelone (cit. n. 1) 132–140 nos. 85–88 (JL 11468, 11471, 11473, 11476); and further decretals were issued in May 1168–1169: ibid. 143–149 nos. 90–92 (JL 11534–11536); etc. 3  Ibid. 168–172 no. 105, Cum inter vos, esp. 170s. The legate confirmed that the bishop was pater et domi­ nus, with overarching spiritual authority; that the provost ranked second (post episcopum); that he received his spiritual authority over the community from the bishop, so that there was no need for a major prior; that when the bishop was present in Maguelone, the provost could exercise such power only with the bishop’s consent. 4   Reg. Inn. vol. I 367–371 no. 267, Cum olim, sicut accepimus: Rome, St Peter’s, 8 June 1198, addressed to the bishop (William of Fleix), archdeacons (Peter of Castelnau and another), and the sacristan (probably Master Andrew). 5  On this point, see the note on Peter of Castelnau which follows the text of Cum olim, sicut accepimus in Bullaire Maguelone (cit. n. 1) no. 148, p. 249–252, esp. 251. 6  Johannes Matthias Brixius, Die Mitglieder des Kardinalkollegiums von 1130–1181 (Berlin 1912) 61s. no. 6. 7  Cum inter vos (cit. n. 3).



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firmation of his rights from Celestine III, in a decretal dated 22 April 11968. On this authority, which he caused to be read aloud in the chapter to validate his action, he invested Peter with his own ring and led him into the archdeacon’s stall in the cathedral, following which, „in a rage“ (indignationis stimulis agitatus)9, the provost appointed Gérald to the same archdeaconry. The result was a stand-off between the provost and the new bishop, who also appealed to Rome, where he was expertly represented by the same Peter of Castelnau10. There, after much complex argumentation heard by the young Innocent and the two senior auditors, Celestine III, pro sua voluntate, that is, as Innocent’s decretal emphasized, without consulting the cardinals and legal specialists in the Curia, first quashed the appointments made by both bishop and provost, then announced that he had instructed certain persons (aliquibus) in the province (meaning the archbishopric of Arles, to which Maguelone belonged) to advise the bishop and dignitaries (personas) to agree on an orderly appointment to the archdeaconry and, if their advice were ignored, by apostolic authority to make the appointment themselves. But then, contrary to his earlier instruction, he conferred the archdeaconry on Gérald Joannin, who was not even in deacon’s orders11. To this period belong two additional letters which further illustrate the over nintyyear-old Celestine’s confused reaction to the Maguelone crisis12. The first, Ad culmen, licet immeriti (22 April 1196), on which William of Fleix had relied when he installed Peter of Castelnau in the contested archdeaconry13, had responded to the bishop’s complaint that when vacancies occurred in the archdeaconries and sacristy of his church, those whose assent was required strove maliciously to obstruct his installation, even though they could raise no reasonable or canonical objection to his nominations14. In his reply, Celestine, with all the authority of the papal office, declared that unless reasonable and canonical objections were raised againt persons nominated by him, the bishop could, by apostolic authority, appoint a suitable person to the said dignities within the period established by the Lateran Council15, notwithstanding any contradiction and appeal16. This was a sol  Ad culmen, licet immeriti, 22 April 1196: Bullaire Maguelone (cit. n. 1) 216–218 no. 132 (JL 17362).   Reg. Inn. vol. I no. 267, p. 368. 10   Bullaire Maguelone (cit. n. 1) 251, where Rouquette and Villemagne argue that it was his conduct of the appeal that established his reputation with Cardinal Lothario, the later Innocent III. 11   Reg. Inn. vol. I no. 267, p. 370. 12   For his age, see Anne J. Duggan, Hyacinth Bobone: Diplomat and Pope, in: Pope Celestine III (1191– 1198). Diplomat and Pastor, ed. John Doran–Damian J. Smith (Farnham 2008) 1–30, at 1; John doran, A Lifetime of Service in the Roman Church, in: ibid. 31–79, at 55. 13  Cit. n. 8. 14  This language echoes that in Alexander III’s attempted settlement, laid out in decretals for Provost Fulcrand and Bishop John in 1167–1169: Bullaire Maguelone (cit. n. 1) 121–125 no. 83 (JL 11462), Ex iniuncte nobis (to Provost Fulcrand), and note, 125–128; the same, to Bishop John: ibid. 128–231 no. 84 (JL 11463). Thus up to seven prelates had a say in such appointments: the bishop who nominated, and the provost, archdeacons, major and minor priors, and sacristan. This clear directive was confused in 1186 or 1187, however, when Cardinal Henry of Albano suppressed the office of major prior, while assigning its duties to the provost, cf. n. 3. 15   That is, within six months: Lateran III (1179) c. 8, The General Councils of Latin Christendom 2/1: From Constantinople IV to Pavia-Siena (869-1424), ed. Antonio García y García et al. (Corpus Christianorum. Conciliorum oecumenicorum generaliumque decreta 2/1, Turnhout 2013) 133. 16   Ad culmen, licet immeriti (cit. n. 8); see also the following note, Bullaire Maguelone (cit. n. 1) 218s., which refers to the „enigmatique“ behaviour of Celestine III in response to the dispute about the appointment of Peter of Castelnau. 8 9

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emn declaration, drawn up in the form of a minor privilege, which concluded with two of the three clauses normally appended to confirmations of rights and property: Decernimus ergo ut nulli omnino hominum liceat hanc paginam nostre concessionis infringere uel ei ausu temerario contraire and Si quis autem hoc attemptare presumpserit, indignationen omnipo­ tentis Dei et beatorum Petri et Pauli, apostolorum ejus, se noverit incursurum. Nevertheless, slightly more than a year later (27 May 1197), responding to a counter-appeal from the provost and chapter, Celestine changed his mind. In an astonishing reversal, which accused the bishop of trifling with the truth, he wrote, „When, by an incomplete rendering of the truth (per insufficientem notitiam veritatis), some things happen to be obtained from the Apostolic See that manifestly prejudice another’s right, in which the Apostolic See appears to wander from the path of right, it is not to be imputed to us, but to the deceit of those who, glorying in their own inventions, strive to claim the rights of another (aliena) for themselves.“17 One suspects that here the pope was echoing the arguments presented on behalf of the provost, Gui of Ventadour. Celestine then proceeded to cancel what he had granted so solemnly in the previous year, which he now claimed had been obtained by the bishop’s „false submission or suppression of the truth” (per falsi suggestionem vel tacita veritate), and reinstated the settlement made by Alexander III in 1167–1169 in respect of the appointment of archdeacons18. „When an archdeacon is to be appointed (ordinandus)“, Alexander had written, „the bishop should do this with the advice and consent (consilio et consensu) of the provost, the archdeacon/s (archidiaconi/orum)19, the major and minor prior, and the sacristan. If the dignitaries (per­ sone) disagree, the bishop should follow the advice of the wiser part“ (sanioris partis). There was a difficulty with this reinstatement of Alexander’s balanced judgment, however, for the independent office of major prior had in the interim been suppressed in Cardinal Henry’s settlement in 1186 or 118720, and participants might disagree as to which electors constituted the „more discreet members“ of the small group. The appointment of the sacristan, defined in a separate decretal, Cum a nobis petitur, addressed slightly later, on 30 May, to Provost Gui alone, was less contentious. With the approval of the bishop and „the greater and wiser part of the chapter“, the provost was allowed to appoint an appropriate person to the office21. Nevertheless, these and the other papal letters obtained by the provost and chapter in May 119722 caused some consternation on the episcopal side. As soon as Celestine’s death (8 January 1198) was known in Maguelone, Bishop William of Fleix launched an appeal to the new pope and received a very different judgment in respect of the archdeaconry. After a full hearing of all the relevant arguments, Innocent III, significantly, „with the common counsel of our brethren“ (de communi fratrum consilio), annulled all that was done in relation to Gérald’s appointment to the archdeaconry and ordered the bishop, arch  Cum per insufficientem: ibid. 239 no. 144 (JL 17550), and following note, 240.   Although the bishop could argue that his appointment of Peter of Castelnau had been in accordance with Alexander’s instructions, allowing for the fact the dignity of major prior had been abolished in the interim. 19   Singular and plural forms have been transmitted in the manuscript copies: Bullaire Maguelone (cit. n. 1) 123 n. 9. 20   Cit. n. 3. 21  Bullaire Maguelone (cit. n. 1) 240 no. 145. 22   Gui obtained four additional letters on 27 May 1197 (JL 17547–49 and 17551). Moreover, five days earlier, on 22 May 1197, Celestine had issued a further two letters for Gui alone (JL 17542, 17545), two for Gui and the chapter (JL 17543 and 17544), and one for the canons (17541)! 17 18



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deacons, and sacristan of Maguelone to appoint, within a month, the persona (probably meaning Peter of Castelnau), against whom there was no legal objection; otherwise, they should know that he had written to Archbishop Imbert (1191–1202) and Dean Godfrey of Arles to ensure that it was done23. For some reason, perhaps because the opponents of Peter of Castelnau held out, the local prelates took no action, and the archbishop of Arles, acting on Innocent’s mandate, finding Peter of Castelnau altogether suitable, conferred the archdeaconry on him, invested him with the archidiaconal ring and duly informed the pope. This occasioned another Innocentian letter, this time addressed to Peter himself, which summarized the case and confirmed Imbert’s conferment of the office24. In both letters, Innocent justified his annulment of his predecessor’s judgment with an appeal to the „tradition of his predecessors“. To Bishop William of Fleix and the senior clergy, he wrote: Nos igitur inherentes vesti­ giis predecessorum nostrorum, dicentium sententiam Romane sedis posse in melius commutari, cum aliquid fuerit subreptum, quod de predicto G(eraldo Joannino) factum est … (We, therefore, following the footsteps of our predecessors, who said that a judgment of the Roman See can be changed for the better when something has been improperly obtained, as was done in the case of the said G[érald Joannin] …)25. The same justification was repeated in his notification to Peter of Castelnau himself, with a small, but possibly significant alteration of Romane sedis to Romani pontificis26: Nos igitur inherentes vestigiis predecessorum nostrorum dicentium sententiam Romani pontificis posse in melius commutari, cum aliquid fuerit subreptum, quod de predicto G(eraldo Joan­ nino) factum fuerat … . The identity of the „predecessors“, the source of the quotation sententiam … com­ mutari, and its significance/interpretation will be discussed below27.

Huesca vs Lleida (Lérida) The second case in which Innocent had recourse to this argument was in the extremely complex boundary and jurisdictional dispute between the Spanish dioceses of Huesca and Lleida (Lérida). This dispute had even deeper roots, being the product of the disruption of the diocesan geography of the Iberian peninsula which followed the Islamic conquests in the eighth century and complicated by their piecemeal recovery through the late eleventh and twelfth. Lleida itself, the original centre of the bishopric, which had survived „in exile“ as it were, in Roda, then Roda-Barbastro, from the eighth century, was recovered only on 24 October 1149, while its neighbour and rival, Huesca, had been   Cum olim, sicut accepimus (cit. n. 4), 8 June 1198.   Reg. Inn. vol. I 778s. no. 538 (541), Cum olim bone memorie: Rome, Lateran, 27 Jan. 1199. Following Innocent’s judgment, Peter of Castelnau duly secured the archdeaconry, but almost immediately abandoned the office to become a Cistercian monk in Fontfroide, whence Innocent appointed him, together with an­ other monk from Fontfroide (Raoul) and Abbot Arnaud Amaury of Cîteaux, as legates to preach against the Albigensians in the Languedoc (1204), where he was murdered in 1208, Reg. Inn. vol. XI 29–35 no. 25 (26, 27); Christine Thouzellier, Catharisme et Valdéisme en Languedoc à la fin du XIIe et au début du XIIIe siècle (Publications de la Faculté des Lettres et Sciences Humaines de Paris. Série Recherches 27, Louvain–Paris 21969) 206s., 223. 25  Reg. Inn. vol. I 370 (8 June 1198). 26  Cit. n. 24, at 779. 27  Cf. below p. 130. 23 24

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recaptured by Christian forces more than fifty years earlier in 109628. Huesca therefore enjoyed a fifty-year advantage in reconstructing its ancient diocese, and Lleida had a lot of catching up to do. This is not the place to attempt to reconstruct the long and circuitous history of the dispute29, whose resolution by negotiated compromise produced one of the longest letters in Innocent’s registers30, but Innocent’s appeal to the „canonical tradition“ that papal decisions could be reviewed and „changed for the better“ is especially significant in this instance, considering the wide chronological range of the papal decisions under review31. In this case, moreover, he employed a longer quotation from Pope Nicholas I’s letter to the Byzantine emperor Michael III32, which widened the grounds upon which a papal judgment could be overturned by a later pope, beyond one obtained by fraud (subreptum), as in the Maguelone case. First expressed in Tum ex litteris in April 1200, which was reissued in 120233, it was used again in the second paragraph of Ne lites amicabili (1203), setting out for Bishop García of Huesca the compromise agreed under papal mediation between him and Bishop Gombau de Camporélls of Lleida (who received a parallel copy). Innocent wrote34: quia per statuta canonica sententia sedis apostolice non negatur posse in melius com­ mutari, cum aut subreptum aliquid fuerit aut ipsa pro consideratione temporum et etatum seu necessitatum gravium aliquid dispensatorie ordinare decrevit (since the canonical statutes do not deny that a judgment of the Apostolic See can be changed for the better, either when something has been fraudulently obtained, or it [the Apostolic See] has itself decreed something by way of dispensation, either in consideration of the times and the age, or of grave necessities). Here, the „tradition of the our predecessors“ has become the much more emphatic „canonical statutes“ (statuta canonica), but the grounds upon which a papal decision could be revised were made more explicit. In addition to decisions obtained by fraud, those conditioned by specific circumstances or necessity could be reviewed or rescinded. Closer examination of the surviving materials relating to the dispute reveals, however, that it was Master Arnald, canon of Lleida, the agent of Bishop Gomau, who had em28   Damian J. Smith, Innocent III and the Crown of Aragon. The limits of papal authority (Aldershot 2004) 204. 29   For which see Damian Smith’s splendid summary, ibid. 203–213. 30   Ne lites amicabili, Reg. Inn. vol. VI 104–121 no. 75. The copy addressed to Bishop García still survives in the cathedral archives of Huesca, no. 6–241. Here I should like to pay a special tribute to the editors of Innocent III’s Registers, and especially Othmar Hageneder, who solved the problems of identification in the Huesca vs Lleida case (and, no doubt many others). They have performed an invaluable service to scholarship, not only in their meticulous editing of the Latin texts of Cum olim, sicut accepimus (cit. n. 4) and Ne lites amicabili, and the other material from Innocent’s Registers cited in this paper, but their unrivalled skill in identifying both the persons and places involved in the disputes and the legal authorities, canonical and civil, cited in the papal decretals and privileges. 31   Smith, Innocent III (cit. n. 28) 210, wrote that Innocent was the sixteenth pope involved in the attempt to reach a satisfactory agreement, and Innocent’s settlement, Ne lites amicabili (cit. n. 30), cited the actions of nine of them (listed here in chronological order): Gregory VII, Urban II, Paschal II, Eugenius III, Anastasius IV, Alexander III, Lucius III, Clement III, and Celestine III. The names of six others (Gelasius II, Calixtus II, Honorius II, Innocent II, Lucius II, and Adrian IV) can be recovered from other sources (ibid. 207s.). 32  See below n. 42. 33  Tum ex litteris (April 1200), summoning Bishop García of Huesca and the chapter, either to come to Rome themselves, or to send suitable representatives, to answer the appeal of Lleida/Lérida: La documentación pontificia hasta Inocencio III (965–1216), ed. Demetrio Mansilla (Monumenta Hispaniae Vaticana. Sección Registros 1, Roma 1955) 257–259 no. 224; repeated in June 1202: ibid. 283–285 no. 262. It was one of these summonses that entered the legal tradition in 3Comp. 1. 24. 4 and X 1. 41. 5 (cit. n. 39). 34  Ne lites amicabili: Reg. Inn. vol. VI no. 75, p. 106.



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ployed the argument sententiam in melius reformari … decrevit, with the minor change of commutari to reformari, when he brought the bishop’s appeal to the pope in Rome in April 1200. This reference to Master Arnald was transmitted in Innocent’s summons, Tum ex litteris, which ordered Bishop García of Huesca and his chapter, either to come to Rome themselves or to send legal representatives to answer Lleida’s appeal by the feast of St Luke (18 October 1200). In that mandate, Innocent recorded that „Master A(rnald), canon of Lleida, coming to our presence, renewing the earlier complaint in the name of the church of Lleida, earnestly requested that by the authority of our office (per officium nostrum) the said sentence35 should be changed for the better and, contrary (to the said sentence), the church of Lleida restored“: magister A(rnaldus), canonicus Ilerden­ sis ad presentiam nostram accedens, premissam querelam nomine Ilerdensis ecclesie replicavit, obnixe deposcens postulavit per officium nostrum iam dictam sententiam in melius reformari, et contra eam restitui ecclesiam Ilerdensem36. Furthermore, the final clause, „contrary … be restored“ (contra eam restitui), was a deliberate echo of the classical procedure of restitutio in integrum, in which a formally valid legal judgment was reversed (in this case, Eugenius III’s solemn judgment of 14 March 1145, witnessed by 17 cardinals37), its consequences annulled, and everything fully restored to its former state38. It was this aspect of the summons that commended itself to the compilers of the Compilatio tertia and the Liber Extra, who placed it in the title on restitutio in integrum39. Much of this letter was replicated in Innocent’s final settlement of 1203 (Ne lites ami­ cabili), but although Master Arnald was named as the presenter of Lleida’s appeal, the reference to his specific request was omitted and survives only in the summonses issued to the bishop and chapter of Huesca in 1200 and 1202. It was through the first of these letters that the record of his possibly significant agency entered the scholarly tradition. More significantly, this identification throws light on the intellectual and legal environment in which the papal court operated at the beginning of Innocent’s pontificate. Independently of its own individual and collective mastery of the canon (and Roman) law, its expertise 35  Eugenius III’s Que iudicii veritate, 14 March 1145, which confirmed the churches of Barbastro, Belsa, Gestau, and Alkezal to Bishop Dodón of Huesca and his successors, in perpetuum: Colección diplomatica de la catedral de Huesca, ed. Antonio Durán Guidol, 2 vols. (Fuentes para la Historia del Pireneo 5–6 / Escuela de Estudios Medievales. Textos 34/10–11, Zaragoza 1965–1969) 1 186–188 no. 165; PL 180 1015–1017 no. 2, JL 8717. Note that the bull was dated „1144“ instead of „1145“, because the papal chancery followed the Pisan calculus (calculus Pisanus), which began the year on the feast of the Annunciation (25 March) before Christmas (25 December), for a couple of months at the beginning of Eugenius’s pontificate, perhaps in deference to the fact that he came from Pisa, but it adopted the Florentine calculus (calculus Florentinus), which began the year on the 25 March after Christmas, well before the end of Eugenius’ first year in office: Christopher R. Cheney, Handbook of Dates for Students of English History (London 1948) 4s. 36  Tum ex litteris (cit. n. 33) 258. 37  Que iudicii veritate (cit. n. 35). 38  Dig. 4. 1; Cod. 2. 21–41, 43, 46, 47, 49, 52, and 53, Mommsen 50; Krueger 109–116. For restitutio in integrum, see Adolf Berger, Encyclopedic Dictionary of Roman Law (Transactions of the American Philosophical Society N. S. 45/2, Philadelphia 1953, reprint 1980, 1990) 482 col. a. 39   La documentación pontificia, ed. Mansilla (cit. n. 33) nos. 257 and 284. For the legal transmission: it first appears in 3Comp. 1. 24. 4 (a compendium of Innocent’s own decretals, collected by the papal notary, Peter of Benevento, and authenticated by Innocent’s bull in 1210), where it occurs in the Title 24: De in integrum restitutione, whence (slightly abbreviated) X 1. 41 (De in integrum restitutione). 5, Friedberg II 225s. For the full text of 3Comp., see Antiquae Collectiones Decretalium cum Antonij Augustini Episcopi Ilerdensis notis, ed. Antonio Agustín (Ilerdae [Lleida] 1576), discussed by Stephan Kuttner, Antonio Agustín’s edition of the Compilationes antiquae. BMCL 7 (1977) 1–14. It contains Compilationes 1–4. Various editions are available online.

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was both tested and perhaps expanded by the learning and ingenuity of the proctors who presented the appeals, to say nothing of the technicality of the cases brought before it. Arnald’s magisterial title suggests that he was an academically trained lawyer in one or both laws, possibly a product of the schools in Bologna, and Peter of Castelnau seems to have impressed Pope Innocent.

Sententia in melius commutari Master Arnald’s was not the first recorded citation of sententia in melius commutari in a case appealed to the papal audience, however, for Innocent had used it in his résumés of the Maguelone case in the previous two years (1198 and 1199). In the light of his employment of the text to appeal for Innocent to use his authority to amend judgments made by his predecessors, however, my suspicion is that the same authority was advanced by Peter of Castelnau when he presented Bishop William’s appeal against Celestine III’s enigmatic handling of the Maguelone case40, and that in that case also, Innocent had echoed an argument presented by an appellant’s lawyer. This might explain its singular use in these two cases. Either way, its origin can be traced to Pope Nicholas I’s very long letter (865) to Emperor Michael III of Byzantium, written in the midst of the Photian schism (863–867)41, in which the pope defended Roman claims to jurisdiction in the East, but allowed that in certain circumstances a judgment/opinion of the Apostolic See could be improved, or as he put it, „changed (commutari) for the better“42. Moreover, Nicholas’s declaration was well established in the tradition of the written canon law. It had appeared among extracts from the Nicholas letter in Ivo of Chartres’ Decretum 5. 19 in around 109643 and, more significantly perhaps, in Gratian’s Decretum, which had become a foundational text for the study and practice of canon law by the 1150s. There, C. 35 q. 9 c. 6 proclaimed44: [Sentenciam Romanae sedis45] non negamus posse in melius commutari, cum aut sibi sub­ reptum aliquid fuerit aut ipsa pro consideratione aetatum vel temporum seu gravium neces­ sitatum dispensatorie quiddam ordinare decrevit (We do not deny that [a judgment of the Roman See] can be changed for the better, either when something has been fraudulently obtained from it, or it has itself decreed something by way of dispensation, either in consideration of the times or the age, or of grave necessities), for which Gratian supplied the banner heading46: Sentenciam Romanae sedis in melius commutari potest (it is possible for a judgment of the Roman See to be changed for the better).   Cit. n. 10.  Francis Dvornik, The Photian Schism: History and Legend (Cambridge 1948, reprint 1970). 42   Proposueramus quidem, JE 2796, 28 Sept. 865: MGH EE VI, ed. Ernst Perels (Berlin 1925) 454–487 no. 88, at 481 (PL 119 926–962 no. 86, at 955), which echoes a decree of Innocent I (PL 67 262): Quod sub­ reptum fuerit apostolicae sedi, et suam in melius sententiam commutarit, quando damnationem Photini rescindit. 43  Ivo 5. 19 (PL 161 329): non negamus eiusdem sedis sententiam posse in melius commutari, cum aut [sibi add in MGH] subreptum aliquid fuerit, aut ipsa pro consideratione etatum, et [vel MGH] temporum seu gravium necessitatum dispensatione quiddam ordinare decrevit [decreverit MGH]; quoniam et egregium Paulum apostolum quedam fecisse dispensatorie legimus, que postea reprobasse legitur [dinoscitur MGH]. Altogether, Ivo transmits four segments of the letter in Book 5: cc. 8 and 17–19 (PL 161 324s., 328s.). 44   Decretum Gratiani C. 35 q. 9 c. 6 (Friedberg I 1285), found in the earliest form of the Decretum as reconstructed by Anders Winroth, The Making of Gratian’s Decretum (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought 4/49, Cambridge 2000) 227. 45  This phrase was inserted by Gratian. 46  Decretum Gratiani C. 35 q. 9 c. 6, Friedberg I 1285. 40 41



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The concluding words (aut ipsa … decrevit) also found an echo in Huguccio’s Summa (1188–1190). Commenting on Gratian, D. 29 c. 147, which quoted an unidentified text attributed to Isidore of Seville (c. 560–636): pleraque capitula ex causa, ex persona, ex loco, ex tempore consideranda sunt (and many chapters should be considered in relation to the cause, the person, the place, the time), he concluded that only general decretal letters which defined, commanded or prohibited were equivalent to canons; the authority of the others depended on context and purpose48. Since virtually none of the products of the papal chancery were „general decretal letters which defined, commanded or prohibited“49, it followed that their interpretation and application could evolve or, in the words of Celestine III, „be brought up to date“50. Innocent III was certainly prepared, de communi fratrum nostro­ rum consilio, to disagree with the opinions or judgments of quidam predecessorum nostrorum (Urban III51 and Celestine III52) in response to a consultation from Bishop Hugh of Ferrara (1190–1210), who was none other than the renowned canonist Huguccio, some of whose lectures the student Lotario may have heard at Bologna53. In answer to Hugh’s question 47  Friedberg I 106; Huguccio Pisanus, Summa decretorum I: Distinctiones I–XX, ed. Oldřich Přerovský (MIC, Series A: Corpus Glossatorum 6, Città del Vaticano 2006) 296s. 48   Anne J. Duggan, Current Research on the Decretals between Gratian’s Decretum and the Liber Extra. Ephemerides Iuris Canonici 57 (2017) 245–275, at 271s. 49  Peter Landau, Rechtsfortbildung im Dekretalenrecht: Typen und Functionen der Dekretalen des 12. Jahrhunderts. ZRG Kan. Abt. 86 (2000) 86–131, at 120–127, found only seven from the twelfth century which could be considered „legislative“: (in chronological order,) WH 563, 94, 871, 388, 994, 1046, and 241. Of these he rejected four (WH 563, 94, 871, and 241), of which two reached the Liber Extra: WH 563 = X 2. 7. 1, Honorius II on the oath of calumny (which was itself largely a recapitulation of Emperor Henry III’s decree issued at Rimini in 1047); WH 871 = X 3. 38. 21, Alexander III forbidding patronage and other clerical cases to be brought before lay tribunals in England/France, Friedberg II 265f., 616. Of the three considered „legislative“, all from Gregory VIII in 1187 (WH 388, 994, and 1046), only one, Ex administrationis (WH 388) reached X 2. 24. 1, Friedberg II 359 (where mistakenly attributed to Gregory III). This encyclical forbade money lenders to force Crusaders who took out loans to finance their expeditions to the Holy Land to guarantee repayment by oath (this context is omitted from the abbreviation in X). My own view is that two of the three came into the category of „circumstantial“ decrees, relating to crusaders’ debts (WH 388) and appropriate dress for clergy and laity, in the context of the crisis in Palestine (WH 994), and the third, which limited appeals to cases involving more than 20 marks (WH 1046), was judicial and administrative, not legislative. Peter Landau also rejected Lucius III’s decree on heresy, Ad abolendam (WH 13: 1Comp. 5. 6. 12 (§ a) = X 5. 7. 9 and 1Comp. 3. 33. 29 (§ b) = X 3. 38. 23, Friedberg II 780f., 616f.), because it was a „constitution“, issued at the council of Verona in 1184 with imperial support: nos carissimi filii nostri Friderici illustris Roma­ norum imperatoris semper Augusti praesente pariter et vigore suffulti … (from § a). All this circumstantial detail was omitted from the Liber Extra. 50   Cum non ab homine, conclusion: Anne J. Duggan, Manu sollicitudinis: Celestine III and the Canon Law, in: Pope Celestine III (cit. n. 12) 189–235, at 233: Nimirum in his omnibus, si quis sanctorum patrum statuta diligenter perscrutetur, nichil nouum nos respondisse reperiet, sed quod antiquum est quasi quadam manu sol­ licitudinis innouasse. Reprint in: eadem, Popes, Bishops, and the Progress of Canon Law, c. 1120–1234 (Brepols Collected Essays in European Culture 6, Turnhout 2020) 315–360, at 358. 51   Litteras fraternitatis, a response to the bishop of Florence, WH 627 (JL 15734) § b. 52   Laudabilem pontificalis officii, responding to questions from Bishop Theobald of Acre in 1191–1192 or 1192–1193, WH 609 (JL 17649: wrongly addressed to the archbishop of Sens), §§ e/iii and e/iv. 53  Kenneth Pennington, The Legal Education of Pope Innocent III. BMCL 4 (1974) 70–77, challenged the assumption that Innocent had been a pupil of Huguccio, but it was not necessary for Lotario di Segni to spend long years in Bologna in order to meet and sample the teaching of the leading canonist. His known attendance at the schools in Bologna, sometime between early 1186 and September 1189, would have been sufficient for that: John C. Moore, Lotario dei Conti di Segni (Pope Innocent III) in the 1180s. AHP 29 (1991) 255–258. Christoph Egger argued, in an unpublished paper, „Innocent III and the Theologies of his Time“ presented to the International Congress „Innocenzo III. Urbs et Orbis“ (Rome, Sept. 1998), that after five or six years at Paris, Innocent was unlikely to have gone to Bologna to study theology. For his legal studies more

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(consultatio), Innocent declared (1 May 1199) that a lawful Christian marriage could not be dissolved when one spouse „lapses into heresy or transfers to the error of paganism“ (vel labatur in heresim, uel transeat ad gentilitatis errorem), partly on the ground of the binding character of the Christian sacrament, and partly to avoid the trickery of those who might feign heresy in order to escape from their marriage commitments54. It is clear from Innocent’s reply that the learned bishop of Ferrara had deliberately raised the question of these recent papal decisions precisely in order to obtain this clarification. In the event, although Urban’s judgment survived (with some adjustments) into the Liber Extra (4. 19. 6), Celestine’s, which related to a very special case from Acre (now Akka in Palestine) after the Muslim capture of Jerusalem in 1187, was deliberately omitted. Raymond of Peñafort took most of the decretal into the Liber Extra (from Compilatio Secunda), but he carefully excluded the two segments (§§ e/iii and e/iv) relating to this unusual marriage case55, and it was Innocent III’s determination in 1199 that was received into the Liber Extra56. Even then, however, although the full text of Innocent’s decretal had been transmitted in his own Compilatio tertia (1210), Raymond of Peñafort abbreviated the arenga, apart from the incipit, Quanto te [magis] novimus, so that he omitted Innocent’s opening words from the Liber Extra. These not only show that Innocent fully recognized the intellectual standing of Hugh of Ferrara (perhaps a silent homage to his former master?) but also throw extraordinary light on the consultative legal culture of the time: Quanto te magis novimus in canonico iure peritum, tanto fraternitatem tuam amplius in Domino commen­ damus, quod in dubiis questionum articulis ad apostolicam sedem recurris, que disponente Domino cunctorum fidelium mater est et magistra; ut opinio, quam in eis quondam habueras, dum alios canonici iuris periciam edoceres, vel corrigatur per sedem apostolicam vel probetur (The more we recognize that you are highly learned in canon law, the more we commend your fraternity in that on doubtful points of legal questions you turn to the Apostolic See, which by the Lord’s disposition is the mother and teacher of all the faithful, so that the opinion you once held on these matters when you were teaching others knowledge of the canon law, is either corrected or appoved by the Apostolic See). generally, see Christoph Egger, Papst Innocenz III., De missarum mysteriis. Studien und Vorarbeiten zu einer kritischen Edition. Mit besonderer Berücksichtigung der schriftstellerischen Persönlichkeit des Papstes (Diss. Univ. Wien 1996) 73–84. 54  Reg. Inn. vol. II 88s. no. 48 (50), Quanto te magis novimus, to Hugh (Huguccio), bishop of Ferrara, at 89: Per hanc autem responsionem quorundam malicie obviatur, qui in odium coniugum vel quando sibi invicem displicerent, si eas possent in tali casu dimittere, simularent heresim, ut ab ipsa coniugibus nubentibus resilirent. The Acre letter (cit. n. 52) was well known, for it was circulating in collections of current decretals made to supplement Compilatio prima: Collectio Monacensis 69; Lucensis 74; Cracoviensis 24–27; Seguntina 91 (cf. WH 609). On these collections, see Walther Holtzmann, Studies in the Collections of Twelfth-Century Decretals, ed., revised and translated, Christopher R. Cheney–Mary G. Cheney (MIC, Series B: Corpus Collectionum 3, Città del Vaticano 1979) 221–232 (Mon.), 243–271 (Luc.); Adam Vetulani, L’origine des collections primitives de décrétales à la fin du XIIe siècle, in: Congrès de Droit Canonique Médiéval, Louvain et Bruxelles, 22–26 Juillet 1958 (Bibliothèque de la RHE 33, Louvain 1959) 64–72, esp. 68–71, reprint in: idem, Sur Gratien et les Décrétales (CS 308, Aldershot 1990) VII (Cracov.); Walther Holtzmann, La „Collectio Seguntina“ et les décrétales de Clément III et de Célestin III. RHE 50 (1955) 400–453. 55  Laudabilem pontificalis officii (cit. n. 52) §§ b–h, are distributed according to subject through X 2. 16. 2 (§ b), 4. 12. 4 (§ c), 4. 6. 6 (§ d), 3. 33. 1 (§ e), 2. 20. 27 (§ f ), 4. 15. 5 (§ g), and 2. 25. 1 (§ h) (Friedberg II 301, 697, 686, 587s., 324, 705s., 374), but 3. 33. 1 (§ e) omits the relevant segments III and IV (inserted in italics in Friedberg’s edition). For full discussion of Celestine’s consultation, see Duggan, Manu sollicitudinis (cit. n. 50) 197–199 and 223–231 (reprint 323–325 and 349–356), for an improved text and translation. 56   X 4. 19. 7, Friedberg II 722s.



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In due course Innocent’s emendation attracted academic comment. In a decretal collection assembled in Lucca (Lucensis) in the early thirteenth century to supplement Com­ pilatio prima, an anonymous gloss on Celestine’s judgment recorded Innocent’s emendation: „but this point is corrected by Innocent III’s decretal, Quanto nouimus“ (set articulus iste corrigitur per decretalem Innocentii III, Quanto [correctly, Quanto te magis] nouimus)57; and the copy of Quanto nouimus itself, which appears two folios later (fol. 227rb), was glosssed at the words Si enim alter infidelium with the comment, „This decretal corrects one point of the decretal, Laudabilem“ (Hec decetalis corrigit unum articulum illius de­ cretalis, laudabilem)58.

Res bis iudicatas The complexities of the Huesca vs Lleida case also caused Innocent and/or his iuris periti, or possibly Master Arnald, to call on an even more ancient authority, drawn from Justinian’s Digest, which allowed that cases already adjudicated in inferior courts, not once, but twice, could be heard by the imperial court: et secundum iura civilia principes contra res bis iudicatas in auditorio suo examinari restitutionem in integrum permiserunt (and according to the civil laws, despite two judgments having already been rendered [res bis judicatas], the emperors allowed the question of full restoration [restitutio in integrum] to be examined in their court)59. This text derived from the classical jurist Ulpian’s record that the emperors Septimius Severus (193–211) and Antoninus Pius (138–161) had allowed an already twice-judged law suit to be brought before the imperial court in the case of Percennius Severus, a Roman citizen60. Its relevance to the extraordinary Huesca vs Lleida case, upon which fifteen popes had already pronounced, hardly needs comment, but from the strictly legal perspective, it was, to put it mildly, a somewhat questionable proposition in the context of formal papal judgments. The weakness of the argument, in the context in which it was used, was that Ulpian’s example concerned the referral to the emperor of judgments rendered by regional magistrates, not by previous emperors, and the general tendency in Canon law, following that of the civil61, had been, and continued to be, to limit the grounds on which cases already determined by judicial judgment could be so appealed. Antonio Padoa Schioppa showed that the judex Paulus had employed the principle of res iudicata in Ravenna in 965, citing Cod. 2. 4. 16 (Emperors Diocletian and Maximianus, 223): Causas vel lites transactionibus legitimis finitas imperiali rescripto resuscitari non oportet (Cases or disputes terminated by lawful agreements should not be reopened by imperial rescript)62. Res iudicata had appeared among the dicta in the mature Gratian, where its civilian foundations were spelled 57   Lucensis: Lucca, Bibl. capit. 221, fol. 220–219, at fol. 225ra (no. 74); Holtzmann, Studies (cit. n. 54) 265 no. 74 § e. 58   Ibid. 269 no. 100. 59  Reg. Inn. vol. VI no. 75, p. 106. For restitutio in integrum, see n. 38. 60   Dig. 4. 4. 18. 2, Mommsen 59. 61  Dig. 42. 1. 1, Mommsen 665: Modestinus: Res iudicata dicitur, quae finem controversiarum pronuntiatione iudicis accipit: quod vel condemnatione vel absolutione contingit; Cod. 7. 52, De re iudicata; 7. 53, De exsecutione rei iudicatae (Krueger 318s.), although some exceptions were allowed. 62 Antonio padoa schioppa, Le Rôle du droit savant dans quelques actes judiciaires italiens des XIe et XIIe siècles, in: Confluence des droits savants et des pratiques juridiques. Actes du Colloque de Montpellier […] tenu du 12 au 14 décembre 1977, ed. Helmut coing et al. (Milano 1979) 341–371, at 344s.

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out63; it was accepted by the Roman Senate on 23 January 1160, when the canons of S. Prassede successfully presented Eugenius III’s earlier judgment in their favour, against the canons of S. Croce64; it was acknowledged by Alexander III (1159–1181)65, who also applied it to judgments by papal judges delegate, in confirmations addressed to the abbot and brethren of the north Italian monastery of Nonantola66. Simultaneously, it was being cited by defendants in English ecclesiastical cases from the middle years of the twelfth century67, and provided grounds for appeal to the pope68. Furthermore, defendants could cite an already adjudicated case in their defence, and the exceptio rei iudicate (exception/ defence of an already delivered judgment) was a powerful weapon in a defendant’s armoury. It was employed in English ecclesiastical cases from the 1150s and 1160s, as in the Castle Acre case (1162–1163), when the prior and monks of the Cluniac Priory of Castle Acre „raised the defence of res iudicata“ (exceptionem rei iudicate opposuissent) and so established their claim to two churches69. Moreover, from the ecclesiastical forum it entered English Common Law. It was listed among the legal exceptiones (exceptions/defences/ objections) admissible in the Common Law courts in the „Treatise on the Laws and Customs of England“ attributed to Bracton (post 1235)70; and, as recorded in the English 63  Decretum Gratiani C. 2 q. 6 dict. post c. [41] § 3 (cf. Cod. 7. 45. 4); § 23: Litigatoribus uero copia est etiam non conscriptis libellis illico uoce appellare, cum res iudicata poposcerit, tam in ciuilibus quam in criminalibus causis (cf. Cod. 7. 62. 14); cf. § 25: Hec omnia in VII. libro Codicis inuenies, a titulo de appellationibus et consul­ tationibus (Cod. 7. 62) usque ad titulum ne liceat in una eademque causa (Cod. 7. 70), Friedberg I 481–483; Krueger 315, 321, 320–325, 328. See also Decretum Gratiani C. 3 q. 7 dict. post c. 1: […] Verum, si seruus, dum putaretur liber, ex delegatione sententiam dixit, quamuis postea in seruitutem depulsus sit, sententia ab eo dicta rei iudicatae firmitatem tenet. 64  Pietro Fedele, Tabularium S. Praxedis. ASRSP 28 (1905) 41–114, at 53s. no. 28. For Eugenius III’s judgment, ibid. 46–49 no. 25; facsimile of the original: Archivio paleografico italiano 2 (1882) no. 71. Cf. Chris Wickham, Getting Justice in Twelfth-Century Rome, in: Zwischen Pragmatik und Performanz: Dimensionen mittelalterlicher Schriftkultur, ed. Christoph Dartmann–Thomas Scharff–Christoph Friedrich Weber (Utrecht Studies in Medieval Literacy 18. Turnhout 2011) 103–131; Anne J. Duggan, „Justinian’s laws, not the Lord’s“: Eugenius III and the learned laws, in: Pope Eugenius III (1145–1153). The First Cistercian Pope, ed. Iben Fonnesberg-Schmidt–Andrew Jotischky (Amsterdam 2018) 27–68, at 33–37, reprint in: eadem, Popes (cit. n. 55) 73–107, at 78–81. 65   E. g. PL 200 526 no. 536 (to Archbishop Henry of Reims, 1168–1169): quoniam rei judicatae standum esse juris decrevit auctoritas; cf. 554 no. 587 (Reims), 623 no. 655 (Reims), 1289 no. 1491 (Grado). 66  PL 200 493 no. 493: Ea quae auctoritate apostolicae sedis fine congruo terminantur, nullius debet prae­ sumptio infringere; 668 no. 721: Ea quae ab apostolicae sedis legatis ordine judiciario sunt terminata et congruo fine decisa, perpetua debent firmitate muniri, et apostolicae tuitionis munimine roborari; and 750 no. 821: Ea quae auctoritate Romanae ecclesiae concordia vel judicio terminantur in sua debent firmitate consistere, et ne aliquorum praesumptione temeraria valeant immutari apostolicae confirmationis patrocinio munienda sunt. 67  For example, The Letters and Charters of Gilbert Foliot, ed. Adrian Morey–Christopher N. L. Brooke (Cambridge 1967) 157 no. 116 (1148–63), Virtus et scientia, to Bishop Nigel of Ely; also Alanus de N., appealed between Oct. 1154 and April 1161 from Archbishop Theobald’s court to Adrian IV (1154–1159) or, less likely, Alexander III: The Letters of John of Salisbury 1: The Early Letters, ed. and trans. W. J. Millor–H. E. Butler (Nelson’s Medieval Texts, London 1955; reissued Oxford 1986) 115s. no. 72, at 115. Here, the plaintiff Alanus de N. challenged the defendant’s appeal to res iudicata on the ground that it was a res inter alios acta, and did not concern him. 68   Letters Gilbert Foliot (cit. n. 67) 317s. no. 246 (1163–1165), Ad hoc pater. 69  English Lawsuits from William I to Richard I, ed. R. C. van Caenegem, 2 vols. (Selden Society 106– 107, London 1990–1991) 2 469s. no. 438A. 70   Henry of Bracton (Bratton), De legibus et consuetudinibus Angliae, ed. George E. Woodbine, trans. Samuel E. Thorne, 4 vols. (Cambridge MA 1968–1977) 2 297; 3 143, 149, 311; 4 353*. For the growing consensus that the actual author was William of Raleigh, whom Bratton served as clerk, see Paul Brand, Art. Bratton [Bracton], Henry of (d. 1266). Oxford Dictionary of National Biography, https://doi.org/10.1093/ ref:odnb/3163 (2008) [4. 10. 2022].



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„Year Book Reports“, it was pleaded in the Court of Common Pleas in Westminster Hall from 129371, where the full phrase, par excepcion rei iudicate, was recorded in 131372. The principle that, once judicially decided, a case could not be reopened, underpinned the concept of „previously acquitted“ (autrefois acquit) and double jeopardy, both of which remained important features of English law until the Criminal Justice Act of 2003 allowed a second trial in serious criminal cases, where „new and compelling evidence“ suggested that the earlier acquittal was wrong73. More important in the present context, however, res iudicata appeared in some of Innocent III’s own judgments74, even in the Huesca vs Lleida case, where he condemned Eugenius III’s judgment against Lleida on the ground that it had been made per negli­ gentiam, vel errorem, contra res antea iudicatas a quibus provocatum non est (through negligence or error, against matters already judged, from which there was no appeal), here echoing a Roman imperial decision from 222 (which, like the contrary decision that even a twice-decided case could be appealed to the emperor, referred in fact to the judgments of inferior courts)75. The phrase „from which there was no appeal“ implied a challenge to the judgment made at the time that it was issued. Moreover, on 17 April 1198 he had roundly condemned the presumption of the bishop of Lugo in north-eastern Spain, who had tricked a papal legate (Celestine III’s nephew Gregory, no less, cardinal deacon of S. Angelo) into commissioning judges delegate in a remote region of Galicia, who (presumably in ignorance) granted the contested archdeaconry of Triacastela to his own diocese, contrary to Lucius III’s judgment, which had awarded possession to the diocese of León. After declaring that, „since we do not wish what has been defined by the Apostolic See to be rashly quashed by anyone“ (Quia igitur quod per sedem est apostolicam diffinitum, nullius volumus temeritate quassari), Innocent ordered three major prelates (the bishop of Zamora, the abbot of Santa Maria de Sandoval [O. Cist.] and the prior of the Hospital of San Marcos, headquarters of the newly-founded Order of Santiago)76, to oversee the restoration of the archdeaconry to León, in accordance with his predecessor’s original document (authentico instrumento)77. In the context of this rescript, issued to Spanish recipients on 17 April 1198, and his other confirmations of res iudicata, Innocent’s reliance on Ulpian’s text in the Huesca 71  Seipp’s Abridgement: An Index and Paraphrase of Printed Year Book Reports, 1268–1535, compiled by David J. Seipp, https://www.bu.edu/phpbin/lawyearbooks/search.php, nos. 1293.018rs; 1310.018rs; 1311.119ss; 1440.100; 1487.049; 1488.036 [4. 10. 2022]. 72  Ibid. no. 1313.698ss. The bi-lingualism illustrated here, which combined „Law French/Lawe Frensch“ with Latin, was a feature of the English royal courts in the Middle Ages. 73  From English Common Law, of course, it passed to the United States, Canada, Australia, and New Zealand. 74   Reg. Inn. vol. I nos. 283 (abbey of S. Zeno, Verona), 427 (abbey of Monte Sacro, Apulia), and 540 (543) (Konstanz); vol. II nos. 16 (Spoleto), 89 (83) (Tours), 97 (94) (Templars), 124 (133) (Compostela), 235 (244) (Transylvania); vol. VI no. 77 (Tortosa); vol. IX nos. 46 (Brixen, Freising, Trieste) and 47 (Tortosa); vol. X nos. 55 (Brixen, Aquileia, Augsburg), 96 (Meaux), and 212 (Bobbio); vol. XI nos. 43 (Paris) and 167 (Lucca); vol. XIII no. 119 (121) (Genoa); vol. XIV no. 137 (Casale Monferrato). 75  Reg. Inn. vol. VI no. 75, p. 111, quoting (without acknowledgement) Cod. 7. 64. 1, Krueger 326 (Emperor Alexander Severus, 222): Datam sententiam dicitis, quam ideo vires non habere contenditis, quod contra res prius iudicatas, a quibus provocatum non est, lata sit. … quod ita pronuntiatum est sententiae auctoritatem non obtinebit. Cf. Decretum Gratiani C. 2 q. 6 dict. p. c. 41 § 4, Friedberg I 482. For the opposite opinion, see at n. 60. 76  Derek W. Lomax, The Order of Santiago and the Kings of León. Hispania 18 (1958) 3–37. 77  Cum sicut audivimus (17 April 1198), Reg. Inn. vol. I 105–107 no. 71. Lucius III’s decretal has been lost.

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vs Lleida dispute seems a highly exceptional usage. Although Innocent felt free to revise decisions of his predecessors when problems were brought to his attention, either in appeals or consultations78, he never again drew attention to Nicholas I’s acknowledgement that decisions of the Roman See could be „changed for the better“. One wonders why. Perhaps because it offered too much of an invitation to challenge every papal judgment? Its disappearance from papal letters, however, did not mean that papal judgments could never be challenged.

Forgery Annexed to the concept of res iudicata was the problem of alleged or actual forgery, demonstrated in the Huesca vs Lleida case. Documents, including judgments, whether royal, episcopal or papal, could be forged. As early as 1146, Eugenius III had ordered the bishop of Cambrai (Nicholas) to deprive of office and benefice the clerics or canons who had presented a forged papal document (falsum scriptum) purporting to be from him, until they had brought it to the papal court for inspection79. Almost forty years later (1185), Lucius III, having been alerted to the fact that litteras apostolicas were being forged in the „lands of the English king“, probably meaning Normandy, sent the strongly-worded Improba pestis falsitatis to Archbishp Walter of Rouen, ordering the arrest and detention of clerical forgers until he issued further instructions, while any laymen involved in the fraud were to be handed over to the lay power for punishment80. Even more disturbing was Celestine III’s warning six years later (1191) to the suffragans and dean of Rouen, about „letters“ issued by forgers recently discovered in the City (Rome), „which we fear may have been accepted by some as authentic“ (veras). If they found any such forgeries, which they could establish by comparing the bulla and the quality of the written style (ex comparatione bulle et qualitate styli), they were to seize their holders and keep them in strict security until he had been informed and given instructions on their treatment. Anything done in consequence of (occasione) the forgeries was to be void and worthless81.   Cit. n. 51–58.   Papsturkunden in den Niederlanden (Belgien, Luxemburg, Holland und Französisch-Flandern), ed. Johannes Ramackers, 2 vols. (Abh. der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Kl. III/8–9, Berlin 1933–1934) 2 175 no. 59. 80  Charles Duggan, Improba pestis falsitatis: Forgeries and the Problem of Forgery in Twelfth-Century Decretal Letters (with special reference to English cases), in: Fälschungen im Mittelalter 2: Gefälschte Rechtstexte – Der bestrafte Fälscher. Internationaler Kongress der Monumenta Germaniae Historica, München, 16.–19. September 1986, ed. Horst Fuhrmann (Schriften der MGH 33, Hannover 1988) 319–361, at 354s. no. 17; reprint in: idem, Decretals and the Creation of „New Law“ in the Twelfth Century (CS 607, Aldershot 1998) VIII. For Innocent’s response to the problem, see now Maria Pia Alberzoni, „Nolebat quod prevaleret falsitas veritati“: I falsi, Innocenzo III e lo stilus curiae, in: Stilus – modus – usus. Regeln der Konflikt- und Verhandlungsführung am Papsthof des Mittelalters / Rules of Negotiation and Conflict Resolution at the Papal Court in the Middle Ages, ed. Jessika Nowak–Georg Strack (Utrecht Studies in Medieval Literacy 44, Turnhout 2019) 137–158. For the canonical tradition, see WH 546. Only the Rouen Compendium (Paris, BnF ms. lat. 3922, fol. 149rb and 1 Rot. 17.9, in the same manuscript) transmits the correct reading of litteras apostolicas. The other collections mistakenly read litteras publicas. 81   WH 695. This instruction found its way into the legal tradition and reached 2Comp. 5. 9. 3, but it was Innocent’s decretals on the subject that predominated in the short Title on the crime of forgery (de crimine falsi) in X 5. 20. 4–9 (Friedberg II 817–822), where they followed a quotation from St Augustine, a short excerpt 78 79



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Innocent himself was confronted by the problem of forgery from the very beginning of his papacy. On 6 May 1198, in commissioning the bishops of Osma and Tortosa to determine the dispute between the archbishop of Tarragona and the monks of Ripoll about possession of the castle of Anelac, he warned them about one Guillem, a monk from the same monastery (Ripoll), publicly denounced (deprehensus) as a forger, who had brought forged papal letters addressed to different judges relating to a dispute between the same parties concerning the town and honor of Centullas, and yet other forgeries to other destinations in Spain. He ordered them to annul any judgments made on the authority of such bulls and decide the cases themselves82. Only thirteen days later (19 May 1198), Innocent warned Archbishop William of Reims about a group of counterfeiters operating in Rome itself, who had not only made copies of the leaden bulls of his predecessor (Celestine III) and himself with which to „authenticate“ documents, but were found with an assortment of forged papal documents83. Then on 1 June, in Mille nocendi modos, he warned the bishop and chapter of Huesca about the same Roman forgers and notified them about the fraud attempted by G., the former sacristan of Huesca, who had pretended to an inexperienced notary that he had resigned his office into the pope’s hands and received it back again, and requested papal letters confirming it! The notary (qui pro novitate sua minus instructus fraudes talium minus noverat evitare) drew up the necessary document according to the wish of the impetrator, and the deception was detected only when it was formally read in Innocent’s presence, and he himself revealed the fraud84! One wonders if the monk from Ripoll had done something similar, or indeed, had even employed the services of the same Roman forgers. The demand for papal privileges (and also royal, episcopal, and other charters) resulted from the growing use of written instruments as proofs of right in an increasingly litigious society, and this in turn stimulated the temptation to forge or falsify documents of all kinds. Nor was the problem confined to papal materials. David Bates commented on the scale of forgery following the Norman Conquest in England, where, on his assessment, about 30 percent of William I’s surviving English acta (62 out of 208) are seriously suspect85. Even more seriously, Stephen of Tournai expressed serious misgivings about the from Lucius III’s Improba pestis (WH 432 § c), and Urban III’s Ad audientiam nostram (WH 39) answering Arch­bishop Walter of Rouen’s question about the punishment of clerics found guilty of forging the seal of Philip II of France! Innocent’s six contributions comprise 5. 20. 4: Dura saepe, the general mandate to all archbishops and bishops: those to Hubert Walter of Canterbury and William of Reims, and their bishops, have been recorded (Potthast 202); 5: Licet ad regimen to the archbishop and canons of Milan (Potthast 565); 6: Quam gravi to the archbishop of Antivari (Bar) in Serbia, now Montenegro (Potthast 1184); 7: Ad falsariorum con­ fundendum, general constitution; 8: Accedens ad presentiam to Archbishop Hugh of Siponto (Potthast 532; no address in X); 9: Ex continentia litterarum to Bishop Gilbert of Rochester, Archdeacon Peter of Bath, and Master William of St Faith, canon of Wells (Potthast 380; no address in X). For further discussion of the problem, see Anne J. Duggan, Clerical Exemption in Canon Law from Gratian to the Decretals, in: Religious Exemption in Pre-Modern Eurasia, c. 300–1300 CE, ed. Charles West (Medieval Worlds 6, Wien 2017) 78–100, at 90–94, http://medievalworlds.net/0xc1aa5576_0x00372f1f.pdf [4. 10. 2022]. For the full text of Compilatio secunda see Antiquae Collectiones Decretalium, ed. Agustín (cit. n. 39). 82   Reg. Inn. vol. I 193s. no. 129, Veniens olim; Smith, Innocent III (cit. n. 28) 218. 83  Reg. Inn. vol. 1 333–339 no. 235, Dura saepe; X 5. 20. 4, Friedberg II 817. For a further instance of forgery, see X 5. 20. 6 (Reg. Inn. vol. III no. 209 [37]), to the archbishop of Antivari (Bar) in Serbia, now Montenegro. 84  Mille nocendi modos, Reg. Inn. vol. I 363s. no. 262. 85  Regesta Regum Anglo-Normannorum. The Acta of William I (1066–1087), ed. David Bates (Oxford 1998) 4.

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authenticity of the papal decretals circulating in the law schools, when he complained to an unnamed pope, possibly even Innocent himself, about the „impenetrable forest of decretal letters, masquerading (quasi sub nomine) as letters of Alexander III, being hawked about“, and „letters in the names of Roman pontiffs being confected and copied by hired advocates …, lectured on in the schools, and offered for sale in the market place“86. Stephen, who had learned his law in Bologna in the 1150s and written an early summa on Gratian’s Decretum, was uncomfortable with the explosion in the number of papal rescripts and consultations and the increasing complexity of the law, but he was surely exaggerating the problem of forgery in the collections used in the schools. Nevertheless, the possibility of contamination with the forgeries already in circulation could not be ignored. That is why, in 1210, Innocent III gave papal authority to a collection of decretals (Compilatio tertia), compiled from his own registers I–XII (1198–1209/10) by the papal notary and subdeacon, Master Peter of Benevento. It was organized according to the structure of Bernard of Pavia’s Compilatio prima (1189–1191)87 so that it could easily be incorporated into the teaching curriculum in Bologna, Paris, and the other schools where canon law was taught. In his short bull authorizing the collection, addressed to the masters and students in Bologna, Innocent explained that it was being sent ad cautelam, „so that you may use them without any hesitation, when necessary, both in judgments and in schools“88. One is surely correct in reading this action as a response to the doubts raised by Stephen of Tournai, either with himself or with Celestine III; but Innocent’s own gruelling experience of historic and current forgery of decretals, consultations, and privileges cannot be excluded as a factor. And it was these experiences that motivated his reform of chancery procedures89. Allegations of forgery were at the heart of the Huesca vs Lleida dispute. Right at the beginning of Eugenius III’s pontificate, the papal judges were confronted by the problem of establishing the authenticity of documents presented in evidence by one party at a critical stage in the Huesca vs Leida dispute. A judgment of Urban II (JL †577790) in favour of the diocese of Roda-Barbastro had been confirmed twice by Paschal II in 1100 (JL 5834 and 5836), then judged false, non minus in sigillo quam in litteris, by Eugenius III’s cardinals in 1145, with the consequence that Eugenius condemned Paschal’s confirmations of what had been deemed a forgery91; and finally, following careful consultation of   Lettres d’Étienne de Tournai, ed. Jules Desilve (Valenciennes–Paris 1893) 344–346 no. 274, at 345.   Bernard’s collection, in five subject areas (judge, judgment, clergy, marriage, crime: iudex, iudicium, clerus, connubium, crimen), had been designed for use in teaching and in judgment. See his short preface to what became Compilatio prima: Quinque compilationes antiquae necnon collectio canonum Lipsiensis, ed. Emil Friedberg (Leipzig 1882; reprint Graz 1956) 1–65, at 1: „So that a richer supply of arguments and judgments may be provided, I, Bernard, provost of Pavia, for the honour of God and the Holy Roman Church and the benefit of students, have compiled extravagantia from old and new law (de veteri novoque iure) under titles“. The term extravagantia („wandering outside“), from which the abbreviations Liber Extra and X were derived, meant materials found outside Gratian. 88  Ibid. 105–134, at 105. 89  See below n. 98. It also explains his reluctance to place any credence on copies of papal and other documents. See Othmar Hageneder, Original, Kopie, Ausfertigung. Beiträge zur Terminologie und Glaubwürdigkeit mittelalterlicher Urkunden, in: Vielfalt und Aktualität des Mittelalters. Festschrift für Wolfgang Petke zum 65. Geburtstag, ed. Sabine Arend–Daniel Berger et al. (Bielefeld 2006) 559–573. 90  Here the symbol † indicates that Jaffé and Loewenfeld believed that the decretal was false. 91   Que iudicii: JL 8717; Papsturkunden in Spanien. Vorarbeiten zur Hispania Pontificia II. Navarra und Aragon 2: Urkunden und Regesten, ed. Paul Kehr (Abh. der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Kl. N. F. 22/1, Berlin 1928) 345–348, at 347; PL 180 1015–1017 no. 2. The bishops of Huesca 86 87



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Urban’s registers, accepted as genuine by Celestine III in 1193, a judgment corroborated by Innocent III in Ne lites amicabili in 120392. Damian Smith argues that both judgments could have been correct. The Rodans may have presented an „improved“ version of Urban’s already sixty-year-old bull to Eugenius in 1145, which was found defective „both in its seal and in its script“93. This description suggests that they had produced a crude copy of Urban’s bull, perhaps because the original had been lost or damaged. If that is so, it was an almost fatal mistake. Eugenius’s successors for the next forty years or so simply confirmed his judgment without any further investigation94, until two popes independently consulted Urban’s register, and found that its copy of the bull supported the argument of the bishops of Roda-Barbastro. Such recourse to the registers had become a feature of twelfth-century practice95, but there were problems even there, since only a small minority of papal „letters“ were entered in the registers. For the first third of the thirteenth century, for example, Othmar Hageneder calculated that only about 18 percent of the materials issued by the chancery were registered; for Innocent III’s pontificate, Christopher Cheney reckoned the proportion even lower, at about 10 percent96. A copy in the registers could prove the authenticity of a papal bull, but absence did not prove forgery. That was one reason why, in 1204, Innocent inaugurated the reform of curial and chancery procedure to try to prevent his own administration being a source of fraud, like the inexperienced notary who had drafted and written a decretal for the former sacristan of Huesca, on the assurance that the pope had indeed granted him the office (from which he had probably been deposed by his own bishop)97. Chancery documents had to bear the initials of the scribe who wrote them and the notary who supervised their issue98.

Conclusion No matter how sophisticated the academic law became, its interpretation and application were constantly tested in the complicated world of conflicting rights and contradictory claims, in which the graduates of the schools advised their clients and represented them in the localities and in appeals to the papal curia. The two cases discussed here inobtained six papal confirmations of Eugenius’s decision in the following forty years or so: Damian J. Smith, A Golden Rose and the Deaf Asp that Stoppeth her Ears, in: Pope Eugenius III (cit. n. 64) 219–242, at 238 and n. 94. On this extraordinary case, see also Michael Horn, Studien zur Geschichte Papst Eugens III. (1145–1153) (Europäische Hochschulschriften III/508, Frankfurt am Main–Bern–New York 1992) 166–174. 92  Cit. n. 30; Smith, Golden Rose (cit. n. 91) 237–239; idem, Innocent III (cit. n. 28) 209s. 93   Smith, Golden Rose (cit. n. 91) 239. 94   Supra, n. 91. 95  Duggan, Manu sollicitudinis (cit. n. 55) 209s. 96  Othmar Hageneder, Probleme des päpstlichen Kirchenregiments im hohen Mittelalter (Ex certa scientia, non obstante, Registerführung), in: Lectiones eruditorum extraneorum in facultate philosophica universitatis Carolinae Pragensis factae 4 (Praha 1995) 49–76, at 53; Christopher R. Cheney, The Study of the Papal Chancery. Second Edwards Lecture, University of Glasgow (Glasgow 1966) 15, reprint in: idem, The Papacy and England, 12th–14th Centuries. Historical and legal studies (CS 154, London 1982) I. 97  Cf. n. 84. 98 Patrick Zutshi, Innocent III and the Reform of the Papal Chancery, in: Urbs et Orbis 1 84–101, at 86–94 (cf. X 5. 20. 4). For the reorganization of the registry in 1206 under the new chancellor, John, cardinal deacon of S. Maria in Cosmedin, see Selected Letters of Pope Innocent III concerning England (1198–1216), ed. Christopher R. Cheney–William H. Semple (Nelson’s Medieval Texts, London 1953) xxix.

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volved matters of considerable importance to the central administration of the bishoprics of Maguelone, Huesca, and Lleida. Innocent’s predecessors had done their best to reach fair judgments, but they were confronted by contradictory testimony and documents which defied accurate interpretation. Both exemplified the problems which confronted the papal court on a daily basis from the middle years of the twelfth century. Again and again, popes expressed their frustration and dismay, as they were overwhelmed with the volume of business. Gregory VIII’s „encyclical“, Vel ex dolo vel malitia litigantium (18 Nov. 1187), addressed to all archbishops and bishops, eloquently described the plight of the papal administration99: „Every single day we are so overwhelmed by such a volume of cases that, labouring under our own physical weakness, hampered by reduced concentration, we are not able properly to oversee all of them, or to endure the clamour and shouts of parties contending on every side“. This cri de coeur is reminiscent of the instruction issued by the emperors Valentinian and Theodosius in 380100: „but because we are frequently constrained by the importunity of petitioners to grant what should not be conceded, our rescript has no authority (locus) contrary to promulgated law“. The constant oscillations in the Maguelone case are a master class in the difficulties confronting the papal court in its attempts to reach a fair settlement. Celestine III in particular found himself swayed this way and that by the sequence of persuasive but contradictory arguments presented by the bishops and provosts in their struggle to establish and maintain what they considered to be their rightful authority, and may well have „granted what should not have been conceded“. Even more convoluted was the history of papal decisions in the Huesca vs Lleida case, in which the authority and authenticity of papal judgments was a recurrent issue. Master Arnald of Lleida’a invocation of Nicholas I’s concession that sententia sedis apostolice posse in melius commutari101, combined with the civilian example, which he may also have employed102, that principes contra res bis iudicatas in auditorio suo examinari restitutionem in integrum permiserunt103, is an example of the creative arguments that could be deployed by skilled jurists. These two authorities provided the foundation upon which Innocent based his setting aside of Eugenius III’s award of the contested churches to Huesca. At the same time, he was careful to emphasize that he had reached his conclusions „after diligent deliberation with our brethren (the cardinals) and other prudent men, learned in both laws, canon and civil“ (cum fratribus nostris aliisque viris prudentibus et in utroque iure peritis canonico videlicet et civili) and that the canon and civil laws were in agreement (canonica et civilia iura pariter concordarent)104. Abbreviated versions of Cum olim, sicut accepimus (re Maguelone) and Tum ex litteris (re Huesca vs Leida), including the quotations respectively from Nicholas I alone and 99   Papsturkunden in Frankreich N. F. 2: Normandie, ed. Johannes Ramackers (Abh. der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, philol.-hist. Kl. III/21, Göttingen 1956) 383s. no. 288, but note that the letter should end ordinem canonum non mutamus. WH 1046: App. 49.1; 1Comp. 2. 20. 47; PL 202 1552 no. 15. On the difficulties of papal administration in the late twelfth–early thirteenth centuries, see the splendid study by Hageneder, Probleme (cit. n. 96). 100   Cod. 10. 12. 1 § 1, Krueger 400: Sed quoniam plerumque ita in nonnullis inverecunda petentium inhi­ atione constringimur, ut etiam non concedenda tribuamus, nec rescripto quidem nostro adversus formam latae legis loci aliquid relinquatur. 101  Cit. n. 32. 102 In Ne lites amicabili (cit. n. 30), which recorded the settlement of the dispute between Huesca and Lleida, the two authorities are quoted together 103   Cit. n. 60. 104   Ne lites amicabili (cit. n. 30) 106.



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Nicholas I and Ulpian, were received into Innocent’s own Compilatio tertia (1210), and thence into the Liber Extra (1234)105, but he did not employ them in any other cases; nor, to my knowledge, did Honorius III or Gregory IX. What explains this exceptional argumentation? If my suggestion above is correct, we may be looking at very special circumstances, in which legally learned emissaries from Maguelone and Lleida employed rarely used „authorities“ to provide a way through the maze of accumulated papal privileges and judgments, which enabled Innocent III to resolve the Maguelone case and provide the basis of a workable compromise between the bishops of Huesca and Lleida.

105  From the Maguelone case, Cum olim, sicut accepimus (cit. n. 4): 3Comp. 2. 18. 2 and X 2. 27. 12, in the Title De sententia et re iudicata. In the Liber Extra, however, omitting the bishop, it is addressed to the archdeacon and sacristan of Maguelone), and so highly abbreviated by Raymond that virtually none of the detailed résumé of the case was retained: Friedberg’s edition (II 396–398) inserted the excluded text in italics. From the Huesca vs Lleida case, Tum ex litteris (cit. n. 33): 3Comp. 1. 24. 4 and X 1. 41. 5, in the Title, De in integrum restitutione. For the full text of the Compilatio tertia, see Antiquae Collectiones Decretalium, ed. Agustín (cit. n. 39).

Pfründenteilung – Pfründentausch: Vom strikten Verbot zur bedingten Zulassung Ein Beitrag zur Entwicklung des Kirchenrechts von Alexander III. bis Innocenz III. Rainer Murauer

Das nach wie vor unübertroffene und daher unentbehrliche Handbuch von Hinschius definiert die divisio/sectio beneficii folgendermaßen: „d. h. die Verwendung der Bestand­ theile eines bestehenden Benefiziums, seiner Rechte, seines Sprengels, seiner Einkünfte zur Errichtung eines oder mehrerer neuer, […], ferner die Abtrennung einzelner Stücke des Territoriums oder eines Theiles des Vermögens zum Besten eines anderen schon bestehenden Amtes, […].“1 Ohne beneficium war wiederum ein officium nicht denkbar. Versuchte ein kirchlicher Vorgesetzter eine Pfründe von einem Amt zu trennen, wie dies etwa Bischof Hugo von Soissons (1178–1175) mit einer Altarpfründe seines Praecentors tat, so waren juristische Gegenmaßnahmen zulässig – bis hin zur Appellation an den Heiligen Stuhl. Papst Hadrian IV. (1154–1159) erklärte das Vorgehen des Bischofs für unzulässig – mit der Begründung, dass dem Praecentor, dessen Verdienste nicht geringer seien als die seiner Vorgänger, Pfründen, die jene Vorgänger als Ausfluss des ihnen anvertrauten Amtes innegehabt hätten, ohne gerechtfertigten Grund nicht entzogen werden dürften2. Der Bischof wurde zur Restitution innerhalb von zwanzig Tagen verpflichtet. Umso stärker müsse dieses Trennungsverbot wiegen, weil der Altar schon besonders lange mit dem Amt des Praecentors verbunden war, mithin die vierzigjährige Präskriptionsfrist, welche im Hinblick auf kirchliche Güter maßgeblich war, erfüllt war3. Beneficium und officium 1 Paul Hinschius, Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten: System des katholischen Kirchenrechts mit besonderer Rücksicht auf Deutschland 2 (Berlin 1878) 395. 2   JL 11509 = PL 200 535f., hier 536A: Quoniam igitur indignum est, ut ipse [sc. precentor], quem prede­ cessoribus suis meritis non credimus inferiorem, beneficiis, que iidem pro commisso sibi officio tenuerunt, debeat sine rationabili causa privari. S. Hermann Baier, Päpstliche Provisionen für niedere Pfünden bis zum Jahre 1304 (Vorreformationsgeschichtliche Forschungen 7, Münster 1911) 7 mit Anm. 2. 3  PL 200 536B: …, si proximos antecessores eius hoc [sc. altare] per quadraginta retro annos pacifice tenuisse, … constiterit, … . Das Rechtsinstitut der Präskription, das sich auf verschiedene Fristen stützte, wurde vom Römischen Recht definiert: Cod. 7. 39. 6 (Krueger 311), Nov. 111. 1, 131. 6 (Schoell–Kroll 522, 657). Die vierzigjährige Frist findet sich auch im Decretum Gratiani: C. 16 q. 3 p. c. 15 § 6, 7; C. 16 q. 3 c. 16, p. c. 16 § 4; C. 16 q. 4 p. c. 1, c. 2, 3, p. c. 3 (Friedberg I 795–797). Auf das Rechtsinstitut der Präskription kann hier nicht weiter eingegangen werden. S. dazu etwa die Arbeiten von Jürgen Petersohn, Das Präskrip-

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mussten also nicht nur miteinander verbunden sein, die Verbindung musste durch eine beträchtliche Dauer auch verfestigt sein. Das an das Amt gebundene Einkommen musste zur Versorgung des Amtsträgers ausreichend dotiert sein4. Päpstliche Einflussnahme auf die Verleihung niederer Pfründen ist erstmals 1137 nachweisbar; Innocenz II. wies den Erzbischof von Compostela an, einem Kleriker ein Benefiz zu verschaffen5. Das 1163 im Erzbistum Tours abgehaltene, nicht-ökumenische Konzil verdankt seine Bedeutung für die Geschichte des Kirchenrechts nicht zuletzt einem – von den nachfolgenden Päpsten zur Untermauerung ihres Rechtsstandpunkts immer wieder zitierten – Kanon, der ein absolutes Verbot der Teilung von Pfründen aussprach: Maioribus ecclesiae beneficiis in sua integritate manentibus indecorum nimis videtur, ut minorum clericorum praebendae patiantur sectionem. Idcirco, ut, sicut in magnis, ita quoque in minimis membris suis firmatam ecclesia habeat unitatem, divisionem praebendarum aut dignitatum permuta­ tionem fieri prohibemus  6. Es handelt sich um das erste von insgesamt zehn Dekreten jenes Konzils, die mit Ausnahme des letzten auch von Kardinal Bosos Vita Alexanders III. in seiner Fortsetzung des Liber Pontificalis 7 und anderen erzählenden Quellen wiedergegeben werden8. Sie alle vermitteln grosso modo „das Bild einer reformorientierten Kirche, die sich pflichtschuldig gegen die Laienwelt abgrenzte“9. Der zentrale Konzilskanon 1 betonte vor allem den Schutz der Pfründen niederer Kleriker vor Teilung mit dem sozialpolitisch motivierten Argument, dass auch die Pfründen von Dignitären nicht geteilt werden dürften. Die Fürsorge für die niederen Kleriker, die keinesfalls schlechter gestellt werden dürften als die höheren, scheint wie von einem – unausgesprochenen – Gleichheitsgrundsatz abgeleitet10. tionsrecht der Römischen Kirche und der Konstanzer Vertrag, in: Ex ipsis rerum documentis. Beiträge zur Mediävistik. Festschrift für Harald Zimmermann, hg. von Klaus Herbers–Hans Henning Kortüm–Carlo Servatius (Sigmaringen 1991) 307–315; ders., Innocenz III. und die praescriptio centum annorum, in: Urbs et Orbis 1 225–232. 4   Zur sog. portio congrua vgl. Johannes Sägmüller, Lehrbuch des katholischen Kirchenrechts (Freiburg im Breisgau 21914) 462f. mit Anm. 3 (dort zahlreiche Belegstellen). 5 Nach Baier, Päpstliche Provisionen (wie Anm. 2) 1, ist dies das älteste überlieferte päpstliche Schreiben in Pfründensachen. Ebd. 1–12 eine Übersicht über weitere Provisionen aus der Zeit vor 1198 – naturgemäß von beschränkter Aussagekraft durch das Fehlen päpstlicher Register. 6  Conc. Turon. c. 1 = Comp. I 3. 5. 10 = X 3. 5. 8 (Friedberg II 466). Nach wie vor grundlegend dazu Robert Somerville, Pope Alexander III and the Council of Tours (1163). A Study of Ecclesiastical Politics and Institutions in the Twelfth Century (Publications of the Center for Medieval and Renaissance Studies 12, Berkeley–Los Angeles–London 1977); zum Inhalt von Kanon 1 nur knapp 49–54. 7   Boso, Gesta Pontificum Romanorum, in: Le Liber pontificalis 2, ed. Louis Duchesne (BEFAR 2e série, Paris 1892) 353–446, hier 408–410. Zu Boso Werner Maleczek, Art. Boso. LMA 2 (1983) 478f.; Odilo Engels, Kardinal Boso als Geschichtsschreiber, in: ders., Stauferstudien. Beiträge zur Geschichte der Staufer im 12. Jahrhundert. Festgabe zu seinem sechzigsten Geburtstag, hg. von Erich Meuthen–Stefan Weinfurter (Sigmaringen 1988) 203–224, zuerst in: Konzil und Papst. Historische Beiträge zur Frage der höchsten Gewalt in der Kirche. Festgabe für Hermann Tüchle, hg. von Georg Schwaiger (München–Paderborn–Wien 1975) 147–168. 8   Conc. Turon. c. 10 liegt nur in der kanonistischen Überlieferung vor: Alan 3. 19. 3 = Comp. II 3. 27. 1, Quinque Compilationes antiquae necnon collectio canonum Lipsiensis, ed. Emil Friedberg (Leipzig 1882, Nachdr. Graz 1956) 90f. 9 Bernd Schneidmüller, Rezension zu Somerville, Pope Alexander III. Francia 6 (1978) 757–759, hier 758. 10  Glossa ordinaria – hier zitiert nach Decretales D. Gregorii papae IX. suae integritati una cum Glossis



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So absolut das Teilungsverbot des Konzilskanons auch klingen mag, gehörte es zu jenen Regeln, die nicht ohne Ausnahmen in Kraft waren. Das Verbot galt nur sine iusta causa. Lag ein gerechtfertigter Grund vor und reichte das Pfründenvermögen aus, so war eine Teilung desselben erlaubt11. Die mögliche Ergänzung einer nicht zur Versorgung ausreichenden Pfründe durch Teilung einer anderen war dagegen kein hinreichender Grund für die Einwilligung zur Teilung12. Anders verhielt es sich wieder, wenn ein Dorf soweit von seiner reichlich ausgestatteten Pfarrkirche entfernt war, dass die Gläubigen namentlich bei schlechtem Wetter im Winter nicht am Gottesdienst teilnehmen konnten; unter diesen Umständen erlaubte Papst Alexander III. die Errichtung einer neuen Kirche in dem betreffenden Dorf und die Finanzierung des neu zu bestellenden Priesters aus den Einkünften des Dorfes – und infolgedessen eine Minderung der Finanzkraft der übergeordneten Pfarrkirche13. Nicht erlaubt war die Wahl zweier Kandidaten auf eine Pfründe, auch dann nicht, wenn vorgesehen war, dass jeder von beiden die Hälfte bekäme oder einer von ihnen die ganze Pfründe, der andere hingegen eine Expektanz auf die nächste freiwerdende erhalte. Eine solche Wahl musste kassiert werden14. Ein weiterer, meist weniger beachteter Punkt des Kanons 1 des Konzils von Tours betrifft den Tausch von Dignitäten, der gleichfalls verboten wurde15. Die strikten Verbote entsprachen aber offenbar nicht den Lebensrealitäten und wurden immer wieder umgangen. Man teilte nicht nur durch zwei, sondern manchmal sogar durch drei, wie wir aus einem ein Gerücht wiedergebenden Schreiben Innocenz’ III. an den Bischof von Padua aus dem Jahr 1200 erfahren16. Gesichert ist dieses – man könnte es polemisch nennen – empörende, den Bestimmungen des Konzils hohnsprechende Verrestitutae (Romae 1582) – ad X 3. 5. 8, s. v. in minimis: Argumentum quod idem iuris est in parvis quod in magnis. Die Glosse verwies auf Decretum Gratiani C. 14 q. 6. c. 4 (Friedberg I 744), einen vom Kirchenvater Hieronymus stammenden Text, wonach ein Diebstahl nicht nach der Menge und dem Wert des Diebsgutes zu beurteilen sei, sondern – neudeutsch gesprochen – nach dem „mindset“ des Diebes. Gratian kommentierte dies zustimmend: Furtum autem non tam in quantitate rei quam in affectu furantis consideratur (C. 14 q. 6 c. 3 IV. pars, ebd.). Sei das Opfer auch ein „kleiner Mann“, so bleibe es doch immer ein Diebstahl. Gleiches wurde auch hinsichtlich Appellationen in einer Dekretale Alexanders III. für Bischof Roger von Worcester (1163/64–1179) postuliert – mochte die causa, deretwegen Berufung eingelegt wurde, auch noch so geringfügig sein: JL 13162 = Comp. I 2. 20. 11 = X 2. 28. 11 (Friedberg II 413). 11  Glossa ordinaria ad X 3. 5. 8, s. v. divisionem: sine iusta causa, i[nfra] eo[dem] cum causa (= X 3. 5. 36). Ex iusta causa potest una prebenda dividi in duas cum vacat, si facultates sufficiant, i[nfra] eo[dem] c. vacante (= X 3. 5. 26). Die Glossa stützte sich bei der Definition der iusta causa vor allem auf eine Dekretale Innocenz’ III.: Reg. Inn. Bd. XVI Nr. 169 (166) (künftig), PL 216 954 = Comp. IV 3. 2. 3 = X 3. 5. 26 (Friedberg II 476f.). Zu dieser Dekretale unten Anm. 60. 12  Potthast 9630 (Gregor IX.) = X 3. 5. 36 (Friedberg II 480): respondemus, quod nostre intentionis non exstitit, ut pro integratione prebendae supradicti canonici prebenda de novo aliqua scinderetur. 13   Dem Rektor der Pfarrkirche sollte immerhin das Präsentationsrecht für das neue Gotteshaus überlassen werden. Alexander III. betonte in seinem Schreiben an den Erzbischof von York – es muss sich um Roger (1154–1181) gehandelt haben – eigens, dass auch nach Abzug der Einkünfte aus dem Dorf die Pfarrkirche weiterhin angemessen ausgestattet werden konnte, JL 13884 = Comp. 3. 35. 2 = X 3. 48. 3 (Friedberg II 653). 14   Glossa ordinaria ad X 3. 5. 8, s. v. divisionem mit Berufung auf zwei Dekretalen Innocenz’ III.: Reg. Inn. Bd. VIII 325 Z. 19–24 Nr. 190 (189) = Comp. III 3. 5. 7 = X 3. 5. 20 (Friedberg II 472); Reg. Inn. Bd. XIII 122 Z. 19–22 Nr. 72 = Comp. IV 3. 2. 1 = X 3. 5. 25 (Friedberg II 472). 15   X 3. 5. 8 (Friedberg II 466). Die Glossa ordinaria ad X 3. 5. 8, s. v. dignitatum permutationem setzte hinzu: aut etiam prebendarum. Zu dieser Erweiterung auf (niedere) Pfründen und eine gleichzeitige Beschränkung s. unten Anm. 26. 16   Reg. Inn. Bd. II Nr. 263 (275) 508 Z. 20f.: … et nullum beneficium vacet in ea, immo sicut dicitur tres ad unum contra statuta Turonensis concilii sint admissi.

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halten der Paduaner wohl nicht, es könnte auch eine böswillige Unterstellung in einem Prozess gewesen sein; aber allein die Tatsache, dass der Papst es für möglich hielt, spricht Bände und lässt vermuten, dass es sich um keinen Einzelfall handelte. Aus Unkenntnis oder in bewusster Missachtung des Konzils wurden auch von Persönlichkeiten, denen man zumindest in der Theorie gewisse Rechtskenntnisse zuschreiben muss – wie Schiedsrichtern –, Fehlentscheidungen getroffen17, die dann von delegierten Richtern korrigiert wurden. Johannes III. da Palazzo, Bischof von Brescia 1185–1212, musste rund um die Jahreswende 1205/06 neben Fragen zum Ehe-, Prozess- und Schuldrecht auch über den Inhalt des Kanons 1 jenes Konzils belehrt werden. Er wusste offenbar nicht, wie mit zwei Klerikern zu verfahren sei, die auf eine Pfründe bestellt wurden; sollte dieser Akt bestätigt oder für ungültig erklärt werden? Innocenz III. antwortete ihm natürlich geduldig, dass das Konzil dies verboten habe18. Aus diesen wenigen Beispielen lässt sich aber auch herauslesen, dass die strikten Bestimmungen des Konzils von Tours keineswegs unumstritten waren und immer wieder in Frage gestellt wurden. Etwas mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Konzil von Tours wurde Papst Urban III. (1185–1187) in einer Anfrage damit konfrontiert; man wollte wissen, ob der Tausch (niederer) Pfründen möglich sei, wo doch der Tausch von Dignitäten, wie oben erwähnt, auf dem Konzil verboten worden sei. In seiner Antwort in der Dekretale Quaesitum hielt der Papst fest, dass der Pfründentausch de iure verboten sei. Er führte ein neues Argument ein, indem er das Tauschverbot mit dem Simonieverbot verknüpfte. Dabei argumentierte er mit dem Begriff der causae spirituales, zu welchen die Pfründen zweifelsfrei zu zählen waren, bei denen – wie auch bei den so genannten spiritualibus annexa19, aber im Unterschied zu den temporalia – eine pactio (oft auch transactio genannt) zwischen zwei Vertragsparteien, die einem Tausch vorausgehen musste, strikt untersagt war, da sie im Geruch der Simonie stand20. Transactio und (amicabilis) compositio wurden in den Urkunden – nicht nur jenen der Päpste – oft synonym verwendet, obgleich das klassische kanonische Recht zwischen beiden genau unterschied. Die transactio war von – bereits im Römischen Recht definierten – finanziellen Überlegungen beeinflusst; Gabe und Gegengabe bzw. das Versprechen einer solchen charakterisierten sie21, während die compositio den bedingungslosen Verzicht einer Streitpartei voraussetzte. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts bekämpften die Päpste die Simonie energisch. Im Lichte dieses Kampfes sind auch jene drei Dekretalen Alexanders III. zu betrachten, 17  Reg. Inn. Bd. VIII Nr. 110 (109) 196 Z. 6–9: … arbitrio, …, quod a iudicibus a sede apostolica delegatis in irritum fuerat revocatum et quia in ipso approbatur sectio prebendarum, quam reprobat concilium Turonense, … . 18   Reg. Inn. Bd. VIII Nr. 190 (189) 325 Z. 19–24 = Comp. III 3. 5. 7 = X 3. 5. 20 (Friedberg II 472): Nos igitur attendentes, quod, si duo unam prebendam tenerent, illud esset contra concilium Turonense, quod prenden­ darum inhibet sectionem, … respondemus, quod talis electio de rigore iuris penitus est cassanda. 19  Diese umfassten vor allem das Patronatsrecht. Vgl. Glossa ordinaria ad X 3. 19. 5, s. v. simonia, mit Verweis auf JL 13727 (Alexander III.) = Comp. I 2. 1. 5 = X 2. 1. 3 (Friedberg II 239). S. auch X 3. 38. 16 (Friedberg II 614f.). Vgl. Rainer Murauer, Zwei Formen der gütlichen Streitbeilegung im 12. und 13. Jahrhundert: transactio und amicabilis compositio, in: Handschriften, Historiographie und Recht. Winfried Stelzer zum 60. Geburtstag, hg. von Gustav Pfeifer (MIÖG Ergbd. 42, Wien–München 2002) 38–63, bes. 47. 20  Siehe Decretum Gratiani C. 1 q. 2 c. 2 (Friedberg I 408); JL 13924 (Alexander III.) = Comp. I 1. 26. 4 = X 1. 35. 4; Potthast 9568 (Gregor IX.) = X 1. 35. 8 (Friedberg II 204f., 205f.). Vgl. Murauer, Zwei Formen (wie Anm. 19) 45f. 21  Cod. 2. 4. 38 (Krueger 97). Vgl. Murauer, Zwei Formen (wie Anm. 19) 68.



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deren zwei ihren Weg in den Liber Extra fanden, in denen er eine transactio für kirchliche Pfründen untersagte22. Weil nicht in jedem Fall trotz eingehender Untersuchungen abschließend geklärt werden konnte, ob es sich um eine compositio oder doch um eine transactio handelte, ging der Papst gegen solche Vergleiche energisch vor – er wusste sich hier eins mit dem Apostel Paulus und dessen Diktum aus dem Ersten Brief an die Thessalonicher, wonach es sich gezieme, nicht nur die Sünde selbst zu meiden, sondern auch den Anschein derselben23. Die Verhinderung eines womöglich doch rechtmäßigen Tauschgeschäftes wog – als kleineres Übel – in der päpstlichen Gedankenwelt weniger schwer als die vage Vermutung, jemand habe eine Sünde begangen. Die Einhaltung des Simonieverbots war auch Urban III. selbstredend ein unverzichtbares Anliegen24. Andererseits sah er sich vor das Problem gestellt, dass immer wieder Kleriker auf einem Posten saßen, für den sie sich als ungeeignet erwiesen. Dem könne man am besten mit einer Versetzung des Betroffenen – die einen nicht ausdrücklich erwähnten Pfründentausch bedingte – abhelfen, wofür der örtliche Bischof zuständig sei, der den aktuellen Zustand als Notlage einstufen müsse25. Für diese Einstufung wurden keine Kriterien formuliert, der Spielraum des Bischofs war dementsprechend groß. Die Glossa ordinaria zum Liber Extra kommentierte die necessitas auch nicht, verneinte im Sinne des Konzils von Tours jeden Unterschied zwischen Pfründen niederer und hoher Kleriker, hielt aber der permutatio dignitatum eine Hintertür offen; bei Zustimmung des zuständigen kirchlichen Oberen schien eine solche möglich26. Diese Genehmigung sollte mittels Dispens, woran am ehesten bei einer wie auch immer gearteten Notsituation zu denken ist, erfolgen27. Gehörten die Tauschpartner ein- und derselben Kirche oder demselben Kloster an und war das Tauschobjekt nicht mit einer Hypothek oder ähnlichem belastet, durften sie den Tausch ohne Beteiligung des Vorgesetzten vollziehen28. Eine grundsätzliche Klärung war mit Urbans III. sanfter Korrektur des Konzilskanons von 1163 und der Einführung des allerdings unbestimmten Begriffs der necessitas – der 22  Die drei Dekretalen Alexanders III.: JL 14103 = Comp. I 1. 27. 4 = 1. 36. 4 (Friedberg II 207); JL 14195 = Gilb. 1. 16. 2 (Rudolf von Heckel, Die Dekretalensammlungen des Gilbertus und Alanus nach den Weingartener Handschriften. ZRG Kan. Abt. 29 [1940] 116–357, hier 188) = Comp. II 1. 16. 2 (Friedberg, Compilationes antiquae [wie Anm. 8] 70f.); JL 14177 = Comp. II 1. 16. 1 = X 1. 36. 7 (Friedberg II 208): tale damus … responsum, quod … transigi super re sacra litigiosa non potest. Etenim res sacrae, ut possideantur aliquo dato, vel retento sive promisso, speciem credimus habere simoniae. Alias autem, si gratis et amicabiliter inter se liti­ gantes componant, sacris canonibus nequaquam dicimus obviare. Vgl. Murauer, Zwei Formen (wie Anm. 19) 68f. 23  1 Th 5, 22. 24  Die Glosse argumentierte zudem mit dem Alienationsverbot: Glossa ordinaria ad X 3. 19. 5, s. v. dig­ nitatum. Das Alienationsverbot wird definiert in Decretum Gratiani C. 12 q. 2 c. 37 § 1 (Friedberg I 699). 25  JL 15754 (Urban III.) = Gilb. Auct. 3. 11. 1 = Comp. II 3. 13. 1 = X 3. 19. 5 (Friedberg II 522f.): Ge­ neraliter itaque teneas, quod commutationes praebendarum de iure fieri non possunt, praesertim pactione praemissa, quae circa spiritualia vel connexa spiritualibus labem semper continet simoniae. Si autem episcopus causam inspexerit necessariam, licite poterit de uno loco ad alium transferre personas, ut quae uni loco minus sunt utiles alibi se valeant utilius exercere. 26  Glossa ordinaria ad X 3. 5. 8, casus: … quod verum est sine auctoritate superioris. Hiemit wurde der Kanon 15 einer 1095 unter Papst Urban II. (1088–1099) in Piacenza abgehaltenen Synode, der sich im Decretum Gratiani D. 70 c. 2 (Friedberg I 257) findet, korrigiert, wo es noch heißt: et in qua ecclesia quilibet titulatus est, in ea perpetuo perseueret. Den Verbleib eines Ordinierten an seiner Kirche gegen seinen ausdrücklichen Willen hatte schon Gregor der Große in Frage gestellt: D. 74 c. 6 (ebd. 263). 27  Ebd., s. v. dignitatum permutationem: …, nisi dispensatum fuerit cum illis. Die Glosse stützte sich hiebei auf die erwähnte Dekretale Urbans III. Quaesitum (s. oben Anm. 19) und eine Innocenz’ III. (Cum universorum, Reg. Inn. Bd. I 121–123 Nr. 84 = Gilb. Auct. 3. 11. 3 = Comp. III 3. 5. 2 = X 3. 19. 8 [Friedberg II 524]). 28  Glossa ordinaria ad X 3. 19. 5, s. v. episcopus.

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ebenso wie die oben erwähnte iusta causa, welche von der Glosse im Zusammenhang mit der Pfründenteilung ins Spiel gebracht wurde, im Einzelfall präzisiert werden musste – sowie dem Verschieben der Verantwortung zum jeweiligen Ortsbischof zwar erfolgt, Streitigkeiten in besonderen Fällen, die womöglich an den Heiligen Stuhl herangetragen wurden, konnten damit keineswegs ausgeschlossen werden. Ein gewisses Unbehagen über die Abweichung von jenem Konzilsbeschluss – man könnte sie ein wenig euphemistisch auch Anpassung nennen – ist den Glossatoren geblieben. Im Kommentar zu einer Dekretale Innocenz’ III., auf die noch näher einzugehen sein wird, heißt es: Quod non licet a possessore praebendae vel dignitatis (unter Verweis auf Kanon 1 des Konzils von Tours), sed superior hoc facere potest (mit Hinweis auf Quaesitum)29. Spiritualia, etwa Pfarrkirchen, und temporalia, wie die zu den Kirchen gehörigen Besitzungen, waren nicht immer leicht voneinander zu trennen. Die einen wie die anderen durften getauscht werden30, wenn es sich als notwendig und zweckmäßig erwies – aber wegen des Simonieverbots nicht in einem gemeinsamen Rechtsakt, wodurch alles für die Beteiligten umständlicher und mühamer wurde. Papst Clemens III. (1187–1191) wusste in der Dekretale Ad quaestiones solvendas einen Ausweg31. Es ging um zwei Kollegiatstifte, die jeweils eine Pfarrkirche in der Nähe des Sitzes des anderen besaßen; was lag also näher als die Pfarreien zu tauschen – und mit ihnen die Pfarrpfründen? Erschwerend kam hinzu, dass die Einkünfte der Pfarrkirchen unterschiedlich hoch waren, weshalb die durch den Tausch benachteiligte Seite pekuniäre Entschädigung verlangte. Eine Anfrage an der Kurie sollte die Frage klären. Der Papst ordnete an, nach der Devise Et ita spirituale cum spirituali potest commutari, sicut temporale cum temporali zu handeln32. Die spiritualia, also die Kirchen, konnten getauscht werden (nur verkauft werden durften sie nicht)33 – im Einklang mit dem oben beschriebenen Transaktionsverbot Alexanders III.34 und dem römischen Recht35. Wobei die Kanonisten wussten, dass Tausch und Kauf in Wahrheit gar nicht so weit voneinander entfernt waren36. Eine andere Möglichkeit für die Bewohner eines abgelegenen Ortes, eine zu große Distanz zu ihrer Pfarrkirche zu überbrücken, war die Errichtung einer neuen Kirche – unvermeidlicherweise auf Kosten und zum Missvergnügen des Rektors der bisherigen Pfarrkirche. Zur Minimierung dessen finanziellen Schadens konnte der (weltliche) Kirchenpatron einen entscheidenden Beitrag mittels Überlassung von Grund und Boden leisten; zur Begrenzung des nicht so präzise messbaren Verlustes an Einfluss mochte die Übertragung des Präsentationsrechts für den neu einzusetzenden Priester der Filialkirche 29  Glossa ordinaria ad X 3. 19. 8, s. v. tractare. Vgl. auch Reg. Inn. Bd. V 278–280 Nr. 140 (141) = Comp. III 3. 15. un. = X 3. 19. 7 (Friedberg II 523f.). 30  JL 16580 = Comp. II 3. 13. 2 = X 3. 19. 6 (Friedberg II 523): Ecclesiae iure proprietatis possunt ad invicem permutari, et possessiones earum etiam permutari possunt, et pro minus valentibus pretium suppleri. 31 Ebd. 32  So beschrieb die Glossa ordinara ad X 3. 19. 6, s. v. per se queat die Vorgangsweise Clemens’ III. 33 Ebd., casus. 34  JL 14177 = Gilb. 1. 16. 1 = Comp. II 1. 16. 1 = X 1. 36. 7 (Friedberg II 208). In dieser Dekretale erlaubte Alexander III. ausdrücklich eine amicabilis compositio. S. oben Anm. 22 und Murauer, Zwei Formen (wie Anm. 19) 44. 35  Inst. 3. 23 De emptione et venditione § 1 (Krueger 39): Pretium autem constitui oportet. Nam nulla emp­ tio sine pretio esse potest. Für den Kauf ist der Preis konstitutiv, den man bei Spiritualien gerade nicht verlangen darf; andernfalls ist es per definitionem kein Kauf. 36  Glossa ordinaria ad X 3. 19. 7, s. v. diffinitivam: Item permutatio vicina est emptioni, …, et quasi successit permutationi.



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an besagten Rektor dienen. Um Verzögerungs- oder Obstruktionsversuche von dessen Seite von vornherein hintanzuhalten, drohte ihm der Papst mit der Übertragung des Einsetzungsrechts an den Erzbischof37. In jedem Fall musste die Pfründe des Rektors geteilt werden. Ob mit einem Tausch auch eine finanzielle Abmachung einherging, war oft schwierig zu klären. 1203 tauschten zwei Kleriker in der Erzdiözese Sens einen Archidiakonat und eine Propstei. Während der Archidiakon rasch ein Geständnis ablegte und es als Fehler bezeichnete, überhaupt über den Tausch verhandelt zu haben (de permutatione tractasse), bestritt der Propst dies vehement, vielmehr hätten beide Parteien jeweils zuerst sine con­ ditione auf ihre jeweilige Funktion verzichtet und dann die neue übernommen38. Die von dem Propst beschriebene Vorgangsweise wäre die formalrechtlich korrekte gewesen, aus der man keinen Simonievorwurf ableiten hätte können. Doch bestand nicht zuletzt aufgrund der Aussage des Archidiakons der Verdacht, dass man es mit der Rechtsordnung nicht so genau genommen hatte. Aus den Untersuchungen gewann der Papst die Erkenntnis, dass der Propst – anders als von ihm behauptet – nach Verhandlungen und ohne die geforderte Einbindung des kirchlichen Oberen, die Urban III. schon angemahnt hatte, dem Tausch zugestimmt hatte, was beide mit dem (vorübergehenden) Entzug ihrer Dignität zu büßen hatten39. Während Innocenz III. ausdrücklich abstritt40, dass es sich hier um eine simonistische Aktion gehandelt habe, wollte die Glossa ordinaria in dem consensus genau dies erkannt haben41. Weil die Glossatoren hier der Rechtsansicht des Papstes nicht folgten, fehlt dieser Abschnitt des Briefes in den kanonistischen Sammlungen42. Schon wenige Wochen nach seiner Wahl und Weihe43 sah sich Papst Innocenz III. mit einem verunglückten Pfründentausch in Lüttich konfrontiert, bei dem auch die Zustimmung des kirchlichen Oberen gefehlt hatte. Ein Kanoniker von St. Johannes Evangelista namens Giselbert und der Kleriker Lambert vereinbarten den Austausch ihrer Pfründen; jeder der beiden sah in seiner subjektiven Sicht der Dinge die Dringlichkeit seines Anliegens als gegeben an44, wie sie Urban III. in seiner oben besprochenen Dekretale als Voraussetzung für einen Tausch genannt hatte45. Der Glossa ordinaria blieb nichts anderes übrig als Spekulationen über die Art der Notwendigkeit anzustellen; es mag wieder 37  JL 13884 (Alexander III.) = Comp. III 3. 35. 2 = X 3. 48. 3 (Friedberg II 652f.). S. Glossa ordinaria ad X 3. 48. 3, casus. S. oben Anm. 13. 38   Reg. Inn. Bd. V 278–280 Nr. 140 (141), hier 278 Z. 28–279 Z. 5 = Comp. III 3. 15. un. = X 3. 19. 7 (Friedberg II 523f.). 39   Ebd. 279 Z. 29–34. 40   Reg. Inn. Bd. V 280 Z. 5–7 Nr. 140 (141): cum etsi contractus ipse illicitus fuerit, tamen symoniacus non fuisset, et pena, que debetur ex illo, in concilio determinata non fuerit, … . Hier ist wieder c. 1 des Konzils von Tours gemeint. Die Strafen des Papstes fielen ausgesprochen milde aus, der reumütige Archidiakon sollte nach sechs Monaten wieder eingesetzt werden, der Propst, der sich auch noch zu einer Falschaussage hatte hinreißen lassen, erst nach einem Jahr. 41   Glossa ordinaria ad X 3. 19. 7, s. v. consensum: Et sic fuit particeps simoniae, unde debuit privari dignitate illa (mit Berufung auf Quaesitum). 42   Auch X 1. 29. 33 (Friedberg II 178) übernahm Teile aus Reg. Inn. Bd. V Nr. 140 (141) – ebenfalls ohne den hier diskutierten Satz. 43   8. Jänner bzw. 22. Februar 1198. 44  Reg. Inn. Bd. I 122 Z. 17–19 Nr. 84 = Comp. III 3. 5. 2 = X 3. 19. 8 (Friedberg II 524): … cum … de permutatione prebendarum suarum inter se tractare cepissent, quia utilitatem utriusque imminere credebant, … . 45  Vgl. X 3. 19. 5 (Friedberg II 522f.). Die utilitas darf hier mit der necessitas bei Urban III. gleichgesetzt werden.

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um die unterschiedliche Entfernung der Pfründen gegangen sein – wie in der Dekretale Clemens III., Klarheit darüber lässt sich nicht gewinnen46. Lambert hielt sich nicht an die Abmachung. Während er die von Giselbert eingetauschte Pfründe sogleich einem Blutsverwandten weitergab, weigerte er sich, auf die andere, die er seinem Tauschpartner versprochen hatte, Verzicht zu leisten, sodass Giselbert sich arglistig getäuscht sehen musste. Wie nicht anders zu erwarten, führte dieses Handeln Lamberts zu einem Prozess vor dem zuständigen Lütticher Diözesanbischof. Da das Verfahren erwartungsgemäß zuungunsten Lamberts ausging, appellierte dieser an den Heiligen Stuhl, unterließ es aber – wohlgemerkt als Kläger – nach Rom zu reisen oder wenigstens einen Bevollmächtigten zu schicken, während der Beklagte Giselbert die Mühen und Gefahren der weiten Reise von Lüttich nach Rom auf sich nahm. Dem Kläger drohte als Folge seines Verhaltens ein Kontumazurteil, dem Beklagten fiel es unter diesen Umständen leicht, den Papst für seine Rechtsansicht einzunehmen; dieser ernannte drei Exekutoren, den Erzbischof Adolf von Köln sowie den Domscholaster und den Propst von St. Andreas in Köln, die Giselbert wieder in den Besitz seiner schon von ihm aufgegebenen Pfründe einsetzen sollten, wenn sich die Exekutoren von der betrügerischen Absicht Lamberts, die Innocenz als ziemlich sicher gegeben annahm, endgültig überzeugt hätten47. Für Giselbert sprach besonders seine intellektuelle Beeinträchtigung – vom stets sozial-karitativ engagierten Innocenz III. nobel mit simplicitas umschrieben –, welche es dem ruchlosen Lambert offensichtlich erleichtert hatte, ihn zu täuschen. Abseits der verfahrensrechtlichen Verfehlungen Lamberts (Stichwort Kontumaz) wäre der Pfründentausch aber ohnehin verboten worden, weil die beiden Geschäftspartner sine auctoritate superioris verhandelt48 und somit der Dekretale Quaesitum Urbans III. zuwidergehandelt hatten. Weder auf das Konzil von Tours (Maioribus) noch auf Quaesitum verwies Innocenz III. ausdrücklich, es ist aber der Glosse zu folgen, dass diese beiden Texte für den Papst maßgeblich waren49. Auch die Charakterisierung der beiden Kleriker als ducti quadam animi levitate durch den Papst lässt nicht erahnen, die Übertretung welcher Normen er ihnen zur Last legte50. Wegen dieser wenigstens impliziten Bekräftigung von Quaesitum wurde Cum universorum im Liber Extra in denselben Titel De rerum per­ mutatione aufgenommen. Das Scheitern des Lütticher Projekts beweist, dass Kanon 1 des Konzils von Tours in seiner unbearbeiteten Form noch nicht ausgedient hatte. Innocenz III. zitierte ihn auch immer wieder. In seinen Registern sind etliche Stücke, die aus verschiedenen Jahren seines Pontifikats stammen, enthalten, wo der Papst seine Entscheidung ausdrücklich auf jenen Kanon stützte. Zum ersten Mal tat er dies schon wenige Wochen nach der Lütticher Episode, am 26. Mai 1198, in einem Schreiben an den Bischof von Senlis. Es beginnt mit 46  Glossa ordinaria ad X 3. 19. 8, s. v. utilitati utriusque: Quia altera alteri magis vicina erat: vel alia conveni­ ens causa similis. Neben der Dekretale Ad quaestiones (X 3. 19. 6) stützte sich der Glossator auch auf Decretum Gratiani C. 10 q. 2 c. 2 § 4 (Friedberg I 618). Vgl. auch Nov. 7. c. 2 (ed. Schoell–Kroll 53f.). 47  Reg. Inn. Bd. I 121–123 Nr. 84 = Comp. III 3. 5. 2 = X 3. 19. 8 (Friedberg II 524). 48  Glossa ordinaria ad X 3. 19. 8, casus. Ebd., s. v. simplicitati: Sed de iure debet uterque amittere suam prebendam, tum quia contractus talis reprobatus est (mit Verweis auf Maioribus und Quesitum). Ergo potest venire contra. 49  Ebd., s. v. tractare: Quod non licet a possessore praebende vel dignitatis, s[upra] de preben[dis et dignitatibus], maioribus (= X 3. 5. 8). Sed superior hoc facere potest, s[upra] eod[em] quaesitum (= X 3. 19. 5). 50  Diese Worte finden sich nur im Registertext, nicht aber in der stark gekürzten Fassung im Liber Extra. Reg. Inn. Bd. I 122 Z. 17f. Nr. 84.



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dem apodiktischen Satz: Cum in Turonensi concilio inhibita sit sectio prependarum et de rigore iuris redintegrari debeant officia decurtata, …51 – auf den ersten Blick scheint es, als ob es die Dekretale Quaesitum, die schon mehr als ein Jahrzehnt alt war und die Innocenz wahrscheinlich gekannt hat, nicht gegeben hätte. Allerdings lässt der Brief die Schlussfolgerung zu, dass es auch im Domkapitel von Senlis Pfründenteilungen gab, weil ein Magister Aimerich nur eine halbe Stelle innehatte und sich der Bischof weigerte, diese zu einer ganzen zu vervollständigen. Das päpstliche Mandat verpflichtete Bischof Gottfried II. (1185–1213), aus der nächsten freiwerdenden Pfründe jene des Aimerich zu ergänzen, machte damit aber seinerseits die Teilung einer anderen Pfründe notwendig52. Der Geist der Dekretale Quaesitum – mit den Schlagworten Notlage und Anordnung durch den zuständigen kirchlichen Oberen – durchzieht auch dieses Mandat, auch wenn sie anders als der berühmte Kanon des Konzils von Tours nicht zitiert wird. Jedenfalls war die Praxis der Ausstattung mit halben Pfründen nicht auszurotten, sie war päpstlicherseits sicher nicht gerne gesehen, aber um die Versorgung von Mitgliedern eines Dom- oder Kollegiatskapitels sicherzustellen, musste im Bedarfsfall eine pragmatische Lösung gefunden werden. Und die Lösung konnte nur so aussehen, dass bei ehestmöglicher Gelegenheit – sprich im Falle der Vakanz einer weiteren Pfründe – diese dazu benutzt wurde, um halbe Pfründen auf ganze zu ergänzen, anstatt einen neuen Kandidaten mit dieser auszustatten. Als Beispiel möge hier das Kollegiatstift Notre-Dame in Nesle genannt sein, dessen Dekan und Kapitel Innocenz III. 1204 befahl, die halben Pfründen der Kanoniker Renelmus und Robert aufzuwerten anstatt dem Magister W. eine ganze zu verleihen; erleichtert wurde dem Papst die Formulierung des Mandats – das sei hier nicht verschwiegen – durch den Umstand, dass der Magister sich ein päpstliches Mandat erschlichen, also ein schweres Delikt begangen hatte, das für sich genommen dazu führen musste, dass er all seiner Ansprüche verlustig ging53. Um eine Lockerung des Teilungsverbots kam die Kirche in der Spätphase des Pontifikats Innocenz’ III. nicht mehr herum. Urban III. hatte die Tür geöffnet, die nicht mehr zu schließen war. Die Kurskorrektur musste aber juristisch einigermaßen präzise begründet werden. Was lag da näher als Parallelen in verwandten Bereichen zu suchen, wo eine Teilung zulässig war? Der Bischof Johannes Bellesmains von Poitiers (1162–1182), der nachmalige Erzbischof von Lyon (1182–1193), hatte einen vakanten Dekanat seiner Diözese laut den Angaben einer Streitpartei ohne Zustimmung des Papstes und ohne nachgewiesene Notlage geteilt54, also die bekannte Dekretale Urbans III. ignoriert. Die andere Partei behauptete das Gegenteil, der Bischof habe bei seiner Entscheidung auf jeden Fall das Wohlergehen des Dekanats im Blick gehabt, indem er auf die große Ausdehnung desselben abgestellt habe, womit der Vergabe an eine Person eine imminente Gefahr innegewohnt hätte, die er nur durch die Teilung abwenden habe können55. Die von Innocenz III. angestoßene Untersuchung durch zwei päpstliche Kapläne ergab, dass die Teilung zu Recht erfolgt war; zum ersten, weil es sehr wohl eine Bestätigung durch Domkapitel und Generalsynode sowie den zuständigen Archidiakon, an den die Jurisdiktion über den Dekanat devolviert war, gegeben habe; zum zweiten, weil im ursprüng­   Reg. Inn. Bd. I 295 Z. 2f. Nr. 205.   Ebd. Z. 12–17. 53  Reg. Inn. Bd. VII 308f. Nr. 172. 54  Reg. Inn. Bd. X 348 Z. 1–7 Nr. 197. 55  Ebd. Z. 8–16. 51 52

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lichen Großdekanat die Kirchen so zahlreich gewesen seien, dass sie von einer Person nicht verwaltet werden konnten; und zum dritten, weil ein angemessener Ersitzungszeitraum nachgewiesen habe werden können56. Innocenz III. verließ sich jedenfalls auf die Berichte seiner Kapläne und bestätigte 1208 die Teilung57. Hier hat vor allem das zweite Argument zu interessieren, das den altbekannten Kriterien necessitas und Approbation durch den kirchlichen Oberen ein drittes hinzufügte. Die Größe der Pfründe wurde von nun an immer wichtiger. Zu 1210 finden wir im 13. Jahrgang der Register einen Brief, der davon berichtet, dass Erzbischof Gottfried I. von York (1189/91–1212) aus einer großen, gerade vakanten Pfründe zwei gemacht hatte58. Dessen Motiv lag im Mangel an Klerikern und Erträgen in dem betroffenen Kollegiatstift59. Innocenz III. bestätigte einem der beiden begünstigten Kleriker seine Pfründe ohne Umstände – ohne Hinweis auf das Konzil von Tours oder die Dekretale Quaesitum, aber ganz im Sinne seiner 1208 erfolgten Entscheidung im oben geschilderten Fall aus Poitiers. Keiner der beiden Briefe wurde in eine Dekretalensammlung aufgenommen. Erst vier Jahre später (1214) entstand ein Brief, dessen Rechtsinhalt im Wesentlichen den beiden soeben diskutierten entsprach, im Unterschied zu ihnen aber auch von den Dekretalisten berücksichtigt wurde. Deren Interesse wurde vielleicht auch geweckt, weil Innocenz III. diesmal nicht stillschweigend über das Konzil von Tours hinwegging, es vielmehr ausdrücklich erwähnte. Dieses gebiete eigentlich – so referierte er zunächst die traditionelle Rechtsposition –, mit Hilfe von vakanten Pfründen unvollständige zu ergänzen; in diesem Sinne hatte er einen der beiden Pfründenanwärter mit einem Brief an seinen Bischof ausgestattet. Aber es könne stichhaltige Gründe geben, aus einer vakanten Pfründe zwei zu machen, unter der Voraussetzung, dass jede der beiden finanziell so ausgestattet sei, dass sie ihren Inhaber versorgen könne60. Dieses Schreiben aus dem 16. Jahrgang des Pontifikats Innocenz’ III. (1214) reflektiert in wenigen Worten noch einmal die gesamte Problematik des Themas und führt die widersprüchlichen Handlungsoptionen zu einer Synthese zusammen. Es kam auf eine rationabilis causa an, die ein Abgehen von der etablierten Rechtsordnung möglich, ja vielleicht sogar erforderlich machte. Dieser Begriff war so unbestimmt, dass er einen weiten Ermessensspielraum eröffnete und im Einzelfall mit konkreten Inhalten gefüllt werden konnte. Dass dieser Text von den Glossatoren eingehend kommentiert wurde, versteht sich von selbst. Die Glossa ordinaria sieht Ähnlichkeiten zur Teilung von Pfarreien61. Diese war erlaubt, wenn jede Pfarre ihren eigenen Sprengel behielt. Wie ein Haus oder ein Grund  Ebd. 348 Z. 31–349 Z. 2.   Reg. Inn. Bd. X 349 Z. 4–6 Nr. 197. 58   Reg. Inn. Bd. XIII 88 Z. 2f. Nr. 52: … de quadam magna prebenda in eadem ecclesia tunc vacante duas prebendas instituit duobus clericis … conferendas. 59  Ebd. 87 Z. 29f.: Cum ecclesia Suvellensis in proventibus et in clericorum numero penuriam pateretur, … . 60  Reg. Inn. Bd. XVI Nr. 169 (166) (künftig), PL 216 954 = Comp. IV 3. 2. 3 = X 3. 5. 26 (Friedberg I 476f.): … cum idem Hippolytus te super integritate praebendae per quasdam nostras litteras inquietet, … . … quod, quum Turonensis statuta concilii sectionem inhibeant praebendarum, teneris utrique de his, quae vacare contigerit, integrare praebendam, nisi forte rationabili causa de vacante praebenda supradicta duae fuerint constitutae, ac tot sint utriusque proventus, quod per utramque sit utrique provisum in beneficio competenti. 61  Glossa ordinaria ad X 3. 5. 26, s. v. constitutae mit Verweis auf Decretum Gratiani C. 16 q. 1 d. p. c. 53 (Friedberg I 778): et unus in duobus valet dividi [mit Bezug auf Bistümer], sic etiam episcopus de baptismalibus et parrochitanis ecclesiis facere potest. Vgl. auch JL 13884 (Alexander III.) = Comp. III 3. 35. 2 = X 3. 48. 3 (Friedberg II 652f.) und Reg. Inn. Bd. VIII 325 Nr. 190 (189) = Comp. III 3. 5. 7 = X 3. 5. 20 (Friedberg II 472). 56 57



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stück aufgeteilt werden könnten, so wäre dann auch die Teilung von Pfründen gestattet, wenn die Einkünfte aus der Pfründe für zwei selbständige Kanoniker reichten. Nicht erlaubt war die Teilung, wenn unter dem Titel einer Pfründe zwei halbe Kanonikate entstünden62. Die Antithese zu einem von einer rationabilis causa bestimmten Vorgehen war eine irrationale, allein von der Willkür des Amtsträgers getriebene Handlungsweise63.

Zusammenfassung Der Weg vom auf den ersten Blick strikten Verbot sowohl der Teilung als auch des Tauschs von Pfründen auf dem Konzil von Tours (1163) bis zur weitgehenden Aufweichung durch Innocenz III. dauerte rund ein halbes Jahrhundert. Dabei wurde der Kanon 1 des Konzils aber nie aufgehoben, sondern Einzelfallentscheidungen späterer Päpste ergänzten und korrigierten dessen apodiktische Formulierungen und erweiterten bei im Prinzip fortgesetzter Geltung der Konzilsbestimmungen den Handlungsspielraum von Pfründenwerbern, Pfründenbesitzern und deren Vorgesetzten in der kirchlichen Hierarchie.

  Glossa ordinaria ad X 3. 5. 20, s. v. sectionem.   Eine solche beklagt Innocenz III. 1213 in einem Schreiben an das Domkapitel des süditalienischen Melfi, dessen Bischof tam vos quam alios clericos prebendis et beneficiis pretermisso iuris ordine spoliavit et contra Turonensis statuta concilii … dividebat et divisas conferebat prebendas, non secundum rationis iudicium, sed pro sue arbitrio voluntatis, Reg. Inn. Bd. XV 389 Z. 37–390 Z. 3 Nr. 238 (235). Die Formulierung rationabilis causa hatte schon Hadrian IV. mehr als ein halbes Jahrhundert früher benutzt. S. oben Anm. 3. 62 63

Irregularität und Strafe bei Innocenz III. (1198–1216) Lotte Kéry

Einführung Bereits in den ersten Jahren seines Pontifikats zeigte die Amtsführung Innocenz’ III. unmittelbare Auswirkungen auf das Rechtssystem. Er produzierte eine große Zahl wegweisender Rechtsentscheidungen, die auch dazu führten, dass in der ersten Dekade des 13. Jahrhunderts zahlreiche neue Dekretalensammlungen entstanden1. Die erfolgreiche Verbreitung seiner Dekretalen ist wohl nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass Innocenz III. mit der Compilatio tertia, die Petrus Beneventanus Ende 1209/Anfang 1210 an der päpstlichen Kurie zusammenstellte, als erster Papst eine Dekretalensammlung zwar nicht unmittelbar in Auftrag gegeben, sie jedoch anschließend mit dem Promulgationsschreiben Devotioni vestrae approbiert und damit ihren Inhalt authentifiziert hatte2. Der Papst bürgte für die Authentizität der Dekretalen in der Sammlung des Petrus Beneventanus mit dem Hinweis, dass sie alle in den päpstlichen Registern gefunden werden könnten3. Somit trug Innocenz III. selbst entscheidend dazu bei, dass den Gerichten und Rechtsschulen authentische päpstliche Rechtsentscheidungen unmittelbar zur Verfügung gestellt wurden. 1  Kenneth Pennington, Decretal Collections 1190–1234, in: History of Medieval Canon Law in the Classical Period, 1140–1234. From Gratian to the Decretals of Pope Gregory IX, hg. von Wilfried Hartmann– dems. (History of Medieval Canon Law 3, Washington, D. C. 2008) 293–317, hier 301. 2 Kenneth Pennington, The Making of a Decretal Collection: The Genesis of Compilatio tertia, in: Proceedings of the Fifth International Congress of Medieval Canon Law, Salamanca, 21.–25. September 1976, hg. von Stephan Kuttner–dems. (MIC, Series C: Subsidia 6, Città del Vaticano 1980) 67–92, hier 80; auch in: Kenneth Pennington, Popes, canonists and texts, 1150–1550 (CS 412, Aldershot 1993) Nr. XV; ders., Decretal Collections (wie Anm. 1) 310. 3   Vgl. dazu das Schreiben Devotioni vestrae Innocenz’ III. (1210) an die magistri und scholares von Bologna (Potthast 4157), Quinque compilationes antiquae necnon collectio canonum Lipsiensis, ed. Emil Friedberg (Leipzig 1882, Nachdr. Graz 1956) 105: … in nostris usque ad XII. annum contineri registris, quas ad cautelam uobis sub bulla nostra duximus transmittendas … . Zur Registerbenutzung als „wichtiges Kriterium für die Authentizität und Verläßlichkeit“ der Dekretalen vgl. Lotte Kéry, Kanonessammlungen als Fundorte für päpstliche Schreiben, in: Das Papsttum und das vielgestaltige Italien. Hundert Jahre Italia Pontificia, hg. von Klaus Herbers–Jochen Johrendt (Abh. der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen N. F. 5, Berlin–New York 2009) 275–297, hier 281–283, und vor allem den grundlegenden Beitrag von Othmar Hageneder, Papstregister und Dekretalenrecht, in: Recht und Schrift im Mittelalter, hg. von Peter Classen (VuF 23, Sigmaringen 1977) 319–347, bes. 321. Eine Antwort auf die „Krise der päpstlichen Rechtssetzung“ sieht darin Andreas Thier, Die päpstlichen Register im Spannungsfeld zwischen Rechtswissenschaft und päpstlicher Normsetzung: Innocenz III. und die Compilatio Tertia. ZRG 119 Kan. Abt. 88 (2002) 44–69, bes. 58–64.

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Trotzdem wurde in Zweifel gezogen, ob es sich bei Innocenz III. um einen ausgebildeten Juristen („a Bologna educated canonist“) gehandelt habe und die Dekretalen, die unter seinem Namen überliefert sind, tatsächlich aus der eigenen Feder des Papstes stammten. Dies wurde auch damit begründet, dass es schon allein aufgrund der großen Zahl dieser Schreiben unmöglich erscheine, dass Innocenz III. eine solche Fülle von juristischen Entscheidungen, wie seine Kurie sie produzierte, selbst verfasst haben könnte. Trotz der Skepsis seines Lehrers Stephan Kuttner trug Kenneth Pennington schon 1974 eine Reihe von Argumenten zusammen, die davor warnen sollten, das Denken Innocenz’ III. allein durch die Brille des kanonischen Rechts zu sehen. Die Information, Inno­cenz III. sei ein Schüler des großen Kanonisten Huguccio gewesen, führte er auf ein Missverständnis des Johannes Andreae zurück4. Gleichzeitig bescheinigte er Innocenz III. jedoch einen ausgeprägten Sinn für Verwaltungsaufgaben, „der nicht schärfer hätte sein können, wenn er kanonisches Recht studiert hätte“5. Unser Verständnis dieses großen Papstes könnte es seiner Ansicht nach vertiefen, wenn wir ihn grundsätzlich eher als Theologen denn als Juristen sehen würden, und zwar als Pastoraltheologen, der sich mehr damit beschäftigte, spezielle Probleme in seiner Gemeinde zu lösen als Präzedenzfälle für zukünftige Päpste zu schaffen. Paradoxerweise habe Innocenz’ pastorale Herangehensweise dennoch bei zentralen Problemen innerhalb und außerhalb der Kirche tiefgreifende rechtliche Konsequenzen gehabt6. Innocenz’ Ansichten prägten jedenfalls – dies ist unbestreitbar – gewollt oder ungewollt das kanonistische Denken zumindest für den Rest des 13. Jahrhunderts. Noch 2017 hat Pennington seine Sicht in einem Beitrag über die Konstitutionen des Vierten Laterankonzils erneut bekräftigt7, auch wenn unbestritten sei, dass Innocenz III. in wichtigen Fällen persönlich zu Gericht gesessen und bedeutende Dekretalen verfasst habe, wobei im Einzelfall nicht leicht zu entscheiden sei, um welche es sich dabei jeweils handele. Als (nicht näher belegten) möglichen Anhaltspunkt für die Autorschaft Innocenz’ III., den er selbst als „subjektiv“ und als „nicht sicheren Standard“ bezeichnet, 4  Kenneth Pennington, The Legal Education of Pope Innocent III. BMCL 4 (1974) 70–77; kritisch dazu Wilhelm Imkamp, Das Kirchenbild Innocenz’ III. (1198–1216) (Päpste und Papsttum 22, Stuttgart 1983) 38–45; vgl. dazu auch Kenneth Pennington, Innocent III and the Ius Commune, in: Grundlagen des Rechts. Festschrift für Peter Landau zum 65. Geburtstag, hg. von Richard Helmholz–Paul Mikat–Jörg Müller– Michael Stolleis (Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft N. F. 91, Paderborn 2000) 349–366. Zu Huguccio vgl. auch Kenneth Pennington–Wolfgang P. Müller, The Decretists. The Italian School, in: History of Medieval Canon Law (wie Anm. 1) 121–173, hier 145. Zur Ausbildung Innocenz’ III. und seinem relativ kurzen Studienaufenthalt in Bologna vgl. auch die abwägende Darstellung von Werner Maleczek, Art. Innocenzo III. Enciclopedia dei papi (2000), https://www.treccani.it/enciclopedia/ innocenzo-iii_%28Enciclopedia-dei-Papi%29/ [18. 6. 2022]: „Poiché Bologna era il centro indiscusso degli studi in diritto romano e canonico, le congetture secondo cui Lotario possa avervi studiato teologia o altre discipline appaiono poco convincenti, tanto più che le eccellenti conoscenze giuridiche del papa sono state incessantemente celebrate dai suoi contemporanei“. Maleczek schließt auch die Möglichkeit nicht aus, dass Innocenz III. in Bologna Schüler Huguccios war, auch wenn dies nicht anhand von ähnlichen Rechtsansichten unmittelbar dokumentiert werden könne. 5  Pennington, Legal Education (wie Anm. 4) 77. 6  Ebd.: „The paradox is, nevertheless, that Innocent’s pastoral approach to crucial problems both within and outside of the Church had profound legal ramifications.“ 7 Kenneth Pennington, The Fourth Lateran Council. Its Legislation, and the Development of Legal Procedure, in: The Fourth Lateran Council. Institutional Reform and Spiritual Renewal. Proceedings of the Conference Marking the Eight Hundredth Anniversary of the Council Organized by the Pontificio Comitato di Scienze Storiche (Rome, 15–17 October 2015), hg. von Gert Melville–Johannes Helmrath (Affalterbach 2017) 41–54, hier 47f.



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schlägt Pennington das Vorkommen biblischer Zitate vor, „particularly if the citations are used to make clever and unusual points“8. Vor allem die Frage der persönlichen Autorschaft des Papstes an seinen Dekretalen ist wohl nicht abschließend zu beantworten, auch wenn man Kuttner zustimmen muss, der einen (textimmanenten) Beweis für die rechtliche Ausbildung des Papstes darin sah, dass seit dem Beginn seines Pontifikats in der Sprache seiner Dekretalen durchgehend eine einheitlich professionelle Ausdrucksweise festzustellen sei9. Ohne hier noch einmal ausführlicher auf diese alte Streitfrage einzugehen, kann doch festgehalten werden, dass aus der Perspektive des kirchlichen Strafrechts betrachtet die zahlreichen Neuerungen und juristisch begründeten Klärungen, die unter dem Namen Innocenz’ III. in das fünfte Buch des Liber Extra aufgenommen wurden, Zweifel wecken an der Ansicht, Innocenz III. habe über keinerlei juristische Ausbildung oder Vorkenntnisse verfügt und hier nur die Erkenntnisse und Vorgaben seiner kurialen Juristen veröffentlicht. Besonders richtungsweisend und nachhaltig ist der Anteil, den Dekretalen Innocenz’ III. an der Weiterentwicklung und Differenzierung der verschiedenen Verfahrensformen hatten10. Die dort aufgestellten verfahrensrechtlichen Regeln, die eine effektivere, zugleich aber auch passgenauere und damit gerechtere Strafverfolgung möglich machen sollten11, deuten mit Nachdruck darauf hin, dass dieser Papst – vielleicht auch ohne einschlägige Ausbildung – ein vertieftes Verständnis für die Lösung rechtlicher Fragen besaß oder zumindest seine Mitarbeiter dazu anleitete, tragfähige Lösungen zu erarbeiten, die dann unter seinem Namen veröffentlicht wurden. Offenkundig trug aber auch seine theologische Ausbildung und Ausrichtung dazu bei12, dass auch außerjuridische Kriterien und Gesichtspunkte in die Behandlung kirchlicher Rechts- und Disziplinfragen einflossen und somit das Strafrecht auch von pastoraltheologischen Grundsätzen geprägt wurde13, zumal er in einer Zeit agierte, wo gerade erst damit begonnen wurde, Kanonistik und Theologie klarer voneinander abzugrenzen14, eine Entwicklung, die sich unter anderem   Pennington, Fourth Lateran Council (wie Anm. 7) 48.   Pennington, Legal Education (wie Anm. 4) 70 Anm. *: „Professor Kuttner has kindly commented on several drafts of this paper. Although he agrees hat there is no text to prove that Innocent III was a doctor of law or studied with Huguccio, he thinks that I have too readily discounted the internal evidence for his legal learning, ... the consistent professional flavor apparent, from the beginning of Innocent’s pontificate, in the language of his decretal letters.“ 10   Vgl. dazu vor allem X 5. 1. 16 (Super his), X 5. 1. 17 (Qualiter et quando), X 5. 1. 21 (Inquisitionis negotium), Friedberg II 737–739, 741f., und X 5. 3. 30 (Dilectus filius), X 5. 3. 31 (Licet Heli) und X 5. 3. 32 (Per tuas), ebd. 759–762. 11  Vgl. dazu Lotte Kéry, Inquisitio – denunciatio – exceptio: Möglichkeiten der Verfahrenseinleitung im Dekretalenrecht. ZRG 118 Kan. Abt. 87 (2001) 226–268. Dort auch alle weiteren Angaben zu diesen Dekretalen. 12 Christoph Egger, Papst Innocenz III. als Theologe. Beiträge zur Kenntnis seines Denkens im Rahmen der Frühscholastik. AHP 20 (1992) 55–123. Vgl. dazu auch den Beitrag von Christoph Egger in diesem Band. 13   Vgl. dazu auch Peter D. Clarke, Peter the Chanter, Innocent III and Theological Views on Collective Guilt and Punishment. JEH 52 (2001) 1–20, bes. 2 und 8 (pastoral concern). 14   Ähnlich dazu auch in Bezug auf „Kollektivschuld und Strafe“ mit der Warnung, Theologie und Recht am Ende des 12. Jahrhunderts noch nicht als klar voneinander getrennte Materien zu verstehen: Clarke, Peter the Chanter (wie Anm. 13) 2: „Hence, theology and arguably canon law both shaped Innocent’s III mindset. We must be careful, however, not to draw a false dichotomy between these subjects in the late twelfth century … . To suggest, as Pennington has done, that Innocent was more of a theologian than a canonist implies a dis­ tinction with little force so early.“ Vgl. jedoch auch Charles de Miramon, Innocent III, Huguccio de Ferrare et Hubert de Pirovano. Droit canonique, théologie et philosophie à Bologne dans les années 1180, in: Medieval Church Law and the Origins of the Western Legal Tradition. A Tribute to Kenneth Pennington, hg. von 8 9

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auch in der Anlage der offiziellen Dekretalensammlungen nach der Vorgabe Bernhards von Pavia widerspiegelte15. In gewisser Weise ist die Frage der persönlichen Autorschaft Innocenz’ III. jedoch auch müßig, da die päpstlichen Rechtsauskünfte – gleichgültig, ob sie von ihm selbst oder lediglich in seinem Auftrag formuliert wurden – unter seinem Namen und damit auch mit seiner Autorität veröffentlicht wurden.

Der Papst als oberster Strafrichter – Zwischen Seelenrettung und Strafverpflichtung Fast schon programmatisch für die Auffassung dieses Papstes von seiner Stellung als oberster kirchlicher Richter bei schweren Vergehen von Klerikern klingt vor diesem Hintergrund die in der Registerversion und in der Version der Compilatio tertia noch erhaltene, dann jedoch im Liber Extra weggefallene Eingangspassage der Dekretale Licet in beato Petro, eines Schreibens Innocenz’ III. an den Erzbischof (Amadeus) von Besançon vom 10. Juni 119816 und damit bereits aus dem ersten Halbjahr seines Pontifikats17, das später als erstes Schreiben Innocenz’ III. überhaupt unter dem ersten Titel De accusatio­ nibus, inquisitionibus et denunciationibus in das fünfte Buch, den strafrechtlichen Teil, des Liber Extra aufgenommen wurde18. In dieser einleitenden Erklärung, die im Liber Extra fehlt, umreißt Innocenz III. seinen strafrichterlichen Handlungsspielraum in eher theologischen als juristischen Kategorien: Seine ihm von Gott als Nachfolger des Apostelfürsten Petrus verliehene, gegenüber den Untergebenen (subditi, in manchen Versionen steht subiecti) frei nach deren jeweiligen Verdiensten auszuübende Binde- und Löseberechtigung (facultas ligandi atque solvendi) folgt dem Beispiel desjenigen, „der alle erlöst und will, dass niemand zugrunde geht“. Gleichzeitig ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Inhaber dieser Binde- und Lösegewalt selbst Schuld auf sich lädt, wenn er in Fällen schwerer Schuld die Strafe erlässt: … etsi nonnullae sint culpae, in quibus est culpa relaxare vindictam, wie Innocenz III. in Anlehnung an eine Formulierung in einem Brief Gregors d. Gr. an Bischof Johannes von Palermo schreibt19, die er auch im Decretum Gratiani (D. 28 c. 10) finden konnte, wie wir aus dem Kommentar in der Edition des ersten Registerbandes lernen20. Wolfgang P. Müller–Mary E. Sommar (Washington, D. C. 2006) 320–346, der eine weitere „déconstruction de l’image d’Innocent canoniste“ vorschlägt, indem er Indizien für ein theologisches Zentrum in Bologna in den 1180er und 1190er Jahren und die Beteiligung Innocenz’ III. an einer philosophischen Bewegung in Italien zusammenträgt, deren Hauptvertreter Hubert de Pirovano war, der ebenfalls am Ende des 12. Jahrhunderts in Bologna aktiv war. 15   Vgl. dazu Lotte Kéry, Ein neues Kapitel in der Geschichte des kirchlichen Strafrechts. Die Systematisierungsbemühungen des Bernhard von Pavia (†1213), in: Medieval Church Law (wie Anm. 14) 229–251. 16  Reg. Inn. Bd. I 382f. Nr. 277 (1198 Juni 10); Potthast 273. 17  Die Wahl Innocenz’ III. fand am 8. Januar 1198, seine Weihe am 22. Februar statt. 18  X 5. 1. 14 (3Comp. 5. 1. 1), Friedberg II 736. 19  Ebd.: Licet in beato Petro Apostolorum principe ligandi atque solvendi nobis a Domino sit attributa facultas, quam in subditos iuxta suorum exigentiam meritorum exercere libere debeamus: exemplo tamen illius, qui omnes salvat, et neminem vult perire, libentius ad solvendum intendimus quam ligandum, etsi nonnullae sint culpae, in quibus est culpa relaxare vindictam. Vgl. Gregorii I papae Registrum Epistolarum XIV 5, ed. Ludwig (Ludo) M. Hartmann (MGH EE 2, Berlin 1900) 423f., hier 423: Quia sunt culpae, in quibus culpa est relaxare vindictam, quaerenda semper est veritas, ut inquiri debeat, utrum accusatum noxa condemnet an a poena innocentia patefacta subducat. 20  Reg. Inn. Bd. I Nr. 277 S. 382 Anm. 2. Vgl. Decretum Gratiani D. 28 c. 10, Friedberg I 103.



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Unter diese Prämisse stellte Innocenz III. die Einstellung des Akkusationsverfahrens gegen den Erzbischof von Besançon, der von seinen Kanonikern des Meineids, der Simonie und des Inzests beschuldigt worden war. Bereits unter seinem Vorgänger Coelestin III. habe dies „unter Wahrung der gerichtlichen Strenge“, wie in der Dekretale betont wird, zur Vorladung des Erzbischofs geführt, der sich zu einem festgelegten Termin persönlich vor dem Papst (apostolico conspectui) rechtfertigen sollte21. Da die Gegenseite sich trotz einer entsprechenden Aufforderung des Papstes nicht durch eine schriftliche Anklageschrift binden wollte – offenbar weil sie nicht genügend Beweise vorlegen konnte und der Erfolg des Verfahrens deshalb unsicher war – und man behauptete, den Erzbischof lediglich als unverbesserlich beim Papst anzeigen zu wollen, hielt Innocenz III. es für richtig, wie er schreibt, den besagten Kanonikern von nun an Stillschweigen in Bezug auf die von ihnen erhobenen Vorwürfe aufzuerlegen (duximus imponendum). Sie sollten den Erzbischof fürderhin weder anklagen noch seinen Ruf schädigen (infamare) dürfen22. Innocenz III. begründet dies nicht mit den Regeln des traditionellen, aus dem römischen Recht übernommenen Akkusationsverfahrens, sondern er beruft sich in einer Passage, die erst im Liber Extra zu den partes decisae gehört, also dem Rotstift des Raymund von Penyafort zum Opfer fiel23, erneut darauf, dass er mit dieser Vorgehensweise dem Beispiel des Herrn folgen wolle, der zu der Frau gesagt hatte: „Hat dich niemand verurteilt, Frau?“ und jene sagte, „niemand Herr“. Und er sagte: „Auch ich verurteile dich nicht. Gehe hin und sündige fortan nicht mehr.“24 Mit diesem Bezug auf Johannes 8,11 bringt Innocenz III. zum Ausdruck, dass es den Vorgaben des Evangeliums entspricht, denjenigen nicht zu verurteilen, für dessen Vergehen es keinen Ankläger gibt: „Wo kein Kläger, dort kein Richter“. Zugleich betont der Papst in seinem Schreiben an den Erzbischof von Besançon jedoch auch, dass er seine Entscheidungen in diesem Fall strikt nach den Vorgaben des Rechts getroffen habe: Den Kanonikern, die „diesseits des vinculum inscriptionis von der Anklage ablassen wollten“, dürfe dies seiner Ansicht nach aufgrund der bestehenden Rechtslage (wörtlich: mit Erlaubnis des Rechts) nicht zugerechnet werden: de iuris per­ missione id non duximus imputandum25, d. h., solange die Kläger sich nicht durch eine schriftliche Anklage (inscriptio) binden wollten, die sie für den Fall des Scheiterns dieser Anklage mit der Talionsstrafe bedrohen würde, gibt es auch keine rechtliche Handhabe dafür, ein Zurücktreten von der Anklage zu bestrafen. Damit jedoch nicht der Eindruck entstehe, heißt es in der Dekretale, dass er bei ei21  X 5. 1. 14, Friedberg II 736: Sane, cum ex literis B. decani sancti Stephani, et T. I. et M. canonicorum ecclesiae Bisuntinae ad apostolicae sedis audientiam pervenisset, te varia crimina commisisse, ac ab eis fuisses per eas­ dem literas super periurio, crimine simoniae et incestus delatus: Clemens Papa praedecessor noster, servata iudiciaria gravitate, tibi certum terminum assignavit, quo responsurus obiectis apostolico te conspectui praesentares. Vgl. ebd. Anm. 8* mit den Varianten C. bzw. Coelestinus statt Clemens. In Reg. Inn. Bd. I Nr. 277 S. 382 ist der Name des Vorgängers mit der Initiale gekürzt. 22   X 5. 1. 14, Friedberg II 736: Ipsi autem, quod non proposito accusandi haec scripserant, responderunt; sed quia super quibusdam incorrigibilis videbaris, quaedem de te apostolicae sedi duxerant intimanda; … Nos igitur dictis canonicis super praedictis silentium duximus imponendum, ne te de cetero eis super his accusare liceat vel etiam infamare … . 23   In der Compilatio tertia ist die Passage noch vorhanden. Vgl. etwa Bamberg, Msc. Can. 19, fol. 204r–v. 24  X 5. 1. 14, Friedberg II 736: Illius sequentes exemplum, qui cum mulieri dixisset: „nemo te condemnavit, mulier?“ et illa: „nemo, Domine“, „nec ego,“ inquit, „te condemnabo; vade iam, amplius noli peccare.“ 25 Ebd.: Quia vero praedicti canonici citra vinculum inscriptionis desistere voluerunt, eis de iuris permissione id non duximus imputandum.

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ner Absolution des Erzbischofs „zu wenig kanonisch“ (minus canonice), d. h. zu wenig nach kirchenrechtlichen Maßstäben, vorgehe, und obwohl er sich eigentlich mehr am Wohlgeruch der Achtung (bonae opinionis) erfreue, die seinen Mitbischöfen entgegengebracht werde, als an ihrer Schande, habe er es für richtig gehalten, den Bischof von Chalon-sur-Saône und den Abt von La Ferté-sur-Grosne (Diöz. Chalon-sur-Saône) damit zu beauftragen, eine Untersuchung hinsichtlich des Rufs (Leumund) des Erzbischofs von Besançon durchzuführen: inquisitionem famae tuae duximus committendam26. Wie ein Vergleich mit der Registerfassung dieses Briefes zeigt, wurde die Formulierung leicht verändert – von nimis procedere zu minus canonice procedere  : In der Version des Briefes, die ins päpstliche Register aufgenommen wurde, betonte der Papst, dass er nicht den Eindruck erwecken wolle, dass er allzusehr auf eine Absolution des Erzbischofs hinarbeite27, im Liber Extra wurde daraus, dass er nicht den Eindruck erwecken wolle, sich nicht in ausreichendem Maße an die kirchenrechtlichen Vorgaben zu halten28. Der Papst hält es demnach trotz des Scheiterns der Anklage aus kirchenrechtlicher Sicht unbedingt für geboten, als Vorgesetzter den Gerüchten über den Erzbischof von Besançon im Rahmen einer inquisitio famae von offizieller Seite nachzugehen, denn, wie es am Anfang des Schreibens schon hieß: nonnullae sint culpae, in quibus est culpa relaxare vindictam. Innocenz III. teilte dem Erzbischof von Besançon mit, dass er den Fall keinesfalls ganz auf sich beruhen lasse, weil kein Ankläger zu einer schriftlichen Inskription bereit gewesen sei, wie man aufgrund der im Liber Extra später weggefallenen Bibelstelle zunächst vermuten könnte29. Vielmehr sollte mit dem Zitat aus dem Evangelium des Johannes darauf hingewiesen werden, dass diejenigen, die nicht bereit waren, offiziell Anklage zu erheben, in Zukunft Stillschweigen zu wahren hätten und sie den Erzbischof weder anklagen noch ihm übel nachreden dürften. In der Rubrik zu diesem Kapitel im Liber Extra wird die Aussage der Dekretale dementsprechend auf den Aspekt beschränkt, dass derjenige der bei einem Richter Anklage erhebt, vor der Inskription straflos von dieser Anklage zurücktreten kann. In diesem Fall wird ihm jedoch für immer Stillschweigen auferlegt30.

Innocenz III. und die Irregularität bei Schuldlosigkeit Von den zahlreichen Schreiben unter dem Namen Innocenz’ III., die noch zu seinen Lebzeiten in Dekretalensammlungen aufgenommen wurden, sind natürlich nicht alle in den knapp zwanzig Jahre nach seinem Tod veröffentlichten Liber Extra und damit, approbiert von seinem zweiten Nachfolger Gregor IX. und akzeptiert von den Juristen, in 26  Ebd.: Ne autem in absolutione tua minus canonice procedere videamur, quamvis potius in odore bonae opinionis coepiscoporum nostrorum, quam eorum infamia delectemur: Cabilonensi episcopo et abbati de Firmitate inquisitionem famae tuae duximus committendam. Zur Identifizierung der genannten Kleriker vgl. Reg. Inn. Bd. I 382f. Nr. 277. 27  Ebd. 382: Ne autem in absolutione tua nimis procedere videamur, quamvis potius in odore bone opinionis coepiscoporum nostrorum quam eorum infamia delectemur, venerabili fratri nostro .. Cabilonensi episcopo et dilecto filio .. abbati de Firmitate inquisitionem fame tue duximus committendam. 28  Vgl. das Zitat in Anm. 26. 29  In der Fassung der Compilatio tertia ist die Bibelstelle noch vorhanden. Vgl. etwa Bamberg Msc. Can. 19, fol. 204v. 30   X 5. 1. 14, Friedberg II 736 (Rubrik): ‚Dicens, se aliquem accusaturum coram iudice, ante inscriptionem potest sine poena desistere, et non accusare; sed ei desistenti silentium imponitur in perpetuum. Et secundum hoc summarium iste textus est notabilis. Abbas‘.



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das Corpus iuris canonici aufgenommen worden31. Jedoch machen, wie Werner Maleczek in seinem Artikel in der Enciclopedia dei papi vorrechnet, die Dekretalen dieses Papstes zusammen mit den Konstitutionen des IV. Lateranum etwas mehr als ein Drittel aller Kapitel des Liber Extra aus. Bei einer rein quantitativen Betrachtung des fünften Buches und damit des strafrechtlichen Teils des Liber Extra sind deutliche inhaltliche Schwerpunkte erkennbar. Von den 41 Titeln des fünften Buches enthalten sechzehn keine einzige Dekretale Innocenz’ III., während in neun Titeln jeweils mindestens ein Drittel, in einigen Fällen sogar die Hälfte der Kapitel auf ein Schreiben Innocenz’ III. bzw. eine Konstitution des Vierten Laterankonzils (1215) zurückgeht32. Dazu gehört auch der Titel De homicidio voluntario vel casu­ ali, der von den Kanonisten in besonderer Weise zum Anlass genommen wurde, schuldund strafrechtliche Fragen zu diskutieren33. Hier gehen zehn der 25 Kapitel auf Schreiben Innocenz’ III. zurück34. Aber auch unter diesen zehn Dekretalen zeigt sich ein inhaltlicher Schwerpunkt, der hier zum Anlass genommen werden soll, diese ersten vier Dekretalen Innocenz’ III. zum Thema homicidium, die alle das gleiche Rechtsproblem behandeln, genauer zu betrachten. Wie aus ihrer gleichlautenden Rubrik im Liber Extra hervorgeht35, sollen sie darlegen, dass die Tötung eines Menschen, die durch einen Zufall oder Unfall verursacht wurde, dem Urheber dieser Tat nicht zugerechnet wird, wenn sie als Folge einer erlaubten Handlung geschah und deshalb keine Schuld begründet: Homicidium casuale non imputatur ei, qui dedit operam rei licitae, nec fuit in culpa36. In den verschiedenen Fällen, die in diesen vier Dekretalen detailliert geschildert werden, geht es jedoch jenseits einer strafrechtlichen Zurechnung jeweils um die Frage, ob ein geweihter Kleriker, der ohne eigenes Verschulden in irgendeiner Weise, etwa durch einen Unfall, am Tod eines Menschen beteiligt war, deswegen als irregulär zu gelten hat und somit nicht nur auf die Ausübung seines durch Weihe erlangten Amtes verzichten muss, sondern auch von der Beförderung in einen höheren Weihegrad auszuschließen ist: Sollen geweihte Kleriker auch jenseits einer strafrechtlichen Zurechnung und ohne individuelle Schuld Nachteile in Bezug auf ihr Amt und ihre Würde erleiden, wenn sie zufällig in die Tötung eines Menschen verwickelt wurden? Die irregularitas ex delicto stellt wohlgemerkt keine Strafe dar, sondern diente, wie Stephan Kuttner es formuliert hat, „der Wahrung der Würde der Kirche, der Auslese eines 31 Vgl. Maleczek, Art. Innocenzo III (wie Anm. 4): „Nei millenovecentosettantuno capitoli del Liber Extra del 1234, le decretali di I[nnocenzo III], con cinquecentonovantasei numeri, a cui se ne aggiungono altre settanta del IV concilio Lateranense, rappresentano la parte più consistente.“ 32  Dagegen stammt in einer ganzen Reihe von Titeln jeweils mehr als ein Drittel aller Kapitel allein von Innocenz III. Im Titel 12 De homicidio sind es 10 von 25, im Titel 19 De usuris 8 von 19, im Titel 20 De crimine falsi sogar 6 von 9, im Titel 33 De privilegiis et excessibus privilegiatorum 15 Kapitel von 34. Im Titel 37 De poenis geht mit 8 von 13 Kapiteln sogar mehr als die Hälfte der Kapitel auf Innocenz III. zurück und im folgenden Titel 38 De poenitentiis knapp die Hälfte – 7 von 16. Der mit 60 Kapiteln besonders umfangreiche Titel 39 De sententia excommunicationis weist immerhin 22 Kapitel auf, und damit wieder mehr als ein Drittel, die ihren Ursprung in Schreiben auf den Namen Innocenz’ III. haben. Selbst im Titel 40 De verborum significatione stammen 12 Kapitel von 32 von Innocenz III. 33   Vgl. dazu etwa Lotte Kéry, Gottesfurcht und irdische Strafe (Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Symposien und Synthesen 10, Köln–Weimar–Wien 2006) 386–447. 34   X 5. 12. 13–21, Friedberg II 798–802. 35  X 5. 12. 14 (Ex literis tuae): Summatur ut supr. cap. prox.; X 5. 12. 15 (Ex literis tuae): Summatur etiam, ut supr. eod. cap. Dilectus; X 5. 12. 16 (Significasti nobis): Summatur, ut supr. eod. cap. Dilectus, Friedberg II 798f. 36   X 5. 12. 13 (Dilectus), Friedberg II 798.

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Klerikerstandes von untadeligem Ruf. Um keinen Anstoss bei den Gläubigen zu erregen, nicht um einen Schuldigen zu bestrafen, verhindert die Kirche die Ordination und Promotion, wenn der Ordinand nicht die hinreichende äußere Dignität besitzt“37. Dies bedeute „keinen Bruch mit dem Prinzip der Schuldhaftung, sondern nur eine Trennung von Strafrecht und Ordinationsrecht“, da auch ein unschuldiger Kleriker „zeitweilig von der Ausübung seines Amtes (ohne es zu verlieren) suspendiert werden“ konnte38. Innocenz III. vertritt nun in seinen Dekretalen den Standpunkt, dass die Irregularität ex delicto nicht in jedem Fall und bei jeder Beteiligung eines Klerikers an einem Todesfall gleichsam automatisch eintreten soll, sondern die Umstände sowie eine mögliche schuldhafte Beteiligung des Klerikers an der Tat genau zu prüfen sind. Mit der massiven Wucht von fünf Dekretalen in der Compilatio tertia39, von denen vier als Block unter dem Titel De homicidio in das fünfte Buch des Liber Extra übernommen wurden40, wandte er sich gegen die von zahlreichen Kanonisten vertretene Ansicht, dass ein Kleriker in solchen Fällen, auch wenn er völlig schuldlos war, zwar nicht mit Absetzung bestraft werden sollte, aber auch nicht zu den höheren Weihen zugelassen werden dürfe41. Innocenz III. schloss sich damit der Gegenposition an, die vor allem von Huguccio und Damasus vertreten wurde, die sich an zahlreichen Stellen – zum Teil sogar polemisch – gegen die Irregularität aussprachen42. Ob er dies jedoch als „größter Schüler Huguccios“ tat, wie Kuttner suggerierte43, dürfte nach heutiger Kenntnis wohl eher anzuzweifeln sein. Seine Position fand sich jedoch auch schon in einer Dekretale Alexanders III., der eine kasuelle Tötung beim Spiel nicht als Promotionshindernis betrachtete44. Von den Päpsten hatte sich vor allem Clemens III. auch bei Schuldlosigkeit ausdrücklich für die Irregularität ausgesprochen: Um einen öffentlichen Skandal zu vermeiden, sollte jemand, der in einen Todesfall verwickelt ist, nicht zu den höheren Weihen zugelassen werden, selbst wenn er nicht schuldig zu sein „schien“ – quod ad hoc in culpa non uideatur fuisse 45. Diese Dekretale Clemens’ III. wurde jedoch im Unterschied zu den vier Dekretalen Innocenz’ III. nicht (aus der Compilatio secunda) in den Liber Extra übernommen. Aber auch hier zeigt sich, dass man die „Ungerechtigkeit“ einer solchen Maßnahme nicht ganz übersehen konnte und diese abzumildern suchte, indem man für den betroffenen Subdiakon die Möglichkeit einer Dispens im Hinblick auf den Empfang höherer 37  Stephan Kuttner, Kanonistische Schuldlehre von Gratian bis auf die Dekretalen Gregors IX. Systematisch auf Grund der handschriftlichen Quellen dargestellt (StT 64, Città del Vaticano 1935) 232. 38   Ebd. Vgl. dazu auch Kéry, Gottesfurcht (wie Anm. 33) 424–443, bes. 426. 39   3Comp. 5. 7 (De homicidio) c. 1–5, Friedberg, Compilationes antiquae (wie Anm. 3) 131. 40   X 5. 12. 13–16 (3Comp. 5. 7. 1–4), Friedberg II 798f. 41  Kuttner, Schuldlehre (wie Anm. 37) 233 mit den Nachweisen in Anm. 1. 42   Ebd. mit den entsprechenden Belegen in Anm. 2. Vgl. Kéry, Gottesfurcht (wie Anm. 33) 428. 43   Kuttner, Schuldlehre (wie Anm. 37) 234: „Offenbar fühlten beide Lager sich veranlasst, die ihrer Auffassung entgegenstehenden Dekretalen entsprechend umzudeuten: Die Anhänger der Irregularität erklärten, in den Dekretalen, welche die Promotion zuliessen, handle es sich um Dispensationsfälle; die Gegner der Irregularität behaupteten, in den Dekretalen, die die Promotion verböten, liege im Tatbestand keine völlige Schuldlosigkeit vor.“ 44  X 5. 12. 9 (1Comp. 5. 10. 9, Lator praesentium). Vgl. auch Collectio Lipsiensis XI, 12, Friedberg, Compilationes antiquae (wie Anm. 3) 192. 45  Clemens III., Suggestum est auribus, JL 16575 (1187–1191), 2Comp. 5. 6. 4, Friedberg, Compilationes antiquae (wie Anm. 3) 99f.: Ad maiores autem ordines, ne scandalum in populum Dei generetur, licet quod ad hoc in culpa non uideatur fuisse, nequaquam ascendet, nisi forte transierit ad monasterium seu ad canonicam regularem, ut circa ipsum de suscipiendis ordinibus fiat dispensatio, si id maiori suo uisum fuerit faciendum. Dazu ausführlicher Kéry, Gottesfurcht (wie Anm. 33) 427.



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Weihen vorsah, falls er in eine religiöse Gemeinschaft eintrete, und die Entscheidung darüber seinem Oberen überließ: si id maiori suo uisum fuerit faciendum46. Auch die Dekretale Clemens’ III., die im Liber Extra den hier besprochenen Dekretalen Innocenz’ III. unmittelbar vorausgeht, zeigt die ganze Unsicherheit, die solchen Fällen anhaftete. Wie vor ihm auch schon Alexander III. hatte Clemens III. sich anhand eines konkreten Falles zu der Problematik geäußert, ob eine fahrlässige Tötung dem zugerechnet werden müsse, der zwar eine erlaubte Handlung ausführte, dabei aber nicht die notwendige Sorgfalt walten ließ47: Als ein Priester ein Mitglied seiner familia mit dem Gürtel züchtigen wollte, fiel ein Messer, das an diesem Gürtel befestigt war, aus der Scheide und verletzte den Gezüchtigten am Rücken. Nachdem der Verletzte sich wieder erholt hatte, wurde er von einer schweren Krankheit getroffen, an der er dann verstarb. Da Zweifel bestanden, ob er nicht doch an der Wunde, die ihm der Priester bei der Züchtigung zufällig beigebracht hatte, verstorben war, hatte man den Priester von Amt und Benefizium suspendiert und den apostolischen Stuhl um Rat gefragt. Clemens III. betont in seiner Antwort zunächst, dass man im Zweifelsfall den sichereren Weg wählen müsse. Deshalb solle der betreffende Priester in den höheren Weihegraden keinen Dienst mehr verrichten (ut de cetero in sacris ordinibus non ministret). Nach der Auferlegung einer Buße könne man ihm jedoch die Ausübung seines Amtes in den niederen Weihegraden erlauben. Falls sich aber doch noch gerichtsfest (legitime constiterit) herausstellen sollte, dass der Tod des vom Priester Verletzten nicht auf dessen Hiebe, sondern auf eine andere Krankheit zurückzuführen sei (ex alia infirmitate obierit), könne sein Vorgesetzter ihm die Erlaubnis erteilen, wie gewohnt Gottesdienste zu feiern48. Innocenz III. behandelt nun aus der umgekehrten Perspektive die Frage, unter welchen Bedingungen ein Kleriker, der in einen Todesfall verwickelt war, der Irregularität entgehen kann, und rückt durch die starke Betonung der individuellen Schuld, von der im Einzelfall freigesprochen werden muss, die Irregularität in die Nähe einer Strafe. Durch die eher ungewöhnliche Aneinanderreihung von vier Dekretalen unter derselben Rubrik wird diese Position noch einmal besonders unterstrichen: Die detaillierte Schilderung von vier verschiedenen Fällen führt vor, was in so schwierigen Grenzfällen zwischen Schuld und Schuldlosigkeit beachtet werden muss, wie entschieden werden muss, um einen Untergebenen nicht unnötig aus dem Amt zu entfernen oder ihm die Beförderung zu verweigern, aber auch als Vorgesetzter nicht selbst durch das Nichtahnden eines schweren Vergehens, in diesen Fällen eines eventuellen Tötungsdelikts, Schuld auf sich zu laden49, wie Innocenz III. es in der oben schon besprochenen Dekretale Licet in beato Petro aus dem Jahr 1198 zur Richtschnur erklärt hatte. Der genaue Hergang der Unfälle wird jeweils einer eingehenden Prüfung unterworfen, um auszuschließen, dass der betreffende Kleriker sich doch in irgendeiner Weise schuldig gemacht hatte. Nur in diesem Fall kann die Tat ein scandalum hervorrufen und die Würde des Klerikers als Vertreter seines Standes beeinträchtigen. Damit folgt man hier 46  2Comp. 5. 6. 4, Friedberg, ebd. 99f.: Ad maiores autem ordines, ne scandalum in populum Dei generetur, licet quod ad hoc in culpa non uideatur fuisse, nequaquam ascendet, nisi forte transierit ad monasterium seu ad ca­ nonicam regularem, ut circa ipsum de suscipiendis ordinibus fiat dispensatio, si id maiori suo uisum fuerit faciendum. 47   Clemens III., Ad audientiam apostolatus, JL 16546, 2Comp. 5. 6. 1, Friedberg, ebd. 99; X 5. 12. 12, Friedberg II 797f. 48  X 5. 12. 12, Friedberg II 798: Si vero vobis legitime constiterit, quod ille ex alia infirmitate obierit, poterit, sicut erat solitus, divina officia ministrare. 49  Vgl. dazu oben zu X 5. 1. 14 (Potthast 1167), Friedberg II 736.

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nicht mehr ordinationsrechtlichen, sondern strafrechtlichen Kriterien, nach denen die Schuldlosigkeit im Einzelfall möglichst wahrheitsgemäß festgestellt werden soll. In zwei Fällen handelt es sich um Reitunfälle, die dadurch verursacht wurden, dass das Pferd dem Willen des Reiters nicht folgte50, und in den anderen beiden Fällen um Arbeitsunfälle, bei denen trotz aller Sorgfalt und Vorsicht ein Unbeteiligter, der zufällig in die nicht einsehbare Gefahrenzone geriet, verletzt oder sogar getötet wurde51. Bei der Bewertung des Falles wollte man sich jedoch offenkundig nicht allein auf die Angaben des Unfallverursachers verlassen: Während Alexander III. in der Dekretale Lator praesentium (X 5. 12. 9) mit der Einschränkung rei veritate comperta, si ita res se habuit et alia iusta causa non impedit die wahrheitsgemäße Schilderung des Falles einfach nur als Bedingung voraussetzt52, fordert Innocenz III. eine sorgfältige Untersuchung, um die Wahrheit festzustellen – quatenus super his inquires diligentius veritatem –, wie es sowohl in dem ­Schreiben an den Bischof von Langres53 mit den Anfangsworten Dilectus filius A. capellanus (X 5. 12. 13)54 als auch in dem Brief an den Bischof von Padua mit den Anfangsworten Significasti nobis (X 5. 12. 16) verlangt wird55. In beiden Fällen wurde diese Textpassage jedoch – ebenso wie die entsprechende Formulierung rei veritate comperta in der Dekretale Alexanders III. – in der Version des Liber Extra gestrichen. In der Com­ pilatio tertia, hier überprüft an Ms. Bamberg Msc. Can. 19, sind diese Formulierungen hingegen noch vorhanden56. Wie auch schon bei Friedberg verzeichnet, wurde erst in der Fassung des Liber Extra die Formulierung si ita est (X 5. 12. 16) oder si ita res se habuit (X 5. 12. 9) eingeführt, in der Version der Compilatio tertia hieß es in beiden Fällen noch si rem inveneris taliter processisse57. Man kann also vermuten, dass bei der Redaktion des Liber Extra auf die mittlerweile in Urkunden übliche (verkürzende) Formel zurückgegriffen wurde, die, wie Othmar Hageneder gezeigt hat, eine sorgfältige Untersuchung des Tatbestands voraussetzte58.   X 5. 12. 13 (3Comp. 5. 7. 1) und X 5. 12. 16 (3Comp. 5. 7. 4), Friedberg II 798 und 799.   X 5. 12. 14 (3Comp. 5. 7. 2) und X 5. 12. 15 (3Comp. 5. 7. 3), Friedberg II 798 und 799. 52   Alexander III., Lator praesentium nobis (JL 14215, 1161–1181), 1Comp. 5. 10. 10, X 5. 12. 9, Friedberg II 797: Ideoque mandamus, quatenus, rei veritate comperta, si ita res se habuit, et alia iusta causa non impedit, praedictum P. libere permittas ad sacros ordines promoveri. 53   Bzw. an den Bischof von Lincoln laut Registerfassung, vgl. Innocentii III Regestorum Lib. III 19 („Dat. Lat. VI. Id. Nov. 1200“). Vgl. PL 214 898, wo in Anm. 64 die Adresse im Liber Extra als „manifester Irrtum“ bezeichnet wird. Künftig: Reg. Inn. Bd. III 188 (19). 54   X 5. 12. 13 (1Comp. 5. 7. 1), Potthast 1158 (1200 Nov. 8), Friedberg II 798: … fraternitati tuae per apostolica scripta mandamus, quatenus super his inquiras diligentius veritatem, et si est ita, cum idem capellanus nec voluntate nec actu homicidium perpetravit, nec dedit operam illicitae rei, non impedias, quo minus divina possit officia celebrare. 55   X 5. 12. 16 (3Comp. 5. 7. 4), Innocenz III. an den Bischof von Padua, Potthast 1328 (1201), Friedberg II 799: Cumque nos ab eodem clerico fecissemus inquiri, utrum equi vitium prius scivisset: illud asseruit se ignorasse. Ideoque fraternitati tuae per apostolica scripta mandamus, quatenus inquires super his diligentius veritatem, et, si ita est, ad maiorem cautelam iniungas eidem clerico poenitentiam competentem, qua peracta non impedias, quo minus et in susceptis ministret ordinibus, et ad maiores valeat promoveri. 56   Vgl. Ms. Bamberg, Msc. Can. 19, fol. 210ra (3Comp. 5. 7. 1 – Dilectus filius A.) und ebd. fol. 210rb (3Comp. 5. 7. 4 – Significasti nobis). Vgl. dazu auch für X 5. 12. 13 die Registerfassung III 19 (1200 Nov. 8, Potthast 1158), PL 214 898B: et si rem inveneris taliter processisse. Vgl. oben Anm. 53. 57   Ms. Bamberg, Msc. Can. 19, fol. 210ra–rb (Dilectus filius A. und Significasti nobis), vgl. Friedberg II 798, zu Cap. XIII Anm. 12 und 700 zu Cap. XVI Anm. 9. 58 Vgl. dazu auch Othmar Hageneder, Die Rechtskraft spätmittelalterlicher Papst- und Herrscherurkunden „ex certa scientia“, „non obstantibus“ und „propter importunitatem petentium“, in: Papsturkunde und europäisches Urkundenwesen. Studien zu ihrer formalen und rechtlichen Kohärenz vom 11. bis zum 15. 50 51



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In dem einen Fall fordert Innocenz III. eine solche Untersuchung, weil er die Schilderung des Kapellans in dessen Geständnis nicht ganz nachvollziehen kann – quia nobis non constitit de praemissis. Sollte es sich jedoch so verhalten, wie der Kapellan A. es geschildert hat, und er weder durch den Willen noch durch die Tat einen Menschen getötet (nec voluntate nec actu homicidium perpetravit) und er auch sonst keine unerlaubte Handlung vollzogen hat (nec dedit operam illicitae rei)59, darf der Bischof ihn nicht daran hindern, Gottesdienste abzuhalten60. Dem betroffenen Kleriker kann sogar vorsichtshalber eine Buße auferlegt werden, um ihn vor der Irregularität zu bewahren, wenn die Wahrheit nicht mit letzter Sicherheit herauszufinden ist, weil man bei der Untersuchung des Falles allein auf die Beteuerungen des unfallverursachenden Priesters angewiesen ist, der den Fehler des Pferdes nicht gekannt haben will, wie es in der Dekretale Significasti nobis (X 5. 12. 16) heißt: Nach Ableistung dieser Kautelarbuße darf er dann nicht mehr davon abgehalten werden, seinen Dienst in den bisher empfangenen Weihegraden zu verrichten, und er kann sogar zu höheren Weihegraden promoviert werden61. In beiden Fällen wird deutlich, dass Innocenz III. das Eintreten der Irregularität möglichst vermeiden will. Neben der notwendigen Feststellung der Schuldlosigkeit, die ja nicht immer mit letzter Sicherheit zu klären ist und mit der Formulierung si ita est, si est ita oder si res ita se habet als gegeben vorausgesetzt wird, oder auch, wie es in der ursprünglichen Fassung hieß, si rem inveneris taliter processisse, was noch deutlicher darauf verweist, dass in solchen Fällen eine genaue Untersuchung vorzunehmen ist, muss nach Aussage Innocenz’ III. jedoch zusätzlich auch die Wirkung der Tat in der Öffentlichkeit berücksichtigt werden. Jedoch nicht so, wie Clemens III. es erklärt hatte, dass durch das Eintreten der Irregularität verhindert werden sollte, dass ein scandalum in populum dei entstehe, wenn ein Kleriker, der an einem Todesfall beteiligt war, zu den höheren Weihen befördert werde: Ad maiores autem ordines, ne scandalum in populum Dei generetur, licet quod ad hoc in culpa non uideatur fuisse, nequaquam ascendet  62. Vielmehr weist Innocenz III. darauf hin, dass der Verdacht gegen einen Kleriker, der sich in der Öffentlichkeit verbreitet hat, dazu führen müsse, dass er sein Amt als geweihter Priester solange nicht weiter ausübt, bis er sich einer purgatio canonica unterzogen hat, um seine Unschuld zu beweisen: So betont er etwa in seinem Brief an den Bischof von Metz, dass der Unfallverursacher nur dann weiterhin sein Priesteramt frei ausüben dürfe, wenn kein schweres scandalum gegen ihn entstanden sei und keine so große Infamie gegen ihn wirke, dass er sich mangels eines Anklägers einer purgatio canonica unterziehen müsse63. Jahrhundert, hg. von Peter Herde–Hermann Jakobs (AfD Beih. 7, Köln 1999) 401–429, hier 404: „Deshalb galt etwa der Grundsatz, daß ein Exekutionsmandat mit der inkludierten Bedingungsformel si res ita se habet nur nach Feststellung des Wahrheitsgehalts der ihm zugrunde liegenden Supplik ausgeführt werden sollte.“ 59  Vgl. dazu Kuttner, Schuldlehre (wie Anm. 37) 186f.; Kéry, Gottesfurcht (wie Anm. 33) 436–438. 60  X 5. 12. 13 (Dilectus filius A. capellanus), Potthast 1158 (1200), Friedberg II 798. Vgl. das Zitat hier in Anm. 54. 61  X 5. 12. 16 (3Comp. 5. 7. 4), Innocenz III. an den Bischof von Padua, Potthast 1328 (1201), Friedberg II 799. Vgl. dazu auch das Zitat hier in Anm. 55. 62  Clemens III., JL 16575 (1187–1191), Suggestum est auribus, 2Comp. 5. 6. 4, Friedberg, Compilationes antiquae (wie Anm. 3) 99. 63  Innocenz III. an den Bischof von Metz, Ex literis, Potthast 1167 (1200 Nov. 24), X 5. 12. 14 (3Comp. 5. 7. 2), Friedberg II 798f.: Mandamus, quatenus, si res ita se habet, nisi contra eundem presbyterum grave scan­ dalum sit extortum, vel tanta laboret infamia, quod deficiente accusatore oporteat eidem canonicam purgationem indici, ipsum libere permittas exsequi officium sacerdotis. Vgl. Innocentii III Regestorum Lib. III 34, PL 214 916,

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Die Irregularität wird hier also nur so lange nicht ausgeschlossen, wie in der Öffentlichkeit noch der Verdacht besteht, dass der Kleriker sich doch schuldig gemacht hat. Diesen Verdacht kann er jedoch ausräumen, indem er sich der purgatio canonica unterzieht und damit auch der Irregularität entgeht. Bernhard von Parma weist zwar in der Glossa ordina­ ria darauf hin, dass hier eine Unterscheidung zu treffen sei zwischen Infamie und scanda­ lum, da ein grave scandalum schwerer wiege (plus importat) als eine Infamie, die durch eine purgatio aufgehoben werden könne, was für ein grave scandalum, wie in der vorliegenden Dekretale, nicht vorgesehen sei64. Er kann jedoch als Gegenargument ein Beispiel dafür anführen, dass auch im Fall eines scandalum eine purgatio verlangt werden kann, und verweist dafür auf eine Dekretale Innocenz’ III., in der es heißt, dass Klerikern auch beim Fehlen eines Anklägers die purgatio canonica aufzuerlegen sei, wenn der Verdacht, dass sie Unzucht begehen, sich zu einem Skandal in populo ausgeweitet habe65. Bernhard beschließt seinen Kommentar mit der Bemerkung, dass dies kein Gegenargument sei, da die purgatio in beiden Fällen angesagt werden könne, sowohl bei einem scandalum als auch bei einer Infamie, und löst damit den Widerspruch auf 66. Wie aus der Registerfassung einer weiteren Dekretale Innocenz’ III. mit den Anfangsworten Ex literis hervorgeht (X 5. 12. 15), wurde auch die Bitte um eine Dispens in einem solchen Fall an den Papst herangetragen67, eine Passage, die jedoch in der Version des Liber Extra fehlt68: Innocenz III. erklärte dem Bischof jedenfalls, dass eine solche Dispens nicht notwendig sei, wenn der betreffende Mönch tatsächlich schuldlos sei, weil er bei seinen Arbeiten am Glockenturm alle notwendigen Vorkehrungen getroffen hat und nicht damit rechnen konnte, dass ein Passant von einem herabfallenden Holz getötet wurde. Vielmehr sei eine Promotion zu höheren Weihen unter dieser Voraussetzung durchaus möglich, und zwar erst recht in der eingeschränkten Öffentlichkeit eines Klosters: satis poterit, praesertim in monasterio, ad altiores ordines promoveri 69. Ganz offenkundig zieht Innocenz III. jedoch die genaue Klärung der Schuld einer eventuellen Dispens vor, wie Clemens III. sie noch für den Fall des Eintretens in ein Kloster und mit Zustimmung des Vorgesetzten für möglich erklärt hatte: nisi forte transierit ad monasterium seu ad ca­ nonicam regularem, ut circa ipsum de suscipiendis ordinibus fiat dispensatio, si id maiori suo uisum fuerit faciendum70. künftig: Reg. Inn. Bd. III 205 (35). Der Adressat ist Bischof Bertrannus (Bertram) von Metz (1180–1212). 64   Bernardus Parmensis, Glossa ordinaria ad X 5. 12. 14, in: Decretales Gregorii Noni Pont. Max. cum glossis ordinariis, Argumentis, Casibus litteralibus, et Adnotationibus tam veterum quam recentium Iurisconsultorum illustratae (Venetiis 1572) 1001, s. v. ‚Vel tanta‘: Et ita aliud est infamia, quam scandalum, et plus importat graue scandalum, quam infamia: quia infamia tollitur per purgationem. ut hic, sed ubi graue scandalum est: non indicitur purgatio: ut hic patet. Argum. contra supra de cohab. cleri. et muli. tua. [X 3. 2. 8] ubi propter scandalum, indicitur purgatio. non est contra: quia purgatio ad utrunque refertur. Bernardus. 65   X 3. 2. 8 (3Comp. 3. 1. 1), Potthast 698, Friedberg II 456. 66  Vgl. dazu das Zitat in Anm. 64. 67  Potthast 2737; Reg. Inn. Bd. IX 78f. Nr. 42 (1206 April 5): Unde a nobis humiliter postulabas, quid tibi esset super hoc faciendum, petens, ut cum ipso misericorditer dispensetur. 68  X 5. 12. 15, Friedberg II 799; in 3Comp. 5. 7. 3 adressiert an den Bischof von Halberstadt laut Friedberg, Compilationes antiquae (wie Anm. 3) 131; in Ms. Bamberg Msc. Can. 19, fol. 210ra: „Idem“. Vgl. auch Friedberg II 799 Anm. 2 (zu Cap. XV): inscr[iptio] deest GC. In der Registerfassung ist das Schreiben an den Bischof von Halberstadt, im Liber Extra an den Erzbischof von Besançon adressiert. 69  X 5. 12. 15, Friedberg II 799: Si monachus ipse rem necessariam agebat et utilem, et in loco, per quem aliquem transire non crederet, vel ibidem exsistere, vel etiam illuc de consuetudine venire, quando lignum movisse dignoscitur, satis poterit, praesertim in monasterio, ad altiores ordines promoveri. 70  Clemens III., 2Comp. 5. 6. 4, Friedberg, Compilationes antiquae (wie Anm. 3) 99f.



Irregularität und Strafe bei Innocenz III.

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Innocenz III. gibt hier deutlich zu erkennen, dass die vor allem auf die Bewahrung der Würde des Klerikerstandes und seiner geweihten Vertreter abzielende irregularitas ex delicto eine umfassendere Bedeutung als eine Bestrafung hat und vor allem als Maßnahme zur Entfernung verdächtiger Amtsträger aus dem kirchlichen Dienst und damit zur Wahrung der Würde des Klerikerstandes in der Öffentlichkeit dienen kann, wenn oder solange sich die Schuldfrage bei einem schweren Vergehen, wie der Tötung eines Menschen, nicht eindeutig klären lässt. Trotzdem legt er mit seinen vier Dekretalen, die alle in derselben Reihenfolge, wenn auch zum Teil weiter gekürzt, aus der Compilatio tertia in den Li­ ber Extra übernommen wurden, ein massives Fundament dafür, dass die Irregularität als Rechtsfolge eng mit der Schuldhaftigkeit einer Tat verbunden und so im Laufe der Zeit von den Kanonisten zunehmend als Strafe verstanden wurde. So sprach etwa Innocenz IV. in seinem Apparatus decretalium von der poena promotionis71 und Hostiensis erläutert in seiner Summa Aurea die verschiedenen Formen der Irregularität infolge der Tötung eines Menschen unter der Rubrik Qua pena feriatur  72. Bernhard von Parma hatte in der Glossa ordinaria zu X 5. 12. 14 (Ex litteris) sogar darauf hingewiesen, dass allein das scandalum, das durch die Tat ausgelöst wird, die Irregularität eines Menschen bewirke, oder anders ausgedrückt, werde ein Unschuldiger wegen des scandalum „bestraft“73. Möglicherweise deutet sich hier auch die Erkenntnis an, dass es für die Außenwirkung und die Wahrung der klerikalen Würde nicht reicht, einen verdächtigen oder beschuldigten Kleriker ohne Verfahren von seinen Ämtern zu entbinden und von der Promotion auszuschließen. Sollte er sich jedoch in einem ordentlichen Verfahren als schuldlos erweisen, ist für die Öffentlichkeit auch nicht mehr ohne Weiteres nachvollziehbar, warum er sein Amt nicht weiter ausüben soll. Möglicherweise sah Innocenz III. in der von ihm vorgegebenen Verfahrensweise eher die Möglichkeit, beim Klerus die Spreu vom Weizen zu trennen, eine Einstellung, die sich auch als Hauptmotiv für die Entwicklung der neuen Verfahrensarten zeigt74. Auch hier zeigt sich meines Erachtens wieder, dass eine Auswertung der päpstlichen Schreiben, wie sie im Register überliefert sind, über die für juristische Zwecke verkürzte 71  Innocentii quarti Apparatus in V Libros Decretalium (Frankfurt 1570, unveränd. Nachdr. Frankfurt/ Main 1968), ad X 5. 12. 18 (= Innocenz III. – Significasti, 4Comp. 5. 6. 2, Potthast 3757), s. v. ‚Si certa‘: Ean­ dem diffinitionem ponit lex ff. ad leg. Aquil. Item mela. § sed si plures [D. 9. 2. 11. 2]. in hoc autem diuersitas est, quia si unus percussit, et sit incertum, an ex illius vulnere sit mortuus. Alius autem post examinauit, primus tantum de vulnerato tenetur, et secundus de occiso. ff. ad l. Aquil. Item mela § Celsus [D. 9. 2. 11. 3]. et l. huic scripture [D. 9. 2. 15] § 1, secundum canones autem uterque tenetur, quo ad poenam promotionis. Vgl. dazu Kéry, Gottesfurcht (wie Anm. 33) 506f. mit Anm. 655. Vgl. ebd. 428f. mit Anm. 309. 72  Kéry, Gottesfurcht (wie Anm. 33) 429 mit Anm. 310. Vgl. Henrici de Segusio Cardinalis Hostiensis Summa Aurea (Venetiis 1574, Nachdr. Torino 1963), V. De homicidio, 1560–1567, Nr. 4–6. 73  Bernardus Parmensis, Glossa ordinaria ad X 5. 12. 14 (wie Anm. 64), s. v. ‚scandalum‘: Not. ergo quod solum scandalum reddit hominem irregularem, siue punitur innocens propter scandalum. supra de cleri. aegro. tua [X 3. 6. 4] et supra de praeben. cum teneamur [X 3. 5. 6]. Im ersten Fall geht es um einen leprakranken Priester oder Bischof (sacerdos), der wegen des scandalum und des Abscheus, den er beim Volk errege, von der Ausübung des Amtes entfernt werden soll, wobei auch betont wird, dass er aufgrund eines göttlichen Urteils von dieser Krankheit getroffen wurde (divino iudicio leprae morbo repercussus). Im zweiten hier angeführten Text (X 3. 5. 6) wird festgestellt, dass jemand trotz päpstlicher Anweisung nicht in ein beneficium eingewiesen werden soll, wenn dies nicht ohne scandalum geschehen könne. Vgl. dazu jedoch auch die folgende Glosse ‚Vel tanta‘ (hier zitiert in Anm. 64), die nach Auskunft des Glossators das Gegenteil behaupten und diesen Widerspruch auflösen soll: Gloss. sequ. signat contrarium, et soluit. Dort heißt es, dass die purgatio auch bei einem schweren scandalum die Irregularität abwenden könne. 74  Vgl. dazu Kéry, Inquisitio (wie Anm. 11).

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Version des Liber Extra hinaus wichtige Hinweise für die Einstellung des Papstes zu bestimmten Rechtsfragen liefern kann und damit an Erkenntnismöglichkeiten über die zugespitzte Regel, wie sie in der Rubrik formuliert wird, deutlich hinausgeht. Als ein Paradebeispiel für diese Vorgehensweise, die hier nur an einem winzigen Details nachvollzogen werden konnte, sei nur daran erinnert, wie meisterhaft Othmar Hageneder für Erkenntnisse zur Erklärung von Dekretalen Innocenz’ III. etwa die Registerversion der berühmten Dekretale Vergentis in senium zur Erklärung der Häretikergesetzgebung Innocenz’ III. mit herangezogen hat75.

75 Othmar Hageneder, Studien zur Dekretale „Vergentis“ (X V, 7, 10). Ein Beitrag zur Häretikergesetzgebung Innocenz’ III. ZRG 80 Kan. Abt. 49 (1963) 138–173, übersetzt als: La decretale „Vergentis“ (X. V, 7, 10). Un contributo sulla legislazione antiereticale di Innocenzo III, in: ders., Il sole e la luna. Papato, impero e regni nella teoria e nella prassi dei secoli XII e XIII, hg. von Maria Pia Alberzoni (Cultura e storia 20, Milano 2000) 131–163. Zur „juridisch-politischen Interpretation eines Briefes“ vgl. auch ders., Über das Privilegium fori bei Innocenz III., in: Collectanea Stephan Kuttner 1 (Studia Gratiana 11, Roma 1967) 449–459.

Absolutely Essential, but Incompletely Edited, Inadequately Summarized, and Frequently Misunderstood Papal Registers and the Latin East, with the Example of Archbishop John of Neopatras, ca. 1207–1219 Chris Schabel

The papal registers are our single most important source for the history of Lusignan Cyprus, the various Latin states carved out of the Byzantine Empire after 1204, and perhaps the Crusader mainland after 1198; they are also quite valuable for the Kingdom of Armenia in Cilicia1. Few experts on these regions realize just how much fundamental work remains to be done not only to edit, but even simply to calendar the pertinent papal letters down to 1378, even if they are aware that little or nothing has been accomplished for the Schism and afterwards. The recent efforts to provide editions of around 600 letters (including those sent in eundem modum) of Honorius III concerning the Latin East – in the „Bullarium Cyprium“, the „Bullarium Terrae Sanctae“, and the „Bullarium Helle­ nicum“ – have demonstrated the significance of this material, already spawning a number of studies that have advanced our knowledge in ways no one could have predicted2. This experience vividly illustrates the benefits of having a complete edition of the letters of 1 For extensive uses of the papal correspondence in general histories of Frankish Cyprus, see George Hill, A History of Cyprus II: The Frankish Period, 1192–1432 (Cambridge 1948), and Peter W. Edbury, The Kingdom of Cyprus and the Crusades 1191–1374 (Cambridge 1991); for Frankish Greece and Constantinople, see Kenneth M. Setton, The Papacy and the Levant (1204–1571) I: The Thirteenth and Fourteenth Century (Memoirs of the American Philosophical Society 114, Philadelphia 1976), and Filip Van Tricht, The Latin Renovatio of Byzantium. The Empire of Constantinople (1204–1228) (The Medieval Mediterranean 90, Leiden 2011). For ecclesiastical history, naturally, the papal registers are even more important, e. g., in Nicholas Coureas, The Latin Church in Cyprus, 1195–1312 (Aldershot 1997), and idem, The Latin Church in Cyprus 1313–1378 (Texts and Studies in the History of Cyprus 65, Nicosia 2010), as well as Bernard F. Hamilton, The Latin Church in the Crusader States: The Secular Church (London 1980), and idem–Andrew Jotischky, Latin and Greek Monasticism in the Crusader States (Cambridge 2020). No comparable survey yet exists for Frankish Greece and Constantinople, but for the regulars see Nickiphoros I. Tsougarakis, The Latin Religious Orders in Medieval Greece, 1204–1500 (Medieval Church Studies 18, Turnhout 2012). 2  Bullarium Cyprium I: Papal Letters Concerning Cyprus 1196–1261, ed. Christopher Schabel, with an Introduction by Jean Richard (Texts and Studies in the History of Cyprus 64, Nicosia 2010) 179–286; Bullarium Terrae Sanctae, ed. Pierre-Vincent Claverie, in: idem, Honorius III et l’Orient (1216–1227). Étude et publication de sources inédites des Archives vaticanes (ASV) (The Medieval Mediterreanean 97, Leiden 2013) 279–478; Bullarium Hellenicum. Pope Honorius III’s Letters to Frankish Greece and Constantinople (1216–1227), ed. William O. Duba–Christopher D. Schabel (Mediterranean Nexus 3, Turnhout 2015).

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Honorius III along the lines of the Vienna project for Innocent III, and it reveals how necessary it is to continue the effort for the Latin East with later popes. At the same time, however, the adventure has made manifest that the level of Latin among scholars in the field, never universally satisfactory, has declined to the point where an edition without translation or at least exhaustive paraphrase will be misunderstood by many readers, often to the point of reversing a letter’s meaning. This paper will first present the state of the project to calendar and edit papal letters concerning the Latin East, arguing for the necessity of this endeavor and of a clear guide in a modern language, then it will choose blindly the case of the archdiocese of Neopatras in Greece in the first phase of its existence in the papacies of Innocent III and Honorius III to provide an example of the points made in the first part.

Papal Registers and the Latin East Status Quaestionis

Almost nothing of the once plentiful secular and ecclesiastical archives of the Latin East remains in situ, and what is to be found has usually been repatriated. The rare chance survivals of cartularies, registers, and the like either made their way to the West before the fall of the eastern political entity, in most cases to various Muslim powers, or pertained to the trading cities and states of Venice and the northern coast of the Western Mediterranean and survive in their archives. Although the Venetian, Genoese, Pisan, Catalan, Provençal, and other documents, while uneven, provide us with a decent picture of the history of commerce in the Eastern Mediterranean and of the prosopography of the Western trading communities in some years, they shed little light on other topics3. Narrative sources are also patchy. For mainland Greece, for example, the main narrative, the „Chronicle of Morea“, is notoriously vague and untrustworthy for the thirteenth century. While the philological and ethnological debate continues to rage over the language of the original chronicle, Greek or French, a few scholars are wisely examining the papal registers and other documentary sources not only to fill in the many blanks, but also to help explain or interpret the chronicle, an historical effort that may end up deciding the issue of the original language4. 3   For a survey, see Alexander D. Beihammer, Eastern Mediterranean Diplomatics: The Present State of Research, in: Diplomatics in the Eastern Mediterranean 1000–1500: Aspects of Cross-Cultural Communication, ed. idem–Maria G. Parani–Christopher D. Schabel (The Medieval Mediterranean 74, Leiden 2008) 1–24. 4  To take only the most recent work, with discussions of the editions and earlier literature, see Teresa Shawcross, The Chronicle of Morea: Historiography in Crusader Greece (Oxford Studies in Byzantium, Oxford 2009), with the response in Marie-Hélène Blanchet–Guillaume Saint-Guillain, À propos d’un ou­ vrage récent sur la Chronique de Morée: Contribution au débat. Byzantion 83 (2013) 13–40. For an historical approach using contemporary documents in parallel, see, for example, Chris Schabel, Antelm the Nasty, First Latin Archbishop of Patras (1205–ca. 1241), in: Diplomatics in the Eastern Mediterranean 1000–1500 (cit. n. 3) 93–137, at 108–126; Guillaume Saint-Guillain, The Conquest of Monemvasia by the Franks: Date and Context. Rivista di studi bizantini e neoellenici N. S. 52 (2015) 241–294; Guillaume Saint-Guillain–Chris Schabel, Discovering a Hospitaller Order in Frankish Greece: The Order of St James in the Principality of Achaia. Frankokratia 2 (2021) 63–108, esp. 93–108; Chris Schabel, The Diocese of Olena, the Dominican Church of Holy Wisdom, and the Cathedral of Andravida, Capital of the Principality of Achaia. Frankokratia 2 (2021) 144–178, esp. 145–161.



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For Cyprus for the period down to the Schism, we are somewhat well informed about Richard the Lionheart’s conquest in 1191, the civil war of 1228–1233, the usurpation of Amaury of Lusignan in 1306–1310, and the events of the reign of King Peter I and afterwards, beginning around 1360. In between, we rely mostly on documents of various sorts, especially those in the Vatican Archive, among them the narrationes of the many papal letters. Yet even for the brief periods after 1198 for which we do have abundant information, mainly from Philip of Novara, the chronicle attributed to Leontios Makhairas, and the chronicle known by the owner of the surviving manuscript, Amadi, the gradual publication of the documentary sources is making ever more plain the fact that, not surprisingly, these narratives convey the perspective of the royal winners. Thus in the recent publication of Nicholas Coureas’ translation of Amadi, Peter Edbury frequently cites editions of contemporary letters and reports in order to counter the official narrative’s bias5. Despite the obvious importance of the papal registers, until recently there has been no systematic endeavor to edit them for the Latin East, although the Vatican’s own effort to publish letters shedding light on non-Latin clergies, CICO, has helped, even if that effort is less complete or polished than one would hope6. The original problem was the dearth of local expertise and interest, but now the obstacle is the lack of major funding. At the moment, we have only reached 1314 for Cyprus and 1227 for Greece and the Holy Land, with nothing for Cilician Armenia. What has been accomplished has depended on the Cyprus Research Centre and the University of Cyprus, for which the project evaluators have been experts, even though the money is limited. Paradoxically, applications for ERC grants, the only large amounts available to scholars in Greece and Cyprus, are judged by non-experts on the criterion of cutting edge research. How can we do cutting edge research if we do not yet have the sources to reach that cutting edge? It is a Catch-22. I have failed twice in applying for an ERC advanced grant to establish a large international team to find, transcribe, annotate, and publish all papal letters concerning these areas down to 1378. One of the problems with non-experts is that sometimes they have no idea what has been done. One referee wrote that the Vatican itself has already published all the pertinent papal registers, thus mistaking digital photography for editions. Putting aside scholars actively involved in editorial projects, few experts have a clear command of the status quaestionis for editions of papal letters. Historians of the regions of the Latin East do understand that until very recently no local effort had been made to calendar the letters pertinent to the area. Yet many scholars do not comprehend the nature of the BEFAR project for the period from 1227 to 1304, in which the percentage of completely edited letters in the registers seems to decrease gradually, and never are all individuals and events in the registers included in the calendars, which is also true for the Benedictine project for Clement V. Still fewer specialists realize the extent to which the BEFAR project failed to accomplish its goals for the Avignon papacy before the Schism, even for the 5   See the introduction and notes to The Chronicle of Amadi, trans. Nicholas Coureas–Peter Edbury (Texts and Studies in the History of Cyprus 74, Nicosia 2015), with references to editions. Important recent editorial work on narrative sources includes Leontios Makhairas, Xρονικό της Kύπρου. Παράλληλη διπλωματική έκδοση των χειρογράφων, ed. Michalis Pieris–Angel Nicolaou-Konnari (Texts and Studies in the History of Cyprus 48, Nicosia 2003), a text that itself presents complex problems concerning redactions, authorship, and original language. 6  The Acta pontificum in the series of the Pontificia Commissio ad redigendum codicem iuris canonici orientalis (Roma‒Città del Vaticano 1943–1990), covering the period down to 1447.

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first true Avignon pope, John XXII, for whom no one ever managed to do the calendar of the „lettres secrètes et curiales“ for countries other than France. Even Charles Perrat and Jean Richard, who compiled the „Bullarium Cyprium III“7, a calendar for the Avignon period, missed almost three dozen letters pertinent to Cyprus in the nine Reg. Vat. volumes that contain Pope John’s „lettres secrètes et curiales“, according to my reading of those registers, including a number of letters concerning two hitherto unknown invasion threats to Cyprus, one by the Genoese and one by Walter VI of Brienne8. In any case, what has been calendared by Mollat and others often provides only the general subject of the letters, or even a summary of a minute portion9. Moreover, what has been transcribed is not always perfectly accurate, and a quondam misread as a quodam can have catastrophic results. The only thing students of the Latin East probably do know is the lack of anything systematic for the Schism and afterwards, although by then the Crusader States were long gone, the Kingdom of Armenia had just fallen, much of what remained of Frankish Greece was on its last legs, and the papacy has ceased to have the kind of control over Cyprus that it had before 137810. What is needed is a complete calendar of papal letters concerning the Latin East for the period after 1316 – a more exhaustive and expanded version of „Bullarium Cyprium III“ – as a prelude to the complete edition, and a complete edition of the pertinent letters for the period from 1227 to 1314, parallel to the first two volumes of the „Bullarium Cyprium“, along the lines of what has been done for Honorius III in the „Bullarium Hellenicum“ and the „Bullarium Terrae Sanctae“. What I have as of the end of 2021 is a working edition of the letters of Gregory IX concerning Frankish Greece and Constantinople and a rough transcription of those of Innocent IV and Alexander IV, whose death on 25 May 1261 more or less takes us to the Greek reconquest of Constantinople two months later on 25 August, four days before Urban IV’s election. For the Holy Land, Pierre-Vincent Claverie and I have done English summaries of the pertinent letters of Innocent IV and Alexander IV, around 500 documents, constituting the bulk of the online „Revised Regesta Regni Hierosolymitani“ for the period 1244–1261, many of which letters we had to summarize straight from the manuscripts, since the full text has not been printed. Summaries of the letters from before 7  Bullarium Cyprium III: Lettres papales relatives à Chypre 1316–1378, ed. Charles Perrat–Jean ­Richard, with Christopher Schabel (Sources et études pour l’histoire de Chypre 68, Nicosia 2012). 8   I have edited these particular letters in an appendix to Peter Edbury, A Threat to Invade Cyprus: Pope John XXII, Walter of Brienne Duke of Athens, and the Latin East in 1331. Frankokratia 2 (2021) 179–195, at 188–195. 9  Particularly extreme examples, that can be compared to the entries in Brepols’ Ut per litteras apostolicas ...: Christopher Schabel, Bullarium Cyprium II: Papal Letters Concerning Cyprus 1261–1314 (Texts and Studies in the History of Cyprus 64, Nicosia 2010 245–254 no. o-40, a five-page text described by Jean Richard, Bullarium Cyprium I (cit. n. 2) 13, who calls it „a veritable concordat recognizing broad royal authority“, but summarized as follows by BEFAR team: „Ordinat et vult quod taillia seu collecta, que vulgariter testagium nuncupatur et nonnullis annis preteritis fuerat in regno Cypri recepta per regem pro defensione regni, cesset nec amplius exigatur a personis ecclesiasticis et secularibus.“ Ibid., 216–221, no. o-23, involving the imprisonment of a Greek bishop and the expulsion of the Latin archbishop, rendered as follows: „Infrascripto (Dilecto filio Herrico de Blibio archidiacono Nicosiensi, capellano nostro, regni Cypri cancellario) relaxatur quecumque excommunicationis sententia, si in eum lata fuerit, eique restituuntur archidiaconatus, canonicatus, prebenda, eorumque fructus, quibus per Johannem, ordinis Minorum fratrum, Nicosiensem archiepiscopum, privatus erat.“ 10  But see the edition of papal letters involving Cyprus 1378–1417 in the second volume of A. Kouroupakis, Η Κύπρος και το Μεγάλο Σχίσμα της Δύσης (1378–1417) (PhD thesis, University of Cyprus 2018).



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1244 are already online11. For Cyprus, I am completing the calendar in „Bullarium Cy­ prium III“ and working on the edition of John XXII’s letters12. Honorius III and the Latin East

There were two reasons why, two decades ago, William Duba and I chose to edit the letters of Honorius III concerning Frankish Greece and Constantinople, the „Bullarium Hellenicum“, and why I later suggested that Claverie devote his habilitation to Honorius III and the East with an edition of his letters pertaining to the Holy Land, the „Bullarium Terrae Sanctae“. The obvious reason was that it was assumed that the Vienna project to edit Innocent III’s registers would soon be complete ‒ and behold, the time of that completion is nigh! So it made sense to start with Innocent’s successor, although Nicky Tsougarakis and I are trying to finish his translation of the letters of Innocent III involving Frankish Greece and Constantinople for a volume in the same series as the „Bullarium Hellenicum“. The less obvious but more important reason was that almost half of Honorius’ letters involving Frankish Greece and Constantinople had never been published in full, despite the fact that, as in Cyprus, the ecclesiastical and political events in Greece of Honorius’ reign were almost as significant as those that had occurred during Innocent’s papacy, besides the Fourth Crusade itself  13. The transition from Innocent to Honorius coincided with the zenith of the mainland Latin states carved out of the Byzantine Empire, and, in the context of the Fifth Crusade and its aftermath, a series of disasters and reversals saw the rapid decline and fall of the Kingdom of Thessaloniki and the radical contraction of the Empire of Constantinople, while the Principality of Achaia in the Peloponnese became the leading political entity. Papal correspondence helps us to trace these developments, but it is virtually our only source for the implementation of Lateran IV, which resulted in the complete reorganization of the Church in Frankish Greece and the settling of what we would now call Church-State disputes over property, taxation, and the Greek clergy. César Auguste Horoy had only brought out about one sixth of the pertinent letters, and the only place where one could find more or less all of them was in the overly brief summaries of Pietro Pressutti, which nevertheless led the BEFAR project to bypass Honorius14. True, Aloysius L. Tăutu’s edition of one fourth of Honorius’ pertinent letters   See http://crusades-regesta.com/.   I should add that the effort to publish the Instrumenta Miscellanea concerning Cyprus is almost complete. See the catalogue of over 50 documents and their editions, where applicable, in Christopher D. Schabel–William O. Duba, Instrumenta Miscellanea Cypria. A Catalogue of Cypriot Documents in the Instrumenta Miscellanea of the Vatican Archives, in: Incorrupta monumenta Ecclesiam defendunt. Studi offerti a mons. Sergio Pagano, prefetto dell’Archivio Segreto Vaticano. II. Archivi, Archivistica, Diplomatica, Paleografia, ed. Andreas Gottsmann–Pierantonio Piatti–Andreas E. Rehberg (Collectanea Archivi Vaticani 107, Città del Vaticano 2018) 807–820. Since then I have published Instrumenta Miscellanea 654 and 6204 (Chris Schabel, The Village of Psimolophou in Cyprus and the Latin Patriarchs of Jerusalem. Perspectives on Culture 4/35 [2021] 29–56), 1045 and 1086 (Chris Schabel, Géraud de Veyrines, Bishop of Paphos, and the Defense of the Kingdom of Armenia in the 1320s. Perspectives on Culture 3/30 [2020] 81–103), and 2017 (idem, The Church of Limassol at the Death of Bishop Francesco, 1351. Crusades 18 [2019] 129–163). 13   See the historical and philological introductions to the Bullarium Cyprium I (cit. n. 2) and Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) for details. 14  Honorii III, Romani pontificis, Opera Omnia, ed. César Auguste Horoy, 5 vols. (Medii aevi bibliotheca patristica, Paris 1879–1882); Regesta Honorii papae III, ed. Pietro Pressutti, 2 vols. (Roma 1888–1895) (= Pressutti). 11 12

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(only some of them for the first time) was quite significant15, but again as in the case of Cyprus – where, for example, Tăutu misread the date of one of the most important documents included in one of the letters as 1213 rather than 1222, with disastrous consequences in the secondary literature16 – for Greece Tăutu dated a fundamental letter of Innocent III to 23 January 1215 rather than 1216, and among his other errors was an omission per homoeoteleuton of an entire letter written in eundem modum involving the absorption of one bishopric into another17. The „Bullarium Hellenicum“ has done rather well since its publication in 2015, already transforming or even generating a number of publications, such as Filip Van Tricht’s recent article on the murder of Archbishop William of Philippi in the „Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik“, itself a response to others inspired by the „Bullarium Hellenicum“, Claverie and Kalin Yordanov18. A quick look at the vastly incomplete Google Books and Google Scholar in December 2022 revealed citations in 31 books and articles, not including ten of my own published or forthcoming papers that focus on the letters of Innocent and Honorius19. Historians who have mentioned Honorius III and Frankish Greece since 2015 without employing the „Bullarium Hellenicum“ have done so at their peril. If the Vienna team continues with Honorius III, the result will be similarly important but on a much wider scale. Nevertheless, when I asked Brepols if they would be willing to consider publishing the „Bullarium Hellenicum“, an edition of papal letters, in a series of which I am on the editorial board, „Mediterranean Nexus“, they accepted as long as the modern language content (meaning English) constituted an independent contribution to scholarship. William Duba and I had already decided to provide rather exhaustive English summaries of the letters and in some crucial cases full English translations. This I had done with the first two volumes of the „Bullarium Cyprium“, because I had found that colleagues had often misunderstood earlier editions and in any event paraphrases and translations would in some cases help me improve the Latin punctuation. It is symptomatic of the decline of the level of Latin that reviewers of editions rarely read the Latin texts, let alone spot check the 15   Acta Honorii pp. III (1216–1227) et Gregorii pp. IX (1227–1241), ed. Aloysius L. Tăutu (Pontificia Commissio ad redigendum codicem iuris canonici orientalis 3, Città del Vaticano 1950). 16  Bullarium Cyprium I (cit. n. 2) 245 variant bm and note. See Chris Schabel, The Myth of Queen Alice and the Subjugation of the Greek Church of Cyprus, in: Identités croisées en un milieu méditerranéen: le cas de Chypre (Antiquité – Moyen Age), ed. Sabine Fourrier–Gilles Grivaud (Rouen 2006) 257–277, at 258–259; reprinted in: idem, Greeks, Latins, and the Church in Early Frankish Cyprus (CS 949, Farnham 2010), II. 17   Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) 263 n. 5. 18 Filip Van Tricht, Who Murdered Archbishop William of Rouen († 1217)? The Valley of Philippi under Latin Rule (1204–circa 1224/25). JÖB 70 (2020) 305–334; Kalin Yordanov, Случаят S., princeps Philippensis: две новооткрити писма на папа Хонорий ΙΙΙ от 1217 и 1218 г. като извор за отношенията между Алексий Слав и латините [The case of S., princeps Philippensis: Two Recently Discovered Letters by Pope Honorius III from 1217 and 1218 as a Source for the Relations between Alexius Slav and the Latins]. Bulgaria mediaevalis 8 (2017) 173–218; Claverie, Honorius III et l’Orient (cit. n. 2) 164, 176, with access to a preliminary version of Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) 190s. no. 41 and 228–230 no. 66, which in turn in published form adopted Claverie’s identification. 19  The letters play a significant role in books by authors who had access to the edition before and after the publication of Bullarium Hellenicum (cit. n. 2), notably Nikolaos G. Chrissis, Crusading in Frankish Greece. A Study of Byzantine-Western Relations and Attitudes, 1204–1283 (Medieval Church Studies 22, Turnhout 2012); Claverie, Honorius III et l’Orient (cit. n. 2); Ludivine Voisin, Les Monastères grecs sous domination latine (XIIIe–XVIe siècles): Comme un loup poursuivant un mouton (Mediterranean Nexus 9, Turnhout 2021).



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transcriptions against the manuscripts, so the only real criticism I received for the „Bullarium Cyprium“ was in the online „The Medieval Review“, which complained that my failure to provide extensive interpretative notes for the letters was a missed opportunity since I knew the documents so well20. Thus for the „Bullarium Hellenicum“ for Brepols I was happy to agree to compose a substantial historical introduction in English in addition to the normal one about the genre and previous editions. These efforts backfired for the „Bullarium Hellenicum“. Most reviewers did not mention much of anything, as usual, but this time the report in „The Medieval Review“ was more negative. While the reviewer did not comment on the quality of the edition or the accuracy of the English paraphrases and translations, he faulted us (he should have blamed me alone, for the introduction) both for writing an historical introduction that was more like a scholarly article than something aimed at undergraduates and perhaps for being too lazy to translate all the letters in full21. I was surprised, since, of course, the „Bullarium Hellenicum“ is first and foremost an edition, often an editio princeps, for researchers in the field, and the main reason for the introduction and paraphrases was to preempt misinterpretations on the part of scholars, not to guide novices. That scholars misinterpret Latin texts is well known to readers. (The most valuable textual criticism I have received so far was from David d’Avray, who translated two of the letters and gently corrected a couple of errors in the „Bullarium Cyprium“22.) I have found that the failure to understand the Latin was an occasional problem a century ago, but it has got much worse, as my colleague Mark Thakkar has recently highlighted in an essay review called Duces caecorum23. It is impossible to give examples without calling people out, but I can at least say that it affects some of the biggest names in the study of the Latin East, who often fatally confuse the subjunctive for the indicative, even in conditionals, completely ignore such phrases as si ita est, or mistranslate such things as se gerebat pro imperatore as „he was serving as emperor“. When combined with any bias, for example, anti-papalism on the part of some Byzantinists, entire letters have been interpreted as meaning the opposite of what they say, such that clear condemnation of crusaders fighting against fellow Christians can be misread as explicit encouragement. Admittedly, in the case of Pope Innocent III, if authors go to the late great Hageneder and his colleagues, they will find a brief summary saving them from potential embarrassment, assuming that they read German. The problem with Innocent, of course, is that the registers are already readily available in Migne and elsewhere, albeit with sometimes tragic transcription and dating errors, so many researchers are taking the risk and using the old editions without the benefit of any modern summary at all. Happily, this should not happen with Honorius III, because there is no complete edition, so it would be even more irresponsible for anyone to overlook the much-hoped-for Vienna edition and rely on the overly brief Latin summaries in Pressutti or the scatte20  Review by William R. Caraher, The Medieval Review (7 November 2006), https://scholarworks. iu.edu/journals/index.php/tmr/article/view/17295/23413 [13. 12. 2022]. 21  Review by John Joseph Giebfried, The Medieval Review (17 February 2015), https://scholarworks. iu.edu/journals/index.php/tmr/article/view/23399/29160 [13. 12. 2022]. 22  David L. d’Avray, Dissolving Royal Marriages. A Documentary History, 860–1600 (Cambridge 2017), chapter 11: Plaisance of Cyprus and Balian, 99–107, esp. 102 n. 9 (rightly correcting the manuscript’s and edition’s notitie to notitiam) and 103 n. 15 (the manuscript has what could be spem or specie; I wrongly chose spem, which d’Avray has corrected to speciem, a minor typographical slip), and 106 n. 45 (bad comma). 23 Mark Thakkar, Duces caecorum: On Two Recent Translations of Wyclif. Vivarium 58 (2020) 357–383.

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red editions in Horoy and elsewhere. But to make absolutely sure that such foolishness is avoided, maybe the Honorius III edition can have somewhat longer German summaries and perhaps even short English versions at the end, with accompanying contextualizing explanatory notes for those more prone to misconstrual. That way, one will not make things worse by offering more Latin to those who cannot deal with what they have already got.

Archbishop John of Neopatras I have decided to choose blindly the archbishopric of Neopatras to see how it illustrates or does not illustrate my points about the importance of papal letters, the inadequacy of previous summaries and editions, and the frequency of misunderstandings. Neopatras, or „New Patras“, was the name of the town refounded in the early Middle Ages on the site of the ancient Hypate/Hypata in Thessaly in Central Greece. It reverted to its ancient name after Greek independence and is presently known in the form „Ypati“. For much of the fourteenth century, Neopatras was the capital of the Catalan Duchy of Neopatras and the seat of a Latin archbishop, but my present focus is the brief period of Frankish rule and Latin ecclesiastical presence under Innocent III and Honorius III24. The archbishop of Neopatras rarely appears in the registers of Honorius III, mainly in connection to the famous agreement of Ravennika, not far from Neopatras, between secular lords and ecclesiastical leaders over church property, finances, and the lower Greek clergy. The accord, in which an unnamed archbishop of Neopatras took part, is dated 2 May 1210 and survives in the confirmation of Innocent III addressed to several unnamed prelates, among them the archbishop of Neopatras, dated just after the Fourth Lateran Council on 23 January 1216, which in turn survives in a letter of Honorius III dated 19 January 1219 and addressed to a number of unnamed archbishops and their suffragans, one of whom was the archbishop of Neopatras25. Two days later, in a letter to the archbishop, dean, and archdeacon of Thessaloniki, Honorius discussed the related complaint of the unnamed archbishops of Patras, Larissa, Athens, and Neopatras and the chapter of Thebes and their suffragans against the prince of Achaia and the lord of Athens26. Two further copies of the Ravennika accord are included in letters of 4 September 1223 to the prince and lord and to the prelates in their lands, but these letters do not otherwise mention Neopatras, which had obviously fallen to the Greeks and perhaps no longer had a living archbishop27. These letters do not inform us about the identity of the archbishop of Neopatras in 1210, 1216, or 1219, nor allow us to discern whether it was the same man or two or three. There is one other letter of Honorius III mentioning the archbishop of Neopatras, however, the full text of which implies that it was the same person28: on 13 February 1218 24  For the later period, see Raymond-Joseph Loenertz, Athènes et Néopatras. AFP 25 (1955) 100–212, 428–431, and idem, Athènes et Néopatras: Regestes et documents pour servir à l’histoire ecclésiastique des Duchés catalans (1311–1395). AFP 28 (1958) 5–91, both reprinted in: idem, Byzantina et Franco-Graeca. Series altera, ed. Pierre-Marie de Contenson–Enrica Follieri–Peter Schreiner (Storia e letteratura. Raccolta di studi e testi 145, Roma 1978) 181–393. 25  Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) 255–264 no. 87. Unfortunately, the English summary omits the arch­ bishop of Athens, who was among the addressees on p. 255, although there is a note on his identity on 263. 26  Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) 264s. no. 88. 27  Ibid. 414–426 no. 184 and 427–434 no. 185. 28  Ibid. 205–209 no. 53.



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Honorius addressed a letter to the archbishop of Neopatras, the prior of St Demetrius of Thessaloniki, and the proctor of the bishopric of Domokos, ordering them to proceed with a case according to the instructions that his predecessor, Innocent III, had given them. The wording of the letter’s incipit is crucial: Cum bone memorie I. papa, predecessor noster, suis vobis dederit litteris in mandatis ut ..., and Honorius quotes from Innocent’s letter verbatim. Pietro Pressutti’s summary not only omits the word vobis and otherwise fails to tell us that the chancery believed it was writing to the same three clerics, but it does not identify the letter of Innocent III29. Honorius does not give the date, but Innocent’s letter survives in the registers, so we know that it was written on 14 August 121030, although the „Bullarium Hellenicum“, I am sorry to say, reports 10 August, the result of a failure to transfer correctly handwritten notes taken from Migne to the computer. So much for the inadequacy of summaries and flaws in editions, although our error is not in the Latin text. The letters of 1210 and 1218 concern a long and violent dispute between Bishop Bartholomew of Gardiki and the Hospitallers over Gardiki Castle and other items, a topic that has recently received some attention31. For our purposes, again, the key word in the 1218 letter is vobis: Honorius writes to the same three people as had Innocent in 1210. This is precious information, because, if correct, it entails that the same man was at the helm in Neopatras on 14 August 1210 and on 13 February 1218. Even better, we know who the archbishop of Neopatras was on 1 December 1215. Conrad Eubel wrote that ca. 1215 the archbishop was named John, a former monk of Benedictine Gembloux Abbey, near Namur in the diocese of Liège32. Recent developments in digital humanities allow us to chase down not only the ultimate source for this information, but also to confirm it with an independent source, something that was impossible just a few years ago in a place like Cyprus that lacked traditional library facilities. The ultimate basis for Eubel’s claim is a charter of Archbishop John of Neopatras to Abbot William and the monks of Gembloux as well as all faithful Christians, explicitly dated Rome, at the end of the Lateran Council, the kalends of December, i.e., 1 December 1215. In the charter John grants to the church of Gembloux a number of relics from Constantinople, notably a finger of St Nicholas the Confessor that the emperor of Constantinople carried before him in battle, confident that it would give him victory. John specifies that he traces his own origins to the church of Gembloux, that Abbot William accepted the relics with his own hands, and that the donor merely desires prayers in exchange33.   Pressutti I 183b no. 1090.   Reg. Inn. vol. XIII 195s. no. 118 (120). 31 Helen Nicholson, The Motivations of the Hospitallers and Templars in Their Involvement in the Fourth Crusade and Its Aftermath (Malta Study Center lecture 2003), https://www.academia.edu/6165358/ The_Motivations_of_the_Hospitallers_and_Templars_in_their_involvement_in_the_Fourth_Crusade_and_ its_aftermath [13. 12. 2022]; Marie-Anna Chevalier, Les enjeux autour du territoire de Gardiki: une emprise territoriale hospitalière contestée en Romanie, in: Ordres militaires et territorialité au Moyen Âge: entre Orient et Occident, ed. eadem (Paris 2020) 159–189; Chris Schabel, Archbishop B and the Latin Province of Larissa, 1206/07–1224/32 (with a Detour on the Saga of Bishop Bartholomew of Gardiki), in a forthcoming Festschrift for Froso Egoumenidou. 32  Conrad Eubel, Hierarchia catholica medii aevi (Münster 1913) 362. 33 Paul Riant, Exuviae Sacrae Constantinopolitanae. II (Geneva 1876) 100s. no. 41: Iohannes, Dei gra­ tia Neopatrensis archiepiscopus, Wilelmo abbati et conventui Gemblacensi et universis Christi fidelibus, salutem in auctore salutis. Universitati vestre notum facimus quod nos, caritatis instinctu partim etiam natalis patrie (que movet omnes) dulcedine ducti, munus pretiosum omni veneratione dignum, videlicet de ligno Domini, de sepulcro 29 30

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Except for the name „John“, the above information is confirmed in the continuation of the „Deeds of the Abbots of Gembloux“ preserved in the illustrated manuscript Brussels, Bibliothèque royale de Belgique, 10292-94, dated 1521. The image of Abbot William on folio 46r is adorned with several inscriptions, among them three that are pertinent to our purposes: „William, the fourteenth abbot of Gembloux, who obtained the finger of the most pious Nicholas at the Lateran Council“; „In the year 1205 (sic) is celebrated the Lateran Council, at which this William was present“; and „The archbishop of Neopatras gives to him as a gift a finger of divine Nicholas“34. In further confirmation, the famous document published by Achille Luchaire listing the prelates of the secular clergy in attendence at Lateran IV indeed includes the archbishop of Neopatras, without any suffragan, although he may have had one at Livadeia35. If the chancery employed the term vobis correctly in the letter from early 1218, Archbishop John of Neopatras’ tenure lasted from before 14 August 1210 to after 13 February 1218. The first two letters Pope Innocent addressed to the archbishop of Neopatras date to 8 December 1208 and involve assigning the archbishop to investigate problems in nearby areas36. From 11 March to 21 December 1210, Innocent addressed thirteen letters to the archbishop of Neopatras regarding ecclesiastical business in his region37. In another letter of around 10 July 1210, Innocent mentioned an earlier letter that he had sent to the archbishops of Thebes and Neopatras and the bishop-elect of Nazoreska38, which earlier letter the pope again referred to in a letter of 23 May 1212 without indicating that any of the three had ceased occupying those posts39. Likewise, on 25 May 1212 Innocent referred back to the case of the bishop of Gardiki that he had assigned to the bishop (sic) of Neopatras and his fellow judges, meaning the prior of St Demetrius of Thessaloniki and the proctor of the bishopric of Domokos, indicating a series of letters from the summer of 1210 culminating in that of 14 August40. It is at least clear that the thirteen letters that Innocent sent to the archbishop of Neopatras from 11 March to 21 Domini, de ossibus beatorum Georgii et Antonii, et digitum piissimi et gloriosi confessoris sancti Nicolai – quem Christianissimus imperator Constantinopolitanus, ad prelium contra inimicos suos preliaturus, ante se deferri fecit, fiduciam habens cum effectu quod meritis eiusdem confessoris triumphator existeret – et pannum sericum deauratum, ecclesie Gemblacensi, de qua duximus originem, per manus dilecti nostri Wilelmi, eiusdem cenobii abbatis, deferen­ dum dignum duximus destinare. Omnibus autem qui memoratam ecclesiam ob venerationem harum reliquiarum visitaverint et de facultatibus suis aliquid impenderint omnium benefactorum ecclesie Neopatrensis et suffragiorum ipsius de misericordia Dei confisi concedimus communionem ... . Datum Rome, in terminatione concilii Lateranensis, calendis Decembris, feliciter. 34   The image is reproduced in Jean-Paul Straus, La Geste des abbés de Gembloux (Cercle royal „Art et Histoire“ de Gembloux. Monographie 3, Gembloux 2012) 95 (see 93s. for Abbot William): Brussels, Bibliothèque royale de Belgique, MS 10292-94, fol. 46r: Wilhelmus abbas Gemblacensis XIIIIus qui in concilio Latera­ nensi digitum pissimi Nicholai obtinuit. / Consilium Lateranense celebratur anno XIIc Vo in quo affuit Villelmus iste. / Archiepiscopus Neopatrensis digitum divi Nicolai ei dono dat. 35 Achille Luchaire, Un document retrouvé. Journal des Savants 3 (1905) 557–567, at 562: archiepiscopus Neopatrensis. A bishop-elect of Livadeia is perhaps mentioned on 21 December 1210; see Reg. Inn. vol. XI 282–284 no. 190 (192), esp. n. 13. But if so, why did Honorius III write to the clerics of the castle of Livadeia on 26 August 1223? Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) 407s. no. 180. 36   Reg. Inn. vol. XI 283–284 no. 174 (179) and 303s. no. 184 (189). 37   Reg. Inn. vol. XIII 33–36 no. 13, 70s. no. 47, 176s. no. 101, 177–179 no. 101 (102), 179s. no. 102 (103), 186s. no. 111 (112), 189s. no. 114 (116), 195s. no. 118 (120), 218s. no. 134 (136), 220 no. 135 (137), 233s. no. 150 (152), 235s. no. 152 (154), 282–284 no. 190 (192). 38   Reg. Inn. vol. XIII 174s. no. 99. 39   Reg. Inn. vol. XV 105s. no. 75. 40   Reg. Inn. vol. XV 97–100 no. 69.



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December 1210 went to the same person, and there is no reason to doubt that the two of 8 December 1208 were also addressed to the same man. It is also evident that this person was still archbishop on 25 May 1212, and there is little cause to question that anything had changed by 19 April 1213, when Innocent sent a summons to the Fourth Lateran Council In e. m. archiepiscopo et episcopis per Neupraten , obviously an error for Neopatren, although Haluščynskyj did not recognize it41, or by 26 August 1213, when Innocent wrote concerning a complaint of the eight archbishops and their suffragans in the Kingdom of Thessaloniki, the lordship of Athens, and the principality of Achaia, explicitly including the archbishop of Neopatras42. On the other end, there is no reason to doubt that the recipient of the 19 and 21 January 1219 letters was the same as that of the 13 February 1218. Unless the chancery of Honorius III was mistaken, then, the same archbishop of Neopatras was in power from late 1208 until early 1219. Only one surviving papal letter provides any additional personal information about the archbishop of Neopatras. The letter is already well known, even controversial, and the above discussion may allow us to settle a small historiographical dispute. On 21 August 1211, eight months after his previous surviving letter to the archbishop of Neopatras, Pope Innocent III wrote to three prelates based near Neopatras, that is, the bishop of Zaratoba, the dean of Thebes, and the cantor of Davleia, concerning certain charges of the dean and chapter of Neopatras against their archbishop43. According to his accusers, before he became archbishop, while already a priest, the archbishop took up arms and served as a knight with Leo Sgouros, the late lord of Corinth, for more than a year, thus helping the Greeks against the Latins, several of whom he is said to have killed. Afterwards certain canons who were unaware of his previous activities elected him archbishop. Giorgio Fedalto listed John of Gembloux as archbishop of Neopatras from by 8 December 1208 to after 25 January 1215 – although for the latter Fedalto was following Haluščynskyj’s erroneous dating of Innocent III’s confirmation of the Ravennika accord, which actually dates to 23 January 1216, a mistake that, as mentioned above, Tăutu also made for the year, although not the day. (Unfortunately the editors of the registers of Innocent III followed Fedalto44.) The archbishop’s supposed alliance with Sgouros and the Greeks and his alleged killing of Latins, however, led Michael Angold to assert that this archbishop was himself „almost certainly“ a Greek45. Recently Filip Van Tricht rightly countered that it is extremely unlikely that (1) Pope Innocent would have assigned so much important ecclesiastical business to a Greek archbishop from late 1208 to the summer of 1210, (2) a Latin cathedral chapter would elect a Greek, and (3) a Greek cleric would act as a soldier46. One might add that a similar accusation was made against the definitely Latin Archbishop Antelm of Patras, who is said to have turned Latins and their land over to the Greeks47. Nevertheless, at first Van Tricht did not think that the arch41   Reg. Inn. vol. XVI no. 30; Chris Schabel–Nickiphoros Tsougarakis, Pope Innocent III, the Fourth Lateran Council, and Frankish Greece and Cyprus. JEH 67 (2016) 741–759, at 745 n. 13. 42   Reg. Inn. vol. XVI no. 101 (98). 43  Reg. Inn. vol. XIV 153s. no. 98. 44  Giorgio Fedalto, La chiesa latina in Oriente II: Hierarchia latina Orientis (Studi religiosi 3, Verona 1976) 169; Acta Innocentii pp. III (1198–1216), ed. Theodosius Haluščynskyj (Pontificia Commissio ad redigendum codicem iuris canonici orientalis 2, Città del Vaticano 1944) 462 no. 217; Acta Honorii III (cit. n. 15) 72 no. 48; Reg. Inn. vol. XI 283 n. 1. 45 Michael Angold, The Fourth Crusade: Event and Context (Harlow 2003) 171. 46  Van Tricht, Who Murdered Archbishop William of Rouen (cit. n. 18) 313 n. 35. 47  Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) 498–506 no. 230, charge number 12 on 504.

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bishop of Neopatras remained in office following the investigation that Innocent called for in his letter of 21 August 1211, although he did hypothesize a link to the emperor because of the connection between the Counts of Hainaut and Gemboux Abbey and because of the relics48. Later Van Tricht stated that it was not possible to determine whether John was the archbishop against whom the charges were brought in 121149. Still, in the absence of any evidence that the archbishop of Neopatras was deposed, the fact that after August 1211 Pope Innocent again mentioned the archbishop of Neopatras in May 1212, April 1213, and August 1213 indicates that he remained in his post. We lack the registers of Innocent III containing the letters from 22 February 1214 until the Fourth Lateran Council (and beyond), but if the archbishop of Neopatras had not been deposed in the two years following Innocent’s acknowledgment of the charges against the archbishop, there is no reason to think he was removed before Lateran IV, especially given the evidence of the vobis. The Fourth Crusade was such a monumental venture and the retinues of the leaders so large that it is not surprising that not all participants are known by name. The fact that Archbishop John of Neopatras had been a monk at Gembloux and that at Lateran IV, well over a decade after the conquest of Constantinople, he was in possession of relics from the True Cross, the Holy Sepulcher, bones of Saints George and Anthony, and the finger of Saint Nicholas the Confessor, the last of which Archbishop John asserts the emperor of Constantinople caused to be carried before him in battle, strongly suggests that John was linked to the crusade and the conquest. Indeed, in his book on the illustrated Brussels manuscript of the continuation of the Gesta of the abbots of Gembloux, Jean-Paul Straus remarks that John in fact became the chaplain of the Latin emperor before his rise to the position of archbishop50. In private correspondence, Straus informed me that this last detail goes back at least a century to B. Lefebvre’s printed articles in „Notes d’histoire sur Gembloux et ses envi­ rons“ (Gembloux 1922), and was repeated in 1977 both in J. Toussaint’s „Gembloux. La ville et l’abbaye“ and in the lectures of the well-known Léopold Genicot at the Université Catholique de Louvain. After some investigation, Straus has found that the claim originates in a generally reliable early eighteenth-century summary of a lost monastic chronicle, entitled „Mémoires touchant les abbés de Gembloux“ and held in Brussels, Bibliothèque royale de Belgique, MS 6702. Nevertheless, in the pertinent fol. 145r, which Jean-Paul Straus kindly supplied – which adds the Greek inscription on the silver vessel containing the finger of Saint Nicholas – I read instead that the archbishop was imperial sakellarios: Imp. C.P. sacellarius – Arch. Neopatrensis – a. 1215 interfuit Conc. Lateransi sub Inn. 3o – reliquias contulit ad honorem loci de quo traxit originem, sc. de ligno Domini, de sepulcro Domini, de S. Georgio, S. Antonio, digitam S. Nicolai – in vasculo argenteo litteris Grecis in­ scripto – „In mihi adiutor et protector S. Nicolae“ etc. Guilelmus Abbas, qui interfuit concilio maximo Lateranensi, retulit illas reliquias. The imperial sakellarios was a financial officer, but since Archbishop John had access to imperial relics, perhaps under the Latins sakellarios was another name for the clavicu­ larius or skeuophylax, in charge of the relics. The Emperor Henry appointed to this office a certain Hugh, previously abbot of Saint-Ghislain, 70 km west of Gembloux, who had   Van Tricht, The Latin Renovatio of Byzantium (cit. n. 1) 226 n. 266, 267.   Van Tricht, Who Murdered Archbishop William of Rouen (cit. n. 18) 313 n. 35. 50  Straus, La Geste des abbés de Gembloux (cit. n. 34) 93s. 48 49



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been a faithful member of the retinue of the Emperor Baldwin, Henry’s brother. Henry allowed him to return to France, enter Cistercian Clairvaux, and donate to the monastery a relic of the True Cross from the imperial collection, which was done on 3 June 1215, some months before Lateran IV51. One could imagine that Archbishop John was the former Abbot Hugh’s successor, but in private correspondence Filip Van Tricht informed me that it is more likely that the sakellarios and skeuophylax were two different officers, even if no sakellarios in the Latin period has been attested until the present paper. What happened before John’s election as archbishop depends on whether there is any truth to the charges against him. If the accusations were false or the chapter misinformed, then we could simply say that John remained in imperial service during the transition of power from Baldwin of Flanders to his brother Henry, who then pushed for John’s election as archbishop. In this case, it is possible that the Emperor Henry himself entrusted John with relics to donate to Gembloux at Lateran IV. Still, John makes no mention of this in his charter, nor does it seem likely that, while Henry was alive, the chapter would accuse an imperial appointee and protegé of joining forces with Leo Sgouros and killing Latins. If, on the other hand, there were elements of truth to the charges, one might imagine that John had been in the entourage of Baldwin of Flanders, became his sakellarios, and, after the emperor’s capivity in April 1205, with the relics that were carried in battle, made his way southwest where for some reason he allied with Sgouros. Sgouros himself had just retreated to Corinth and remained besieged on Acrocorinth until 1208, when he is said to have committed suicide in dramatic fashion, although the stronghold was not taken until 1210s52. If John’s accusers are to believed, he defended the Greeks against the Latins with Sgouros for over a year, so we can estimate that John departed from Corinth in the second half of 1206 and made his way to Neopatras. Meanwhile some canons had been installed in Neopatras, as we gather from Innocent’s letter of 1211, perhaps at the instigation of Boniface of Thessaloniki, and they elected John archbishop, possibly but not necessarily after Boniface’s death in September 1207. This chronology is perfectly in line with what we know about the ecclesiastical history of the region. Eventually Pope Innocent learned of the election and began assigning administrative tasks to Archbishop John in late 1208. Either way, if John’s tenure as archbishop of Neopatras lasted from around 1207 to around 1219, why was he not removed after the letter of 21 August 1211? First, as the editors of Pope Innocent’s registers have emphasized, the chancery was ill informed about events far away, and what information it did receive was out of date. Thus Innocent’s letter ordered the three addressees to inquire into the truth, send him their findings in writing with their seals, and await further instructions, prefacing his remarks by saying that he will take action „if these things are true“. It is possible that the investigators found that the charges were wholly or partly false or exaggerated, and in any case Innocent may not have had the results before his letters of 23 and 25 May 1212 that mention earlier business involving the archbishop. Even if Archbishop John were found guilty of all or some of the charges, this has to be seen in perspective. Aside from defending the Greeks with Sgouros against the Latins 51  Riant, Exuviae Sacrae Constantinopolitanae II (cit. n. 33) 99s. no. 40. See also Van Tricht, The Latin Renovatio of Byzantium (cit. n. 1) 132. 52  Setton, The Papacy and the Levant (cit. n. 1) 36b–37b and n. 48.

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for over a year, allegedly killing several Latins, his dean and chapter accused him of the following53: (1) He neither celebrated nor heard Mass, nor said the canonical hours by himself as obliged, nor had them sung to him by ministers of his church. (2) He squandered the goods of his church at will. (3) Although he took an oath in the presence of Patriarch Thomas of Constantinople and many others [Ravennika? When? Where?] to abide by the patriarch’s judicial decision and allow the dean and chapter to possess a portion of the possessions and incomes of his church, once Thomas died (a few weeks earlier in June or the beginning of July 121154), he deprived the canons of their portion, against his oath. (4) He forced some of those serving him hang a monk in his habit, a priest whom he had promoted to the priesthood, and three laymen of his church, going so far as to hand the rope for hanging them to those serving him. It is clear from the timing that the dean and chapter were motivated by Archbishop John’s depriving them of their portion of the possessions and incomes of the church of Neopatras, which happened after Thomas Morosini’s death just a few weeks before. They must have reacted immediately, sending a letter to Rome, where the chancery responded with equal speed. Since by the summer of 1211 John had already been archbishop for three or four years, the implication is that the dean and chapter had either long tolerated their archbishop’s violent anti-Latin past in the service of Sgouros, his complete neglect of his spiritual duties in Neopatras, and his squandering his church’s goods, or they lied or at least exaggerated these particular claims. We are not told the circumstances of the hanging of the five clerics and laymen, nor their identity, but Neopatras was in a war zone between Greek Epirus and Latin Thessaloniki. As numerous and serious as these charges are, however, they pale in comparison to those made against the first Latin archbishop of Patras, Antelm, and some similar accusations were made against the first Latin bishops of Olena and Cephalonia, Peter and Be­nedict55. Yet none of these was removed from office on account of such accusations, even though Antelm was found guilty of enough of the thirty charges against him that Hono­rius could have dealt with him much more severely than giving him a one-year suspension, when Antelm was to live according to a rule, and assigning him two clerics to assist him in spiritual and temporal affairs for three years, during which time his income would be devoted to the church decor and fabric. If this is the case, one wonders what Archbishop Walter of Corinth, Bishop Bartholomew of Gardiki, and the bishop of

  Reg. Inn. vol. XIV 153s. no. 98.   Word of the patriarch’s death had reached Rome by 26 July 1211: Reg. Inn. vol. XIV 142s. no. 90. He seems to have died in Thessaloniki, where he had been very ill, according to information Innocent received from the chapter of Constantinople: ibid. 151s. no. 97. Taking the via Egnatia, the journey from Thessaloniki to Rome was about 1150 kilometers, but that would have taken the messenger through territory held by Michael Komnenos Doukas, which seems unlikely. Had he gone down to Corinth, over to Patras, and across to Rome, it was close to 1700 kilometers. The previous mention of the church of Constantinople was in March: ibid. 28 no. 17. 55  Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) 498–506 no. 230 (Antelm) and 565–568 no. 270 (Peter); Les registres de Grégoire IX, ed. L. Auvray, 4 vols. (Paris 1890–1955) III no. 4795 (Benedict). 53 54



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Kastorion did to deserve their actual deposition at Lateran IV56. It is quite possible that Archbishop John of Neopatras was able to forestall his deposition and extricate himself from his predicament with his conspicuous and public donation of important relics to his monastery, done in Rome at the end of Lateran IV, thus satisfying Pope Innocent III that he was back on the right path. Or right enough, anyway. As I have argued in the case of Archbishop Antelm of Patras, Frankish Greece was something of the Wild West57. The first prelates were often adventurers connected to and appointed by the conquerors. Innocent III often did not learn of their appointment until he was presented with faits accomplis long afterwards. The ongoing wars that the Franks fought with the Greeks and others, and the internal strife among the Franks themselves, did not prove conducive to quiet ecclesiastical life, while the long struggle between the secular powers and the prelates over church property, tithes, and the legal status of the lower Greek clergy demanded tough clerics willing and able to stand up to the lords. Neopatras fell to Theodoros Komnenos Doukas in early 121858, perhaps around the time Archbishop John was supposed to receive his letter from Honorius III dated 13 February 1218 assigning him specific papal business for the last time, further confirmation of the date of the fall of the city. When Honorius addressed him for the final time on 19 January 1219, it was in the company of all the remaining archbishops of from Serres to Patras. At that point, John was probably in exile, never to return.

Conclusion If the Vatican Archive is our single main source for Frankish Greece and Cyprus in the period before 1378, getting the big picture from papal documentation is often inductive. Reconstructing the biography of Archbishop John of Gembloux is nothing significant in itself, even if it is fun, but with a dozen such micro-histories a broader portrait begins to emerge, a more complex and nuanced one than the traditional depiction of the Latin clergy in formerly Byzantine lands, one that also contributes to our vague knowledge of the changing geographical extent of Frankish control. In order to arrive at that new portrait, however, one has to pay attention to each detail meticulously, without prejudice, first in isolation, then very carefully in context, always with a willingness to abandon older assumptions. This requires a perfectly accurate and complete transcription of the original documents, because a single word, such as vobis, can make a significant difference. One must identify correctly or at least suggest the plausable alternatives for the proper nouns, being careful not to rely too heavily on the fallible secondary literature, using today’s digital tools to search for sources that were unavailable a few years or even months ago. Utmost care needs to be taken with the dating, since a letter from January 1215 is from well before the Fourth Lateran Council, whereas a letter from January 1216 surely stems from discussions held and information exchanged at the council. These details may sometimes seem unimportant, but one simply cannot ever predict the myriad ways in which editions of primary sources will be useful and used in the future.   Bullarium Hellenicum (cit. n. 2) 161 no. 21; Acta Innocentii III (cit. n. 44) 543 nos. 1–2.   Schabel, Antelm the Nasty (cit. n. 4). 58  Van Tricht, The Latin Renovatio of Byzantium (cit. n. 1) 378. 56 57

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In the above, the Vienna team has maintained the highest standards, despite the fact that they must cover the whole of Europe and more, while the Bullaria for the Latin East, by specialists on those areas, are sometimes imperfect in the details. Such attention to accuracy and detail requires time and collaboration, repeated reading, searching, double-checking, and doubting. Yet it is worth getting right. Without all of the above, the microhistory will fall short, and the cumulative effect may hinder important advances in attempting to take a wider perspective on how mixed religions, languages, geographical origins, genders, classes, and other factors came together in different ways at different times in different places to shape history. In this age of decreasing erudition, however, new generations of scholars who spend so much of their time on their mobile phones need all the help they can get, so it would be good to provide a detailed paraphrase in one or more languages and an explanatory note. This will get them started, and as they grow older, maybe they will improve their skills over time and teach the next generations the value of a solid foundation for building the trendy historical skyscrapers of the future.

Die Register Innocenz’ III. als historische Quelle für Süditalien: Beobachtungen, Bemerkungen und Desiderata Kristjan Toomaspoeg

Dieser Aufsatz bietet einen Überblick über das Material, welches in den Registerbänden Innocenz’ III. hinsichtlich Süditaliens und des Königreichs Sizilien enthalten ist: Die beiden geographischen Begriffe sind nicht synonym, da das Königreich auch die Insel Malta umfasste und da Benevent in Süditalien eine päpstliche Enklave war, aber kein Brief Innocenz’ III. bezieht sich auf Malta, so dass wir „Süditalien“ als bequemen Begriff benutzen können. Süditalien war Objekt und Empfänger zahlreicher apostolischer Briefe, aus zwei gut bekannten Gründen. Erstens war der Papst bis 1208 Regent des Königreichs und beschäftigte sich sowohl persönlich als auch durch seine Legaten mit dessen Verwaltung1. Auch nachdem der junge Friedrich offiziell für volljährig erklärt worden war, blieb Innocenz III. in enger Verbindung zur Politik des Königreichs und seines Königs. Zweitens gab es im Königreich im 13. Jahrhundert zwischen 144 und 146 Diözesen, was für ein Territorium von ungefähr 120.000 km2 ziemlich viel ist. Auch wenn man nur die Erzdiözesen betrachtet, ist die Zahl beindruckend2. Die Ursachen dafür liegen hauptsächlich in der byzantinischen Tradition in Süditalien, wo praktisch alle Städte einen eigenen Bischof hatten, und auch in den politischen Beziehungen zwischen den Päpsten und den lokalen Mächten: So z. B. ist Amalfi Zentrum eines Herzogtums und erhielt deswegen ein Erzbistum mit seinen Suffraganbistümern, auch wenn alle diese sehr klein waren. Dazu kommt allerdings, zumindest 1  Siehe Friedrich Baethgen, Die Regentschaft Papst Innocenz III. im Königreich Sizilien (Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neuen Geschichte 44, Heidelberg 1914). 2  Dazu siehe Norbert Kamp, Kirche und Monarchie im Staufischen Königreich Sizilien I. Prosopographische Grundlegung: Bistümer und Bischöfe des Königreichs 1194–1266 (Münstersche Mittelalter-Schriften 10/I/1–4, München 1973–1982); Cosimo Damiano Fonseca, Le istituzioni ecclesiastiche del Basso Medioevo nell’Italia meridionale, in: Particolarismo istituzionale e organizzazione ecclesiastica del Mezzogiorno medievale, hg. von dems. (Università degli Studi di Lecce, Dipartimento di Scienze Storiche e Sociali. Saggi e Ricerche 25, Galatina 1987) 147–170; Giovanni Vitolo, Vescovi e diocesi nel Mezzogiorno medievale: lo stato delle ricerche, in: Munera parva. Studi in onore di Boris Ulianich 1. Età antica e medievale, hg. von Gennaro Luon­go (Fridericiana varia 5/1, Napoli 1999) 427–441; Le diocesi d’Italia, hg. von Luigi Mezzadri–Maurizio Tagliaferri–Elio Guerriero (Cinisello Balsamo 2007–2008); Storia delle Chiese di Puglia, hg. von Salvatore Palese–Luigi Michele De Palma (Pubblicazioni della Facoltà Teologica Pugliese 1, Bari 2008); Storia delle Chiese di Sicilia, hg. von Gaetano Zito (Città del Vaticano 2009); Dizionario storico delle diocesi. Campania, hg. von Sergio Tanzarella (Dizionario storico delle diocesi 1, Palermo 2010). Siehe auch die Karten der Diözesen in: Decimae. Il sostegno economico dei sovrani alla Chiesa del Mezzogiorno nel XIII secolo. Dai lasciti di Eduard Sthamer e Norbert Kamp, hg. von Kristjan Toomaspoeg (Ricerche dell’Istituto Storico Germanico di Roma 4, Roma 2009).

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in Apulien, sicherlich auch die schlechte Kenntnis der Geographie des Mezzogiorno, die man an der Kurie im 10. und 11. Jahrhundert hatte3. Um alle diese Bistümer jedoch, darunter auch sehr kleine wie z. B. San Leone in Kalabrien mit vielleicht 300 Einwohnern4, musste sie sich kümmern. Diese zwei Bedingungen erklären das Interesse des Papstes für das Königreich, das außerdem auch Nachbarstaat des Kirchenstaates und offiziell Vasall des Heiligen Stuhls war. Die erste Frage, die man sich stellen soll, ist, wieviele Urkunden uns eigentlich zur Verfügung stehen. Hier habe ich den ganzen durch die edierten Register abgedeckten Zeitraum untersucht. Dazu kommen die im Druck befindlichen Register des Fragments des dritten Pontifikatsjahres, die Herr Maleczek mir sehr freundlich zu konsultieren erlaubte, dann die Rubrizellen des dritten und vierten Pontifikatsjahres und endlich die in der Patrologia Latina 214 und 216 abgedruckten Urkunden des dritten und sechzehnten Pontifikatsjahres, so dass hier die Zeitspanne zwischen Februar 1198 und Februar 1214 untersucht werden konnte. Insgesamt haben wir es in diesem Zeitraum mit 276 registrierten Urkunden zu tun, in denen das Königreich und Süditalien als Objekt oder Empfänger aufscheinen: Das macht ungefähr 7 % aller registrierten Urkunden aus, die zeitliche Verteilung ist aber sehr ungleichmäßig (siehe Grafik 1). 66

36 28 21

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Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8 Jahr 9 Jahr 10

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Jahr 12

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Grafik Zahlder derSüditalien Süditalien betreffenden betreffenden Urkunden, Grafik 1: 1: Zahl Urkunden,1198–1214 1198–1214

Noch besser kann man diese Ungleichheit beobachten, wann man den Anteil der Dokumente für Süditalien näher betrachtet (Grafik 2). So sieht man, dass die große Zahl von Urkunden aus dem ersten Pontifikatsjahr zwar bemerkenswert, dass aber auch die Gesamtzahl aller registrierten Urkunden im ersten Jahrgang beeindruckend hoch ist. Aus dem dritten Jahr kennen wir nur 57 Urkunden, von diesen betreffen aber nicht weniger 3 Jean-Marie Martin, Note sulla costituzione della rete cittadina dell’Italia meridionale e della Sicilia normanne, in: Città e vita cittadina nei paesi dell’area mediterranea. Secoli XI–XV. Atti del Convegno Internazionale in onore di Salvatore Tramontana (Adrano‒Bronte‒Catania‒Palermo, 18–22 novembre 2003), hg. von Biagio Saitta (Roma 2006) 113–127, hier 121. 4  Zu diesen kleinen Diözesen siehe Kristjan Toomaspoeg, La pauvreté du clergé: le cas exemplaire des diocèses-cités du royaume de Sicile (XIe–XVe siècle), in: Puer Apuliae. Mélanges offerts à Jean-Marie Martin, hg. von Errico Cuozzo–Vincent Déroche–Annick Peters-Custot–Vivien Prigent (Collège de France – CNRS. Centre de recherche d’histoire et civilisation de Byzance. Monographies 30, Paris 2008) 2 661–689.



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Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8 Jahr 9 Jahr 10

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Jahr 12

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Grafik 2: Prozentmäßige Verteilung der Urkunden für Süditalien Grafik 2: Prozentmäßige Verteilung der Urkunden für Süditalien

als 21 das Königreich. Alles in allem kann man festhalten, dass die registrierten Urkunden für Süditalien von 1198 bis 1204 relativ zahlreich sind – ca. 10 % von allen, aber auch mehr –, dann sinkt die Anzahl, steigt aber wieder mit dem elften Pontifikatsjahr, was man ganz einfach mit der Dieta von San Germano im Juni 1208 erklären kann, wo der Papst persönlich anwesend war5. Am Ende des beobachteten Zeitraums sind die registrierten Urkunden, die das Königreich betreffen, wieder relativ wenige, zwischen 1 bis 4 % der Jahrgänge. An diesem Punkt stellt sich einmal mehr die Frage nach dem Anteil der durch die Kanzlei Innocenz’ III. ausgestellten Urkunden, die in die Register eingetragen wurden. Ob es nun 10 oder 20 oder 30 % waren6, es ist jedenfalls klar, dass nur ein Teil der das Königreich betreffenden Schreiben in die Registerbände gelangte. Besonders bemerkenswert ist in dieser Hinsicht der Unterschied zwischen dem ersten und dem 13. Pontifikatsjahr: Im ersten Jahr wurden zahlreiche Schreiben registriert, vielleicht mehr als 60 %, im dreizehnten aber nur zwei: eines an Friedrich II. und ein anderes an Königin Konstanze7. Die Mitarbeiter der päpstlichen Kanzlei beschäftigten sich schwerpunktmäßig mit spezifischen Themen, so mit dem Vierten Kreuzzug, dem Verhältnis zu den iberischen Königen usw., und wenn ein Gebiet von besonderem Interesse war, so wie das Königreich Sizilien zu Beginn des Pontifikats Innocenz’ III. oder im Jahr 1208, wurden wohl auch Urkunden kopiert, die man sonst vielleicht nicht registriert hätte. Um dies besser erklären zu können, sehen wir uns jetzt die Hauptkategorien der hier betrachteten Urkunden an (Grafik 3): Wie die Grafik zeigt, können wir die Gründe für die Ausstellung der Schreiben in zwei Hauptgruppen aufteilen: zuerst die Politik Innocenz’ III. in Süditalien und dann die Verwaltung der lokalen Kirche. Daneben gibt es eine nicht unwichtige Reihe von Briefen, die sich mit kanonischem Recht befassen und nicht direkt die Kirchenverwaltung betreffen. Fangen wir mit der Kirche an, so können 5  Jean-Marie Martin, Les affaires du royaume de Sicile et la famille du pape, in: Urbs et Orbis 2 812–836, hier 823. 6   So Werner Maleczek, Art. Innocenzo III. Enciclopedia dei papi, https://www.treccani.it/enciclopedia/ innocenzo-iii_%28Enciclopedia-dei-Papi%29/ [13. 12. 2022]. 7   1210 Juni 17, Sacrosancta Romana Ecclesia, Reg. Inn. Bd. XIII 151f. Nr. 84; 1210 Juni 23, Cum iam annos pueriles, Reg. Inn. Bd. XIII 149f. Nr. 83.

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Kirchenrecht 7%

Andere 7%

Politik 43%

Kirchenverwaltung 43%

Grafik 3: Haupthemen der Papsturkunden für das Königreich

wir beobachten, dass mehr als 140 Diözesen des Königreichs 50 in den Registern Grafik 3: Haupthemen dervon Papsturkunden für das Königreich

aufscheinen: Es geht dabei um Bistümer, deren Verwaltung in irgendeiner Weise von der päpstlichen Kurie behandelt wurde, und nicht um die Tätigkeiten einzelner Erzbischöfe und Bischöfe. In erster Linie finden wir die großen Erzdiözesen wie Palermo, Cosenza, Neapel oder Acerenza mit ihren zahlreichen Suffraganbistümern. Jedoch sind auch mehrere kleinere Bistümer präsent, wie Troia in der Capitanata, Aquino und Sora an der Grenze zum Kirchenstaat oder Mottola bei Tarent. Wie die Papstregister uns zeigen, war die Verwaltung dieser Institutionen nicht immer logisch oder linear. Im behandelten Zeitraum bestimmte der Papst durchgehend eigene Legaten für das Königreich; diese waren jedoch mit anderen Verpflichtungen belastet und kamen auch nicht überall hin. Die von den Legaten getroffenen Entscheidungen waren auch nicht immer korrekt und brauchten jedenfalls die Bestätigung durch den Papst. So wurde z. B. im September 1213 der Kardinallegat Gregor von San Teodoro von Innocenz III. ermahnt, weil er versäumt hatte, für die Wahl des Erzbischofs von Palermo zu sorgen8. Die Erzbischöfe hatten oft keine Kontrolle über ihre Suffraganbistümer, und sehr oft kam es zu Konfrontationen und Prozessen an der Kurie um ihre jeweiligen Rechte. Ein weiteres zu berücksichtigendes Element sind die lokalen Domkapitel, die in dieser Zeit ihre Autonomie betonten9. Nehmen wir ein Beispiel: Von elf Urkunden, die das Erzbistum Cosenza betreffen, stehen fünf in Zusammenhang mit dem Projekt des Klosters San Giovanni in Fiore, der berühmten Gründung des Joachim von Fiore, seinen Hauptsitz an einen angenehmeren Ort in der Nähe von Cosenza zu verlegen10. Diese Verlegung war gegen die Interessen des

  1213 September 10, Grave gerimus et indignum, PL 216 Sp. 906 Nr. 110.   Siehe die erste ausführliche Studie von Kristjan Toomaspoeg, Capitoli e canonici nel Mezzogiorno medievale (X–XV sec.). Chiesa e storia 11 (im Druck). 10  1203 September 1, Cum in habitu regulari, Reg. Inn. Bd. VI 226f. Nr. 137; 1204 Februar 6, Significan­ tibus olim dilectis, Reg. Inn. Bd. VI 374–377 Nr. 219; 1204 Juni 4, Attendentes olim quod, Reg. Inn. Bd. VII 130–132 Nr. 81; 1204 (Juni 4), Attendentes olim quod, Reg. Inn. Bd. VII 133 Nr. 82; 1204 Oktober 30, Ut pal­ mes quem, Reg. Inn. Bd. VII 236–242 Nr. 148. Zwei andere Briefe betreffen die Besitzrechte von San Giovanni di Fiore über das Kloster Calabromaria: 1211 August 31, Inter vos et monachos, Reg. Inn. Bd. XIV 154–158 Nr. 99; 1211 (August 31), Inter dilectos filios, Reg. Inn. Bd. XIV 158f. Nr. 100. Siehe Codice diplomatico della Calabria I/2, Documenti florensi. Abbazia di San Giovanni in Fiore, ed. Pietro De Leo (Soveria Mannelli 2001), 8 9



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Erzbistums, aber es wurde eine Lösung gefunden, mit welcher der Erzbischof entschädigt wurde; das Domkapitel war damit jedoch nicht einverstanden, und es musste ihm vom Papst direkt befohlen werden, zuzustimmen; daneben war es auch noch notwendig, alle Einwohner der Stadt Cosenza aufzufordern, das Kapitel zu überzeugen. Eine der wichtigsten Fragen, mit denen sich die Kurie beschäftigte, stellten die Kandidaturen, Wahlen und Amtsbestätigungen der Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte wichtiger Klöster dar. Die süditalienische Kirche war praktisch der königlichen Macht und, auf lokaler Ebene, dem Patronat mächtiger Laien unterstellt11. Auch nach dem im Juni 1192 mit König Tancred geschlossenen Konkordat von Gravina, in welchem dieser dem Papsttum diesbezüglich Zugeständnisse machte12, behielt der König ein Vetorecht bei der Bischofswahl, wie es im November 1198 von Innocenz III. der Kaiserin Konstanze und ihrem Sohn Friedrich bestätigt wurde13. Gleichermaßen hatte aber auch der Papst das Recht, Wahlen zu kassieren. Im Grunde hatte der König auch das Recht, die Wahl anzuordnen und durchführen zu lassen, wie im Jahr 1209 ersichtlich wird, als König Friedrich einige Kanoniker von Palermo vertrieb, die gegen dieses Recht an der Kurie protestiert hatten: Der Papst ermahnte den König, den Kanonikern ihre Ämter und Einkommen zurückzugeben, hielt aber dessen Vorgangsweise bezüglich der Wahl für legitim14. Eine geeignete Person für ein Bischofsamt zu finden war in zweierlei Hinsicht sehr wichtig: Erstens konnten nur die Prälaten selbst die Autonomie der Kirche verteidigen, zweitens bestand zur Zeit der Unmündigkeit Friedrichs II. genauso wie unter den normannischen Königen der Familiarenrat des Königs hauptsächlich aus Geistlichen, die folglich in der Verwaltung des Königreichs eine vorherrschende Rolle spielten15. Das erklärt, warum eine bedeutende Zahl von Bischöfen direkt aus der römischen Kurie stammte16. Gleichzeitig verlangte Innocenz III. von den Kandidaten auch gewisse intellektuelle Fähigkeiten. Die Wahl eines Bischofs oder Abts war oft problematisch und konnte lange dauern. Mehrmals musste der Papst den Kapiteln befehlen zu wählen, und nicht selten gab es keinen von Allen akzeptierten Kandidaten und der Prälat wurde direkt von der Kurie und L’esperienza monastica florense e la Puglia. Atti del secondo convegno nazionale di studio, Bari, Laterza, Matera, 20–22 maggio 2005, hg. von Cosimo Damiano Fonseca (Roma 2007). 11  Siehe Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 2), und Decimae (wie Anm. 2). 12  Peter Csendes, Heinrich VI. (Darmstadt 1993) 135; Werner Maleczek, Ecclesiae patrimonium speciale. Sizilien in der päpstlichen Politik des ausgehenden 12. Jahrhunderts, in: Die Staufer im Süden. Sizilien und das Reich, hg. von Theo Kölzer (Sigmaringen 1996) 29–42, hier 35; Gerhard Baaken, Unio regni ad imperium. Die Verhandlungen von Verona 1184 und die Eheabredung zwischen König Heinrich VI. und Konstanze von Sizilien, in: ders., Imperium und Papsttum. Zur Geschichte des 12. und 13. Jahrhunderts. Festschrift zum 70. Geburtstag, hg. von Karl-Augustin Frech–Ulrich Schmidt (Köln–Weimar–Wien 1997) 81–142, hier 123. Jedoch respektierte der Kaiser und König Siziliens Heinrich VI. das Konkordat schon bald darauf nicht mehr: Hartmut Jericke, Imperator Romanorum et Rex Siciliae. Kaiser Heinrich VI. und sein Ringen um das normannisch-sizilische Königreich (Europäische Hochschulschriften III/765, Frankfurt am Main u. a. 1997) 33. 13   1198 November, Nec novum nec iniustum, Reg. Inn. Bd. I 616–618 Nr. 411 und 1198 November, Si carissime in Christo, Reg. Inn. Bd. I 618–620 Nr. 412. 14   1209 Januar 9, Ex tenore litterarum, Reg. Inn. Bd. XI 334–337 Nr. 203 (208). 15  Salvatore Tramontana, Il Mezzogiorno medievale. Normanni, svevi, angioini, aragonesi nei secoli XI– XV (Le Italie medievali. Studi superiori 380, Roma 2000) 52. 16 Kristjan Toomaspoeg, I chierici al servizio dello stato nel Regno di Sicilia. Appunti di mobilità ecclesiastica (sec. XII–XIII), in: La mobilità sociale nel Medioevo italiano 3. Il mondo ecclesiastico (secoli XII–XV), hg. von Sandro Carocci–Amedeo De Vincentiis (Roma 2017) 337–359, hier 341.

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ernannt. So wurde im Jahr 1202 der Bruder des berühmten Abts Roffred von Montecassino, Gregor de Insula, zum Erzbischof von Trani gewählt, die Umstände der Wahl waren aber so feindselige, dass er sofort resignierte17. Das Kapitel von Fondi hatte sich 1199 zweimal unkorrekter Wahlen schuldig gemacht und wurde bestraft18. Einige Kandidaten waren auch nicht sehr überzeugend: So haben im Jahr 1204 die Benediktinermönche von Santa Eufemia in Kalabrien, wohl als Protestdemonstration, als neuen Abt den Abt des Zisterzienserklosters Corazzo erwählt, eine Wahl, die vom Papst kassiert wurde, der darauf hinwies, dass die Lebensweise der Zisterzienser anders war als die der Benediktiner19. In der Abtei Santissima Trinità von Mileto wurde um 1198 ein Abt gewählt, der verschwiegen hatte, dass er schwer verstümmelt war und ihm die linke Hand fehlte, weshalb er für das Amt ungeeignet war20. Die weltlichen Mächte versuchten, ihre eigenen Kandidaten durchzubringen, so dass es im Jahr 1208 in dem kleinen Bistum von Cerenzia eine Doppelwahl gab, als der Graf von Crotone den legitimen Elekten abund seinen Kaplan als Bischof einsetzte21, und 1211 versuchte Friedrich II., seinen Leibarzt zum Bischof von Policastro zu ernennen22. Auch wenn es einem Kandidaten gelang, Bischof-Elekt zu werden, gab es in einer langen Reihe von Fällen Proteste von der einen oder der anderen Seite des Kapitels. Diese Einwände wurden dann an der Kurie sorgfältig untersucht und oft delegierten Richtern anvertraut. Dies alles konnte viel Zeit in Anspruch nehmen, am häufigsten wurden die Anklagen schließlich fallengelassen. So entschied der Papst im September 1203, dass der gewählte Bischof von Anglona sein Amt ausüben könne, auch wenn er der Sohn eines verheirateten griechischen Priesters war23. Einwände gegen gewählte Prälaten waren sehr häufig, wie uns auch ein Privileg zugunsten des Erzbischofs von Reggio aus dem Jahr 1202 zeigt: Der Papst gewährt darin dem Erzbischof, dass seine Wahl von niemandem angefochten werden könne24. Gleichzeitig gab es aber auch Bischöfe wie denjenigen von Vieste in 1198, die trotz ihrer Bestrafung und Suspendierung ihr Amt nicht aufgaben25. Ein anderes Thema, das häufig in den Briefen Innocenz’ III. vorkommt, sind die Konflikte innerhalb oder zwischen lokalen Kircheninstitutionen, die gewöhnlich von delegierten Richtern oder Legaten gelöst wurden, sehr oft aber Jahre oder sogar Jahrzehnte dauerten. So hatten beispielsweise manche Diözesen offiziell zwei Hauptsitze, wie Messina-Troina, Brindisi-Oria, Bari-Canosa oder Acerenza-Matera, und die Kanoniker des zweiten Standorts waren bestrebt, eine Gleichrangigkeit mit denen des ersten Sitzes erreichen26. Die Kanoniker von San Michele auf dem Gargano wollten seit dem Pontifi17   1202 September 16, Licet quidam vestrum, Reg. Inn. Bd. V 170–172 Nr. 87 (88). Siehe Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 2) 2 550–552. 18   1199 Oktober 11, Cassata olim electione, Reg. Inn. Bd. II 350f. Nr. 184 (193).  19   1204 Februar (7), Cum filii dissidentes, Reg. Inn. Bd. VI 393–395 Nr. 233. 20   1198 Juni 27, Exposuisti nobis in, Reg. Inn. Bd. I 437 Nr. 307. 21  1208 Juli 10, Dilectus filius magister, Reg. Inn. Bd. XI 159–161 Nr. 102 (107). Siehe Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 2) 2 898–900. 22  1211 Juni 17, Policastrensi ecclesia dudum, Reg. Inn. Bd. XIV 121–124 Nr. 80. Siehe Kamp, Kirche und Monarchie (wie Anm. 2) 1 470f. 23  1203 September 5, Cum olim ad nostram, Reg. Inn. Bd. VI 228f. Nr. 139. 24 (1202) Theiner 62 Nr. 252. 25  1198 Februar, Significantibus dilectis filiis, Reg. Inn. Bd. I 31–33 Nr. 21. 26 Siehe u. a. Guida degli Archivi capitolari d’Italia 3, hg. von Salvatore Palese–Emanuele Boaga– Francesco De Luca–Lorella Ingrosso (Pubblicazioni degli Archivi di Stato. Strumenti 172. Quaderni di „Archiva ecclesiae“ 10, Roma 2006) 40–42.



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kat Alexanders III. beweisen, dass San Michele ein Sitz des Erzbischofs von Siponto war, jedoch mit Hilfe eines ganz grob gefälschten Papstbriefes27, und jene von Oria versuchten ohne Erfolg, dem Erzbischof von Brindisi eine mehrmonatige Residenz pro Jahr in Oria aufzuzwingen28. Einige Bischofssitze, wie Aversa 1198, strebten danach, sich von der Macht des Erzbischofs zu emanzipieren und eine direkte Unterstellung unter den Apostolischen Stuhl zu erlangen29. Dies gilt auch für einige Klöster wie Monte Sacro auf dem Gargano, das 1198 für unabhängig von Santa Maria di Calena und direkt dem Papst unterstellt erklärt wurde30. Es gab eine Reihe von ähnlichen Fällen, aber der bekannteste ist zweifellos jener der Stadt Foggia, die sich vom Bischof von Troia emanzipieren wollte und vergeblich um einen eigenen Bischof bat31. Nicht selten ging es aber auch um Personen, denen Verbrechen vorgeworfen wurden, Priester, Kanoniker oder selbst Bischöfe und Erzbischöfe. 1198 und 1199, um ein Beispiel anzuführen, wurde der Abt von San Benedetto von Siponto beschuldigt, gefälschte Papstbriefe verwendet zu haben32. Die innerkirchlichen Probleme waren manchmal verflochten mit Übergriffen und Einmischungen durch die weltliche Macht. In dieser Zeit handelte es sich meist noch nicht um die zentrale Macht, die die Kirche bedrohte, sondern um die lokalen Machthaber. Einige Prälaten wie der Erzbischof von Santa Severina 119833 wurden von der weltlichen Macht widerrechtlich eingesetzt, einige Verbrecher wie der Bischof von Vieste34 oder derjenige von Penne35 wurden von Laien beschützt, und andere appellierten an die weltliche Gerichtsbarkeit. In einer großen Zahl von Bistümern hatten die Laien einen Teil des Kirchenbesitzes usurpiert, und manchmal waren die Kleriker gezwungen, die lokalen Steuern zu bezahlen. Außerdem hatten die Laien oft das Patronatsrecht über Kirchen inne, und als der Graf von Lecce eine seiner Eigenkapellen, zusammen mit dem Benediktinerkloster von Ginosa, den Zisterziensern von Casamari übertragen wollte, kam der Papst nicht umhin, dem Erzbischof von Acerenza zu schreiben, dass, auch wenn es Laien nicht erlaubt war, über kirchliche Dinge zu verfügen, es diesmal notwendig sei, der Anfrage mit Diskretion zuzustimmen36. Gleicherweise kassierte der Papst 1203 eine vom Bischof von Marsica vorgenommene Besetzung einer Kirche, da einer der weltlichen Patrone dieser Kirche nicht einbezogen worden war37. Kirchenbesitz und seine Verwendung sind Objekt einer langen Reihe von Briefen, die gewöhnlich Sonderfälle betreffen, so wenn einige Bischöfe die Genehmigung erhalten, die von ihren Vorgängern abgeschlossenen Geschäfte zu annullieren und für ungül-

  1202 Mai 25, In litteris bone memorie, Reg. Inn. Bd. V 74–78 Nr. 41 (42).   1199 Dezember 17, Nuntios vestros et litteras, Reg. Inn. Bd. II 456f. Nr. 237 (246, 247). 29   1198 November 8, Cum simus singulis, Reg. Inn. Bd. I 601f. Nr. 402. 30   1198 November 10, Cum super libertate, Reg. Inn. Bd. I 637–641 Nr. 427. 31 Jean-Marie Martin, Foggia nel Medioevo (Le città del Mezzogiorno medievale 2, Galatina 1998) 47– 27 28

50.

  1199 Januar 14, Ex litteris dilectorum, Reg. Inn. Bd. I 764f. Nr. 529 (531).   1198 Februar 6, Ex illo singularis, Reg. Inn. Bd. I 27f. Nr. 16; 1198 Februar 9, Ex illo singularis, Reg. Inn. Bd. I 28, Nr. 17; 1198 Februar 9, Si creditas tibi, Reg. Inn. Bd. I 28f. Nr. 18. 34  1198 Februar, Significantibus dilectis filiis, Reg. Inn. Bd. I 31–33 Nr. 21. 35  1199 September 21, Qualiter post obitum, Reg. Inn. Bd. II 339f. Nr. 176 (185); 1200 Oktober 29, Tacti sumus dolore, Theiner 52 Nr. 179. 36  1198 August 27, Significante nobili viro, Reg. Inn. Bd. I 511 Nr. 341. 37  1203 August 12, Cum dilectus filius, Reg. Inn. Bd. VI 213f. Nr. 128. 32 33

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tig zu erklären38, oder wenn der Erzbischof von Neapel einige Besitzungen seiner Kirche verkaufen darf, um die Schulden des Erzbistums zu decken; zu Beginn des Pontifikats Innocenz’ III. befand sich Neapel in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage39. In einigen Fällen geht es auch um Wucher, so als unter anderen der Bischof von Venafro40 Kirchenbesitz zu wucherischen Bedingungen verpfändet hatte. Oft geht es auch um die Pfründen der Kanoniker: Im Grunde waren nur wenige süditalienische Kirchen für den mittelalterlichen Pfründenmarkt interessant, die meisten waren einfach zu klein und zu arm. In unserem Fall handelt es sich hauptsächlich um die größeren Domkapitel von Aversa, Neapel, Benevent und Salerno, wo sich der Papst einen Teil der Benefizen reservierte41, ausnahmsweise jedoch auch um Bistümer wie Aquino und Alife, deren Kanoniker wohl lokaler Herkunft waren. Schließlich können wir einige Papstbriefe unter die Privilegien einreihen: Es geht hier vor allem um die Bestätigungen von Rechten und Besitz einzelner Diözesen wie Monreale 119842, Forcone 120443, Capua 120844 und Klöster wie Santa Maria di Casanova in den Abruzzen 119945 oder Santa Maria della Ferraria 1200 und 120246. In einigen Schreiben wurden Personen oder Kircheninstitutionen in den Schutz des Apostolischen Stuhls

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Grafik 4: 4: Zahl Innocenz’ III. III. im Königreich Sizilien Grafik Zahl der derUrkunden Urkundenzur zurPolitik Politik Innocenz’ im Königreich Sizilien

  So im Bistum Nicastro: 1198 Juni 5, Significasti nobis per, Reg. Inn. Bd. I 353 Nr. 250.   1198 November 13, Sicut nostris est, Reg. Inn. Bd. I 625 Nr. 417. 40  1207 Juli 24, Ex conquestione venerabilis, Reg. Inn. Bd. X 157f. Nr. 92. 41  So z. B. in Benevent: 1198 Juni 8, In admirationem inducimur, Reg. Inn. Bd. I 360 Nr. 258. Diese Thematik wird in Toomaspoeg, Capitoli (wie Anm. 9), zum ersten Mal genauer untersucht. 42  1198 April 27, Licet Dominus noster, Reg. Inn. Bd. I 447–454 Nr. 316. 43  1204 Juli 1, In eminenti apostolice sedis, Reg. Inn. Bd. VII 180–183 Nr. 115. 44  1208 Juli 23, Cum ex iniuncto, Reg. Inn. Bd. XI 184–188 Nr. 120 (125). 45  1193 März 17, Religiosam vitam eligentibus, Reg. Inn. Bd. II 27f. Nr. 19. 46  1200 Januar 19, Religiosam vitam eligentibus, Reg. Inn. Bd. II 505–507 Nr. 262 (274); (1202), Theiner 63 Nr. 260. 38 39



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genommen: so der Archidiakon von Acerenza 119947 oder ein Spital des Hl. Rainerius, wahrscheinlich in Syracus, 120548. Andere betreffen spezifische Güter und Rechte, z. B. wenn dem Erzbischof von Capua die Unterstellung der Abtei von Santa Maria von Capua bestätigt wurde49. Die zweite Hauptgruppe der registrierten Schreiben befasst sich mit der Politik des Papstes bezüglich des Königreichs Sizilien (Grafik 4). Wie die chronologische Darstellung dieser Quellen anzeigt, handelt es sich vor allem um die Zeit der Regentschaft Innocenz’ III. im Königreich; nach 1208 sind nur wenige Briefe zu diesem Thema vorhanden. Zur Regentschaft des Papstes besitzt man seit dem Werk von Friedrich Baethgen eine Reihe von ausführlichen Studien, so dass eine tiefergehende Untersuchung dieses Themas hier nicht notwendig ist50. Beschränken wir uns so auf eine Beschreibung der einzelnen Kategorien diesen Urkunden (Grafik 5).

Walter von Palearia 9%

Krieg gegen Otto IV. 3%

Friedrich II. 13% Krieg gegen die Deutschen 45%

Verwaltung des Kgr. Sizilien 30%

Grafik 5: Politik Innocenz’ III. in Süditalien Grafik 5: Politik Innocenz’ III. in Süditalien Einen Schwerpunkt stellt hier der Krieg gegen die „Deutschen“ dar, so zuerst gegen Markward von Annweiler51, dann gegen Wilhelm Capparone52, Diepold von Schweins­ peunt53 und ihre Anhänger. Markward von Annweiler ist diejenige Person, die in unseren   (1199 Juli 31), Sacrosancta Romana ecclesia, Reg. Inn. Bd. II 298 Nr. 148 (157).   1205 Mai 25, Solet annuere sedes, Reg. Inn. Bd. VIII 110f. Nr. 66 (65). 49   1208 Juli 21, Solet annuere sedes, Reg. Inn. Bd. XI 188–191 Nr. 121 (126). 50  Siehe Baethgen, Regentschaft (wie Anm. 1); Michele Maccarrone, La famiglia d’Aquino e la politica territoriale di Innocenzo III ai confini della Campania papale, in: ders., Studi su Innocenzo III (Italia sacra 17, Padova 1972) 165–219. 51 Theo Kölzer, Art. Marcovaldo di Annweiler. Enciclopedia Fridericiana, https://www.treccani.it/enciclopedia/marcovaldo-di-annweiler_(Federiciana)/ [13. 12. 2022]. 52 Hubert Houben, Art. Guglielmo Capparone. Enciclopedia Fridericiana, https://www.treccani.it/enciclopedia/guglielmo-capparone_%28Federiciana%29/ [13. 12. 2022]. 53 Norbert Kamp, Art. Dipoldo di Schweinspeunt. DBI 40 (1991), https://www.treccani.it/enciclopedia/ dipoldo-di-schweinspeunt_%28Dizionario-Biografico%29/ [13. 12. 2022]. 47 48

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Urkunden am häufigsten vorkommt: Er wird in nicht weniger als 28 Briefen behandelt oder genannt, bis zu seinem Tod im Jahr 1202, über welchen sich der Papst in seinem Brief vom 24. September 1202 freute54. Der Krieg selbst ist das Thema von 65 Briefen: Es handelt sich dabei um bekannte Urkunden, so Mandate, Entsendungen von Legaten, die Organisation von Kriegsexpeditionen usw. Erinnern wir nur daran, dass das erste zitierte Schreiben, der Brief Inter cetera que, der die Freilassung von in Deutschland gefangen gehaltenen sizilischen Adeligen befahl, schon im Februar 1198 ausgestellt wurde55. Der Krieg gegen Otto IV. in Süditalien wird dagegen in den Registern Innocenz’ III. nur sehr wenig sichtbar, und die Briefe zu diesem Thema gehen eher indirekt darauf ein, wie die Klagen gegen einige Prälaten, darunter der Erzbischof von Sorrento und der Bischof von Melfi, die wegen ihrer Verbundenheit zu Otto IV. bestraft wurden56, genauso wie die Stadt Neapel, über welche das Interdikt verhängt wurde57. Die nach Markward von Anweiler am zweithäufigsten in den Registern erwähnte oder behandelte Person aus Süditalien (Grafik 6) war Walter von Palearia oder Pagliara, Adeliger und Prälat, der sich mit Geschick zwischen dem Papst und dessen Feinden bewegte: Diese Gegebenheiten sind gut bekannt58. Auch die anderen oft genannten Personen wie Graf Walter von Brienne oder Roffred de Insula, Abt von Montecassino und Kardinal von

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Grafik 6: Die in den Briefen Innocenz’ III. für Süditalien meistgenannten Personen Grafik 6: Die in den Briefen Innocenz’ III. für Süditalien meistgenannten Personen

  1202 September 24, Benedictus Deus et Pater, Reg. Inn. Bd. V 172f. Nr. 88 (89).   1198 Februar, Inter cetera que, Reg. Inn. Bd. I 38–40 Nr. 26. 56   1212 Juni 5, Circa radices infructuose, Reg. Inn. Bd. XV 155–157 Nr. 115; 1213 Januar 30, Aures habuit et, Reg. Inn. Bd. XV 388–391 Nr. 238 (235); 1213 November 6, Constitutis in nostra presentia, PL 216 Sp. 928–931 Nr. 139. 57  1211 Juni 16, Ex parte tua, Reg. Inn. Bd. XIV 114f. Nr. 73. 58 Norbert Kamp, Art. Walter von Pagliara († 1229/31). LMA 8 (1997) 2000, und Hubert Houben, Art. Gualtiero di Palearia. Enciclopedia Federiciana, https://www.treccani.it/enciclopedia/gualtiero-dipalearia_%28Federiciana%29/ [13. 12. 2022]. 54 55



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Santi Marcellino e Pietro59, sind sämtlich Hauptdarsteller der Politik des Papstes. Und natürlich kommt auch der junge König Friedrich oft vor, 14 Briefe sind direkt an ihn gerichtet oder behandeln wichtige Aspekte seines Lebens, wie seine Heirat mit Konstanze von Aragón oder seine Freilassung aus der Gefangenschaft in Palermo60. Wenn wir jetzt zu den Gesamtkategorien zurückkehren, so betreffen viele Schreiben, etwa 30 % von diesen, die Tätigkeit und Politik Innocenz’ III. in Süditalien und 15 % von allen registrierten süditalienischen Briefen die päpstliche Verwaltung des Königreichs Sizilien. Diese Verwaltung fand auf vier verschiedenen Ebenen statt (Grafik 7). Die in unseren Briefen namentlich genannten Legaten, die Kardinäle Oktavian von Ostia, Roffred von Santi Marcellino e Pietro (gleichzeitig Abt von Montecassino), Johann von Santo Stefano in Celiomonte, Gerhard von Sant’Adriano, Gregor von Santa Maria in Portico Octaviae, Cinthius von San Lorenzo in Lucina, Peter von Porto und Santa Rufina, Gerhard von Sant’Adriano und Gregor von San Teodoro wurden allein oder zu zweit in den Süden gesendet, agierten aber keineswegs als einzige Stellvertreter des Papstes oder Regenten und kümmerten sich gewöhnlich um spezifische Fragen. Der Papst kommunizierte direkt mit den höheren Machthabern: so dem König selbst, dem Familiarenrat des Königs und mit einer Reihe von Persönlichkeiten wie Walter von Brienne, der, gemeinsam mit dem päpstlichen Marschall Jakob von Andria, den Kampf gegen die Deutschen im Jahr 1201 führte, oder Walter von Palearia, als dieser Kanzler des Königreichs wurde. Lokale Gemeinde 8%

Legaten 22%

Hohe Beamte 20%

Lokale Beamte 50%

Grafik 7: Verwaltungsebenen Innocenz’ III. im Königreich

Grafik 7: Verwaltungsebenen Innocenz’ III. im Königreich

Die Verwaltung wurde aber weitgehend vom Papst selbst ausgeübt, wie auch unsere Grafik zeigt. Vor allem gab Innocenz III. Befehle, als Regent und nicht als Papst, an eine Reihe von Behörden des Königreichs, die ich hier als „lokale Beamte“ dargestellt habe, 59 Theo Kölzer, Art. Dell’Isola, Roffredo. DBI 38 (1990), https://www.treccani.it/enciclopedia/roffredodell-isola_%28Dizionario-Biografico%29/ [13. 12. 2022]. 60  Siehe Wolfgang Stürner, Friedrich II., Bd. 1. Die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland 1194– 1220 (Darmstadt 1992).

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von denen aber einige an der Spitze der Hierarchie standen. Wir sehen hier die damals vorherrschende Rolle der Grafen, deren Zahl und Macht während der Minderjährigkeit Friedrichs II. schnell zugenommen hatte. Die wichtigsten Provinzialbeamten, die ius­ titiarii, waren sehr oft selbst Angehörige der Grafengeschlechter61. Der Papst versuchte nun, die in Auflösung befindliche vorherige Provinzialverwaltung in irgendeiner Weise wiederherstellen, z. B. indem er 1202 den Admiral Eugen, den Templer Guillaume de Beaujeu und einen M. von Potenza als magistri camerarii und iustitiarii in Apulien und der Terra di Lavoro einsetzte62. Dabei wurden jedoch zwei zuvor separate Ämter, jenes des camerarius und jenes des iustitiarius, zusammengelegt, und das Verwaltungsgebiet der drei Funktionäre entsprach mehreren ehemaligen Provinzen. Diese Strukturen waren für den Papst vor allem Grundlage für die Erhebung von Steuern, da die Ressourcen aus Apulien, Kampanien und separat auch aus dem Herzogtum Amalfi damals die Kriegsexpedition in Sizilien finanzieren sollten63. Jedoch ist es Innocenz III. niemals gelungen, die Finanzen des Königreichs unter seine volle Kontrolle zu bringen, und als er in seinem Brief vom August oder September 1206, Sicut agricola gratulatur, dem König Friedrich schrieb, er hoffe auf das nahe Ende der ermüdenden und kostspieligen päpstlichen Regentschaft, entsprach dies wohl der Wahrheit64. Auf einer anderen, etwas niedrigeren Ebene korrespondierte der Papst auch mit lokalen Gemeinschaften, so mit den Sarazenen von Sizilien65 genauso wie mit den Einwohnern von Capua oder Bovino. Bekanntlich ist der Papst im Sommer 1208, also ganz am Ende seiner Regentschaft, endlich auch persönlich in das Königreich gekommen, und in San Germano wurde versucht, eine Art von Verwaltungsordnung wiederherstellen66, in welcher aber jetzt die Barone eine dominante Rolle hatten; für das Festland wurden zwei Generalkapitäne, die Grafen Peter von Celano und Richard von Fondi, eingesetzt67. Zu diesen zwei Hauptthemen, die Kirchenverwaltung in Süditalien und die Politik Innocenz’ III. im Königreich, können einige andere hinzugefügt werden. So gibt es beispielsweise eine Gruppe von fünf Briefen über die Kreuzzugspredigt und die Sammlung von Geldmitteln und Kämpfern für den Krieg im Heiligen Land in Sizilien in den Jahren 1198 und 119968. Wie erwähnt, sind die registrierten Urkunden des ersten Pontifikatsjahres sehr zahlreich, und wir finden im ersten Registerband Kategorien von Briefen, die  Siehe Baethgen, Die Regentschaft (wie Anm. 1) 136–140.   1202 April 22, Ad vestram noveritis audientiam, Reg. Inn. Bd. V 42f. Nr. 21 (22); Documenti tratti dai registri vaticani (da Innocenzo III a Nicola IV), ed. Domenico Vendola (Documenti vaticani relativi alla Puglia 1, Trani 1940) 32 Nr. 35. 63  1202 August, Sicut ex litteris tuis, Reg. Inn. Bd. V 150f. Nr. 75 (76). 64  1206 (August–September), Sicut agricola gratulatur, Reg. Inn. Bd. IX 282f. Nr. 157. 65  1199 (Dezember 10), Cum vos audivimus, Reg. Inn. Bd. II 421–423 Nr. 217 (226); 1206 (September 15), Gaudemus plurimum et sinceritatem, Reg. Inn. Bd. IX 283–285 Nr. 158. 66 Cristina Carbonetti, Art. San Germano (1208), Dieta di. Enciclopedia Federiciana, https://www.treccani.it/enciclopedia/san-germano-dieta-di_%28Federiciana%29/ [13. 12. 2022]. 67  1208 (Juli–August), Hec est ordinatio, Reg. Inn. Bd. XI 201f. Nr. 127 (132); 1208 (Juli–August), Uni­ versitati vestre presentium, Reg. Inn. Bd. XI 203 Nr. 128 (133). 68  1198 Juni, Plorans ploravit Ecclesia, Reg. Inn. Bd. I 430–433 Nr. 302; 1198 Juli 29, In navi nostri, Reg. Inn. Bd. I 538–540 Nr. 358; (1198 August 30), Cum te credamus, Reg. Inn. Bd. I 512–514 Nr. 343; (1198 September 1), Ad sollicitandos fidelium, Reg. Inn. Bd. I 514 Nr. 344; 1199 Januar 5, De vestra discretione, Reg. Inn. Bd. I 741–743 Nr. 508; 1217 Juli 8, Pressutti I 113 Nr. 654. 61 62



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später ganz selten vorkommen. Unter anderen sind hier auch Schreiben zur Verwaltung der päpstlichen Enklave von Benevent zu finden69, mit einigen sehr detaillierten Bestimmungen zum Beispiel zu lokalen Notaren und ihren Urkunden70. Eine etwa größere Gruppe besteht aus Briefen kirchenrechtlichen Inhalts71. Mehrere von diesen habe ich hier unter dem Begriff „Verwaltung der Kirche“ klassifiziert, da es um Urteile in verschiedenen süditalienische Bistümer betreffenden Prozessen geht. 16 andere stellen aber eine spezifische Quellengruppe dar: die Responsa des Papstes an Prälaten zu Fragen des Kirchenrechts, gewöhnlich konkrete Beispiele aus dem Alltagsleben (Grafik 8). Die Eintragung ins Register und deren Zeitpunkt ist bei diesen Schreiben ein wichtiger Aspekt: Wir finden sie praktisch nur zu Beginn des Pontifikats und dann vereinzelt bis 1209. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Innocenz III. regelmäßig eine solche Korrespondenz mit süditalienischen Bischöfen, Kanonikern und Äbten führte, so dass wohl in jedem Pontifikatsjahr eine gewisse Anzahl derartiger Briefen verfasst wurde, die aber nur in Ausnahmefällen registriert wurden. 4

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Grafik 8: Kirchenrechtliche Responsa pro Jahr

Grafik 8: Kirchenrechtliche Responsa pro Jahr

Manche der behandelten Fragen sind hochbedeutend. So erhielt der Erzbischof von Neapel im November 1198 eine ausführliche Erklärung zu den Modalitäten des kanonischen Prozesses am erzbischöflichen Hof72. Joachim von Fiore seinerseits, als Abt von San Giovanni in Fiore, der beim Papst die Möglichkeit sondiert hatte, dass ein Mönch wegen gesundheitlichen oder anderen Problemen das Kloster verlassen könne, erhielt als Antwort ein kategorisches Verbot73. Der griechische Erzbischof von Rossano (Paschalis) war in erster Linie völlig unerfahren in kirchlichen Angelegenheiten, so dass Innocenz III. ihm eine lange Reihe von Antworten sandte, auch über Basisfragen wie die Grade der 69  Siehe Otto Vehse, Benevent als Territorium des Kirchenstaates bis zum Beginn der avignonesischen Epoche (Roma 1932); [Albador] Daniel Siegmund, Die Stadt Benevent im Hochmittealter. Eine verfassungs-, wirtschafts- und sozialgeschichtliche Betrachtung (Aachen 2011); Giovanni Araldi, Vita religiosa e dinamiche politico-sociali. Le congregazioni del clero a Benevento (secoli XII–XIV) (Biblioteca storica meridionale. Saggi 1, Napoli 2016). 70   Z. B. 1198 Juni 9, In dilectione civitatis, Reg. Inn. Bd. I 359f. Nr. 257. 71   Siehe u. a. Peter Landau, Papst Innocenz III. in der richterlichen Praxis. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Kooperationsmaxime, in: ders., Europäische Rechtsgeschichte und kanonisches Recht im Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze aus den Jahren 1967 bis 2006 (Badenweiler 2013) 623–632. 72  1198 November 14, Ad nostram noveris, Reg. Inn. Bd. I 623f. Nr. 415. 73  1199 Januar 11, Porrectum nobis ex parte, Reg. Inn. Bd. I 757 Nr. 524.

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Blutsverwandtschaft im Eherecht, die Verpflichtung der Kleriker, ihre Konkubinen zu verlassen, oder die Teilnahme von Äbten und Priestern an Diözesansynoden74. Dem Erzbischof von Conza übertrug er die Aufgabe, im Streit zwischen Griechen und Lateinern über die Sprache der Messe eine Lösung zu finden75. Nicht alle Fragen fanden eine Antwort, so dass dem Abt Roffred von Montecassino 1207 geschrieben wurde, dass das Problem, das er angesprochen hatte, eigentlich in der Kompetenz der Richter von Cassino lag76. In anderen Fällen entwickelte der Papst aber lange und ausführliche Belehrungen, und ich stelle mir gerne vor, dass er sich mit diesen kirchenrechtlichen Problemen auch amüsiert hat. Einige betrafen die Kompetenz und das Verhalten von Klerikern, wie jener Kantor von Otranto, der weder lesen noch singen konnte und deshalb für sein Amt völlig ungeeignet war – der Papst schreibt dazu: „außer seiner Tonsur hat er nichts aufzuweisen“77. Meistens handelte es sich aber um Probleme betreffend Ehen und Erbschaften. So wurde der Papst gefragt, ob vorausgegangene sexuelle Beziehungen ein Grund für eine Heirat sein können, in einem konkreten Fall, wo ein Mann aus dem Bistum von Marsica seine Verlobte nicht mehr heiraten wollte78. Oder, in einem anderen Fall aus Siponto, wo eine junge Frau ihre Ehe wegen impotentia coeundi des Manns annullieren wollte, inzwischen aber selbst mit einem jungen Mann Kinder gezeugt hatte79. Oder im Fall eines Mannes in Messina, der sich mit einer dortigen Frau verheiratete, jedoch eine andere Ehefrau in seiner Heimatstadt Limoges hatte80. In den beiden letzteren Fällen war es die Zeit, die die Lösung brachte: Der Ehemann der Frau aus Siponto starb, genauso wie die erste Ehefrau aus Limoges, so dass man, wie der Papst schrieb, für komplexe und auf den ersten Blick unlösbare Probleme eine einfache Lösung gefunden hatte. Die registrierten Urkunden Innocenz’ III. für das Königreich Sizilien behandeln verschiedene Themen, die wir, wie oben beobachtet, in vier Gruppen teilen können: die Papstpolitik im Süden mit dem Krieg gegen die Deutschen und gegen Otto IV., die Verwaltung des Königreichs während der Unmündigkeit Friedrichs II., die Verwaltung der zahlreichen süditalienischen Diözesen und Klöster und, schließlich, die Varia, damit auch die kirchenrechtlichen Responsa. Der Anteil der registrierten Urkunden am gesamten Ausstoß ist nicht zu eruieren, aber alle wichtigen Aspekte des Verhältnisses zwischen der Kurie und Süditalien werden durch die Registerbände dokumentiert. Mit Hilfe der leider sehr lakonischen Regesten von Pietro Pressutti und einigen schnellen Kontrollen im Archivio Apostolico Vaticano kann man feststellen, dass unter dem Nachfolger Innocenz’ III. die Zahl der Urkunden stark gewachsen ist: So haben wir für das erste Pontifikatsjahr Honorius’ III. 39, für das zweite 57 und für das dritte 53 Urkunden für Süditalien, um nur die Anfänge zu berücksichtigen. Zwischen 1216 und 1219 betreffen die Schreiben hauptsächlich die Verwaltung der Kirche und das Kirchenrecht, und erst danach wird auch die Rolle der päpstlichen Politik im Königreich stärker sichtbar. So finden wir in den ersten Urkunden Honorius’ III. nur einige der Aspekte, die wir für die   1199 Dezember 31, Quod super hiis, Reg. Inn. Bd. II 480–482 Nr. 251 (261).   1201 November 23, PL 214 Sp. 909 Nr. 27, Theiner 53 Nr. 196. 76  1207 August 9, Recepimus litteras tuas, Reg. Inn. Bd. X 174 Nr. 103. 77  1198 Juni 23, Cum litigaturus super, Reg. Inn. Bd. I 414–417 Nr. 295, S. 416 Z. 29f. 78  1198 Februar 22, Significasti nobis per, Reg. Inn. Bd. I 75 Nr. 48. 79  1204 April 1, Sicut ex litteris tuis, Reg. Inn. Bd. VII 64 Nr. 38. 80 (1207–1209), Veniens ad presentiam nostram, Reg. Inn. Bd. XI 452 Nr. 271 (277). 74 75



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Verwaltung durch Innocenz III. aufgezeigt haben, und der Papst beschäftigte sich vor allem mit einer Ordnung der süditalienischen Kirchenstrukturen: Während der Abwesenheit Friedrichs II. vom Königreich (1212–1220) war hier eine gewisse Anarchie entstanden. Das seit fast 60 Jahren laufende Editionswerk der Register Innocenz’ III. ist eine beeindruckende Leistung von hoher Qualität und Präzision und es ist zu wünschen, dass auch die Register Honorius’ III. in solcher Weise bearbeitet und veröffentlicht werden. Es ist meiner Meinung nach skandalös, dass dieses Unternehmen noch nicht stattgefunden hat und dass man auf die endgültige Edition der Urkunden Innocenz’ III. so lange warten musste. Denkt man dann an die Papstregister des 14. und 15. Jahrhunderts, wird das Bild noch trauriger. In unserer Zeit ist es schwierig geworden, Projekte zur Edition mittelalterlicher Urkunden vorzuschlagen und umzusetzen, was jeder Logik widerspricht. Kommen wir zu den Registerbänden Innocenz’ III. zurück, habe ich nur ein einziges Desideratum: die online Zugänglichkeit der gedruckten Bände. Zumindest die älteren Bände sollte man in Open Access benutzen können, und eine parallele Internet-Edition zumindest der Indices wäre natürlich sehr hilfreich. Als Vergleich kann ich die Register der Anjou-Kanzlei Siziliens bringen, deren 50 Bände jetzt zu 100 % als PDF im Internet zugänglich sind, was eigentlich für Spezialisten des süditalienischen Mittelalters eine kleine Revolution ist. Was auch eine Idee sein könnte, wäre eine Sammlung der Urkunden Innocenz’ III., die in den Registern nicht vorhanden sind81, durch eine Zusammenarbeit mit europäischen Archivaren und Historikern.

81   Siehe z. B. Werner Maleczek, Unbekannte und wenig bekannte Privilegien Papst Innocenz’ III. (1198– 1216) mit Kardinalsunterschriften. MIÖG 122 (2014) 107–111.

The Letters of Popes Innocent III and Honorius III to the Iberian Peninsula Damian Smith

Innocent’s enregistered letter, Olim nobis per, of 24 November 1209, to Bishop Rodrigo of Sigüenza relates events of early 1208, when, during a mass celebrated in the cathedral of Sigüenza by an archpriest, with the bishop present, the congregation were enthusiastically pressing forward into the choir of the canons and towards the altar. Rodrigo was upset by their lack of reverence and asked for the crowd to be kept at bay. When this did not work, he decided to enforce his own social distancing measures, taking up a staff, striking out at the people, hitting some gently, scaring others, while others from the altar joined in with their own staffs. It appears that in the melee, a young man was struck on the head; though suffering no obvious effects immediately, sometime afterwards he fell ill and died. The gossip grew that he had been killed through a blow struck by the bishop. While his conscience was clear, Rodrigo abstained from celebrating mass until he had been exonerated by the pope. Subsequent investigations found that it was not clear that the bishop had struck the young man, no mark had been left by any blow he had received, the young man had been happily frequenting baths and taverns some considerable time after the alleged incident, and he had subsequently been operated on by an old and incompetent doctor. Innocent III allowed Rodrigo to exercise his office again, insisting that the medical reports exonerating him be made public, while urging him to pious works, reminding Rodrigo that rumour about him would never have arisen had he not been hitting people, however lightly. A bishop, as Paul had said, must not be a striker (oportet episcopum esse non percussorem)1. We cannot ignore the unfortunate end this young man suffered, but the main historical importance of this event lay in the fact that on 28 August 1208, Martín López de Pisuerga, archbishop of Toledo, died, and although the experienced Rodrigo would surely have been a front-runner for the top job, under something of a cloud, he was passed over in favour of another Rodrigo, his cousin, the recently elected bishop of Osma, Rodrigo Jiménez de Rada, who would carefully oversee the investigation which saw the bishop of Sigüenza exonerated2. One suspects that it was the meticulous Jiménez de Rada who 1  Reg. Inn. vol. XII 277‒279 no. 138. (Striking bishops) 1 Timothy 3, 2; Titus 1, 7. – abbreviation: MDH = Demetrio Mansilla, La documentación pontifica de Honorio III: (1216–1227) (Monumenta Hispaniae Vaticana. Sección Registros 2, Roma 1965). 2   Reg. Inn. vol. XII 278s. no. 138. The bishop of Segovia, the bishop-elect of Palencia, and the archdeacon of Sepúlveda were commissioned by the pope to impose ecclesiastical punishments on any who continued to bother the bishop of Sigüenza on this matter (Reg. Inn. vol. XII 279s. no. 139). On all this, see Bernard Reilly,

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saw to it that record of the pope’s decision worked its way into the register. For the next four decades, as statesman, warrior, sometimes even as pastor, it was Rodrigo Jiménez de Rada who set the agenda for the Castilian church; beyond that, as a historian, he has had more influence on what is written about the history of Medieval Spain than anybody else from his day to ours3. This is not to forget that in the first half of the thirteenth century, we have the rare luxury of two other great and lastingly influential Spanish chroniclers: Bishop Juan of Osma, the Castilian chancellor, and Lucas, bishop of Tuy4. The relationship between these chroniclers is complicated5. All wrote their works in stages during the reign of Ferdinand III of Castile (1217‒1252); all looked back from the vantage point of the great period of Christian territorial advance which had its beginnings in the victory of the Christians over the Almohads at Las Navas de Tolosa on 16 July 1212 (that event which had made Innocent III most happy)6. Indeed, Rodrigo’s great work, De rebus Hispanie, most probably grew directly out of the battle; the first ten and a half chapters of Rodrigo’s famous book eight, which describe the Las Navas campaign, already appear, with some stylistic and occasionally more substantial differences, in the office of the feast of the Holy Cross carefully interpolated into a late twelfth century lectionary conserved in the archive of the great Cistercian abbey of Santa María la Real de Las Huelgas, the text probably composed by Rodrigo not long after the battle, perhaps in 1215‒16, according to the reasonable hypothesis of Professor Alvira Cabrer7.

Alfonso VIII, the Castilian Episcopate, and the Accession of Rodrigo Jiménez de Rada as the Archbishop of Toledo in 1210. Catholic Historical Review 99 (2013) 437‒454. 3 Rodrigo Jiménez de Rada, Historia de Rebus Hispanie sive Historia Gothica, ed. Juan Fernàndez Valverde (CCCM 72, Turnhout 1987); Bernard Reilly, The De Rebus Hispanie and the Mature Latin Chronicle in the Iberian Middle Ages. Viator 42 (2012) 131–145; Derek Lomax, Rodrigo Jiménez de Rada como historiador, in: Actas del quinto Congreso Internacional de hispanistas, 2 vols. (Bordeaux 1977) 2 587–592. 4  Chronica Latina Regum Castellae, in: Chronica Hispana Saeculi XIII, ed. Luis Charlo Brea‒Juan A. Estèvez Sola (CCCM 73, Turnhout 1997) 7‒118. On Juan of Osma/Soria, see Peter Linehan, Juan de Soria: the Chancellor as Chronicler, e-Spania 2 (2006), http://journals.openedition.org/e-spania/276; DOI: https:// doi.org/10.4000/e-spania.276 [2. 10. 2022]; Derek Lomax, The Authorship of the Chronique latine des rois de Castille. Bulletin of Hispanic Studies 40 (1963) 205–211; Inés Fernández Ordoñez, La composición por etapas de la Chronica latina regum Castellae (1223‒1237) de Juan de Soria. E-Spania 2 (2006), http://journals. openedition.org/e-spania/283; DOI: https://doi.org/10.4000/e-spania.283 [2. 10. 2022]; Bernard Reilly, The Chronica Latina Regum Castellae: Historical Composition at the Court of Fernando III of Castile, 1217–1252. Viator 41 (2010) 41–54. For Lucas, see Lucas Tudensis, Chronicon Mundi, ed. Emma Falque Rey (CCCM 74, Turnhout 2003). See also, Peter Linehan, Fechas y sospechas sobre Lucas de Tuy. Anuario de Estudios Medievales 32 (2002) 19–38; idem, On further thought: Lucas of Tuy, Rodrigo of Toledo and the Alfonsine Histories. Anuario de Estudios Medievales 27 (1997) 415–436; Emma Falque Rey, Lucas de Túy y Rodrigo Jiménez de Rada: el uso de las fuentes. Cahiers de linguistique et de civilisation hispaniques médiévales 26 (2003) 151–162; eadem, Lucas de Tuy, falsificador. Antiguedad y cristianismo 29 (2012) 189–198. 5   On this matter, see especially Peter Linehan, History and the Historians of Medieval Spain (Oxford 1993) 313–412. 6   Reg. Inn. vol. XV 284s. no. 185 (183); John C. Moore, Pope Innocent III (1160/61‒1216). To Root Up and to Plant (Notre Dame 22009) 202: „As Innocent thanked God before the multitude in Rome and extolled the Christian prince who had been God’s instrument, he probably experienced the grandest day of his life. It was not only a great victory; God had given him an unambiguous sign of his favor.“ 7  Archivo de la abadía de Santa María la Real de Las Huelgas de Burgos, MS 49, fol. 80r‒89v; Martín Alvira Cabrer, Antes de De rebus Hispaniae. La primera versión de la batalla de Las Navas de Tolosa de Rodrigo Jiménez de Rada. E-Spania 25 (2016), http://journals.openedition.org/e-spania/26168;https://doi. org/10.4000/e-spania.26168 [2. 10. 2022].



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When Rodrigo had composed his piece for the lectionary, he had described how His­ pani cum paucis ultramontanis had gone forward to battle at Las Navas8. This was indeed the case; most of the foreign contingent had either departed before battle commenced or arrived after the battle was over with the Almohad ruler having fled9. Yet Rodrigo adjusted his definitive version of 1243 so that in De Rebus Hispanie we read that Soli Hispani cum paucis ultramontanis had fought at Las Navas10. This made little sense. If there were Soli Hispani then the happy pauci ultramontani must surely have been none! By 1243, however, Soli Hispani had become something of a slogan, including in the schools – Soli Yspani virtute sua obtinuerunt imperium, wrote Vincentius Hispanus at about this time. The mantra may have originated as a retort to the stinging criticism voiced by Celestine III, a half century before, that Soli Hispani conspired with Muslims to make war on other Christians11. The idea formed the basis for what was in the nineteenth century to become the „Reconquista“. It was central to Spain’s national myth – Spain alone had driven back the enemies of Catholicism12. The world of the chronicles was that of Christian Spain triumphant, before doubts crept in, later in the century, after the Marinids had replaced the Almohads13. Therefore, it is of little surprise that when Rodrigo, Lucas and Juan relate the events of the glory days of the reign of Alfonso VIII of Castile (1158‒1214) they zoom in on the famous battle and leave much else out of focus14. Even the major talking point of their youths, the marriage and subsequent separation of Alfonso IX of León and Berenguela of Castile, is related briefly, with no little confusion, and partially, Rodrigo in particular emphasizing that the marriage had brought peace between the kingdoms of León and Castile after much war and devastation, until the pair were separated by Innocent III, leading to much war and devastation again15. If one really wants to learn all the details of that long, drawnout, complicated case ‒ the excommunication of the parties, the attempts to bribe the papal legate, the desperate efforts of the local churches to appeal against interdict because they were about to be overrun by heretics, Saracens, and Jews, the procrastinations of the kings before accepting the inevitable, the machinations to remain in control of castles, the 8  Archivo de la abadía de Santa María la Real de Las Huelgas de Burgos, MS 49, fol. 84r; Alvira Cabrer, Antes de De rebus Hispaniae (cit. n. 7), apéndice. 9  On the battle itself, see Francisco García Fitz, Las Navas de Tolosa (Barcelona 2005); Martín Alvira Cabrer, Las Navas de Tolosa 1212. Idea, liturgia y memoria de la batalla (Madrid 2012). 10  Rodrigo Jiménez de Rada, Historia de Rebus Hispanie (cit. n. 3) lib. VIII c. 6 p. 266. 11 Gaines Post, „Blessed Lady Spain“. Vincentius Hispanus and Spanish National Imperialism in the Thirteenth Century. Speculum 29 (1954) 198‒209, at p. 206 n. 44; Juan Rivera Recio, La iglesia de Toledo en el siglo XII, 2 vols. (Rome 1966‒1976) 1 228 n. 79. 12  On the developent of the idea of „Reconquista“, see Martín Ríos Saloma, La Reconquista: una con­ strucción historiográfica (s. XVI‒XIX) (Madrid‒México 2011); idem, La Reconquista en la historiografía española contemporánea (Madrid 2013). 13  Martín Alvira Cabrer, Las Navas de Tolosa: the beginning of the end of the „Reconquista“? The battle and its consequences according to the Christian sources of the thirteenth century. Journal of Medieval Iberian Studies 4 (2012) 45‒51. 14  On Las Navas, Rodrigo Jiménez de Rada, Historia de Rebus Hispanie (cit. n. 3) lib. VIII c. 1‒15 p. 259‒280; Chronica Latina Regum Castellae (cit. n. 4) c. 18‒26 p. 52‒66; Lucas Tudensis, Chronicon Mundi (cit. n. 4) lib. IV c. 87‒90 p. 327‒330. 15  Rodrigo Jiménez de Rada, Historia de Rebus Hispanie (cit. n. 3) lib. VII c. 24 p. 247: Rex autem Alde­ fonsus et regina Berengaria … propter consanguinitatem fuerunt ab Inocencio Papa III separati. Et postea inter reges guerre et vastationes vix aliquo tempore cessaverunt; lib. VII c. 31 p. 253; Lucas Tudensis, Chronicon Mundi (cit. n. 4) lib. IV c. 84‒85 p. 324‒326; Chronica Latina Regum Castellae (cit. n. 4) c. 16 p. 50.

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pope’s own view that through incestuous unions the disasters of the East were going to be visited upon the West ‒ it is to the papal registers one must go16. They provide proximity, detail, and a great range of voices. The reality is that such a great wealth of information on the history of the crowns and churches of the Christian Medieval Iberian Peninsula is provided through the papal registers, that one cannot feasibly write their histories without consultation of them 17. For example, the secret agreement between Sancho VII of Navarre and Peter II of Aragon by which Peter would marry a sister of Sancho and thus bring about the withdrawal of Aragonese and Castilian troops from Navarrese territory in 1198 is known only because Sancho VII sent report to Innocent III that he had sworn to this incestuous union under duress; that report was included in the pope’s response, Ad audientiam nostram, of 11 February 1199, in which he loosed Sancho from the bond of iniquity18. Record of the offences of Alfonso VIII of Castile against ecclesiastical liberty unsurprisingly survive neither in the Castilian chancery nor in the Castilian chronicles; rather, the extensive accusations of Bishop Fernando González of Burgos concerning the king’s annexation of churches and rents in his diocese, at the same time that Alfonso favoured Jews and Muslims, are dealt with at great length in Non minus pro of 5 May 1205, where the pope lamented the exaltation of the synagogue and the mosque19. High politics aside for a moment, an additional great benefit of the papal registers, is that they quite often allow us to hear the voices and know the stories of people whom we might not hear otherwise. To touch the reality of how life was lived by non-elites or the less powerful is a great challenge for a medieval historian, perhaps the greatest, and, as with the records of inquisitions, we are conscious that we are hearing stories second-hand, edited and abbreviated versions, set down in a learned language, by scribes with a clerical training and mentality20. Yet, nevertheless, we feel we can pierce through to another world which we might not otherwise encounter when we read of the adulteress Agnes de Belloc who would have rather become a Saracen and lost her soul than return to her husband21. Nor can we forget the preaching abbesses of the dioceses of Palencia and Burgos, who also heard their nuns confessions, leading Innocent III to remark that while the Virgin Mary was worthier and more distinguished than all the apostles, the Lord had committed the keys of the kingdom of heaven not to her but to them22! Then there are the Catholic Poor, reconciled heretics, active at Huesca and Barcelona, as well as in the Midi, whom the pope took immense care over in the years 1208‒1212, regulating their communities, protecting them from unwelcoming bishops and royal officials, but who would ultimately not sur16  Reg. Inn. vol. I 133 no. 92; 190 no. 125; vol. II 126‒134 no. 72 (75); vol. VI 125‒127 no. 80; vol. VII 105s. no. 68 (67); 146‒150 no. 93‒94; vol. VIII 349s. no. 204 (203); vol. IX 10s. no. 2. 17 Peter Linehan, At the Edge of Reformation: Iberia before the Black Death (Oxford 2019) is an excellent study, largely based on the papal registers and the papal letters of the archives, of the history of the western part of the Peninsula in the early fourteenth century. 18   Reg. Inn. vol. II 801s. no. 553 (556). 19  Reg. Inn. vol. VIII 86s. no. 50. 20   On this theme, there is much literature but see particularly, Texts and the repression of medieval heresy, ed. Caterina Bruschi–Peter Biller (York Studies in Medieval Theology 4, Woodbridge 2003); John Arnold, Inquisition and power. Catharism and the confessing subject in Medieval Languedoc (The Middle Ages Series, Philadelphia 2001). 21  Reg. Inn. vol. VI 174 no. 108. 22  Reg. Inn. vol. XIII 278 no. 185 (187). As the Austrian edition notes (p. 278 n. 4) Abbess Sancha García of Las Huelgas is likely to have been among the culprits.



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vive the coming of the friars to Spain23. Few historians would write about the flowering of the Vita apostolica without studying the Catholic Poor; however, without the registers we know precious little about them. I cannot pass by the poor dog beaten by the boy in Zamora24. One boy beat the dog and the boy who owned the dog punched the first boy in the face. The first boy then took up a cudgel so that he could hit the other boy back and then both struggled with the cudgel until the father of the boy who had beaten the dog came upon them, intending to punish his son. Both boys then turned in flight, abandoning the cudgel as they went. When they were a little distance away the father of the boy who had beaten the dog accidentally fell upon the cudgel and, through sheer mischance, the sharp end entered through his eye and straight into the middle of his brain. Why would such a story find its way into the papal register? The boy who had originally beaten the dog had taken up the religious habit, and when he came to receive orders, the incident was brought to light both through his own confession and that of many others. Thus, it came to the attention of Bishop Martín Arias of Zamora, a magister and able administrator (at least in his early years), who was very often used by the papacy both as a judge delegate and peacemaker25. The case was unusual, and Martín had sufficient doubts concerning whether all this constituted an impediment to promotion to sacred orders that he decided to refer the matter to Innocent. The pope, it should be said, did not find the matter difficult to judge; from what he had been informed, he did not believe the boy to be culpable in his father’s death and therefore this should not be an impediment to his ordination26. One suspects that it was because the chancery itself considered the case of particular interest that it then passed to the register; it would then be taken up by Peter of Benevento in the Compilatio tertia under the title De homicidio and by many other notable canonists, as the Austrian edition indicates27. 23   Reg. Inn. vol. XI 312‒317 no. 191‒193 (196‒198); vol. XII 34‒36 no. 17; 116‒122 no. 66‒69; vol. XIII 107‒109 no. 63; 133‒139 no. 77‒78; vol. XV 113s. no. 82; 122‒126 no. 90‒96. See also, Herbert Grundmann, Religiöse Bewegungen im Mittelalter. Untersuchungen über die geschichtlichen Zusammenhänge zwischen der Ketzerei, den Bettelorden und der religiösen Frauenbewegung im 12. und 13. Jahrhundert und über die geschichtlichen Grundlagen der Deutschen Mystik (Historische Studien 267, Berlin 1935, second edition Hildesheim 1961) 100–117; Christine Thouzellier, Catharisme et Valdéisme en Languedoc à la fin du XIIe et au début du XIIIe siècle (Publications de la faculté des lettres et sciences humaines de Paris, sér. „Recherches“ 27, Paris 1966); Kurt-Victor Selge, Die ersten Waldenser: Mit Edition des Liber Antiheresis des Durandus von Osca, 2 vols. (Arbeiten zur Kirchengeschichte 37/1–2, Berlin 1967); Maria Pia Alberzoni, Innocent III et les Pauvres Catholiques du Midi, in: Innocent III et Le Midi, ed. Daniel Le Blévec‒Damien Carraz‒Michelle Fournié‒Julien Théry-Astruc (Cahiers de Fanjeaux 50, Toulouse 2015) 311–336. 24   Reg. Inn. vol. VII 116 no. 73 (72). 25   Reg. Inn. vol. I 105‒107 no. 71; 113‒115 no. 76; 355‒356 no. 253; vol. II 280s. no. 137 (146)‒138 (147); vol. VI 175‒188 no. 109; 200 no. 116; 339s. no. 201 (203); vol. VII 105s. no. 68 (67); 147 no. 93; 150 no. 94; vol. VIII 349s. no. 204 (203); vol. IX 49‒51 no. 31; 313s. no. 172 (173); vol. X 97s. no. 58; vol. XII 184‒187 no. 99; vol. XIII 93s. no. 57; 96‒107 no. 59‒62; 118s. no. 70; 29‒132 no. 75‒76; 238‒240 no. 155 (157); vol. XIV 6‒8 no. 3‒4; 90 no. 59 (60); 180s. no. 118; vol. XV 252‒253 no. 159. Peter Linehan, The Spanish Church and the Papacy in the Thirteenth Century (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought ser. 3 4, Cambridge 1971) 292, characterises Martín’s episcopate as „twenty-three years of misrule“ but as Richard Fletcher, The Episcopate in the Kingdom of León in the Twelfth Century (Oxford Historical Monographs, Oxford 1978) 44s., points out this is „not warranted by such evidence as we have“, even though Martín was ultimately ordered to step down by Honorius III in June 1217 (MDH 52s. no. 64‒65). 26  Reg. Inn. vol. VII 116 no. 73 (72): Nos igitur tue fraternitati super hoc taliter respondemus, quod ex premis­ sis puerum illum non credimus ita esse culpabilem, ut eius ordinatio de iure valeat impediri. 27  Compilatio tertia 5.7.5: Quinque compilationes antiquae, ed. Emil Friedberg (Leipzig 1882, reprint Graz 1956) 131; Reg. Inn. vol. VII 116 no. 73 (72).

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Thus, a dog beaten in the northwest of Spain found itself mentioned in the great discussions of the Church’s law. It should be said, however, that not many letters assumed such importance and, of course, there are many papal letters in the archives which never found their way into the registers but nevertheless inform us a great deal concerning the history of Medieval Spain. Peter Linehan’s „Portugalia Pontificia“ catalogues 96 documents relating to Innocent III and a further 97 concerning Honorius III; his „España pontifica“, to be published in 2023, catalogues 117 original letters of Innocent and 225 of Honorius28. The „Butllari de Catalunya“ edited by Schmidt and Sabanés published 60 original letters of Innocent and 45 of Honorius29. One should also here particularly mention the inventories of the „Iberia Pontificia“ and „Papsturkunden in Spanien“ covering now many of the dioceses to 1198, and the „Monumenta Hispaniae pontificia“ of Santiago Domínguez Sánchez, editing most of the letters of many of the popes from Gregory IX to Clement V30. With the critical modern editions of many of the major Spanish chronicles, the completed high quality edition of Innocent III’s registers, much recent work on the papal material in the archives, now many published collections of the acta of religious and secular institutions, and the ready digital access to many of the major archives, students starting out on their voyage of discovery today will be in a far stronger position to research the relations between the papacy and the Iberian peninsula than has ever been the case before31. When we think of the number of papal letters in the archives and we contemplate the number of archives in the Peninsula and their holdings ‒ some great, many small ‒ we can certainly become aware of how often an enregistered letter will offer us the opening to a bigger story and often a much more complicated story than the letter itself can 28   Portugalia Pontificia: Materials for the History of Portugal and the Papacy, 1198‒1417, ed. Peter Linehan, 2 vols. (Lisbon 2013) 1 1‒191; España Pontifica: Papal Letters to Spain, 1198‒1303, ed. Peter Linehan (Washington 2023) no. 1‒342. 29  Butllari de Catalunya: documents pontificis originals conservats als arxius de Catalunya (1198‒1417), ed. Tillmann Schmidt‒Roser Sabanés i Fernández, 3 vols. (Barcelona 2016) 1 57‒164. 30   Regesta Pontificum Romanorum. Iberia Pontificia, 6 vols. to date, ed. Daniel Berger–Frank Engel– Santiago Domínguez Sánchez–José Luís Martín Martín–Thomas Czerner (Göttingen 2012‒2022); Papst­ urkunden in Spanien. Vorarbeiten zur Hispania Pontificia, ed. Paul Kehr, 2 vols. (Abh. d. Akad. d. Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Kl. N. F. 18/2, 22/1, Göttingen 1926‒1928); Papsturkunden in Spanien 3. Kastilien. Vorarbeiten zur Hispania (Iberia) Pontificia, ed. Daniel Berger‒Klaus Herbers‒Thorsten Schlauwitz (Abh. d. Akad. d. Wissenschaften zu Göttingen N. F. 50, Berlin 2020); Papsturkunden in Portugal, ed. Carl Erdmann (Abh. d. Gesellschaft f. Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. Kl. N. F. 20/3, Berlin 1927); Santiago Domínguez Sánchez, Documentos de Gregorio IX (1227‒1241) referentes a España (Monumenta Hispaniae pontificia 1, León 2004); idem, Documentos de Clemente IV (1265‒1268) referentes a España (León 1996); idem, Documentos de Gregorio X (1272‒1276) referentes a España (1272‒1276) (León 1997); idem, Documentos de Nicolás III (1277‒1280) referentes a España (León 1999); idem, Documentos de Martín IV (1281‒1285) referentes a España (Monumenta Hispaniae pontificia 6, León 2010); idem, Documentos de Honorio IV (1285‒1287) referentes a España (Monumenta Hispaniae pontificia 8, León 2015); idem, Documentos de Nicolás IV (1288‒1292) referentes a España (Monumenta Hispaniae pontificia 5, León 2009); idem, Documentos de Bonifacio VIII (1295‒1303) referentes a España (Monumenta Hispaniae pontificia 2, León 2006); idem, Documentos de Clemente V (1305‒1314) referentes a España (Monumenta Hispaniae pontificia 7, León 2014). 31  It would be impossible to go through all the different resources here, but PARES, the Portal de Archivos Españoles (https://pares.culturaydeporte.gob.es/inicio.html) provides ready access to many of the major archives of Spain with many documents now digitalized. Among many especially valuable published collections, for the west of the Peninsula, the series Fuentes y estudios de historia leonesa stands out, and for the east, the publications of the Fundació Noguera in Catalonia provide many collections of documents and studies and most of them are accessible on-line (https://www.fundacionoguera.com/publicacions/col%c2%b7leccions/).



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fully reflect. I can only begin to imagine the extraordinary efforts of the officials of the papal chancery and those of the editors of the modern edition when dealing with In causa duorum on the disputes between Braga and Compostela over the dioceses of Lisbon and Évora or Ne lites amicabili concerning various churches contested by Lleida and Huesca32. They are among the longer letters in the papal registers. But while I suspect these cases, and others like them, must have tried the patience of Innocent III, his lawyers, and his chancery (and the modern editors!) during some weeks or months even, they drained the energies of clerics and laity in the Iberian Peninsula across decades and sometimes centuries. And the decisions which passed into the register, impressive as they were in setting out the issues and their development, could not possibly give the entire history and all the arguments brought forward in all their juridical complexity. Moreover, because Professor Branco has recently published from the diocesan archive of Braga the allegations which were presented by Archbishop Martinho of Braga against the contentions of Compostela in Rome in 1199 concerning the bishoprics of Lisbon and Évora, we have there, unusually, all the arguments of the losing party in the greatest detail, which make somewhat uncomfortable reading since while In causa duorum is informative, it does not tell us that the desperate Archbishop Martinho went way beyond contesting Compostela’s claim in the way the letter sets out, to call into question the pope’s certain knowledge, his plenitude of power, and the nature by which he was acting when passing sentence ‒ as God, man, or judge33? Concerning that remarkable document, it should perhaps not surprise us to find that Martinho and his clergy had command of all the legal arguments, in all their intricacy, available both to them and their opponents. After all, it was through these battles that a society organized by law developed. But what is extraordinary is the extent to which they knew the mind of the new pontiff, whose ideas were by no means unoriginal34. A new great enterprise lies ahead with the edition of the registers of Honorius III. We might be inclined to think of Honorius as a lesser figure, when compared with his illustrious predecessor ‒ a retiring mild-mannered accountant, following a dynamic go-getter. Perhaps that is so35. It is the case, of course, that the pope in some respects appears to have had little immediate success in the Iberian Peninsula in implementing the constitutions of Lateran IV, whether concerning the conduct of the clergy or the identifying dress of the Jews36; nevertheless, his almost eleven-year pontificate was of great significance in papal-Iberian relations. After all, it was Honorius III who legitimated Fernando III (a product of that aforementioned Alfonso-Berenguela union), helping him secure his pos  Reg. Inn. vol. II 201‒207 no. 95 (103) (In causa duorum); vol. VI 104‒116 no. 75 (Ne lites amicabili).   Maria João Branco, An archbishop and his claims: the allegations of Martinho Pires in Rome (1199) on the quarrels between Braga and Compostela, in: Medieval Studies. In honour of Peter Linehan, ed. Francisco J. Hernández‒Rocío Sánchez Ameijeras ‒Emma Falque (Firenze 2018) 111‒151 at p. 137‒148. 34   Branco, An archbishop and his claims 129‒132. 35   But for recent reappraisals, see Viola Skiba, Honorius III. (1216–1227). Seelsorger und Pragmatiker (Päpste und Papsttum 45, Stuttgart 2016); Thomas W. Smith, Curia and Crusade. Pope Honorius III and the Recovery of the Holy Land, 1216–1227 (Outremer. Studies in the Crusades and the Latin East 6, Turnhout 2017); Nuovi studi su Onorio III., ed Christian Grasso (Italia Sacra. Studi e documenti di storia ecclesiastica N. S. 3, Roma 2017). 36 See Linehan, Spanish Church (cit. n. 23) ch. 1; Demetrio Mansilla, Iglesia castellano-leonesa y curia romana en los tiempos del rey San Fernando: estudio documental sacado de los registros vaticanos (Rome 1945). On the back and forth concerning Jewish dress in the years after the Council, see MDH 22 no. 26; 115s. no. 142; 164 no. 212; 236 no. 317; 284 no. 381. 32 33

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ition in the kingdom of Castile, which would lead to his ultimate accession in León as well37; and, although Ferdinand was not always grateful in his dealings with the Church, it was Honorius III who gave sterling support to his first major crusading campaigns in 1225 which set the future saint on his path to glory38. Nor can we forget, as the primacy dispute rumbled on, and the archbishop of Toledo sought every means to avoid paying the triennial twentieth for the Holy Land crusade, and prelates across the Peninsula found their conduct investigated on an unprecedented scale, it was now, and with the pope’s crucial support, that the friars first entered a Spain which they would change so greatly across the centuries to come39. Nor, indeed, can we fail to remember that Honorius III is the great pope of mission; in Iberia and North Africa, that mission, as the pope saw it, did not just mean the protection of the faith of Christians but also the active conversion of the Muslims40. As a pope of crusade and mission, Honorius III was undoubtedly a figure of major historical importance. If I may emphasize the vital importance of the registers again and shift ground to Aragon, one final example indicates their value to the history of Spain. The pontificate of Honorius III was the vital time when the Crown of Aragon shifted its focus from the Midi to the Mediterranean world41. In the centuries to come it would become a great power of the Mediterranean World. In September 1213, Aragon’s king, Peter II, had been killed in battle at Muret, fighting against the Albigensian crusaders who were led by Simon de Montfort42. For some of the people of Peter II’s lands, there was a great desire for vengeance and a determination to continue the struggle43. This was probably the attitude of the procurator Sanç, Peter II’s uncle, who was appointed by Cardinal Peter of Benevento in the summer of 1214 to attend to the affairs of the new king, the six-yearold James I44. It has been suggested that it was only with the patriotic resignation of Sanç,   MDH 142 no. 179; 146 no. 185.   MDH 429–432 no. 574–576. See also Carlos de Ayala Martínez, De nuevo sobre la documentación de Honorio III y Castilla, in: Medieval Studies. In honour of Peter Linehan (cit. n. 33) 153‒167. On Ferdinand’s relations with the Church, see Ana Rodríguez López, La politica eclesiástica de la monarquía castellano-leonesa durante el reinado de Fernando III (1217–1252). Hispania 48 (1988) 7–48. 39  (Twentieth) MDH 13s. no. 16; 29s. no. 35; 103s. no. 131; 122s. no. 152; 127s. no. 162; 144 no. 182; 147s. no. 187; 159s. no. 205, 207; 207s. no. 269; 214 no. 278; 217s. no. 285; 225‒227 no. 299‒301. (Primacy) MDH 2‒4 no. 2‒3; 18s. no. 20; 33s. no. 38; 93‒95 no. 118‒123; 111‒114 no. 137, 139‒140; 123 no. 153; 124 no. 156; 160 no. 206. (Bishops) MDH 52 no. 64; 150 no. 191; 165s. no. 214‒215; 195s. no. 252; 229s. no. 306. (Friars) MDH 192 no. 247; 212s. no. 276; 216 no. 281; 284 no. 382; 452 no. 596. 40  MDH 318s. no. 439; 417 no. 562; 444 no. 590; 452s no. 596. 41  See Ferran Soldevila, Els primers temps de Jaume I (Institut d’Estudis Catalans. Memòries de la secció històrico-arqueològica 27, Barcelona 1968). 42  See Martín Alvira Cabrer, 12 de Septiembre de 1213. El Jueves de Muret (Barcelona 2002); idem, Muret 1213. La batalla decisiva contra los cátaros (Barcelona 2008). 43  Guillaume de Puylaurens, Chronique 1145–1275 / Chronica Magistri Guillelmi de Podio Laurentii, ed. Jean Duvernoy (Toulouse 1996) 92 c. 22; Diplomatari de la Vila de Cardona (anys 966–1276), ed. Andreu Galera i Pedrosa (Fundació Noguera, Col.lecció Diplomataris 15, Barcelona 1998) 385 no. 316; Col·leció diplomática de l’Archivo Ducal de Cardona (965–1230), ed. Francesc Rodríguez Bernal (Barcelona 2016) 708 no. 455; Petri Vallium Sarnaii monachi Hystoria Albigensis, ed. Pascal Guébin–Ernest Lyon, 3 vols. (Paris 1926–1939) 2 194 c. 501; La Chanson de la Croisade Albigeoise, ed. E. Martin-Chabot, 3 vols. (Les classiques de l’histoire de France au moyen âge 13, 24, 25, Paris 21960, 1957, 1961) 2 laisse 191, p. 55. 44  Les Gesta Comitum Barcinonensium (versió primitiva), la Brevis Historia i altres textos de Ripoll, ed. Stefano Maria Cingolani (Fonts Històriques Valencians 55, Valencia 2012) lib. XV c.1 p. 157. On the legation of Peter of Benevento, see Pascal Montaubin, Une tentative pontificale de reprise en main du Midi: la légation du cardinal Pietro Beneventano en 1214‒1215, in: Innocent III et Le Midi (cit. n. 23) 391‒418. 37 38



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in September 1218, following the death of Simon de Montfort (and hence the satiation of the desire for vengeance) that Aragon could change direction45. But this was not the case. The version of the Gesta comitum Barcinonensium (a very valuable chronicle of the monks of Ripoll) which is closest to these events tells us that Sanç was expelled from the procuratorship and James’s own episodic memory was of how he had been rescued by the Aragonese nobles from the clutches of his uncle earlier in that year46. A royal charter of 1 July 1218 at Tarragona, six days after the death of Simon de Montfort at Toulouse, refers to Sanç as the quondam procurator and other royal charters before then were already issued without Sanç’s advice or witness47. Why was Sanç expelled? The reason surely lies with two letters of Honorius III from the end of December 1217, Utinam prava consilia and Honorum et statum48. These two letters do not survive in the archives; they are only in the papal register. One is to James I; the other is to the procurator, Sanç. To the young James (he would have been ten at the time he received the letter), Honorius III recalled the debt James owed to the Apostolic See, as well as the fact that his kingdom pertained to the Apostolic See; moreover, the pope expressed his disappointment that the Crown continued to oppose the crusaders in the Midi and warned that the king and his barons must not continue to help the Toulousans against the negotium pacis et fidei. If it happened otherwise, then the king would provoke both the pope and the Roman Church against him and Honorius would be compelled to restrain James’s kingdom „through foreign soldiers“ (per extraneas gentes)49. In his letter to Sanç, Honorius reminded him of his obligations to procure the welfare of the king, as well as the favours and the responsibilities which had been conferred upon him by the Apostolic See; additionally, the pope warned Sanç that if he or the barons helped the Toulousans, the Roman Church, which could not ignore so great an offense to God and itself, „will perhaps weigh down its own hand against the kingdom itself in such a manner that its punishment will be an example for others“50. It was this serious threat of invasion made by Honorius III (clearly no shrinking violet on this occasion!) which determined the Aragonese barons in the early months of 1218 to overthrow Sanç, seize James, and turn the Crown’s path away from the Midi to the south and the Mediterranean, a decision of profoundly lasting consequences51. How influential the pontificate of Honorius III turned out to be for the history of the Iberian Peninsula and how valuable the registers are in understanding that history! No historian can reasonably ignore the papal registers when writing the political and ecclesiastical history of Thirteenth Century Iberia and they provide much important information for its social history as well.   Soldevila, Els primers temps (cit. n. 41) 150s.   Les Gesta Comitum Barcinonensium (cit. n. 44) lib. XV c. 2 p. 157; James I, Llibre dels Fets del Rei En Jaume, ed. Jordi Bruguera, 2 vols. (Barcelona 1991) 2 c. 14 p. 17. 47  Documentos de Jaime I de Aragón, ed. Ambrosio Huici Miranda‒Maria Desamparados Cabanes Pecourt, 8 vols. (Valencia 1976–2019) 1 31–39 no. 6–10. 48  MDH 86–88 no. 106–107. 49  MDH 87 no. 106. In Mansilla, the text reads per extraneos gratias, a clear error, but see Honorii III Romani pontificis opera omnia, ed. [César Auguste] Horoy, 5 vols. (Medii aevi bibliotheca patristica 1–5, Paris 1879–1882) 2 562. 50  MDH 88 no. 107: Forsan contra ipsum regnum aggravabit taliter manum suam quod pena ipsius erit aliis in exemplum. 51  James I, Llibre dels Fets (cit. n. 46) 2 c. 14 p. 17; David Abulafia, The Western Mediterranean Kingdoms 1200‒1500: The struggle for dominion (London 1997) p. 37‒46. 45 46

The Registers of Pope Honorius III: A Quantitative Approach Thomas W. Smith

The registers of Pope Honorius III (1216–1227), like all thirteenth-century papal registers, do not conform to modern expectations of effective record-keeping1. The volumes in the Registra Vaticana series are neither a complete record of papal letters issued by the chancery, nor organised systematically in chronological order; instead, a fraction of the total documentary output was enregistered „individually or in very small groups“ in a rough, and frequently interrupted, chronological order2. The mismatch between modern expectation and the vagaries of medieval practice is thrown into relief by the fact that only about a quarter of Honorius III’s letters were enregistered, and many important political letters were not among them – something which, to us, seems counterintuitive3. A number of publications, Jane E. Sayers’ study of papal government and England chief among them, have furthered greatly our understanding of papal registration practice in the chancery of Honorius III4. There are three interlocked elements of registration practice under 1  Jane E. Sayers, Papal Government and England during the Pontificate of Honorius III (1216–1227) (Cambridge Studies in Medieval Life & Thought ser 3 21, Cambridge 1984) 71–73. ‒ I am grateful to the editors for the invitation to participate in the conference „Innocenz III., Honorius III., und ihre Briefe: Die Edition der päpstlichen Kanzleiregister im Kontext der Geschichtsforschung“ in Vienna in October 2021. My thanks to Gareth Parker-Jones and Tim Guard of Rugby School for temporarily releasing me from my regular duties in order to attend, and to the editors and the audience of the conference for their insightful suggestions on this research. I am obliged to my father, Jonathan, for his help with filters and formulas used in the dataset in Microsoft Excel. 2 Patrick Zutshi, Changes in the Registration of Papal Letters under the Avignon Popes (1305–1378), in: Kuriale Briefkultur im späteren Mittelalter. Gestaltung – Überlieferung – Rezeption, ed. Tanja Broser–Andreas Fischer–Matthias Thumser (Beihefte zu J. J. Böhmer, Regesta Imperii 37, Köln 2015) 237–261, here 245. See also Sayers, Papal Government and England (cit. n. 1) 67. 3  Sayers, Papal Government and England (cit. n. 1) 51; The Letters of Pope Innocent III (1198–1216) Concerning England and Wales: A Calendar with an Appendix of Texts, ed. C. R. Cheney–Mary G. Cheney (Oxford 1967) xxi; C. R. Cheney, The Letters of Pope Innocent III. Bulletin of the John Rylands Library, Man­ chester 35 (1952/1953) 23–43, here 29; Harry Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien, 2 vols (Leipzig 21912–1931) 1 121; Paulus Rabikauskas, Diplomatica pontificia (Rome 61998) 82. 4  Sayers, Papal Government and England (cit. n. 1). In a series of magisterial essays, Patrick Zutshi has illuminated the fourteenth-century documents and registers of the Avignon popes, which contain much of value for the study of the thirteenth century, too: Patrick Zutshi, The Avignon Popes and their Chancery. Collected Essays (Firenze 2021). I have sought to synthesise the research on Honorius III’s chancery and its documents in Thomas W. Smith, Curia and Crusade. Pope Honorius III and the Recovery of the Holy Land, 1216–1227 (Outremer. Studies in the Crusades and the Latin East 6, Turnhout 2017) 49–100. See also: Pierre-Vincent Claverie, Honorius III et l’Orient (1216–1227). Étude et publication de sources inédites des Archives vaticanes (ASV) (The Medieval Mediterreanean 97, Leiden 2013); Viola Skiba, Honorius III. (1216–1227). Seelsorger und Pragmatiker (Päpste und Papsttum 45, Stuttgart 2016). See also: Bullarium Hellenicum. Pope Hono-

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Thomas W. Smith

Honorius that would repay further investigation utilising a quantitative methodology, and which have the potential to harness broader scholarly interests. First, what types of documents were issued and when. Second, the identities and geographical location of the impetrants and curial correspondents. Third, what the grouping of documents in the registers and the rhythms of their issue can tell us about how curial business was processed in the early thirteenth century. In the attempt to supply answers to these questions, the present essay builds upon the foundational research of Sayers into the registers, expanding the geographical scope from a single kingdom to the whole of Christendom and investigating a single year in a granular level of detail using a quantitative methodology. It is hoped that the data and observations from this case study will not only interest scholars of Honorius III, but also those of the high medieval papacy and its documentary cultures.

Methodology It is not possible in a study of this scope to survey all the registers of Honorius for the nearly eleven years of his pontificate employing a quantitative methodology. Petrus Pressutti calendared 6,288 letters issued by Honorius III, 5,144 of which are preserved in the registers5. Given the size of the documentary corpus in the registers, it is necessary to set narrower chronological limits. Arguably, one pontifical year contains enough documentation to supply representative results while remaining a manageable collection of material for a study of this length. The question, though, is which year to select. One risks making an arbitrary selection that is not representative of the quotidian activity of the chancery. The total number of documents recorded to have been issued in each pontifical year – both registered and unregistered – fluctuates considerably. The lowest number is 263 in the eleventh pontifical year (1226–1227), which only lasted for eight months on account of Honorius’ death. But there are other years with similarly low figures: 348 in year seven (1222–1223) and 413 in year four (1219–1220) – years in which chancery scribes produced approximately one document per day on average. This is a very limited output for a team of scribes that numbered between sixty-four and seventy-three over the course of Honorius’ pontificate6. At the opposite end of the spectrum, there are pontifical years with relatively high numbers recorded: 937 in year five (1220–1221) and 881 in year two (1217–1218)7. Yet even these higher numbers represent fewer than three documents per day on average. As Sayers notes, there is some limited correlation between the highest rates of registration and the length of time that the curia passed in Rome8. Selecting a year in which the curia spent an abnormally long or short time in Rome would therefore run the risk of being unrepresentative. There are also extraordinary circumrius III’s Letters to Frankish Greece and Constantinople (1216–1227), ed. William O. Duba–Christopher D. Schabel (Mediterranean Nexus 3, Turnhout 2015) 89–101; Mauro G. Sanna, Papato e Sardegna durante il pontificato di Onorio III (1216–1227) (Raleigh, N. C. 2012); Demetrio Mansilla, La documentación pontifica de Honorio III (1216–1227) (Monumenta Hispaniae Vaticana. Sección Registros 2, Rome 1965); Friedrich Bock, Originale und Registereinträge zur Zeit Honorius III. Bullettino dell’„Archivio Paleografico Italiano“ n. s. 2/3 (1956/1957) 101–116; Carl Rodenberg, Über die Register Honorius III., Gregors IX. und Innocenz IV. NA 10 (1885) 507–578. 5  Regesta Honorii Papae III, ed. Petrus Pressutti, 2 vols (Rome 1888–1895). 6  Sayers, Papal Government and England (cit. n. 1) 51. 7  Ibid. 86. 8  Ibid. 87.



The Registers of Pope Honorius III: A Quantitative Approach 213

stances in Honorius’ time which need to be considered. In his fourth year (1219–1220), conflict with the citizens of Rome meant that the curia decamped to spend the entire year at the papal residences of Rieti, Viterbo and Orvieto and was not present in Rome at all9. This disrupted year dovetails with the low number of 413 documents recorded to have been issued. Other significant events which might skew the results are the Fifth Crusade (1217–1221) and the coronation of Emperor Frederick II in November 1220, both of which resulted in the transaction of a considerable amount of special diplomatic business at the curia10. That said, there is no such thing as a „normal“ year, and in any case the findings from a quantitative approach can never be anything more than indicative, since we do not have a complete record of papal documents issued. For this study, I have selected Honorius’ eighth pontifical year (1223–1224) on the following grounds: there was no active crusade to the Holy Land, the curia spent a considerable portion of the year – some nine and a half months, which was about average – at the Lateran, as well as at the papal residences in Segni and Anagni, and the total number of 649 documents (546 registered) falls in the middle of the range11. This study concentrates on registered letters only for two reasons. First, Pressutti’s identification of unregistered letters is incomplete12. Second, only a fraction survives of the total number of unregistered letters13. This means that it is not possible to draw representative or meaningful conclusions from a statistical analysis of the tiny minority of surviving unregistered letters, and they are excluded from the sample for this reason. Using the 546 registered letters from year eight, I have compiled a dataset in Microsoft Excel which includes the date and location of issue of each letter, and who the firstnamed addressee was, including their social status and geographical location. The decision to limit the geographical triangulation of each document to the first recipient has been made for the practical reason of making the research and dataset manageable. It is probable that in most cases the impetrant of a papal letter, if not the first-named addressee of the document, was based in the same region. The localisation of the first-named addressee should therefore provide a reasonable guide to the location of most impetrants. Place names have been identified chiefly using „Orbis Latinus“14. Documents are also sorted into territories in order to be able to sketch broad geographical trends. Of the sample examined here, there are four documents that I have not been able to localise with confidence15. Each letter is assigned to a broad type that best fits its content: benefice; confirmation; crusade; diplomacy; dispensation; ecclesiastical; legal; legation; marriage; privilege. I have attempted to identify where letters have been issued as part of groups to the   Ibid. 85.   Smith, Curia and Crusade (cit. n. 4) 127–171. 11   Sayers, Papal Government and England (cit. n. 1) 86–88. 12  For the proportion of registered letters under Innocent III see Othmar Hageneder, Die Register Innozenz’ III., in: Weichensteller der Geschichte Europas. Passauer Ringvorlesung über Papst Innozenz III., ed. Thomas Frenz (Stuttgart 2000) 91–101, here 92. Original letters are collected in the „Censimento“ initiated by Franco Bartoloni, see idem, Per un censimento dei documenti pontifici da Innocenzo III a Martino V (escluso), in: Atti del Convegno di studi delle fonti del Medioevo Europeo in occasione del 70o della fondazione dell’Istituto Storico Italiano ... 1953. Communicazioni (Roma 1957) 3–22; Leo Santifaller, Der „Censimento“ der spätmittelalterlichen Papsturkunden. MIÖG 72 (1964) 135–141. 13   Sayers, Papal Government and England (cit. n. 1) 51. 14   Johann Georg Theodor Graesse, Orbis Latinus. Lexikon lateinischer geographischer Namen des Mittelalters und der Neuzeit, ed. Helmut Plechl–Sophie-Charlotte Plechl, 3 vols (Braunschweig 21972). 15   Pressutti no. 4600, 4837, 4892, 4948. 9

10

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same or related recipients, or which concern the same business, and assigned each group a unique code. As with any quantitative methodology, decisions must be made about what information to collect, and how to sort it, which will affect the output. Organising the documents into types, for example, is problematic, since many of the categories overlap, though it does give a good indication of the general kind of material being registered. In all things, such as sorting according to social status and documentary type, the guiding principle has always been to follow the content and terminology of the source material and to remain sensitive to the nature and peculiarities of the papal documents and registers. Though no quantitative methodology can ever objectively be perfect, it is hoped that the findings presented here effectively chart the main contours of registration practice in the time of Honorius III.

Rates of registration If we begin with the examination of the number of letters registered per month, the data show that the highest and most sustained recorded activity took place between December and May, at the Lateran palace. The smallest amount of recorded chancery activity is in August, when the curia was in Segni, which fits into a pattern of low rates of recorded documents issued over the summer months at the papal residences in Segni and the early autumn in Anagni (Table 1). Table 1. Number of papal documents registered per month in year eight of Honorius III’s pontificate.

Month January February March April May June July August September October November December

Documents registered 85 80 67 38 51 32 27 10 37 30 32 56

The registration of only 10 letters in August is particularly low, at an average of one document every three days. This aligns with the overall rate of registration at the papal residences outside Rome. In year eight, 33 documents (0.7 per day) are recorded to have been produced at Segni, where the curia issued letters between 24 July and 10 September 1223, 39 at Anagni (1.2 per day) between 13 September and 14 October 1223, and 474 at the Lateran (1.7 per day) between 19 October 1223 and 23 July 1224. It was normal



The Registers of Pope Honorius III: A Quantitative Approach 215

for the curia to decamp from Rome to avoid the heat of the summer16. When Gerald of Wales visited the papal curia in 1201, he recounted that: „Now after the feast of St John the Baptist [24 June] and the feast of the Apostles Peter and Paul [29 June], the Pope, desiring to avoid the great heat of the season, departed with all his Court to Segni, which is about one day’s journey from the city [of Rome]. But it was not till after a month’s stay at Segni that the Archdeacon [Gerald], who had followed him thither for this purpose, received all his letters.“17 The data presented here, which demonstrate that the recorded rate of registration at the Lateran was higher than that of Segni and Anagni, corroborate Gerald’s account of the slower summer work rate at the papal residence in Segni. The curia and chancery were more active when in Rome at the Lateran palace, and less active during the summer sojourn. If possible, it was clearly preferable for petitioners to avoid the summer and to arrive at the curia when it was installed at the Lateran. There they could impetrate documents as quickly as possible, hopefully keeping the considerable associated costs of board and lodging to a minimum.

Geographical distribution of recipients If we trace the geography of the destinations of registered letters according to the firstnamed addressee, we can establish who was more likely to receive and register papal documents. By extension, this shows who was in closest communication with the papacy either as impetrants or recipients; in the case of the latter, the papacy often selected prelates as judges-delegate who were known to the pope and his curia (Table 2). Table 2. Region of the first-named recipient and registration rates.

Region of first-named recipient France Italy Holy Roman Empire Latin Empire of Constantinople Iberia England

Registered documents 165 143 55 47 37 27

16 Agostino Paravicini Bagliani, La cour des papes au XIIIe siècle (Collection „la vie quotidienne“, Paris 1995) 63. See also Idem, La mobilità della Curia Romana nel secolo XIII. Riflessi locali, in: Società e istituzioni dell’Italia comunale: l’esempio di Perugia (secoli XII–XIV) (Perugia 1988) 155–278. 17   The Autobiography of Gerald of Wales, ed. and trans. H. E. Butler, with an introduction by C. H. Williams and a guide to further reading by John Gillingham (Woodbridge 22005) 220; Giraldi Cambrensis De jure et statu Menevensis ecclesiae, in: Opera, ed. J. S. Brewer, vol. 3 (Rolls Series [21], London 1863) 195: Post festum vero S. Johannis Baptiste et festum apostolorum Petri et Pauli, papa tanquam temporis intemperiem post terga relinquens, apud Signiam in Campania quasi per dietam unam ab urbe distantem cum curia tota discessit. Archidiaconus autem propter literas suas curiam sequens, cum apud Signiam moram fere menstruam fecisset, literas demum omnes ... suscepit. See also Karl Hampe, Eine Schilderung des Sommeraufenthalts der römischen Kurie unter Innocenz III in Subiaco. HVjS 8 (1905) 509–535.

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Region of first-named recipient Hungary Ireland Cyprus Sweden Unknown/peripatetic Latin East Denmark International Religious Order Bohemia Georgia Livonia Poland Egypt General letter Latvia Sardinia Scotland Transylvania

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Registered documents 19 8 6 6 6 5 4 4 2 2 2 2 1 1 1 1 1 1

There is a clear disparity between different regions. France (165 documents) and Italy (143 documents) stand out, followed, lagging some way behind, by the Holy Roman Empire (55 documents). The relatively large number of letters registered concerning the Latin Empire of Constantinople can be explained by the flow of business at the curia created by the establishment of Latin rule there in the wake of the Fourth Crusade (1202–1204) some two decades before18. By contrast, the small number of letters registered concerning the Latin East might be explained by the weakened Crusader States at this time, when they were still recovering from Sultan Saladin’s conquests in the late twelfth century, but also, perhaps, by looser ties between the papacy and the Latin East than one might have imagined19. Geographical remoteness probably played a role here, too, but the example of the Latin Empire of Constantinople demonstrates that the impetus of political and ecclesiastical necessity could and did overcome such distance. If one plots the geographical spread of the total number of documents issued by Honorius in year eight (including both registered and unregistered, as identified by Pressutti) on a map (Map 1), the coverage is even across western Europe, and extends well across central and into eastern Europe. Further-flung recipients in the eastern Mediterranean, Egypt, and Georgia attest to the reaches of papal authority. Narrowing our focus again on the registered documents only, the most common destination for papal letters was Paris, with 20 documents addressed to first-named recipients in the diocese of Paris resp. at the court of the French king throughout the year20. 18   Bullarium Hellenicum, ed. Duba–Schabel (cit. n. 4) 9–87; Claverie, Honorius III et l’Orient (cit. n. 4) 193–233. 19  Claverie, Honorius III et l’Orient (cit. n. 4) 79–133. 20  Pressutti no. 4538, 4542, 4561, 4615, 4618, 4620, 4649, 4650, 4694, 4695, 4741, 4792, 4896, 4919, 4920, 4937, 4940, 4983, 5006, 5040.



The Registers of Pope Honorius III: A Quantitative Approach 217

Map 1. The locations of first-named recipients of papal documents (both registered and unregistered, as identified by Pressutti) issued in Honorius III’s eighth year.

This is followed by Esztergom resp. the court of the king of Hungary (11 documents)21, Constantinople (9 documents)22, and the prince of Achaea23, Arras24 and Maguelone (8 documents each)25. Overall, the data suggest that French actors were impetrating and/or receiving more registered letters than their contemporaries in other kingdoms, something that is slightly disproportionate given the considerable distance between Paris and the curia. The Albigensian Crusade was responsible for a portion of this large number of documents sent to France, but the majority concern quotidian ecclesiastical business26. The disparity in numbers between the different territories raises questions about difference in ecclesiastical, legal, and political systems. Was the acceptance of papal authority, or at least the willingness to engage with it, less embedded in the supplicatory cultures of the Holy Roman Empire than in France, for example?27 Taken together, the data (Table 2) and the map (Map 1) demonstrate that logistical factors appear to have played an important role in determining the frequency with which letters were issued to different localities. There is a positive correlation between geographical proximity to the curia and the number of documents registered: as one might expect, the closer people were to the papal court, the more likely they were to be in contact with   Ibid. no. 4524, 4616, 4748, 4799, 4800, 4855, 4859, 4860, 4862, 4910, 4951.   Ibid. no. 4487, 4495, 4496, 4508, 4536, 4543, 4563, 4564, 4754. 23   Ibid. no. 4478, 4479, 4480, 4483, 4493, 4503, 4504, 4758. 24   Ibid. no. 4510, 4557, 4858, 4885, 4887, 4889, 4972, 4988. 25   Ibid. no. 4630, 4631, 4632, 4636, 4638, 4710, 4932, 5087. 26 Rebecca Rist, The Papacy and Crusading in Europe, 1198–1245 (London 2009) 81–117. 27   This is a question addressed in Rom und die Regionen. Studien zur Homogenisierung der lateinischen Kirche im Hochmittelalter, ed. Jochen Johrendt–Harald Müller (Abh. d. Akad. d. Wiss. zu Göttingen N. S. 19, Berlin 2012). 21 22

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it. Regions further away from the Papal State still engaged with the institution, as the map reveals, but did so less frequently. Pertinent here is the question of relative population size and how that affected rates of registration. Were more documents being registered with French ecclesiastical addressees simply because there were more of them? Paris appears to have been the largest city in medieval Europe by a considerable margin. A much-debated survey of 1328 recorded 61,000 hearths in the city, which some scholars think may indicate a population of some 200,000 people28. The evidence for medieval demography, however, is so fragmentary and so much disputed that nothing more than a very impressionistic sketch would be possible, something which would be highly tangential and of little use. The only thing we can say is that more French and Italians were in contact with the curia than individuals from the Holy Roman Empire and other territories. This can probably be explained by the greater number of French ecclesiastical institutions on one hand, and the geographical proximity of Italian clergy to the curia on the other. In any case, the disparity in absolute numbers would certainly have impacted the character of the personal networks of the curia (including the languages in use)29. As Agostino Paravicini Bagliani has observed, between 1198 and 1276, 80 % of cardinals were of Italian or French birth30. The dominance of the French and Italians in curial networks would have made it more challenging for supplicants and diplomats from other regions to access the curial levers of power. Measured purely in terms of the imprint on the registers, there is a marked disparity between the different territories of Christendom and how close their communication with the papacy was.

Recipient status and documentary types In addition to geographical dimensions, we can also use the sample data to shed more light on the identities of those receiving registered papal documents (Table 3).

Recipient Status

Ecclesiastical

Legal

Diplomacy

Privilege

Confirmation

Crusade

Benefice

Dispensation Marriage

Legation

Total

Table 3. The number of documents registered, and their categories, according to the status of the firstnamed recipient.

Bishop Archbishop Abbot/Abbess

95 51 46

32 13 12

6 5 1

9 6 7

5 5 14

4 4 2

3 2 1

0 0 0

0 0 0

155 86 83

1 0 0

28 David Herlihy, Demography, in: Dictionary of the Middle Ages, ed. Joseph R. Strayer, 13 vols (New York 1982–1989) 4 136–148, here 141. 29  Thomas W. Smith, English Episcopal Documents and Supplicatory Strategies at the Roman Curia in the Thirteenth Century, in: Stilus – usus – modus. Spielregeln der Konflikt- und Verhandlungsführung am Papsthof des Mittelalters – Rules of Negotiation and Conflict Resolution at the Papal Court in the Middle Ages, ed. Georg Strack–Jessika Nowak (Utrecht Studies in Medieval Literacy 44, Turnhout 2019) 159–174, here 168–171. 30 Agostino Paravicini Bagliani, Curie (XIe–XIIIe siècle), in: Dictionnaire historique de la papauté, ed. Philippe Levillain (Paris 1994) 505–511, here 507.

Recipient Status

Legal

Diplomacy

Privilege

Confirmation

Crusade

Benefice

Dispensation Marriage

Legation

Total

The Registers of Pope Honorius III: A Quantitative Approach 219

Ecclesiastical



Prior King Prepositus Chapter Dean Archdeacon Religious Order Canon Comes Prince General letter Magister Clericus Patriarch Emperor Prelate Consul Legate Noble Potestas Queen Rector Archpriest Chaplain Ecclesia Cardinal Citizens Monastery Cantor Chancellor Diocese Dominus Hermit Lector Mercator Miles Plebs Precentor Priest

10 4 12 8 6 2 4

6 1 0 1 3 6 0

0 15 1 0 0 0 0

4 0 1 1 0 0 5

2 0 1 2 3 0 2

0 1 0 0 0 0 0

1 0 0 1 1 2 0

0 0 0 0 0 1 0

0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0

23 21 15 13 13 11 11

1 3 3 6 0 2 2 1 2 2 3 0 2 0 2 2 2 2 1 1 1 0 0 0 0 1 1 0 0 1 0 1

2 0 2 0 1 0 1 1 1 0 0 0 1 1 0 0 0 0 1 0 0 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0

2 5 2 0 0 0 1 1 0 1 1 3 0 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0

2 0 1 1 2 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 0

0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 1 1 1 0 0 0 1 1 0 0 1 0 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

2 0 0 0 3 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0

0 0 0 0 1 4 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

9 9 9 8 8 6 6 5 5 4 4 4 4 4 4 3 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

Total

0 0 0 0 45 37

Legation

0 0 47

Dispensation Marriage

0 0 88

Benefice

Privilege

1 1 282

Crusade

Diplomacy

Subdeacon Suffragan Total

Confirmation

Recipient Status

Legal

Thomas W. Smith

Ecclesiastical

220

0 0 19

0 0 18

0 0 7

0 0 1

1 1 546

0 0 2

Prelates were most likely to be named as first recipient of registered papal letters under Honorius. 155 registered letters were sent to bishops as first recipient, 86 to archbishops, 83 to abbots and abbesses, 23 to priors, and 5 to multiple prelati31. These account for 352 documents: 64 % of the sample corpus. Of course, this reflects the administration of ecclesiastical affairs – with the papacy as the head of the universal Church and the highest ecclesiastical court, it is only natural that prelates, dealing with petitions from below as well as curial letters from above were receiving the most letters. As with the lop-sided geography of the registered letters, it is surprising how few documents were registered about and by other groups, especially the secular powers. There are only 21 registered letters addressed to kings as first-named recipients, 5 to emperors, 4 to queens, 9 to principes, 9 to comites and 4 to other nobles. If we examine the geographical spread of recipients of letters who held the status of prelates specifically (according to the criteria directly above), we find that French prelates account for 114 registered documents (21 %), Italian prelates for 96 (18 %), and prelates from the Holy Roman Empire for 34 (6 %). Compared to their Germanic equivalents, then, French and Italian prelates appear to have had a much closer connection to the curia. The observation that the level of contact between clergy and the papacy far outstripped that of the secular powers is borne out by the types of letter that the chancery registered. 282 are concerned with ecclesiastical administration (52 %), 88 deal with legal matters (16 %), 45 grant privileges (8 %), and 37 regard the confirmations of rights and existing privileges (7 %). Letters engaging in political diplomacy represent a significant minority of 47 letters: just less than 9 %. 19 letters (just under 4 %) are about the crusade, though not all of these were sent to secular figures, and a number relate to the ecclesiastical administration of the crusading movement. The relatively small percentage of letters regarding diplomacy with the lay powers underscores that the papal registers were overwhelmingly tools of ecclesiastical administration and memory. While, as a result of their cumulative scale, the papal registers represent a beguilingly rich and indispensable source to study the political affairs of the early thirteenth century, we must place that diplomacy in the context of an administrative and archival machine that was geared much more towards managing the everyday affairs of the universal Church. Overall, the data on the social status of recipients and the types of documents issued demonstrates that differing levels of closeness to the curia among different actors has shaped the form of the register manuscripts. It serves as a reminder that the registers can be used to write fuller histories of some territories and sections of society than others, and they are far from a complete repository of diplomatic evidence.

31   These figures align broadly with those for Honorius III’s letters to Frankish Greece despatched through­ out his whole pontificate: Bullarium Hellenicum, ed. Duba–Schabel (cit. n. 4) 98.



The Registers of Pope Honorius III: A Quantitative Approach 221

Documents issued in groups One aspect of curial registration practice that manifests prominently in the register manuscripts is how many letters were issued in groups. These groupings of letters concern similar matters or were addressed to the same recipient, and they were entered roughly into the register in those same batches. From the sample, 278 (51 %) registered letters can be identified as part of a group, and 268 (49 %) appear not to belong to one. Given the cost, time and effort involved in travelling to the curia, it is not surprising that so many were registered as part of a group; it made financial and logistical sense for actors conducting multiple pieces of business to collect petitions and impetrate multiple documents at the same time. When the impetrant was not the named recipient of the letter (i.e. the impetrant acquired a letter addressed to someone else, such as a judge-delegate or executor, or the papacy drew up a document on its own initiative), it also made archival sense for the papacy to gather documents together in rough groupings by recipient or topic. 76 separate groupings of two or more letters are discernible in the sample. The highest number of documents in a single group is Latin Empire of Constantinople Group 1, which contains 34 documents32. This is followed by: France Group 6 (15 documents)33; Iberia Group 2 (11 documents)34; France Group 23 (11 documents)35; and Holy Roman Empire Group 2 (8 documents)36. Nevertheless, large groups are not particularly common in the registers. Although the mean average number of documents in groups is 3.6, the modal average is two letters per group. Groups of two documents account for 44 of the 76 groupings (58 %). Generally, documents in groups were issued in a relatively tight timeframe. To take an example, the first letter in France Group 6 (noted directly above), which consists of 15 letters, is dated 7 December 1223, and the last letter was issued on 29 December37. Smaller batches could be issued more quickly. Eight documents in Holy Roman Empire Group 2, for instance, are dated between 31 October and 4 November 1223, which represents a normal length of time to issue a group of letters this size38. Grouped documents usually cohere together in the manuscripts of the registers, although their order is interrupted by letters not belonging to the group. This reveals that the impulse among chancery staff to register them together was clearly seen as desirable rather than essential. Aside from the very large group of 34 documents sent to the Latin Empire of Constantinople, there does not seem to be a positive correlation between geographical distance from the papal curia and the propensity to seek the issue of letters in groups: 23 groups can be identified in the sample for France and 22 for Italy, which, as we have seen, were in closest contact with the papacy. The impetus for the creation of the largest group of documents sent to the Latin Empire of Constantinople stems from concerted efforts to organise the Latin Empire after its foundation and, naturally, developing political si32  Pressutti no. 4477, 4478, 4479, 4480, 4482, 4483, 4486, 4487, 4488, 4489, 4490, 4493, 4494, 4495, 4496, 4497, 4500, 4501, 4502, 4503, 4504, 4505, 4506, 4507, 4508, 4509, 4514, 4527, 4528, 4529, 4536, 4540, 4541, 4543. 33   Ibid. no. 4595, 4597, 4598, 4609, 4610, 4611, 4613, 4614, 4615, 4618, 4619, 4620, 4621, 4622, 4643. 34  Ibid. no. 4664, 4665, 4666, 4667, 4672, 4673, 4674, 4678, 4679, 4683, 4684. 35  Ibid. no. 4919, 4920, 4921, 4922, 4927, 4931, 4932, 4937, 4938, 4940, 4959. 36  Ibid. no. 4549, 4550, 4551, 4552, 4553, 4554, 4555, 4556. 37  Ibid. no. 4595, 4643. 38  Ibid. no. 4549, 4550, 4551, 4552, 4553, 4554, 4555, 4556.

222

Thomas W. Smith

tuations created register groupings that are larger than those which result from normal ecclesiastical business.

Conclusions Despite the overall mass of material concerning diplomacy in the registers, a quantitative approach reveals that documents sent to secular figures are but a significant minority of letters registered compared to those concerning ecclesiastical affairs. Among letters in the latter category, prelates from France and Italy are over-represented compared to their Germanic counterparts, and we must account for this impact in the registers. Either the secular powers were petitioning for and registering far fewer documents, or receiving far fewer registered letters on the initiative of the papacy (or it could be a combination of both factors). Despite their value in reconstructing political history in the early thirteenth century, we should think of the papal registers primarily as records of ecclesiastical administration, and diplomatic affairs second – something which explains the impetus behind their creation and maintenance. It places into context, for instance, Innocent III’s Regestum super negotio Romani imperii: the curia perceived of the registers not as an ideal repository for diplomatic correspondence, and the desire to keep a more complete record of such affairs necessitated the creation of a special register39. It also raises the question of how the various secular powers made use of the chancery and registration themselves. Since they were operating their own systems, they do not always appear to have needed or desired to have records made or archived at the curia. Although the papacy was the most important (ecclesiastical) court of supplication in Christendom, it was not always the preferred one. This leads us on to a related observation of potentially broader importance – how important was the papacy in the regions outside Western Europe? Traditionally, scholars have tended to think of the beginning of the thirteenth century as the pinnacle of papal authority40. But the evidence from the registers presented in this sample, at least, prompts the question of the regularity with which figures on the periphery were engaging with papal authority, at least in terms of making use of the chancery registers as a repository of institutional memory (even if they did recognise that authority). The map of firstnamed addressees reveals the impressive reach of papal authority, but the data reveal that fewer registered letters were despatched to the periphery than to France, Italy, the Holy Roman Empire, Iberia, England, and Hungary. The papal registers, therefore, present a remarkably rich set of source material to study the early thirteenth century, but one that is essentially skewed towards particular affairs, regions, and social groups. Indeed, a lack of balance in coverage should be seen as a defining characteristic of the registers as a corpus of primary source material. 39   Regestum Innocentii III papae super negotio Romani imperii, ed. Friedrich Kempf (MHP 12, Rome 1947). 40  As noted in Kenneth Pennington, The Legal Education of Pope Innocent III. Bulletin of Medieval Canon Law 4 (1974) 1–10, here 1. Walter Ullmann, for instance, remarked on the papacy having reached its „zenith“ and „apogee“ under Innocent III: Walter Ullmann, A Short History of the Papacy in the Middle Ages (London 1972, repr. with additions London 1974) 223, 225. See also Kenneth Pennington, Innocent III and the Divine Authority of the Pope, in: idem, Popes, Canonists and Texts, 1150–1550 (CS 412, Aldershot 1993), III: 1–32, here 1.



The Registers of Pope Honorius III: A Quantitative Approach 223

The data also shed light on chancery practices and reveal that it produced more registered documents at the Lateran during the winter and spring than it did at Anagni and Segni during the summer months. Prelates account for most of the documents impetrated or received, and the most common categories of document are ecclesiastical and legal. Approximately half of all registered documents belong to discernible groups which have left a considerable mark on the manuscripts of the registers. While some of these groupings were large, this was the exception rather than the rule: most groups consist of only two letters. The question mark hanging over the data, of course, is how much of the total documentary issue is preserved in the registers. This is an insurmountable problem – it will never be possible to prove how representative the registers are of the complete documentary output of the papal chancery under Honorius III. That said, it is hoped that the observations and data presented here take us a small step closer to understanding the papal registers, chancery practices, and supplicatory cultures of the early thirteenth century.

Digitale Methoden bei der Erforschung von Papsturkunden – Stand der Dinge Georg Vogeler

Digitale Methoden* werden immer mehr zur Selbstverständlichkeit in der wissenschaftlichen Arbeit auch mit mittelalterlichen Papsturkunden. Dieser Beitrag möchte den methodischen Stand der Dinge referieren und daraus Anforderungen an neu aufzugreifende wissenschaftliche Arbeit ableiten. Der Beitrag wird keine umfassende Dokumentation von digitalen Ressourcen oder Werkzeugen, die für die Papsturkundenforschung eingesetzt werden können, bieten, sondern exemplarisch die vier zentralen Kategorien der Methoden abarbeiten, die nötig sind, um die Überlieferung der päpstlichen Kanzlei als historische Quellen nutzen zu können: Katalogisierung/Regestierung, Edition, Arbeit mit den Urkundentexten und Arbeit mit visuellen Eigenschaften. Mit diesen Zugängen kann man die Papsturkunden als Quellen für historische Sachverhalte z. B. der Papstgeschichte verwenden, aber auch für die Entwicklung der Urkundenproduktion an der päpstlichen Kurie selbst, also dem eigentlichen Kern der Diplomatik der Papsturkunden. Ein leichter Schwerpunkt auf der Überlieferung des 13. Jahrhunderts ist neben dem Tagungsthema auch der wissenschaftlichen Biographie des Autors geschuldet. Ebenso sind die angeführten Beispiele häufig Ergebnisse meiner Forschungsarbeiten in den letzten 20 Jahren, in denen ich mich darum bemüht habe, im Rahmen einer „digitalen Diplomatik“1 kleine Beiträge zur Erforschung von Papsturkunden zu leisten.

Katalogisierung Die klassische Form des Nachweises von Papsturkunden in der archivischen und bibliothekarischen Überlieferung sind Regesten. Aufgabe der Regestierung ist es, den historisch relevanten Inhalt einer Urkunde in moderner Sprache zusammenzufassen und die für eine erste kritische Bewertung der Urkunde notwendigen Daten zu erheben. In der Geschichte der Regestenarbeit sind dabei für das Früh- und Hochmittelalter auch Belege *  Alle URLs dieses Beitrags wurden zuletzt am 15. 8. 2022 überprüft und – soweit technisch möglich – im Webarchive von archive.org gespeichert. Sie können also im Zustand dieser Publikation unter http:// web.archive.org/220815/ gefolgt von der angegebenen URL abgerufen werden. Ein individueller Nachweis des Besuchsdatums der Ressource erübrigt sich deshalb. 1  Die Bezeichnung hat sich etabliert mit den Konferenzen unter diesem Titel im Jahr 2007, 2011 und 2013: Digitale Diplomatik. Neue Technologien in der historischen Arbeit mit Urkunden, hg. von Georg Vogeler (AfD Beih. 12, Köln–Wien 2009); Digital Diplomatics: The Computer as a Tool for the Diplomatist?, hg. von Antonella Ambrosio–Sébastien Barret–Georg Vogeler (AfD Beih. 14, Köln–Wien 2014).

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Georg Vogeler

einbezogen worden, die über die urkundliche Überlieferung hinausgehen. Wenn man sich auf Papsturkunden als Quelle konzentriert, spielt das zunächst keine Rolle. Methodisch relevant ist die Entscheidung, ob man sich auf die originale Überlieferung beschränkt, wie es z. B. der von Franco Bartoloni begründete Censimento tut2, oder auch kopiale Überlieferung mit einbezieht. Regesten sind eine relativ stark strukturierte Textgattung: eine das Regest identifizierende Nummer, Datum (und gegebenenfalls Ort) des regestierten Sachverhalts, das eigentliche Regest, die Quelle des Regests und je nach Regestierungstradition weitere Informationen wie die Originalfassung der Datierung, Maßangaben, Kanzleivermerke, Literaturangaben etc. Diese Struktur erinnert zu Recht an das, was heutzutage gerne als „Datenbank“ bezeichnet wird und wofür die Informatik aus dem Bedarf von Unternehmen und öffentlicher Verwaltung heraus schon lange effiziente technische Verfahren entwickelt hat. Die Regesta Imperii sind vielleicht das beste Beispiel dafür, wie weit der Übergang aus einer nicht-digitalen Praxis der Regestierung in eine digitale Welt gehen kann3. Sehr restriktiv ist der Zugriff auf die Datenbanken, die die Kolleg:innen der École française de Rome erstellt haben, die im Rahmen des Brepolis-Dienstes kostenpflichtig zugänglich sind4. Für die Papsturkunden ist die Neuauflage des Jaffé eines der Referenzwerke5. Die Bearbeiter:innen des Göttinger Papsturkundenwerkes sind etwas restriktiv im Zugang zu ihren Daten. Man kann nach einer Registrierung im Volltext der bislang erstellten Regesten suchen und die Treffer dann nach verschiedenen Kriterien filtern. Die Funktionalitäten der Datenbank gehen über eine strukturierte Suche hinaus und erlauben es, die Papsturkunden auf einer Karte darzustellen, in der die Ausstellungsorte, Adressaten und sonstige erwähnte Orte mit dem DARIAH-Geobrowser angezeigt werden6. Der DARIAH-Geobrowser ist ein für jedermann zugängliches Werkzeug, das als Teil der DARIAH-Infrastruktur zugänglich gemacht wird7. Er benötigt dafür nur eine Tabelle mit Geo-Koordinaten und Erläuterungen dazu – im Falle des Göttinger Papsturkundenwerkes sind das die drei Klassen von Orten –, um die Anzeige auf der Karte zu ermöglichen. Wenn zusätzlich Datierungen vorhanden sind, können die Daten auch in der Zeitleiste unter der Karte gefiltert werden. In der Karte erlauben verschiedene Filter die geographische Eingrenzung. Man kann die Daten auf verschiedene Grundkarten projizieren, um z. B. die Orientierung durch moderne Staatsgrenzen zu erleichtern oder historisch realistischere Angaben aus – sehr groben – historischen Karten einzublenden. Diese Verbindung zeigt, wohin die Katalogisierung von Papsturkunden führen kann: Offene Datenzugänge erlauben es, Teildatensätze aus einem Katalog zu extrahieren und mit anderen Werkzeugen, wie hier dem DARIAH-Geobrowser, weiter zu verarbeiten. Die Katalogisierung wird damit über ein reines Findhilfsmittel zu einem Werkzeug der Analyse: In welchem Zeitraum sind welche Regionen Europas im Fokus der Aktivitäten der Papstkanzlei? 2   Franco Bartoloni, Per un censimento dei documenti pontifici da Innocenzo III a Martin V (escluso). Relazione, discussione e voto finale al Convegno internazionale di studi per le fonte del Medioevo europeo (Roma, 14–18 Aprile 1953) (Roma 1955) 3–24. 3 http://www.regesta-imperii.de/. 4  Ut per litteras Apostolicas ... Online, ed. École française de Rome (2021): https://www.brepols.net/ products/IS-9782503591827-1. 5  https://www.papsturkunden.de/. 6  https://www.papsturkunden.de/EditMOM/geo.do?method=all. 7  https://geobrowser.de.dariah.eu/.



Digitale Methoden bei der Erforschung von Papsturkunden 227

Abb. 1: Bildschirmaufnahmen der Kartendarstellung von 736 geolokalisierten Empfängern aus 14.579 Urkunden des Empfängerregisters von Potthast: Regesta mit dem DARIAH-Geobrowser8

Regestenwerke sind Datenbanken ante litteram. Welchen Aufwand es bedeutet, eine solche gedruckte Datenbank in eine digitale Form zu überführen, demonstriert die Arbeit an der digitalen Fassung der Regesta Imperii. Ich habe eine solche Datenbank für Papsturkunden vor 20 Jahren als Zwischenschritt für einen Auftrag der MGH erstellt, bei dem es darum ging, ein Empfängerregister zu August Potthasts Regesta Pontificum Romanorum9

8  https://geobrowser.de.dariah.eu/index.html?csv1=https://cdstar.de.dariah.eu/dariah/EAEA0-C810226C-9644-0&¤tStatus=mapChanged=Maps-for-Free+relief+map. 9 August Potthast, Regesta Pontificum Romanorum. Inde ab a. Post Christum Natum MCXCVIII ad a. MCCCIV (Berlin 1874–1875).

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zu erstellen. Das Ergebnis der Arbeit10 ist ein vorläufiges Register von über 480 Seiten11, das auf Grund seiner Datenorganisation in der Druckvorlage unsauber aussieht. Als Datenbank erlaubt es jedoch weitere Operationen. Das Datenmodell der Datenbank unterscheidet verschiedene Kategorien: Für jede Nummer in Potthasts Regesten gibt es mehrere Empfänger, zu diesen sind die Ortsangaben getrennt von Namen und Rollen aufgeführt. Der Datensatz ist also mehr als nur ein Register, sondern z. B. ein Baustein zu einer Prosopographie der Empfänger von Papsturkunden im 13. Jahrhundert. Mit der Hilfe der API von geonames oder einem Werkzeug wie OpenRefine können die Ortsangaben des Registers auch semiautomatisch mit Koordinaten versehen werden. Beim derzeitigen Stand der Arbeiten gibt es zu etwas mehr als der Hälfte der Urkunden, deren Empfänger man prinzipiell lokalisieren kann, solche Georeferenzen, die sich nun mit dem DARIAH-Geobrowser anzeigen lassen (Abb. 1). In der Abbildung 1a sind die Urkunden von Honorius III. als dunkler Kern in den Kreisen hervorgehoben, um zu illustrieren, wie sich die Filterfunktionen in der Anwendung auswirken. Umgekehrt erlaubt es der Geobrowser auch, in der Karte eine Region auszuwählen und damit die Tabelle unter der Karte zu filtern (Abb. 1b mit Empfängerorten im Regnum Siciliae). Die digitale Form der Katalogisierung macht also die Informationen der Kataloge elektronisch unterstützten Verfahren zugänglich und erlaubt es, sie in anderer Form darzustellen, sie mit anderen Daten anzureichern und so neu auszuwerten. Welchen Einfluss eine digitale Katalogisierung haben kann, mag auch ein Experiment zeigen, das Christoph Egger und ich im Jahr 2018 mit Studierenden des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung unternommen haben. Wir haben die Studierenden gebeten, eine Datenbank der originalen Papsturkunden im Deutschordenszentralarchiv (DOZA) in Wien nach dem Vorbild des Censimento zu erstellen12. Wir haben dazu keine eigene Datenbank aufgebaut, sondern das kollaborative Archiv des Monasterium.netPortals benutzt. Das Ziel des Experiments war es zum einen, einen Beitrag zu leisten, eine Lücke in der Erfassung der in Österreich überlieferten originalen Papsturkunden zu füllen: Die 278 originalen Papsturkunden des DOZA aus dem 13. Jahrhunderts sind noch nicht erfasst gewesen – und die Studierenden haben nun 150 Stücke nach den Kriterien des Censimento beschrieben. Aber auch der Censimento ist eine Datenbank ante litteram. Deshalb war zum anderen ein Ziel des Experiments zu ermitteln, welche Möglichkeiten sich aus der digitalen Darstellung ergeben. So fehlt in den Druckfassungen das gemeinsame Register, das in der Druckwelt erst sinnvoll nach Abschluss der Verzeichnung möglich ist. Damit verursacht das Medium Buch durch die Langfristigkeit der Arbeit eine systematische Schwäche. Der Censimento sollte Einblicke in die Arbeitsweise und Geschichte der Papstkanzlei geben. Diese Institution ist aber natürlich nicht in den Beständen einzelner Archive oder Regionen abgebildet, sondern arbeitete zentral für ganz Europa. Ob es dennoch regionale Zuständigkeiten gab, ist ohne Gesamtüberblick also kaum zu ermitteln. In einer elektronischen Datenbank, die jeden regionalen Ausschnitt unmittelbar mit den bisher erhobenen Beschreibungen vergleichbar macht, ist das anders. Das kollaborative Archiv von Monasterium.net erlaubt es auch, Bildausschnitte mit der Beschreibung einer Urkunde zu verbinden, indem im Editor von Monasterium.net der entsprechende Bildausschnitt zusammen mit dem Namen des Textelements ausgewählt  http://www.cei.lmu.de/potthast.  http://www.cei.lmu.de/potthast/register20110208.pdf. 12   https://www.monasterium.net/mom/CensimentoDOZA/collection. 10 11



Digitale Methoden bei der Erforschung von Papsturkunden 229

Abb. 2: Screenshot der Annotation im Bearbeitungswerkzeug von Monasterium.net (EditMOM): https:// www.monasterium.net/mom/CensimentoDOZA/444/charter

wird13. Die Kanzleivermerke werden also nicht nur transkribiert, sondern auch visualisiert. Mit Hilfe einer XQuery-Abfrage auf die XML-Datenbank im Hintergrund der Webanwendung, die in einer exist-db-Installation realisiert ist, ist es nun möglich, eine Übersicht über diese Bildausschnitte zu erzeugen (Abb. 3), und damit ein visueller Vergleich zwischen den Vermerken. Die Datenbank der Empfänger in den Regesten von August Potthast, die Arbeit der französischen Kollegen und die Censimento-Arbeit eröffnen eine weitere Perspektive, die von digitalen Werkzeugen unterstützt wird: Die drei Datenbanken überlappen sich. Es gibt nun digitale Werkzeuge, die es erleichtern, diese Überlappung auszunutzen und Informationen aus den verschiedenen Datenbanken zusammenzuführen. Diese Werkzeuge werden gerne unter dem Stichwort „Linked Data“ zusammengefasst – oder, wenn es sich um offene Daten handelt: „Linked Open Data“. Linked Data beruht auf einem vom W3C standardisierten Verfahren, Datensätze weltweit zu identifizieren und sie strukturiert zu beschreiben – und dabei z. B. die Identität zweier Datensätze zu behaupten. Das Verfahren, das unter dem Namen „Resource Description Framework“ (RDF) geläufig ist14, baut darauf auf, wiederverwertbare Dateneinheiten mit einem dem Muster von URLs nachgebildeten Identifikator (Uniform Resource Identifier, URI) zu bezeichnen. Aus „Potthast Nr. 2810“ würde dann also so etwas wie . Auch die Beschreibungskategorien können über solche URIs identifiziert werden. Dafür liegt z. B. vom Vocabulaire internationale de la diplomatique (VID) eine digitalisierte Version vor15, die ebenso als Ausgangspunkt dienen könnte wie die im Rahmen der Arbeit an der Charters Encoding Initiative (CEI) erstellten XMLSchemata16. 13  https://github.com/icaruseu/mom-ca/wiki/User-interventions:-Create-an-annotation-to-a-zone-in-theimage-in-EditMOM-3. 14  https://www.w3.org/RDF/ und als Einführung RDF 1.1 Primer. 15  https://www.cei.lmu.de/VID/, vgl. dazu auch Georg Vogeler, Von der Terminologie zur Ontologie : Das „Vocabulaire international de la diplomatique“ als Ressource des Semantic Web. Francia 40 (2013) 281–297. 16  https://www.cei.lmu.de.

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Georg Vogeler

Abb. 3: Bildschirmfoto eines Ausschnitts aus der Übersicht Bildannotationen in der Pilotstudie zum Censimento im Deutschordenszentralarchiv mit Hilfe von Monasterium.net. Die gesamte Übersicht kann unter http://www.cei.lmu.de/Kanzleivermerke20181009.html eingesehen werden.

Um das sinnvoll zu tun, müssen wir nur darauf achten, dass die diplomatischen Begriffe sauber angewendet werden17. Die physische Urkunde und der Registereintrag wären mit je einer eigenen URI zu versehen. Sie finden in einem abstrakt gedachten Rechtsakt (VID 4: „acte juridique“) zusammen. Wenn man die Regestennummer als kanonische 17   Vgl. hierzu Georg Vogeler, Versioning Charters: On the Multiple Identities of Historical Legal Documents and their Digital Representation, in: Versioning Cultural Objects, hg. von Roman Bleier–Sean M. Winslow (Schriften des Institus für Dokumentologie und Editorik 13, Norderstedt 2019) 127–150.



Digitale Methoden bei der Erforschung von Papsturkunden 231

Referenz für den Rechtsakt interpretiert, könnte sich eine RDF-Beschreibung wie folgt ergeben. prefix registrum: prefix ph: prefix cens: prefix dipl: doza:204 dipl:represents ph:7418 . registrum:xyz dipl:represents ph:7418 . ph:7418 a dipl:4 .

Die Zeilen können dabei in etwa wie Sätze nach dem Muster „Subjekt Prädikat Objekt“ gelesen werden. Die „prefix“-Definitionen am Anfang ersetzen die häufiger vorkommenden Teile von den in den Sätzen gebrauchten URIs und machen sie damit besser lesbar. Mit einer solchen technischen Repräsentation sind die Daten damit in einem Standard verfügbar, der maschinenlesbar einen Pfad von der Urkunde im DOZA zum Registereintrag und zum Regest von August Potthast legt. Eine spätere Edition des Registereintrags oder des Urkundenoriginals kann auf eine der drei URIs referenzieren und damit weitere Informationen zu allen drei Formen auslesen. Eine solche Notation kann dann auch dabei helfen, die verschiedenen Varianten von Urkundendatenbanken in den originalen und neubearbeiten Jaffé’schen Regesten zusammenzuführen und so helfen, ältere Referenzen mit den Informationen der neuesten Forschungen zu erweitern. Es entsteht also die Vision einer integrierten Urkundendatenbank, in der die verschiedenen Erschließungsbemühungen von Archivar:innen und Papsturkundenforscher:innen zusammenkommen. Anders formuliert: Katalogisierung in einer digitalen Umgebung heißt, Daten so mit ergänzenden Informationen zu verknüpfen, dass daraus neue Darstellungsformen und damit auch neue Erkenntnisse ermöglicht werden: Geo-Koordinaten zu Orten, Beschreibungen mit Bildausschnitten, mehrere Beschreibungen zur gleichen Urkunde und mehrere Urkunden zum gleichen Rechtsakt.

Edition Über digitale Verfahren in der kritischen Edition ist vermutlich schon am meisten geschrieben worden18. Noch gibt es keine systematischen Editionsvorhaben von Papsturkunden, die von digitalen Verfahren ausgehen. Papsturkunden sind Teil der Bemühungen der französischen Kollegen, eine Datenbank der Texte von originalen Urkunden aus Frankreich aufzubauen19. Z. B. kann man zu JL 3906 (Chartes Originaux n°2593) nicht nur den Volltext und eine strukturierte Beschreibung sondern auch ein Bild der Urkunden finden20. Für eine kritische Edition fehlen jedoch diplomatische und textkritische Reflexionen. 18  Hier sei insbesondere auf die Referenzwerke von Patrick Sahle, Digitale Editionsformen. Zum Umgang mit der Überlieferung unter den Bedingungen des Medienwandels 1–3 (Schriften des Instituts für Dokumentologie und Editorik 7–9, Norderstedt 2013), und Elena Pierazzo, Digital Scholarly Editing: Theories, Models and Methods (Farnham 2015), hingewiesen. 19  http://telma.irht.cnrs.fr//outils/originaux/index/. 20   Acte n°2593, Chartes originales antérieures à 1121 conservées en France, ed. Cédric Giraud–JeanBaptiste Renault–Benoît-Michel Tock (digital, Nancy–Orléans 2010/2012), http://www.cn-telma.fr/originaux/charte2593/.

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Georg Vogeler

Papsturkunden sind aber natürlich auch Teil anderer digitaler Editionen von Urkunden, wie sie z. B. der Codice Diplomatico della Lombardia medievale21, das Urkundenbuch der Steiermark22 oder die Edition der Schweizer Rechtsquellenstiftung erstellen23. Das ist anders in der APOSCRIPTA-Datenbank, in der Julien Théry aus existierenden Editionen ausschließlich Papsturkunden aufnimmt und dabei auch den kritischen Apparat der Quelle übernimmt24. Die Papsturkunden sind damit in der Welt der digitalen Editionen keine Vorreiter, aber könnten sehr wohl von den bekannten Vorteilen digitalen Edierens profitieren: kontinuierliches Wachstum des Datenbestandes durch sukzessive Veröffentlichung, Ergänzung um Bilder mit kanzleihistorischen Details, Register als eigenständige Datenbanken, aus denen sich Personennetzwerke oder andere Korrelationen herausschälen lassen, flexible Anordnung nach Empfänger, Thema, Form etc., oder die Volltextsuche in den Editionstexten sind durchaus Eigenschaften digitalen Edierens, die für Papsturkunden von einem eigenen Interesse sind. Das Verfahren, die Editionen organisatorisch einfach zu konzipieren und nachträglich zusammenzufassen, ist auch schon in gedruckten Editionen verbreitet25. In der digitalen Edition hat die sukzessive Edition den Vorteil, gleich mit jeder Publikation – auch von einzelnen Urkunden – ein gemeinsames Corpus zu bilden, mit gemeinsamem Register und gleichen Editionsprinzipien. Die flexible Anordnung erlaubt es, Gruppen zu bilden, die historisch ebenso interessant sein können wie die traditionelle chronologische Reihe, wie z. B. eine Ordnung nach Empfängern. Eine solche Funktionalität wird aber erst dann ermöglicht, wenn das editorische Wissen direkt mit den Texten verknüpft wird. Ein Regest, das die Empfänger nicht in der Datenstruktur abbildet, lässt sich nicht nach Empfängern sortieren. Ein klassisches Namensregister trennt ja nicht die Empfänger von anderen erwähnten Personen und I­ nstitutionen. Auch in den Editionen ist der Linked DataGedanken angebracht, um Institutionen, Personen, Orte oder Sachverhalte übergreifend über die Grenzen einer Datenbank recherchieren zu können26.

Arbeit mit Urkundentexten Zu solchen erweiterten Suchmöglichkeiten gehört auch eine lexikalische Suche, die auf einer Lemmatisierung der Urkundentexte aufbaut. Die Computerlinguistik hat da21  Codice Diplomatico della Lombardia medievale, ed. Michele Ansani (2000–2022), https://www.lombardiabeniculturali.it/cdlm/, z. B. https://www.lombardiabeniculturali.it/cdlm/edizioni/co/sondrio-slorenzo/ carte/sondrio1110-11-26 (Paschalis II, 1110 XI 26). 22   https://gams.uni-graz.at/context:stub. 23  https://editio.ssrq-online.ch./. 24  http://telma-chartes.irht.cnrs.fr/aposcripta. 25  Z. B. Die Papsturkunden des Hauptstaatsarchivs Dresden. Originale Überlieferung, Teil 1: 1104–1303, ed. Tom Graber (Codex diplomaticus Saxoniae 3/1/1, Hannover 2009); Walter Zöllner, Die jüngeren Papst­ urkunden des Staatsarchivs Magdeburg. Bestände Halberstadt, Quedlinburg und übrige Gebiete (Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschichte 23, Leipzig 1982); Die jüngeren Papsturkunden des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar, ed. ders. (Von Innozenz III. bis zum Konzil von Konstanz) (Studien zur katholischen Bistums- und Klostergeschichte 40, Leipzig 1996); Die Papsturkunden des Staatsarchivs Magdeburg von Innocenz III. bis zu Martin V., ed. ders. (Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 23, Halle 1966). 26  Vgl. zur semantischen Annotation mit Hilfe von Linked Data Georg Vogeler, The „assertive edition“. International Journal for Digital Humanities 1/2 (2019) 309–322, und verschiedene Beiträge in: Graph datamodels and semantic web technologies in scholarly digital editing, hg. von Elena Spadini–Francesca Tomasi– Georg Vogeler (Schriften des Instituts für Dokumentologie und Editorik 15, Norderstedt 2021).



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für automatische Tagger entwickelt, die Flexionsformen auf Grundwörter abbilden. Sie erzielen auch für das Lateinische gute Erfolge. In den modernen Werkzeugen dieser Art wird auch der Kontext einbezogen, um Ambiguitäten zu umgehen. Das „Classical Languages Toolkit“ (cltk)27 hat seine Modelle auf Grund von überwiegend klassischen Texten wie sie in Perseus28, The Latin Library29, Lacus Curtius30 und dem Corpus Grammaticorum Latinorum vorliegen, erstellt31. Der TreeTagger von Helmut Schmid bezieht das Werk des Thomas von Aquin, das im Index Thomisticus digitalisiert vorliegt, mit ein32. Mittelalterliche Urkundensprache ist damit nicht gut repräsentiert. Ein besonderes Augenmerk auf mittellateinische orthographische Varianten legt das französische Werkzeug „Collatinus“33, das auch DuCanges Glossarium in seine Datenbasis aufgenommen hat. In Papsturkunden spielt der Rhythmus der Texte eine besondere Rolle. Das Stilmittel des Cursus ist sogar als Instrument zur Beurteilung von Echtheit von Urkundentexten herangezogen worden. Im „Collatinus“-Werkzeug kann man Texte nun nicht nur morphologisch analysieren, sondern auch rhythmisch34. Die Analyse hat mit Eigennamen und einigen Wörtern der Urkundensprache Probleme, wie das folgende Beispiel zeigt, das den originalen Text um Vorschläge für eine antike Orthographie angereichert hat. Dabei ist e zu ae/oe angeglichen und sind weniger wahrscheinliche orthographische Varianten in Klammern ergänzt (parte/partae, ac/hac). Innocéntius episcopus servus servórum Dei, dilécto fílio abbati Corbigniacensi órdinis sancti Benedícti, Eduensis diocesis, salútem et apostolicam benedictionem. Ex parte (partæ) tua fuit nobis humíliter supplicátum ut cum observántia tui órdinis ab ipsa institutióne sui multum sit rígida et diffícilis ad feréndum fueríntque post modum tam per felícis recordatiónis G. papam predecessorem nostrum quam per loci metropolitanum et diocesanum ac (hac) legátos sedis apostolicæ vel delegátos ipsius nonnúlla supradicta statúta grávia et præcépta diversárum pœnárum adjectióne valláta ne contíngat sub tantis onéribus defícere onerátos providére super hoc patérna sollicitúdine curarémus. Nos ígitur attendéntes quod éxpedit cálamum quassátum non cónteri et in erasione ærúginis vas non frangi, devotiónis tuæ précibus inclináti, præséntium tibi auctoritáte concédimus ut super observa27   http://cltk.org/: Kyle P. Johnson–Patrick Burns–John Stewart–Todd Cook, CLTK: The Classical Language Toolkit, https://github.com/cltk/cltk (2014-2021), und Patrick J. Burns, Building a Text Analysis Pipeline for Classical Languages, in: Digital Classical Philology – Ancient Greek and Latin in the Digital Revolution, hg. von Monica Berti (Age of Access? Grundfragen der Informationsgesellschaft 10, Berlin–Boston 2019) 159–176, DOI: 10.1515/9783110599572-010, führt auch in weitere Werkzeuge zur Verarbeitung von lateinischen und griechischen Texten ein. 28   http://www.perseus.tufts.edu/. 29  http://thelatinlibrary.com/ mit immerhin 81 mittelalterlichen Texten: http://thelatinlibrary.com/medieval.html. 30  https://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/home.html. 31   https://cgl.hypotheses.org/. 32  Helmut Schmid, Probabilistic Part-of-Speech Tagging Using Decision Trees, in: Proceedings of International Conference on New Methods in Language Processing, Manchester, UK (1994), http://www.cis.unimuenchen.de/~schmid/tools/TreeTagger/. 33 Yves Ouvrard–Philippe Verkerk, Collatinus, https://outils.biblissima.fr. Zur mittelalterlichen Orthographie vgl. https://outils.biblissima.fr/fr/collatinus/#faq7. 34  https://outils.biblissima.fr/fr/collatinus/aide/scander.html.

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Georg Vogeler tióne ipsórum statutórum et præceptórum quæ de tuæ sustantia régulæ (régule) non exístunt, tu ac (hac) successóres tui cum monasterii tui ejúsque membrórum monachis præséntibus et futúris líbere (libére líberæ) dispensáre possítis, iis duntaxat cásibus excéptis super quibus in éadem (eádem) régula est dispensátio interdícta, in quibus cásibus dispensándi super pœnis (penis) adjéctis et irregularitatibus quas tui súbditi ob hoc háctenus incurrérunt vel incúrrent decetero eósque absolvéndi abinterdicti vel suspensionis aut (haut) excommunicationis vínculo quo ipsos ob transgressiónem eorúmdem statutórum et præceptórum invólvi cóntigit vel contínget, injúncta sic absolútis penitentia salutári, líbera sit tibi tuísque successóribus de nostra permissione facúltas: prióri nichilominus tuo ac (hac) successóribus ejus concedéndi tibi tuísque successóribus hujúsmodi dispensatiónis et absolutiónis benefícium, si oportúnum fúerit indulgéntes auctoritáte præséntium potestátem, nonobstantibus alíquibus lítteris ad..... (sic) metropolitanum vel diocesanum tuum seu quemcúnque álium ab apostolica sede vel legátis ejus aut (haut) delegátis ipsius sedis sub quocúnque tenóre diréctis et procéssibus hábitis (abítis) per eósdem de quibus fórsitan opórteat in præséntibus fíeri mentiónem, étiam si forte auctoritáte sedis apostolice fúerint confirmáti, et étiam dirigéndis. Nulli ergo omníno hóminum (óminum) líceat hanc páginam nostræ concessiónis infríngere (infringére) vel ei ausu temerário contraire. Si quis autem hoc attemptáre præsúmpserit indignatiónem omnipoténtis Dei et beatórum Petri et Pauli apostolorum ejus se nóverit incursúrum. Datum Laterani Xi Kaléndas Decémbris, pontificátus nostri anno undécimo35.

Mit der Funktion, in der Analyse auch die Silben zu markieren, kann man auf so einen Text mit sogenannten regulären Ausdrücken die Muster des Cursus suchen. Dabei steht [ábcdéfghíj-nóp-túvwxýz]+· für eine betonte Silbe und [a-z]+· für eine unbetonte. Der Cursus tardus wäre damit [ábcdéfghíj-nóp-túvwxýz]+·[a-z]+ [a-z]+·[ábcdéfghíj-nóp-túvwxýz]+·[a-z]+·[a-z]+\. Es ist eine Eigenart des Werkzeugs, dass es die Betonung auf der ersten Silbe nicht explizit markiert, so dass die ganz korrekte Suche ( [a-z]+·|[ábcdéfghíj-nóp-túvwxýz]+·)[a-z]+ [az]+·[ábcdéfghíj-nóp-túvwxýz]+·[a-z]+·[a-z]+\. lauten muss. Es können im Beispieltext so drei Fälle des cursus velox ( [a-z]+·|[ábcdéfghíj-nóp-túvwxýz]+·)[az]+·[a-z]+ [a-z]+·[a-z]+·[ábcdéfghíj-nóp-túvwxýz]+·[a-z]+\. und einer des cursus tardus ausgemacht werden. Ein Satzende ist nicht rhythmisch analysiert, weil das Werkzeug contraire nicht analysieren konnte. Urkundentexte bieten aber auch ohne solche gründliche Analyse besonders viele Möglichkeiten für das in den Digital Humanities entwickelte „Distant Reading“, also die Arbeit mit statistischen Eigenschaften von großen Textmengen. Einen ersten Einblick in dieses Verfahren geben die sogenannten „Voyant-Tools“ von Stéfan Sinclar und Geoffrey Rockwell, die eine statistische Übersicht über das Vokabular eines Corpus geben. Die Anwendung gibt auf den ersten Blick die häufigsten Wörter, häufige Wortgruppen oder 35   aposcripta-2874 = Chartes de l’abbaye de Corbigny, ed. Anatole de Charmasse (Autun 1889) 31f. Nr. XXIII, http://telma-chartes.irht.cnrs.fr/aposcripta/notice-acte/25777.



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Abb. 4: Wortwolke der häufigsten Wörter in Loewenfeld: Epistolae ineditae mit Hilfe der Voyant-Tools.

die Verteilung von Wörtern im Corpus aus. Die Ansicht der häufigsten Wörter in Abb. 4 zeigt, wie wenig sinnvoll solche reinen Statistiken sein können: Erst wenn die Intitulatio entfernt ist, kann die Ansicht etwas über die Häufigkeit von Bischöfen im Corpus aussagen. Die Werkzeuge der Voyant-Tools können aber auch dazu verwendet werden, einzelne Wörter in ihrem Kontext anzuzeigen oder die zeitliche Verteilung von Wörtern darzustellen, sofern das Corpus die Datierung in den Metadaten einschließt. Diesen Vorbehalten unterliegen auch die beiden am besten etablierten Verfahren: die computer-gestützte Stylometrie und das sogenannte „Topic Modelling“. Beide Verfahren beruhen auf der statistischen Verteilung von Wörtern im Corpus. Dabei wird in beiden Verfahren ein sogenanntes „Bag of Words“-Verfahren angewendet, das die Reihenfolge der Wörter nicht berücksichtigt. In den üblichen Verfahren der Stilometrie werden dann einfach nur alle Texte auf die Häufigkeit der Wörter, die auch in anderen Texten des Corpus vorkommen, untersucht und ähnliche Texte nebeneinander gereiht. Sie haben für Privaturkunden schon zu relevanten Forschungsergebnissen geführt36. Abb. 5 zeigt ein Ergebnis einer solchen Analyse mit den Texten von Loewenfelds „Epistolae pontificum Romanorum 36  Eveline Leclercq–Mike Kestemont, Advances in Distant Diplomatics: A Stylometric Approach to Medieval Charters. Interfaces: A Journal of Medieval European Literatures 8 (2021) 214–244.

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Abb. 5: Mit der Software Stylo erzeugtes Dendrogramm der Ähnlichkeiten zwischen den Texten in Loewenfeld, Epistolae pontificum Romanorum ineditae. Die Farbgebung bezieht sich auf das Ausstellungsjahr. Lesbarkeit der Benennungen der Urkunden ist nicht beabsichtigt.

ineditae“ (Digitalisierung von Julien Théry)37, das mit Hilfe des Softwarepakets Stylo erstellt worden ist38. Es wird dabei der Wortschatz jedes der Texte mit allen anderen Texten verglichen. Die Unterschiede werden hier in einem Dendrogramm dargestellt, wobei die zwei Texte mit der jeweils größten Gemeinsamkeit nebeneinander zu liegen kommen. Die Menge der Unterschiede ist im Dendrogramm über die Tiefe der Verzweigungen abgebildet. Wenn man diese Menge der Unterschiede als Unterscheidungsmerkmal verwendet, bildet eine solche Statistik zwei große Cluster und etwa fünf kleinere Gruppen. Die  Samuel Loewenfeld, Epistolae pontificum Romanorum ineditae (Leipzig 1885).  Maciej Eder–Jan Rybicki–Mike Kestemont, Stylometry with R: A Package for Computational Text Analysis. The R Journal 8/1 (2016) 107–121, https://github.com/computationalstylistics/stylo. 37 38



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Abb. 6: Mit der Software Stylo erzeugtes Dendrogramm der Ähnlichkeiten zwischen den Texten in Loewenfeld, Epistolae pontificum Romanorum ineditae. Die Farbgebung bezieht sich auf das Jahrhundert, in dem die Urkunde ausgestellt worden ist. Lesbarkeit der Benennungen der Urkunden ist nicht beabsichtigt.

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Abb. 7: Bildschirmfoto der 10 häufigsten „Topics“, die mit dem DARIAH-Topics Explorer ermittelt worden sind (Lateinische Stopwortliste aus Voyant-Tools, 15 Topics)

Farbgebung der nicht lesbaren Identifikationen sortiert Urkunden des gleichen Ausstellungsjahrs zusammen. Es ist keine Korrelation zwischen den Farben und den Clustern zu erkennen. Das trifft auch auf zwei andere Statistiken zu, die mit Hilfe von Stylo errechnet werden können: Weder eine Hauptkomponentenanalyse noch eine stochastische Nachbareinbettung (t-distributed stochastic neighbor embedding, tSNE) können klare Cluster identifizieren. Beide Verfahren erzeugen aus der Wortverteilung im Corpus einen mehrdimensionalen Raum, den sie so auf zwei Dimension zu projizieren versuchen, dass Dokumente mit vielen gemeinsamen Wörtern nahe bei einander angezeigt werden. In Abb. 6 sind die Farben nur nach Jahrhundert vergeben, was belegt, dass das Verfahren mit sehr groben Kategorien korreliert. Die in diesem Verfahren angenommene Aufteilung der Urkunden des 12. Jahrhunderts in zwei Gruppen ist aber nicht offensichtlich zu erklären. Beim Topic Modelling werden die Wörter der Texte im Corpus nach der Häufigkeit angeordnet, wie sie als Gruppe vorkommen. Damit entstehen Wortlisten, deren erste Wörter „typischer“ für eine Textgruppe als für andere Textgruppen sind. In vielen Experimenten hat sich ergeben, dass diese Wortlisten für den menschlichen Leser in einem gemeinsamen semantischen Feld liegen, sie also als Indikatoren für ein Thema gelten können. Sie werden deshalb als „Topic“ bezeichnet, ohne zu beanspruchen, dass sie semantisch zusammenhängen müssen39. Abb. 7 zeigt ein Experiment mit dem oben er39  David M. Blei, Probabilistic topic models. Commun. ACM 55/4 (2012) 77–84; ders., Topic Modeling and Digital Humanities. Journal of Digital Humanities 2/1 (2012), http://journalofdigitalhumanities.org/2-1/ topic-modeling-and-digital-humanities-by-david-m-blei/. Vgl. zur epistemologischen Position dieser „topics“ Anna Shadrova, Topic models do not model topics: epistemological remarks and steps towards best practices.



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wähnten Loewenfeldschen Editionen. Die jeweils ersten drei Wörter der „Topics“ lassen kaum inhaltliche Zusammenhänge assoziieren, sondern erinnern an Formeln (Topic 1, 2, 3, 9). Die Topics 6, 7 und 8 scheinen immerhin typische Kommunikationssituationen zu beschreiben (Anordnungen an kirchliche Institutionen), sind aber damit auch kaum überraschend. Die übrigen Topics scheinen bedeutungslos. Aus so einer groben Auswertung ergibt sich eigentlich nur der Schluss, dass die Formelhaftigkeit der Sprache der Papsturkunden derartige Analysen wenig plausibel macht. Interessanter sind vermutlich Verfahren des „TextReuse“. Es geht dabei darum, Textbestandteile, die aus anderen Texten stammen, automatisch zu finden. Die Verfahren, die auch bei der Erkennung von Plagiaten angewendet werden können, sind auch für die Analyse von historischen Texten von Interesse, wobei dabei auch nach nicht-wörtlichen Zitaten gesucht werden kann40. Für die Papsturkunden bietet sich hier natürlich immer der Textvergleich mit biblischen und theologischen Texten an, oder mit dem kanonischen Recht und dem Formularium audientie litterarum contradictarum. Es ist sicher, dass letzteres verwendet worden ist, aber eine solche Untersuchung könnte das Ausmaß seiner Verwendung nachweisen. Damit kommt man einem Werkzeug nahe, dass die formelhafte Sprache der Urkunden als Ausgangspunkt nimmt und nicht als Einschränkung: Die Rekombination der Formeln, die Trennung zwischen formelhaften Textteilen und freier formulierten Texten, der Anteil an Formeln in Texten als Maß der individuellen oder weniger individuellen Gestaltung – das sind alles Indikatoren, die zum besseren Verständnis der Urkunden beitragen können41.

Arbeit mit visuellen Eigenschaften Die Digitalisierung von Archivalien hat dazu geführt, dass Bilder von Urkunden sehr viel leichter verfügbar sind als am Ende des vorigen Jahrhunderts. Digitale Bilder erleichtern aber nicht nur den Forscher:innen ihre Arbeit, sondern sie erlauben auch maschinelle Verarbeitung. Geläufig sind inzwischen die Verfahren der automatischen Erkennung der Schrift, die sogenannten „Handwritten Text Recognition“ (HTR), deren prominentester Vertreter die Software „Transkribus“ ist42. Die Leistungsfähigkeit der dafür entwickelten Algorithmen ist keinesfalls so groß, dass man ihnen blind vertrauen darf. Deshalb ist für Journal of Data Mining & Digital Humanities 2021, DOI: 10.46298/jdmdh.7595. 40  Marco Büchler, Informationstechnische Aspekte des Historical Text Re-use (English: Computational Aspects of Historical Text Re-use) (Diss. Leipzig 2013); ders. et al., Towards a Historical Text Re-use Detection, in: Text Mining: From Ontology Learning to Automated Text Processing Applications, hg. von Chris Biemann–Alexander Mehler (Theory and Applications of Natural Language Processing, Cham 2014) 221–238; Greta Franzini et al., TRACER Text Reuse Detection Machine: The user manual, 1. 4. 2019, https://tracer.gitbook.io/manual/; Enrique Manjavacas, RETRIEVE: A Text Reuse Software Package. Text Reuse, https://github.com/emanjavacas/retrieve; Maria Moritz et al., Non-Literal Text Reuse in Historical Texts: An Approach to Identify Reuse Transformations and its Application to Bible Reuse, in: Proceedings of the 2016 Conference on Empirical Methods in Natural Language Processing, Austin, Texas 2016, hg. von Jian Su–Kevin Duh–Xavier Carreras (2016) 1849–1859, https://aclanthology.org/volumes/D16-1/; Lincoln Mullen, textreuse. R. rOpenSci. 2015-2022. https://github.com/ropensci/textreuse. 41  Vgl. hierzu den Beitrag von Christoph Egger in diesem Band, der sich fragt, wieviel man über die Ideologie Innocenz’ III. aus den Texten der in seinem Namen ausgestellten Briefe lernen kann. 42  Ein gutes Beispiel solcher Verfahren gibt der Beitrag von Marco Maiorino, Paolo Merialdo und Serena Ammirati in diesem Band.

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die rein automatische Publikation der Register der französischen Könige43 ein Verfahren gewählt worden, das für jede Textstelle mehrere mögliche Lesarten speichert, denen der Erkennungsalgorithmus Wahrscheinlichkeiten zuordnet. Die Benutzer können bei der Suche diese Wahrscheinlichkeiten ihren Bedürfnissen entsprechend einstellen44. Automatische Bilderkennungsverfahren können auch für die Schreibererkennung angewendet werden45. Vincent Christlein hat in der Bildersammlung der Göttinger PiusStiftung mit einem wortbasierten Zugang automatisch Schreiber zu erkennen versucht. Wenn sich die Maschine auf Wörter aus der Datierungsangabe („indic(t)“, „anno“, „dat / datum“, die Abkürzungen „m.“ und „dnice“ mit jeweils wenig mehr als 115 Vorkommen) fokussiert, kann sie die bekannten Schreiberzuordnungen zu 96 % reproduzieren. Ein auf Texturen der gesamten Urkunde aufbauendes Verfahren hat es dagegen schwer, die Schriftformen vom Hintergrund zu trennen, und kommt deshalb nur auf eine Genauigkeit von 82.2 %. Seine Verfahren können die Urkunden auf 17 Jahre genau datieren, was für viele Fälschungserkennungen schon ausreichen würde46. Gemeinsam mit Niklas Tscherne habe ich ein Experiment gemacht, wie gut eine Standard-Lösung im Feld der automatischen Klassifikation von Bildern abschneiden würde, wenn sie Papsturkunden in einer großen Zahl von Bildern ermitteln sollte. Unsere Arbeit beruht auf einem Skript, das Nico Kaiser als Masterarbeit betreut von Vincent Christlein erstellt hat. Es trainiert ein InceptionV3-Netz aus einem Beispielsatz von 523 Urkunden   http://himanis.huma-num.fr/.  Théodore Bluche–Sébastien Hamel–Christopher Kermorvant–Joan Puigcerver–Dominique Stutzmann–Alejandro H. Toselli–Enrique Vidal, Preparatory KWS Experiments for Large-Scale Indexing of a Vast Medieval Manuscript Collection in the HIMANIS Project, in: 14th IAPR International Conference on Document Analysis and Recognition. ICDAR 2017 proceedings (2017) 312–317, DOI: 10.1109/ICDAR.2017.59. 45  Einen Einblick in die jüngere Literatur zum Thema geben: Gattal Abdeljalil et al., Writer Identification on Historical Documents using Oriented Basic Image Features, in: 2018 16th International Conference on Frontiers in Handwriting Recognition (ICFHR) (o. O. 2018) 369–373; Abedelkadir Asi et al., On writer identification for Arabic historical manuscripts. IJDAR 20/3 (2017) 173–187; Michel Chammas–Abdallah Makhoul–Jacques Demerjian, Writer identification for historical handwritten documents using a single feature extraction method, in: 19th IEEE International Conference on Machine Learning and Applications (ICMLA), Miami, FL, USA (2020) 1–6; N. D. Cilia et al., An end-to-end deep learning system for medieval writer identification. Pattern Recognition Letters 129 (2020) 137–143; Stefan Fiel et al., ICDAR2017 Competition on Historical Document Writer Identification (Historical-WI), in: 2017 14th IAPR International Conference on Document Analysis and Recognition (ICDAR), Bd. 01 (2017) 1377–1382; Hussein Mohammed–Volker Margner–H. Siegfried Stiehl, Writer Identification for Historical Manuscripts: Analysis and Optimisation of a Classifier as an Easy-to-Use Tool for Scholars from the Humanities, in: 16th International Conference on Frontiers in Handwriting Recognition (ICFHR) 2018, Niagara Falls, NY, USA (2018) 534–539; Arshia Rehman–Saeeda Naz–Muhammad Imran Razzak, Writer identification using machine learning approaches: a comprehensive review. Multimedia Tools and Applications 78/8 (2019) 10889–10931; Arie Shaus, Writer Identification in Modern and Historical Documents via Binary Pixel Patterns, Kolmogorov‐Smirnov Test and Fisher’s Method. Journal of Imaging Science and Technology (2017) (nicht paginiert), Nachdr. in: IS and T International Symposium on Electronic Imaging Science and Technology (2017) 203–211. 46 Vincent Christlein–Elli Angelopoulou, Automatic Writer Identification in Medieval Papal Charters, in: Papsturkundenforschung zwischen internationaler Vernetzung und Digitalisierung Neue Zugangsweisen zur europäischen Schriftgeschichte, hg. von Irmgard Fees–Benedikt Hotz–Benjamin Schönfeld (Göttingen 2015), https://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0023-9A13-A/3_Christlein.pdf?sequence=67 (Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Dokumentenserver res doctae); Vincent Christlein–Martin Gropp–Andreas Maier, Automatic Dating of Historical Documents, in: Kodikologie und Paläographie im Digitalen Zeitalter 4 / Codicology and Palaeography in the Digital Age 4, hg. von Hannah Busch–Franz Fischer–Patrick Sahle (Schriften des Instituts für Dokumentologie und Editorik 11, Norderstedt 2017) 151–164, hier 161. 43 44



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(230 Papsturkunden und 293 Nichtpapsturkunden) aus Monasterium.net. Der Umfang der Treffer ist gut, denn beinahe alle Papsturkunden des aus dem Beispielsatz extrahierten Testsatzes werden dabei erkannt. Die Genauigkeit ist weniger überzeugend, denn 40 % der als Papsturkunden klassifizierten Bilder sind nicht von Päpsten ausgestellt. Für eine Recherche nach seltenen Stücken in einem großen Datenbestand macht ein solches Verfahren also Sinn, wenn auch ein nachträglicher Filter durch den Menschen nötig ist. Interessant ist dabei aber auch, dass das maschinell trainierte Verfahren ein Fragment einer Urkunde aus dem Stiftsarchiv Göttweig, in der Kardinal Isidor, Bischof von Sabina, für die Kirche in Gerolting einen Ablass verleiht47, auch als Papsturkunde erkennt. Die Ähnlichkeit der Kardinalsurkunden zu den Litterae cum serico ist ein bekanntes Phänomen48, das sich in dieser Analyse durch den Computer bestätigt. In einem gerade laufenden Experiment wiederhole ich gemeinsam mit Daniel Luger und Anguelos Nicolaou die gleiche Aufgabe mit einem größeren Beispieldatensatz. Wir haben dazu eine ResNet 50Architektur49 angewendet und die Bilder über die Standardauflösung der Architektur von 512x512 Pixel skaliert. Zum aktuellen Stand der Arbeiten liegt die Erkennungsgenauigkeit bei über 90 %. Die Möglichkeiten solcher Analysen sind also noch nicht ausgeschöpft – und wir werden der Frage, welchen Einfluss die optische Gestaltung der Papst­ urkunde auf andere Urkundenformen hatte, im laufenden ERC Projekt „From Digital to Distant Diplomatics“50 weiter nachgehen.

Ergebnisse und Ausblick Die Papsturkundenforschung kann also in mehreren Feldern ein produktiver Teil der Entwicklung einer digital gestützten Diplomatik werden. So ist es im Interesse der Papstdiplomatik, dass die eigenen Forschungsdaten, aber auch die Daten dritter und insbesondere die Archivverzeichnung ihre Daten als Linked Open Data bereitstellen. Die Papsturkundenforschung selbst sollte Vorschläge machen, welche Identifikatoren als kanonische Referenzen gelten können, um darauf die URIs aufzubauen, die Identifikationen über Projektgrenzen hinweg erlauben. Eine Einrichtung wie die Pius-Stiftung und renommierte Forschungsinstitute wie das Institut für Österreichische Geschichtsforschung, die École des Chartes oder die in Rom arbeitenden Auslandsforschungsinstitute könnten die Verantwortung für die Vergabe solcher stabiler Identifikatoren übernehmen. Über die Identifikation der Papsturkunden selbst hinaus sollte sich die Praxis etablieren, für Orte und Personen auch Identifikatoren aus dem Linked-Data-Bereich zu vergeben. Die nationalen Normdatensätze sind dafür ebenso eine gute Quelle wie von Akademien der Wissenschaften betriebene Projekte, wie z. B. die Germania Sacra. Neben der oben erwähnten allgemeinen Ressource geonames gibt es auch von fachwissenschaftlichen Institutionen gepflegte Ortsverzeichnisse, wie z. B. „Dictionnaire topographique

47  Göttweig Urkunden, vor 1463-04-27, https://www.monasterium.net/mom/AT-StiAG/GoettweigOSB/1463_IV_27.1/charter. 48  Alexander Seibold, Sammelindulgenzen. Ablaßurkunden des Spätmittelalters und der Frühneuzeit (AfD Beih. 8, Köln–Weimar–Wien 2001). 49 Kaiming He–Xiangyu Zhang–Shaoqing Ren–Jian Sun, Deep Residual Learning for Image Recognition. arXiv 10 (Dezember 2015), DOI: 10.48550/arXiv.1512.03385. 50 https://didip.eu.

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Georg Vogeler

de la France“ des Comité des travaux historiques et scientifiques (CTHS)51. Es ist hierbei insbesondere daran zu denken, dass jedes Register einer Edition als eine solche autorisierte Ressource gelten kann. Die Edition der päpstlichen Register könnte also selbst zu Referenzwerken geographischer Einheiten werden. Damit ist eine zweite Konsequenz der vorhandenen digitalen Verfahren angesprochen: Wenn die Papsturkundenforschung ihre Verzeichnungs- und Editionsprojekte in digitalen Umgebungen umsetzt und diese so konzipiert, dass nicht das gedruckte Buch alleine als Forschungsergebnis geplant ist, sondern auch die Daten selbst, entstehen Forschungsdatenressourcen, die wissenschaftliche Wirkung haben können. Die für die Auswertung von textlichen und visuellen Eigenschaften vorgestellten Verfahren leiden an Präzision im Einzelfall, gleichzeitig können sie das für die Papsturkunden besonders augenfällige Problem der Masse angehen52. Die Papsturkundenforschung muss sich hier wie die Diplomatik und Geschichtswissenschaft allgemein damit auseinandersetzen, welche epistemologische Geltung sie probabilistischen Verfahren, die im Einzelfall unsauber sind, zubilligt. Statistik, die auf Aggregation aufbaut, ist leichter zu integrieren – und ist durchaus schon in der Papsturkundenforschung erprobt worden53. Insbesondere bei der statistischen Auswertung der Urkundentexte ist eine spezifische diplomatische Eigenschaft noch nicht genügend Teil der digitalen Verfahren: die Identifikation formelhafter Sprache, die sowohl selbst Erkenntnisse z. B. über Bezüge zwischen Textgattungen ermöglicht als auch dazu dienen kann, individuelle Bestandteile der Urkundentexte zu identifizieren. Der Nutzen der vorgestellten automatischen Verfahren beruht zu einem guten Teil darauf, ob sie leicht in die Alltagsarbeit der Papsturkundenforschung integriert werden können. Benutzerfreundliche Werkzeuge und einfache Abläufe, mit denen Daten aus einer Ressource extrahiert und einem anderen Werkzeug verarbeitet werden können, tun not. Emanuel Le Roy Laduries programmierender Historiker54 darf nicht als Drohung verstanden werden, sondern als logische Konsequenz aus einem kontinuierlichen Austausch zwischen technischen Entwicklungen und diplomatischen Forschungserkenntnissen – auch in der Papsturkundenforschung.

  https://dicotopo.cths.fr.   Zum Problem der Masse in der Diplomatik: Ivan Hlaváček, Das Problem der Masse: Das Spätmittelalter. AfD 52 (2006) 371–393, und die Beitrage von Andreas Meyer, Regieren mit Urkunden im Spätmittelalter. Päpstliche Kanzlei und weltliche Kanzleien im Vergleich, in: Urkunden und ihre Erforschung. Zum Gedenken an Heinrich Appelt, hg. von Werner Maleczek (VIÖG 62, Wien–Köln–Weimar 2014) 71–92, und Christian Lackner, Die Vielgestaltigkeit der spätmittelalterlichen Herrscherurkunde, in: ebd. 93–108. 53  Frank M. Bischoff, Urkundenformate im Mittelalter. Größe, Format und Proportionen von Papsturkunden in Zeiten expanierenden Schriftlichkeit (11.–13. Jahrhundert) (Elementa diplomatica 5, Marburg 1996); Gudrun Bromm, Die Entwicklung der Großbuchstaben im Kontext hochmittelalterlicher Papsturkunden (Elementa diplomatica 3, Marburg 1995); Stefan Hirschmann, Die päpstliche Kanzlei und ihre Urkundenproduktion (1141–1159) (Europäische Hochschulschriften III/913, Frankfurt am Main u. a. 2001); ders., Statistische Anmerkungen zu den Papsturkunden Lucius’ III., Urbans III. und Gregors VIII. (1181–1187), http://www.historik-hirschmann.de/hauptteil_Aufsatz.htm. 54 Emanuel Le Roy Ladurie, La fin des érudits. Nouvel Observateur (1968), Nachdr. als ders., L’historien et l’ordinateur, in: Le territoire de l’historien 1 (Bibliothèque des histoires 12, Paris 1973) 11–14. Vgl. dazu auch Stefan Lemny, L’historien de demain sera programmeur …  . Emmanuel Le Roy Ladurie et les défis de la science. L’Histoire à la BnF (28. 12. 2017), https://histoirebnf.hypotheses.org/1505. 51 52

I registri di Onorio III. Il progetto In Codice Ratio e la sua applicazione ai registri papali Serena Ammirati – Marco Maiorino – Paolo Merialdo

1. Premessa Che James Bond avesse una moglie non è forse un’informazione comune, ma è certamente un’informazione che possiamo ricavare da qualsiasi motore di ricerca, come Google. Come? Semplicemente chiedendoglielo. A Google, e a qualsiasi motore di ricerca, possiamo porre domande di complessità diversa. Le risposte, quasi sempre corrette, sono fornite grazie all’elaborazione delle informazioni contenute nel web, indicizzate e organizzate in modo da costituire efficacemente una rete di relazioni significative. Sarebbe bello poter interrogare con la stessa facilità e immediatezza fonti storiche manoscritte conservate in archivi e biblioteche, spesso di non immediato accesso; per farlo, tuttavia, è necessario leggerle, trascriverle, indicizzarne i contenuti significativi in modo che possano essere elaborati alla stregua di quelli disponibili nel web. Da questo ambizioso obiettivo ha origine In Codice Ratio.

2. Introduzione In Codice Ratio1 (ICR) è un progetto di ricerca nato nel 2016 presso il Dipartimento di Ingegneria Informatica dell’Università degli Studi Roma Tre da un’idea di Paolo Merialdo che mira a sviluppare metodologie e strumenti innovativi per l’analisi e lo studio di fonti manoscritte. Nella sua fase iniziale, il progetto ha visto la collaborazione del Dipartimento di Studi Umanistici dello stesso Ateneo e dell’Archivio Apostolico Vaticano nell’applicazione di tecniche di Machine Learning per la realizzazione di un software in grado di riconoscere e trascrivere automaticamente fonti manoscritte di epoca medievale. In questo contributo intendiamo raccontare la genesi e i risultati fin qui ottenuti, testimoni del successo di un approccio integrato al tema, che vede la partecipazione attiva e continuata di ingegneri informatici, archivisti e paleografi. La prima parte, a firma di Marco Maiorino, è dedicata all’illustrazione dei documenti sui quali si è lavorato; la seconda, a cura di Paolo Merialdo, descrive la prima fase di sviluppo del progetto, la terza, scritta da Serena Ammirati, presenta lo stato della ricerca attuale e le prospettive future. 1  Una descrizione completa del progetto è consultabile sul sito http://www.inf.uniroma3.it/db/icr/index. html [13. 12. 2022], al quale si rimanda anche per la bibliografia aggiornata.

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Serena Ammirati – Marco Maiorino – Paolo Merialdo

3. Il progetto In Codice Ratio e l’Archivio Apostolico Vaticano

Per avviare il progetto si rese anzitutto necessario individuare documenti di indubbio interesse storico redatti in una scrittura medievale omogenea. Apparve subito chiaro che i registri papali del XIII secolo corrispondevano perfettamente a tali criteri. La scelta cadde in particolare sui registri di Onorio III, che presentano una scrittura, la minuscola diplomatica, caratterizzata da una spiccata omogeneità nella realizzazione dei caratteri alfabetici e nel sistema abbreviativo, e al contempo costituiscono una fonte per la storia medievale europea ancora largamente inedita, sebbene ampiamente esplorata soprattutto grazie alla preziosa raccolta di regesti di Pietro Pressutti2. In poco più di dieci anni di pontificato Onorio III affrontò molte questioni cruciali: confermò e promosse la fondazione di nuovi ordini religiosi (Frati Minori e Predicatori); affrontò diverse questioni di pastorale ecclesiastica; si occupò dell’organizzazione della Crociata; si adoperò per garantire un certo equilibrio di poteri fra Papato e Impero3. Tutta questa attività trova riflesso nei documenti emanati (e ricevuti) dal papa, trascritti nei Registra Vaticana 9‒13, che raccolgono nel loro complesso 5204 documenti, ai quali si aggiunge un discreto numero di litterae in eodem modo, di cui, secondo la prassi, si indica generalmente solo l’inscriptio. Si tratta senza dubbio di un patrimonio documentario cospicuo, sebbene non rappresenti che una limitata porzione dei documenti emanati da Onorio III, molti dei quali, come sappiamo, non furono copiati nei registri. È noto che i registri di Onorio III furono prodotti nella Cancelleria4, presso la quale dovettero conservarsi per un certo periodo. In un momento imprecisato, insieme a un discreto numero di registri di altri pontefici, furono trasferiti nella Sala secreta della Biblioteca Palatina di Sisto IV, dove rimasero fino al 1592. Quindi passarono nella camera se­ creta attigua alla nuova Biblioteca di Sisto V e poi, fra il 1611 e il 1613, nella stantia nova, un locale fatto allestire da Paolo V proprio di fronte alle camere secrete sistine, in vista della concentrazione in un unico luogo dei registri pontifici di varia provenienza fino al pontificato di Pio V. Infine, nel dicembre 1613, tutti i registri papali depositati nella stantia nova, compresi quelli di Onorio III, furono trasferiti nella prima sala paolina del Novum Archi­ vum, ben presto denominato Archivio Apostolico Vaticano o Archivio Segreto Vaticano, a partire dalla metà del XVII secolo5. Prima di esporre i risultati raggiunti dal progetto In Codice Ratio, forniamo in estrema sintesi i dati essenziali dei cinque registri di Onorio III attualmente conservati nell’Archivio Vaticano. 2  Regesta Honorii Papae III, ex Vaticanis archetypis aliisque fontibus, ed. Petrus Pressutti, vol. I, Romae 1888; vol. II, Romae 1895. 3  La vasta attività di Onorio III è ampiamente descritta e discussa nei diversi contributi raccolti in Nuovi studi su Onorio III, a cura di Christian Grasso (Italia Sacra. Studi e documenti di storia ecclesiastica N. S. 3, Roma 2017). 4  Cfr. Martino Giusti, I Registri Vaticani e le loro provenienze originarie, in: idem, Studi sui registri di bolle papali (Collectanea Archivi Vaticani 1, Città del Vaticano 1979) 3‒79 e Appendice II, p. 129. 5  Per la storia della conservazione dei registri papali fino alla creazione del Novum Vaticanum Archivum per iniziativa di Paolo V si veda: Sergio Pagano–Marco Maiorino, Dalle camere segrete all’Archivio Apostolico: la separazione dell’Archivio papale dalla Biblioteca Vaticana, in: Storia della Biblioteca Vaticana 3: La Vaticana nel Seicento (1590‒1700). Una biblioteca di biblioteche, a cura di Claudia Montuschi (Città del Vaticano 2014) 243‒278; Marco Maiorino, Gli antefatti: l’archivio papale fra Quattro e Cinquecento negli antichi inventari, in: Religiosa archivorum custodia. IV Centenario della Fondazione dell’Archivio Segreto Vaticano (1612‒2012). Atti del Convegno di Studi, Città del Vaticano, 17‒18 aprile 2012 (Collectanea Archivi Vaticani 98, Città del Vaticano 2013) 23‒64.



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Reg. Vat. 9

a n n i d i p o n t i f i c a t o: I‒II (1216‒1217) [III: fol. 286, epp. 1296, 1298] f o g l i s c r i t t i: 287 (574 facciate) n u m e r o d o c u m e n t i: 535 (tomo I) + 777 (tomo II) = 1312 (escluse le litterae in eodem modo) r u b r i c a: no a n n o t a z i o n i p a r t i c o l a r i: al fol. 1r, mg. sup. a sin. è il nome dello scriba che eseguì una copia del registro sotto il pontificato di Urbano V6: Floretus Reg. Vat. 10

a n n i d i p o n t i f i c a t o: III‒IV (1218‒1220) [V (1220‒1221): fol. 208v, ep. 843 e fol. 212r‒213r, ep. 850] f o g l i s c r i t t i: 213 (426 facciate) n u m e r o d o c u m e n t i: 541 (tomo III) + 327 (tomo IV) = 868 (escluse le litterae in eodem modo) r u b r i c a: sì a n n o t a z i o n i p a r t i c o l a r i: al fol. 1r, mg. sup. des. è il nome dello scriba che eseguì una copia del registro sotto il pontificato di Urbano V7: Rom. (?) Reg. Vat. 11

a n n i d i p o n t i f i c a t o: V‒VI (1220‒1222) f o g l i s c r i t t i: 265 (530 facciate) n u m e r o d o c u m e n t i: 761 (tomo V) + 486 (tomo VI) = 1247 (escluse le litterae in eodem modo) r u b r i c a: sì a n n o t a z i o n i p a r t i c o l a r i: al fol. 1r, mg. sup. a sin. è il nome dello scriba che eseguì una copia del registro sotto il pontificato di Urbano V8: Albertus

6   Queste annotazioni sono collegate al trasferimento della Curia papale da Avignone a Roma pianificato da Urbano V a partire dal 1365. In vista di quel viaggio il papa ordinò infatti che fosse eseguita la trascrizione di 55 registri dei suoi predecessori e conferì la direzione di questo lavoro allo scriptor Giovanni Rossetti. Questi, fra aprile e settembre 1367, coordinò il lavoro di un cospicuo numero di scribi della Cancelleria, che redasse le trascrizioni su fascicoli, poi rilegati e trasportati a Roma. Queste copie di riserva furono commissionate da Urbano V perché riconosceva la grande importanza dei registri per lo svolgimento della propria attività pontificia ma comprendeva anche i rischi connessi al trasporto degli originali tanto preziosi anche per la Cancelleria papale che sarebbe rimasta almeno in gran parte ad Avignone (Heinrich Denifle, Die päpstlichen Registerbände des 13. Jhs. und das lnventar derselben vom J. 1339. Archiv für Litteratur- und Kirchengeschichte 2 [1886] 1‒105, spec. pp. 40‒42; Reg. Inn. vol. XIII pp. XIII‒XIV). Come è noto, Urbano V giunse a Roma nell’ottobre del 1367, per restarvi però solo tre anni: nel settembre 1370 infatti, l’instabilità politica nella Penisola italiana e la ripresa della Guerra dei Cent’Anni lo indussero a riprendere la via di Avignone. Nell’Archivio Vaticano non si conservano le copie di riserva dei registri di Onorio III, la cui esistenza è però attestata proprio dalle annotazioni che figurano nei primi o negli ultimi fogli dei registri originali. 7   Cfr. nota precedente. 8   Cfr. nota 4.

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Serena Ammirati – Marco Maiorino – Paolo Merialdo

Reg. Vat. 12

a n n i d i p o n t i f i c a t o: VII‒VIII (1222‒1224) f o g l i s c r i t t i: 211 (422 facciate) n u m e r o d o c u m e n t i: 230 (tomo VII) + 534 (tomo VIII) + 8 lettere n.n. e un salto numerico = 771 (escluse le litterae in eodem modo) r u b r i c a: no a n n o t a z i o n i p a r t i c o l a r i: al fol. Iv: Liber septimus domini Honorii tercii, quem scripsit dominus Radulphus Iaquetelli et debet poni cum libro VIII° eiusdem Honorii, quem scripsit Johannes Noleti Cathalaunensis diocesis; fol. CXIIv: [Dominus Radulphus] Iaquetelli scripsit de isto libro (VIII) [LXXXI folia] quelibet [continentur] [...] [lineas] que [...] Thier­ ricus Thome scripsit de isto libro [...] folia; folium continet LXXII lineas [...]. Entrambe le note forniscono indicazioni sulla composizione della copia del registro fatta eseguire da Urbano V9. Reg. Vat. 13

a n n i d i p o n t i f i c a t o: IX, X, XI (1224‒1227) [IV (1219‒1220): fol. 9, ep. 47] f o g l i s c r i t t i: 174 (348 facciate) n u m e r o d o c u m e n t i: 396 (tomo IX) + 380 (tomo X) + 230 (tomo XI) = 1006 (escluse le litterae in eodem modo) r u b r i c a: no

4. Trascrizione automatica basata su tecniche di apprendimento automatico e crowdsourcing Gli approcci all’avanguardia per la trascrizione automatica di testo scritto a mano si basano sull’adozione di tecniche di apprendimento automatico. Queste soluzioni necessitano di una considerevole quantità di dati di addestramento che, nel caso della trascrizione, consistono in frammenti di immagini del manoscritto (ad esempio, parole o righe) ciascuna associata alla corrispondente trascrizione testuale. Mentre con scritture moderne e in lingue vive è abbastanza semplice produrre questi dati di addestramento, nel caso di manoscritti antichi, come i registri papali di Onorio III, la produzione dei dati di addestramento richiede una conoscenza approfondita del latino medievale, della scrittura adoperata e delle numerose abbreviazioni utilizzate dagli scribi dell’epoca. Pertanto, nel caso in cui si voglia predisporre un sistema in grado di apprendere a partire da trascrizioni di intere righe, la produzione dei dati di addestramento richiederebbe un oneroso intervento da parte di „professionisti della trascrizione“ (paleografi, diplomatisti, archivisti ...). Per evitare di oberare gli esperti nella produzione di questi dati, abbiamo affrontato il problema sperimentando una soluzione originale, basata su un approccio che utilizza tecniche di crowdsourcing. La nostra idea è stata quella di coinvolgere persone prive di esperienze e conoscenze paleografiche (in particolare, studenti delle scuole superiori10) a   Cfr. nota 6.   Cogliamo l’occasione per ringraziare qui la prof.ssa Marica Ascione del Liceo Scientifico „Giovanni Keplero“ di Roma, che per prima ha accolto con entusiasmo la proposta di coinvolgere gli allievi del proprio 9

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cui affidare un compito molto semplice di riconoscimento visuale. In pratica, attraverso un’applicazione Web, viene mostrata una piccola porzione del manoscritto (tipicamente una parola) e viene chiesto di marcare i frammenti di immagine corrispondenti a uno dei simboli (lettere semplici o abbreviazioni) utilizzati nelle scritture dei manoscritti oggetto dello studio. Questa operazione viene ripetuta più volte, con porzioni diverse del manoscritto per tutti i simboli. I frammenti di immagine così individuati e associati ai relativi simboli sono quindi utilizzati per addestrare il sistema a riconoscerli. Viene successivamente affidato a un algoritmo il compito di comporre parole e righe di testo a partire dai risultati prodotti dal riconoscimento di caratteri. La figura 1 mostra l’applicazione Web. All’utente (come detto, non necessariamente esperto di paleografia) viene chiesto di marcare la porzione del manoscritto mostrata nella parte centrale della schermata al fine di evidenziare il frammento visivamente simile al simbolo di cui alcuni esempi sono mostrati in alto, nel riquadro verde. Si noti che l’utente non deve necessariamente conoscere il significato del simbolo, ma deve solo individuarne visivamente la forma più simile agli esempi proposti nell’immagine (parola) sottostante.

Figura 1a. All’utente viene richiesto di marcare i frammenti della parola al centro della schermata che sono visivamente simili al simbolo mostrato nella barra verde.

Figura 1b. L’utente ha marcato i frammenti che ha riconosciuto come visivamente simili al simbolo mostrato nella barra verde.

Le informazioni raccolte attraverso l’applicazione Web permettono di associare ad ogni simbolo un insieme di immagini, ciascuna contenente una rappresentazione di tale Istituto in questa importante fase di raccolta dei dati di addestramento. A lei si deve, fra l’altro, il nome dato al progetto In Codice Ratio, nel quale si gioca sulla polivalenza semantica delle parole codex („codice“, inteso come libro manoscritto ma anche come sistema di segni o simboli convenzionalmente designati per rappresentare un’informazione) e ratio („calcolo“, „intelligenza“).

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simbolo (lettera semplice o abbreviazione). Queste immagini vengono quindi utilizzate per addestrare un sistema di apprendimento automatico capace di riconoscere i diversi simboli della scrittura. Tecnicamente, tale sistema è realizzato tramite un classificatore basato su una rete neurale convoluzionale (CNN). Il classificatore è in grado di riconoscere singole lettere con un’accuratezza molto elevata. Tuttavia, produrre una trascrizione per testi scritti a mano come quelli dei registri papali di Onorio III solo sulla base del riconoscimento dei caratteri è un compito intrinsecamente ambiguo: i caratteri nelle parole devono essere separati correttamente per essere riconosciuti correttamente; al tempo stesso, spesso è necessario un riconoscimento corretto per una corretta separazione dei caratteri. Questa ambiguità è nota come „paradosso di Sayre“11. A titolo di esempio, si consideri l’immagine della parola in figura 2: a seconda di come si segmenta, può portare a un’ampia gamma di soluzioni diverse da anno (che è la trascrizione corretta): aimo oppure aniio o ancora aiiiio. Allo stesso modo, la parola in figura 3, che corrisponde a iurisditioni, potrebbe essere confusa con iurisdittiom, uirisditioni o altre varianti.

Fig. 2

Fig. 3

Per ovviare a questi problemi, utilizziamo una strategia che si basa sulla sovra-segmentazione del testo con l’obiettivo di isolare segmenti di testo elementari (potenziali simboli dell’alfabeto) che sono un sovra-insieme di quelli effettivi presenti nella parola. La maggior parte di questi segmenti (o combinazioni di segmenti) contengono caratteri reali, ma molti di essi sono spuri: a tal fine, il nostro modello CNN è addestrato congiuntamente sia a distinguere le segmentazioni corrette da quelle spurie sia a classificare i caratteri, attraverso due risultati separati. Per ogni parola viene quindi prodotto un insieme di trascrizioni candidate, assem­ blando i risultati del classificatore. Un algoritmo di ricerca valuta le trascrizioni candidate e sceglie la più plausibile, basandosi sia sull’affidabilità del riconoscimento del carattere che su un modello linguistico.

11   Kenneth M. Sayre, Machine Recognition of Handwritten Words: A Project Report. Pattern Recognition V (1973) 213‒228.



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Trascrizione automatica basata su tecniche di apprendimento automatico e training set elaborato da esperti. Prospettive future La valutazione dei risultati ottenuti con l’addestramento in crowdsourcing, ci ha indotto a tentare una nuova modalità, un „approccio avanzato“, nel quale il sistema viene addestrato non con singole lettere o abbreviazioni, ma con intere linee di scrittura; in questo modo, conoscenza visuale e linguistica non sono separate, ma apprese contestualmente. Questa modalità di addestramento si basa sull’utilizzo di dati „di qualità“, ovvero su trascrizioni corrette e accurate eseguite da soggetti con elevata competenza linguistica e paleografica: da professionisti, insomma (paleografi, diplomatisti, archivisti). La produzione di questi dati è dunque un’attività assolutamente manuale, che richiede ‒ come sa chi lo fa di mestiere ‒ tempo e concentrazione. Per rendere il compito meno gravoso, abbiamo quindi elaborato un’interfaccia di lavoro il più possibile user-friendly. L’immagine della porzione di testo da trascrivere viene caricata sul software, che provvede a segmentare le righe del testo creando una maschera coerente nella quale inserire la trascrizione linea per linea (figura 4).

Figura 4. Maschera per l’inserimento della trascrizione linea per linea.

La rete neurale addestrata lavora con la medesima interfaccia; scorrendo le linee del testo nell’immagine queste si evidenziano in giallo, e così la corrispondente trascrizione. L’esperto può verificare la trascrizione prodotta e intervenire per correggerla, contribuendo così all’addestramento del sistema (figura 5).

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Figura 5. La trascrizione della linea di testo evidenziata in giallo, effettuata dal sistema, può essere corretta dall’esperto.

In questo modo, si addestra una rete neurale molto più complessa. Abbiamo affidato la creazione dei dati di training, ovvero la trascrizione di circa 20 fogli del Reg. Vat. 12, ad un’assegnista di ricerca in paleografia, Francesca Galli, e utilizzato 5 fogli del medesimo manoscritto come test set. Il software ha quindi prodotto la trascrizione di tutti i 211 fogli del Reg. Vat. 12. I risultati ottenuti sono incoraggianti, soprattutto se si considera che 20 carte come training set è un numero piuttosto esiguo, specie per testi così varii sul piano dei contenuti e così densamente costellati di abbreviazioni: su una media di 80 caratteri per linea, gli errori non superano gli 8, e spesso si concentrano su alcune linee. Se esaminati nel dettaglio, questi errori, che coinvolgono soprattutto ‒ come c’è da attendersi ‒ lo scioglimento di abbreviazioni, vanno imputati o alla mancata occorrenza di quello specifico compendio nelle pagine di addestramento, ovvero ad una incoerenza nel sistema di trascrizione: una parola abbreviata sciolta in modi diversi (Christo/xpisto) dall’addestratore. Può succedere, ma la correttezza dei dati di training è imprescindibile.

ICR: presente e futuro La tecnologia che abbiamo sviluppato finora è stata foriera di altre belle collaborazio­ni: con la Camera dei Deputati del Parlamento italiano, per la trascrizione di alcuni documenti ottocenteschi relativi alla Commissione sul Brigantaggio, che si è rivelata altrettanto efficace per la lettura di alcuni documenti fiscali stampati! Negli ultimi mesi, è stata altresì avviata una collaborazione con l’Archivio di Stato di Roma per lo studio e l’analisi di fondi pergamenacei ivi conservati di epoca medievale e moderna.



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Il connubio tecnologia-eredità culturale ha avuto anche una buona eco mediatica: nel 2019 Google ha selezionato la nostra ricerca come progetto vetrina per la sua piattaforma AI (https://youtu.be/v-FgOACRgfs), e abbiamo potuto raccontare la nostra esperienza di ricerca non solo in riviste di settore o di alta divulgazione scientifica, ma anche nei quotidiani di diversi paesi (Italia, Germania, Spagna, Stati Uniti). Due studenti di Roma Tre hanno fondato una startup per sfruttare la tecnologia sviluppata nel progetto. Il loro obiettivo è offrire un servizio per automatizzare i processi di inserimento dei dati. Nella prospettiva del paleografo e umanista, l’esperienza di In Codice Ratio ha dato e continua a dare molti spunti non solo sul piano della ricerca, ma anche della didattica accademica tradizionale, suggerendo nuovi strumenti di apprendimento. Poter contribuire alla creazione di uno strumento informatico al servizio della ricerca storica ci ha convinto che, se sviluppate e applicate in modo appropriato, le tecniche di intelligenza artificiale possono essere una risorsa per paleografi e i diplomatisti, e che nulla di tutto ciò è scientificamente efficace senza un dialogo e una collaborazione costanti tra le diverse competenze.

Zur Erschließung der Papstregister des Spätmittelalters Die Anfänge des Repertorium Germanicum im Kontext weiterer Editionsunternehmen Jörg Voigt

Einleitung Für den jungen, hochtalentierten und ambitionierten königlich-hannoverschen Archivrat Georg Heinrich Pertz († 1876) muss es ein Glücksfall gewesen sein: Er erhielt Zugang zum Vatikanischen Archiv. Dies ergab sich während seiner Anfang der 1820er Jahre unternommenen, mehrjährigen Forschungsreise durch die wichtigsten Bibliotheken Europas, in denen er für die kurz zuvor gegründete „Gesellschaft für Deutschlands ältere Geschichtskunde“, aus der bekanntermaßen die „Monumenta Germaniae Historica“ hervorgingen, Quellenforschungen betrieb. Ohne den Besuch dieses nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen päpstlichen Archivs planen zu können, konnte er sich während seines Romaufenthalts in der ersten Jahreshälfte 1823 – und somit wenige Jahre nach der Rückkehr des Archivs aus Paris von 1815–1817 – ein Bild von der dortigen Überlieferung machen, worüber er in einer 1824 erschienenen Publikation berichtet1. Darin schildert er die Fülle der Registerüberlieferung, wobei freilich die älteste Überlieferung für ihn im Vordergrund stand. Seinem Urteil nach ist die bedeutendste und umfangreichste Überlieferung aber nicht jene, die Auskunft über das Früh- und Hochmittelalter gibt, sondern es sind die seit 1198 einsetzenden Registerbände2, die weitgehend unerschlossen und nur 1   Dieser Forschungsaufenthalt scheint ungeplant gewesen zu sein und sich spontan ergeben zu haben, vgl. Georg Heinrich Pertz, Italiänische Reise vom November 1821 bis August 1823. Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 5 (1824) 1–514, hier 24 („Am 6ten Januar 1823 begannen, unter Umständen, die sich vorher und nachher jeder Berechnung entzogen, aber deren hohes Glück ich gleich vollkommen erkannte, die Forschungen im vaticanischen Archiv, welche seitdem von Tag zu Tage einen größeren Theil meiner Muße einnahmen“); zu Pertz einführend Markus Wesche, Art. Georg Heinrich Pertz. NDB 20 (2001) 205–207; zu seinem Aufenthalt in Rom und speziell dem Vatikanischen Archiv vgl. Giacomo Martina, L’apertura dell’Archivio Vaticano. Il significato di un centenario. AHP 19 (1981) 239–307, hier 259–263; zu den Monumenta Germaniae Historica vgl. Enno Bünz, Die Monumenta Germaniae Historica 1819–2019. Ein historischer Abriss, in: Mittelalter lesbar machen. Festschrift 200 Jahre Monumenta Germaniae Historica, red. von Annette Marquard-Mois–Arno Mentzel-Reuters–Horst Zimmerhackl (Wiesbaden 2019) 15–36, hier 17–19. – Abkürzung: LASA = Landesarchiv Sachsen-Anhalt. 2  Pertz, Italiänische Reise (wie Anm. 1) 28: „Aber der unvergleichliche Schatz der ganzen Anstalt sind

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in Ausnahmefällen konsultierbar waren3. Bisher konnten, so hatte Pertz es in Erfahrung bringen können, lediglich vereinzelt und in der Regel Mitglieder der religiösen Orden diese für ihre Bullarienwerke konsultieren, worauf später zurückzukommen ist. Dass diese Register jedoch nicht länger im Verborgenen verbleiben sollen, hebt er angesichts des Quellenverlustes bis zum Ende des 12. Jahrhunderts hervor4. Gleichzeitig erkennt Pertz jedoch auch die immense Überlieferungsfülle, was ihn zu einem exemplarischen Vorgehen bei seinen Recherchen zwang. Hervorzuheben ist daher sein Fazit hinsichtlich kommender Forschergenerationen, die die Erschließung dieser Registerbände angehen würden – es heißt: „[W]elch’ unermeßliche Aernte für unsere Geschichte wartet dort noch auf rüstige Freunde.“5 Pertz gibt somit gegenüber der Wissenschaft in Deutschland erste Einblicke in das Vatikanische Archiv. Diese Hinweise liegen wenige Jahre vor den ersten großen Editionsunternehmungen – getragen durch zahlreiche neu gegründete historische Vereine –, wie beispielsweise dem „Codex diplomaticus Brandenburgensis“ ab 1838, dem „Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins“ ab 1840 oder dem „Wirtembergische[n] Urkundenbuch“ ab 1849, um hier nur einige Beispiele der 1830/40er Jahre zu nennen6. In keines dieser Editionsunternehmen, deren zeitliche Schwerpunkte oft auf den Urkunden ab dem 13. Jahrhundert lagen und die sich somit mit der einsetzenden Registerüberlieferung im Vatikanischen Archiv überschnitten, konnte diese Überlieferung einbezogen werden. Auch das exzerpierte Material von Pertz blieb noch für mehrere Jahrzehnte weitgehend unberücksichtigt und wurde erst posthum von Karl Rodenberg zwischen 1883–1894 in drei Bänden veröffentlicht7. So spielte die vatikanische Überlieferung bei der sich rasant entwickelnden Editionstätigkeit nicht nur in Deutschland anfangs keine nennenswerte Rolle, zumal auch das Archiv für die Öffentlichkeit weiterhin verschlossen blieb. Trotz dieser ungünstigen Rahmenbedingungen blieb das Interesse an der kurialen Überlieferung aus der Perspektive der territorialen Urkundenerschließungsprojekte hoch. Einen Grund dafür dürften die Publikationen des in Breslau geborenen Augustin Theiner († 1874)8 dargestellt haben, der von 1855 bis 1870 Präfekt des Vatikanischen Archivs war und eine Reihe länder- und themenspezifischer Quelleneditionen aus den kurialen die 2016 Bände päpstlicher Regesten, welche in fast nie unterbrochener Reihe, als amtliche immer gleichzeitige Sammlung der Briefe, Urkunden, Befehle, Instructionen des päpstlichen Hofes mit vielen zu ihrer Erläuterung eingeschalteten Briefen und Urkunden der Beamten oder anderer Mächte, von Innocenz III. Zeit an erhalten sind.“ 3  Ebd.: „Die Frage der Aechtheit, welcher jede einzelne Urkunde genügen muß, verstummt bei dieser aus dem täglichen Bedürfniß einer Weltherrschaft hervorgegangenen viele hundert Jahr mit ihr bestandenen und in ihren geheimsten Archiven aufbewahrten Sammlung, deren Gebrauch selbst in unsern Jahrhunderten nur in sehr wenigen Fällen und in sehr beschränkter Maße gestattet war.“ 4   Ebd. 29: „Das Bild dieser Größe wiederholt sich in den Briefen nicht nur eines Papstes; ihre Vertheidiger haben nicht weise gehandelt, sie bisher der Verborgenheit zu überlassen; denn hier kann kein Geschichtsschreiber durch die Größe seines Blicks das Fehlende ersetzen.“ 5  Ebd. 33. 6 Siehe dazu Rudolf Schieffer, Neuere regionale Urkundenbücher und Regestenwerke. BlldtLG 127 (1991) 1–18. 7  Epistolae saeculi XIII e regestis pontificum Romanorum selectae per G. H. Pertz, ed. Karl Rodenberg (MGH Epp. saec. XIII 1–3, Berlin 1883–1894). 8  Zu ihm Hubert Jedin, Augustin Theiner. Zum 100. Jahrestag seines Todes am 9. August 1874. Archiv für schlesische Kirchengeschichte 31 (1973) 134–186, und Herman H. Schwedt, Augustin Theiner und Pius IX., in: Römische Kurie. Kirchliche Finanzen. Vatikanisches Archiv. Studien zu Ehren von Hermann Hoberg 2, hg. von Erwin Gatz (MHP 46, Roma 1979) 825–868.



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Registerserien vorlegte, so die dreibändige Edition der Urkunden zum Kirchenstaat 9, zu Ungarn10, zu Polen und Litauen11 oder zu Schottland und Irland12. Theiner erwarb sich dadurch einen Ruf als Kenner der Überlieferung und Wissenschaftler, mit dem Fachkollegen zunehmend in Kontakt traten und um verschiedene Auskünfte zur kurialen Überlieferung baten13. Bisher ist noch nicht viel über diesen Austausch bekannt, doch der Zuschnitt der Publikationen Theiners dürfte aus der Perspektive der provinzialgeschichtlichen Unternehmungen größten Eindruck gemacht und hohe Erwartungen an die kuriale Überlieferung geweckt haben. Doch auch lange vor Theiner sind die Registerserien einer systematischen Erschließung unterzogen worden, und zwar durch die Bettelorden, worauf bereits Georg Heinrich Pertz hingewiesen hat.

Die Erschließung der Papstregister durch die Bettelorden seit dem 18. Jahrhundert Von den größeren systematischen Editionsprojekten vor der Öffnung des Vatikanischen Archivs seien hier die mehrbändigen Bullarienwerke der beiden großen Bettelorden der Dominikaner14 und Franziskaner15 genannt, die auch aus der vatikanischen Registerüberlieferung schöpften16. Das „Bullarium ordinis fratrum Praedicatorum“ setzt im Pontifikat Gregors IX. (1227–1241) ein und legt einen überregionalen Fokus auf die 9  Codex diplomaticus dominii temporalis S. Sedis. Recueil de documents pour servir à l’histoire du gouvernement temporel des États du Saint-Siège, extraits des Archives du Vatican, ed. Augustin Theiner (Roma 1861–1862). 10   Vetera monumenta historica Hungariam sacram illustrantia maximam partem nondum edita ex tabulariis Vaticanis deprompta collecta ac serie chronologica disposita, ed. Augustin Theiner (Roma 1859–1860); siehe dazu Gabriel Adrianyi, Augustinus Theiner († 1874) und die „Vetera monumenta historica Hungariam sacram illustrantia“. Archiv für schlesische Kirchengeschichte 33 (1975) 205–232. 11  Vetera monumenta Poloniae et Lithuaniae gentiumque finitimarum historiam illustrantia maximam partem nondum edita ex tabulariis Vaticanis deprompta collecta ac serie chronologica disposita, ed. Augustin Theiner (Roma 1860–1864). 12   Vetera monumenta Hibernorum et Scotorum historiam illustrantia quae ex Vaticani, Neapolis ac Florentiae tabula tabulariis deprompsit et ordine chronologico disposuit, ed. Augustin Theiner (Roma 1864). 13  Für diese Information möchte ich Herrn Dr. Ignacio García Lascurain Bernstorff (Rom) herzlich danken, der im Rahmen seines Habilitationsprojektes den im Vatikanischen Archiv überlieferten Nachlass von Theiner – AAV, Carte Theiner – derzeit auswertet. Darin lassen sich beispielsweise mehrere Briefe verschiedener Bearbeiter des 1860 begründeten „Codex diplomaticus Saxoniae regiae“ nachweisen. In der Überlieferung dieses Editionsunternehmens scheint diese Korrespondenz keinen Niederschlag gefunden zu haben. Verwiesen sei an dieser Stelle auf den ersten Band zur päpstlichen Überlieferung in Sachsen: Die Papsturkunden des Hauptstaatsarchivs Dresden 1: Originale Überlieferung, Teil 1: 1104–1303, ed. Tom Graber (Codex Diplomaticus Saxoniae III/1, Hannover 2009). 14  Bullarium ordinis FF. Praedicatorum 1–8, ed. Thomas Ripoll–Antoninus Bremond (Roma 1729– 1740). Siehe dazu u. a. Santiago Domínguez Sánchez, El primer manual de Diplomática Pontificia, de A. Brémond, en el Praefatio del Bullarium Ordinis Fratrum Praedicatorum (1729) (Monumenta Hispaniae Pontificia 10, León 2016). 15  Bullarium Franciscanum (sive) Romanorum Pontificum constitutiones, epistolas, ac diplomata continens 1–4, ed. Joannes Hyacinthus Sbaralea (Roma 1759–1768); 5–7, ed. Konrad Eubel (Roma 1898–1904). Zu Konrad Eubel, der vor allem durch seine monumentale „Hierarchia catholica“ bekannt ist, siehe u. a. Meinrad Sehi, Konrad Eubel, Franziskaner-Minorit (1842–1923). Fränkische Lebensbilder 9 (1980) 237–256. 16   Inwieweit sie selbst Zugriff auf die Register hatten und daraus die Regesten verfassten oder Abschriften durch die Archivare des Vatikanischen Archivs erhielten, wie Pertz, Italiänische Reise (wie Anm. 1) 28, vermutet, bedarf der weiteren Prüfung.

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Entwicklung des Gesamtordens. Im „Bullarium Franciscanum“ wird auch diesem Ansatz gefolgt und zudem werden die Niederlassungen der Klarissen und des Dritten Ordens einbezogen. Die Dominikaner konnten dabei bereits in den 1720er Jahren die päpstlichen Register auswerten; die Franziskaner etwas später. Während die Dominikaner mit ihren acht Bänden, die innerhalb von elf Jahren publiziert wurden, bereits bis in das 18. Jahrhundert gelangten, deckten die ersten sieben Bände des „Bullarium Franciscanum“ einen Zeitraum bis 1431 ab. Die Edition wurde fortgesetzt in der Nova Series des „Bullarium Franciscanum“, die von 1929–1990 für den Zeitraum vom Pontifikat Eugens IV. (1431–1447) bis zum Ende des Pontifikats Innocenz’ VIII. (1484–1492) reicht17. Beide Bullarienwerke, vor allem jenes der Franziskaner, sind damit in gewisser Weise auch Vorläufer für transnationale Erschließungsarbeiten der päpstlichen Überlieferung, wie sie in den 1950er Jahren durch den italienischen Gelehrten Franco Bartoloni († 1956) durch den „Index actorum romanorum pontificum“ – oder kurz „Censimento Bartoloni“ – angestoßen wurden18. Mit Blick auf die Editionsarbeiten weiterer Bettelorden sind hier noch die Karmeliter zu nennen, die bereits 1715 und 1718 den ersten Band ihres „Bullarium Carmelitanum“ vorlegten; im Jahre 1768 folgten der dritte und der abschließende vierte Teil19. Die Bearbeiter schöpften dabei aus den Archiven verschiedener Konvente – hier beispielsweise das Archiv im römischen Konvent S. Crysogono und das 1593 gegründete Generalarchiv des Ordens, ebenfalls in Rom –, aber auch aus dem Vatikanischen Archiv20. 17  Bullarium Franciscanum Romanorum Pontificum N. S. 1 (1431–1455), ed. Ulrich Hüntemann; 2 (1455–1471) und 3 (1471–1484), ed. José M. Pou y Marti, 4/1 (1484–1489) und 2 (1489–1492), ed. Cesare Cenci (Quaracchi bzw. Grottaferrata 1929, 1939, 1949, 1989 und 1990). Zusätzlich dazu wurde in jüngerer Zeit noch ein Supplementdoppelband für den Zeitraum von 1378–1484 vorgelegt, vgl. Supplementum ad Bullarium Franciscanum 1–2 (1378–1484), ed. Cesare Cenci (Grottaferrata 2002 und 2003). Hinsichtlich der Vollständigkeit und des Zuschnittes – die Papstregister sind bis zum Ende des Pontifikats Innocenz’ VIII. ausgewertet – handelt es sich somit um ein herausragendes Editionsvorhaben eines Bettelordens. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt Williell R. Thomson, Checklist of Papal Letters relating to the Orders of St. Francis. Innocent III – Alexander IV (Grottaferrata 1971). 18  Dazu Franco Bartoloni, Per un censimento dei documenti pontifici da Innocenzo III a Martino V (escluso), in: Atti del convegno di studi delle fonti del medioevo europeo in occasione del 70o della fondazione dell’Instituto Storico Italiano, Roma 1953 (Roma 1954) 3–24. Von der Commission Internationale de Diplomatique wurde dazu eine 16seitige Handreichung unter dem Titel „Index Actorum Romanorum Pontificum ab Innocentio III usque ad Martinum V electum. Quae praeter registra Romanae curiae adservantur“ erstellt. Ein Exemplar dieser Handreichung findet sich u. a. im Deutschen Historischen Institut in Rom, Nachlass Hermann Diener, Verschiedene Projekte, Nr. 28. 19   Bullarium Carmelitarum plures complectens summorum pontificum constitutiones 1–2, ed. Eliseus Monsignanus (Roma 1715 und 1718); 3–4, ed. José Alberto Ximenenz (Roma 1768). 20   So heißt es im Vorwort im ersten Band des Bullarium Carmelitarum (wie Anm. 19, S. [3]), das den Zeitraum von Honorius III. bis Clemens VII. beinhaltet: „Quamobrem operae pretium fuit consulere Vaticanum Archivum, tum secretum, tum commune, de quo ditissimo penu ingenti Apostolicarum Litterarum segete comparata, editioni initium dedi, illamque perduxi ab Honorio Tertio ad Clementem Septimum, quorum omnium Constitutiones hac prima parte complector […]“. Damit zählten die Karmeliter zu den frühesten Bettelordensmitgliedern, die die Papstregister systematisch für ihr Editionsunternehmen auswerteten. Mit Blick auf die Augustinereremiten sei das Bullarium Ordinis Eremitarum S. Augustini, ed. Laurentius Empoli (Roma 1628) erwähnt, das sich jedoch auf eine Auswahl päpstlicher Bullen aus dem Generalarchiv des Ordens beschränkt. Eine systematische Bearbeitung der Papstregister – verglichen mit den genannten Bettelorden – ist erst zu einem weit späteren Zeitpunkt unternommen worden; deren Ergebnisse sind das Bullarium Ordinis Eremitarum S. Augustini. Periodus formationis 1187–1256, ed. Benignus van Luijk (Cassiciacum 18, Würzburg 1964), und die abgeschlossene Editionsreihe Bullarium Ordinis Sancti Augustini. Regesta 1–10 (1256–1774), ed. Carlos Alonso Vañes (Fontes Historiae Ordinis Sancti Augustini 3/1–10, Roma 1997–2006). – Der Vollständigkeit



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Erschließungsprojekte seit der Öffnung des Vatikanischen Archivs 1881 Die Öffnung des Vatikanischen Archivs und die Reaktionen der Wissenschaftswelt auf diesen Schritt sind bereits mehrfach thematisiert worden21, weswegen an dieser Stelle nur wenige Aspekte aufzugreifen sind. Bekanntermaßen hatten die Franzosen bereits wenige Jahre vor der Öffnung die Möglichkeit, ihre Mitte der 1860er Jahre geplante systematische Erschließung der Papstregister zu initiieren – den Beginn machte die Bearbeitung des Pontifikats Innocenz’ IV.22. Auch Papst Leo XIII. selbst verfolgte die Öffnung des Archivs mit Publikationsplänen. Diese übernahmen Pietro Pressutti mit der Bearbeitung der Regesten Papst Honorius’ III.23. und die Benediktiner von Monte Cassino mit der Bearbeitung der Register Papst Clemens’ V.24. Besonders hervorzuheben ist jedoch das ebenfalls von Leo XIII. geförderte Vorhaben von Kardinal Joseph Hergenröther († 1890), seit 1879 Präfekt des Vatikanischen Archivs, der sich dem Pontifikat Leos X. (1513–1521) widmete und sich damit angesichts der Überlieferungsfülle einer monumentalen Aufgabe gestellt hatte; bereits an dieser Stelle sei kurz festgehalten, dass aus diesem Pontifikat pro Tag rund 20 Schriftstücke überliefert sind, worauf später zurückzukommen ist – ein absoluter Rekord. Wohl kaum ein anderes Editionsvorhaben für die Papstregister des 14. und 15. Jahrhunderts kann sich mit den Plänen und ersten Ergebnissen von Hergenröther messen, da er die Registerbände in einem universalen Zugriff auszuwerten beabsichtigte. Hintergrund dieser Konzeption dürften zum einen seine günstigen institutionellen Möglichkeiten als Archivpräfekt gewesen sein, zum anderen auch seine herausragende Arbeitskraft. Jedoch stellte sein Tod im Jahre 1890 – dies ist der gravierende Nachteil eines auf eine Person bezogenen Projektes – eine Zäsur für die weitere Bearbeitung dar. So blieb dieses ambitionierte, aber dennoch umsichtig begonnene und realisierbare Großunternehmen stecken und wurde über die Publikation der ersten Lieferung für den 2. Band hinaus nicht fortgesetzt25. Mit Blick auf die Methodik ist hervorzuheben, dass sich Hergenröther für eine bis dahin unübliche starke Verdichtung der Informationen und die Verwendung von Abkürzungen entschied, um sein Material zu bändigen, das er in chronologischer Reihenfolge systematisierte. Diese Grundsätze nehmen somit gewissermaßen die zukünftige Struktur des „Repertorium Germanicum“ vorweg, ohne dass bei dessen späterer Konzeption auf das Werk Hergenröthers Bezug genommen worden wäre. Vielmehr deutet sich bereits bei Hergenröther an, dass die päpstlichen Registerserien – je weiter man im Spätmittelalter halber sei hier noch das Bullarienwerk der Marienknechte angeführt: Bullarium Ordinis Servorum Sanctae Mariae 1: 1251/52–1304, ed. Franco Andrea Dal Pino (Scrinium Historiale 8, Roma 1974), das jedoch die Originalausfertigungen ins Zentrum stellt, die aus verschiedenen Archiven zusammengetragen wurden; dieses Bullarium ist nach der Publikation des ersten Bandes nicht fortgeführt worden. 21  Siehe dazu u. a. Karl August Fink, Das Vatikanische Archiv. Einführung in die Bestände und ihre Erforschung (Rom ²1951); Martina, L’apertura dell’Archivio Vaticano (wie Anm. 1); Olivier Poncet, Les entreprises éditoriales liées aux archives du Saint-Siège. Histoire et bibliographie (1880–2000) (Collection de l’École Française de Rome 318, Roma 2003) 3–17. 22  Dazu André Vauchez, La Scuola francese di Roma a l’apertura dell’Archivio Segreto Vaticano. ASRSP 100 (1977) 167–172. 23  Regesta Honorii papae III 1–2, ed. Petrus Pressutti (Roma 1888–1895). 24   Regestum Clementis papae V (Roma 1885–1892). 25  Leonis X. pontificis maximi regesta 1–2/1, ed. Joseph Hergenröther (Freiburg i. Br. 1884–1891).

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voranschreitet – durch die Frage der Massenüberlieferung gar keinen anderen Schluss erlauben26.

Erschließung der Papstregister in Deutschland, Österreich und der Schweiz Die Öffnung des Vatikanischen Archivs führte zu einer Neuorientierung in den von einzelnen Ländern und Territorien getragenen Editionsvorhaben. Eine frühe institutionelle Verankerung – ähnlich wie die der Franzosen27 – wurde durch das Wirken von Theodor von Sickel († 1908) zuerst mit der Gründung des Österreichischen Historischen Instituts in Rom bereits im Jahr 1881 realisiert28. Zu den ersten Aufgabenbereichen wurde die Erschließung der Papstregister gezählt und das 13. Jahrhundert in den Blick genommen und unter thematischen Schwerpunkten bearbeitet; hier die Quellen zu Rudolf von Habsburg, was zunächst Ferdinand Kaltenbrunner († 1902) und ihm folgend Emil von Ottenthal († 1931) übernahm29. Bei den zwei Jahre später festgelegten inhaltlichen Schwerpunkten der Institutsarbeit wurde der Blick stärker auf die Erarbeitung der päpstlichen Kanzleiregeln gelegt, da die Register wenig zu den Habsburgica enthielten30. Ohne institutionelle Anbindung machten sich Einzelpersonen um die Erschließung der päpstlichen Register verdient, von denen zunächst die Wissenschaftler aus der Schweiz zu nennen sind, die eine gewisse Vorreiterrolle spielten. Bereits im Jahr 1891 legte Johannes Bernoulli († 1920) den ersten Band der „Acta Pontificum Helvetica“ vor, in dem die päpstlichen Registerbände für den Zeitraum der Pontifikate von Innocenz III. bis Clemens IV. von 1198 bis 1268 für die Diözesen Basel, Chur, Genf, Lausanne und Sitten sowie die schweizerischen Teile des Bistums Konstanz und des Kantons Tessin ausgewertet wurden31. Erwachsen ist diese Publikation aus dem von der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel angestoßenen Editionsprojekt des Basler Urkundenbuches; durch die Öffnung des Vatikanischen Archivs wurde hier in einem überregionalen Ansatz der Fokus über Basel hinaus auf die gesamte Schweiz gelegt und die Reihe „Acta Pontificum Helvetica“ ins Leben gerufen, deren erster und einziger Bearbeiter Bernoulli jedoch blieb, der die Registereinträge entweder in vollständiger Edition des lateinischen Textes oder in einem deutschen Regest aufgenommen hat. Auch wenn die „Acta Pontificum Helvetica“ nicht fortgesetzt wurden, blieb die Erschließung der vatikanischen Überlieferung gerade für die Schweiz – weiterhin gebunden an Einzelpersonen – im Fokus. Den maßgeblichsten Anteil daran hatte der Schweizer Theologe Caspar Wirz († 1915), der 1902 in der Reihe „Quellen zur Schweizer Geschichte“ einen 26   Dass die Bände Hergenröthers nur bedingt Eingang in die Forschung gefunden haben, liegt in erster Linie an ihrer schwierigen Handhabbarkeit, da ein Register nicht vorliegt. 27  Siehe dazu Poncet, Les entreprises éditoriales (wie Anm. 21) 18–27. 28  Ausführlich dazu Karl Rudolf, Geschichte des Österreichischen Historischen Instituts in Rom von 1881 bis 1938. RHM 23 (1981) 1–137. 29  Dazu Ferdinand Kaltenbrunner, Römische Studien I. Die päpstlichen Register des 13. Jahrhunderts. MIÖG 5 (1884) 213–294, 659f., sowie ders., Actenstücke zur Geschichte des Deutschen Reiches unter den Königen Rudolf I. und Albrecht I. (Mittheilungen aus dem Vatikanischen Archive 1, Wien 1889). 30  Dennoch blieben die Register auch weiter Teil der Institutsarbeit, woraus u. a. die umfassende Studie von Emil von Ottenthal, Die Bullenregister Martin V. und Eugen IV. MIÖG Ergbd. 1 (1885) 401–589, hervorgegangen ist. 31  Acta Pontificum Helvetica. Quellen schweizerischer Geschichte aus dem paepstlichen Archiv in Rom 1: 1198–1268, ed. Johannes Bernoulli (Basel 1891).



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umfangreichen Band mit „Bullen und Breven aus italienischen Archiven“ vorlegte, der den Schwerpunkt auf die Quellen ab dem Pontifikat Nikolaus’ V. legte32. Sind bereits in diesem ein nicht unbeachtlicher Teil der Regesten auf Deutsch, so wurde diese Form der Wiedergabe konsequent fortgesetzt in den ebenfalls von Wirz bearbeiteten „Regesten zur Schweizergeschichte“, die mit der systematischen Erschließung der Papstregister ebenfalls ab dem Pontifikat Nikolaus’ V. einsetzten und schließlich bis zum Ende des kurzen Pontifikats Pius’ III. im Jahr 1503 reichten33. Als einer der ersten weist Wirz, der eindrücklich über seine Arbeitsweise berichtet34, auf die Schwierigkeiten bei der Erschließung hin, die sich durch das Schriftbild der Registerserien in seinem Bearbeitungszeitraum zunehmend ergeben35. Dennoch gelang es ihm, durch eine Wiedergabe der Regesten in deutscher Sprache und in chronologischer Reihenfolge die Belege in den päpstlichen Registern für das gesamte Gebiet der Schweiz zusammenzutragen und durch einen Index der Wissenschaft zugänglich zu machen. Wie sehr dieses äußerst erfolgreiche Erschließungsprojekt an einer Einzelperson hing, macht die Tatsache deutlich, dass kein geeigneter Bearbeiter gefunden werden konnte, der zumindest den noch offenen Teil bis zum Jahr 1513 angehen konnte. Die Reaktionen aus Deutschland auf die Öffnung des Vatikanischen Archivs waren in erster Linie ebenfalls zunächst Einzelunternehmen. Da deren Genese bereits untersucht wurde, sollen hier nur einige wesentliche Punkte über die Editionsansätze genügen. Zu 32  Bullen und Breven aus italienischen Archiven 1116–1623, ed. Caspar Wirz (Quellen zur Schweizer Geschichte 21, Basel 1902). Das Besondere an diesem Band, der einer gewissen eigenwilligen Schwerpunktsetzung folgt, war zum einen der lange Zeitraum – über 500 Jahre wurden berücksichtigt. Jedoch ist einschränkend zu sagen, dass bis zum Pontifikat Nikolaus’ V. die Überlieferung im Vatikanischen Archiv nur in wenigen Fällen berücksichtigt wurde; geschöpft wurde für den Zeitraum von 1198–1447 v. a. aus den Archiven in Turin und Mailand. Ab 1447 wurden dann systematisch die Bullenbände konsultiert. 33  Regesten zur Schweizergeschichte aus den päpstlichen Archiven 1447–1513, 1. Heft: Die Pontifikate Nicolaus V. und Calixtus III. 1447–1458; 2. Heft: Das Pontifikat Pius II. (1458–1464); 3. Heft: Das Pontifikat Paulus II. 1464–1471; 4. Heft: Das Pontifikat Sixtus IV. (1471–1484); 5. Heft: Das Pontifikat Innocentius VIII. (1484–1492); 6. Heft: Die Pontifikate Alexanders VI. (1492–1503) und Pius’ III. (1503), ed. Caspar Wirz (Bern 1911–1918). Als Grund für den Beginn der Quellenerschließung mit dem Pontifikat Nikolaus’ V. wird der Vorläuferband des Repertorium Germanicum von Robert Arnold angeführt, der vorerst als „Schlussstein“ des Bearbeitungszeitraums des Repertorium Germanicum angesehen wurde, wie es Wirz bereits in Bullen und Breven (wie Anm. 32) XII festhält. Durch den Tod von Wirz im Jahr 1915 – das fünfte und sechste Heft sind bereits posthum erschienen – wurde das ursprünglich gesteckte Zieljahr 1513 nicht mehr erreicht. 34   So berichtet Wirz anschaulich wie folgt: „Eigene Berechnung und Spekulation führen im Vatikan nirgends auf richtige Spuren, und so ist denn mit dem besten Willen keine andere Methode verwendbar als die, Band für Band der in Frage kommenden Serien Blatt für Blatt zu durchgehen, um alle unser Land betreffenden Nummern aufzufinden und ohne Rücksicht auf deren Wert zu notieren. Sind manchmal 4–5 Bände fruchtlos durchblättert, dann in einem andern 2, 3, 4, ausnahmsweise auch 10–12 Stücke gefunden worden, so erscheint die ganze Tätigkeit trocken, langweilig, als eine wahre Geduldsprobe und bietet nicht von ferne die Befriedigung, wie sie dem Forscher in spätern Perioden so reichlich zu Teil wird. Dagegen vereinfacht sich die Arbeit, indem das Forschungsgebiet weit weniger in die Breite geht und sich auf einige wenige, genau begrenzte Serien beschränkt, über die der Blick weder nach links noch nach rechts hinauszuschweifen braucht, und zieht man das Netz sorgfältig und gewissenhaft durch die vorgeschriebenen Gebiete, so darf der Fischfang als ein erschöpfender bezeichnet werden“, Regesten zur Schweizergeschichte 1 (wie Anm. 33) VIIf. 35   Ein entsprechend negatives Urteil trifft die Schreiber der Supplikenregister, die von Wirz als „Sudler“ bezeichnet werden, Regesten zur Schweizergeschichte 1 (wie Anm. 33) XX; das sich stets schwieriger gestaltende Erscheinungsbild der Supplikenregister liegt jedoch auch darin begründet, dass die Schreiber der Supplikenregister Lohnarbeiter waren, deren Bezahlung sich an der Anzahl der beschriebenen Lagen orientierte, was bei der immer weiter anschwellenden Überlieferung paläografisch seinen Tribut verlangt.

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den vergleichsweise späten, aber in ihrem Ergebnis sehr fruchtbaren Editionsunternehmen zählen die Arbeiten von Heinrich Volbert Sauerland († 1910), der 1887 von der Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde und von der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde für die Auswertung der Papstregister gewonnen wurde, um die darin enthaltenen Quellen zusammenzutragen, die sich auf das jeweilige Territorium beziehen36. Zeitlich setzte die Bearbeitung beider Editionsunternehmen mit dem Pontifikat Bonifaz’ VIII. im Jahr 1294 ein. Die sich daraus ergebende Überschneidung mit anderen bereits abgeschlossenen Editionsprojekten, wie jenen der École Française oder den Registern Papst Clemens’ V., wurde mit unterschiedlichen Editionsmängeln begründet. Sauerland, der die archivische Überlieferungssituation in den beiden von ihm zu bearbeitenden Regionen gut kannte, nahm in seiner Edition sowohl die Quellenüberlieferung des Vatikanischen Archivs als auch der Archive in Lothringen bzw. dem Rheinland auf. Auch bereits edierte Quellen berücksichtigte er – dies war im Vergleich zu anderen Editionsprojekten die Ausnahme37. Zu den frühesten Erschließungsprojekten zählt jedoch der Doppelband „Päbstliche Urkunden und Regesten“, dessen erster Band der Direktor des Dom-Gymnasiums in Halberstadt, Gustav Schmidt († 1892), im Auftrag der Historischen Kommission der Provinz Sachsen übernahm38. Da im Verlauf der weiteren Projektentwicklung auch Paul Fridolin Kehr († 1944) eingebunden wurde und als junger Wissenschaftler erstmals mit dem Vatikanischen Archiv in Kontakt trat, sei die Genese dieses Regestenbandes etwas ausführlicher dargestellt. Darin zeigen sich nämlich auch die Dynamiken, die die Öffnung des Vatikanischen Archivs auslösen konnte39. Knapp drei Jahre nach dessen Öffnung richtete Graf Otto zu Stolberg-Wernigerode († 1896), stellvertretender preußischer Ministerpräsident und Vizekanzler Ottos von Bismarck, am 1. Mai 1884 ein Schreiben an den Bürgermeister der Stadt Quedlinburg. Darin führt er aus, dass ein früherer Erzieher der beiden Söhne des Grafen zu wissenschaftlichen Arbeiten in Rom gewesen wäre und dabei die Ergiebigkeit der dortigen Überlieferung für die Provinzialgeschichte erkannt hatte40. Otto zu Stolberg-Wernigerode empfahl, da Recherchen „in den ungeordneten 36  Vatikanische Urkunden und Regesten zur Geschichte Lothringens 1–2, ed. Heinrich Volbert Sauerland (Quellen zur Lothringischen Geschichte 1–2, Metz 1901–1905), und Urkunden und Regesten zur Geschichte der Rheinlande aus dem Vatikanischen Archiv 1–7, ed. ders. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 23, Bonn 1902–1913). 37   Auf weitere Erschließungsprojekte bestimmter Territorien weist Poncet, Les entreprises éditoriales (wie Anm. 21) 41, hin. Auf umfangreichere Arbeiten mit einem inhaltlichen Fokus bei der Auswertung der Papstregister wird an dieser Stelle nicht weiter eingegangen; als Beispiel sei aber erwähnt Vatikanische Akten zur deutschen Geschichte in der Zeit Ludwigs des Bayern, ed. Sigmund Riezler (Innsbruck 1891). An Regionalstudien sie hier lediglich genannt Heinrich Reimers, Oldenburgische Papsturkunden. Jahrbuch für die Geschichte des Herzogtums Oldenburg 16 (1908) 1–177, und Friesische Papsturkunden aus dem Vatikanischen Archive zu Rom, ed. Heinrich Reimers (Leeuwarden 1908). 38  Zur Kommission siehe Josef Hartmann, 125 Jahre Historische Kommission 1876–2001. Sachsen und Anhalt 23 (2001) 9–52, der jedoch nicht näher auf dieses Editionsprojekt eingeht. 39  Zu diesem Publikationsvorhaben ist im Landesarchiv Sachsen-Anhalt – Abteilung Magdeburg im Bestand der Historischen Kommission der Provinz Sachsen eine Akte überliefert, die, soweit ich sehe, bisher nicht ausgewertet wurde; die Signatur lautet LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22. Eine eingehendere Auswertung dieser Akte bereitet der Verfasser des vorliegenden Beitrages für die Römische Quartalschrift vor. 40  Dabei lässt Graf Otto folgendes Zitat aus einem tags zuvor erhaltenen Brief einfließen: Die Unmasse und noch mehr die Unübersichtlichkeit und Unordnung des Materials machen dergleichen Arbeit unberechenbar. Der Reichthum an deutschen und speziell auch norddeutschen Urkunden ist übrigens so groß, daß es Geld und Zeit wohl lohnen würde, wenn die provinzialgeschichtlichen Vereine einen eigenen Gelehrten fortschickten und an ihrem Theil



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und nicht regelmäßig repertorierten Aktenheften“ schwierig gewesen wären, dass die Historische Kommission die Erschließung der Quellen für die Provinz Sachsen auch auf die Überlieferung der Päpste ausdehnen solle. Dieses Schreiben wurde an die Historische Kommission weitergeleitet, die auf ihrer nächsten Sitzung positiv darüber beschied und in ihrem Antwortschreiben den Grafen vom 31. Mai bereits über konkrete finanzielle Pläne für die Umsetzung informierte. Als Bearbeiter wurde der bereits genannte Gustav Schmidt gewonnen, der bereits die Urkundenbücher Göttingens und Halberstadts vorgelegt hatte und an jenem des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe arbeitete. Somit stieß nur drei Jahre nach der Öffnung des Vatikanischen Archivs die Historische Kommission der Provinz Sachsen die Bearbeitung dieser Quellen für ihr Zuständigkeitsgebiet an und entsandte im November 1884 Schmidt für fünf Monate nach Rom41. Schmidt berichtet erstmals in einem Schreiben vom 11. Dezember über die zurückliegenden Wochen nach seinem Aufbruch aus Halberstadt am 3. November. Seine Reise hatte er bewusst über Wien gelegt, um mit Theodor von Sickel zusammenzutreffen und Informationen über die Archivarbeit zu erhalten42. Schmidt setzte seine Reise über Innsbruck fort, um sich auch mit Ferdinand Kaltenbrunner († 1902) über die bevorstehende Archivarbeit auszutauschen43. Diese Vermittler- und Beraterrolle österreichischer Experten der Überlieferung des Vatikanischen Archivs gegenüber einem zu diesem Zeitpunkt aus Deutschland entsandten Bearbeiter der Registerserien weist auf die führende Rolle der österreichischen Vertreter der Mediävistik und der Historischen Hilfswissenschaften in Europa! Gustav Schmidt äußerte sich leicht resignierend auch über den gewaltigen Umfang der Registerüberlieferung und trat in Kontakt mit den Bearbeitern anderer Erschließungsprojekte, wodurch sich seine Methodik erst entwickelte und sich auch der Bearbeitungszeitraum klärte. Schließlich setzte er den Beginn seiner Erschließungsarbeit beim Pontifikat Bonifaz’ VIII.44. Schmidt hat in einem stupenden Arbeitstempo – vom 11. November 1884 bis 10. März 1885 weilte er in Rom – innerhalb von vier Monaten, in denen das Vatikanische Archiv durch die Weihnachts- und andere Festtage verhältnismäßig häufig geschlossen war45, rund 170 Registerbände bearbeitet und bereits 1886 publiziert, zum Teil in sehr knapper Regestenform auf Deutsch, zum Teil in ausführlicher Edition des lateinischen Textes. Berücksichtigt wurde aber auch die Empfängerüberliefedazu beitrügen, daß die Urbarmachung dieses neu entdeckten unermesslichen Feldes nicht den unzureichenden und vielleicht parteiischen Kräften des Papstes überlassen bleibt, sondern recht bald zur Ehrensache der deutschen Wissen­ schaft wird, LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22 (Dokument vom 1. Mai 1884). 41  Siehe dazu das Vorwort in Päbstliche Urkunden und Regesten aus den Jahren 1295–1352 die Gebiete der heutigen Provinz Sachsen und deren Umlande betreffend, ed. Gustav Schmidt (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 21, Halle 1886) V–XII. 42   LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22 (Brief vom 1. Dezember 1884): […] und habe meinen Weg über Wien genommen; es ist ja nicht das nächste, aber Herr Professor Sickel in Wien, an den ich mich wegen guter Ratschläge für die Benutzung des päbstlichen Archivs gewandt hatte, hatte mich dringend aufgefordert ihn in Wien zu besuchen […]. 43 Ebd.: Er [sc. Theodor von Sickel; Anm. J. V.] verwies mich noch an Professor Kaltenbrunner, der 3 Winter hintereinander Studien im Vatikanischen Archiv gemacht hat. Bei ihm bin ich dann auf der weiteren Reise gewesen und ebenfalls sehr freundlich orientiert beraten worden. 44 Ebd.: Daß diese ungeheuren Massen – bis Ausgang des 13. Jahrh. sind es 49, für das 14. Jahrh. c. 216, für das 15. Jhrh. c. 550 Bände, und zwar sehr starke – sich in der Zeit, die mir vergönnt ist, nicht bewältigen lassen, ist klar. Ich mußte also nach Einschränkung mich umsehen. 45  Hinzu kommt, dass das Archiv in jener Zeit nur vormittags von 8:30 bis 11:50 Uhr geöffnet und donnerstags generell geschlossen war.

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rung, hier vor allem aus den Archiven in Magdeburg, Weimar, Braunschweig und Wolfenbüttel46. Da Schmidt seine Recherchen vorzeitig abbrechen musste, konnte er nicht mehr die Supplikenregister konsultieren, die mit dem Pontifikat Clemens’ VI. (1342–1352) einsetzen. Bei der Suche nach einem geeigneten Bearbeiter dieser Register, die in die Publikation mit einfließen sollten, ist Schmidt in Kontakt mit seinem ehemaligen Schüler Paul Fridolin Kehr getreten. Einzelheiten dazu sind zwar nicht bekannt, doch scheint der 24jährige Kehr – bereits promoviert und am Institut für Österreichische Geschichtsforschung in Wien tätig – nicht lange gezögert zu haben. Im August 1885 wurde zwischen der Historischen Kommission und Kehr folgender Arbeitsvertrag unterzeichnet: Kehr verpflichtete sich, vom 1. Oktober 1885 bis zum 31. März 1886 im Vatikanischen Archiv „pünktlich und ununterbrochen“ Materialien zur Geschichte der Provinz nach Anweisung von Schmidt zusammenzutragen47. Mit Blick auf seinen ersten Bericht an die Historische Kommission scheint er diesen Vereinbarungen nachgekommen zu sein. Am 31. Oktober 1885 schildert er den Fortgang der Arbeiten seit seinem ersten Besuch im Vatikanischen Archiv am 6. Oktober. Er gibt nicht nur detaillierte Einblicke in die benutzten Bände, sondern erwähnt auch seinen Versuch, bei den Benediktinern im Kloster San Callisto in Trastevere die Registerbände Clemens’ V. einzusehen, was jedoch nicht wirklich geglückt ist48. In den Berichten wird deutlich, dass Kehr bei seinen Arbeiten den Supplikenregistern Bedeutung beimisst und deren Inhalte zum Teil auch ausführlich wiedergibt49. Bemerkenswert ist zudem, wie rasch der 25jährige Kehr einen engen Kontakt zu wichtigen Personen im Vatikanischen Archiv und in Rom aufgebaut zu haben scheint – so übermittelt er in seinen Schreiben an die Historische Kommission die Grüße von Kardinal Hergenröther, Theodor von Sickel und des Dominikaners und Unterarchivars Heinrich Denifle († 1905), dessen Hilfsbereitschaft er zudem mehrfach hervorhebt50. So konnte   Päbstliche Urkunden und Regesten (wie Anm. 41) IXf.   LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22 (Dokument vom 20. und 24. August 1885); zu Kehr und dem IÖG vgl. Michèle Schubert, Meister – Schüler. Theodor von Sickel und Paul Fridolin Kehr (nach ihrem Briefwechsel). MIÖG 106 (1998) 149–166, bes. 151–161. 48   LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22 (Dokument vom 31. Oktober 1885): Ich kam aber nicht weiter, weil die Benedictiner, die mit der Herausgabe derselben beschäftigt sind, nur widerwillig einige Bände mir zur Durchsicht überliessen und schliesslich mir den Rest derselben verweigerten. Mitten in seinem römischen Arbeitsaufenthalt hat Kehr eine achtwöchige Einberufung in das 4. Thüringische Infanterieregiment erhalten, weswegen er Gustav Schmidt um Vermittlung bittet, um nicht eingezogen zu werden, ebd. (Dokument vom 18. November 1885). Offenbar scheint dies auch in Kehrs Sinne entschieden worden zu sein, da er nicht eingezogen wurde. 49  In seinem zweiten Bericht teilt er mit, dass er die Supplikenregister des Kontingents von Gustav Schmidt bereits bearbeitet und an ihn weitergeleitet hat (diese betreffen den Pontifikat Clemens’ VI. und sind publiziert in Päbstliche Urkunden und Regesten 1 [wie Anm. 41] 417–441) und dass er bei seinem eigenen Kontingent zu einem frühen Zeitpunkt seines Aufenthaltes die Supplikenregister Innocenz’ VI. gesichtet hat, LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22 (Dokument vom 24. Dezember 1885). In dem von Kehr maßgeblich bearbeiteten zweiten Band – Päbstliche Urkunden und Regesten aus den Jahren 1353–1378 die Gebiete der heutigen Provinz Sachsen und deren Umlande betreffend, ed. Paul Kehr–Gustav Schmidt (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 22, Halle 1889) – sind die Suppliken in die Abfolge der chronologisch wiedergegebenen Regesten eingefügt. 50   LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22 (Dokumente vom 25. Februar und 16. April 1886). Siehe zu Denifle: Heinrich Denifle (1844–1905). Un savant dominicain entre Graz, Rome et Paris. Ein dominikanischer Gelehrter zwischen Graz, Rom und Paris. Akten der internationalen Tagung an der Académie des 46 47



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er, auch mit Unterstützung von Sickel, zusammen mit ihm die Registerbände der Datarie sichten51.

Neue Ansätze der Erschließung der Papstregister seit der Gründung der Historischen Station im Jahr 1888 Die Anfänge einer systematischen und provinzübergreifenden Erschließung der Quellen des Vatikanischen Archivs hat Dieter Brosius in der Jubiläumsschrift zum 100-jährigen Bestehen des Deutschen Historischen Instituts eingehend beschrieben52. Für die Frühzeit zeichnet er die Entwicklung dieses Erschließungsprojektes nach, das unter dem ersten Direktor Konrad Schottmüller noch einem provinzgeschichtlichen Zugriff folgte, was jedoch früh ins Stocken geriet und unter dem Nachfolger Schottmüllers, Ludwig Quidde († 1941), einen überregionalen, gesamtdeutschen Blick einnahm53. Über den Bearbeitungszeitraum ab dem Jahr 1378 entwickelte sich zwischen dem nunmehrigen Preußischen Institut und der Görres-Gesellschaft, die ebenfalls im Jahr 1888 eine „Römische Station“ gründete, und dem Österreichischen Institut eine Konkurrenzsituation – diese drei Institutionen einigten sich auf eine gewisse Verteilung der zu bearbeitenden Pontifikate des Zeitraumes vom Beginn des Schismas 1378 bis zum Jahr 1522. Dass dem Preußischen Institut zunächst die Zeiträume von 1378 bis 1417 und dann der Großpontifikat Eugens IV. (1431–1447) zu diesem Zeitpunkt zufallen sollten, erklärt den zeitlichen Beginn der Arbeiten am sogenannten „Probeband“ im Jahr 143154. Der geografische Zuschnitt wurde nach folgenden Kriterien festgelegt, denen auch die heutige Erfassung weitgehend entspricht. Aufgenommen wurden folgende, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bestehende Gebiete: „1. das deutsche Reich, 2. die russischen Ostseeprovinzen, 3. Österreich diesseits der Leitha, 4. die Schweiz, ausser kleinen zu Mailand und Como gehörigen Strichen, 5. eine Anzahl an Elsass-Lothringen grenzender französischer Gebiete, 6. Luxemburg, 7. Belgien ausser einem kleinen zu Boulogne gehörigen Zipfel, 8. die Niederlande.“55 Mit Blick auf die Randzonen des Bearbeitungsgebietes hält Robert Arnold fest: „Bei den an Belgien grenzenden französischen Theilen von Cambrai und Tournai, wie bei den italienischen und polnischen Grenzgebieten wurde es dem Tacte der einzelnen Mitarbeiter überlassen, wie weit sie in der Aufnahme bezüglicher Urkunden Inscriptions et Belles-Lettres und in der Fondation Simone e Cino Del Duca am 6. und 7. Dezember 2012, hg. von Andreas Sohn–Jacques Verger–Michel Zink (Paris 2015). 51   LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22 (Dokumente vom 24. Dezember 1885). 52 Dieter Brosius, Das Repertorium Germanicum, in: Das Deutsche Historische Institut in Rom 1888– 1988, hg. von Reinhard Elze–Arnold Esch (BDHIR 70, Tübingen 1990) 123–165. 53   Zu den Ansätzen zur Schaffung einer Bearbeiterstelle, wofür zunächst mehrere Provinzialkommissionen gewonnen werden sollten, die dann schließlich durch das Kulturministerium Preußens 1892 eingerichtet wurde, vgl. ebd. 128f. Zu Quidde vgl. Friedensnobelpreis und historische Grundlagenforschung. Ludwig Quidde und die Erschließung der kurialen Registerüberlieferung, hg. von Michael Matheus (BDHIR 124, Berlin–Boston 2012). 54  Brosius, Repertorium Germanicum (wie Anm. 52) 134–136. Die Görres-Gesellschaft nahm schließlich 1904 Abstand von ihren Absichten, die Registerüberlieferung des vatikanischen Archivs systematisch zu erschließen. 55  Repertorium Germanicum I/1. Regesten aus den päpstlichen Archiven zur Geschichte des Deutschen Reichs und seiner Territorien im XIV. und XV. Jahrhundert. Pontificat Eugens IV. (1431–1447), ed. Robert Arnold (Berlin 1897) XIf., hier XII. Hierbei handelt es sich um den in der Forschung in der Regel als „Probeband“ bezeichneten Band dieses Erschließungsunternehmens.

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gehen wollten.“56 Trotz aller Kritik, die dieser Probeband auf sich ziehen sollte, ist seine umfangreiche Einleitung hervorzuheben, die über den Stand hinausreicht, den andere deutschsprachige Erschließungsprojekte erreicht hatten, die zu diesem Zeitpunkt vorlagen57. Jedoch blieb als zentrales Problem die Umsetzbarkeit, die weiteren Pontifikatsjahre Eugens IV. zu veröffentlichen. Robert Arnold geriet zunehmend in Konflikt mit den Forderungen hinsichtlich des Zuschnitts der Regesten, die als eine machbare Lösung eine radikale Textkürzung vorsahen, und wandte sich schließlich von der weiteren Bearbeitung ab. Eine zentrale Rolle spielt dabei ein von Johannes Haller († 1947) verfasstes Gutachten, in dem die Probleme der Erschließung serieller Quellen benannt, vor allem aber Lösungsvorschläge formuliert wurden, die für die weitere Entwicklung des Projektes eine maßgebliche Rolle spielten. Vorgeschlagen wurde nichts anderes als eine Neukonzeption, die auf die chronologische Wiedergabe der einzelnen Suppliken und Bullen verzichtete und dafür das Quellenmaterial nach Personen und Orten ordnete – dies stellt einen Neubeginn dar, auch personeller Art, der durch die endgültige Beilegung der Konkurrenz mit der Görres-Gesellschaft, die sich aus der Bearbeitung der Kanzleiüberlieferung zurückzog, einen noch grundsätzlicheren Charakter haben sollte58. Der neue Bearbeiter, Emil Göller († 1933), setzte nun im Pontifikat des Gegenpapstes Clemens VII. (1378–1394) im Jahr 1378 ein und konnte diesen Band im Jahr 1916 vorlegen. Hervorzuheben ist dabei, dass mit diesem Band das berühmt-berüchtigte Abkürzungssystem Einzug in das Repertorium Germanicum hielt59, was in dieser Form einzigartig war und blieb. Nach dem ersten Band ruhten die Arbeiten für mehrere Jahre. Wichtig ist bei den Bänden II bis IV die Zusammenführung der beiden Indizes und eine damit einhergehende inhaltliche Erweiterung der Regesten; die sogenannte „Petentenvita“ war geboren. Diese Struktur wurde im Wesentlichen beibehalten, wobei die aufgenommenen Inhalte stets einem gewissen Wandel unterlegen waren. Eine Ausweitung der aufgenommenen Inhalte setzt bei den späteren Bänden ein, von denen in chronologischer Reihenfolge 1985 das Repertorium Germanicum VI60, 1989 das Repertorium Germanicum VII61, 56   Ebd. In den seit Emil Göller bearbeiteten Bänden wurden weitere Diözesen herausgenommen, u. a. Tournai und Cambrai, auch mit Blick auf die vom Belgischen Institut geplanten Editionen des vatikanischen Materials, siehe Les sources de l’histoire de la Belgique aux Archives et à la Bibliothèque Vaticanes. État des collections et répertoire bibliographique, hg. von Léon-E. Halkin–Denise van Derveeghde (Bibliothèque de l’Institut Historique Belge de Rome 3, Bruxelles–Rome 1951) 146–194, zu den Suppliken- und Bullenregistern, die in diesem Kontext bearbeitet wurden. 57   So beispielsweise die „Vorrede“ in Acta Pontificum Helvetica 1 (wie Anm. 31) VII–XVI. Im zwei Jahrzehnte später erschienenen ersten Heft der Regesten zur Schweizergeschichte 1 (wie Anm. 33) VII–XXII fällt die Einleitung ausführlicher aus und thematisiert die einzelnen Kurienämter und den sich daraus jeweils ergebenden schriftlichen Niederschlag in der Überlieferung der päpstlichen Kanzlei und Kammer. 58  Dazu Repertorium Germanicum I. Verzeichnis der in den Registern Clemens’ VII. von Avignon vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1378–1494, ed. Emil Göller (Berlin 1916) IX. 59  Eine anschauliche Formulierung bietet Brosius, Repertorium Germanicum (wie Anm. 52) 154: „Sie ist noch immer der bestmögliche Kompromiß zwischen dem Wunsch nach möglichst umfassender Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Registereinträge und dem Zwang zu weitestgehender Komprimierung des Textes.“ Einschränkend hält er zugleich fest, ebd.: „Freilich bringt sie einen Nachteil mit sich, den man nicht gering bewerten darf: Sie ist alles andere als benutzerfreundlich.“ 60  Repertorium Germanicum VI (Nikolaus V. 1447–1455), ed. Josef Friedrich Abert–Walter Deeters (Tübingen 1985). 61  Repertorium Germanicum VII (Calixt III. 1455–1458), ed. Ernst Pitz (Tübingen 1989).



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1993 das Repertorium Germanicum VIII62, 2000 das Repertorium Germanicum IX63, 2004 das Repertorium Germanicum V64 und schließlich 2018 das Repertorium Germanicum X65 erschienen sind. Dadurch wurde der Charakter eines Findbuchs, wie es die ersten vier Bände noch besaßen, hin zu einem Regestenwerk verändert, durch das die Benutzung der Papstregister weitgehend nicht mehr erforderlich ist. Hinsichtlich der auszuwertenden Quellen folgt das Unternehmen der bereits seit Beginn bestehenden Aufnahme der Quellen der päpstlichen Kanzlei- und Kameralüberlieferung66. Für die Benutzbarkeit des Repertorium Germanicum stellen jedoch erst die Register die Grundlage dar, die weit über ein Personen- und Ortsverzeichnis hinausgehen und somit im Vergleich zu den Editionsunternehmen anderer Länder deutlich breiter ausfallen. Sie nehmen mittlerweile den gleichen Umfang wie die Textbände ein. An dieser Stelle sei ein abschließender Blick auf einige Zahlenangaben des bearbeiteten Materials verschiedener Editionsunternehmen geworfen, was momentan nur in Annäherungswerten genannt werden kann. Zunächst sei jedoch an die bereits bekannte Beobachtung erinnert, dass im 13. Jahrhundert die Zahl der im Original überlieferten Litterae über jener der in den Papstregistern enthaltenen Kopien liegt, was sich gegen Ende des 13. bzw. ab dem 14. Jahrhundert umkehrt67. Zudem wächst die Produktivität der päpstlichen Verwaltung deutlich. Das spätmittelalterliche Papsttum hat ab dem 14. Jahrhundert einen weit größeren Ausstoß an Urkunden als während der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, für die von ca. ein bis zwei Urkunden pro Tag auszugehen ist68. Nachweisbare Spitzenwerte liegen aus dem Pontifikat Leos X. vor. In den ersten 30 Monaten seiner Regierung, die Kardinal Hergenröther bis zu seinem Tod 1890 noch bearbeiten konnte, sind 18.070 Briefe ausgestellt worden, was einer Zahl von 20 Stück pro Tag entspricht. Dies sind rund doppelt so viele Litterae, wie es für Johannes XXII. pro Tag ermittelt werden konnte69. Aus den Informationen, die aus den verschiedenen Editionsprojekten abgeleitet werden können bzw. die deren Bearbeiter selbst geben, seien hier nur folgende Fallbeispiele 62   Repertorium Germanicum VIII (Pius II. 1458–1464), ed. Dieter Brosius–Ulrich Scheschkewitz– Karl Borchardt (Tübingen 1993). 63   Repertorium Germanicum IX (Paul II. 1464–1471), ed. Hubert Höing–Heiko Leerhoff–Michael Reimann (Tübingen 2000). 64   Repertorium Germanicum V (Eugen IV. 1431–1447), ed. Hermann Diener–Brigide Schwarz– Christoph Schöner (Tübingen 2004). 65   Repertorium Germanicum X (Sixtus IV. 1471–1484), ed. Ulrich Schwarz et al. (Berlin–Boston 2018). 66   Unberücksichtigt blieb bisher somit die im Jahr 1464 einsetzende Überlieferung der Rota Romana, auf deren Informationswert zuletzt Martin Bertram, Das Repertorium Germanicum und die Akten der Sacra Romana Rota, in: Friedensnobelpreis und historische Grundlagenforschung (wie Anm. 53) 115–189, hingewiesen hat. Zum Archivbestand der Rota siehe Hermann Hoberg, Inventario dell’Archivio della Sacra Romana Rota (sec. XIV–XIX), hg. von Josef Metzler (Collectanea Archivi Vaticani 34, Città del Vaticano 1994), und Enrico Flaiani, Storia dell’Archivio della Rota Romana (Collectanea Archivi Vaticani 100, Città del Vaticano 2016). 67  Auf diesen Punkt weist Bartoloni, Censimento (wie Anm. 18) 10–13; seine Beobachtung wird u. a. bestätigt durch die Arbeit von Asami Kobayashi, Papsturkunden in Lucca (1227–1276). Überlieferung – Analyse – Edition (AfD Beih. 15, Köln–Weimar–Wien 2017), die in der notariellen Überlieferung Luccas zahlreiche päpstliche Litterae nachweisen kann, die in den päpstlichen Registerserien nicht enthalten sind. Zum 14. Jahrhundert siehe u. a. Patrick Zutshi, The Avignon popes and their chancery. Collected essays (MediEVI 30, Firenze 2021). 68   Siehe dazu Andreas Meyer, Fulda und Rom im Spätmittelalter oder Warum in einer Papsturkunde oft nur wenig „Papst“ steckt, in: Das Kloster Fulda und seine Urkunden. Moderne archivische Erschließung und ihre Perspektiven für die historische Forschung, hg. von Sebastian Zwies (Fuldaer Studien 19, Freiburg i. Br. 2014) 101–118, hier 103. 69  Ebd.

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genannt. Georg Heinrich Pertz spricht von rund 24.000 Briefen, die er für seinen Bearbeitungszeitraum gesichtet hätte, aus denen rund 1.800 Regesten erstellt worden wären70. Gustav Schmidt berichtete für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, dass er rund 150.000 Urkunden durchmustert hätte71. Für das 15. Jahrhundert sei für eine vorläufige Größenordnung des überlieferten Materials die Beobachtung der Bearbeiter des Repertorium Germanicum X angeführt, die für das vierte Pontifikatsjahr Sixtus’ IV. pro Supplikenband rund 600 Suppliken gesichtet haben; mit Blick auf alle 170 Supplikenbände dieses Pontifikats ist von etwas mehr als 100.000 gesichteten Suppliken auszugehen72. Wirft man einen Blick auf die Erträge des Repertorium Germanicum, dann fällt der hohe Wert von ca. 170.000 Quellenbelegen auf, die in die bisher vorliegenden zehn Bände eingeflossen sind73. Jedoch bleibt die tatsächliche Anzahl der aufbereiteten Quellen auch im Vergleich zu jenen Editionsunternehmen anderer Länder, die auch diesen Zeitraum bearbeiten, weitaus höher. Grundlage für diese enorme Fülle und das Arbeitstempo sind dabei der konzeptionelle Rahmen der Regestenaufbereitung und das Abkürzungssystem.

Schluss Nach diesen ersten Eindrücken über die Erschließung der großen Registerserien im Vatikanischen Archiv sei noch einmal der Blick auf Pertz gerichtet. Denn er wies als einer der ersten auf den besonderen Wert der aus dem Spätmittelalter erhaltenen Papstregister hin. Daran anknüpfend wurden die wesentlichen Erschließungsprojekte dieser Papstregister kurz vorgestellt, deren Umsetzbarkeit sich mit der Öffnung des Vatikanischen Archivs grundlegend änderte. Aus unterschiedlichen konzeptionellen Ansätzen und inhaltlichen Motiven ihrer Veröffentlichung entstand ab Ende des 19. Jahrhunderts das Repertorium Germanicum, das sich mittlerweile über 100 Jahre spannt und sich zu einem monumentalen Quellenwerk entwickelt hat, das Grundlagencharakter für die Erforschung des Deutschen Reiches sowie der päpstlichen Kurie und des allgemeinen Kirchensystems im späten 14. und 15. Jahrhundert besitzt. In diesem Prozess, der auch von mehrjährigen Unterbrechungen gekennzeichnet war, entwickelte sich dieses Werk zu einer ganz eigenen Gattung der Quellenerschließung, in der sich die wissenschaftliche Diskussion um eine für die Wissenschaft brauchbare Erschließung widerspiegelt.

70  Pertz, Italiänische Reise (wie Anm. 1) 32 und 352. In die drei Bände der Epistolae saeculi XIII (wie Anm. 7) wurden insgesamt 2.272 Briefe aufgenommen. 71  LASA – Abteilung Magdeburg, C 96 I, II B Nr. 22 (Dokument vom 15. März 1885). 72  Repertorium Germanicum X (wie Anm. 65) XV. 73  Ich danke Dr. Jörg Hörnschemeyer (Rom) für die Hilfe bei der Ermittlung dieser Zahl recht herzlich. Diese Zahl liegt somit unterhalb einer Schätzung von Hermann Diener, Das Repertorium Germanicum. Eine Editions- und Forschungsaufgabe des Deutschen Historischen Instituts in Rom. Jahrbuch der historischen For­ schung in der Bundesrepublik Deutschland 1975 37–42, der für den Zeitraum von 1378 bis 1464 ca. 170.000 bis 180.000 Registereinträge in den entsprechenden Repertorienbänden erwartet hat.

Siglenverzeichnis

AAV Abh. AfD AfK AFP AHP ASRSP ASV AUF BAV BDHIR BEC BEFAR BlldtLG BN CCCM CCSL Cod.

Archivio Apostolico Vaticano (ab 2019, s. auch ASV) Abhandlung(en) (allgemein) Archiv für Diplomatik, Schriftgeschichte, Siegel- und Wappenkunde Archiv für Kulturgeschichte Archivum Fratrum Praedicatorum Archivum Historiae Pontificiae Archivio della Società Romana di Storia Patria Archivio Segreto Vaticano (bis 2019, s. auch AAV) Archiv für Urkundenforschung Biblioteca Apostolica Vaticana Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom Bibliothèque de l’École des chartes Bibliothèque des Écoles françaises d’Athènes et de Rome Blätter für deutsche Landesgeschichte Bibliothèque Nationale Corpus Christianorum. Continuatio mediaevalis Corpus Christianorum. Series Latina Codex Justinianus, ed. Paul Krueger (Corpus Iuris Civilis 2, Berlin 1895) CS Variorum Collected Studies Series DA Deutsches Archiv für Erforschung (bis 1944: Geschichte) des Mittelalters DBI Dizionario Biografico degli Italiani DHGE Dictionnaire d’Histoire et de Géographie Ecclésiastiques Dig. Digesta, ed. Theodor Mommsen (Corpus Iuris Civilis 1, Berlin 1902) FRA Fontes Rerum Austriacarum Friedberg Emil Friedberg, Corpus Iuris Canonici, 2 Bde. (Leipzig 1879) FSI Fonti per la storia d’Italia HJb Historisches Jahrbuch HVjS Historische Vierteljahrschrift Inst. Institutiones, ed. Paul Krueger (Corpus Iuris Civilis 1, Berlin 1902) IÖG Institut für Österreichische Geschichtsforschung Regesta Pontificum Romanorum ab condita ecclesia ad annum post Jaffé3 Christum natum MCXCVIII edidit Philippus Jaffé, editio tertia emendata et aucta (Göttingen 2016–) JEH Journal of Ecclesiastical History JK Philipp Jaffé–Ferdinand Kaltenbrunner, Regesta Pontificum Romanorum (Leipzig 1885)

268 Siglenverzeichnis

JL Philipp Jaffé–Samuel Löwenfeld, Regesta Pontificum Romanorum (Leipzig 1885–1888) JÖB Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik LMA Lexikon des Mittelalters MEFRM Mélanges de l’École Française de Rome. Moyen Age MGH Monumenta Germaniae Historica DD Diplomata EE Epistolae (die weiteren Reihen in verständlichen Kürzungen) MHP Miscellanea Historiae Pontificiae MIC Monumenta Iuris Canonici MIÖG (MÖIG) Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung (1923– 1942: des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung; 1944: des Instituts für Geschichtsforschung und Archivwissenschaft in Wien) NA Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde NDB Neue Deutsche Biographie Nov. Novellae, ed. Rudolf Schoell–Wilhelm Kroll (Corpus Iuris Civilis 3, Berlin 51928) ÖAW Österreichische Akademie der Wissenschaften PL Migne, Patrologia Latina Potthast August Potthast, Regesta Pontificum Romanorum I (Berlin 1874) Pressutti Pietro Pressutti, Regesta Honorii papae III, 2 Bde. (Rom 1888, 1895) QFIAB Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken RBS Rerum Britannicarum Medii Aevi Scriptores (Rolls Series) Reg. Inn. siehe unten Reg. Imp. Regesta Imperii RHE Revue d’Histoire Ecclésiastique RHM Römische Historische Mitteilungen RSCI Rivista di Storia della Chiesa in Italia SB Sitzungsberichte (allgemein) StT Studi e Testi Theiner August Theiner, Vetera Monumenta Slavorum Meridionalium historiam illustrantia, 2 Bde. (Rom–Zagreb 1863–1875) Urbs et Orbis Innocenzo III. Urbs et Orbis. Atti del congresso internazionale, Roma 1989, hg. von Andrea Sommerlechner (Nuovi studi storici 55 = Miscellanea della Società Romana di Storia patria 44, Roma (2003) VIÖG Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung VuF Vorträge und Forschungen ZRG Kan. Abt. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abtei­ lung Die Register Innocenz’ III. 1. Band. 1. Pontifikatsjahr, 1198/99: Texte, bearb. von Othmar Hageneder–Anton Haidacher (Publikationen der Abteilung für historische

Siglenverzeichnis 269

Studien des österreichischen Kulturinstituts in Rom II/I/1: Texte, Graz–Köln 1964); Indices, bearbeitet von Alfred A. Strnad (Publikationen des österreichischen Kulturinstituts in Rom II/I/1: Indices, Graz–Wien–Köln 1968). Die Register Innocenz’ III. 2. Band. 2. Pontifikatsjahr, 1199/1200: Texte, bearbeitet von Othmar Hageneder–Werner Maleczek–Alfred A. Strnad (Publikationen des österreichischen Kulturinstituts in Rom II/I/2: Texte, Rom–Wien 1979); Indices, bearb. von Karl Rudolf et al. (Publikationen des Historischen Instituts beim österreichischen Kulturinstitut in Rom II/I/2: Indices, Rom–Wien 1983). Die Register Innocenz’ III., 3. Pontifikatsjahr, 1200/1201. Erster Teil: Das erhaltene Regis­terfragment, bearb. von Werner Maleczek (Publikationen des Österreichischen Historischen Instituts in Rom II/1/3/1, Wien 2023). Die Register Innocenz’ III. 5. Band. 5. Pontifikatsjahr, 1202/1203: Texte, bearb. von Othmar Hageneder unter Mitarbeit von Christoph Egger–Karl Rudolf–Andrea Sommerlechner (Publikationen des Historischen Instituts beim österreichischen Kulturinstitut in Rom II/I/5: Texte, Wien 1993); Indices, bearb. von Andrea Sommerlechner gem. Christoph Egger–Herwig Weigl (Publikationen ... II/I/5: Indices, Wien 1994). Die Register Innocenz’ III., 6. Pontifikatsjahr, 1203/1204. Texte und Indices, bearb. von Othmar Hageneder–John C. Moore–Andrea Sommerlechner gem. Christoph Egger–Herwig Weigl (Publikationen ... II/I/6, Wien 1995). Die Register Innocenz’ III., 7. Pontifikatsjahr, 1204/1205. Texte und Indices. Unter der Leitung von Othmar Hageneder bearb. von Andrea Sommerlechner–Herwig Weigl gem. Christoph Egger–Rainer Murauer (Publikationen ... II/I/7, Wien 1997). Die Register Innocenz’ III., 8. Pontifikatsjahr, 1205/1206. Texte und Indices, bearb. von Othmar Hageneder–Andrea Sommerlechner gem. Christoph Egger–Rainer Murauer–Herwig Weigl (Publikationen ... II/I/8, Wien 2001). Die Register Innocenz’ III., 9. Pontifikatsjahr, 1206/07: Texte und Indices, bearb. von Andrea Sommerlechner gem. Othmar Hageneder–Christoph Egger–Rainer Murauer–Herwig Weigl (Publikationen des Historischen Instituts beim Österreichischen Kulturforum in Rom II/1/9, Wien 2004). (open access) Die Register Innocenz’ III., 10. Pontifikatsjahr, 1207/1208: Texte und Indices, bearb. von Rainer Murauer–Andrea Sommerlechner gem. Othmar Hageneder–Christoph Egger–Reinhard Selinger–Herwig Weigl (Publikationen ... II/1/10, Wien 2007). Die Register Innocenz’ III., 11. Pontifikatsjahr, 1208/1209: Texte und Indices, bearb. von Othmar Hageneder–Andrea Sommerlechner gem. Christoph Egger–Rainer Murauer–Reinhard Selinger–Herwig Weigl (Publikationen ... II/1/11, Wien 2010).

270 Siglenverzeichnis

Die Register Innocenz’ III., 12. Pontifikatsjahr, 1209/1210: Texte und Indices, bearb. von Andrea Sommerlechner–Othmar Hageneder gem. Christoph Egger–Rainer Murauer–Reinhard Selinger–Herwig Weigl (Publikationen ... II/1/12, Wien 2012). Die Register Innocenz’ III., 13. Pontifikatsjahr, 1210/1211: Texte und Indices, bearb. von Andrea Sommerlechner–Herwig Weigl gem. Othmar Hageneder–Rainer Murauer–Reinhard Selinger (Publikationen ... II/1/13, Wien 2015). (open access) Die Register Innocenz’ III., 14. Pontifikatsjahr, 1211/1212: Texte und Indices, bearb. von Andrea Sommerlechner gem. Othmar Hageneder–Till Hötzel–Rainer Murauer– Reinhard Selinger–Herwig Weigl (Publikationen des Österreichischen Historischen Instituts in Rom II/1/14, Wien 2018). (open access) Die Register Innocenz’ III., 15. Pontifikatsjahr, 1212/1213: Texte und Indices, bearb. von Andrea Sommerlechner gem. Christoph Egger–Othmar Hageneder–Rainer Murauer–Martin Schaller–Herwig Weigl (Publikationen ... II/1/15, Wien 2022). (open access) Die Register Innocenz’ III., 16. Pontifikatsjahr, 1213/1214: Texte und Indices, bearb. von Andrea Sommerlechner gem. Christoph Egger–Othmar Hageneder (†)–Rainer Murauer–Herwig Weigl (Publikationen ... II/1/16, in Vorbereitung).

Beitragende Dott.ssa Serena Ammirati Università Roma Tre, Dipartimento di Studi Umanistici Via Ostiense 234 00154 Roma [email protected] em. Prof. Dr. David D’Avray Jesus College, Oxford University Turl Street OX1 3 DW d.d’[email protected] Prof. Dr. Anne Duggan History Department, King’s College London, UCL Strand WC2R 2LS London [email protected] Dr. Christoph Egger Institut für Österreichische Geschichtsforschung / Inst. f. Geschichte, Universität Wien Universitätsring 1 1010 Wien [email protected] Prof. Dr. Andreas Fischer Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte, Friedrich-Alexander-Universität ErlangenNürnberg Kochstr. 4 91054 Erlangen [email protected] PD Dr. Andreas Gottsmann Historisches Institut beim Österreichischen Kulturforum in Rom / Istituto storico aus­ triaco a Roma 113 Viale Bruno Buozzi 00197 Roma [email protected]

272 Beitragende

Prof. Dr. Lotte Kéry Historisches Seminar, Mittelalterliche Geschichte Jakob-Welder-Weg 18 55128 Mainz [email protected] Prof. Dr. Marco Maiorino Archivio Apostolico Vaticano Cortile del Belvedere 00120 Città del Vaticano [email protected] Prof. Dr. Paolo Merialdo Università Roma Tre, Dipartimento di Ingegneria Via della Vasca Navale, 79 00146 Roma [email protected] Dr. Rainer Murauer Historisches Institut beim Österreichischen Kulturforum in Rom / Istituto storico aus­ triaco a Roma 113 Viale Bruno Buozzi 00197 Roma [email protected] Prof. Dr. Christopher Schabel Department of History and Archaeology, University of Cyprus 75, Kallipoleos Ave. 1678 Nicosia [email protected] ao.Prof. Dr. Stefan Schima Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht, Universität Wien Schenkenstraße 8–10 1010 Wien [email protected] Prof. Dr. Damian Smith Saint Louis University Adorjan Hall, 3800 Lindell Blvd., 139 MO 63108 Saint Louis [email protected] Dr. Thomas Smith Rugby School CV22 5EL Rugby [email protected]

Beitragende 273

Univ.Doz. Dr. Andrea Sommerlechner Institut für Österreichische Geschichtsforschung, Universität Wien Universitätsring 1 1010 Wien [email protected] Prof. Dr. Kristjan Toomaspoeg Dipartimento di Storia, Società e Studi sull’uomo Ex Monastero degli Olivetani - Viale San Nicola 73100 Lecce [email protected] Univ.Prof. Dr. Georg Vogeler Zentrum für Informationsmodellierung – Austrian Centre for Digital Humanities Universität Graz Elisabethstraße 59/III 8010 Graz [email protected] Dr. Jörg Voigt Niedersächsische Landesarchiv – Abteilung Hannover Am Archiv 1 30169 Hannover [email protected] Dr. Patrick Zutshi Corpus Christi College Trumpington Street Cambridge CB2 1RH [email protected]