Initial Coin Offerings: Ökonomisch effiziente Regulierung kapitalmarktrechtlich und steuerrechtlich bedingter Aspekte von Marktversagen [1 ed.] 9783428580231, 9783428180233

Initial Coin Offerings (ICO) stellen eine innovative Methode der Unternehmensfinanzierung dar, die auf der Blockchain-Te

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Initial Coin Offerings: Ökonomisch effiziente Regulierung kapitalmarktrechtlich und steuerrechtlich bedingter Aspekte von Marktversagen [1 ed.]
 9783428580231, 9783428180233

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 164

Initial Coin Offerings Ökonomisch effiziente Regulierung kapitalmarktrechtlich und steuerrechtlich bedingter Aspekte von Marktversagen

Von

Nicolai Wolf

Duncker & Humblot · Berlin

NICOLAI WOLF

Initial Coin Offerings

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 164

Initial Coin Offerings Ökonomisch effiziente Regulierung kapitalmarktrechtlich und steuerrechtlich bedingter Aspekte von Marktversagen

Von

Nicolai Wolf

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten © 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-18023-3 (Print) ISBN 978-3-428-58023-1 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Wintersemester 2019/2020 als Dissertation angenommen. Das zivilrechtliche Kolloquium fand am 13. Januar 2020 statt. Rechtsprechung und Literatur sind soweit möglich bis Oktober 2019 berücksichtigt worden. Für die umfassende Betreuung meiner Arbeit sowie die reibungslose Zusammenarbeit danke ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Thomas Hoeren. Die stetige Unterstützung und Anleitung sowie die ständige Erreichbarkeit für Fragen und Anregungen jeglicher Art haben diese Arbeit maßgeblich gefördert. Herrn Prof. Dr. Nikolas Guggenberger danke ich vielmals für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Mein besonderer Dank gilt schließlich all jenen Menschen meines privaten Umfelds, die mich stets ermuntert und ermutigt haben und ohne die die Erstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen wäre: meinen Eltern, meinem Bruder, meinen Großeltern, meinen Freunden und meiner Freundin. Potsdam, im Mai 2020

Nicolai Wolf

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung

23

Kapitel 2 Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

28

A. Historische Entwicklungsschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 B. Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 C. Risiken und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 D. Ablauf eines ICOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 I. Unternehmerische Initiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Ankündigung des ICOs an die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 III. Whitepaper, Terms and Conditions, Token Sale Agreements . . . . . . . . . . . . . . . . 37 IV. Coin- bzw. Token-Sale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 V. Token Generating Event . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. „Coins“ und „Tokens“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Technische Erzeugung von Coins bzw. Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Generierung von Coins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Generierung von Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3. Leistungsaustausch durch Smart Contracts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 VI. Möglichkeiten der Investoren im Anschluss an den ICO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Bestimmungsgemäßer Gebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Handel der Tokens auf Kryptobörsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3. Dauerhaftes Halten der Tokens im Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 E. Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. der unterschiedlichen Token-Modelle . . . . . . . . . . . . 48 I. Modell 1: Einsatz als Zahlungsmittel („Currency Tokens“) . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 II. Modell 2: Einsatz zum Erhalt einer künftigen Leistung („Utility Tokens“) . . . . . 49 1. Token als Rabattmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2. Token als Nutzungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Nicht-monetäre Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

8

Inhaltsverzeichnis III. Modell 3: Beteiligung am Unternehmenserfolg („Debt Tokens“) . . . . . . . . . . . . . 52 IV. Modell 4: Ausübung von gesellschafterähnlichen Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 V. Modell 5: Repräsentation tatsächlicher Unternehmensanteile („Equity Tokens“) 54 VI. Mischformen („Hybrid Tokens“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 VII. Ergänzender Hinweis auf die herrschende Meinung im wissenschaftlichen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Kapitel 3 Regulierung zwischen ökonomischer Effizienz und Sozialstaatsprinzip

58

A. Grundbegriffe staatlicher Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 B. Verfassungsrechtlicher Rahmen und Ausgestaltung des Regulierungsrechts . . . . . . . . 61 I. Grundprinzip Marktwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 II. Politische und wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 III. Verfassungsrechtlicher Rahmen des Regulierungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 1. Förderung von Markt und Wettbewerb im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Förderung von Markt und Wettbewerb auf europarechtlicher Ebene . . . . . . . . 68 3. Sozialstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 IV. Wechselwirkungen von juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 C. Die ökonomische Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 I. Grundkonzeption der ökonomischen Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 II. Lehre der Wohlfahrtsökonomik und Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 III. Rolle des Staates nach dem Coase-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 IV. Kritik an der ökonomischen Analyse des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 D. Relevanz der ökonomischen Analyse des Rechts für die Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 I. Prägung des Rechtsrahmens von ICOs durch das Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . 81 II. Ökonomische Analyse im Rahmen der Gesetzgebung unter Beachtung der Regelungsziele des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 1. Funktionsschutzaspekt des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 2. Anlegerschutzaspekt des Kapitalmarktrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Ökonomische Analyse im Rahmen der Auslegung des Kapitalmarktrechts . . . . . 87 IV. Ökonomische Lehre vom Marktversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2. Marktversagen aufgrund von externen Effekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3. Marktversagen aufgrund von Staatsversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

Inhaltsverzeichnis

9

Kapitel 4 Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

93

A. Selbstregulierung des Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 I. Einordnung der Tokens/Coins als übertragbares Wertpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Übertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Equity Tokens einer Aktiengesellschaft (AG, KGaA, SE) . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Vorliegen von rechtlichen Übertragungshindernissen bei Equity Tokens anderer Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) Übertragbarkeit von Equity Tokens mittels einer Treuhand-Gestaltung . . . 105 aa) Equity Tokens an Aktiengesellschaften bei Treuhand-Gestaltung . . . . . 106 bb) Equity Tokens an anderen Gesellschaften bei Treuhand-Gestaltung . . . 108 d) Vorliegen tatsächlicher Übertragungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Handelbarkeit im engeren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Kryptobörsen als Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Enges Verständnis der Handelbarkeit: Notwendigkeit des gutgläubigen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 c) Weites Verständnis der Handelbarkeit: Übertragung durch Abtretung ausreichend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Keine Zahlungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Currency Tokens als Zahlungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Funktion als Zahlungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Möglichkeit des Handels auf Sekundärmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 b) Hybrid Tokens mit Zahlungsmittelfunktion und Investmentfunktion . . . . . 120 5. Funktionale Vergleichbarkeit mit den Regelbeispielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Voraussetzungen der Vergleichbarkeit mit Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Voraussetzungen der Vergleichbarkeit mit Schuldtiteln . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Equity Tokens (Modell 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 d) Gesellschaftsähnliche Tokens (Modell 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 e) Debt Tokens (Modell 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 f) Utility Tokens (Modell 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Bestimmungsgemäßer Gebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Möglichkeit des Handels auf Sekundärmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 cc) Verschiedene Ansätze innerhalb der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 dd) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 g) Hybrid Tokens mit Nutzungs- und Investmentfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . 130 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

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Inhaltsverzeichnis II. Einordnung der Tokens/Coins als Anteil an einem Investmentvermögen . . . . . . . 131 1. Keine operativ tätigen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors . . . . . . . . . . 132 2. Organismus für gemeinsame Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Anlegermehrzahl, Einsammeln von Kapital, festgelegte Anlagestrategie, Anlegernutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4. Denkbare Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 III. Einordnung der Tokens/Coins als Vermögensanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Subsidiarität zur Einordnung als Wertpapier oder Investmentvermögen . . . . . 138 2. Utility Tokens und Hybrid Tokens mit überwiegender Nutzungsfunktion . . . . 139 a) Anteile an einem Treuhandvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) VermAnlG als Teil der Regelungsstruktur des Kapitalmarktrechts . . . . . . . 140 c) Auffangtatbestand der „sonstigen“ Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3. Currency Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 4. Nicht übertragbare Tokens der Modelle 3 – 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 5. Kein Einlagengeschäft i.S.d. KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 IV. Einordnung der Tokens/Coins als E-Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 V. Einordnung der Tokens/Coins als Rechnungseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Überprüfung der Position der BaFin hinsichtlich Kryptowährungen . . . . . . . . 149 2. Urteil des KG Berlin vom 25. September 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 3. Anwendbarkeit dieser Überlegungen auf die Token-Modelle bei ICOs . . . . . . 151 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 I. Ökonomischer Hintergrund von Erlaubnispflichten und Selbstregulierung . . . . . 153 II. Erlaubnisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Geschäftstätigkeit im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 a) Erfordernis einer inländischen physischen Präsenz des Emittenten . . . . . . . 157 b) Europäischer Pass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Gewerbsmäßigkeit, kaufmännischer Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3. Erbringen von Bankgeschäften/Finanzdienstleistungen oder Vornahme von Eigengeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 a) Keine Vergleichbarkeit zu den einschlägigen Erlaubnistatbeständen bei einem IPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Kein Vorliegen einer Intermediärskonstellation bei ICOs . . . . . . . . . . . . . . 162 c) Tokens als Anlageverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 d) Eigengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

Inhaltsverzeichnis

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III. Erlaubnisvorbehalt nach § 20 Abs. 1 KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Verhältnis zum Erlaubnisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 KWG . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Kapitalverwaltungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Unternehmenseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Sitz und Hauptverwaltung im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 c) Geschäftsbetrieb als Verwaltung eines Investmentvermögens . . . . . . . . . . . 172 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 IV. Erlaubnisvorbehalt nach § 10 Abs. 1 ZAG/§ 11 Abs. 1 ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . 173 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 D. Bestehen einer Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. Ökonomischer Hintergrund von Prospektpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 II. Prospektpflicht nach Art. 3 Prospekt-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Tokens als Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 2. Prospektpflicht auslösende Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) ICO als öffentliches Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Kryptobörsen de lege lata nicht als geregelter Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 3. Räumlicher Anwendungsbereich der Prospekt-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 4. Ausnahmevorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Ausnahme von Kleinstemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Zwingende angebotsbezogene Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 c) Optionale angebotsbezogene Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 5. Der zu erstellende Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Keine Einschlägigkeit der Erleichterungen für Sekundär- und Daueremittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Emission von Nichtdividendenwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 c) EU-Wachstumsprospekt für KMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 III. Prospektpflicht nach §§ 164 f. KAGB/§§ 268 f. KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 1. Prospektpflicht für offene Publikumsinvestmentvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Prospektpflicht für geschlossene Publikums-AIF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Vorliegen eines geschlossenen Publikums-AIF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 b) Emittent als Adressat der Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 c) Verhältnis zur Prospektpflicht nach Art. 3 Prospekt-VO . . . . . . . . . . . . . . . 192 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 IV. Prospektpflicht nach § 6 Abs. 1 VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

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Inhaltsverzeichnis

E. Informationsasymmetrien trotz anwendbarer Erlaubnis- und Prospektpflichten . . . . . 194 I. Fehlende Durchsetzung des geltenden Rechtsrahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 II. Prospektinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Inhaltliche Vorgaben für Wertpapierprospekte nach der Prospekt-DVO . . . . . 197 a) EU-Wachstumsprospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 b) Regulärer Prospektinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Fehlkonzeptionen im Hinblick auf ICOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 3. Eingeschränkte Prüfungskompetenz der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 III. Effizienzschädigende Einzelfallentscheidungen bei Utility Tokens und Hybrid Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 IV. Unanwendbarkeit des Bank- und Kapitalmarktrechts bei Currency Tokens . . . . . 205 V. Fehlende Intermediäre auf dem ICO-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Kapitel 5 Marktversagen aufgrund von externen Effekten und Staatsversagen

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A. Positive externe Effekte verbunden mit dem Kapitalmarkt und ICOs . . . . . . . . . . . . . 209 B. Staatsversagen aufgrund des deutschen Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 I. Allokationseffizienz des Kapitalmarkts durch das Konzept der Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 II. Keine steuerrechtliche Förderung von ICOs zur Förderung von Innovationen . . . 214 III. Methodik zur Feststellung von (fehlender) Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 215 1. Ertragsteuerliche Implikationen der Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Umsatzsteuerliche Implikationen der Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . 216 C. Bestimmung des steuergesetzlichen Rahmens für ICO-Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. Maßgeblichkeit der Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 II. Bilanzierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 III. Umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 IV. Bedeutung für die folgenden Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu gesetzlichen Zahlungsmitteln . . 223 I. Ökonomische Funktionen des Geldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Funktion als Tauschmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 2. Funktion als Recheneinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 3. Funktion als Wertspeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 4. Juristische Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Inhaltsverzeichnis

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II. Bilanzielle Behandlung von Currency Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 1. Currency Tokens als Vermögensgegenstand/Wirtschaftsgut . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Verkehrsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 b) Individuelle Bewertbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 2. Ausweis der Stelle nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 a) Keine Einordnung als materielle oder finanzielle Wirtschaftsgüter . . . . . . . 232 b) Einordnung als immaterielles Wirtschaftsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 3. Aktivierungsverbot für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

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a) Abgrenzung von Herstellung und entgeltlichem Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . 235 b) Zugehörigkeit der Tokens zum Anlage- oder Umlaufvermögen . . . . . . . . . 236 4. Ansatz der Höhe nach (Zugangsbewertung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 a) Bewertung der im Rahmen des Token Generating Events selbst erschaffenen Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 b) Bewertung der im Rahmen des Token Sales erhaltenen Kryptowährungen 241 aa) Bereits erfolgtes Listing der emittierten Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 bb) Kein Listing der emittierten Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 5. Ansatz mit dem Teilwert (Folgebewertung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Bestimmung des Teilwerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 b) Voraussetzungen des Ansatzes mit dem Teilwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 6. Benachteiligungen im Verhältnis zu gesetzlichen Zahlungsmitteln . . . . . . . . . 247 III. Realisationstatbestände bezüglich Currency Tokens im Rahmen von ICOs . . . . . 249 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 I. Ermittlung des steuerbaren Einkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 1. Bilanzierungsverbot für erhaltene Anzahlung im Rahmen eines schwebenden Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Rechtsbeziehung zwischen Emittent und Anlegern bei Emission von Utility Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Zwei Willenserklärungen des Investors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 2. Korrespondierende Passivierung eines negativen Wirtschaftsguts . . . . . . . . . . 259 a) Verbindlichkeiten und Rückstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 b) Passivierung einer Verbindlichkeit: „gewisse“ Leistungsverpflichtung . . . . 262 c) Passivierung einer Rückstellung: „ungewisse“ Leistungsverpflichtung . . . . 264 d) Wirtschaftliche Belastung/Wirtschaftliche Verursachung . . . . . . . . . . . . . . . 266 aa) Wirtschaftliche Belastung bei gewissen Leistungsverpflichtungen . . . . 266 bb) Wirtschaftliche Verursachung bei ungewissen Rückstellungen . . . . . . . 267 (1) Wirtschaftliches Entstehen einer Leistungsverpflichtung . . . . . . . . 268 (2) Rechtliches Entstehen einer Leistungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . 269 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 e) Leistungsverpflichtung des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

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Inhaltsverzeichnis f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Benachteiligung im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden . . . . . . . . . . . 272

F. Debt Tokens: Behandlung als beteiligungsgleiches Genussrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 I. Steuerliche Behandlung von Eigen- und Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 II. Debt Tokens als Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 III. Implikationen für die Feststellung von Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . 278 IV. Ausweis als Eigen- oder Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 1. Beteiligung am Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 2. Beteiligung am Liquidationserlös . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 a) Mittelbare Beteiligung an stillen Reserven durch Handel auf Sekundärmärkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 b) Eigenkapitalähnliche Genussrechte ohne Beteiligung am Liquidationserlös 283 V. Keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 G. Mitgliedschaftliche Tokens als steuerliche Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 285 I. Gesellschafterähnliche Tokens als stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 1. Keine Einordnung als Genussrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 2. Einordnung als stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 II. Abgrenzung von Fremd- und Eigenkapital als Verletzung der Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Steuerbilanzielle Auswirkungen der verschiedenen Arten einer stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 2. Abgrenzung von typischer und atypischer stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . 292 a) Mitunternehmerinitiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Mitunternehmerrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 aa) Laufende Ergebnisbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 bb) Beteiligung im Falle der Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 c) Ausgleich fehlenden Mitunternehmerrisikos durch besondere Gewichtung der Mitunternehmerinitiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 III. Keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 H. Equity Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 I. Umsatzsteuerbarkeit von ICOs als Verletzung der Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . 297 I. Umsatzsteuerliche Grundsätze bei Kapitalmaßnahmen und ökonomische Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 II. Hingabe von Kapital durch die Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 1. „Hedqvist“-Entscheidung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 2. Umsetzung der „Hedqvist“-Entscheidung durch die deutschen Finanzbehörden 301 3. Keine umsatzsteuerbare Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 III. Ausgabe von Tokens durch die Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 1. Emission von Currency Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303

Inhaltsverzeichnis

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2. Emission von Utility Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 a) Utility Tokens als Gutschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 b) Rechtsfolgen der Einordnung als Gutschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 c) Auswirkungen auf die Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 3. Emission von Debt Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 4. Emission von mitgliedschaftlichen Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 5. Emission von Equity Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 IV. Umtausch der erhaltenen Kryptowährungen in gesetzliche Zahlungsmittel . . . . . 311 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 J. Marktversagen aufgrund des deutschen Steuerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

Kapitel 6 Regulierungsbedürfnis nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

314

A. Regulierungsvorhaben auf nationaler und supranationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . 315 I. Eckpunktepapier für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token vom BMF und BMJV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 II. Nationale Regulierungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 III. EU-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 IV. G20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 B. Maßnahmen hinsichtlich des Abbaus von Informationsasymmetrien . . . . . . . . . . . . . . 321 I. Integration von Currency Tokens in das ZAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 1. Stärkung des Vertrauens in Blockchain-Währungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 2. Effizienzsteigernde Wirkung des Aufsichtsregimes des ZAG . . . . . . . . . . . . . 325 a) Erlaubnisvorbehalt und Rücktauschverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 b) Möglichkeit der systemgetreuen Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 3. Kein Verlust der ökonomischen Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 4. Ergebnis und Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 II. Mehrstufiges Regulierungskonzept für Tokens der Modelle 2 bis 5 und Hybrid Tokens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 1. Stufe 1: Veröffentlichung eines Token-Informationsblattes . . . . . . . . . . . . . . . 331 a) Inhalt und Aufbau des Token-Informationsblattes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 b) Informationen über den Smart Contract . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 aa) Problematik des fehlenden technischen Verständnisses . . . . . . . . . . . . . 333 bb) Lösung: Überprüfung des Smart Contracts durch einen Intermediär . . 335 cc) Ausgestaltung der Überprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 dd) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

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Inhaltsverzeichnis c) Informationen über den Sekundärmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 d) Ökonomische Auswirkungen des Token-Informationsblatts . . . . . . . . . . . . 337 2. Stufe 2: Unterscheidung nach Art des Sekundärmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 a) Anknüpfungspunkt des Publizitätsregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 b) Grundlagen des Publizitätsregimes de lege feranda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 c) Handel auf einem geregelten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 aa) Ökonomische Begründung der Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 bb) Inhaltliche Ausgestaltung des Token-Prospekts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 cc) Verhältnis zu anderen Prospektpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 d) Handel auf einem unregulierten Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 e) Kein strukturierter Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

C. Maßnahmen hinsichtlich der Herstellung von Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . 347 I. Anpassung der bilanziellen Behandlung von virtuellen Währungen . . . . . . . . . . . 348 1. Bilanzielle Folgen der Einordnung von Currency Tokens als E-Geld . . . . . . . 348 2. Ausgangspunkt Devisenkassamittelkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 3. Anpassung im Sinne der organischen Bilanztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 4. Doppelter Realisationstatbestand bei ICOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 II. Ungeminderte ertragsteuerliche Belastung der Ausgabe von Utility Tokens . . . . 352 1. Kein Ausweis von Rechnungsabgrenzungsposten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 2. Zeitlich befristete, anteilige Steuerbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 3. Auswirkungen auf die Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 D. Abschlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 I. Aufsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 II. Kommentare und Monographien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. AcP AEUV AG AG AGB AIF AIFM-RL AktG AktR AMF AnlegerschutzG Anm. AO AöR Art. Aufl. Az. BaFin BankR BB BBankG BC Bd. BeckRS BeckVerw BewG BFH BFHE BGB BGBl. BilMoG BilR BKR BMF BMJV BörsG BörsZulV BRD

andere Ansicht Absatz Archiv der civilisatorischen Praxis Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Aktiengesellschaft Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Allgemeine Geschäftsbedingungen Alternativer Investmentfonds Richtlinie über die Verwalter Alternativer Investmentfonds (RL 2011/61/ EU) Aktiengesetz Aktienrecht Autorité des marchés financiers (Finanzmarktaufsicht Frankreich) Anlegerschutzgesetze Anmerkung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Auflage Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bankrecht Betriebs-Berater Gesetz über die deutsche Bundesbank Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen & Controlling Band beck-online Rechtsprechung beck-online Verwaltungsanweisungen Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bilanzmodernisierungsgesetz Bilanzrecht Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium für Finanzen Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz Börsengesetz Börsenzulassungs-Verordnung Bundesrepublik Deutschland

18 BR-Drs. BRJ BStBl. BTC BT-Drs. BTLJ Buchst. BVerfG BVerfGE BVerwG bzgl. bzw. Ca. CCZ CF CR CRi CRR DAO DB DK DSRITB DStJG DStR DStZ DV EBA ECFR ecolex ECU E-Geld-RL EL EmissionsG EnWZ ErbStG ESMA EStB EStG EStR etc. ETGE EU EuGH EUV EWR EZB f.

Abkürzungsverzeichnis Bundesrats-Drucksache Bonner Rechtsjournal Bundessteuerblatt Bitcoin Bundestags-Drucksache Berkeley Technology Law Journal Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht bezüglich beziehungsweise circa Corporate Compliance Zeitschrift Corporate Finance Computer & Recht Computer & Recht international Kapitaladäquanzverordnung (VO (EU) Nr. 575/2013) Dezentralized Autonomous Organization Der Betrieb Der Konzern Deutsche Stiftung für Recht und Informatik Tagungsband Herbstakademie Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Die Verwaltung Europäische Bankenaufsichtsbehörde European Company and Financial Law Review ecolex: Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht European Currency Unit E-Geld-Richtlinie (RL 2009/110/EG) Ergänzungslieferung Emissionsgeschäft Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft Erbschaftsteuergesetz European Securities and Markets Authority Ertrag-Steuer-Berater Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrecht et cetera Equity Token Generating Event Europäische Union Europäischer Gerichtshof Vertrag über die Europäische Union Europäischer Wirtschaftsraum Europäische Zentralbank die angegebene Seite und die folgende Seite

Abkürzungsverzeichnis FATF ff. FGO FinMa FinTech FMA Fn. FR FrankKomm FS G20 GbR Geldwäsche-RL GesR GewO GG ggf. GK GmbH GmbH & Co. KG GmbHG GmbHR GPR GRUR GRUR Int Gutschein-RL GWR GZ Hdb HdJ HFR HGB HStR ICO Ifo Inc. InvG InvR IPO IPRax i.R.d. i.R.v. IRZ i.S.d. IStR

19

Financial Action Task Force die angegebene Seite und die folgenden Seiten Finanzgerichtsordnung Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Schweiz) Financial Technologies Finanzmarktaufsicht Liechtenstein Fußnote Finanzrundschau Frankfurter Kommentar Festschrift Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Geldwäsche-Richtlinie (RL 2015/849/EU) Gesellschaftsrecht Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Großkommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union Zeitschrift für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht Zeitschrift für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht – Internationaler Teil Gutschein-Richtlinie zur Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (RL (EU) 2016/1065) Zeitschrift für Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Geschäftszeichen Handbuch Handbuch des Jahresabschlusses Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Handbuch des Staatsrechts Initial Coin Offering ifo Schnelldienst Corporation Investmentgesetze Investmentrecht Initial Public Offering Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrecht im Rahmen des im Rahmen vom Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung im Sinne des Internationales Steuerrecht

20 i.S.v. ITRB i.V.m. IWB IWF IWRZ jurisPR-BKR JuS juveR JZ KAGB Kap. KapitalanlageR KapitalmarktR KapG KG KG KGaA KK KMRK KMU K&R KStG KWG lit. LLP Ls. Ltd. MAR MHdB MiFID I MiFID II MiFID-DVO MMR MTF MüKo MwStR MwStSystRL NJOZ NJW Nr. NStZ NVwZ NWB NZG NZWiSt Öff. ÖffR

Abkürzungsverzeichnis im Sinne von Der IT-Rechtsberater in Verbindung mit NWB Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht Internationaler Währungsfonds Zeitschrift für Internationales Wirtschaftsrecht Juris Praxis-Report – Bank- und Kapitalmarktrecht Juristische Schulung juve Rechtsmarkt Juristen-Zeitung Kapitalanlagegesetzbuch Kapitel Kapitalanlagerecht Kapitalmarktrecht Kapitalgesellschaften Kammergericht (Berlin) Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kölner Kommentar Kapitalmarktrechtskommentar Kleine und mittlere Unternehmen Kommunikation & Recht Körperschaftssteuergesetz Gesetz über das Kreditwesen littera (Buchstabe) Limited Liability Partnership Leitsatz Private Company Limited by Shares Marktmissbrauchsverordnung (VO (EU) Nr. 596/2014) Münchener Handbuch Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente I (RL 2004/39/EG) Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente II (RL 2014/65/EU) Delegierte Verordnung EU 2017/565 Multimedia und Recht Multilaterales Handelssystem Münchener Kommentar Mehrwertsteuerrecht (Zeitschrift) Mehrwertsteuersystemrichtlinie (RL 2006/112/EG) Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NWB Steuer und Wirtschaftsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht Öffentlich/Öffentliche/Öffentliches Öffentliches Recht

Abkürzungsverzeichnis OGAW OGAW-RL

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Organismus zur gemeinsamen Anlage in Wertpapiere Richtlinie über die Organismen zur gemeinsamen Anlage in Wertpapiere (RL 2009/65/EU) OHG Offene Handelsgesellschaft OLG Oberlandesgericht ORDO Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft OTF Organisiertes Handelssystem Prospekt-DVO Ergänzende Verordnung hinsichtlich Aufmachung, Inhalt und Billigung zur Prospekt-VO (Delegierte VO (EU) Nr. 980/2019) Prospekt-RL Prospekt-Richtlinie (RL 2003/71/EG) Prospekt-VO Prospekt-Verordnung (VO (EU) Nr. 1129/2017) Prospekt-VO 2004 Prospekt-Verordnung (VO (EG) Nr. 809/2004) RdF Recht der Finanzinstrumente Ri Recht innovativ RL Richtlinie Rn. Randnotiz RNotZ Rheinische Notar-Zeitschrift RTDF Revue Trimestrielle de Droit Financier S. Seite SachenR Sachenrecht SE Europäische Gesellschaft (Societas Europaea) SEC United States Security and Exchange Commission SE-VO Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft (VO (EG) Nr. 2157/2001) SFC Securities and Futures Commission of Hong Kong s. o. siehe oben sog. sogenannt StaatsR Staatsrecht StB Der Steuerberater Stbg Die Steuerberatung SteuerR Steuerrecht SteuK Steuerrecht kurzgefasst StuB Unternehmenssteuern und Bilanzen StuW Steuer und Wirtschaft StWG Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft s. u. siehe unten SWK Steuer- und Wirtschaftskartei taxlex Fachzeitschrift für Steuerrecht TKG Telekommunikationsgesetz u. und u. a. unter anderem Ubg Die Unternehmensbesteuerung UG Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) UntStR Unternehmenssteuerrecht UrhG Urhebergesetz USt Umsatzsteuer UStAE Umsatzsteueranwendungserlass UStG Umsatzsteuergesetz

22 v. VAT VC VermAnlG VermVerkProspVO vgl. VO Vor VWL VwR WirtschaftsR WM WpDL-RL WPg WpHG WpHR WpPG ZAG ZahlungsverkehrsR ZAP z. B. ZBB ZD ZDAR ZDRL ZEuP ZfgK ZfPW ZGR ZHR ZivilR Zn. ZNER ZRP ZTR ZUM ZUR ZVglRWiss

Abkürzungsverzeichnis vom/von International VAT Monitor (Zeitschrift) Venture Capital Magazin Gesetz über Vermögensanlagen Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung vergleiche Verordnung Vorbemerkungen Volkswirtschaftslehre Verwaltungsrecht Wirtschaftsrecht Wertpapier-Mitteilungen Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie (RL 93/22/EWG) Die Wirtschaftsberatung Gesetz über den Wertpapierhandel Wertpapierhandelsrecht Wertpapierprospektgesetz Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten Zahlungsverkehrsrecht Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Datenschutz Zahlungsdiensteaufsichtsrecht Zahlungsdienstrichtlinie Zeitschrift für das gesamte europäische Privatrecht Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zivilrecht Zeilennummer Zeitschrift für Neues Energierecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Technikrecht Zeitschrift für Urheber und Medienrecht Zeitschrift für Umweltrecht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaften

Kapitel 1

Einleitung Zu Beginn jeder wirtschaftlichen Betätigung stellt sich für die Verantwortlichen die Frage nach der Finanzierung des jeweiligen Vorhabens. Bevor eine solche unternehmerische Betätigung Rendite erwirtschaften kann, benötigen die durchführenden Unternehmen Kapital. Dieses wird dazu eingesetzt, um das betreffende Unternehmen aufzubauen und so weiterzuentwickeln, dass die beabsichtigte Leistung auch erbracht werden kann. Insbesondere wird hierbei Kapital zur Durchführung der Produktion, Bezahlung der Mitarbeiter oder zur Entwicklung neuer Produkte benötigt. Ein solches Bedürfnis besteht grundsätzlich bei Unternehmen aus allen Branchen und in jeder Größe und Organisationsform. Demzufolge ist die Finanzierung eines Unternehmens eine der entscheidenden Aufgaben der Unternehmensführung und eine der maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Weichenstellungen auf dem Weg zum Unternehmenserfolg.1 Wie der gesamte Wirtschaftskreislauf auch, unterliegt der Bereich der Unternehmensfinanzierung dem Wandel in Form der Digitalisierung. Aus diesem Zusammenhang von Finanzierung und Digitalisierung speist sich die vorliegende Arbeit. Sie wird die Regulierung von Initial Coin Offerings behandeln, einer auf der Blockchain-Technologie aufbauenden Möglichkeit der Unternehmens- und Projektfinanzierung. Bisher wurde zu diesem Begriff keine allgemeingültige Definition entwickelt. Sämtliche Definitionsversuche der wissenschaftlichen Literatur fokussieren sich jedoch auf zwei konstituierende Merkmale.2 Erstens seien ICOs dadurch charakterisiert, dass sie auf das Erzielen von Kapital gerichtet sind. Zweitens müsse das Mittel des Kapitalerhalts die Erschaffung von Einheiten einer eigenen Kryptowährung oder eines eigenen Krypto-Tokens und deren Veräußerung an Investoren sein. Auch die BaFin versteht unter dem Begriff ICO insoweit deckungsgleich „eine Methode, mit Hilfe von sog. ,Token‘ Kapital aufzunehmen“.3 1

Vgl. zu betriebswirtschaftlichen Aspekten der Finanzierung Drukarczyk/Lobe, Finanzierung, S. 27 ff.; Olfert, Finanzierung, S. 45 ff.; Perridon/Steiner/Rathgeber, Finanzwirtschaft d. Unternehmung, S. 10 ff. 2 Glatz, in: Breidenbach/Glatz, Legal Tech, Kap. 4.2 Rn. 1 f.; v. Aubel, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.4.; Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil E) Rn. 102; Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 288; Hahn/ Wilkens, ZBB 2019, 10, 10 f.; Hildner/Danzmann, CF 2017, 385, 389; Völkel, ZTR 2017, 103, 103; Zickgraf, AG 2018, 293, 293. 3 BaFin v. 20. 02. 2018, Initial Coin Offerings: Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente, S. 5 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/10506450).

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Kap. 1: Einleitung

Diese Coins bzw. Tokens stellen den Kern der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Thema ICO dar. Sie fungieren in deren Rahmen als Investitionsobjekt und prägen somit die Rechtsbeziehung zwischen dem Emittenten und den Anlegern. Die Anleger erwerben diese Coins bzw. Tokens und gewähren dem initiierenden Unternehmen somit Kapital zur Entwicklung des Geschäftsbetriebs. Im Gegenzug erhalten die Investoren die durch sie repräsentierten Rechte. Ungeklärt ist insoweit zunächst die Rechtsnatur dieser Wertträger. Ebenfalls Gegenstand der rechtlichen Analyse sind die Auswirkungen der technologischen Besonderheiten von ICOs. Denn die Coins bzw. Tokens repräsentieren grundsätzlich bekannte Rechtspositionen, wie etwa Genussrechte, Rabatte und Zinsansprüche, oder fungieren kraft privatrechtlicher Vereinbarung als Zahlungsmittel. Rechtliche Besonderheiten ergeben sich folglich nicht allein aufgrund der repräsentierten Rechte, sondern erst in Zusammenhang mit der zugrundeliegenden Technik. Die bei einem ICO erzeugten Coins bzw. Tokens beruhen auf der BlockchainTechnologie.4 Diese stellt eine neue Möglichkeit dar, Informationen einer Transaktion digitalisiert zu speichern. Die Informationen werden in einen sogenannten „Block“ abgelegt und verschlüsselt. Entscheidend für die Funktionsweise der Blockchain sind hierbei zwei Grundprinzipien. Zum einen werden Informationen nicht gelöscht. Sollen weitere Transaktionen verarbeitet werden, wird der neu erzeugte Block an die bereits bestehenden Blöcke angehängt. Bildlich gesprochen, formen diese eine Kette (sog. „Blockchain“). Zum anderen wird die Blockchain nicht zentral, sondern dezentral über eine Vielzahl von Rechnern, die über das Internet miteinander verbunden sind (sog. „Peer-to-Peer-Netzwerk“), verwaltet. Jeder Nutzer eines Blockchain-Systems speichert die neu hinzugefügten Informationen, indem der Computer die vollständigen Daten der Blockchain herunterlädt, sobald er sich mit dem Netzwerk verbindet. Diese Prinzipien ermöglichen die lückenlose Nachvollziehbarkeit der Zuordnung eines Blocks zu einem Berechtigten, ohne dass hierfür etwa ein vertrauensvoller Dritter als Intermediär erforderlich wäre. Aufgrund dieser Prinzipien wird der Blockchain-Technologie innerhalb der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften das Potential zuerkannt, ganze Abläufe des bisher bekannten Wirtschaftslebens zu revolutionieren und gleichzeitig zu verbessern.5 Denn durch die lückenlose Nachvollziehbarkeit der Transaktionshistorie sollen Transaktionen fälschungssicher abgewickelt und dezentral verwaltet werden können. Durch die soeben angesprochene Entbehrlichkeit von Intermediären sollen Kosten und Ar4 Zur technischen Funktionsweise der Blockchain-Technologie: Jacobs/Lange-Hausstein, ITRB 2017, 10 ff.; Kaulartz, CR 2016, 474 ff.; Knaier/Wolff, BB 2018, 2253, 2254 f.; Schlund/ Pongratz, DStR 2018, 598, 598 f.; Schrey/Thalhofer, NJW 2017, 1431, 1431 f. 5 Zu Potential und Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie: EU-Kommission v. 08. 03. 2018, FinTech-Aktionsplan: Für einen wettbewerbsfähigeren und innovativeren EU-Finanzsektor, S. 14 f. (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://ec.europa.eu/ transparency/regdoc/rep/1/2018/DE/COM-2018 – 109-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF) (im Folgenden: FinTech-Aktionsplan); aus der Literatur Glatz, in: Hartung/Bues/Halbleib, Legal Tech, Rn. 1208 ff.; Balzli, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 6 Rn. 22 ff.; Simmchen, MMR 2017, 162 ff.; Thiele, ZfgK 2017, 580 ff.; Veil, ZHR 2019, 346, 347 f.

Kap. 1: Einleitung

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beitsaufwand eingespart werden. Auch Idealisten setzen große Hoffnungen in die Technologie, da durch sie der Staat und das für die Finanzkrise verantwortliche Bankensystem als vertrauensvolle Intermediäre im Wirtschaftskreislauf ersetzt werden könnten. Mit der Vornahme von ICOs besteht nun ein Anwendungsfall der Blockchain-Technologie im Rahmen der Unternehmensfinanzierung. Der erste Anwendungsfall der Blockchain-Technologie war jedoch die Kryptowährung Bitcoin. Im Zuge der sehr positiven Kursentwicklung des Bitcoins im Jahre 2017 entwickelte sich ein wahrer „Blockchain-Hype“6, in dessen Rahmen auch den ICOs erstmals eine gesteigerte öffentliche Wahrnehmung zuteil wurde. Sowohl kapitalbedürftige Unternehmen als auch Investoren begannen, sich mit der Möglichkeit der Durchführung eines ICOs auseinanderzusetzen. Im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung stand allerdings oftmals die vermeintlich fehlende Regulierung des ICO-Marktes und die generelle Abwesenheit staatlicher Kontrollen und Akteure. Auch über die teilweise enorm hohen Erlöse, welche die Unternehmen und Investoren im Rahmen von ICOs innerhalb kürzester Zeit erzielen konnten, wurde berichtet. Gleichzeitig standen jedoch immer wieder Betrugsfälle und Insolvenzen im Fokus der Berichterstattung.7 Dementsprechend traten Gesetzgeber und nationale Verwaltungsbehörden weltweit in eine Diskussion über die Regulierung der Blockchain und der Kryptoszene ein.8 Auch im Rahmen der wissenschaftlichen Literatur wurde wiederholt ein entsprechender Ruf nach Regulierung deutlich.9 An diesem Punkt knüpfen die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Untersuchungen an. Denn die staatliche Regulierung eines innovativen Wirtschaftsfeldes hat große Bedeutung für dessen weitere Entwicklung und kann sich hierauf sowohl förderlich als auch einschränkend auswirken. Zum Zeitpunkt dieser Arbeit sind ICOs nicht Gegenstand von gesetzlichen Vorschriften, weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene. Das Thema bietet also die perfekte Möglichkeit, sich mit den Grundsätzen positiv wirkender Regulierung auseinanderzusetzen und diese anzuwenden. Maßgeblich ist die Beachtung der verschiedenen, teilweise widerstreitenden Interessen, die im Rahmen der staatlichen Regulierung eines neu aufkommenden Geschäftsmodells zum Tragen kommen. Einerseits haben die praktizierenden Un6 Vgl. Klemm, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 06. 09. 2015, S. 38; Kuhn, in: Süddeutsche Zeitung v. 13. 01. 2015, S. 22. 7 Vgl. Gojdka/Wischmeyer, in: Süddeutsche Zeitung v. 04. 08. 2018, S. 24. 8 BaFin v. 20. 02. 2018, Initial Coin Offerings: Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente, S. 5 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/1 0506450); ESMA v. 13. 11. 2017, ESMA highlights ICO risks for investors and firms (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.esma.europa.eu/press-news/esma-news/esma-high lights-ico-risks-investors-and-firms); FINMA v. 29. 09. 2017, FINMA trifft Abklärungen bei ICOs (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.finma.ch/de/news/2017/09/2017092 9-mm-ico/). 9 Birkholz, VC 2017, Heft 11, 38, 38; Hildner, BKR 2016, 485, 495; Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 489 ff.

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Kap. 1: Einleitung

ternehmen regelmäßig ein Interesse daran, möglichst frei von staatlicher Kontrolle agieren zu können. Hierdurch werden die Innovationskraft und die Gewinnerzielungsmöglichkeiten gefördert; letztendlich wird somit die Volkswirtschaft gestärkt. Andererseits ist es Aufgabe des Staates, den Unternehmen insoweit Einhalt zu gebieten, als Rechte von Verbrauchern, Mitbewerbern oder dem Staat selbst gefährdet werden. Dies gilt insbesondere deshalb, da es sich bei den Investoren nicht zwangsläufig um erfahrene institutionelle Anleger handeln muss. Durch die Möglichkeiten des Internets kommen auch rechtlich nicht beratene Verbraucher als Investoren in Betracht. Es gilt die Interessen dieser Gruppen mit den Rechten der Unternehmen (z. B. Privatautonomie, Eigentumsgarantie) abzuwägen, um hierdurch ein angemessenes und sozialverträgliches Wachstum der Volkswirtschaft zu ermöglich.10 Im Ergebnis profitieren jedoch auch die Wirtschaftsteilnehmer von einer sinnvollen und effektiven staatlichen Regulierung, da hierdurch Rechtssicherheit für die Beteiligten geschaffen werden kann. Dies macht einen Markt generell attraktiver und ermöglicht es den Unternehmen, zusätzliche Kunden bzw. Investoren zu akquirieren.11 Methodisch muss in diesem Zusammenhang geklärt werden, wie diese Interessen auf den Gesetzgebungsprozess einwirken können und sollen. Im Verlauf dieser Arbeit wird hierfür die ökonomische Analyse des Rechts als maßgeblich herangezogen. Hiernach gilt, dass staatliche Regulierung niemals als Selbstzweck zu rechtfertigen ist. Staatliches Eingreifen in einen Markt ist hingegen nur dann indiziert, wenn dieser Markt versagt. Ein solches Marktversagen wird im Folgenden im Rahmen des bank- und kapitalmarktrechtlichen Aufsichtsrechts sowie im Rahmen des Steuerrechts festgestellt. Beide Rechtsgebiete zusammen stellen den für die wirtschaftliche Attraktivität der Finanzierungsmethode ICO maßgeblichen Rechtsrahmen dar. Das Bank- und Kapitalmarktrecht umfasst die Regelungen, welche die staatliche Aufsicht über den Finanzmarkt ausmachen. Dies beinhaltet insbesondere die Überwachung der Tätigkeit von Kreditinstituten und Banken, aber auch die Kontrolle von Unternehmen, die Finanzdienstleistungen erbringen.12 Hierbei werden den handelnden Akteuren verschiedene, konkrete Handlungsverpflichtungen auferlegt und gewisse unternehmerische Tätigkeiten unter Erlaubnisvorbehalt gestellt. Ziel dessen ist es, die Funktionalität des Kapitalmarkts zu steigern. Das Steuerrecht hingegen stellt einen Eingriff in die Abläufe eines Markts dar. Dies gilt insbesondere für den Kapitalmarkt, da diesem hierdurch Liquidität entzogen wird. Dementsprechend ist eine etwaige 10 Bauerfeind, NJOZ 2019, 785, 787 f.; Hildner, BKR 2016, 485, 486; Piska/Völkel, ZTR 2017, 97, 99 f. 11 Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 1 Rn. 102; Kessler, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 2 Rn. 105; Elsner/Pecksen, ifo 22/2017, S. 12 f., Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 11; Piska/Völkel, ZTR 2017, 97, 100. 12 Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 1 Rn. 110 ff.; Schelm, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 2.21 ff.; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 125 Rn. 1.

Kap. 1: Einleitung

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steuerliche Belastung stets (mit)entscheidend für die wirtschaftliche Attraktivität eines derartigen Geschäftsmodells. In Bezug auf Finanzierungsmethoden ist zu berücksichtigen, dass der Staat nach der grundsätzlichen Konzeption des Steuerrechts nicht berechtigt und befähigt ist, über die Qualität einer Investition zu urteilen. Es gilt der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit.13 Der Staat hat dafür zu sorgen, dass die Wahl eines Finanzierungsmodells nicht ungerechtfertigterweise durch das Steuerrecht sanktioniert und damit im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden benachteiligt wird. Das Ziel dieser Arbeit ist also die Feststellung, ob Anpassungen des auf ICOs anwendbaren Rechtsrahmens geboten sind und wie diese ausgestaltet sein müssen, um den verschiedenen Aspekten von Marktversagen zu begegnen. Ziel der Regulierung muss es dabei sein, ICOs dauerhaft als effektive und sichere Finanzierungsmöglichkeit zu etablieren. Um dies zu erreichen, soll die vorliegende Arbeit in einem ersten Schritt erläutern, was ein ICO tatsächlich ist und wie ein ICO abläuft. Im Anschluss sollen die theoretischen und methodischen Grundlagen staatlicher Regulierung beschrieben werden. Nur wenn diese befolgt werden, kann die Regulierung gelingen und einen Gewinn für den Wirtschaftsstandort darstellen. Hiernach muss zunächst die Anwendbarkeit bereits bestehender Regelungen auf ICOs überprüft werden. Schließlich soll unter Abwägung der oben angedeuteten Interessen der Beteiligten und unter Berücksichtigung der Grundlagen guter Regulierung ein etwaiges Bedürfnis nach weitergehenden Regelungen definiert werden.

13 Knorr, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 7 Rn. 1; Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 19 Rn. 3; grundlegend Wagner, StuW 1992, 2, 3 ff.

Kapitel 2

Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs Einleitend soll in der gebotenen Kürze auf die historische Entwicklung sowie die hinter ICOs stehenden wirtschaftlichen Überlegungen eingegangen werden. Hierbei sind, gerade in Hinblick auf eine künftige Regulierung der Materie, auch Risiken und Nachteile zu beachten. Weiterhin ist für eine rechtliche Bewertung von ICOs ein genaues Verständnis des tatsächlichen Ablaufs und etwaiger Gestaltungsmöglichkeiten erforderlich.

A. Historische Entwicklungsschritte Ausgangspunkt der Finanzierungsmethode ICO ist die Blockchain-Technologie. Diese wiederum wurde erstmals im November 2008 in einem Konzeptpapier von einem Autoren bzw. einem Autorenkollektiv unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto beschrieben.1 Hierdurch wurde gleichzeitig die erste Anwendungsmöglichkeit der Blockchain-Technologie begründet, die Kryptowährung Bitcoin. Für die Etablierung von ICOs war jedoch ein anderes Blockchain-System maßgebend – die Ethereum-Blockchain. Auch dieses Netzwerk beruht im Grundsatz auf den von Nakamoto vorgestellten Konzepten. Ethereum wurde erstmals im November 2013 von Vitalik Buterin vorgestellt.2 Das Ethereum-Netzwerk erweiterte die durch den Bitcoin präsentierte Blockchain-Technologie um die Möglichkeit, Smart Contracts auf der Blockchain-Plattform zu programmieren.3 Smart Contracts sind auf einer Blockchain implementierte Programme, in welche auf Wenn-dann-Formeln beruhende Inhalte eingespeist werden können, für die es sonst einer menschlichen Interaktion bedurft hätte.4 Die Funktionsweise von Smart 1

Nakamoto, Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://bitcoin.org/bitcoin.pdf). 2 Buterin, Ethereum: The Ultimate Smart Contract and Dezentralized Application Platform (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter http://web.archive.org/web/20131228111141/http:// vbuterin.com/ethereum.html). 3 Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 6; Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 13; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 92; Li/Mann, S. 10; Robinson, S. 22 (Fn. 115). 4 Zur Funktionsweise von Smart Contracts vgl.: Börding/Jülicher/Röttgen/v. Schönfeld, CR 2017, 134, 138 ff., Dorschel/Manz, ZfgK 2017, 553, 553 ff., Jacobs/Lange-Hausstein, ITRB

A. Historische Entwicklungsschritte

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Contracts gleicht entgegen dem Wortlaut nicht zwangsläufig dem allgemeinen rechtlichen Verständnis eines Vertrags. Smart Contracts entsprechen stattdessen eher dem zivilrechtlichen Begriff des Verfügungsgeschäfts, da er das schuldrechtlich zwischen den Parteien Vereinbarte, umgesetzt in Programm-Code, ausführt. Hierbei fällt die dingliche meist mit der schuldrechtlichen Einigung zusammen, da der Leistungsaustausch im Rahmen der Smart Contracts keine weiteren Erklärungshandlungen voraussetzt und stattdessen automatisiert durchgeführt wird. Neben der technischen Bedeutung der Ethereum-Blockchain für die Historie der ICOs ist auch das hinter Ethereum stehende Unternehmen relevant geworden. Die schweizerische Stiftung „Ethereum Foundation“ war nämlich eines der ersten Unternehmen, welches die Entwicklung ihres Netzwerks durch den Verkauf von Tokens finanzierte. Die Ethereum-Foundation veräußerte die Gründungsblöcke der Ethereum-Blockchain im Vorfeld der Aktivierung des Netzwerks gegen eine bestimmte Anzahl an Einheiten der Kryptowährung Bitcoin.5 Hierbei gelang es den Gründern, Bitcoins im Wert von etwa 18 Millionen Dollar einzunehmen.6 Der Ethereum-ICO ist dabei einer der ersten Anwendungsfälle einer Art von ICOs, bei dem das Entwickeln eines eigenen, autonomen Blockchain-Systems mit einer eigenen system-zugehörigen Kryptowährung finanziert werden sollte. Auch der allererste ICO überhaupt, die Emission der Kryptowährung Mastercoin im Juli 2013, war auf die Erschaffung eines eigenen Blockchain-Systems gerichtet.7 Heute stehen demgegenüber ICOs im Mittelpunkt der praktischen und wissenschaftlichen Diskussion, bei denen kein eigenes Blockchain-Netzwerk aufgelegt werden soll. Stattdessen wird ein bestehendes Blockchain-System, in aller Regel Ethereum, genutzt. Das emittierende Unternehmen programmiert in diesen Fällen einen Smart Contract. Dieser bildet die Ausführung einer schuldrechtlichen Vereinbarung ab. Die Ethereum-Blockchain stellt hierfür die technologische Grundlage dar, auf welcher der Smart Contract des konkreten ICOs abläuft.8 Die Tokens, welche das Recht repräsentieren, die durch den Smart Contract ausgeführte Leistung zu erhalten, sind in diesem Fall auch tatsächlich an den konkreten Smart Contract gebunden. Sie sind nicht innerhalb des gesamten EthereumNetzwerks einsetzbar. Ein derartiges Konzept verfolgt auch das erste deutsche 2017, 10, 12 ff., Kaulartz/Heckmann, CR 2016, 618, 619 ff.; Möslein, ZHR 2019, 254 ff.; Weitnauer, BKR 2018, 231, 231 f.; Zetzsche, AG 2019, 1, 4. 5 Vgl. Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 6; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 92. 6 Vgl. Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 6; Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 54; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 92. 7 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.1; Amsden/Schweizer, S. 2; Benedetti/Kostovetsky, S. 9; Fisch, S. 2; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 11. 8 Heckelmann, NJW 2018, 504, 505; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 92; Paulus/ Matzke, ZfPW 2018, 431, 436 f.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

Unternehmen, welches einen ICO durchführte – die Wysker UG, deren ICO von Oktober 2017 bis Februar 2018 lief.9

B. Wirtschaftliche Bedeutung Während die ersten ICOs der Jahre 2013 und 2014 vergleichsweise geringe Erlöse erzielten, entwickelte sich die wirtschaftliche Bedeutung von ICOs in den folgenden Jahren exponentiell.10 Die Anzahl der Unternehmen, welche Kapital im Wege eines ICO aufnehmen wollten, bewegte sich zu Beginn jährlich im einstelligen Bereich. Allerdings wählten bereits im Jahr 2016 mehr als 25 Unternehmen diesen Weg der Finanzierung. Hierbei erzielten sie einen Gesamterlös von mehr als 90 Millionen Dollar. Im Jahre 2017 nahm die wirtschaftliche Bedeutung, insbesondere aufgrund der enorm steigenden Kurse von Kryptowährungen, sprunghaft zu. Von 875 Unternehmen wurde auf diesem Wege mehr als sechs Milliarden Dollar Kapital eingesammelt. Die wirtschaftliche Entwicklung von ICOs emanzipierte sich im weiteren Verlauf von der Wertentwicklung des Bitcoins. Im Jahr 2018 stieg die Höhe des durch ICOs erlösten Kapitals trotz des Abflauens der Kursentwicklung von virtuellen Währungen erneut – nun auf deutlich über sieben Milliarden Dollar. Der zum Zeitpunkt dieser Arbeit erfolgreichste ICO wurde im Verlauf des Jahres 2017 von dem Unternehmen block.one durchgeführt und verschaffte dem Emittenten mehr als vier Milliarden Dollar Kapital.11 Die Aussagekraft und Vergleichbarkeit dieser Zahlen muss jedoch differenziert betrachtet werden, denn deren Höhe kann je nach Veranlagung und Umrechnungskurs stark variieren. So unterscheiden sich die Zahlungsmöglichkeiten der Investoren von Emission zu Emission. Während manche Unternehmen ausschließlich eine Zahlung in gesetzlich anerkannten Währungen zulassen, gewähren andere Emittenten zusätzlich die Möglichkeit, das Investment in bereits etablierten Kryptowährungen zu tätigen.12 Einige ICOs bieten auch ausschließlich die letztgenannte Option an. Da der Umtauschkurs dieser Kryptowährungen in gesetzliche Zahlungsmittel wiederum extremen Schwankungen unterliegt13, ist eine genaue Bezifferung des erlösten Kapitals pro ICO schwierig vorzunehmen.

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https://www.chain.de/blockchain-startups/wysker/ (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019). Statistiken der Jahre 2014 bis 2018: https://www.icodata.io/stats/ (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019). 11 https://www.tokendata.io/ (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019). 12 Blemus, RTDF 2017 Nr. 4, 1, 5; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 13 Vgl. Nestler, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 03. 01. 2018, S. 25; Dörner, in: Handelsblatt v. 18. 12. 2017, S. 6; Gschwendter/Rexer, in: Süddeutsche Zeitung v. 10. 01. 2018, S. 15. 10

B. Wirtschaftliche Bedeutung

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Zusammenfassend lässt sich dennoch eine stark zunehmende wirtschaftliche Bedeutung der ICOs im Rahmen der Unternehmensfinanzierung feststellen. Im Verhältnis zur Gesamtheit von Venture Capital-Finanzierungsmöglichkeiten beträgt das Gesamtvolumen des explizit durch ICOs erlösten Kapitals jedoch nach wie vor nur einen Bruchteil des Gesamterlöses. So betrug das Gesamtvolumen der Venture Capital Investitionen alleine in den USA im Jahre 2016 mehr als 62 Milliarden Dollar.14 Dennoch lässt sich feststellen, dass ICOs gerade im zukunftsträchtigen Bereich der Blockchain-Unternehmen und anderer junger Technik-Unternehmen eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung erlangt haben.15 Neben der steigenden wirtschaftlichen Relevanz lässt sich auch eine Entwicklung bezüglich derjenigen Unternehmen feststellen, die sich für einen ICO entschließen. Zunächst war das Mittel ICO jungen Unternehmen, regelmäßig Start-Ups, vorbehalten, die ohnehin im Rahmen der Blockchain-Technologie operierten oder zumindest technikaffine Produkte vertrieben. Heute hingegen nehmen auch solche Unternehmen ICOs vor, die bereits auf dem Markt etabliert sind und unter Umständen keine unmittelbare Beziehung zur Blockchain-Technologie haben. Dies kann zum einen auf eine bloße Projektfinanzierung gerichtet sein, z. B. um ein besonderes Produkt für eine geringe Anzahl von Liebhabern zu produzieren, zum anderen aber auch auf eine klassische Unternehmensfinanzierung. So entschied sich etwa die Telegram Messenger LLP, Anbieter einer bereits weit verbreiteten Telekommunikations-App, Anfang des Jahres 2018 dazu, einen ICO durchzuführen.16 Auch die Kodak Inc. war eines der ersten etablierten Unternehmen, die die Durchführung eines ICOs ankündigten.17 Hinzugefügt werden muss jedoch, dass die Emission des zuletzt genannten Unternehmens das tatsächliche Durchführungsstadium bisher nicht erreichen konnte.18 Weltweite Aufmerksamkeit wurde im Juni 2019 auf das Thema Kryptowährungen gelenkt. Die Facebook Inc. kündigte an, eine eigene Kryptowährung („Libra“) etablieren zu wollen.19 Die Rezeption dieser Ankündigung kann als durchwachsen bezeichnet werden. Aufgrund der Größe und Marktmacht von Facebook könnte diese Kryptowährung die gesamte Kryptoszene stärken oder aber das weltweite Finanz-

14 Statista, Volumen der Venture Capital-Investitionen in den USA von 1995 bis 2016 (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/217698/um frage/volumen-der-venture-capital-investitionen-in-den-usa-seit-1995/). 15 Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 3; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 90; Koch, ZBB 2018, 359, 361; Reiter/Nolte, BB 2018, 1179, 1184; Spindler, WM 2018, 2109, 2109. 16 https://www.bloomberg.com/news/articles/2018 - 01 - 18/biggest-ico-ever-is-said-togrow-as-telegram-targets-2-billion (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019). 17 Heeg/Finsterbusch/Nestler, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11. 01. 2018, S. 23. 18 Amsden/Schweizer, S. 25 (Fn. 31); Rhue, S. 7. 19 Vgl. Libra Association, Whitepaper: Einführung in Libra (zuletzt abgerufen am 05. 07. 2019 unter https://libra.org/de-DE/white-paper/#how-to-get-involved).

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

system bedrohen.20 Details zu den Plänen von Facebook, insbesondere dazu, ob ein ICO stattfinden soll, wurden jedoch noch nicht veröffentlicht.

C. Risiken und Kritik Je häufiger ICOs stattfanden und in den Fokus der öffentlichen Berichterstattung rückten, desto größer wurde auch die rechtspolitische Kritik an ihnen. Insbesondere Aufsichtsbehörden weltweit haben sich kritisch zu ICOs geäußert. So gaben sowohl die deutsche BaFin als auch die amerikanische SEC Ende des Jahres 2017 ausdrückliche Verbraucherwarnungen heraus.21 Beide Behörden warnten vor dem extrem hohen Risiko der Investoren, einen Totalverlust ihrer Investitionen zu erleiden, sowie vor der herrschenden Rechtsunsicherheit. Die SEC hat darüber hinaus bestimmte ICOs aufgrund einer Einzelfallentscheidung endgültig untersagt.22 Insbesondere im asiatischen Raum werden ICOs von den dort agierenden Aufsichtsbehörden restriktiv behandelt. China und Südkorea untersagten die Durchführung von ICOs komplett,23 während die Aufsichtsbehörde des Finanzmarktes Hongkong (SFC) ebenfalls eine ausdrückliche Verbraucherwarnung aussprach. Die SFC geht insbesondere von der Anwendbarkeit der Regelungen des Finanzmarktrechts Hongkongs auf ICOs aus.24 Auch die ESMA hat sich zur Materie geäußert und einen ausführlichen Katalog von Risiken im Zusammenhang mit ICOs aufgestellt.25 Hierbei nennt die Behörde die hohe Betrugsanfälligkeit, das Risiko eines Totalverlusts, die hohen Preisschwankungen, die vorherrschenden Informationsasymmetrien und technische Probleme als Hauptrisiken. Bei ihrer Zusammenstellung greift die ESMA die Argumentationen anderer wissenschaftlicher Autoren auf. Diese Kritiker sehen vor allem das extrem frühe 20 ZEIT-Online v. 28. 06. 2019, Die drängendsten Fragen zur digitalen Facebook-Währung Libra (zuletzt abgerufen am 05. 07. 2019 unter https://www.zeit.de/news/2019 - 06/28/die-draen gendsten-fragen-zur-digitalen-facebook-waehrung-libra-190628 - 99 - 838576). 21 BaFin v. 09. 11. 2017, Verbraucherwarnung: Risiken von Initial Coin Offerings (ICOs) (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/10181964); SEC v. 11. 12. 2017, Statement on Cryptocurrencies and Initial Coin Offerings (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.sec.gov/news/public-statement/statement-clayton-2017 - 12 - 11). 22 Vgl. Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 9; Maume/Fromberger, S. 12 (Fn. 61 f.); Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 26. 23 Balzli, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 6 Rn. 47; Hacker/ Thomale, S. 6; Veil, ZHR 2019, 346, 364; Weitnauer, BKR 2018, 231, 232; Zickgraf, AG 2018, 293, 297. 24 SFC v. 05. 09. 2017, Statement on Initial Coin Offerings (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.sfc.hk/web/EN/news-and-announcements/policy-statements-and-an nouncements/statement-on-initial-coin-offerings.html). 25 ESMA v. 13. 11. 2017, ESMA alerts investors to the high risks of Initial Coin Offerings (ICOs) (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/ library/esma50 - 157 - 829_ico_statement_investors.pdf).

C. Risiken und Kritik

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Stadium innerhalb des Gründungs- bzw. Entwicklungsprozesses des Unternehmens, in welchem ICOs stattfinden, als problematisch an.26 Initiatoren haben oftmals außer einem Whitepaper, in welchem sie Angaben zum Unternehmen und der emittierten Coins bzw. Tokens machen, nichts vorzuweisen anhand dessen Investoren ihr Investment bewerten können. Dass Unternehmen zum Zeitpunkt ihres ICOs bereits einen funktionsfähigen Prototyp des späteren Produkts, geschweige denn ein fertiges Produkt in Händen halten, ist selten. Hieraus resultiert das hohe Risiko eines Totalverlusts für die Investoren, sollte sich die Unternehmensidee nicht wie gewünscht entwickeln. Weiterhin gelten ein fehlendes technisches Verständnis für die Grundzüge der Blockchain-Technologie sowie das generelle Informationsgefälle zwischen Initiatoren und Anlegern als bedenklich – insbesondere für nicht gewerbliche Investoren, die nicht die Ressourcen oder das nötige Verständnis für den Kapitalmarkt aufweisen, um ihre Investments ausführlich zu prüfen.27 Generell werden auch die Eigenarten der Blockchain-Technologie als Kritikpunkt erachtet. Insbesondere die hiermit einhergehende Nutzung von Smart Contracts wird teilweise kritisiert. Diese beinhalten nämlich aufgrund der fortdauernden Aneinanderreihung von Informationen keinen Mechanismus zum Rückgängigmachen einmal erfolgter Transaktionen.28 Grundsätzlich ist stattdessen nur eine erneute Transaktion denkbar, welche die vorherige Transaktion ungeschehen macht. Diese ist jedoch wiederum davon abhängig, dass sie von beiden Parteien verifiziert wird. Sollten stattdessen Smart Contracts mit Mechanismen zur tatsächlichen Rückgängigmachung programmiert werden, ist dies mit nahezu unüberwindbaren Problemen verbunden. Denn das Programmieren solcher Rückforderungsmechanismen gestaltet sich als hoch komplex, da der jeweilige Programmierer bereits vor dem Anwendungsfall eine unüberschaubare Vielzahl solcher Szenarien vorhersehen müsste.29 Jedoch kann das Rückgängigmachen bestimmter Transaktionen rechtlich erforderlich sein, insbesondere dann, wenn man rückwirkende Gestaltungen, wie z. B. eine Anfechtung, vornehmen muss.30 In diesem Sinne ebenfalls problematisch sind die Schutzmöglichkeiten für Investoren, die im Falle einer nicht absprachegemäßen Nutzung der Investitionen durch die emittierenden Unternehmen häufig keine tatsächlich durchsetzbaren Rechtsschutzmöglichkeiten haben. Aufgrund der umfas26

Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 121; Dobrauz-Saldapenna/Schrackmann, RdF 2019, 20, 25; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1546 f.; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13 (Fn. 47); Spindler, WM 2018, 2109, 2110. 27 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.65 ff.; Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 7; Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 121; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568; Fisch, S. 17; Spindler, WM 2018, 2109, 2110; vgl. auch Mülbert, ZHR 2013, 160, 169. 28 Hildner, BKR 2016, 485, 487; Schrey/Thalhofer, NJW 2017, 1431, 1435; Spindler, ZGR 2018, 17, 48; Zetzsche, AG 2019, 1, 4. 29 Jünemann/Kast, ZfgK 2017, 531, 534; Paulus/Matzke, ZfPW 2018, 431, 454 ff. 30 Jünemann/Kast, ZfgK 2017, 531, 533; Kaulartz, DSRITB 2016, 1023, 1035; Schrey/ Thalhofer, NJW 2017, 1431, 1435 f.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

senden Transparenz der öffentlich einsehbaren Blockchain-Systeme sind auch Fragen des Datenschutzes weiterhin nicht abschließend geklärt.31 Das experimentelle Stadium, in dem sich ICOs nach wie vor befinden, kombiniert mit der bisher ungenügenden Rechtssicherheit sowie der Anonymität der Blockchain-Technologie, haben immer wieder zu Betrugs- und Missbrauchsfällen geführt. Diese haben das Vertrauen in die Sicherheit von Investments im Rahmen eines ICOs untergraben. In diesem Sinne besondere Aufmerksamkeit erlangte das Projekt der DAO.32 Dieses zielte darauf ab, ein Investment-Netzwerk zu erschaffen, bei welchem die Inhaber der Tokens über Investmententscheidungen abstimmen konnten. Durch den mit der Vermarktung des Projekts einhergehenden Hype innerhalb der Kryptoszene konnten die Initiatoren im Rahmen ihres ICOs mehr als 150 Millionen Dollar erlösen.33 Allerdings fiel das Netzwerk einem Hacker-Angriff zum Opfer, bei dem große Teile des eingenommenen Kapitals gestohlen wurden. Als Reaktion hierauf wurde das Projekt beendet und das Ethereum-Netzwerk gespalten (sog. „Fork“).34 Auch auf deutschem Boden kam es innerhalb von kurzer Zeit zu Skandalen rund um das Thema ICO. Hierzu sei insbesondere der ICO der Envion AG zu nennen. Die Envion AG konnte trotz des Erlöses von mehr als 100 Millionen Dollar niemals ihr beabsichtigtes Geschäft aufnehmen und ist nun einer Vielzahl von Schadensersatzklagen ausgesetzt.35

D. Ablauf eines ICOs Der Ablauf eines oft als Vergleichsmaßstab herangezogenen Börsengangs (Initial Public Offering) ist vom deutschen Gesetzgeber, insbesondere im AktG, BörsG, WpHG und WpPG, umfassend vereinheitlicht und reguliert worden, sodass jeder derartige Börsengang einen etablierten und vergleichbaren Prozess durchläuft.36 Im Gegensatz zum klassischen IPO waren ICOs bisher jedoch nicht Gegenstand des

31 Bechtolf/Vogt, ZD 2018, 66, 66; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1368; Zetzsche, AG 2019, 1, 4. 32 Jentzsch, Dezentralized Autonomous Organization to Automate Governance (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter https://download.slock.it/public/DAO/WhitePaper.pdf). 33 Heckelmann, NJW 2018, 504, 509; Mann, NZG 2017, 1014, 1014; Sattler, BB 2018, 2243, 2250; Teichmann, ZfPW 2019, 247, 267; Werbach, BTLJ 2018, 487, 492. 34 Vgl. Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 8; Mann, NZG 2017, 1014, 1016; Sattler, BB 2018, 2243, 2250; Seitz, K&R 2017, 763, 764; Simmchen, MMR 2017, 162, 165; Teichmann, ZfPW 2019, 247, 267 f.; Werbach, BTLJ 2018, 487, 515. 35 Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 72; Read/Gräslund, CF 2018, 313, 315; Veil, ZHR 2019, 346, 347 (Fn. 3). 36 Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil I) Rn. 132 ff.; Wöhe/Bilstein/Ernst/ Häcker, Grundzüge Unternehmensfinanzierung, S. 138 ff.; Langenbucher, AcP 2018, 385, 417.

D. Ablauf eines ICOs

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deutschen bzw. eines ausländischen Gesetzgebungsprozesses.37 Gesetzlich vorgeschriebene Abläufe oder Systematiken existieren nicht. Stattdessen beruht der Ablauf im weitesten Sinne auf den von der Vertragsfreiheit umfassten Vorstellungen der emittierenden Unternehmen und den erlangten Erfahrungen aus vorangegangenen ICOs. Jeder ICO zirkuliert also um einen sich heute immer klarer heraus kristallisierenden Standardverlauf herum, weicht von diesem jedoch durchaus in unterschiedlicher Intensität ab.38 Hiernach lässt sich folgender Ablauf eines ICOs ableiten.

I. Unternehmerische Initiative Zu Beginn eines jeden ICOs steht, wie grundsätzlich bei jedweder unternehmerischen Tätigkeit auch, die Idee des Handelnden. Diese ist darauf gerichtet, eine wirtschaftliche Betätigung, nämlich in Form eines ICOs, vorzunehmen. Aus Sicht des Unternehmers soll dies primär der Kapitalbeschaffung dienen. Es handelt sich um eine Form der Unternehmens- bzw. Projektfinanzierung. Das erlöste Kapital dient also der Unterstützung des Unternehmenswachstums. Häufig wählen Unternehmen die Möglichkeit der Kapitalbeschaffung durch einen ICO, wenn sie sich noch in der Gründungsphase befinden. Somit können anfänglich auftretende Finanzierungsprobleme (sog. „Seed-Finanzierung“ oder „Early-StageGap“) hinsichtlich der Entwicklung des geplanten Produkts überbrückt werden.39 Für Unternehmen gelten ICOs dementsprechend als Alternative zu anderen Formen der Venture Capital-Finanzierung, wie etwa der Inanspruchnahme von sogenannten „Business Angels“ oder der Aufnahme von Krediten bei Geldgebern wie Banken, Versicherungen oder speziellen Venture Capital Fonds.40 Auch wenn das Unternehmen gegebenenfalls noch kein fertiges Produkt besitzt, sondern lediglich ein theoretisches Konzept in Form des Whitepapers vorzuweisen hat, steht ihm die Kapitalgewinnung in Form des ICOs bereits offen. Die Investoren können ein etwaiges Produkt also in aller Regel zum Zeitpunkt des Token Sales noch nicht erwerben. Demgegenüber kann das Unternehmen die finanziellen Mittel bereits zu einem Zeitpunkt nutzen, in welchem es selbst noch nicht zur Erbringung der Leistung, auf welche die Tokens bezogen sind, im Stande ist.41 Die Investoren treten in diesen Fällen somit grundsätzlich in Vorleistung. 37

BaFin v. 15. 11. 2017, „Initial Coin Offerings – Hohe Risiken für Verbraucher“, S. 2 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/10181896). 38 Vgl. zum Ablauf Borkert, ITRB 2018, 39, 43; Kaal/Dell’Erba, S. 5 ff.; Völkel, ZTR 2017, 103, 104 f.; Zickgraf, AG 2018, 293, 294. 39 Koch, ZBB 2018, 359, 361; Read/Gräslund, CF 2018, 313, 314; Waschbusch/Koll/StaubNey/Salfeld, StB 2016, 206, 208; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 32. 40 Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil A) Rn. 5 ff.; Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, Grundzüge Unternehmensfinanzierung, S. 174; Koch, ZBB 2018, 359, 361; Waschbusch/Koll/ Staub-Ney/Salfeld, StB 2016, 206, 208 f. 41 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 7; Kaal/Dell’Erba, S. 15.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

Die Vorteile, welche ICOs hierbei den Unternehmen bieten können, sind vielfältig. Neben der Möglichkeit der Kapitalaufnahme innerhalb der Gründungsphase, besteht im Rahmen eines ICOs ein nahezu unbegrenzter Kreis potentieller Geldgeber, die über das Internet weltweit erreicht werden können. Die automatisierte Begebung und Abwicklung der ICOs durch die Blockchain-Technik ermöglicht es den Unternehmen, Kosten für Intermediäre oder benötigte Sicherungsgeber zu sparen.42 Im Übrigen gewährt die Vornahme eines ICOs den Unternehmen eine gewisse Planungssicherheit. Oftmals sind Investoren zunächst Kapitalgeber, sowie im Anschluss hieran auch Kunde. Weiterhin sind die Anforderungen, welche an Unternehmen gestellt werden, um einen ICO durchzuführen, nach dem Verständnis vieler Emittenten sehr niedrig. Während ein IPO z. B. voraussetzt, dass das emittierende Unternehmen in Form einer Aktiengesellschaft (oder Kommanditgesellschaft auf Aktien bzw. Europäische Gesellschaft) organisiert ist43, kann ein ICO grundsätzlich von Unternehmen jedweder Rechtsform durchgeführt werden.44 Tatsächlich steht nicht einmal bei jedem ICO ein gesellschaftlich organisiertes Unternehmen mit tatsächlichem Geschäftsbetrieb hinter der Emission, sondern es ist auch lose organisierten Gruppen von Gründern oder Entwicklern möglich, Tokens zu emittieren und die Erlöse nach Absprache untereinander aufzuteilen.45 Regelmäßig wird hierin nach deutschem Recht jedoch zumindest eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche keinen förmlichen Gesellschaftsvertrag voraussetzt46, anzunehmen sein. Schließlich ermöglicht ein ICO die Aufnahme von Kapital, ohne dass die Gründer oder Geschäftsführer zwingenderweise die Kontrolle über das Unternehmen verlieren.47 Während bei einem IPO nach der gesetzlichen Konzeption Gesellschaftsanteile durch die Veräußerung von Aktien abgegeben werden, ist dies bei ICOs nur dann der Fall, wenn das initiierende Unternehmen dies derart gestaltet, mithin die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen dem Willen der vorherigen Inhaber entspricht. Durch einen erstmaligen Börsengang werden der emittierenden Gesellschaft auch im Übrigen eine Vielzahl an Pflichten auferlegt. Insbesondere erhalten neue Aktionäre umfassende Kontroll- und Aufsichtsrechte gegenüber den Organen der

42

Glatz, in: Hartung/Bues/Halbleib, Legal Tech, Rn. 1212; Boehm/Pesch, MMR 2014, 75, 75; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 567; Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; Read/ Gräslund, CF 2018, 313, 314; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1358; Veil, ZHR 2019, 346, 347 f. 43 Wuntke/Richter, in: Frodermann/Jannott, Hdb AktR, Kap. 13 Rn. 100; Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 8 Rn. 11. 44 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 1. 45 Robinson, S. 29; Rohr/Wright, S. 18. 46 Westermann, in: Erman, BGB, Bd. I, § 705 Rn. 7; Schäfer, in: MüKo BGB, Bd. VI, § 705 Rn. 25 ff.; Sprau, in: Palandt, BGB, § 705 Rn. 11; vgl. Sattler, BB 2018, 2243, 2250. 47 Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 3; Kaal/Dell’Erba, S. 11; Rhue, S. 7.

D. Ablauf eines ICOs

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Gesellschaft.48 Weiterhin sind sie berechtigt, dem Aufsichtsrat und dem Vorstand bei missliebigem Verhalten die Entlastung zu verweigern und somit zu kontrollieren.49 Dieser Kontrollverlust ist im Rahmen eines ICOs nicht (zwingend) vorgesehen, was die Vornahme eines ICOs für Gründer oder Eigentümer eines Unternehmens attraktiver werden lässt.

II. Ankündigung des ICOs an die Öffentlichkeit Nach der Entschlussfassung des Unternehmens wird versucht, die Öffentlichkeit auf den bevorstehenden ICO aufmerksam zu machen. Häufig geschieht dies durch eine Ankündigung im Internet, insbesondere im Rahmen der für das jeweilige Produkt relevanten Online-Foren oder Social-Media-Plattformen. Hierbei zeigt sich die bestehende Technikaffinität der Emittenten und ihrer Zielgruppen. Ein Großteil der relevanten Öffentlichkeitsarbeit erfolgt über den Messengerdienst Telegram und über Blogposts auf den IT-Community-Plattformen Reddit und GitHub.50 Im Rahmen der Ankündigung wird auf das Whitepaper und gegebenenfalls auch die einschlägigen Terms and Conditions des Unternehmens verwiesen, um potentielle Investoren über den ICO zu informieren. Auch deren Bekanntmachung erfolgt in aller Regel über die beschriebenen Informationskanäle im Internet. Zivilrechtlich handelt es sich bei den jeweiligen Bekanntmachungen um eine bloße invitatio ad offerendum.51

III. Whitepaper, Terms and Conditions, Token Sale Agreements Zentraler Anknüpfungspunkt für die rechtliche Bewertung eines ICOs ist das sogenannte „Whitepaper“. Als Whitepaper im klassischen Sinne versteht man Dokumente, die dazu bestimmt sind, einer breiten Öffentlichkeit einen Überblick über Leistungen, Techniken und Erfolgsaussichten eines IT-Projekten zu gewähren.52 Bei ICOs nutzen die Emittenten das Whitepaper zur Erläuterung ihres Unternehmens, des hinter dem ICO stehenden Entwickler-Teams, des zu entwickelnden Produkts 48

Wuntke/Richter, in: Frodermann/Jannott, Hdb AktR, Kap. 13 Rn. 186; Mimberg, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, Rn. 36.4 ff.; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. III, § 119 Rn. 10 ff.; Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 8 Rn. 6. 49 Krenek/Pluta, in: Heidel, AktR, § 119 Rn. 8; Kubis, in: MüKo AktG, Bd. III, § 119 Rn. 11. 50 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 5; Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 68 (Fn. 7); Benedetti/Kostovetsky, S. 18; Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 19; Venegas, S. 11. 51 Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 75. 52 Klußmann, Lexikon der Kommunikations- und Informationstechnik, „White Paper“.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

sowie zur Ausgestaltung des zu emittierenden Tokens bzw. Coins.53 Insbesondere werden der genaue Entstehungsprozess der Tokens erläutert, welche Rechte die Investoren mit dem Kauf der Coins oder Tokens erhalten und wie der Umgang mit diesen ablaufen soll.54 Der Umfang, die Vollständigkeit und der Informationsgehalt der Whitepaper schwanken jedoch stark, abhängig von den initiierenden Unternehmen.55 Praktisch dient die Veröffentlichung des Whitepapers auch dem Marketing des initiierenden Unternehmens. ICOs zielen regelmäßig darauf ab, erstmalig Kapital zu generieren. Initiatoren stehen daher nicht die Mittel zur Verfügung, bereits vor einem ICO Werbeanzeigen zu schalten oder groß angelegte Informationskampagnen zu führen. Ihnen bleibt also lediglich das Whitepaper als nutzbarer Kommunikationskanal mit potentiellen Investoren. Unter Umständen wird jedoch vor Durchführung des ICOs das für die Vorbereitung des Whitepapers oder einer Werbekampagne notwendige Kapital mittels einer vorgeschalteten Crowdfunding-Kampagne eingesammelt.56 Über das Whitepaper hinaus verlangen emittierende Unternehmen unter Umständen die Anerkennung von Vertragsbedingungen.57 Die Vertragsbedingungen werden in diesem Zusammenhang regelmäßig als „Terms and Conditions“ bezeichnet und sollen die Grundlagen der vertraglichen Beziehung im Rahmen des ICOs regeln.58 Die Terms and Conditions stellen sich in diesem Zusammenhang als Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB dar und unterliegen folglich auch den Beschränkungen der AGB-Kontrolle.59 Auch hierbei gilt, dass die Initiatoren grundsätzlich einen erheblichen Gestaltungsspielraum besitzen. So können Whitepaper und Terms and Conditions in einem Dokument oder einem Bündel an Dokumenten zusammengefasst werden. Dieses Dokumentenbündel wird dann in seiner Gesamtheit häufig als „Token Sale Agreement“ bezeichnet.60 Gleichzeitig ist jedoch auch denkbar, dass Unternehmen auf die Veröffentlichung einer oder auch beider Dokumentarten verzichten. Empirische Erhebungen haben allerdings gezeigt, dass der Umfang der Information durch den 53 Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 54; Borkert, ITRB 2018, 39, 43; Kaal/Dell’Erba, S. 5 f.; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1157; Weitnauer, BKR 2018, 231, 231. 54 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 5. 55 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.49; Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 289; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 17. 56 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; ähnlich Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13. 57 Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 68; Koch, ZBB 2018, 359, 361 (Fn. 13); Krüger/ Lampert, BB 2018, 1154, 1157; Weitnauer, BKR 2018, 231, 231. 58 Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil E) Rn. 104; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1157; Weitnauer, BKR 2018, 231, 231. 59 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.163; Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil E) Rn. 104; Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 127; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1157; Weitnauer, BKR 2018, 231, 231. 60 Vgl. Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 142.

D. Ablauf eines ICOs

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Emittenten Auswirkungen auf den Erfolg des jeweiligen ICOs hat.61 Je professioneller und exakter das Whitepaper ausgestaltet ist, desto mehr Investoren werden für gewöhnlich bereit sein, in die Idee der Unternehmer zu investieren.62

IV. Coin- bzw. Token-Sale Der Coin- bzw. Token-Sale stellt den eigentlichen Investitionsvorgang im Rahmen eines ICOs dar. Im Ergebnis stellt sich der Token Sale als schuldrechtliches Geschäft dar, bei welchem sich die Investoren verpflichten, Kapital an das Unternehmen zu übertragen, wofür sie als Gegenleistung eine gewisse Anzahl an Coins bzw. Tokens erhalten sollen. Die Investition erfolgt regelmäßig in Bitcoin, Ether oder anderen Kryptowährungen. Der Umtausch dieser in gesetzliche Zahlungsmittel an den einschlägigen Tauschbörsen obliegt in diesem Falle dem emittierenden Unternehmen. Die Leistung von Geld im Sinne einer gesetzlichen Währungseinheit wie Euro, Dollar oder Pfund ist zwar möglich, zumindest zum Zeitpunkt dieser Bearbeitung jedoch nicht der Regelfall.63 Denkbar wäre auch das Überlassen der generierten Tokens im Austausch gegen andere Formen einer Gegenleistung. So könnten z. B. Tokens für die Zurverfügungstellung von Nutzerdaten im Rahmen eines Gratis-Angebots gewährt werden. Die genaue Ausgestaltung der Gegenleistung obliegt jedoch dem emittierenden Unternehmen und dessen Vorstellungen von einem angemessenen Preis für die Ausgabe ihrer Coins bzw. Tokens. In der Praxis hat sich im Rahmen der Preisgestaltung ein Phasenmodell etabliert: hierbei gilt, dass je früher ein Investor seine Investitionsbereitschaft zusagt, desto mehr Coins bzw. Tokens erhält er für seine Investition.64 Im Gegensatz zum regelmäßig bei einem IPO durchgeführten „Bookbuilding“-Verfahren65 haben Investoren im Rahmen eines ICOs keinerlei Verhandlungsspielraum. Der Veräußerungspreis wird stattdessen einseitig vom initiierenden Unternehmen festgelegt (sog. „Take-it-or-leave-it“-Verfahren).66 Dem initiierenden Unternehmen stehen im Rahmen des Token Sales neben Höhe und Art des Veräußerungspreises gewisse weitere Gestaltungsmöglichkeiten offen. 61

Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 29; Fisch, S. 14. Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 29; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 574; Fisch, S. 14. 63 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 1; Hildner/Danzmann, CF 2017, 385, 389; Petritz/Grimmer, taxlex 2017, 382, 383. 64 Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 91; Niedling/ Merkel, RdF 2018, 141, 143; Spindler, WM 2018, 2109, 2110. 65 Vgl. Brandt/Müller/Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 15.87; Meyer, in: Marsch-Barner, Hdb börsennotierte AG, Rn. 8.30 ff.; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 69 ff. 66 Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 68; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568; Klöhn/ Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 95; Weitnauer, BKR 2018, 231, 231. 62

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

Praktisch relevant ist hierbei zunächst das Festlegen eines sogenannten „Minimum Funding Amounts“ und eines „Maximum Funding Caps“.67 Ersteres beschreibt die Mindestmenge an Kapital, die das Unternehmen durch den ICO einsammeln muss, damit es mit der Entwicklung fortfahren kann. Wird diese Mindestmenge nicht erreicht, gilt der ICO als gescheitert und die Investoren erhalten ihre Investition zurück. Das Maximum Funding Cap hingegen beschreibt die Höchstmenge an Kapital, die das Unternehmen einsammeln und im Anschluss auch sinnvoll einsetzen kann. Wird der Maximum Funding Cap erreicht, endet der Token Sale ebenfalls und Investoren können nicht länger am ICO teilnehmen. Dies sorgt unter Umständen für extrem kurze Token Sale-Perioden, bei welchen innerhalb von Sekunden sämtliche Tokens veräußert werden.68 Weiterhin relevant sind Gestaltungen des ICOs hinsichtlich der Personen, die die Möglichkeit zur Investition haben sollen. Zum einen kann dies die unbeschränkte Öffentlichkeit sein. Zum anderen kann sich das Angebot aber auch an speziell ausgewählte (regelmäßig institutionelle) Investoren richten (sog. „Private Placement“).69 Oftmals werden auch beide Möglichkeiten in Anspruch genommen. Dies kann durch Abhalten eines sogenannten „Pre-Sales“ erfolgen, in dessen Rahmen zunächst eine Auswahl an institutionellen Anlegern die Möglichkeit erhält, in den ICO zu investieren. Erst im Anschluss hieran hat die breite Anlegerschaft die Möglichkeit, Investitionen zu tätigen.70 Unter Umständen erfolgt auch ein Ausschluss von möglichen Investoren. In der Praxis erfolgt dies, um gewisse Jurisdiktionen aus dem Anwendungsbereich des Angebots auszunehmen, die durch eine besonders restriktive Haltung gegenüber ICOs aufgefallen sind.71 Schließlich können sich die Initiatoren dazu entschließen, nicht alle erzeugten Coins bzw. Tokens für den Sale freizugeben, sondern eine gewisse Menge zurückzuhalten. Diese können zu einem späteren Zeitpunkt zur Kapitalgewinnung verkauft werden, oder aber eingesetzt werden um Gründer, Angestellte oder treue Kunden besonders zu entlohnen.72

67 Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 55; Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 68; Zickgraf, AG 2018, 293, 294 („Hard Cap“ und „Soft Cap“). 68 Etwa der ICO des Unternehmens „Brave“, vgl. hierzu Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 17 (Fn. 107); Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 123. 69 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 15; Hacker/Thomale, S. 37; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 7; vgl. zu „permission-based“ Blockchains Knaier/ Wolff, BB 2018, 2253, 2257. 70 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 15; Kaal/Dell’Erba, S. 6; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 7. 71 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 14; Hacker/Thomale, S. 1; Rohr/Wright, S. 19. 72 Kaal/Dell’Erba, S. 9.

D. Ablauf eines ICOs

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V. Token Generating Event Das Token Generating Event stellt die technische Umsetzung und damit auch den Vollzug des Token Sales dar. Wie bereits ausgeführt wurde ist die Grundlage dessen die Blockchain-Technologie, wobei ICOs in den allermeisten Fällen auf der Ethereum-Blockchain ablaufen.73 Die einzelnen Tokens stellen hierbei Informationen dar, die auf der Ethereum-Blockchain abgelegt werden. Sie stellen Wertträger dar, aus denen der dem ICO zugrundeliegende Smart Contract die Berechtigung des Inhabers zur Vornahme einer bestimmten Handlung bzw. zum Erhalt einer bestimmten Leistung ausliest. Dasselbe gilt auch für Fälle, in denen durch den ICO ein eigenständiges Blockchain-Netzwerk erschaffen werden soll. In diesem Fall repräsentiert die auf der Blockchain abgelegte Information, die Kaufkraft des Inhabers innerhalb des entsprechenden Netzwerks. Unterschiede ergeben sich im Rahmen des Token Generating Event zwischen der Erzeugung von „Coins“ und der Erzeugung von „Tokens“ im engeren Sinne. 1. „Coins“ und „Tokens“ Um den Vorgang des Erschaffens von Coins bzw. Tokens analysieren zu können, ist zunächst eine Auseinandersetzung mit den Begriffen geboten. Hierbei unterscheiden sich Coins und Tokens in entscheidender Art und Weise und sind daher linguistisch voneinander abzugrenzen. Während „Coins“ unmittelbar in der jeweiligen Blockchain angelegte Wertträger sind, handelt es sich bei „Tokens“ um die technische Repräsentation von Rechten, die erst im Nachhinein durch die Emittenten in die bestehende Blockchain implementiert werden.74 Coins fungieren demnach als eigenständige, zu einem bestimmten Blockchain-System zugehörige Kryptowährungen.75 Diese sind innerhalb des jeweiligen Systems vielfältig einsetzbar, etwa als Tauschmittel oder als Element der Wertmessung. So ist z. B. der Bitcoin der BitcoinBlockchain als Wertträger inhärent, ebenso wie der Ether als ursprünglicher Wertträger des Ethereums-Netzwerks in dessen Blockchain angelegt ist. Im Gegensatz hierzu spricht man regelmäßig dann von einem Token, wenn Wertträger auf einem bestehenden Blockchain-Netzwerk ergänzt werden und im Anschluss neben der inhärenten Kryptowährung im Wirtschaftskreislauf des Netzwerks fluktuieren. Im Gegensatz zu Coins kommen Tokens keine Funktion als Währung zu, sondern sie berechtigen den jeweiligen Inhaber stattdessen zu einem speziellen unternehmensoder produktbezogenen Recht. Die Rechtsbeziehung besteht dabei nicht zwischen Token-Inhaber und Blockchainbetreiber, sondern zwischen dem Token-Inhaber und dem Token-Emittenten, der seinerseits Nutzer der betreffenden Blockchain ist. 73

Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 13; Borkert, ITRB 2018, 91, 92; Kaal/Dell’Erba, S. 4; Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 122; Rohr/Wright, S. 19. 74 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 10; Lohmar/Jeuckens, FR 2019, 110, 111; Maume/ Fromberger, S. 10; Rhue, S. 6; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 75 Lohmar/Jeuckens, FR 2019, 110, 111; Rhue, S. 6; Völkel, ZTR 2017, 103, 104.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

Die begriffliche Unterscheidung folgt dementsprechend der oben erläuterten Historie von ICOs. Zu Beginn versuchten Emittenten eigene, weit-umfassende Blockchain-Systeme inklusive eines inhärenten Zahlungsmittels zu etablieren (vgl. die ICOs von Ethereum und Mastercoin). Aufgrund der Etablierung von Ethereum innerhalb des ICO-Markts und damit einhergehender Vorteile wie dem erhöhten Vertrauen und dem hohen Kunden- und Investorenpotential, sind solche Versuche heute jedoch selten geworden. Stattdessen bedient sich der Großteil der ICOEmittenten der Strukturen der Ethereum-Blockchain zur Ausgabe der Tokens.76 Trotz der speziellen Abbildung der „Coins“ im Begriff „Initial Coin Offering“ kann ein solcher freilich auch die Emission von Tokens beinhalten. Die generelle Bezeichnung als „Initial Coin Offering“ stellt die an sich gebotene Differenzierung zwischen beiden Arten lediglich ungenügend dar. Im Folgenden soll der Begriff „Token“ aus Vereinfachungsgründen immer sowohl Tokens als auch Coins im soeben beschriebenen Sinne umfassen. Sofern spezifische Aussagen zu Coins getroffen werden, wird stattdessen der konkrete Begriff verwendet. 2. Technische Erzeugung von Coins bzw. Tokens Nach Abschluss des Token Sales, insbesondere nachdem ein etwaiges Minimum Funding Cap erreicht wurde, werden die Tokens auf der Blockchain erzeugt. Die genaue Menge und Stückelung entspricht den Festlegungen des Unternehmens im Whitepaper und dessen Umsetzung im Rahmen des Token Sales. Gelegentlich verändert sich auch die Reihenfolge beider Schritte – es ist also denkbar, dass die Tokens erst erzeugt werden und im Anschluss via Token Sale veräußert werden. Sofern dies zu rechtlich unterschiedlichen Folgen führt, wird im Verlauf dieser Arbeit gesondert darauf hingewiesen. a) Generierung von Coins Bevor der Entstehungsprozess für Tokens erläutert wird, soll zunächst kurz auf die Besonderheiten der Erzeugung von Coins im Rahmen eines ICOs eingegangen werden. Da Coins einer Blockchain unmittelbar zugehörig sind, kann es zwangsläufig vor Entstehen der jeweiligen Blockchain keine Coins geben. Sofern ein Unternehmen Coins emittiert, so wird der eigentliche Sale bereits vor dem Erstellen des ersten Blocks der späteren Blockchain durchgeführt. In diesem Falle wird die im Sale veräußerte Anzahl von Coins im Ausgangsblock der Blockchain niedergelegt.77 Mit der Betriebsaufnahme der Blockchain erhalten die Investoren die ihnen zustehende 76 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 16; Maume/Fromberger, S. 11; Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 122. 77 Ethereum Foundation, Terms and Conditions of the Ethereum Genesis Sale (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter http://3amdeveloper.com/terms-and-conditions-of-the-ether eum-genesis-sale/).

D. Ablauf eines ICOs

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Anzahl an Coins, die im Folgenden im Rahmen der jeweiligen Blockchain einsetzbar sind. Man bezeichnet diese Anfangsblöcke auch als „Genesis-Blöcke“.78 Handelt es sich um einen ICO, in dessen Rahmen Coins emittiert wurden, endet das Erzeugen neuer Coins in der Regel nicht mit dem Abschluss des Token Sales. Auch nach Ende des ICOs werden stattdessen durch das sogenannte „Mining“ fortlaufend weitere Coins erzeugt.79 Das Erzeugen neuer Coins kann einerseits als Belohnung für das Lösen zeit- und rechenintensiver Algorithmen (sog. „Proof-of-Work“) oder als Belohnung für das Halten von Coins (sog. „Proof-of-Stake“) erfolgen.80 ICOs dieser Art dienen dazu, als Währung gedachte Coins zu emittieren. Um tatsächlich diesem Sinn und Zweck dienen zu können, versuchen die einzelnen Blockchain-Konzepte bestimmte währungstypische Funktionalitäten in den zugrundeliegenden Programmcode aufzunehmen, z. B. Inflationsschutz-Maßnahmen. Dementsprechend existiert regelmäßig eine Maximalsumme der erzeugbaren Coins, die sich ebenfalls aus dem zugrundeliegenden Programmcode ergibt.81 In Zusammenspiel mit einer stetig angepassten Mining-Rate82 soll so dafür gesorgt werden, dass die Inflation nicht übermäßig steigt. Denn dem theoretischen Konzept unterliegen Systeme dieser Art stattdessen fortwährend der Deflation, da ab einem gewissen Zeitpunkt keine neuen Coins erschaffen werden.83 b) Generierung von Tokens Das Erzeugen von Tokens erfolgt durch das Erstellen einer Anzahl von neuen Tokens auf einer bereits bestehenden und in Betrieb genommenen Blockchain. Um einen eigenen Token im Rahmen einer bestehenden Blockchain aufzulegen, reicht es normalerweise aus, dass das jeweilige Unternehmen der gewählten Blockchain ein paar Zeilen Code hinzufügt.84 Die Token-Erzeugung vollzieht sich durch das Programmieren eines Smart Contracts auf einem hierzu fähigen Blockchain-System (normalerweise Ethereum).85 Die meisten Ableger der Blockchain-Technologie 78

Benedetti/Kostovetsky, S. 8; Langenbucher, AcP 2018, 385, 404 f.; Meier/Hansen/ Mendle, ZfgK 2019, 233, 233; Omlor, ZRP 2018, 85, 85; Otto, Ri 2017, 86, 87. 79 Beck/König, JZ 2015, 130, 130; Kaulartz/Matzke, NJW 2018, 3278, 3278; Rhue, S. 6; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 80 Beck/König, JZ 2015, 130, 130; Hacker/Thomale, S. 8; Hildner, BKR 2016, 485, 488; Knaier/Wolff, BB 2018, 2253, 2254; Lohmar/Jeuckens, FR 2019, 110, 114; Seitz, K&R 2017, 763, 764; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1358. 81 Beck, NJW 2015, 580, 581; Eckert, DB 2013, 2108, 2108; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 20; Rhue, S. 6; Richter/Augel, FR 2017, 937, 939; Schrey/Thalhofer, NJW 2017, 1431, 1431. 82 Schrey/Thalhofer, NJW 2017, 1431, 1432; Völkel, ecolex 2017, 639, 640. 83 Steinacker/Kraus, in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 13. Teil B) Rn. 64; Engelhardt/ Klein, MMR 2014, 355, 356; Lerch, ZBB 2015, 190, 195; Venegas, S. 5. 84 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 6 (Fn. 33); Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13; Rohr/Wright, S. 12 f.; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 85 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 6 (Fn. 33); Li/Mann, S. 10; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 141; Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 122; Rhue, S. 5.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

verstehen sich in diesem Zusammenhang als Open-Source-Projekte, so auch Ethereum. Dies bedeutet, dass deren Quellcode frei zugänglich ist.86 Programmierer, die innerhalb des jeweiligen Blockchain-Systems arbeiten möchten, können auf den Code zugreifen und ihre Projekte entsprechend anpassen. Das Programmieren einer geringen Anzahl von neuen Tokens ist dabei im Verhältnis ebenso herausfordernd als das Erstellen einer großen Summe neuer Tokens, da es sich hierbei bloß um das Verändern einer Variablen im Code handelt.87 Normalerweise werden nach dem Ende des ICOs keine weiteren Tokens erzeugt, da bei diesen auf die Möglichkeit des Minings neuer Tokens durch die Nutzer des Systems verzichtet wird.88 Stattdessen wird bei den meisten ICO-Gestaltungen die Anzahl der emittierten Tokens durch den Initiator abschließend festgelegt.89 Dem Initiator stehen bei der Programmierung des Smart Contracts dieselben Gestaltungsmöglichkeiten offen, wie sie bereits im Rahmen des Token Sales beschrieben wurden. Hierzu müssen die für den Sale gewählten und vereinbarten Charakteristika lediglich in den Programmcode übertragen werden. Die Ethereum Blockchain erlaubt es ihren Nutzern hierbei, grundsätzlich beliebigen Code an eine erfolgte Transaktion anzuhängen.90 Im Normalfall entsprechen die erzeugten Tokens jedoch dem ERC20-Standard Ethereums und werden dementsprechend auf der Ethereum-Blockchain angelegt. Der ERC20-Standard stellt eine Art Schablone für Tokens dar, der die technischen Grundlagen festlegt, die Charakteristika der jeweiligen Tokens jedoch der Wahl des Anwenders überlässt.91 Hierbei wird eine Reihe von technischen Regeln beschrieben, denen dem Standard entsprechend erzeugte Tokens folgen werden. So ist eindeutig bestimmbar, wie sich die Tokens innerhalb des Ethereum-Netzwerkes verhalten werden. Die Wahrung dieses Standards erlaubt es, Applikationen innerhalb des Netzwerks so zu programmieren, dass diese auf jegliche Tokens anwendbar sind, die dem Standard entsprechen. Daher ist es z. B. möglich, Token jeglicher Art in der Ethereum-Wallet zu speichern bzw. gegeneinander auf Tauschbörsen zu handeln, ohne dass die Plattformen und Programme nach jedem ICO an die neu generierten Tokens technisch angepasst werden müssten. Nur im Ausnahmefall findet ein ICO nicht auf der Ethereum-Blockchain statt. Die sehr bekannte Bitcoin-Blockchain eignet sich aufgrund ihrer Programmierung, nämlich der fehlenden Unterstützung von Smart Contracts, nicht zur Durchführung 86

Mels/Lischek, in: Ostendorf/Kluth, Internationale Wirtschaftsverträge, § 23 Rn. 2; Jacobs, DSRITB 2017, 795, 801; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 94. 87 Borkert, ITRB 2018, 91, 92; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 88 Enzinger, SWK 2017, 1349, 1349; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 89 Borkert, ITRB 2018, 91, 92; Enzinger, SWK 2017, 1349, 1349; Kaal/Dell’Erba, S. 9; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 90 Jacobs/Lange-Hausstein, ITRB 2017, 10, 13; Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 122; Robinson, S. 22. 91 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 6 (Fn. 33); Hacker/ Thomale, S. 11; Kaulartz/Matzke, NJW 2018, 3278, 3278 f.; Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 122.

D. Ablauf eines ICOs

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von ICOs. Somit kommt lediglich in Betracht, dass initiierende Unternehmen eine eigene Blockchain eröffnen und somit in Konkurrenz zu Ethereum treten. In diesem Falle würde es sich bei den emittierten Wertträgern dann um Coins im oben beschriebenen Sinne handeln. 3. Leistungsaustausch durch Smart Contracts Im Anschluss an die Erzeugung der Tokens findet der Leistungsaustausch zwischen dem Initiator und den Investoren statt. Investoren überweisen die vereinbarte Summe an gesetzlichen Zahlungsmitteln auf das angegebene Konto bzw. übersenden eine Anzahl an Kryptowährungen an die jeweilige Wallet des initiierenden Unternehmens auf der entsprechenden Blockchain. Als Wallets bezeichnet man die Nutzerkonten, in denen Kryptowährungen, genauer gesagt die den jeweiligen Eigentümer ausweisenden privaten Schlüssel, gespeichert werden und mit deren Hilfe Einheiten von Kryptowährungen transferiert werden können.92 Dies erfolgt jedoch nicht durch einen tatsächlichen Datentransfer, sondern dadurch, dass der betreffende Smart Contract innerhalb der Wallet des Übertragenden den entsprechenden Wert an Tokens löscht und in der Wallet des Empfängers hinzufügt.93 In diesem Modell wären die Tokens nach ihrer Erschaffung zunächst in einer Wallet des Emittenten gespeichert und würden im Anschluss an den ICO einer Wallet des jeweiligen Investors hinzugefügt. Je nach Struktur des ICOs ist jedoch auch denkbar, dass der Smart Contract die Tokens unmittelbar in der Wallet des Investors erschafft, ohne dass die Tokens zunächst einer öffentlichen Adresse des Emittenten zugewiesen wären.94 Die Nutzung von Smart Contracts erlaubt die automatisierte Abwicklung von Leistung und Gegenleistung.95 Eine gesonderte Anweisung durch das initiierende Unternehmen ist zur Ausgabe der Tokens nicht erforderlich. Die Transaktion wird anschließend dauerhaft in der Blockchain vermerkt.

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v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.12; Bechtolf/Vogt, ZD 2018, 66, 67; Seitz, K&R 2017, 763, 764; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1358. 93 Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13 (Fn. 40); Kaulartz/Matzke, NJW 2018, 3278, 3279; Paulus/Matzke, ZfPW 2018, 431, 436. 94 Kaulartz/Matzke, NJW 2018, 3278, 3279; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 145. 95 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 4; Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 55; Beckmann, Ubg 2018, 230, 231 f.; Hötzel/Schober/Wicher, IWB 2018, 392, 393; Kaulartz/Matzke, NJW 2018, 3278, 3279; Schiemzik/Kübler, NWB 2018, 2038, 2046.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

VI. Möglichkeiten der Investoren im Anschluss an den ICO Hat ein Investor einen oder mehrere Tokens erworben, stehen ihm mehrere Verhaltensmöglichkeiten offen. Deren Nützlichkeit wiederum ist stark von der jeweiligen Ausgestaltung des ICOs abhängig. 1. Bestimmungsgemäßer Gebrauch Die Rechte, die an einen Token geknüpft werden, bestimmen sich nach den Vereinbarungen des Token Sale Agreements, insbesondere den Ausführungen im Rahmen des vom initiierenden Unternehmen veröffentlichten Whitepapers. In diesem Rahmen sind verschiedene, noch näher zu erläuternde Gestaltungsmöglichkeiten denkbar. Demzufolge steht es den Investoren natürlich offen, die erworbenen Tokens entsprechend der jeweiligen Gestaltung bestimmungsgemäß einzusetzen. Im Rahmen von Currency-ICOs entspricht dies dem Einsatz der emittierten Coins als Zahlungsmittel innerhalb des jeweiligen Blockchain-Systems, da insofern regelmäßig keine weiteren Rechte an den jeweiligen Coin gebunden sind. Der Einsatz der übrigen Tokens bestimmt sich dann nach den durch sie repräsentierten Ansprüchen. Je nachdem zu welchem Zeitpunkt der Unternehmensentwicklung der ICO stattfindet, können die erworbenen Tokens unmittelbar oder erst zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt werden. Regelmäßig treten die Investoren in Vorleistung, sodass die Tokens unmittelbar nach Durchführung des ICOs noch nicht ihre beabsichtigte Nutzungsfunktion erfüllen können. Der Handel der Tokens auf den einschlägigen Plattformen kann jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt möglich sein. Dies wiederum ist davon abhängig, wann das Listing an den Kryptobörsen erfolgt. 2. Handel der Tokens auf Kryptobörsen Die Blockchain-Technologie gewährleistet grundsätzlich die Handelbarkeit der erschaffenen Tokens nach Abschluss des Token Sales.96 Diese können dann auf sogenannten „Coin Börsen“ oder „Kryptobörsen“ gegen andere Kryptowährungen und unter Umständen auch gegen gesetzliche Zahlungsmittel getauscht werden. Beispiele für derartige Kryptobörsen sind Bitfinex, Coinbase oder Poloniex.97 Es entsteht demnach ein Sekundärmarkt. Die teilweise extreme Volatilität der Werte der

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Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 6; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 567; Hacker/ Thomale, S. 11; Rohr/Wright, S. 22; Zickgraf, AG 2018, 293, 299. 97 Amsden/Schweizer, S. 23; Hildner, BKR 2018, 485, 494; Richter/Augel, FR 2017, 937, 937 (Fn. 3); Rohr/Wright, S. 18 (Fn. 80); Weitnauer, BKR 2018, 231, 231.

D. Ablauf eines ICOs

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erschaffenen Tokens zieht allerdings oftmals Spekulanten als Investoren an.98 Diese können insoweit dazu geneigt sein, die Tokens nicht aufgrund ihrer bestimmungsgemäßen Nutzungsmöglichkeit zu erwerben, sondern lediglich, um im Falle von Wertsteigerungen Gewinne zu erlösen. Der Wert einer Einheit eines Tokens ist hierbei üblicherweise ausschließlich dem Prinzip von Angebot und Nachfrage unterworfen.99 Je mehr potentielle Käufer für einen Token bereitstehen, desto höher steigt dessen Wert. Die Nachfrage nach einem Coin (z. B. Bitcoin) ist dabei hauptsächlich mit dem Vertrauen in die Einsatzmöglichkeiten der jeweiligen Kryptowährung als Zahlungsmittel verknüpft.100 Wie bereits angesprochen ziehen die extremen Wertschwankungen der Kryptowährung jedoch nach heutigem Stand vorwiegend Spekulanten an, für die die Einsatzmöglichkeit als Zahlungsmittel irrelevant ist. Im Gegensatz zu Coins fungieren Tokens nicht als alternative Währung, sondern gewähren gewisse unternehmensbezogene Rechte. Der Wert eines Tokens ist demnach mittelbar vom zu erwartenden Unternehmenserfolg und dem hieraus abzuleitenden Wert des repräsentierten Anspruchs abhängig.101 Entwickelt sich eine große Nachfrage an dem Produkt oder der Dienstleistung des Initiators, so steigt auch die Nachfrage nach den gehandelten Token, die zu seiner Inanspruchnahme berechtigen. Der Wert der Tokens auf den Kryptobörsen steigt in diesen Fällen entsprechend. 3. Dauerhaftes Halten der Tokens im Vermögen Schließlich ist es auch denkbar, dass der Investor die erhaltenen Tokens dauerhaft im Privat- bzw. Betriebsvermögen hält. Ein solch dauerhaftes Investment liegt regelmäßig nahe, wenn die Tokens nicht auf Erhalt einer einmaligen Leistung gerichtet sind, sondern zu wiederkehrenden Leistungen oder zur Ausübung von Gestaltungsrechten befugen.

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Dietsch, MwStR 2018, 250, 250; Djazayeri, jurisPR-BKR 6/2014 Anm. 1, S. 2; Hildner/ Danzmann, CF 2017, 385, 389; Marx/Dallmann, StuB 2019, 217, 218; Rohr/Wright, S. 21 f.; Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 492. 99 Terlau, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 130; Eckert, DB 2013, 2108, 2108; Kaal/Dell’Erba, S.7. 100 Vgl. Balzli, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 6 Rn. 33; Meier/Hansen/Mendle, ZfgK 2019, 233, 235. 101 Hacker/Thomale, S. 33; Kaal/Dell’Erba, S.7; Rohr/Wright, S. 30; Schiemzik/Kübler, NWB 2018, 2038, 2042; Völkel, ZTR 2017, 103, 104; Zickgraf, AG 2018, 293, 296.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

E. Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. der unterschiedlichen Token-Modelle Wie bereits ausgeführt wurde, existieren bislang keine gesetzlichen Vorgaben, die speziell auf ICOs zugeschnitten wären. Nichtsdestotrotz können natürlich allgemeine gesetzliche Vorschriften anwendbar sein. Maßgebend hierfür ist die Bestimmung der Rechte, die an den jeweils emittierten Coin bzw. Token geknüpft werden. Die Ausgestaltung dieser Rechte kann sich aufgrund der fehlenden gesetzlichen Typisierung nur aufgrund der rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen zwischen dem Emittenten und den Investoren ergeben. Hierfür ist eine umfassende Gesamtschau der Bestimmungen aus den Token Sale Agreements maßgebend, also insbesondere das Whitepaper und die Terms and Conditions. Beide Dokumente zusammen stellen die schuldrechtliche Grundlage der durch die Tokens repräsentierten Rechte dar. Systematisch sollen praktisch relevante Gestaltungen in fünf Varianten unterteilt und dargestellt werden. Anhand dieser Modelle wird sich auch die nachfolgende rechtliche Bewertung ausrichten. Im folgenden Abschnitt sollen diese Token-Gattungen anhand von Beispielen bereits durchgeführter ICOs erläutert werden.

I. Modell 1: Einsatz als Zahlungsmittel („Currency Tokens“) Als „Currency Tokens“ bzw. „Intrinsic Tokens“ beschreibt man Coins, deren einziger Verwendungszweck darin besteht, innerhalb des entsprechenden Blockchains-Systems als vertragliches Zahlungsmittel, Recheneinheit oder Wertaufbewahrungsmittel zu fungieren.102 Auch der Begriff „Coin“ (s. o.) ist gebräuchlich. Im Rahmen eines solchen ICOs wird in aller Regel ein gänzlich neues BlockchainNetzwerk erschaffen, in welchem der emittierte Coin anschließend als integraler Wertträger fungiert. Grundsätzlich einzige bestimmungsgemäße Einsatzmöglichkeit dieser Coins ist die Nutzung als Wertträger innerhalb des jeweiligen BlockchainNetzwerks und der Einsatz als Zahlungsmittel für Waren oder Dienstleistungen. Weiterhin kommt der Handel gegen gesetzliche Zahlungsmittel oder andere Kryptowährungen auf externen Tauschbörsen in Betracht. Die Einsatzmöglichkeit der Currency Tokens als Zahlungsmittel ist jedoch davon abhängig, wie viele Unternehmen und Kunden am entsprechenden BlockchainNetzwerk teilnehmen. Grundsätzlich denkbar wäre, dass sämtliche (Blockchain-) Unternehmen Nutzer eines einzigen Blockchain-Systems (z. B. des Bitcoin-Sys102 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 1; Enzinger, SWK 2017, 1349, 1350; Hacker/Thomale, S. 12; Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 124; Keding, WM 2018, 64, 66; Omlor, ZHR 2019, 294, 311; Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 489; Veil, ZHR 2019, 346, 349.

E. Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. unterschiedlicher Token-Modelle

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tems) sind und ihre Waren oder Dienstleistungen in diesem Rahmen gegen die Übersendung von Kryptowährungen an ihre Wallet anbieten. Nach wie vor ist jedoch die Möglichkeit der Zahlung mit Kryptowährungen nur sehr eingeschränkt gegeben. Selbst eine Zahlung mit der heute am weitest verbreiteten Kryptowährung Bitcoin ist nur vereinzelt möglich.103 Als prominente Beispiele lassen sich die Online-Dienste Spotify oder Lieferando anführen, die eine Zahlung in Bitcoin zulassen. Da es sich bei Kryptowährungen nicht um gesetzliche Zahlungsmittel handelt104, besteht keine gesetzliche Verpflichtung der Händler diese als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Tun sie dies dennoch, so beruht dies einzig auf der vertraglichen Anerkennung der jeweiligen Kryptowährungen als Zahlungsmittel durch die Parteien.105 Dementsprechend werden Coins auch als private oder privatrechtliche Zahlungsmittel bezeichnet.106 Demnach bleibt die Aussicht auf spekulative Gewinne durch Preisschwankungen des jeweiligen Coins zum jetzigen Zeitpunkt regelmäßig der bedeutendste Grund für ein Investment in Currency ICOs. Als Beispiel für einen ICO, bei welchem Coins der eben beschriebenen Art emittiert wurden, lässt sich der Crowdsale des Blockchain-Netzwerks Ethereum nennen. Wie bereits beschrieben wurde, wurden hierbei die ersten Einheiten der entsprechenden Kryptowährung Ether im Austausch für Bitcoins veräußert. Zusätzliche Ether werden durch einen Mining-Prozess erzeugt, der ICO war demnach nur für das Entstehen der ersten Coins ursächlich. Die Ether lassen sich von deren Inhabern innerhalb des Ethereum-Netzwerkes einsetzen. Der Handel auf Kryptobörsen ist daneben ebenfalls möglich.

II. Modell 2: Einsatz zum Erhalt einer künftigen Leistung („Utility Tokens“) Das heute am weitesten verbreitete Modell107 der Ausgestaltung der mit einem Token erworbenen Rechte, ist die Möglichkeit des Eintauschens des Tokens gegen eine einmalige oder wiederkehrende unternehmensbezogene Leistung. Insoweit spricht man auch von „Utility Tokens“.108 Regelmäßig berechtigen die Tokens zu

103

Vgl. Anzahl der Akzeptanzstellen für Kryptowährungen (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www.btc-echo.de/akzeptanzstellen/). 104 Beck/König, JZ 2015, 130, 135; Engelhardt/Klein, MMR 2014, 355, 356; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1360; Thiele, ZfgK 2017, 580, 581. 105 Eckert, DB 2013, 2108, 2108; Engelhardt/Klein, MMR 2014, 355, 356; Langenbucher, AcP 2018, 385, 412; Teichmann, ZfPW 2019, 247, 266. 106 Hildner, BKR 2016, 485, 486; Martiny, IPRax 2018, 553, 556; Omlor, JZ 2017, 754, 756; Shmatenko/Möllenkamp, MMR 2018, 495, 495. 107 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 16; Maume/Fromberger, S. 11; Robinson, S. 28. 108 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 1; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 567; Hacker/Thomale, S. 12; Keding, WM 2018, 64, 66; Petritz/Grimmer, taxlex

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

einer bestimmten Gegenleistung aus der Wirtschaftssphäre des Unternehmens. Die Ausgestaltung im Besonderen obliegt der Kreativität des initiierenden Unternehmens und ist lediglich durch die allgemeinen schuldrechtlichen Schranken (insbesondere §§ 134, 138, 242 BGB) und das technisch Mögliche beschränkt. Im Regelfall geht der Investor hierbei in Vorleistung. Demnach kann dieser die vom Token repräsentierte Leistung erst dann einfordern, wenn das Produkt des initiierenden Unternehmens zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich fertiggestellt und nutzbar ist. Auch innerhalb des Begriffs der Utility Tokens lassen sich verschiedene Arten der Ausgestaltung feststellen. 1. Token als Rabattmöglichkeit Die Tokens können zunächst dazu verwendet werden, den Investoren des Unternehmens einen Preisnachlass beim Kauf des später geschaffenen Produkts oder bei der Inanspruchnahme der Dienstleistung einzuräumen.109 Sie funktionieren in diesem Sinne ähnlich einem Gutscheincode oder einer Rabattmarke. Die Berechtigung hinsichtlich des finanziellen Kaufvorteils wird dabei durch die Inhaberschaft des Tokens ausgedrückt. Oftmals fällt der finanzielle Vorteil größer aus, je früher die Investition getätigt wurde. Grundsätzlich ist diese Art der Tokens auf einen einmaligen Einsatz ausgelegt. So wurde z. B. den Investoren des Unternehmens Sirin Labs, welche im Rahmen dessen ICOs den SRN Token erwarben, ein Rabatt von 10 Prozent auf den Kauf der später produzierten Waren des Unternehmens eingeräumt.110 2. Token als Nutzungsanspruch Andererseits können Tokens wiederholt innerhalb des vom Unternehmen etablierten Blockchain-Netzwerks eingesetzt werden. Viele Initiatoren versuchen hierbei, ein eigenständiges Wirtschaftssystem um den von ihnen emittierten Token herum aufzubauen.111 Dies soll durch die Implementierung des Token in den Nutzungsablauf des finanzierten Projekts gelingen. Die Tokens sollen in diesem Falle im wirtschaftlichen System des Unternehmens zirkulieren. Sie können folglich eingesetzt werden, um eine gewisse Leistung in Anspruch zu nehmen. Gegebenenfalls können Kunden durch Erbringen einer eigenen Leistung auch Token hinzuverdienen. 2017, 382, 383; Rohr/Wright, S. 5; Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 489; Veil, ZHR 2019, 346, 349; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 17. 109 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.29; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 142; Petritz/Grimmer, taxlex 2017, 382, 383. 110 Sirin Labs, Whitepaper (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2018 unter https://sirinlabs.com/me dia/SIRINLABS_-_White_Paper.pdf). 111 Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 55; Keding, WM 2018, 64, 66; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 93 f.; Veil, ZHR 2019, 346, 349.

E. Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. unterschiedlicher Token-Modelle

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Nach dem Einsatz erlöschen sie grundsätzlich nicht, sondern werden innerhalb des Netzwerks von Nutzer zu Nutzer oder auf das Unternehmen übertragen. Die Tokens sind in diesem Zusammenhang also darauf ausgelegt, mehrfach verwendet zu werden. Sie berechtigen zum Einsatz innerhalb wiederkehrender Leistungs- und Gegenleistungsbeziehungen. Wirtschaftlich betrachtet steckt hinter dieser Gestaltung der Versuch, Netzwerkeffekte zu monetarisieren.112 Netzwerkeffekte liegen dann vor, wenn der Nutzen eines Produkts, hier des jeweiligen Blockchain-Netzwerks, korrespondierend zur Anzahl der Konsumenten zunimmt.113 Dementsprechend steigt die Nachfrage nach den Tokens, da diese zur Teilnahme am Netzwerk berechtigen. Durch den Verkauf auf dem Sekundärmarkt können die Token-Inhaber also von den Wertsteigerungen des Netzwerks profitieren. Beispielsweise sei hier der ICO der deutschen Wysker UG genannt, die den WysToken emittierte. Wysker betreibt eine Online-Shopping-Plattform auf Basis der Blockchain. Als Nutzer der Plattform kommen sowohl Unternehmen als auch Privatleute in Betracht. Unternehmerische Nutzer müssen im Rahmen der Plattform Tokens einsetzen, um den Privatkunden personalisierte Werbung zukommen zu lassen. Die Tokens, die sie hierfür einsetzen, gehen an die Privatkunden als Belohnung für die Freigabe ihrer Daten. Diese können die Tokens nun wiederum einsetzen, um Rabatte auf die angebotenen Waren zu erhalten. Hierdurch werden die Tokens wieder an die gewerblichen Nutzer übertragen. So entsteht ein auf der Blockchain-Technologie beruhendes Wirtschaftssystem, in welchem der Token wiederkehrend eingesetzt wird.114 Auch hierbei werden Netzwerkeffekte erzeugt. Denn je mehr Nutzer die Plattform hat, desto attraktiver wird die Teilnahme für die werbenden Unternehmen und je mehr Unternehmen teilnehmen und Rabatte anbieten, desto interessanter wird die Plattform auch für private Teilnehmer. Hierdurch steigt auch der Wert der Wys-Tokens. 3. Nicht-monetäre Leistungen Es ist im Übrigen auch denkbar, dass an die erworbenen Tokens eine Leistungsverpflichtung nicht-monetärer Art geknüpft wird. Der ICO ähnelt dann einer Art des Crowdfundings. Hierbei wird den Investoren lediglich eine Form der öffentlichen Anerkennung entgegengebracht.115 Dies kann z. B. der Namensnennung auf Park- oder Theaterplätzen ähneln, durch welche den finanzierenden Spendern 112

Glatz, in: Breidenbach/Glatz, Legal Tech, Kap. 4.2 Rn. 16 ff.; Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 70 f.; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 567; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 93 f.; Veil, ZHR 2019, 346, 349. 113 Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 749; Hartmann, BKR 2017, 321, 324. 114 Hierzu Wysker, Whitepaper (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter https://www.wysto ken.org/media/wysker-whitepaper.pdf). 115 Aschenbeck/Drefke, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 2 Rn. 37; Heuer, Regulierung von Crowdinvesting, S. 27; Blecher/Fink, WPg 2017, 1122, 1125; Borkert, ITRB 2018, 39, 42; Hildner/Danzmann, CF 2017, 385, 389.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

gedankt werden soll. Die Investition dient dem Investor dabei normalerweise nicht der Vermögensmehrung, sondern der idealistischen Unterstützung eines sozialen oder ökologischen Projekts und entspricht quasi einer Spende.

III. Modell 3: Beteiligung am Unternehmenserfolg („Debt Tokens“) Weiterhin kann an einen Token eine Berechtigung zum Bezug einer gewissen Geldzahlung geknüpft werden.116 Für derartig ausgestaltete Tokens hat sich die Bezeichnung als „Debt Tokens“ durchgesetzt.117 Denkbar sind in diesem Sinne sowohl einmalige als auch wiederkehrende Zahlungen. Im letzteren Fall sollen die Zahlungsansprüche der Investoren dem aktienrechtlichen Dividendenanspruch ähneln. Durch die Dividendenzahlung werden Aktionäre einer Aktiengesellschaft jährlich am Bilanzgewinn der Gesellschaft beteiligt (vgl. § 58 Abs. 4 AktG).118 Die Höhe der Dividendenzahlung ist nach § 60 AktG an die Verteilung der Anteile gebunden. Regelmäßig werden jedoch in der Satzung der Gesellschaft abweichende Vereinbarungen hinsichtlich der Höhe der jeweiligen Gewinnverteilung getroffen.119 Dementsprechend funktionieren Zahlungen auch im Anschluss an ICOs. Mit der Investition im Rahmen des Token Sales erwerben die Anleger das Recht, in vertraglich vereinbarter Höhe am unternehmerischen Erfolg des Emittenten teilzuhaben. Die konkrete Höhe der Zahlung ist in aller Regel von, den Unternehmenserfolg wiedergebenden, Kennzahlen abhängig. Die Modalitäten der Ansprüche werden im Whitepaper definiert. Dies umfasst die Höhe der Zahlungen, den Zeitpunkt oder Zeitraum, den Rhythmus der Zahlungen, etwaige Auslöser bzw. Bedingungen und sonstige Charakteristika. Berechtigt ist jedenfalls stets der Inhaber des Tokens. Die Zahlungen werden im Anwendungsfall durch einen Smart Contract softwaregesteuert und damit automatisiert an die Berechtigten ausgezahlt.120 Denkbar ist hierbei sowohl eine Ausschüttung in Form von gesetzlichen Zahlungsmitteln als auch in Form von Kryptowährungen.121

116 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 1; Hacker/Thomale, S. 13; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1155; Veil, ZHR 2019, 346, 349; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 17; Zickgraf, AG 2018, 293, 295. 117 Jünemann/Wirtz, ZfgK 2018, 1117, 1117; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1155; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 17. 118 Drinhausen, in: Heidel, AktR, § 58 Rn. 39; Bayer, in: MüKo AktG, Bd. I, § 58 Rn. 98; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. I, § 58 Rn. 43. 119 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 60 Rn. 9; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. I, § 60 Rn. 1; Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. I, § 60 Rn. 17. 120 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 4; Hacker/Thomale, S. 10; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 14. 121 Vgl. die fiktive Fallabwandlung 2 von Burchert/Böser, DB 2018, 857, 858.

E. Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. unterschiedlicher Token-Modelle

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Beispielhaft sei hier zum einen der ICO des Unternehmens Nexo genannt. Dieses FinTech-Unternehmen vergibt Blockchain-gestützte Kredite und Darlehen mittels eines Token-Netzwerks. Das Geschäftsmodell kennt verschiedene Arten von Tokens, unter anderem die von Nexo selbst als „Dividend Token“ bezeichneten. An die Gesamtheit der Halter dieser Tokens wird monatlich 30 Prozent des Unternehmensgewinns ausgeschüttet.122 Zum anderen sollen Investoren des Unternehmens Overstock, welches mit tZero einen Marktplatz für durch ICOs emittierte Tokens betreibt, zu einem gewissen Anteil an den Quartalsgewinnen des Unternehmens beteiligt werden.123 Investoren erhalten also in beiden Fällen eine wiederkehrende Leistung.

IV. Modell 4: Ausübung von gesellschafterähnlichen Rechten Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit ist das Koppeln von aktiven Rechten innerhalb des Unternehmens an die emittierten Tokens.124 Diese Ausgestaltung erweitert die von Debt Tokens bekannte Gewinnbeteiligung um weitere Rechte. Dementsprechend werden die Token-Inhaber auch am Unternehmenserfolg beteiligt, haben aber zusätzlich organisatorische Rechte im Zusammenhang mit der Unternehmensführung.125 Diese Rechte ähneln dann jenen eines klassischen Gesellschafters und reichen von Stimmrechten bei unternehmensbezogenen Fragestellungen bis zu einem Vorschlagsrecht hinsichtlich der fortschreitenden Programmierung des Projekts. Darüber hinaus sind Informations- und Auskunftsrechte der Inhaber eines Tokens gegenüber der Unternehmensführung denkbar. Das Ziel eines solchen ICOs ist es, die Geschäftsführung eines Unternehmens im Sinne einer (basis-)demokratischen Organisation zu strukturieren. Der tatsächlich gewährte Einfluss auf die Geschäftsführung ist hierbei von der konkreten Ausgestaltung abhängig. Zumindest bei übertragenen Stimmrechten soll jedoch im Anschluss an den ICO die Mehrheit der Token-Inhaber die Geschäftsführung durch ihre Entscheidungen lenken. Dem Abstimmungsergebnis kommt je nach genauer Ausgestaltung Bindungs- oder lediglich Empfehlungswirkung zu. Diesbezüglich ist wiederum der Software-Code entscheidend. Soll der Abstimmung tatsächliche Bindungswirkung zukommen, so kann das Ergebnis automatisiert, anhand der durch 122

Nexo, Token Terms (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter https://nexo.io/assets/down loads/NEXO-Token-Terms.pdf). 123 Overstock, Homepage (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter http://strategiccoin.com/ overstock-announces-details-tzero-ico/). 124 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 1; Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 58; Beckmann, Ubg 2018, 230, 231; Keding, WM 2018, 64, 66; Koch, ZBB 2018, 359, 361; Teichmann, ZfPW 2019, 247, 266 f.; Veil, ZHR 2019, 346, 349; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 17. 125 Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 69; Spindler, WM 2018, 2109, 2110; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 18 f.; vgl. darüber hinaus die fiktive Fallabwandlung 3 von Burchert/Böser, DB 2018, 857, 859.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

einen programmierten Smart Contract festgelegten Unternehmensalgorithmen, ausgeführt werden.126 Auch bei an die Tokens geknüpften Stimmrechten behalten sich die emittierenden Unternehmen jedoch oftmals Möglichkeiten zur Einflussnahme vor. So bestimmen einige Emittenten sogenannte „Kuratoren“, welche eine Vorauswahl hinsichtlich der tatsächlich zur Abstimmung gestellten Entscheidungsmöglichkeiten treffen.127 Beispielhaft seien hier die ICOs der Unternehmen Status oder Aragon genannt. Investoren können Vorschläge einreichen, die im Anschluss der Gesamtheit der Token-Inhaber vorgelegt werden. Diese sind schließlich dazu berechtigt sich mit ja oder nein zum vorgelegten Vorschlag zu äußern.128 Ihre Tokens verlieren die abstimmenden Inhaber im Anschluss nicht. Als weiteres Beispiel muss der bereits angesprochene ICO von The DAO beschrieben werden. Das Projekt war das erste seiner Art und fungiert seitdem als Blueprint für die Gestaltung gesellschaftsähnlicher Tokens. Das Unternehmen sollte wie eine Art Venture-Capital-Fonds fungieren und beabsichtigte, profitabel erscheinende junge Blockchain-Unternehmen zu finanzieren. In diesem Rahmen erwarben Investoren mit den emittierten Token das Recht, über die tatsächliche Unterstützung der jeweiligen Finanzierungsmöglichkeit abzustimmen.129 Die Stimmkraft des jeweils Abstimmenden war dabei an die Anzahl der gehaltenen Tokens gekoppelt.130 Auch die Idee, der eine Vorauswahl treffenden Kuratoren, liegt in dem DAO-Projekt begründet.131

V. Modell 5: Repräsentation tatsächlicher Unternehmensanteile („Equity Tokens“) Schließlich besteht im Rahmen eines ICOs zumindest die theoretische Möglichkeit, dass das initiierende Unternehmen den Erwerb von Unternehmensanteilen an den Erwerb von Tokens bindet.132 Man bezeichnet die emittierten Tokens insoweit 126

Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 6; Beckmann, Ubg 2018, 230, 231 f.; Rohr/Wright, S. 15; Sattler, BB 2018, 2243, 2250. 127 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 91; Langenbucher, AcP 2018, 385, 420; Spindler, WM 2018, 2109, 2110. 128 Vgl. Aragon, Whitepaper (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter https://github.com/ara gon/whitepaper); Status, Whitepaper (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter https://status.im/ whitepaper.pdf). 129 Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 55; Borkert, ITRB 2018, 91, 92; Hacker/Thomale, S. 10; Koch, ZBB 2018, 359, 361; Mann, NZG 2017, 1014, 1015; Simmchen, MMR 2017, 162, 165. 130 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 6; Mann, NZG 2017, 1014, 1015; Sattler, BB 2018, 2243, 2250; Teichmann, ZfPW 2019, 247, 266 f. 131 DAO, Whitepaper, S. 2 (zuletzt abgerufen am 26. 07. 2019 unter https://download.slock. it/public/DAO/WhitePaper.pdf). 132 Langenbucher, AcP 2018, 385, 421; Petritz/Grimmer, taxlex 2017, 382, 383.

E. Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. unterschiedlicher Token-Modelle

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auch als „Equity Tokens“.133 In diesem Fall ähnelt der ICO tatsächlich herkömmlichen IPOs. Der einzelne Token soll hierbei die tatsächliche Inhaberschaft eines Teil an einem Unternehmens repräsentieren, vergleichbar mit einer Aktie.134 Im Rahmen des Aktienrechts ergibt sich die Eigentümerstruktur der Aktiengesellschaft klassischerweise gem. § 67 Abs. 1 AktG aus dem Aktienregister eines Unternehmens, sofern die jeweilige Aktiengesellschaft nicht auf anonyme Inhaberaktien setzt.135 Bei einem Unternehmen, welches Anteile im Rahmen eines ICOs emittiert, würde dies stattdessen innerhalb der Blockchain erfolgen. Wie bereits beschrieben, erlaubt die Blockchain-Technologie die eindeutige und fälschungssichere Zuordnung von (Anteils-)Rechten an den jeweiligen Inhaber des Tokens. Im Anschluss an den erstmaligen Erwerb eines Unternehmensanteils können diese weiterhin veräußert werden, wobei auch dies durch die Veräußerung der Tokens erfolgen würde. Werden Tokens von der Wallet eines Nutzers in die Wallet eines anderen Nutzers übertragen, so geht hiermit auch der entsprechende Unternehmensanteil auf den Erwerber über. Insofern ist die Publizität der Blockchain faktisch sogar weitreichender als jene des Aktienregisters, da nach erfolgter Veräußerung die vorherigen Inhaber, wenn auch pseudonymisiert, weiterhin öffentlich erkennbar sind. Tatsächlich stünden der Nutzung der Blockchain für das Aktienregister also keine zwingenden Hindernisse entgegen.136 In der unternehmerischen Praxis ist diese Form von Tokens bisher dennoch nicht angekommen. Denn gesellschaftsrechtliche Vorschriften verhindern das Koppeln von tatsächlichen Unternehmensanteilen an Tokens oder schränken diese Möglichkeit zumindest soweit ein, dass Equity Tokens für die praktische Umsetzung uninteressant werden. Denn es ist nicht gestattet, die gesellschaftsrechtlichen Ansprüche eines Aktionärs vollumfänglich schuldrechtlich nachzubilden.137 Auch im Rahmen anderer Gesellschaftsformen existieren für ICOs hinderliche Vorschriften, z. B. § 15 Abs. 3 GmbHG, wonach die Abtretung eines Anteils an einer GmbH stets der notariellen Form bedarf. Beispielhaft für diese Gestaltungsmöglichkeit sei dennoch der ICO des Unternehmens „Bitwala“ angeführt. Bitwala bietet klassische Bankdienstleistungen an, die neben gesetzlichen Zahlungsmitteln auch mit Bitcoins durchgeführt werden können. Die Tokens, die Bitwala im Rahmen des ICOs veräußern will, sollen unmittelbar einem Anteil am Unternehmen entsprechen. Demzufolge sollen die In133 Langenbucher, AcP 2018, 385, 421; Petritz/Grimmer, taxlex 2017, 382, 383; Weitnauer, BKR 2018, 231, 232. 134 Vgl. Fischer, in: Heidel, AktR, § 1 Rn. 25; Heider, in: MüKo AktG, Bd. I, § 1 Rn. 99 f.; Franz, in: Wachter, AktG, § 1 Rn. 30 f. 135 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 67 Rn. 3 f.; Heinrich, in: Heidel, AktR, § 67 Rn. 5 ff.; Servatius, in: Wachter, AktG, § 67 Rn. 2 ff. 136 Vgl. Linardatos, K&R 2018, 85, 90; Zetzsche, AG 2019, 1, 13 f.; ähnlich Knaier/Wolff, BB 2018, 2253, 2253 ff. 137 Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 119.

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Kap. 2: Grundlagen, Ablauf und Gestaltungsmöglichkeiten von ICOs

vestoren des Unternehmens zum Erhalt einer Dividende berechtigt sein und weiterhin auch zur Wahrnehmung jeglicher, durch geltendes Gesetz gewährten Rechte eines Unternehmenseigners.138 Das Unternehmen selbst spricht in diesem Zusammenhang von einem ETGE, also einem Equity Token Generating Event. Trotz Ankündigung für das erste Quartal 2018 konnte der ETGE bisher allerdings nicht erfolgreich durchgeführt werden.

VI. Mischformen („Hybrid Tokens“) Emittierte Tokens können nicht immer trennscharf einem der soeben beschriebenen Modelle zugeordnet werden. Soweit die Gestaltung Elemente verschiedener Modelle enthält, handelt es sich um Mischformen. Dies kommt durchaus häufig vor und wird immer häufiger praktiziert.139 Man spricht in diesem Fall von „Hybrid Tokens“.140 Da keine spezifischen gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung der Coins oder Tokens bestehen, ist das Orientieren an den obigen Modellen für Emittenten auch nicht verpflichtend. Wie bereits angedeutet wurde ist die Kreativität der emittierenden Unternehmen lediglich durch die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Normen eingegrenzt.

VII. Ergänzender Hinweis auf die herrschende Meinung im wissenschaftlichen Schrifttum Entgegen der hier vertretenen Unterteilung in fünf verschiedene Modelle von Tokens wird in der wissenschaftlichen Literatur häufig nur in drei Token-Gattungen unterteilt – Currency Tokens, Utility Tokens und Investment Tokens.141 Grund für die Abweichung ist, dass die Literatur entgegen der vorliegenden Arbeit nicht zwischen Tokens, die gesellschafterähnliche Rechte repräsentieren, und Tokens, die bloße 138 Bitwala, ICO Announcement (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter https://blog.bitw ala.com/bitwalas-etge-will-happen-in-q1 – 2018 – 1c8d9507e41d). 139 Borkert, ITRB 2018, 39, 42; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 567; Fisch, S. 4; Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 122; Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 407; Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 489; Veil, ZHR 2019, 346, 349; Weitnauer, BKR 2018, 231, 232. 140 Borkert, ITRB 2018, 39, 43; Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 116; Maume/Fromberger, S. 11; Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 407; Veil, ZHR 2019, 346, 349; Weitnauer, BKR 2018, 231, 232. 141 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.26 ff.; Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 1; Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 4; Borkert, ITRB 2018, 39, 42; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 567; Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 124 f.; Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 116; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 92; Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 407; Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 489; Veil, ZHR 2019, 346, 349; Weitnauer, BKR 2018, 231, 232; Zickgraf, AG 2018, 293, 295 f.

E. Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. unterschiedlicher Token-Modelle

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Zahlungsansprüche begründen, unterscheidet. Demnach werden von der herrschenden Literaturmeinung die Modelle 3 und 4, sowie das (bisher) praktisch unbedeutende Modell 5 unter dem Oberbegriff der Investment Tokens zusammengefasst. Wie im Laufe der Arbeit zu sehen sein wird, kann sich deren rechtliche Bewertung jedoch nuanciert unterscheiden. Daher wird im Folgenden von der soeben dargestellten Unterteilung in fünf Token-Modelle ausgegangen.142

142 Ebenso Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1155; Schiemzik/Kübler, NWB 2018, 2038, 2041.

Kapitel 3

Regulierung zwischen ökonomischer Effizienz und Sozialstaatsprinzip Sämtliche Instrumente der Unternehmensfinanzierung folgen einer eindeutig definierten Zielsetzung: Kapital für das Unternehmen zu generieren, um künftige wirtschaftliche Tätigkeiten zu finanzieren.1 Dies gilt auch für ICOs. Sollten Unternehmen mit dem Mittel ICO dauerhaft nicht in der Lage sein, eine für ihre Zwecke ausreichende Menge Kapital zu erlösen, würden ICOs ihre wirtschaftliche Daseinsberechtigung verlieren und verschwinden auf lange Sicht vom Markt. Folglich ist ihre wirtschaftliche Rentabilität für den Erfolg von ICOs ausschlaggebend. Ob ICOs diese Zielsetzung erreichen können, hängt, wie bei jeglichem wirtschaftlichen Handeln, entscheidend von den rechtlichen Rahmenbedingungen ab, die auf ICOs anwendbar sind.2 Ziel dieser Arbeit wird es im Folgenden sein, den bestehenden Rechtsrahmen von ICOs zu untersuchen und auf gegebenenfalls erforderliche, weitere Regulierungsmaßnahmen aufmerksam zu machen. Notwendig hierfür ist zunächst eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen staatlicher Regulierung. Diesbezüglich wird im nächsten Abschnitt untersucht, was staatliche Regulierung ist und mit welchen wissenschaftlichen Überlegungen sie begründet wird. Weiterhin soll die ökonomische Analyse des Rechts und ihre Bedeutung für die Regulierung von ICOs erläutert werden. Hieraus wird sich folglich ergeben, wann der Staat regelnd in den ICOMarkt eingreifen soll und an welchen Anforderungen er sich hierbei messen lassen muss.

1 Werthschulte, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 1 Rn. 51; Franke/Hax, Finanzwirtschaft, S. 1; Olfert, Finanzierung, S. 33; Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker, Grundzüge Unternehmensfinanzierung, S. 2 f. 2 Vgl. Kessler, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 2 Rn. 101; Knauff, Öff. WirtschaftsR, Rn. 3.

A. Grundbegriffe staatlicher Regulierung

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A. Grundbegriffe staatlicher Regulierung Eine allgemein anerkannte, alle Aspekte staatlicher Regulierung umfassende Definition des Grundbegriffs „Regulierung“ existiert heute nicht.3 Eine ehemals bestehende Legaldefinition innerhalb des § 3 Nr. 13 TKG a. F. ist im Rahmen einer Modernisierung des TKG entfallen.4 Heute wird häufig sprachlich unterschieden zwischen dem „weiten“ Regulierungsbegriff, welcher jedweden staatlichen Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse umfasst, und dem „engen“ Regulierungsbegriff, der das Regulierungsrecht auf die Normierung im Rahmen der Netzwirtschaften beschränkt.5 Begründet wurde die juristische Debatte zur Regulierung entsprechend dem engen Regulierungsverständnis tatsächlich im Zusammenhang mit der gesetzlichen Anpassung der Netzwirtschaften, also des Telekommunikations-, Bahn-, Energie- und Postwesens.6 Diese waren durch die Bildung von wettbewerbshindernden natürlichen Monopolen geprägt. Von natürlichen Monopolen spricht man in diesem Zusammenhang, wenn ein einzelner Anbieter einen gesamten Markt billiger bedienen kann als mehrere Anbieter, da die durchschnittlichen Kosten mit steigender Anzahl an Nachfragern, die der Einzelne bereits bedient, sinken.7 Im Rahmen der oben genannten Wirtschaftsgebiete sollten die natürlichen Monopole im Zuge einer Deregulierung zugunsten des Entstehens von Wettbewerb abgebaut werden.8 Nach heutigem Verständnis ist das Regulierungsrecht jedoch nicht auf diese Wirtschaftsgebiete zu begrenzen.9 Im Rahmen der Politik- und Wirtschaftswissenschaften versteht man Regulierung als staatliche Intervention in den Markt, um ein Markt- oder Staatsversagen zu beheben.10 Auch ein rechtliches Verständnis des Begriffes „Regulierung“ muss einen 3 Ruthig, in: Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, § 2 Rn. 5; Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 1; Eifert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 1; Knauff, Öff. WirtschaftsR, Rn. 388; Bumke, DV 2008, 227, 228. 4 Ruthig, in: Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, § 2 Rn. 5 (Fn. 17); Scheurle/Kaienburg, in: Scheurle/Mayen, TKG, § 1 Rn. 84; Schorkopf, JZ 2008, 20, 21 (Fn. 7). 5 Eifert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 5; vgl. auch Franzius, ZUR 2018, 11, 12 ff. 6 Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 46 f.; Berringer, Regulierung, S. 81; Masing, DV 2003, 1, 4; Schorkopf, JZ 2008, 20, 21. 7 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 54 f.; Gersdorf, in: Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 9 TKG Rn. 25; Leschke, ORDO 2014, 3, 7. 8 Säcker, in: Säcker, TKG, Einleitung I Rn. 3; Knauff, Öff. WirtschaftsR, Rn. 388, 394 f.; Haucap/Uhde, ORDO 2008, 237, 242; Lismann, NVwZ 2014, 691, 692; Masing, DV 2003, 1, 4 f.; Ruffert, AöR 2009, 197, 210. 9 Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 53; Bumke, DV 2008, 227, 227; Röhl, JZ 2006, 831, 833. 10 Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 19, 24 f.; Eifert, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 9; Patz, Staatliche Aufsicht über Finanzinstrumente, S. 16; Franzius, DV 2015, 175, 176; Haucap/Uhde, ORDO 2008, 237, 242; Lismann, NVwZ 2014, 691, 692; Möllers, AcP 2008, 1, 15; Röhl, JZ 2006, 831, 832.

60

Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

wirtschaftlichen Bezug aufweisen.11 Diese Erkenntnis kann jedoch nicht als ausreichend angesehen werden, um die wirtschaftswissenschaftliche Interpretation uneingeschränkt in die Rechtswissenschaft zu übertragen. Um sich aus einer juristischen Perspektive mit dem Thema Regulierung auseinanderzusetzen, gilt es, zwei theoretische Konzeptionen bezüglich der Rolle des Staates innerhalb des Wirtschaftskreislaufs darzustellen. Zum einen ist die Konzeption des Regulierungsrechts Ausdruck einer modernen methodischen Entwicklung des Verwaltungsrechts.12 Recht und Gesetz sollen nicht länger ausschließlich aus einer ex-post Sicht, also im Hinblick auf Norminterpretation und Normanwendung analysiert werden, sondern auch aus einer ex-ante Betrachtung. Das geltende Recht soll demnach zusätzlich auf seine Wirkungen untersucht werden. In diesem Zusammenhang soll die Verwaltungsrechtswissenschaft anhand einer rechtsfolgenorientierten Prognose- und Bewertungsentscheidung zu einer Handlungsempfehlung anleiten.13 Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Rechtsetzung nicht zum Selbstzweck mutiert, sondern mit positiven Folgen für die Gesellschaft verbunden ist. Hierbei werden vor allem wirtschaftswissenschaftliche Gesichtspunkte als entscheidend angesehen (s. u.), sodass man insoweit von einer Ökonomisierung des Verwaltungsrechts spricht.14 Dennoch müssen auch über Markt und Wettbewerb hinausgehende Ziele beachtet werden. Dem Regulierungsverwaltungsrecht geht es demnach darum, die Marktmechanismen durch hoheitliche Maßnahmen zu optimieren. Die wettbewerblichen Funktionen sollen dahingehend instrumentalisiert werden, dass es zu einem sozialverträglichen Wirtschaften kommt.15 Politikwissenschaftlich kommt im Rahmen rechtlicher Regulierung das staatstheoretische Prinzip des Gewährleistungsstaats zum Tragen.16 Hiernach soll der Staat nicht länger selbst für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gegenüber dem Bürger sorgen. Stattdessen solle der Gesetzgeber Strukturen und Rahmenbedingungen schaffen und erhalten, die es privaten Akteuren ermöglichen, diese Aufgaben ei-

11

Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 27; Röhl, JZ 2006, 831, 832. Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 34; Eifert, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 7; Röhl, JZ 2006, 831, 832 f.; Ruffert, AöR 2009, 197, 203 f. 13 Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 34; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 3; Masing, DV 2003, 1, 7. 14 Baumann, RNotZ 2007, 297, 301; Lindner, JZ 2008, 957, 959; Ruffert, AöR 2009, 197, 203 f. 15 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 2; Masing, DV 2003, 1, 7. 16 Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 31; Säcker, in: Säcker, TKG, Einleitung I Rn. 14 f.; Knauff, Öff. WirtschaftsR, Rn. 388; Masing, DV 2003, 1, 31; Röhl, JZ 2006, 831, 832; Säcker, EnWZ 2015, 531, 533 f. 12

B. Rahmen und Ausgestaltung des Regulierungsrechts

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genständig wahrzunehmen.17 Durch die Anpassung dieser vom Staat bereitgestellten Strukturen soll die gesellschaftliche Selbstregulierung angeregt und in Richtung gesellschafts- oder sozialpolitisch motivierter Ziele gelenkt werden.18 Unter Zusammenfassung der soeben dargestellten Ursprünge des Begriffs versteht Ruffert unter Regulierung „dasjenige hoheitliche Handeln, mit dem die Verwaltung auf einen Wirtschaftssektor einwirkt, um sowohl Bedingungen für Wettbewerb zu schaffen und aufrechtzuerhalten als auch die Gemeinwohlsicherung im betroffenen Sektor zu garantieren.“19 Demzufolge wird der enge Regulierungsbegriff also erweitert auf Wirtschaftsgebiete, welche nicht durch Netzwirtschaften geprägt sind. Der weite Regulierungsbegriff wird dadurch eingeschränkt, dass zumindest ein Bezug zu Markt und Wettbewerb erforderlich ist. Nicht jegliches gesellschaftliches Verhalten kann Gegenstand von Regulierung sein, so wie sie hier verstanden wird. Demgegenüber soll Deregulierung den Abbau rechtlicher Regelungen bedeuten, die als ungerechtfertigtes Hindernis für die wirtschaftliche Betätigung und den wirtschaftlichen Wettbewerb empfunden werden.20 Dieses Verständnis der Begriffe von Regulierung und Deregulierung soll im Folgenden auch dieser Untersuchung zu Grunde liegen.

B. Verfassungsrechtlicher Rahmen und Ausgestaltung des Regulierungsrechts Als Rechtsgebiet mit hohem wirtschaftlichen Bezug ist die Gesetzgebung im Rahmen des Regulierungsrechts nicht ausschließlich durch die bindenden rechtlichen Vorgaben, sondern auch durch Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften geprägt. Demnach beruht die Gestaltung des Regulierungsrechts in großem Umfang auf ökonomischen Prinzipien und Ansätzen.

17

Wißmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 15 Rn. 63; Berringer, Regulierung, S. 69; Knauff, Öff. WirtschaftsR, Rn. 389; Franzius, Der Staat 2003, 493, 512; Masing, DV 2003, 1, 31; Ruffert, AöR 2009, 197, 205 f. 18 Schuppert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 16 Rn. 18 f.; Berringer, Regulierung, S. 81; Franzius, Der Staat 2003, 493, 511. 19 Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 58; zustimmend für Kapitalmarktrecht Röhl, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 18 Rn. 34; für Energierecht Säcker, ZNER 2004, 98, 100; für Telekommunikationsrecht Scheurle/Kaienburg, in: Scheurle/Mayen, TKG, § 1 Rn. 83. 20 Ruffert, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 7 Rn. 5; Pätzold/Baade, Stabilisierungspolitik, S. 43; Haucap/Uhde, ORDO 2008, 237, 242.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

I. Grundprinzip Marktwirtschaft Dem Wirtschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland liegt das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft zugrunde. Da das Grundgesetz grundsätzlich als „wirtschaftspolitisch neutral“ gilt21, ist dies jedoch nicht als Ausdruck einer zwingenden verfassungsrechtlichen Vorgabe einzustufen. Vielmehr hängt es von der jeweiligen politischen Entwicklung ab, ob an dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft tatsächlich festgehalten wird. Der politische Gesetzgeber ist also berechtigt, jede ihm funktional und erstrebenswert erscheinende Wirtschaftspolitik zu betreiben.22 Dies wurde explizit vom Bundesverfassungsgericht bestätigt.23 Selbstverständlich wird aber auf politischer Ebene seit geraumer Zeit die Förderung der sozialen Marktwirtschaft als unangefochtenes staatspolitisches Ziel behandelt.24 Der politische Entscheidungsspielraum findet jedoch seine Begrenzung in den Grundrechten der Wirtschaftsteilnehmer sowie den staatstragenden Prinzipien des Art. 20 GG. In diesem Zusammenhang sind folgende Grundrechte entscheidend. Zunächst ist das Privateigentum und dessen Nutzbarkeit durch Art. 14 GG verfassungsrechtlich garantiert. Weiterhin gewährleistet Art. 12 GG (ggf. i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) die Berufs-, Unternehmens- und Gewerbefreiheit sowie die Wettbewerbsfreiheit. Art. 9 Abs. 1 GG garantiert das Recht zur Gründung von Handelsgesellschaften. Art. 2 Abs. 1 GG beinhaltet wiederum die elementaren Rechte der Vertragsfreiheit sowie der Privatautonomie. Gleiches gilt für deren Äquivalente auf Mehrstaatenebene sowie die Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes. Im Zusammenspiel wirken diese Grundrechte als verfassungsrechtlicher Rahmen des Wirtschaftssystems der BRD und begründen eine Funktionsgarantie hinsichtlich eines dezentral geprägten Wirtschaftssystems, geprägt durch die Freiheiten des einzelnen Marktteilnehmers.25 Hierdurch wird zwar keine institutionelle Garantie der Marktwirtschaft begründet, aber dennoch wird ein politisches Abweichen von

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Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 14; Manssen, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 32; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 85 (47. EL 06/2006); Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, Rn. 14. 22 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 21; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 85 (47. EL 06/2006); Badura, AöR 2015, 333, 364; Ruffert, AöR 2009, 197, 198. 23 BVerfG, Urteil v. 20. 07. 1954, Az. 1 BvR 459/52, Rn. 38 = BVerfGE 4, 7, 17 = NJW 1954, 1235, 1236; BVerfG, Urteil v. 01. 03. 1979, Az. 1 BvR 532/77, Rn. 120 = BVerfGE 50, 290, 338 = NJW 1979, 699, 702. 24 Vgl. nur: Koalitionsvertrag 2018, S. 55 Rn. 2465 ff.; Koalitionsvertrag 2014, S. 13; Koalitionsvertrag 2010, S. 5; Ursprung: Düsseldorfer Leitsätze der CDU zur Wirtschaftspolitik vom 15. 07. 1949, S. 1 ff. 25 Schmidt, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 92 Rn. 22; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 88 (47. EL 06/2006); Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 3; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 22; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, Rn. 16.

B. Rahmen und Ausgestaltung des Regulierungsrechts

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deren Grundstrukturen durch die Schutzfunktion der Grundrechte faktisch verhindert.26 Um das System der marktwirtschaftlichen Freiheit der Wirtschaft zu gewährleisten und normativ abzusichern, wird es einfachgesetzlichen Regelungen unterworfen.27 Wie bereits angedeutet, ist die Ausgestaltung dieser Regelungen hauptsächlich dem politischen Ermessen des Gesetzgebers überlassen. Im Zuge der Ökonomisierung des Verwaltungsrechts ist dieser Ermessensspielraum nicht länger ausschließlich vom juristisch Möglichen, sondern auch von politik- und wirtschaftswissenschaftlichen Theorien zur Steigerung des Wohlstands geprägt.

II. Politische und wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen Im Rahmen des Regulierungsrechts hat der Gesetzgeber eine Vielzahl sich gegenseitig beeinflussender Interessenlagen zu berücksichtigen und zu gewichten. Als Besonderheit des Regulierungsrechts muss beachtet werden, dass diese Interessen mitnichten dauerhaft festgelegt sind, sondern dem dynamischen Wandel gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Zielsetzungen unterliegen.28 Die Ziele selbst und insbesondere auch die Wege der Zielerreichung werden sowohl auf Basis von rechtlichen Analysen als auch anhand von politik-, wirtschafts- oder sozialwissenschaftlichen Theorien analysiert. Der Grundgedanke der momentanen Wirtschaftspolitik beruht auf dem Vertrauen in die Kräfte eines freien Marktes. Der marktwirtschaftliche Wettbewerb soll grundsätzlich so wenigen staatlichen Eingriffen wie möglich ausgesetzt sein.29 Freie Märkte bewirken im Sinne ihrer theoretischen Grundkonzeption eine effiziente Allokation von Ressourcen und Gütern, die zu einer marktleistungsgerechten Einkommensverteilung und somit zu einer erhöhten Güterproduktion und einer Steigerung des Wohlstands der Gesamtgesellschaft führen soll.30 Dem Markt kommt weiterhin eine Koordinationsfunktion zwischen Angebot und Nachfrage zu.31 Schließlich werden durch Wettbewerb Leistungsanreize für die Unternehmen ge26 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 35 f.; Schmidt, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 92 Rn. 23; Mann, in: Sachs, GG, Art. 12 Rn. 22; Badura, StaatsR, Teil C Rn. 91. 27 Cremer, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 5 Rn. 1; Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 721 f.; Haucap/Uhde, ORDO 2008, 237, 241. 28 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 87; Berringer, Regulierung, S. 64; Knauff, Öff. WirtschaftsR, Rn. 390. 29 Bofinger, Grundzüge VWL, S. 172 f.; Mussel/Pätzold, Grundfragen Wirtschaftspolitik, S. 2 f.; Schmidt/Schmidt, Europäische Wettbewerbspolitik, S. 9. 30 Bofinger, Grundzüge VWL, S. 3; Brunner/Kehrle, VWL, S. 62 f.; Schmidt/Schmidt, Europäische Wettbewerbspolitik, S. 15. 31 Cremer, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 5 Rn. 12 ff.; Bofinger, Grundzüge VWL, S. 62; Brunner/Kehrle, VWL, S. 59.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

setzt, die konsequenterweise zu einem Zuwachs an Innovationen führen sollen.32 Nach den Wirtschaftswissenschaften bildet die Förderung von freien Märkten und Wettbewerb folglich das primäre Ziel des Regulierungsrechts innerhalb des Systems der sozialen Marktwirtschaft.33 Während von freiwilliger Selbstregulierung effizienzsteigernde Wirkungen ausgehen sollen, soll eine zu weitreichende staatliche Regulierung die Vorteile dieses freien Marktes zunichtemachen.34 Gleichzeitig erkennen jedoch auch die Wirtschaftswissenschaften Schwächen eines freien Marktes an. Als Ausprägung der Theorie vom Gewährleistungsstaat soll die staatliche Wirtschaftspolitik diese Schwächen eindämmen, um so die Versorgungswirkung der Märkte zu sichern. Zunächst muss die Anfälligkeit freier Märkte für Kartell- und Monopolbildungen als Schwäche genannt werden. Der Gesetzgeber muss als Antwort hierauf Wirtschaftspolitik mit Allokationswirkung betreiben.35 Weiterhin muss Wirtschaftspolitik eine Humanisierungswirkung aufweisen und hierdurch Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere des Existenzminimums, gewährleisten.36 Schließlich soll der Wirtschaftspolitik Stabilisierungswirkung zukommen, so dass auch zyklische Schwankungen der wirtschaftlichen Entwicklung abgeschwächt werden können.37 Die ökonomischen Ziele der Wirtschaftspolitik lassen sich am prägnantesten in der Formel des sogenannten „Magischen Vierecks“ darstellen. Hiernach soll die Wirtschaftspolitik bestenfalls gleichzeitig zum Erreichen der folgenden Zielsetzungen beitragen: zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsgrad, zu stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum und zu außenwirtschaftlichem Gleichgewicht.38 Neben diesen ökonomischen Zielen verfolgt die Wirtschaftspolitik jedoch eine Vielzahl an weiteren gesellschafts- oder sozialpoli-

32 Cremer, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 5 Rn. 25; Bofinger, Grundzüge VWL, S. 3; Brunner/Kehrle, VWL, S. 70. 33 Ruthig, in Arndt/Fetzer/Scherer/Graulich, TKG, § 2 Rn. 8; Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. II, § 33 Rn. 94; Brunner/Kehrle, VWL, S. 98; Knauff, Öff. WirtschaftsR, Rn. 393; Schmidt/Schmidt, Europäische Wettbewerbspolitik, S. 10; Röhl, JZ 2006, 821, 832. 34 Paal/Hennemann, ZRP 2017, 215, 215; Suda/Tejblum/Francisco, CRi 2017, 97, 101; vgl. zu Publizitätspflichten Blaseg, S. 7 f. 35 Bofinger, Grundzüge VWL, S. 175; Brunner/Kehrle, VWL, S. 85; Mussel/Pätzold, Grundfragen Wirtschaftspolitik, S. 5 f.; Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 150 f. 36 Bofinger, Grundzüge VWL, S. 174; Brunner/Kehrle, VWL, S. 86; Mussel/Pätzold, Grundfragen Wirtschaftspolitik, S. 7 f.; Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 151; Masing, DV 2003, 1, 6, 25. 37 Bofinger, Grundzüge VWL, S. 176; Brunner/Kehrle, VWL, S. 85 f.; Mussel/Pätzold, Grundfragen Wirtschaftspolitik, S. 8 ff.; Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 151. 38 Bofinger, Grundzüge VWL, S. 252; Brunner/Kehrle, VWL, S. 103; Mussel/Pätzold, Grundfragen Wirtschaftspolitik, S. 22; Pätzold/Baade, Stabilisierungspolitik, S. 4; Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 487.

B. Rahmen und Ausgestaltung des Regulierungsrechts

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tischen Zielen.39 Diese stellen teilweise Reaktionen auf die soeben beschriebenen Schwächen des Marktsystems dar, teilweise handelt es sich jedoch auch um politische Zielsetzungen eigener Art. Wirtschaftliche Regeln dienen hiernach Zielen, die nach einer rein ökonomischen Betrachtung nicht erstrebenswert scheinen. Hierzu zählen z. B. der Umweltschutz, die Verwirklichung sozialer Chancengleichheit sowie der Jugend-, Daten- und Verbraucherschutz. Gemäß des dem deutschen Recht zugrundeliegenden Prinzips der Normenhierarchie müssen einfache Gesetze jedoch immer die verfassungsrechtlich gesetzten Grenzen einhalten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang etwa die Grundrechte, die staatstragenden Prinzipien des Art. 20 GG sowie die Prinzipien der Wesentlichkeit, des Parlamentsvorbehalts oder das Verbot des Einzelfallgesetzes.40 Diesem Maßstab muss auch das Regulierungsrecht entsprechen.

III. Verfassungsrechtlicher Rahmen des Regulierungsrechts Die Verfassung legt hierbei nur in formeller Hinsicht einen konkreten Rahmen für das Regulierungsrecht fest, nämlich durch die allgemeine Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen und des Gesetzgebungsverfahrens.41 Als Folge der wirtschaftspolitischen Offenheit des Grundgesetzes nimmt dieses in materiell-rechtlicher Hinsicht wenig Einfluss auf den Inhalt der Regulierungsgesetze.42 Zwar normiert das Grundgesetz in den Art. 87e Abs. 4 GG und Art. 87 f Abs. 1 GG ausdrückliche Gewährleistungsaufträge für verschiedene Netzwirtschaften. Für die Regulierung von ICOs sind diese jedoch nicht relevant. Stattdessen kann der parlamentarische Gesetzgeber das Regulierungsrecht grundsätzlich in freier gestalterischer Entscheidung erlassen. Aufgrund der Dynamik gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Zielsetzungen ist dies durchaus sachgerecht. Denn somit wird auch dem Gesetzgeber ein erhöhtes Maß an Spielraum zugestanden, wie auf politische Herausforderung zu reagieren ist. In negativer Hinsicht wird die Aufgabe der inhaltlichen Bestimmung hierbei durch die Grenzziehungen der Grundrechte beschränkt. Positiv wirkt die Verfassung lediglich durch die Postulierung von Staatszielen und Staatsprinzipien auf den materiellen Inhalt des Regulierungsrechts ein.43 39 Eifert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 18; Berringer, Regulierung, S. 64; Könen, ZHR 2018, 684, 685. 40 Sachs, in: Sachs, GG, Art. 19 Rn. 8 f.; Badura, StaatsR, Teil F Rn. 6; Ziekow, Öff. WirtschaftsR, § 3 Rn. 6, 8. 41 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 88; Eifert, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 159; Berringer, Regulierung, S. 163. 42 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 88 f.; Eifert, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 159; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 85 (47. EL 06/2006). 43 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 96, 101; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 443; Badura, AöR 2015, 333, 341 ff., 361; Lindner, JZ 2008, 957, 961.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

Staatszielbestimmungen sind materielle Prinzipien von Verfassungsrang mit rechtlich bindender Wirkung, die dem Staat die dauerhafte Beachtung und Erfüllung sachlich umschriebener Ziel- und Zwecksetzungen vorgeben.44 Deren Bindungswirkung ist jedoch rein objektiver Natur, was bedeutet, dass der Staat zu deren dauerhafter Förderung und Beachtung verpflichtet ist. Sie begründen jedoch kein subjektives, einklagbares Recht des Einzelnen und auch keinen unmittelbaren Leistungsanspruch.45 Art und Mittel der Zielerfüllung schreibt die Verfassung nicht vor, deren Auswahl obliegt alleine den politischen Entscheidungen des Gesetzgebers.46 1. Förderung von Markt und Wettbewerb im Grundgesetz Art. 109 Abs. 2 Halbsatz 2 GG schreibt als Staatszielbestimmung die Herstellung und Erhaltung eines ökonomischen, gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vor.47 Der Begriff des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist als unbestimmter Rechtsbegriff der Konkretisierung durch den einfachen Gesetzgeber zugänglich und bedürftig. Diese Konkretisierung erfolgt in § 1 StWG, welcher die wirtschaftswissenschaftlichen Stabilitätskriterien des magischen Vierecks in Gesetzesform überleitet.48 Sowohl der Art. 109 Abs. 2 Halbsatz 2 GG als auch der § 1 StWG sind dabei durch die oben dargestellten ökonomischen Überlegungen geprägt.49 Eine finale verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Vornahme eines konkreten staatlichen Handelns lässt sich hieraus dennoch nicht ableiten.50 Die Norm erlegt dem Staat lediglich eine inhaltlich nicht näher konkretisierte Pflicht auf, im Rahmen seiner Haushaltspolitik die wirtschaftlichen Voraussetzungen der freiheitlichen Rechts-

44 Badura, StaatsR, Teil D Rn. 42; Maurer, StaatsR I, § 6 Rn. 9; Schmidt, Staatsorganisationsrecht, Rn. 306. 45 Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Bd. II, Art. 20a Rn. 24; Wolff, in: Hömig/Wolff, GG, Art. 20a Rn. 3; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 20a Rn. 12. 46 Baer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 11 Rn. 4; Wolff, in: Hömig/Wolff, GG, Art. 20a Rn. 5; Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 20a Rn. 17; Badura, AöR 2015, 333, 341 f. 47 Heun, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 109 Rn. 26; Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 109 Rn. 96 (62. EL 05/2011); Badura, AöR 2015, 333, 341; wohl auch Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 109 Rn. 43. 48 Kirchhof, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. III, Art. 109 Rn. 42, 44; Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 109 Rn. 99 (62. EL 05/2011); Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. II, Art. 109 Rn. 20; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 109 Rn. 41; Pätzold/Baade, Stabilisierungspolitik, S. 11. 49 Heun, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 109 Rn. 26 ff.; Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. II, Art. 109 Rn. 20. 50 Heun, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 109 Rn. 31; Kirchhof, in: v. Mangoldt/Klein/Strack, GG, Bd. III, Art. 109 Rn. 45; Badura, StaatsR, Teil I Rn. 86.

B. Rahmen und Ausgestaltung des Regulierungsrechts

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ordnung und der Stabilität von Staat und Gesellschaft zu beachten.51 Die Wirkung der Norm erstreckt sich allerdings auch auf sonstiges Staatshandeln.52 Da es sich jedoch lediglich um einfaches Gesetz handelt, genügt eine Gesetzesänderung, um die Bindung an die Stabilitätspolitik durch § 1 StWG aufzuheben. Weiterhin konstituieren Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG und das hierin enthaltene Wirtschaftlichkeitsgebot eine gewisse Bindung des einfachen Gesetzgebers an die von den Wirtschaftswissenschaften entwickelten Prinzipien der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit.53 Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG konstituiert primär eine Pflicht zu klassischer Finanzkontrolle in Form der Rechnungsprüfung. Darüber hinaus wird jedoch eine weitere Pflicht des Bundesrechnungshofs definiert. Dieser ist hiernach verpflichtet, die gesamte Wirtschaftsführung des Staates auf seine Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen.54 Es werden allerdings nur die eingesetzten Mittel überprüft. Ob das jeweilige Ziel der Maßnahme vereinbar mit wirtschaftlichen Kriterien ist, unterfällt nicht dem Prüfungsbereich der Vorschrift.55 Auch hierdurch wird kein einklagbares subjektives Recht begründet.56 Die Bindungswirkung der Wirtschaftlichkeitsüberprüfung beschränkt sich darauf, die Selbstkontrolle von Gesetzgebung und Verwaltung zu ermöglichen.57 Schließlich hat auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung die Bedeutung eines funktionsfähigen Wettbewerbs betont.58 Nach dem Bundesverfassungsgericht soll die Wettbewerbsfreiheit Ausprägung des Art. 12 Abs. 1 GG sein. Hierin ist zwar keine institutionelle Systemgarantie der Marktwirtschaft zu sehen (s. o.). Allerdings folgt hieraus ein freiheitliches Recht der Unternehmer auf Teilhabe 51 Heun, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 109 Rn. 26; Kirchhof, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. III, Art. 109 Rn. 51; Badura, StaatsR, Teil I Rn. 86; Badura, AöR 2015, 333, 343; Lindner, JZ 2008, 957, 961. 52 Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 109 Rn. 87 (62. EL 05/2011); Badura, StaatsR, Teil I Rn. 86; Badura, AöR 2015, 333, 343. 53 Franzius, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 4 Rn. 65; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. III, Art. 114 Rn. 86 ff.; Kube, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 114 Rn. 97 ff. (53. EL 10/2008). 54 Heun/Thiele, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 114 Rn. 24 f.; Kienemund, in: Hömig/Wolff, GG, Art. 114 Rn. 3; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. III, Art. 114 Rn. 83. 55 Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. III, Art. 114 Rn. 87; Kube, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 114 Rn. 102 (53. EL 10/2008); Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. II, Art. 114 Rn. 23. 56 Heun/Thiele, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 114 Rn. 35; Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. III, Art. 114 Rn. 120 ff.; Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. II, Art. 114 Rn. 37. 57 Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. III, Art. 114 Rn. 95; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 114 Rn. 2. 58 BVerfG, Beschluss v. 08. 02. 1972, Az. 1 BvR 170/71, Rn. 19 = GRUR 1972, 358, 360 = NJW 1972, 573, 573 f.; BVerfG, Beschluss v. 26. 06. 2002, Az. 1 BvR 558/91, Rn. 43 = NJW 2002, 2621, 2622; vgl. hierzu Wieland, in: Dreier, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 32; Scholz, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 12 Rn. 88 (47. EL 06/2006); Badura, StaatsR, Teil C Rn. 80.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

an einem grundsätzlich freien Wettbewerb59, was insbesondere auch die Freiheit über Investitionsentscheidungen einschließt. Das Bundesverfassungsgericht betont jedoch weiterhin, dass dieser Wettbewerb rechtlicher Gestaltung bedarf.60 Der Gesetzgeber habe Regelungen zu erlassen, die einen funktionsfähigen Wettbewerb fördern, und Regelungen zu unterlassen, die solchen Wettbewerb einschränken. Das Ziel des Gesetzgebers hierbei müsse laut den Verfassungsrichtern ein funktionsfähiger Wettbewerb sein, nicht jedoch notwendigerweise ein reiner Wettbewerb.61 Jede Regulierungsmaßnahme stellt einen Eingriff in die grundsätzlich gewährleisteten Freiheiten der Marktteilnehmer dar, was wiederum bedeutet, dass die rechtlichen Regelungen ihrerseits an den individuellen Grundrechten der Wirtschaftsteilnehmer gemessen werden müssen.62 Primär gilt hier Art. 12 Abs. 1 GG zu beachten, weswegen innerhalb des Regulierungsrechts grundsätzlich der Vorbehalt des Gesetzes gilt.63 Dies begründet ebenfalls die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, weshalb gesetzgeberische Initiativen des Regulierungsrechts durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein müssen.64 2. Förderung von Markt und Wettbewerb auf europarechtlicher Ebene Gleichzeitig lässt sich der verfassungsrechtliche Rahmen des Regulierungsrechts heute nur mit Bedacht auf die Einbettung in die Vorgaben des EU-Rechts bestimmen.65 Das EU-Recht genießt auch gegenüber der deutschen Verfassung Anwendungsvorrang.66 Im Gegensatz zum Grundgesetz ist in den europäischen Verträgen verbindlich festgelegt, dass die Staaten der EU einem System der offenen Markt59 BVerfG, Beschluss v. 08. 02. 1972, Az. 1 BvR 170/71, Rn. 19 = GRUR 1972, 358, 360 = NJW 1972, 573, 573 f.; vgl. hierzu Wieland, in: Dreier, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 70; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 44. 60 Wieland, in: Dreier, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 32; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Rn. 125 (39. EL 07/2001); Bumke, DV 2008, 227, 238. 61 Vgl. Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 4; Bumke, DV 2008, 227, 238 f.; Röhl, JZ 2006, 831, 833; ebenso Terhechte, in: Stober/Paschke, WirtschaftsR, Rn. 1270. 62 Eifert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 16; Schmidt, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 92 Rn. 25; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 44; Badura, StaatsR, Teil C Rn. 80; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, Rn. 31, 62. 63 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 86; Manssen, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 32; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, Rn. 129. 64 Schmidt, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 92 Rn. 27; Badura, StaatsR, Teil C Rn. 81; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 447; Lindner, JZ 2008, 957, 961; vgl. auch Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 42. 65 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 116; Badura, AöR 2015, 333, 334; Ruffert, AöR 2009, 197, 201. 66 Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV, Art. 1 EUV Rn. 18 ff.; Badura, AöR 2015, 333, 347.

B. Rahmen und Ausgestaltung des Regulierungsrechts

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wirtschaft verpflichtet sind (vgl. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 EUV und weiterhin Art. 119, 120 AEUV).67 Sie sind darüber hinaus im Rahmen des „effet utile“-Prinzips (Art. 4 Abs. 3 EUV) verpflichtet, an der Verwirklichung der Ziele der europäischen Verträge aktiv mitzuwirken. Dies beinhaltet demnach auch die Förderung und Verwirklichung des Systems der offenen Marktwirtschaft. Gleichzeitig ist in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 EUV die Sozialpflichtigkeit des angestrebten Wettbewerbs angelegt worden. Dennoch kann sich hieraus kein eindeutig bestimmbarer Auftrag für das Regulierungsrecht herleiten lassen. Zum einen ist dem EU-Recht zwar grundsätzlich Vorrang einzuräumen. Dies kann aber nicht zu einer umfassenden, verfassungsändernden Gewalt des EU-Gesetzgebers führen.68 Faktisch würde dies aber eintreten, wollte man den Spielraum des nationalen Gesetzgebers im Rahmen des Regulierungsrechts entgegen der Konzeption des Grundgesetzes auf den Gehalt des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 EUV verengen. Im Übrigen gilt, wie im nationalen Verfassungsrecht auch, dass aufgrund der hohen Abstraktheit der primärrechtlichen Normen die konkrete Ausgestaltung der Regulierung dem Gesetzgeber obliegt. Mit den Mitteln des sekundären Gemeinschaftsrechts (vgl. Art. 288 AEUV) nimmt dieser dementsprechend großen Einfluss auf das nationale Regulierungsrecht der Mitgliedstaaten. Hieraus folgt, dass zwar europäisches Sekundärrecht den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers beeinflusst. Allein aus der primärrechtlichen Festlegung auf das System der offenen Marktwirtschaft entsteht jedoch noch keine Verpflichtung, konkrete Vorhaben umfassend an dieser Vorgabe auszurichten. 3. Sozialstaatsprinzip Der Schutz und die Förderung von Markt und Wettbewerb sind somit als konkretisierungsbedürftige Staatszielbestimmungen in der Verfassung Deutschlands und in den europäischen Verträgen verankert. Diesen verfassungsrechtlichen Ausprägungen des Schutzes von Markt und Wettbewerb steht häufig das in Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG konstituierte Staatsprinzip des sozialen Rechtsstaats, welches zugleich auch Staatszielbestimmung ist, gegenüber.69 Staatsprinzipien sind im Unterschied zu Staatszielbestimmungen formelle Grundprinzipien der Staatsorganisation, die die Grundentscheidungen der Verfassungsordnung darstellen und somit die Struktur des Staates und das Verhalten seiner Bediensteten und Organe

67 Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV, Art. 3 AEUV Rn. 25; Müller-Graff, in: FrankKomm EUV GRC AEUV, Bd. I, Art. 3 EUV Rn. 39; Geiger, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV AEUV, Art. 3 EUV Rn. 7; Schmidt, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 92 Rn. 34; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, Rn. 20. 68 Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 288 AEUV Rn. 64 (48. EL 08/2012); Badura, AöR 2015, 333, 347; Bumke, DV 2008, 227, 234. 69 Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 55; Kämmerer, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 3; Terhechte, in: Stober/Paschke, WirtschaftsR, Rn. 1224; Badura, StaatsR, Teil D Rn. 38.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

festlegen.70 Als Teil der verfassungsrechtlichen Ordnung sind die Staatsprinzipien der Abwägung zugänglich. Soweit sie mit anderen verfassungsrechtlich geschützten Positionen, in diesem Fall der Förderung von Markt und Wettbewerb, in Konflikt treten, sind die gegenläufigen Vorgaben im Wege der Auslegung und umfassenden Abwägung untereinander in Ausgleich zu bringen.71 Das Sozialstaatsprinzip steht jedoch nicht zwangsläufig in Widerspruch zum Marktprinzip. Einerseits versteht sich das Sozialstaatsprinzip im Zusammenhang mit dem Regulierungsrecht zwar als Einschränkung der strikten Verpflichtung zur Förderung von Markt und Wettbewerb. Andererseits sorgt erst der Wohlstand, der durch die Marktwirtschaft generiert wird, für die Möglichkeit des Staates, seine sozialen Verpflichtungen gegenüber den Bürgern zu erfüllen.72 Die Wirtschaftsförderung ist daher ebenso integraler Bestandteil des sozialen Staatsziels. Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Gesetzgeber jedoch, diese Wirtschaftsförderung im Sinne einer sozial gerechten Ordnung auszugestalten.73 Konkret beinhaltet dies unter anderem die Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums, Teilhabe am allgemeinen Wohlstand oder die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.74 In Zusammenhang gesetzt mit den Wirtschaftswissenschaften begründet das Sozialstaatsprinzip die Verpflichtung, den sozialschädlichen Nachteilen eines unkontrollierten Marktes entgegenzuwirken.75 Markt und Wettbewerb sollen dort gefördert werden, wo sie dem allgemeinen Wohlstand dienen, aber dort beschränkt werden, wo dies nicht länger der Fall ist. Dann muss die Marktwirtschaft durch Regeln und Normen derart gesteuert werden, dass sie mit dem sozialen Staatsziel und sonstigen ethischen Anforderungen vereinbar bleibt.76 Wie die Förderung von Markt und Wettbewerb auch, ist die konkrete Ausgestaltung des sozialen Staatsziels ebenfalls von einem weiten Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers geprägt.77 70

Dreier, in: Dreier, GG, Bd. II, Art. 20 (Einführung) Rn. 5; Maurer, StaatsR I, § 6 Rn. 5. Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. 2 (73. EL 12/2014); Sachs, in Sachs, GG, Art. 20 Rn. 6, 54. 72 Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 60; Wittig, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 1.54; Badura, StaatsR, Teil D Rn. 39; Lindner, JZ 2008, 957, 961. 73 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 97; Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 53. 74 Wieland, in: Dreier, GG, Bd. I, Art. 12 Rn. 26; Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 97; Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 25 ff.; Badura, StaatsR, Teil D Rn. 35; Ruffert, AöR 2009, 197, 211. 75 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 98; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, Rn. 274; Ziekow, Öff. WirtschaftsR, § 13 Rn. 7. 76 Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 1 Rn. 74; Hoffman-Riem, in: Eifert/Hoffmann-Riem, Innovation und rechtliche Regulierung, S. 30; Zacher, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. II, § 28 Rn. 57; Ruffert, AöR 2009, 197, 205. 77 Wittreck, in: Dreier, GG, Bd. II, Art. 20 (Sozialstaat) Rn. 25; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 5 Rn. 99; Grzeszick, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 20 VIII Rn. 4 (73. EL 12/2014); Sachs, in: Sachs, GG, Art. 20 Rn. 48; Badura, StaatsR, Teil D Rn. 36. 71

C. Die ökonomische Analyse des Rechts

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IV. Wechselwirkungen von juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen Im Ergebnis lässt sich bezüglich des Zusammenspiels von Rechts- und Wirtschaftswissenschaften Folgendes feststellen: Die Ausgestaltung und Zielsetzung des Gesetzgebungsprozesses erfolgt anhand wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse. Primär soll hierbei im Rahmen der Regulierung des Wirtschaftsrechts für ein möglichst freiheitliches marktwirtschaftliches System gesorgt werden, um so den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand zu mehren. In diesem Sinne zeichnet sich ein derartiges System durch eine optimale Allokation knapper Güter und Ressourcen sowie ein stetig andauerndes Wirtschaftswachstum aus.78 Hierbei gilt es jedoch, in politischer Hinsicht ebenso die Erfüllung weiterer, nicht notwendigerweise wirtschaftlicher, Ziele zu beachten. Diese gesellschaftspolitischen Ziele schließen die Orientierung an wirtschaftswissenschaftlichen Überlegungen jedoch nicht aus. Denn die Förderung von Markt und Wettbewerb soll gerade auch dazu dienen, diese außerökonomischen Ziele zu erreichen. Die Bedeutung der klassischen Rechtswissenschaft hingegen beschränkt sich hauptsächlich darauf, dem durch die Wirtschaftswissenschaften ausgestalteten Spielraum Grenzen zu setzen. Eine gewisse Bedeutung hinsichtlich der inhaltlichen Ausformung kommt dem Recht jedoch durch die Bestimmungen von Staatsprinzipien und Staatszielbestimmungen zu. Durch deren Zusammenspiel mit einfachgesetzlichen Konkretisierungen sowie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Wettbewerbsfreiheit ist der einfache Gesetzgeber zumindest an die Grundsätze dieser Ziele gebunden. Diese verbinden sich im Ergebnis zu einem verfassungsrechtlichen Auftrag an den einfachen Gesetzgeber, das wirtschaftliche Regulierungsrecht derart auszugestalten, dass es wettbewerbs- und marktbezogenes Handeln dahingehend fördert und instrumentalisiert, dass dieses dem Gemeinwohl dient.79

C. Die ökonomische Analyse des Rechts Um dieser komplexen Aufgabe gerecht zu werden, ist es notwendig, Rechtswissenschaft im Sinne der modernen Verwaltungsrechtswissenschaft folgenorientiert zu betreiben. Rechtsfolgen neuer Gesetze müssen vorhergesagt und mit den beabsichtigen Zielen abgeglichen werden. Hieran muss sich der Gesetzgeber bei der Konzeption neuer Regelungen orientieren. Erforderlich ist also die Durchführung

78

Schmidt, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. IV, § 92 Rn. 41; Säcker, EnWZ 2015, 531, 532. Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 1 Rn. 74; Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 19 Rn. 1; Bumke, DV 2008, 227, 229 (Fn. 9); Franzius, ZUR 2018, 11, 12; Säcker, EnWZ 2015, 531, 534. 79

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

einer Folgenprognose und einer Folgenbewertung.80 Die Vornahme dieser Folgenanalyse ermöglichen kann die insbesondere von Posner begründete ökonomische Analyse des Rechts.81 In Deutschland wurde die ökonomische Analyse insbesondere von Eidenmüller sowie Schäfer und Ott etabliert.82 Die Theorie bewertet die durch das Recht ausgelösten Folgen anhand ihrer ökonomischen Wirkungen. Anhand dieser kann eine Aussage darüber getroffen werden, wie Recht gestaltet sein müsste, um zu einem ökonomisch vorteilhaften Zustand zu gelangen.83

I. Grundkonzeption der ökonomischen Analyse des Rechts Die ökonomische Lehre wirkt in zweierlei Weise. Die positive ökonomische Lehre einerseits versucht, wirtschaftliche Ereignisse zu erklären und zu prognostizieren.84 Andererseits hingegen ist es Anspruch der normativen ökonomische Lehre, diese Ereignisse anhand zuvor definierter Kriterien zu bewerten.85 Diese Überlegungen gelten sinngemäß auch für die ökonomische Analyse des Rechts. So sollen die Folgen des Rechts in positiver Hinsicht bestimmt und gleichfalls in normativer Hinsicht bewertet werden. Die Ursprünge des ökonomischen Verhaltensmodells und der ökonomischen Analyse des Rechts finden sich in der philosophischen Diskussion zum Utilitarismus. Die von Bentham, Mill und Sidgwick geprägte Philosophie des Utilitarismus beruht auf dem Gedanken, dass Individuen ihr Handeln allein danach ausrichten, Schmerz zu vermeiden und Freude zu erlangen, um so den persönlichen Vorstellungen von Glückseligkeit zuzustreben (sog. „Nützlichkeitstheorie“).86 Deren Grundaussage solle nicht lediglich ein auf Eigennutz ausgelegtes, individualistisches Konzept sein, sondern vielmehr auch kollektivistische Handlungsweisen beeinflussen. Eine ein80 Lepsius, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 4 Rn. 86; Eifert, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. I, § 19 Rn. 154 f.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 3; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 5; Bisges, ZUM 2014, 930, 930; Kluth, ZRP 2017, 194, 194. 81 Vgl. Posner, Economic Analysis of Law; Posner, The Economics of Justice. 82 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR. 83 Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, Einleitung Rn. 14; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 4; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 306a; Baumann, RNotZ 2007, 297, 297; Taupitz, AcP 1996, 114, 122. 84 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 6; Petersen/Towfigh, in: Towfigh/ Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 6; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 21; Ráfales, BRJ 2014, 41, 42. 85 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 7; Petersen/Towfigh, in: Towfigh/ Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 8; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 21; Möllers, AcP 2008, 1, 11; Ráfales, BRJ 2014, 41, 43. 86 Petersen/Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 8; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 24; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 379; Zippelius, Rechtsphilosophie, S. 82; Baumann, RNotZ 2007, 297, 302.

C. Die ökonomische Analyse des Rechts

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zelne Handlung solle daher immer danach bewertet werden, wie sich der Pegel an Glück und Schmerz aller durch die Handlung betroffener Gemeinschaftsmitglieder verändere.87 Die Summe des Eigennutzes aller Individuen stelle hierbei den Gesamtnutzen der Gemeinschaft dar.88 Demnach sei es Aufgabe des Staates, Gesetze derart zu gestalten, dass der Nutzen bzw. der Wohlstand für die Gesamtgesellschaft maximiert werde.89 Aufbauend auf dem Utilitarismus versteht die Ökonomik den Menschen als rational und nutzenmaximierend denkendes Individuum (sog. „homo oeconomicus“).90 Sowohl Privatleute als auch Unternehmen würden demnach ihren Umgang mit den knappen Ressourcen des Wirtschaftskreislaufs danach ausrichten, den eigenen Gewinn zu maximieren.91 Dieser Gewinn bestimmt sich anhand einer KostenNutzen-Rechnung, welche durch die persönlichen Präferenzen, äußere Umstände und den Preis der jeweiligen Ressource bestimmt wird.92 Die ökonomische Analyse des Rechts überträgt die Erwägungen der Nützlichkeitstheorie schließlich auf das Verhältnis des Menschen zu Rechtsetzung und Rechtsprechung. Auch diesen solle das jeweilige Individuum rational und nutzenmaximierend gegenüberstehen. Hiernach wirken rechtliche Regelungen wie eine Verbilligung bzw. Verteuerung einer bestimmten Verhaltensweise gegenüber einer anderen.93 Dies bedeutet gleichzeitig, dass eine Rechtsnorm, die nicht mit einer irgendwie gearteten Sanktion einhergeht, faktisch unverbindlich ist. Denn eine Verteuerung der jeweiligen Verhaltensweise tritt nicht ein.94 Das Recht wird folglich als Restriktion in die Nützlichkeitsabwägung einer Handlung eingepreist. Nach dieser Grundkonzeption wird der homo oeconomicus tendenziell eine Verhaltensweise 87

Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 25; Rodi, Ökonomische Analyse ÖffR, S. 13; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 26; Kirchgässner, JZ 1991, 104, 106; Taupitz, AcP 1996, 114, 117. 88 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 379; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 26; Zippelius, Rechtsphilosophie, S. 82. 89 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 27; Rodi, Ökonomische Analyse ÖffR, S. 13; Baumann, RNotZ 2007, 297, 298; Kirchgässner, JZ 1991, 104, 107; Möllers, AcP 2008, 1, 11; Scraback, GPR 2017, 234, 235. 90 Sacksofsky, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. II, § 40 Rn. 31; Baer, Rechtssoziologie, § 3 Rn. 94; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 4; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 96; Atta/Beckmann, BRJ 2014, 170, 170; Bisges, ZUM 2014, 930, 930; Steinbeck/Lachenmaier, NJW 2014, 2086, 2087. 91 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 29; Bisges, ZUM 2014, 930, 930; Steinbeck/ Lachenmaier, NJW 2014, 2086, 2087. 92 Sacksofsky, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. II, § 40 Rn. 36; Baer, Rechtssoziologie, § 3 Rn. 94; Bisges, ZUM 2014, 930, 931; Möllers, AcP 2008, 1, 10. 93 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 14; Sacksofsky, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, VwR, Bd. II, § 40 Rn. 33; Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 67; Baer, Rechtssoziologie, § 4 Rn. 163. 94 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 34; Fleischer, ZGR 2001, 1, 3; Möllers, AcP 2008, 1, 13.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

wählen, die nicht mit der rechtlichen Sanktion verbunden und somit im Verhältnis zu sanktionsbewehrten Verhaltensweisen billiger ist.95 Sollte die jeweilige Verhaltensweise jedoch trotz rechtlichen Verbots die Handlungsalternative sein, die seinen Präferenzen am ehesten entspricht, wird der ökonomisch denkende Mensch diese dennoch ausüben.

II. Lehre der Wohlfahrtsökonomik und Effizienz Um den Aufgaben der Folgenanalyse und Folgenbewertung nachkommen zu können, ist notwendig, dass die ökonomische Analyse des Rechts über einen ihr inhärenten Bewertungsmaßstab verfügt.96 Dieser Bewertungsmaßstab muss nicht lediglich dazu geeignet sein, verschiedene Situationen zueinander in Relation zu setzen. Zusätzlich muss auch gewährleistet sein, dass die Höhe der Unterschiede quantifizierbar ist.97 Dieser Maßstab ist das von der Lehre der Wohlfahrtsökonomie geprägte ökonomische Effizienzkriterium.98 Im Rahmen des interdisziplinären Umfelds der ökonomischen Analyse des Rechts wurde das wirtschaftswissenschaftliche Effizienzkriterium von der Rechtswissenschaft übernommen – ein eigenständiger juristischer Effizienzbegriff existiert daneben nicht.99 Die Wohlfahrtsökonomik hat zwei eigenständige Kriterien zur Effizienzbestimmung entwickelt, von denen sich jedoch nur eines für die Bewertung von Recht eignet. Nach dem sogenannten „Pareto-Kriterium“ soll ein bestimmter Zustand relativ betrachtet einem anderen Zustand dann vorzuziehen sein, wenn mindestens ein Individuum diesen Zustand dem anderen vorzieht und gleichzeitig alle anderen betroffenen Individuen diesem Zustand zumindest neutral gegenüberstehen.100 Ein solcher, besserer Zustand wird als pareto-superior bezeichnet, wohingegen ein Zustand als pareto-optimal bezeichnet wird, wenn kein anderer Zustand existiert, den ein Individuum als vorzugswürdig empfindet.101 Für die juristische Bewertung von 95

Siehe Baer, Rechtssoziologie, § 4 Rn. 163; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 182 ff. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 41; Baumann, RNotZ 2007, 297, 298; Schwalbe, ZHR (Beiheft) 2008, S. 45. 97 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 47 f. 98 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 41; Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 87; Baumann, RNotZ 2007, 297, 297; Bisges, ZUM 2014, 930, 930. 99 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 55; Baumann, RNotZ 2007, 297, 298; ähnlich Fleischer/Zimmer, ZHR (Beiheft) 2008, S. 12 f. 100 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 8; Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 90; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 48; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 13 f.; Atta/Beckmann, BRJ 2014, 170, 170 f.; Schwalbe, ZHR (Beiheft) 2008, S. 45 f. 101 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 8; Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 91; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 48; Atta/Beckmann, BRJ 2014, 170, 170. 96

C. Die ökonomische Analyse des Rechts

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Gesetzgebungsvorgängen ist das Pareto-Kriterium jedoch ungeeignet. Denn bereits ein Einzelner, der dem neuen Zustand nicht präferierend oder neutral gegenübersteht, reicht aus, um eine positive Bewertung der Maßnahme zu verhindern.102 Da gleichzeitig keine staatliche Maßnahme denkbar ist, die nicht für irgendeinen Bürger irgendeinen Nachteil mit sich bringt, würde eine Bewertung von Recht nach dem Pareto-Kriterium staatliches Handeln faktisch zum Erliegen bringen. Demgegenüber kann nach dem sogenannten „Kaldor/Hicks-Kriterium“ ein bestimmter Zustand auch dann eine Verbesserung gegenüber einem anderen Zustand darstellen, wenn diese Veränderung für eine oder mehrere Personen eine Verschlechterung darstellt. Hierfür ist lediglich erforderlich, dass die Gewinne der einen ausreichen, um die Verluste der anderen hypothetisch auszugleichen.103 Im Rahmen der ökonomischen Analyse des Rechts wird das Kaldor/Hicks-Kriterium dazu herangezogen, einzelne rechtliche Maßnahmen danach zu bewerten, ob diese im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse bereits als optimal einzustufen sind oder ob eine andere rechtliche Maßnahme zu vorzugswürdigeren Ergebnissen führen würde.104 Grundsätzlich wäre es möglich, dass in diesem Zusammenhang jeder beliebige Zweck eingesetzt werden kann und sich die Effizienz jeweils anhand dieses Ziels bemisst. Nach der ökonomischen Lehre jedoch soll Effizienz selbst das Ziel sein, dem die Rechtsordnung zu dienen verpflichtet ist.105 Andersartige Zwecksetzungen sollen nur dann verfolgt werden können, wenn diese zumindest auch eine Förderung des ökonomischen Effizienzziels bedeuten.106 Zusammenfassend wird eine Rechtsnorm im Speziellen und rechtliche Regulierung im Allgemeinen folglich dann von der ökonomischen Analyse des Rechts positiv bewertet, wenn sie die wirtschaftliche Effizienz des Regelungsgegenstandes steigert.

III. Rolle des Staates nach dem Coase-Theorem Wie bereits beschrieben wurde, sollte sich die Rolle des Staates nach dem Konzept des Gewährleistungsstaats darauf beschränken, Strukturen und Rahmenbedingungen 102

Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 8; Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 92; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 49 f.; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 13; Kirchgässner, JZ 1991, 104, 109. 103 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 9; Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 93; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 51; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 24; Atta/Beckmann, BRJ 2014, 170, 170; Baumann, RNotZ 2007, 297, 298; Möllers, AcP 2008, 1, 10; Scraback, GPR 2017, 234, 235. 104 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 52; Baumann, RNotZ 2007, 297, 298; Kirchgässner, JZ 1991, 104, 109. 105 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 57; Baumann, RNotZ 2007, 297, 300; Taupitz, AcP 1996, 114, 123. 106 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 57; Taupitz, AcP 1996, 114, 124.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

zu schaffen, innerhalb derer die Privatgesellschaft ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten selbst regelt. Um diese Rolle des Staates nach der ökonomischen Analyse des Recht zu rechtfertigen, müsste dies ökonomisch betrachtet effizienter sein als eine Situation, innerhalb derer der Staat die wirtschaftlichen Angelegenheiten der Gesellschaft eigenhändig ausführt. Die ökonomische Analyse des Rechts versucht dies mittels des sogenannten „Coase-Theorems“ zu belegen. Das Coase-Theorem beruht auf verschiedenen Grundgedanken. Hierfür ist es erforderlich, dass rechtliche Positionen definiert und einem Verfügungsberechtigten zugewiesen werden, handelbar sind und einen Marktwert aufweisen.107 Die Übertragung dieser Positionen geht allerdings mit dem Entstehen von Kosten einher, die nicht ausschließlich im Rahmen der Herstellung oder Erbringung des jeweiligen Gutes anfallen. Stattdessen entstehen zusätzliche Kosten durch die Nutzung des Marktes in Zusammenhang mit der Transaktion der Rechtsposition. Dementsprechend spricht man von Transaktionskosten. Dies umfasst anfallende Kosten für Verhandlungen, Informationsbeschaffung, etwaige Vertragsanpassungen, die Kontrolle oder auch die Kapitalbeschaffung.108 Die Effizienzhypothese der ökonomischen Analyse des Rechts verlangt, dass jede Rechtsposition demjenigen zugewiesen wird, der ihr die höchste Nützlichkeit beimisst. Die Rechtsordnung ist demnach verantwortlich dafür, dass dieser nach Effizienzkriterien betrachtet optimale Zustand hergestellt wird.109 Dem Coase-Theorem zufolge soll dies primär durch private Verhandlungen der Rechtssubjekte untereinander erreicht werden (sog. „Verhandlungslösung“).110 Der Staat andererseits solle nicht durch Interventionismus in den Markt eingreifen. Diese zurückgedrängte Rolle des Staates wird durch die „Invarianzthese“ von Coase bestimmt, wonach bei Abwesenheit von Transaktionskosten Verhandlungen stets zu einer optimalen Allokation von Ressourcen führen, völlig unabhängig davon, wem die Ressourcen anfänglich zugeordnet wurden.111 Dies beruht auf den folgenden Grundüberlegungen: Wann immer eine Rechtsposition einem Rechtssubjekt zusteht, welches dieser den absolut höchsten Nutzen zumisst, so ist eine optimal effiziente Lösung bereits erzielt. Die Rechtsordnung muss und darf folglich nicht einschreiten, um die Situation zu verändern. Misst jedoch eine andere interessierte 107

Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 62 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 112; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 73. 108 Brunner/Kehrle, VWL, S. 401; Gläßner, Beschränkung des Vertriebs von Finanzprodukten, S. 133 f.; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 73; Baumann, RNotZ 2007, 297, 297; Beckers/Hoffrichter, EnWZ 2014, 57, 58; Hansen/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR Int 2007, 461, 467 f. 109 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 63; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 72; Möllers, AcP 2008, 1, 10. 110 Baumann, RNotZ 2007, 297, 297; Möllers, AcP 2008, 1, 10; Scraback, GPR 2017, 234, 235. 111 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 61; Fleischer, ZGR 2008, 1, 15 (Fn. 79); Hansen/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR Int 2007, 461, 466 f.

C. Die ökonomische Analyse des Rechts

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Partei der Rechtsposition einen höheren Nutzen zu als die das Recht innehabende Partei, so wird diese Partei die Rechtsposition zu einem Preis erwerben, der über dem quantifizierten Nutzen der innehabenden Partei, aber unter dem quantifizierten Nutzen der interessierten Partei liegt. Die Differenz zwischen beiden stellt den Spielraum dar, innerhalb dessen eine Verhandlungslösung für beide Parteien ökonomisch vorteilhaft wäre. Eidenmüller spricht insoweit von einem kooperativen Überschuss.112 Wollte nun der Staat durch einen Eingriff in den Markt eine ebenso effiziente Lösung erwirken, so hätte er durch Rechtsprechung oder Rechtsetzung dafür zu sorgen, dass die Rechtsposition derjenigen Partei zugewiesen wird, die ein höheres Interesse an ihr hat. Um die andere Partei ökonomisch nicht schlechter zu stellen, müsste der Staat zusätzlich anordnen, dass die begünstigte Partei dem vorherigen Inhaber der Rechtsposition einen Ausgleich zahlt. Demzufolge würde also durch eine bloße Verhandlung, ebenso wie durch einen staatlichen Eingriff, dieselbe ökonomische Situation hergestellt werden.113 Unabhängig vom rechtlichen Weg dorthin, würde die Inhaberschaft der Rechtsposition im Endeffekt demjenigen zuzuweisen sein, der ihr den höchsten Nutzen zumisst. Allerdings gehen auch rechtliche Eingriffe mit hohen Transaktionskosten einher, was den kooperativen Überschuss gegenüber der Verhandlungslösung verringert. Ein staatlicher Eingriff in den Markt ist also unerwünscht, da die Verhandlungslösung der Parteien zu einer optimalen Allokation von Rechtspositionen führt, unterstellt, bei beiden Parteien handelt es sich um homines oeconomici.114 Die Vorteile der Verhandlungslösung können jedoch nur solange Wirkung entfalten, wie die im Rahmen der Übertragung anfallenden Transaktionskosten geringer ausfallen als der zu erzielende kooperative Überschuss.115 Denn die Transaktionskosten verringern für die Parteien den Spielraum, innerhalb dessen eine für beide Seiten ökonomisch vorteilhafte Lösung erzielbar ist. Sind die Transaktionskosten höher als der kooperative Überschuss, wird die Transaktion unterbleiben, was bedeutet, dass die Rechtsposition bei einem Rechtssubjekt verbleibt, welches nicht dasjenige Rechtssubjekt ist, welches der Rechtsposition den größten Nutzen zumisst. Eine effiziente Zuordnung von Rechtspositionen durch den Markt ist dann unmöglich. Nach der ökonomischen Analyse des Rechts ist dementsprechend auch gerade hierin die Aufgabe des Staates zu sehen: Er hat durch die Rechtsordnung Strukturen zu schaffen, die ein ökonomisch optimales Ergebnis zulassen. Dies bedeutet, er hat primär dafür zu sorgen, dass Transaktionen von Rechtspositionen generell möglich 112

Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 61. Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 60 ff. für eine Erläuterung unter Angabe eines Beispielsfalls. 114 Baer, Rechtssoziologie, §4 Rn. 164; Hansen/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR Int 2007, 461, 466 f.; Scraback, GPR 2017, 234, 235. 115 Cremer, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 5 Rn. 100; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 61 f.; Baumann, RNotZ 2007, 297, 297; Hansen/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR Int 2007, 461, 467; Scraback, GPR 2017, 234, 235. 113

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

sind und die Transaktionskosten innerhalb des Marktes gering gehalten werden.116 Hierdurch werden Verhandlungslösungen gefördert, die eine effiziente Ressourcenverteilung bedingen. Sollte dennoch eine Markttransaktion an zu hohen Transaktionskosten scheitern, ist es Aufgabe des Staates, durch die Rechtsordnung interventionistisch in den Markt einzugreifen und eine ökonomisch effiziente Situation herzustellen.117 Dies solle dadurch erreicht werden, dass die Rechtsordnung versucht, die Situation zu simulieren, die bestehen würde, falls die Transaktion nicht an den zu hohen Transaktionskosten gescheitert wäre.118 Das Coase-Theorem der ökonomischen Analyse des Rechts und die staatstheoretische Annahme des Gewährleistungsstaats bedingen einander. Das Zurückziehen des Staates aus seiner Rolle als Leistungserbringer hin zu einem bloßen Gewährleister von Rahmenbedingungen für den Markt führt gleichsam zu einer ökonomisch effizienten Verteilung von Rechtspositionen und Ressourcen.

IV. Kritik an der ökonomischen Analyse des Rechts An der ökonomischen Analyse des Rechts wird jedoch vielfach Kritik geübt. So sei bereits die Grundannahme eines dem Recht rational und nutzenmaximierend gegenüberstehenden Menschen unrealistisch. Die moderne Verhaltensökonomie habe gezeigt, dass es den reinen homo oeconomicus nicht gebe und dieser vielmehr Irrbild einer wissenschaftlichen Theorie sei.119 Denn es existieren Situationen, in denen Menschen, empirisch nachweisbar, nicht ausschließlich danach streben, ihren eigenen Gewinn zu maximieren. Neben die Rationalität tritt auch emotionales oder selbstloses Handeln.120 Beispiele aus dem Bereich des Rechts wären insbesondere das Familien- oder Erbrecht, da hier unwirtschaftliche Zielsetzungen der Bürger häufig höher gewichtet werden als das ökonomische Effizienzziel. Weiterhin wird die Annahme kritisiert, dass das Erreichen eines optimalen Zustands von ökonomischer Effizienz das einzige oder zumindest höchste Ziel des Rechts sein solle.121 Die ökonomische Analyse solle in diesem Zusammenhang nicht nur in Bezug auf die 116 Cremer, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 5 Rn. 93; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 63; Baumann, RNotZ 2007, 297, 300; Hansen/Schmidt-Bischoffshausen, GRUR Int 2007, 461, 465; Möllers, AcP 2008, 1, 10; Scraback, GPR 2017, 234, 235. 117 Morell, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 165; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 63; Baumann, RNotZ 2007, 297, 300. 118 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 63; Baumann, RNotZ 2007, 297, 297; Scraback, GPR 2017, 234, 235. 119 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 39; Rodi, Ökonomische Analyse ÖffR, S. 22 f.; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 103 f.; Baumann, RNotZ 2007, 297, 302; Bisges, ZUM 2014, 930, 931, Buck-Heeb, BKR 2017, 89, 96. 120 Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 83 f.; Baer, Rechtssoziologie, § 4 Rn. 168; Rodi, Ökonomische Analyse ÖffR, S. 26. 121 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 8; Fezer, JZ 1988, 223, 224; Lindner, JZ 2008, 957, 959; Möllers, AcP 2008, 1, 6; Taupitz, AcP 1996, 114, 125.

D. Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts

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Rechtsetzung, sondern auch in Bezug auf die Rechtsprechung gelten.122 Auch gesellschaftlich notwendige Zielvorgaben müssten, bei nicht gegebener Wirtschaftlichkeit, unumgänglich dem ökonomischen Effizienzziel nachstehen. Hieran wird kritisiert, dass eine an diesen Grundsätzen ausgerichtete Rechtsanwendung oder Rechtsetzung nicht mit den grundlegenden Anforderungen der Rechtswissenschaft an Gerechtigkeit und ethische Regeln oder den verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechten einhergehen kann.123 Das radikale Ausrichten der Rechtsordnung an Vorgaben der ökonomischen Effizienz solle Handlungsfreiheiten begrenzen.124 Schließlich sei aus rechtstheoretischer Sicht die Fixierung auf die Rechtsfolgenseite problematisch („Output-Gesetzgebung“). Denn hiernach sei grundsätzlich jede Rechtsnorm legitimiert, die für ökonomische Effizienz sorgt. Verfassungsrechtliche Legitimation muss jedoch hierüber hinausgehen. Insbesondere sind in diesem Zusammenhang auch formale Fragen entscheidend, etwa das Einhalten eines demokratischen Verfahrens.125 Trotz aller Kritik kann die ökonomischen Analyse des Rechts hinsichtlich der Regulierung von ICOs Bedeutung erlangen. Der Umfang dieser Bedeutung ist jedoch unter anderem von der Art des zu regelnden Rechtsgebiets abhängig. Geklärt werden muss also zunächst, inwieweit sie einen Erkenntnisgewinn in Hinblick auf die Materie von ICOs liefern kann.

D. Relevanz der ökonomischen Analyse des Rechts für die Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts Ihrem theoretischen Ansatz nach verfolgt die ökonomische Analyse des Rechts einen umfassenden Geltungsanspruch innerhalb des Rechtssystems. Demnach soll sich die Ausrichtung des Rechts an dem ökonomischen Effizienzziel sowohl auf jeglichen Gesetzgebungsprozess als auch auf die nachfolgende Auslegung sämtlicher, bereits geschaffener Rechtsnormen beziehen. Auch eine Beschränkung auf bestimmte Rechtsgebiete soll es nach der Grundkonzeption der ökonomischen

122

Baumann, RNotZ 2007, 297, 298, 300; Taupitz, AcP 1996, 114, 125; a.A. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 414 ff.; so aber der Fall in den USA, vgl. Möllers, AcP 2008, 1, 5. 123 Towfigh, in: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, Rn. 88; Rodi, Ökonomische Analyse ÖffR, S. 14; Fezer, JZ 1988, 223, 224; Lindner, JZ 2008, 957, 959 f.; Möllers, AcP 2008, 1, 6. 124 Badura, AöR 2015, 333, 350; Baumann, RNotZ 2007, 297, 302; Ruffert, AöR 2009, 197, 209. 125 Baer, Rechtssoziologie, § 4 Rn. 173; Rodi, Ökonomische Analyse ÖffR, S. 14; Bisges, ZUM 2014, 930, 932.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

Analyse des Rechts nicht geben. Vielmehr soll das Recht umfassend am ökonomischen Effizienzkriterium ausgerichtet werden.126 In ihrem Ursprungsland, den Vereinigten Staaten von Amerika, nimmt die ökonomische Analyse des Rechts dementsprechend durchaus großen Einfluss auf Rechtsetzung und Rechtsanwendung.127 Sie entspricht innerhalb des amerikanischen Ausbildungssystems einem eigenständigen Fachgebiet der Rechtswissenschaft und ist dabei tatsächlich nicht auf einzelne Rechtsgebiete beschränkt, sondern wirkt innerhalb des gesamten Rechtssystems.128 Im Rahmen der deutschen Rechtsordnung ist ein solch weitreichender Einfluss bisher jedoch nicht zu erkennen.129 Dies hängt zum einen mit der soeben erläuterten Kritik zusammen. Zum anderen fördert die unterschiedliche historische Entwicklung der Rechtsdogmatik in den Vereinigten Staaten den Einfluss der ökonomischen Analyse des Rechts. Durch das dem amerikanischen Recht zugrundeliegenden Prinzip des Case Law und dem generell größeren Einfluss der amerikanischen Richter war es diesen möglich, die ökonomische Analyse des Rechts in ihre Urteile einfließen zu lassen und somit in der amerikanischen Rechtsordnung zu verankern.130 Da die deutsche Rechtsordnung eine solche Fokussierung auf richterliche Entscheidungen nicht kennt, konnte die Theorie ihren Weg in die deutsche Rechtsordnung lediglich über den Gesetzgebungsprozess finden.131 Dennoch kann die ökonomische Analyse des Rechts in geeigneten Situationen selektiv Einfluss auf das deutsche Recht nehmen. Zum einen ist anerkannt, dass sich ein innerhalb des Gesetzgebungsprozesses geschaffener Einfluss der ökonomischen Effizienz auf die Rechtsanwendung fortwirkt. Das ökonomische Effizienzkriterium kann also dann als Auslegungshilfe herangezogen werden, wenn ein Gesetz seinerseits bereits aufgrund einer wohlfahrtssteigernden Zielsetzung erlassen wurde.132 Zum anderen kann die ökonomische Analyse, als einer der wenigen Ansätze überhaupt, zu einer wissenschaftlich fundierten Evaluation des Rechts herangezogen werden. Dies ist innerhalb des Gesetzgebungsvorgangs relevant, wenn die Not126

Kunz/Mona, Rechtsphilosophie, Rn. 7.73; Baumann, RNotZ 2007, 297, 298; Bechtold, GRUR Int 2008, 484, 484. 127 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 19; Baumann, RNotZ 2007, 297, 297; Bechtold, GRUR Int 2008, 484, 484; Fleischer, ZGR 2001, 1, 15; Möllers, AcP 2008, 1, 5. 128 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 19; Baumann, RNotZ 2007, 297, 300; Fleischer, ZGR 2001, 1, 15. 129 Fleischer, ZGR 2001, 1, 16; Taupitz, AcP 1996, 114, 128; auch Schäfer/Ott beziehen sich in ihrem Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Rechts ausschließlich auf das Zivilrecht. 130 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 416; Krengel, Mindestbesteuerung und Effizienz, S. 11; Möllers, AcP 2008, 1, 5. 131 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 414 ff.; Krengel, Mindestbesteuerung und Effizienz, S. 11; Fleischer/Zimmer, ZHR (Beiheft), S. 22 f. 132 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 452; Krengel, Mindestbesteuerung und Effizienz, S. 14; Grundmann/Riesenhuber, JuS 2001, 529, 533 f.; Möllers, AcP 2008, 1, 6; Ráfales, BRJ 2014, 41, 43.

D. Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts

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wendigkeit besteht, Folgen neuer Regelungen zu antizipieren und mit den beabsichtigten Zielen zu vergleichen. Die ökonomische Analyse des Rechts stiftet daher Nutzen bei der rechtlichen Umsetzung des politisch motivierten Ziels der wirtschaftlichen Effizienz. Selbstverständlich kann sich der Gesetzgeber hierbei nicht ausschließlich auf das ökonomische Effizienzziel fokussieren. Die ökonomische Analyse des Rechts kann jedoch zur Folgenabschätzung herangezogen werden, wenn über die ökonomische Effizienz hinaus das Zusammenspiel mit anderen politischen Zielen nicht vernachlässigt wird.133 Folglich kann sie daher bei jenen Rechtsgebieten in besonderem Maße zum Gesetzgebungsprozess beitragen, die bereits ihrer Natur nach einen starken Wirtschaftsbezug aufweisen, z. B. im Rahmen des Gesellschaftsoder Wettbewerbsrechts.134 Für die Frage nach dem Einfluss der ökonomischen Theorie des Rechts auf eine mögliche Regulierung von ICOs ist daher deren Einordnung in einen größeren Rahmen hilfreich.

I. Prägung des Rechtsrahmens von ICOs durch das Kapitalmarktrecht Naheliegend erscheint eine Einordnung von ICOs in die normativen Grundstrukturen des Kapitalmarktrechts. Auf dem Kapitalmarkt wird grundsätzlich momentan verfügbares gegen künftiges Kapital getauscht.135 Der Kapitalmarkt übernimmt die volkswirtschaftlich überaus relevante Zusammenführung von Kapitalnachfragern (Unternehmen) und Kapitalanbietern (Investoren).136 Nur hierdurch ist volkswirtschaftliches Wachstum möglich, da Unternehmen anderenfalls nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung hätten, um ihr Geschäft zu betreiben und weiter zu entwickeln. Im heutigen Wirtschaftskreislauf ist es die Regel, dass sich Unternehmen hauptsächlich am Kapitalmarkt finanzieren und nicht länger durch Kredite von Banken.137 Bricht man die Funktionen von ICOs auf den Kern herunter, so verbleibt auf Seite der Emittenten der Erlös von Kapital, welches im Anschluss zum Wirtschaften verwendet werden kann. Investoren hingegen wollen durch den ICO momentan nicht benötigtes Kapital gewinnbringend einsetzen – sei es in Form von Nutzungsrechten oder in Form des Mehrens des eingesetzten Kapitals in der Zukunft. Es geht also 133

Kunz/Mona, Rechtsphilosophie, Rn. 7.100; Möllers, AcP 2008, 1, 6. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 5; Bumke, DV 2008, 227, 256. 135 Bumke, DV 2008, 227, 231; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 24. 136 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 128; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 24; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 11; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.10; Bumke, DV 2008, 227, 230 f.; Sester, ZGR 2009, 310, 317. 137 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.3; Stäcker, in: Habersack/ Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 1 Rn. 7. 134

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

darum, die Ressource Kapital demjenigen zu gewähren, der sie am sinnvollsten einsetzen kann. Für das Zurverfügungstellen soll der Investor entlohnt werden. Demnach wird auch im Rahmen von ICOs grundsätzlich momentan verfügbares Kapital gegen ein zukünftiges Mehr an Kapital eingetauscht. Es ist folglich überzeugend, das ICOs betreffende Recht dem Kapitalmarktrecht zuzuordnen. Denkstrukturen und Rechtsprinzipien, welche im Kapitalmarktrecht gelten, sind folglich auch zu einer Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen von ICOs heranzuziehen. Der Begriff des Kapitalmarktrechts umfasst die Normen, welche den Handel von Vermögensanlagen, also Aktien, Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten, an öffentlichen Marktplätzen betreffen.138 Durch das Kapitalmarktrecht reguliert werden neben dem Verhalten der Marktteilnehmer und der Ausgestaltung der Marktprodukte auch die Organisation der Marktplätze selbst.139 Der Kapitalmarkt ist ein reiner Finanzmarkt und daher von Gütermärkten abzugrenzen.140 Beim Kapitalmarktrecht handelt es sich um eine Querschnittsmaterie, in welcher gesellschafts-, börsen-, banken- und wirtschaftsverwaltungsrechtliche Normen gelten.141 Dieser soeben benannte Rechtsrahmen ist zu großen Teilen europarechtlich geprägt. Primärrechtlich ist der Kapitalmarkt zunächst im Rahmen der Herstellung des supranationalen Binnenmarktes und der Verwirklichung des Wettbewerbsprinzips gem. Art. 3 Abs. 3 EUV verortet. Die Begründung und Vereinheitlichung der Banken- und Kapitalmarktunion wird darüber hinaus durch die Art. 63 ff. AEUV vorgegeben, welche die individuelle Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit der EU-Bürger absichern.142 Die Ausgestaltung der Kapitalmarktunion wird vom europäischen Gesetzgeber durch eine Vielzahl von sekundärrechtlichen Maßnahmen vorangetrieben. Das deutsche Recht beruht heute regelmäßig auf der Implementierung von EUVerordnungen (Art. 288 Abs. 2 AEUV) oder der Umsetzung europäischer Richtlinien (Art. 288 Abs. 3 AEUV).143 Das Sekundärrecht kennt hierbei vier wesentliche Instrumente – Prospekte, Regelungen der Marktinfrastruktur, Bekämpfung von Marktmissbrauch und Transparenzinstrumente.144

138 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 110; Bumke, DV 2008, 227, 230; ähnlich Wittig, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 1.10; Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 51. 139 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 110; Wittig, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 1.10; Veil, in: Veil, Europäisches KapitalmarktR, § 2 Rn. 1; Mülbert, WM 2001, 2085, 2087. 140 Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 11; Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 217. 141 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 110 f.; Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 50. 142 Bröhmer, in: Calliess/Ruffert, EUV, Art. 63 AEUV Rn. 5. 143 Wittig, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 1.59; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 72 ff.; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.91. 144 Vgl. Veil, ZHR 2019, 346, 365 f.

D. Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts

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Im Rahmen des klassischen Kapitalmarkts wird hierbei zwischen dem Primärund dem Sekundärmarkt unterschieden.145 Der Primärmarkt beschreibt das erstmalige Zusammentreffen von Emittent und Investor146, während der Sekundärmarkt den anschließenden Handel der Investoren untereinander mit diesem Finanzprodukt meint147. Dementsprechend wären ICOs als Vorgang des Primärmarkts einzuordnen und der Handel der Tokens auf Kryptobörsen als Vorgänge des Sekundärmarkts.

II. Ökonomische Analyse im Rahmen der Gesetzgebung unter Beachtung der Regelungsziele des Kapitalmarktrechts Da die ökonomische Analyse des Rechts Rechtsfolgen analysieren möchte, sind die beabsichtigten Rechtsfolgen der kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zu untersuchen, um die Anwendbarkeit der ökonomischen Analyse des Rechts zu beleuchten. Entscheidendes Kriterium jeglicher kapitalmarktrechtlicher Norm ist das Herstellen von Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.148 Da am Kapitalmarkt zukünftige und damit unsichere Positionen gehandelt werden, ist dies wesentlich dafür, dass der Kapitalmarkt die ihm zugewiesenen volkswirtschaftlichen Aufgaben erfüllen kann. Um das Vertrauensziel zu erreichen, verfolgen die sekundärrechtlichen Regulierungsansätze zwei Ziele: Funktionsschutz und Anlegerschutz.149 1. Funktionsschutzaspekt des Kapitalmarktrechts Der Funktionsschutz wird weithin als primäres Ziel der Kapitalmarktregulierung angesehen.150 Funktionierende Kapitalmärkte sind ein öffentliches Gut und wirken

145 Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 37; Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 15; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 13 f. 146 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.63; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 38; Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 16 f.; Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 218. 147 Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 1 Rn. 94; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 39; Seiler/Geier, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 18; Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 218. 148 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 112; Bumke, DV 2008, 227, 232; Fleischer, ZGR 2001, 1, 30 f.; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 2 ff. 149 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 118; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.141; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 20; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 101; Mülbert, ZHR 2013, 160, 171. 150 Wittig, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 1.10; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.67; Patz, Staatliche Aufsicht über Finanzinstrumente, S. 8; Möllers, AcP 2008, 1, 7.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

als Voraussetzung für das Wachstum einer Volkswirtschaft.151 Dadurch, dass Unternehmen Kapital zur Entwicklung ihres Geschäfts aufnehmen können, profitieren sowohl diese von einem profitablen Kapitalmarkt als auch der Staat, der einen wesentlichen Teil seiner öffentlichen Aufgaben über den Kapitalmarkt finanziert. Der Funktionsschutzaspekt umfasst seinerseits drei Teilgebiete – den institutionellen, den operationalen und den allokativen Funktionsschutz.152 Regelungen, die dem institutionellen Funktionsschutz dienen, sollen die Grundlagen eines ordnungsgemäßen Marktes absichern. Dies umfasst den grundsätzlich freien Marktzugang für Unternehmen und Investoren, ausreichende Liquidität des Marktes und ein ausreichendes Angebot an verschiedenen standardisierten Finanztiteln.153 Der operationale Funktionsschutz soll die Durchführung von Transaktionen auf dem Kapitalmarkt erleichtern, insbesondere sind die auftretenden Kosten für Investoren und Unternehmen zu begrenzen.154 Der allokative Funktionsschutz soll schließlich sicherstellen, dass das gehandelte Kapital tatsächlich dorthin fließt, wo es den größten volkswirtschaftlichen Nutzen haben kann.155 Dies ist dort der Fall, wo das Verhältnis von hoher Rendite bei genügender Sicherheit optimal ausfällt.156 Die Funktionalität eines Kapitalmarkts ist demnach dann maximiert, wenn dessen Liquidität, Handelsvolumen und allokative Effizienz optimal sind.157 Diese Teilaspekte des Funktionsschutzes weisen einen übergeordneten wirtschaftlichen Zusammenhang auf: Vertrauensschutz wirkt wohlfahrtssteigernd im ökonomischen Sinne.158 Die einzelnen Aspekte des Funktionsschutzes sind daher Grundlage eines effizienten und vertrauensbasierten Marktes im Sinne der ökono151 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.144; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.68; Bumke, DV 2008, 227, 230; Möllers, AcP 2008, 1, 16. 152 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.147; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 3; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 21; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.71; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 102; Köndgen, ZHR (Beiheft) 2008, S. 101; Mülbert, ZHR 2013, 160, 172. 153 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.148; Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 76; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.76. 154 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.163; Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 75; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 22; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.75; Köndgen, ZHR (Beiheft) 2008, S. 106. 155 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.168; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 3; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 21; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.72; Köndgen, ZHR (Beiheft) 2008, S. 106; Möllers, AcP 2008, 1, 7; Mülbert, ZHR 2013, 160, 172. 156 Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 21; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.72; Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 9. 157 Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 220; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 14; Sester, ZGR 2009, 310, 333. 158 Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 14; ähnlich auch Assmann, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 1 Rn. 3; Fleischer, ZGR 2001, 1, 30.

D. Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts

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mischen Analyse. Der allokative Aspekt des Funktionsschutzes entspricht quasi dem Grundgedanken des Coase-Theorems, wonach Rechtspositionen stets demjenigen zugewiesen werden sollen, der der jeweiligen Rechtsposition den größten Nutzen beimisst. Auch sonst entspricht das Funktionsschutzziel der dem Staat innerhalb des Coase-Theorems zugewiesenen Rolle. Dieser solle zunächst einen Markt bereitstellen und erhalten (institutionell) und zusätzlich dafür sorgen, dass die Transaktionskosten gering sind, sodass die Verhandlungen der Marktteilnehmer zu effizienten Lösungen führen können (operational). Wenn dies der Fall ist, sorgen die Marktteilnehmer selbst für eine optimale Verteilung der Rechtspositionen (allokativ). Weiterhin ist eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts auch messbar, nämlich anhand des Kaldor/Hicks-Kriteriums. Die Gewinne einiger Marktteilnehmer müssen ausreichen, um die Verluste der anderen Marktteilnehmer theoretisch ausgleichen zu können. Demnach ermöglicht die ökonomische Analyse, die Auswirkungen eines künftigen Gesetzes anhand des Funktionsschutz-Ziels zu bemessen, und sollte daher im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses angewendet werden. 2. Anlegerschutzaspekt des Kapitalmarktrechts Insbesondere seit der Finanzkrise ab dem Jahre 2008 ist der Anlegerschutz verstärkt Gegenstand von Gesetzgebungsmaßnahmen geworden.159 Auch der Anlegerschutz muss seinerseits unterteilt werden, wobei man den individuellen und den überindividuellen Anlegerschutz unterscheidet.160 Der individuelle Anlegerschutz erstrebt tatsächlich den Schutz des einzelnen Anlegers vor Verlusten am Kapitalmarkt, wobei dies aufgrund der spekulativen Natur der am Kapitalmarkt gehandelten Positionen nicht umfassend zu erreichen ist.161 Dies beinhaltet insbesondere einen entsprechenden individuell einklagbaren Schadensersatzanspruch bei einem Fehlverhalten der Emittenten.162 Der überindividuelle Anlegerschutzaspekt dagegen betrifft die Anlegerschaft als solche. Hiernach soll deren Vertrauen in die Integrität und Stabilität des Handels auf dem Kapitalmarkt gestärkt werden, z. B. durch Vorschriften zum Insiderhandel, zum Marktmissbrauch, zu Publizitätspflichten oder zu möglichen strafrechtlichen Folgen.163 159

Bamberger, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 1 Rn. 123; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.22; Möslein, JZ 2012, 243, 243. 160 Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 20; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.69 f.; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 105. 161 Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 2; Seiler/Geier, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 79; Bumke, DV 2008, 227, 255; Mülbert, ZHR 2013, 160, 172. 162 Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 79; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 5. 163 Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 79; Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 220; Park, NStZ 2007, 369, 370.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

Für die Anwendbarkeit der ökonomischen Analyse des Rechts gilt daher in Bezug auf den Anlegerschutz Folgendes: der überindividuelle Anlegerschutz zielt gerade darauf ab, durch die Stärkung des Vertrauens der Anlegerschaft die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts stärken. Ohne Vertrauen werden diese nicht länger ihr Kapital anlegen, so dass der Kapitalmarkt seiner volkswirtschaftlichen Aufgabe nicht gerecht werden kann. In diesem Zusammenhang laufen Anleger- und Funktionsschutz also parallel.164 Maßstab des Erfolgs einer Regelung ist demnach auch in diesem Falle die wirtschaftliche Effizienz der rechtlichen Maßnahme. Da der überindividuelle Anlegerschutz von ökonomischen Marktinteressen angeleitet wird, ist die ökonomische Analyse folglich auch für die Bewertung einer neu zu schaffenden Rechtsnorm anhand dieses Kriteriums prädestiniert. Demgegenüber stellt der individuelle Anlegerschutz eine Ausprägung des Sozialstaatsgedankens dar. Das grundsätzliche Spannungsverhältnis von ökonomischer Analyse und dem sozialen Staatsziel verfängt im Rahmen des Kapitalmarktrechts jedoch nicht. Zum einen sorgt auch der individuelle Anlegerschutz über das gestärkte Vertrauen in den Kapitalmarkt mittelbar für dessen Funktionsfähigkeit.165 Zum anderen muss auch bei einer Betrachtung des individuellen Anlegerschutzes betont werden, dass dessen Sinn und Zweck, nämlich der Schutz des einzelnen Anlegers vor wirtschaftlichen Verlusten, eine wirtschaftlich quantifizierbare Größe darstellt. Sofern man im Rahmen der Anwendung der ökonomischen Analyse des Rechts unterstellt, dass es nur um die Wohlfahrt des einzelnen Anlegers geht, so ist auch der individuelle Anlegerschutz anhand des ökonomischen Effizienzziels messbar. Dies unterscheidet die Ausprägung des Sozialstaatsprinzips innerhalb des Kapitalmarktrechts von den Ausprägungen im sonstigen Zivilrecht. Denn auch das Sozialstaatsprinzip kann im Rahmen des Kapitalmarktrechts nur eine ökonomische Besserstellung für den einzelnen Anleger verlangen. Klammert man den Aspekt der ökonomischen Analyse des Rechts aus, der verlangt, dass Rechtspositionen demjenigen zugewiesen werden sollen, der ihr gesamtgesellschaftlich den größten Nutzen zuweist, und stattdessen nur fragt, wie die wirtschaftliche Stellung desjenigen gesichert werden kann, der die Rechtsposition bereits innehat, so lässt sich die ökonomische Analyse des Rechts auch hinsichtlich des individuellen Anlegerschutzes heranziehen. Im Ergebnis entfalten die klassischen Forderungen und Wertungen des Sozialstaatsprinzips daher im Rahmen des Kapitalmarktrechts keine große Wirkung.166

164 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 119; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 20 f.; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.70; Möller, Kapitalmarktaufsicht, S. 105; Patz, Staatliche Aufsicht über Finanzinstrumente, S. 8; Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 1; Merkt/Rossbach, JuS 2003, 217, 220; Möllers, AcP 2008, 1, 4; Mülbert, ZHR 2013, 160, 171 f. 165 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.142; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 20; Fleischer, ZGR 2001, 1, 30. 166 Ebenso Köndgen, ZHR (Beiheft) 2008, S. 107.

D. Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts

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III. Ökonomische Analyse im Rahmen der Auslegung des Kapitalmarktrechts Neben der Relevanz im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses kommt der ökonomischen Analyse des Rechts auch innerhalb der Anwendung und Auslegung des Kapitalmarktrechts Bedeutung zu. Die europäischen Rechtsakte, welche das Kapitalmarktrecht prägen, sind durch das wirtschaftliche Effizienzziel geprägt.167 Markteffizienz im ökonomischen Sinne ist eigenständiges Regelungsziel der europarechtlichen Normen zum Kapitalmarktrecht168, sodass die ökonomische Analyse des Rechts zur Auslegung herangezogen werden kann. Gleiches würde demzufolge auch für neue Rechtsnormen gelten, deren Wirksamkeit ihrerseits anhand der ökonomischen Effizienz im Gesetzgebungsprozess antizipiert wurde. Es ist demnach kein Hindernis erkennbar, wieso wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen im Rahmen der ökonomischen Analyse des Rechts nicht in eine rechtswissenschaftliche Struktur der Kapitalmarktrechtsregulierung übertragbar sein sollten.169 Die ökonomische Analyse des Rechts ist demzufolge im Allgemeinen für das Kapitalmarktrecht und im Speziellen für die Regulierung von ICOs von herausragender Bedeutung.

IV. Ökonomische Lehre vom Marktversagen Aus der von Coase geprägten Verhandlungslösung ergibt sich, dass grundsätzlich die Teilnehmer des Marktes selbst eine effiziente Ressourcenallokation bewirken können. Ein zusätzliches Eingreifen des Staates in einen solchen funktionierenden Markt ist nicht nur nicht angezeigt, sondern unter Umständen gar schädlich. Denn auch das Befolgung und Erlassen von Gesetzen ist mit Kosten für eine Volkswirtschaft verbunden. Die ökonomische Analyse des Rechts sieht für den Gesetzgeber stattdessen folgende Rolle vor: Er soll nur dann in einen Markt eingreifen, wenn dieser Markt nicht im oben beschriebenen Sinne zu einer effizienten Ressourcenallokation führt und dies nicht durch eine Selbstregulierung der Marktteilnehmer behoben werden kann. Man spricht dann vom Vorliegen eines Marktversagens.170 Nach den wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen der ökonomischen Analyse des 167 Vgl. nur Erwägungsgrund (13) MiFID II; Erwägungsgrund (2) MAR; Erwägungsgrund (1), (6), (7) Prospekt-VO; ebenso Fleischer/Zimmer, ZHR (Beiheft), S.18 f. 168 Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 10; Mülbert, WM 2001, 2085, 2094; Sester, ZGR 2009, 310, 310. 169 Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 125; Gläßner, Beschränkung des Vertriebs von Finanzprodukten, S. 132; Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 7 ff.; Fleischer, ZGR 2001, 1, 32; Fleischer/Zimmer, ZHR (Beiheft), S. 18 ff.; Möllers, AcP 2008, 1, 6. 170 Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 57; Brunner/Kehrle, VWL, S. 364; Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 790.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

Rechts werden verschiedene Fallgruppen eines solchen Marktversagens unterschieden. Im Folgenden sollen jedoch nur die Fallgruppen erläutert werden, die im Anschluss Gegenstand der Untersuchung dieser Arbeit sein werden. 1. Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien In einem Modell des reinen Wettbewerbs ist davon auszugehen, dass alle Marktteilnehmer zum Zeitpunkt einer Transaktion vollständig über die wesentlichen Charakteristika der betreffenden Transaktion informiert sind.171 Die Informationen müssen den Marktteilnehmern darüber hinaus kostenlos zustehen.172 Ein Marktversagen aufgrund von Informationsmängeln tritt dann auf, wenn Marktakteure derart uninformiert sind, dass sie durch die ihnen fehlenden Informationen außerstande sind, ihre Zahlungsbereitschaft an der Qualität des jeweiligen Produkts bzw. der jeweiligen Dienstleistung auszurichten.173 Dies hat zur Folge, dass der Marktpreis in seiner Allokationsfunktion beeinträchtigt ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Preis dieser zentralen Marktfunktion nur dann entspricht, wenn er alle öffentlich verfügbaren Informationen widerspiegelt.174 Über den Zwischenschritt der Fehlfunktion im Rahmen des Preisbildungsmechanismus führt dies dazu, dass die allokativen Funktionen des Marktes nicht länger erfüllt werden können.175 Denn durch die unvollständige Information verlieren die Marktakteure das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Marktes, wodurch dieser in seiner Funktionsweise beeinträchtigt ist.176 Wäre ein Nachfrager derart desinformiert, müsste er seine Zahlungsbereitschaft mangels Alternativen anhand der durchschnittlich am Markt angebotenen Qualität bestimmen. Eine solche Vorgehensweise würde jedoch dazu führen, dass Anbieter, die ein hochwertiges Produkt anbieten am Markt keinen Gewinn erzielen könnten, denn solche Produkte sind für gewöhnlich mit hohen Herstellungskosten verbunden. Sie würden sich daher aus dem Markt zurückziehen, was wiederum zur Folge hätte, dass auf dem Markt nur noch minderwertige Produkte angeboten würden. Die durchschnittliche Zahlungsbereitschaft würde demzufolge ebenfalls sinken. Obwohl der Handel mit höherwertigen Produkten im beiderseitigem Interesse wäre, da die Nachfrager ein besseres Produkt erhielten und die Anbieter einen besseren Preis 171

Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 5. Teil Rn. 16; Brunner/Kehrle, VWL, S. 386; Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 249; Vogel, Einflussnahme steuerlicher Lenkungsnormen, S. 22. 172 Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 249; Vogel, Einflussnahme steuerlicher Lenkungsnormen, S. 22; ähnlich Köndgen, ZHR (Beiheft) 2008, S. 102, 104. 173 Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 251; Mülbert, ZHR 2013, 160, 182. 174 Möllers, AcP 2008, 1, 7; Mülbert, ZHR 2013, 160, 182; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 26. 175 Lenk/Sesselmeier, in: Neubäumer/Hewel/Lenk, VWL, S. 412; Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 9; Möllers, AcP 2008, 1, 7; Mülbert, ZHR 2013, 160, 173. 176 Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 249; Möllers, AcP 2008, 1, 8.

D. Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts

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erzielen würden, erliegt der Handel mit ebenjenen Produkten. Der Preisbildungsmechanismus des Marktes funktioniert nicht. Der Markt versagt in diesem Fall also aufgrund der asymmetrisch verteilten Informationen (sog. „Lemon-Beispiel“ von Akerlof).177 Im Rahmen des Kapitalmarkts können sich die asymmetrisch verteilten Informationen zunächst auf das angebotene Finanzprodukt beziehen. Im Rahmen von Primärmärkten ist regelmäßig der Emittent eines Produktes besser über dessen Qualität informiert als der Nachfrager.178 Dies gilt insbesondere deshalb, da Finanzprodukte heute derart komplex strukturiert sind, dass selbst die Gesamtheit der institutionellen Anleger systematisch über deren Qualität irren können.179 Gleichzeitig sind jedoch auch Informationen über die Finanzmarktteilnehmer entscheidend, insbesondere über die Anbieter von Finanzprodukten. Wie bereits beschrieben wurde, ist das Vertrauen in die Akteure des Kapitalmarktes entscheidend für die Funktionsfähigkeit des Markts. Erst wenn die Anlegerschaft auch Informationen über den Anbieter bezüglich seiner finanziellen, personellen und strukturellen Eignung für die Erbringung der angebotenen Finanzprodukte besitzt, kann der einzelne Anleger entscheiden, ob er ihm sein Kapital zur Verfügung stellt und wenn ja, zu welcher Gegenleistung.180 Nur dann ist eine eigenverantwortliche und rationale Anlageentscheidung möglich. 2. Marktversagen aufgrund von externen Effekten Weiterhin kann ein Marktversagen durch externe Effekte verursacht werden. Externe Effekte sind Auswirkungen einer wirtschaftlichen Tätigkeit, die Dritte betreffen und daher nicht in die Preisbildung einfließen.181 Die Preisbildung vollzieht sich aufgrund der Analyse der Knappheit zwischen den Vertragsparteien. Auch Dritte können jedoch von den Auswirkungen des Rechtsgeschäfts beeinflusst werden. Je nach Richtung dieser Beeinflussung spricht man von negativen externen Effekten oder positiven externen Effekten.182 Liegen solche Effekte vor, führt dies dazu, dass 177 Zum „Lemon-Beispiel“ vgl. Lenk/Sesselmeier, in: Neubäumer/Hewel/Lenk, VWL, S. 412 f.; Brunner/Kehrle, VWL, S. 395; Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 253. 178 Neus, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, Einleitung KWG Rn. 12; Mülbert, ZHR 2013, 160, 182; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 33. 179 Vgl. die fehlerhafte Einschätzung der Sicherheit von Investitionen im Vorlauf zur Finanzkrise 2008, Erwägungsgrund (104) MiFID II; ebenso Möslein, JZ 2012, 243, 250. 180 Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 43; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 24; Robinson, S. 26 ff. 181 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 25; Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 65; Krengel, Mindestbesteuerung und Effizienz, S. 42; Möslein, JZ 2012, 243, 248. 182 Leschke, in: Fehling/Ruffert, RegulierungsR, § 6 Rn. 25 ff.; Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 66; Krengel, Mindestbesteuerung und Effizienz, S. 42.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

der Marktpreis nicht die tatsächlichen, auf die gesamte Volkswirtschaft bezogenen Kosten eines Gutes darstellen kann. Dies bedeutet, dass die tatsächlich gegebenen Knappheitsrelationen nur verzerrt im Marktpreis abgebildet werden.183 Liegt ein positiver externer Effekt vor, ist der Marktpreis niedriger, als es die tatsächliche Knappheit erfordern müsste. Demnach liegt auch die produzierte Menge des jeweiligen Produkts unter der Menge, die optimal wohlfahrtsteigernd wäre. Liegt demgegenüber ein negativer externer Effekt vor, liegt der Preis grundsätzlich zu hoch. Das produzierte Angebot ist demnach ebenfalls zu hoch. Die Folge von Externalitäten ist also, dass die Menge eines Produkts entweder über dem Niveau oder unter dem Niveau liegt, welches für die Volkswirtschaft optimal wäre.184 Bezogen auf die Unternehmensfinanzierung über den Kapitalmarkt lassen sich externe Effekte unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Funktionen des Kapitalmarktes erkennen. Der Kapitalmarkt versorgt Unternehmen sowie den Staat mit Kapital und streut Risiken innerhalb der Volkswirtschaft. Ein funktionierender Kapitalmarkt, der finanzielle Mittel dorthin allokiert, wo diese den größten volkswirtschaftlichen Nutzen haben, sorgt dafür, dass die Gesamtwirtschaft wächst. Gleichzeitig bewirkt ein versagender Kapitalmarkt, dass Unternehmen nicht das Kapital erhalten, über welches sie aus volkswirtschaftlicher Sicht verfügen können sollten. Ein funktionierender Kapitalmarkt hat also positive Auswirkungen über die konkrete Beziehung zwischen Emittent und Anleger hinaus. Gesteigert wird dieser Effekt nochmals, wenn man auf die durch den Kapitalmarkt geförderten Unternehmen abstellt. Negative externe Effekte treten daher dann auf, wenn dieser Unternehmen finanziert, die mit ihrem Geschäftsmodell dem Gemeinwohl schaden. Umgekehrt gilt dasselbe für Unternehmen, die durch ihre Tätigkeit die Wohlfahrt der Gemeinschaft erhöhen. Letzteres ist z. B. anerkannt für Unternehmen, die sich für Umweltschutz einsetzen, die durch ihre Produkte und Dienstleistungen die Produktivität anderer Unternehmen stärken oder innovative Unternehmen, die durch Forschungs- und Entwicklungsleistungen das Wissen der gesamten Gesellschaft erweitern.185 3. Marktversagen aufgrund von Staatsversagen Schließlich kommt ein Marktversagen verursacht durch ein Versagen des Staates in Betracht. Ein solches liegt dann vor, wenn die Allokationseffizienz des Marktes durch staatliches Handeln oder Unterlassen eingeschränkt wird.186 Dies kann in 183 Bofinger, Grundzüge VWL, S. 237; Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 88 f.; Vogel, Einflussnahme steuerlicher Lenkungsnormen, S. 18. 184 Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 90 f.; Krengel, Mindestbesteuerung und Effizienz, S. 42 f.; Vogel, Einflussnahme steuerlicher Lenkungsnormen, S. 18. 185 Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 70; Blaseg, S. 1; Schnitzer, DStJG 2016, 53, 56. 186 Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 170; Rodi, Ökonomische Analyse ÖffR, S. 46 f.

D. Regulierung von ICOs als Teil des Kapitalmarktrechts

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verschiedenen Wirkrichtungen vorliegen. Zum einen, wenn der Staat in einen Marktprozess eingreift, es ihm jedoch nicht gelingt, durch diesen Eingriff die Effizienz dieses Prozesses zu steigern.187 Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass es der Staat unterlässt, einen Eingriff in einen unvollkommenen Marktprozess vorzunehmen.188 Ferner kommt ein Staatsversagen dann in Betracht, wenn in einen ursprünglich funktionsfähigen oder zumindest funktionsfähigeren Markt eingegriffen wird und dies zu einer Verschlechterung der Markteffizienz führt.189 Das Staatsversagen tritt in diesen Fällen an die Stelle des Marktversagens, welches mit der staatlichen Maßnahme adressiert werden sollte. Gründe für einen solchen, fehlgehenden staatlichen Eingriff sind in den Effizienzverlusten der Bürokratie, dem Einfluss von Interessenvertretern sowie Wissensmängeln im Rahmen des politischen Entscheidungsprozesses zu sehen.190 Staatliche Maßnahmen, welche ein Staatsversagen bedeuten, können neben Rechtsprechung und Verwaltung vor allem auch durch die Gesetzgebung begründet werden.

V. Zusammenfassung Die Aussagen der ökonomischen Analyse des Rechts zur Rolle des Staates können nun wie folgt zusammengefasst und auf die Fragestellung der Regulierung von ICOs übertragen werden. Soweit die momentan für ICOs geltende Rechtslage bereits zu einer optimal effizienten Situation führt, hat der Staat weitere gesetzgeberische Vorhaben zu unterlassen. Ebenfalls nicht einschreiten sollte der staatliche Gesetzgeber, wenn zwar noch keine optimale Effizienz vorliegt, diese jedoch durch die Marktteilnehmer durch Verhandlungen und Transaktionen hergestellt werden kann. Demgegenüber sollte der Staat durch Gesetze in den Markt eingreifen, wenn dieser selbst nicht in der Lage ist, eine solche Situation herzustellen. Natürlich gibt es keine verfassungsrechtliche oder einfachgesetzliche Verpflichtung des Gesetzgebers, seine Regulierung von ICOs an den wirtschaftswissenschaftlichen Überlegungen der ökonomischen Analyse des Rechts auszurichten. Es steht ihm offen, auch dann in den Markt einzugreifen, wenn kein Marktversagen gegeben ist. Sofern man allerdings die ökonomische Analyse des Rechts zur Regulierung heranziehen möchte, wie es ge187

Lenk/Sesselmeier, in: Neubäumer/Hewel/Lenk, VWL, S. 483; Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 170; Kyrer, Neue Politische Ökonomie, S. 46. 188 Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 173 (Fn. 5); Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 374; Kyrer, Neue Politische Ökonomie, S. 46. 189 Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 374; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 105; vgl. auch Köndgen, ZHR (Beiheft) 2008, S. 121. 190 Lenk/Sesselmeier, in: Neubäumer/Hewel/Lenk, VWL, S. 484; Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 170 ff.; Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 375; Rodi, Ökonomische Analyse ÖffR, S. 143; Vogel, Einflussnahme steuerlicher Lenkungsnormen, S. 31 f.; Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 790; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 105; Möslein, JZ 2012, 243, 249.

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Kap. 3: Regulierung zw. ökonomischer Effizienz u. Sozialstaatsprinzip

nerell im Rahmen des Kapitalmarktrechts äußerst sinnvoll ist, sind die Fälle des Marktversagens genau der Grund, der ein staatliches Eingreifen erforderlich macht. Demzufolge wird im Fortgang dieser Arbeit untersucht werden, welchem Rechtsrahmen ICOs momentan unterfallen und ob im Rahmen der geltenden Rechtslage ein Marktversagen nach einer der beschriebenen Ursachen festzustellen ist. Wie soeben erläutert wurde, würde ein solches Marktversagen den Staat nach der ökonomischen Analyse des Rechts verpflichten, gesetzgeberisch tätig zu werden. Durch Erlass weiterer Rechtsnormen müsste der Rechtsrahmen für ICOs derart umgestaltet werden, dass diese ein effizientes Mittel der Allokation von Kapital darstellen.

Kapitel 4

Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien Der Kapitalmarkt ist ein Paradebeispiel für die negativen Auswirkungen von Informationsasymmetrien. Sofern man im Sinne der ökonomischen Analyse des Rechts unterstellt, dass Anleger als homines oeconomici versuchen, auf dem Kapitalmarkt eine rationale Anlageentscheidung zu treffen, sind hierfür umfassende Informationen erforderlich. Im Rahmen eines ICOs geht es den Anlegern darum, die eigene Zahlungsbereitschaft für die emittierten Tokens anhand rationaler Überlegungen zu bestimmen. Hierfür sind einerseits Informationen bezüglich des Finanzprodukts, also des jeweiligen Tokens, und dessen Einsatzmöglichkeiten nötig. Andererseits sind ebenso Informationen bezüglich des Emittenten erforderlich. Zum Zeitpunkt dieser Arbeit herrschen jedoch nach Ansicht der wissenschaftlichen Literatur eklatante Informationsasymmetrien auf dem ICO-Markt.1 Zunächst gilt, dass den Anlegern kaum Informationen über den jeweiligen Emittenten des ICOs zur Verfügung stehen. Bei diesen handelt es sich in den meisten Fällen um Start-ups, also um junge Unternehmen, über die der Markt aufgrund fehlender Erfahrungswerte noch keine Informationen besitzt.2 Zugleich kann über das Internet ein unbegrenzter Kreis an Investoren angesprochen werden, der dann naturgemäß auch sehr unerfahrene Anleger beinhaltet.3 Weiterhin betreffen die Informationsanforderungen auch das Produkt als solches, also den jeweilig angebotenen Token und die hiermit verbundenen Rechte. Auf die Ausgestaltung der Struktur des jeweiligen Tokens haben die Anleger keinerlei Einfluss. Weiterhin problematisch in diesem Zusammenhang ist, dass die Anleger in Vorleistung gehen. Zu dem Zeitpunkt, in dem diese ihre Anlageentscheidung treffen müssen, besteht demnach regelmäßig noch kein fertiges Produkt. Daher steht den Anlegern grundsätzlich auch keine Möglichkeit offen, die durch die Tokens repräsentierte Leistung anhand der Erfahrungswerte anderer zu bewerten. Schließlich sind für die Anlageentscheidung auch Informationen über die Blockchain-Technologie erforderlich. Diese liegt den 1 Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 12; Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 8; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 95; Spindler, WM 2018, 2109, 2110; Veil, ZHR 2019, 346, 354; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 17; Zickgraf, AG 2018, 293, 298. 2 Fisch, S. 6; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 96; Robinson, S. 28. 3 Glatz, in: Breidenbach/Glatz, Legal Tech, Kap. 4.2 Rn. 24; Amsden/Schweizer, S. 12; Weitnauer, BKR 2018, 231, 232.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Tokens und dem ICO zu Grunde und ist sowohl für eine etwaige Nutzung oder auch eine Weiterveräußerung entscheidend. Im Widerspruch hierzu verfügt der durchschnittliche Anleger schlicht nicht über ausreichend Verständnis für die Funktionsweise dieser Technologie, um tatsächlich rational hiermit umgehen zu können.4 Während die Emittenten alle diese Informationen besitzen, gilt dies für den Anleger nicht. Sofern dieser im Vorfeld nicht umfassend informiert wird, sei es durch Einholung eigener Informationen oder Informationsverschaffung durch Dritte, kann dieser keine rationale Entscheidung über seine Zahlungsbereitschaft treffen. Der Eintritt der Folgen des „Lemon-Modells“ droht die wirtschaftliche Effizienz des ICO-Marktes zu beeinträchtigen. Ein Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien liegt daher tatsächlich vor. Aufgrund der mit einem staatlichen Eingriff einhergehenden Transaktionskosten wäre die Behebung dieses Marktversagen durch die dem Markt inhärenten Kräfte effizienter als eine Regulierung im Wege neuer Gesetze. Sollte eine derartige Selbstregulierung jedoch nicht erfolgversprechend sein, wurden vom Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Regulierung des Handels mit Wertpapieren verschiedene Methoden entwickelt, um Informationsasymmetrien auf dem Kapitalmarkt zu begegnen. Hierunter fallen im Rahmen des Primärmarkts insbesondere Erlaubnisvorbehalte und Prospektpflichten.

A. Selbstregulierung des Marktes Die Marktteilnehmer haben bereits erste eigene Ansätze entwickelt, um dem Problem der Informationsasymmetrien zu begegnen. Primär wird versucht, durch die Veröffentlichung des Whitepapers oder vergleichbarer Dokumente vor Durchführung der ICOs die notwendigen Informationen für die Öffentlichkeit bereitzustellen. Ihrer Konzeption nach sollen diese dem Anleger die notwendigen Informationen über den zu emittierenden Token näherbringen. Trotz einer gewissen Ähnlichkeit erfüllen die Whitepaper in der Regel jedoch nicht die gesetzlichen Vorgaben für Wertpapierprospekte.5 Dies ist im Übrigen von den Emittenten auch gar nicht beabsichtigt. Vielmehr weisen sie gelegentlich explizit darauf hin, dass es sich bei dem veröffentlichten Whitepaper nicht um einen Prospekt handelt.6 Da bei der Erstellung der Whitepapers keine gesetzlichen Standards befolgt werden, variiert der inhaltliche Umfang und die Qualität der offengelegten Informationen sehr stark von Emission zu Emission. Oftmals beschränken sich die An4 Amsden/Schweizer, S. 15; Fisch, S. 9; Piska/Völkel, ZTR 2017, 97, 102; Teichmann, ZfPW 2019, 247, 271; vgl. Dietsch, MwStR 2018, 250, 255. 5 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 2; Fisch, S. 7; Hanten/Stump, RdF 2018, 189, 195; Kaal/ Dell’Erba, S. 18; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 11; Zickgraf, AG 2018, 293, 293. 6 Vgl. etwa Bitwala, Whitepaper, S. 2 (zuletzt abgerufen am 27. 06. 2019 unter https://drive. google.com/file/d/1EdXOKkvPgYWro7SZiU9WCo9rCyZm8jBh/view).

A. Selbstregulierung des Marktes

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gaben im Whitepaper auf eine technische Funktionsbeschreibung der dem Token zugrundeliegenden Technologie oder dessen Einsatzmöglichkeiten, insbesondere der Funktion im zu schaffenden Blockchain-Netzwerk.7 Handelt es sich bei den emittierten Tokens um Utility Tokens, wird für gewöhnlich weiterhin das Produkt bzw. die Dienstleistung beschrieben, welche mit Hilfe des eingelösten Kapitals später einmal entwickelt werden soll. Darüber hinaus beschränkt sich der Inhalt des Whitepapers jedoch größtenteils auf eine Beschreibung der unternehmerischen Ziele des Emittenten. Hierbei handelt es sich oftmals nicht um bereits erreichte, konkret nachprüfbare Erfolge. Auch Informationen über die Wahrscheinlichkeit des Erreichens dieser Ziele, die Phase der Unternehmensentwicklung oder über den Umgang mit dem erhaltenen Kapital sind in der Regel nicht im Whitepaper enthalten.8 Auch ansonsten weisen die Whitepaper oftmals Mängel dahingehend auf, die im Rahmen des Kapitalmarktes entscheidende, vertrauensbildende Wirkung zu entfalten. So wird etwa der Inhalt eines Whitepapers vor seiner Veröffentlichung von keiner öffentlichen Stelle überprüft.9 Sofern es sich bei den Whitepapers nicht um ein auf den prospektrechtlichen Vorschriften beruhendes Dokument handelt, besteht auch keine rechtliche Bindung bzw. kein an die Informationen des Whitepapers anknüpfendes Haftungsregime.10 Insoweit käme lediglich die allgemeine Haftung nach der Rechtsfigur der culpa in contrahendo, abgeleitet aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, in Betracht.11 Insbesondere in Bezug auf den Emittenten selbst und das hinter dem ICO stehende Entwicklerteam werden im Vorlauf eines ICOs wenig Informationen veröffentlicht.12 In besonderem Maße gilt, dass initiierende Unternehmen kaum Informationen über ihre finanziellen Grundlagen im Whitepaper beschreiben.13 Während die formellen und ökonomischen Voraussetzungen eines klassischen IPOs an einer organisierten Börse (sog. „Börsenreife“)14 nur von Unternehmen erfüllt werden können, die bereits für einen längeren Zeitraum auf dem Markt tätig gewesen sind, ist dies bei ICOs momentan nicht der Fall. Insbesondere sind nur Unternehmen, die bereits drei Jahre als Unternehmen bestehen und dementsprechende Finanzinformationen veröffent7 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 8; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 17; Zickgraf, AG 2018, 293, 294. 8 Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 17. 9 Amsden/Schweizer, S. 18; Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 121; Bourveau/DeGeorge/Ellahie/ Macciocchi, S. 3; Kaal/Dell’Erba, S. 6. 10 Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 142; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 19. 11 Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 294; Veil, ZHR 2019, 346, 370 f.; Zickgraf, AG 2018, 293, 307. 12 Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568; Fisch, S. 6; Robinson, S. 28 f.; Veil, ZHR 2019, 346, 372; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 17. 13 Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 2 f.; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 12. 14 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 3.9; Kessler, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung Mittelstand, § 5 Rn. 216, Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil I) Rn. 97 ff.; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 15; Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 125.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

lichen, berechtigt, an einer organisierten Börse zugelassen zu werden (vgl. § 3 BörsZulV). Die Möglichkeit, auf der Ethereum-Blockchain einen Token aufzulegen und diesen in den Handel an den Kryptobörsen einzuspeisen, ist demgegenüber zumindest technologisch an keinerlei größere Voraussetzungen geknüpft.15 Darüber hinaus gilt zu beachten, dass die Whitepaper von den Initiatoren oftmals primär als Werbemöglichkeit genutzt werden.16 Neben dem Auftreten in einschlägigen Online-Foren oder Sozialen Medien sind die Whitepaper oftmals die einzige Möglichkeit der Unternehmen, mit potentiellen Anlegern zu kommunizieren. Die Whitepaper sind also nicht ausschließlich darauf ausgelegt, den Anleger sachlich und korrekt zu informieren, sondern zumindest auch dazu gedacht, den jeweiligen Token und die emittierenden Unternehmen in einem besonders positiven Licht zu präsentieren. Empirische Untersuchungen haben dementsprechend gezeigt, dass die Veröffentlichung eines Whitepapers alleine noch keinen positiven Effekt auf die Erfolgswahrscheinlichkeit eines ICOs ausübt.17 Erst das Veröffentlichen eines Whitepapers von bestimmter Qualität und bestimmtem Umfang sorgt dafür, dass Vertrauen beim Anlegerpublikum begründet wird.18 Zwar ist erkennbar, dass sich Unternehmen der stärkeren Beobachtung durch Regulierungsbehörden bewusst sind und dass sich seriöse Anbieter durch ein detailliertes und vertrauensbildendes Whitepaper von den diversen Betrügern am ICOMarkt abgrenzen wollen. Demzufolge nimmt die Brauchbarkeit der durch die Whitepaper transportierten Informationen, gerade in Hinblick auf neuere Projekte, tendenziell zu.19 Diese Tendenz kann jedoch nicht als ausreichend dafür erachtet werden, dass sich die Anlegerschaft auf die Vollständigkeit und Korrektheit der Informationen jeglicher Whitepaper verlassen kann. Jedes einzelne Whitepaper muss daher zunächst auf seine Seriosität und Ehrlichkeit hin geprüft werden. Erst danach kann überhaupt deren Inhalt in Bezug auf die Anlageentscheidung untersucht werden. Aufgrund des Start-up-Charakters der Unternehmen besteht grundsätzlich auch kein Vertrauen des Marktes in die Seriosität oder die Nützlichkeit ihrer freiwilligen Veröffentlichungen.20 Aufgrund des hierdurch fehlenden Vertrauens in den ICO-Markt müssen die Anleger zusätzliche Mittel aufbringen, um an die notwendigen Informationen und somit zu einer rationalen Anlageentscheidung gelangen zu 15 Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 125; Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 121; Weitnauer, BKR 2018, 231, 232. 16 Blaseg, S. 7; Borkert, ITRB 2018, 39, 43; Fisch, S. 9. 17 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 24; Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 28 f.; Fisch, S. 14. 18 Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 29; Fisch, S. 14. 19 Lienemann, juveR, 11/2018, 66, 69; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 17; wohl auch Veil, ZHR 2019, 346, 352. 20 Vgl. Blaseg, S. 6; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; Robinson, S. 28; generell Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 26 f.

A. Selbstregulierung des Marktes

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können. Es entstehen im Vorfeld also zusätzliche Transaktionskosten, welche die wirtschaftliche Effizienz jeglicher Anlageentscheidung schmälern. Dies schränkt insbesondere private Anleger in ihrer Investitionsentscheidung ein, da sie keine Erfahrung besitzen und auch nicht in der Lage sind, die hohen Informationskosten zu tragen. Diese Ausführungen gelten entsprechend für die oftmals ebenfalls veröffentlichten Terms and Conditions, welche die konkreten Rahmenbedingungen des Token Sales beschreiben sollen. Auch diese variieren in Hinsicht auf Qualität, Inhalt, Genauigkeit und Seriosität. Insbesondere werden sie auch nicht von einer zentralen Stelle auf Korrektheit oder Legalität überprüft. Dennoch haben empirische Studien gezeigt, dass auch das Veröffentlichen dieser Terms and Conditions einen positiven Effekt auf das Vertrauen der Anleger und somit die Erfolgswahrscheinlichkeit des ICOs haben kann.21 Ausreichend, um die Informationsasymmetrien zwischen Emittent und Anleger zu beseitigen, ist dies allerdings ebenfalls nicht. Gelegentlich veröffentlichen Unternehmen als vertrauensbildende Maßnahme auch den dem Projekt zugrundeliegenden Code, also die technischen Grundlagen des Smart Contracts.22 Von der Veröffentlichung des Programmcodes geht tatsächlich regelmäßig ein positiver Effekt für die Erfolgswahrscheinlichkeit eines ICOs aus.23 Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der angesprochene Anleger technisches Expertenwissen aufweist, welches benötigt wird, um die durch den Code offengelegten Informationen auch in seine Anlageentscheidung einarbeiten zu können. Es gilt hierbei jedoch zu beachten, dass viele Unternehmen überhaupt keinen oder zumindest nicht den vollständigen Code offenlegen.24 Im Ergebnis ist also weder die Veröffentlichung der Token Sale Agreements, also Whitepaper und Terms and Conditions, noch das gelegentliche Offenlegen des zugrundeliegenden Codes als ausreichend anzusehen, um dem Anleger genügend Informationen zu gewähren, damit dieser eine rational fundierte Anlageentscheidung treffen kann. Die Selbstregulierung des Marktes hat folglich nicht dazu geführt, dass dem ökonomischen Effizienzziel entgegenstehende Informationsasymmetrien aufgehoben werden.

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Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 18. Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 28; Fisch, S. 13; Rohr/Wright, S. 16. 23 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 24; Amsden/Schweizer, S. 16; Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 28; Feng/Li/Lu/Wong/Zhang, S. 16; ähnlich Fisch, S. 17. 24 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 13; Blaseg, S. 14; ähnlich Feng/Li/Lu/Wong/Zhang, S. 21. 22

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II Informationsasymmetrien auf dem Kapitalmarkt werden von vielfältigen Regulierungsvorhaben adressiert. Hierbei ist insbesondere das Bank- und Kapitalmarktrecht hervorzuheben. Die den Mitteln dieses Rechtsgebiets zugrundeliegenden Vorschriften zirkulieren heute um den Begriff des Finanzinstruments. Dieser ist unionsrechtlich durch Anhang I Abschnitt C MiFID II umschrieben. Der Anhang listet in diesem Zusammenhang zehn Arten von Finanzprodukten auf, die nach Vorstellung des Gesetzgebers unter den Begriff der Finanzinstrumente fallen. Das Kapitalmarktrecht zeichnet hierbei die Entwicklung hin zu einer Entmaterialisierung der Finanzinstrumente und somit auch des Kapitalmarktgeschäfts nach.25 Ursprünglich wurde das Kapitalmarktrecht vom zivilrechtlich geprägten Wertpapierbegriff dominiert. Nach dessen Grundkonzeption bedurfte es zur Annahme eines Wertpapiers der Ausstellung einer Urkunde (§ 793 Abs. 1 Satz 1 BGB).26 Durch den heute standardmäßigen Einsatz elektronischer Handelssysteme im grenz- und rechtssystemüberschreitenden Kontext und die ständige Entwicklung innovativer Anlageinstrumente musste dieses Verständnis jedoch angepasst werden, um den Regelungszielen des Kapitalmarktrechts weiter gerecht werden zu können. Auf eine urkundliche Verbriefung oder sonstige Verkörperung kommt es daher heute für die Einordnung als Wertpapier nicht mehr an.27 Stattdessen soll die Eintragung in ein sonstiges Register genügen, welches den Inhaber des jeweiligen Wertrechtes erkennen lässt.28 Um diese Entmaterialisierung auch sprachlich nachzuverfolgen, knüpft die MiFID II heute nicht an den Wertpapierbegriff an, sondern an den Begriff der Finanzinstrumente. Hierdurch wurde der Anwendungsbereich des europäischen Kapitalmarktrechts grundsätzlich erheblich erweitert.29 Die Liste der Finanzinstrumente i.S.d. Anhang I Abschnitt C MiFID II umfasst insbesondere übertragbare Wertpapiere (Nr. 1). Für diese Arbeit weiterhin relevant sind die folgenden Arten von Finanzinstrumenten: Geldmarktinstrumente (Nr. 2) und Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen (Nr. 3). Darüber hinaus wird im 25

Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 17; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 6; Lehmann, Finanzinstrumente, S. 37; Casper, BKR 2019, 209, 210 ff.; Einsele, WM 2001, 7, 9 ff. 26 Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 17; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.31; Langenbucher, AcP 2018, 385, 418. 27 Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 9; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 4; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 6; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 3. 28 v. Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 10; Wilhelmi, in: Erman, BGB, Bd. II, Vor § 793 Rn. 16; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 12; Ritz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, § 2 Rn. 24; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 6; Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 118; Völkel, ZTR 2017, 103, 105 f. 29 Schäfer, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 12 Rn. 4; Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 277; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 5 ff.; Lehmann, Finanzinstrumente, S. 166.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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Verlauf dieser Arbeit auf die nationalrechtlich definierten Finanzinstrumente der Vermögensanlage (§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 KWG i.V.m. § 1 Abs. 2 VermAnlG) und der Rechnungseinheit (§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 Alternative 2 KWG) eingegangen. ICOs können bereits unter geltendem Kapitalmarktrecht reguliert sein, sofern die emittierten Tokens einem oder mehrerer dieser Arten von Finanzinstrumenten zugeordnet werden können.

I. Einordnung der Tokens/Coins als übertragbares Wertpapier Der Begriff des übertragbaren Wertpapiers ist in Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II legaldefiniert.30 Es gilt das Prinzip der dynamischen Verweisung, welches in Art. 94 Abs. 2 MiFID II ausdrücklich angeordnet wird. Dies bedeutet, dass Verweise auf ältere Richtlinien, nämlich in diesem Fall MiFID I und die WpDL-RL, als Verweise auf die entsprechenden neueren Richtlinien gelten sollen.31 Demnach bestimmen sich sowohl der Wertpapierbegriff der Prospekt-VO als auch diejenigen des WpPG und des WpHG, welche ursprünglich auf den beiden genannten, älteren Richtlinien beruhten, nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II.32 Demzufolge sind die trotzdem bestehenden, geringfügigen Wortlaut-Abweichungen der Legaldefinitionen aus WpHG und WpPG im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung unbeachtlich. Da Wertpapiere als ein Unterfall der Finanzinstrumente anzusehen sind, ist der Wertpapierbegriff der MiFID II auch im Bankaufsichtsrecht relevant. Dies zeigt sich zunächst aus der nahezu gleichlautenden Legaldefinition des Wertpapierbegriffs in § 1 Abs. 11 Satz 2 KWG in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung.33 Zum anderen wurde der Begriff des Wertpapiers laut Gesetzesbegründung nur deswegen aus den Begriffsbestimmungen des KWG gestrichen, da er lediglich als Zwischenstufe für den neuen Begriff des Finanzinstruments dient.34 Nichtsdestotrotz

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v. Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 8; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 100; Veil, ZHR 2019, 346, 354; Weitnauer, BKR 2018, 231, 233. 31 v. Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 8; Ritz/Zeising, in: Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, § 2 Rn. 6; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 2. 32 Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 4 u. Heidelbach, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 4; Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 5. Teil Rn. 82; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 100; Weitnauer, BKR 2018, 231, 233. 33 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 277 f.; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 13; Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 109. 34 BT-Drs. 17/12294, S. 545; vgl. Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 277; Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 109; Hanten/Stump, RdF 2018, 189, 191.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

entfaltet die Einordnung als Wertpapier i.S.v. MiFID II nach wie vor materielle Wirkung im Rahmen des Bankaufsichtsrechts. Übertragbare Wertpapiere werden von Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II als „die Kategorien von Wertpapieren, die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten“ definiert. Im Anschluss werden verschiedene Regelbeispiele aufgezählt. Das zentrale Kriterium des Wertpapierbegriffs ist die Möglichkeit der Handelbarkeit auf dem Kapitalmarkt.35 Die hierfür erforderlichen abstrakten Merkmale des Wertpapier-Begriffs, also die Übertragbarkeit, die Standardisierung und die Handelbarkeit im engeren Sinne, werden durch eine zumindest annähernd gegebene, funktionale Vergleichbarkeit mit den gesetzlich genannten Regelbeispielen ergänzt.36 Auf eine urkundliche Verbriefung der Wertpapiere kommt es hingegen nicht an.37 Ausdrücklich ausgenommen von einer Einordnung als Wertpapier sind Zahlungsinstrumente. 1. Übertragbarkeit Mit Übertragbarkeit wird die Möglichkeit der Marktteilnehmer beschrieben, die Finanzinstrumente auf einen anderen Inhaber zu transferieren.38 Neben dem Merkmal der Handelbarkeit im engeren Sinne kommt der Übertragbarkeit regelmäßig keine große Bedeutung zu. Denn Finanzinstrumente, die frei handelbar sind, sind auch übertragbar – lediglich im umgekehrten Fall lässt sich nicht zwangsweise von der Übertragbarkeit auf die Handelbarkeit schließen.39 Die bloße Übertragbarkeit stellt insoweit eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Annahme der Handelbarkeit im engeren Sinne dar. Nutzer eines Blockchain-Systems können einen Token von ihrer Wallet in die Wallet eines anderen Nutzers übertragen. Eine Transaktion über die Blockchain setzt das Vorliegen eines kryptographischen Schlüsselpaars voraus, welches sich aus 35 v. Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 9; Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 5. Teil Rn. 82; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 3. 36 Frisch, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. II, § 54 Rn. 20; Petow, in: Heidel, AktR, § 2 WpHG Rn. 3; Ritz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, § 2 Rn. 9; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 6; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 100; Weitnauer, BKR 2018, 231, 233. 37 Frisch, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. II, § 54 Rn. 20; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 9; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 4; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 6; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 3. 38 Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 11; Hacker/Thomale, S. 20; Maume/Fromberger, S. 30 ff. 39 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 14; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 26; Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 17; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 11.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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einem öffentlichen und einem privaten Schlüssel zusammensetzt.40 Während der öffentliche Schlüssel frei einsehbar ist und als Empfangsadresse fungiert, ist der private Schlüssel einzig dem jeweiligen Nutzer bekannt und dient dazu, die Transaktion zu legitimieren.41 Durch letzteren werden die einzelnen Tokens einer individualisierten Wallet-Adresse zugeordnet, was dem jeweiligen Inhaber die alleinige Verfügungsmacht zuordnet.42 Ein Transfer erfolgt derart, dass der Absender eine Anzahl an Tokens mit dem öffentlichen Schlüssel des Empfängers verbindet und diese Transaktion durch Angabe des privaten Schlüssels signiert.43 Eine rechtliche Einordnung dieser Form der Übertragung ist an dieser Stelle noch nicht vorzunehmen, denn jedenfalls lassen sich Tokens in tatsächlicher Hinsicht über die Blockchain-Technologie von Wallet zu Wallet transferieren. Sie sind somit übertragbar im Sinne des Wertpapierbegriffs. Als Indiz hierfür kann nicht zuletzt der aktive Handel mit den emittierten Tokens auf den diversen Kryptobörsen herangezogen werden.44 An dieser Einschätzung ändert auch die Dezentralität des Blockchain-Netzwerks nichts. Auch wenn die Informationen einer Transaktion dezentral und öffentlich einsehbar abgespeichert werden, hat dennoch jeweils nur eine Person Zugang zum jeweiligen Token. Daher kann von einer Zuordnung zu einem einzigen Rechtssubjekt ausgegangen werden. Diese ist notwendig, um von einer Übertragung von einem bestimmten Rechtssubjekt auf ein anderes bestimmtes Rechtssubjekt sprechen zu können. In diesem Sinne gewährt der private Schlüssel die notwendige Ausschließlichkeit der Zuordnung zu einem Nutzer. An der Übertragbarkeit eines Wertpapiers fehlt es allerdings dann, wenn rechtliche oder tatsächliche Hindernisse die Möglichkeit eines Transfers der Anlageinstrumente ausschließen.45 Denkbar wären hier zunächst Beschränkungen im Whitepaper oder den Terms and Conditions, die vorsehen, dass die emittierten Tokens im Anschluss an den ICO nicht gehandelt werden dürfen. An bloß vertraglichen Übertragungsbeschränkungen scheitert die Einordnung als Wertpapier jedoch nicht.46 Auch wenn Emittenten solche Bestimmungen in ihre Whitepaper aufneh40

Beck/König, JZ 2015, 130, 131; Boehm/Pesch, MMR 2014, 75, 75 f.; Seitz, K&R 2017, 763, 764; Spindler/Bille, WM 2018, 1357, 1358; Veil, ZHR 2019, 346, 349. 41 Steinacker/Kraus/Kunz, in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 13. Teil F) Rn. 35; Beck/ König, JZ 2015, 130, 131; Boehm/Pesch, MMR 2014, 75, 75 f.; Heine, NStZ 2016, 441, 442; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1358. 42 Beck/König, JZ 2015, 130, 131; Heine, NStZ 2016, 441, 442; Hildner, BKR 2016, 485, 488; Kaulartz, CR 2016, 474, 476; Knaier/Wolff, BB 2018, 2253, 2254. 43 Steinacker/Kraus/Kunz, in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 13. Teil F) Rn. 35; Boehm/ Pesch, MMR 2014, 75, 76; Kaulartz, CR 2016, 474, 476; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1358. 44 Hacker/Thomale, S. 19 f.; Zickgraf, AG 2018, 293, 299. 45 Ritz/Zeising, in: Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, § 2 Rn. 33; Hoche/Lerp, in: Kunschke/ Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 17; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1156; Maume/ Fromberger, S. 30; Veil, ZHR 2019, 346, 355; Zickgraf, AG 2018, 293, 299. 46 v. Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 13; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 5; Grosjean, in: Heidel, AktR, § 2 WpPG

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

men, hindert dies nicht die grundsätzliche Möglichkeit des Handels. Stattdessen können lediglich Schadensersatzansprüche im Verhältnis der Vertragspartner die Folge sein. Kritisch zu bewerten ist die die Übertragbarkeit jedoch bei Equity-Token. Denn es bestehen rechtliche Vorgaben, wie eine Verkörperung von Unternehmensanteilen zu erfolgen hat. Diese unterscheiden sich von Rechtsform zu Rechtsform. a) Equity Tokens einer Aktiengesellschaft (AG, KGaA, SE) Die Unternehmensanteile an Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Europäischen Gesellschaften werden durch Aktien repräsentiert (vgl. § 1 Abs. 2 AktG, § 278 Abs. 1 AktG, Art. 3 Abs. 1 SE-VO). Dies entspricht der gesetzlichen Konzeption dieser Art von Körperschaften. Insoweit gilt zunächst festzustellen, dass es nach geltender Rechtslage nicht im Rahmen der Möglichkeiten eines Unternehmens steht, das Erfordernis der Verbriefung in Aktien komplett abzubedingen und das Unternehmen stattdessen in Equity Tokens zu zerlegen. Jedenfalls dann, wenn die Anteile des Unternehmens an der Börse gehandelt werden sollen, müssen die Anteile zumindest in einer Globalurkunde verbrieft sein.47 Weiterhin gilt für die Zeichnung neuer Aktien ein Schriftformerfordernis (§ 185 Abs. 1 Satz 1 AktG), welchem Equity Tokens ebenfalls nicht genügen können. Denkbar wäre es lediglich, die durch die Aktien verkörperten Rechte schuldrechtlich exakt nachzustellen und diese schuldrechtlichen Verhältnisse durch die Tokens zu repräsentieren.48 Dies ist jedoch zumindest aktienrechtlich nicht zulässig.49 Statthaft sind demgegenüber nur aktienähnliche Nachbildungen der Rechtsstellung eines Token-Inhabers.50 Im Falle einer solchen, lediglich aktienähnlichen Nachstellung, würde es sich jedoch lediglich um besonders intensiv ausgeprägte, gesellschafterähnliche Tokens (Modell 4) handeln und nicht um Equity-Tokens (Modell 5) im eigentlichen Sinne. Hieraus folgt, dass es de lege lata nicht möglich ist, eine deutsche Aktiengesellschaft in Equity-Tokens zu unterteilen, geschweige denn, diese EquityTokens zu übertragen. Dieses Verbot der exakten schuldrechtlichen Nachstellung von Mitgliedschaftsrechten gilt generell bei verbandsrechtlich organisierten KapiRn. 2; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 5; Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 118; Maume/Fromberger, S. 30. 47 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 10 Rn. 12; Heider, in: MüKo AktG, Bd. I, § 10 Rn. 62; Ziemons, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. I, § 10 Rn. 39; Vatter, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. I, § 10 Rn. 83; Koch, ZBB 2018, 359, 365. 48 Vgl. Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 14 f.; Koch, ZBB 2018, 359, 365. 49 Scholz, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 64 Rn. 79; Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 119; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 88; Koch, ZBB 2018, 359, 365; a.A. Rieder/Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 221 Rn. 29 f. 50 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 221 Rn. 25; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 88; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 28 f.; Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 89 f.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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talgesellschaften, demnach auch bei Körperschaften, deren Anteile nicht durch Aktien repräsentiert werden.51 b) Vorliegen von rechtlichen Übertragungshindernissen bei Equity Tokens anderer Art Im Gegensatz zu den soeben beschriebenen Gesellschaften besteht bei Personengesellschaften grundsätzlich die Möglichkeit, die Art der Repräsentation der Anteile frei zu bestimmen. Denn Gesellschaftsverträge einer Personengesellschaft sind zumindest auch als klassische, schuldrechtliche Verträge einzustufen.52 Es gilt also die Privatautonomie. Zwar zeichnen sich auch Personengesellschaften durch eine enge, personelle Verflechtung der Gesellschafter aus, jedoch sind etwaige Vorrechte einer hierüber hinaus gehenden mitgliedschaftlichen Position im verbandsrechtlichen Sinne nicht gegeben.53 Dementsprechend wäre es auch grundsätzlich denkbar, die Rechte eines Gesellschafters demjenigen schuldrechtlich zuzuweisen, der Inhaber eines derartigen Tokens ist. Diese Gestaltung müsste dementsprechend jedoch in der Satzung der Gesellschaft bzw. im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden.54 Gesellschaftsrechtliche Hindernisse stehen der Übertragbarkeit an sich also nicht entgegen. Teilweise wird jedoch gefordert, dass die Übertragbarkeit im Lichte des Art. 35 Abs. 1 und 2 MiFID-DVO auszulegen sei. Während Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II davon spricht, dass es Merkmal der Wertpapiere sei, dass diese „gehandelt werden können“, fordert Art. 51 Abs. 1 Unterabsatz 2 MiFID II, dass Wertpapiere „frei handelbar“ sein müssten. Der Begriff der „freien Handelbarkeit“ wird durch oben angesprochenen Art. 35 Abs. 1 und 2 MiFID-DVO im Sinne einer gänzlich uneingeschränkten Übertragbarkeit definiert. Hiervon könnte bei der Übertragung von Equity Tokens an Personengesellschaften nicht ausgegangen werden. Denn bei Personenhandelsgesellschaften sind Änderungen der Gesellschafterstruktur zum Handelsregister anzumelden (§ 107 HGB, ggf. i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB). Auch bei GbRs, die kein Registererfordernis aufweisen, gilt, dass die Anteile an der Gesellschaft kraft Gesetzes vinkuliert sind.55

51 Für die GmbH Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 88 f.; für die KGaAvgl. § 278 Abs. 3 AktG i.V.m. § 221 Abs. 3 AktG. 52 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 105 Rn. 47; Möhrle, in: MHdB GesR, Bd. I, § 5 Rn. 33; Schäfer, in: MüKo BGB, Bd. VI, § 705 Rn. 155 ff.; Lieder, in: Oetker, HGB, § 105 Rn. 9. 53 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 105 Rn. 47; Möhrle, in: MHdB GesR, Bd. I, § 5 Rn. 33. 54 Vgl. Henssler, in: Henssler/Strohn, GesR, § 105 HGB Rn. 80 f.; Schäfer, in: MüKo BGB, Bd. VI, § 705 Rn. 131; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. II, § 105 Rn. 120. 55 Für die GbR Westermann, in: Erman, BGB, Bd. I, § 719 Rn. 8; Schulte/Hushahn, in: MHdB GesR, Bd. I, § 10 Rn. 116; für die OHG Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 105 Rn. 70;

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Dies bedeutet, dass für die Übertragung eines solchen die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist, sofern hiervon nicht im Gesellschaftsvertrag abgewichen wird. Ohnehin ist schwer vorstellbar, dass Unternehmen, die einen ICO durchführen, in der Rechtsform der GbR organisiert sind, da für gewöhnlich ein Handelsgewerbe betrieben wird. Alle diese Voraussetzungen schränken die freie Übertragbarkeit dergestalt ein, dass die Transfers nicht kurzfristig und massenhaft abgewickelt werden können. Jedoch widerspricht eine Auslegung der Übertragbarkeit in diesem Sinne der Systematik der europarechtlichen Grundlagen des Wertpapierbegriffs.56 Verfechter einer solchen gänzlich uneingeschränkten Übertragbarkeit transferieren die Vorgabe der MiFID-DVO auf den Wertpapier-Begriff des Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II. Aus der Systematik der Art. 44 – 56 MiFID II ergibt sich allerdings, dass sich die „freie Handelbarkeit“ lediglich als Zulassungskriterium zu einem geregelten Markt i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II versteht. Die „freie Handelbarkeit“ ist gerade nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines Wertpapiers. Ausschließlich auf die Situation der geregelten Märkte bezieht sich daher auch die Definition des Art. 35 Abs. 1 MiFID-DVO. Es existieren jedoch auch Wertpapiere, die gerade nicht auf einem solchen geregelten Markt gehandelt werden, die dennoch von Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II umfasst sind. Dieser Wertpapierbegriff unterscheidet sich also von dem des Art. 51 Abs. 1 Unterabsatz 2 MiFID II. Folglich ist für die Charakterisierung eines Anlageinstruments als Wertpapier nicht erforderlich, dass die von Art. 35 Abs. 1 und 2 MiFID-DVO definierte freie Handelbarkeit gegeben ist. Dies entspricht im Übrigen auch dem Verständnis des nationalen Gesetzgebers.57 Demzufolge sind die gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen, denen Equity-Tokens (mit Ausnahme solcher, die Aktiengesellschaften repräsentieren sollen) unterliegen, nicht geeignet die Übertragbarkeit auszuschließen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass diese rechtlichen Vorschriften die Übertragbarkeit i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II zwar nicht ausschließen, sie aber jedenfalls derart einschränken, dass die praktische Umsetzbarkeit von Equity Tokens fraglich ist. Denn einer der maßgeblichen Vorteile eines ICOs auf Basis der BlockchainTechnologie besteht gerade in der einfachen Übertragbarkeit der Tokens. Zum Stand dieser Bearbeitung fand dementsprechend, zumindest unter deutscher Jurisdiktion, noch keine Emission von Equity Tokens statt.58

Schulte/Hushahn, in: MHdB GesR, Bd. I, § 73 Rn. 5; für die KG Schulte/Hushahn, in: MHdB GesR, Bd. II, § 35 Rn. 5. 56 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 13; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 32; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 Rn. 8; Voß, BKR 2007, 45, 48. 57 BT-Drs. 16/4028, S. 54. 58 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.104; Lienemann, juveR, 11/2018, 66, 71.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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c) Übertragbarkeit von Equity Tokens mittels einer Treuhand-Gestaltung Um die fehlende (bei verbandsrechtlichen Kapitalgesellschaften) oder stark eingeschränkte (bei den Personengesellschaften) rechtliche Möglichkeit zur Übertragung von Unternehmensanteilen durch Equity Tokens über die Blockchain zu umgehen, wird in der Praxis dazu tendiert, eine Treuhand-Gestaltung zu verwenden.59 Ein Treuhandvermögen ist ein Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Legaldefinition i.R.v. § 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG). Rechtlich wird bei einer Treuhand-Gestaltung der Treuhänder im Außenverhältnis als umfassend Berechtigter hinsichtlich des erlösten Kapitals auftreten.60 Im Innenverhältnis wäre er jedoch an die Vorgaben der Treugeber, also der Investoren, gebunden.61 Vorgaben für die rechtliche Ausgestaltung einer solchen Vereinbarung im Innenverhältnis gibt es grundsätzlich nicht, regelmäßig handelt es sich jedoch um einen unentgeltlichen Auftrag oder ein Geschäftsbesorgungsverhältnis.62 Im Rahmen der ICOs kommt die Bindung regelmäßig über die in der Teilnahme am ICO anzusehende, konkludent erteilte Zustimmung zu den Token Sale Agreements zustande. Hierin werden bereits die Regelungen getroffen, an die der Treuhänder bei der Verwaltung des Kapitals der Anleger gebunden ist. Da es sich bei der Einrichtung einer Treuhand-Gestaltung um bewusst getroffene Maßnahmen aller Beteiligten handelt, wird eine offengelegte Treuhandbeziehung vorliegen.63 In Zusammenhang mit Equity Tokens würde die Treuhand als alleinige Gesellschafterin fungieren, wohingegen die Tokens lediglich die Anteile der Inhaber an dem Treuhandvermögen repräsentieren.64 Als Resultat der Zwischenschaltung eines solchen Treuhandvermögens wäre alleine der Treuhänder unmittelbar aus der gesellschaftsrechtlichen Stellung berechtigt oder verpflichtet. Aufgrund einer 59

Vgl. DAOLink i.R.d. ICOs von The DAO; siehe Mann, NZG 2017, 1014, 1018; Spindler, ZGR 2018, 17, 51. 60 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 73; Verse, in: Henssler/Strohn, GesR, § 15 GmbHG Rn. 116; Schäfer, in: MüKo BGB, Bd. VI, § 705 Rn. 84; Reichert/Weller, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 192. 61 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 73; Ebbing, in: Michalski/Heidinger/Leible/Schmitt, GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 206; Reichert/Weller, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 192. 62 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 76; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 1 Rn. 42; Verse, in: Henssler/Strohn, GesR, § 15 GmbHG Rn. 116; Reichert/Weller, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 197; Geyer, Übertragung treuhänderisch gehaltener Gesellschaftsanteile, S. 52 f. 63 Vgl. Heidel, in: Heidel/Schall, HGB, § 105 Rn. 55 f.; Heinze, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 2 Rn. 120; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, vor § 230 Rn. 43. 64 Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1156; Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; vgl. auch Geyer, Übertragung treuhänderisch gehaltener Gesellschaftsanteile, S. 59.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

schuldrechtlichen Vereinbarung mit diesem, werden den Anlegern Gesellschafterrechte zugeschrieben, sodass sie in wirtschaftlicher Betrachtung als Gesellschafter anzusehen sind.65 Durch eine Übertragung der Tokens würden folglich ausschließlich die Treugeber ausgetauscht.66 Obwohl dies wirtschaftlich der Übertragung des Unternehmensanteils entspricht, müssten die Aktien hiernach nicht direkt übertragen werden. Als praktisches Beispiel einer derartigen Gestaltung sei hierbei auf das Whitepaper von Neufund hingewiesen.67 Neben dem praktischen Ermöglichen einer Emission von Equity Tokens, kann die Einschaltung einer Treuhand generell aufgrund von steuer- oder gesellschaftsrechtlichen Erleichterungen erfolgen.68 Weiterhin ermöglicht es die Zwischenschaltung einer Treuhand, die Abgrenzung von virtuellen Währungen und realen Gütern und Dienstleistungen zu überbrücken.69 In diesem Sinne würden die Tokens die anteilige Berechtigung am Treuhandvermögen virtuell darstellen, während dieses in herkömmliche Güter oder Dienstleistungen investiert wird. aa) Equity Tokens an Aktiengesellschaften bei Treuhand-Gestaltung Im Rahmen von Aktiengesellschaften ist es durchaus zulässig, dass ein Treuhänder die Aktien einer Gesellschaft hält. Hierin ist insbesondere kein Verstoß gegen das Abspaltungsverbot des § 8 Abs. 5 AktG zu sehen.70 Dies ist auch dann der Fall, wenn ein einzelner Treuhänder alle Anteile an einer Aktiengesellschaft hält (vgl. § 42 AktG).71 Hierbei steht es dem Treuhänder frei, sein Stimmrecht unterschiedlich auszuüben, sofern die verschiedenen Treugeber ihm unterschiedliche Vorgaben machen.72 Eine derartige Treuhand-Gestaltung würde daher auch die aus der DAOStruktur bekannten Governance-Modelle ermöglichen. Die zwingende Verbriefung der Anteile an einer Aktiengesellschaft in Aktien schlägt also nicht auf eine Treuhand 65 Ebbing, in: Michalski/Heidinger/Leible/Schmitt, GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 206, 216; Reichert/Weller, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 194; Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung, S. 79. 66 Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1156; vgl. hierzu auch Geyer, Übertragung treuhänderisch gehaltener Gesellschaftsanteile, S. 59. 67 Neufund, Whitepaper „Community-owned Fundraising Platform“, S. 50 ff. (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://neufund.org/cms_resources/whitepaper.pdf). 68 Reichert/Weller, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 204 ff.; Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung, S. 49 ff.,79. 69 Sattler, BB 2018, 2243, 2250; ähnlich Lendermann, AG 2019, R 93, R 94. 70 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 8 Rn. 26; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 8 Rn. 22; Heider, in: MüKo AktG, Bd. I, § 8 Rn. 92. 71 Wardenbach, in: Henssler/Strohn, GesR, § 42 AktG Rn. 3; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 2 Rn. 4; Heider, in: MüKo AktG, Bd. I, § 2 Rn. 24. 72 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 133 Rn. 20; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. I, § 133 Rn. 22; Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung, S. 257 f.; leicht abweichend Geyer, Übertragung treuhänderisch gehaltener Gesellschaftsanteile, S. 61 f.

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durch, die eben diese Aktien verwaltet. Durch eine derartige Gestaltung ist es also möglich, die Treugeber zumindest wirtschaftlich betrachtet Aktionären gleichzustellen. Allerdings können bei der Zwischenschaltung eines Treuhandvermögens andere Beschränkungen der Übertragbarkeit bestehen, abhängig davon, wie die Übertragung eines Anteils an einem Treuhandvermögen rechtlich einzuordnen ist. Ausgehend davon, dass Gegenstand der Übertragung die rechtliche Position zwischen Treugeber und Treuhänder ist, handelt es sich entweder um eine Vertragsübernahme oder einen dreiseitigen Vertrag.73 Um die rechtliche Stellung des Token-Inhabers in seiner Gesamtheit zu übertragen, ist jedoch nach der gesetzlichen Konzeption die Zustimmung des Treuhänders und etwaiger Mitgesellschafter erforderlich (vgl. § 664 Abs. 2 BGB bzw. §§ 675, 613 Satz 2 BGB).74 Im Rahmen von derartig gestalteten ICOs ist jedoch ist in der Regel davon auszugehen, dass diese erteilt wird. Denn die Nutzung eines Treuhandvermögens als zwischengeschaltetes Rechtssubjekt geht gerade vom Emittenten aus. Diese wollen dadurch erreichen, mit den Equity Tokens eine Gesellschafterstellung möglichst umfassend abbilden zu können. Hierfür wird der entsprechend zwischengeschaltete Treuhänder vom Emittenten bestimmt, die Treugeber können durch ihre Teilnahme am ICO diesem nur zustimmen. Um die Übertragbarkeit der Equity Tokens zu gewährleisten, wird der vom Emittenten bestimmte Treuhänder hierfür stets seine Zustimmung aussprechen. Selbst wenn nicht anzunehmen wäre, dass der Treugeber die Zustimmung zur Übertragung erteilt, stehen solche vertraglichen Beschränkungen der Annahme des Tatbestandsmerkmals der Übertragbarkeit nicht entgegen. Denn diese ist eben nicht vollständig ausgeschlossen, sondern nur erschwert, wobei eine gesteigerte Umlauffähigkeit nicht erforderlich ist (s. o.). Folglich sind Equity-Tokens bei Zwischenschaltung eines Treuhandvermögens als übertragbar i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II anzusehen, auch wenn sie Anteile an einer Aktiengesellschaft repräsentieren. Ob sich die Gestaltung über die Zwischenschaltung eines Treuhänders jedoch wirtschaftlich rentieren wird, muss sich erst noch zeigen. Zweifel entstehen dadurch, dass wesentliche Vorteile der Blockchain-Technologie hierdurch negiert werden. Diese ist gerade darauf ausgelegt, dass die Zwischenschaltung von Intermediären nicht länger notwendig ist. Dadurch, dass Treuhänder einbezogen werden, steigen die Transaktionskosten, die durch die Blockchain eigentlich gesenkt werden sollen. Weiterhin können sich die Anleger nicht länger auf die automatisierte Vollziehbarkeit durch Smart Contracts verlassen, sondern sind zusätzlich auf die Zuverlässigkeit der Treuhand angewiesen.75

73

Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung, S. 139. Schäfer, in: MüKo BGB, Bd. VI, § 705 Rn. 93; Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung, S. 139 f. 75 Mann, NZG 2017, 1014, 1018; Sattler, BB 2018, 2243, 2250 f. 74

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

bb) Equity Tokens an anderen Gesellschaften bei Treuhand-Gestaltung Dasselbe gilt auch für Treuhand-Modelle bei Equity Tokens im Rahmen anderer Gesellschaftsformen. Zwar greift § 15 Abs. 3 GmbHG, wonach Anteile an einer GmbH nur bei notarieller Beurkundung übertragen werden dürfen, auf die Übertragung eines Anteils an einem eine GmbH verwaltenden Treuhandvermögen durch.76 Hierfür spricht, dass die Übertragung wirtschaftlich der Übertragung eines Gesellschaftsanteils entspricht und die Vorschrift anderenfalls zu leicht zu umgehen wäre.77 Für die Registeranforderungen bei OHG und KG gilt dies nach herrschender Meinung der juristischen Literatur allerdings nicht.78 Denn nach Sinn und Zweck dieser Vorschriften sind Angaben zu demjenigen, der an den Gesellschaftsanteilen berechtigt ist, nur dann zu machen, wenn diese persönlich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft i.S.d. § 128 HGB haften.79 Zwar haften die Treugeber auf schuldrechtlicher Basis für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Die unmittelbare gesellschaftsrechtliche Haftung trifft jedoch ausschließlich den Treuhänder, sodass dieser auch als einziger in das Handelsregister eingetragen werden muss.80 Auch in diesem Fall ist also von der Übertragbarkeit auszugehen. d) Vorliegen tatsächlicher Übertragungshindernisse Eine andere Bewertung ziehen technische Übertragungshindernisse nach sich, die eine Übertragung einzelner Tokens in rein tatsächlicher Hinsicht unmöglich machen. In diesem Fall ist jede Möglichkeit ausgeschlossen, einmal erworbene Tokens auf dem Sekundärmarkt weiter zu veräußern. Technisch ist dies durchaus umsetzbar, z. B. durch eine Anpassung des dem ICO zugrundeliegenden Smart Contracts. In der juristischen Literatur wird als Beispiel hierzu der ICO des EOS-Tokens durch das Unternehmen block.one genannt.81 Erreicht wird der Ausschluss der Übertragungsmöglichkeit, indem die erzeugten Tokens dauerhaft der Wallet-Adresse 76 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 57; Verse, in: Henssler/Strohn, GesR, § 15 GmbHG Rn. 121; Ebbing, in: Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 213; Reichert/Weller, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 213. 77 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 15 Rn. 57, 21; Ebbing, in: Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, GmbHG, Bd. I, § 15 Rn. 213; Geyer, Übertragung treuhänderisch gehaltener Gesellschaftsanteile, S. 64 f. 78 Schäfer, in: MüKo BGB, Bd. VI, § 705 Rn. 85; Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung, S. 51 f., Geyer, Übertragung treuhänderisch gehaltener Gesellschaftsanteile, S. 59. 79 Langhein, in: MüKo HGB, Bd. II, § 106 Rn. 24; Schäfer, in: Staub, HGB, Bd. III, § 106 Rn. 13. 80 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 106 Rn. 6; Born, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 106 Rn. 11; Schäfer, in: MüKo BGB, Bd. VI, § 705 Rn. 92; Schäfer, in: Staub, HGB, Bd. III, § 106 Rn. 16. 81 Hacker/Thomale, S. 21; Maume/Fromberger, S. 30 (Fn. 144); Veil, ZHR 2019, 346, 355 f.; Zickgraf, AG 2018, 293, 306.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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(„public key“) zugewiesen werden, an die sie erstmalig emittiert wurden.82 Sobald der jeweilige Token also ausgegeben wurde, ist er dem Besitzer endgültig zugeteilt („eingefroren“). In wirtschaftlicher Hinsicht kann dies durchaus einen Nutzen haben, nämlich um eine besondere Bindung zwischen Anleger und Emittent zu erreichen, z. B. im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen. Eine andere Möglichkeit wäre es etwa, dass Tokens nur unter bestimmten Bedingungen oder bei Signierung durch mehrere private Schlüssel übertragen werden können.83 Dennoch wird eine solche Begrenzung in den meisten Fällen nicht gegeben sein. Denn die Möglichkeit des Handels der Tokens auf den Sekundärmärkten stellt gerade einen der Anreize für Anleger dar, um an dem jeweiligen ICO zu partizipieren. Dennoch gilt es festzustellen, dass in diesen Fällen die Übertragbarkeit ausgeschlossen wäre und somit kein Wertpapier vorliegen würde.84 2. Standardisierung Der Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II spricht von „Kategorien von Wertpapieren“, woraus sich das ebenfalls erforderliche Merkmal der Standardisierung ergibt. Standardisierung im Sinne des Wertpapierbegriffs meint Vertretbarkeit nach § 91 BGB, was wiederum bedeutet, dass die Wertpapiere aufgrund gemeinsamer, standardisierter Charakteristika bestimmbar und austauschbar (sogenannte „Fungibilität“) sind und für ihren Handel die Angabe von Art und Anzahl ausreicht.85 Im Umkehrschluss ist dies dann nicht der Fall, wenn die veräußerten Finanzinstrumente nach individuellen Kundenwünschen, insbesondere hinsichtlich Laufzeit, Volumen und Basispreis, ausgestaltet werden.86 Ausreichend für die Feststellung der Standardisierung ist eine auf den jeweiligen Emittenten bezogene Untersuchung der Instrumente.87 Dies bedeutet, dass sich die Fungibilität ausschließlich auf die von einem Anbieter emittierten Anlageinstrumente beziehen muss und nicht etwa auf jegliche Wertpapiere aller Anbieter des 82

Hacker/Thomale, S. 20 f.; Zickgraf, AG 2018, 293, 306 (Fn. 79); vgl. auch Freezing bei TRX-Tokens, TRON-Protocol (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://github.com/tron protocol/Documentation/blob/master/English_Documentation/TRON_Protocol/Freezing%2 6Voting_Update.MD). 83 Knaier/Wolff, BB 2018, 2253, 2256. 84 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.93; Hacker/Thomale, S. 21; Maume/Fromberger, S. 30; Spindler, WM 2018, 2109, 2112; Veil, ZHR 2019, 346, 355 f. 85 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 12; Frisch, in: Derleder/ Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. II, § 54 Rn. 20; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 7; Veil, ZHR 2019, 346, 356; Zickgraf, AG 2018, 293, 299. 86 Frisch, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. II, § 54 Rn. 20; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 4; Ritz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, § 2 Rn. 18; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 7; Zickgraf, AG 2018, 293, 300. 87 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 14, Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 25; Hacker/Thomale, S. 23; Veil, ZHR 2019, 346, 356; Zickgraf, AG 2018, 293, 300.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Kapitalmarktes einer bestimmten Gattung. Gegen eine solche emittentenübergreifende Auslegung der Standardisierung spricht der Sinn und Zweck des Merkmals der Standardisierung, der darin zu sehen ist, einen effizienten Handel auf dem Kapitalmarkt zu ermöglichen.88 Dieser zeichnet sich durch ein Bedürfnis nach schnellem und massenhaften Handel aus. Die Standardisierung hilft insoweit Transaktionskosten zu vermeiden, da im Rahmen des Handels Kosten für die Information hinsichtlich der Ausgestaltung der konkret erworbenen Wertpapiere vermieden werden.89 Dies soll sich jedoch nur auf das Verhältnis der Handelspartner beziehen, nicht etwa auf den gesamten Markt. Anderenfalls würde der Markt durch die fehlende Gestaltungsmöglichkeit zu sehr eingeschränkt. Hierfür spricht neben einer teleologischen Betrachtung auch die unzweifelhafte Einordnung von Aktien als Wertpapier. Denn diese können von Aktiengesellschaft zu Aktiengesellschaft durch die Ausgestaltung der Satzung stark unterschiedlich sein.90 Auch aus dem Wortlaut des Art. 44 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II ergibt sich diesbezüglich nichts anderes, da dieser keinen klaren Hinweis für die eine oder die andere Ansicht gibt.91 Da eine emittentenbezogene Bestimmung der Standardisierung ausreicht, ist dieses Erfordernis bei den im Rahmen eines ICOs emittierten Tokens als erfüllt anzusehen. Die Tokens beruhen in der Regel auf dem ERC20-Standard Ethereums und sind daher in technologischer Hinsicht vergleichbar. Auch die Ausgestaltung der an die Tokens gebundenen Rechte unterscheidet sich nicht von Investor zu Investor. ICOs sind darauf ausgelegt, von einer Vielzahl von Investoren in Anspruch genommen zu werden. Erst eine kongruente Ausgestaltung der Tokens macht die Investition praktikabel. Nur so ist gewährleistet, dass diese auf einem effizienten Markt mit geringen Suchkosten gehandelt werden können.92 Diese Standardisierung ist auch im Sinne der Investoren, da nur hierdurch sichergestellt werden kann, dass die Tokens im Anschluss auf den Sekundärmärkten handelbar sind, z. B. in Mehrzahl oder auch in Stückelungen. 3. Handelbarkeit im engeren Sinne Mit Handelbarkeit im engeren Sinne ist die Möglichkeit des Handels auf einem Kapitalmarkt gemeint. Kapitalmärkte stellen neben Geld-, Devisen und Derivatemärkten einen Unterfall der Finanzmärkte dar.93 Der Begriff ist jedoch nicht legal88

Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 24; Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 5. Teil Rn. 84. Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 24; Hacker/Thomale, S. 23; Zickgraf, AG 2018, 293, 299. 90 Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 25; Hacker/Thomale, S. 23; Maume/Fromberger, S. 37. 91 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 14; Hacker/Thomale, S. 23; Veil, ZHR 2019, 346, 356; Zickgraf, AG 2018, 293, 300. 92 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.98; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 24; Hacker/Thomale, S. 22; Zickgraf, AG 2018, 293, 300. 93 Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 27; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.27; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 28. 89

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definiert. Nach allgemeiner Auffassung beschreibt er eine zentrale Einrichtung, die Angebot und Nachfrage nach Finanzprodukten kumulieren und zusammenführen soll, wozu sie einer grundsätzlich unbeschränkten Anzahl von Teilnehmern offensteht.94 Der Oberbegriff der Finanzmärkte ist weit zu verstehen und soll gerade auch nicht regulierte Kapitalmärkte umfassen (vgl. Erwägungsgrund (4) MiFID II), da hier das Bedürfnis nach Anlegerschutz besonders groß ist. a) Kryptobörsen als Kapitalmarkt Kryptobörsen ermöglichen den Handel von Tokens auf dem Sekundärmarkt, indem sie die Preisbildung anhand von Angebot und Nachfrage koordinieren.95 Sie sind also nach dem Grundverständnis des Begriffs als Kapitalmärkte einzustufen. Dies entspricht auch der Bewertung durch die BaFin.96 Die MiFID II definiert darüber hinaus jedoch zwei besondere Arten von Kapitalmärkten, nämlich den geregelten Markt (Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II) und die multilateralen Handelssystems (Art. 4 Abs. 1 Nr. 22 MiFID II). Nach dem Verständnis des EU-Gesetzgebers solle ein tatsächlich stattfindender Handel auf einem solchen Markt ein Indiz für die Annahme der Handelbarkeit im engeren Sinne sein.97 Um von einem geregelten Markt sprechen zu können, ist jedoch eine staatliche Zulassung erforderlich (Art. 44 Abs. 1 MiFID II), sodass Kryptobörsen nicht hierunter gefasst werden können. Für die Annahme eines MTF ist hingegen erforderlich, dass die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage zu einem Vertragsschluss innerhalb des jeweiligen Systems führt.98 Das bedeutet, dass den Parteien kein Entscheidungsspielraum im Einzelfall verbleibt, ob ein durch das System zusammengeführtes Geschäftsverhältnis tatsächlich zustande kommt und sie stattdessen strikt an die vom System festgelegten Regeln gebunden ist.99 Eine Einordnung von Kryptobörsen als MTF kann daher im Einzelfall berechtigt sein, z. B. wenn Preisschwellen festgelegt werden, ab welchen ein Vertragsschluss au-

94 Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 28; Hacker/Thomale, S, 22; Maume/Fromberger, S. 32; Zickgraf, AG 2018, 293, 301. 95 Veil, ZHR 2019, 346, 357; Zickgraf, AG 2018, 293, 301; vgl. Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 250. 96 BaFin v. 20. 02. 2018, Initial Coin Offerings: Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente, S. 2 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/1 0506450). 97 EU-Kommission v. 31. 10. 2008, Your Questions on MiFID, Frage-Nr. 115. 98 Pfüller, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 13.7 Rn. 120 (31. EL 03/ 2012); Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 31 f WpHG Rn. 16. 99 Ritz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, § 2 Rn. 204; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 146; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 31 f WpHG Rn. 18; Hildner, BKR 2016, 485, 490.

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tomatisch zustande kommen soll.100 Dies ist jedoch von einer Einzelfallbetrachtung abhängig. Unabhängig von der Indizwirkung, die dem beigemessen wird, beschränkt sich das Merkmal der Handelbarkeit jedoch nicht auf den Handel an einem organisierten Markt.101 Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Begriffs der „Finanzmärkte“, da die Legaldefinition des § 2 Abs. 5 WpHG in der bis zum 31. Oktober 2007 gültigen Fassung einen „von staatlichen Stellen geregelt[en] und überwacht[en] Markt“ forderte.102 Dies soll nun offensichtlich nicht länger notwendig sein. Weiterhin wäre nicht einmal erforderlich, dass die Finanzinstrumente tatsächlich an den Finanzmärkten gehandelt werden, denn die Möglichkeit des Handels ist ausreichend um die Einordnung als Wertpapier zu begründen.103 Dies ist für Gestaltungen zu beachten, in denen der Handel mit den emittierten Tokens erst nach Abschluss eines zeitlich gestreckten ICOs zulässig ist. b) Enges Verständnis der Handelbarkeit: Notwendigkeit des gutgläubigen Erwerbs In der juristischen Fachliteratur ist umstritten, ob neben dem Indiz des tatsächlich stattfindenden Handels eine besondere Qualität der Handelbarkeit erforderlich ist. Da die Einordnung eines Anlageinstruments als Wertpapier in der Vergangenheit stets unproblematisch war, existieren hierzu keine gerichtlichen oder behördlichen Ausführungen.104 Die Wissenschaft unterscheidet insoweit zwischen einem engen und einem weiten Verständnis der Handelbarkeit. Vertreter des engen Verständnisses verlangen eine gesteigerte Form der Handelbarkeit, die über die bloße Übertragbarkeit hinaus durch besonders stark ausgeprägten Verkehrsschutz gekennzeichnet ist.105 Hieran soll es bereits dann fehlen, wenn eine Übertragung des jeweiligen Instruments nicht nach sachenrechtlichen Grundsätzen, sondern lediglich im Wege der Abtretung erfolgen kann.106 In diesem Fall fehlt es den Marktteilnehmern nämlich an der Möglichkeit des gutgläubigen 100 BaFin v. 28. 04. 2016, Virtuelle Währungen/Virtual Currency (VC), S. 3 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/7906360); ebenso Terlau, in: Möslein/ Omlor, FinTech-Hdb, § 20 Rn. 99; Hildner, BKR 2016, 485, 491. 101 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 12; Petow, in: Heidel, AktR, § 2 WpHG Rn. 3; Ritz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, § 2 Rn. 19. 102 Ritz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, § 2 Rn. 19; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 27. 103 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 12; Ritz, in: Just/Voß/Ritz/ Becker, WpHG, § 2 Rn. 20; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 36; Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 119; Zickgraf, AG 2018, 293, 300. 104 Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 14; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 100. 105 Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 5; Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 18; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 Rn. 9. 106 Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 5; Grosjean, in: Heidel, AktR, § 2 WpPG Rn. 3; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 2.9; Zickgraf, AG 2018, 293, 301.

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Erwerbs i.S.d. §§ 932 ff. BGB, sodass sich der Erwerber nicht darauf verlassen kann, die erhaltenen Anlageinstrumente auch bei fehlender Verfügungsberechtigung des Übertragenden behalten zu dürfen. Hierfür spricht, dass die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte nur dann gewahrt werden kann, wenn Transaktionen sowohl tatsächlich als auch rechtlich sicher und endgültig abgewickelt werden können.107 Denn die Finanzmärkte sind heute aufgrund des elektronischen Handels neben der massenhaften Abwicklung von Transaktionen auch durch hohe Anonymität der Marktteilnehmer gekennzeichnet.108 Hierdurch sind die Prüfmöglichkeiten der Erwerber eines Finanzinstruments stark eingeschränkt. Sie müssen sich daher darauf verlassen können, dass die erworbenen Rechte nicht durch etwaige Dritte belastet oder angegriffen werden können.109 Hiernach sei also das Merkmal der Handelbarkeit dahingehend zu verstehen, dass der jeweilige Handel einen gutgläubigen Erwerb nach sachenrechtlichen Grundsätzen ermöglichen muss. Da Coins und Tokens aufgrund der fehlenden Körperlichkeit nicht als Sachen i.S.d. § 90 BGB eingeordnet werden können110, werden sie auch nicht nach den Grundsätzen der sachenrechtlichen Übereignung übertragen. Gelegentlich wurde jedoch eine analoge Anwendung der §§ 929 ff. BGB für die Übertragung eines Coins vorgeschlagen.111 Dies wurde damit begründet, dass die Autorisierung einer Transaktion auf der Blockchain durch den privaten Schlüssel dem vom Besitz an einer Sache ausgehenden Publizitätsprinzip ähnele.112 Hiergegen spricht jedoch das sachenrechtliche Numerus-clausus-Prinzip.113 Dieses gründet in der Absolutheit der dinglichen Rechte, die nicht lediglich inter partes gelten, sondern gegenüber jedermann.114 Aufgrund dieses umfassenden Geltungsanspruchs ist die Anzahl und Ausgestaltung der Sachenrechte im Gesetz und in wenigen Fällen des Gewohn107

Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 18; Ritz, in: Just/Voß/Ritz/Becker, WpHG, § 2 Rn. 20; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 Rn. 9; Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 5. Teil Rn. 84; Zickgraf, AG 2018, 293, 301. 108 Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 34; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 Rn. 9; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 2.8; Maume/Fromberger, S. 36. 109 Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 5; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 34; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 Rn. 9; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 2.8. 110 Kütük-Markendorf, Rechtliche Einordnung von Internetwährungen, S. 80 f.; Beck/ König, JZ 2015, 130, 132; Boehm/Pesch, MMR 2014, 75, 78; Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 126; Heine, NStZ 2016, 441, 444; Kaulartz, CR 2016, 474, 478; Koch, ZBB 2018, 359, 362; Omlor, ZHR 2019, 294, 308; Seitz, K&R 2017, 763, 765. 111 Heine, NStZ 2016, 441, 444; Koch, ZBB 2018, 359, 362; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 600; Shmatenko/Möllenkamp, MMR 2018, 495, 495 (Fn. 11); Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1363; Veil, ZHR 2019, 346, 350. 112 Koch, ZBB 2018, 359, 363 f.; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1363; Veil, ZHR 2019, 346, 350. 113 Kütük-Markendorf, Rechtliche Einordnung von Internetwährungen, S. 96; Kuhlmann, CR 2014, 691, 696; Shmatenko/Möllenkamp, MMR 2018, 495, 497; a.A. Ammann, CR 2018, 379, 382; Koch, ZBB 2018, 359, 364. 114 Gaier, in: MüKo BGB, Bd. VII, Einleitung SachenR Rn. 10; Heinze, in: Staudinger, BGB, Einleitung SachenR Rn. 93; Lehmann, Finanzinstrumente, S. 214.

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heitsrechts abschließend normiert.115 Eine analoge Anwendung der §§ 929 ff. BGB kann daher zwar aus funktionalen Gesichtspunkten sinnvoll erscheinen, ist jedoch nicht mit der Systematik des Sachenrechts vereinbar. Soweit virtuelle Datenpakete, wie auch Coins oder Tokens, nach sachenrechtlichen Grundsätzen übereignet werden sollen, bedürfte es hierzu eines Tätigwerdens des Gesetzgebers. Stattdessen handelt es sich bei Coins und Tokens um sonstige, unkörperliche Vermögensgegenstände.116 § 413 BGB ordnet als Auffangtatbestand die Möglichkeit der Abtretung all der Rechte an, die nicht bereits als Forderung unter § 398 BGB fallen.117 Dies ist Ausdruck der Privatautonomie, wonach grundsätzlich jedes Recht ausschließlich selbst auferlegten Grenzen unterfallen soll und Gegenstand von Rechtsgeschäften sein soll.118 Sofern nicht ausnahmsweise gesetzliche Vorschriften anderes bestimmen, müssen daher grundsätzlich alle Rechte verkehrsfähig sein.119 Im Rahmen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Bitcoins wurde häufig ausgeführt, dass diese keine Forderung repräsentieren, da es aufgrund des dezentralen Minings an einem zentralen Anspruchsgegner fehle.120 Hiernach sei die Übertragung eines Coins auch keine Abtretung im klassischen Sinne. Im Gegensatz hierzu ist bei ICOs allerdings oftmals anders. Denn Tokens, mit Ausnahme von Currency Tokens, werden von einem zentralen Anspruchsgegner emittiert. Es liegt insoweit nahe, davon auszugehen, dass Tokens der Modelle 2 – 5 eine ebensolche Forderung repräsentieren. Dann wären die §§ 398 ff. BGB direkt anwendbar. Unabhängig hiervon kann jedenfalls eine Übertragbarkeit nach §§ 398 Satz 1, 413 BGB angenommen werden, was auch für Coins einer Kryptowährung gilt.121 Die Übertragung unterliegt hierbei nur dem stark eingeschränkten Verkehrsschutz der Abtretungsvorschriften. Ein gutgläubiger Erwerb i.S.d. §§ 932 ff. BGB ist an den Tokens folglich – auch in analoger Anwendung – nicht möglich. 115

Heinze, in: Staudinger, BGB, Einleitung SachenR Rn. 94; Fleischer, in: FS Schäfer, S. 127. 116 Boehm/Bruns, in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 13. Teil E.) Rn. 5; Kütük-Markendorf, Rechtliche Einordnung von Internetwährungen, S. 82; Borkert, ITRB 2018, 91, 92; Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 126; Langenbucher, AcP 2018, 385, 407; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 600. 117 Rohe, in: Bamberger/Roth, BGB, Bd. I, § 413 Rn. 2; Westermann, in: Erman, BGB, Bd. I, § 413 Rn. 1; Roth/Kieninger, MüKo BGB, Bd. III, § 413 Rn. 2; Busche, in: Staudinger, BGB, § 413 Rn. 3. 118 Stresemann, in: MüKo BGB, Bd. I, § 90 Rn. 3; Roth/Kieninger, MüKo BGB, Bd. III, § 413 Rn. 1; Busche, in: Staudinger, BGB, § 413 Rn. 2. 119 Westermann, in: Erman, BGB, Bd. I, § 413 Rn. 2; Roth/Kieninger, MüKo BGB, Bd. III, § 413 Rn. 1; Schreiber, in: Soergel, BGB, Bd. 5/3, § 413 Rn. 1. 120 Boehm/Pesch, MMR 2014, 75, 78; Keding, WM 2018, 64, 67 f.; Krauß/Blöchle, DStR 2018, 1210, 1210; Omlor, JZ 2017, 754, 758; Omlor, ZHR 2019, 294, 308 f.; Schlund/ Pongratz, DStR 2018, 598, 600. 121 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 18; Kütük-Markendorf, Rechtliche Einordnung von Internetwährungen, S. 98; Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 291; Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 126; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 101; Zickgraf, AG 2018, 293, 299.

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Jedoch besteht aufgrund der Charakteristika der Blockchain-Technologie eine funktionale Äquivalenz zum rechtlichen Schutz der Gutglaubensvorschriften.122 Dies wird durch zweierlei bewirkt. Zunächst ist es bereits schwer vorstellbar, dass überhaupt ein Nichtberechtigter einen Token übertragen kann. Denn dies setzt immer die Signatur der Transaktion mit dem privaten Schlüssel voraus, welcher wiederum nur dem Berechtigten selbst bekannt ist.123 Ausnahmsweise sind zwar Fälle denkbar, in denen sich ein Unberechtigter Zugang zu einem privaten Schlüssel verschafft. Dies entspricht jedoch dem sachenrechtlichen Prinzip des Abhandenkommens (vgl. § 935 Abs. 1 BGB), welches auch nach den sachenrechtlichen Vorschriften die Möglichkeit eines Gutglaubenserwerbs ausschließt. Zum anderen gilt, dass einmal erfolgte Transaktionen unveränderlich in der Transaktionshistorie der Blockchain festgeschrieben sind und daher nicht rückgängig gemacht werden können.124 Das bedeutet also, dass selbst in Fällen, vergleichbar mit denen des Erwerbs vom Nichtberechtigten, in denen aufgrund des § 935 Abs. 1 BGB eine wirksame Übereignung nach dinglichem Recht nicht stattfindet, der Erwerber eines Tokens durch die tatsächliche Unmöglichkeit des Rückgängigmachens der Transaktion geschützt wäre. Insofern wäre der Verkehrsschutz der Blockchain sogar umfassender als jener des sachenrechtlichen Gutglaubenserwerbs. Abzugrenzen von einer funktionalen Äquivalenz auf tatsächlicher Ebene ist jedoch eine rechtliche Bewertung.125 Zunächst gilt ganz allgemein, dass tatsächliche Umstände nicht ausreichen können, um rechtliche Lücken zu schließen. Darüber hinaus gewährt der gutgläubige Erwerb neben dem Recht auf das tatsächliche Behaltendürfen auch die Lastenfreiheit der entsprechenden Sache (§ 936 Abs. 1 BGB). Diese Möglichkeit besteht bei einer Abtretung nach §§ 398 Satz 1, 413 BGB nicht. Auch die Blockchain-Technologie ermöglicht hierzu keine in tatsächlicher Hinsicht vergleichbare Sachlage. Jedoch ist es durchaus denkbar, dass Geschäftsmodelle darauf aufbauen, Tokens mit dinglichen Rechten zu belasten.126 § 936 Abs. 1 BGB würde den Erwerber im Falle des gutgläubigen Erwerbs einer Sache vor einer derartigen Inanspruchnahme schützen. Demgegenüber gehen solche Pflichten des ursprünglichen Token-Inhabers bei einer Abtretung gem. § 401 BGB, der über seinen 122 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 18; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 572; Hacker/Thomale, S. 22; Koch, ZBB 2018, 359, 363 f.; Spindler, WM 2018, 2109, 2112; Zickgraf, AG 2018, 293, 301; a.A. Bialluch-v. Allwörden/v. Allwörden, WM 2018, 2118, 2120 f. 123 Hacker/Thomale, S. 31; Heine, NStZ 2018, 441, 442; Hildner, BKR 2018, 485, 488; Langenbucher, AcP 2018, 385, 402; Zickgraf, AG 2018, 293, 301. 124 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.95; Kaulartz, CR 2016, 474, 479; Maume/Fromberger, S. 37; Zickgraf, AG 2018, 293, 301. 125 So auch Bialluch-v. Allwörden/v. Allwörden, WM 2018, 2118, 2122, Jünemann/Wirtz, ZfgK 2018, 1117, 1120; Kaulartz, CR 2016, 474, 479. 126 Vgl. Definition eines Tokens bei Hacker/Thomale, S. 5 („Investors receive tokens that can be understood as cryptographically-secured coupons which embody a bundle of rights and obligations.“).

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

eigentlichen Wortlaut hinausgehend zu verstehen ist127, mit auf den Erwerber des Tokens über. Insoweit gibt es also Fälle, in denen der technologische Verkehrsschutz nicht dem rechtlichen Verkehrsschutz des Gutglaubenserwerbs entspricht. Im Ergebnis kann die funktionale Äquivalenz der Blockchain-Technologie also nicht dasselbe Maß an Verkehrsschutz gewähren, wie der Gutglaubenserwerb nach §§ 932 ff. BGB. Sofern man folglich mit dem engen Verständnis der Handelbarkeit eine gesteigerte Umlauffähigkeit in eben diesem Sinne fordert, müsste man Tokens hiervon ausnehmen. Es lägen folglich keine Wertpapiere vor. c) Weites Verständnis der Handelbarkeit: Übertragung durch Abtretung ausreichend Im Gegensatz zum engen Verständnis, kann der Begriff der Handelbarkeit jedoch auch weit ausgelegt werden. Dieses Verständnis speist sich hauptsächlich aus dem Wortlaut der europarechtlichen Vorgaben der MiFID II, welchem sich eine derart gesteigerte Handelbarkeit nicht entnehmen lässt.128 Stattdessen wird ausdrücklich und ausschließlich nur davon gesprochen, dass die Wertpapiere „auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können“. Es ist vielmehr anerkannt, dass eine Verbriefung kein notwendiges Kriterium mehr für die Qualifizierung eines Anlageinstruments als Wertpapier ist. Genau hierauf würde es jedoch hinauslaufen, sollte man die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs zur Voraussetzung der Annahme der Handelbarkeit machen.129 Denn ein gutgläubiger Erwerb setzt zwangsläufig einen Rechtsscheinträger voraus.130 Darüber hinaus gilt, dass die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb jeweils nationales Recht darstellen. Der europarechtliche Begriff des übertragbaren Wertpapiers muss jedoch unabhängig von nationalen Vorschriften ausgelegt werden können.131 Zu diesem Ergebnis kommt auch eine historische Auslegung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. Der Gesetzgeber führt in der Gesetzesbegründung aus, dass Voraussetzung für die hier genannten Anlageinstrumente neben den drei soeben beschriebenen abstrakten Wertpapiermerkmalen, die Vergleichbarkeit mit Aktien ist. Die Vergleichbarkeit, so die Gesetzesbegründung, sei dadurch gekennzeichnet, dass die Instrumente verbrieft sind und eine Verkörperung dergestalt besteht, dass die Vorschriften des gutgläubigen Erwerbs anwendbar sind.132 Dies solle aber nur für die 127 Stürner, in: Jauernig, BGB, § 401 Rn. 2 ff.; Roth/Kieninger, in: MüKo BGB, Bd. III, § 401 Rn. 7 ff.; Busche, in: Staudinger, BGB, § 401 Rn. 3. 128 So auch Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 35; Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 118; Zickgraf, AG 2018, 293, 302. 129 Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 35; Bialluch-v. Allwörden/v. Allwörden, WM 2018, 2118, 2120; Voß, BKR 2007, 45, 51. 130 Vgl. Oechsler, in: MüKo BGB, Bd. VII, § 932 Rn. 6; Wiegand, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 932 – 936, Rn. 8; Bialluch-v. Allwörden/v. Allwörden, WM 2018, 2118, 2120 f. 131 Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 118. 132 BT-Drs. 16/4028, S. 54.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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Wertpapiere gelten, die den Aktien vergleichbar sind. Im Umkehrschluss ist hieraus zu folgern, dass auch Wertpapiere existieren, die keine solche Verkörperung aufweisen und somit auch nicht gutgläubig erworben werden können.133 d) Zwischenergebnis Im Ergebnis gilt also, dass auch Wertpapiere existieren können, bei denen die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nicht offensteht. Dem weiten Verständnis der Handelbarkeit ist demnach zu folgen. Dementsprechend setzt die Einordnung als Wertpapier nicht zwangsläufig voraus, dass der Handel nach sachenrechtlichen Grundsätzen erfolgen muss. Eine Übertragung der Rechte des jeweiligen Wertpapiers im Wege einer Abtretung nach §§ 398 Satz 1, 413 BGB ist folglich ausreichend. Da Tokens als unkörperliche Gegenstände in diesem Sinne übertragbar sind, liegt nach vorzugswürdiger Ansicht die Handelbarkeit vor.134 4. Keine Zahlungsinstrumente Vom Wertpapierbegriff der MiFID II ausdrücklich ausgenommen, sind Zahlungsinstrumente. Während das WpHG diesen Begriff wörtlich übernommen hat, spricht die Legaldefinition im WpPG stattdessen leicht irreführend von „Geldmarktinstrumenten“. Die Unterscheidung ergibt sich daher, dass das WpPG bei dessen Erscheinen auf der Prospekt-RL beruhte, die ihrerseits Geldmarktinstrumente von der Prospektpflicht ausgenommen hatte. Jedoch gilt auch in diesem Zusammenhang das Prinzip der dynamischen Verweisung, sodass auch der Wertpapierbegriff der Prospekt-RL im Lichte der MiFID II auszulegen ist. Folglich gilt, dass Zahlungsinstrumente nicht als Wertpapier anzusehen sind und Geldmarktinstrumente zwar als Wertpapier behandelt werden, nicht jedoch der Prospektpflicht unterfallen. Dies bestätigt auch der neu gefasste Art. 2 lit. a) Prospekt-VO. a) Currency Tokens als Zahlungsinstrumente Nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers handelt es sich bei Zahlungsinstrumenten um Bargeld, Schecks und andere liquide Mittel, deren übliche Verwendung der eines Zahlungsmittels entspricht.135 In Bezug auf ICOs könnte diese Einschränkung des Wertpapierbegriffs hinsichtlich Currency Tokens maßgeblich sein. Dies wäre der Fall, sofern die emittierten Coins als eben solche liquiden Mittel mit Zahlungsmittelfunktion einzustufen sind. Hierbei ist zunächst festzustellen, dass 133

Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 35. A.A. lediglich Bialluch-v. Allwörden/v. Allwörden, WM 2018, 2118, 2122. 135 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 10; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 41; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 12; Marx/Dallmann, StuB 2019, 217, 219; Maume/ Fromberger, S. 38; Zickgraf, AG 2018, 293, 306 f. 134

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

es sich bei Coins nicht um gesetzliche Zahlungsmittel handelt.136 Gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG ist der Euro das einzig gesetzliche anerkannte Zahlungsmittel. Dies ist jedoch auch nicht zwingend Voraussetzung für eine Einordnung als Zahlungsinstrument, denn im Zuge der Privatautonomie steht es den Vertragsparteien frei, andere Zahlungsmittel zu bestimmen als die gesetzlich vorgesehene Währung. aa) Funktion als Zahlungsmittel Der EuGH hat in der Rechtssache „Hedqvist“ für die Kryptowährung Bitcoin entschieden, dass diese zumindest i.S.d. MwStSystRL als „vertragliches Zahlungsmittel“ nach Art. 135 Abs. 1 lit. e) MwStSystRL anzusehen sei, nicht jedoch als Wertpapier nach lit. f) selbigen Artikels.137 Allerdings gilt zu beachten, dass der Wertpapierbegriff der MwStSystRL nicht mit demjenigen der MiFID II übereinstimmt.138 Dennoch lassen sich aus der Argumentation des EuGH Rückschlüsse auf die vorliegende Einordnung als Zahlungsinstrument ziehen. Der EuGH führt aus, dass „die virtuelle Währung ,Bitcoin‘ keinem anderen Zweck als dem der Verwendung als Zahlungsmittel dient und dass sie in dieser Eigenschaft von bestimmten Wirtschaftsteilnehmern akzeptiert wird“139. Daher müsse der Umtausch von Bitcoins gegen Waren im Rahmen der MwStSystRL ebenso zu behandeln sein, wie der Umtausch von konventionellen Währungen in Waren.140 Diese Gleichbehandlung von vertraglichen und gesetzlichen Zahlungsinstrumenten muss auch im Rahmen des Kapitalmarktrechts gelten. Denn die Ausnahme von Zahlungsinstrumenten von der Definition des Wertpapiers erfolgt aus teleologischen Gründen. Die Funktionen und Mittel des Kapitalmarktrechts sind nämlich nicht für einen Einsatz bei solchen Instrumenten ausgelegt, da das Kapitalmarktrecht auf das Verhältnis von Emittent und Anleger einwirkt.141 Die klassischen Instrumente des Kapitalmarktrechts sollen Informationsasymmetrien zwischen diesen abbauen, um so eine rationale Anlageentscheidung zu ermöglichen. Zahlungsinstrumente sind demgegenüber jedoch dadurch gekennzeichnet, dass ihnen Werthaltigkeit im Rahmen des gesamten Wirtschaftskreislaufs zukommt. Diese Argumentation gilt für gesetzliche Zahlungsmittel ebenso wie für die Kryptowährungen. Coins zeichnen sich nämlich dadurch aus, dass ihr bestimmungsgemäßer Zweck darin besteht, zur

136 Beck/König, JZ 2015, 130, 135; Shmatenko/Möllenkamp, MMR 2018, 495, 496; Spindler, WM 2018, 2109, 2114; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1360. 137 EuGH, Urteil v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 52 ff. = DStR 2015, 2433, 2436 f. = MMR 2016, 201, 203 f. 138 Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 324 (181. EL 03/2019); Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG Rn. 5 f. (197. EL 01/ 2018); Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 57 f.; Hacker/Thomale, S. 30. 139 EuGH, Urteil v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 52. 140 EuGH, Urteil v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 50, 53. 141 Hacker/Thomale, S. 32; Zickgraf, AG 2018, 293, 307.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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Bezahlung von Gütern oder Dienstleistungen eingesetzt zu werden.142 Ihre Einsatzmöglichkeit ist dabei nicht auf die Nutzung innerhalb der Produktauswahl eines Anbieters beschränkt, sondern ist darauf ausgelegt, innerhalb des gesamten Blockchain-Netzwerks zur Zahlung eingesetzt zu werden. Die Wertentwicklung von Currency Tokens hängt daher auch nicht vom unternehmerischen Erfolg des Emittenten ab, sondern vom Vertrauen des Marktes in die systemweiten Einsatzmöglichkeiten des Coins als Zahlungsmittel. Currency Tokens entsprechen daher ihrer Wirkweise nach Zahlungsmitteln im klassischen Sinne. Die Regulierung dieser Finanzinstrumente obliegt nach Sinn und Zweck daher nicht dem Kapitalmarktrecht, sondern dem Bankaufsichtsrecht, welches den oben genannten Eigenheiten der Zahlungsinstrumente besser begegnen kann.143 Weiterhin ist auch die erforderliche Liquidität gegeben. Coins lassen sich auf den diversen Kryptobörsen gegen andere Kryptowährungen und auch gegen gesetzliche Zahlungsmittel eintauschen, sodass von den erforderlichen Kapazitäten zum Tausch der Coins gegen andere Wirtschaftsgüter auszugehen ist. bb) Möglichkeit des Handels auf Sekundärmärkten Neben der Einsatzmöglichkeit als Zahlungsmittel steht den Anlegern jedoch die Möglichkeit des Sekundärhandels offen. Sie können somit auf Wertsteigerungen der Currency Tokens spekulieren. Aufgrund der hohen Volatilität der Kurse und den (zumindest momentan) stark eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten als Zahlungsmittel, steht dieser Aspekt häufig sogar im Mittelpunkt einer Anlageentscheidung. Daher bestehen für den Anleger Gefahren, die denen des Kapitalmarkts vergleichbar erscheinen und unter Anlegerschutzaspekten eine Anwendung des Kapitalmarktrechts gebieten könnten. Ein Markt, der aufgrund von Kursschwankungen für Verluste sorgen kann, existiert jedoch auch für Währungen. Diese stellen aber gerade den Grundfall des von Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II ausgenommenen Zahlungsinstruments dar.144 Dementsprechend vermag daher auch die Möglichkeit des Handels nicht die Einordnung als Zahlungsinstrument zu wiederlegen. Soweit die Currency Tokens ursprünglich als Zahlungsmittel konzipiert sind und darüber hinaus keine weiteren Funktionen aufweisen, bestimmt sich deren Wert nicht nach dem unternehmerischen Erfolg, sodass die auf das Verhältnis von Anleger und Emittent ausgelegten Vorschriften des Kapitalmarktrechts keine Wirkung entfalten können. An diesem Argument ist auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des Handels auf Sekundärmärkten und 142 Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 59 f.; Borkert, ITRB 2018, 91, 94; Hacker/Thomale, S. 31; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1155; Maume/Fromberger, S. 38; Zickgraf, AG 2018, 293, 307. 143 Hacker/Thomale, S. 32 f.; Langenbucher, AcP 2018, 385, 416 ff.; Maume/Fromberger, S. 39 f.; Spindler, WM 2018, 2109, 2114; Zickgraf, AG 2018, 293, 307. 144 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 10; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 41; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 12.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

der damit einhergehenden Gefahren für Anleger festzuhalten. Im Ergebnis fallen reine Currency Tokens nicht unter den Wertpapier-Begriff der MiFID II.145 b) Hybrid Tokens mit Zahlungsmittelfunktion und Investmentfunktion Häufig haben Tokens, denen Zahlungsmittelfunktion zukommt, jedoch noch weitere Einsatzmöglichkeiten. Zum einen ist eine Kreuzung mit Utility Tokens denkbar, sodass die Einheiten der jeweiligen Kryptowährung auch Nutzungsrechte gewähren. Zum anderen können auch Investmentrechte, z. B. Zahlungsansprüche, an Currency Tokens gekoppelt werden. In letzterem Falle würden sich InvestmentMöglichkeiten ergeben, die über den Handel auf den Sekundärmärkten hinausgehen. Bei der Beurteilung, ob solche Hybrid Tokens als Zahlungsinstrument aus dem Anwendungsbereich des Wertpapierbegriffs fallen sollen, gilt verschiedenes zu beachten. Zunächst entfallen die Gründe, die für ein Ausnehmen aus dem Wertpapierbegriff sprechen, in den Fällen, in denen den Tokens ein weitergehender, unternehmensbezogener Anspruch innewohnt. Denn dann ist die Wertentwicklung des Tokens nicht mehr ausschließlich von den tatsächlichen Zahlungsmöglichkeiten abhängig, sondern zusätzlich auch von der Entwicklung des emittierenden Unternehmens. Es besteht in diesem Falle auch ein zentraler Anspruch gegenüber dem Emittenten. Demzufolge sind in diesen Fällen kapitalmarktrechtliche Regelungsziele relevant. Hierbei gilt, dass kein Ausschlussverhältnis zwischen der Anwendbarkeit von Bankaufsichts- und Kapitalmarktrecht besteht.146 Daher können unter den Begriff der Zahlungsinstrumente nur solche Tokens fallen, deren Funktion als Zahlungsmittel alle anderen Funktionen deutlich überwiegt.147 Hierfür spricht zunächst, dass die MiFID II aufgrund ihrer fundamentalen Bedeutung für den Finanzsektor und den Erfahrungen aus der Finanzkrise grundsätzlich einen weiten Geltungsbereich anstrebt (vgl. Erwägungsgründe (3) ff. MiFID II). Ausnahmevorschriften, die eine Anwendung der Richtlinie begrenzen, sind daher nach Sinn und Zweck eng auszulegen. Im Übrigen würde man Umgehungen der MiFID II zu stark erleichtern, da anderenfalls die Verbindung von Tokens mit einer, auch untergeordneten, Zahlungsmittelfunktion, eine Bewertung als Wertpapier verhindern würde.148 Dies entspricht schließlich auch der Behandlung der Sachlage nach schweizerischem Recht. Hier wird davon ausgegangen, dass Hybrid Tokens, die Elemente 145 Ebenso Borkert, ITRB 2018, 91, 94; Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 291; Hacker/ Thomale, S. 33; Jünemann/Wirtz, ZfgK 2018, 1222, 1223; Langenbucher, AcP 2018, 385, 418; Maume/Fromberger, S. 39; Weitnauer, BKR 2018, 231, 233; Zickgraf, AG 2018, 293, 307. 146 Maume/Fromberger, S. 40; Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 492. 147 Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 291; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 100 (Fn. 99); Maume/Fromberger, S. 39. 148 Maume/Fromberger, S. 40.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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mehrerer Token-Modelle in sich vereinen, kumulativ allen rechtlichen Anforderungen an die verschiedenen Modelle entsprechen müssen.149 5. Funktionale Vergleichbarkeit mit den Regelbeispielen Der Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II zählt neben den drei abstrakten Merkmalen drei Gruppen von Wertpapierarten als Regelbeispiele auf. Genannt werden Aktien, Schuldverschreibungen und andere Schuldtitel. Manche Stimmen innerhalb der juristischen Fachliteratur messen der Liste jedoch keinerlei Bedeutung bei. Ihnen zufolge komme es bei der Charakterisierung als Wertpapier lediglich auf das Vorliegen der abstrakten Merkmale an, da es sich bei den Regelbeispielen ausschließlich um eine nicht abschließende Liste von Beispielen handele.150 Hierbei wird jedoch verkannt, dass die Regelbeispiele den durch die abstrakten Merkmale ausgeformten Wertpapierbegriff entscheidend konkretisieren, nämlich indem sie den von MiFID II geforderten Marktbezug herstellen.151 Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II umfasst ausschließlich Instrumente, die „auf dem Kapitalmarkt“ gehandelt werden können und ordnet die Qualifizierung als Wertpapier demnach in die Systematik des Kapitalmarktrechts ein. Die Aufzählung ermöglicht es also im Rahmen einer historischen Auslegung des Wertpapierbegriffs zu bestimmen, welche Arten von Anlageinstrumenten der europäische Gesetzgeber als notwendigerweise vom Kapitalmarktrecht umfasste Wertpapiere ansieht.152 Würde man stattdessen ausschließlich auf Übertragbarkeit, Standardisierung und Handelbarkeit abstellen, unterfiele ein enorm weiter Kreis von Rechtspositionen dem Wertpapierbegriff, ohne dass dies jedoch einen Beitrag zu den Regelungszielen des Kapitalmarktrechts – Funktions- und Anlegerschutz – leisten würde.153 Gerade bei der Einordnung neuartiger, innovativer Anlageformen ermöglicht dies die notwendige Abgrenzung zu Rechtspositionen, die zwar übertragbar, standardisiert und handelbar sind, jedoch nicht von MiFID II erfasst werden sollen und daher auch nicht der hierauf aufbauenden Kapitalmarktregulierung unterfallen sollen.154 Daher ist es neben dem Vorliegen der soeben dargestellten abstrakten Merkmale des Wertpapierbegriffs not-

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Vgl. Dobrauz-Saldapenna/Schrackmann, RdF 2019, 20, 26. Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 10; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 19; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 15; Hacker/Thomale, S. 24 f.; Maume/ Fromberger, S. 40 f. 151 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 19; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 13; Zickgraf, AG 2018, 293, 302. 152 Erwägungsgrund (8) MiFID II bzw. Erwägungsgrund (4) MiFID; ebenso Hacker/ Thomale, S. 25; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 93, 101. 153 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 93, 101; Zickgraf, AG 2018, 293, 302. 154 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 19; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 13; Hacker/Thomale, S. 25; Zickgraf, AG 2018, 293, 302. 150

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

wendig, dass ein Anlageinstrument typologisch vergleichbar ist mit den von MiFID II genannten Regelbeispielen.155 a) Voraussetzungen der Vergleichbarkeit mit Aktien Als erste Vergleichsgruppe nennt Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 lit. a) MiFID II Aktien, sowie Aktien oder anderen Gesellschaftsanteilen gleichzustellende Wertpapiere. Zunächst besteht Einigkeit, dass eine Vergleichbarkeit zu Aktien nur dann bestehen kann, wenn die in Frage stehenden Tokens mitgliedschaftliche Rechte darstellen.156 Die Mitgliedschaft muss sich dabei auf verbandsmäßig organisierte Unternehmen beziehen. Die Rechtsform des Unternehmens ist jedoch irrelevant und nicht auf Aktiengesellschaften beschränkt.157 Darüber hinaus wird, in Parallele zum engen Verständnis der Handelbarkeit, teilweise gefordert, dass die betreffenden Anlageinstrumente verbrieft oder andersartig verkörperlicht sein müssen, sodass ein gutgläubiger Erwerb möglich ist.158 Dies ergibt sich so auch aus der Gesetzesbegründung zur Umsetzung von MiFID I in das deutsche WpHG.159 Hierzu gilt jedoch zunächst das zur Handelbarkeit bereits Ausgeführte. Zum anderen wäre es widersprüchlich, würde man zwar auf Ebene der abstrakten Kriterien die Möglichkeit des Gutglaubenserwerbs nicht für erforderlich halten, das Kriterium dann jedoch durch die typologische Konkretisierung dennoch wieder voraussetzen. Weiterhin gilt abermals der Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II zu bemühen. Dieser definiert „Aktien“ als Bezugsobjekt der funktionalen Vergleichbarkeit. Der Wortlaut kann sich insoweit sowohl auf das bloße Mitgliedschaftsrecht an einer Aktiengesellschaft160 als auch auf die Verkörperung dieses Rechts in einer Aktienurkunde beziehen.161 Das Erfordernis einer Verbriefung lässt sich jedenfalls nicht zwingend hieraus schlussfolgern.

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Bergmann, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankR, Kap. 36 Rn. 3; Veil, in: Veil, Europäisches KapitalmarktR, § 8 Rn. 6; Hacker/Thomale, S. 25; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 93, 100; Veil, ZHR 2019, 346, 357; Völkel, ZTR 2017, 103, 105; Weitnauer, BKR 2018, 231, 233; Zickgraf, AG 2018, 293, 302. 156 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 19 f.; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 23; Ritz/Zeising, in: Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, § 2 Rn. 51; Roth, in: KKWpHG, § 2 Rn. 49; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 16; Hacker/ Thomale, S. 26. 157 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 19 f.; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 23; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 48; Zickgraf, AG 2018, 293, 303. 158 Petow, in: Heidel, AktR, § 2 WpHG Rn. 5; Brandt, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 15.33; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 16. 159 BT-Drs. 16/4028, S. 54. 160 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 20 f.; Fischer, in: Heidel, AktR, § 1 Rn. 25; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 1 Rn. 13; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 43. 161 Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 1 Rn. 25; Fischer, in: Heidel, AktR, § 1 Rn. 25; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 1 Rn. 13; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 14.

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Vielmehr hält eine Auslegung im Sinne des letzteren Verständnisses einer systematischen Betrachtung nicht Stand. Unzweifelhaft ist, dass eine körperliche Verbriefung nicht Voraussetzung für die Annahme der Wertpapiereigenschaft nach unionsrechtlichen Vorgaben ist. Sofern aber die Verbriefung nicht Voraussetzung eines Wertpapiers ist, bedeutet dies, dass auch die Wertpapiereigenschaft von Aktien nicht von deren Verbriefung abhängig ist. Eine Verbriefung kann daher auch nicht für andere Anlageinstrumente gefordert werden, deren Einordnung als Wertpapier gerade aufgrund der Vergleichbarkeit zu Aktien bestimmt werden soll.162 Sofern die Bundesregierung in der Gesetzesbegründung eine andere Sichtweise zum Ausdruck bringt, ist dies nicht vereinbar mit den Vorgaben der MiFID II und daher europarechtswidrig. Auch Sinn und Zweck des Kapitalmarktrechts sprechen für ein Abweichen vom Erfordernis der Verbriefung. Grundlage von MiFID II ist ein möglichst weit zu verstehender Wertpapierbegriff, um den Anwendungsbereich möglichst umfassend zu gestalten und so für Anleger- und Funktionsschutz zu sorgen. Dies soll gerade auch auf jenen Märkten geschehen, die nicht bereits jetzt Gegenstand rechtlicher Normen zu Organisation und Beaufsichtigung sind (ehemals bezeichnet als „grauer Kapitalmarkt“).163 Diese sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass die gehandelten Anlageinstrumente oftmals nicht verbrieft oder andersartig verkörpert sind. Es würde folglich den Zielen des europäischen Kapitalmarktrechts widersprechen, sollte man die Anwendbarkeit der §§ 932 ff. BGB und somit die Verbriefung als Voraussetzung einer typologischen Vergleichbarkeit ansehen. Hierdurch würden nämlich große Teile des regulierungsbedürftigen Finanzmarktes von dem Anwendungsbereich der MiFID II ausgenommen. Dementsprechend ist lediglich entscheidend, dass die Tokens ihren Inhabern mitgliedschaftliche Rechte gewähren. b) Voraussetzungen der Vergleichbarkeit mit Schuldtiteln Schuldtitel sind am Markt handelbare vermögensrechtliche Forderungen, die standardisiert ausgestaltet sind.164 Über die abstrakten Merkmale der Handelbarkeit und Standardisierung hinaus, ist also lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch vermögensrechtlicher Art gegenüber einem Emittenten erforderlich.165 Es muss sich

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Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 21. Vgl. Bumke, in: Hopt/Veil/Kämmerer, Kapitalmarktgesetzgebung, S. 114 f.; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 13; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.84. 164 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 26; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 27; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 57; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 23; Veil, ZHR 2019, 346, 358. 165 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 26; Kumpan, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 23. 163

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

dabei im Gegensatz zu den aktienähnlichen Wertpapieren nicht um mitgliedschaftliche Rechte handeln.166 Während der Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 lit. b) MiFID II ausdrücklich auf „Schuldtitel in verbriefter Form“ verweist, sehen die deutschen Gesetze die Verbriefung in Hinblick auf die Vergleichbarkeit zu Schuldtiteln nicht als erforderlich an (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) WpHG). Trotz des Wortlauts der deutschen Übersetzung der MiFID II kommt es hierauf auch nach europarechtlichen Vorgaben nicht an.167 Dies beruht auf einer missverständlichen Übersetzung der englischen Fassung von „other types of securitised debt“, welche neben der Bedeutung als „verbriefte Schuldtitel“ auch schlicht „kapitalmarktfähige Schuldtitel“ besagen kann.168 Auch die ebenfalls maßgebliche französische Fassung „les obligations et autres titres de créance, y compris les certificats représentatifs de tels titres“169 schreibt die Verbriefung nicht vor. Dementsprechend kann nur auf den allgemeinen Sinn und Zweck des europäischen Kapitalmarktrechts und insbesondere der MiFID II abgestellt werden. Hiernach soll es eben nicht mehr auf eine Verbriefung von Finanzprodukten ankommen, um sie der kapitalmarktrechtlichen Regelungsstruktur zu unterwerfen. Dies gilt auch für Schuldtitel. Demnach kann sich auch die Ähnlichkeit zu diesen Instrumenten gerade nicht hierdurch auszeichnen. c) Equity Tokens (Modell 5) Umfassende Vergleichbarkeit besteht bei Equity Tokens. Die schuldrechtlichen Vereinbarungen, die diesem Modell zugrunde liegen, sollen eine Gesellschafterstellung gerade abbilden. Dies wäre auch bei Nutzung einer Treuhand-Gestaltung anzunehmen. Sie repräsentieren eine umfassende mitgliedschaftliche Berechtigung und sind daher vergleichbar mit Aktien i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 lit. a) MiFID II. d) Gesellschaftsähnliche Tokens (Modell 4) Verbandsmäßige, mitgliedschaftliche Rechte können in verschiedenen Formen auftreten. Hierunter fallen etwa Zahlungsansprüche, ausgestaltet als Einmal- oder als Dividendenzahlung, Stimmrechte sowie sonstige Rechte, die auf die Verwaltung der Gesellschaft bezogen sind (z. B. Teilnahme an der Hauptversammlung oder Aus-

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Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 27; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 57; Hacker/ Thomale, S. 28. 167 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 26; Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 27; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 58; Hacker/Thomale, S. 28; Klöhn/Parhofer/ Resas, ZBB 2018, 89, 102; a.A. Ritz/Zeising, in: Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, § 2 Rn. 58. 168 Lehmann, Finanzinstrumente, S. 53 f.; Klöhn/Parhofer, ZIP 2018, 2093, 2098; Klöhn/ Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 102. 169 Wörtliche Übersetzung: „Schuldverschreibungen und andere Schuldtitel, einschließlich der diese Wertpapiere repräsentierenden Zertifikate“.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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kunftsrechte).170 Demnach gewähren Tokens des Modells 4 Ansprüche, welche zu mitgliedschaftlichen Rechten vergleichbar sind. Durch Vorschlags- und Stimmrechte nehmen die Token-Inhaber direkten Einfluss auf die Geschäftsführung der jeweiligen Gesellschaft. Durch etwaige zusätzliche Zahlungsansprüche profitieren sie vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Die Investoren erwerben Token dieser Art um damit zukünftig finanzielle Gewinne zu erzielen, sodass die Tokens gerade auch unter aufsichtsrechtlichen Aspekten traditionellen Finanzinstrumenten vergleichbar sind (vgl. Erwägungsgrund (8) MiFID II).171 Selbst wenn den Token-Inhabern nur Auskunfts- oder Rederechte zugestanden werden, handelt es sich hierbei um klassische mitgliedschaftliche Rechte. Der Inhalt der durch die emittierten Tokens gewährten Rechte entspricht also denen einer verbandsmäßigen Mitgliedschaft. Sie sind damit ebenfalls vergleichbar zu einer Aktie und folglich als Wertpapier i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II einzuordnen.172 e) Debt Tokens (Modell 3) Tokens, die ausschließlich Vermögensrechte gewähren sind jedoch nicht mit Aktien vergleichbar. Dies gilt auch trotz der Existenz stimmrechtsloser Vorzugsaktien und deren Einordnung unter i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 lit. a) MiFID II.173 Diese Aktien verkörpern Anteile an einer Aktiengesellschaft, ohne jedoch ein Stimmrecht auf der Hauptversammlung zu gewähren (vgl. § 140 Abs. 1 AktG). Im Gegensatz zu stimmrechtslosen Vorzugsaktien begründen Tokens mit reinem Zahlungsanspruch jedoch noch nicht die notwendige Vergleichbarkeit mit einer Mitgliedschaft an einem Rechtsträger. Auch wenn es sich folglich nicht um ein mitgliedschaftliches Recht handelt, so doch um einen vermögensrechtlichen Anspruch. Anspruchsgegner ist der jeweilige zentrale Emittent, sodass die hierdurch gewährten Rechte mit Schuldtiteln i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 lit. b) MiFID II vergleichbar sind.174 Es handelt sich demnach auch bei Debt Tokens um Wertpapiere.

170

Rieckers, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 17 Rn. 3 ff.; Hacker/Thomale, S. 26 f.; Krüger/ Lampert, BB 2018, 1154, 1155; Völkel, ZTR 2017, 103, 106. 171 Hacker/Thomale, S. 27; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1155; Zickgraf, AG 2018, 293, 302. 172 Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 572; Hacker/Thomale, S. 26; Völkel, ZTR 2017, 103, 106; Weitnauer, BKR 2018, 231, 233; Zickgraf, AG 2018, 293, 303; wohl auch Lendermann, AG 2019, R 93, R 93. 173 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 20; Roth, in: KK-WpHG, § 2 Rn. 44; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 6; vgl. hierzu Arnold, in: MüKo AktG, Bd. III, § 140 Rn. 4. 174 Hacker/Thomale, S. 26 f; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 102; Zickgraf, AG 2018, 293, 303.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

f) Utility Tokens (Modell 2) Betrachtet man Utility Tokens, muss man zu dem Ergebnis gelangen, dass diese zumindest keine mitgliedschaftsähnlichen Rechte gewähren. Die mit einem Utility Token verbundenen Rechte sind konsumbezogen, was mitgliedschaftliche Rechte nicht sind. Sie sind daher nicht mit Aktien nach lit. a) vergleichbar. Jedoch könnte eine wortwörtliche Analyse der Definition der Schuldtitel durchaus für eine Vergleichbarkeit von Utility Tokens mit Schuldtiteln sprechen. Hierfür müssten sie jedoch eine vermögensrechtliche Forderung repräsentieren. aa) Bestimmungsgemäßer Gebrauch Zunächst ergibt sich aus dem Begriff der Forderung nicht, dass sich hierunter zu fasssende schuldrechtliche Ansprüche zwingenderweise auf geldwerte Leistungen beziehen müssen.175 Auch ein bloß produkt- oder dienstleistungsbezogener Anspruch, wie sie Utility Tokens gewähren, könnte daher eine vermögensrechtliche Forderung darstellen. Hiernach wären Utility Tokens dann vergleichbar mit Schuldtiteln und daher als Wertpapier einzuordnen. Eine systematische Betrachtung des Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II spricht allerdings nicht dafür, dass Tokens, die konsumbezogene Ansprüche begründen, als Wertpapiere anzusehen sind. Die in lit. b) genannten Beispiel sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Zahlungsansprüche oder eine finanzielle Beteiligung anderer Art gewähren.176 Utility Tokens entsprechen aus diesem Grund auch nicht dem Kalkül des Erwägungsgrunds (8) MiFID II, da reine Utility Tokens gerade nicht klassischen Finanzinstrumenten ähneln. Es muss jedoch auch eine Analyse von Sinn und Zweck des Kapitalmarktrechts vorgenommen werden. Dieser besteht darin, Anleger- und Funktionsschutz zu gewähren, indem die kapitalmarktrechtlichen Regelungen den Anleger zu einer rationalen Analageentscheidung ermächtigen. Dies geschieht schwerpunktmäßig durch das Offenlegen von Informationen zum finanziellen Risiko einer Anlage, zur gegenwärtigen Marktlage und der finanziellen Ausstattung des Emittenten. Nicht vom Sinn und Zweck umfasst ist jedoch die Erleichterung oder Verbesserung einer reinen Konsumentscheidung – hierfür einschlägig ist das allgemeine Verbraucherrecht.177 Utility Tokens sind jedoch gerade auf den Konsum eines Produkts oder die Inanspruchnahme einer Dienstleistung gerichtet. Demgegenüber gewähren reine Utility Tokens ihrer Bestimmung nach keine finanziellen Ansprüche im Sinne einer 175 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 2 Rn. 27; Bachmann, in: MüKo BGB, Bd. II, § 241 Rn. 6; Hacker/Thomale, S. 29. 176 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 25 – 37; Kumpan, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpHG Rn. 23 ff.; Hacker/Thomale, S. 29. 177 Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 573; Hacker/Thomale, S. 29; Spindler, WM 2018, 2109, 2113; Zickgraf, AG 2018, 293, 304; vgl. zu Verbraucherschutzaspekten des Kapitalmarktrechts Buck-Heeb, ZHR 2012, 66 ff.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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Anlage. Ebenso wie für den Telos hinsichtlich der Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, würde demnach auch bei Utility Tokens gelten, dass die Ziele und Mittel des Kapitalmarktrechts nicht mit dieser Form von Tokens kompatibel sind und sie stattdessen durch andere Quellen staatlicher Regulierung erfasst sein müssen.178 Sofern man Utility Tokens also ausschließlich anhand ihrer bestimmungsgemäßen Einsatzmöglichkeit bewertet, sind sie nicht mit Schuldtiteln vergleichbar und daher nicht als Wertpapier einzuordnen. bb) Möglichkeit des Handels auf Sekundärmärkten Über diesen bestimmungsgemäßen Gebrauch hinaus besteht jedoch – wie bei jeder Art von Tokens – die Möglichkeit der Inhaber, diese auf dem Sekundärmarkt zu handeln und hierdurch finanzielle Gewinne zu realisieren. Hier unterscheidet sich deren Bewertung im Vergleich zur Bewertung von Currency Tokens. Denn trotz der Möglichkeit des Handels auf den Sekundärmärkten, ist im Falle der Currency Tokens der unternehmerische Erfolg des Emittenten nicht ausschlaggebend für die Wertsteigerungen des Tokens. Im Falle der Utility Tokens ist dies jedoch der Fall. Eine positive Unternehmensentwicklung wirkt sich auch positiv auf den Wert des jeweiligen Tokens aus.179 Von diesem Aspekt aus betrachtet sind die Mittel des Kapitalmarktrechts also durchaus geeignet, dem Anleger zu einer rationalen Entscheidung zu verhelfen. Entscheidend ist nämlich hier das Verhältnis von Emittent zu Anleger, welches durch die Informationspflichten des Kapitalmarktrechts adressiert wird. Sofern man die Möglichkeit des Handels beachtet, könnten Sinn und Zweck also auch dafür sprechen, Utility Tokens als Wertpapier dem Regelungsregime des Kapitalmarktrechts zu unterwerfen.180 Entscheidend ist daher zu bestimmen, ab welchem Verhältnis die Investmentfunktion derart ausschlaggebend ist, dass die Charakterisierung als Wertpapier zwingend ist bzw. die Konsumfunktion überwiegt und eine Einordnung als Wertpapier daher ausgeschlossen ist. cc) Verschiedene Ansätze innerhalb der Literatur Einerseits kann die Abgrenzung anhand objektiver Kriterien vorgenommen werden. Entscheidend hierfür wären die konkreten Umstände des Einzelfalls. Für das Überwiegen der Investmentfunktion würde dann etwa sprechen, dass die Nutzung 178 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.110.; Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil E) Rn. 111; Hacker/Thomale, S. 29; Zickgraf, AG 2018, 293, 304. 179 Hacker/Thomale, S. 33; Kaal/Dell’Erba, S.7; Rohr/Wright, S. 39; Völkel, ZTR 2017, 103, 104; Zickgraf, AG 2018, 293, 304. 180 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.118; Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 69; Hacker/Thomale, S. 33 f.; Spindler, WM 2018, 2109, 2113; Zickgraf, AG 2018, 293, 304.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

des Produkts zum Zeitpunkt der Investition noch nicht möglich ist.181 Wenn der Investor also in Vorleistung tritt, wäre die Anlage primär durch Aspekte der Unternehmensfinanzierung geprägt und die entsprechenden Utility Tokens wären daher als Wertpapier einzustufen. Aus demselben Grund müsste auch bei Tokens, die nur eine unter vielen anderen Möglichkeiten darstellen, das Produkt bzw. die Dienstleistung des Emittenten in Anspruch zu nehmen, angenommen werden, dass die Investmentfunktion überwiegt.182 Demgegenüber spräche etwa eine fehlende Limitierung der Tokens gegen die Annahme des Überwiegens der Investmentfunktion.183 In diesem Fall ist eine Wertsteigerung der Tokens nämlich nahezu ausgeschlossen, da keine Knappheit hieran besteht. Die Nutzungsfunktion stünde dann im Vordergrund. Andererseits könnte man auch auf die subjektive Sphäre des Anlegers bei Vornahme des Investments abstellen, also auf dessen Gewinnerzielungsabsicht.184 Die Notwendigkeit von Anlegerschutz durch das Kapitalmarktrecht sei in diesem Sinne nur dann gegeben, wenn die Anleger bei ihrer Investitionsentscheidung die finanziellen Rendite in den Mittelpunkt stellen. Zu bestimmen sei jedoch auch dies anhand objektiver Umstände, etwa der Vermarktung der Tokens im Whitepaper oder durch die sonstige Kommunikation zwischen Emittent und Anleger.185 Wird hierdurch beim Anleger die Erwartung hervorgerufen, dass er durch seine Investition finanzielle Rendite auf dem Sekundärmarkt erwirtschaften kann, spreche dies für ein Überwiegen der Investmentfunktion und die Wertpapiereigenschaft der betreffenden Utility Tokens. Beschränke sich das subjektive Interesse des Anlegers dagegen auf die Möglichkeiten des bestimmungsgemäßen Gebrauchs, also des Konsums, überwiege die Investmentfunktion und es handele sich nicht um ein Wertpapier. Gewinnerzielungsabsicht müsse daher zumindest ein signifikantes Motiv des durchschnittlichen Investors sein.186 Vereinzelt vertreten Autoren, wenn auch bezüglich der Wertpapiereigenschaft nach schweizerischem Recht, eine dritte Ansicht.187 Hiernach solle es auf eine Abgrenzung nicht ankommen. Denn das Regelungsregime des Kapitalmarktrechts stünde nicht in einem Ausschlussverhältnis zu anderen Rechtsgebieten, sondern 181 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 103; Zickgraf, AG 2018, 293, 305; vgl. auch v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.112; Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 69; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 573; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 19. 182 Zickgraf, AG 2018, 293, 305. 183 Zickgraf, AG 2018, 293, 305; vgl. auch v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.114. 184 Hacker/Thomale, S. 34; vgl. auch v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.110; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 102. 185 Hacker/Thomale, S. 34; vgl. auch Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 102; Zickgraf, AG 2018, 293, 305. 186 Hacker/Thomale, S. 34; zustimmend Spindler, WM 2018, 2109, 2113. 187 Dobrauz-Saldapenna/Schrackmann, RdF 2019, 20, 26.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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neben diesen. Dementsprechend sei eine mehrere Elemente verwirklichende Gestaltung, egal welcher Gewichtung, ausreichend, um die Wertpapiereigenschaft des Tokens zu bejahen. Dies würde bedeuten, dass Utility Tokens (und konsequenterweise auch Hybrid Tokens) sowohl die verbraucherrechtlichen Vorschriften als auch die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zu beachten hätten. Unter Umständen würde dann eine, im Falle der Hybrid Tokens vorliegende, gering gewichtete Funktion als Zahlungsmittel dazu führen, dass zusätzlich auch Zahlungsdiensteaufsichtsrecht und Bankrecht anwendbar wäre. dd) Eigene Stellungnahme Zunächst ist festzustellen, dass nicht bereits jede noch so kleine Investmentfunktion als ausreichend angesehen werden kann, die Mittel des Kapitalmarktrechts zur Anwendung kommen zu lassen. Denn primäres Regelungsziel des Kapitalmarktrechts ist der Funktionsschutz und somit die Effizienz des Marktes. Würde man nun jedoch jegliche Utility Tokens als Wertpapier qualifizieren, würden auch jegliche Emittenten einen Wertpapierprospekt erstellen müssen. Dies wäre mit enorm hohen, im Falle von Utility Tokens mit überwiegender Konsumfunktion oftmals nicht wirklich nützlichen, Transaktionskosten verbunden. Ein solches, weites Verständnis stünde somit diametral dem Sinn und Zweck des Kapitalmarktrechts entgegen. Demzufolge kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Jedoch hinterlassen auch die anderen beiden in der Literatur entwickelten Ansätze problematische Fragestellungen. Zunächst würde bei alleinigem Abstellen auf die subjektive Gewinnerzielungsabsicht nach momentaner Lage des Marktes nahezu jede Emission eines Utility Tokens unter die Regelungen des Kapitalmarktrechts fallen, was mit dessen Systematik schwer vereinbar scheint.188 Weiterhin wäre das alleinige Abstellen auf die Gewinnerzielungsabsicht für die Emittenten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, da sich die subjektiven Ansichten eines Anlegers im Laufe der Zeit wandeln können. Denkbar sind beispielweise Fälle, in denen Anleger bei der Investition darauf abzielen, den Utility Token zu Konsumzwecken einzusetzen. Entwickelt sich der Wert des Tokens jedoch unvorhergesehen stark, könnte sich die Absicht dieser Anlegerschar wandeln. Da ICOs für gewöhnlich über eine gewisse Zeitspanne ablaufen, ist ein solcher Wandel auch während eines ICOs denkbar. Unternehmen würden in diesem Falle der nahezu unmöglich zu erfüllenden Aufgabe gegenüberstehen, die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten innerhalb kürzester Zeit, unter Androhung von Sanktionen (vgl. § 21 ff. WpPG), nachzuerfüllen. Schließlich können die subjektiven Ansichten von Anleger zu Anleger unterschiedlich ausfallen. Während einer der Anleger den Token bestimmungsgemäß einsetzen will, zielt der 188 BaFin v. 01. 08. 2018, Blockchain-Technologie – Gedanken zur Regulierung, Fn. 67 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/11330872); ebenso Brocker/ Klebeck, RdF 2018, 288, 290; Zickgraf, AG 2018, 293, 306.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

andere auf Wertsteigerungen und Veräußerungsgewinne ab. Generell gilt, dass Emittenten die Erfüllung ihrer Pflichten an den subjektiven Absichten ihrer Anleger ausrichten müssten, auf welche sie jedoch keinen Einfluss haben und die sie unter Umständen nicht einmal erkennen können. Allerdings kann auch ein alleiniges Abstellen auf die objektiven Umstände nicht als ausreichend angesehen werden, um ein klares Überwiegen von entweder Investment- oder Konsumfunktion festzustellen. Zum einen würde dies dem Emittenten Umgehungsmöglichkeiten eröffnen. Denn die objektiven Umstände, namentlich der Inhalt des Whitepapers, die Ermöglichung des Handels auf dem Sekundärmarkt, die Fertigstellung der zu finanzierenden Produkte oder die anderen Möglichkeiten des Tokens-Erhalts, liegen ausschließlich in der Bestimmungsgewalt des Emittenten. So könnten diese z. B. das Whitepaper derart gestalten, dass die Möglichkeit des Handels auf dem Sekundärmarkt hieraus nicht hervorgeht. Dennoch wäre dies dem überwiegenden Anteil der Anleger ohnehin bekannt.189 Zum anderen wird die Relevanz des Anlegerschutzaspektes bei einem bloßen Abstellen auf objektive Umstände nicht ausreichend gewürdigt. Die zu schützende Anlageentscheidung des Investors wird nämlich gerade durch dessen subjektive Vorstellungen geprägt. Letztlich ist es die Entscheidung des Anlegers, ob er die erworbenen Tokens als Anlageobjekt oder als Konsumgut einsetzen wird. Hierin zeigt sich auch, dass der einzige Unterschied zwischen reinen Konsumgütern und Utility Tokens in dem auf einem subjektiven Entschluss des Token-Inhabers beruhenden Handel auf dem Sekundärmarkt besteht. Die subjektiven Umstände des Einzelfalls dürfen daher in keinem Fall gänzlich ausgelassen werden. Folglich muss auf alle Umstände des Einzelfalls – objektiver und subjektiver Art – abgestellt werden. Die Einordnung der Utility Tokens unter den Wertpapierbegriff erfolgt de lege lata also unter Berücksichtigung sowohl der vorliegenden objektiven Umstände, als auch der subjektiven Gewinnerzielungsabsicht des Anlegers. Im Ergebnis bedeutet dies jedoch, dass eine eindeutige Einordnung unter den Wertpapierbegriff i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II für Utility Tokens nicht in jedem Fall möglich ist. Vielmehr sind die Übergänge zwischen Investment- und Konsumfunktion fließend und deren Bestimmung im Einzelfall schwierig.190 g) Hybrid Tokens mit Nutzungs- und Investmentfunktion Diesen Grundsätzen muss auch die Einordnung bei Hybrid Tokens folgen, die sowohl Elemente eines Utility Tokens beinhalten, als auch einen mitgliedschaftsrechtlichen oder finanziellen Anspruch beinhalten, der über die Möglichkeit des Handels auf den Sekundärmärkten hinausgehen. Es gilt jedoch, ebenso wie bei der 189

Hacker/Thomale, S. 35; Spindler, WM 2018, 2109, 2113. v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.113 f.; Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 69; Hacker/Thomale, S. 13; Rohr/Wright, S. 25; Zickgraf, AG 2018, 293, 304 ff. 190

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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Bewertung von Hybrid Currency Tokens, dass die MiFID II grundsätzlich einen weiten Anwendungsbereich anstrebt. Daher ist der Sinn und Zweck des Kapitalmarktrechts grundsätzlich einschlägig, solange die Investmentfunktion bei dem jeweiligen Hybrid Token nicht eine völlig untergeordnete Rolle spielt. In allen anderen Fällen sind die Utility Tokens funktional vergleichbar mit Aktien oder Schuldtiteln. Die genaue Einordnung hierbei hängt von der Ausgestaltung der Investmentfunktion ab, also, ob dem Investoren mitgliedschaftsrechtliche Ansprüche oder bloße Zahlungsansprüche gewährt werden. 6. Zwischenergebnis In Zusammenfassung der obigen Ergebnisse ergibt sich folgendes Lagebild nach geltendem Recht. Reine Currency Tokens (Modell 1) sind Zahlungsinstrumente und daher keine Wertpapiere. Demgegenüber sind Tokens der Modelle 3 und 4 aufgrund ihrer Vergleichbarkeit mit Schuldtiteln bzw. mit Aktien in jedem Fall als Wertpapier nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II anzusehen. Sogenannte Equity Tokens (Modell 5) sind de lege lata entweder nicht übertragbar und daher keine Wertpapiere oder spielen aufgrund der Umständlichkeit der Übertragung in der Praxis keine Rolle. Bei Utility Tokens (Modell 2) hängt die Einordnung von einer schwierig zu treffenden Abwägung im Einzelfall ab. Selbiges gilt bei Hybrid Tokens, die sowohl nutzungsbezogene Elemente als auch Investmentfunktionen aufweisen.

II. Einordnung der Tokens/Coins als Anteil an einem Investmentvermögen Weiterhin kommt bei Tokens eine Einordnung als Anteil an einem Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB in Betracht. Als unionsrechtliche Grundlagen des KAGB sind insbesondere die OGAW-RL und die AIFM-RL zu nennen. Ein Finanzprodukt, welches als Anteil an einem Investmentvermögen eingeordnet wird, ist im unionsrechtlichen Zusammenhang ebenso als Finanzinstrument einzustufen wie ein Wertpapier (vgl. Anhang I Abschnitt C Nr. 3 MiFID II). Der dem KAGB zugrunde gelegte materielle Begriff191 versteht als Investmentvermögen „jeden Organismus für gemeinsame Anlagen der von einer Anzahl von Anlegern Kapital einsammelt, um es gemäß einer festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren und der kein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist“ (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB). Dementsprechend kommt nur für einige wenige ICOs eine Einordnung als Investmentvermögen in Betracht. 191 Eckhold/Balzer, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 22 Rn. 7; Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 1 Rn. 5; Jesch, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 4; Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 1; Vollhard/ Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 2.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

1. Keine operativ tätigen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors Unternehmen, die außerhalb des Finanzsektors operativ tätig werden, sind von einer Klassifizierung als Investmentvermögen ausdrücklich ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass ein Investmentvermögen keinen allgemein-kommerziellen oder allgemein-industriellen Zweck verfolgen darf.192 Die ESMA nimmt dies dann als gegeben an, wenn das Unternehmen eine Geschäftsstrategie verfolgt, die überwiegend in „einer kommerziellen Tätigkeit einschließlich Kauf, Verkauf und/oder Austausch von Waren oder Gütern und/oder Verkehr mit nicht-finanziellen Dienstleistungen oder einer industriellen Tätigkeit einschließlich der Produktion von Waren oder der Errichtung von Immobilien oder einer Kombination daraus“ besteht.193 Hierdurch wird bezweckt, dass produzierende oder anders operativ tätige Unternehmen vom Anwendungsbereich des KAGB ausgenommen werden, da diese nicht vom Regelungszweck der zugrundeliegenden Richtlinien umfasst sind.194 Besteht folglich der Hauptzweck der Tätigkeit des Emittenten in einem solchen operativen Geschäft, scheidet eine Einordnung als Investmentvermögen aus. Tätigt ein Unternehmen neben diesen operativen Geschäften zusätzlich Investitionsgeschäfte, kommt eine Einordnung als Investmentvermögen in Betracht, wenn es sich bei dem Investitionsgeschäft nicht bloß um eine untergeordnete Hilfstätigkeit handelt.195 Hiernach fällt bereits ein großer Teil der ICOs aus dem Anwendungsbereich des KAGB. Denn ICOs, bei welchen das erlöste Kapital im Anschluss in den Ausbau des Unternehmens gesteckt wird, sind kein Investmentvermögen. Demzufolge ist eine Einordnung als Investmentvermögen nur in zwei Konstellationen denkbar. Einerseits können die Emissionen von Unternehmen erfasst sein, die im Finanzbereich tätig sind, was bei etwa 15 – 25 Prozent der ICOs der Fall ist.196 Anderenfalls ist die Annahme eines Investmentvermögens auch dann möglich, wenn das Kapital nicht etwa operativ eingesetzt wird, sondern dieses selbst wieder zur Kapitalanlage genutzt

192

Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 1 Rn. 76; Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 11; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 113 Rn. 71; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 26. 193 ESMA v. 30. 01. 2014, Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds, S. 3 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.esma. europa.eu/system/files_force/library/2015/11/esma_2013_00600000_de_cor-_revised_for_pu blication.pdf). 194 BT-Drs. 17/12294, S. 201. 195 Jesch, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 27; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 113 Rn. 72; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/ Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 26. 196 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 15; EY Research, Initial Coin Offerings, S. 13 (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/ey-research-initi al-coin-offerings-icos/$File/ey-research-initial-coin-offerings-icos.pdf).

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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wird und die Anleger über das Halten der Tokens am Ertrag beteiligt werden.197 Entscheidend für die Abgrenzung ist in diesem Fall die wertende Gewichtung aller Umstände im jeweiligen Einzelfall.198

2. Organismus für gemeinsame Anlagen Selbstverständlich müssen auch in diesen beiden Fällen die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB erfüllt sein. Zunächst ist das Vorliegen eines Organismus für gemeinsame Anlagen erforderlich. Dies setzt ein rechtlich oder wirtschaftlich selbstständiges, „gepooltes“ Vermögen voraus, welches die Anleger an Gewinn und Verlust beteiligt.199 Folglich ist erforderlich, dass die investierten Vermögensgegenstände vermischt und dem Emittenten zugewiesen werden und der so entstandene Vermögenspool vom restlichen Vermögen des Anlegerkollektivs eindeutig abgrenzbar ist.200 Bei einem ICO erhalten die Emittenten entweder einen Betrag in Kryptowährungen auf ihre jeweilige Blockchain-Wallet oder gesetzliche Zahlungsmittel auf ein angegebenes Konto überwiesen. Zumindest nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist das erlangte Kapital also von den übrigen Vermögensgegenständen der initiierenden Unternehmen abgrenzbar und getrennt. Dabei werden die Zahlungen der Gesamtheit der Anleger zu einer Vermögensmasse zusammengefasst und im Anschluss einheitlich behandelt. Es handelt sich demnach um ein derartiges „gepooltes“ Vermögen im Sinne der Vorschrift. Hierbei ist unerheblich, welcher Art die rechtliche Grundlage dieses Organismus ist. Bei einem ICO handelt es sich um ein rechtsgeschäftlich errichtetes Netzwerk zwischen den Anlegern. Diese vertragliche Bindung ist jedoch ausreichend – auf die Rechtsform des Organismus kommt es gerade nicht an.201 Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass eine wie auch immer geartete, gesellschaftsrechtliche Vergemeinschaftung erfolgt; eine schuldrechtliche, horizontale Verbindung der Anleger genügt.202 Auf tatsächlicher Ebene erfolgt das Pooling im Falle des Blockchain-Netzwerk durch die das Vermögen verwaltende Wallet. 197

Spindler, WM 2018, 2109, 2116; Weitnauer, BKR 2018, 231, 234. Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 48; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 56; Aschenbeck-Florange/Drefke, RdF 2015, 284, 291. 199 Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 1 Rn. 23 ff.; Jesch, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 6, 8; Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 4 f.; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 5. 200 Eckhold/Balzer, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 22 Rn. 8; Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 1 Rn. 23; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 113 Rn. 58, 62. 201 Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 4; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 5. 202 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 38; Gottschling, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 31, 34; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 113 Rn. 62. 198

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Weiterhin müssen die Anleger durch die emittierten Tokens an den Gewinnen und Verlusten des Unternehmens beteiligt werden. Dies erfolgt in manchen Gestaltungen unmittelbar, nämlich bei Tokens der Modells 3, 4 und 5. Aus diesem Anwendungsbereich heraus fallen jedoch Currency Tokens. Obwohl es Investmentfonds offensteht, auch in Geldmarktinstrumente zu investieren203, ist dennoch eine Beteiligung an Gewinnen und Verlusten erforderlich. Dies ist bei einem reinen Currency Token nicht der Fall. Wie bereits erläutert, hängt deren Entwicklung von dem allgemeinen Vertrauen des Marktes in deren Einsatzmöglichkeiten als Zahlungsmittel ab. Das wirtschaftliche Ergebnis des Emittenten ist dagegen unbeachtlich. Da, zumindest bei rein als Currency Token ausgestalteten ICOs, auch keine dividendenähnlichen Zahlungen vorgenommen werden, fallen Currency ICOs nicht unter § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB. Bei Utility Tokens profitieren die Anleger hingegen immerhin mittelbar vom Unternehmenserfolg, nämlich durch die Wertentwicklung der Tokens. Diese hängt nämlich vom unternehmerischen Erfolg der Emittenten ab. Dies kann jedoch nicht ausreichen, um hierin einen Organismus für gemeinsame Anlagen zu erkennen. Denn die Beteiligung am Unternehmenserfolg kann für den Anleger nur dann realisiert werden, wenn er seinen Anteil, repräsentiert durch den jeweiligen Token, auf dem Sekundärmarkt veräußert. Dies ist nicht mit der Grundkonzeption des § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB vereinbar, weswegen auch Utility Tokens nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen. Die ESMA verlangt weiterhin, dass die Kontrolle und die Entscheidungsgewalt über die Anlagestrategie und die operativen Entscheidungen nicht bei den Anlegern liegen darf.204 Im Falle eines ICOs müsste die operative Entscheidungsgewalt also beim initiierenden Unternehmen liegen. Gestaltungen, in denen diese auf die Anleger übertragen wird, fallen demnach aus dem Begriff des Investmentvermögens heraus. Dies ist relevant für mitgliedschaftliche Tokens, die den Investoren Stimm- und Vorschlagsrechte gewähren. Mitgliedschaftliche Tokens sind also oftmals ebenfalls keine Organismen für gemeinsame Anlagen. 3. Anlegermehrzahl, Einsammeln von Kapital, festgelegte Anlagestrategie, Anlegernutzen Weiterhin muss es sich zumindest theoretisch um eine Mehrzahl an Anlegern handeln können, was nur dann ausgeschlossen ist, wenn die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag des Organismus die mögliche Anzahl auf einen Anleger beschränken (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 KAGB). Zwar wäre es potentiell 203 Döser, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 194 KAGB Rn. 2; Hartrott, in: Weitnauer/ Boxberger/Anders, KAGB, § 194 Rn. 1; Lehmann, Finanzinstrumente, S. 117. 204 Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 9; Bezug nehmend auf ESMA v. 30. 01. 2014, Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds, S. 4 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.esma.eu ropa.eu/system/files_force/library/2015/11/esma_2013_00600000_de_cor-_revised_for_publi cation.pdf).

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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denkbar, dass Emittenten in ihren Vertragsbedingungen bestimmen, dass lediglich ein einzelner Anleger im Rahmen des ICOs investieren können soll, praktisch ist dies jedoch nicht der Fall. Denn der große Kreis potentieller Anleger stellt gerade einen wirtschaftlichen Vorteil der Finanzierungsmethode ICO dar. Einsammeln von Kapital meint das gewerbliche Beschaffen von Kapital bei ebenfalls gewerblichen oder privaten Anlegern, um es entsprechend einer festgelegten Anlagestrategie anzulegen.205 Dieses Merkmal ist bei ICOs insoweit unproblematisch erfüllt, wenn die Anleger ihre Investition in gesetzlichen Zahlungsmitteln tätigen. Problematischer erscheint eine derartige Behandlung dann, wenn das Investment im Rahmen eines ICOs in Form von Kryptowährungen erfolgt. Diese sind keine Zahlungsmittel, sondern sonstige Gegenstände (s. o.). Hierbei gilt zu beachten, dass bestimmte Arten von Investmentfonds keine Sacheinlage erlauben (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 3 KAGB). Sowohl der deutsche Gesetzgeber als auch der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 lit. a) OGAW-RL versteht unter dem Begriff „Kapital“ also Gelder und nicht etwa Kryptowährungen.206 Dies bezieht sich jedoch ausschließlich auf OGAW, die besonders strenger Regulierung unterliegen. Unabhängig davon, wie man das Verhältnis von Kryptowährungen und dem Begriff des Geldes bewertet207, wäre die Einordnung als AIF demgegenüber jedenfalls denkbar. Auch die ESMA erkennt diesbezüglich ausdrücklich an, dass das eingesammelte Kapital eines AIF nicht zwingend in Form von Geld vorliegen muss.208 Auch wenn eine Anlage in Kryptowährungen erfolgt, sind diese Mittel demnach als Kapital i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB anzusehen. Weiterhin muss die Anlagestrategie hinreichend genau und umfangreich schriftlich bestimmt sein. Im Sinne einer historischen Auslegung ist dies der Fall, wenn Kriterien festgeschrieben werden, nach denen das eingesammelte Kapital angelegt wird und diese über eine gewöhnliche Unternehmensstrategie hinausgehen.209 Dies geht einher mit einer Einschränkung des Handlungsspielraums des

205

Jesch, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 11; Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 6; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 16. 206 Hoche/Lerp, in: Kunschke/Schaffelhuber, FinTech, Teil VI Rn. 23; Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 113 Rn. 69; Langenbucher, AcP 2018, 385, 426. 207 Vgl. hierzu Beck, NJW 2015, 580, 582 ff.; Shmatenko/Möllenkamp, MMR 2018, 495, 496; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1360 ff. 208 Eckhold/Balzer, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 22 Rn. 16; Gottschling, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 61; Klöhn/Parhofer, ZIP 2018, 2093, 2100; Bezug nehmend auf ESMA v. 30. 01. 2014, Leitlinien zu Schlüsselbegriffen der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds“, S. 6 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.esma.europa.eu/system/files_force/library/2015/11/esma_2013_00600000_ de_cor-_revised_for_publication.pdf). 209 BT-Drs. 17/12294, S. 201.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

verwaltenden Unternehmens.210 Hierfür entscheidend ist also abermals die Gestaltung des Whitepapers, die über die bloße Beschreibung der Unternehmensstrategie hinaus, genaue Vorgaben für die Anlagestrategie erkennen lassen muss. Dies soll dann der Fall sein, wenn die Anlegerstrategie zum Zeitpunkt des Beginns der Bindungswirkung der Investition ausformuliert ist, in einem Dokument, welches den Anlagebedingungen zugehörig ist, niedergelegt ist, der Emittent eine rechtliche Verpflichtung hat der Strategie zu folgen und die Strategie die Richtlinien konkretisiert, anhand derer die Anlage erfolgen soll.211 Das Whitepaper und die übrigen Token Sale Agreements des Emittenten können durchaus eine solche Gestaltung darstellen, müssen jedoch im Einzelfall den obigen Kriterien entsprechen. Schließlich müsste die Anlage des eingesammelten Kapitals zum Nutzen der Anleger erfolgen. Dies wird im Sinne einer negativen Definition dergestalt bestimmt, dass die Anlage nicht ausschließlich dem Nutzen des Investmentvermögens selbst oder dessen Verwalter dienen darf.212 Im Umkehrschluss ergibt sich hieraus, dass soweit eine Anlage in gleichem Umfang dem Nutzen des Unternehmens und dem Nutzen der Anleger dient, angenommen werden kann, dass die Anlage dem Erfordernis des KAGB entspricht. Unter Beachtung des Ausschlusses von außerhalb des Finanzmarkts operativ tätigen Unternehmen, ist zumindest letzteres in aller Regel als gegeben anzusehen. Demnach sind solche ICOs als Investmentvermögen anzusehen, die darauf aus sind, Gewinn durch die Rendite eines Anlageobjekts zu erwirtschaften. Da die Anleger über die Tokens an diesen Renditen beteiligt werden, entspricht dies dem Nutzen von Anlegern und Emittent gleichermaßen. Sofern das erlöste Kapital hingegen für andere Investitionszwecke eingesetzt wird, die nicht dem Nutzen des Anlegers in diesem Sinne entsprechen, etwa indem sie den Unternehmensgewinn mindern, fallen die entsprechenden ICOs bereits aufgrund ihres operativen Charakters aus dem Anwendungsbereich des KAGB. 4. Denkbare Gestaltungen Aus dem Zusammenspiel dieser Eigenschaften eines Investmentvermögens gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB ergibt sich, dass sich ICOs zwar regelmäßig nicht derart charakterisieren lassen, jedoch Gestaltungen denkbar sind, in denen das KAGB Anwendung findet.

210 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 44; SchneiderDeters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 9; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 52; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 23. 211 Jesch, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 15; v. Ammon, in: Siering/IzzoWagner, VermAnlG, § 1 Rn. 51. 212 Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 1 Rn. 66; Jesch, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 18; Geibel, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- und Kapitalmarktrecht, Bd. II, § 58 Rn. 24; Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 10; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 25.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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In Betracht kommen nur solche ICOs, die das durch den Token Sale eingelöste Kapital nicht für eigene operative Zwecke einsetzen, sondern dieses ihrerseits in andere Anlageobjekte investieren. Denkbar wäre z. B. von dem Kapital eine Immobilie zu erwerben und die Investoren über die Tokens am Ertrag derselben zu beteiligen.213 Darüber hinausgehende eigene Investitionszwecke dürften die Emittenten jedoch nicht verfolgen, denn dies würde die Annahme der Nützlichkeit für die Anleger ausschließen.214 Im Übrigen dürfte kein unbedingter Rückzahlungsanspruch der Anleger bestehen, da in diesem Falle nicht länger davon ausgegangen werden kann, dass die Anleger gemeinsam an Verlusten beteiligt werden.215 Schließlich müsste die Anlagestrategie im Whitepaper umfassend dargestellt werden, sodass von dieser eine gewisse Bindungswirkung ausgeht. Das initiierende Unternehmen müsste in diesem Falle sodann als Investmentfonds klassifiziert werden, welcher den Vorschriften des KAGB unterfällt. Eine solche Gestaltung wurde z. B. von der Wertgrund Immobilien AG gewählt.216 Diese plant Tokens zu emittieren, die Anteile an einem Immobilienfonds repräsentieren sollen. Grundsätzlich könnten auch Investitions-Netzwerke unter den Begriff des Investmentvermögens fallen, die ähnlich des DAO-Konzepts gestaltet sind. Hierbei wäre ebenfalls ein gepooltes Vermögen anzunehmen gewesen, welches in andere Blockchain-Projekte investierte und somit dem Finanzsektor zuzurechnen gewesen wäre. Allerdings dürften die Tokens nicht mit Stimmrechten oder anderen Rechten eines Geschäftsführers ausgestattet sein. Denn dann würde die Entscheidungsgewalt entgegen den Vorgaben der ESMA bei den Anlegern liegen. Hiernach wäre die originäre DAO aus dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB herausgefallen. Demnach kommt die Bildung eines derartigen Investment-Netzwerks ausschließlich bei Debt Tokens in Betracht. 5. Zwischenergebnis Folglich gilt im Ergebnis jedoch festzustellen, dass ICOs zwar als Investmentvermögen ausgestaltet werden können217, dies allerdings von der genauen Gestaltung des ICOs, insbesondere im Rahmen des Whitepapers, abhängig ist. Im Regelfall sind Tokens daher nicht als Anteil an einem Investmentvermögen anzusehen. 213 Vgl. Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 113 Rn. 73; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 27; Weitnauer, BKR 2018, 231, 234. 214 Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 10; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 25; Poelzig, KapitalmarktR, Rn. 90. 215 Jesch, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 8; Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 5; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 46. 216 Schüppler, in: Immobilienzeitung v. 10. Oktober 2018 (zuletzt abgerufen am 01. 11. 2018 unter https://www.immobilien-zeitung.de/148516/wertgrund-testet-fondsblockchain). 217 Ebenso Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 128.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

III. Einordnung der Tokens/Coins als Vermögensanlage Möglich ist weiterhin die Qualifizierung von Tokens als Vermögensanlage. Die Vermögensanlage ist ein nationales Instrument, welches jedoch in Konformität mit den unionsrechtlichen Vorgaben der MiFID II steht.218 Gem. § 1 Abs. 2 VermAnlG werden anhand einer typologischen Bestimmung folgende, enumerativ aufgezählte Instrumente als Vermögensanlage bezeichnet: Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren, Treuhandvermögen, partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte, Namensschuldverschreibungen und sonstige Anlagen, die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen. 1. Subsidiarität zur Einordnung als Wertpapier oder Investmentvermögen Die Einordnung als Vermögensanlage ist als subsidiäres Instrument des Kapitalmarktrechts nur dann möglich, wenn es sich bei dem entsprechenden Token nicht um ein Wertpapier oder um einen Anteil an einem Investmentvermögen handelt.219 Demnach ist der Anwendungsbereich des VermAnlG für ICOs gering, da die meisten unter das VermAnlG fallenden Anlageobjekte im Falle eines ICOs als Wertpapier zu qualifizieren sind. Zunächst sind viele Anlagegattungen, die unter § 1 Abs. 2 VermAnlG eingeordnet werden, typologisch vergleichbar mit Aktien oder Schuldtiteln (entsprechend der typologischen Vergleichbarkeit im Rahmen des Wertpapierbegriffs nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II). So gewähren Unternehmensbeteiligungen (Nr. 1) und partiarische Darlehen (Nr. 3) eine Beteiligung am unternehmerischen Erfolg des Emittenten.220 Sie gewähren also ein mit dem Dividendenrecht vergleichbares mitgliedschaftliches Recht und sind daher Aktien ähnlich. Nachrangdarlehen (Nr. 4) und Genussrechte (Nr. 5) sind demgegenüber zwingend zumindest auf einen Zahlungsanspruch gerichtet.221 Sie stellen daher einen schuldrechtlichen, geldwerten Anspruch gegenüber einem Emittenten dar und sind vergleichbar mit Schuldtiteln.

218 BT-Drs. 17/6051, S. 31; so auch: Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 2. 219 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 9; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 2; Weitnauer, BKR 2018, 231, 235. 220 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 56, 77; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 59, 69; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 42. 221 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 78 f.; Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 65; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 73 f, 83.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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Im Regelfall sind diese Anlageobjekte als Vermögensanlagen zu qualifizieren, da es ihnen aufgrund der fehlenden Standardisierung an der Kapitalmarktfähigkeit fehlt.222 Werden diese herkömmlichen Vermögensanlagen jedoch im Rahmen eines ICOs von Tokens repräsentiert, erfüllen sie die abstrakten Tatbestandsmerkmale des Wertpapierbegriffs und weisen daher die sonst fehlende Kapitalmarktfähigkeit auf. Denn die derartige Ausgestaltung dieser Rechtsinstrumente mittels der BlockchainTechnologie sorgt für Übertragbarkeit, Handelbarkeit und Standardisierung (s. o.). Dies bedeutet also, dass Finanzanlagen, die ihrem klassischen Verständnis nach unter das VermAnlG fallen, im Rahmen von ICOs als Wertpapiere zu behandeln sind. Hiernach ist eine Einordnung als Vermögensanlage jedoch aufgrund ihrer Subsidiarität in aller Regel ausgeschlossen. Weiterhin kommt auch eine Qualifizierung der Tokens als Namensschuldverschreibung gem. § 1 Abs. 2 Nr. 6 VermAnlG nicht in Betracht, denn diese müssen notwendigerweise urkundlich verbrieft sein und sind als Rektapapiere schließlich auch nicht übertragbar.223 Beide Voraussetzungen widersprechen jedoch den technologischen Grundfunktionen der Blockchain-Technologie. Nach soeben Ausgeführtem kommt bei Tokens bereits aus generellen Überlegungen lediglich eine Einordnung als Anteil an einem Treuhandvermögen (Nr. 2) oder als sonstige Anlage (Nr. 7) in Betracht. Da, wie soeben beschrieben, alle Tokens, die als Wertpapier oder Anteil an einem Investmentvermögen qualifiziert werden können, nicht unter den Begriff der Vermögensanlage fallen, ist eine Qualifikation als Vermögensanlage lediglich bei bestimmten Gestaltungen in Betracht zu ziehen. Zunächst gilt dies bei Utility Tokens bzw. Hybrid Tokens, bei welchen die Nutzungsfunktion im Verhältnis zur Investmentfunktion überwiegt. Weiterhin könnten auch Currency Tokens, als nicht unter den Wertpapierbegriff fallende Zahlungsinstrumente, als Vermögensanlage zu qualifizieren sein. Schließlich können ausnahmsweise auch normalerweise als Wertpapier einzustufende Token-Modelle unter den § 1 Abs. 2 VermAnlG fallen, nämlich dann, wenn deren Übertragbarkeit technisch oder rechtlich ausgeschlossen ist und sie deshalb nicht unter den Wertpapierbegriff der MiFID II einzuordnen sind.

2. Utility Tokens und Hybrid Tokens mit überwiegender Nutzungsfunktion Utility Tokens oder Hybrid Tokens mit überwiegender Nutzungsfunktion können grundsätzlich mittels einer Treuhand-Gestaltung durchgeführt werden, weswegen die Tokens einen Anteil an einem Treuhandvermögen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG darstellen könnten. 222

Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 35; Klöhn/ Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 103. 223 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 81; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 85.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

a) Anteile an einem Treuhandvermögen Auch wenn die Treuhand-Gestaltungen ihren Hauptanwendungsfall im Rahmen der Emission von Tokens der Modelle 3, 4 und 5 haben, kommt dennoch unter diesem Aspekt auch eine Einordnung von Utility Tokens als Vermögensanlage nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG in Betracht. Dies setzt, isoliert betrachtet, das kumulative Vorliegen zweier Merkmale voraus. Zum einen müsste der einzelne Token einen Anteil an einem Treuhandvermögen darstellen. Zum anderen müsste dieser Token gleichzeitig einen Nutzungsanspruch gegenüber dem Emittenten gewähren, dessen Gewichtung jedoch größer ausfällt als ein etwaiger, zusätzlich mit dem Token verbundener Zahlungsanspruch. Denn anderenfalls wäre dieser Utility Token als Wertpapier einzuordnen, weshalb in diesem Fall dann wieder die Subsidiarität des VermAnlG zu beachten wäre. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass es sich bei einem durch eine Treuhand verwalteten Gut um Sachwerte oder um eine Sachgesamtheit handelt.224 Die Gesetzesbegründung nennt hier als beispielhafte Anwendungsfälle Investitionen in Container oder Rohstoffe.225 Bei einem Utility-Token wäre insbesondere die Möglichkeit eines Erwerbs von Wohnimmobilien in Betracht zu ziehen. Hierbei würden die Anleger als Treugeber Eigentum an der Immobilie erwerben, die von einem Treuhänder verwaltet wird. Die derartige Berechtigung am Treuhandvermögen ließe sich durch Tokens darstellen, die in diesem Fall einen Anteil an einem Treuhandvermögen darstellten. Bei der Ausgestaltung als Utility Token wäre denkbar, dass die Tokens hierbei ein Mietrecht der Anleger an den Mietwohnungen repräsentieren. Somit wäre auch die Abgrenzung zwischen Wertpapier und Vermögensanlage in diesem Fall klar. Berechtigt der Token den Inhaber zur bloßen Partizipation am Ertrag der Immobilienverwaltung, läge ein Token des Modells 3 und somit ein Wertpapier bzw. ein Anteil an einem Investmentvermögen vor. Wäre der Token jedoch im soeben beschriebenen Sinne gestaltet, läge ein Utility Token vor. Bei gemischten Ansprüchen würde der Schwerpunkt der mit dem Token verbundenen Berechtigung entscheiden. Betrachtet man isoliert die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG erscheint es demnach möglich, Utility Tokens als Anteil an einem Treuhandvermögen und somit als Vermögensanlage einzuordnen. b) VermAnlG als Teil der Regelungsstruktur des Kapitalmarktrechts Erkennt man demgegenüber im VermAnlG ein zum größeren Ordnungsrahmen des Kapitalmarktrechts gehöriges Teil einer umfassenderen Regelungsstruktur, ist diese Einschätzung nicht aufrechtzuerhalten. Insoweit ähnelt die Argumentation den

224 225

v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 66; Roth, GWR 2015, 243, 244. BT-Drs. 18/3994, S. 39.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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Ausführungen zur Einordnung von Utility Tokens unter den Wertpapierbegriff der MiFID II. Zunächst spricht gegen die Einordnung eines Utility Tokens als Vermögensanlage der Sinn und Zweck des Kapitalmarktrechts im Allgemeinen und auch der Sinn und Zweck des VermAnlG im Speziellen. So ist auch das VermAnlG darauf ausgelegt, Informationsasymmetrien zwischen Emittent und Anleger abzubauen, um Letzterem somit eine rationale Anlageentscheidung zu ermöglichen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG).226 In diesem Sinne gilt weiterhin auch beim VermAnlG, dass dessen Mittel nicht geeignet sind, den Inhaber eines auf einen Nutzungsanspruch gerichteten Tokens zu schützen. Denn die Prospektpflicht des VermAnlG beinhaltet hauptsächlich Angaben zu der finanziellen Situation des Emittenten, seiner Ertragsund Kapitallage, seinen Geschäftsaussichten sowie zu den finanziellen Aspekten der Vermögensanlage.227 Dies ist jedoch nicht geeignet die Entscheidung des Inhabers eines Utility Tokens zu verbessern. Im Rahmen des Beispiels der Wohnimmobilie würde dieser vielmehr Informationen über die Beschaffenheit der Wohnung, etwaige Hausregeln oder eine Kaution benötigen. Weiterhin spricht auch die Systematik des § 1 Abs. 2 VermAnlG gegen die Einordnung von Utility Tokens unter den Begriff des Anteils an einem Treuhandvermögen. Denn die hier typologisch aufgezählten Vermögensanlagen sind gemeinsam dadurch charakterisiert, dass sie einen Zahlungsanspruch des Anlegers gegenüber dem Emittenten gewähren. Auch aus der gesetzlichen Beschreibung der „sonstigen Anlagen“ gem. § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG lässt sich dieses Erfordernis ableiten. Denn hiervon sollen lediglich Anlageinstrumente erfasst sein, „die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen“. Die Beschreibung dessen als „sonstige“ Anlage lässt jedoch darauf schließen, dass auch die anderen unter § 1 Abs. 2 VermAnlG fallenden Anlageobjekte hierdurch gekennzeichnet sein müssen. Dies umfasst ebenfalls die Anteile an einem Treuhandvermögen. Anlageobjekte können nach der Gesetzessystematik des VermAnlG also nur dann als Anteil an einem Treuhandvermögen qualifiziert werden, wenn sie durch irgendwie geartete Zahlungsansprüche an dem Treuhandvermögen partizipieren. Zu selbigem Ergebnis gelangt auch eine historische Auslegung des VermAnlG. Nach dem Verständnis des deutschen Gesetzgebers soll dieses den ehemals „grauen Kapitalmarkt“ regulieren.228 Der „graue Kapitalmarkt“ beschreibt klassischerweise den Teil des Kapitalmarktes, der nicht der staatlichen Finanzaufsicht, sondern nur der Gewerbeaufsicht unterliegt, da auf diesem nicht in Wertpapieren verbriefte Anlagen

226 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 7 VermAnlG Rn. 5; AschenbeckFlorange/Drefke, RdF 2015, 284, 284. 227 Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 86. 228 BT-Drs. 18/3994, S. 28.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

gehandelt werden.229 Der Gesetzeswortlaut soll hierbei zwar grundsätzlich weit auszulegen sein, denn das VermAnlG fungiert nach den Vorstellungen des Gesetzgebers als echter Auffangtatbestand.230 Jede in Deutschland angebotene Finanzanlage soll hiernach entweder den Wertpapiergesetzen, dem KAGB oder eben dem VermAnlG unterfallen.231 Dennoch gilt zu beachten, dass das VermAnlG auf den Kapitalmarkt und auf diesem gehandelte Finanzanlagen beschränkt sein soll. Gerade auch bei der für Utility Token besonders relevanten Möglichkeit einer unter das VermAnlG fallenden Anlage in Sachgesamtheiten, sieht die Gesetzesbegründung allerdings eine Verbindung dieser Anlage mit einer „jährlichen Verzinsung“ oder einem „vermögenswerten auf Barausgleich gerichteten Anspruch“ als notwendig an, um eine Anwendbarkeit des VermAnlG zu rechtfertigen.232 Aus dieser Einbettung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG in das Kapitalmarktrecht, geprägt durch dessen Sinn und Zweck und die dahinterstehenden gesetzgeberischen Absichten, lässt sich schlussfolgern, dass Utility Tokens und Hybrid Tokens, deren Hauptzweck in der Repräsentation eines Nutzungszwecks besteht, nicht als Anteil an einem Treuhandvermögen i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG aufgefasst werden können. c) Auffangtatbestand der „sonstigen“ Anlagen Wie bereits dargestellt, erfordert auch die Annahme einer „sonstigen Anlage“ gem. § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG einen Zahlungsanspruch des Anlegers.233 Aus soeben dargestellten Gründen scheidet die Einordnung von Utility Tokens bzw. nutzungsbezogenen Hybrid Tokens unter den Auffangtatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG ebenfalls aus. d) Zwischenergebnis Im Ergebnis gilt also, dass Tokens einen irgendwie gearteten, nicht untergeordneten Zahlungsanspruch gewähren müssen, um unter das VermAnlG zu fallen. Reine Utility Tokens sind daher weder als Anteil an einem Treuhandvermögen noch als sonstige Anlage einzustufen, da sie keinen solchen Zahlungsanspruch repräsentieren. Ohne Relevanz für diese Bewertung ist die Möglichkeit des Handels auf den Sekundärmärkten. Denn sobald der Umfang der hiermit verbundenen Investment229 Eckhold/Balzer, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 22 Rn. 1; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.50; Roth, GWR 2015, 243, 243. 230 BT-Drs. 18/3994, S. 39. 231 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 55; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 239a; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 28. 232 BT-Drs. 18/3994, S. 39. 233 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 83; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 95 f.; Langenbucher, AcP 2018, 385, 426.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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zwecke den Umfang des Nutzungszwecks der Tokens überwiegt, sind diese als Wertpapier einzuordnen und können daher ebenfalls nicht als Vermögensanlage eingestuft werden. Utility Tokens sind daher in keinem Fall Vermögensanlagen und fallen somit nicht unter das VermAnlG. 3. Currency Tokens Da Currency Tokens aufgrund ihrer Eigenschaft als Zahlungsinstrument nicht als Wertpapiere einzustufen sind, wäre eine Einordnung als Vermögensanlage grundsätzlich möglich. Praktisch denkbar wäre es jedoch bloß, auf den Auffangtatbestand der „sonstigen Anlagen“ gem. § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG abzustellen. Hierbei gilt jedoch bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift, dass ausschließlich solche Anlagen erfasst sein sollen, die einen Zinszahlungsanspruch, einen Rückzahlungsanspruch oder einen Anspruch auf sonstige, vermögenswerte Ausgleichszahlungen gewähren. Bei reinen Currency Tokens ist ein solcher Zahlungsanspruch nicht gegeben. Die bloße Inhaberschaft von Currency Tokens berechtigt nicht zu etwaigen Zins- oder Rückzahlungsansprüchen. Zusätzlich gelten die soeben dargelegten Ausführungen zur Systematik des § 1 Abs. 2 VermAnlG zum übergreifenden Telos der Kapitalmarktgesetzgebung sowie zur historischen Auslegung des Begriffs der Vermögensanlagen auch für Currency Tokens. Demnach sollen ausschließlich auf Zahlungsansprüche gerichtete, investmentähnliche Instrumente unter das Kapitalmarktrecht fallen, währungsähnliche Instrumente jedoch unter das Bankaufsichtsrecht. Currency Tokens sind daher nicht als sonstige Anlagen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG einzuordnen und demnach ebenfalls keine Vermögensanlage. 4. Nicht übertragbare Tokens der Modelle 3 – 5 Schließlich kommt die Einordnung als Vermögensanlage bei Tokens in Betracht, die aufgrund ihrer fehlenden Übertragbarkeit, trotz funktionaler Vergleichbarkeit zu klassischen Wertpapieren, nicht unter den Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II fallen. Die Übertragbarkeit ist zunächst bei Equity Tokens ausgeschlossen, die ohne Zwischenschaltung eines Treuhandvermögens einen Anteil an einer Aktiengesellschaft repräsentieren sollen. Hierzu gilt jedoch auch im Rahmen des VermAnlG, dass die Aufteilung des Grundkapitals in Aktien bei Aktiengesellschaften zwingend ist. Die Zerteilung des Kapitals in Tokens ist demgegenüber ausgeschlossen, weshalb auch eine Qualifizierung als Vermögensanlage nicht in Betracht kommt. Anders liegt dies jedoch bei Tokens, deren Übertragbarkeit aufgrund einer technischen Modifikation ausgeschlossen ist. Da diese Tokens dann nicht als Wertpapier einzustufen sind, greifen die Auffangtatbestände des VermAnlG ein.234 234 Ebenso v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.137; Hacker/Thomale, S. 39; Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 119; Jünemann/ Wirtz, ZfgK 2018, 1117, 1120; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 103.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Die Einordnung unter die einzelnen Arten der Vermögensanlagen ist jedoch abhängig von der konkreten Ausgestaltung der mit den Tokens verbundenen Rechte. Bei mitgliedschaftlichen Tokens wird es sich in aller Regel um Genussrechte i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG handeln, denn es werden mitgliedschaftliche Rechte schuldrechtlich nachgestellt.235 Bei Debt Tokens werden hingegen regelmäßig sonstige Anlagen gem. § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG vorliegen. Nur wenn die Tokens auch einen Rückzahlungsanspruch i.S.d. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB repräsentieren, kommt aufgrund der Gewinnbeteiligung die Einordnung als partiarisches Darlehen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG) in Betracht.236 Wird zusätzlich ein Rangrücktritt des Anlegers gegenüber anderen Schuldnern des Emittenten vereinbart, liegt wiederum ein nachrangiges Darlehen i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG vor.237 Unabhängig von der genauen Zuordnung, die im konkreten Einzelfall getroffen werden muss, fallen nicht übertragbare mitgliedschaftliche Tokens sowie Debt Tokens jedenfalls unter eine der Beteiligungsformen der Vermögensanlage. Dies ergibt sich schon aufgrund der bereits festgestellten, typologischen Vergleichbarkeit zu Aktien oder Schuldtiteln. Denn Sinn und Zweck des VermAnlG ist es gerade, die nicht von anderen Vorschriften des Kapitalmarktrechts umfassten, forderungsrechtlich ausgestalteten Beteiligungsformen abzudecken.238 5. Kein Einlagengeschäft i.S.d. KWG Nach § 1 Abs. 2 VermAnlG kann es sich jedoch auch bei derartigen Tokens nur dann um eine Vermögensanlage handeln, wenn die Kapitalübertragung im Rahmen des ICOs nicht als Einlagengeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren ist. Um Überschneidungen der Anwendungsbereiche von KWG und VermAnlG zu vermeiden, wird das KWG in solchen Fällen nämlich gesetzlich vorrangig behandelt.239 Der Sinn und Zweck dieses Vorrangs ist erneut in den unterschiedlichen Schutzrichtungen von Bankaufsichtsrecht und Kapitalmarktrecht zu sehen. Während das Kapitalmarktrecht, und somit auch das VermAnlG, darauf abzielt, dem Anleger eine rationale Anlageentscheidung zu ermöglichen, dient das KWG insbesondere

235 Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 64; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 22. 236 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 77; Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 230 Rn. 77; v. Ammon, in: Siering/IzzoWagner, VermAnlG, § 1 Rn. 69. 237 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 78; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 73 f.; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 37. 238 BT-Drs. 18/3994, S. 38 f.; vgl. auch Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 55; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 28. 239 BT-Drs. 18/3994, S. 38 f.

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dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft und deren Gläubigern.240 Hieraus ergibt sich für die Einlagengeschäfte Folgendes: die ausführliche Aufklärung durch einen Prospekt nach § 6 VermAnlG würde bei einem Finanzprodukt, emittiert durch einen der Aufsicht des KWG unterliegenden Emittenten, nicht notwendigerweise einen Zugewinn für den Anleger bedeuten.241 Denn dessen Vertrauen in den Emittenten und das Finanzprodukt ist bereits durch den Erlaubnisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 KWG abgesichert. Demnach wäre eine Einordnung als Vermögensanlage entbehrlich. Dass Tokens jedoch unter diese Ausnahme fallen, kann nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden. Denn Einlagengeschäfte sind nach gesetzlicher Definition des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG solche Geschäfte, die in der „Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums [bestehen], sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden“. Voraussetzung für beide Tatbestandsvarianten ist zunächst, dass das betreffende Unternehmen fremde Gelder annimmt. Es muss sich hierbei um nicht dauerhaft beim annehmenden Unternehmen verbleibendes, also rückzahlbares, Buch- oder Bargeld handeln.242 Werden die Tokens im Rahmen des ICOs gegen Kryptowährungen veräußert, kommt ein Einlagengeschäft folglich bereits deshalb nicht in Betracht.243 Ebenfalls kein Einlagengeschäft liegt bei tatsächlichen Equity Tokens vor. Denn dann wäre die Zahlung als Gesellschaftereinlage zu behandeln. Die Einlagen von Gesellschaftern sind für den Emittenten jedoch nicht als fremd zu qualifizieren.244 Eine Annahme durch das potentielle Kreditinstitut liegt dann vor, wenn die Gelder in die Verfügungsbefugnis des Unternehmens gelangt sind, was im Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe von Bargeld oder der Kontogutschrift bei Buchgeld anzu-

240 Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 19; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 125 Rn. 23 ff.; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 103. 241 v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 103; vgl. auch AschenbeckFlorange/Dreschke, RdF 2015, 284, 287. 242 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 35; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 20; Schürmann/Langner, Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 69 Rn. 6a; Schwennicke, in: Schwennicke/ Auerbach, KWG, § 1 Rn. 12 f.; Langenbucher, AcP 2018, 385, 416. 243 Reschke, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 1 Rn. 85 (194. EL 08/2017); Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 37; Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/ Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 20; Hofert, Regulierung der Blockchains, S. 132; Langenbucher, AcP 2018, 385, 416. 244 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 44; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 20; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 22.

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nehmen ist.245 Zusätzliche Voraussetzung ist jedoch bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift, dass die Gelder unbedingt rückzahlbar sind. Herkömmliche Rückzahlungsansprüche sehen ICOs in aller Regel jedoch nicht vor. Lediglich im Falle des Scheiterns am Minimum Funding Cap wird in der Praxis die Investition zurückerstattet. Auch eine etwaige Beteiligung am Unternehmenserfolg kann nicht als Rückzahlungsanspruch deklariert werden. Denn ein solcher ist gerade dann ausgeschlossen, wenn der Rückzahlungsanspruch vom Erfolg des Unternehmens abhängig ist.246 Von einer unbedingten Rückzahlbarkeit im Sinne des Einlagengeschäfts kann daher also nicht ausgegangen werden. Ein Einlagengeschäft liegt folglich nur dann vor, wenn der Anleger seine Investition in gesetzlichen Zahlungsmitteln tätigt und eine Verlustbeteiligung für ihn komplett ausgeschlossen wurde. 6. Zwischenergebnis Als Vermögensanlage kommen also ausschließlich solche Tokens in Betracht, die aufgrund technischer Hindernisse nicht übertragbar sind und deswegen nicht als Wertpapier eingeordnet werden können. Zusätzlich muss es sich um Tokens der Modelle 3 – 5 handeln, die nicht ausnahmsweise als Einlagengeschäft qualifizieren. Grundsätzlich ist eine solche Gestaltung im Einzelfall zwar denkbar, praktisch besonders relevant ist sie jedoch nicht.

IV. Einordnung der Tokens/Coins als E-Geld Aufgrund der Funktionalität der emittierten Tokens würde auch die Einordnung als E-Geld im Sine des § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG naheliegen. Die Definition des EGeldes ist jedoch, was rechtspolitisch durchaus umstritten ist, eng gefasst.247 Dies gilt entgegen der eigentlich beabsichtigten Technologieneutralität der Regulierung von Zahlungsdiensten (vgl. Erwägungsgrund (21) ZDRL). Bei Bitcoins und anderen Currency Tokens, die dezentral durch Mining erzeugt werden, scheidet die Einordnung aus. Denn E-Geld setzt voraus, dass dessen Entstehung mit einer Forderung auf Umtausch in gesetzliche Zahlungsmittel gegenüber einem zentralen Emittenten verknüpft ist.248 Dies wurde für die Kryptowährung Bitcoin mittlerweile auch durch ein obergerichtliches Urteil des KG Berlin bestätigt.249 245

Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 39; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 20; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 14. 246 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 52; Schürmann/Langner, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 69 Rn. 6b; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 26. 247 Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1a Rn. 40. 248 Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1a Rn. 50; Beck/König, JZ 2015, 130, 136; Engelhardt/Klein, MMR 2014, 355, 356; Hanten/Stump, RdF 2018, 189, 192; Hildner, BKR 2016,

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Auch Tokens anderer Modelle sind nicht als E-Geld anzusehen. Oftmals scheidet eine entsprechende Qualifikation bereits deshalb aus, da die Tokens im Rahmen des ICO gegen andere Kryptowährungen veräußert werden. E-Geld setzt jedoch zwingend voraus, dass es im Austausch gegen gesetzliche Zahlungsmittel ausgegeben wird.250 Weiterhin dienen Tokens der Modelle 2 – 5 auch nicht primär dem Einsatz als Zahlungsmittel. Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG („um … zu“) ergibt sich jedoch, dass die eventuell als E-Geld zu bewertenden Einheiten emittiert werden müssen, um damit Zahlungsvorgänge i.S.d. § 675 f Abs. 4 Satz 1 BGB durchzuführen.251 Selbst für Hybrid Tokens, die zumindest auch Zahlungsmittelfunktion aufweisen, kann dieses Merkmal jedoch nicht als erfüllt angesehen werden. Denn schließlich würde eine Einordnung als E-Geld auch voraussetzen, dass die Tokens von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten als Zahlungsmittel akzeptiert werden.252 Derartig emittentenübergreifend einsetzbare Tokens der Modelle 2 – 5 existieren aber nicht. Auch wenn diese zusätzlich mit einer Zahlungsmittelfunktion ausgestattet sind, sind derartige Hybrid Tokens stets auf eine Forderung gegenüber einem konkreten Emittenten innerhalb eines konkreten Netzwerks gerichtet. Auch der Sekundärhandel mit den Tokens kann aufgrund seiner Struktur nicht begründen, dass andere Personen als der Emittent die Werteinheiten als Zahlungsmittel annehmen. In diesen Fällen fungieren die Tokens nämlich nicht als Zahlungsmittel, sondern gleichen funktional einem Tauschobjekt oder gar einem Kaufgegenstand. Demzufolge erfüllen Tokens aller Modelle nicht die Voraussetzungen des E-GeldBegriffes. Weder Currency Tokens noch andere Tokens sind daher als E-Geld i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG zu bewerten.

V. Einordnung der Tokens/Coins als Rechnungseinheit Schließlich kommt eine Qualifizierung von Tokens als Rechnungseinheit i.S.d. § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 Alt. 2 KWG in Betracht. Der Begriff wurde im Zuge der Umsetzung mehrerer europäischer Richtlinien zur Harmonisierung des Kapitalmarktes (insbesondere Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über 485, 489; Klöhn/Parhofer, ZIP 2018, 2093, 2098; Langenbucher, AcP 2018, 385, 416; Martiny, IPRax 2018, 553, 556; Moritz/Strohm, DB 2018, 3012, 3012 f.; Omlor, ZHR 2019, 294, 309; Richter/Augel, FR 2017, 937, 940; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1361. 249 KG Berlin, Urteil v. 25. 09. 2018, Az. (4) 161 Ss 28/18 (35/18), Rn. 20 ff. = BB 2018, 2705, 2707 = WM 2018, 2083, 2085. 250 Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1a ZAG Rn. 20; Beck/König, JZ 2015, 130, 136; Keding, WM 2018, 64, 68; Richter/Augel, FR 2017, 937, 940. 251 Vgl. auch Aschenbeck/Drefke, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 5 Rn. 359; Terlau, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 30. 252 Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1a Rn. 56 ff.; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1a ZAG Rn. 23; Diekmann/Wieland, ZBB 2011, 297, 299.

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Wertpapierdienstleistungen und Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten) in das KWG aufgenommen, war selbst jedoch nicht Inhalt der europäischen Vorgaben.253 Der Begriff wird von der BaFin heute sehr weit ausgelegt und soll insbesondere „privatrechtlich ausgegebene Komplementärwährungen“ umfassen.254 Bereits früh hat die BaFin dementsprechend in einer Publikation Bitcoins als Rechnungseinheit eingeordnet.255 Diese Charakterisierung soll sich nach dem Verständnis der BaFin grundsätzlich auf alle Kryptowährungen beziehen, was bedeutet, dass nicht nur Bitcoins unter den Begriff der Rechnungseinheit fallen sollen, sondern auch andere Arten von Currency Tokens.256 Auf andere Token-Modelle will die BaFin ihre Einordnung als Rechnungseinheit jedoch nicht in generalisierender Weise erstrecken.257 Eine Entscheidung der BaFin im Rahmen des Anwendungsbereichs des KWG entfaltet grundsätzlich Bindungswirkung für die nachfolgenden Verwaltungsbehörden (vgl. § 4 Abs. 2 KWG). Dies gilt jedoch nicht für die Gerichte und Staatsanwaltschaften.258 Daher kommt den Verlautbarungen und Richtlinien der BaFin für den Rechtsanwender maßgebliche Bedeutung zu, zumindest bis zu einem erstmaligen Urteil der Gerichte.259 Vertreter aus Literatur und (neuerdings) auch Rechtsprechung stehen der Einordnung der BaFin jedoch kritisch gegenüber.

253

Terlau, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 20 Rn. 85; Schwennicke, in: Schwennicke/ Auerbach, KWG, § 1 Rn. 249; Hofert, Regulierung der Blockchains, S. 136; Kütük-Markendorf, Rechtliche Einordnung von Internetwährungen, S. 71; Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1185; Klöhn/Parhofer, ZIP 2018, 2093, 2095. 254 BaFin v. 20. 12. 2011 (Stand: 26. 07. 2018), Hinweise zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 Sätze 1 bis 3 KWG, S. 11 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin. de/dok/7852552). 255 BaFin v. 19. 12. 2013, Bitcoins: Aufsichtliche Bewertung und Risiken für Nutzer, S. 2 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/7849756). 256 BaFin v. 28. 04. 2016, Virtuelle Währungen/Virtual Currency (VC), S. 2 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/7906358). 257 BaFin v. 15. 03. 2018, Initial Coin Offerings: BaFin veröffentlicht Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente, S. 2 f. (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www. bafin.de/dok/10628392). 258 Reschke, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 4 Rn. 50 (188. EL 09/2016); Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Matter, KWG, § 4 Rn. 16; Süßmann, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 4 Rn. 1; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 112. 259 Müller-Feyen/Müller-Feyen, in: Luz/Neus/ Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 4 Rn. 7; Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1184; Sprengnether/Wächter, RdF 2014, 114, 117.

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1. Überprüfung der Position der BaFin hinsichtlich Kryptowährungen Da der Begriff der Rechnungseinheiten keine Legaldefinition kennt und sich auch in Rechtsprechung und Literatur noch kein einheitlicher Umgang ergeben hat, bedarf der Begriff demnach der Auslegung. Eine Analyse des Wortlauts des Begriffs „Rechnungseinheit“ verspricht hierbei aufgrund seiner sprachlichen Weite zunächst kaum einen Erkenntnisgewinn.260 Der nationale Gesetzgeber führt in der maßgeblichen Gesetzesbegründung aus, dass „Devisen und vergleichbare Rechnungseinheiten, die keine gesetzlichen Zahlungsmittel sind“ erfasst werden sollen.261 Aussagen zu Tokens lassen sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen, schließlich sind diese ein erst nach Gesetzeserlass auftretendes Phänomen. Zumindest die Maßgeblichkeit der Vergleichbarkeit mit Devisen ist jedoch auch in der Systematik des Gesetzes niedergelegt, in dem es heißt, dass „Devisen oder Rechnungseinheiten“ als Finanzinstrumente zu behandeln seien. Schließlich existieren zumindest anerkannte Beispiele für Rechnungseinheiten. Zum einen sind dies Einheiten der European Currency Unit, einem frühen Vorläufer des Euro, der zur Aufstellung des Haushaltsplans der Europäischen Gemeinschaft herangezogen wurde, sowie zum anderen die Sonderziehungseinheiten des Internationalen Währungsfonds.262 Einziges abstraktes Merkmal, dass sich zur Auslegung des Tatbestands der Rechnungseinheit heranziehen lässt, bleibt daher die Vergleichbarkeit zu Devisen, ohne dass es sich bei den betreffenden Finanzprodukten jedoch um ein gesetzliches Zahlungsmittel handeln muss.263 Als Devisen werden in der Finanz- und Rechtswissenschaft auf fremde Währung lautende Zahlungsmittel verstanden, oder, in einem weiteren Verständnis, auch Werte, durch die solche beschafft werden können.264 Die Bezugnahme auf Zahlungsmittel in fremder Währung bedeutet gleichzeitig, dass Devisen einem zentralen Emittenten, regelmäßig einer Zentralbank, zugewiesen werden können. Zwar müssen Rechnungseinheiten in Abgrenzung zu Devisen gerade keine gesetzlichen Zahlungsmittel sein. Für die Annahme der Vergleichbarkeit ist dennoch zu fordern, dass eine zentrale Stelle existiert, die zumindest

260 Klöhn/Parhofer, ZIP 2018, 2093, 2095; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1361 f.; Sprengnether/Wächter, RdF 2014, 114, 117. 261 BT-Drs. 13/7142, S. 69. 262 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 287; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 123; Terlau, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 20 Rn. 86; Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1185; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1362; Sprengnether/Wächter, RdF 2014, 114, 116. 263 Vgl. auch Hofert, Regulierung der Blockchains, S. 137; Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1186 f.; Hanten/Stump, RdF 2018, 189, 193; Sprengnether/Wächter, RdF 2014, 114, 116. 264 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 287; Oulds, in: Kümpel/ Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.59; Schefold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankRHdb, Bd. II, § 117 Rn. 2; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 249; Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1187; Omlor, ZHR 2019, 294, 316.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

ansatzweise währungs- und geldpolitische Instrumente einsetzen kann.265 Dieses Kriterium kann für Bitcoins nicht als erfüllt angesehen werden. Diese werden dezentral durch Mining geschaffen. Ein zentraler Emittent, gegen den sich eine Forderung des Bitcoin-Inhabers richten könnte, existiert nicht. Auch eine typologische Vergleichbarkeit zu den beiden oben angesprochenen Instrumenten weisen Bitcoins grundsätzlich nicht auf. Bei diesen handelt es sich jeweils um sogenannte „Währungskorbeinheiten“.266 Ihr Wert wird jeweils durch eine zentrale Stelle, unter Zuhilfenahme festgelegter Berechnungssysteme, anhand bestimmter staatlicher Währungen festgelegt.267 Ihr Zweck besteht darin, eine überstaatliche, nicht an einer konkreten Währung festgemachte, aber dennoch exakte und beständige Wertbestimmung von Gütern und Dienstleistungen vornehmen zu können.268 Demgegenüber existiert kein festgelegter oder auch nur eindeutig bestimmbarer Preis eines Bitcoins. Die Preisbildung erfolgt stattdessen anhand von Angebot und Nachfrage. Angebot und Nachfrage werden dabei von den Kryptobörsen zusammengebracht, wobei selbst von Handelsplattform zu Handelsplattform Preisunterschiede erkennbar sind.269 Aufgrund der extremen Volatilität des Bitcoins kann dieser auch einen mit dem ECU oder den Sonderziehungsrechten des IWF vergleichbaren Zweck nicht erfüllen, da von einer Wertbeständigkeit nicht ansatzweise ausgegangen werden kann.270 Vielmehr gilt, dass Bitcoins gar nicht darauf abzielen, diesen Zweck zu erfüllen. Anstatt die Werte anderer Güter vergleichbar zu machen, soll der Bitcoin an sich einen eigenen Wert darstellen.271 In Bezug auf die Preisbildung auf den Kryptobörsen, die Werthaltigkeit sowie den „Schürfungsprozess“, ähneln Bitcoins eher Rohstoffwerten, wie etwa Gold.272 Edelmetalle sind jedoch keine Devisen.273

265 Schefold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 117 Rn. 5; Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1187; Sprengnether/Wächter, RdF 2014, 114, 116 f.; ähnlich Omlor, ZHR 2019, 294, 316; a.A. Hofert, Regulierung der Blockchains, S. 138 f. 266 Schefold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 115 Rn. 26; Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1185; Klöhn/Parhofer, ZIP 2018, 2093, 2096; Omlor, ZHR 2019, 294, 316; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1362. 267 Magiera, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 320 AEUV Rn. 9 (61. EL 04/ 2017); Schefold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 115 Rn. 26; Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1185. 268 Hanten/Stump, RdF 2018, 189, 193; Richter/Augel, FR 2017, 937, 940. 269 Auffenberg, NVwZ 2015, 1184, 1187; Richter/Augel, FR 2017, 937, 942. 270 Beck, NJW 2015, 580, 585; Börner, NZWiSt 2018, 48, 50; Hanten/Stump, RdF 2018, 189, 193; Langenbucher, AcP 2018, 385, 394. 271 Hanten/Stump, RdF 2018, 189, 195; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 272 Hacker/Thomale, S. 31; Klöhn/Parhofer, ZIP 2018, 2093, 2094; Sprengnether/Wächter, RdF 2014, 114, 116 f.; Sopp/Grünberger, IRZ 2018, 219, 222. 273 Reschke, in: Beck/Samm/Kokemoor, § 1 Rn. 1040 (182. EL 10/2015); Schefold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 117 Rn. 2; Schwark, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 51 BörsG Rn. 2.

B. Bedeutung der Finanzinstrumente nach MiFID II

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Eine Einordnung von Bitcoins unter den Begriff der Rechnungseinheit gem. § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 Alt. 2 KWG scheidet daher – entgegen der Ansicht der BaFin – aus. 2. Urteil des KG Berlin vom 25. September 2018 Dementsprechend entschied auch das KG Berlin mit Urteil vom 25. September 2018.274 In einer Strafsache wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG führte die zuständige Strafkammer aus, dass Bitcoins nicht als Rechnungseinheit anzusehen seien und somit das Betreiben einer Internethandelsplattform für Bitcoins nicht der Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG bedürfe. Das Gericht führte weiterhin auch zur begrenzten Legislativgewalt der BaFin aus. Auch wenn der BaFin in § 6 Abs. 2 KWG eine weit gefasste Kompetenzzuordnung für die Gefahrenabwehr im Kreditwesen erteilt werde, dürften ihre Merkblätter und Verlautbarungen keinen rechtsgestaltenden Charakter annehmen. Insbesondere bezüglich des im Strafrecht (vgl. § 54 KWG) geltenden Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG) sei der Spielraum der BaFin hierbei beschränkt und werde durch eine von ihr vorgenommene Einordnung von Bitcoins als Rechnungseinheit in unzulässiger Weise überschritten. 3. Anwendbarkeit dieser Überlegungen auf die Token-Modelle bei ICOs Als Beispielsfall der Currency Tokens muss die Bewertung des Bitcoins auf dieses Token-Modell grundsätzlich durchschlagen. Zentrale Hindernisse, die gegen eine Bewertung als Rechnungseinheit sprechen – die Preisbildung über den Markt, die eigene Werthaltigkeit und die Volatilität – gelten ebenso für andere Kryptowährungen. Dies gilt jedoch nicht ausschließlich für Currency Token, sondern vielmehr für alle Token-Modelle. Auch wenn Tokens, die mit einem unternehmensbezogen Nutzungs- oder Zahlungsanspruch ausgestaltet sind, einen zentralen Emittenten aufweisen, vermag dies eine andere Bewertung nicht zu begründen. Der Zweck dieser Tokens ist ein völlig anderer, als der von Devisen oder dem ECU bzw. dem Sonderziehungsrecht des IWF. Im Rahmen eines ICOs emittierte Tokens sind daher generell nicht als Rechnungseinheit i.S.d. § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 Alt. 2 KWG einzustufen.

274 KG Berlin, Urteil v. 25. September 2018, Az. (4) 161 Ss 28/18 (35/18), Rn. 6 = BB 2018, 2705, 2705 = WM 2018, 2083, 2083.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

VI. Ergebnis Nach dem zuvor Gesagten ergibt sich also hinsichtlich der rechtlichen Bewertung der im Rahmen eines ICOs emittierten Coins und Tokens folgendes Bild. Currency Token fallen nicht unter eine der Kategorien von Instrumenten des Kapitalmarktrechts. Für Utility Tokens gilt dies grundsätzlich ebenfalls. Ausnahmsweise können diese jedoch als Wertpapier angesehen werden, falls die durch den Sekundärmarkt gegebene Investmentfunktion die den Tokens bestimmungsgemäß innewohnende Nutzungsfunktion überwiegt. Die Abgrenzung im Einzelfall gestaltet sich hierbei jedoch sehr schwer. Debt Tokens, die ihren Inhabern Zahlungsansprüche gewähren unterfallen als schuldtitelähnliche Instrumente dem Wertpapierbegriff, ebenso wie mitgliedschaftliche Tokens, die Aktien ähneln. Beide sind daher als Finanzinstrumente anzusehen. Der Gestaltung von Equity Tokens stehen nach geltendem Recht einige Hindernisse entgegen. Sofern sie jedoch emittiert werden könnten, wären sie ebenfalls als Wertpapier einzustufen. Bei Debt Tokens kann in Spezialfällen zusätzlich die Einordnung als Anteil an einem Investmentvermögen anzunehmen sein. Tokens, die lediglich aufgrund der fehlenden Übertragbarkeit aus dem Wertpapierbegriff fallen, sind unter das subsidiäre Instrument der Vermögensanlage zu fassen. Im Anschluss an die Untersuchung, ob die bei einem ICO emittierten Tokens bzw. Coins in den Katalog der Finanzinstrumente fallen oder einer anderen Art von Instrument angehören, die Anknüpfungspunkt des Kapitalmarktrechts ist, muss bewertet werden, welche der Instrumente des Kapitalmarktrechts tatsächlich angewendet werden können und dabei auch geeignet sind, den Informationsasymmetrien bei ICOs wirksam zu begegnen. In Betracht kommen hierbei insbesondere Erlaubnisund Prospektpflichten.

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht Erlaubnisvorbehalte sind ursprünglich ein klassisches Instrument des Bankrechts und betreffen demnach originär die Kreditwirtschaft. Durch die Ausweitung der einschlägigen Tatbestände, insbesondere des KWG (vgl. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG275), sind heute jedoch nicht mehr nur Bankgeschäfte, sondern auch Finanzdienstleistungen als Anknüpfungspunkt von Erlaubnispflichten anerkannt. Daher unterfallen nicht mehr ausschließlich Bankinstitute den Erlaubnisvorbehalten, sondern auch andere Unternehmen, die in diesem Zusammenhang als der „Realwirtschaft“ zugehörig bezeichnet werden.276 Folglich sind Erlaubnisvorbehalte heute zusätzlich als ein Instrument des allgemeinen Kapitalmarktrechts einzuordnen. 275 Vorschrift eingeführt durch die 6. KWG-Novelle v. 22. Oktober 1997, BGBl. 1997, I, S. 2518; erfolgt in Umsetzung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen. 276 v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 32 Rn. 1; Wenzel, NZG 2013, 161, 161; Wieland, BB 2012, 917, 918.

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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Im Folgenden soll die Anwendbarkeit der Erlaubnisvorbehalte gem. § 32 KWG, § 20 KAGB und §§ 10 f. ZAG auf die Emission von Tokens im Rahmen eines ICOs untersucht werden. Es gilt jedoch zu beachten, dass sich diese Arbeit speziell auf ICOs und die hiermit verbundene Emission von Tokens bezieht. Daher sind die folgenden Untersuchungen auch auf Zweierlei beschränkt: erstens, das erstmalige Veräußern der Tokens im Wege des Token Sales und zweitens, Geschäftstätigkeiten, die unmittelbar durch den ICO begründet werden und hierbei gerade durch die Emission der Tokens bestimmt sind. Demgegenüber bleiben diejenigen Tätigkeiten der Emittenten außer Betracht, die völlig unabhängig von der Finanzierungsmethode ICO sind. Je nach Ausgestaltung dieser Tätigkeiten kann es sich hierbei durchaus um erlaubnispflichtige Tätigkeiten handeln. So hat die BaFin z. B. festgestellt, dass zwar der Einsatz von Currency Tokens als Zahlungsmittel keiner Erlaubnispflicht unterfällt, der Betrieb einer Kryptobörse für gewöhnlich jedoch dem Erlaubnistatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG) oder des Betriebs eines multilateralen Handelssystems (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG) unterfällt.277 Selbiges gilt für klassische Bankgeschäfte, die durch ICOs finanziert werden und deren Erlaubnispflichtigkeit sich rein anhand dieser Einordnung als Banktätigkeit ergibt. Die Bewertung als erlaubnispflichtige Tätigkeit steht jedoch hierbei in keinem Zusammenhang mit der Durchführung von ICOs als Finanzierungsmethode und ist daher nicht Teil dieser Arbeit.

I. Ökonomischer Hintergrund von Erlaubnispflichten und Selbstregulierung Erlaubnisvorbehalte bewirken, dass der Zugang zu einem Markt nicht für jedermann freisteht. Stattdessen bedarf die Teilnahme am jeweiligen Markt einer vorhergehenden Prüfung des Unternehmens, sowie der Billigung und Erlaubniserteilung durch eine hierzu bestimmte Instanz. Die Erlaubnispflichten wirken daher im Rahmen des Kapitalmarktrechts wie eine Marktzutrittsbeschränkung.278 Grundsätzlich sind solche Marktzugangsbeschränkungen unter Effizienzgesichtspunkten nicht erstrebenswert, da hierdurch wettbewerbsfördernde Konkurrenz vom Markt abgeschnitten wird.279 Im Rahmen des Kapitalmarktrechts können derartige Erlaubnispflichten jedoch einen Effizienzgewinn bedeuten, indem sie das Vertrauen der

277 Hildner, BKR 2016, 485, 490; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1365; Weitnauer, BKR 2018, 231, 234. 278 v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 32 Rn. 1; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 192; Binder, ZEuP 2017, 569, 577 f.; Piska/ Völkel, ZTR 2017, 97, 100. 279 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.148; Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, Vor § 104 Rn. 76; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 23; Piska/Völkel, ZTR 2017, 97, 100.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Anleger in Stabilität und Funktionsfähigkeit des Markts stärken.280 Erreicht wird dies durch das Fördern der klassischen Aspekte der Kapitalmarktregulierung – Funktions- und Anlegerschutz. Der Anlegerschutzaspekt manifestiert sich in der Absicherung der Anlageentscheidung, welche auf dem Vertrauen der Anleger in die finanzielle Ausstattung der anbietenden Unternehmen beruht. Dieses Vertrauen ist laut Gesetzesbegründung dann gegeben, wenn Anleger sich darauf verlassen können, dass nur solche Unternehmen Finanzgeschäfte betreiben, „die personell und finanziell die Gewähr für eine ordnungsmäßige Geschäftsführung bieten“.281 Gewährleistet wird dieses Vertrauen dadurch, dass durch den Erlaubnisvorbehalt nur eben solche Unternehmen einen Zugang zum Markt erhalten. Des Weiteren erhöht sich auch die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes. Das Investitionsvolumen nimmt nämlich zu, je höher das Vertrauen der Investoren in die Seriosität und die Glaubwürdigkeit der auf dem Markt agierenden Unternehmen ist.282 Gleichzeitig können Erlaubnisvorbehalte auch dem Abbau von Informationsasymmetrien zu Gunsten der Anleger dienen, wodurch ebenfalls die Effizienz des Marktes gesteigert werden kann. Denn wie bereits angesprochen, fließen in die Anlageentscheidung des Investors, die auf Basis einer Analyse von Risiko und Renditemöglichkeit getroffen wird, auch Informationen über die Eigenschaften des Emittenten ein. Diese beziehen sich insbesondere auf die finanziellen Mittel, über die der Emittent verfügt sowie dessen Erfahrungen im Handel mit Finanzinstrumenten. Grundsätzlich wäre es zwar denkbar, dass sich jeder Anleger diese Informationen selbst beschafft. Hierdurch würden jedoch gesamtvolkswirtschaftlich betrachtet enorm hohe Transaktionskosten entstehen, sofern ihnen die Informationsgewinnung überhaupt möglich wäre.283 Diese können gesenkt werden, indem die Informationen von einer zentralen Stelle erhoben werden, regelmäßig der BaFin. Dadurch, dass diese zentrale Stelle eine Zulassungslizenz zum Markt erteilt, können sich die restlichen Marktteilnehmer darauf verlassen, dass der jeweilige Zugelassene die hierfür notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Neus spricht insoweit vom „Prinzip der delegierten Überwachung“.284 Die Aufsichtsbehörde nimmt also die Informationsbeschaffung und -aufbereitung für die Gesamtheit der Anleger vor. Durch den Erlaubnisvorbehalt nimmt die jeweilige Aufsichtsbehörde eine präventive Einschätzung derjenigen Unternehmen vor, die beabsichtigen auf dem Ka280 Müller-Grune, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 32 Rn. 1 (178. EL 04/2015); Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 5; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 191 f. 281 BT-Drs. 03/1114, S. 26. 282 Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 125 Rn. 23; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 191 ff.; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1154; Rhue, S. 22. 283 Neus, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Einleitung Rn. 13 f., 30; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 125 Rn. 23; Klöhn/ Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 6. 284 Neus, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Einleitung Rn. 12 ff., 41.

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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pitalmarkt tätig zu werden. Für alle Arten der Erlaubnisvorbehalte gilt, dass die erteilte Erlaubnis einen begünstigenden, gebundenen Verwaltungsakt darstellt285, der bei Entfallen der für die Voraussetzung erforderlichen Eigenschaften auch wieder aufgehoben werden kann (vgl. etwa § 35 Abs. 2 KWG oder § 13 Abs. 2 ZAG). Die Eignung der Anbieter unterfällt also auch nach der erstmaligen Zulassung weiterhin der Überprüfung durch die Aufsichtsbehörden.286 Nur so kann der Vertrauensgewinn der Anleger hinsichtlich der Emittenten und der Funktionsfähigkeit des Markts dauerhaft aufrecht erhalten werden. Eine einem solchen Erlaubnisvorbehalt entsprechende Zugangsschranke zum ICO-Markt hat sich bisher jedenfalls nicht durch eine etwaige Selbstregulierung ergeben. Der Zugang zur Ethereum-Blockchain oder anderen Blockchain-Netzwerken ist grundsätzlich nicht an Vorgaben gekoppelt, sondern steht jeder interessierten natürlichen Person oder jedem interessierten Unternehmen offen. Somit ist auch die Möglichkeit, einen ICO durchzuführen grundsätzlich nicht beschränkt. Zwar gibt es bestimmte Kryptobörsen, die das Listing von Tokens daran anknüpfen, dass diese gewisse Kriterien erfüllen.287 Hierbei wird etwa an die Liquidität, die Technologie oder die Mitglieder des Entwicklungsteams angeknüpft.288 Dies schützt jedoch nicht die Anleger im Rahmen eines ICOs, da das Listing notwendigerweise erst nach Durchführung der erstmaligen Token-Emission erfolgt. Unter Umständen liegt sogar eine enorme Zeitspanne zwischen dem ICO und dem späteren Listing.289

II. Erlaubnisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 KWG Grundsätzlich gewähren Art. 12 Abs. 1 GG und § 1 Abs. 1 GewO die Freiheit, ein Gewerbe nach eigenen Vorstellungen zu betreiben und auszuüben. § 32 Abs. 1 KWG stellt in Ausnahme hierzu die Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut unter Verbot. Es handelt sich um ein Verbot, verbunden mit einem präventiven Erlaubnisvorbehalt.290 Die Erlaubnis muss also vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgen. Für die Erteilung der Erlaubnis ist grundsätzlich die BaFin zuständig (vgl. § 1 Abs. 5 Nr. 2 KWG), in Ausnahmefällen kann jedoch 285 Müller-Grune, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 32 Rn. 16 (178. EL 04/2015); Brocker, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. II, § 81 Rn. 14; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 2. 286 Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 35 Rn. 1; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 125 Rn. 31; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 263 ff. 287 Amsden/Schweizer, S. 13; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 105. 288 So etwa Coinbase Digital Asset Framework (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://listing.coinbase.com/policy#coinbase-mission-values). 289 Benedetti/Kostovetsky, S. 21; Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 13. 290 Müller-Grune, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 32 Rn. 14 (178. EL 04/15); Fischer/ Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 5; Kunz, in: Bräutigam/Rücker, ECommerce, 12. Teil C) Rn. 6; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 190.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

auch die EZB zuständig sein.291 Die Erteilung ist an die Einhaltung der Voraussetzungen des § 33 KWG geknüpft. Liegt keiner der hier genannten Versagungsgründe vor, ist die Aufsichtsbehörde verpflichtet, die Erlaubnis zu erteilen.292 In diesem Zusammenhang definiert § 33 Abs. 1 KWG Gründe, bei deren Vorliegen die Erlaubnis durch die Aufsichtsbehörde zwingend zu versagen ist, während § 33 Abs. 2 KWG der Aufsichtsbehörde einen Ermessenspielraum zugesteht.293 Derjenige, der ohne eine Erlaubnis Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen erbringt, begeht gem. § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG eine strafrechtlich verfolgbare Handlung. Gem. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG unterfallen der Erlaubnispflicht Institute, die „im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen“ wollen. 1. Geschäftstätigkeit im Inland Die Erlaubnispflicht für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute beruht zwar heute auf unionsrechtlichen Richtlinien, insbesondere der WpDL-RL. Dennoch stellt der § 32 Abs. 1 KWG ein nationales Instrument dar, welches den deutschen Behörden ausschließlich bei geschäftlichen Tätigkeiten im Inland zur Verfügung steht.294 Hierunter fallen unzweifelhaft diejenigen Unternehmen, die ihre Geschäfte von einem inländischen Sitz oder von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aus betreiben.295 Umstritten sind allerdings Fälle, in denen Unternehmen Bank- oder Finanzdienstleistungen in Deutschland erbringen, ohne jedoch eine inländische physische Präsenz zu besitzen. Gerade bei ICOs, die aufgrund ihrer Vermarktung über das Internet Kunden auf der ganzen Welt ansprechen, ist dieses Kriterium jedoch entscheidend.

291

Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 6; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 216 ff.; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 194. 292 Müller-Grune, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 32 Rn. 17 (178. EL 04/15); Brocker, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. II, § 81 Rn. 14; Fischer/ Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 128 Rn. 5; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 2. 293 Schelm, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 2.111; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 128 Rn. 5; Schwennicke, in: Schwennicke/ Auerbach, KWG, § 33 Rn. 1. 294 Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 18; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 7; Wenzel, NZG 2013, 161, 163. 295 v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 32 Rn. 12; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 7; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1363.

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a) Erfordernis einer inländischen physischen Präsenz des Emittenten Früher wurde der Tatbestand des § 32 Abs. 1 KWG sowohl in Literatur als auch in Rechtsprechung „institutsbezogen“ ausgelegt.296 Demzufolge waren Institute erst dann erlaubnispflichtig, wenn sie ihre Geschäfte von einer inländischen Niederlassung aus ausführten oder zumindest wesentliche Teilakte des Geschäfts im Inland vollzogen wurden.297 Demzufolge wären also Geschäfte, die rein über das Internet abgewickelt werden, grundsätzlich nicht als eine Tätigkeit im Inland anzusehen. ICOs würden daher in der Regel nicht der Erlaubnispflicht des § 32 Abs. 1 KWG unterfallen. Begründet wurde dies damit, dass die Gesetzesmaterialien zum KWG bewusst von einem engen Anwendungsbereich ausgehen.298 Um das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip zu wahren, sollten ausländischen Institute gerade nicht vom Anwendungsbereich des KWG umfasst sein.299 Demgegenüber hat jedoch auch die BaFin erkannt, dass eine solche Auslegung nicht den Anforderungen des modernen Finanzdienstleistungsverkehrs gerecht wird.300 Nunmehr wird daher von Literatur und Praxis eine „vertriebsbezogene“ Auslegung des Inlandsbegriffs präferiert. Hiernach sollen auch Unternehmen der Erlaubnispflicht unterfallen, die einen Sitz im Ausland haben, sich aber zielgerichtet an den inländischen Markt richten.301 Dies solle gegeben sein, sofern Unternehmen wiederholt und geschäftsmäßig Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen gegenüber Personen oder Unternehmen anbieten, die ihrerseits ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.302 Diese modernisierte Auffassung der BaFin wurde höchstrichterlich bestätigt303 und entspricht im Übrigen Sinn und Zweck der Erlaubnispflicht. Durch die technischen Möglichkeiten in Verbindung mit dem In296 Vgl. zur Literatur Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 8; vgl. zur Rechtsprechung OLG Frankfurt, Beschluss v. 15. 01. 1986, Az. 16 W 2/86, Ls. 3 = WM 1987, 899, 899. 297 v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 32 Rn. 12; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. B Rn. 201; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 9. 298 BT-Drs. 3/1114, S. 45. 299 Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. A Rn. 200; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 14. 300 BaFin v. 01. 04. 2005 (Stand 11. 03. 2019), Merkblatt zur Erlaubnispflicht von grenzüberschreitend betriebenen Geschäften, S. 1 ff. (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https:// www.bafin.de/dok/7852544). 301 v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 32 Rn. 12; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 11; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1364. 302 v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 32 Rn. 12; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 32 Rn. 11; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 221; Wenzel, NZG 2013, 161, 163. 303 BVerwG, Urteil v. 22. 04. 2009, Az. 8 C 2.09, Rn. 36 = WM 2009, 1553, 1557 = GWR 2009, 249, 249.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

ternet können Emittenten heute weltweit operieren und ihre Finanzinstrumente vertreiben. Ein Abstellen auf eine physische Präsenz im Inland würde mit dieser Wirklichkeit nicht länger in Einklang stehen. Unternehmen könnten hierdurch faktisch nach Belieben und ohne Einschränkungen befürchten zu müssen, die aufsichtsrechtlichen Vorschriften des deutschen Rechts umgehen. Gerade in Hinblick auf den Aspekt des Vertrauensschutzes könnte der Erlaubnisvorbehalt so seine Wirkung nicht entfalten.304 Auch das Abstellen auf den entgegenstehenden historischen Willen des Gesetzgebers schlägt fehl, da diesem die Entwicklung hin zur weltweiten Vernetzung in seiner modernen Ausprägung nicht bewusst sein konnte.305 Einschränkend kann jedoch nach wie vor die bloße Abrufbarkeit der Homepage von Emittenten nicht genügen, um eine inländische Tätigkeit zu begründen. Diese starke Ausdehnung des deutschen Bankrechts wäre nicht mit dem Territorialitätsprinzip vereinbar.306 Dasselbe gilt für das bloße Bewerben von ICOs.307 Stattdessen ist erforderlich, dass inländische Anleger derart gezielt angesprochen werden, dass sie das Inland nicht verlassen müssen, um eine Investition zu tätigen.308 Bei Angeboten, die ausschließlich über das Internet ablaufen, deuten etwa die Sprache der Website, die Preisangaben und Zahlungsmodalitäten sowie die Angabe eines nationalen Ansprechpartners auf ein zielgerichtetes Ansprechen des jeweiligen Marktes hin.309 Hierbei ist zu beachten, dass das bloße Verwenden der englischen Sprache dem nicht entgegensteht. Aufgrund der fortschreitenden Internationalisierung des Rechtsverkehrs und des Finanzmarkts, werden auch durch vollständig auf Englisch abgewickelte ICOs Anleger im Inland angesprochen. Denn diese sind gerade darauf ausgelegt, Anleger jeglicher Nationalität und Rechtssphäre einzubeziehen. Entscheidend ist einzig, dass die Bildung der Anlageentscheidung, die Durchführung der Investition sowie der anschließende Handel der emittierten Tokens erfolgt, ohne dass der Anleger hierbei an territoriale Grenzen gebunden wäre. Dies umfasst gerade auch Anleger im deutschen Inland. Dass deutsche Investoren im Whitepaper oder den Terms and Conditions der Unternehmen rechtlich vom ICO ausgeschlossen werde, wie es regelmäßig bei Anlegern aus den USA oder China geschieht, ist bisher nicht zu beobachten. Folglich bieten nahezu alle Unternehmen, die einen ICO durchführen, ein Geschäft im Inland i.S.d. § 32 Abs. 1 KWG an.

304

Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. B Rn. 199; Hofert, Regulierung der Blockchains, S. 145; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1364; Voge, WM 2007, 381, 385. 305 Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. B Rn. 198; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 224; Voge, WM 2007, 381, 384. 306 Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 20; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. B Rn. 200; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1364. 307 Vgl. Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. B Rn. 200. 308 Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. B Rn. 201. 309 Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 21; Lehmann, in: MüKo BGB, Bd. XII, Teil 12 Kap. B Rn. 206; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 222; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1364; Sprengnether/Wächter, RdF 2014, 114, 119.

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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b) Europäischer Pass Für Unternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des EWR gilt die Regelung des § 53b Abs. 1 Satz 1 KWG zum sogenannten „Europäischen Pass“.310 Hiernach muss die deutsche Aufsichtsbehörde Erlaubnisse einer anderen staatlichen Aufsichtsbehörde, insbesondere der EZB, auch im Inland anerkennen.311 Derartige Unternehmen bedürfen nur dann einer zusätzlichen inländischen Erlaubnis, wenn sie nicht über einen „Europäischen Pass“ verfügen oder dieser die konkreten Geschäfte des Unternehmens nicht abdeckt.312 2. Gewerbsmäßigkeit, kaufmännischer Geschäftsbetrieb Weiterhin gilt, dass nur Geschäfte mit gewerbsmäßigem Charakter die Erlaubnispflicht auslösen können. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass es sich um einen auf gewisse Dauer angelegten Betrieb handelt, der mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird.313 Für das Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht genügt es, dass der Betrieb des Geschäfts entgeltlich erfolgt.314 ICOs dienen der Unternehmensfinanzierung; der wesentliche Gegenstand von ICOs ist die Veräußerung der erzeugten Tokens gegen gesetzliche oder virtuelle Zahlungsmittel. ICOs erfolgen somit entgeltlich und daher in gewerbsmäßigem Umfang. Dem Merkmal des Erfordernisses eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebs kommt bei Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit keine hierüber hinausgehende Bedeutung zu.315

310 Müller-Grune, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 32 Rn. 47 (178. EL 04/2015); Vahldiek, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 53b Rn. 3; Leistikow, in: Luz/Neus/Schaber/ Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 53a Rn. 7. 311 Vahldiek, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 53b Rn. 4; Kunz, in: Bräutigam/ Rücker, E-Commerce, 12. Teil C) Rn. 12; Leistikow, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/ Weber, KWG, Bd. I, § 53a Rn. 15; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 218. 312 Müller-Grune, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 32 Rn. 47 (178. EL 04/2015); v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 32 Rn. 4; Brocker, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 53b Rn. 24. 313 Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 7; Schelm, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 2.22; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 127 Rn. 3; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1363. 314 Reschke, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 1 Rn. 517 (197. EL 12/2017); Fischer/ Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 7; wohl zustimmend Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 127 Rn. 4. 315 Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 8; Wenzel, NZG 2013, 161, 162 f.; Wieland, BB 2012, 917, 919 f.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

3. Erbringen von Bankgeschäften/Finanzdienstleistungen oder Vornahme von Eigengeschäften Zentrale Voraussetzung der Erlaubnispflicht ist schließlich das Erbringen eines der von § 32 Abs. 1 KWG genannten Geschäfte. Dies umfasst Bankgeschäfte (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG) und Finanzdienstleistungen (vgl. § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG). Demgegenüber ist die Erlaubnispflicht grundsätzlich unabhängig von einer etwaigen Qualifikation als Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut, jedoch ist die entsprechende Einordnung Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis.316 Die Erlaubnispflicht entsteht, wenn eine derartige Tätigkeit neu aufgenommen wird, wenn sie hinsichtlich ihres Umfangs die Schwelle der Gewerbsmäßigkeit überschreitet oder wenn sich die Person des Erlaubnisträgers ändert.317 Die Aufzählungen der Geschäfte in § 1 KWG sind abschließend.318 Die Einordnung einer Tätigkeit als Bankgeschäft geht der Einordnung als Finanzdienstleistung vor.319 In der juristischen Literatur wurde eine Einordnung von ICOs unter den Katalog der erlaubnispflichtigen Geschäfte bisher nicht vorgenommen. Wissenschaftliche Beiträge zum Thema beschränken sich für gewöhnlich auf eine allgemeine Feststellung, dass unter gewissen Voraussetzungen, verschiedene Tatbestände in Betracht kommen. Auch die BaFin verfährt in diesem Sinne. Sie hält hierbei beim „Handel mit Token“ das Vorliegen von Bankgeschäften in Form des Finanzkommissionsgeschäfts oder des Emissionsgeschäfts, sowie Finanzdienstleistungen in Form der Anlagevermittlung, der Anlageberatung, des Betriebs eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, des Platzierungsgeschäfts, der Abschlussvermittlung, der Finanzportfolioverwaltung, des Eigenhandels oder der Anlageverwaltung für möglich.320 Zu beachten ist jedoch, dass die Ausführungen der BaFin durch ihren Bezugspunkt, den „Handel mit Token“, nicht ausschließlich ICOs beinhalten. Stattdessen erfasst die Behörde den gesamten Wirtschaftskomplex, der sich um Tokens herum entwickelt hat. Hierzu gehören insbesondere auch Tauschbörsen, Krypto-Fonds, Analysten und Berater. Im Folgenden wird demgegenüber ausschließlich auf den engeren, oben geschilderten Rahmen Bezug genommen.

316

Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, § 32 Rn. 6; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 188; Wenzel, NZG 2013, 161, 161. 317 Fischer/Müller, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 32 Rn. 6; v. Goldbeck, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 32 Rn. 10. 318 Kunz, in: Bräutigam/Rücker, E-Commerce, 12. Teil C) Rn. 8; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 9; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 145. 319 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 129; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 46; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 78. 320 BaFin v. 20. 02. 2018, Initial Coin Offerings: Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente, S. 4 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/1 0506450).

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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a) Keine Vergleichbarkeit zu den einschlägigen Erlaubnistatbeständen bei einem IPO Nicht zuletzt aufgrund ihrer begrifflichen Ähnlichkeit werden ICOs regelmäßig mit IPOs verglichen. Aus einem Vergleich zu den Erlaubnispflichten, welche die an einem IPO beteiligten Rechtssubjekte treffen, lassen sich jedoch keine Erkenntnisse für ICOs gewinnen. Für gewöhnlich läuft ein IPO derart ab, dass ein Bankenkonsortium die Finanzinstrumente des Emittenten übernimmt und diese im Anschluss erstmalig am Markt platziert, also die Finanzinstrumente an die Anleger weiterveräußert (sog. „Fremdemission“).321 Je nach Ausgestaltung der Rechtsbeziehung des Emittenten zum Bankenkonsortium unterfällt die Tätigkeit der Bank verschiedenen erlaubnispflichtigen Tatbeständen. Soweit die Bank die Finanzinstrumente zu einem festen Preis vom Emittenten übernimmt und im Anschluss auf eigene Rechnung an die Anleger weiterveräußert, liegt ein Emissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG) vor.322 Hat die Bank stattdessen die Wertpapiere nicht fest übernommen, verbleibt das Risiko des Fehlschlags der Platzierung beim Emittenten. Die Platzierung der Wertpapiere am Markt für Rechnung des Emittenten unterfällt dann dem Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG).323 Denkbar, in der IPO-Praxis heute jedoch weitgehend irrelevant, sind Konstellationen, die als Platzierungsgeschäft (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1c KWG) qualifiziert werden können. Hierbei wird die Bank in offener Stellvertretung des Emittenten, also im fremden Namen und für fremde Rechnung, tätig.324 Während die beteiligten Banken umfassenden Erlaubnispflichten unterliegen, bedarf das Tätigwerden des Emittenten selbst keiner expliziten Erlaubnis.325 Der Ablauf eines ICOs ist jedoch gerade nicht in einer vergleichbaren Art und Weise gestaltet. Die Blockchain-Technologie erlaubt das Umgehen der Banken als Intermediär und das Veräußern der Tokens unmittelbar an den Markt. Es handelt sich daher um eine „Eigenemission“ der Unternehmen, die jedenfalls nicht unter den Tatbestand des erlaubnispflichtigen Emissionsgeschäfts i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2

321 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.24; Kessler, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 9 Rn. 23; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 10; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 69. 322 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 112; Grüning/Hirschberg, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 15.8; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 3. 323 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 115; Grüning/Hirschberg, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 15.8; du Buisson, WM 2003, 1401, 1401. 324 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 154; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 103 f. 325 Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 289.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Nr. 10 KWG fällt.326 Denn die Vorschrift soll ihrer Konzeption nach nicht das unmittelbare Verhältnis von Anleger zu Emittent regulieren, sondern gerade Intermediäre in Dreipersonenverhältnissen erfassen. Lediglich in Bezug auf diese an der Transaktion beteiligten Intermediäre soll die Erlaubnispflicht einen Vertrauensgewinn schaffen.327 Um das Vertrauen zwischen Anleger und Emittent zu stärken, wäre stattdessen die Prospektpflicht für Wertpapieremittenten einschlägig (s. u.). Weiterhin liegt auch weder ein Finanzkommissionsgeschäft noch ein Platzierungsgeschäft vor, denn die Eigenemission erfolgt nicht für fremde Rechnung, sondern zum eigenen Vorteil des Emittenten. Dies wäre jedoch Voraussetzung für die beiden vorbezeichneten Tatbestände.328 Auch dies liegt in der auf Dreipersonenverhältnisse und Intermediäre ausgelegten Konzeption der erlaubnispflichtigen Geschäfte der § 1 Abs. 1 und 1a KWG begründet. b) Kein Vorliegen einer Intermediärskonstellation bei ICOs Da eine solche Konzeption jedoch in grundsätzlichem Widerspruch zu derjenigen von ICOs steht, kommt eine Erlaubnispflicht für das Durchführen eines ICOs auch bei den übrigen von der BaFin angesprochenen Tätigkeiten nicht in Betracht. Die in diesem Zusammenhang angesprochene Anlageberatung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG) beschreibt eine Beratungsleistung eines Intermediärs für Anleger hinsichtlich des Kauf eines Finanzprodukts eines Emittenten.329 Bereits hieran scheitert die entsprechende Einordnung der Tätigkeit von ICO-Emittenten. Im Übrigen muss sich Anlageberatung gezielt an einzelne Personen richten.330 Nicht erfasst sind hingegen bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift Empfehlungen, die „ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben“ werden. ICO-Emittenten hingegen informieren gerade in diesem Sinne über das Whitepaper. Im Übrigen würde dies auch nicht dem Interesse der ICO-Emittenten entsprechen, denn sie wollen ein möglichst breites Anlegerpublikum ansprechen und nicht gezielt, einzelne Anleger über den von ihnen emittierten Token beraten. Als Anlagevermittlung i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 KWG ist nach 326 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 113; Schelm, in: Kümpel/ Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 2.58; Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/ Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 40; Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 289; du Buisson, WM 2003, 1401, 1401. 327 Ebenso Du Buisson, WM 2003, 1401, 1411. 328 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 69, 154; Schelm, in: Kümpel/ Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 2.41 ff., 2.76 f.; Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/ Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 33, 52. 329 Spindler, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankR, Kap. 33 Rn. 34; vgl. auch Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 144, der das Beispiel eines M&ABeraters nennt. 330 Spindler, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankR, Kap. 33 Rn. 36; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 96; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 179.

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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Ansicht von Finanzverwaltung und Rechtsprechung regelmäßig die umfassende Vorbereitung und Abwicklung eines Geschäftsabschlusses zwischen zwei weiteren Personen – Emittent und Anleger – anzusehen.331 Auch der Tatbestand der Anlagevermittlung setzt dementsprechend ein Dreipersonenverhältnis voraus und liegt bei einem ICO daher ebenfalls nicht vor. Begrifflich naheliegend wäre allenfalls die Einordnung der Eigenemission von Tokens als Eigenhandel des Emittenten i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG. Der Begriff des Eigenhandels umfasst seinerseits vier mögliche Tätigkeitsvarianten. Nach Variante a) ist „das kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten […] für eigene Rechnung“ als Finanzdienstleistung anzusehen. ICOs sind im Wiederspruch hierzu jedoch auf eine einmalige Finanzierungsrunde ausgelegt.332 Von Kontinuität kann daher nicht gesprochen werden. Aus demselben Grund kommt auch Variante b) nicht in Betracht, die das „häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems“ umfasst. Als Hochfrequenzhandel im Sinne der Tatbestandsvariante d) können ICOs ebenfalls nicht angesehen werden. Nach Variante c) ist schließlich das „Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere“ als Eigenhandel anzusehen. Unter dem Tatbestand des Eigenhandels als Dienstleistung für andere versteht man, den Anoder Verkauf von Finanzinstrumenten im eigenen Namen und für eigene Rechnung, um den Kunden an den erwirtschafteten Gewinnen zwischen Kauf- und Verkaufspreis zu beteiligen.333 In Abgrenzung zum Finanzkommissionsgeschäft agiert die Bank jedoch nicht als Kommissionär, sondern tritt dem Kunden als Käufer bzw. Verkäufer der Finanzinstrumente gegenüber.334 Auch hierbei ist jedoch entscheidend, dass der Tätigkeit der Bank Dienstleistungscharakter für Dritte zukommt, nämlich, indem er dem Kunden einen Zugang zum Markt mit dem Emittenten eröffnet oder erhält.335 Der fehlende Charakter als Dienstleistung für Dritte schließt daher die Erlaubnispflicht für die Durchführung von ICOs grundsätzlich aus.

331 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 137; Spindler, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankR, Kap. 33 Rn. 44; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 83; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 178. 332 Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 12; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 95; Spindler, WM 2018, 2109, 2110; Weitnauer, BKR 2018, 231, 236. 333 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 166 f.; Bergmann, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, BankR, Kap. 36 Rn. 21; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 127 Rn. 40; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 182. 334 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 169; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 56. 335 Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 56; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 124; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1365 f.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

c) Tokens als Anlageverwaltung Eine Ausnahme im Verhältnis zum soeben Erläuterten können Debt Tokens und bestimmte gesellschafterähnliche Tokens darstellen. Häufig sind diese mit dem Recht verbunden, künftige Investitionen vorzuschlagen und zu beschließen. Das prominenteste Beispiel hierfür war der DAO-ICO. Derartige gesellschafterähnliche Tokens unterscheiden sich von anderen ICOs dadurch, dass die spezifische Ausgestaltung ein Investment-Netzwerk, also eine Organisationsform336 zwischen Anleger und Emittent, entstehen lässt. Diese Organisation investiert ihrerseits in andere ICOs. Sie fungiert daher gerade als eine Art zwischengeschalteter Intermediär zwischen der aus Unternehmen und Anleger gebildeten Organisationsform und den Emittenten anderer ICOs. In diesem Fall könnte also die Grundkonzeption der Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen gegeben sein. Insbesondere, kann es sich hierbei um die Finanzdienstleistung der Anlageverwaltung nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 11 KWG handeln. Erforderlich hierfür ist zunächst das Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten.337 Dieses Erfordernis ist grundsätzlich dann erfüllt, wenn die Organisation seinerseits in ICOs investiert, deren Tokens als Finanzinstrument anzusehen sind. Als Finanzinstrumente im Sinne des KWG gelten unter anderem Wertpapiere (Aktien und Schuldtiteln ähnelnde Instrumente), Vermögensanlagen und Anteile an einem Investmentvermögen (vgl. § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1, 2, 3 und 5 KWG). Es gilt das oben Ausgeführte zur Einordnung von Coins und Tokens unter diese Begriffe. Weiterhin muss die Anlage für eine Vielzahl von natürlichen Personen als Anleger erfolgen338, was bei ICOs für gewöhnlich der Fall ist. Entscheidend für die Bewertung, ob eine erlaubnispflichtige Anlageverwaltung bei gesellschaftsähnlichen Tokens vorliegt, ist die Kompetenz- und Gewinnverteilung zwischen den Anlegern und der Organisationsform. Die Dienstleistung der Anlageverwaltung ist nämlich darauf ausgelegt, dass die Anleger rein passiv von der Wertentwicklung der Finanzinstrumente partizipieren, in welche die Organisation investiert hat.339 Dies ist gerade nicht der Fall, wenn die Anlage der Investoren dem Zweck diente, aktive Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Investitionsent336 Zur gesellschaftsrechtlichen Einordnung von DAOs, siehe Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 129 „Decentralized Autonomous Organization (DAO)“ (144. EL 10/2018); Mann, NZG 2017, 1014 ff.; Sattler, BB 2018, 2243, 2250. 337 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 193; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 64; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 153; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 12.20; Voge, WM 2010, 913, 915. 338 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 195; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 62; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 154 f.; Voge, WM 2010, 913, 915. 339 Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 156; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 180.

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scheidungen zu erhalten.340 Denn wenn die Anleger die Entscheidungsgewalt über die Investitionen wahrnehmen, besteht auch kein Bedürfnis nach einem Erlaubnisvorbehalt in Bezug auf die zwischengeschaltete Organisation. Entscheidend ist daher, welcher Akteur den bei dieser zwischengeschalteten Organisation verbleibenden Entscheidungsspielraum ausübt.341 Abzugrenzen ist hierbei nach dem Schwerpunkt der Investition in die emittierten, gesellschafterähnlichen Token.342 Auf die durch den ICO entstehende Organisation haben sowohl der Emittent als auch der Anleger Einfluss. Der Emittent übt einen solchen aus, indem er den zugrundeliegenden Smart Contract programmiert und hiermit die Grundzüge der Governance-Struktur vorgibt. Der Anleger nimmt demgegenüber Einfluss auf die Organisationsform durch die Ausübung seiner Stimmrechte. Ob die Investitionen der Anleger nun schwerpunktmäßig auf die passive Partizipation an den Wertentwicklungen der Investitionen der Organisation oder auf die Ausübung eines eigenen Einflusses ausgerichtet sind, ist entscheidend durch die konkrete Governance Struktur der dezentralen Organisation geprägt. Bei The DAO waren die TokenInhaber berechtigt, selbst Investitionsvorschläge abzugeben. Die Anleger nahmen also gestalterisch Einfluss auf die Geschäfte der Organisation. In solchen Fällen überwiegt die Ausübung von Einfluss auf die Geschäftstätigkeit. Allerdings wurden schon bei The DAO sogenannten „Kuratoren“ vom Emittenten eingesetzt, die die Vorschläge der Anleger filterten und nur bestimmte Vorschläge zur Abstimmung zuließen.343 In konsequenter Weiterführung dieses Gedankens wäre auch die Ausgestaltung eines vergleichbaren ICOs denkbar, bei dem ausschließlich vom Emittenten ausgewählte Personen Abstimmungsvorschläge unterbreiten könnten. Nach Ansicht der BaFin ist in solchen Fällen Anlageverwaltung gegeben, wenn den Anlegern in Hinblick auf die Investitionsentscheidung ein Vetorecht zusteht, nicht jedoch, wenn die Entscheidung der Organisation lediglich unter Zustimmungsvorbehalt steht.344 Dies überzeugt. Denn immer dann, wenn die Investitionsentscheidungen durch Ausübung von Gestaltungsrechten positiv durch die Anleger bestimmt werden können, überwiegt die Einflussfunktion. Sind die Möglichkeiten der Einflussnahme der Anleger jedoch rein destruktiv ausgestaltet, überwiegt die Gestaltungsfunktion der Emittenten. In letzterem Fall ist die Anlage also durch die bloß passive Partizipation der Anleger geprägt. 340 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 196; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 156; Voge, WM 2010, 913, 915 f. 341 Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 63; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 157; Voge, WM 2010, 913, 915 f. 342 Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 158; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 180; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 12.20. 343 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 91; Langenbucher, AcP 2018, 385, 420; Sattler, BB 2018, 2243, 2250 (Fn. 119); Spindler, WM 2018, 2109, 2110. 344 BaFin v. 13. 10. 2011 (Stand: 26. 07. 2013), Merkblatt Anlageverwaltung, S. 4 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/7866852).

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Sind die Rechte, welche der entsprechende gesellschafterähnliche Token repräsentiert, in diesem Sinne ausgestaltet, liegt daher die erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung der Anlageverwaltung i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 11 KWG vor. In Betracht kommt dies insbesondere bei Debt Tokens, die zur Partizipation an einem eben beschriebenen Investitions-Netzwerk berechtigen. Bei mitgliedschaftlichen Tokens kommt es wiederum auf die Art der Befugnisse an, die diese repräsentieren. Hierbei können sich Überschneidungen zur Einordnung als Anteil an einem Investmentvermögen ergeben, denn auch dies setzt das Vorliegen eines derartigen Investment-Netzwerks voraus, auf welches die Anleger keinen bestimmenden Einfluss nehmen können. In diesem Zusammenhang gilt, dass die Einordnung als Anlageverwaltung subsidiär zur Einordnung als Verwaltung eines Investmentvermögens anzusehen ist. Denn Anlageverwaltung kann nur dann gegeben sein, wenn es sich nicht gleichzeitig um einen solchen Anteil an einem Investmentvermögen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB handelt.345 d) Eigengeschäft Eine weitere Ausnahme zur Konzeption des Dreipersonenverhältnisses unter Einschaltung eines Intermediärs kann das erlaubnispflichtige Eigengeschäft darstellen, welches keinen Kundenbezug aufweist.346 Nach § 1 Abs. 1a Satz 3 KWG gilt der Handel mit Finanzinstrumenten, auch ohne Vorliegen eines Dienstleistungscharakters, als Finanzdienstleistung.347 Im Unterschied zum Eigenhandel ist das Eigengeschäft nicht durch einen Kunden veranlasst worden, sondern erfolgt ausschließlich im eigenen Interesse.348 Unternehmen, die einen ICO durchführen, veräußern je nach Ausgestaltung des Tokens Finanzinstrumente. Hierbei agieren sie ausschließlich aus eigenem Finanzierungsbedürfnis und nicht etwa, um Kundeninteressen zu entsprechen. Hiernach werden ICOs also als Eigengeschäft aufgefasst. Die Durchbrechung der grundlegen Konzeption ist jedoch mit korrespondierenden Einschränkungen der Erlaubnispflichtigkeit verbunden. Denn die systematischen Unterschiede des Eigengeschäfts i.S.d. § 1 Abs. 1a Sätze 3 – 5 KWG zu den übrigen erlaubnispflichtigen Geschäftstypen, ergeben sich aufgrund der Erkenntnisse der Finanzkrise. Die Erlaubnispflichtigkeit des Eigengeschäfts ist sowohl von 345 Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 61; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 155a; Köhler, in: Schwintowski, BankR, Kap. 5 Rn. 180. 346 Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 59; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 160e; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 12.19. 347 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 203; Terlau, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 169; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 126; v. Kann/Rosak, BB 2013, 1475, 1477. 348 Weber/Seifert, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 59; Seiler/Geier, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, §104 Rn. 8; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 126.

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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Aspekten des Anlegerschutzes als auch des Systemschutzes geprägt.349 Mögliche Verluste aus dem vergleichsweise risikobehafteten Handel mit Finanzinstrumenten sollen nicht auf die von den Instituten verwalteten Mittel der Kunden durchschlagen.350 Im Unterschied zu den restlichen erlaubnispflichten Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften wird daher nicht ein Intermediär mit der Erlaubnispflicht belastet, sondern der Emittent der Finanzinstrumente selbst. Die mit der Erlaubnispflicht adressierten Probleme der Eigengeschäfte stellen sich jedoch hauptsächlich dann, wenn diese einen gewissen Umfang oder eine gewisse Relevanz für das Gesamtsystem der Kreditwirtschaft aufweisen.351 Demzufolge gelten Eigengeschäfte nur dann als erlaubnispflichtig, wenn sie von Unternehmen betrieben werden, die einer bestimmten Gruppe von systemrelevanten Instituten zugehörig sind.352 Dies ist dann gegeben, wenn das emittierende Unternehmen zu einer Institutsgruppe, einer Finanzholdinggruppe, einer gemischten Finanzholdinggruppe oder einem Finanzkonglomerat gehört, dem zugleich neben dem Emittenten ein CRR-Kreditinstitut angehört.353 CRR-Kreditinstitute sind solche Unternehmen, deren „Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite auf eigene Rechnung zu gewähren“ (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR). Wie bereits beschrieben, sind ICOs jedoch nicht als Einlagengeschäft zu qualifizieren. Der Emittent eines ICOs selbst, stellt daher kein derartiges CRR-Institut dar. Im Übrigen ist es durchaus denkbar, dass Initiatoren einem derartigen systemrelevanten Zirkel von Instituten angehören, z. B. wenn sie Kooperationen mit etablierten Kreditinstituten eingehen. Häufig wird eine derartige Konstellation jedoch nicht vorliegen. Ein Eigengeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 3 KWG liegt daher in der Regel nicht vor. 4. Zwischenergebnis Somit handelt es sich bei ICOs für gewöhnlich nicht um ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft oder eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung. Ausnahmsweise können jedoch bestimmte Tokens des Modells 4 dem Begriff der Anlagenverwaltung gem. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 11 KWG unterfallen. In diesem Fall liegt dann eine erlaubnispflichtige Tätigkeit vor. Da ICO-Emittenten auch eine gewerbliche Tätigkeit im Inland erbringen, müssten sie eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG bei 349

Vgl. Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 160d; v. Kann/Rosak, BB 2013, 1475, 1476. 350 BT-Drs. 17/12601, S. 27. 351 BT-Drs. 17/12601, S. 1 f. 352 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 202; Fischer/Boegl, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 127 Rn. 41; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 160 g. 353 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 202; Weber/Seifert, in: Luz/ Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber, KWG, Bd. I, § 1 Rn. 77; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 Rn. 160 g.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

der BaFin beantragen, sofern sie einen derartig gestalteten, gesellschafterähnlichen Token emittieren wollen.

III. Erlaubnisvorbehalt nach § 20 Abs. 1 KAGB Nach § 20 Abs. 1 KAGB bedarf auch der Geschäftsbetrieb von Kapitalverwaltungsgesellschaften der schriftlichen Erlaubnis der BaFin. Die emittierten Tokens müssten in diesem Zusammenhang als Anteil an einem Investmentvermögen ausgestaltet sein. Parallel zum Erlaubnisvorbehalt des KWG dient die Vorschrift dem Vertrauens- und Funktionsschutz, indem sichergestellt wird, dass nur solche Unternehmen Investmentgeschäfte betreiben, die dauerhaft über die hierfür notwendige fachliche und personelle Ausstattung verfügen.354 Auch im Übrigen ähnelt die Erlaubnispflicht derjenigen des KWG. Es handelt sich ebenfalls um einen begünstigenden Verwaltungsakt, auf dessen Erlass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch besteht.355 Auch die Erlaubnis nach dem KAGB muss grundsätzlich vor Aufnahme der Tätigkeit eingeholt werden.356 Der Erlaubnispflicht unterfallen sowohl AIF als auch OGAW, jedoch gelten unterschiedliche Erfordernisse für die Erlaubniserteilung.357 1. Verhältnis zum Erlaubnisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 KWG Nach moderner Konzeption sollen Investmentrecht und Bankrecht voneinander abgetrennt werden, weshalb keine kumulative Anwendung der Rechtsgrundlagen erfolgt, sondern das KAGB dem KWG grundsätzlich als spezielleres Gesetz vorgeht.358 Dies gilt auch für die Erlaubnispflicht. Unternehmen, die nach § 20 Abs. 1 KAGB erlaubnispflichtig sind, bedürfen keiner zusätzlichen Erlaubnis nach § 32

354 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 20 Rn. 4; Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 20 KAGB Rn. 2; Schücking, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 20 KAGB Rn. 18; Winterhalder/Weitnauer, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 20 Rn. 3. 355 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 20 Rn. 5; Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 20 KAGB Rn. 2; Schücking, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 20 KAGB Rn. 3; Winterhalder/Weitnauer, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 20 Rn. 16. 356 Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 20 KAGB Rn. 2; Schücking, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 20 KAGB Rn. 19; Winterhalder/Weitnauer, in: Weitnauer/ Boxberger/Anders, KAGB, § 20 Rn. 16. 357 Winterhalder/Weitnauer, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 20 Rn. 1 f.; Burgard/Heimann, WM 2014, 821, 828. 358 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 20 Rn. 9; Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 6 f.; Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 23 f.

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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Abs. 1 KWG.359 Dies entspricht auch dem soeben dargelegten Verhältnis von Anlagenverwaltung zum Begriff des Investmentvermögens. Gleichzeitig gilt allerdings, dass Unternehmen, die aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit eine KAGB-Erlaubnis benötigen, die hierfür notwendigen Voraussetzungen jedoch nicht erfüllen, ihr Geschäft nicht mittels einer KWG-Erlaubnis betreiben dürfen.360 2. Kapitalverwaltungsgesellschaft Voraussetzung für die Einschlägigkeit der Erlaubnispflicht ist, dass eine Kapitalverwaltungsgesellschaft vorliegt. Kapitalverwaltungsgesellschaften sind nach der Legaldefinition des § 17 Abs. 1 Satz 1 KAGB alle „Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz und Hauptverwaltung im Inland, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIF zu verwalten“. a) Unternehmenseigenschaft Nur Unternehmen können Kapitalverwaltungsgesellschaft nach § 17 Abs. 1 KAGB sein. Die unionsrechtliche Vorgabe geht vom engeren Begriff der juristischen Person aus (vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. b) AIFM-RL). Darüber hinaus gelten besondere Rechtsformzwänge, die jedoch für das Vorliegen der Erlaubnispflicht unerheblich sind.361 Nach dem, dem KAGB zugrundeliegenden, materiellen Fondsbegriff liegt ein Unternehmen im Sinne der Norm bei einer mit tatsächlichen und personellen Mitteln ausgestatteten Einrichtung vor.362 Zwar wurden bereits ICOs von lediglich lose zusammenarbeitenden Entwicklergruppen durchgeführt, dies ist jedoch eine absolute Ausnahme. In der überwiegenden Anzahl der ICOs steht eine solche Einrichtung hinter der Emission der Tokens. Bereits die betriebswirtschaftlichen Anforderungen erfordern eine gemeinschaftliche Organisation als Unternehmen. Diese Voraussetzung der Erlaubnispflicht ist also, wenige Ausnahmefälle außer Acht gelassen, gegeben.

359

Müller-Grune, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 32 Rn. 22 (178. EL 04/2015); Schücking, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 20 KAGB Rn. 9; Winterhalder/Weitnauer, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 20 Rn. 5; Solms-Laubach/Mihova, DStR 2015, 1872, 1875. 360 Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 27; Solms-Laubach/ Mihova, DStR 2015, 1872, 1875. 361 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 17 Rn. 7; Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 8. 362 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 17 Rn. 5; Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 11; Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 9.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Erteilt werden kann die Erlaubnis jedoch nur bei Einhaltung der soeben angesprochenen Rechtsformzwänge (§ 23 Nr. 11 KAGB).363 Externe Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen gem. § 18 Abs. 1 KAGB als AG, GmbH oder GmbH & Co. KG organisiert sein. Interne Kapitalverwaltungsgesellschaften, also solche Investmentvermögen, die sich durch ihre Organe selbst verwalten und keine externe Verwaltungsgesellschaft bestellen364, müssen als Investmentgesellschaft organisiert sein. Investmentgesellschaften können ihrerseits jedoch ausschließlich als Investment-KG oder Investment-AG tätig werden.365 Diese Vorgaben sind auch für ICOEmittenten einzuhalten. b) Sitz und Hauptverwaltung im Inland § 17 Abs. 1 Satz 1 KAGB fordert ausdrücklich, dass sich der satzungsmäßige Sitz und die Hauptverwaltung im Inland befinden müssen, damit eine Kapitalverwaltungsgesellschaft vorliegen könne. Entgegen des Wortlauts der Vorschrift, welcher eine Kumulation fordert, ist für den Erlaubnisvorbehalt lediglich erforderlich, dass sich Sitz oder Hauptverwaltung des Unternehmens im Inland befinden.366 Dies ergibt sich anhand einer systematischen Auslegung des KAGB. Denn nach § 23 Nr. 7 KAGB bzw. § 39 Abs. 3 Nr. 3 KAGB kann die BaFin die Erlaubnis verweigern bzw. aufheben, wenn sich Sitz oder Hauptverwaltung nicht im Inland befinden oder ins Ausland verlegt werden. Notwendigerweise ergibt sich hieraus, dass in diesen Fällen eine Kapitalverwaltungsgesellschaft zwar nicht erlaubnisfähig ist, aber dennoch vorliegt.367 Als Sitz einer Kapitalverwaltungsgesellschaft ist hierbei der in Satzung oder Gesellschaftsvertrag vereinbarte Ort anzusehen.368 Der Ort der Hauptverwaltung ist der Ort, an dem der wesentliche Teil des Verwaltungsaufwandes bearbeitet wird.369 Emittenten, deren ICO die sonstigen Voraussetzungen der Erlaubnispflicht 363 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 17 Rn. 7; Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 8. 364 Döser, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 17 KAGB Rn. 1; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/ Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 55; Zetzsche/Preiner, WM 2013, 2101, 2102. 365 Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 15; Vollhard/Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 54; Zetzsche/Preiner, WM 2013, 2101, 2102. 366 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 17 Rn. 10; Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 12; Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 11; a.A. Schücking, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 30 ff. 367 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 17 Rn. 10; Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 12; Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 11. 368 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 17 Rn. 9; Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 15; Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 12. 369 Wieland, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 17 Rn. 9; Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 16; Winterhalder, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 17 Rn. 12.

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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erfüllt, müssen also sowohl ihren Sitz als auch ihre Hauptverwaltung im Inland haben um die Erlaubnis nach § 20 Abs. 1 KAGB zu erlangen, jedoch nur eins von beidem aufweisen, um der Erlaubnispflichtigkeit zu unterfallen. Wie bereits beschrieben wurde, zeichnen sich ICOs durch ihre Internationalität aus. Unternehmen sitzen oftmals nicht in Deutschland, machen ihren ICO jedoch dennoch über das Internet für Anleger aus der ganzen Welt zugänglich. Wollen inländische Kapitalverwaltungsgesellschaften Investmentvermögen im EWR-Gebiet vertreiben, müssen sie diese Absicht, sowie weitere Informationen der BaFin anzeigen, die dies der Aufsichtsbehörde des entsprechenden Mitgliedstaates übermittelt (§ 53 Abs. 1 und 3 KAGB). Eine zusätzliche Erlaubnis der ausländischen Aufsichtsbehörde ist nicht erforderlich (sog. „Europäischer Verwaltungspass“).370 Im umgekehrten Fall erlaubt § 54 Abs. 1 KAGB Kapitalverwaltungsgesellschaften mit Sitz in einem ausländischen EWR-Mitgliedsstaat die Verwaltung von Investmentvermögen im Inland. Zu beachten gilt weiterhin, dass der nationale Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung der AIFM-RL die Geltung des Verwaltungspasses für ausländische Betreiber auf Spezial-AIFs beschränkt hat.371 In Abgrenzung zu Publikums-AIF können diese ausschließlich von professionellen und semi-professionellen Anlegern erworben werden (§ 1 Abs. 6 Satz 1 KAGB). Diese Beschränkung wird teilweise als europarechtswidrig bewertet.372 Nichtsdestotrotz gilt de lege lata, dass die grenzüberschreitende Verwaltung von Publikums-AIF in Deutschland nicht möglich ist.373 Daher können offen zugängliche ICOs, deren emittierte Tokens einen Anteil an einem Investmentvermögen darstellen, von Emittenten ohne Sitz in Deutschland im Inland nicht rechtmäßig durchgeführt werden. Möglich wäre es jedoch für die ausländische Kapitalverwaltungsgesellschaft, den ICO ausschließlich für institutionelle Anleger zu öffnen. Emittenten mit Sitz in einem Staat außerhalb des EWR kommen für den EU-Verwaltungspass ohnehin nicht in Frage und bedürfen nach § 58 KAGB einer gesonderten Erlaubniserteilung durch die BaFin.

370

München/Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 53 Rn. 4; Geurts, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, Vor §§ 53 – 67 KAGB Rn. 2; Patzner/Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 53 KAGB Rn. 1. 371 Patzner/Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 54 KAGB Rn. 5; Wilkowski/Grulke, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 54 Rn. 8. 372 Vgl. Geurts, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 54 KAGB Rn. 19; Wilkowski/Grulke, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 54 Rn. 9; ohne erkennbare europarechtliche Bedenken hingegen München/Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 54 Rn. 8. 373 München/Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 54 Rn. 8; Patzner/ Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 54 KAGB Rn. 5; Wilkowski/Grulke, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 54 Rn. 9 f.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

c) Geschäftsbetrieb als Verwaltung eines Investmentvermögens Eine Kapitalverwaltungsgesellschaft bedarf nur dann der Erlaubnis, wenn sie auch den Geschäftsbetrieb aufnehmen will. Dies setzt voraus, dass der Emittent ein Investmentvermögen in unternehmerischer Art und Weise verwaltet.374 Dieser Geschäftsbetrieb muss auf die Verwaltung eines Investmentvermögens gerichtet sein. Dies setzt gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 KAGB voraus, dass die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement für mindestens ein Investmentvermögen erbracht wird. Das Ausführen von einer dieser beiden Tätigkeiten sorgt also dafür, dass eine Kapitalverwaltungsgesellschaft vorliegt, die dem Erlaubnisvorbehalt unterfällt.375 Erst wenn beide Tätigkeiten erbracht werden, ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft jedoch erlaubnisfähig (§ 23 Nr. 10 KAGB). Soweit die Tokens einen Anteil an einem Investmentvermögen repräsentieren, verwalten die Emittenten im Anschluss das eingesammelte Kapital und legen dieses im Sinne der Investoren an. Sie haben daher die Kontrolle über den Umgang mit dem Investmentvermögen sowie über das Eingehen von Risiken. Im Regelfall ist also davon auszugehen, dass die Emittenten von als Anteil an einem Investmentvermögen ausgestalteten Tokens im Anschluss auch dessen Verwaltung als geschäftliche Betätigung ausüben. d) Zwischenergebnis Die Ausgestaltung von Tokens i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB ist (bisher) eher selten. Sofern jedoch eine solche Gestaltung gewählt wird, handelt es sich bei dem emittierenden Unternehmen in aller Regel auch um eine Kapitalverwaltungsgesellschaft i.S.d. § 17 Abs. 1 KAGB. 3. Ausnahmen Schließlich gelten die Ausnahmevorschriften des § 2 KAGB zu beachten. Auch hierbei lassen sich jedoch kaum verallgemeinernde Aussagen zu ICOs treffen. Stattdessen ist stets im Einzelfall zu bestimmen, ob die Ausnahmetatbestände greifen. Die Erlaubnispflicht würde zunächst für solche Kapitalverwaltungsgesellschaften nicht gelten, die ausschließlich Spezial-AIF verwalten, deren verwaltete Vermögenswerte nicht über 100 Millionen Euro wert sind (§ 2 Abs. 4 Satz 2 KAGB). In absoluten Spezialfällen mag diese Ausnahme denkbar sein, in der Praxis ist der Erwerb jedoch fast immer für eine breite Öffentlichkeit zugänglich, weswegen bereits keine Spezial-AIF vorliegen.376 Aus demselben Grund scheidet der Ausnah374

Schücking, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 20 KAGB Rn. 16. Bentele, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 20; Schücking, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 17 KAGB Rn. 48; Döser, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 17 KAGB Rn. 2; Zetzsche/Preiner, WM 2013, 2101, 2101. 376 Vgl. Jesch, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 54; Schneider-Deters, in: Patzner/Döser/Kempf, InvR, § 1 KAGB Rn. 33; Weitnauer, BKR 2018, 231, 234. 375

C. Bestehen einer Erlaubnispflicht

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metatbestand des § 2 Abs. 5 KAGB normalerweise aus. Nach § 2 Abs. 4a Satz 1 KAGB greift die Erlaubnispflicht nicht für solche internen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften, die zwar Publikums-AIF verwalten, an denen jedoch nicht mehr als fünf natürliche Personen beteiligt sind. Auch diese Möglichkeit ist bei Durchführung eines ICOs praktisch nicht gegeben. Die Ausnahmevorschriften des § 2 KAGB sind daher nur im absoluten Ausnahmefall auf ICO-Emittenten anwendbar.377 4. Zwischenergebnis Emittenten, die als Kapitalverwaltungsgesellschaft einzustufen sind, müssen, bevor sie den ICO durchführen, eine Erlaubnis der BaFin einholen (§ 20 Abs. 1 KAGB), es sei denn die Unternehmen sind Inhaber eines Europäischen Passes. Die notwendigen Voraussetzungen, um eine derartige Erlaubnis zu erhalten, gehen jedoch unter Umständen über die Voraussetzungen hinaus, die notwendig sind, um als Kapitalverwaltungsgesellschaft eingeordnet zu werden. Ob Emittenten diese erfüllen, lässt sich nicht pauschalisieren und ist in jedem Einzelfall gesondert zu überprüfen. Die ESMA geht jedoch zumindest davon aus, dass dies möglich ist.378

IV. Erlaubnisvorbehalt nach § 10 Abs. 1 ZAG/§ 11 Abs. 1 ZAG Auch das ZAG kennt das aufsichtsrechtliche Mittel des Erlaubnisvorbehalts. Gem. § 10 Abs. 1 ZAG bedarf der Erbringer von Zahlungsdiensten der Erlaubnis, sofern er selbst nicht bereits als Zahlungsdienstleister anzusehen ist. § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG enthält einen Katalog der verschiedenen Zahlungsdienste. Allen diesen Katalogtatbeständen ist jedoch gemeinsam, dass sie auf die Übertragung eines inoder ausländischen gesetzlichen Zahlungsmittels gerichtet sind.379 Private Währungseinheiten sind nicht erfasst.380 Hiernach können Tokens aller Arten nach geltendem Recht nicht Gegenstand ebensolcher Zahlungsdienste sein. Weiterhin bedarf auch derjenige einer Erlaubnis, der E-Geld-Geschäfte anbieten möchte, ohne bereits E-Geld-Emittent zu sein (§ 11 Abs. 1 ZAG). E-Geld-Geschäft 377

Ebenso Weitnauer, BKR 2018, 231, 234 f. ESMA v. 13. November 2017, ESMA alerts firms involved in Initial Coin Offerings (ICOs) to the need to meet relevant regulatory requirements, S. 2 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma50-157-828_ico_state ment_firms.pdf). 379 Casper, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1 Rn. 17; Findeisen, in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe, ZahlungsverkehrsR, § 1 ZAG Rn. 156; Aschenbeck/Drefke, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 5 Rn. 254; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 ZAG Rn. 20; Keding, WM 2018, 64, 69. 380 Casper, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1 Rn. 18; Findeisen, in: Ellenberger/Findeisen/ Nobbe, ZahlungsverkehrsR, § 1 ZAG Rn. 161; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1 ZAG Rn. 21; ähnlich Aschenbeck/Drefke, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 5 Rn. 248. 378

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meint die Ausgabe von E-Geld (§ 1 Abs. 2 Satz 2 ZAG). Da die bei einem ICO emittierten Tokens gerade nicht als E-Geld anzusehen sind kann auch dieser Erlaubnisvorbehalt bei ICOs keine Wirkung entfalten.

V. Ergebnis Im Ergebnis gilt, dass die Durchführung eines ICOs in den meisten Fällen keine Erlaubnispflicht auslöst. Bankerlaubnistatbestände i.S.d. § 32 Abs. 1 KWG setzen für gewöhnlich eine Intermediärskonstellation voraus, die bei ICOs gerade nicht vorliegt. Als Ausnahme hierzu ist die Emission von Tokens zu behandeln, die im Anschluss eine dezentrale Organisation begründen, die ihrerseits wieder Investitionen mit dem durch den ICO eingesammelten Kapital tätigt. Je nachdem, ob diese Tokens im Einzelfall als Anteil an einem Investmentvermögen ausgestaltet sind, unterfallen sie der Erlaubnispflicht des § 20 Abs. 1 KAGB oder anderenfalls dem Erlaubnisvorbehalt des § 32 Abs. 1 KWG. Solche Gestaltungen sind jedoch nicht die Regel. Da im Übrigen Tokens weder als gesetzliche Zahlungsmittel noch als E-Geld zu qualifizieren sind, scheiden auch die zahlungsdienstlichen Erlaubnistatbestände nach §§ 10, 11 ZAG aus.

D. Bestehen einer Prospektpflicht Weiterhin können ICO-Emittenten auch dem herkömmlichen, kapitalmarktrechtlichen Mittel der Prospektpflicht unterfallen. Die Prospektpflichten stellen dabei jedoch nur ein Instrument des bestehenden Publizitätsregimes dar. Sie zielen grundsätzlich auf den Primärmarkt ab, wobei sie in dessen Rahmen eine ordnungsgemäße Preisbildung ermöglichen sollen.381 Die Prospektpflichten stellen ebenfalls eine Beschränkung des Zugangs zum Kapitalmarkt dar, die folglich in ökonomischer Hinsicht durch überwiegende positive Auswirkungen gerechtfertigt werden muss.382 Ergänzt werden die Prospektpflichten durch Mittel der Publizität und Information im Rahmen des Sekundärmarktes. Hierzu gehört das Veröffentlichen von Insiderinformationen (Art. 17 MAR bzw. § 26 WpHG), von regelmäßigen Finanzberichten und Jahresabschlüssen sowie zusätzliche, besondere Mitteilungspflichten (vgl. §§ 38 ff. WpHG).383 Im Rahmen des ICO-Marktes, der einen Primärmarkt darstellt, können diese jedoch konsequenterweise keine Verbesserungen für Funktions- und Anlegerschutz bedeuten. 381 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.171; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.246; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 33; Thomale, NZG 2018, 1007, 1008. 382 Vgl. Holzborn, in: Holzborn, WpPG, Einleitung Rn. 15; Schulz, NZG 2018, 921, 922; Voß, ZBB 2018, 305, 307 f. 383 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.172 ff.; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.11; Bumke, DV 2008, 227, 252 f.; Mülbert, WM 2001, 2085, 2098 f.; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 33; Thomale, NZG 2018, 1007, 1008.

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I. Ökonomischer Hintergrund von Prospektpflichten Prospektpflichten gelten als das zentrale Mittel des Kapitalmarktrechts, um Informationsasymmetrien zulasten der Anleger abzuschwächen. In diesem Sinne dienen Prospekte in erster Linie der Preisbildung auf dem Kapitalmarkt, indem sie alle hierfür relevanten Informationen offenlegen. Erst wenn Anleger Informationen über alle den Wert eines Finanzinstruments beeinflussende Faktoren haben, können sie die Höhe ihrer Zahlungsbereitschaft quantifizieren.384 Bei einer erstmaligen Emission von Finanzinstrumenten besitzt jedoch das initiierende Unternehmen ein Monopol hinsichtlich dieser Informationen.385 Denn über die Grundlagen, Risiken und Chancen des Finanzinstruments kann außer dem Unternehmen selbst niemand Kenntnisse besitzen, da das Instrument bisher nicht zu Erfahrungswerten geführt hat. Finanzprodukte stellen unkörperliche Positionen dar, deren Güte sich aus der Möglichkeit eines zukünftigen Finanzwerts ergibt.386 Naturgemäß können sich Anleger also nicht von der Qualität des jeweiligen Produkts vergewissern, weswegen sie auf die veröffentlichten Informationen der Emittenten angewiesen sind. Im Rahmen von ICOs ist dieses Bedürfnis nach vertrauenswürdiger Information gleich in doppelter Hinsicht verstärkt. Zunächst sind – neben dem Finanzprodukt als solchem – auch die Emittenten als Start-ups für den Markt unbekannt, sodass gleichfalls kein Vertrauen in Hinblick auf das Unternehmen besteht. Des Weiteren ist das Anlagemittel ICO an sich mit Informationsdefiziten bei Anlegern verbunden. Denn dieses trifft mit dem hohen technischen Unverständnis der Anleger zusammen und weist rechtliche Unklarheiten und bisher nur eine kurze Anlagehistorie auf. Durch die Veröffentlichung der notwendigen Informationen in einem Prospekt wird es rational agierenden Anlegern hingegen ermöglicht, anhand der offengelegten Informationen ihre Zahlungsbereitschaft für ein bestimmtes Finanzmarktprodukt zu quantifizieren.387 Die so gewährleistete Preisbildung sorgt für eine effiziente Verteilung des Kapitals, da die Voraussetzungen der durch Coase beschriebenen Verhandlungslösung gegeben sind. Gleichzeitig wird der einzelne Anleger vor Fehlinvestitionen geschützt388, wodurch abermals das Zusammenspiel von Funktions- und 384 v. Ammon/Izzo-Wagner, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 164 KAGB Rn. 8; Martens/ Spiegelberg, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. II, § 57 Rn. 43; Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 6. Teil Rn. 67; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.243; Wiegel, Prospektrichtlinie und Prospektverordnung, S. 44 f.; Bumke, DV 2008, 227, 253; Mülbert, ZHR 2013, 177, 182; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 26. 385 Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 121; Möllers, AcP 2008, 1, 8. 386 Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.56; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 24. 387 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 6 VermAnlG Rn. 2; Holzborn, in: Holzborn, WpPG, Einleitung Rn. 15; Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 6. Teil Rn. 67; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 31; Möllers, AcP 2008, 1, 7; Mülbert, ZHR 2013, 177, 182. 388 Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 6. Teil Rn. 67; Wiegel, Prospektrichtlinie und Prospektverordnung, S. 79; Bumke, DV 2008, 227, 252 ff.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Anlegerschutz verdeutlicht wird. Ökonomisch rechtfertigt sich der Einsatz des Mittels Prospekt nach dem im Haftungsrecht entwickelten Prinzip des „cheapest cost avoider“389. Hiernach solle derjenige für die Abwehr oder den Ersatz eines Schadens verantwortlich sein, der den Eintritt dieses Schadens mit den geringsten Anstrengungen hätte verhindern können.390 In diesem Sinne wäre es zwar denkbar, Informationen als reguläre Ressource zu behandeln und bei deren Verteilung ebenfalls auf das Coase’sche Verhandlungsmodell vertrauen. Jeder einzelne Anleger müsste sich die Informationen, die er für eine rationale Anlageentscheidung benötigt, dann selbst beschaffen und für diese wiederum einen eigenständigen Nutzen quantifizieren. Hierfür würden jedoch jedem einzelnen Anleger Transaktionskosten für die Informationsbeschaffung entstehen. Die hierdurch für die Volkswirtschaft insgesamt entstehenden Transaktionskosten wären um ein vielfaches höher als die Kosten, welche dem Emittenten entstehen, um den Prospekt zu erstellen.391 Weiterhin würden hierdurch insbesondere private Anleger benachteiligt. Während institutionelle Investoren die Mittel und die Marktmacht haben, die für die Preisbemessung notwendigen Informationen über ein Verhandlungsmodell zu erhalten, steht diese Möglichkeit privaten Anlegern generell nicht offen. Auch wenn die Prospekterstellung für einzelne Unternehmen extrem hohe Kosten verursachen kann, ist die Prospektpflicht daher gesamtvolkswirtschaftlich betrachtet mit Effizienzgewinnen im Verhältnis zu einem reinem Verhandlungsmodell verbunden.392 Folglich ist der Emittent eines Finanzinstruments hinsichtlich der effizienzsteigernden Information des Primärmarkts als eben jener cheapest cost avoider anzusehen, weswegen die Prospektpflicht für den Emittenten aus ökonomischen Gründen gerechtfertigt ist. Dennoch sind die Prospektpflichten im Speziellen und die Informationspflichten im Allgemeinen nicht unumstritten. In neuerer ökonomischer Lehre werden hiergegen insbesondere die Folgen einer Überlastung der Möglichkeiten zur Informationsaufnahme der Anleger angeführt (sog. „information overload“).393 Die Lehre vom information overload geht davon aus, dass durchschnittliche Anleger nur einen gewisse Umfang an Informationen in ihrer Anlageentscheidung verarbeiten können.394 Übersteigt die angebotene Information hingegen die Aufnahmebereitschaft 389 Vgl. hierzu Hager, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 823 Rn. 14; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 402 f.; Gläßner, Beschränkung des Vertriebs von Finanzprodukten, S. 134 f.; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 252 ff.; Möllers, AcP 2008, 1, 10 f. 390 Oetker, in: MüKo BGB, Bd. II, § 249 Rn. 13; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 252. 391 Wackerbarth, in: Holzborn, WpPG, §§ 21 – 23 Rn. 14; Leyens, in: FS Schäfer, S. 161; Möllers, AcP 2008, 1, 10 f.; Mülbert, ZHR 2013, 177, 184. 392 Möllers, AcP 2008, 1, 10 f.; Mülbert, ZHR 2013, 177, 184. 393 Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 6. Teil Rn. 69; Klöhn, Behavioral Finance, S. 185; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.46 f.; Koch, BKR 2012, 485, 485 f.; Möllers, ZEuP 2016, 325, 333; Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 6 ff. 394 Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 6. Teil Rn. 69; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.46; Koch, BKR 2012, 485, 485; Möllers, ZEuP 2016, 325, 333; Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 6; Mülbert, ZHR 2013, 160, 170.

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des Anlegers, wirkt sich die Informationsbereitstellung insgesamt negativ aus. Denn anstatt dennoch möglichst viele Informationen zu verarbeiten, führt die Überforderung beim Anleger dazu, dass er insgesamt weniger Informationen in seine Anlageentscheidung einbezieht.395 Die zu umfangreiche Information im Prospekt hat diesen Erkenntnissen zufolge also gar negative Auswirkungen auf die Rationalität einer Anlageentscheidung. Um dem Problem des information overload zu begegnen, sind Emittenten verpflichtet, eine Zusammenfassung des Prospektinhalts von maximal sieben Seiten zu veröffentlichen (vgl. für den Wertpapierprospekt Art. 7 Prospekt-VO sowie Erwägungsgründe (28) – (33) Prospekt-VO). Die ökonomischen Vorteile der Prospektpflicht werden durch das an die Prospekterstellung anknüpfende Prospekthaftungsregime vervollständigt. Im Gegensatz zur Prospektpflicht sind die Vorschriften zur Prospekthaftung nicht unionsrechtlich vereinheitlicht.396 Die Haftungstatbestände des nationalen Rechts sind hierbei regelmäßig auf Kompensation des Teils des Erwerbspreises, welcher aufgrund der fehlerhaften Information nicht der gerechtfertigten Höhe entsprach, oder auf Rückabwicklung gerichtet (vgl. § 21 Abs. 1 und 2 WpPG).397 Der Anleger erhält also das von ihm ursprünglich in nicht angemessener Höhe investierte Kapital zurück. Als ökonomische Folge dieser Kompensation steht dem Anleger nun wieder Kapital zur Investition zur Verfügung, weshalb der Markt also trotz des erstmaligen Fehlschlags nach wie vor eine effiziente Kapitalallokation bewirken kann.398 Gleichzeitig dienen die Prospekthaftungstatbestände auch präventiven Zwecken.399 Wie bereits ausgeführt wurde, erkennt auch die Grundform der ökonomischen Analyse des Rechts an, dass Regeln und Gesetze nur dann einen Effekt aufweisen, wenn deren Nichtbefolgung tatsächlich mit erhöhten Kosten verbunden ist. Durch diesen Sanktionscharakter sichert die Prospekthaftung die positive Wirkung der Information durch die Prospekterstellung für die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts ab.400 Für ICO-Emittenten relevante Prospektpflichten und hiermit einhergehende Haftungsregime ergeben sich aus der Prospekt-VO, dem KAGB sowie dem VermAnlG.

395 Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 11.47; Howell, ECFR 2018, 69, 84 f.; Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 9 f.; Mülbert, ZHR 2013, 160, 170. 396 Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 270; Einsele, Bank- und KapitalmarktR, § 7 Rn. 57; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.248. 397 Kumpan, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 21 WpPG Rn. 9 f.; Einsele, Bank- und KapitalmarktR, § 7 Rn. 59 f.; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 20.299. 398 Mülbert, ZHR 2013, 160, 195 f. 399 Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 269; Wackerbarth, in: Holzborn, WpPG, §§ 21 – 23 Rn. 11. 400 Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 41.1; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 269; Bartsch, Effektives KapitalmarktR, S. 106 f.; Mülbert, ZHR 2013, 160, 194 f.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

II. Prospektpflicht nach Art. 3 Prospekt-VO Die geltenden Rechtsgrundlagen für die Prospektpflicht für Wertpapiere werden zur Zeit dieser Arbeit im Rahmen unionsrechtlicher Neuregulierung aktualisiert. Hierbei gilt zu beachten, dass die Prospektpflicht für Wertpapiere bereits seit längerem auf Vorgaben des EU-Gesetzgebers beruhen. Zunächst waren Vorgaben in Form einer Richtlinie maßgeblich, der Prospekt-RL. In Umsetzung dieser Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber am 22. Juni 2005 das Wertpapierprospektgesetz erlassen, welches am 1. Juli 2005 in Kraft getreten ist und – in eingeschränkter Weise – bis heute Geltung entfaltet. Die hierin enthaltene Prospektpflicht des § 3 Abs. 1 WpPG beruhte dabei auf Art. 3 Prospekt-RL.401 Der Inhalt eines solchen Prospekts wiederum wurde durch eine unmittelbar geltende Verordnung für alle Mitgliedstaaten einheitlich festgelegt – der Prospekt-VO 2004. Um die Effizienz des Prospektrechts weiter zu verbessern, jeder Art von Teilnehmern am Kapitalmarkt maßgeschneiderte Vorgaben bieten zu können und um gelegentlich zu beobachtende Unterscheidungen in der Auslegung der Prospekt-RL zu begegnen402, wurde zum 14. Juni 2017 eine weitere Verordnung beschlossen. Die neue Prospekt-VO ersetzt die Prospekt-RL (vgl. Art. 46 Prospekt-VO). Auch die sich unmittelbar auf die Prospekt-RL beziehende Prospekt-VO 2004 wird durch die Regelungen der Prospekt-VO bzw. neue, hierzu ergehende delegierte Verordnungen abgelöst.403 Schließlich kommt auch dem WpPG selbst nunmehr nur noch geringe unmittelbare Bedeutung zu. Denn seit dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens findet die Prospekt-VO als unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedstaaten Anwendung (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV). Das WpPG entfaltet jedoch insofern nach wie vor Wirkung, als es Spielräume des nationalen Gesetzgebers im Rahmen der Prospekt-VO umsetzt. Von diesen Spielräumen hat der deutsche Gesetzgeber durch Anpassung des WpPG Gebrauch gemacht.404 Hinsichtlich der Auswirkungen dieser historischen Entwicklung für ICOs gilt insbesondere dem sukzessiven Inkrafttreten der Prospekt-VO Aufmerksamkeit zu zollen. Denn vollumfänglich findet die Prospekt-VO erst seit dem 21. Juli 2019 Anwendung (vgl. Art. 49 Abs. 1 Prospekt-VO). Bereits vor diesem Zeitpunkt fanden jedoch etliche, unter Umständen auch sehr erfolgreiche ICOs statt. Allerdings gelten Vorschriften zu bestimmten Schwellenwerten oder Ausnahmetatbeständen bereits ab dem 21. Juli 2018 bzw. ab dem 20. Juli 2017. Dementsprechend galten für die ICOs vor dem 20. Juli 2017 ausschließlich die Vorschriften des WpPG und der Prospekt401 Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 112 Rn. 34; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 3 WpPG Rn. 1; Groß, KapitalmarktR, § 3 WpPG Rn. 1. 402 Vorschlag der Kommission zur VO (EU) 2017/1129, COM/2015/583, S. 2 f., 8. 403 Vgl. Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 36.2d; Einsele, Bank- und KapitalmarktR, § 7 Rn. 57. 404 Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze v. 10. 07. 2018, BGBl. 2018, I, S. 1102.

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VO 2004, während dies nach und nach durch die Prospekt-VO ergänzt oder ersetzt wurde. Für ICOs, die im Zeitpunkt dieser Arbeit oder danach durchgeführt werden, gelten ausschließlich die Regelungen der seit dem 21. Juli 2019 vollständig anwendbaren Prospekt-VO. Da diese Arbeit darauf abzielt, ein möglicherweise bestehendes Bedürfnis nach weitergehender Regulierung von ICOs zu evaluieren, soll dementsprechend auch nur die aktuelle Rechtslage untersucht werden. Grundlage der Untersuchung der wertpapierrechtlichen Prospektpflicht ist also die Prospekt-VO und die Prospekt-DVO sowie die im WpPG erfolgte Umsetzung bestimmter nationaler Optionsrechte. Ohnehin entspricht die Grundkonzeption der Prospektpflicht nach der neuen Prospekt-VO in weiten Teilen der früheren Rechtslage nach dem WpPG bzw. der Prospekt-RL i.V.m. der Prospekt-VO 2004. Nach wie vor gilt, dass Anbieter, die Wertpapiere im Rahmen eines öffentlichen Angebots emittieren wollen, zunächst einen Prospekt veröffentlichen müssen (Art. 3 Abs. 1 Prospekt-VO). Dasselbe gilt für die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt (Art. 3 Abs. 3 ProspektVO). Vor der Veröffentlichung muss der Prospekt von der zuständigen Behörde gebilligt werden (Art. 20 f. Prospekt-VO). Inhaltliche und formelle Anforderungen an die Prospekterstellung ergeben sich hierbei aus den Art. 6 ff., 13 ff. Prospekt-VO. Die Haftung der Emittenten für fehlerhafte Informationen im Rahmen der Prospekte richtet sich nach Art. 11 Prospekt-VO und den nationalen Vorschriften zur Prospekthaftung. Für ICOs relevante Neuerungen ergeben sich jedoch insbesondere für kleinere Emissionen. In diesem Rahmen gelten Ausnahmen und Erleichterungen von der Prospektpflicht (vgl. u. a. Art. 1 Abs. 4 und 5, 3 Abs. 2, 8 f., 15 Prospekt-VO). Adressat der Prospektpflicht und der Prospekthaftungstatbestände ist derjenige, der im Prospekt die Verantwortlichkeit für diesen übernimmt (vgl. § 21 WpPG). Dies kann im Rahmen von ICOs nur das wirtschaftlich hinter der Emission stehende Unternehmen sein, welches den jeweiligen ICO initiiert hat.405 Denn diese erhalten das erlöste Kapital und werden durch die mit den Tokens verknüpften Rechte verpflichtet. Die Programmierer des zugrundeliegenden Blockchain-Systems können hingegen nicht herangezogen werden, denn sie stellen regelmäßig nur die Software zur Verfügung, also das Mittel zur Durchführung des ICOs.406 Im Ergebnis unterfallen ICOs also dann der Prospektpflicht des Art. 3 ProspektVO, soweit es sich bei den emittierten Tokens um Wertpapiere handelt, einer der prospektpflichtigen Emissionstatbestände vorliegt, der räumliche Anwendungsbereich der Prospektpflicht erfüllt ist und keiner der Ausnahmetatbestände einschlägig ist.

405 Barsan, RTDF 2017 Nr. 3, 54, 62; Spindler, WM 2018, 2109, 2115; vgl. auch Schlitt/ Landschein, ZBB 2019, 103, 104. 406 Spindler, WM 2018, 2109, 2115.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

1. Tokens als Wertpapiere Der Wertpapierbegriff der Prospekt-VO bestimmt sich nach der Definition der MiFID II (Art. 2 lit. a) Prospekt-VO). Wie bereits ausführlich analysiert wurde, hängt die Einordnung als Wertpapier in diesem Zusammenhang von der Ausgestaltung der Tokens ab. Debt Tokens sowie mitgliedschaftliche Tokens sind als Wertpapier einzuordnen solange keine technischen Übertragungshindernisse vorliegen, während Currency Tokens als Zahlungsinstrumente nicht hierunter fallen. Bei Utility Tokens sowie Hybrid Tokens muss jeweils im Rahmen einer Einzelfallentscheidung zu einer Einordnung gelangt werden. 2. Prospektpflicht auslösende Tatbestände Die Prospekt-VO kennt zwei Verhaltensweisen, die beim jeweiligen Marktteilnehmer die Prospektpflicht auslösen können. Zum einen ist dies die Durchführung eines öffentlichen Angebots (Art. 3 Abs. 1 Prospekt-VO). Zum anderen bedarf auch die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem geregelten Markt der vorherigen Erstellung und Veröffentlichung eines Prospekts (Art. 3 Abs. 3 ProspektVO). a) ICO als öffentliches Angebot Die Prospekt-VO definiert den Begriff des öffentlichen Angebots als „eine Mitteilung an die Öffentlichkeit in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung jener Wertpapiere zu entscheiden“ (Art. 2 lit. d) ProspektVO). Diese Definition ist ausreichend weit gefasst407, um in einem dem oben beschriebenen Standardverlauf folgenden ICO stets ein derartiges öffentliches Angebot zu erkennen. Interessant ist hierbei lediglich der Zeitpunkt, in welchem bei einem ICO ein solches zu sehen ist. Hierbei gilt, dass die einzelnen Merkmale nicht gleichzeitig vorliegen, sondern lediglich von einem einheitlichen Geschehensablauf umfasst sein müssen.408 Dies ist gerade auch für ICOs relevant, denn diese finden häufig gestreckt über einen gewissen Zeitraum statt. Insbesondere Marketing- und Werbemaßnahmen erfolgen bereits in großen Zeitspannen vor der eigentlichen Möglichkeit an einem Token Sale teilzunehmen. Ein bloßes, allgemein formuliertes Bewerben einer Wertpapier-Emission ist hierbei allerdings nicht als öffentliches Angebot anzuse407 v. Kopp-Colomb, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 38; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 10; Schulteis, GWR 2018, 365, 366. 408 v. Kopp-Colomb, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 39; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 31; ähnlich Groß, in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, Bd. II, Bank- u. BörsenR Rn. IX 500.

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hen.409 Dies lässt sich aus der obigen Legaldefinition folgern, da Informationen enthalten sein müssen, die ausreichen, um etwaige Anleger zu einer konkreten Entscheidung über eine tatsächlich auch bereits gegebene Investmentmöglichkeit zu befähigen.410 Dies setzt zumindest eine gewisse Konkretisierung hinsichtlich der essentialia negotii der späteren Emission voraus – also insbesondere des Preises, des Emissionsablaufs und des Tokens als Investitionsobjekt.411 Nicht erforderlich ist jedoch etwa ein rechtsverbindliches Vertragsangebot im Sinne der allgemeinen Vertragslehre.412 Stattdessen kann jegliche Art von Mitteilung im Sinne einer invitatio ad offerendum für die Annahme eines öffentlichen Angebots ausreichen.413 Im Zusammenhang mit ICOs läuft dies auf eine Einzelfallprüfung hinaus. Das erste veröffentlichte Dokument, welches die Bedingungen des Token Sales beschreibt und zumindest die grundlegende Konzeption des Tokens skizziert, überschreitet diese Konkretisierungsschwelle. Spätestens in der Veröffentlichung des Whitepapers ist daher in aller Regel ein öffentliches Angebot i.S.d. Art. 2 lit. d) Prospekt-VO zu sehen. Zugleich muss die Möglichkeit des tatsächlichen Ausübens dieser Anlageentscheidung gegeben sein414, was bedeutet, dass der Beginn des öffentlichen Angebots in dem Zeitpunkt zu sehen ist, bevor der Token Sale eröffnet wird. Vor diesem Zeitpunkt muss der Prospekt veröffentlicht worden sein. Nicht bereits als öffentliches Angebot einzustufen sind hingegen etwaige PreSales an ausgewählte private Investoren. Auch wenn das Merkmal der Öffentlichkeit nicht mit Unbeschränktheit gleichzusetzen ist, so muss das Angebot gegenüber einer unbestimmten Anzahl von potenziellen Anlegern erfolgen.415 Kein öffentliches Angebot ist auch in der nach dem Token Sale erfolgenden Ausgabe von einbehaltenen Tokens an Mitarbeiter im Rahmen etwaiger Beteiligungsprogramme zu sehen. 409 v. Kopp-Colomb, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 54; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 48 f.; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 15; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 20; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 11; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 18. 410 Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 12, 15; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 30; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 11; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.260; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 17. 411 v. Kopp-Colomb, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 54; Großjean, in: Heidel, AktR, § 2 WpPG Rn. 9; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 15 f. 412 v. Kopp-Colomb, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 42; Großjean, in: Heidel, AktR, § 2 WpPG Rn. 13; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 11; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 30. 413 v. Kopp-Colomb, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 42; Großjean, in: Heidel, AktR, § 2 WpPG Rn. 13; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 15; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 10. 414 Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 52; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.261; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 17. 415 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.84; Großjean, in: Heidel, AktR, § 2 WpPG Rn. 19 f.; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 21; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 17; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 18.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Zwar kann auch die Ausgabe von Wertpapieren an Mitarbeiter grundsätzlich als öffentliches Angebot anzusehen sein416, jedenfalls ist in der nach dem Token Sale erfolgenden Beteiligung von Mitarbeitern aber keine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit zu sehen. Erfolgt die Ausgabe der Tokens unentgeltlich und steht nicht im Entscheidungsspielraum der betreffenden Mitarbeiter, liegt nicht einmal ein Angebot vor.417 b) Kryptobörsen de lege lata nicht als geregelter Markt Ein veröffentlichter Prospekt ist nach Art. 3 Abs. 3 Prospekt-VO Voraussetzung für die Zulassung eines Wertpapiers an einem geregelten Markt. Der Begriff des geregelten Marktes ist durch Verweisung des Art. 2 lit. j) Prospekt-VO in Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II legaldefiniert. In den nationalen Wertpapiergesetzen (§ 2 Abs. 11 WpHG, § 2 Nr. 16 WpPG) wird aus historischen Gründen stattdessen von „organisierten Märkten“ gesprochen.418 Auch wenn – zumindest im Falle des WpPG – der Wortlaut von der europarechtlichen Grundlage abweicht, ist inhaltlich dennoch der Begriff der MiFID II maßgebend.419 Die MiFID II behandelt geregelte Märkte über die Definition hinaus in einem eigenen Abschnitt (Art. 44 – 56 MiFID II). Hieraus folgt, dass die Prospektpflicht nur dann ausgelöst wird, wenn Emittenten die Zulassung zum Handel auf Märkten beantragen, die ihrerseits einer gesetzlichen Regulierung unterliegen und einer behördlichen Zulassung bedürfen.420 Den Regelfall stellen die „regulierten Märkte“ nach dem BörsG dar (vgl. §§ 32 ff. BörsG).421 Nicht erfasst ist hingegen der Freiverkehr.422 Dementsprechend gilt, dass auch Kryptobörsen zum jetzigen Zeitpunkt nicht unter den Begriff des geregelten Markts 416 Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 86 f.; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 19; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.266 ff. 417 Vgl. Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 53, 93; v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.58 (zur Unentgeltlichkeit); Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 16; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 24. 418 Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 211; Ritz, in: Just/Voß/Ritz/ Becker, WpHG, § 2 Rn. 264; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.259. 419 v. Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 119; Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 211; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 145; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 36; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 81. 420 v. Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 119; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 81. 421 v. Kopp-Colomb/Schneider, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 2 WpPG Rn. 118; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 36; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 33; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 81. 422 Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 146; Großjean, in: Heidel, AktR, § 2 WpPG Rn. 43; Foelsch, in: Holzborn, WpPG, § 2 Rn. 36; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 82; Groß, KapitalmarktR, § 2 WpPG Rn. 35; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.259.

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fallen. Zwar können diese nach dem Verständnis der BaFin als „multilaterale Handelssysteme“ eingestuft werden.423 Allerdings sind multilaterale Handelssysteme zwar ebenso wie geregelte Märkte als „Handelsplatz“ einzuordnen (Art. 4 Abs. 1 Nr. 24 MiFID II), aber eben nicht gleichzusetzen. Insbesondere Erwägungsgrund (14) Prospekt-VO stellt fest, dass die bloße Zulassung an einem multilateralen Handelssystem nicht die Prospektpflicht auslöst. Die Einordnung als geregelter Markt ist stattdessen von einer behördlichen Zulassung und staatlicher Überwachung abhängig.424 Die ESMA listet in diesem Zusammenhang alle Handelsplätze auf, die unter den Begriff des geregelten Marktes i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II fallen.425 Innerhalb dieser Liste findet sich allerdings keine Kryptobörse. 3. Räumlicher Anwendungsbereich der Prospekt-VO Der räumliche Bezugspunkt der Prospektpflicht wurde durch die Prospekt-VO an das europäische Level angepasst. Nunmehr löst jegliches öffentliches Angebot von Wertpapieren innerhalb des Unionsgebiets die Prospektpflicht aus (Art. 3 Abs. 1 Prospekt-VO). Dies unterscheidet sich insbesondere zur Rechtslage bei Erlaubnisvorbehalten, welche nicht durch Rechtsverordnung geregelt sind, sondern durch die nationale Umsetzung von Richtlinien (s. o.). Diese knüpfen die Anwendung der nationalen Umsetzungsvorschriften nach wie vor an den Inlandsbezug, welcher im Prospektrecht nur noch im Rahmen der Auswahl der zuständigen Behörde relevant wird. Dabei entsprach die rechtliche Konzeption des WpPG derjenigen der Erlaubnispflichten. Hiernach war § 3 Abs. 1 WpPG nur dann einschlägig, wenn das öffentliche Angebot Anleger im Inland zielgerichtet ansprach.426 Dies galt auch für Angebote, die das Internet nutzten und somit grundsätzlich weltweit abgerufen werden konnten.427 Dementsprechend war diese Auslegung auch für ICOs maßgebend. Da § 3 WpPG als Umsetzung der Prospekt-RL zu sehen ist und die Prospekt-VO insoweit auf der Prospekt-RL aufbaut, müssen für das Feststellen der Unionsbezo423

Münzer, BaFin-Journal 2014, Heft 1, 27, 28. Assmann, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 2 Rn. 214; Ritz, in: Just/Voß/Ritz/ Becker, WpHG, § 2 Rn. 269; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 81. 425 ESMA, Register on MIFID/UCITS/AIFMD entities (zuletzt abgerufen am 06. 06. 2019 unter https://registers.esma.europa.eu/publication/searchRegister?core=esma_registers_up reg&keyword=regulated%20market). 426 v. Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 3 WpPG Rn. 11; Holzborn/Mayston, in: Holzborn, WpPG, § 3 Rn. 7; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 3 WpPG Rn. 4; Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 6. Teil Rn. 102; Groß, KapitalmarktR, § 3 WpPG Rn. 4; Bialluch-v. Allwörden/v. Allwörden, WM 2018, 2118, 2123; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 18. 427 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.85; Holzborn/Mayston, in: Holzborn, WpPG, § 3 Rn. 7; Heidelbach, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 3 WpPG Rn. 7; Groß, KapitalmarktR, § 3 WpPG Rn. 4; Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 292; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 18. 424

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

genheit grundsätzlich die gleichen Überlegungen gelten. Als Indizien für das Ansprechen eines Anlegers im Unionsgebiet können daher die Fassung des Angebots in einer innerhalb der EU gesprochenen Sprache, die Durchführung des Angebots über innerhalb der EU sitzende Zahl- und Abwicklungsstellen und Nennung von Ansprechpartnern innerhalb des Unionsgebiets herangezogen werden.428 Insbesondere die Angabe eines Ausgabepreises in Euro dürfte weiterhin ein starkes Indiz für die Annahme des Ansprechens des europäischen Marktes sein.429 Ähnlich wie im Rahmen der Erlaubnispflichten bestimmt sich die territoriale Einordnung des öffentlichen Angebots auch bei der Prospektpflicht nach einer abwägenden Gesamtschau der Umstände aus Perspektive der Anleger.430 Dieser dann sehr weit zu verstehende Anwendungsbereich wird bei ICOs europäischer Unternehmen, insbesondere deutscher Unternehmen, regelmäßig eröffnet sein. Aber auch Emittenten mit Sitz in einem Drittstaat werden normalerweise in den Anwendungsbereich der europäischen Verordnung fallen. Denn ICOs sind gerade darauf angelegt, Investoren weltweit anzusprechen, was dementsprechend auch für die EU gilt. Durch die Internationalität des Angebots haben die initiierenden Unternehmen auch internationales Recht zu befolgen. Im Ergebnis können Emittenten dies wohl nur durch explizite Disclaimer umgehen.431 Solche Disclaimer tauchen in der Praxis häufig auf, sind jedoch regelmäßig zum Ausschluss amerikanischer oder chinesischer Anleger gedacht. Die Differenzierung zwischen einzelnen EU-Staaten in Herkunftsmitgliedstaaten und Aufnahmemitgliedstaaten (Art. 2 li. m) und n) Prospekt-VO) ist hingegen nur noch für die Bestimmung der zuständigen Behörde maßgeblich. Hierbei gilt, dass von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats gebilligte und veröffentliche Prospekte in allen europäischen Mitgliedstaaten gültig sind, sofern die ESMA und die Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten im Rahmen des Notifizierungsverfahrens nach Art. 25 Prospekt-VO unterrichtet wurden (Art. 24 Abs. 1 Prospekt-VO). Die hierfür zuständigen Behörden werden von den Mitgliedstaaten bezeichnet (Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Prospekt-VO). Bei ICOs ist der Herkunftsmitgliedstaat nach Art. 2 lit. m) Ziffer i) Prospekt-VO, der Staat, in welchem der Emittent seinen Sitz hat. Demzufolge ist bei ICOs deutscher Emittenten die BaFin ursprünglich für die Billigung und Veröffentlichung des Prospekts zuständig. Die BaFin informiert die ESMA und die Behörden anderer vom ICOs angesprochener 428

v. Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 3 WpPG Rn. 14; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 3 Rn. 5; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 3 WpPG Rn. 9; Bialluch-v. Allwörden/v. Allwörden, WM 2018, 2118, 2123. 429 Vgl. auch Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 3 Rn. 6. 430 v. Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 3 WpPG Rn. 12; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 3 Rn. 5. 431 v. Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 3 WpPG Rn. 13; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 38; Holzborn/Mayston, in: Holzborn, WpPG, § 3 Rn. 7; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 3 WpPG Rn. 8; Groß, KapitalmarktR, § 3 WpPG Rn. 4; Bialluch-v. Allwörden/v. Allwörden, WM 2018, 2118, 2123; Brocker/Klebeck, RdF 2018, 288, 292.

D. Bestehen einer Prospektpflicht

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Mitgliedstaaten über die Billigung. Hierauf hin hat der Emittent seine Prospektpflicht vollumfänglich erfüllt. Bei einem Emittenten mit Sitz in einem Drittland, insbesondere die oft als Sitz von Blockchain-Unternehmen dienenden USA, Schweiz oder Hongkong, ist nach Wahl des Emittenten die Behörde eines der Mitgliedstaaten zuständig, in dem das öffentliche Angebot zuerst durchgeführt wurde. Als Aufnahmemitgliedstaat gelten nach Art. 2 lit. n) Prospekt-VO alle Staaten, in denen ein öffentliches Angebot durchgeführt wird. Die zuständigen Behörden aller dieser Staaten müssen folglich im obigen Sinne unterrichtet werden. 4. Ausnahmevorschriften Die Prospekt-VO kennt einige Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Prospektpflicht entfällt. Diese sind konzeptionell zu unterscheiden in angebotsbezogene und zulassungsbezogene Ausnahmetatbestände (Art. 1 Abs. 4 und 5 Prospekt-VO).432 Weiterhin sind Kleinstemissionen generell vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen, wobei den Mitgliedstaaten die Möglichkeit offen steht, für diese andere, jedoch nicht unverhältnismäßige Publizitätspflichten vorzusehen (Art. 1 Abs. 3 Prospekt-VO). Schließlich normiert Art. 3 Abs. 2 ProspektVO optionale, ebenfalls rein angebotsbezogene Ausnahmetatbestände, welche durch die einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt werden können. Deutschland hat beide diese Optionsrechte ausgeübt (s. o.). Die Ausnahmevorschriften beruhen auf der Überlegung, dass die hohen Kosten für die Prospekterstellung Emittenten kleinerer Emissionen unverhältnismäßig stark belasten und somit Emission verhindert werden könnten, weshalb in diesen Fällen der Funktionsschutz den Anlegerschutz überwiegen muss.433 a) Ausnahme von Kleinstemissionen Nach Art. 1 Abs. 3 Unterabsatz 1 Prospekt-VO fallen solche Emissionen nicht unter den Anwendungsbereich der Prospekt-VO und somit auch nicht unter die Prospektpflicht, deren Emissionsvolumen weniger als eine Million Euro beträgt. Dieser Schwellenwert ist hierbei über einen Zeitraum von einem Jahr zu berechnen. Zu beachten gilt jedoch, dass diese Ausnahme bei ICOs selten relevant wird. Erfolgreich durchgeführte ICOs, also solche, die überhaupt Kapital für den Emittenten generieren, überschreiten in der Regel den beschriebenen Schwellenwert.434 432 Vgl. v. Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 3 WpPG Rn. 5 f.; Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 2 Rn. 14. 433 v. Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 3 WpPG Rn. 41; Groß, KapitalmarktR, § 3 WpPG Rn. 9; Schulz, NZG 2018, 921, 922; Voß, ZBB 2018, 305, 307. 434 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.126; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 19; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; Spindler, WM 2018, 2109, 2115; Weitnauer, BKR 2018, 231, 233.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Nichtsdestotrotz kann die Ausnahme je nach ICO eingreifen, insbesondere bei der Finanzierung kleinerer projektbezogener Vorhaben. Der nationale Gesetzgeber hat jedoch von der Ermächtigung in Art. 1 Abs. 3 Unterabsatz 2 Satz 2 Prospekt-VO Gebrauch gemacht. Nach § 3a WpPG dürfen öffentliche Angebote von Wertpapieren mit einem Emissionsvolumen von mehr als 100.000 Euro nur bei vorheriger Veröffentlichung eines Wertpapier-Informationsblatts durchgeführt werden. Dieses ist ein rein nationales Instrument und beruht nicht auf den unionsrechtlichen Vorgaben der Prospekt-VO.435 Es muss ebenfalls die wesentlichen Informationen über die Emission beinhalten, darf jedoch nicht mehr als drei Seiten umfassen (§ 3a Abs. 3 WpPG). Auch das Wertpapier-Informationsblatt muss vor Veröffentlichung von der BaFin überprüft werden, welche im Anschluss die Veröffentlichung gestattet (§ 3a Abs. 2 WpPG). Emittenten, deren ICO ein Volumen von mehr als 100.000 Euro, aber weniger als einer Million Euro aufweist, müssen also keinen vollständigen Prospekt veröffentlichen, sondern lediglich ein Wertpapier-Informationsblatt i.S.d. § 3a WpPG. Völlig außerhalb des Publizitätsregimes der Prospekt-VO und des nationalen WpPG stehen also nur solche ICOs, deren Volumen weniger als 100.000 Euro beträgt. b) Zwingende angebotsbezogene Ausnahmen Auch Art. 1 Abs. 4 Prospekt-VO kennt eine Vielzahl von Ausnahmetatbeständen, bei deren Vorliegen die Prospektpflicht bei einem öffentlichen Angebot entfällt. Für ICOs relevant sind hierbei die folgenden Ausnahmetatbestände. Zunächst nimmt Art. 1 Abs. 4 lit. a) Prospekt-VO solche Angebote von der Prospektpflicht aus, die sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richten. Dies meint nach Art. 2 lit. e) Prospekt-VO insbesondere professionelle Anleger, also Fonds, Kreditinstitute und ähnliche Kapitalmarktakteure. Diese Ausnahme kann daher bei rein privat ablaufenden Emissionen (private placement) eingreifen, bei denen lediglich ausgewählte institutionelle Investoren die Möglichkeit haben, am ICO zu partizipieren. Weiterhin besagt Art. 1 Abs. 4 lit. h) Prospekt-VO, dass „ausgeschüttete Dividenden in Form von Aktien derselben Gattung“ keine erneute Prospektpflicht auslösen. Dieser Ausnahmetatbestand könnte dann relevant sein, wenn die Beteiligung am Unternehmenserfolg bei Debt Tokens oder mitgliedschaftlichen Tokens nicht in gesetzlichen Zahlungsmitteln besteht, sondern in weiteren Einheiten des Tokens.436 Schließlich kann Art. 1 Abs. 4 lit. i) Prospekt-VO bei Beteiligung der Mitarbeiter in Form von Tokens einschlägig sein. Die Anwendbarkeit aller dieser Ausnahmen muss im Einzelfall bewertet werden. In aller Regel liegen die Voraussetzungen der Tatbestände jedoch nicht vor. Sie sind daher nicht geeignet ICOs generell von der Prospektpflicht auszunehmen.

435 436

Vgl. Poelzig, BKR 2018, 357, 358 f.; Schulz, NZG 2018, 921, 924. Vgl. Burchert/Böser, DB 2018, 857, 858.

D. Bestehen einer Prospektpflicht

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Nicht relevant sind weiterhin auch diejenigen Tatbestände, die Emissionen von der Prospektpflicht ausnehmen, welche sich nur an eine begrenzte Anzahl (weniger als 150) nicht qualifizierter Anleger richten oder eine besonders hohe Mindeststückelung voraussetzen (Art. 1 Abs. 4 lit. b) und c) Prospekt-VO). Beide Optionen sind für ICOs nicht praktikabel, da deren ökonomische Vorteile oftmals gerade davon abhängen, dass eine unbeschränkte Vielzahl an Anlegern über das Internet partizipieren kann. c) Optionale angebotsbezogene Ausnahmen Schließlich beinhaltet die Prospekt-VO eine weitere Option zur Schaffung von nationalen Ausnahmevorschriften. Nach Art. 3 Abs. 2 Prospekt-VO können öffentliche Angebote, die nicht dem Notifizierungsverfahren nach Art. 25 ProspektVO unterfallen und gleichzeitig ein Emissionsvolumen von weniger als acht Millionen Euro aufweisen, von der Prospektpflicht befreit werden. Der deutsche Gesetzgeber hat dies in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 WpPG umgesetzt. Jedoch sind auch bei diesen Emissionen zumindest Wertpapier-Informationsblätter nach § 3a WpPG zu veröffentlichen (§ 3a Abs. 1 Satz 1 WpPG). Dennoch ist hierin eine substantielle Ausnahme von der Prospektpflicht bei ICOs zu sehen. Denn ICOs überschreiten zwar in aller Regel die Volumenschwelle von 100.000 Euro, acht Millionen Euro sind jedoch durchaus eine auch für ICOs relevante Größe. Allerdings sind Emittenten, die sich diese Ausnahme zu eigen machen wollen, verpflichtet, ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen einzubeziehen (§ 3c WpPG). Die Ausnahme greift nämlich nur dann, wenn die Wertpapiere ausschließlich durch Leistungen der Anlageberatung oder Anlagevermittlung durch dieses dritte Unternehmen vertrieben werden. Dieses ist weiterhin gesetzlich dazu verpflichtet, zu überprüfen, dass einzelne private Anleger gewisse Investmentschwellen nicht überschreiten (vgl. § 3c Nr. 1 – 3 WpPG). Bei ihrer betriebswirtschaftlichen Planung müssen die Unternehmen also abwägen, ob sie die Kosten für die Prospekterstellung oder die Kosten für die Beteiligung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens tragen wollen. Den Unternehmen ist nämlich freigestellt, die Ausnahmevorschriften in Anspruch zu nehmen oder freiwillig einen Prospekt veröffentlichen.437 Aufgrund des Widerspruchs zur grundsätzlich beabsichtigten Unabhängigkeit von Intermediären, wird die Inanspruchnahme dieser Ausnahmevorschrift für ICOs jedoch wohl eher irrelevant bleiben.438

437 Schnorbus, in: FrankKomm WpPG, § 1 Rn. 35 f.; Holzborn/Mayston, in: Holzborn, WpPG, § 3 Rn. 10; a.A. v. Kopp-Colomb/Mollner, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 3 WpPG Rn. 26; Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 117. 438 Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 19; generell zweifelnd Schulz, NZG 2018, 921, 927; Voß, ZBB 2018, 305, 320.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

5. Der zu erstellende Prospekt Die Prospekt-VO unterscheidet hinsichtlich der Vorgaben für die Prospekterstellung nach der Art des Wertpapiers und nach der Art des Emittenten.439 Ziel der Prospekt-VO ist es diesbezüglich, für jeden Kapitalmarktteilnehmer maßgeschneiderte Anforderungen bereitzustellen.440 Hierdurch soll der aufzuwendende Verwaltungsaufwand für die betreffenden Emittentengruppen verringert werden und somit die Effizienz des Kapitalmarkts gesteigert werden.441 Gleichzeitig zielt diese Unterscheidung auch auf die Anleger ab. Je nach Art des emittierten Wertpapiers, sollen die Informationen enthalten sein, die den Prospekt „zu einem wesentlichen Offenlegungsinstrument für potentielle Investoren“ machen.442 Basierend auf diesen Grundüberlegungen unterscheidet die Prospekt-VO die Arten der Emission wertpapierbezogen in Dividenden- und Nichtdividendenwerte sowie emittentenbezogen in Sekundäremittenten, Daueremittenten und kleine und mittlere Unternehmen.443 Je nachdem welcher Art eine konkrete Emission zugeordnet werden kann, unterscheidet sich die Art des zu erstellenden Prospekts sowie dessen Inhalt. a) Keine Einschlägigkeit der Erleichterungen für Sekundär- und Daueremittenten Hiernach unterliegen Emittenten eines Wertpapiers, welches bereits an einem Markt zum Handel zugelassen ist, erleichterten Offenlegungspflichten (Art. 14 Prospekt-VO). Sogenannte Daueremittenten können jährlich ein einheitliches Registrierungsformular veröffentlichen, welches Informationen zum Emittenten selbst enthält (Art. 9 Prospekt-VO). Neben diesem Registrierungsformular beschränken sich die zu erstellenden Prospekte in Zusammenhang mit den späteren, mehrmaligen Wertpapieremissionen auf die Beschreibung der Wertpapiere und gehen mit einem beschleunigten Billigungsverfahren einher.444 Für ICO-Emittenten kommen jedoch beide Erleichterungen grundsätzlich nicht in Betracht. Denn ICOs sind in aller Regel auf eine einmalige Finanzierungsrunde ausgelegt.445 Ausnahmsweise könnte jedoch die Regelung zu Daueremittenten einschlägig sein. Denn bereits etablierte Teilnehmer des Kapitalmarkts könnten sich entschließen, zusätzlich Tokens zu emit439 Erwägungsgrund (24) Prospekt-VO; vgl. auch Howell, ECFR 2018, 69, 81; Schmitt/ Bhatti/Storck, ZEuP 2019, 287, 292 f. 440 Vorschlag der Kommission zur VO (EU) 2017/1129, COM/2015/583, S. 3. 441 Vorschlag der Kommission zur VO (EU) 2017/1129, COM/2015/583, S. 3. 442 Vorschlag der Kommission zur VO (EU) 2017/1129, COM/2015/583, S. 3. 443 Vgl. Schmitt/Bhatti/Storck, ZEuP 2019, 287, 292. 444 Erwägungsgrund (39) Prospekt-VO; vgl. auch Schmitt/Bhatti/Storck, ZEuP 2019, 287, 302 f.; Wöckener/Kutzbach, RdF 2018, 276, 277. 445 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.67; Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 71; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 95; Weitnauer, BKR 2018, 231, 236.

D. Bestehen einer Prospektpflicht

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tieren, um ihr Portfolio insoweit zu vervollständigen. Der gängigen Marktpraxis entspricht dies zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nicht. b) Emission von Nichtdividendenwerten Weiterhin kennt die Prospekt-VO erleichterte Prospekt-Anforderungen im Zusammenhang mit Emissionen von Nichtdividendenwerten, die lediglich qualifizierten Anlegern angeboten werden (vgl. Erwägungsgrund (7) Prospekt-DVO). Nichtdividendenwerte sind in Art. 2 lit. b) und c) Prospekt-VO negativ in Abgrenzung zu Dividendenwerten legaldefiniert. Als Dividendenwerte gelten hiernach Aktien, aktienähnliche Wertpapiere, sowie Wertpapiere, die das Recht verbriefen in Aktien oder aktienähnliche Wertpapiere umgetauscht zu werten. Dieser Definition unterfallen mitgliedschaftliche Tokens, die als aktienähnlich einzustufen sind. Debt Tokens unterfallen nach der vorbezeichneten Definition den Nichtdividendenwerten. Bei reinen private placements gegenüber qualifizierten Anlegern, könnten ICOs demnach unter diese Erleichterung einzuordnen sein. Dies soll mit verringerten inhaltlichen Anforderungen an den zu erstellenden Prospekt verbunden sein (vgl. Erwägungsgrund (21) Prospekt-VO). c) EU-Wachstumsprospekt für KMU Schließlich sollen durch die Prospekt-VO KMU entlastet werden.446 Dies soll dadurch erreicht werden, dass bestimmte Emittenten, die nicht bereits Wertpapiere emittiert haben, die an einem geregelten Markt gehandelt werden, lediglich die erleichterten Anforderungen eines sogenannten „EU-Wachstumsprospekts“ erfüllen müssen (Art. 15 Prospekt-VO).447 Dies gilt nach Art. 15 Abs. 1 lit. a) Prospekt-VO zunächst für KMU im Sinne der Legaldefinition nach Art. 2 lit. f) Prospekt-VO. Hierunter fallen zum einen Gesellschaften, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: weniger als 250 Beschäftigte, eine Bilanzsumme in Höhe von maximal 43 Millionen Euro und Jahresnettoumsatz von höchstens 50 Millionen Euro. Zum anderen sind auch KMU im Sinne der Legaldefinition des Art. 4 Abs. 1 Nr. 13 MiFID II umfasst. Dies bezieht sich auf Unternehmen, deren durchschnittliche Marktkapitalisierung in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 200 Millionen Euro betrug. Aufgrund ihres Charakters als Start-up-Unternehmen, sollten die allermeisten ICO-Emittenten als KMU im Sinne der Prospekt-VO einzuordnen sein.448 Anders ist dies zu bewerten bei etablierten Unternehmen, die einen ICO durchführen.

446 Erwägungsgrund (51) Prospekt-VO; vgl. auch Howell, ECFR 2018, 69, 86; Schmitt/ Bhatti/Storck, ZEuP 2019, 287, 293; Schulz, WM 2018, 212, 218; Wöckener/Kutzbach, RdF 2018, 276, 280. 447 Howell, ECFR 2018, 69, 88; Schmitt/Bhatti/Storck, ZEuP 2019, 287, 305 f.; Schulz, WM 2018, 212, 218; Wöckener/Kutzbach, RdF 2018, 276, 279 f. 448 Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 23.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Weiterhin sind auch Emittenten, deren Wertpapiere auf einem KMU-Wachstumsmarkt gehandelt werden sollen und deren Marktkapitalisierung unter 500 Millionen Euro beträgt, berechtigt einen EU-Wachstumsprospekt zu erstellen (Art. 15 Abs. 1 lit. b) Prospekt-VO). Zur Annahme eines KMU-Wachstumsmarkts ist allerdings eine entsprechende behördliche Zulassung erforderlich (Art. 2 Abs. 1 Nr. 12, 33 Abs. 1 MiFID II), weshalb Kryptobörsen in der Regel nicht derartig zu qualifizieren sind und die Erleichterung für ICOs dementsprechend nicht vorliegen kann. Schließlich können auch Emittenten, deren Emission einen Gesamtgegenwert von maximal 20 Millionen Euro aufweist, weniger als 500 Beschäftigte aufweisen und keine auf einem MTF handelbaren Wertpapiere emittiert haben, einen EUWachstumsprospekt erstellen (Art. 15 Abs. 1 lit. c) Prospekt-VO). Da Kryptobörsen jedoch als ein solcher MTF einzustufen sind und die meisten Tokens darauf ausgelegt sind, auf diesen gehandelt zu werden, ist dies im Rahmen von ICOs ebenfalls nicht einschlägig. 6. Zusammenfassung Im Ergebnis unterfallen ICOs, bei welchen als Wertpapier einzuordnende Tokens emittiert werden, in aller Regel auch der Prospektpflicht des Art. 3 Abs. 1 ProspektVO. Die meisten Emittenten eines ICOs sind als KMU i.S.d. Art. 2 lit. f) ProspektVO anzusehen. Sie können sich daher dazu entscheiden, einen EU-Wachstumsprospekt mit verringerten inhaltlichen Anforderungen zu veröffentlichen (Art. 15 Abs. 1 lit. a) Prospekt-VO). Hierbei gilt, dass alle Bezugnahmen der Prospekt-VO und somit auch dieser Arbeit auf den Begriff des „Prospekts“, sich gleichfalls auch auf derartige Wachstumsprospekte beziehen (Erwägungsgrund (24) Prospekt-VO). Emittenten, die nicht unter den KMU-Begriff fallen, haben stattdessen einen regulären Prospekt zu veröffentlichen. Für Emittenten von Debt Tokens, die ausschließlich an qualifizierte Anleger angeboten werden, gelten hiervon wiederum Erleichterungen. Ausnahmen zur Prospektpflicht gelten nur dann, wenn europäische Anleger durch einen Disclaimer ausdrücklich ausgeschlossen sind, durch das Angebot lediglich Mitarbeiter und nicht die Öffentlichkeit angesprochen werden, oder die Emission ein Volumen von weniger als acht Millionen Euro aufweist. Im letzteren Fall obliegt den Emittenten stattdessen die geringer belastende Pflicht, ein Wertpapier-Informationsblatt zu erstellen und zu veröffentlichen.

III. Prospektpflicht nach §§ 164 f. KAGB/§§ 268 f. KAGB Für Kapitalverwaltungsgesellschaften, die einen ICO durchführen, bei welchem die einzelnen Tokens einen Anteil an einem Investmentvermögen darstellen, kann darüber hinaus eine der Prospektpflichten des KAGB einschlägig sein. Die Prospektpflichten unterscheiden sich dadurch, dass §§ 164 f. KAGB offene Publikumsinvestmentvermögen adressiert, während §§ 268 f. KAGB lediglich bei geschlossenen Publikums-AIF einschlägig ist.

D. Bestehen einer Prospektpflicht

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1. Prospektpflicht für offene Publikumsinvestmentvermögen Die Prospektpflicht nach § 164 Abs. 1 KAGB setzt also voraus, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft ein offenes Publikumsinvestmentvermögen verwaltet. Der Begriff des Publikumsinvestmentvermögens bestimmt sich in diesem Zusammenhang nach § 1 Abs. 6 Satz 2 KAGB. Hiernach sind Publikumsinvestmentvermögen alle Investmentvermögen, die keine Spezial-AIF sind. Spezial-AIF wiederum sind Investmentvermögen, deren Anteile nur von professionellen oder semi-professionellen Anlegern erworben werden dürfen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 KAGB). Dies ist bei ICOs nur dann der Fall, wenn der betreffende ICO im Rahmen eines reinen private placements ausschließlich unter Beteiligung eben solche Anleger durchgeführt wird. Dies ist zwar denkbar, entspricht jedoch nicht der gängigen Praxis. Das Vorliegen eines offenen Investmentvermögens bestimmt sich nach § 1 Abs. 4 und 5 KAGB. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass den Anlegern ein Rückgaberecht hinsichtlich der Anteile gegenüber dem Investmentvermögen zusteht.449 Dies würde bedeuten, dass das durch den ICO entstandene Investmentnetzwerk die einzelnen Token der einzelnen Anleger „zurücknehmen“ müsste. Eine solche Rücknahme ist bei einem ICO jedoch nicht denkbar. Zwar können die Tokens auf dem Sekundärmarkt veräußert werden. Erwerber ist dann jedoch nicht das entstandene Investmentnetzwerk, sondern ein Dritter, der durch den Erwerb selbst Teil eben dieses Netzwerks wird. Es kann sich stattdessen nur um geschlossene Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 5 KAGB handeln. Demzufolge kommt eine Prospektpflicht nach § 164 f. KAGB nicht in Betracht. 2. Prospektpflicht für geschlossene Publikums-AIF Für die Prospektpflicht nach § 268 Abs. 1 KAGB ist hingegen erforderlich, dass es sich bei dem Investmentnetzwerk um einen geschlossenen Publikums-AIF handelt. a) Vorliegen eines geschlossenen Publikums-AIF Zum Vorliegen eines geschlossenen Investmentvermögens wurde soeben ausgeführt. Auch ein Publikumsinvestmentvermögen liegt regelmäßig vor (s. o., vgl. § 1 Abs. 6 Satz 2 KAGB). Ein AIF ist hingegen in jedem Investmentvermögen zu sehen, welches nicht als OGAWeinzuordnen ist (§ 1 Abs. 3 KAGB). OGAW wiederum sind solche Investmentvermögen, die den Anforderungen der OGAW-RL entsprechen, welche unter anderem in den §§ 192 ff. KAGB umgesetzt wurden.450 Dementsprechend kommt jedoch die Einordnung eines Blockchain-Investmentnetzwerks ent449

Zetzsche, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 1 Rn. 116 ff.; Jesch, in: Baur/ Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 40; Vollhard/Jang, in: Weitnauer, KAGB, § 1 Rn. 41. 450 München/Czok/Wagner, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 192 Rn. 3; Vollhard/ Jang, in: Weitnauer/Boxberger/Anders, KAGB, § 1 Rn. 37.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

sprechend der DAO als OGAW nicht in Betracht. Denn hierfür ist die soeben beschriebene Rückgabeoption ebenfalls zwingend erforderlich (Art. 1 Abs. 2 lit. b) Satz 1 OGAW-RL). Die OGAW-RL findet auf geschlossene Investmentvermögen stattdessen keine Anwendung (Art. 3 lit. a) OGAW-RL). Des Weiteren müsste ein Investmentvermögen von behördlicher Seite aus als OGAW lizensiert werden, um überhaupt als OGAW auftreten zu können (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 OGAW-RL). Da die Tokens daher zwar keinen Anteil an einem OGAW, aber dennoch einen Anteil an einem Investmentvermögen darstellen, handelt es sich, dem Umkehrschluss aus § 1 Abs. 3 KAGB folgend, um ein AIF-Investmentvermögen. Insbesondere dürfen geschlossene Publikums-AIF auch in andere Tokens investieren. Denn als zulässige Investmentobjekte sind handelbare Finanzinstrumente generell anerkannt (§§ 261 Abs. 1 Nr. 7, 193 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 KAGB). Nach dem in den Begriffsbestimmungen angelegten Ausschlussprinzip, handelt es sich daher bei den betreffenden, durch einen ICO entstehenden, Investmentvermögen um einen geschlossenen Publikums-AIF. b) Emittent als Adressat der Prospektpflicht Adressat der Prospektpflicht nach § 268 Abs. 1 KAGB ist die den AIF verwaltende Kapitalverwaltungsgesellschaft. Dies ist das emittierende Unternehmen. c) Verhältnis zur Prospektpflicht nach Art. 3 Prospekt-VO Werden bei einem ICO Tokens emittiert, die einen Anteil an einem Investmentvermögen darstellen, sind grundsätzlich sowohl die Voraussetzungen der Prospektpflicht des Art. 3 Abs. 1 Prospekt-VO als auch die Voraussetzungen der Prospektpflicht aus § 268 Abs. 1 KAGB erfüllt. Denn der ICO als solcher stellt ein öffentliches Angebot von Wertpapieren dar, während das durch den ICO entstehende Investmentnetzwerk als geschlossener Publikums-AIF zu qualifizieren ist. § 295 Abs. 8 KAGB statuiert diesbezüglich, dass zumindest das WpPG und die ProspektRL neben dem KAGB anwendbar sein sollen. Die neuere Prospekt-VO ist hingegen nicht ausdrücklich von dieser Regelung umfasst. Es gilt jedoch der unionsrechtliche Rahmen zu beachten. Denn § 295 Abs. 8 KAGB beruht auf Erwägungsgrund (60) AIFM-RL.451 Dieser spricht generell davon, dass auch andere nationale oder europarechtliche Vorschriften den Vertrieb von AIF regeln können. Das WpPG und die Prospekt-RL werden nur als Beispiele angeführt („wie etwa“). Stattdessen muss der materielle Gehalt dieser Vorschrift zur Auslegung herangezogen werden, woraus sich ergibt, dass das Prospektregime für Wertpapiere neben dem Prospektregime für AIF stehen soll. Dies muss folglich auch die die Prospekt-RL ablösende Prospekt-VO einbeziehen.

451

BR-Drs. 791/12, S. 509 f.

D. Bestehen einer Prospektpflicht

193

Hierdurch wird jedoch nicht die zweifache Erstellung eines Prospekts erforderlich. Vielmehr stellt das KAGB lediglich klar, dass der Wertpapierprospekt die zusätzlichen Angaben des § 269 KAGB enthalten soll. So ergibt sich aus § 268 Abs. 1 Satz 3 KAGB, dass Kapitalverwaltungsgesellschaften von der Prospektpflicht ausgenommen sind, die die Angaben des § 269 KAGB in ihren Wertpapierprospekt aufnehmen. Nach § 295 Abs. 8 Satz 2 KAGB tritt der Wertpapierprospekt nach der Prospekt-VO, ergänzt um die Angaben des § 269 KAGB, in diesen Fällen an die Stelle des Verkaufsprospekts nach dem KAGB.452 Bereits bei der Einordnung von Tokens als Anteil an einem Investmentvermögen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB wurde ausgeführt, dass dies nur bei Debt Tokens und keine Stimmrechte beinhaltenden, mitgliedschaftlichen Tokens in Betracht kommt. Hieraus folgt aber, dass diese stets als Wertpapier einzuordnen sind und daher der Prospektpflicht des Art. 3 Prospekt-VO unterfallen. Die Prospektpflicht des KAGB wirkt sich im Rahmen von ICOs also lediglich im soeben beschriebenen Sinne auf den Inhalt des zu veröffentlichenden Prospekts aus. 3. Zusammenfassung Aufgrund der gleichzeitigen Einordnung als Wertpapier, unterfallen Emittenten eines Tokens, der als Anteil an einem Investmentvermögen einzustufen ist, der Prospektpflicht der Prospekt-VO. Da es sich in diesem Fall bei dem entstehenden Investmentnetzwerk um einen geschlossenen Publikums-AIF handelt, ist der Inhalt dieses Prospekts um die Vorgaben des § 269 KAGB zu erweitern.

IV. Prospektpflicht nach § 6 Abs. 1 VermAnlG Für den als selten einzustufenden Fall der Einordnung eines Tokens unter das subsidiäre Instrument der Vermögensanlage, haben die Emittenten ebenfalls eine Prospektpflicht zu beachten (§ 6 VermAnlG). Diese wird bei einem öffentlichen Angebot im Inland ausgelöst. Im Gegensatz zur Systematik des WpPG werden diese Begriffe im Rahmen des VermAnlG nicht definiert. Es gilt jedoch zu beachten, dass das VermAnlG gerade zu Lasten von Kleinanlegern bestehende Schutzlücken schließen soll, welche durch die übrigen kapitalmarktrechtlichen Regelungen nicht verhindert werden konnten.453 Das VermAnlG versteht sich insoweit als Ergänzung des WpPG, weshalb die 452

Wilhelmi, in: Assmann/Wallach/Zetzsche, KAGB, § 295 Rn. 40; Zingel, in: Baur/Tappen, InvG-GK, Bd. II, § 295 KAGB Rn. 12; Holzborn/Mayston, in: Holzborn, WpPG, § 3 Rn. 3. 453 Bayazit-Truszkowski, in: Baas/Buck-Heeb/Werner, AnlegerschutzG, InvR Rn. 209 f.; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 10; Buck-Heeb, KapitalmarktR, Rn. 172.

194

Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Schutzrichtungen identisch sind.454 Demzufolge kann bei der Auslegung des Begriffs des öffentlichen Angebots auf den oben beschriebenen Begriff i.R.d. WpPG verwiesen werden.455 Selbiges gilt auch für den geforderten Inlandsbezug. Hierbei ist ebenfalls entscheidend, dass Anleger im Inland – unter anderem über das Internet – gezielt angesprochen werden.456 Auch das VermAnlG kennt hierbei einige Ausnahmevorschriften (§§ 2 ff. VermAnlG). Dementsprechend unterfallen ICOs, deren Tokens als Vermögenanlage eingeordnet werden, unter denselben Rahmenbedingungen unter die Prospektpflicht, bei denen auch ICOs mit Wertpapier-Tokens unter die entsprechende Prospektpflicht der Prospekt-VO fallen. Der Inhalt des Prospekts wiederum bestimmt sich nach § 7 VermAnlG in Verbindung mit den Vorschriften der VermVerkProspV. Die BaFin hat den Prospekt zu billigen, bevor er veröffentlicht werden kann (§ 8 Abs. 1 VermAnlG). Die Modalitäten der korrespondierenden Prospekthaftung enthalten §§ 20 ff. VermAnlG.

V. Ergebnis Im Ergebnis unterfällt also die Emission von Tokens, die als Wertpapier, Anteil an einem Investmentvermögen oder subsidiär als Vermögensanlage eingeordnet werden können, in aller Regel auch der entsprechenden Prospektpflicht für jene Finanzinstrumente.

E. Informationsasymmetrien trotz anwendbarer Erlaubnis- und Prospektpflichten Im Anschluss an die Untersuchung der Anwendbarkeit bestehender Erlaubnisund Prospektpflichten, muss bewertet werden, ob dies genügt, um die Informationsasymmetrien auf dem ICO-Markt abzubauen. Ist dies nicht der Fall, ist der ICOMarkt in seiner Effizienz beschränkt. Es liegt dann grundsätzlich ein Marktversagen vor. Hier wäre folglich aus ökonomischer Sicht weiteres staatliches Handeln angezeigt. Im Folgenden soll erläutert werden, inwieweit trotz des (teilweise) an454 Bayazit-Truszkowski, in: Baas/Buck-Heeb/Werner, AnlegerschutzG, InvR Rn. 216; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 12. 455 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 21; BayazitTruszkowski, in: Baas/Buck-Heeb/Werner, AnlegerschutzG, InvR Rn. 216; v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.134; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 12. 456 Maas, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 1 VermAnlG Rn. 24 f.; BayazitTruszkowski, in: Baas/Buck-Heeb/Werner, AnlegerschutzG, InvR Rn. 217; v. Ammon, in: Siering/Izzo-Wagner, VermAnlG, § 1 Rn. 25.

E. Informationsasymmetrien trotz Erlaubnis- und Prospektpflichten

195

wendbaren regulatorischen Rahmens Informationsasymmetrien zwischen Emittenten und Anlegern fortbestehen. Hierbei ist zu unterscheiden. So kann dies einerseits auf konzeptionellen Unzulänglichkeiten des bank- und kapitalmarktrechtlichen Rechtsrahmens beruhen. Andererseits liegen jedoch auch bloße, faktische Durchsetzungsmängel vor.

I. Fehlende Durchsetzung des geltenden Rechtsrahmens Zunächst gilt es festzustellen, dass bereits nach geltendem Recht eine Vielzahl der durchgeführten ICOs unter die Regulierung des Bank- und Kapitalmarktrechts fallen. Zwar stehen die wenigsten Emissionen unter einem Erlaubnisvorbehalt. Allerdings sind für die ICOs von Debt Tokens, mitgliedschaftlichen Tokens, Equity Tokens sowie einigen Utility Tokens und Hybrid Tokens Prospekte zu erstellen. Erlaubnisvorbehalte und Prospektpflichten werden Emittenten auf dem Kapitalmarkt gerade deswegen auferlegt, um die Informationsasymmetrien abzuschwächen. Tatsächlich Wirkung entfalten kann dies jedoch nur, wenn die Marktteilnehmer diese Vorschriften auch befolgen oder von den Aufsichtsbehörden hierzu gezwungen werden. Im Gegensatz zu den rechtlich einschlägigen Pflichten lässt sich jedoch feststellen, dass Emittenten diese bisher faktisch ignorieren. Denn die wenigsten Emittenten haben einen den Vorgaben nationaler oder internationaler Wertpapiergesetze entsprechenden Prospekt veröffentlicht.457 Wie bereits ausgeführt wurde, genügen auch die freiwillig veröffentlichen Whitepapers nicht den an einen Prospekt gestellten Anforderungen und können demzufolge die bestehenden Informationsasymmetrien nicht wirksam abfedern. Stattdessen herrschte in der Praxis – gerade zu Beginn der ICO-Historie – die Vorstellung, dass man sich in einem rechtlich nicht regulierten Marktsegment oder zumindest innerhalb eines rechtlichen Graubereichs bewege.458 Selbst die BaFin sprach in ihrer ersten Hinweismeldung zu ICOs davon, dass es sich um Investments handele, „die oft nicht der geltenden Kapitalmarktregulierung unterliegen“.459 Zwar hat sich das Verständnis der BaFin mittlerweile gewandelt. In neueren Publikationen führt sie aus, dass ICOs in jedem Einzelfall genau daraufhin zu untersuchen seien, ob sie den geltenden Vorschriften der Kapitalmarktregulierung unterfallen.460 Dennoch sind zum Zeitpunkt dieser Arbeit kaum Fälle bekannt, in dem ein ICO-Emittent mit Sitz 457

Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 72; noch von keinem einzigen veröffentlichten Prospekt ausgehend Koch, ZBB 2018, 359, 365 sowie Zickgraf, AG 2018, 293, 293. 458 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.4; Birkholz, VentureCapital 11/2017, 38, 38. 459 BaFin v. 15. 11. 2017, Initial Coin Offerings: Hohe Risiken für Verbraucher, S. 1 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/10181896). 460 BaFin v. 20. 02. 2018, Initial Coin Offerings: Hinweisschreiben zur Einordnung als Finanzinstrumente, S. 1 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/1 0506450).

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

im deutschen Inland der BaFin einen Prospekt zur Billigung und Veröffentlichung vorgelegt hätte. Lediglich der von der österreichischen Aufsichtsbehörde gebilligte und im Wege des Notifizierungsverfahrens an die BaFin übermittelte Prospekt der Hydrominer IT-Services GmbH findet sich in der Datenbank der BaFin.461 Die Hydrominer IT-Services GmbH soll dementsprechend auch die erste Gesellschaft gewesen sein, die einen von einer europäischen Aufsichtsbehörde gebilligten, wertpapierrechtlichen Prospekt im EU-Raum erstellt und veröffentlicht hat.462 Auch die liechtensteinischen Unternehmen Neon Exchange AG und Crowdlitoken AG haben mittlerweile einen Prospekt für ihren ICO bei der liechtensteinischen Aufsichtsbehörde FMA registrieren lassen.463 In die Datenbank für hinterlegte Prospekte der BaFin scheinen diese jedoch nicht aufgenommen worden zu sein. Der erste von der BaFin gebilligte Prospekt hinsichtlich eines ICOs wurde von der Bitbond Finance GmbH am 30. Januar 2019 vorgelegt.464 An diesem Befund zeigt sich jedoch primär kein Bedürfnis nach zusätzlicher Regulierung in Form von Gesetzen. Stattdessen sind die Aufsichtsbehörden angehalten, die bestehenden Normen umzusetzen und ICOs, die nicht diesen Vorgaben entsprechen, konsequent zu untersagen. Die Bemächtigung hierzu hat die BaFin (vgl. Art. 32 Abs. 1 Satz 1 lit. f) Prospekt-VO). Vorbild kann hier die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC sein. So wurde bereits im November 2017 der ICO des Unternehmens „Munchee“ untersagt, da dieses nicht die einschlägigen kapitalmarktrechtlichen Vorschriften befolgt hatte, wie die SEC festgestellt hatte.465

II. Prospektinhalt Im Gegensatz zu dieser Durchsetzungsproblematik liegen im Rahmen des Prospektrechts auch strukturelle, normativ bedingte Effizienzbeschränkungen vor. Dies bezieht sich jedoch nicht auf die oben beschriebene Prospektpflichtigkeit als solche, sondern auf die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der inhaltlichen Aus461

Datenbank der BaFin zu hinterlegten Wertpapierprospekten, Wertpapierprospekt der Hydrominer IT-Services GmbH (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://portal.mvp. bafin.de/database/VPInfo/prospekt.do?details=true&id=25581887&typId=40&bereich=3 &cmd=zeigeProspektEmittentenSuche). 462 Vgl. Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 72 (Fn. 36). 463 Datenbank der FMA zu gebilligten Prospekten nach dem WpPG (zuletzt abgerufen am 19. 04. 2019 unter http://register.fma-li.li/index.php?id=277). 464 Datenbank der BaFin zu hinterlegten Wertpapierprospekten, Wertpapierprospekt der Bitbond Finance GmbH (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://portal.mvp.bafin.de/da tabase/VPInfo/prospekt.do?details=true&id=26953834&typId=41&bereich=3&cmd=zeige ProspektEmittentenSuche). 465 SEC v. 11. 12. 2017, Order Instituting Cease and Desist Proceedings pursuant to Section 8a of the Securities Act of 1933, Making Findings, and Imposing a Cease and Desist Order (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019 unter https://www.sec.gov/litigation/admin/2017/33-10445. pdf).

E. Informationsasymmetrien trotz Erlaubnis- und Prospektpflichten

197

gestaltung der zu erstellenden Prospekte.466 Denn der für einen Prospekt vorgeschriebene Inhalt ist nicht an die für eine Token-Emission notwendigen Informationen angepasst. Selbst wenn Emittenten einen Prospekt entsprechend der rechtlichen Vorgaben gestalten, wären Anleger daher nicht in der Lage, in Bezug auf einen emittierten Token, zu einer rationalen Anlageentscheidung zu gelangen. 1. Inhaltliche Vorgaben für Wertpapierprospekte nach der Prospekt-DVO Nach dem Konzept der Prospekt-VO bestimmt sich die inhaltliche Aufbereitung eines Prospekts nach den Art. 6 ff., 13 ff. Prospekt-VO. Art. 6 Prospekt-VO enthält in diesem Zusammenhang allgemeine Vorgaben und Grundsätze der Prospekterstellung. Hiernach müssen die enthaltenen Informationen geeignet sein, um Anleger dazu zu befähigen, sich ein fundiertes Urteil über die finanzielle Ausstattung des Emittenten, die mit den Wertpapieren verbundenen Rechte und die Gründe des Emittenten für die Emission bilden zu können. Die Prospekt-VO erkennt in diesem Zusammenhang an, dass sich die notwendigen Informationen nach Art und Wirtschaftslage des Emittenten sowie nach Art der Wertpapiere unterscheiden können. Nach Art. 6 Abs. 2 Prospekt-VO müssen die Informationen in „leicht verständlicher“ Form präsentiert werden. Aus dem insoweit nahezu gleichlautendem § 5 Abs. 1 WpPG wurden die Grundsätze der Prospektwahrheit, Prospektklarheit und Prospektvollständigkeit hergeleitet.467 Diese gelten auch unter dem neuen Prospektregime weiter fort. Die hiernach erforderlichen Inhalte können in zwei verschiedenen Gestaltungsformen aufbereitet werden (Art. 6 Abs. 3 Prospekt-VO). So können die Informationen entweder in einem einzigen Dokument oder in mehreren Einzeldokumenten (sog. „dreiteiliger Prospekt“468) erfasst werden. In letzterem Fall setzt sich der Prospekt zwingend aus einer Zusammenfassung, einer Emittentenbeschreibung und einer Wertpapierbeschreibung zusammen (Art. 6 Abs. 3 Unterabsatz 2 Satz 1 Prospekt-VO). Vorgaben für die Erstellung der Zusammenfassung lassen sich aus Art. 7 Prospekt-VO entnehmen. Die konkret in den Prospekt aufzunehmenden Inhalte wiederum bestimmen sich gem. Art. 13 Abs. 1, 44 Prospekt-VO anhand einer von der EU-Kommission erlassenen, delegierten Rechtsverordnung in Ergänzung zur Prospekt-VO – der ProspektDVO. Hierbei spielen die oben angesprochenen Unterscheidungen hinsichtlich der 466 Ebenso Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 573; Hacker/Thomale, S. 40 ff.; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104 f.; Spindler, WM 2018, 2109, 2115; speziell zu Equity TokenICOs Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 19 ff. 467 Schlitt, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 5 WpPG Rn. 8 ff.; Grosjean, in: Heidel, AktR, § 5 WpPG Rn. 2 f.; Holzborn/Mayston, in: Holzborn, WpPG, § 5 Rn. 4 ff.; Groß, KapitalmarktR, § 5 WpPG Rn. 2 ff. 468 Schmitt/Bhatti/Storck, ZEuP 2019, 287, 298; Wöckener/Kutzbach, RdF 2018, 276, 277; vgl. auch Singhof, in: FrankKomm WpPG, § 12 Rn. 5; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 12 WpPG Rn. 4.

198

Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

für verschiedene Emittentenarten einschlägigen Prospektinhalte eine Rolle. Denn die Prospekt-DVO unterscheidet systematisch eine Vielzahl an Kategorien von Emissionen und Emittenten (vgl. Erwägungsgrund (2) Prospekt-DVO). Der jeweils einschlägige Mindestinhalt bestimmt sich aus den, der jeweiligen Art zugeordneten Anhängen der Prospekt-DVO. Wie bereits ausgeführt wurde, können die meisten ICO-Emittenten dahingehend optieren, einen EU-Wachstumsprospekt anzufertigen. a) EU-Wachstumsprospekt Für die Veröffentlichung eines EU-Wachstumsprospekts gilt das Inhaltsschema des Art. 32 Prospekt-DVO. Hierin wird wiederum unterschieden, ob ein einzelnes Prospektdokument oder ein dreiteiliger Prospekt veröffentlicht wird (vgl. Art. 32 Abs. 1 und 2 Prospekt-DVO). Je nach der konkreten Art der Wertpapiere variieren die aufzunehmenden Informationen leicht. Im Ergebnis gilt jedoch, dass ein EUWachstumsprospekt die in Anhang 24 und 25 Prospekt-DVO genannten Angaben in Bezug auf den Emittenten und die in Anhang 26 und 27 Prospekt-DVO genannten Angaben in Bezug auf das emittierte Wertpapier enthalten muss (vgl. Art. 28 ff. Prospekt-DVO). Die zu treffenden Angaben hinsichtlich des Emittenten beinhalten Erklärungen über die für die Emission verantwortlichen Personen, die Strategie, Leistungsfähigkeit und das Umfeld des Unternehmens, mögliche Risikofaktoren, die Unternehmensführung, Finanzinformationen (insbesondere Jahresabschlüsse für die letzten beiden Geschäftsjahre) sowie die Anteilseigner und Wertpapierinhaber. Hinsichtlich der Wertpapiere müssen Informationen zu deren Zweck, den verantwortlichen Personen, zur Kapitalausstattung und Verschuldung des Unternehmens, zu Risikofaktoren, zu den Modalitäten und Bedingungen der Wertpapiere sowie zu den Konditionen des öffentlichen Angebots enthalten sein. b) Regulärer Prospektinhalt Ein Emittent, der nicht als KMU einzustufen ist oder sich freiwillig dazu entscheidet, hat einen regulären Prospekt zu erstellen. Der Inhalt eines solchen Prospekts bestimmt sich nach Art. 24 Prospekt-DVO, wobei ebenfalls danach unterschieden wird, ob er als ein einziges Dokument (Abs. 1) oder als dreigeteilter Prospekt (Abs. 2) aufgestellt wird. Diese Prospekte haben sämtliche Inhalte der, in Bezug auf die Art der Wertpapiere und des Emittenten zutreffenden, Anhänge zur Prospekt-DVO zu beinhalten. Dies umfasst insbesondere auch die soeben beschriebenen, für den EU-Wachstumsprospekt geforderten Inhalte. Allerdings gehen die geforderten Angaben in Umfang und Detailliertheit hierüber hinaus. 2. Fehlkonzeptionen im Hinblick auf ICOs Das inhaltliche Konzept der Prospekt-VO in Verbindung mit den Anhängen der Prospekt-DVO ist auf klassische Wertpapiere ausgelegt. Es wird davon ausgegangen,

E. Informationsasymmetrien trotz Erlaubnis- und Prospektpflichten

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dass für eine rationale Anlageentscheidung hauptsächlich die gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Historie des Emittenten469 sowie die Finanz- und Ertragslage der Vergangenheit relevant sind.470 Hieraus sollen die Anleger die künftige Wertentwicklung des Wertpapiers ableiten können. Ein besonderer Fokus der gesetzlichen Konzeption des Prospektinhalts liegt daher auf der Veröffentlichung von historischen Finanzinformationen (vgl. Anhang 25 Punkt 5.1 Prospekt-DVO), was etwa die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung des initiierenden Unternehmens umfasst.471 Die Informationen in einem Prospekt sind daher fast ausschließlich auf den Emittenten bezogen. Auch die erforderlichen Angaben zu dem emittierten Wertpapier basieren auf deren Abhängigkeit vom unternehmerischen Erfolg des Emittenten. Für ICOs ist dies hingegen nicht ausreichend. Hierfür spricht zunächst in praktischer Hinsicht der Start-up Charakter der absoluten Mehrzahl der ICO-Emittenten. Start-ups verfügen oftmals nicht über historische Finanz- und Unternehmensinformationen.472 Darüber hinaus stellen diese emittentenbezogenen Informationen, im Gegensatz zur Situation von etablierten Unternehmen, die nach Jahren der Geschäftstätigkeit einen Börsengang vornehmen, bei einem ICO auch nicht die für die Preisbildung relevanten Faktoren dar. Selbst wenn ein ICO-Emittent bereits in der Vergangenheit Geschäftsabschlüsse publiziert hat, lässt sich aus diesen in der Regel wenig über die künftige Entwicklung des Unternehmens ablesen. Denn der Wert eines solchen Start-ups bestimmt sich nicht nach der in der Bilanz abgebildeten Vermögens- und Ertragslage der Vergangenheit, sondern nach den Chancen und Möglichkeiten der Zukunft.473 Hier sind insbesondere die Innovationsfähigkeit, das Marktpotential, etwaige Risiken, der Kapitalbedarf und die Geschäftsstrategie entscheidend. Diese lassen sich jedoch nicht aus Jahresabschlüssen herleiten. Um potentiellen Anlegern eine rationale Anlageentscheidung zu ermöglichen, sind bei einem ICO vielmehr Angaben in Bezug auf die blockchainspezifischen Besonderheiten des Geschäftsmodells, die Modalitäten und technischen

469

Vgl. Schlitt, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, Anhang I Prospekt-VO 2004 Rn. 50; Meyer, in: FrankKomm WpPG, § 5 Rn. 21 ff. 470 Schlitt, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, Anhang I Prospekt-VO 2004 Rn. 87; Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 36.25; Heidelbach/Doleczik, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 7 WpPG Rn. 19; Klöhn/ Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104. 471 Schlitt, in: Assmann/Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, Anhang I Prospekt-VO 2004 Rn. 25 ff.; Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 36.29; Kessler, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 5 Rn. 320 f.; Heidelbach/Doleczik, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 7 WpPG Rn. 20. 472 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.130; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 23; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; Koch, ZBB 2018, 359, 367; Robinson, S. 28. 473 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.130 ff.; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; Schnorbus, WM 2009, 249, 256 f.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Grundlagen des jeweiligen Tokens und den möglichen Handel auf dem Sekundärmarkt erforderlich.474 Zunächst ist für die Wertentwicklung des Unternehmens entscheidend, inwieweit dessen Geschäftsmodell erfolgsversprechend ist. Bei Blockchain-Unternehmen ist es hierbei essentiell, den potentiellen Anlegern zu erklären, weshalb die BlockchainTechnologie einen Vorteil gegenüber den etablierten, herkömmlichen Methoden bietet. Denn nur, wenn die bereits beschriebenen Vorteile der Blockchain sinnvoll auf das beabsichtigte Geschäftsfeld angewendet werden können, liegt hierin tatsächlich ein ökonomischer Mehrwert. Nur in diesem Fall kann auch ein tragfähiges Geschäftsmodell des Emittenten vorliegen, welches ein Investment des potentiellen Anlegers rechtfertigen würde. Entscheidend kann hierbei insbesondere die Information hinsichtlich möglicher, beabsichtigter Netzwerkeffekte sein.475 Weiterhin muss auch die genaue Ausgestaltung des Tokens beschrieben werden. Problematisch hinsichtlich der Konzeption der Prospekt-DVO ist hierbei, dass Tokens aufgrund der fehlenden gesetzlichen Normierung völlig frei gestaltet werden können. Denn die Prospekt-DVO bezieht sich schwerpunktmäßig auf Wertpapiere, die rechtlich bekannten Strukturen entsprechen. Auch die in den Prospekt aufzunehmenden Angaben beziehen sich dementsprechend auf als bekannt vorauszusetzende, rechtliche Kategorien – z. B. die Gattung des Wertpapiers, die rechtlichen Grundlagen oder die Unterscheidung in Namens- oder Inhaberpapiere (vgl. Anhang 26 Punkt 4.1.3 Prospekt-DVO). Bei klassischen Wertpapieren sind diese Informationen für die Preisbildung auch durchaus relevant, denn es lassen sich hieraus rechtliche Folgen aus dem Gesetz ableiten. Diese Kategorien gelten für Tokens jedoch nicht. Zwar fordert Anhang 26 Punkt 4.1.5 Prospekt-DVO, unabhängig von gesetzlich normierten Strukturen, eine genaue Beschreibung der mit dem emittierten Wertpapier verbundenen Rechte, etwa Dividendenrechte, Stimmrechte und Bezugsrechte. Diese Angaben treffen in Bezug auf einige Tokens auch zu und bedeuten in diesen Fällen einen Erkenntnisgewinn für die Anleger. Allerdings kann die Gestaltung von Tokens auch völlig außerhalb dieser bekannten Strukturen stehen. Zu denken ist hier unter anderem an Vorschlagsrechte und die Rolle der Kuratoren im Rahmen von DAO-Strukturen, mögliche Verbrauchsrechte bei Hybrid Tokens mit Elementen eines Utility Tokens476 oder die Möglichkeit des Einsatzes als Zahlungsmittel innerhalb eines Netzwerks bei Hybrid Tokens mit Elementen eines Currency Tokens. Lediglich für die Emission von reinen Equity Tokens, die gerade den von der Prospekt-DVO vorausgesetzten, rechtlich gewachsenen Strukturen von Unternehmensanteilen entsprechen, sind die inhaltlichen Anforderungen als ausreichend anzusehen.477 474 Hacker/Thomale, S. 40; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 23; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; Veil, ZHR 2019, 346, 366. 475 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104. 476 Vgl. Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 24. 477 Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 23 f.

E. Informationsasymmetrien trotz Erlaubnis- und Prospektpflichten

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Bei mitgliedschaftlichen Tokens gilt darüber hinaus, dass die Wertentwicklung des Emittenten und des Tokens entscheidend von der Governance Struktur des entstehenden Netzwerks abhängt.478 In der wissenschaftlichen Literatur wird hierzu vorgeschlagen dieses Netzwerk als Emittenten anzusehen und alle zu diesem geforderten Angaben auch auf das entstehende Netzwerk zu beziehen.479 Zwar kann dies nicht überzeugen, denn Emittent eines Wertpapiers kann nur das wirtschaftlich hinter der Emission stehende Unternehmen sein und nicht etwa ein gesellschaftsrechtlich schwer fassbares Konstrukt, welches erst nach der Emission überhaupt entsteht. Dennoch sind Informationen hierzu für den Anleger unerlässlich, um seine Zahlungsbereitschaft eruieren zu können. In der gesetzlichen Konzeption zur inhaltlichen Gestaltung eines Prospekts findet sich dies jedoch nicht wieder. Neben der schuldrechtlichen Ausgestaltung der emittierten Tokens sind Informationen hinsichtlich der technischen Umsetzung unerlässlich für eine rationale Anlageentscheidung der potentiellen Investoren. Dementsprechend müssten Angaben hinsichtlich des zugrundeliegenden Smart Contracts in einem Prospekt enthalten sein.480 Denn auch wenn die schuldrechtlichen Vereinbarungen den Investor überzeugen sollten, könnte diese bei abweichender Programmierung des Smart Contracts irrelevant sein. Transaktionen auf der Blockchain können nämlich nicht rückabgewickelt werden. Unabhängig von einer etwaigen Betrugsabsicht des Emittenten, sind jegliche Fehler innerhalb eines Smart Contracts entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und somit auch für die finanzielle Rendite des Investments des Anlegers. Die Dringlichkeit dessen wird dadurch belegt, dass nach empirischen Studien jedenfalls 3 Prozent aller Smart Contracts technische Fehler aufweisen.481 Da die Smart Contracts nicht im Vorfeld der Emission von einer vertrauenswürdigen Stelle überprüft werden, obliegt es den Anlegern dies zu tun. Die Informationen hierzu müssten daher in einem Prospekt enthalten sein, was nach den momentanen gesetzlichen Vorgaben nicht zwingend gegeben ist. Schließlich sind auch Informationen zu einem später geplanten Handel auf den Kryptobörsen erforderlich. Etliche Investoren beteiligen sich ausschließlich deshalb an einem ICO, um später über den Sekundärmarkt an den Wertsteigerungen der Tokens teilzuhaben. Da einige Kryptobörsen als MTF der Regulierung der MiFID II unterfallen, sind sie diesbezüglich auch bereits Bezugspunkt der Prospekt-DVO. So haben die Prospekte etwa Informationen über die Möglichkeit des Handels, die Auswahl der Kryptobörse und den Zeitpunkt des Listings zu enthalten (vgl. Anhang 26 Punkt 5.6 Prospekt-DVO). Über die gesetzliche Konzeption hinaus sind jedoch weitere Informationen zu den blockchainspezifischen Besonderheiten der 478 Hacker/Thomale, S. 40; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; Spindler, WM 2018, 2109, 2115. 479 Hacker/Thomale, S. 40. 480 Hacker/Thomale, S. 40; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 24; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 105; Koch, ZBB 2018, 359, 367; Spindler, WM 2018, 2109, 2115; Veil, ZHR 2019, 346, 366. 481 Vgl. Spindler, WM 2018, 2109, 2110; bestätigend Teichmann, ZfPW 2019, 247, 268.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Kryptobörsen erforderlich. Dies bezieht sich insbesondere auf das zugrundeliegende Blockchain-System, die Nutzung des ERC20-Standards, die Funktionalitäten der Wallets, die Listing-Bedingungen oder etwaige Übertragungsbeschränkungen. Abschließend gilt zu bemerken, dass die effizienzsteigernde Wirkung der Information durch Prospekte auf dem ICO-Markt generell eingeschränkt ist. Denn ICOs zielen gerade auch darauf ab, viele Privatanleger mit geringen Investments anzuziehen. Privatanleger profitieren aber auf dem klassischen Kapitalmarkt gerade von der Aufbereitung der Informationen durch professionelle Investoren und Intermediäre. So sind heute Statistiken zufolge ca. 80 Prozent der an der Börse gehandelten Aktien in der Hand von professionellen Anlegern, während private Kleinanleger lediglich einen geringen Marktanteil aufweisen.482 Die institutionellen Anleger sind aufgrund ihrer Erfahrung und Ausstattung deutlich besser in der Lage, die gesamte Bandbreite der publizierten Informationen zu verarbeiten. Gleichzeitig sorgt dies aufgrund des hohen Anteils institutioneller Anleger am Handelsvolumen dafür, dass sich die Kurspreise in Richtung der tatsächlich gegebenen Wertigkeit entwickeln.483 Von dieser Tendenz hin zu rationalen Preisen profitieren – zumindest mittelbar – auch private Kleinanleger. Ein derartiges System existiert auf dem ICOMarkt jedoch nicht. Dies liegt zum einen darin begründet, dass die Preise von den Emittenten auf dem Primärmarkt einseitig festgelegt werden und somit auch der Einfluss der institutionellen Anleger geringer ist. Zum anderen ist das Verhältnis von Kleinanlegern zu institutionellen Anlegern bei ICOs deutlich höher.484 Auch Intermediäre haben sich bisher nicht durchgesetzt. Selbst wenn ein umfassender Prospekt veröffentlich würde, würde es daher vielen Anlegern schwerfallen, die Vielzahl an Informationen, insbesondere etwaige technische Angaben zur Blockchain-Technologie und Smart Contracts, in ihrer Anlageentscheidung rational zu verarbeiten. 3. Eingeschränkte Prüfungskompetenz der BaFin Bei den von der Prospekt-DVO genannten Angaben handelt es sich ausschließlich um Mindestangaben. In diesem Sinne sprechen bereits die Abschnittsüberschriften der Prospekt-DVO von den „Mindestangaben in den Registrierungsformularen“ und den „Mindestangaben in der Wertpapierbeschreibung“. In Zusammenspiel mit dem Grundsatz der Prospektvollständigkeit ergibt sich, dass durch die Aufnahme der in der Prospekt-DVO enthaltenen Angaben lediglich die Richtigkeit eines Prospekts

482 Für die DAX30-Unternehmen, vgl. Deutscher Investor Relations Verband, Investoren der Deutschland AG 5.0, S. 7: institutionelle Investoren 61,8 %, strategische Investoren 18,4 %, private Haushalte 17,2 % und Broker, Handel 2,6 % (Stand: 31. 12. 2017) (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www.dirk.org/dirk_webseite/static/uploads/Investoren_der_Deutsch land_AG_5-0_DAX-Studie-2018_Ipreo_DIRK.pdf). 483 Grundmann, in: Staub, HGB, Bd. XI/1, 6. Teil Rn. 69; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104; Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 15. 484 Veil, ZHR 2019, 346, 365.

E. Informationsasymmetrien trotz Erlaubnis- und Prospektpflichten

203

indiziert wird.485 Demzufolge kann ein Prospekt nur dann als richtig bzw. vollständig i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Prospekt-VO qualifiziert werden, wenn die oben beschriebenen Angaben zur Blockchain, den Tokens und dem Sekundärmarkt im Prospekt enthalten sind. Problematisch wird die fehlende Anpassung der Prospekt-DVO an ICOs daher erst im Zusammenhang mit der eingeschränkten Prüfungskompetenz der BaFin. Die BaFin hat einen erstellten Prospekt zunächst zu genehmigen, bevor er veröffentlicht werden darf (Art. 20 Abs. 1 Prospekt-VO). Im Rahmen des Billigungsprozesses überprüft die BaFin einen vorgelegten Prospekt auf dessen Verständlichkeit, Kohärenz und Vollständigkeit hin.486 Hinsichtlich der Prüfung der Vollständigkeit beschränkt sich die Kompetenz der BaFin jedoch darauf, zu überprüfen, ob der Prospektentwurf „gemäß der Verordnung (EU) 2017/1129 und der vorliegenden Verordnung erstellt wurde“ (Art. 36 Abs. 1 lit. a) Prospekt-DVO). Dies bedeutet, dass primär überprüft wird, ob der Prospekt eben jene Mindestangaben der ProspektDVO enthält.487 Auch eine inhaltliche bzw. fachliche Prüfung erfolgt nicht.488 Demnach können also auch materiell unrichtige Prospekte gebilligt werden. Dies führt dazu, dass die tatsächliche inhaltliche Vollständigkeit und Richtigkeit des Prospekts nicht im Rahmen des Billigungsprozesses abschließend geklärt wird, sondern erst im Rahmen eines etwaigen Haftungsprozesses.489 Die trotz Billigung fehlerhaften Prospekte können also die Anlageentscheidung der Investoren erheblich beeinflussen. Dies verzerrt deren Anlageentscheidungen und beeinträchtigt somit die allokative Effizienz des Kapitalmarkts. Auch für die Emittenten selbst kann das Fehlen von inhaltlichen Vorgaben für Token-Emissionen ökonomisch belastend wirken, nämlich dann, wenn sie sich mit unüberschaubaren Haftungsrisiken konfrontiert sehen.

III. Effizienzschädigende Einzelfallentscheidungen bei Utility Tokens und Hybrid Tokens Weiterhin ist das Publizitätsregime der Prospekterstellung hinsichtlich der zu treffenden Einzelfallentscheidung bei Utility Tokens und Hybrid Tokens effizienzschädlich. Denn die oben beschriebene Einzelfallentscheidung bei der Klärung der Wertpapiereigenschaft und der damit einhergehenden Prospektpflicht für die 485 Vgl. Meyer, in: FrankKomm WpPG, § 5 Rn. 11; Groß, KapitalmarktR, § 7 WpPG Rn. 2; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.306; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 23. 486 Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.307; Patz, Staatliche Aufsicht über Finanzinstrumente, S. 403 f.; Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 129; Schulz, WM 2018, 212, 219. 487 Ebenso Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 23; vgl. auch v. Kopp-Colomb, in: Assmann/ Schlitt/v. Kopp-Colomb, WpPG, § 13 WpPG Rn. 11; Groß, KapitalmarktR, § 7 WpPG Rn. 6; Schulz, WM 2018, 212, 216. 488 Vgl. Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.307. 489 Vgl. Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.307.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Emission von Utility Tokens und Hybrid Tokens ist abhängig von der nur schwerlich vorzunehmenden Beurteilung, ob bei einer Emission der Verbrauchs- oder der Investmentcharakter überwiegt. Zwar wurden im Verlauf dieser Arbeit einige objektiv bewertbare Indizien definiert. Auch hierbei gilt es jedoch Abgrenzungen vorzunehmen. Zusätzlich sind auch subjektive Kriterien, insbesondere die Gewinnerzielungsabsicht des Anlegers relevant. Im Ergebnis stellt die zu treffende Abwägung demzufolge eine für den Emittenten höchst diffizile Wertungsentscheidung dar. Derartige Einzelfallentscheidungen sind aus zweierlei Gründen ineffizient. Zum einen entstehen bereits durch die Prüfung an sich hohe Transaktionskosten.490 Denn die Abwägung verlangt einerseits hohen internen Prüfungsaufwand oder erzeugt andererseits zusätzliche Kosten für externe Rechtsberatung. Zum anderen folgt aus der Notwendigkeit einer an weichen Kriterien ausgerichteten Einzelfallentscheidung unweigerlich, dass Fehler mit dieser Entscheidung einhergehen. Die Fehleranfälligkeit der Abwägung ist in Hinblick auf die Effizienz des Kapitalmarkts besonders problematisch. Denn entweder wird sich der Emittent bei einer vorsichtigen Herangehensweise dafür entscheiden einen Prospekt zu erstellen, obwohl dies nicht erforderlich war. Für das initiierende Unternehmen hätte dies zur Folge, dass ihm die gegebenenfalls enorm hohen Kosten für die Prospekterstellung entstehen.491 Diese zur Finanzierung notwendigen Kosten stellen Transaktionskosten dar, welche die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts verzerren. Dies würde insbesondere dann gelten, wenn sich deren Höhe im Falle kleinerer Unternehmen als prohibitiv herausstellt.492 In diesem Fall würden Unternehmen den ICO gänzlich unterlassen. Insbesondere wird dieser Effekt durch die Eigenarten von Utility Tokens und Hybrid Tokens akzentuiert. Denn die Prospektpflicht entfällt in Zusammenhang mit entsprechenden Token Sales gerade deshalb, da die durch diese Tokens repräsentierten Rechte überwiegend Elemente des Verbrauchs aufweisen und nicht solche der Investition. Das kapitalmarktrechtliche Mittel der Publizität wirkt für derartige Tokens nicht effizienzsteigernd. Die aufgewendeten Kosten sind also, zumindest entsprechend der Ratio von Verbrauchs- zu Investmentfunktion, verschwendet. Nicht minder problematisch ist der umgekehrte Fall. Veröffentlichen Emittenten keinen Prospekt, obwohl sie einer Prospektpflicht unterliegen, fehlen der Anlegergemeinschaft die notwendigen Informationen, um eine rationale Anlageentscheidung zu treffen. Hierdurch wird primär der Erfolg der beabsichtigten Kapitalallokation im Rahmen des konkreten ICOs beeinträchtigt. Neben diesem Aspekt des Funktionsschutzes wird jedoch ebenfalls der gleichlaufende, überindividuelle Anlegerschutzaspekt des Kapitalmarktrechts beeinträchtigt. Anleger verlieren das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des ICO-Marktes, wodurch diese im weiteren Verlauf tatsächlich weiter abnimmt. Schlussendlich unterfallen die Emittenten bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auch den Sanktionen der Prospekthaftung. 490

Vgl. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 455 f. Vgl. Groß, KapitalmarktR, § 3 WpPG Rn. 5; Borkert, ITRB 2018, 39, 40 f.; Bronger/ Scherer, WM 2017, 460, 461; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 11 (Fn. 13). 492 Borkert, ITRB 2018, 39, 41; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 103 f. 491

E. Informationsasymmetrien trotz Erlaubnis- und Prospektpflichten

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IV. Unanwendbarkeit des Bank- und Kapitalmarktrechts bei Currency Tokens Weiterhin stellt die vollständige Unanwendbarkeit der bank- und kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zum Abbau von Informationsasymmetrien bei Currency Tokens eine Beeinträchtigung der Effizienz des ICO-Markts dar. Diese Unanwendbarkeit beruht auf einer strukturellen Fehlkonzeption des geltenden Rechtsrahmens hinsichtlich ICOs und der Möglichkeit der Emission von zahlungsmittelartigen Tokens. Denn Geldmarktinstrumente werden von dem Anwendungsbereich der Prospekt-VO gerade deshalb ausgenommen, da die kapitalmarktrechtlichen Prospektvorschriften hierfür nicht zugeschnitten sind. Dem Funktions- und Anlegerschutz soll in Hinblick auf Geldmarktinstrumente genügt werden, indem stattdessen das Erbringen von Bank- und Zahlungsdienstleistungen unter die Erlaubnisvorbehalte und die entsprechende, laufende Aufsicht des KWG und ZAG fällt. Für Currency Tokens gilt dies jedoch nicht. Denn es handelt sich bei ihnen zwar um Geldmarktinstrumente, die allerdings dennoch nicht unter die Vorschriften von KWG oder ZAG fallen. Insoweit liegen Currency Tokens also außerhalb des Anwendungsbereichs der bank- und währungsrechtlichen Erlaubnisvorschriften und gleichzeitig – demzufolge teleologisch verfehlt – auch außerhalb des Anwendungsbereichs der kapitalmarktrechtlichen Prospektpflichten. Daher verbleiben sowohl in Bezug auf die Emittenten als auch in Bezug auf die Currency Tokens an sich Informationsasymmetrien bestehen. Ökonomisch bewirken diese Informationsasymmetrien, dass die Marktteilnehmer kein Vertrauen in die Werthaltigkeit von Currency Tokens haben. Die Funktionalität einer Währung, egal ob staatlicher oder privater Natur, beruht jedoch gerade auf dem Vertrauen der Nutzer, dass andere Marktteilnehmer der jeweiligen Währung ebenfalls einen gewissen Wert zumessen.493 Dieses Vertrauen ergibt sich bei klassischen, gesetzlichen Zahlungsmitteln aus der rechtlichen Absicherung und der hinter der Währung stehenden Zentralbank. Bei E-Geld tritt stattdessen der EGeld-Emittent als struktureller Anknüpfungspunkt dieses Vertrauens in den Mittelpunkt. Aus diesem Grunde existiert auch die angesprochene Erlaubnispflicht des § 11 Abs. 1 ZAG. Der staatliche Rechtsrahmen gewährleistet, dass die Emittenten von E-Geld in personeller und finanzieller Hinsicht geeignet sind, Geschäfte dieser Art zu erbringen (s. o.). Marktteilnehmer können daher darauf vertrauen, dass das von ihnen besessene E-Geld werthaltig ist. Denn im Zweifel haben sie einen Anspruch auf Rücktausch des E-Gelds in gesetzliche Zahlungsmittel nach § 33 Abs. 1 Satz 2 ZAG. Das Vorliegen der Erlaubnis wirkt also als vertrauensbegründende Maßnahme. Da alle diese verschiedenen Vertrauenstatbestände bei Currency Tokens nicht existieren, müssen Marktteilnehmer versuchen, die Werthaltigkeit und Wertstabilität selbst zu bemessen. Um dies in rationaler Art und Weise vornehmen zu können, 493 Beck/König, JZ 2015, 130, 136 (Fn. 101); Langenbucher, AcP 2018, 385, 390 f.; Lerch, ZBB 2015, 190, 192.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

müssten sie theoretisch alle Informationen verarbeiten, die auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage der jeweiligen Währung Einfluss haben. Aufgrund der fehlenden Anwendbarkeit der kapitalmarktrechtlichen Prospektpflichten und der aufsichtsrechtlichen Erlaubnispflichten existieren derartige Informationen jedoch nicht. Folglich bestehen nach wie vor enorme Informationsdefizite bei ICOs, in deren Rahmen Currency Tokens emittiert werden. Dies zeigt sich zum einen in der enorm hohen Anzahl an mittlerweile wertlosen Kryptowährungen.494 Zum anderen zeigt sich dies an dem als völlig dysfunktional einzustufenden Markt für Kryptowährungen, welcher sich durch enorme Kursschwankungen, fehlende Bezahlmöglichkeiten, Betrugs- und Diebstahlsfälle sowie Geldwäsche auszeichnet.

V. Fehlende Intermediäre auf dem ICO-Markt Auch die fehlende Anwendbarkeit von Erlaubnisvorschriften sorgt für eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit des ICO-Markts. Denn das Fehlen von derartigen, durch die staatliche Erlaubnis legitimierten, vertrauensvollen Intermediären sorgt für ein vermindertes Vertrauen der Anleger und somit für geringere Investitionen. Dies ist jedoch nur unter Berücksichtigung eines weiteren Aspekts zu erläutern. Denn die Erlaubnisvorschriften sind gerade darauf ausgelegt, das Vertrauen in auf dem Kapitalmarkt auftretende Intermediäre zwischen Emittent und Anleger abzusichern. Um diesem Effekt überhaupt Wirkung beimessen zu können, müssen aber Intermediäre beteiligt sein. Dementsprechend hängt die effizienzschädigende Wirkung weniger mit der Unanwendbarkeit der Erlaubnisvorbehalte, als mit dem generellen Fehlen von Intermediären zusammen.495 Bei klassischen Finanzierungsmethoden arbeiten die Emittenten in aller Regel mit einer oder mehreren Emissionsbanken, zusammen (sog. „Emissionskonsortium“ im Rahmen einer Fremdemission).496 Diese stellen den Kontakt zwischen Emittent und privaten sowie institutionellen Anlegern her und sorgen so für die hinreichende Zeichnung der ausgegebenen Wertpapiere.497 Weiterhin übernehmen sie oftmals auch einen Teil oder gegebenenfalls das komplette wirtschaftliche Risiko der

494

Statista, 1.614 tote Digitalwährungen (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://de. statista.com/infografik/16578/anzahl-der-gestorbenen-kryptcoins-und-ursachen-fuer-ihr-ende/). 495 Ebenso Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 105. 496 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.24 f.; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, Rn. 8.1; Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 112 Rn. 6; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 11. 497 Singhof/Weber, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 3.24; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, Rn. 8.2; Schücking, in: MHdB GesR, Bd. I, § 32 Rn. 31.

E. Informationsasymmetrien trotz Erlaubnis- und Prospektpflichten

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Emission.498 Schließlich sind die Emissionsbanken regelmäßig auch an der Prospekterstellung beteiligt oder stehen für die Richtigkeit desselben ein.499 Auch bei der Emission von Anleihen werden in aller Regel Emissionsbanken beauftragt, während die Eigenemission den absoluten Ausnahmefall darstellt.500 Diese Beteiligung von Intermediären stellt also aus wirtschaftlicher Notwendigkeit heraus den praktischen Regelfall dar. Gelegentlich wird dies sogar rechtlich zwingend vorgeschrieben, so etwa bei der Zulassung zum regulierten Markt einer Börse (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 1 BörsG). Durch den Erlaubnisvorbehalt der Tätigkeiten der Emissionsbanken (vgl. etwa § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 KWG) können die Anleger darauf vertrauen, dass zumindest einer der an der Emission Beteiligten die hinreichenden finanziellen und organisatorischen Mittel für ein solches Unterfangen aufweist.501 Die Funktionalität des Kapitalmarkts wird hierdurch gestärkt. Bei ICOs liegt hingegen keine Intermediärskonstellation vor.502 Die Emittenten bereiten den ICO alleine vor, bewerben ihn selbstständig, programmieren eigenhändig den Smart Contract und führen den ICO in Eigenregie durch. Dementsprechend schlagen auch die oben untersuchten Effekte der Erlaubnisvorschriften nicht auf den ICO-Markt durch. Anleger können sich also nicht darauf verlassen, dass die initiierenden Unternehmen irgendeine Art von Prüfung durchlaufen haben, bevor sie ihre Finanzprodukte auf dem Kapitalmarkt anbieten konnten. Zwar haben durchaus Intermediäre versucht auf dem ICO-Markt Fuß zu fassen und eine Rolle als „Gatekeeper“ zwischen Emittenten und Anlegern auszuüben.503 Durchgesetzt haben diese sich jedoch bisher nicht, weswegen deren Tätigkeiten bisher auch nicht die gewünschten effizienzsteigernden Effekte bewirken. Grundsätzlich sollen derartige, als Gatekeeper fungierende, Intermediäre die Verbindung von Emittent und Anleger vorbereiten und arrangieren.504 Dabei untersuchen sie gleichzeitig etwa die Bonität oder etwaiges Fehlverhalten der beteiligten Marktteilnehmer anhand der für Kleinanleger schwer zu überschauenden vom Unternehmen veröffentlichten

498 Schücking, in: MHdB GesR, Bd. I, § 32 Rn. 31; Singhof, in: MüKo HGB, Bd. VI, EmissionsG Rn. 14; Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 112 Rn. 4. 499 Großjean, in: Heidel, AktR, § 2 WpPG Rn. 35; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, Rn. 8.5; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 2 WpPG Rn. 55 ff. 500 Grüning/Hirschberg, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 15.2; Brandt/Müller/Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 15.87; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 10.138. 501 Groß, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. II, Bank- u. BörsenR Rn. VII 6; Meyer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, Rn. 8.3. 502 Vgl. Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 71 f.; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568; Hahn/ Wilkens, ZBB 2019, 10, 11; Koch, ZBB 2018, 359, 367. 503 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 96. 504 Vgl. Grüning/Hirschberg, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 15.45 f.; Wedemann, in: Oetker, HGB, § 230 Rn. 12; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568; Podszun/Kersting, ZRP 2019, 34, 34 f.

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Kap. 4: Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien

Daten.505 Die Gatekeeper stehen hierbei mit ihrer Reputation für die Korrektheit ihrer Untersuchung und Bewertung ein.506 Die Anleger profitieren von der professionellen Beratung. Gleichzeitig werden die Emittenten durch die sachkundige Überprüfung ihrer veröffentlichten Informationen verantwortlich gehalten, den Kapitalmarkt aufrichtig und fehlerfrei zu informieren. Durch das Fehlen derartiger Intermediäre auf dem ICO-Markt können Anleger keinerlei zusätzliches Vertrauen aus den Versicherungen dritter Beteiligter beziehen und sind demzufolge im Zusammenhang mit ihrer Anlageentscheidung allein auf den Emittenten, die von ihm bereitgestellten Informationen und die eigene Fähigkeit zur Bewertung dessen angewiesen. Durch diese Lücke wird insbesondere die Anlegerschutzfunktion des Kapitalmarktrechts vernachlässigt.

VI. Ergebnis Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass trotz weitreichender Anwendbarkeit geltenden Rechts auf dem ICO-Markt Informationsasymmetrien in hohem Maße fortbestehen. Hier besteht also im Sinne einer effizienten Rechtsordnung ein weitergehendes Bedürfnis nach staatlicher Regulierung. Wie diese ausgestaltet sein sollte, wird im letzten Teil dieser Arbeit zu untersuchen sein.

505 Leyens, in: FS Schäfer, S. 161; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 13.590; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse ZivilR, S. 707; Habersack, ZHR 2005, 185, 186. 506 Leyens, in: FS Schäfer, S. 161; Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568; Habersack, ZHR 2005, 185, 191; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 96; Mülbert/Sajnovits, ZfPW 2016, 1, 25; Rhue, S. 24.

Kapitel 5

Marktversagen aufgrund von externen Effekten und Staatsversagen Im Folgenden soll das Vorliegen eines Marktversagens aufgrund von externen Effekten und einem Staatsversagen im ökonomischen Sinne untersucht werden. Dies erfolgt in einem einheitlichen Rahmen, denn beide Aspekte sind durch das Eingreifen des Staates in den Kapitalmarkt durch die Steuerrechtsordnung gekennzeichnet. Sie decken sich also insoweit hinsichtlich Ursachen und Wirkungen.

A. Positive externe Effekte verbunden mit dem Kapitalmarkt und ICOs Wie bereits angesprochen wurde, sind funktionierende Kapitalmärkte mit positiven Wirkungen für die gesamte Volkswirtschaft verbunden. Denn durch diese wird die Ressource Kapital von einem Investoren zu einem kapitalbedürftigen Unternehmen verschoben, sodass dieses sein Geschäft aufbauen und hierdurch wiederum die gesamte Volkswirtschaft stärken kann.1 Nach ökonomischen Grundsätzen hat der Gesetzgeber also für den effizienten Ablauf des Kapitalmarktes zu sorgen. Im Sinne des Gewährleistungsstaats sollte er den Rechtsrahmen dafür bereitstellen, dass die Marktteilnehmer selbst aufgrund von Verhandlungen eine optimale Kapitalallokation bewirken können. Dieser Rechtsrahmen sollte insbesondere auch das Schaffen von verschiedenen Möglichkeiten zur Kapitalaufnahme beinhalten. Eine Auswahl unter verschiedenen Arten an Finanzierungsmöglichkeiten wirkt sich dabei positiv auf die Funktionalität des Kapitalmarkts aus. Denn Unternehmen und Anleger können dann im Rahmen der Verhandlungslösung die Finanzierungsstruktur wählen, die am ehesten ihren tatsächlichen wirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht. Je einfacher dabei die Kapitalaufnahme gestaltet ist und je besser die Auswahl der Finanzierungsmethode an den Bedürfnissen der Marktteilnehmer ausgerichtet werden kann, desto effizienter funktioniert der betreffende Kapitalmarkt.2 Die Auswahlmöglichkeiten bezüglich einer Finanzierungsart sind hierbei vielfältig. Systematisierend kann zwischen der Finanzierung des Unternehmens 1 Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- u. KapitalmarktR, Rn. 14.144; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 1.68; Bumke, DV 2008, 227, 230 f.; Möllers, AcP 2008, 1, 7. 2 Vgl. Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 121.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

mittels Fremd- oder Eigenkapital, der Herkunft des Kapitals (Außen- oder Innenkapital) sowie der Dauer der Kapitalüberlassung unterschieden werden.3 Für den Staat impliziert diese Erkenntnis den Auftrag, einen verlässlichen Rechtsrahmen für die verschiedenen Finanzierungsmittel des Kapitalmarkts zu schaffen, zu erhalten und gegebenenfalls auszuweiten. Demnach gilt, dass sich auch die grundsätzliche Möglichkeit der Durchführung von ICOs positiv auf die Gesamteffizienz der Unternehmensfinanzierung über den Kapitalmarkt auswirkt. Hierdurch wird den Unternehmen nämlich die Möglichkeit eröffnet, neben den klassischen Venture-Capital-Finanzierungsarten ein weiteres Finanzierungsmittel in ihre strategischen Planungen einzubeziehen. Neben den allgemeinen Effizienzsteigerungen des Kapitalmarkts ist die Möglichkeit von ICOs zusätzlich mit positiven externen Effekt verbunden. Diese bewirken mittelbar Innovationen, indem sie neuartige Geschäftsmodelle finanzieren. Zwar ist dieser Effekt keine Notwendigkeit der rechtlichen Struktur der Finanzierungsmethode. In tatsächlicher Hinsicht werden die externen Effekte aber dadurch gewährleistet, dass hauptsächlich junge Unternehmen in einem frühem Entwicklungsstadium ICOs durchführen. Dies liegt darin begründet, dass ICOs im Gegensatz zu vielen anderen Finanzierungsmethoden die Möglichkeit bieten, Kapital in wirtschaftlich sinnvoller Weise zu einem Zeitpunkt aufzunehmen, in dem lediglich die bloße Idee eines Geschäftsmodells besteht. Unternehmen können hierdurch die sogenannte „Early Stage Gap“ überbrücken, womit die Phase der Unternehmensentwicklung beschrieben wird, in der das Unternehmen selbst noch nicht genügend Gewinn erwirtschaftet und institutionelle Anleger oder Kreditinstitute aufgrund des noch nicht absehbaren Risikos zögern, Kapital zur Verfügung zu stellen.4 Hieraus folgt, dass mit ICOs Ideen finanziert werden, die aufgrund ihres hohen Risikos anderenfalls nicht das zur Weiterentwicklung notwendige Kapital erhalten würden. Die hierdurch ermöglichten Innovationen sind als positive externe Effekte zu qualifizieren, denn sie erzeugen Wissen, welches im Anschluss der gesamten Volkswirtschaft zur Verfügung steht.5 Andere Unternehmen können dieses verwenden und somit ebenfalls von der Leistung des innovativen Unternehmens profitieren. Da diese positiven Auswirkungen für dritte Unternehmen von den Kunden des Innovators preislich jedoch nicht honoriert werden, besteht für diese keine gesteigerte Motivation, ein solches Gut zu produzieren. Bei Innovationen handelt sich daher um ein Gut, welches für gewöhnlich in einem volkswirtschaftlich zu geringen Maße produziert wird. ICOs steuern hiergegen an, da sie vor allem junge Unternehmen mit Kapital versorgen und somit Innovationen fördern. 3 Vgl. Kuhn/Kubicki, in: Mössner/Baumhoff, SteuerR, Rn. 12.1; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 256; Förster, Stbg 2011, 49, 49; König, StuW 2004, 260, 264. 4 Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil A) Rn. 27; Koch, ZBB 2018, 359, 361; vgl. Nietsch/Eberle, ZVglRWiss 2017, 205, 207. 5 Weitnauer, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil A) Rn. 30 f.; Brümmerhoff/Büttner, Finanzwissenschaft, S. 70; Brunner/Kehrle, VWL, S. 365; Schnitzer, DStJG 2016, 53, 56.

B. Staatsversagen aufgrund des deutschen Steuerrechts

211

Verstärkend kommt hinzu, dass die Durchführung eines ICOs an sich eine derartige Innovation darstellt. Die zugrundeliegende Blockchain-Technologie stellt eine innovative Technologie dar, die möglicherweise die wirtschaftliche Zukunft maßgeblich prägen wird.6 Durch den bloßen Umgang mit der Blockchain-Technologie wird das Verständnis der Wirtschaft und die Akzeptanz der Gesellschaft für diese erweitert. Allein der Nutzung der Technologie kann also durchaus bereits innovationsfördernde Wirkung, verbunden mit einem positiven externen Effekt, zugeschrieben werden. Demzufolge ist die Durchführung eines ICOs mit externen Effekten verbunden. Hieraus ergibt sich nach der ökonomischen Analyse für den staatlichen Gesetzgeber grundsätzlich der Auftrag, ICOs als Teil eines effektiven Kapitalmarktes zu fördern, um die hierdurch entstehenden externen Effekte für die gesamte Volkswirtschaft zu internalisieren. Eines der klassischen, im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften vorgeschlagenen Mittel zur Reaktion auf externe Effekte, ist das Einführen einer sogenannten „Pigou-Steuer“ oder von Subventionen.7 Dies meint die künstliche Preisanpassung von Gütern, welche mit externen Effekten verbunden sind, durch eine steuerliche Belastung oder Erleichterung. Im Widerspruch zu diesem grundsätzlich bestehenden Förderungsauftrag, betrachten Teilnehmer des ICO-Markts die Gesetzgebung des deutschen Staates allerdings oftmals als Einschränkung. In diesem Zusammenhang wird insbesondere die Belastung der kapitalsuchenden Unternehmen durch das Steuerrecht als zu hoch bzw. als unvorhersehbar und unberechenbar empfunden.8 Dies soll im Rahmen des folgenden Kapitels überprüft werden.

B. Staatsversagen aufgrund des deutschen Steuerrechts Unabhängig von einem derartigen Förderungsauftrag, sind Steuern ihrer Grundkonzeption nach auf das Erreichen fiskalischer Zwecke ausgerichtet (vgl. § 3 Abs. 1 AO). Eine etwaige Einflussnahme auf die Entscheidungsprozesse von Wirtschaftssubjekten ist hiernach zumindest nicht das primäre Ziel der Steuergesetzgebung. Es ist jedoch anerkannt, dass durch sogenannte „Lenkungssteuern“ auch

6 Linardatos, DB 2018, 2033, 2033; Simmchen, MMR 2017, 162, 162 ff.; Thiele, ZfgK 2017, 580, 580. 7 Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 7 Rn. 115; Bofinger, Grundzüge VWL, S. 240; Brunner/Kehrle, VWL, S. 374; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 182; Vogel, Einflussnahme steuerlicher Lenkungsnormen, S. 20; Welfens, Grundlagen Wirtschaftspolitik, S. 191; Möslein, JZ 2012, 243, 248; ausführlich zu sog. „Öko-Steuern“ Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/ FGO, § 3 Rn. 13 (147. EL 01/2017). 8 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 99; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1154; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 22; ähnlich Reiter/Nolte, BB 2018, 1179, 1184.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

andere, nicht rein fiskalische Ziele verfolgt werden können.9 In Zusammenhang mit dieser Arbeit sei hier insbesondere die Einflussnahme auf die Entscheidungsprozesse von Wirtschaftsteilnehmern genannt. Durch derartige Steuern soll das Verhalten von Rechtssubjekten am Markt in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Hierbei unterliegt die Steuergesetzgebung als Eingriff in die Grundrechte der Steuerpflichtigen einem Rechtfertigungsbedürfnis.10 Demzufolge sind die Steuergesetze in formeller und materieller Hinsicht an den Anforderungen der Verfassung zu messen. Insbesondere in materieller Hinsicht unterliegt dies der besonderen Dogmatik des Steuerrechts. Kern der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung ist die Wahrung des steuerlichen Leitmotivs der Steuergerechtigkeit und des hieraus hervorgehenden Prinzips der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.11 Dieses wiederum wird durch die insoweit systemtragenden Anforderungen des Prinzips der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie den Erfordernissen von Sachgerechtigkeit und Folgerichtigkeit konkretisiert.12 Da Lenkungssteuern von den oben genannten Gerechtigkeitsprinzipien, insbesondere dem Leistungsfähigkeitsprinzip, abweichen, erfordern sie das Vorliegen besonderer Rechtfertigungsgründe, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen von Gerechtigkeit und Gleichheit zu genügen.13 Erforderlich ist zunächst, dass die Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips aus Gründen des Gemeinwohls oder als Folge eines bestimmten Bedürfnisses oder Verdiensts erfolgt.14 Weiterhin müssen die Steuergesetze erkennbar diesem, vom gesetzgeberischen Willen umfassten Grund entsprechen und in sich wiederum gleichheitsgerecht ausgestaltet sein.15 Konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung von Lenkungssteuern ergeben sich hieraus jedoch nicht. Stattdessen steht dem Gesetzgeber innerhalb dieses verfas9 Gersch, in: Klein, AO, § 3 Rn. 9; Koenig, in: Koenig, AO, § 3 Rn. 24; Bartone, in: Kühn/ v. Wedelstädt, AO/FGO, § 3 AO Rn. 23; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 5; Kirchhof, BB 2017, 662, 663; Möslein, JZ 2012, 243, 246. 10 Englisch, in: FS Lang, S. 169; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 Rn. 35 (147. EL 01/ 2017); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 3 Rn. 95 ff.; Birk/Desens/Tappe, SteuerR, Rn. 157; Tipke, StRO I, S. 232 f. 11 Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 181 Rn. 192; Pahlke, in: Schwarz/ Pahlke, AO/FGO, § 3 AO Rn. 47 (172. EL 09/2016); Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 Rn. 42 (147. EL 01/2017); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 3 Rn. 95, 110; Tipke, StRO I, S. 284 ff. 12 Englisch, in: FS Lang, S. 169; Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. VIII, § 181 Rn. 208; Pahlke, in: Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 3 AO Rn. 49 ff. (172. EL 09/2016); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 3 Rn. 121 f. 13 Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 Rn. 46 (147. EL 01/2017); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 3 Rn. 132; Birk/Desens/Tappe, SteuerR, Rn. 196 f. 14 Pahlke, in: Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 3 AO Rn. 55 (172. EL 09/2016); Hey, in: Tipke/ Lang, SteuerR, § 3 Rn. 133 ff. 15 Osterloh, in: FS Selmer, S. 887; Gersch, in: Klein, AO, § 3 Rn. 9; Koenig, in: Koenig, AO, § 3 Rn. 26; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 Rn. 46 (147. EL 01/2017); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 3 Rn. 21; Birk/Desens/Tappe, SteuerR, Rn. 205; Kirchhof, BB 2017, 662, 663; Möslein, JZ 2012, 243, 246.

B. Staatsversagen aufgrund des deutschen Steuerrechts

213

sungsrechtlichen Rahmens ein weiter Gestaltungsspielraum zu.16 Wie bereits im Verlauf dieser Arbeit dargelegt, wird der Gesetzgeber bei der Ausübung dieses Gestaltungsspielraums maßgeblich durch ökonomische Überlegungen angeleitet. Bei der Zielbestimmung muss unterschieden werden zwischen den allgemeinen positiven Effekten des Kapitalmarkts und den mittelbaren externen Effekten von ICOs im Besonderen. Die Förderung der Effizienz des Kapitalmarkts ist nicht zwingend gleichlaufend mit der Förderung der Effizienz von ICOs, einem bloßen Teil des Kapitalmarkts.

I. Allokationseffizienz des Kapitalmarkts durch das Konzept der Finanzierungsfreiheit Die Förderungswürdigkeit des Kapitalmarkts und das Steuerrecht münden im ökonomischen Gebot der „Finanzierungsfreiheit“.17 Das Prinzip der Finanzierungsfreiheit stellt eine Ausprägung des Postulats der „Entscheidungsneutralität des Steuerrechts“ dar.18 Dieses ist als Kerngedanke einer effizienten Steuergesetzgebung, insbesondere im Rahmen des Unternehmenssteuerrechts, wissenschaftlich weitgehend anerkannt, wird in der Steuerpraxis jedoch durch eine Vielzahl systemwidriger Normen durchbrochen.19 Gerade auch der BFH hat den Grundsatz der Entscheidungsneutralität des Steuerrechts auf das Gebiet der Unternehmensfinanzierung übertragen.20 Der ökonomische Gehalt des Postulats der Finanzierungsfreiheit zielt darauf ab, dass unternehmerische Finanzierungsentscheidungen allein anhand der größtmöglichen wirtschaftlichen Effizienz getroffen werden. Die Steuerordnung sollte hierauf stattdessen keinen Einfluss nehmen.21 Denn nur in Situationen, in denen staatliche Vorgaben eine derartige Entscheidung nicht verzerren, können die Marktteilnehmer im Rahmen einer Verhandlungslösung eine optimal effiziente Allokation von Kapital 16

Pahlke, in: Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 3 AO Rn. 55 (172. EL 09/2016); Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 3 Rn. 45a f. (147. EL 01/2017); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 3 Rn. 122. 17 Jacobs/Endre/Spengel, in: Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 223; Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 1 Rn. 20; Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien UntStR, S. 166; Broer, StuW 2010, 57, 57. 18 Osterloh, in: FS Selmer, S. 883; Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 11 Rn. 21 und § 7 Rn. 7; Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien Unternehmenssteuerrecht, S. 166; König, StuW 2004, 260, 264; Musil/Leibohm, FR 2008, 807, 808. 19 Osterloh, in: FS Selmer, S. 876; Broer, StuW 2010, 57, 63; Drüen, DStJG 2014, 9, 26 f., 31, 37 f.; Röder, DStJG 2016, 307, 309 f.; Schön, DStJG 2015, 217, 245. 20 BFH, Urteil v. 05. 02. 1992, Az. I R 127/90, Rn. 33 = NJW 1992, 2309, 2311 = BB 1992, 676, 679; BFH, Beschluss v. 08. 12. 1997, Az. GrS 1 – 2/95 = BB 1998, 298 = FR 1998, 147. 21 Drüen, in: Frotscher/Drüen, KStG, Vor § 1 Rn. 25 (140. EL 09/2017); Osterloh, in: FS Selmer, S. 883; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 10 Rn. 136; Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 253; Krengel, Mindestbesteuerung und Effizienz, S. 62.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

erreichen. Insoweit wirkt sich hierin die Grundüberzeugung des Coase-Theorems aus. Um Finanzierungsfreiheit zu gewährleisten, sollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass jedes Unternehmen, für welches ein ICO die wirtschaftlich effizienteste Art der Unternehmensfinanzierung darstellt, ein solches auch tatsächlich durchführt. Die steuerliche Belastung einer wirtschaftlichen Tätigkeit nimmt jedoch im Sinne der ökonomischen Analyse des Rechts Einfluss auf die Kosten-Nutzen-Abwägung eines Marktteilnehmers.22 Die Steuerrechtsordnung ist also nur dann entscheidungsneutral, wenn die Entscheidung zwischen zwei alternativen Finanzierungsansätzen in der Nachsteuerbetrachtung nicht von der Auswahlentscheidung in der Vorsteuerbetrachtung abweicht.23 Damit dies gewährleistet ist, müsste der Gesetzgeber folglich dafür sorgen, dass die steuerliche Belastung von ICOs vergleichbar mit der Belastung anderer Finanzierungsalternativen des Kapitalmarkts ist. Einerseits ist dies gegeben, wenn sich ICOs in die bestehende Systematik der Besteuerung von Finanzierungsmethoden einfügen. Andererseits könnte diese Systematik auch im Sinne der Finanzierungsfreiheit angepasst werden, um ICOs de lege feranda zu erfassen. Wäre die steuerliche Belastung der ICOs dagegen höher, wäre der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit verletzt. Dies würde bedeuten, dass Unternehmen ICOs als Finanzierungsmethode unterlassen, obwohl sie den Anforderungen der Unternehmen, das Steuerrecht ausgeblendet, optimal entsprechen würden. Im umgekehrten Fall einer steuerlichen Besserstellung würden Unternehmen durch die Steuerordnung zur Vornahme eines ICOs gedrängt, obwohl dies aus wirtschaftlichen Gründen nicht optimal wäre. In beiden Fällen ist die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts eingeschränkt. Da in diesen Fällen der Kapitalmarkt aufgrund eines staatlichen Eingriffs versagen würde, läge ein Staatsversagen vor.

II. Keine steuerrechtliche Förderung von ICOs zur Förderung von Innovationen Gleichzeitig wäre es jedoch nach der ökonomischen Theorie grundsätzlich angeraten, eine mit Innovationen einhergehende Tätigkeit gezielt zu entlasten, um so die hierdurch erzeugten externen Effekte für die Volkswirtschaft zu realisieren. Da grundsätzlich Preise für mit Innovationen verbundene Tätigkeiten zu gering bemessen werden, müsste das Steuerrecht für eine künstliche Verbilligung der 22 Kuhn/Kubicki, in: Mössner/Baumhoff, SteuerR, Rn. 12.3; Becker/Dwenger, in: Schön, Eigenkapital und Fremdkapital, S. 109; Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 1 Rn. 20 f.; Vogel, Einflussnahme steuerlicher Lenkungsnormen, S. 15; Förster, Stbg 2011, 49, 49; Fuest, DStJG 2014, 65, 67; Möslein, JZ 2012, 243, 249; Röder, DStJG 2016, 307, 310; Wagner, StuW 1992, 2, 3. 23 Jacobs/Endres/Spengel, in: Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 223; Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien UntStR, S. 166; Elschen, StuW 1991, 99, 102; König, StuW 2004, 260, 263; Röder, DStJG 2016, 307, 310 f.; Wagner, StuW 1992, 2, 3.

B. Staatsversagen aufgrund des deutschen Steuerrechts

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Durchführung ebendieser Tätigkeiten sorgen. Dies würde konkret bedeuten, dass die Finanzierungsmethode ICO steuerlich zu fördern sei, um die hierdurch finanzierten Innovationen zu internalisieren.24 Für die Gestaltung der Besteuerung von ICOs muss jedoch Folgendes beachtet werden: Nicht die Finanzierungsmethode an sich, sondern die die Methode durchführenden, jungen Unternehmen zeichnen verantwortlich für die Entwicklung von Innovationen. Dass diese Unternehmen oftmals ein ICO wählen, ist lediglich ein Reflex der wirtschaftlichen Charakteristika der Finanzierungsmethode. ICOs sorgen also lediglich mittelbar für externe Effekte. Um die externen Effekte in Form von Innovationen zu internalisieren, müssen also primär für diese Unternehmen ein effizientes Steuerrecht gewährleistet werden. Es geht daher darum, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der es den Unternehmen erlaubt, sich in optimaler Art und Weise mit Kapital auszustatten. Hieraus folgt aber gerade nicht der Auftrag, explizit ICOs steuerlich besser zu stellen als andere Finanzierungsmethoden. Denn ökonomisch effizient wäre es nicht, die jungen Unternehmen zur Durchführung eines ICOs zu bewegen, sondern ihnen die Finanzierungsmethode zu ermöglichen, die ihren ökonomischen Bedürfnissen am besten entspricht. Die Förderung der Allokationseffizienz des Kapitalmarkts und die Förderung der von Start-ups regelmäßig ausgehenden Innovationen verläuft also parallel und kulminiert gemeinsam im ökonomischen Grundsatz der Finanzierungsfreiheit. Zusammenfassend verlangt die ökonomische Analyse des Rechts vom Steuergesetzgeber, für Finanzierungsfreiheit auf dem Kapitalmarkt zu sorgen. Die neuartige Finanzierungsmethode ICO müsste sich also im Sinne einer effizienzgeleiteten Besteuerung möglichst systemgetreu in die bestehende Steuerordnung einfügen und dürfte im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden weder benachteiligt noch bevorzugt werden.

III. Methodik zur Feststellung von (fehlender) Finanzierungsfreiheit Um Finanzierungsfreiheit als gegeben festzustellen bzw. ihr Fehlen zu konstatieren, muss die Steuerbelastung der Emittenten untersucht werden. Der relevante Vergleichsmaßstab zur Feststellung der jeweilig gerechtfertigten steuerlichen Belastung ist das Leistungsfähigkeitsprinzip. Dieses ist als Fundamentalprinzip der Steuerrechtsordnung anerkannt.25 Hiernach ist bei steigender Leistungsfähigkeit des

24 Vgl. Homburg, Allgemeine Steuerlehre, S. 181 f.; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 93 f.; Schnitzer, DStJG 2016, 53, 58. 25 Hey, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Einführung EStG Rn. 42 (282. EL 10/2017); Seiler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 105 Rn. 68 (74. EL 05/2015); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 3 Rn. 40; Tipke, StRO I, S. 502 ff.; Kirchhof, BB 2017, 662, 662.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Steuerpflichtigen auch eine erhöhte Steuerlast gerechtfertigt.26 Als Indikator für die Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen werden verschiedene Indizien identifiziert: das Einkommen, das Vermögen und der Konsum bzw. die Einkommensverwendung.27 Dort, wo sich allein aufgrund der Nutzung der Blockchain bzw. der Nutzung der Finanzierungsmethode ICO steuerliche Abweichungen zu anderen Finanzierungsmethoden ergeben, ist eine Verletzung der Finanzierungsfreiheit gegeben. Denn das Steuerrecht hat aus Effizienzgründen technologieneutral zu sein, da allein durch technische Abweichungen keine erhöhte oder verringerte Leistungsfähigkeit indiziert wird. Anknüpfungspunkte für die Steuerbelastung eines ICOs bieten dabei das Einkommen und der Konsum. 1. Ertragsteuerliche Implikationen der Finanzierungsfreiheit Die durch das Einkommen eines Unternehmens indizierte Leistungsfähigkeit wird durch Ertragsteuern belastet. Entscheidend sind also die Auswirkungen eines ICOs auf das Einkommen des Emittenten und die hierdurch ausgelöste Steuerbelastung. Dementsprechend liegt eine Verletzung der Finanzierungsfreiheit vor, wenn ICOs und andere Finanzierungsmethoden unterschiedlichen ertragsteuerlichen Belastungen unterliegen, obwohl sie eine gleich hohe Steigerung der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Emittenten ausdrücken. 2. Umsatzsteuerliche Implikationen der Finanzierungsfreiheit Gradmesser der Leistungsfähigkeit im Rahmen des Umsatzsteuerrechts ist der Konsum bzw. die Verwendung des Einkommens eines Steuerpflichtigen für Waren oder Dienstleistungen.28 Hieraus lässt sich ableiten, dass vergleichbare Umsätze einer gleichen Umsatzsteuerbelastung unterliegen sollen (sog. „Konzept der Besteuerungsneutralität“ des Mehrwertsteuerrechts).29 Konkret bedeutet dies, dass konkurrierende und vergleichbare Leistungen umsatzsteuerlich gleich behandelt werden.30 In Zusammenhang mit der von der Umsatzsteuer beabsichtigten Belastung 26 Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 4 AO Rn. 486 (234. EL 08/ 2015); Gersch, in: Klein, AO, § 3 Rn. 14; Seiler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 105 Rn. 68 (74. EL 05/2015). 27 Robisch, in: Bunjes, UStG, Vor § 1 Rn. 25; Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 4 AO Rn. 488 (234. EL 08/2015); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 3 Rn. 55; Wagner, StuW 1992, 2, 4. 28 Vgl. Robisch, in: Bunjes, UStG, Vor § 1 Rn. 25; Stadie, in: Stadie, UStG, Einführung Rn. 17; Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 13; ähnlich Seiler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 105 Rn. 71 (74. EL 05/2015). 29 Robisch, in: Bunjes, UStG, Vor § 1 Rn. 15; Klenk, in: Sölch/Ringleb, UStG, Einleitung Rn. 10 (81. EL 10/2017); Stadie, in: Stadie, UStG, Einführung Rn. 78. 30 Gröpl, in: Dauses/Ludwigs, Hdb EU-WirtschaftsR, Rn. J 427 (37. EL 04/2015); Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung Rn. 602 (171. EL 03/2017); Klenk, in: Sölch/Ringleb,

C. Bestimmung des steuergesetzlichen Rahmens für ICO-Emittenten

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des Endverbrauchers ergibt sich hieraus, dass jegliche wirtschaftliche Tätigkeit grundsätzlich vollständig von der Mehrwertsteuer befreit sein sollte.31 Dieser Neutralitätsgrundsatz wird auch vom Gesetzgeber anerkannt und ist in der unionsrechtlichen Gesetzesgrundlage ausdrücklich angelegt (vgl. Erwägungsgründe (5), (7) und (13) MwStSystRL). Diese originär umsatzsteuerlichen Überlegungen laufen parallel zum ökonomischen Grundsatz der Finanzierungsfreiheit. Denn sofern der umsatzsteuerliche Grundsatz der Neutralität verletzt ist, kann auch das ökonomische Postulat der Finanzierungsfreiheit nicht erfüllt sein.

C. Bestimmung des steuergesetzlichen Rahmens für ICO-Emittenten Vor der Untersuchung der vorbezeichneten Problemstellungen muss der hierfür maßgebliche steuergesetzliche Rahmen abgesteckt werden. Die entscheidende Weichenstellung für die Bestimmung des gesetzlichen Rahmens der Besteuerung eines Unternehmens erfolgt auf Ebene der Rechtsform.32 Unterschieden wird hierbei primär zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. So werden die Gewinne einer Personengesellschaft nicht auf Ebene der Gesellschaft besteuert, sondern den einzelnen Gesellschaftern im Rahmen ihrer persönlichen Einkommensteuerpflicht zugerechnet (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Personengesellschaft selbst ist nicht eigenständiges Steuersubjekt der Einkommen- oder Körperschaftsteuer.33 Demgegenüber unterfallen Kapitalgesellschaften unmittelbar der Körperschaftsteuer (vgl. § 1 Abs. 1 KStG). Da das Steuerrecht folglich keine Rechtsformneutralität aufweist, werden wirtschaftliche Verhaltensweisen unterschiedlichen steuerlichen Belastungen unterworfen, je nach zivilrechtlicher Rechtsform des kapitalsuchenden Unternehmens.34 Dies gilt grundsätzlich für jegliche wirtschaftliche Betätigung, folglich auch für Finanzierungsvorgänge und somit auch für die Durchführung eines ICOs. UStG, Einleitung Rn. 10 (81. EL 10/2017); Stadie, in: Stadie, Einführung Rn. 78; Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 23; Reiß, DStJG 2009, 9, 14 f. 31 Robisch, in: Bunjes, UStG, Vor § 1 Rn. 15; Gröpl, in: Dauses/Ludwigs, Hdb EU-WirtschaftsR, Rn. J 392 (37. EL 04/2015); Klenk, in: Sölch/Ringleb, UStG, Einleitung Rn. 10 (81. EL 10/2017); Weymüller, in: Weymüller, UStG, Vor § 1 Rn. 2; Reiß, DStJG 2009, 9, 14; Tumpel, DStJG 2009, 52, 64 f. 32 Drüen, in: Frotscher/Drüen, KStG, Vor § 1 KStG Rn. 2 ff. (140. EL 09/2017); Seer, in: FS Lang, S. 658 f.; Rödding, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 3 Rn. 2; Montag, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 13 Rn. 1 ff.; Hennrichs/Lehmann, StuW 2007, 16, 17. 33 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 221 (145. EL 12/2018); Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 1 (270. EL 07/2016); Rödding, in: Lüdicke/ Sistermann, UntStR, § 3 Rn. 12. 34 Drüen, in: Frotscher/Drüen, KStG, Vor § 1 KStG Rn. 23 (140. EL 09/2017); Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 13 Rn. 168 ff.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Demzufolge muss auch für die Bewertung der steuerlichen Auswirkungen eines ICOs die Rechtsform der emittierenden Unternehmen als erster Anknüpfungspunkt dienen. Die Datenbank der Homepage www.chain.de35 listete zum Stichtag des 12. Januar 2019 insgesamt 82 ICOs auf, die von deutschen Unternehmen durchgeführt wurden. Erfasst wurden hier bereits abgeschlossene, gerade stattfindende sowie geplante Token-Emissionen. Hierbei ergibt sich folgendes Bild: 40 Unternehmen waren als GmbH organisiert, elf Unternehmen waren als Unternehmergesellschaft (UG) organisiert, acht Unternehmen waren als ausländische Gesellschaftsform (Corporation nach amerikanischem Recht und Limited nach britischem Recht) organisiert, sechs Unternehmen waren als AG organisiert, vier Unternehmen waren als Stiftung organisiert, jeweils zwei Unternehmen waren als GbR und GmbH & Co. KG organisiert sowie ein Unternehmen, welches als Societas Europaea organisiert war. Zu acht Emittenten ließen sich der Datenbank keine Angaben zur Rechtsform entnehmen. Aus dieser Analyse lassen sich verschiedene Schlussfolgerungen ableiten.

I. Maßgeblichkeit der Körperschaftsteuer Zunächst unterfallen alle Emittenten, die in der Rechtsform einer deutschen Kapitalgesellschaft organisiert sind, der Körperschaftsteuer. Dies betrifft die oben aufgeführten GmbHs, AGs und SEs (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). UGs werden steuerrechtlich wie reguläre GmbHs behandelt.36 Auch die als Stiftung organisierten Emittenten unterfallen regelmäßig der Körperschaftsteuer. So umfasst § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als Auffangtatbestand alle privatrechtlichen Körperschaften mit Rechtsfähigkeit, die nicht unter die Nr. 1 – 3 fallen.37 Hierzu gehören insbesondere rechtsfähige Stiftungen i.S.d. §§ 80 ff. BGB.38 Nicht-rechtsfähige Stiftungen sind solche, bei denen ein Stifter Vermögen mit der Maßgabe auf einen Dritten überträgt, die Erträge nur für einen bestimmten Zweck zu verwenden.39 Sie können ebenfalls der Körperschaftsteuer unterfallen, allerdings nur sofern ihr Einkommen weder nach dem KStG noch nach dem EStG bei einem anderen Steuerpflichtigen besteuert wird (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 1 KStG).

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https://www.chain.de/ (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019). Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 70 (144. EL 10/2018); Münch, in: Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, KStG, § 1 Rn. 33 (94. EL 10/2018); Drüen, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 1 Rn. 25a (139. EL 07/2017); Hummel, in: Gosch, KStG, § 1 Rn. 70. 37 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 80 (144. EL 10/2018); Drüen, in: Frotscher/ Drüen, KStG, § 1 Rn. 38 (139. EL 07/2017); Hummel, in: Gosch, KStG, § 1 Rn. 81. 38 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 90 (144. EL 10/2018); Hummel, in: Gosch, KStG, § 1 Rn. 83; Levedag, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 1 Rn. 82; Streck, in: Streck, KStG, § 1 Rn. 37. 39 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 110 (144. EL 10/2018); Drüen, in: Frotscher/ Drüen, KStG, § 1 Rn. 47 (139. EL 07/2017); Weitemeyer, in: MüKo BGB, Bd. I, § 80 Rn. 349. 36

C. Bestimmung des steuergesetzlichen Rahmens für ICO-Emittenten

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Schließlich ist auch für die Emittenten in der Rechtsform einer ausländischen Gesellschaft die deutsche Körperschaftsteuer maßgeblich. Hat die ausländische Gesellschaftsform einen Satzungs- oder Verwaltungssitz im Inland, so kann sie der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterfallen.40 Eine Gesellschaft, die weder ihren Satzungs- noch ihren Verwaltungssitz im Inland hat, ist zwar nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, kann aber der beschränkten Steuerpflicht unterfallen (§ 2 KStG).41 Für beide Alternativen muss die betreffenden Gesellschaftsform jedoch im Rahmen eines Typenvergleichs einer der in § 1 Abs. 1 KStG bzw. in § 2 KStG aufgezählten Rechtsformen gleichzusetzen sein.42 Diesen Typenvergleich anwendend, entsprechen die britische Ltd der deutschen Rechtsform der GmbH und die amerikanische Inc. der deutschen Rechtsform der AG.43 Beide sind also mit Kapitalgesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG gleichzusetzen. Demgegenüber sind die ICO-Emittenten, die als Personengesellschaft organisiert sind, selbst nicht Steuersubjekt der Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Dies gilt selbstverständlich für jene Emittenten, die als GbR, der Grundform der Personengesellschaft, organisiert sind. Im Gegensatz zur UG gilt auch die GmbH & Co. KG steuerlich als Personengesellschaft.44 Demzufolge werden deren steuerbare Einkünfte auf Ebene der Gesellschafter besteuert. Bei der GmbH & Co. KG unterfällt also die Komplementär-GmbH regulär der Körperschaftsteuer, während die Besteuerung der Kommanditisten wiederum von deren Rechtsform abhängig ist.45

II. Bilanzierungspflicht Aus der Rechtsform lassen sich des Weiteren Schlussfolgerungen auf die Art und Weise der Einkünfteermittlung der Emittenten ziehen. So unterfallen alle Rechtsformen, die originär Personenhandelsgesellschaften sind, sowie solche, die kraft 40 Sauter, in: Erle/Sauter, KStG, § 1 Rn. 47; Hummel, in: Gosch, KStG, § 1 Rn. 107; Levedag, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 1 Rn. 67; Ege/Klett, DStR 2012, 2442, 2449. 41 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 142 (144. EL 10/2018); Drüen, in: Frotscher/ Drüen, KStG, § 1 Rn. 73 (139. EL 07/2017); Pfirrmann, in: Gosch, KStG, § 2 Rn. 19. 42 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 142 (144. EL 10/2018); Levedag, in: Rödder/ Herlinghaus/Neumann, KStG, § 1 Rn. 71 sowie § 2 Rn. 60; Streck, in: Streck, KStG, § 1 Rn. 13, § 2 Rn. 3; Ege/Klett, DStR 2012, 2442, 2449. 43 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 147 „Großbritannien“ u. „USA“ (144. EL 10/ 2018); Sauter, in: Erle/Sauter, KStG, § 1 Rn. 77; Drüen, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 1 Rn. 62 (139. EL 07/2017). 44 Drüen, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 1 Rn. 30 (139. EL 07/2017); Hummel, in: Gosch, KStG, § 1 Rn. 71; Levedag, in: MHdB GesR, Bd. II, § 57 Rn. 1; Graf, in: MüKo BilR, Bd. II, § 238 HGB Rn. 6; Düll, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 4 Rn. 1 ff. 45 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 268 (145. EL 12/2018); Drüen, in: Frotscher/ Drüen, KStG, § 1 Rn. 30 (139. EL 07/2017); Fischer/Palenker, MHdB GesR, Bd. II, § 26 Rn. 7; Düll, in: Reichert, GmbH & Co. KG, § 6 Rn. 3.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

gesetzlicher Anordnung diesen gleichgestellt sind, der steuerlichen Buchführungsund Bilanzierungspflicht (§ 140 AO i.V.m. §§ 238 Abs. 1, 6 Abs. 1 HGB).46 Dies gilt für AG und SE (§ 3 Abs. 1 AktG, bei der SE über den Verweis des Art. 3 Abs. 1 SEVO), GmbH und UG (§ 13 Abs. 3 GmbHG) sowie für die GmbH & Co. KG. Dadurch, dass Ltd und Inc. aufgrund des Typenvergleichs einer inländischen Kapitalgesellschaft entsprechen, findet auch § 8 Abs. 2 KStG Anwendung. Die Gleichstellungswirkung beschränkt sich hierbei nicht auf die Frage der subjektiven Steuerpflicht,47 sondern es gelten sämtliche Einkünfte einer körperschaftsteuerlichen Kapitalgesellschaft als solche aus Gewerbebetrieb. Demnach sind die betreffenden Emittenten mit ausländischer Rechtsform jedenfalls aufgrund der Gewerblichkeit ihrer Einkünfte zur Bilanzierung nach § 4 Abs. 1 EStG verpflichtet (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG). Weiterhin werden auch ICO-Emittenten in Form der GbR in aller Regel ihre Einkünfte nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln. Denn regelmäßig dient der ICO dazu, ein Geschäftsmodell zu finanzieren, welches als selbstständige, nachhaltige und mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Betätigung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr anzusehen ist und somit der Legaldefinition des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG unterfällt.48 Die Bilanzierungspflicht ergibt sich hierbei aufgrund der Einkünftequalifikation und der einkommensteuerlichen Anordnung der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der jeweiligen Personengesellschaft wird in diesem Zusammenhang heute zumindest eine begrenzte Steuersubjektfähigkeit zugebilligt.49 Hiernach ist anerkannt, dass die Gesellschaft selbst, als gesamthänderischer Verbund, „Steuerrechtssubjekt bei der Feststellung der Einkunftsart und der Einkünfteermittlung“ ist.50 Einerseits ist demnach für die Qualifizierung der Einkünfte die Tätigkeit der Gesellschaft selbst maßgeblich.51 Zum anderen wird die Personengesellschaft auch bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte zunächst als selbstständige Einheit betrachtet.52 46

Görke, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 140 Rn. 7 (200. EL 09/2008); Cöster, in: Koenig, AO, § 140 Rn. 17; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 140 Rn. 22 f. (142. EL 10/2015). 47 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 142 (144. EL 10/2018); Lang, in: Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, KStG, § 8 Abs. 2 Rn. 38 (94. EL 10/2018); Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 500. 48 Vgl. v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.202; Reiter/Nolte, BB 2018, 1179, 1183; ähnlich Richter/Augel, FR 2017, 937, 944 f. 49 Lüdicke, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 1 Rn. 6; Fischer/Palenker, MHdB GesR, Bd. II, § 26 Rn. 9; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 10 Rn. 12. 50 Vgl. BFH, Beschluss v. 03. 07. 1995, Az. GrS 1/93, Rn. 53 = BB 1995, 1827, 1830 = DStR 1995, 1339, 1340. 51 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 236 (145. EL 12/2018); Lüdicke, in: Lüdicke/ Sistermann, UntStR, § 1 Rn. 6; Fischer/Palenker, in: MHdB GesR, Bd. I, § 9 Rn. 1. 52 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 236 (145. EL 12/2018); Fischer/Palenker, MHdB GesR, Bd. II, § 26 Rn. 9; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 10 Rn. 21.

C. Bestimmung des steuergesetzlichen Rahmens für ICO-Emittenten

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Demgegenüber gilt für Stiftungen keine gesetzliche Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, insbesondere sind sie nicht etwa Handelsgesellschaften i.S.d. § 6 Abs. 1 HGB.53 Zumindest rechtsfähige Stiftungen können jedoch als Kaufmann anzusehen sein, sofern sie ein Gewerbe betreiben (§ 1 HGB) und demnach der allgemeinen Regel des § 238 Abs. 1 HGB unterfallen.54 Da ICO-Emittenten, wie bereits im Rahmen der Personengesellschaft ausgeführt, für gewöhnlich gewerbliche Einkünfte erzielen, unterliegen auch sie regelmäßig der Pflicht ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln.

III. Umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft Dem Körperschaftsbegriff des Ertragsteuerrechts entspricht im System der Umsatzsteuer der Begriff des Unternehmers (vgl. § 2 Abs. 1 UStG). Der Unternehmerbegriff ist hier der zentrale Anknüpfungsgegenstand für die Bestimmung von Steuersubjekt und Steuerschuldner. Zwar sind grundsätzlich beide Begriffe nicht gleichzusetzen, im Regelfall jedoch ist der Unternehmer sowohl als Steuersubjekt als auch als Steuerschuldner anzusehen (vgl. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG).55 Denn der Unternehmer realisiert die steuerbaren Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und hat die hierfür anfallende Umsatzsteuer an den Staat abzuführen.56 Im Gegensatz zur Körperschaftsteuer ist die Rechtsform jedoch nicht entscheidend für die Einordnung als Unternehmer.57 Stattdessen ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, dass Unternehmer ist, wer „eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt“. Da Körperschaft und Unternehmer nicht gleichzusetzen sind, schlägt auch die Vermutung des § 8 Abs. 2 KStG nicht auf die Feststellung der Gewerblichkeit im Sinne der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft durch.58 Stattdessen bestimmt sich diese ausschließlich nach der Konzeption des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG. Hiernach ist „jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen“ als gewerblich anzusehen. Der Begriff der nachhaltigen Tätigkeit ist jedoch europarechtskonform im Lichte der nach Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL maßgeblichen 53

Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 6 Rn. 1; Körber, in: Oetker, HGB, § 6 Rn. 11. Kindler, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 1 Rn. 67 f.; Graf, in: MüKo BilR, Bd. II, § 238 HGB Rn. 7; Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 238 Rn. 12. 55 Meyer, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 2 Rn. 9 (296. EL 07/2017); Stadie, in: Rau/ Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 20 (174. EL 10/2017); Treiber, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 2 Rn. 1 (76. EL 03/2016); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 1; Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 31 ff.; Tumpel, DStJG 2009, 52, 87. 56 Vgl. Korn, in: Bunjes, UStG, § 2 Rn. 1; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 20 f. (174. EL 10/2017); Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 31. 57 Korn, in: Bunjes, UStG, § 2 Rn. 15; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 195 (174. EL 10/2017); Treiber, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 2 Rn. 15 (76. EL 03/2016). 58 Wäger, in: Birkenfeld/Wäger, USt-Hdb, § 2 Rn. 8 (76. EL 08/2017); Stadie, in: Rau/ Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 195 (174. EL 10/2017); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 63. 54

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Einordnung als wirtschaftliche Tätigkeit zu verstehen.59 Dementsprechend kann auch ein ICO, welches nur auf eine einmalige Durchführung ausgelegt ist, als wirtschaftliche Tätigkeit zu qualifizieren sein.60 Denn die unionsrechtliche Vorgabe sieht in der Unternehmereigenschaft einen Typusbegriff, der alleine darauf abstellt, ob die Tätigkeit des Betreffenden dem Gesamtbild einer unternehmerischen Tätigkeit entspricht.61 ICOs sind darauf ausgelegt, den Aufbau eines Geschäftsmodells zu finanzieren, welches sich normalerweise als planmäßige, langfristige, auf Gewinnerzielung gerichtete Beteiligung an einem Markt darstellt. Diese Eigenschaften stellen anerkannte Indizien für eine derartige wirtschaftliche Tätigkeit dar.62 Es gilt jedoch zu beachten, dass das Vorliegen dieser Indizien in einer Einzelfallbetrachtung festgestellt werden muss. Aus einem Umkehrschluss zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, welcher juristische Personen in organschaftlicher Verbindung als nicht selbstständig definiert, lässt sich wiederum erkennen, dass juristische Personen demnach im Normalfall eine selbstständige Tätigkeit erbringen. Nach den obigen Ausführungen gilt dies also auch für die regelmäßig körperschaftlich organisierten ICO-Emittenten. Im Ergebnis sind die Emittenten eines ICOs also in aller Regel als Unternehmer i.S.d. UStG anzusehen63, auch wenn dies nicht durch ihre Rechtsform bedingt ist. Sie sind also als Steuersubjekt und Steuerschuldner einer etwaigen umsatzsteuerlichen Belastung im Rahmen der Durchführung eines ICOs heranzuziehen.

IV. Bedeutung für die folgenden Untersuchungen Für den die steuerliche Untersuchung von ICOs flankierenden Rechtsrahmen ergibt sich also die folgende Zusammenfassung. Zunächst lässt sich feststellen, dass 70 von den 74 Unternehmen, bei denen entsprechende Daten zur Verfügung stehen, der Körperschaftsteuer unterfallen. Dies entspricht der absolut überwiegenden Mehrheit der betreffenden Unternehmen (94,59 Prozent). Gleichzeitig sind mindestens 68 der 74 Unternehmen verpflichtet, ihren Gewinn durch Betriebsvermö59 Korn, in: Bunjes, UStG, § 2 Rn. 50 f.; Treiber, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 2 Rn. 62, 64 (75. EL 09/2015); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 87; Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 42 f. 60 Wäger, in: Birkenfeld/Wäger, USt-Hdb, § 2 Rn. 61 (76. EL 08/2017); Korn, in: Bunjes, UStG, § 2 Rn. 64; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 361 (174. EL 10/2017); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 94. 61 Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 334 (174. EL 10/2017); Treiber, in: Sölch/ Ringleb, UStG, § 2 Rn. 65 (75. EL 09/2015); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 88; Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 33. 62 Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 339, 342, 347, 353 (174. EL 10/2017); Treiber, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 2 Rn. 65 (75. EL 09/2015); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 89 ff. 63 Ebenso Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 123.

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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gensvergleich mittels der Buchführungs- und Bilanzierungstechnik zu ermitteln. Auch dies ist die absolut überwiegende Mehrheit der betreffenden Unternehmen (91,89 Prozent). Demzufolge wird sich auch diese Arbeit im Folgenden im Rahmen der Beurteilung der ertragsteuerlichen Belastungen des Emittenten auf die praktisch relevante Besteuerung nach dem KStG unter Berücksichtigung der Gewinnermittlung im Wege der Bilanzierung fokussieren. Unabhängig von der konkreten Rechtsform sind die Emittenten eines ICOs auch als Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG anzusehen. Von ICOs ausgehende, umsatzsteuerliche Implikationen wirken sich also ebenfalls auf den Emittenten aus. Nach Klärung des für ICOs und Emittenten geltenden steuergesetzlichen Rahmens soll festgestellt werden, ob dieser Rahmen eine Verletzung der Finanzierungsfreiheit darstellt und somit ein Staatsversagen begründet. Auch hierbei ist nach den unterschiedlichen Token-Modellen zu unterscheiden.

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu gesetzlichen Zahlungsmitteln Currency Tokens sind darauf ausgelegt, innerhalb eines Blockchain-Systems als Zahlungsmittel zu fungieren. Zumindest reine Currency Tokens, wie z. B. Bitcoins, haben darüber hinaus keine weiterreichenden Funktionen und Einsatzmöglichkeiten. Im Rahmen von ICOs können Currency Tokens emittiert werden, wesentlich relevanter sind sie aber als Investmentmittel. Unabhängig von ihrer Rolle innerhalb des jeweiligen ICOs bleibt jedoch die Funktionalität als privatrechtliches Zahlungsmittel im Fokus. Denn auch Emittenten, die Kryptowährungen erhalten, werden diese im Anschluss als Zahlungsmittel einsetzen, um so ihr Unternehmen auszubauen. Eine Verletzung der Finanzierungsfreiheit der Emittenten ist in diesem Zusammenhang dann gegeben, wenn Kryptowährungen die ökonomischen Funktionen des Geldes erfüllen, die hierdurch indizierte Leistungsfähigkeit der Emittenten jedoch eine stärkere steuerliche Belastung auslöst als bei gesetzlichen Zahlungsmitteln. Denn dann würden sich Currency Tokens nicht in das auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip beruhende Steuersystem einfügen, was ausschließlich auf einer nachteiligen Behandlung der technologischen Besonderheiten der Finanzierungsmethode gründen würde.

I. Ökonomische Funktionen des Geldes Im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften wird eine Einordnung als Geld an das Vorliegen von drei Funktionsmerkmalen geknüpft. Hiernach müssen Zahlungsmittel als Wertspeicher dienen, als Recheneinheit verwendet werden und als Tauschmittel

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

eingesetzt werden können.64 Wie nachfolgend erläutert werden soll, weisen Currency Tokens alle diese Funktionalitäten auf.65 1. Funktion als Tauschmittel Unzweifelhaft erfüllen Currency Tokens die Tauschmittelfunktion des ökonomischen Geldbegriffs.66 Dies erfordert, dass durch den Einsatz von Kryptowährungen zwei Handelspartner von der Notwendigkeit der doppelten Bedürfnisübereinstimmung entbunden werden.67 Das bedeutet wiederum, dass durch den Einsatz eines Tauschmittels Transaktionen zustande kommen können, ohne dass die Handelspartner zwingend an einem vom anderen zur selben Zeit und am selben Ort angebotenen Gut interessiert sind.68 Aufgrund der tatsächlich gegebenen Übertragbarkeit von Kryptowährungen sowie der Möglichkeit des Einsatzes als Zahlungsmittel ist dieses Merkmal bei Currency Tokens erfüllt. Der Empfänger der Currency Tokens wird dem Absender also ein Gut übertragen, welches dieser begehrt, und die Tokens später selbst einsetzen, um ein von ihm begehrtes Gut von einem dritten Anbieter zu erhalten. Zwar sind die Einsatzmöglichkeiten von Currency Tokens nach wie vor auf bestimmte Kreise begrenzt, etwa auf bestimmte Online-Portale oder gar das Darknet.69 Andererseits wird jedoch davon ausgegangen, dass sich diese Möglichkeiten mit steigender Akzeptanz im Markt und steigender Rechtssicherheit erweitern werden. Außerdem lässt sich auch aus diesen wenigen bestehenden Akzeptanzstellen ableiten, dass die Möglichkeit des Einsatzes als Tauschmittel zumindest besteht. Einschränkend muss angefügt werden, dass sich diesbezüglich eine andere Bewertung für gänzlich nutzlose Kryptowährungen ergibt. Praktisch überhaupt nicht einsetzbaren Currency Tokens kann auch keine Funktion als Tauschmittel zugeschrieben werden. Heute werden Currency Tokens im Rahmen von ICOs jedoch am ehesten als Gegenleistung der Investoren relevant und nicht als Gegenstand der Emission. Zumindest die Kryptowährungen, die Emittenten im Rahmen des Token 64 Bülow, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 2 Rn. 8; Grundmann, in: MüKo BGB, Bd. II, §§ 244, 245 Rn. 1 ff.; Schefold, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 115 Rn. 9; Langenbucher, AcP 2018, 385, 388; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1361. 65 Ebenso Terlau, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 162; Beck, NJW 2015, 580, 585; Danwerth/Hildner, BKR 2019, 57, 61; Keding, WM 2018, 64, 68; Lerch, ZBB 2015, 190, 199; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1361; zweifelnd Langenbucher, AcP 2018, 385, 394. 66 Hanten/Sacarcelik, RdF 2019, 124, 124; Keding, WM 2018, 64, 68; Lerch, ZBB 2015, 190, 199; Richter/Augel, FR 2017, 937, 939; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1361. 67 Bülow, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 2 Rn. 8; Beck, NJW 2015, 580, 582; Langenbucher, AcP 2018, 385, 388. 68 Beck, NJW 2015, 580, 582; Langenbucher, AcP 2018, 385, 388. 69 Vgl. Hennecke, CCZ 2018, 120, 121; Lerch, ZBB 2015, 190, 198; Robinson, S. 30 (Fn. 167); Simmchen, MMR 2017, 162, 163.

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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Sales erhalten, sind stets etablierte Kryptowährungen. Für diese kann die Funktion als Tauschmittel in jedem Fall angenommen werden. 2. Funktion als Recheneinheit Weiterhin weisen Currency Tokens auch die notwendige Funktionalität als Recheneinheit auf.70 Denn durch sie lassen sich die Werte von Waren, Dienstleistungen oder auch Verbindlichkeiten ausdrücken und vergleichen.71 3. Funktion als Wertspeicher In der wissenschaftlichen Diskussion am umstrittensten ist die Frage, inwieweit virtuellen Währungen Funktionalität als Wertspeicher bzw. Wertaufbewahrungsmittel zugeschrieben werden kann. Ökonomisch betrachtet umschreibt die Funktion als Wertspeicher den Erhalt und den Transfer von einmal erworbener Kaufkraft in die Zukunft.72 Durch Currency Tokens ist ein derartiger Transfer von Kaufkraft möglich, denn die Tokens können auf dem jeweiligen Blockchain-System gespeichert werden und im Anschluss unmittelbar oder auch erst zukünftig als Tauschmittel bei Marktteilnehmern verwendet werden, die Kryptowährungen akzeptieren. In diesem Zusammenhang wird von Vertretern der Literatur jedoch deren hohe Volatilität angeführt, um die Annahme der Wertspeicherfunktion zu widerlegen.73 Denn aufgrund der hiermit verbundenen Unsicherheit sollen sich derart volatile Kryptowährungen gerade nicht dazu eignen, einen gewissen Wert auf Dauer abzuspeichern. Für Token-Inhaber bestehe die Gefahr, die einem Currency Token zu einem bestimmten Zeitpunkt innewohnende Kaufkraft durch Kursverluste in der Zukunft einzubüßen. Hiergegen muss jedoch eingewendet werden, dass ein gewisses Wechselkursrisiko jeder Währung immanent ist. Dies bezieht sich auch auf staatliche Währungen, denen niemand die Erfüllung der ökonomischen Funktionen von Geld absprechen würde.74 Die im Verhältnis zu gesetzlichen Zahlungsmitteln gesteigerte Volatilität kann stattdessen nur zu der Annahme führen, dass die Funktionalität als Wertspeicher gegebenenfalls schlechter erfüllt ist, nicht jedoch zur Annahme, dass 70 Terlau, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 162; Beck, NJW 2015, 580, 585; Keding, WM 2018, 64, 68; Lerch, ZBB 2015, 190, 199; Omlor, ZHR 2019, 294, 314; Richter/Augel, FR 2017, 937, 939; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1361. 71 Vgl. Bülow, in: Derleder/Knops/Bamberger, Bank- u. KapitalmarktR, Bd. I, § 2 Rn. 9; Grundmann, in: MüKo BGB, Bd. II, §§ 244, 245 Rn. 4; Langenbucher, AcP 2018, 385, 388. 72 Beck, NJW 2015, 580, 583; Langenbucher, AcP 2018, 385, 388; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1361. 73 Vgl. etwa Langenbucher, AcP 2018, 385, 394; Richter/Augel, FR 2017, 937, 939. 74 So auch Terlau, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 20 Rn. 87; Terlau, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 162; Beck, NJW 2015, 580, 584; Richter/Augel, FR 2017, 937, 939 f.; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1361.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

sie überhaupt nicht erfüllt ist.75 Denn jegliche Kaufkraft würde den entsprechenden Tokens nur dann abhandenkommen, wenn die Möglichkeit des Einsatzes als Tauschmittel gänzlich verschwinden würde, etwa bei Auflösung oder rechtlichem Verbot des jeweiligen Blockchain-Systems. Auch hier muss – wie im Rahmen der Tauschmittelfunktion – beachtet werden, dass auf dem heutigen ICO-Markt regelmäßig keine neuen Kryptowährungen emittiert werden, sondern etablierte Kryptowährungen als Tauschmittel eingesetzt werden. Zumindest bei diesen kann der Bestand des jeweiligen Blockchain-Netzwerks als derart gesichert angesehen werden, dass zumindest das Vorliegen einer gewissen Wertspeicherungsfunktion angenommen werden kann. 4. Juristische Anerkennung Im Gegensatz zur Gleichstellung zu Geld im Rahmen einer ökonomisch-funktionalen Betrachtungsweise sind Currency Tokens aus zivilrechtlicher Sicht gesetzlichen Zahlungsmitteln nicht gleichgestellt. Dies ist bereits aus prinzipiellen Gründen als unmöglich zu erachten, denn gesetzliches Zahlungsmittel können in Deutschland nur Einheiten der Währung Euro sein (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BBankG). Diese Erkenntnisse sind jedoch nicht zwingend auf die steuerrechtliche Einordnung dieser Sachverhalte übertragbar. Insoweit hat insbesondere der EuGH entschieden, dass Currency Tokens zumindest im Anwendungsbereich der MwStSystRL, ebenso wie konventionelle Zahlungsmittel, unter die Steuerbefreiung des Art. 135 Abs. 1 lit. e) MwStSystRL fallen.76 Diese Entscheidung ist jedoch weder in der wissenschaftlichen Literatur widerspruchslos hingenommen worden, noch entfaltet sie Wirkung auf andere Steuerarten.77 Dementsprechend ist die ertragsteuerliche Beurteilung von Bitcoins judikativ bisher nicht behandelt worden. Im Folgenden soll geklärt werden, inwieweit die steuerliche Behandlung von Currency Tokens von der Behandlung gesetzlicher Zahlungsmittel abweicht und ob hierdurch eine Verletzung des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und somit eine Verletzung des Grundsatzes der Finanzierungsfreiheit gegeben ist. Anhaltspunkte für eine solche Benachteiligung lassen sich im Rahmen der bilanziellen Bewertung sowie – hiermit verbunden – im Rahmen der ertragsteuerlichen Tatbestände der Gewinnrealisation erkennen.

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Ebenso Lerch, ZBB 2015, 190, 199. EuGH, Urteil v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 53 = MMR 2016, 201, 203 = DStR 2015, 2433, 2436 f. 77 Wäger, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 121 (78. EL 09/2016); Heuel/Matthey, EStB 2018, 342, 349 f. 76

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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II. Bilanzielle Behandlung von Currency Tokens Tokens werden überhaupt nur dann für die ertragsteuerliche Belastung der emittierenden Unternehmen relevant, wenn sie in deren Steuerbilanz aufzunehmen sind. Hinsichtlich des notwendigen Inhalts dieser Bilanz ordnet § 5 Abs. 1 EStG die Anwendbarkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (§ 243 Abs. 1 HGB) auch für das Steuerrecht an (sog. „Maßgeblichkeitsgrundsatz“).78 Die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung umfassen die gesamten geschriebenen und ungeschriebenen Rechnungslegungsvorschriften.79 Hierzu gehört insbesondere das „Vollständigkeitsgebot“.80 Dieses ist in § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB kodifiziert und gebietet die Aufnahme „sämtlicher Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge […], soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.“ Für die Aktivierung in der Bilanz ist also entscheidend, ob die emittierten Tokens oder die im Rahmen des Token Sales erhaltenen Kryptowährungen unter das Vollständigkeitsgebot fallen. In Betracht kommt in beiden Fällen eine Einordnung unter den Begriff des Vermögensgegenstands. Steuerrechtlich wird hiervon abweichend von Wirtschaftsgütern gesprochen, wobei beide Begriffe jedoch im Wesentlichen gleichzusetzen sind.81 In diesem Zusammenhang gilt es, einführend nochmals auf die Modalitäten des Token Generating Events und des Token Sales hinzuweisen. Denn in die Bilanz eines Unternehmers sind nur diejenigen Wirtschaftsgüter aufzunehmen, die dem betreffenden Unternehmen wirtschaftlich zurechenbar sind (vgl. § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB). Sofern die Tokens also im Rahmen des Token Generating Events unmittelbar der Wallet des Investors zugewiesen werden, kann von einer Zurechnung zum Emittenten nicht ausgegangen werden, denn in dieser Konstellation hat der Emittent zu keiner Zeit die tatsächliche Verfügungsmacht über diese inne. Demnach sind die erschaffenen Tokens im Falle der Bilanzierungspflicht des Investors von diesem zu bilanzieren, nicht jedoch vom Emittenten. Stattdessen ist für den Emittenten lediglich die bilanzielle Behandlung des erhaltenen Kapitals, sei es in Form von gesetzlichen Zahlungsmitteln oder in Form von Kryptowährungen, von Interesse. Die Frage der Bilanzierung der von ihm selbst geschaffenen Tokens stellt sich demge78 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 150 (141. EL 03/2018); Anzinger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 250 (290. EL 01/2019); Kempermann, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 30 (54. EL 07/1994); Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1835; Eckert, DB 2013, 2108, 2110. 79 Böcking/Gros, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 243 Rn. 1; Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 44; Kleindieck, in: MüKo BilR, Bd. II, § 243 HGB Rn. 2; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 55. 80 Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 238 Rn. 30; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 67; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 75. 81 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 303 f. (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 555 (290. EL 01/2019); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 93; Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1836; Eckert, DB 2013, 2108, 2109 f.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

genüber für den Emittenten nur in zwei Konstellationen. Entweder liegt zwischen dem Token Generating Event und dem Token Sale ein gewisser Zeitraum, in dem diese in der Wallet des Emittenten verbleiben. Oder der Emittent behält auch nach dem Token Sale eine Anzahl der erschaffenen Tokens innerhalb seiner eigenen Verfügungsgewalt, etwa um die weitere Finanzierung des Unternehmens zu sichern oder um Gründer oder Mitarbeiter zu einem späteren Zeitpunkt der Unternehmensgründung an dessen Entwicklung zu beteiligen. 1. Currency Tokens als Vermögensgegenstand/Wirtschaftsgut Der Begriff des Vermögensgegenstands bzw. des Wirtschaftsguts wird weder im HGB noch in den Steuergesetzen definiert. Die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut vorliegt, ist dementsprechend weniger anhand einer rechtlichen als anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise vorzunehmen.82 Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, die auch im Rahmen der wissenschaftlichen Literatur weitgehend unwidersprochen bleibt, ist der Begriff des Wirtschaftsguts weit zu verstehen.83 Daher können Wirtschaftsgüter auch unkörperliche, rein tatsächlich gegebene Vorteile sein, die nicht Gegenstand einer sachenrechtlichen oder schuldrechtlichen Rechtsposition sind.84 Insbesondere sind auch Software-Programme nach der Rechtsprechung des BFH als beim Softwarehersteller zu bilanzierendes Wirtschaftsgut anerkannt.85 Entscheidend für die derartige Qualifizierung einer wirtschaftlichen Position ist demnach allein das Vorliegen der im Folgenden zu untersuchenden, durch Rechtsprechung und Wissenschaft konkretisierten Tatbestandsmerkmale des Wirtschaftsgutbegriffs. a) Verkehrsfähigkeit Um als Wirtschaftsgut qualifiziert werden zu können, müssen wirtschaftliche Positionen – zumindest zusammen mit dem Gesamtbetrieb – verkehrsfähig sein.86 82

Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 304 (141. EL 03/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 78; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 94; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 144; Schroen, DStR 2019, 1369, 1371. 83 Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 75; Wolffgang, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. C 61 (79. EL 02/1998); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 94; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 126. 84 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 586 (290. EL 01/2019); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 94; Lutzenberger, GmbHR 2018, 794, 797; Richter/ Augel, FR 2017, 937, 940. 85 Vgl. u. a. BFH, Urteil v. 18. 05. 2011, Az. X R 26/09, Rn. 18 = BB 2011, 2285, 2285 f. = FR 2011, 956, 957; ebenso Anzinger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 1816 (290. EL 01/2019); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 270 „Software“. 86 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 304 (141. EL 03/2018); Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1836; Eckert, DB 2013, 2108, 2110; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 144; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 22; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 601.

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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Currency Tokens sind in diesem Zusammenhang aufgrund ihrer Übertragbarkeit im Wirtschaftsverkehr als ausreichend verkehrsfähig anzusehen. Aufgrund der zugrundeliegenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise kommt es bei der Qualifizierung als Wirtschaftsgut – im Gegensatz zu den Ansichten einiger Vertreter der wissenschaftlichen Literatur im Rahmen der Einordnung als Wertpapier (s. o.) – nicht auf die Möglichkeit eines potentiellen, rechtssicheren Gutglaubenserwerbs an. Stattdessen ist lediglich auf die tatsächlich gegebene Möglichkeit des Übertragens der wirtschaftlichen Position in den Zugriff eines anderen Rechtssubjekts abzustellen.87 b) Individuelle Bewertbarkeit Als Voraussetzung für die Qualifizierung eines Wirtschaftsguts ist weiterhin entscheidend, dass die betreffende Position im Geschäftsverkehr einen einer eigenständigen Bemessung zugänglichen Wert aufweist.88 Ein einzelner Currency Token müsste hierzu einer individualisierten monetären Bewertung zugänglich sein. Die Blockchain erlaubt grundsätzlich die Individualisierung und Abgrenzung jedes einzelnen Coins, da die jedem Coin inhärente Transaktionshistorie einsehbar ist. Ob die Currency Tokens deshalb auch einer individualisierten Bewertung zugänglich sind, ist demgegenüber jedoch vom Zeitpunkt ihrer Entstehung, also dem Token Generating Event, abhängig. Der BFH legt als Maßstab der Feststellung der selbstständigen Bewertbarkeit die Figur eines hypothetischen Unternehmenskäufers und die Fragestellung, ob dieser die einzelne Position bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigen würde, zugrunde.89 Je nach Zeitpunkt des Token Generating Events erschafft oder erhält das Unternehmen Coins, die bereits bestimmungsgemäß als Zahlungsmittel einsetzbar und/oder auf dem Sekundärmarkt handelbar sind. Unter Umständen können jedoch auch beide Möglichkeiten noch nicht gegeben sein, z. B. bei technischen Lock-ups und unterbliebenem Listing. Ist jedoch eine dieser Einsatzmöglichkeiten eröffnet, lassen sich die Tokens vergleichsweise einfach bewerten. Denn zum einen sind die einzelnen Currency Tokens bei bereits etabliertem Sekundärhandel über Kryptobörsen anhand des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage selbstständig bewertbar.90 Auch wenn die 87 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 306 (141. EL 03/2018); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 95. 88 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 560 (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 75; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 96; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 126; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 22; Schlund/ Pongratz, DStR 2018, 598, 601. 89 U. a. BFH, Urteil v. 17. 02. 1998, Az. VIII R 28/95, Rn. 24 = FR 1998, 786, 788 = DStR 1998, 1167, 1169; ebenso Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 309 (141. EL 03/ 2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 561 (289. EL 11/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 75; Schroen, DStR 2019, 1369, 1371. 90 Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1542; Kirsch/v. Wieding, BB 2017, 2731, 2733; Niedling/ Merkel, RdF 2018, 141, 143; Richter/Augel, FR 2017, 937, 941.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Bewertung gegebenenfalls Schwierigkeiten aufweisen kann, da die Tokens auf verschiedenen Handelsbörsen zu verschiedenen Preisen angeboten werden, ist sie jedenfalls nicht ausgeschlossen.91 Die individualisierte Bewertbarkeit ist indes nicht von der Möglichkeit des Handels auf organisierten Marktplätzen abhängig. Entscheidend ist vielmehr, ob den Coins zum Bilanzstichtag überhaupt ein messbarer Wert zugeordnet werden kann. Dies kann neben der Handelbarkeit auch über die Wertigkeit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Tokens erfolgen. Die Bewertbarkeit gestaltet sich dann zwar schwieriger, jedoch ist auch das Schätzen eines Wertes als ausreichend anzusehen.92 Ist das vom Emittenten zu schaffende Netzwerk bereits derart ausgeformt, dass die emittierten Currency Tokens als Zahlungsmittel innerhalb dieses Netzwerks eingesetzt werden können, lässt sich der Wert der einzelnen Tokens für einen hypothetischen Erwerber selbstständig anhand des Werts der erhaltenen Gegenleistung bestimmen. Erfolgt das Token Generating Event jedoch zu einer Zeit, in der weder der Handel über Kryptobörsen eröffnet ist noch das zum Currency Token gehörige Netzwerk erschaffen wurde, handelt es sich bei den Currency Tokens im Betriebsvermögen des Emittenten nicht um selbstständig bewertbare Positionen. Tokens sind zu diesem Zeitpunkt bloß kryptographische Dateien, die als solche keinerlei intrinsischen Wert besitzen. Auch ein darüber hinausgehender extrinsischer Wert kann den erschaffenen Coins in diesem Falle nicht beigemessen werden. Denn faktisch lässt sich für einen hypothetischen Erwerber des Unternehmens kein Handel mit den Coins betreiben, sodass eine Bewertbarkeit über Angebot und Nachfrage auf dem Sekundärmarkt ausscheidet. Auch eine selbstständige Bewertung der Coins anhand einer etwaigen, durch sie zu erwerbenden Gegenleistung lässt sich aus Sicht eines hypothetischen Erwerbers nicht vornehmen, da die Currency Tokens noch nicht zum Erwerb von Waren oder Diensten eingesetzt werden können. Oftmals ist die Inhaberschaft eines Tokens zu dieser Zeit noch mit keinerlei rechtsverbindlicher Position verbunden, sondern ist allein von dem Vertrauen in das emittierende Unternehmen abhängig.93 Die Currency Tokens an sich weisen zu diesem Zeitpunkt also keinerlei eigenständigen Verwendungswert auf.94 Auch der BFH erkennt insoweit an, dass Wirtschaftsgüter zumindest als „realisierbarer Vermögenswert“ angesehen werden müssen.95

91

Kirsch/v. Wieding, BB 2017, 2731, 2733; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 143; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 21. 92 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 309 (141. EL 03/2018); Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 246 Rn. 27. 93 Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1160; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 142; Nyffenegger/Schär, CF 2018, 121, 122. 94 Vgl. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 309 (141. EL 03/2018); Terlau, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 20 Rn. 193. 95 BFH v. 09. 07. 1986, Az. I R 218/82 = FR 1986, 624, 624 = DStR 1986, 834, 834; ebenso Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 94.

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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Das bloße Erschaffen eines Currency Tokens sorgt isoliert betrachtet folglich nicht für das Entstehen eines Wirtschaftsguts.96 Tokens in diesem Stadium der Unternehmensentwicklung sind im Umkehrschluss zu § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB folglich auch nicht in die Bilanz des Emittenten aufzunehmen. Entgegen dem ersten Anschein entspricht dies auch der in der wissenschaftlichen Literatur vorherrschenden Meinung zur Qualifizierung von selbst geschaffenen Bitcoins als bilanzierungsfähigem Wirtschaftsgut. Denn auch hier wird dies ausschließlich mit Verweis auf den bestehenden Handel von Bitcoins oder deren gegebene Einsatzmöglichkeiten begründet.97 Entfiele hier der Sekundärmarkt über die Handelsbörsen, so lägen ebenfalls bloß wertlose Daten vor, die nicht als Wirtschaftsgut anzusehen wären. Neben Bitcoins sind auch die Einheiten anderer etablierter Kryptowährungen, etwa Ether, Ripple oder IOTA, unzweifelhaft als individuell bewertbar anzusehen. Diese sind über die Kryptobörsen jederzeit bewertbar und können entsprechend der Wechselkurse in gesetzliche Zahlungsmittel umgetauscht werden. Demnach sind die Kryptowährungen, die der Emittent im Rahmen des Token Sales als Erlös erhält, als Wirtschaftsgüter anzusehen. Dies ist insbesondere deshalb relevant, da im Rahmen von ICOs lediglich etablierte Kryptowährungen als Entgelt für die zu veräußernden Tokens akzeptiert werden.98 Currency Tokens sind daher regelmäßig als Wirtschaftsgut zu qualifizieren.99 Voraussetzung ist jedoch, dass ein Teil der Tokens bereits in der Verfügungsgewalt Dritter steht und gehandelt werden kann oder dass die Möglichkeit des bestimmungsgemäßen Einsatzes gegeben ist. 2. Ausweis der Stelle nach Eine weitergehende Spezifizierung der Wirtschaftsguteigenschaft ist unter anderem für die Bewertung eines Wirtschaftsguts und Fragen der konkreten Bilan-

96 Terlau, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 20 Rn. 193; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1545; ähnlich Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 644 (141. EL 03/2018); a.A. Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231. 97 Eckert, DB 2013, 2108, 2110; Güldü, GmbHR 2019, 565, 570; Marx/Dallmann, StuB 2019, 217, 219; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 22; Richter/Augel, FR 2017, 937, 940 f.; Ummenhofer/Zeitler, DK 2018, 442, 444. 98 Adhami/Giudici/Martinazzi, S. 14; Blemus, RTDF 2017 Nr. 4, 1, 5; Hacker/Thomale, S. 5; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13; Völkel, ZTR 2017, 103, 104. 99 So auch Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 740 „Bitcoins“ (141. EL 03/2018); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 270 „Bitcoins“; Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1836; Eckert, DB 2013, 2108, 2110; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1542; Güldü, GmbHR 2019, 565, 570; Hötzel/Schober/Wicher, IWB 2018, 392, 394; Kirsch/v. Wieding, BB 2017, 2731, 2733; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 144; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 22; Richter/ Augel, FR 2017, 937, 940; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 601; a.A. Schroen, DStR 2019, 1369, 1375.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

zierungsfähigkeit erforderlich.100 Die Spezifizierung erfolgt unter anderem anhand der gesetzlich typisierten Gliederung der Bilanz gem. § 266 HGB. Die Vorschrift ist zwar lediglich für Kapitalgesellschaften rechtlich verbindlich101, jedoch kommt ihr in der Praxis auch für Nicht-Kapitalgesellschaften, die oftmals freiwillig dem Schema folgen, große Bedeutung zu.102 Die allermeisten ICO-Emittenten fallen als Kapitalgesellschaften ohnehin in den Anwendungsbereich der Norm. Bilanzrechtlich wird hierbei zwischen materiellen, immateriellen und finanziellen Wirtschaftsgütern unterschieden (vgl. § 266 Abs. 2 A. HGB).103 Die Unterscheidung zwischen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern erfolgt grundsätzlich anhand ihrer Körperlichkeit.104 Durchbrochen wird dies einerseits bei bestimmten sachenrechtlichen Rechtsfiguren, die zwar unkörperlich sind, jedoch den Sachanlagen zugewiesen werden.105 Andererseits ist die Körperlichkeit auch bei finanziellen Wirtschaftsgütern unerheblich. Diesen werden diejenigen Güter zugewiesen, die dem Betrieb in monetärer Hinsicht und nicht in operativer Hinsicht dienen.106 a) Keine Einordnung als materielle oder finanzielle Wirtschaftsgüter Aufgrund ihrer Unkörperlichkeit sind Currency Tokens jedenfalls nicht als materielle Wirtschaftsgüter anzusehen. In der wissenschaftlichen Literatur wird stattdessen vereinzelt vertreten, dass virtuelle Währungen den finanziellen Wirtschaftsgütern zuzuweisen sein sollen.107 Begründet wird dies damit, dass die Einordnung als immaterielles Wirtschaftsgut untrennbar mit Sinn und Zweck des für diese geltenden Aktivierungsverbots verknüpft sei. Aufgrund des sich in § 5 Abs. 2 EStG manifestierenden Vorsichtsprinzips seien selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter nur dann zu aktivieren, 100 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 330 (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 588 (290. EL 01/2019). 101 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 264 Rn. 1; Böcking/Groß, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 266 Rn. 4; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 505. 102 Schubert/Waubke, in: Beck’scher BilKo, § 266 Rn. 15; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 18. 103 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 585 f. (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 80; Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 132; Küting/Ulrich, DStR 2001, 953, 954. 104 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 531 (144. EL 20/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 585 (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 80; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 22; Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 408. 105 Schubert/Huber, in: Beck’scher BilKo, § 247 Rn. 457; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 531 (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 587 (290. EL 01/2019). 106 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 586 (290. EL 01/2019); Küting/Ulrich, DStR 2001, 953, 954; zweifelnd Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 133. 107 Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 133 f.

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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„wenn sich ihr Wert am Markt gezeigt“ habe.108 Finanzielle Werte hingegen seien unabhängig von einer solchen Marktbestätigung zu aktivieren, da ihr Marktwert offensichtlich gegeben sei.109 Demnach wird geschlussfolgert, dass wirtschaftliche Positionen nur dann als immaterielle Vermögensgegenstände eingeordnet werden könnten, wenn sie im Falle ihrer Eigenherstellung dem Aktivierungsverbot unterliegen. Soweit der Autor nach dem soeben Ausgeführten jedoch virtuelle Währungen den finanziellen Wirtschaftsgütern zuordnet110, kann dem gerade nicht gefolgt werden. Denn wie soeben dargelegt wurde, gilt für virtuelle Währungen, dass auch deren Wertigkeit gerade einzig und allein von einem Handel auf einem Markt abhängig ist. Andere Wertfaktoren können den virtuellen Währungen nicht beigemessen werden. Weder weisen sie einen irgendwie gearteten intrinsischen Wert auf, noch kann ihnen Werthaltigkeit aufgrund einer gesetzlichen Annahmeverpflichtung als Zahlungsmittel zugewiesen werden.111 Schließlich etabliert die Inhaberschaft an einer Einheit einer virtuellen Währung auch keinen durchsetzbaren Anspruch gegenüber einer staatliche Stelle, z. B. einer Zentralbank.112 Ob Currency Tokens dennoch als Zahlungsmittel angesehen werden sollten, da sie die ökonomischsachlichen Kriterien des Geldbegriffs erfüllen (s. o.), ist dabei für die hier aufgeworfene Fragestellung irrelevant. Denn die Wertigkeit einer virtuellen Währung bestimmt sich stattdessen ausschließlich nach der bloß schuldrechtlich bindenden Wertzumessung, also über den Einsatz oder den Handel der virtuellen Währungen auf einem Markt. Eine Einordnung als finanzielles Wirtschaftsgut kommt daher nach den oben beschriebenen Ausführungen des Schrifttums gerade nicht in Betracht. Denn auch selbst geschaffene virtuelle Währungen würden, den Sekundärmarkt hinweggedacht, nicht bilanziell zu aktivieren sein. b) Einordnung als immaterielles Wirtschaftsgut Demzufolge sind Currency Tokens als immaterielle Wirtschaftsgüter anzusehen.113 Diese Einordnung gilt sowohl für im Rahmen des Token Sales erhaltene 108

Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 133. Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 134. 110 Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 134. 111 Beck/König, JZ 2015, 130, 135; Kaulartz/Matzke, NJW 2018, 3278, 3278; Langenbucher, AcP 2018, 385, 394; Martiny, IPRax 2018, 553, 556; Spindler/Bille, WM 2014, 1357, 1360; Westermann/Hornung, DStZ 2018, 301, 303; Zickgraf, AG 2018, 293, 296 f.; Zwirner, BC 2019, 61, 63. 112 Langenbucher, AcP 2018, 385, 394; Moritz/Strohm, DB 2018, 3012, 3012; Thiele, ZfgK 2017, 580, 581. 113 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 533 (141. EL 03/2018); v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.199; WeberGrellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 270 „Bitcoins“; Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1836; Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 22; Prinz/Ludwig, StuB 2019, 257, 258; Richter/Augel, FR 2017, 937, 941; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 18; Zwirner, BC 2019, 61, 63. 109

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Kryptowährungen als auch für vom Steuerpflichtigen selbst emittierte Einheiten einer Kryptowährung. Je nachdem, ob die betreffenden Currency Tokens also dem Anlage- (§ 266 Abs. 2 A. HGB) oder dem Umlaufvermögen (§ 266 Abs. 2 B. HGB) zuzuordnen sind, erfolgt der bilanzielle Ausweis unter dem Posten der „Immateriellen Vermögensgegenstände“ bzw. der „Sonstigen Vermögensgegenstände“.114 Wie bereits festgestellt wurde, sind Currency Tokens nicht als gesetzliche Zahlungsmittel anzusehen. Folglich ist daher auch der bilanzielle Ausweis als „Kassenbestand“ oder „Guthaben bei Kreditinstituten“ ausgeschlossen.115 Hierunter sind ausschließlich Zahlungsmittel zu fassen, sei es in europäischer Währung oder Sorten.116 Um den Zweck der Bilanz, nämlich Übersichtlichkeit und Informationsfunktion, zu erhalten, sind die Gliederungsvorgaben grundsätzlich als zwingend anzusehen.117 Da die Coins jedenfalls in die oben genannten Bilanzpositionen aufgenommen werden können, verbietet sich regelmäßig auch die weitergehende Aufteilung der Bilanz (vgl. § 265 Abs. 5 Satz 2 HGB). Solange keine gesetzlichen Anpassungen vorgenommen werden, können die Coins daher auch in analoger Anwendung der Vorschrift bilanziell nicht wie gesetzliche Zahlungsmittel behandelt werden.118 3. Aktivierungsverbot für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens Aufgrund ihrer Einordnung als immaterielle Wirtschaftsgüter kann für Currency Tokens das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG einschlägig sein. Entgegen des von § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB normierten Vollständigkeitsgebots sind Wirtschaftsgüter dann nicht in der Bilanz eines Steuerpflichtigen auszuweisen, wenn Bilanzierungsverbote bestehen.119 Ein solches Bilanzierungsverbot betrifft vom Steuerpflichtigen selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Hintergrund dessen ist, dass nur die tatsächliche Leistungsfähigkeit von der Be114

Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1543; Güldü, GmbHR 2019, 565, 570; Kirsch/v. Wieding, BB 2017, 2731, 2734 f.; Lutzenberger, GmbHR 2018, 794, 797; Richter/Augel, FR 2017, 937, 943; Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 408; Westermann/Hornung, DStZ 2018, 301, 306; Zwirner, BC 2019, 61, 64. 115 Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1836; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1542; Niedling/ Merkel, RdF 2018, 141, 143 f.; Zwirner, BC 2019, 61, 63 f. 116 Schubert/Waubke, in: Beck’scher BilKo, § 266 Rn. 151; Reiner/Haußer, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 266 Rn. 81; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 143 f.; Ummenhofer/Zeitler, DK 2018, 442, 445. 117 Schubert/Waubke, in: Beck’scher BilKo, § 266 Rn. 5; Suchan, in: MüKo BilR, Bd. II, § 266 Rn. 2 f.; Reiner/Haußer, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 266 Rn. 2. 118 Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1543; zustimmend Ummenhofer/Zeitler, DK 2018, 442, 445. 119 Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 168 (153. EL 11/2009); Anzinger, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 1752 (290. EL 01/2019); Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 128.

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lastung durch die Einkommensteuer erfasst werden soll und nicht etwa unrealisierte oder unsichere Gewinne (sog. „Vorsichtsprinzip“).120 § 5 Abs. 2 EStG geht bezüglich der Steuerbilanz dem handelsrechtlichen Wahlrecht gem. § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB vor.121 Entscheidend für die Frage der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 2 EStG auf die betreffenden Tokens als immaterielle Wirtschaftsgüter sind zwei Kriterien. Erstens die Zuordnung der Tokens zum Anlage- oder Umlaufvermögen des Emittenten und zweitens die Abgrenzung zwischen Herstellung und entgeltlichem Erwerb der Tokens. a) Abgrenzung von Herstellung und entgeltlichem Erwerb § 5 Abs. 2 EStG normiert einerseits ein Verbot hinsichtlich der Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die vom Steuerpflichtigen selbst hergestellt wurden, jedoch im Umkehrschluss auch ein Gebot zur Aktivierung sämtlicher Wirtschaftsgüter, die entgeltlich erworben wurden.122 Ein entgeltlicher Erwerb in diesem Sinne liegt immer dann vor, wenn das Wirtschaftsgut Gegenstand eines mit Anschaffungskosten verbundenen Leistungsverhältnisses war.123 Insoweit muss zwischen den im Rahmen des ICOs emittierten Coins und den im Rahmen des Token Sales erhaltenen Coins unterschieden werden. Im relevanteren Fall des Erhalts von Einheiten einer Kryptowährung als Gegenstand des Investments handelt es sich aus Sicht des Emittenten unzweifelhaft um entgeltlich erworbene Wirtschaftsgüter,denn der Emittent hat für deren Erhalt eine Gegenleistung aufgebracht.124 Das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG ist in diesen Fällen also nicht einschlägig. Im anderen Falle der Emission von Currency Tokens als Leitwährung eines eigenständigen Blockchain-Netzwerks werden Currency Tokens jedoch stets als selbst erschaffene Wirtschaftsgüter einzuordnen sein. Denn bei Erschaffung eines eigenständigen Blockchain-Netzwerks hängt die Herstellung der ersten Currency Tokens alleine von der Programmierung des Emittenten ab. Insoweit entstehen den Emittenten auch keine, möglicherweise als Anschaffungskosten einzuordnende Trans120 Anzinger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 1754 (290. EL 01/2019); Reddig, in; Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 49; Wolffgang, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. C 50 ff. (79. EL 02/1998); Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 133 f. 121 Schmidt/Usinger, in: Beck’scher BilKo, § 248 Rn. 35; Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 168a (153. EL 11/2009); Anzinger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 1765 (290. EL 01/2019); Kempermann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 30 (54. EL 07/1994). 122 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 521 (141. EL 03/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 168a (153. EL 09/2011); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 161. 123 Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 170 (170. EL 07/2012); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 86 ff.; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 190 ff.; Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1836. 124 Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 144.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

aktionsgebühren, wie dies bei Nutzung der Ethereum-Blockchain der Fall wäre. Somit handelt es sich bei den im Token Sale veräußerten Currency Tokens um selbst hergestellte, immaterielle Wirtschaftsgüter. Entscheidend ist in diesen Fällen somit die Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen. b) Zugehörigkeit der Tokens zum Anlage- oder Umlaufvermögen Die grundlegende Unterteilung in Anlage- und Umlaufvermögen sowie deren Abgrenzungskriterium sind in § 247 HGB normiert. Dem Anlagevermögen sind hiernach diejenigen Wirtschaftsgüter zuzuweisen, die dazu „bestimmt sind, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb zu dienen“ (§ 247 Abs. 2 HGB). Entscheidend ist dementsprechend die Zweckbestimmung.125 Der BFH grenzt diesbezüglich primär anhand der subjektiven Willensrichtung des Steuerpflichtigen ab, die sich allerdings anhand objektiver Umstände manifestieren muss.126 Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zeichnen sich folglich dadurch aus, dass sie in funktionaler Hinsicht dauerhaft und wiederholt in der betrieblichen Sphäre genutzt werden.127 Dem Umlaufvermögen andererseits sind insbesondere diejenigen Wirtschaftsgüter zuzuordnen, die zur Veräußerung bestimmt sind.128 Currency Tokens, die nur für den Zeitraum zwischen dem Token Generating Event und dem Token Sale im Betriebsvermögen des Unternehmens verbleiben, sind daher dem Umlaufvermögen zuzuordnen.129 Da sie nach einem gewissen Zeitraum an Investoren veräußert werden, beabsichtigen die Emittenten keinen dauerhaften betrieblichen Nutzen aus den Tokens zu ziehen. Selbst wenn im Einzelfall ein extrem langer Zeitraum zwischen der Erzeugung und Veräußerung der Tokens liegen sollte, ergibt sich hieraus keine andere Bewertung. Denn das Erfordernis des dauerhaften Dienens ist nicht ausschließlich zeitlich zu verstehen.130 Wie bereits angedeutet, ist vielmehr die planmäßige und wiederholte betriebliche Nutzung in einem funktio125 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 703 (144. EL 10/2018); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 22; Hennrichs, in: MüKo BilR, Bd. II, § 247 HGB Rn. 13. 126 BFH, Urteil v. 07. 11. 2000, Az. III R 7/97, Rn. 43 = FR 2001, 369, 372 = BB 2001, 1885, 1887; so auch Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 703 (144. EL 10/2018); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 22; Hennrichs, in: MüKo BilR, Bd. II, § 247 HGB Rn. 16. 127 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 703 (144. EL 10/2018); Wolffgang, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. C 80 (79. EL 02/1998); Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 247 Rn. 14. 128 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 247 Rn. 5; Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 703 (144. EL 10/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 167 (153. EL 09/2011); Hennrichs, in: MüKo BilR, Bd. II, § 247 HGB Rn. 13; Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 408. 129 Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 144; ebenso für zur Veräußerung gedachte Bitcoins beim Mining-Prozess, vgl. Blank/Christ, StB 2018, 47, 50. 130 Kirsch, in: Hofbauer/Kupsch, Rechnungslegung, § 247 HGB Rn. 82 (94. EL 06/2011); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 22; Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 344.

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nalen Sinne entscheidend.131 Eine solche funktionale Analyse ergibt jedoch auch bei ICOs mit sehr langem Zeitraum zwischen dem Token Generating Event und dem Token Sale, dass die beabsichtigte Nutzung der selbst geschaffenen Tokens ausschließlich darin besteht, sie zu Finanzierungszwecken zu veräußern. Coins können nämlich vom Emittenten grundsätzlich nicht betrieblich eingesetzt werden, da der Emittent in der Regel nicht als Erwerber innerhalb seines eigenen Netzwerks auftreten wird. Denn vor der Veräußerung erfüllen die Tokens grundsätzlich für das initiierende Unternehmen keinen Zweck. Durch die Veräußerung werden sie hingegen nicht genutzt, sondern gerade aus dem Betriebsvermögen entfernt. Selbst wenn man in der Veräußerung einen betrieblichen Nutzen sehen wollte, würden die Tokens lediglich einmalig zum Nutzen des Betriebes verwendet. Von einem wiederholten und planmäßigen Nutzen für das Unternehmen kann daher nicht ausgegangen werden. Dementsprechend stellen zur Veräußerung gedachte Wirtschaftsgüter gerade den Regelfall eines Wirtschaftsguts des Umlaufvermögens dar. Dieses funktionale Verständnis schließt den Ausweis im Anlagevermögen auch bei solchen Coins aus, die nach Durchführung des primären Token Sales im Betriebsvermögen verbleiben. Die Tokens werden dann im Rahmen des Token Sales nicht veräußert, sondern werden in Hinblick auf späteren Kapitalbedarf für längere Zeit im Vermögen des Unternehmens gehalten. Maßgeblich ist auch hier die Zweckbestimmung hinsichtlich der Nutzung der Tokens. Zwar kann die Absicht, ein Wirtschaftsgut nach dessen Nutzung zu veräußern, alleine einer Zuordnung zum Anlagevermögen nicht entgegenstehen.132 Erforderlich ist jedoch, dass die Tokens – eine funktionale Betrachtungsweise zugrunde gelegt – überhaupt für die betriebliche Sphäre genutzt werden. Die Currency Tokens, die derart im Betriebsvermögen verbleiben, sind jedoch ebenfalls ausschließlich darauf ausgelegt, künftig gegen frisches Kapital veräußert zu werden. Auch Kryptowährungen, mit denen Investoren ihr Investment tätigen, sind dem Umlaufvermögen des emittierenden Unternehmens zuzuordnen.133 Aufgrund des von Unternehmerseite beabsichtigten Einsatzes dieser Coins zu Finanzierungszwecken, z. B. zur Herstellung des Produkts oder für Lohnzahlungen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie dauerhaft dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Unabhängig von dem bereits festgestellten entgeltlichen Erwerb dieser Coins wäre das Aktivierungsverbot auch aus diesem Grund nicht einschlägig. 131

Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 703 (144. EL 10/2018); Kirsch, in: Hofbauer/ Kupsch, Rechnungslegung, § 247 HGB Rn. 82 (94. EL 06/2011); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 22. 132 Schubert/Huber, in: Beck’scher BilKo, § 247 Rn. 361; Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 704 (144. EL 10/2018); Kirsch, in: Hofbauer/Kupsch, Rechnungslegung, § 247 HGB Rn. 93 (94. EL 04/2011); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 344; Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 409. 133 Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 148; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1545 f.; Hötzel/ Schober/Wicher, IWB 2018, 392, 395; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 144; Prinz/Ludwig, StuB 2019, 257, 258.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Als immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens unterfallen zu bilanzierende Currency Tokens also generell nicht dem Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG. 4. Ansatz der Höhe nach (Zugangsbewertung) Für die Bemessung der Besteuerungsgrundlage ist neben der Frage der Aktivierung auch die Frage der Bewertung der betreffenden Wirtschaftsgüter entscheidend. Auch die Bewertung ist grundsätzlich von der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz umfasst, was jedoch durch eine Vielzahl von steuerlichen Sondervorschriften durchbrochen wird (vgl. etwa § 5 Abs. 6 EStG). Kommen weder handels- noch steuerrechtliche Vorschriften zur Anwendung, ist auf die allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG zurückzugreifen (§ 1 Abs. 2 BewG). Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung sind alle als selbstständig bewertbar anzusehenden Wirtschaftsgüter auch eigenständig zu bewerten (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB).134 Die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter richtet sich dabei nach der soeben angesprochenen Unterteilung in die verschiedenen Kategorien von Wirtschaftsgütern. Sowohl bei den im Betriebsvermögen verbleibenden, selbst geschaffenen Coins als auch bei den im Rahmen des Token Sales erhaltenen Coins handelt es sich hiernach um im Umlaufvermögen auszuweisende immaterielle Wirtschaftsgüter. Für die Bewertung maßgeblich ist die Unterscheidung zwischen den selbst geschaffenen Currency Tokens und den entgeltlich erworbenen Currency Tokens. a) Bewertung der im Rahmen des Token Generating Events selbst erschaffenen Tokens Bei den vom Emittenten erstellten Currency Tokens, die nach dem Token Generating Event im Umlaufvermögen des Emittenten ausgewiesen werden, handelt es sich um selbst geschaffene Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens. Sie sind daher nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG mit den Herstellungskosten anzusetzen.135 Der Umfang der Herstellungskosten wiederum bestimmt sich nach § 255 Abs. 2 bis 3 HGB. Hierzu gehören im Kern „die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung“ entstehen und final sowie unmittelbar auf Herstellung eines bilanzierungsfähigen Wirtschaftsguts

134

Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 252 Rn. 9; Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 56 (133. EL 07/2016); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 13; Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 7. 135 Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1159 f.; Lutzenberger, GmbHR 2018, 794, 797; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 22; Richter/Augel, FR 2017, 937, 941; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 601; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 19.

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gerichtet sind.136 Hierbei sind insbesondere die Stromkosten, die in direktem Zusammenhang mit der Programmierung und Ausführung des Smart Contracts stehen, anzusetzen.137 Darüber hinaus sind jedoch bei selbst geschaffenen Wirtschaftsgütern – im Gegensatz zum Ansatz nach Anschaffungskosten – auch angemessene Anteile der Gemeinkosten zu aktivieren (vgl. § 255 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HGB).138 Hiermit sind die allgemeinen Aufwendungen eines Betriebes gemeint, die dem konkreten Herstellungsvorgang nicht direkt zugeordnet werden können, jedoch im Wege betriebswirtschaftlicher Verfahrensweisen auf die betreffenden Wirtschaftsgüter umgelegt werden können.139 Unterschieden wird hierbei zwischen produktionsbezogenen Gemeinkosten (Satz 2) und Gemeinkosten in Bezug auf den Betrieb als Organisationsstruktur (Satz 3). Hinsichtlich des Ansatzes von Aufwendungen i.S.d. § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB besteht im Steuerrecht ein Ansatzwahlrecht (§ 6 Abs. 1b EStG), welches allerdings in Übereinstimmung mit dem korrespondierenden handelsrechtlichen Wahlrecht ausgeübt werden muss. Nicht erfasst sind in jedem Fall jedoch die Forschungs- und Vertriebskosten (§ 255 Abs. 2 Satz 4 HGB), wozu insbesondere auch Kosten für Marketing und Werbung zählen.140 Insbesondere letztere stellen jedoch in aller Regel einen der größten Kostenposten des Unternehmens bei Durchführung eines ICOs dar.141 Die zu aktivierenden Herstellungskosten pro Currency Token setzen sich also aus den auf den einzelnen Token entfallenden Stromkosten sowie den umgelegten Gemeinkosten des Unternehmens zusammen.142 Da die meisten Unternehmen dazu tendieren, eine sehr hohe Anzahl an Einheiten einer Kryptowährung zu einem geringen Preis zu emittieren143, gehen diese auf den 136 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 455 (133. EL 07/2016); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 54; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 226 (287. EL 04/2018); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 192; Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1836. 137 Vgl. für Mining Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1545; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 22; Richter/Augel, FR 2017, 937, 941 f.; vgl. auch Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 76. 138 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 269 (133. EL 07/2016); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 77; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 250; Richter/Augel, FR 2017, 937, 941. 139 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 269 (133. EL 07/2016); Werndl, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 245 (287. EL 04/2018); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 195. 140 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 500, 503 (133. EL 07/2016); Stobbe/Rade, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 250 (279. EL 05/2017); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 75; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 218 (287. EL 04/2018). 141 Hahn/Wons, ICO, S. 19; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 13; Koch, ZBB 2018, 359, 361. 142 Heuel/Matthey, EStB 2018, 342, 348. 143 Amsden/Schweizer, S. 20 f.; Benedetti/Kostovetsky, S. 16; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 91.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

einzelnen Coin entfallenden Herstellungskosten oftmals gegen Null. Grundsätzlich sind nach dem Gebot der Einzelbewertung dennoch alle Tokens als einzelne Wirtschaftsgüter zu verschwindend geringen Herstellungskosten zu bilanzieren. Demzufolge wird in der Literatur gelegentlich der Ansatz mit dem gewogenen Durchschnittswert (§§ 240 Abs. 4, 256 Satz 2 HGB) als Bewertungsvereinfachungsmethode vorgeschlagen.144 Hiernach können gleichartige Wirtschaftsgüter, also insbesondere solche, die sich im Geschäftsverkehr nach Maß, Zahl und Gewicht bestimmen lassen145, zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden. Grundsätzlich ist der Anwendungsbereich dieser Vereinfachungsmethode jedoch auf bewegliche Wirtschaftsgüter beschränkt, wozu immaterielle Wirtschaftsgüter grundsätzlich nicht zu zählen sind, da diese weder als beweglich noch als unbeweglich angesehen werden.146 Auch der Ansatz mit Hilfe des Festwertverfahrens im Sinne der §§ 240 Abs. 3, 256 Satz 2 HGB kommt für immaterielle Wirtschaftsgüter nicht in Betracht.147 Dennoch überzeugt die soeben beschriebene Ansicht, wonach die selbst geschaffenen Tokens nach dem gewogenen Durchschnittswert anzusetzen seien. Bereits die gesetzliche Konzeption des § 252 Abs. 2 HGB geht nämlich davon aus, dass es Situationen gibt, in denen von den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen abgewichen werden kann. Dies muss so auch für den Grundsatz der Einzelbewertung gelten. Das Gebot der Einzelbewertung dient insbesondere dem Vorsichts- und Imparitätsprinzip, indem verhindert wird, dass Wertminderungen eines Wirtschaftsguts mit Wertsteigerungen eines anderen Wirtschaftsguts saldiert werden.148 Diese Gefahr besteht jedoch beim Ansatz der Tokens ohnehin nicht, denn aufgrund der soeben beschriebenen Bemessung der zu aktivierenden Herstellungskosten, entwickelt sich die Wertigkeit der einzelnen Currency Tokens synchron. Da sich diese zunächst anhand der für alle Tokens gleichermaßen anfallenden Herstellungskosten bemisst und später von dem, ebenfalls für alle Coins einheitlichen Kurs auf den Kryptobörsen abhängig ist, kann ein Auseinanderfallen in wertsteigende und wertfallende Tokens nicht auftreten. Stattdessen handelt es sich bei den Coins um gleichwertige Wirtschaftsgüter i.S.d. § 240 Abs. 4 HGB. Weiterhin sind sie auch als 144

Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1543; Richter/Augel, FR 2017, 937, 945 f. Richter, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 125 (279. EL 05/2017); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 112. 146 Schubert/Andrejewski, in: Beck’scher BilKo, § 253 Rn. 380; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 335 (141. EL 03/2018); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 606 (121. EL 04/2017); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 115; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1542. 147 Winkeljohann/Phillips, in: Beck’scher BilKo, § 240 Rn. 82; Kümpel, in: Brönner/Bareis/ Hahn/Maurer/Schramm, Bilanz, S. 302; Böcking/Groß, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 240 Rn. 26; Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 109; Richter/Augel, FR 2017, 937, 946. 148 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 229 (141. EL 03/2018); Werndl, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. A 149 (262. EL 10/2015); Tiedchen, in: MüKo BilR, Bd. II, § 252 Rn. 31; Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 252 Rn. 19 ff. 145

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vertretbare Wirtschaftsgüter im oben definierten Sinne anzusehen. Denn die einzelnen Tokens eines ICOs unterscheiden sich nicht in den durch sie gewährten Rechten und sind vielmehr bloß nach ihrer Zahl zu bestimmen. Sie sind daher als gleichartig und gleichwertig anzusehen, sodass die sachlichen Voraussetzungen der Anwendung der Durchschnittsmethode gegeben sind.149 Darüber hinaus sind die Tokens in diesem Zusammenhang mit zu bilanzierenden Wertpapieren vergleichbar. Deren Wert bemisst sich ebenfalls anhand der Anschaffungskosten, also anhand des ebenfalls einheitlich gegebenen Börsenkurses.150 Auch für Wertpapiere ist die Durchschnittsmethode anzuwenden, obwohl diese nicht zwingend als bewegliche Vermögensgegenstände angesehen werden können.151 Folglich ist entsprechend der oben aufgeführten Literaturmeinung dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu eröffnen, in analoger Anwendung der §§ 240 Abs. 4, 256 Satz 2 HGB, die geschaffenen Currency Tokens als Gruppe zusammengefasst, mit dem gewogenen Durchschnittswert zu aktivieren. Da die auf einen Token entfallenden Herstellungskosten jedoch ohnehin nicht abweichen, kommt der Durchschnittswertbildung bei den selbst erstellten Currency Tokens nur geringe Bedeutung zu. b) Bewertung der im Rahmen des Token Sales erhaltenen Kryptowährungen Größere Relevanz hat die Möglichkeit des Ansatzes nach dem gewogenen Durchschnittswert bei den im Rahmen des Token Sales erhaltenen Kryptowährungen. Auch diese sind als immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens zu behandeln. Im Unterschied zu den selbst erstellten Tokens sind die Coins jedoch vom Emittenten entgeltlich erworben worden, weshalb sie gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG mit den Anschaffungskosten anzusetzen sind.152 Da die erhaltenen Kryptowährungen nicht als gesetzliches Zahlungsmittel angesehen werden können, handelt es sich um einen Leistungsaustausch, bei dem immaterielle Wirtschaftsgüter gegen immaterielle Wirtschaftsgüter ausgetauscht werden. Folglich liegt ein Tausch i.S.d.

149 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 240 Rn. 8; Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 65 (133. EL 07/2016); Böcking/Groß, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 240 Rn. 35; Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 112; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1543; Westermann/Hornung, DStZ 2018, 301, 306; wohl auch Heck, DStZ 2019, 105, 110. 150 Schubert/Gadeck, in: Beck’scher BilKo, § 255 Rn. 301; Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 132. 151 Schubert/Gadeck, in: Beck’scher BilKo, § 255 Rn. 303 ff.; Richter, in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 112 (279. EL 05/2017); Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 240 Rn. 32; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1543. 152 Blank/Christ, StB 2018, 47, 48; Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1836; Hötzel/Schober/ Wicher, IWB 2018, 392, 395; Lutzenberger, GmbHR 2018, 794, 797; Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 409; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 601.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG vor.153 Hiernach ist der gemeine Wert der vom Emittenten erschaffenen und übertragenen Tokens als Wert der Anschaffungskosten der erhaltenen Coins anzusetzen. Der gemeine Wert bestimmt sich mangels handels- oder steuerrechtlicher Sondervorschriften nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG und ist durch den Preis definiert, „der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre“. Gemeint ist also in aller Regel der Betrag, der üblicherweise bei einem Verkauf erzielt wird.154 aa) Bereits erfolgtes Listing der emittierten Tokens Sofern es sich bei dem betreffenden Token Sale um einen zeitlich gestreckten Vorgang handelt, ist unter Umständen bereits ein Handel der emittierten Tokens über die Kryptobörsen möglich, während der Token Sale noch läuft. In diesem Fall ist der durchschnittliche Umrechnungskurs der emittierten Tokens auf den Kryptobörsen in gesetzliche Zahlungsmittel zur Bestimmung des gemeinen Werts heranzuziehen.155 bb) Kein Listing der emittierten Tokens In aller Regel jedoch erfolgt das Listing auf den Kryptobörsen erst nach dem ICO und somit auch nach Abschluss des Token Sales. In diesem Fall sind grundsätzlich die kurze Zeit vorher oder die nachher tatsächlich erzielten Veräußerungserlöse als Grundlage der Bewertung heranzuziehen.156 Hier kommen nur die vom Emittenten aufgerufenen Preise in Betracht. Demnach bestimmen sich also die zu aktivierenden Anschaffungskosten der erhaltenen Kryptowährungen nach dem Wert ebendieser Kryptowährungen. Anzusetzen ist in diesen Fällen folglich der Umrechnungsbetrag der erhaltenen Kryptowährungen zum Bewertungsstichtag in Euro.157 Dieser Ansatz nach den tatsächlich vom Emittenten aufgerufenen Veräußerungspreisen weist jedoch zweierlei Schwierigkeiten auf. Zum einen können die Preise pro Token variieren, wenn sich der Emittent für ein nach Phasen gestaffeltes 153

Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 740 „Bitcoins“ (141. EL 03/2018); Eckert, DB 2013, 2108, 2111; Heuel/Matthey, EStB 2018, 342, 349; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 145; Pielke, IWB 2018, 234, 238; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 25; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 603; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 19. 154 Kreutziger, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, § 9 Rn. 11; Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, § 9 Rn. 8 (29. EL 10/2018); Immes, in: Wilms/Jochum, ErbStG, § 9 BewG Rn. 4 (67. EL 10/2013). 155 Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 11a; Terlau, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 20 Rn. 198; Blank/Christ, StB 2018, 47, 48; Eckert, DB 2013, 2108, 2111; Marx/Dallmann, StuB 2019, 217, 220; Pielke, IWB 2018, 234, 238; Prinz/Ludwig, StuB 2019, 257, 258 f. 156 Kreutziger, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, § 9 Rn. 11; Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, § 9 Rn. 15 (29. EL 10/2018); Immes, in: Wilms/Jochum, ErbStG, § 9 BewG Rn. 5 (67. EL 10/2013); vgl. auch Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 21. 157 Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 144; Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 145; Richter/Augel, FR 2017, 934, 941.

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Preismodell entscheidet. Zum anderen muss beim hier untersuchten Fall der Leistung in Kryptowährungen eine Umrechnung in Euro vorgenommen werden (vgl. § 244 HGB), die aufgrund der teilweise extremen Volatilität der Kryptowährungen ebenfalls schwierig umzusetzen ist. Denkbar ist, dass verschiedene Investoren innerhalb einer Verkaufsphase die gleiche Anzahl von Tokens für die gleiche Menge von Coins erwerben, diese Coins jedoch bei einem Investor einem deutlich höheren oder geringeren Wert in Euro entsprechen. Hier entfaltet nun die Anwendung der Bewertungsvereinfachungsmethode der §§ 240 Abs. 4, 256 Satz 2 HGB Wirkung. Herangezogen werden müssen zunächst die jeweiligen Umrechnungsbeträge der tatsächlich erhaltenen Einheiten an Kryptowährungen. Diese lassen sich aus den im Zeitpunkt der Übertragung an den Kryptobörsen erzielbaren Wechselkursen entnehmen.158 Sodann ist unter Berücksichtigung der zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich hohen Veräußerungsmengen der Durchschnittswert dieser Umrechnungsbeträge zu bilden.159 Mit diesem Wert sind die erhaltenen Kryptowährungen in der Bilanz des Emittenten zu aktivieren. Er stellt den gemeinen Wert i.S.d. § 9 Abs. 2 BewG der hingegebenen Tokens dar und somit die Anschaffungskosten der erhaltenen Kryptowährungen i.S.d. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG. Nur im Ausnahmefall können mit entsprechender Begründungspflicht von den tatsächlichen Veräußerungspreisen abweichende Werte aktiviert werden.160 Bei einem Token wäre dies etwa dann der Fall, wenn sich eine – in der Blockchain-Szene durchaus vorkommende – übertriebene Euphorie um das Unternehmen entwickelt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Tokens einen deutlich höheren Wert aufweisen als deren letzte Veräußerungspreise. Ebenfalls denkbar wäre eine deutlich niedrigere Bewertung, etwa in Fällen der einschränkenden Regulierung von ICOs oder dem Token-Handel.161 Unabhängig davon, ob die Kryptobörsen als „Börse“ i.S.d. § 11 Abs. 1 BewG anzusehen sind, kommt ein Ansatz der erhaltenen Kryptowährungen nach ebenjener Vorschrift nicht in Betracht, da diese keine Wertpapiere sind und diesen auch funktional nicht gleichgestellt werden können.162 Ebenfalls nicht herangezogen werden kann § 256a Satz 1 HGB, nach dem auf Fremdwährungsbeträge zu bilanzierende Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten mit dem am Abschlussstichtag

158

Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 145; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 21. Vgl. Winkeljohann/Phillips, in: Beck’scher BilKo, § 240 Rn. 138 f.; Mutscher, in: Frotscher, EStG, § 6 Rn. 60 f. (190. EL 12/2015); Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. A 164 (262. EL 10/2015). 160 Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, § 9 Rn. 8 (29. EL 10/2018). 161 Vgl. zu ähnlich zu bewertenden Fällen i.R.d. Teilwertabschreibung Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1837. 162 Reiter/Nolte, BB 2018, 1179, 1183; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 21; a.A. Moritz/ Strohm, DB 2018, 3012, 3016. 159

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

geltenden Devisenkassamittelkurs zu bewerten sind.163 Da Tokens und auch die aufgrund vertraglicher Vereinbarung als Zahlungsmittel genutzten Coins nicht als Währung anzusehen sind, kann § 256a HGB bereits tatbestandsmäßig nicht anwendbar sein.164 5. Ansatz mit dem Teilwert (Folgebewertung) Um die vom Leistungsfähigkeitsprinzip geforderte Besteuerung nach den tatsächlichen Veränderungen des Reinvermögens zu ermöglichen und den Steuerpflichtigen nicht zu hoch zu belasten, können die Zugangsbewertungen von Wirtschaftsgütern angepasst werden.165 Eine Ausprägung dieser Überlegung ist die Möglichkeit der Abschreibung eines Wirtschaftsguts auf den Teilwert i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, wodurch der Ansatz nach den Herstellungs- bzw. den Anschaffungskosten nach unten korrigiert werden kann.166 Der Teilwert soll also den von den aktivierten Kosten abweichenden Wert zum jeweiligen Bilanzstichtag abbilden.167 Aufgrund des Charakters als Korrekturwert bei Wertminderungen stellen die historisch angesetzten Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten hierbei die Obergrenze des Teilwertausweises eines Wirtschaftsguts in der Bilanz dar.168 Gleichzeitig bildet der erzielbare Einzelveräußerungspreis eines Currency Tokens die Untergrenze.169 a) Bestimmung des Teilwerts Nach der Legaldefinition des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist der Teilwert als „der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für 163

Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1542; wohl auch Richter/Augel, FR 2017, 937, 941; a.A. Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 145 ff. 164 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 256a Rn. 2; Grottel/Koeplin, in: Beck’scher BilKo, § 256a HGB Rn. 10 ff.; Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 11a. 165 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 546 (144. EL 10/2018); Gabert, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 421 (279. EL 05/2017); Werndl, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 321 (287. EL 04/2018); Dräger/Dorn/Hoffmann, in: Littmann/ Bitz/Pust, EStR, § 6 Rn. 402 (133. EL 01/2019). 166 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 544 (144. EL 10/2018); Gabert, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 401 (279. EL 05/2017); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 86; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 339 (287. EL 04/ 2018); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 237; Hiller, DStZ 2016, 813, 813. 167 Gabert, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 415 (279. EL 05/2017); Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 335 (287. EL 04/2018); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 250. 168 Herrmann, in: Frotscher, EStG, § 6 Rn. 242 (153. EL 11/2009); Werndl, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 359 (287. EL 04/2018); Reiter/Nolte, BB 2018, 1179, 1184. 169 Herrmann, in: Frotscher, EStG, § 6 Rn. 262 (145. EL 07/2008); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 89; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 362 (287. EL 04/ 2018); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 251.

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde“, anzusehen. Es wird also auf den Wert abgestellt, der dem Wirtschaftsgut als Bestandteil des Gesamtbetriebs im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit zukommt.170 Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens wird vermutet, dass sich dieser nach den Wiederbeschaffungs- bzw. den Wiederherstellungskosten bestimmt.171 Dies gilt entsprechend der vorangegangenen Einordnung also auch bei den im Rahmen eines ICOs zu aktivierenden selbst geschaffenen Tokens sowie den erhaltenen Kryptowährungen. Die Wiederbeschaffungskosten einer Kryptowährung lassen sich aus den zum Bilanzstichtag verfügbaren Kurswerten auf einer der Kryptobörsen entnehmen.172 Denn sofern für das betreffende Wirtschaftsgut eine Börse oder ein Markt mit einem klar bestimmbaren Wert existiert, so ist dieser Wert maßgebend für die Bestimmung der Wiederbeschaffungskosten.173 Falls mehrere Kryptobörsen existieren, die diesen Wert unterschiedlich ausweisen, ist hierbei wohl nach Ermessen des Bilanzierenden auf den Kurs der genutzten Plattform, den Mittelwert oder den niedrigsten Wert abzustellen.174 Denn es kann davon ausgegangen werden, dass für den hypothetischen Fall der Wiederbeschaffung eben die Kryptobörse mit den niedrigsten Kursen ausgewählt würde, da die einzelnen Kryptobörsen keinen Zugangsbeschränkungen unterliegen. Bei den selbst geschaffenen Coins, die insoweit grundsätzlich mit den Reproduktionskosten anzusetzen wären175, erscheint die Abschreibung auf den Teilwert ohnehin wenig sinnvoll, da die in diesem Falle zu aktivierenden Herstellungskosten regelmäßig sehr gering ausfallen. Die Kosten für die Reproduktion würden sich im Übrigen auch kaum von den Kosten für die erstmalige Erstellung unterscheiden.

170 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 546 (144. EL 10/2018); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 86 f.; Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 232. 171 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 611 (133. EL 07/2016); Herrmann, in: Frotscher, EStG, § 6 Rn. 248 (190. EL 12/2015); Schindler, in Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 98; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 378 (287. EL 04/2018); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 242; Richter/Augel, FR 2017, 937, 942. 172 Lutzenberger, GmbHR 2018, 794, 797; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 24; Richter/Augel, FR 2017, 937, 942. 173 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 639 (136. EL 04/2017); Herrmann, in: Frotscher, EStG, § 6 Rn. 339 (153. EL 11/2009); Gabert, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 445 (279. EL 05/2017); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 254. 174 Vgl. hierzu Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 640 (136. EL 04/2017); Kleinle/ Dreixler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 582 „Wiederbeschaffungskosten“ (279. EL 05/2017); Lutzenberger, GmbHR 2018, 794, 797; Moritz/Strohm, DB 2018, 3012, 3016; Richter/Augel, FR 2017, 937, 942. 175 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 611 (133. EL 07/2016); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 255.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

b) Voraussetzungen des Ansatzes mit dem Teilwert Voraussetzung für das Ansetzen des Teilwerts ist eine voraussichtlich dauernde Wertminderung (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Der Gesetzgeber sieht eine solche Wertminderung als gegeben an, wenn der anzusetzende Teilwert in nachhaltiger Weise unter den bisher in der Bilanz angesetzten Buchwert gesunken ist.176 Bloß vorübergehende Wertminderungen sollen dagegen für die Ausübung der Teilwertabschreibung nicht ausreichen. Die Bewertung dieser nachhaltigen Wertminderung unterscheidet sich nach der Einordnung des abzuschreibenden Wirtschaftsguts.177 Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens ist dies bereits dann anzunehmen, wenn die Wertminderung bis zum Datum der Aufstellung der Bilanz besteht.178 Dies ist insofern sachgerecht, da Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens grundsätzlich nicht auf Dauer dem Betrieb dienen sollen. Die Dauerhaftigkeit der Wertminderung muss sich demnach auch im Verhältnis zur Dauer des Verbleibs im Betriebsvermögen bestimmen.179 Dies gilt insbesondere für erhaltene Currency Tokens, die zu Finanzierungszwecken gegen gesetzliche Zahlungsmittel weiterveräußert werden. Selbiges gilt jedoch auch für selbst erschaffene Currency Tokens, die in absehbarer Zeit zu Finanzierungszwecken veräußert werden sollen. Dementsprechend akzeptiert auch die Finanzverwaltung eine Wertminderung zum Datum der Bilanzaufstellung als ausreichend.180 Ein etwaiger Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren, bei denen gesunkene Kurse nur dann zu einer Teilwertabschreibung berechtigen, wenn sie mit einer Gefährdung des Nominalbetrags einhergehen181, überzeugt in diesem Fall nicht. Ein solcher mag zwar treffend sein in Bezug auf das Halten von Utility Tokens oder Debt Tokens des Investors, da sich in diesem Fall der Wert der gehaltenen Tokens nicht ausschließlich nach deren Wiederbeschaffungskosten bestimmt, sondern auch nach den Ansprüchen gegenüber dem Emittenten, zu denen sie berechtigen.182 Dies ist jedoch bei reinen Kryptowährungen nicht der Fall. 176

BT-Drs. 14/443, S. 22. Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 560a (144. EL 10/2018); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 101; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 413 (287. EL 04/2018). 178 Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 104; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 418 (287. EL 04/2018); Dräger/Dorn/Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, § 6 Rn. 450 (133. EL 01/2019); Hiller, DStZ 2016, 813, 815; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 24; Prinz/Ludwig, StuB 2019, 257, 259; Richter/Augel, FR 2017, 937, 942; wohl auch Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 560d (144. EL 10/2018). 179 Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 418 (287. EL 04/2018); Hiller, DStZ 2016, 813, 815. 180 BMF-Schreiben v. 02. 09. 2016, GZ: IV C 6 – S 2171-b/09/10002 :002, Rn. 16, BStBl. I 2016, 995. 181 Gabert, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 403 (279. EL 05/2017); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 101; Hiller, DStZ 2016, 813, 817 f. 182 Ebenso Richter/Schlücke, FR 2019, 407, 410. 177

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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Steigt der Kurs der Coins zu einem späteren Zeitpunkt wieder, sind diese auch gleichfalls wieder höher zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, Nr. 1 Satz 4 EStG).183 Hierbei handelt es sich im Gegensatz zur Teilwertabschreibung als solcher nicht um ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen, sondern um ein sogenanntes „Wertaufholungsgebot“.184 6. Benachteiligungen im Verhältnis zu gesetzlichen Zahlungsmitteln Dementsprechend haben Emittenten das Kapital, welches sie im Rahmen des Token Sales in Form von Kryptowährungen erhalten, mit dem durchschnittlichen Preis auf den Kryptobörsen zum Zeitpunkt des Erhalts in ihrer Bilanz zu aktivieren. Im Falle sinkender Kurse kann der entsprechende Bilanzposten auf den Teilwert abgeschrieben werden. Diese bilanzielle Behandlung geht oftmals mit einer nicht der tatsächlichen Leistungsfähigkeit entsprechenden Belastung des Emittenten einher. Dies ergibt sich aus den stark schwankenden Kursen der als Investmentmittel eingesetzten Kryptowährungen. Aufgrund der notwendigen Dauer der Planungsphase vor einem ICO ist es dem initiierenden Unternehmen nicht möglich, die Kurssprünge bei der Durchführung eines ICOs hinreichend zu berücksichtigen. Auch nach der Durchführung des ICOs folgen die Unternehmen notwendigerweise gewissen Zeitplänen bei der weiteren Entwicklung des Unternehmens, die es ihnen ebenfalls unmöglich machen, auf die wechselnden Kurse von Kryptowährungen zu reagieren. Da virtuelle Währungen heute als Zahlungsmittel nicht flächendeckend anerkannt sind, ist es zwingend erforderlich, die erhaltenen Currency Tokens in gesetzliche Zahlungsmittel umzutauschen, um mit dem Finanzierungsprozess fortfahren zu können. Sinken die Kurse, mindert dies das verfügbare Kapital und somit die Möglichkeit des Emittenten, den Unternehmensbetrieb tatsächlich weiterzuentwickeln. Die durch den ICO tatsächlich gewonnene Leistungsfähigkeit des Emittenten ist also stets vom entsprechenden Wechselkurs abhängig. Problematisch in Hinblick auf das Prinzip der Leistungsfähigkeit ist, dass die bilanzielle Bewertung von Currency Tokens diese kurzfristigen Kurssprünge nicht nachvollzieht. So besteht zunächst die Möglichkeit, dass die Unternehmen Currency Tokens erhalten, deren Kurs im Zeitpunkt des Token Sales gerade sehr hoch liegt. Die Aktivierung in der Bilanz erfolgt dann zu diesem Kurs. Als Folge wird eine sehr hohe Leistungsfähigkeit des Unternehmens indiziert, welche eine hohe Steuerbelastung bedingt. Gleichzeitig können unter Umständen nicht sofort alle derart erhaltenen 183 Mutscher, in: Frotscher, EStG, § 6 Rn. 257 g ff. (190. EL 12/2015); Dräger/Dorn/ Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, § 6 Rn. 505 (133. EL 01/2019); Kulosa, in: Schmidt, EStG, § 6 Rn. 376; Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1837. 184 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 582 (144. EL 10/2018); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 107; Bünning/Park, BB 2018, 1835, 1837.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Currency Tokens vom Emittenten zur Unternehmensentwicklung eingesetzt oder in gesetzliche Zahlungsmittel umgetauscht werden. Sofern die Kurse nun in dem Zeitraum nach Durchführung des ICOs einbrechen, verringert sich auch die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Emittenten, ohne dass dies zunächst in der Bilanz abgebildet werden würde. Des Weiteren besteht natürlich auch die umgekehrte Möglichkeit eines nach dem Token Sale stark ansteigenden Kurses, wobei als Höchstwert im Rahmen der Steuerbilanz die Höhe der Anschaffungskosten angesetzt werden kann (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Nach der soeben beschriebenen bilanziellen Bewertung von Kryptowährungen wird bei diesen also systematisch das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verletzt. Im Gegensatz hierzu können sich finanzbedürftige Unternehmen darauf verlassen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt erhaltene (ausländische) gesetzliche Zahlungsmittel auch in der Zukunft noch ähnlich werthaltig sind und zur Unternehmensentwicklung eingesetzt werden können. Dementsprechend führt auch die Bilanzierung von derartigen gesetzlichen Zahlungsmitteln in aller Regel zu einer dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechenden Besteuerung von kapitalbedürftigen Unternehmen. Selbst bei Zugrundelegung der Tatsache, dass auch Devisen Wechselkursschwankungen unterliegen, weicht der aktivierte Buchwert des erhaltenen Kapitals innerhalb einer Steuerperiode kaum von dem tatsächlichen Wert des Kapitals ab. Denn die Kursschwankungen der typischerweise zur Finanzierung genutzten gesetzlichen Währungen wie Euro, Dollar, Pfund oder Yen, fallen deutlich geringer aus als jene bei Kryptowährungen. So betrug die Spanne von Tiefst- zu Höchstwert des Wechselkurses im Jahr 2018 von Euro zur Krypto-Leitwährung Bitcoin 395,50 Prozent185, während dieser Wert im Rahmen des Wechselkurses von Euro zu Dollar im selben Zeitraum lediglich 11,25 Prozent betrug.186 Hieran ändert auch die Möglichkeit der Teilwertabschreibung nichts, denn auch die Teilwertabschreibung ist im Endeffekt nur eine einmalig vorgenommene, erneute Bewertung zu einem weiteren bestimmten Stichtag.187 Dieser betrifft den konkreten Tag der Bilanzaufstellung und ist daher geeignet, die aus dem Besitz der Kryptowährungen resultierende Leistungsfähigkeit an diesem Tag festzustellen. Dies mag in Einzelfällen für den Emittenten durchaus vorteilhaft sein, etwa wenn der Kurs der betreffenden Kryptowährung zu diesem Stichtag gerade sehr niedrig liegt. Das Kernproblem der erratisch steigenden und fallenden Kurse wird hierdurch jedoch nicht abgefedert. Vielmehr hängt die steuerliche Belastung des Emittenten nun nicht 185 Höchstwert am 06. 01. 2018 (1 BTC & 14.259,64 E) und Tiefstwert am 15. 12. 2018 (1 BTC & 2.877,80 E), Statistiken entnommen von https://www.boerse-online.de/devisen/histo risch/bitcoin-euro-kurs (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019). 186 Höchstwert am 12. 11. 2018 (1 $ & 0,8909 E) und Tiefstwert am 01. 02. 2018 (1 $ & 0,7997 E), Statistiken entnommen von https://www.boerse-online.de/devisen/historisch/euro kurs (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019). 187 Ehmke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 550 (144. EL 10/2018); Gabert, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 415 (279. EL 05/2017); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 87; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 335 (287. EL 04/2018).

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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mehr vom zufälligen Kurs zum Datum des Erhalts der Kryptowährungen ab, sondern vom zufälligen Kurs zum Datum der Bilanzaufstellung. Somit gilt trotz Teilwertabschreibung, dass die auf Currency Tokens anwendbaren Bilanzierungsvorschriften nicht zu einer der Leistungsfähigkeit entsprechenden Besteuerung führen. Obwohl die oben dargelegten Ansatzvorschriften im Falle nach Erhalt steigender Kurse auch dazu führen können, dass die steuerliche Belastung geringer als eigentlich angemessen ausfällt, verhindern die steuerlichen Vorschriften zur Bewertung von Wirtschaftsgütern, dass ICOs eine wirtschaftlich optimal effiziente Finanzierungsmethode darstellen können. Denn durch die mangelnde Beherrschbarkeit und Planbarkeit der Kursentwicklung sind die ICOs nach geltendem Bilanzrecht mit enormen finanziellen Risiken hinsichtlich der steuerlichen Belastung verbunden. Emittenten müssen diese bei ihrer wirtschaftlichen Planung berücksichtigen und können die zurückgehaltenen Mittel stattdessen nicht in die Unternehmensentwicklung investieren. Insofern werden Investitionen in Currency Tokens und hiermit auch dementsprechende ICOs im Verhältnis zu herkömmlichen Finanzierungsmethoden bilanziell und ertragsteuerlich benachteiligt, obwohl Currency Tokens im Rahmen eines ICOs wirtschaftlich ausschließlich Zahlungsmittelfunktion aufweisen. Dadurch, dass es der Gesetzgeber bisher unterlassen hat, diese Einschränkung des ICOMarktes durch Anpassung der Rechtslage zu beheben, liegt ein Staatsversagen vor. Denn durch die fehlende Anpassung der bilanziellen Behandlung an die hohen Kursschwankungen der anerkannten Kryptowährungen ist keine der Leistungsfähigkeit des Emittenten entsprechende Bewertung möglich. Im Gegensatz hierzu ist dies bei herkömmlichen Finanzierungsmethoden der Fall, sodass ICOs im Verhältnis zu diesen benachteiligt werden. Hierin ist eine Verletzung des ökonomischen Postulats der Finanzierungsfreiheit zu sehen.

III. Realisationstatbestände bezüglich Currency Tokens im Rahmen von ICOs Diese bilanzrechtliche Benachteiligung wird durch Besonderheiten von ICOs im Rahmen der ertragsteuerlichen Behandlung nochmals verstärkt. Denn im Unterschied zu einer Investition in Form von gesetzlichen Zahlungsmitteln liegen bei einer Investition in Form von virtuellen Währungen regelmäßig zwei steuerbare Realisationstatbestände vor. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Investment der Anleger in Form von Kryptowährungen erfolgt. Grundsätzlich muss bei der Behandlung von geschäftlichen Vorfällen zwischen ergebnisneutralen und ergebniswirksamen Geschäftsvorfällen unterschieden werden.188 Ergebniswirksam sind nur solche Geschäftsvorfälle, bei denen das Eigenkapital tatsächlich steigt oder fällt (sog. „Rea188 Wied, in: Blümich, EStG, § 4 EStG Rn. 111 (139. EL 11/2017); Loschelder, in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 82; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 23 f.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

lisationstatbestände“); werden hingegen lediglich Umschichtungen zwischen verschiedenen Bilanzposten vorgenommen, liegt noch keine steuerrelevante Vermögensveränderung vor.189 Hiernach kann die bloße Erstellung der Tokens im Wege des Token Generating Events nicht als ein solcher, vermögenswirksamer Geschäftsvorfall angesehen werden, denn in der Aktivierung mit den Herstellungskosten ist eine bloße ergebnisneutrale Vermögensumschichtung zu sehen.190 Durch die Schaffung der Tokens nimmt zwar der Posten der immateriellen Vermögensgegenstände in Höhe der Herstellungskosten zu. Korrespondierend hierzu kommt es jedoch zu einer Abnahme der Eigenmittel, mittels derer die Herstellungskosten aufgebracht wurden. Es handelt sich demnach um einen ergebnisneutralen Aktivtausch.191 Auch Wertveränderungen dieser selbst geschaffenen, im Betriebsvermögen verbleibenden Tokens führen nicht zu einer Gewinnrealisation, denn, wie bereits beschrieben wurde, können derartige Wertsteigerungen nicht über die Höhe der historischen Herstellungs- oder Anschaffungskosten hinaus aufgewertet werden. Demnach führen auch Wertsteigerungen der selbst geschaffenen Tokens im Anschluss an das Token Generating Event lediglich zur Bildung von stillen Reserven, nicht aber zu einer Erhöhung des steuerbaren Gewinns.192 Diese Wertsteigerungen werden stattdessen erst dann steuerlich erfasst, wenn sie durch Markttransaktionen realisiert werden.193 Ein erster Gewinn-Realisationstatbestand im Rahmen von ICOs ist jedoch im Token Sale zu sehen. Erhält das emittierende Unternehmen einen Betrag in Euro im Austausch gegen die erzeugten Tokens, ist hierin die Veräußerung eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen, also ein steuerbarer Ertrag, zu sehen.194 Auch wenn die Veräußerung der erschaffenen Tokens im Austausch gegen Einheiten einer anderen virtuellen Währung erfolgt, ist hierin ein ergebniswirksamer Geschäftsvorfall zu sehen. Insoweit liegt ein Tausch vor, welcher nach anerkannten Grund-

189 Wied, in: Blümich, EStG, § 4 EStG Rn. 111 (139. EL 11/2017); Bode, in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 30; Loschelder, in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 83 f.; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 23; Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 3 Rn. 3 (Fn. 4). 190 Stobbe/Rade, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 220 (279. EL 05/ 2017); Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 6 Rn. 53; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. B 221 (287. EL 04/2018). 191 Vgl. Wied, in: Blümich, EStG, § 4 EStG Rn. 111 (139. EL 11/2017); Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 23. 192 Vgl. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 Rn. 930 (141. EL 03/2018); Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 70 (199. EL 06/2017); Bode, in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 31; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 401. 193 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 Rn. 930a (141. EL 03/2018); Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 71 f. (199. EL 06/2017); Bode, in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 31; Seiler, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. B 101 (235. EL 10/2012); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 601; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 400. 194 Vgl. Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 207; Seiler, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. B 43 (235. EL 10/2012); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 602.

D. Currency Tokens: Unvollständige Gleichstellung zu Zahlungsmitteln

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sätzen ebenfalls eine Gewinnrealisation bedingt.195 Hierbei stellt der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert der hingegebenen Tokens und deren bis zu diesem Zeitpunkt ausgewiesenen Buchwert einen ergebniswirksamen Zugewinn dar.196 Dasselbe gilt erst recht für jene Fälle, in denen die emittierten Tokens im Zeitpunkt des Token Sales noch nicht in der Bilanz des Emittenten aktiviert waren. Des Weiteren ist für die Emittenten eines ICOs oftmals jedoch ein zweiter Realisationstatbestand gegeben. Sofern die emittierten Tokens gegen Kryptowährungen veräußert werden, werden diese mit dem aus den Kryptobörsen abzuleitenden Umrechnungsbetrag in Euro aktiviert. Um das so erhaltene Kapital allerdings tatsächlich zur Entwicklung des Unternehmens einsetzen zu können, müssen die Emittenten die erhaltenen Coins in gesetzliche Zahlungsmittel umtauschen. Trotz der zwischenzeitlich starken Euphorie um die Blockchain-Technologie hat sich der Einsatz von Bitcoins als Zahlungsmittel bisher nicht durchgesetzt, sodass die Kryptowährungen erst nach ihrem Umtausch in Euro für den Emittenten wirklich nutzbar sind. Hat sich der Kurs der erhaltenen Kryptowährung in der Zwischenzeit verändert, liegt eine erneute vermögenswirksame Markttransaktion zu sehen. Hierbei handelt es sich um die Veräußerung eines Wirtschaftsguts gegen Bargeld, sodass eine Veräußerung und somit ein steuerbarer Ertrag vorliegt (s. o.). Der Differenzbetrag zwischen den durch den Umtausch erhaltenen Barmitteln und dem vorherigen Buchwert der Kryptowährungen stellt den hierbei entstandenen Vermögenszuwachs oder die Vermögensminderung dar. In dieser Aufspaltung des Finanzierungsvorgangs in Erhalt der Currency Tokens im Rahmen des Token Sales und Umtausch der Currency Tokens in gesetzliche Zahlungsmittel ist eine Verstärkung der oben beschriebenen Benachteiligung von Investitionen in Kryptowährungen zu sehen. Denn die Problematik der nicht anhand der tatsächlichen Leistungsfähigkeit ausgerichteten Bewertung wird durch die mehrfache Ertragsrealisierung potentiell multipliziert.

IV. Zwischenergebnis Zusammenfassend liegt in der gegenwärtig einschlägigen bilanziellen und steuerrechtlichen Behandlung von Currency Tokens eine Benachteiligung der Finanzierungsmethode ICO im Verhältnis zu herkömmlichen Finanzierungsmethoden begründet. Denn aufgrund der enormen Kursschwankungen erlaubt der geltende 195 Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 100 (199. EL 06/2017); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 212; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. A 90 (262. EL 10/2015); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 466 (98. EL 02/2013); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 631. 196 Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 100b (199. EL 06/2017); Werndl, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. A 91 (262. EL 10/2015); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 466 (98. EL 02/2013); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 633; Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 145.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Rechtsrahmen keine der Leistungsfähigkeit entsprechende Besteuerung, während dies bei einer Investition in Form von gesetzlichen Zahlungsmitteln möglich ist. Durch den doppelten Realisationstatbestand wird die fehlende unternehmerische Plan- und Beherrschbarkeit der steuerlichen Belastung weiter verstärkt. Somit liegt eine durch das Steuerrecht ausgelöste Verletzung der Finanzierungsfreiheit und somit ein Staatsversagen vor.

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag Im Folgenden soll untersucht werden, ob die Emission von Utility Tokens im Verhältnis zu herkömmlichen Finanzierungsmethoden mit ertragsteuerlichen Nachteilen verbunden ist. Dies kann mit Blick auf den Sinn und Zweck einer Kapitalaufnahme begründet werden. Die Allokationsfunktion des Kapitalmarkts kann nur dann Erfolg versprechen, wenn das Kapital auch tatsächlich entsprechend dem Bedarf des Unternehmens zur Unternehmensentwicklung eingesetzt werden kann, denn nach der zugrundeliegenden ökonomischen Theorie kann das verfügbare Kapital hier am volkswirtschaftlich sinnvollsten eingesetzt werden. Wird dagegen ein gewisser Anteil des Erlöses eines Finanzierungsvorgangs der ertragsteuerlichen Belastung unterworfen, ist die Funktionalität grundsätzlich um diesen Betrag vermindert. Dementsprechend unterfällt das erlöste Kapital bei herkömmlichen Finanzierungsmethoden nicht der Ertragsteuer – entweder, da es als Einlage dem § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG einzuordnen ist oder, da es mit einem in die Bilanz aufzunehmenden Passivposten einhergeht und daher als ergebnisneutral einzustufen ist. Ist hingegen bei einem ICO, in dessen Rahmen Utility Tokens emittiert werden, ein voll der Körperschaftsteuer unterfallender Ertrag anzunehmen, wäre hierin grundsätzlich eine Einschränkung der Effizienz der Allokationsfunktion zu sehen. Nach dem systemtragenden Prinzip der Leistungsfähigkeit würde dies eine steuerliche Benachteiligung von ICOs im Sinne der Finanzierungsfreiheit bedeuten, sofern die höhere steuerliche Belastung nicht gleichzeitig mit einer erhöhten Leistungsfähigkeit einhergeht.

I. Ermittlung des steuerbaren Einkommens Die Höhe der ertragsteuerlichen Belastung eines körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmens bestimmt sich nach der Höhe des steuerbaren Einkommens (§ 23 Abs. 1 KStG). Das steuerbare Einkommen wiederum bemisst sich nach dem aus der Bilanz des Unternehmens abzulesenden Gewinn (§7 Abs. 2, 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Nach der hiernach maßgeblichen Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist Gewinn als der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen zum Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres und dem Ende des vorhergehenden Wirtschaftsjahres, abzüglich von Einlagen und zuzüglich der Ent-

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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nahmen, zu bestimmen. Die Höhe des Betriebsvermögens wiederum bemisst sich anhand der Saldierung von den in der Bilanz aufgenommenen Aktiva und den in der Bilanz passivierten negativen Wirtschaftsgütern (Verbindlichkeiten und Rückstellungen).197 Das Ergebnis der Saldierung ist das Eigenkapital, welches das sogenannte „Betriebsreinvermögen“ abbildet.198 Entscheidend für die Höhe der Besteuerung eines initiierenden Unternehmens sind also die durch den ICO ausgelösten Veränderungen auf der Aktivseite der Bilanz sowie etwaige hiermit einhergehende Veränderungen auf der Passivseite. Wie bereits angedeutet wurde, gilt hierbei die Aufnahme von Eigenkapital, etwa durch Aktienemissionen oder Kapitalerhöhungen von GmbH-Gesellschaftern, regelmäßig als Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG.199 Diese erhöhen kraft gesetzlicher Anordnung nicht das steuerbare Einkommen. Bei Fremdkapitalmaßnahmen hingegen, z. B. der Ausgabe von Anleihen, die mit einem Rückzahlungsanspruch verbunden sind, wird jedenfalls eine Verbindlichkeit in entsprechender Höhe passiviert.200 Zusätzlich ist in diesem Fall etwaiger Zinsaufwand als Betriebsausgabe absetzbar (vgl. § 8a Abs. 1 KStG, § 4 h Abs. 1 EStG).201 Auch hier liegt also kein steuerbarer Ertrag vor. Im Gegensatz hierzu liegt bei der Emission von Utility Tokens jedoch keine Einlage vor, da es sich nicht um eine durch ein Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zahlung handelt.202 Für die Beurteilung einer steuerlichen Belastung des Erlöses im Rahmen einer Emission von Utility Tokens sind stattdessen die Aktivierung des Kapitals sowie die etwaige Passivierung von negativen Wirtschaftsgütern maßgebend.

197 Wied, in: Blümich, EStG, § 4 EStG Rn. 111 (139. EL 11/2017); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 266 (139. EL 07/2007); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 650 (290. EL 01/2019); Bode, in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 29 f.; Loschelder, in: Schmidt, EStG, § 4 Rn. 22; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 12; Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 2 Rn. 2. 198 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 743 (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 650 (290. EL 01/2019); Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 12; Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 3 Rn. 3. 199 Schumacher, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 9.4; Häuselmann/Teufel, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 8 Rn. 100 ff.; Busch, in: MHdB GesR, Bd. III, § 55 Rn. 32; Kraft, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 65 Rn. 1. 200 Schubert, in: Beck’scher BilKo, § 266 Rn. 246; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 920 „Darlehen“ (141. EL 03/2018); Eilers, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 9 Rn. 40 f.; Reiner/Haußer, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 266 Rn. 111; vgl. auch Eilers/Teufel, in: Eilers/ Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. A 89. 201 Breuninger/Frey, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 19.9. 202 Vgl. Wied, in: Blümich, EStG, § 4 EStG Rn. 496 (139. EL 11/2017); Roser, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 94 ff.; Schallmoser, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 56 (278. EL 03/2017); Intemann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 39.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

1. Bilanzierungsverbot für erhaltene Anzahlung im Rahmen eines schwebenden Geschäfts Das Vorliegen eines steuerbaren Betriebsvermögenzugewinns wäre jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn es sich bei dem durch eine Emission von Utility Tokens erlösten Kapital um eine erhaltene Anzahlung im Rahmen eines schwebenden Geschäfts handeln würde. Denn derartige Ansprüche und Verbindlichkeiten unterfallen einem Bilanzierungsverbot.203 Das Bilanzierungsverbot für schwebende Geschäfte stellt eine Durchbrechung des Vollständigkeitsgebots nach § 246 Abs. 1 HGB dar.204 Dies ist Ausdruck des Imparitätsprinzips, wonach Gewinne und Verluste unterschiedlich behandelt werden.205 Während Gewinne erst bei ihrer Realisation zu aktivieren sind (Realisationsprinzip), sind Verbindlichkeiten und Rückstellungen bereits bei ihrer Verursachung zu passivieren (Vorsichtsprinzip). Da bei den typischerweise buchführenden, sorgfältigen Kaufleuten jedoch im Regelfall davon ausgegangen werden kann, dass sich im Rahmen eines Vertragsverhältnisses die Leistungs- und Gegenleistungsansprüche gleichwertig gegenüberstehen, sollen derartige schwebende Geschäfte bilanziell nicht abgebildet werden.206 Nach Ansicht diverser Stimmen in der Literatur solle eine solche Behandlung bei der Emission von Utility Tokens angewendet werden. Einige Autoren sprechen sich dafür aus, das erlöste Kapital als erhaltene Anzahlung i.S.d. § 266 Abs. 3 C. 3. HGB zu behandeln.207 Implizit folgt hieraus, dass die Beziehung zwischen Emittent und Investor steuerlich ein schwebendes Geschäft darstellen solle. Denn erhaltene Anzahlungen sind gerade dann zu passivieren, wenn Vorleistungen eines Vertragspartners im Rahmen eines schwebenden Geschäfts getätigt wurden.208 Abstrakt sind schwebende Geschäfte bei gegenseitigen, auf Leistungsaustausch gerichteten Verträgen anzunehmen, bei welchen der Sach- bzw. Dienstleistungs203 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 243 (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 410 ff. (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 100 ff. 204 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 412 (290. EL 01/2019); Bugge, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 145 (281. EL 07/2017); Hennrichs, in: MüKo BilR, Bd. II, § 246 Rn. 133. 205 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 252 Rn. 10 f.; Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 50; Tiedchen, in: MüKo BilR, Bd. II, § 252 Rn. 55 f.; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanz, S. 137. 206 Schubert, in: Beck’scher BilKo, § 249 Rn. 57; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 763 (141. EL 03/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 100; Bugge, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 145 (281. EL 07/2017). 207 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.196; Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1546; Prinz/Ludwig, StuB 2019, 257, 261; Weitnauer, BKR 2018, 231, 235. 208 Schubert, in: Beck’scher BilKo, § 266 Rn. 223; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 764 (141. EL 03/2018); Böcking/Groß, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 266 Rn. 55; Morck/Drüen, in: Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, § 266 Rn. 14; Suchan, in: MüKo BilR, Bd. II, § 266 Rn. 126.

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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verpflichtete seine Leistungsverpflichtung noch nicht erfüllt hat.209 Nach dem Bilanzierungsverbot sind sich aus diesem Austauschverhältnis ergebende Ansprüche sowie Verbindlichkeiten nicht zu bilanzieren.210 Dies gilt grundsätzlich für alle Verpflichtungen, hat also Auswirkungen für die Passivierung von Verbindlichkeiten und von Rückstellungen.211 Handelsrechtlich sind zwar ausnahmsweise Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden (§ 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 HGB). Steuerrechtlich scheidet dies jedoch aus (§ 5 Abs. 4a Satz 1 EStG). Eine Aufnahme in die Steuerbilanz kommt daher lediglich dann in Betracht, wenn die für das Bilanzierungsverbot ursächliche Gleichwertigkeit der gegenseitigen Ansprüche durchbrochen wird.212 Dies ist der Fall, wenn eine der beiden Parteien in Vorleistung tritt oder in Erfüllungsrückstand gerät.213 Sollten ICOs als schwebendes Geschäft eingeordnet werden, wäre diese Ausnahme in den allermeisten Fällen gegeben, denn der Investor tritt mit der Kapitalüberlassung in Vorleistung, während der Emittent seine Leistung erst später erbringen muss. Die steuerbilanzielle Folge hiervon wäre zunächst, dass das erhaltene Kapital in der Bilanz zu aktivieren ist. Um jedoch einer im Rahmen des schwebenden Geschäfts tatsächlich noch nicht vorliegenden Gewinnrealisierung vorzubeugen, wäre die Vorleistung des Investors bilanziell zu neutralisieren.214 Dies würde über eine Passivierung, eben als erhaltene Anzahlung i.S.d. § 266 Abs. 3 C. 3. HGB, erfolgen. Das bedeutet also, dass bei Annahme eines schwebenden Geschäfts kein steuerbarer Ertrag des Emittenten vorliegen würde, unabhängig davon, ob die Kapitalüberlassung des Investors als Vorleistung anzusehen wäre oder nicht. Denn schwebende Geschäfte werden entweder bilanziell nicht erfasst, oder aber als ergebnisneutraler Vorgang behandelt. Ein Ertrag wäre stattdessen in jedem Fall erst bei Erfüllung der Leistungsverpflichtung durch den Emittenten realisiert, dann allerdings um den für die Erbringung der Gegenleistung notwendigen Aufwand ge-

209 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 540 (290. EL 01/2019); Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 249 Rn. 54; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 76; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 76. 210 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 243 (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 540 (290. EL 01/2019); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 76; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 76. 211 Schubert, in: Beck’scher BilKo, § 249 Rn. 57 f.; Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 540 (290. EL 01/2019); Bugge, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 145 (281. EL 07/2017). 212 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 249 Rn. 19; Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 540 (290. EL 01/2019). 213 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 249 Rn. 19; Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 540 (290. EL 01/2019); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 312. 214 Weitnauer, BKR 2018, 231, 235; vgl. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 Rn. 764 (141. EL 03/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 102; Kempermann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. B 100 (54. EL 07/1994).

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

mindert.215 Da bei der Bestimmung des Beginns eines schwebenden Geschäfts stets an den Vertragsschluss oder zumindest das zivilrechtliche Vertragsangebot angeknüpft wird216, ist im Rahmen der Bewertung, ob bei der Emission eines Utility Tokens tatsächlich ein schwebendes Geschäft und somit kein steuerbarer Ertrag vorliegt, stets auf das dem Sachverhalt zugrundeliegende Rechtsverhältnis abzustellen. Im Fall eines ICOs sind dies die schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Emittent und Investor. a) Rechtsbeziehung zwischen Emittent und Anlegern bei Emission von Utility Tokens Sieht man in Token Sale und späterem Einsatz des Utility Tokens jeweils ein eigenes Rechtsgeschäft und somit zwei verschiedene Rechtsbeziehungen, so liegt ein schwebendes Geschäft nicht vor. In diesem Fall ist das primäre Rechtsgeschäft des Token Sales erloschen (vgl. § 362 Abs. 1 BGB). Beide Vertragsparteien haben die ihnen obliegende Leistungsverpflichtung erbracht – der Emittent hat dem Investoren den betreffenden Utility Token übertragen, der Investor hat die geforderte Zahlung in Fiat- oder Kryptowährung vorgenommen. Mit dieser vollständigen Erfüllung besteht keine Möglichkeit mehr, das Rechtsgeschäft bilanzrechtlich als schwebendes Geschäft zu behandeln.217 Gleichzeitig ist in dem Zeitpunkt zwischen Token Sale und Token-Einsatz auch kein erneuter Schwebezustand gegeben, denn die Annahme eines schwebenden Geschäfts setzt zumindest ein bindendes Vertragsangebot voraus.218 In der bloßen Erfüllungsbereitschaft des Emittenten ist jedoch kein solches Vertragsangebot, sondern lediglich eine unverbindliche invitatio ad offerendum zu sehen. Erst recht kann kein Schwebezustand angenommen werden, wenn der Emittent aufgrund des Status der Produktentwicklung noch überhaupt nicht in der Lage wäre, die versprochene Leistungsverpflichtung zu erfüllen. Demnach könnte ein erneutes schwebendes Geschäft erst bei Einsatz des Utility Tokens durch den Investor, zu verstehen im Sinne eines Vertragsangebots, angenommen werden. Auf Grundlage dieser Überlegung würde folglich kein schwebendes Geschäft vorliegen, weshalb das beschriebene Passivierungsverbot keine Relevanz entfalten würde.

215

Ebenso Gerlach/Oser, DB 2018, 1541, 1546. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 244a (141. EL 03/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 79a (170. EL 07/2012); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 540 (290. EL 01/2019). 217 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 244a (141. EL 03/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 79 (170. EL 07/2012); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 540 (290. EL 01/2019); Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 249 Rn. 57. 218 Schubert, in: Beck’scher BilKo, § 266 Rn. 224; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 244a (141. EL 03/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 102; Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 249 Rn. 57. 216

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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Denkbar könnte jedoch auch die Verklammerung von Token Sale und Einsatz des Utility Tokens zu einem einheitlichen Rechtsgeschäft sein. Dieser Überlegung müsste die Annahme zugrunde liegen, dass es sich um einen einzigen Austausch von einer Investmentleistung gegen die durch den Token repräsentierte Leistungsverpflichtung handelt. Der Utility Token wäre dann lediglich als Ausweis zu verstehen, um berechtigte Personen aus dem Rechtsgeschäft zu markieren. Dieser Annahme folgt wohl auch die oben beschriebene Literatur, deren Einordnung als geleistete Anzahlung nur dann folgegerecht wäre. Da der Emittent als Sach- bzw. Dienstleistungsverpflichteter seine Leistungsverpflichtung, nämlich das Erbringen der entsprechenden Leistung, noch nicht erfüllt hätte, läge ein schwebendes Geschäft im bilanzrechtlichen Sinne vor. b) Zwei Willenserklärungen des Investors Für die Annahme von einem einheitlichen, schwebenden Rechtsgeschäft könnte zunächst eine wirtschaftliche Betrachtungsweise der Rechtsbeziehung zwischen dem Emittenten und den Anlegern sprechen. Denn ein einzelner Token als solcher hat keinerlei eigenständigen Wert. Die Entscheidung des Investors, in einen Utility Token zu investieren, lässt sich primär vor dem Hintergrund der späteren Einsatzmöglichkeit verstehen. Überzeugen kann diese Annahme indes nicht. Zunächst sprechen die Grundlagen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre gegen die Annahme eines einheitlichen Rechtsverhältnisses. Hiernach wird ein Rechtsgeschäft durch eine auf Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtete Willenserklärung begründet.219 Der Investor gibt im Rahmen eines ICOs jedoch zwei derartige Willenserklärungen ab: zunächst eine, gerichtet auf den Erwerb des Utility Tokens und später eine, gerichtet auf den Einsatz bzw. die Veräußerung des Utility Tokens. Diese beiden Willensbetätigungen können nicht zusammengefasst werden. Sie sind auch nicht durcheinander bedingt. Der spätere Einsatz des Utility Tokens ist in keiner Hinsicht durch die Entscheidung zum Erwerb präformiert. Denn nach dem Erwerb und vor Einsatz des Utility Tokens muss der Investor entscheiden, ob er den Token tatsächlich einsetzt, dies unterlässt oder ihn über Kryptobörsen veräußert. Hierin ist eine erneute, völlig unabhängige Willensbetätigung zu sehen und somit nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre ein eigenständiges Rechtsgeschäft. Zur Unterstützung dieser Auffassung sollen nachfolgend Vergleiche zu anderen Finanzierungsmethoden gezogen werden – einerseits dem reward-based Crowdfunding und andererseits der Ausgabe von Optionsanleihen. Beim reward-based Crowdfunding handelt es sich um eine Art des Crowdfundings, bei dem der Emittent Kapital zur Unternehmensentwicklung erhält und dem 219 Müller, in: Erman, BGB, Bd. I, Vor §§ 104 Rn. 2 f.; Mansel, in: Jauernig, BGB, Vor § 104 Rn. 1; Ellenberger, in: Palandt, BGB, Vor § 104 Rn. 2.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Investor eine künftige nicht-monetäre Gegenleistung verspricht.220 Insoweit entspricht die Grundkonzeption also der Emission eines Utility Tokens. Bilanziell wird das erhaltene Kapital hierbei als erhaltene Anzahlung im Rahmen eines schwebenden Geschäfts behandelt, denn beim reward-based Crowdfunding sind Leistung und Gegenleistung als einheitliches Rechtsgeschäft zu bewerten.221 Es handelt sich nämlich um einen Kaufvertrag, der mit einer verlängerten Lieferfrist verbunden ist.222 Der Unterschied zum ICO eines Utility Tokens ist in der eingeschränkten Handelsmöglichkeit beim reward-based Crowdfunding zu sehen. Auch hierbei können die Anleger zwar ihren Gegenleistungsanspruch theoretisch abtreten, aufgrund des in der Praxis fehlenden Sekundärmarkts ist dies jedoch keine wirkliche Option. Demnach lassen sich die Überlegungen nicht auf ICOs übertragen. Die Annahme eines erfolgsneutralen schwebenden Geschäfts überzeugt dementsprechend für das reward-based Crowdfunding, nicht jedoch für die Emission eines Utility Tokens. Eine Optionsanleihe hingegen ist dadurch charakterisiert, dass dem Investor neben dem Rückzahlungsanspruch das Recht zusteht, weitere Aktien des Emittenten zu erwerben (Optionsrecht).223 Das Optionsrecht ist in diesem Zusammenhang separat handelbar.224 Dieses ist besser mit der Rechtsstellung des Investors bei einem ICO vergleichbar, als das Nutzungsrecht beim reward-based Crowdfunding. Denn auch der ICO-Investor hat die Möglichkeit, zwischen dem bestimmungsgemäßen Einsatz oder dem Handel auf dem Sekundärmarkt auszuwählen. Anerkanntermaßen ist das Optionsrecht steuerbilanziell eigenständig zu behandeln – durch die Optionsanleihe werden zwei separate Rechtsverhältnisse begründet, die getrennt voneinander zu bilanzieren sind.225 Der Emittent hat demnach zwei Wirtschaftsgüter auszuweisen.226 Gleiches muss auch für die Ausgabe von Utility Tokens gelten. Hiernach müsste also das eingelöste Kapital sowie die Möglichkeiten, welche sich 220 Aschenbeck/Drefke, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 2 Rn. 37; Blecher/Fink, WPg 2017, 1122, 1125; Hammerl/Dobner, NWB 2015, 3542, 3543; Nietsch/Eberle, ZVglRWiss 2017, 205, 207. 221 Blecher/Fink, WPg 2017, 1122, 1126. 222 Sixt, Schwarmökonomie und Crowdfunding, S. 196. 223 Schlitt, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 11.3; Hermanns, in: Henssler/Strohn, GesR, § 221 AktG Rn. 6; Scholz, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 64 Rn. 7; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 71. 224 Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 184 (125. EL 09/2014); Schlitt, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 11.3; Scholz, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 64 Rn. 7; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 6; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 71; Niedling, RdF 2016, 49, 49. 225 Mihm, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 14.70; Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 38; WeberGrellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 270 „Anleihen“. 226 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 Rn. 740 „Optionsanleihe“ (141. EL 03/2018); Rieder/ Holzmann, in: Grigoleit, AktG, § 221 Rn. 82; Mihm, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 14.72 ff.; Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/ Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 38; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 270 „Anleihen“.

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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aus dem Utility Token ergeben, eigenständig zu bilanzieren sein. Im Gegensatz hierzu sei schließlich noch auf die Ausgabe einer Pflichtwandelanleihe verwiesen. Hierbei ist der Wandel des Rückzahlungsanspruchs in Aktien vom Eintritt gewisser Bedingungen abhängig oder zumindest für den Anleger verpflichtend.227 Das Wandelrecht ist hierbei folglich nicht Gegenstand einer eigenständigen Willensbetätigung des Investors. Konsequenterweise ist es steuerbilanziell als schwebendes Geschäft zu behandeln.228 Dementsprechend handelt es sich bei der Ausgabe von Utility Tokens im Rahmen eines ICOs nicht um ein schwebendes Geschäft. Folglich erfolgt keine einkommensneutrale Bilanzierung. Vielmehr ist das erhaltene Kapital regulär als steuerbarer Ertrag zu behandeln. Das im Rahmen einer Emission von Utility Tokens erhaltene Kapital stellt also eine erfolgswirksame Vermögensmehrung dar. 2. Korrespondierende Passivierung eines negativen Wirtschaftsguts Dieser Zuwachs an Aktiva könnte jedoch ausgeglichen werden, wenn die durch die Utility Tokens repräsentierten Ansprüche der Anleger als negative Wirtschaftsgüter des Emittenten in dessen Bilanz zu passivieren wären. Auch hierbei gilt der Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG), sodass die Passivierung von Wirtschaftsgütern ebenfalls nach den handelsrechtlichen Vorgaben zu erfolgen hat.229 Demzufolge müssen innerhalb der Passiva zwingend das Eigenkapital, die Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen werden (§ 247 Abs. 1 HGB). Der handelsrechtliche Begriff der Schulden wird wiederum in Verbindlichkeiten und Rückstellungen aufgegliedert (vgl. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Im steuerrechtlichen Kontext hingegen werden beide als passive Wirtschaftsgüter – und nicht als Schulden – bezeichnet.230 Passive Rechnungsabgrenzungsposten schließlich werden gebildet, sofern Einnahmen vorliegen, die einen „Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem [Bilanzstich-]Tag darstellen“ (§ 250 Abs. 2 HGB). Sie sorgen für die periodengerechte Zuweisung von Gewinnen.231 Erfolgswirksam ist

227 Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 41; Mihm, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 374; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 150; Niedling, RdF 2016, 49, 49 f. 228 Mihm, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 14.60; Mihm, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 380; Niedling, RdF 2016, 49, 51. 229 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 741a (141. EL 03/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 34; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 162. 230 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 741 (141. EL 03/2018); Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, § 2 Rn. 3 (29. EL 10/2018); vgl. auch Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 460 (199. EL 06/2017). 231 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 250 Rn. 1; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 654 (141. EL 03/2018); Neumann-Tomm, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 2117 (236. EL 05/ 2018).

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

erst die spätere Auflösung der Rechnungsabgrenzungsposten232, weshalb sie für die ertragsteuerliche Behandlung eines ICOs zunächst unbeachtlich sind. a) Verbindlichkeiten und Rückstellungen Damit stehen den aktivierten Wirtschaftsgütern bei der Gewinnermittlung die passiven Wirtschaftsgüter, also Verbindlichkeiten und Rückstellungen, gegenüber. Wie bereits ausgeführt wurde, ergibt der Saldo zwischen beiden Größen das Eigenkapital und somit das für den Betriebsvermögensvergleich entscheidende Betriebsreinvermögen. Grundsätzlich gilt, dass für sämtliche Verbindlichkeiten und Rückstellungen, die nach den folgenden Ausführungen passivierungsfähig sind, auch eine Passivierungspflicht besteht.233 Ausnahmsweise kann dieser Grundsatz jedoch durch steuerrechtliche Passivierungswahlrechte oder Passivierungsverbote durchbrochen werden.234 Handelsrechtliche Ansatzwahlrechte greifen demgegenüber nicht auf die steuerliche Bilanzierung durch.235 Verbindlichkeiten unterscheiden sich in diesem Zusammenhang von den Rückstellungen dadurch, dass sie inhaltlich bestimmt und hinsichtlich ihres Umfangs quantifizierbar sind, während Rückstellungen für solche Verbindlichkeiten gebildet werden, die unbestimmt sind.236 Die gesetzliche Konzeption geht hierbei von einem Gegensatz zwischen „gewissen“ Verbindlichkeiten, die als ebensolche passiviert werden, und „ungewissen“ Verbindlichkeiten aus, für die lediglich Rückstellungen zu bilden sind (vgl. § 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 HGB). Entsprechend der handelsrechtlichen Vorgaben müssen Verbindlichkeiten passiviert werden, wenn eine nach Grund und Höhe bestimmte Leistungsverpflichtung gegenüber einem Dritten besteht, die eine wirtschaftliche Belastung darstellt.237 Demgegenüber ist das Bilden einer Rückstellung dadurch gekennzeichnet, dass es sich um eine Leistungsverpflichtung handelt, die nach Grund oder Höhe unbestimmt 232 Schubert/Waubke, in: Beck’scher BilKo, § 250 Rn. 20, 31; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 654 (141. EL 03/2018); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 948 (134. EL 02/2019). 233 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 650 (290. EL 01/2019); vgl. auch Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 863 (76. EL 11/2007). 234 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 650 (290. EL 01/2019); Neumann-Tomm, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 1101 f. (212. EL 09/2015); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 863 (76. EL 11/2007). 235 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 185 (141. EL 03/2018); Neumann-Tomm, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 1102 (212. EL 09/2015); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 31. 236 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 754 (141. EL 03/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 140; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 311, 350. 237 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 754 (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 670 (290. EL 01/2019); Crezelius, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 140; Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 840 (134. EL 02/ 2019); Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 145.

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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ist.238 Hieraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten. So geht der BFH von einer zu bildenden Rückstellung dann aus, wenn sicher bestehende Verbindlichkeiten ihrer Höhe nach ungewiss sind oder wenn das Entstehen einer gegebenenfalls auch der Höhe nach unbestimmten Verbindlichkeit ungewiss ist.239 Auch wenn sich Rückstellungen auf dem Grunde nach ungewisse Verbindlichkeiten beziehen, müssen die objektiv bestehenden und subjektiv erkennbaren Umstände darauf hindeuten, dass das Bestehen oder das Entstehen einer Verbindlichkeit zumindest wahrscheinlich ist.240 Da aus der bloßen tatsächlichen Inhaberschaft eines einzelnen Tokens kein inhärentes Recht abgeleitet werden kann, ist die Bestimmung einer etwaigen Leistungsverpflichtung anhand der schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Emittent und Investor zu treffen. Als vertragliche Grundlage müssen hierbei zunächst spezielle rechtliche Vertragsdokumente (Terms and Conditions) herangezogen werden, sofern ein derartiges Dokument als Vertragsgrundlage bereitgestellt wurde. Oftmals sind diese dezidiert rechtlichen Ausführungen auch lediglich ein Bestandteil des technisch geprägten Whitepapers, sodass dann auf dieses abgestellt werden muss.241 Selbst wenn dies nicht der Fall ist, ist das Whitepaper als Begleitumstand des Vertragsschlusses bei der Bestimmung des Inhalts der schuldrechtlichen Vereinbarung relevant. Denn der nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) zu ermittelnde Inhalt der schuldrechtlichen Vereinbarung schließt eben auch solche Begleitumstände mit ein, herkömmlicherweise etwa einen Prospekt.242 Hieraus ergibt sich, dass es bei der Ausgabe von reinen Currency Tokens bereits an einer irgendwie gearteten Leistungsverpflichtung des Emittenten gegenüber dem Investoren fehlt.243 Der Emittent hat in diesen Fällen daher weder Rückstellungen noch Verbindlichkeiten zu passivieren. Da Utility Tokens im Gegensatz zu Currency Tokens einen Leistungsanspruch gegenüber dem Emittenten gewähren, ist die Passivierung eines solchen negativen Wirtschaftsguts zumindest denkbar. Hierzu erforderlich ist das Vorliegen der Voraussetzungen einer Verbindlichkeit oder einer Rückstellung. Diese bestehen in der anhand einer Einzelfallbetrachtung zu beur238 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 791 (141. EL 03/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 327 (125. EL 03/2005); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 680 (290. EL 01/2019). 239 Vgl. u. a. BFH, Urteil v. 06. 02. 2013, Az. I R 8/12, Rn. 12 = DStR 2013, 1018, 1018 f. = BB 2013, 1264, 1264; ebenso Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 791 (141. EL 03/2018). 240 Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 362 (199. EL 06/2017); Hoffmann, in: Littmann/ Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 873 (102. EL 11/2013); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 376. 241 Z. B. Whisky Token Whitepaper, S. 13 ff. (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www.whisky-token.com/whitepaper/whisky-token-whitepaper_de.pdf). 242 Arnold, in: Erman, BGB, Bd. I, § 133 Rn. 25; Mansel, in: Jauernig, BGB, § 133 Rn. 9; Busche, in: MüKo BGB, Bd. I, § 133 Rn. 56; Singer, in: Staudinger, BGB, § 133 Rn. 48 f. 243 So auch v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.195; Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1160.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

teilenden Bestimmtheit oder Unbestimmtheit der mit dem Token zusammenhängenden Leistungsverpflichtung sowie dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Belastung bzw. der wirtschaftlichen Entstehung einer ungewissen Belastung. b) Passivierung einer Verbindlichkeit: „gewisse“ Leistungsverpflichtung Maßgeblich für die Bestimmung der (Un-)Gewissheit der betreffenden Leistungsverpflichtung ist ein sorgfältig und gewissenhaft Betrachtender der objektiven Umstände in der Stellung und mit dem Wissen des Emittenten.244 Da Grundlage der Bestimmtheit der jeweiligen Leistungsverpflichtung jedoch die entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarungen sind, lassen sich grundsätzlich nur sehr schwer verallgemeinerungsfähige Schlussfolgerungen treffen. Dennoch kann einem Umstand Indizwirkung beigemessen werden, nämlich dem Fortschritt des mit dem ICO finanzierten Unternehmensaufbaus. Entscheidend ist hierbei der Entwicklungsstand des Produkts, der Dienstleistung oder des Netzwerks, dessen Nutzungsmöglichkeit bzw. Inanspruchnahme durch den Utility Token repräsentiert wird. Ist das jeweilige Produkt nämlich bereits fertiggestellt, wird die Leistungsverpflichtung durch ihre Bezugnahme hierauf konkretisiert. Anders formuliert sorgt die Erfüllbarkeit der vom Token repräsentierten Leistung dafür, dass sich der Leistungsgegenstand ebendieser Leistungsverpflichtung nach Grund und Höhe bestimmen lässt. Ist das Produkt bereits fertiggestellt, so stehen der Leistungserfüllung durch den Emittenten grundsätzlich keine weiteren wesentlichen Zwischenschritte entgegen. Dies ermöglicht es dem Emittenten, die ihm durch die Erfüllung des Anspruchs des Investors entstehende wirtschaftliche Belastung nach Grund und Höhe zu eruieren. Die Leistungsmodalitäten der in den ICO-Dokumenten definierten Leistungsverpflichtung lassen sich daher genau bestimmen. Korrespondierend hierzu ist folglich das Leistungsversprechen des Emittenten als „gewiss“ anzusehen. Nicht anders zu bewerten sind Leistungsversprechen, die auf das Erbringen einer Dienstleistung oder das Bereitstellen eines Netzwerks gerichtet sind. Ist das Unternehmen derart entwickelt, dass der Anspruch des Investors auf die Dienstleistung tatsächlich auch erfüllt werden kann, lässt sich – genau wie im Falle einer körperlichen Ware – die Belastung des Emittenten nach Art und Höhe ermitteln. Im Falle der Netzwerkbildung ist die Bestimmtheit der Leistungsverpflichtung noch klarer zu erkennen, denn sie ergibt sich aus den zwingenden Algorithmen des dem Netzwerk zugrundeliegenden Smart Contracts. Hierbei liegt selbst dann ein nach Umfang und Höhe bestimmtes Leistungsversprechen des Emittenten vor, wenn die zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen keine rechtliche Wirkung entfalten, z. B. aufgrund eines Verstoßes gegen Formvorschriften oder die §§ 307 ff. BGB. 244 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 249 Rn. 8; Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 470 (125. EL 03/2005); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 873 (102. EL 11/2013).

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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Denn auch lediglich tatsächlich vorliegende Leistungsverpflichtungen sind zu passivieren.245 Dies setzt regelmäßig voraus, dass, die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns unterstellt, die Leistungsverpflichtung tatsächlich in Anspruch genommen wird und der Schuldner sich der Leistung nicht entziehen kann.246 Eine solche tatsächliche Gewissheit wird ebenfalls über die dem Netzwerk zugrundeliegenden Smart Contracts erreicht. Diese sorgen dafür, dass der Leistungsaustausch automatisiert durchgeführt wird, solange die entsprechenden Tokens systemgemäß eingesetzt werden. Der Investor hat somit durch den Erwerb des Tokens einen Anspruch erlangt, der faktisch durch den Emittenten nicht mehr verweigert werden kann. Sofern der Emittent die von den Utility Tokens repräsentierte Leistung erfüllen kann, ist daher ein starkes Indiz dahingehend gegeben, eine gewisse Verbindlichkeit anzunehmen. Denkbar ist eine solche Gestaltung von Utility Tokens hauptsächlich bei bereits etablierten Unternehmen, die durch das erlöste Kapital ihr Unternehmen ausbauen wollen, aber bereits über gewisse, zur Erfüllung bereitstehende Angebote verfügen. Die Art des Leistungsversprechens ist für diese Annahme irrelevant, es kann sowohl in einer dinglichen als auch in einer unkörperlichen Leistung bestehen.247 Dies stellt jedoch den Ausnahmefall dar. Normalerweise findet ein ICO zu einem Zeitpunkt der Unternehmensentwicklung statt, in dem der Emittent gerade noch nicht erfüllungsbereit ist. Die Investoren treten somit regelmäßig in Vorleistung. In diesem Fall kann nicht von einer gewissen Leistungsverpflichtung des Emittenten ausgegangen werden, denn es ist unsicher, ob es diesem überhaupt jemals gelingen wird, die vom Token repräsentierte Leistungsverpflichtung zu erfüllen.248 Die Verbindlichkeit ist daher bereits dem Grunde nach ungewiss. Darüber hinaus ist erst recht nicht absehbar, welche Kosten dem initiierenden Unternehmen entstehen, um das Produkt bzw. die Dienstleistung schließlich doch zu erbringen.249 Da die Verbindlichkeit daher auch der Höhe nach ungewiss ist, kommt die Passivierung einer Verbindlichkeit folglich nicht in Betracht. Ebenso ist auch der durchaus häufige Fall zu behandeln, dass in den vertraglichen Grundlagen des Token Sales darauf hingewiesen wird, dass die durch den Token repräsentierte Leistung nur erbracht werden kann, wenn es dem Emittenten gelingt, durch die Kapitalaufnahme sein Ge245 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 756 (141. EL 03/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 467 (139. EL 07/2007); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 670 (290. EL 01/2019); Bugge, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 50 (281. EL 07/2017); Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. IV, § 249 Rn. 11. 246 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 756 (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 670 (290. EL 01/2019); Bugge, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 50 (281. EL 07/2017). 247 Vgl. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 754 (141. EL 03/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 463 (139. EL 07/2007). 248 Lutzenberger, GmbHR 2018, R 231, R 231; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 20. 249 Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 20.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

schäftsmodell umzusetzen. Denn in diesem Fall sind ebenfalls beide Kriterien, Grund und Höhe, unbestimmt. Rechtlich ist dies als aufschiebende Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB einzuordnen, denn die Leistungsverpflichtung ist hiernach vom Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses abhängig.250 Für Fälle, in denen tatsächlich eine derartige aufschiebende Bedingung vereinbart ist, hat auch der BFH entschieden, dass keine Verbindlichkeiten zu passivieren sind.251 Möglich wäre in diesen Situationen allenfalls der Ausweis einer Rückstellung aufgrund einer ungewissen Verbindlichkeit (§ 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 HGB). c) Passivierung einer Rückstellung: „ungewisse“ Leistungsverpflichtung Um den Gewinntatbeständen auf Passivseite der Bilanz etwas entgegenzusetzen, müssten die durch die betreffenden Utility Tokens repräsentierten Rechte also die Voraussetzungen der Bilanzierung einer Rückstellung erfüllen. Trotz der Bildung von Rückstellungen für „ungewisse“ Verbindlichkeiten erfordert dies, dass die entsprechende Verbindlichkeit zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit aufweist und mehr als eine bloße Möglichkeit darstellt.252 Welche Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit zu stellen sind, ist jedoch nicht eindeutig geklärt. Der BFH prägte hierbei die sogenannte „51-Prozent-Formel“, wonach genügen solle, dass in objektiver Hinsicht überwiegende Gründe für das Be- oder Entstehen einer Verbindlichkeit sprechen.253 In der wissenschaftlichen Literatur wird dem mit Hinblick auf das Vorsichtsprinzip jedoch regelmäßig widersprochen.254 Stattdessen solle darauf abgestellt werden, ob ein umsichtiger und sorgfältiger Kaufmann das Risiko des Be- oder Entstehens vernachlässigen dürfe.255 Andere Ansichten wiederum betonen, dass jedenfalls auch bei einer Gleichstellung von dafür und dagegen sprechenden Gründen eine Verbindlichkeit zu passivieren sei.256

250

Vgl. Armbrüster, in: Erman, BGB, Bd. I, Vor § 158 Rn. 1; Westermann, in: MüKo BGB, Bd. I, § 158 Rn. 8; Bork, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 158 – 163 Rn. 4. 251 BFH, Urteil v. 23. 03. 2011, Az. X R 42/08, Rn. 22 = BB 2011, 2224, 2225 = FR 2011, 1002, 1003. 252 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 795 (141. EL 03/2018); Bugge, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 70 (281. EL 07/2017); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 377. 253 Insbesondere BFH, Urteil v. 18. 01. 2007, Az. IV R 42/04, Rn. 22 = DStR 2007, 385, 386 = BB 2007, 657, 658. 254 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 796 (141. EL 03/2018); Bugge, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 70 (281. EL 07/2017); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 377. 255 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 796 (141. EL 03/2018). 256 Bugge, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 70 (281. EL 07/2017); noch weitergehender Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 365a (199. EL 06/2017).

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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Der wissenschaftlichen Kritik an der 51-Prozent-Formel mag zugegeben werden, dass sie als solche eine „wenig hilfreiche Scheinobjektivierung“ darstellt.257 Insbesondere gilt, dass sich die Wahrscheinlichkeit des Be- oder Entstehens einer Verbindlichkeit nur in den allerseltensten Fällen in einer Prozentzahl ausdrücken lässt.258 Als Zielvorgabe der Abwägung im Einzelfall kann sie jedoch durchaus Nutzen stiften, sagt sie im Ergebnis doch nichts anderes aus, als dass gewichtigere Gründe für das Be- oder Entstehen sprechen sollen als dagegen. Dies entspricht auch dem eigenen Verständnis des BFH von der Formel.259 Dass dies eine objektivierbare, mathematische Entscheidung voraussetze, ergibt sich hieraus jedoch nicht. Es handelt sich stattdessen um eine Wertungsfrage, wonach Rückstellungen dann gebildet werden, wenn Verbindlichkeiten bestehen, welche die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wahrscheinlich mindern werden. Auch wenn das Imparitätsprinzip besagt, dass passive Wirtschaftsgüter im Einzelfall auch ohne Realisation bilanziert werden können, so muss diese dennoch derart wahrscheinlich sein, dass der jeweilige Steuerpflichtige von der Inanspruchnahme ausgehen muss. Die Zielvorgabe der 51Prozent-Formel ermöglicht somit einen angemessenen Ausgleich der im Rahmen der Passivierung von ungewissen Verbindlichkeiten konkurrierenden Vorgaben von Realisations- und Imparitätsprinzip. Der praktische Umgang mit ihr bleibt nichtsdestotrotz schwer zu handhaben. Damit ist jedoch eindeutig, dass auch bei der Bewertung der mit den Tokens verbundenen Rechte im Ergebnis eine Einzelfallentscheidung getroffen werden muss. Maßgeblich ist jeweils, ob die Inanspruchnahme des Emittenten aus den mit den jeweiligen Utility Tokens verbundenen Ansprüchen als wahrscheinlich anzusehen ist. Auch im Rahmen dieser Entscheidung lassen sich bloß Verallgemeinerungen zu Umständen treffen, denen Indizwirkung beigemessen werden kann. Umstände, die für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen können, sind abermals der Stand der Unternehmensentwicklung, der Ruf und die Historie des Unternehmens, die Genauigkeit des Whitepapers sowie die generelle Professionalität und Seriosität der Durchführung des ICOs. Als Umstände, die dagegen sprechen, die Inanspruchnahme des Emittenten als wahrscheinlich zu bewerten, sind demgegenüber Whitepaper anzusehen, die keine hinreichenden technischen und finanziellen Informationen bieten sowie organisatorische Mängel im Unternehmen und ein besonders frühes Stadium der Projektentwicklung.

257

Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 796 (141. EL 30/2018). Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 796 (141. EL 03/2018); Bugge, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 92 (281. EL 07/2017); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 873 (102. EL 11/2013). 259 BFH, Urteil v. 19. 10. 2005, Az. XI R 64/04, Rn. 25 = BB 2006, 543, 545 = DStR 2006, 371, 373; BFH, Urteil v. 30. 01. 2002, Az. I R 68/00, Rn. 10 = FR 2002, 624, 625 = BB 2002, 1139, 1139; BFH, Urteil v. 01. 08. 1984, Az. I R 88/80, Rn. 31 = BFHE 1984, 226, 227. 258

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

d) Wirtschaftliche Belastung/Wirtschaftliche Verursachung Neben der Bestimmung, ob eine gewisse bzw. ungewisse Leistungsverpflichtung vorliegt, ist weiterhin entscheidend, ab welchem Zeitpunkt diese als negatives Wirtschaftsgut zu passivieren ist. So muss sich eine gewisse Leistungsverpflichtung für die Passivierung einer Verbindlichkeit bereits derart konkretisiert haben, dass eine wirtschaftliche Belastung des Emittenten vorliegt.260 Damit eine Rückstellung gebildet werden kann, muss hingegen die ungewisse Leistungsverpflichtung im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung zumindest bereits wirtschaftlich verursacht sein.261 Die Beurteilung dieser Fragestellungen ist jedoch in Literatur und auch innerhalb der Rechtsprechung zweifelhaft und umstritten. aa) Wirtschaftliche Belastung bei gewissen Leistungsverpflichtungen Weitgehende Einigkeit besteht jedenfalls dahingehend, dass eine nach Höhe und Umfang bestimmte, rechtlich entstandene Leistungsverpflichtung eine wirtschaftliche Belastung darstellt und dementsprechend als Verbindlichkeit passiviert werden muss.262 Bei der Beurteilung der rechtlichen Entstehung ist abermals auf die vertraglichen Grundlagen des Token Sales und etwaige Begleitumstände Bezug zu nehmen. Insoweit verläuft die Einordnung einer Verbindlichkeit als nach Grund und Umfang bestimmt sowie die Einordnung derselben Verbindlichkeit als wirtschaftlich belastend in der Regel synchron. Dementsprechend gilt, dass, sofern eine gewisse Leistungsverpflichtung vorliegt, auch eine wirtschaftliche Belastung des Emittenten gegeben ist. Selbst wenn der Investor die Leistungsverpflichtung rechtlich nicht mit Zwangsmitteln durchsetzen kann, z. B. bei Nichtigkeit der schuldrechtlichen Grundlagen, stellt sie dennoch eine wirtschaftliche Belastung für den Emittenten dar, sofern sie zumindest faktisch erzwingbar ist.263 Entscheidend für die Beurteilung ist die Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme.264 Aufgrund der Automatisierung der Leistungserbringung auf Basis von Smart Contracts kann hiervon im 260 Schubert, in: Beck’scher BilKo, § 249 Rn. 34 f.; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 755 ff. (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 670 (290. EL 01/2019); Kirsch, in: Hofbauer/Kupsch, Rechnungslegung, § 246 HGB Rn. 135 (94. EL 04/2011); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 147. 261 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 799 ff. (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 700 (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 171. 262 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 755 (141. EL 03/2018); Frotscher/Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 478 (205. EL 06/2018); Kirsch, in: Hofbauer/Kupsch, Rechnungslegung, § 246 HGB Rn. 134 (94. EL 04/2011). 263 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 756 (141. EL 03/2018); Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 482 (210. EL 04/2019); Kirsch, in: Hofbauer/Kupsch, Rechnungslegung, § 246 HGB Rn. 134 (94. EL 04/2011); Plewka/Schmidt, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 1179 (123. EL 01/1999). 264 Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 482 (210. EL 04/2019); Plewka/Schmidt, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 1180 f. (123. EL 01/1999).

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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Zweifelsfall bei ICOs jedoch ausgegangen werden. Auch eine etwaige Anonymität über die Blockchain steht der Annahme einer wirtschaftlichen Belastung nicht entgegen.265 Nur wenn mit überragender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass eine Verbindlichkeit vom Emittenten tatsächlich nicht erfüllt werden muss, ist hierin keine wirtschaftliche Belastung zu sehen.266 Tritt hingegen der Investor in Vorleistung, besteht also keine gewisse Leistungsverpflichtung, liegt auch eine wirtschaftliche Belastung regelmäßig noch nicht vor. In diesem Fall ergibt sich eine durch die Unternehmensentwicklung und den Token-Einsatz aufschiebend bedingte Leistungsverpflichtung. Dies ergibt sich entweder ausdrücklich aus der schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen Emittent und Investor oder konkludent aus den Umständen des Vertragsschlusses. Im Fall einer solchen aufschiebenden Bedingung kann eine wirtschaftliche Belastung nicht angenommen werden, weswegen allenfalls die Passivierung einer Rückstellung in Betracht kommt.267 bb) Wirtschaftliche Verursachung bei ungewissen Rückstellungen Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Verursachung bei der Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 HGB) ist schwieriger zu bewerten. Der Kern des hierbei geführten Meinungsstreits zwischen Wissenschaft und Rechtsprechung betrifft die Fälle, in denen die wirtschaftliche Entstehung einer Leistungsverpflichtung und deren rechtliches Entstehen auseinanderfallen.268 Einerseits wird vertreten, dass jeweils der frühere Zeitpunkt maßgeblich sei.269 Unabhängig von einer etwaigen wirtschaftlichen Entstehung können dann auch le265

Vgl. Frotscher/Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 480 (205. EL 06/2018); Plewka/ Schmidt, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 1203 (123. EL 01/1999); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/ Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 870 (102. EL 11/2013); Böcking/Gros, in: Wiedmann/Böcking/Gros, BilR, § 249 Rn. 18. 266 Frotscher/Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 479 (205. EL 06/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 672 (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 142; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. D 7 (147. EL 10/ 2004). 267 Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 488 (210. EL 04/2019); Tiedchen, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 675 „Aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten“ (290. EL 01/2019); Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 6 Rn. D 8 (147. EL 10/2004); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 314. 268 Ausführlich zum Streitstand bei Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 799 ff. (141. EL 03/2018); Frotscher/Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 352 ff. (205. EL 06/2018); Bugge, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 75 ff. (281. EL 07/2017). 269 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 799b (141. EL 03/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 352 (170. EL 07/2012); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 702 (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 173; Bugge, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 76 (281. EL 07/2017); Plewka/Schmidt, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 1213 (123. EL 01/1999).

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

diglich rechtlich entstandene Verpflichtungen als wirtschaftlich verursacht anzusehen sein und somit als Rückstellung zu passivieren sein. Andererseits wird jedoch argumentiert, dass stets die wirtschaftliche Verursachung das maßgebende Kriterium sei.270 Eine etwaige, vorherige rechtliche Entstehung sei dagegen irrelevant. Dieser Ansicht folgen insbesondere einige Senate des BFH sowie die Finanzverwaltung.271 Diese zeitliche Problematik ist auch bei der Passivierung von Rückstellungen für die von Utility Tokens repräsentierten Ansprüche des Investors relevant, sofern im Rahmen eines derartigen ICOs die Zeitpunkte der rechtlichen und wirtschaftlichen Entstehung auseinanderfallen. Dies wäre der Fall, wenn bereits im Zeitpunkt des Token Sales die rechtliche Entstehung der Leistungsverpflichtung zu erkennen wäre, die wirtschaftliche Entstehung jedoch erst im Zeitpunkt des Einsatzes des Utility Tokens. (1) Wirtschaftliches Entstehen einer Leistungsverpflichtung Die wirtschaftliche Verursachung ist anhand des Zeitpunkts zu bestimmen, an dem das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von unwesentlichen künftigen Tatbestandsmerkmalen abhängig ist.272 Um dies zu bestimmen, werden jedoch unterschiedliche Ansätze verfolgt und verschiedene Kriterien herangezogen. Oftmals wird vertreten, dass sich die wirtschaftliche Entstehung danach richten solle, mit welchen Erträgen die Leistungsverpflichtung zusammenhängt.273 Sind diese Erträge in der Vergangenheit angefallen, ist hiernach eine wirtschaftliche Verursachung spätestens zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung anzunehmen, sodass Rückstellungen gebildet werden müssten.274 Hierbei kommt bei Utility Tokens das Investment im Rahmen des Token Sales in Betracht oder aber ein zusätzlich zur Einlösung des Tokens zu zahlender Preis im Zeitpunkt der Token-Nutzung. Andererseits wird vertreten, dass festgestellt werden solle, ob die Abgabe des Leistungsversprechens als Gegenleistung für eine vergangene Leistung des An-

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Ballwieser, in: MüKo HGB, Bd. III, § 249 Rn. 17; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 384. 271 BFH v. 25. 04. 2006, Az. VIII R 40/04, Rz. 30, 35, 37 = BB 2006, 2295, 2297 = FR 2006, 1033, 1034 f.; BMF-Schreiben v. 21. 01. 2003, GZ: IV A 6 –S 2137 – 2/03, BStBl. I 2003, 125; vgl. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 799a (141. EL 03/2018). 272 Vgl. Frotscher/Watrin, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 353 (205. EL 06/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 172; Bugge, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 77 (281. EL 07/2017); Böcking/Groß, in: Wiedmann/Böcking/Gros, BilR, § 249 Rn. 23. 273 Vgl. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 800 (141. EL 03/2018); Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 352 (170. EL 07/2012); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 172; Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 875 (113. EL 12/2015); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 386; Böcking/Gros, in: Wiedmann/Böcking/Gros, BilR, § 249 Rn. 21. 274 Frotscher, in: Frotscher, EStG, § 5 Rn. 352 (170. EL 07/2012); Bugge, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rn. D 77 (281. EL 07/2017); Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 5 Rn. 381.

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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spruchsinhabers anzusehen sei.275 Da bereits festgestellt wurde, dass es sich bei Erwerb und Einsatz der Tokens um verschiedene Rechtsgeschäfte handelt, würde ein solches Verständnis auf den nach dem Token Sale liegenden Einsatz des Tokens abstellen. Im Endeffekt stellt auch dies eine Einzelfallentscheidung dar, sodass die verschiedenen Indizien mit dem Ziel einer zeitlichen Zuordnung der Leistungsverpflichtung zu einem Wirtschaftsjahr gegeneinander abgewogen werden müssen.276 Nur im Einzelfall sollte diese Abwägung hierbei zur Annahme der wirtschaftlichen Verursachung durch den Token Sale führen. Denn die Verpflichtung ergibt sich konkret aus der Inanspruchnahme des Tokens und steht dieser somit näher. Insbesondere dann, wenn der Emittent noch nicht erfüllungsbereit ist, also noch weitere unternehmerische Tätigkeiten vornehmen muss, um die Verbindlichkeit überhaupt erfüllen zu können, kann die wirtschaftliche Verursachung nicht bereits in der Vergangenheit liegen.277 Hierbei ist weiterhin die obig getroffene Erkenntnis einzubeziehen, dass bei gegebener Erfüllungsmöglichkeit des Emittenten in der Regel eine Verbindlichkeit zu bilanzieren ist und nur bei deren Fehlen eine Rückstellung für eine dem Grunde und der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit zu bilden ist. Somit stellt sich die soeben dargestellte Problematik der wirtschaftlichen Verursachung für Fälle der bereits erfüllungsbereiten Emittenten nicht. Denn diese bilanzieren eine gewisse Leistungsverpflichtung als Verbindlichkeit, die ohnehin eine wirtschaftliche Belastung darstellt. (2) Rechtliches Entstehen einer Leistungsverpflichtung Erkenntnisse hinsichtlich der Bestimmung des Zeitpunkts der rechtlichen Bestimmung lassen sich insbesondere aus der überzeugenden Rechtsprechung des BFH zu Gutscheinen bzw. Rabattmarken gewinnen.278 Streitgegenständlich waren von einem Frisör ausgestellte Gutscheine. Diese wurden aus Dank für die wiederholte Inanspruchnahme der Frisördienstleistungen ausgestellt und sollten für eine beliebige künftige Frisördienstleistung eingetauscht werden können. Die Richter führten hierzu zunächst aus, dass jedenfalls eine Verbindlichkeit nicht zu bilden sei, denn der Gutschein konnte für jegliche angebotene Frisörleistung eingetauscht werden und stelle daher allenfalls eine ungewisse, weil unbestimmbare Leistungsverpflichtung dar.279 Weiterhin sei der Rabatt-Anspruch rechtlich noch nicht entstanden, da dieser „zwingend an die Inanspruchnahme einer Dienstleistung im begünstigten Zeitraum 275 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 800 (141. EL 03/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 175; Niemeier/Schnitter/Kober/Nöcker/Stuparu, ESt, S. 476. 276 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 800 (141. EL 03/2018); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 171. 277 Vgl. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 800a (141. EL 03/2018); NeumannTomm, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 1666/2 (226. EL 03/2017). 278 Insbesondere BFH, Urteil v. 19. 09. 2012, Az. IV R 45/09 = BB 2012, 2878 = DStR 2012, 2166. 279 BFH, Urteil v. 19. 09. 2012, Az. IV R 45/09, Rn. 36.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

des Folgejahres“ anknüpfe und „die Entstehung eines Zahlungsanspruchs […] im Folgejahr“ voraussetze.280 Die wirtschaftliche Verursachung der Frisörgutscheine wiederum erfolge „nicht bereits durch das Versprechen im Ausgabejahr, sondern erst durch die Dienstleistung im Folgejahr, für die die Preisminderung gewährt wurde“.281 Somit fielen im vorbezeichneten Urteil des BFH beide Zeitpunkte zusammen, jedoch nicht bereits im Zeitpunkt der Gutschein-Ausgabe, sondern erst im Zeitpunkt der Inanspruchnahme. Demnach konnten Verbindlichkeiten hierfür erst im Wirtschaftsjahr der Inanspruchnahme passiviert werden. Das Verständnis des BFH in Hinblick auf die rechtliche Entstehung der Leistungsverpflichtung überzeugt und ist auch auf den durch einen Utility Token repräsentierten Nutzungsanspruch übertragbar. Denn der Anspruch des Investors gegenüber dem Emittenten ist schuldrechtlich durch die Begründung des zweiten Schuldverhältnisses bedingt, welches erst durch den Einsatz der Utility Tokens begründet wird. Der Token Sale als solcher ist zwar eine notwendige Vorbedingung dieses Schuldverhältnisses, jedoch beruht die Inanspruchnahme des Tokens gerade auf einer eigenständigen Willensäußerung (s. o.). Nur dieses zweite Rechtsverhältnis ist jedoch tatbestandliche Voraussetzung des Nutzungsanspruchs, woran die rechtliche Entstehung einer Verbindlichkeit anknüpft.282 Somit ist im Rahmen von Utility Tokens stets erst im Zeitpunkt der Begründung dieses zweiten Rechtsverhältnisses, also im Zeitpunkt des Einsatzes des entsprechenden Tokens, die rechtliche Entstehung zu sehen. Unabhängig von den eingangs dargestellten abweichenden Ansichten zur Bestimmung der wirtschaftlichen Verursachung liegt daher im Rahmen der Emission von Utility Tokens das wirtschaftliche Entstehen ohnehin vor oder zeitgleich zu dem rechtlichen Entstehungstatbestand. cc) Zusammenfassung Hieraus folgt, dass im Regelfall der Vorleistung des Investors die rechtliche und wirtschaftliche Entstehung der mit einem Utility Token verbundenen Leistungsverpflichtung des Emittenten zusammenfallen. Beide liegen jedoch erst in dem Zeitpunkt der tatsächlichen Nutzung des Tokens durch den Investor und nicht bereits im Zeitpunkt des Token Sales. Dementsprechend sind Rückstellungen erst für das Wirtschaftsjahr zu bilden, in dem dieser sein Nutzungsrecht ausübt.283 Ist hingegen der Emittent bereits zur Erfüllung des durch den Utility Token repräsentierten 280

BFH, Urteil v. 19. 09. 2012, Az. IV R 45/09, Rn. 42. BFH, Urteil v. 19. 09. 2012, Az. IV R 45/09, Rn. 43. 282 Wohl auch Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1160; vgl. Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 799d (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 702 (290. EL 01/2019). 283 Ebenso Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1160; zustimmend Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 20. 281

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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Nutzungsanspruchs im Stande, so liegt eine nach Grund und Umfang bestimmte Leistungsverpflichtung vor. Da diese gleichfalls zu einer wirtschaftlichen Belastung des Emittenten führt, hat dieser eine Verbindlichkeit zu passivieren. e) Leistungsverpflichtung des Emittenten Eine weitere Einschränkung der bis hierhin getroffenen Ausführungen ergibt sich für Konstellationen, in denen der Emittent ein grundsätzlich selbstständiges Netzwerk erschafft. In diesem Zusammenhang muss nämlich unterschieden werden, ob der jeweilige Utility Token tatsächlich einen Anspruch gegenüber dem Emittenten gewährt oder lediglich gegenüber einem, von diesem zwar geschaffenen, aber nicht abhängigen Netzwerk.284 Dies ist gegeben, wenn die durch den betreffenden Utility Token verkörperte Verpflichtung durch die Gesamtheit der Teilnehmer des Netzwerks erfüllt wird. In diesem Fall steht dem Ertrag des Emittenten keine seine Leistungsfähigkeit mindernde Verpflichtung gegenüber. Demzufolge sind auch keinerlei Verbindlichkeiten oder Rückstellungen zu bilanzieren. f) Zwischenergebnis Für die Beurteilung, ob mit der Emission von Utility Tokens die Bilanzierung passiver Wirtschaftsgüter einhergeht, ist insbesondere der Status der Unternehmensbzw. der Produktentwicklung entscheidend. Sofern der Emittent den vom Utility Token repräsentierten Anspruch zum Bilanzierungsstichtag bereits erbringen kann, indiziert dies sowohl das Vorliegen einer bestimmten Leistungsverpflichtung als auch deren rechtliche und wirtschaftliche Entstehung und damit das Vorliegen einer wirtschaftlichen Belastung. Folglich sind in diesem Fall Verbindlichkeiten zu passivieren. Das Passivierungsverbot für schwebende Geschäfte ist nicht einschlägig. Tritt hingegen der Investor in Vorleistung, handelt es sich mangels konkretem Bezugsobjekt um eine dem Grunde und der Höhe nach unbestimmte Leistungsverpflichtung. Folglich scheidet die Passivierung einer Verbindlichkeit aus. Zusätzlich indiziert dies, dass die ungewisse Verbindlichkeit noch nicht wirtschaftlich verursacht wurde, weshalb auch die Bilanzierung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 HGB) ausscheidet. In diesem Fall stehen dem zu aktivierenden Erlös aus dem Token Sale keine passiven Wirtschaftsgüter gegenüber.

284 Vgl. v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.196.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

II. Benachteiligung im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden Hieraus folgt, dass den Emittenten in der weitaus überwiegenden Zahl der ICOs ein nahezu ungeminderter steuerbarer Ertrag entsteht. Die Erlöse aus den herkömmlichen Finanzierungsformen unterfallen demgegenüber regelmäßig nicht der Körperschaftsteuer (s. o.), unabhängig davon, ob es sich im Einzelfall um die Aufnahme von Eigen- oder Fremdkapital handelt. Sofern diese Ungleichbehandlung nicht durch eine gleichfalls höhere Leistungsfähigkeit der ICO-Emittenten gerechtfertigt ist, ist hierin eine systemwidrige Benachteiligung von ICOs durch das geltende Steuerrecht zu sehen. Hierbei gilt zu beachten, dass die Konzeption von EStG und KStG des deutschen Steuerrechts grundsätzlich dem Periodizitätsprinzip folgt, sodass grundsätzlich stets der innerhalb einer bestimmten Periode angefallene Vermögenszuwachs besteuert wird (vgl. § 7 Abs. 3 KStG). Hiernach wären ICOs im Zeitpunkt ihrer Durchführung tatsächlich mit einem größeren Zugewinn an steuerlicher Leistungsfähigkeit verbunden als andere Kapitalmaßnahmen. Denn der ICO-Erlös steht den Unternehmen regelmäßig völlig frei zur Verfügung. Anders als bei herkömmlichen Fremdkapitalmaßnahmen besteht im Rahmen von ICOs keine Rückzahlungsverpflichtung. Gleichfalls entsteht – jedenfalls bei Utility Tokens – auch keine gesellschaftliche Vermögensstellung der Token-Inhaber, weder über eine Beteiligung am Unternehmenserfolg, noch über eine Beteiligung an einem etwaigen Liquidationserlös. Es handelt sich vielmehr nach Abschluss des ICOs um eigenes, Leistungsfähigkeit ausdrückendes Vermögen des Emittenten. Allerdings steht das Periodizitätsprinzip in einem Widerspruch zum systemtragenden Prinzip der Leistungsfähigkeit und dem hieraus abzuleitenden objektiven Nettoprinzip.285 Dies gilt insbesondere auch für die Unternehmensbesteuerung nach dem KStG.286 Aus dem objektiven Nettoprinzip ergibt sich, dass aus gleichheitsrechtlichen Gründen zumindest ein überperiodischer Ausgleich der in einem Wirtschaftsjahr anfallenden Gewinne und Verluste und der korrespondierenden Steuerlast zu erfolgen hat.287 Klassische Fremdkapitalmaßnahmen entsprechen diesen Vorgaben des objektiven Nettoprinzips grundsätzlich, denn der erstmalige Kapitalerhalt erfolgt zunächst ergebnisneutral durch Aktivierung des Kapitals und Passivierung eines entsprechenden Rückzahlungsanspruchs. Die erhaltenen Mittel können also umfassend und ungemindert für die Unternehmensentwicklung eingesetzt werden. Erst die erzielten 285 Roser, in: Gosch, KStG, § 7 Rn. 26; Hey, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Einführung EStG Rn. 17 (282. EL 10/2017); Kirchhof, in: Kirchhof, EStG, § 2 Rn. 123; Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 8 Rn. 44. 286 Vgl. Roser, in: Gosch, KStG, § 7 Rn. 26; Herlinghaus, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 7 Rn. 25; Englisch, DStR (Beiheft) 2009, S. 92 f.; Hey, DStR (Beiheft) 2009, S. 110. 287 Hey, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Einführung EStG Rn. 17 (282. EL 10/2017); Hey, DStR (Beiheft) 2009, S. 113.

E. Utility Tokens: Ungeminderter steuerbarer Ertrag

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Entgelte für die mit dem Kapital finanzierten unternehmerischen Leistungen der Emittenten stellen einen steuerbaren Ertrag dar. Das für die Erbringung der Leistung verwendete Kapital wiederum mindert als Betriebsausgabe das steuerbare Einkommen. Über § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d EStG, ergänzt um §§ 8c f. KStG, können die Ergebnisse einzelner Wirtschaftsjahre verrechnet werden. Es kommt also erst dann zu einer Steuerbelastung, wenn die volkswirtschaftlich wichtige Allokationswirkung des Kapitalmarkts bereits eingetreten ist. Das Steuerrecht stellt im Rahmen der herkömmlichen Fremdkapital-Finanzierungsmethoden keine Effizienzbeschränkung dar. Im Gegensatz hierzu setzt die steuerliche Belastung im Rahmen eines ICOs direkt im Zeitpunkt des Kapitalerhalts an. Das Erbringen der zu finanzierenden Leistung im Austausch gegen den jeweiligen Utility Token löst demgegenüber grundsätzlich keine weiteren steuerbaren Erträge aus. In dem Zeitraum nach dem ICO entstehen den Emittenten entsprechend hohe Verluste. Diese umfassen zunächst die Aufwendungen für die notwendige Unternehmensentwicklung und schließlich die Kosten für das tatsächliche Erbringen der durch den Token repräsentierten Leistung (Produktionskosten, Gehälter etc.). Um solche Fälle im Sinne des soeben beschriebenen objektiven Nettoprinzips behandeln zu können, müssten also die Verluste der Folgejahre in das Jahr des ICOs übertragen werden können. Ein derartiger überperiodischer Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 Satz 1 EStG) ist jedoch nur in engen zeitlichen und materiellen Grenzen zugelassen. Hiernach ist die rückwirkende Geltendmachung von Verlusten nur in Bezug auf das unmittelbar vorangehende Wirtschaftsjahr möglich.288 Gleichzeitig ist maximal eine Summe von einer Million Euro rückwirkend abzugsfähig. Beide Vorgaben schränken das objektive Nettoprinzip in Bezug auf ICOs deutlich ein. Aufgrund des Vorleistungscharakters der Investition ist nämlich zunächst nicht zwingend davon auszugehen, dass die Unternehmensentwicklung innerhalb eines Jahres derart voranschreitet, dass die entsprechenden Leistungen erbracht werden können. Die im Rahmen der Unternehmensentwicklung anfallenden Verluste können also aus dieser Jahresfrist herausfallen. Gleichzeitig übersteigt auch deren Höhe in aller Regel die gesetzte Grenze. Dies resultiert daraus, dass die ICO-Erlöse durchschnittlich deutlich über dem Betrag von einer Million Euro liegen. Legt man nun das betriebswirtschaftliche Verständnis zugrunde, wonach diese Erlöse gleichzeitig das antizipierte Entgelt und die notwendigen Aufwendungen für die Unternehmensentwicklung umfassen, ist davon auszugehen, dass die in der Folgezeit anfallenden Kosten für die Unternehmensentwicklung und die Leistungserbringung deutlich über dem vorbezeichneten Schwellenwert liegen. Im Verhältnis zu den herkömmlichen Finanzierungsmethoden wird das objektive Nettoprinzip bei der Besteuerung von ICOs also wesentlich stärker durch die periodische Besteuerung durchbrochen. 288 Schlenker, in: Blümich, EStG, § 10d EStG Rn. 101 (138. EL 08/2017); Hallerbach, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 10d EStG Rn. 67 (276. EL 09/2016); Pfirrmann, in: Kirchhof, EStG, § 10d Rn. 12.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

In volkswirtschaftlicher Hinsicht ist ein weiterer Aspekt relevant. Durch die Besteuerung im Zeitpunkt des erstmaligen Kapitalerhalts wird den Emittenten die Möglichkeit genommen, ihre Unternehmen im gleichen Umfang auszubauen wie die Emittenten herkömmlicher Finanzierungsinstrumente. Denn dadurch wird das Kapital im Rahmen von ICOs bereits vor der eigentlich beabsichtigten Unternehmensentwicklung aus der Verfügungsgewalt des Emittenten abgezogen. Der ICOErlös, welcher insoweit eine Doppelrolle als Mittel für die Produktentwicklung und als Entgelt für das entwickelte Produkt einnimmt, kann also nicht vollständig entsprechend der Allokationsfunktion des Kapitalmarkts eingesetzt werden. Im Ergebnis liegt hierin eine systemwidrige Benachteiligung von ICOs im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden. Die erhöhte Steuerbelastung ist nicht durch eine gleichfalls erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gerechtfertigt. Da hierdurch die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts entscheidend eingeschränkt wird, liegt ein Staatsversagen vor.

F. Debt Tokens: Behandlung als beteiligungsgleiches Genussrecht Die Untersuchung eines Staatsversagens aufgrund des Steuerrechts im Rahmen der Emission von Debt Tokens vollzieht sich anhand des ursprünglichen Kernproblems der Finanzierungsfreiheit. Klassischerweise ist das systematische Durchbrechen der Finanzierungsfreiheit im Rahmen des deutschen Steuerrechts durch die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Fremd- und Eigenkapital gekennzeichnet.289 Zwar steht es einem Unternehmen grundsätzlich frei, sich durch Eigenkapital und/oder durch Fremdkapital zu finanzieren.290 Die Eigenkapitalfinanzierung wird in diesem Zusammenhang jedoch steuerlich benachteiligt.

I. Steuerliche Behandlung von Eigen- und Fremdkapital Dies resultiert daraus, dass Zahlungen in Zusammenhang mit der Überlassung von Eigenkapital, klassischerweise Dividendenzahlungen einer Aktiengesellschaft, die steuerliche Einkommensermittlung einer Körperschaft von Gesetz wegen nicht berühren (§ 8 Abs. 3 Satz 1 KStG). Da die Vorschrift jedoch nicht auf die Ge289 Becker/Dwenger, in: Schön, Eigenkapital und Fremdkapital, S. 101 f.; Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien UntStR, S. 182; Förster, Stbg 2011, 49, 49; Goebel/Eilinghoff/ Busenius, DStZ 2010, 742, 743; Musil/Leibohm, FR 2008, 807, 809; Röder, DStJG 2016, 307, 309; Schön, DStJG 2015, 217, 245. 290 Schwintowski, in: Frodermann/Jannott, Hdb AktR, Kap. 6 Rn. 9 ff.; Knorr, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 7 Rn. 1; Scholz, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 56 Rn. 1; Baums, Recht der Unternehmensfinanzierung, § 2 Rn. 8 ff.; Musil/Leibohm, FR 2008, 807, 808.

F. Debt Tokens: Behandlung als beteiligungsgleiches Genussrecht

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winnverteilung von Aktiengesellschaften beschränkt ist, gilt dasselbe auch für Gewinnausschüttungen anderer Arten von Körperschaften.291 Die Nicht-Einbeziehung in die Einkommensermittlung liegt darin begründet, dass die Verpflichtung einer Körperschaft, derartige Zahlungen vorzunehmen, nicht dem Bereich der steuerlichen Einkünfteermittlung zuzurechnen ist, sondern der Einkommensverwendung bzw. Einkommensverteilung.292 Verpflichtungen zur Vornahme von bloßen Zinszahlungen in Zusammenhang mit der Überlassung von Fremdkapital, z. B. etwaige in Zusammenhang mit dem Unternehmen gewährten Darlehen, werden demgegenüber steuerlich bevorzugt. Denn diese stellen die Einkommensermittlung betreffende Aufwendungen dar, die generell als im Rahmen der Zinsschranke (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 4 h Abs. 1 Satz 1 EStG) sofort abziehbarer Aufwand zu behandeln sind und dementsprechend das steuerbare Einkommen der Körperschaft mindern.293 Die § 8 Abs. 3 Satz 1 zugrundeliegende Unterscheidung zwischen Einkommensermittlung und Einkommensverwendung ist Ausfluss des das Körperschaftsteuerrecht prägenden Trennungsprinzips.294 Hiernach weisen sowohl die Körperschaft als solche, als auch die hinter ihr stehenden Anteilseigner jeweils eigene, voneinander getrennte Vermögenssphären auf.295 Diese sind gleichfalls Ausdruck einer eigenständigen und getrennt voneinander zu bewertenden Leistungsfähigkeit, die einer unabhängigen Besteuerung zu unterfallen hat.296 Folge der getrennten Vermögenssphären ist darüber hinaus, dass eine Körperschaft neben Rechtsverhältnissen zu außenstehenden Dritten auch rechtliche Beziehungen mit ihren Gesellschaftern begründen kann.297 Während sich ein Rechtsverhältnis der Körperschaft zu Außenstehenden stets als schuldrechtlich veranlasste Marktbetätigung 291

Vgl. Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 146a; Schallmoser, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 93 (278. EL 03/2017); Schnitger/Lebhart, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 213. 292 Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 145; Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 129; Schnitger/Lebhart, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 207 f.; Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 11 Rn. 45. 293 Lang, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 8 Abs. 3 Rn. A 143 (66. EL 07/2009); Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, Rn. A 50; Knorr, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 7 Rn. 4; Schwahn/Vogel, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 5 Rn. 112; Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien UntStR, S. 183; Goebel/Eilinghoff/ Busenius, DStZ 2010, 742, 750; Schön, DStJG 2015, 217, 245. 294 Desens, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Einführung KStG Rn. 90 (265. EL 08/ 2014); Knorr, in: Kessler, Unternehmensfinanzierung, § 7 Rn. 5; Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 129; Schön, in: Schön, Eigenkapital und Fremdkapital, S. 24. 295 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 10 (144. EL 10/2018); Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 28 (146. EL 11/2018); Kraft, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 51 Rn. 1. 296 Rengers, in: Blümich, EStG, § 1 KStG Rn. 10 (144. EL 10/2018); Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 28 (146. EL 11/2018); Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 129. 297 Teufel, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 2 Rn. 1; Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/ Neumann, KStG, § 8 Rn. 131; Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 11 Rn. 45.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

darstellt, kann die Rechtsbeziehung zu einem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person sowohl gesellschafts- als auch schuldrechtlich veranlasst sein.298 An dem Kriterium der Veranlassung der entsprechenden Zahlungen richtet sich auch die Unterscheidung zwischen Einkommensverwendung und Einkommensermittlung aus. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis weist eine Zahlung dementsprechend der Einkommensverwendung zu, während eine Veranlassung im Sinne einer betrieblichen Betätigung am Markt die entsprechende Zahlung der Sphäre der Einkommensermittlung zuordnet.299

II. Debt Tokens als Genussrechte Debt Tokens sollen ihrem Inhaber ein dem Dividendenanspruch eines Aktionärs vergleichbares Recht gewähren. Trotz der entsprechenden Bezeichnung als „dividendenähnlich“ können Debt Tokens allerdings nicht zwingend dem Eigenkapital zugeordnet werden, denn eine Stellung als Gesellschafter geht mit dem Token-Erwerb nicht einher. Entscheidend ist eine rechtliche Analyse der konkret mit Debt Tokens verknüpften Rechte. Diese sind darauf ausgelegt, einen Anspruch des Token-Inhabers auf eine einmalige oder wiederkehrende Zahlung, abhängig vom Erfolg des emittierenden Unternehmens, zu repräsentieren. Da ein originär gesellschaftsrechtlicher Dividendenanspruch auch nur den Gesellschaftern einer Aktiengesellschaft zustehen kann, sind die mit den Debt Tokens verbundenen Ansprüche des Investors darauf ausgerichtet, ein derartiges Dividendenrecht schuldrechtlich nachzubilden. Auch die Annahme einer stillen Gesellschaft zwischen Emittent und Investor scheidet bei Debt Tokens aus. Hierfür fehlt es bei einem bloßen Zahlungsanspruch an dem notwendigen mitgliedschaftlichen Gepräge der Rechtsbeziehung.300 Zumindest gewisse organisatorische Rechte, die über die Gewinnbeteiligung hinausgehen, sind hierbei für das Vorliegen eines für jede Gesellschaft notwendigen gemeinsamen Zwecks

298 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 81 (138. EL 08/2017); Desens, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, Einführung KStG Rn. 96 (265. EL 08/2014); Eilers, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 9 Rn. 2 f.; Kraft, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 50 Rn. 67; Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 11 Rn. 45. 299 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 81 (138. EL 08/2017); Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 30 (125. EL 09/2014); Roser, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 17c; Schallmoser, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 92 (278. EL 03/2017); Schnitger/Lebhart, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 209; Hey, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 11 Rn. 45. 300 Vgl. Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 195 (138. EL 08/2017); Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 177 (278. EL 03/2017); Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 53; Kohlhepp, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 561.

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erforderlich.301 Reine Tokens des Modells 3 repräsentieren solche Rechte jedoch gerade nicht. Da es bei Debt Tokens in aller Regel an einer Rückzahlungsverpflichtung des Emittenten hinsichtlich des überlassenen Kapitals fehlt, handelt es sich gleichfalls auch nicht um ein Darlehen, welches klassischerweise dem Fremdkapital zugeordnet werden kann. Aus dem gleichen Grund liegt auch kein partiarisches Darlehen vor.302 Denn auch bei einem partiarischen Darlehen muss es sich diesbezüglich um ein klassisches, von einen Rückzahlungsanspruch abhängiges Darlehensverhältnis handeln, bei welchem der Darlehensgeber am wirtschaftlichen Erfolg des Darlehensnehmers partizipiert.303 Stattdessen sind die durch Debt Tokens repräsentierten Ansprüche der Investoren als Genussrechte einzuordnen.304 Das im Rahmen des Token Sales erhaltene Kapital des Emittenten stellt demzufolge Genussrechtkapital dar. Obwohl der Begriff der „Genussrechte“ sowohl im Steuerrecht (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG) als auch im Handels- und Gesellschaftsrecht (vgl. u. a. § 221 Abs. 3 und 4 AktG) explizit genannt wird, existiert keine gesetzliche Definition.305 Von steuer- und gesellschaftsrechtlicher Literatur ist jedoch umfassend anerkannt, dass es sich bei Genussrechten um schuldrechtliche Nachbildungen von typischen, gesellschaftsrechtlichen Positionen handelt.306 Bei Genussrechtskapital gestaltet sich die Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital als schwierig. Denn die Ausgestaltung von Genussrechten unterliegt historisch bedingt großem Freiraum307, sodass diese sowohl Eigenschaften aufweisen können, die typischerweise auf eine Einordnung als

301 Saenger, in: Erman, BGB, Bd. I, Vor § 488 Rn. 66; Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, § 230 HGB Rn. 25; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 53; Wedemann, in: Oetker, HGB, § 230 Rn. 35, 37. 302 Vgl. Ratschow, in: Blümich, EStG, § 20 EStG Rn. 252 (129. EL 08/2015); a.A. Burchert/Böser, DB 2018, 857, 858. 303 Vgl. Ratschow, in: Blümich, EStG, § 20 EStG Rn. 252 (129. EL 08/2015); Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 230 Rn. 77; Janetzko, in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 180 (278. EL 03/2017); Wiese, in: Schulze, BGB, § 488 Rn. 5; Freitag, in: Staudinger, BGB, § 488 Rn. 70. 304 So auch v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.186 ff., 20.197; Weitnauer, BKR 2018, 231, 235. 305 Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 149; Wöckener/Becker, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 13.1; Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 64; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 21. 306 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 192 (138. EL 08/2017); Schulte, in: Erle/ Sauter, KStG, § 8 Rn. 317; Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 149; Janetzko, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 170 (278. EL 03/2017); Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 64; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 22; Hennrichs/ Schlotter, DB 2016, 2072, 2072. 307 Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 64; Raiser/Veil, Recht der KapG, § 17 Rn. 21; Wegner, Bilanzielle Behandlung hybrider Finanzinstrumente, S. 18.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Eigenkapital schließen lassen, als auch Eigenschaften, die auf eine Einordnung als Fremdkapital hindeuten.308

III. Implikationen für die Feststellung von Finanzierungsfreiheit ICOs werden demnach dann steuerlich benachteiligt, wenn die im Rahmen eines ICOs ausgegebenen Genussrechte einer höheren steuerlichen Belastung unterliegen als auf herkömmlichem Wege ausgegebene Genussrechte. Nach den obigen Ausführungen ist dies der Fall, wenn Genussrechtskapital, welches gegen die Ausgabe von Debt Tokens emittiert wird, wie Eigenkapital zu behandeln ist und das ansonsten völlig gleich gestaltete Genussrechtskapital, welches im klassischen Sinne emittiert wird, wie Fremdkapital. Da Genussrechte bilanziell sowohl dem Eigen- als auch dem Fremdkapital zuzuordnen sein können, hat eine Abgrenzung zu erfolgen. Diese wiederum richtet sich maßgeblich nach der oben beschriebenen Unterscheidung zwischen gesellschaftsrechtlich veranlasster Einkommensverwendung und betrieblich veranlassten Zahlungen mit Einfluss auf die Einkommensermittlung.

IV. Ausweis als Eigen- oder Fremdkapital Diese Unterscheidung wird von § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG für Genussrechte steuerrechtlich konzeptualisiert. Hiernach werden Genussrechte, „mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist“, der Sphäre der Einkommensverwendung zugeordnet und mindern das steuerbare Einkommen nicht. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.309 Wenn dies der Fall ist, ähneln Zahlungen hinsichtlich ihrer Veranlassung und ihrer Belastungswirkung einer gesellschaftsrechtlich veranlassten Ausschüttung.310 Die Aufwendungen betreffen folglich die Leistungsfähigkeit einer Körperschaft in derselben Art und Weise wie die Zahlungen an einen Gesellschafter

308

Wöckener/Becker, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 13.4; Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 173 (278. EL 03/2017); Raiser/Veil, Recht der KapG, § 17 Rn. 4. 309 Sagasser, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 27 Rn. 604; Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 200 (138. EL 08/2017); Schulte, in: Erle/Sauter, KStG, § 8 Rn. 316; Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 148; Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 26; Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1248. 310 Schulte, in: Erle/Sauter, KStG, § 8 Rn. 316; Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1249; Kohlhepp, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 547; Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072, 2073.

F. Debt Tokens: Behandlung als beteiligungsgleiches Genussrecht

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(Dividenden).311 Auch eine derartige Einordnung ist allerdings nicht mit der Einordnung als Gesellschafter gleichzusetzen.312 Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang eine Abgrenzung im Einzelfall, ob die durch einen Debt Token repräsentierten Ansprüche die Anforderungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG erfüllen und daher steuerlich wie Eigenkapital zu behandeln sind.313 1. Beteiligung am Gewinn Genussrechtsinhaber gelten i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG als am Gewinn beteiligt, sofern sie am Geschäftsrisiko des Unternehmens teilhaben.314 Diese Teilhabe kann durch Bezugnahme auf eine bilanzielle Kennziffer, also z. B. den handelsbilanziellen Gewinn oder die Höhe der aktienrechtlichen Dividende, bestimmt werden.315 Grundsätzlich stellt die Beteiligung am Unternehmenserfolg bei Debt Tokens gerade den Wesensgehalt der Berechtigung des Investors dar. Dieser soll als Gegenleistung für seine Kapitalhingabe im Stadium der Unternehmensentwicklung von den späteren Resultaten profitieren. Eine korrespondierende Beteiligung an einem negativen Ergebnis ist hingegen nicht Voraussetzung.316 Auch dann, wenn systematisierende Abstufungen vorgenommen werden – z. B. 0,5 Prozent Beteiligung bei einem Gewinn von mehr als 20 Millionen Euro, 1,0 Prozent Beteiligung bei einem Gewinn von mehr als 30 Millionen Euro etc. – steht die Teilhabe am Geschäftsrisiko ausreichend gewichtet im Vordergrund.317 Erst sofern eine völlig 311 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 201 (137. EL 08/2017); Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1248; Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072, 2073. 312 Wöckener/Becker, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 13.3; Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 17; Scholz, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 64 Rn. 71; Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/ Neumann, KStG, § 8 Rn. 1250. 313 Vgl. v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.197; Burchert/Böser, DB 2018, 857, 858; Weitnauer, BKR 2018, 231, 235. 314 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 202 (138. EL 08/2017); Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 151; Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 184 (278. EL 03/2017); Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1264; Kohlhepp, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 578. 315 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 202 (138. EL 08/2017); Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 386; Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 151; Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 184 (278. EL 03/2017); Neumann, in: Rödder/ Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1265; Wegner, Bilanzielle Behandlung hybrider Finanzinstrumente, S. 20. 316 Sagasser, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 27 Rn. 605; Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 202 (138. EL 08/2017); Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 151; Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 184 (278. EL 03/2017); Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1264. 317 Lang, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 8 Abs. 3 Rn. A 109 (76. EL 12/2012); Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 184 (278. EL 03/2017).

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

vom tatsächlichen Unternehmenserfolg unabhängige Zahlung an die Token-Inhaber vorliegt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG gegeben sind.318 Dies würde jedoch ohnehin keine ökonomisch sinnvolle Gestaltung der Tokens darstelle, denn hierbei würde es sich schlicht um ein in Raten rückzahlbares Darlehen handeln, wofür die Durchführung eines ICOs keinen ersichtlichen Mehrwert bedeuten würde. Debt Tokens sind folglich derart gestaltet, dass sie ihren Inhaber mittels monetärer Leistungen des Emittenten an dessen Geschäftserfolg beteiligen. Dies ist jedoch unabhängig von der technischen Gestaltung über die Blockchain. Die Repräsentation der Gewinnbeteiligung ist vielmehr Gegenstand der schuldrechtlichen Vereinbarung und stellt nur eine von unzähligen Möglichkeiten der Ausgestaltung dar. 2. Beteiligung am Liquidationserlös Damit die von Debt Tokens repräsentierten Ansprüche steuerbilanziell als beteiligungsähnliche Genussrechte behandelt werden, müssen sie ihren Inhaber zusätzlich am Liquidationserlös im Falle der Auflösung des Unternehmens beteiligen. Zunächst besteht Einigkeit darin, dass eine derartige Beteiligung am Liquidationserlös voraussetzt, dass die Genussrechtsinhaber an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt werden und nicht lediglich ihr eingezahltes Kapital zurückerhalten.319 Im körperschaftsteuerlichen Sinne ist mit Liquidationserlös hierbei das Abwicklungs-Endvermögen i.S.d. § 11 Abs. 3 KStG gemeint.320 In diesem Zusammenhang gilt zunächst festzustellen, dass eine solche Berechtigung der Investoren in den schuldrechtlichen Token Sale Agreements vereinbart werden müsste. Im Gegensatz zu Aktien, die einen mitgliedschaftlichen Anteil am Unternehmen gewähren und daher bereits kraft Gesetzes zur Teilhabe am Liquidationserlös berechtigen (vgl. § 271 Abs. 1 AktG)321, ist ein solcher Teilhabeanspruch den Tokens jedenfalls nicht inhärent. Zwar gibt es durchaus Emittenten, die ihren Investoren derartige Rechte zugestehen322, dem Regelfall entspricht dies jedoch nicht.323 318 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 202 (138. EL 08/2017); Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1265; Kohlhepp, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 585. 319 Sagasser, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 27 Rn. 609; Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 203 (138. EL 08/2017); Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 151; Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1267. 320 Schulte, in: Erle/Sauter, KStG, § 8 Rn. 321; Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 151; Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 187 (278. EL 03/2017); Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1267. 321 Servatius, in: Grigoleit, AktG, § 271 Rn. 1; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 271 AktG Rn. 7; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 271 Rn. 2 f.; Rieckers, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 17 Rn. 4. 322 So z. B. The DAO, vgl. Spindler, WM 2018, 2109, 2110; ebenso Burchert/Böser, DB 2018, 857, 859 in einem von den Autoren erdachten Beispielsfall. 323 Bourveau/DeGeorge/Ellahie/Macciocchi, S. 3; Kaal/Dell’Erba, S. 17.

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a) Mittelbare Beteiligung an stillen Reserven durch Handel auf Sekundärmärkten Im Rahmen eines ICOs ist es jedoch denkbar, dass die Token-Inhaber aufgrund der technischen Besonderheiten der Tokens und ihrer hiermit einhergehenden Handelbarkeit auf dem Sekundärmarkt mittelbar von den stillen Reserven und der allgemeinen Entwicklung des Unternehmenswerts profitieren. Denn beide diese Faktoren nehmen Einfluss auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage hinsichtlich der entsprechenden Debt Tokens und beeinflussen folglich deren Wertentwicklung auf den Sekundärmärkten. Sollte dies anzunehmen sein, wären die technologischen Besonderheiten der emittierten Debt Tokens, nämlich deren Handelbarkeit aufgrund der Blockchain-Technologie, für die steuerlich nachteilige Behandlung als Eigenkapital ursächlich. Dies würde folglich eine Verletzung der Finanzierungsfreiheit bedeuten. Notwendig ist jedoch, dass die Token-Inhaber durch den Sekundärmarkt tatsächlich die im Unternehmen liegenden stillen Reserven realisieren können. Stille Reserven entstehen, falls sich der tatsächliche Wert eines Wirtschaftsguts erhöht, sich diese Entwicklung jedoch nicht in der Bilanz wiederspiegelt.324 Dies liegt im Höchstwertprinzip begründet, wonach die Buchwerte von Wirtschaftsgütern nicht die Zugangsbewertung in Höhe der Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten übertreffen können (s. o.). Gleichzeitig können jedoch die real erzielbaren Werte eines Wirtschaftsguts diese Schwelle bei einer entsprechend positiven Unternehmensentwicklung übersteigen.325 Aufgrund des Realisationsprinzips werden die Wertsteigerungen jedoch erst durch einen weiteren Umsatzakt aufgedeckt und anschließend in der Bilanz ausgewiesen.326 Das Entstehen von stillen Reserven ist dabei in wirtschaftlicher Hinsicht ein Indikator für eine positive Unternehmensentwicklung. Steigen die Werte der Wirtschaftsgüter eines Unternehmens, steigt für gewöhnlich auch dessen betriebswirtschaftlicher Erfolg. Hierdurch versprechen auch die durch die Debt Tokens repräsentierten Ansprüche auf Gewinnbeteiligung höhere Erträge, was sich wiederum positiv auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auswirkt. Durch die somit höheren erzielbaren Veräußerungserlöse auf dem Sekundärmarkt, kann im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise angenommen werden, dass die Token-Inhaber an den stillen Reserven des Unternehmens teilhaben, da sie die nicht in der Bilanz ausgewiesenen Wertsteigerungen des Unternehmens zumindest faktisch durch die Veräußerung realisieren können.

324 Keul, in: MHdB GesR, Bd. II, § 85 Rn. 14 ff.; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 401; Winnefeld, in: Winnefeld, Bilanz-Hdb, Kap. F Rn. 768. 325 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 395 (290. EL 01/2019); Winnefeld, in: Winnefeld, Bilanz-Hdb, Kap. D Rn. 1925. 326 Bode, in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 31; Winnefeld, in: Winnefeld, Bilanz-Hdb, Kap. F Rn. 768.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Trotzdem kann hierdurch keine Beteiligung am Liquidationserlös i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG angenommen werden. Hierfür spricht bereits eine grammatische Auslegung des Begriffs des „Liquidationserlöses“. Denn um im soeben beschriebenen Wege an der Unternehmensentwicklung zu partizipieren, müssten die TokenInhaber ihre Tokens zu einem Zeitpunkt veräußern, zu welchem das Unternehmen noch besteht. Im Zeitpunkt der tatsächlichen Liquidation wären die Tokens jedoch grundsätzlich bereits wertlos, da nach Auflösung des Unternehmens auch der von den Tokens repräsentierte Anspruch auf Ergebnisbeteiligung nicht mehr realisiert werden kann. Gerade aus dieser Einsatzmöglichkeit leitet sich aber deren Wert ab. Allerdings vertreten gewichtige Stimmen in der wissenschaftlichen Literatur, dass auch eine Beteiligung an den stillen Reserven zu einem Zeitpunkt vor der Liquidation ausreichend sei, um ein beteiligungsähnliches Genussrecht anzunehmen.327 Begründet wird dies in teleologischer Hinsicht damit, dass die Vorschrift darauf abstelle, materiell eigenkapitalähnliche Finanzierungsinstrumente auch tatsächlich wie Eigenkapital zu behandeln. Der bloß formale Beendigungszeitpunkt der Kapitalüberlassung könne sich stattdessen nicht auf deren materiellen Inhalt auswirken.328 Jedoch widerspricht dies dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Weiterhin steht auch der Vergleichsmaßstab des körperschaftlichen Nennkapitals der proklamierten Gleichstellung gegenüber.329 Denn eine Beteiligung am Liquidationserlös entspricht einer Beteiligung an dem Gesellschaftsvermögen, welches nach Befriedigung anderer, vorrangiger Gläubiger verbleibt.330 Nur dann entspricht die wirtschaftliche Belastung durch die Rückzahlung von Genussrechtskapital tatsächlich eigenkapitalähnlicher Intensität. Eine bloße Beteiligung an den stillen Reserven bei einem Ausscheiden des Genussrechtsinhabers zu einem beliebigen Zeitpunkt kann diesem Kriterium folglich nicht genügen. Denn in diesen Fällen ist das zu verteilende Vermögen ein völlig anderes als nach Befriedigung etwaiger, konkurrierender Gläubiger. Schließlich sprechen auch empirische Erkenntnisse gegen die Annahme, dass Token-Inhaber an den stillen Reserven des Emittenten und somit am Liquidationserlös beteiligt seien. Denn diese haben gezeigt, dass sich die Wertentwicklung von Tokens nicht annähernd rational anhand der tatsächlichen Wertentwicklung des entsprechenden Unternehmens entwickelt.331 Neben dem tatsächlichen Erfolg des 327 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 203 (138. EL 08/2018); Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 187 (278. EL 03/2017); Kohlhepp, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 591; a.A. Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 389 (138. EL 04/2017); Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 151 (Fn. 4). 328 Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 187 (278. EL 03/2017); Kohlhepp, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 591. 329 Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 389 (138. EL 04/2017); Wernicke/Staiger, in: Lademann, KStG, § 8 Rn. 312 (54. EL 06/2015). 330 Wernicke/Staiger, in: Lademann, KStG, § 8 Rn. 312 (54. EL 06/2015). 331 Vgl. Meier/Hansen/Mendle, ZfgK 2019, 233, 235 ff.; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 16 f.

F. Debt Tokens: Behandlung als beteiligungsgleiches Genussrecht

283

Unternehmens sind insbesondere der Kurs der Krypto-Leitwährung Bitcoin sowie oftmals durch Herdenverhalten ausgelöste, sprunghafte Zuwächse entscheidend. Die Wertentwicklung ist daher weitgehend unabhängig von eventuell vorliegenden, jedoch nicht bilanziell abgebildeten Vermögensmehrungen. Im Ergebnis kann also trotz der Möglichkeit des Handels mit den Tokens auf Sekundärmärkten nicht angenommen werden, dass die Token-Inhaber im Sinne einer Beteiligung am Liquidationserlös an den stillen Reserven des Emittenten partizipieren. b) Eigenkapitalähnliche Genussrechte ohne Beteiligung am Liquidationserlös Wie mit solchen Konstellationen umzugehen ist, war und ist zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung nicht abschließend geklärt. Die Finanzverwaltung ging hierbei ursprünglich von einer strengen Anwendung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) aus.332 Dementsprechend sollten Genussrechte, die handelsbilanziell die Funktionen von Eigenkapital erfüllen und somit in der Handelsbilanz als Eigenkapital auszuweisen wären, auch steuerrechtlich wie Eigenkapital behandelt werden. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG und somit eine etwaige Beteiligung am Liquidationserlös wären daher also zweitrangig. Handelsbilanziell setzt der Ausweis als Eigenkapital voraus, dass sich das Genussrechtskapital als langfristige und im Insolvenzfall voll haftbare Kapitalüberlassung darstellt und das Genussrecht erfolgsabhängig ausgestaltet ist sowie nachrangig gegenüber anderen Verbindlichkeiten zu bedienen ist.333 In der steuerrechtlichen Literatur stießen die Ausführungen der Verwaltung jedoch auf Kritik. Der Maßgeblichkeitsgrundsatz werde durch die Kodifizierung in § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG ausdrücklich durchbrochen.334 Eigenkapital sei darüber hinaus steuerlich eine reine Residualgröße, weswegen dessen Vorliegen nicht positiv von materiellen, handelsrechtlichen Kriterien abhängig sein könne.335 Weiterhin sind auch die unterschiedlichen Zwecke von Handels- und Steuerbilanz zu berücksichtigen. Während die Steuerbilanz auf Gewinnermittlung und somit auf 332 Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 12. 05. 2016, GZ: S 2742 – 2016/0009-St 131 = BeckVerw 328839 NRW (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019). 333 Schubert/Waubke, in: Beck’scher BilKo, § 266 Rn. 191; Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 382 (138. EL 04/2017); Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 173 (278. EL 03/2017); Kropff, in: MüKo BilR, Bd. II, § 272 Rn. 252; Kohlhepp, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 565; Kleinmanns, BB 2016, 2543, 2543; Richter, DStR 2016, 2058, 2058. 334 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 920 „Genussrechte“ (141. EL 03/2018); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 26; Mihm, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 426; Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072, 2075; wohl auch Kleinmanns, BB 2016, 2543, 2544. 335 Helios, RdF 2018, 267, 267; wohl auch Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 168.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Feststellung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gerichtet ist336, dient die Handelsbilanz primär dem Schutz der Anleger und Gläubiger des Unternehmens.337 Demnach kann dasselbe Genussrecht richtigerweise durchaus handelsbilanziell als Eigenkapital auszuweisen sein, während es in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit zu passivieren ist.338 Aufgrund dieser Kritik hat die Finanzverwaltung ihre soeben erläuterte Auslegung mit Erlass vom 18. Juli 2018 ausdrücklich aufgegeben.339 Auch darüber hinaus bestehen jedoch weiterhin unterschiedliche Ansichten. So geht die Finanzverwaltung davon aus, dass auch dann ein nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG zu behandelndes Genussrecht vorliegen könne, wenn – entgegen dem Wortlaut – keine Beteiligung am Liquidationserlös bzw. den stillen Reserven gegeben sei. Dies solle der Fall sein, wenn dem Kapitalgeber kein Rückzahlungsanspruch zusteht, den dieser vor der Liquidation geltend machen kann.340 Denn wenn ein solcher nicht bestehe, solle auch die Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Gesellschaft nicht gemindert sein – vergleichbar zu gesellschaftlichen Beteiligungen.341 Demzufolge könnten auch Debt Tokens wie Eigenkapital behandelt werden, die zwar keine Beteiligung an den stillen Reserven gewähren, dafür allerdings auch nicht rückzahlbar sind. Solche Gestaltungen sind durchaus praktisch relevant. Wie bereits ausgeführt wurde, ist ein Token normalerweise nicht mit der Teilhabe am Liquidationserlös verbunden. Auch ein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Investitionssumme besteht regelmäßig nicht, soll das eingelöste Kapital doch gerade operativ im Unternehmen eingesetzt werden. Aufgrund des eindeutigen Verstoßes gegen den Gesetzeswortlaut kann dieser Ansicht der Finanzverwaltung nicht gefolgt werden.342 Wollte man dies tun, wäre eine Gesetzesänderung die zwingende Vor-

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Frotscher/Watrin, in: Frotscher, EStG, § 4 Rn. 1 ff. (204. EL 04/2018); Anzinger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 166 (290.EL 01/2019); Seiler, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rn. A 40 ff. (227. EL 02/2012); Winnefeld, in: Winnefeld, BilanzHdb, Einführung Rn. 80. 337 Winkeljohann/Lewe, in: Beck’scher BilKo, § 238 Rn. 90; Böcking/Groß, in: Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 238 Rn. 33; Graf, in: MüKo BilR, Bd. II, § 238 Rn. 2; Winnefeld, in: Winnefeld, Bilanz-Hdb, Einführung Rn. 10. 338 Sagasser, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 27 Rn. 603; Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 194 (138. EL 08/2017); Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 149; Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072, 2072 f. 339 Finanzministerium Nordrhein-Westfalen, Erlass v. 18. 07. 2018, GZ: S 2133 – 000036-V B 1 = BeckVerw437976 NRW (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019). 340 BMF-Schreiben v. 27. 12. 1995, GZ: IV B 7-S 2742 – 76/95, BStBl. I 1996, 49 = BeckVerw074789 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019) und BMF-Schreiben v. 08. 12. 1986, GZ: IV B 7-S 2742 – 26/86 = BeckVerw099041 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019). 341 BMF-Schreiben v. 27. 12. 1995, GZ: IV B 7-S 2742 – 76/95, BStBl. I 1996, 49 = BeckVerw074789 (zuletzt abgerufen am 16. 06. 2019). 342 So auch Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 203 (138. EL 08/2017); Schulte, in: Erle/Sauter, KStG, § 8 Rn. 321; Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 389 (125. EL 09/ 2014); Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 151.

G. Mitgliedschaftliche Tokens als steuerliche Mitunternehmerschaft

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aussetzung. Auch der BFH hat sich dementsprechend geäußert und lehnt die vorgeschlagene Ausdehnung des Wortlauts ab.343

V. Keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit Somit liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 2 KStG bei Aufwendungen in Zusammenhang mit Debt Tokens nicht vor. Es handelt sich mangels Teilhabe am Liquidationserlös nicht um Genussrechte, die ihrer Ausgestaltung nach Eigenkapital ähneln.344 Stattdessen liegen obligationsähnliche Genussrechte vor, die nicht unter § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG fallen. Dementsprechend gelten die laufenden Aufwendungen in Zusammenhang mit den Debt Tokens als betrieblich veranlasst. Sie sind daher der Sphäre der Einkommensermittlung zuzuordnen und als Betriebsausgaben abzugsfähig.345 Im Ergebnis werden die durch Debt Tokens repräsentierten Zahlungen also wie klassisches Fremdkapital behandelt. Die Ausgabe in Form eines ICOs, repräsentiert über auf der Blockchain aufbauende Tokens, ändert an dieser Behandlung grundsätzlich nichts. Insbesondere sorgt die Handelbarkeit der Tokens nicht für eine Einordnung als Eigenkapital. So wie bei klassischem Genussrechtskapital auch, handelt es sich bei dem durch die Emission erlösten Kapital steuerrechtlich ebenfalls um Fremdkapital. Eine technologiebedingte, steuerliche Benachteiligung der Emission von Debt Tokens liegt somit nicht vor. Im Zusammenhang mit der Emission von Debt Tokens ist im Ergebnis keine Verletzung des Grundsatzes der Finanzierungsfreiheit und demnach auch kein Staatsversagen erkennbar.

G. Mitgliedschaftliche Tokens als steuerliche Mitunternehmerschaft Bei der steuerlichen Behandlung der durch einen mitgliedschaftlichen Token repräsentierten Ansprüche ist zunächst auf die grundlegenden Ausführungen zu Debt Tokens zu verweisen. Auch in diesem Rahmen kommt der Abgrenzung zwischen Eigen- und Fremdkapital sowie der hiermit einhergehenden Unterscheidung von mitgliedschaftlicher und schuldrechtlicher Veranlassung eines Rechtsverhältnisses maßgebende Bedeutung zu. Somit läge auch hier eine Verletzung der Finanzierungsfreiheit vor, wenn die Investition im Rahmen eines ICOs aufgrund der tech343 BFH, Urteil v. 19. 01. 1994, Az. I R 67/92, Rn. 18 = BB 1994, 1275, 1276 = GmbHR 1994, 410, 411. 344 Im Ergebnis ebenso Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 19. 345 Burchert/Böser, DB 2018, 857, 858; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 19; vgl. auch Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 215 (138. EL 08/2017); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 29.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

nologiebedingten Besonderheiten der Blockchain als Eigen- und nicht als Fremdkapital einzustufen wäre.

I. Gesellschafterähnliche Tokens als stille Gesellschaft Im Unterschied zu Debt Tokens sollen gesellschafterähnliche Tokens dem Inhaber eine einem Gesellschafter vergleichbare Position gewähren, welche über bloß monetäre Ansprüche hinausgeht. Hierbei kommen neben der Ergebnisbeteiligung insbesondere zusätzliche Informationsansprüche, Vorschlagsrechte und Stimmrechte in Betracht. 1. Keine Einordnung als Genussrecht Im Gegensatz zur Behandlung von Debt Tokens scheidet in diesen Fällen die Einordnung als Genussrecht aus.346 Denn diese sind ihrem Inhalt nach grundsätzlich auf monetäre Ansprüche im Sinne eines schuldrechtlichen Gläubigerrechts beschränkt.347 Zwar können auch einem Genussrechtsinhaber ausnahmsweise vereinzelt Rede- und Auskunftsrechte gewährt werden348, jedoch muss deren schuldrechtlicher Charakter erhalten bleiben. Sobald demnach ein Anspruch vorliegt, welcher der Intensität einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung entspricht und somit die Schwelle zu einer mitgliedschaftlich geprägten Rechtsstellung überschreitet, kann ein Genussrecht nicht mehr vorliegen.349 Demzufolge können Genussrechte anerkanntermaßen nicht mit Stimmrechten oder ähnlichen Kontrollrechten ausgestattet werden.350 Mitgliedschaftliche Tokens sind jedoch genau hierauf ausgelegt. Den Token-Inhabern soll durch die Übertragung von Stimm-, Informations- und Vorschlagsrechten Einfluss auf die Geschäftsführung zugesichert werden. Die Rechte der Token-Inhaber gehen daher über eine Beteiligung am Geschäftserfolg eines anderen hinaus. Die Token-Inhaber sind nicht wie bei Debt Tokens als außenstehende Dritte anzusehen, die an fremden Leistungen teilhaben. Vielmehr profitieren sie stattdessen von ihren eigenen Entscheidungen und sind somit typo346 A.A. wohl v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.197. 347 Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 53; Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/ Neumann, KStG, § 8 Rn. 1258; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 45. 348 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 89; Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 120; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 80. 349 Blaurock, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 5.38; Keul, in: MHdB GesR, Bd. II, § 73 Rn. 15; Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 119. 350 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 89; Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 192 (138. EL 08/2017); Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 379 (138. EL 04/2017); Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 1258; Kohlhepp, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8 Rn. 551; Raiser/Veil, Recht der KapG, § 17 Rn. 22; Hennrichs/Schlotter, DB 2016, 2072, 2072; Koch, ZBB 2018, 359, 365.

G. Mitgliedschaftliche Tokens als steuerliche Mitunternehmerschaft

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logisch eher als Teil einer mit dem initiierenden Unternehmen verflochtenen Einheit anzusehen. Dementsprechend ist bereits die Grundkonzeption der Ausgabe von mitgliedschaftlichen Tokens darauf ausgerichtet, ein Netzwerk zu erschaffen, an dem der Emittent und die Investoren auf Augenhöhe und zum beiderseitigen Nutzen beteiligt sind. Die Beziehung zwischen dem initiierenden Unternehmen und den Token-Inhabern ist daher durch eine annähernd mitgliedschaftliche Gleichrangigkeit geprägt und entspricht nicht einem, für ein Genussrecht erforderlichen, Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Hintergrund der Relevanz der mitgliedschaftlichen Prägung ist das Abspaltungsgebot des § 717 Satz 1 BGB. Dieses gilt für sämtliche Gesellschaftsformen und verbietet die Trennung der mitgliedschaftlichen Teilhabe von der Mitgliedschaft als solcher.351 Auch die Regelungen des Aktiengesetzes zu Vorzugsaktien (§§ 139 ff. AktG) sprechen gegen die Möglichkeit einer mitgliedschaftlichen Ausgestaltung von Genussrechten. Hiernach ist es einer Aktiengesellschaft möglich, Aktien ohne Stimmrecht auszugeben. Diese Gestaltung ist jedoch ausschließlich bis zur Höhe der Hälfte des Grundkapitals zulässig (§§ 139 Abs. 2, 23 Abs. 5 AktG).352 Hierbei hat ein Vorzugsaktionärs trotz des Ausschlusses des Stimmrechts eine mitgliedschaftliche Rechtsstellung inne. Ihm stehen mit Ausnahme des Stimmrechts sämtliche Aktionärsrechte zu (§ 140 Abs. 1 AktG). Die Rechtsstellung des Genussrechtsinhabers ist demgegenüber rein schuldrechtlicher Natur. Könnten Aktiengesellschaften nun ihr Eigenkapital über die Schwelle des § 139 Abs. 2 AktG hinaus durch Genussrechte steigern, läge hierin eine Umgehung der Vorschriften zu Vorzugsaktien, sofern hiermit nicht gleichzeitig eine anderweitige schuldrechtliche Besserstellung der Genussrechtsinhaber einherginge.353 Trotz des Fehlens derartiger zwingender Vorschriften im GmbH-Gesetz gilt die Beschränkung von Genussrechten auf schuldrechtliche Rechtspositionen auch für die GmbH.354 Auch eine GmbH kann daher keine gesellschaftertypischen Rechtspositionen, insbesondere das Stimmrecht, in Form eines Genussrechts ausgeben.355

351

Westermann, in: Erman, BGB, Bd. I, § 717 Rn. 3; Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 119; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 79. 352 Arnold, in: MüKo AktG, Bd. III, § 139 Rn. 26; Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. I, § 139 Rn. 25. 353 Vgl. Habersack, in: MüKo AktG, Bd. IV, § 221 Rn. 128; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 82 ff.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, Bd. II, § 221 Rn. 29; a.A. Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 221 Rn. 34. 354 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 89; Strohn, in: Henssler/Strohn, GesR, § 29 GmbHG Rn. 75; Ekkenga, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 29 Rn. 233. 355 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 29 Rn. 89; Sigloch/Keller/Meffert, in: Michalski/Heidinger/Leible/Schmitt, GmbHG, Bd. II, Anh §§ 41 – 42a Rn. vor 830; Ekkenga, in: MüKo GmbHG, Bd. I, § 29 Rn. 233.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

2. Einordnung als stille Gesellschaft Da die Ansprüche des Token-Inhabers im Fall der gesellschafterähnlichen Tokens also die Schwelle einer mitgliedschaftlich geprägten Stellung überschreiten, besteht eine Rechtsbeziehung von gesellschaftsähnlicher Intensität zwischen dem Unternehmen und dem einzelnen Investor. Es kommt eine Einordnung als stille Gesellschaft in Betracht.356 Die stille Gesellschaft stellt einen Spezialfall der §§ 705 ff. BGB dar.357 Jedoch handelt es sich um eine bloße Innengesellschaft, die im Außenverhältnis keine eigene Rechtsfähigkeit besitzt.358 Das Vorliegen einer stillen Gesellschaft setzt voraus, dass ein Zusammenschluss zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks gegeben ist, sich der stille Gesellschafter mit einer Einlage am Unternehmen beteiligt und von diesem am Unternehmensgewinn beteiligt wird.359 Primäre Voraussetzung für das Entstehen einer stillen Gesellschaft und die Abgrenzung zu einem bloß schuldrechtlichen Genussrecht ist also die bereits angesprochene mitgliedschaftliche Prägung der Rechtsbeziehung. Der hierfür erforderliche gemeinsame Zweck ist darin zu sehen, dass der Geschäftsinhaber ein auf Gewinnerzielung gerichtetes Handelsgeschäft unter Einbeziehung der Einlage des stillen Gesellschafters betreibt.360 Dies ist bei der aufgrund eines mitgliedschaftlichen Tokens entstehenden Rechtsbeziehung zwischen Emittent und Token-Inhaber gegeben, denn im Rechtsverkehr tätig wird ausschließlich das emittierende Unternehmen bzw. das durch den ICO entstandene Netzwerk. Dieses verwendet im Rahmen seiner Tätigkeit das überlassene Kapital des Investors. In Abgrenzung hierzu kann bei Genussrechten gerade nicht zwingend von einer gemeinsamen, gesellschaftsrechtlichen Zweckverfolgung ausgegangen werden. Zwar laufen auch die Interessen der Genussrechtsinhaber und des Emittenten regelmäßig parallel, die bloße Kapitalhingabe und Kapitalverwendung reichen jedoch nicht für die Annahme der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks aus.361 Als Indiz für eine gemeinsame Zweckverfolgung ist hingegen das über die reine Kapitalüberlassung hinausgehende 356 So Burchert/Böser, DB 2018, 857, 859; dies in Betracht ziehend Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 19. 357 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rn. 2; Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, § 230 HGB Rn. 22; Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 177 (278. EL 03/2017); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 1; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 6. 358 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rn. 2; Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, Bd. I, § 230 Rn. 4; Keul, in: MHdB GesR, Bd. II, § 72 Rn. 18; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 8. 359 Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, § 230 HGB Rn. 1; Janetzko, in: Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 177 (278. EL 03/2017); Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 3; Wedemann, in: Oetker, HGB, § 230 Rn. 15. 360 Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 230 Rn. 3; Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, § 230 HGB Rn. 22; ähnlich Keul, in: MHdB GesR, Bd. II, § 72 Rn. 20; Frantzmann, Mezzanine-Finanzierung, S. 21. 361 Vgl. Janetzko, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 177 (278. EL 03/ 2017); Frantzmann, Mezzanine-Finanzierung, S. 23.

G. Mitgliedschaftliche Tokens als steuerliche Mitunternehmerschaft

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Vereinbaren von Kontrollrechten i.S.d. § 233 Abs. 2 HGB sowie das Gewähren zusätzlicher Stimmrechte oder anderweitiger Geschäftsführungsbefugnisse anerkannt.362 Dieses Indiz kann im Rahmen eines mitgliedschaftlichen Tokens nicht widerlegt werden, denn gerade durch den Einfluss der Token-Inhaber auf die Geschäftsführung ist der Emittent dazu genötigt, die Interessen der Investoren umzusetzen. Notwendigerweise laufen daher die Interessen der Gesellschaft und der Token-Inhaber nach dem ICO parallel. Die Kapitalüberlassung an den Emittenten ist darüber hinaus auch als Vermögenseinlage i.S.d. § 230 Abs. 1 HGB einzuordnen. Denn das überlassene Kapital stellt einen bilanzierungsfähigen vermögenswerten Vorteil dar, der vollständig in die Verfügungsmacht des emittierenden Unternehmens übergeht.363 Die Einlage eines stillen Gesellschafters muss nicht in Geld geleistet werden, sondern kann auch lediglich einen Vorteil darstellen, der in einem (ggf. zu schätzenden) Geldbetrag ausgedrückt werden kann.364 Auch ein Investment in Kryptowährungen entspricht daher diesen Voraussetzungen.

II. Abgrenzung von Fremd- und Eigenkapital als Verletzung der Finanzierungsfreiheit Die Beurteilung einer möglichen Verletzung der Finanzierungsfreiheit bei der Ausgabe von gesellschafterähnlichen Tokens ähnelt konzeptionell der Beurteilung derselben Frage hinsichtlich der Ausgabe von Debt Tokens. Auch in diesem Rahmen kommt es darauf an, ob das von den stillen Gesellschaftern erhaltene Kapital technologiebedingt als Eigenkapital im steuerlichen Sinne zu bewerten ist. Handelsbilanziell ist die vom stillen Gesellschafter geleistete Einlage jedenfalls – zumindest bei Bestehen einer Rückzahlungsverpflichtung – als Fremdkapital beim Geschäftsinhaber ergebnisneutral zu bilanzieren.365 Die Verpflichtung der Gesellschaft zur Zahlung der Gewinnbeteiligung ist ebenfalls als Verbindlichkeit in der 362 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rn. 4; Wöckener/Becker, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 13.10; Servatius, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 230 HGB Rn. 22. 363 Vgl. Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rn. 20 f.; Jung, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 7.7; Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 230 Rn. 14 f.; Wedemann, in: Oetker, HGB, § 230 Rn. 30. 364 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rn. 20; Jung, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 7.15; Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 1; Wedemann, in: Oetker, HGB, § 230 Rn. 30. 365 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 266 Rn. 18; Schubert, in: Beck’scher BilKo, § 247 Rn. 235; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 740 „Stille Beteiligung“ (141. EL 03/2018); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 2; Gaffron, in: MHdB GesR, Bd. II, § 84 Rn. 11; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 170; Winnefeld, in: Winnefeld, Bilanz-Hdb, Kap. F Rn. 755; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im SteuerR, S. 97.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

Handelsbilanz zu passivieren.366 Der steuerbilanzielle Umgang mit einer stillen Beteiligung hingegen kann von der handelsbilanziellen Behandlung abweichen. Maßgebend in diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften.367

1. Steuerbilanzielle Auswirkungen der verschiedenen Arten einer stillen Gesellschaft Sofern die Rechtsstellungen der Beteiligten der gesetzlichen Grundkonzeption der §§ 230 ff. HGB entsprechen, spricht man im Rahmen des Handelsrechts von einer „typischen stillen Gesellschaft“.368 Ist dies nicht der Fall, liegt eine handelsrechtliche, atypische stille Gesellschaft vor. Für die steuerliche Unterscheidung ist hingegen ein anderes Kriterium maßgeblich. Hiernach ist eine atypische stille Gesellschaft anzunehmen, wenn das Rechtsverhältnis zwischen Geschäftsinhaber und stillem Teilhaber als Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG einzuordnen ist.369 Stille Gesellschaften, die nicht diesen Voraussetzungen entsprechen, werden im Rahmen des Steuerrechts als typische stille Gesellschaften behandelt. Die Einlagen eines derartigen, typischen stillen Gesellschafters sind – unabhängig vom maßgeblichen Abgrenzungskriterium – sowohl handels- als auch steuerbilanziell als Fremdkapital zu behandeln.370 Bei Vorliegen einer typischen stillen Gesellschaft ist der Geschäftsinhaber gesetzlich verpflichtet, die Einlage im Rahmen der Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft zurückzuzahlen (§ 235 Abs. 1 HGB). Diese Rückzahlungsverpflichtung des Unternehmens ist dementsprechend als Verbindlichkeit bzw. bei Ungewissheit über die Höhe der Rückzahlung als Rückstellung zu passivieren.371 Die Aufnahme der Einlage des stillen Gesellschafters erfolgt also ergebnisneutral. Entsprechend der Einordnung als Fremdkapital stellt 366 Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 4; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 114; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im SteuerR, S. 97. 367 Vgl. Gosch, in: Gosch, KStG, § 8 Rn. 1230; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 10 Rn. 70; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 128. 368 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 315 (145. EL 12/2018); Haep, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 15 EStG Rn. 391 (280. EL 08/2017); Krumm, in: Kirchhof, EStG, § 15 Rn. 186. 369 Blaurock, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 4.33; Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 315 (145. EL 12/2018); Haep, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 15 EStG Rn. 392 (280. EL 08/2017). 370 Wied, in: Blümich, EStG, § 4 EStG Rn. 438 „Stille Gesellschaft“ (139. EL 11/2017); Förster, in: Gosch, KStG, § 8a Rn. 265; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 130; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im SteuerR, S. 97. 371 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 740 „Stille Beteiligung“ (141. EL 03/2018); Förster, in: Gosch, KStG, § 8a Rn. 265; Kropff, in: MüKo BilR, Bd. II, § 272 Rn. 286; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 130.

G. Mitgliedschaftliche Tokens als steuerliche Mitunternehmerschaft

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sich die Gewinnbeteiligung der typischen stillen Gesellschafter als Zinsaufwand des Emittenten i.S.d. § 4 h Abs. 3 Satz 2 EStG dar, welcher innerhalb der Grenzen der Zinsschranke als sofort abziehbarer Aufwand zu behandeln ist und das steuerbare Einkommen mindert.372 Die atypische stille Gesellschaft ist aufgrund der Einordnung unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG steuerlich einer Personengesellschaft gleichgestellt.373 Die hierdurch entstehende Mitunternehmerschaft ist kein eigenständiges Steuersubjekt, wird jedoch von Literatur und in ständiger Rechtsprechung des BFH als „selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation“ anerkannt.374 Dies gilt insbesondere auch für den Fall der sogenannten „GmbH & atypisch Still“375, welche aufgrund der häufig vorliegenden Organisation der Emittenten als GmbH im Rahmen von ICOs besonders relevant ist. Dies wirkt sich insbesondere auf die Ebene der Gewinnermittlung aus. Da auch die atypische stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft handelsrechtlich nicht bilanzierungspflichtig ist, wird der zu versteuernde Gewinn der Mitunternehmerschaft aus der Bilanz des geschäftsführenden Unternehmens abgeleitet und um etwaige Sonderoder Ergänzungsbilanzen der stillen Beteiligten ergänzt.376 Hierbei ist die Kapitalüberlassung des Gesellschafters als Eigenkapital zu bilanzieren.377 Durch die entsprechende Passivierung erfolgt also auch die Kapitalaufnahme im Rahmen einer atypischen stillen Gesellschaft ergebnisneutral. Allerdings sind die Aufwendungen des Unternehmens für die Gewinnbeteiligungen der stillen Gesellschafter entsprechend der Behandlung als Eigenkapital der Sphäre der Gewinnverwendung zuzuordnen und nicht der Gewinnermittlung. Sie mindern daher nicht den steuerbaren Gewinn (§ 8 Abs. 3 Satz 1 KStG). Es kommt folglich zu einer erhöhten Steuerbelastung im Verhältnis zur Behandlung der Zahlungen in Zusammenhang mit einer typischen stillen Gesellschaft, die als abziehbarer Aufwand das steuerbare Einkommen des emittierenden Unternehmens verringern. 372 Förster, in: Gosch, KStG, § 8a Rn. 268; Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 9; Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 90 Rn. 3; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 131 f. 373 Krumm, in: Kirchhof, EStG, § 15 Rn. 186; Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 105 (271. EL 08/2016); Gaffron, in: MHdB GesR, Bd. II, § 84 Rn. 35; Kraus, in: Weitnauer, Venture Capital, Teil D) Rn. 148; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im SteuerR, S. 132; Mensching, DStR 2004, 408, 409. 374 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 318 (145. EL 12/2018); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 14; Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 90 Rn. 39 f. 375 Vgl. Levedag, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 22.16 ff.; Kauffmann, in: Frotscher, EStG, § 15 Rn. 368 (172. EL 11/2012). 376 Levedag, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 22.26 ff.; Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 318 (145. EL 12/2018); Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 90 Rn. 43. 377 Levedag, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 22.31; Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 318 (145. EL 12/2018); Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 90 Rn. 44; Mensching, DStR 2004, 408, 410.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

2. Abgrenzung von typischer und atypischer stiller Gesellschaft Während die Abgrenzung von typischen und atypischen stillen Gesellschaften handelsrechtlich anhand der Rechte und Pflichten der gesetzlichen Grundkonzeption der §§ 230 ff. HGB vorgenommen wird, ist steuerrechtlich alleine entscheidend, ob die stillen Gesellschafter als Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen sind (s. o.). Hierfür ist erforderlich, dass dem stillen Gesellschafter ein gewisser Einfluss auf den Unternehmenserfolg (Mitunternehmerinitiative) zugestanden wird und er an diesem auch beteiligt ist (Mitunternehmerrisiko).378 a) Mitunternehmerinitiative Mitunternehmerinitiative ist in diesem Zusammenhang dann gegeben, wenn der stille Gesellschafter die Möglichkeit hat, durch Gesellschafterrechte an unternehmerischen Entscheidungen des Geschäftsinhabers teilzuhaben.379 Diese Rechte müssen in ihrer Intensität den Stimm- und Kontrollrechten eines Kommanditisten entsprechen. Dieser Vergleichsmaßstab der Stellung eines Kommanditisten innerhalb einer KG wurde vom BFH geprägt.380 Kommanditisten haben die schwächste mitgliedschaftliche Stellung der von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich umfassten Gesellschaftsverhältnisse inne, weswegen auch „andere Gesellschaften“ im Sinne der Vorschrift zumindest eine vergleichbare mitgliedschaftliche Rechtsstellung aufweisen müssen.381 Nach der gesetzlichen Konzeption sind Kommanditisten von der Geschäftsführung und der Vertretung der KG nach außen ausgeschlossen (§§ 164 Satz 1, 170 HGB). Ihnen stehen stattdessen ein Widerspruchsrecht bei außergewöhnlichen Geschäften (§ 164 Satz 1 Halbsatz 2) sowie bestimmte Kontrollrechte (§ 166 HGB) zu. Mitgliedschaftliche Tokens umfassen derartige Einflussrechte. Sofern den Token-Inhabern Stimmrechte gewährt werden, haben sie sogar direkten Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen. Insoweit geht der Einfluss der Token-Inhaber auf die unternehmerischen Entscheidungen über die gesetzlichen Rechte eines Kommanditisten hinaus. Auch wenn die mitgliedschaftlichen Tokens lediglich Auskunftsrechte repräsentieren, entspricht dies in aller Regel 378

Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 317 (145. EL 12/2018); Kauffmann, in: Frotscher, EStG, § 15 Rn. 316 (172. EL 11/2012); Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 105 (271. EL 08/2016); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 12; Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15 Rn. 262. 379 Kauffmann, in: Frotscher, EStG, § 15 Rn. 321 (172. EL 11/2012); Haep, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 15 EStG Rn. 309 (280. EL 08/2017); Krumm, in: Kirchhof, EStG, § 15 Rn. 212; Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 107 (271. EL 08/2016); Wedemann, in: Oetker, HGB, § 230 Rn. 40. 380 U. a. BFH, Beschluss v. 25. 06. 1984, Az. GrS 4/82, Rn. 209 ff. = NJW 1985, 93, 96 = DB 1984, 2383, 2391; BFH, Urteil v. 25. 04. 2006, Az. VIII R 74/03, Rn. 18 f. = BB 2006, 1539, 1540 = FR 2006, 823, 823 f. 381 Vgl. Haep, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 15 EStG Rn. 303 (280. EL 08/2017); Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 98 (271. EL 08/2016); Frantzmann, Mezzanine-Finanzierung, S. 132.

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zumindest dem Umfang des Kontrollrechts eines Kommanditisten. Token-Inhabern ist folglich Mitunternehmerinitiative zuzusprechen. b) Mitunternehmerrisiko Mitunternehmerrisiko hingegen ist dann gegeben, wenn der stille Gesellschafter wie ein regulärer Gesellschafter am Erfolg, Verlust und an den stillen Reserven des Unternehmens teilnimmt.382 Eine Beteiligung an der Entwicklung des Geschäftswerts ist ebenfalls erforderlich.383 Durch die Gewinnbeteiligung der Investoren sind diese jedenfalls am periodischen Erfolg des Unternehmens beteiligt. Auch eine Teilnahme am Verlust ist in aller Regel gegeben, da in den meisten Fällen kein Rückzahlungsanspruch des Investors hinsichtlich des überlassenen Kapitals besteht. Demzufolge nimmt dieses Kapital in voller Höhe und gleichrangig an den Verlusten des Unternehmens teil, wodurch auch der Auseinandersetzungsanspruch des TokenInhabers nach § 235 HGB gemindert wird. aa) Laufende Ergebnisbeteiligung Zu stillen Reserven oder dem Geschäftswert lassen sich jedoch regelmäßig keine vertraglichen Abreden in den Token Sale Agreements finden. Wie bereits im Rahmen dieser Arbeit geklärt wurde, kann nicht angenommen werden, dass die Anleger durch die Handelsmöglichkeit der Tokens auf dem Sekundärmarkt mittelbar an den stillen Reserven des Emittenten beteiligt werden. Dies ist entsprechend auch für mitgliedschaftliche Tokens anzunehmen. Es gilt allerdings zu beachten, dass bei fehlenden Regelungen über eine Materie in einem Gesellschaftsvertrag die dispositiven, gesetzlichen Regelungen zum Tragen kommen.384 Im Rahmen der atypischen stillen Gesellschaft finden also die handelsrechtlichen Grundsätze der typischen stillen Gesellschaft (§§ 231 f. HGB) Anwendung. Demzufolge werden die Token-Inhaber zwar an Gewinn und Verlust der stillen Gesellschaft beteiligt, nicht aber generell wie ein Teilhabender am Gesamthandvermögen gestellt.385 Eine laufende Beteiligung an entstehenden stillen Reserven oder einem positiven Geschäftswert bestehen daher für die Token-Inhaber in aller Regel nicht. 382 Haep, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 15 EStG Rn. 321 (280. EL 08/2017); Krumm, in: Kirchhof, EStG, § 15 Rn. 208; Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 44 (270. EL 07/2016); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 12. 383 Krumm, in: Kirchhof, EStG, § 15 Rn. 208; Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 44 (270. EL 07/2016); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/ Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 12; Frantzmann, Mezzanine-Finanzierung, S. 135. 384 Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, § 230 HGB Rn. 2; Kindler, in: Koller/Kindler/ Roth/Drüen, HGB, § 230 Rn. 3; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 4; Wedemann, in: Oetker, HGB, § 230 Rn. 5. 385 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rn. 3; Seffer/Erhardt, in: MHdB GesR, Bd. II, § 83 Rn. 27; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 230 Rn. 9.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

bb) Beteiligung im Falle der Auflösung Allerdings ist zu beachten, dass es sich der Konzeption der Mitunternehmerschaft nach um einen Typusbegriff handelt.386 Entscheidend ist also eine Gesamtschau aller Umstände.387 Hiernach kann für die Annahme von Mitunternehmerrisiko jedenfalls ausreichen, dass die Beteiligung an stillen Reserven und am Geschäftswert im Falle der Auflösung der Gesellschaft vorliegt.388 Dies hat auch der BFH so entschieden.389 Da in den gegenwärtigen Token Sale Agreements regelmäßig auch keine Ausführungen über eine etwaige Beteiligung an einem Liquidationserlös erscheinen, richtet sich die Rechtslage auch hierbei nach der handelsrechtlichen Konzeption. § 235 Abs. 1 HGB fordert hierbei zunächst lediglich, dass sich der Geschäftsinhaber mit dem stillen Gesellschafter „auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen“ hat. In Ermangelung anderer vertraglicher Abreden umfasst dies bei atypisch stillen Gesellschaftern auch eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert.390 Dementsprechend nehmen die Token-Inhaber zumindest im Falle der Auflösung an der Wertentwicklung des Unternehmens teil wie ein Kommanditist. Regelmäßig ist also anzuerkennen, dass die Token-Inhaber auch Mitunternehmerrisiko tragen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass dies vor allem deshalb erfolgt, da insoweit mangels vertraglicher Abreden auf die dispositiven Regelungen des HGB zurückzugreifen ist. Ist eine derartige Beteiligung der Anleger von Seiten der Emittenten nicht gewollt, wird sich hier in der Praxis wohl eine abweichende vertragliche Gestaltung der Token Sale Agreements etablieren. c) Ausgleich fehlenden Mitunternehmerrisikos durch besondere Gewichtung der Mitunternehmerinitiative Für derartige Gestaltungen muss jedoch wiederum beachtet werden, dass zwar in jedem Fall sowohl Mitunternehmerinitiative als auch Mitunternehmerrisiko zur Annahme einer Mitunternehmerschaft gegeben sein muss. Allerdings kann eine besondere Gewichtung eines der Merkmale die schwächere Gewichtung des jeweils

386 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 345 (145. EL 12/2018); Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 32 (270. EL 07/2016); Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15 Rn. 261. 387 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 345 (145. EL 12/2018); Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15 Rn. 261. 388 Haep, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 15 EStG Rn. 321 (280. EL 08/2017); Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 48 (270. EL 07/2016); Dißars, in: Lademann, EStG, § 15 Rn. 205b (222. EL 09/2016); zustimmend Kauffmann, in: Frotscher, EStG, § 15 Rn. 327 (172. EL 11/2012). 389 BFH, Urteil v. 10. 11. 1987, Az. VIII R 166/84, Rn. 41 = HFR 1988, 443, 444 f. 390 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 235 Rn. 1; Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, Bd. I, § 235 Rn. 22; Schmidt, in: MüKo HGB, Bd. III, § 235 Rn. 58; Wedemann, in: Oetker, HGB, § 235 Rn. 29; Frantzmann, Mezzanine-Finanzierung, S. 30.

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anderen Merkmals ausgleichen.391 Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Betreffende nicht an den stillen Reserven oder am Geschäftswert beteiligt ist.392 Hierzu hat der BFH entschieden, dass auch ohne Verlustbeteiligung oder Teilhabe an den stillen Reserven eine Mitunternehmerschaft anzunehmen sei, sofern dem stillen Gesellschafter Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich der laufenden Geschäftsführung eingeräumt sind.393 Dies überzeugt, denn Ausfluss der im Steuerrecht maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist, dass im Ergebnis nur eine Gesamtbewertung aller gegebenen Umstände geboten sein kann.394 Das Vorliegen oder Fehlen eines typischen Merkmals kann daher immer nur als (gewichtiges) Indiz zu betrachten sein und nicht als konstituierendes Merkmal. Folglich ist eine steuerrechtliche Unterscheidung innerhalb der mitgliedschaftsähnlichen Tokens geboten. Denn sofern den Investoren durch Stimmrechte tatsächlicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen des Emittenten zugesichert wird, ist von einer derartigen, besonderen Gewichtung des Kriteriums der Mitunternehmerinitiative auszugehen. Token-Inhaber, denen die Ausübung von Stimmrechten zusteht, nehmen Einfluss auf die Geschäftsführung, an deren finanziellen Auswirkungen sie auch zeitgleich teilhaben. Eine Gesamtbewertung dieser Umstände führt zur Annahme, dass derartig berechtigte Token-Inhaber eine stärkere Stellung innerhalb der jeweiligen mitgliedschaftlichen Organisation einnehmen als ein Kommanditist. Sie sind daher steuerlich als atypische stille Gesellschaft anzusehen, auch dann, wenn sie nicht an stillen Reserven oder dem Geschäftswert beteiligt werden. Stehen den Token-Inhabern hingegen nur Kontrollrechte zu, sind sie hinsichtlich der Mitunternehmerinitiative einem Kommanditisten gleichgestellt (vgl. § 166 HGB), hinsichtlich der Teilhabe am Mitunternehmerrisiko jedoch schwächer gestellt. Solche Token-Inhaber bilden daher mit dem Emittenten steuerlich eine typische stille Gesellschaft.

391 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 317 (145. EL 12/2018); Krumm, in: Kirchhof, EStG, § 15 Rn. 213; Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 32 (270. EL 07/2016); Dißars, in: Lademann, EStG, § 15 Rn. 205c (222. EL 09/2016). 392 Haep, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 15 EStG Rn. 324, 394 (280. EL 08/2017); Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 106 (271. EL 08/2016); Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15 Rn. 344; Wegner, Bilanzielle Behandlung hybrider Finanzinstrumente, S. 175. 393 BFH, Urteil v. 07. 11. 2006, Az. VIII R 5/04, Rn. 23 = BeckRS 2006, 25011224; BFH, Urteil v. 15. 12. 1992, Az. VIII R 42/90, Rn. 25 = GmbHR 1993, 520, 522 = FR 1993, 436, 437. 394 Bode, in: Blümich, EStG, § 15 EStG Rn. 317 (145. EL 12/2018); Haep, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 15 EStG Rn. 304 (280. EL 08/2017); Krumm, in: Kirchhof, EStG, § 15 Rn. 213; Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rn. C 32 (270. EL 07/2016); Johannemann/Häuselmann, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 11 Rn. 12.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

III. Keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit Bei den mitgliedschaftlichen Tokens muss also nach dem vorher Gesagten unterschieden werden. Gewähren die Tokens einen Einfluss auf die Geschäftsführung durch Stimm- oder Vorschlagsrechte, sind die Token-Inhaber als atypische stille Gesellschafter anzusehen. Zusammen mit dem Emittenten bilden sie dann eine steuerliche Mitunternehmerschaft. Dementsprechend handelt es sich bei der Einlage des stillen Gesellschafters in die Mitunternehmerschaft um Eigenkapital. Als Mittel der Gewinnverwendung beeinflussen die Ansprüche auf Gewinnbeteiligung der Token-Inhaber den steuerbaren Gewinn daher nicht. Gewähren die Tokens hingegen lediglich Kontrollrechte, liegt steuerlich keine Mitunternehmerschaft und somit keine typische stille Gesellschaft vor. In diesem Fall stellt sich die Kapitalüberlassung als steuerliches Fremdkapital dar und die Aufwendungen in Zusammenhang mit den Gewinnbeteiligungsansprüchen sind als Zinsaufwand abziehbar. Wie auch bei der insoweit vergleichbaren Untersuchung von Debt Tokens, liegt bei der Besteuerung von mitgliedschaftsähnlichen Tokens keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit vor. Zwar kann es sich je nach Ausgestaltung der Tokens um steuerlich benachteiligtes Eigenkapital handeln, allerdings ist diese Einordnung als sachgerecht zu bewerten. Denn die Qualifikation als Eigenkapital folgt allein rechtlichen Kriterien, nämlich ob die jeweiligen Tokens Rechte repräsentieren, bei welchen eine steuerliche Mitunternehmerschaft anzunehmen ist. Die Besonderheit von ICOs, die Tokenisierung dieser Rechte über die Blockchain-Technologie, ist hierfür irrelevant. Die Blockchain-Technologie hat in diesem Fall keine Auswirkungen auf die rechtlichen Grundlagen der Beziehung zwischen Emittent und Anleger. Die Emission von mitgliedschaftlichen Tokens wird folglich steuerlich ebenso behandelt wie jegliche andere Begründung von stillen Beteiligungen an einem kapitalsuchenden Unternehmen. Eine Einschränkung der Allokationseffizienz durch das Steuerrecht und somit ein Staatsversagen aufgrund einer nicht technologieneutralen Besteuerung ist hierin nicht zu sehen.

H. Equity Tokens Equity Tokens sollen in der Theorie tatsächliche Gesellschaftsanteile repräsentieren und wären damit auch steuerlich wie solche zu behandeln. Ein ICO wäre aufgrund des Kapitalbedarfs des wachsenden Emittenten in aller Regel als Ausgabe von Gesellschaftsanteilen im Rahmen einer Kapitalerhöhung anzusehen.395 Bei dem erhaltenen Kapital handelt sich aus Sicht des emittierenden Unternehmens daher um

395 Vgl. Schumacher, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 9.1.

I. Umsatzsteuerbarkeit von ICOs als Verletzung der Finanzierungsfreiheit

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eine Einlage in die Gesellschaft.396 Auch eine bei einer Investition in Kryptowährungen anzunehmende Sacheinlage397 ist zulässig und wäre als Tausch i.S.d. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG einzuordnen.398 Einlagen jeder Art sind nicht betrieblich, sondern durch die Gesellschafterstellung veranlasst und berühren daher nicht das steuerbare Einkommen.399 Etwaige zu zahlende Dividenden oder Gewinnausschüttungen an Token-Inhaber mindern das steuerbare Einkommen daher nicht (§ 8 Abs. 3 Satz 1 KStG). Demgegenüber wären die mit dem ICO entstehenden Kosten als Finanzierungskosten im Rahmen des Betriebsausgabenabzugs zu behandeln.400 Da hierbei die steuerliche Behandlung ebenfalls rein den gesellschaftsrechtlichen Grundlagen folgen würde, wäre gleichfalls keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit anzunehmen.

I. Umsatzsteuerbarkeit von ICOs als Verletzung der Finanzierungsfreiheit Auch in Hinblick auf eine etwaige umsatzsteuerliche Belastung kommt eine Benachteiligung bestimmter ICOs im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden in Betracht. Eine derartige Annahme könnte mit Verweis auf die materiell-rechtlichen Grundüberlegungen zur Umsatzsteuerbarkeit von Maßnahmen der Kapitalbeschaffung begründet werden.

I. Umsatzsteuerliche Grundsätze bei Kapitalmaßnahmen und ökonomische Rechtfertigung Grundlegend für die Frage nach der Finanzierungsfreiheit im Zusammenhang mit einer etwaigen umsatzsteuerlichen Belastung von ICOs ist zunächst auf das Wesen der Umsatzsteuer Bezug zu nehmen. Bei der Umsatzsteuer handelt es sich insbesondere aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben um eine allgemeine Verbrauch-

396

Vgl. Rengers, in: Blümich, EStG, § 8 KStG Rn. 160 (138. EL 08/2017); Schumacher, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 9.4; Intemann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 39. 397 Güldü, GmbHR 2019, 565, 571. 398 Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 EStG Rn. 1386 (144. EL 10/2018); Frotscher, in: Frotscher/Drüen, KStG, § 8 Rn. 156; Häuselmann/Teufel, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 8 Rn. 19; Kraft, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 65 Rn. 4 ff. 399 Schallmoser, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 8 KStG Rn. 56 (278. EL 03/2017); Häuselmann/Teufel, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 8 Rn. 3; Intemann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8 Rn. 40. 400 Bode, in: Kirchhof, EStG, § 4 Rn. 257 „Finanzierungskosten“; Häuselmann/Teufel, in: Lüdicke/Sistermann, UntStR, § 8 Rn. 7; Kraft, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 65 Rn. 1.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

steuer (vgl. Art. 1 Abs. 2 MwStSystRL).401 Dementsprechend sind nur solche Tätigkeiten als steuerbare Umsätze zu qualifizieren, die auf Gewährung eines verbrauchsfähigen, wirtschaftlichen Vorteils gerichtet sind.402 Hieraus lassen sich für die umsatzsteuerliche Belastung von Maßnahmen der Kapitalbeschaffung maßgebliche Erkenntnisse ableiten. Grundsätzlich sollten in deren Rahmen die meisten Leistungsbeziehungen nicht unter den Begriff des steuerbaren Umsatzes fallen. Denn die vorgenommenen Tätigkeiten führen gerade nicht zu einem verbrauchsfähigen Vorteil beim jeweiligen Empfänger. Dies gilt zunächst für die Investition des Anlegers.403 Die Hingabe von Zahlungsmitteln stellt sich als bloßes „Entgelt“ dar, gegenüber dem § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gerade Lieferungen und Leistungen abgrenzt.404 Ausschließlich Sacheinlagen, die aus dem unternehmerischen Bereich des jeweiligen Gesellschafters stammen, können durchaus eine umsatzsteuerbare Leistung des Anlegers darstellen.405 Auch die gegenüberstehende Emission von Wertpapieren, Gesellschaftsanteilen und vergleichbaren Instrumenten durch die kapitalbedürftigen Unternehmen führt beim Anleger nicht zu einem verbrauchsfähigen Vorteil.406 Diese Grundsätze sind so auch von der Finanzverwaltung anerkannt (vgl. Abschnitt 1.6 Abs. 2 UStAE). In ökonomischer Hinsicht lässt sich dies mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Funktionen des Kapitalmarkts rechtfertigen. Denn insbesondere im Rahmen des rein nach Angebot und Nachfrage ablaufenden Kapitalmarkts würde eine umsatzsteuerliche Belastung eines der Beteiligten eine Einschränkung der Allokationseffizienz bedeuten. Der Kapitalmarkt zielt darauf ab, freies Kapital von Investoren für kapitalbedürftige Unternehmen bereitzustellen. Würde nun ein Teil des freien Kapitals im Rahmen der Umsatzsteuer an den Staat abgeführt, hätte dies einen ähnlichen Effekt wie eine ertragsteuerliche Belastung auf Ebene der Emittenten: Dem Kapitalmarkt würde verfügbares Kapital entzogen. Somit könnten auch die Unternehmen weniger Kapital einsetzen, um dergestalt die Unternehmensentwicklung voranzutreiben. Hierbei wäre irrelevant, ob die umsatzsteuerliche Belastung auf Ebene des 401

Gröpl, in: Dauses/Ludwigs, Hdb EU-WirtschaftsR, Rn. J 392 (37. EL 04/2015); Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung Rn. 141 (171. EL 03/2017); Stadie, in: Stadie, UStG, Einführung Rn. 15 ff. 402 Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 9 f.; Meyer, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 1 Rn. 35 (279. EL 05/2015); Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 87. 403 Vgl. Wäger, in: Birkenfeld/Wäger, USt-Hdb, § 1 Rn. 90 (75. EL 04/2017); Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 69; Meyer, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 1 Rn. 197 (279. EL 05/ 2015); Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 260 ff. 404 Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 10; Meyer, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 1 Rn. 35 (279. EL 05/2015); Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 89. 405 Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 70; Busch, in: MHdB GesR, Bd. III, § 55 Rn. 32; Kraft, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 54 Rn. 14; Meyer, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 1 Rn. 197 (279. EL 05/2015); Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 1 Rn. 82 (79. EL 03/2017). 406 Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 69; Kraft, in: MHdB GesR, Bd. IV, § 54 Rn. 15; Radeisen, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 2 Rn. 93 (200. EL 06/2018); Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 1 Rn. 82 (79. EL 03/2017).

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Emittenten anfällt oder auf Ebene eines unternehmerischen (§ 2 Abs. 1 UStG) Anlegers. Wären die Anleger betroffen, könnten diese über weniger freies Kapital verfügen, was die Unternehmen einschränken würde. Wären die Emittenten betroffen, würden sie diese Belastung stattdessen im Rahmen ihrer Preisgestaltung an die Anleger weitergeben, weshalb bei den Unternehmen ebenfalls weniger Kapital zur Unternehmensentwicklung ankommen würde. Im Ergebnis würde das verfügbare Angebot an freiem Kapital durch die Abschöpfung des Staates verringert, weswegen die Möglichkeiten einer effizienten Kapitalallokation eingeschränkt wären. Die Annahme steuerbarer Umsätze ginge im Übrigen auch mit weiteren Transaktionskosten einher, welche die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts zusätzlich einschränken würden. So entsteht den Unternehmern organisatorischer Aufwand in Zusammenhang mit der Abführung der Umsatzsteuer, mit der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs und der Ausstellung von Rechnungen. Es gilt also, dass eine mögliche umsatzsteuerliche Belastung von ICOs die Effizienz der Finanzierungsmethode beeinträchtigt. Da andere Finanzierungsmethoden aufgrund der oben beschriebenen Grundsätze keiner derartigen Belastung unterfallen, läge eine Verletzung des Grundsatzes der Finanzierungsfreiheit vor. Anknüpfungspunkte für die Annahme einer derartig belastenden umsatzsteuerbaren Leistung können die Kapitalhingabe durch die Investoren, die Ausgabe von Tokens durch die Emittenten sowie der Umtausch der erhaltenen Kryptowährungen in gesetzliche Zahlungsmittel nach dem ICO sein.

II. Hingabe von Kapital durch die Investoren Sofern die Anleger ihre Investition in Form von gesetzlichen Zahlungsmitteln tätigen, bestehen keine Besonderheiten im Unterschied zu den oben dargelegten Grundsätzen. Es liegt dann kein steuerbarer Umsatz vor. Um keine umsatzsteuerliche Benachteiligung von ICOs zu begründen, müsste dies auch für Investitionen in Form von virtuellen Währungen gelten. Anders sehen dies einige Stimmen der Literatur, die im Rechtsverhältnis zwischen Emittent und Investor im Rahmen eines ICOs einen steuerbaren Tausch oder tauschähnlichen Umsatz (§ 3 Abs. 12 UStG) erkennen.407 1. „Hedqvist“-Entscheidung des EuGH In Bezug auf die umsatzsteuerliche Behandlung von ICOs und Kryptowährungen erging bisher eine einzige relevante, höchstrichterliche Entscheidung. In seiner „Hedqvist“-Entscheidung führte der EuGH zur Tätigkeit eines schwedischen Bit407

Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 146; ähnlich Eckert, DB 2013, 2108, 2111.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

coin-Händlers aus, der Wechselgeschäfte zwischen Bitcoin und schwedischen Kronen vornahm und für jeden vorgenommenen Umtausch eine Gebühr einbehielt.408 Ob der soeben beschriebene Grundsatz der fehlenden Steuerbarkeit einer Hingabe von Zahlungsmitteln hierbei umgesetzt wurde, erscheint jedoch fraglich. In diesem Zusammenhang formulierte der EuGH, dass „Umsätze wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die im Umtausch konventioneller Währungen in Einheiten der virtuellen Währung ,Bitcoin‘ und umgekehrt bestehen und die gegen Zahlung eines Betrags ausgeführt werden, der der Spanne entspricht, die durch die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die Währungen ankauft, und dem Preis, zu dem er sie seinen Kunden verkauft, gebildet wird, gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung darstellen“.409 Die Deutung dieser Passage hat in der Literatur verschiedene Schlussfolgerungen ausgelöst. Einige Vertreter schreiben dem EuGH Prinzipientreue in Hinblick auf die soeben erläuterte grundsätzliche Nicht-Steuerbarkeit von Leistungen in Bezug auf Zahlungsmittel zu. Die ausdrückliche Charakterisierung als umsatzsteuerbare Dienstleistung solle sich nicht auf das Übertragen der Bitcoins als solches beziehen, sondern auf die Einbehaltung der Gebühr als Entgelt für die Dienstleistung des Umtauschs.410 Eine Vielzahl anderer wissenschaftlicher Autoren jedoch geht auf diese Unterscheidung nicht ein. Vielmehr verstehen sie den EuGH wörtlich und erkennen in der Hingabe von gesetzlichen Zahlungsmitteln gegen Erhalt von virtuellen Währungen und umgekehrt eine steuerbare sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG.411 Die zweite vom EuGH zu beantwortende Vorlagefrage bezog sich auf das Vorliegen einer Umsatzsteuerbefreiung. Im Rahmen des vorbezeichneten Sachverhalts kämen den Richtern zufolge weder die Steuerbefreiung für Umsätze in Bezug auf den Zahlungsverkehr und Einlagengeschäfte (Art. 135 Abs. 1 lit. d) MwStSystRL)412 noch die Steuerbefreiung für Umsätze in Bezug auf Wertpapiere (Art. 135 Abs. 1 lit. f) MwStSystRL)413 in Betracht. Jedoch sei Art. 135 Abs. 1 lit. e) MwStSystRL einschlägig, sodass die beschriebenen Umsätze zwar steuerbar, aber im Folgenden steuerfrei seien.414 Entgegen dem Wortlaut der deutschen Umsetzungsnorm § 4 Nr. 8 lit. b) UStG („gesetzliche Zahlungsmittel“) sei der Befreiungstatbestand auch auf 408

EuGH, Urteil v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 13 = MMR 2016, 201, 201 = MwStR 2018, 879, 879. 409 EuGH, Urteil v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 31. 410 Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 277; Meurer, SteuK 2015, 514, 514; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 24; wohl auch Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 601 f. 411 Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 58 „Bitcoins“; Heuel, in: Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 1874 (63. EL 05/2019); Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Rn. 630 „Zahlungsmittel“ (181. EL 03/2019); Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 31 „Devisengeschäfte“ (85. EL 03/2019). 412 EuGH v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 40 ff. 413 EuGH v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 54 ff. 414 EuGH v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 44 ff.

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nicht-gesetzliche Zahlungsmittel anzuwenden. Denn für die grammatikalische Auslegung einer europarechtlichen Vorschrift seien stets die Wortlaute aller Sprachfassungen maßgeblich.415 Da hierin keine Beschränkung auf gesetzliche Zahlungsmittel angelegt sei, sei die Vorschrift nach Sinn und Zweck auszulegen.416 Hiernach ergebe sich, dass die mit der Steuerbefreiung adressierten Probleme der „Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer“ auch für Kryptowährungen relevant sind.417 Folglich unterfielen Umsätze in Bezug auf virtuelle Währungen dem entsprechenden Steuerbefreiungstatbestand.418 Hierdurch hat der EuGH virtuelle Währungen im Rahmen der Mehrwertsteuer zumindest im Ergebnis den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt.419 2. Umsetzung der „Hedqvist“-Entscheidung durch die deutschen Finanzbehörden Vor diesem Urteil des EuGH ordnete die Finanzverwaltung die Hingabe von Bitcoins als sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG ein.420 Der Umtausch mehrerer Kryptowährungen wäre hiernach aufgrund des Vorliegens von korrespondierenden sonstigen Leistungen tatsächlich als tauschähnlicher Umsatz i.S.d. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG zu behandeln gewesen.421 Mit dem BMF-Schreiben vom 27. Februar 2018 hat sich die Finanzverwaltung allerdings ihrer Meinung nach dem Urteil des EuGH angeschlossen.422 Insoweit wurde auch der Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst. Hiernach werden virtuelle Währungen „umfassend den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt, soweit diese sog. virtuellen Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen“ (Abschnitt 4.8.3 Abs. 3a UStAE). Auf die oben angesprochene Differenzierung nimmt die Verwaltungsanweisung jedoch keinen Bezug. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass spiegelt generell das Verständnis des Bundesfinanzministeriums hinsichtlich der Auslegung des Umsatzsteuergesetzes 415

EuGH v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 45. EuGH v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 46 f. 417 EuGH v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 50. 418 EuGH v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 53, 57. 419 Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 4 Nr. 8 Buchst. b Rn. 9a (205. EL 03/2019); Frase, BB 2016, 26, 28; Pielke, MwStR 2016, 150, 151; Schlund/Pongratz, DStR 2018, 598, 602. 420 BMF v. 12. 05. 2014, Antwort auf kleine Anfrage des Abgeordneten Ostermanns v. 23. 04. 2014, GZ: IV D 3 – S 7160-b/13/10001. 421 Meyer, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 1 Rn. 35 (279. EL 05/2015); Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Rn. 4493 f. (181. EL 03/2019); Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 781 (78. EL 09/2016); Stadie, in: Stadie, UStG, § 3 Rn. 208. 422 BMF-Schreiben v. 27. 02. 2018, GZ: III C 3 – S 7160-b/13/10001, BStBl. I 2018, 316. 416

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

wider und bindet die dem Ministerium nachgeordneten Behörden.423 Als bloße Verwaltungsvorschrift entfaltet dieser keine unmittelbare Außenwirkung, weder gegenüber den Emittenten noch gegenüber etwaigen Gerichten.424 Über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet der Umsatzsteueranwendungserlass jedoch die Finanzämter zur entsprechenden Ermessensausübung und wirkt somit zumindest mittelbar für und gegen die steuerpflichtigen ICO-Emittenten.425 3. Keine umsatzsteuerbare Leistung In folgerichtiger Auslegung des Umsatzsteuersystems muss gelten, dass in der Hingabe von Currency Tokens als Zahlungsmittel keine umsatzsteuerbare Leistung zu sehen ist.426 Dies liegt darin begründet, dass die Übertragung von Zahlungsmitteln nicht zu einem verbrauchbaren Vorteil führt. Sie sind stattdessen einzig darauf gerichtet, zu einem späteren Zeitpunkt als Zahlungsmittel für einen dann verbrauchbaren Vorteil eingesetzt zu werden. In Anlehnung an die nicht gegebene Steuerbarkeit von Investitionen in gesetzlichen Zahlungsmitteln muss daher auch für Investitionen in Form von Kryptowährungen gelten, dass diese nicht unter den Leistungsbegriff des UStG zu subsumieren sind. Die hingegebene Kryptowährungen sind stattdessen als Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zu qualifizieren.427 Die Leistung des Investors löst folglich keine umsatzsteuerliche Belastung aus. Diese Einordnung entspricht auch der Bewertung der Finanzverwaltung428 und des EuGH.429 Die maßgebliche teleologische Begründung hinsichtlich der nicht gegebenen Steuerbarkeit erscheint jedoch nur für solche Kryptowährungen tragfähig, die ausschließlich Zahlungsmittelfunktionen aufweisen.430 Denn auch Einheiten einer gesetzlichen Währung, die über ihre Zahlungsmittelfunktion weitere Gebrauchsmöglichkeiten aufweisen, fallen anerkann423

Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung Rn. 683 (171. EL 03/2017); Seer, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 21 Rn. 36. 424 Heun/Thiele, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 108 Rn. 32; Kirchhof, in: v. Mangoldt/Klein/ Starck, GG, Bd. III, Art. 108 Rn. 83; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung Rn. 685 (171. EL 03/2017); Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 5 Rn. 28. 425 Heun/Thiele, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 108 Rn. 32; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Einführung Rn. 686 (171. EL 03/2017); Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 5 Rn. 35. 426 Ebenso Heuel, in: Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 1877 (63. EL 05/2019); Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 89; Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 277; Reiter/ Nolte, BB 2018, 1179, 1183. 427 Heuel, in: Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 1877 (63. EL 05/2019); Dietsch, MwStR 2018, 546, 548; Pielke, MwStR 2016, 150, 152; Schmittmann, StuB 2018, 226, 227. 428 BMF-Schreiben v. 27. 02. 2018, GZ: III C 3 – S 7160-b/13/10001, BStBl. I 2018, 316. 429 EuGH v. 22. 10. 2015, Az. C-264/14, Rn. 49. 430 Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1159; Lutzenberger, GmbHR 2018, 794, 799; Niedling/Merkel, RdF 2018, 141, 146 f.; Weitnauer, BKR 2018, 231, 235.

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termaßen gerade nicht aus dem Anwendungsbereich der Umsatzsteuer (z. B. Sammlermünzen).431 Folglich gilt das soeben Ausgeführte ausschließlich für reine Currency Tokens und nicht etwa für Hybrid Tokens.

III. Ausgabe von Tokens durch die Emittenten Auch eine etwaige Umsatzsteuerbelastung im Rahmen der Ausgabe von Tokens wäre für die Emittenten nachteilig im Verhältnis zu herkömmlichen Finanzierungsmethoden, denn auch in diesen Fällen würde dem Kapitalmarkt frei verfügbares Kapital entzogen. Entscheidend im Rahmen der Bewertung der umsatzsteuerlichen Auswirkungen der Token-Emission sind die unterschiedlichen Ausgestaltungen der Tokens. 1. Emission von Currency Tokens Grundsätzlich wird die Emission von Currency Tokens umsatzsteuerlich ebenso behandelt wie die Hingabe von Currency Tokens durch die Investoren. Ob nun Einheiten einer etablierten Kryptowährung durch die Investoren oder Einheiten einer neuen Kryptowährung durch die Emittenten übertragen werden, ist für die Bewertung irrelevant. Insbesondere ist in der Nutzbarkeit der Tokens als Leitwährung eines neuen Blockchain-Systems kein besonderer Sammlerwert zu sehen, weswegen die Tokens nicht wie eine gewöhnliche Ware gehandelt werden. Sie dienen schlicht als Zahlungsmittel und sind dementsprechend umsatzsteuerlich auch so zu behandeln. 2. Emission von Utility Tokens In Hinblick auf die volkswirtschaftliche Effizienz von ICOs wird die umsatzsteuerliche Behandlung insbesondere bei der Emission von Utility Tokens problematisch. Da hinsichtlich etwaig anfallender Umsatzsteuer die Gewährung eines verbrauchbaren Vorteils entscheidend ist, liegt die Umsatzsteuerbarkeit bei Utility Tokens besonders nahe. Diese gewähren schon der Bezeichnung nach einen derartigen Gebrauchsvorteil. Bereits im Rahmen der ertragsteuerlichen Behandlung unterfällt die Ausgabe von Utility Tokens der körperschaftsteuerlichen Belastung, was die Allokationseffizienz der Finanzierungsmethode stark beeinträchtigt. Wäre zusätzlich Umsatzsteuer abzuführen, wäre die Effizienz weiter eingeschränkt.

431 Prätzler, in: Birkenfeld/Wäger, USt-Hdb, § 4 Nr. 8 Rn. 124 (82. EL 11/2018); Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Rn. 630 „Zahlungsmittel“ (181. EL 03/2019); Stadie, in: Stadie, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 17; Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 89.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

a) Utility Tokens als Gutschein Für Tokens jeglicher Art gilt, dass sie als unkörperliche Gegenstände jedenfalls nicht Objekt einer Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG sein können.432 Denn eine Lieferung ist stets auf das Verschaffen von Verfügungsmacht an einem körperlichen Gegenstand i.S.d. § 90 BGB oder einem im Wirtschaftsverkehr wie eine Sache zu behandelnden, unkörperlichen Gegenstand gerichtet.433 Zu Letzteren zählen allerdings lediglich Energieressourcen wie Elektrizität, Wärme oder Gas, denen Utility Tokens jedenfalls nicht ähnlich sind.434 Der Umfang der sonstigen Leistung definiert sich hingegen negativ in Abgrenzung zur Lieferung (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG). Erfasst ist also jeder Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs, der keine körperliche Ware darstellt.435 Daher kann Objekt einer derartigen sonstigen Leistung grundsätzlich jeder wirtschaftliche Wert sein.436 Sie kann in einem aktiven Tun, Unterlassen oder einer Duldung bestehen (§ 3 Abs. 9 Satz 2 UStG). Unter den Begriff der sonstigen Leistung fällt insbesondere die Übertragung von Daten im elektronischen Wege über das Internet.437 Auch Utility Tokens, die einen Nutzungsanspruch gegenüber dem Emittenten repräsentieren, kommt ein derartiger wirtschaftlicher Wert zu. Es liegt folglich eine sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 UStG vor. Die Ausgabe von Utility Tokens stellt somit eine grundsätzlich umsatzsteuerlich relevante Tätigkeit dar. Problematisch hieran wäre, dass es zu einer Doppelbesteuerung kommen könnte, denn die Ausgabe der Utility Tokens würde einen steuerbaren Umsatz darstellen, ebenso wie das tatsächliche Erbringen der durch den Utility Token repräsentierten Leistung bei dessen Einsatz.438 Um derartige Belastungswirkungen zu vermeiden439, 432

Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 268 f.; Boehm/Pesch, MMR 2014, 75, 76; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 23 (Fn. 48). 433 Leonard, in: Bunjes, UStG, § 3 Rn. 35; Michl, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 3 Rn. 18 (302. EL 02/2018); Flückiger, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 Abs. 1 Rn. 21 (158. EL 10/2011); Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 40 f. (85. EL 03/2019); Hahn, in: Weymüller, UStG, § 3 Rn. 56. 434 Leonard, in: Bunjes, UStG, § 3 Rn. 37; Michl, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 3 Rn. 21 (302. EL 02/2018); Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 41 (85. EL 03/2019); Stadie, in: Stadie, UStG, § 3 Rn. 8. 435 Flückiger, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 Abs. 9 Rn. 5 f. (158. EL 10/ 2011); Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 521 (78. EL 09/2016); Stadie, in: Stadie, UStG, § 3 Rn. 154. 436 Leonard, in: Bunjes, UStG, § 3 Rn. 234; Michl, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 3 Rn. 156 (302. EL 02/2018); Flückiger, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 Abs. 9 Rn. 5 (158. EL 10/2011); Hötzel, Virtuelle Währungen, S. 268. 437 Leonard, in: Bunjes, UStG, § 3 Rn. 24 „Internet-Lieferungen“; Ehrmann/v. Wallis, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia Recht, Teil 27 Rn. 10 (44. EL 01/2017); wohl auch Nieskens, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Rn. 3791 „Software“ (181. EL 03/2019); Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 52 (85. EL 03/2019). 438 Dietsch, MwStR 2018, 546, 549; Joisten, FR 2019, 421, 425.

I. Umsatzsteuerbarkeit von ICOs als Verletzung der Finanzierungsfreiheit

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wurde die MwStSystRL durch die Gutschein-RL um die Instrumente der Einzweckund Mehrzweckgutscheine erweitert (Art. 30a f. MwStSystRL). Im nationalen UStG wurden die Vorschriften in § 3 Abs. 13 bis 15 UStG umgesetzt, die seit dem 1. Januar 2019 Anwendung finden (§ 27 Abs. 23 UStG). Unter diese Regelungen fallen auch Utility Tokens.440 Denn ein Gutschein wird in diesem Rahmen durch die Verpflichtung des Ausgebenden, das betreffende Instrument als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen, und die Angabe der konkreten Leistung oder der Identität des leistenden Unternehmens definiert (§ 3 Abs. 13 Satz 1 UStG). Ausdrücklich erkennt die Richtlinie an, dass Gutscheine auch in elektronischer Form vorliegen können (Erwägungsgrund (6) Gutschein-RL). Diese Voraussetzungen sind bei allen Utility Tokens gegeben, die sich nicht darauf beschränken, dem Investor einen Preisnachlass auf die spätere Leistung zu gewähren (vgl. § 3 Abs. 13 Satz 2 UStG). Diese Ausnahme kann durchaus im Rahmen von ICOs Wirkung entfalten. Es gilt jedoch zu beachten, dass sogenannte „gemischte Gutscheine“, also Rabatte, die neben einem Preisnachlass noch weitere Funktionalitäten aufweisen, gleichfalls als Gutschein bewertet werden.441 Insbesondere Utility Tokens, die neben ihrer Rabattfunktion auch auf Teilnahme an einem Blockchain-Netzwerk gerichtet sind, werden hiernach als reguläre Gutscheine behandelt. b) Rechtsfolgen der Einordnung als Gutschein Die Rechtsfolgen dieser Einordnung als Gutschein hängen wiederum von der Qualifikation als Einzweck- (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG) oder Mehrzweckgutschein (§ 3 Abs. 15 Satz 1 UStG) ab. Denn bei einem Einzweckgutschein ist bereits in der Ausgabe des Gutscheins die umsatzsteuerbare Leistung zu sehen (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG), während bei einem Mehrzweckgutschein die Ausgabe an sich nicht steuerbar ist, sondern erst die spätere Erbringung der durch den Gutschein repräsentierten Leistung (§ 3 Abs. 15 Satz 2 UStG). Ein Einzweckgutschein ist nach der gesetzlichen Konzeption gegeben, wenn die durch den Gutschein dargestellte Leistung derart konkretisiert ist, dass der Ort der Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die entstehende Steuer zum Zeitpunkt der Ausgabe bereits feststehen.442 Der Ort der Lieferung bzw. der Leistung bestimmt sich hierbei nach §§ 3 ff. UStG, die Höhe

439 Erwägungsgrund (2) Gutschein-RL; vgl. Zaumseil, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 Abs. 13 Rn. 6 (206. EL 05/2019). 440 Ebenso Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 125; Dietsch, MwStR 2018, 546, 549; Enzinger, SWK 2017, 1349, 1354; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 22. 441 Zaumseil, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 Abs. 13 Rn. 29 (206. EL 05/ 2019). 442 Feil/Polok, MwStR 2017, 65, 66; Joisten, FR 2019, 421, 424; Korn, DStR 2019, 1, 11; Prätzler, StuB 2019, 315, 316; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 22.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

der Steuer meint die Unterscheidung der Steuersätze nach § 12 UStG.443 Alle anderen Gutscheine sind Mehrzweckgutscheine. Da die allermeisten Utility Tokens auf Vorleistungen der Investoren beruhen und das Produkt des Emittenten noch nicht fertiggestellt ist, wird es sich in diesen Fällen um Mehrzweckgutscheine handeln.444 Denn die durch den Token repräsentierte Leistung lässt sich hinsichtlich der konkreten Modalitäten noch nicht bestimmen. Vielmehr ist ganz allgemein unsicher, ob überhaupt jemals eine Leistung durch den Token erreicht werden kann.445 Dementsprechend lassen sich zum Zeitpunkt der Emission des Tokens die erforderlichen Angaben für die Bestimmung von Ort und Steuersatz in aller Regel nicht feststellen. Stattdessen wird den Investoren lediglich eine nahezu völlig unbestimmte Gegenleistung in Form eines abstrakten Gegenwerts versprochen.446 Anders ist dies lediglich in den Fällen, in welchen der Emittent bereits bei der Token-Emission zur Erfüllung der repräsentierten Leistungsverpflichtung bereit ist. Hierin ist dann eine konkretisierte Leistungsverpflichtung in der beschriebenen Form zu sehen. c) Auswirkungen auf die Finanzierungsfreiheit In den allermeisten Fällen der Emission von Utility Tokens ist daher die Ausgabe an sich gem. § 3 Abs. 15 Satz 2 UStG kein umsatzsteuerbarer Vorgang. Durch die Einordnung als Mehrzweckgutschein stellt auch die Übertragung des Tokens über den Sekundärmarkt keine umsatzsteuerbare Leistung dar.447 Erst das tatsächliche Erbringen der Leistung löst eine umsatzsteuerbare Belastung aus. Das im Rahmen des Token Sales erhaltene Kapital kann der Emittent zunächst also vollumfänglich zur Unternehmensentwicklung nutzen. Die Allokationseffizienz des Kapitalmarkts wird hierdurch also nicht eingeschränkt. Zwar ist der Emittent verpflichtet, bei Einsatz des betreffenden Utility Tokens die Umsatzsteuer abzuführen und wird diese Belastung auf den Kunden abwälzen. Hierdurch kann die Entscheidung des TokenInhabers beeinflusst werden, die Leistung tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Allerdings geschieht dies bereits im Rahmen eines zweiten Rechtsverhältnisses, also nicht im Rahmen des ICOs, welches alleine auf Konsum gerichtet ist. Das Anfallen von Umsatzsteuer ist hierbei also systemgerecht und stellt auch keine Benachteiligung von ICOs im Verhältnis zu herkömmlichen Finanzierungsmethoden dar, denn 443

Zaumseil, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 Abs. 14 Rn. 30 ff. (206. EL 05/ 2019); Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 799 (85. EL 03/2019); Dietsch, MwStR 2018, 546, 549; Prätzler, StuB 2019, 315, 316. 444 Bal, VAT Nr. 2018, 118, 125; Dietsch, MwStR 2018, 546, 549 f.; Joisten, FR 2019, 421, 424; Lohmar/Jeuckens, FR 2019, 110, 118; ähnlich Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 22. 445 Dietsch, MwStR 2018, 546, 549 f.; Lohmar/Jeuckens, FR 2019, 110, 118. 446 Vgl. Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 22; ähnlich Joisten, FR 2019, 421, 425. 447 Zaumseil, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 Abs. 15 Rn. 8 (206. EL 05/2019); Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 815 (85. EL 03/2019); Korn, DStR 2019, 1, 11; Prätzler, StuB 2019, 315, 316.

I. Umsatzsteuerbarkeit von ICOs als Verletzung der Finanzierungsfreiheit

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auch durch herkömmliche Kapitalbeschaffung finanzierte Produkte oder Dienstleistungen werden bei ihrem Verkauf bzw. ihrem Erbringen mit Umsatzsteuer belastet. Die beschriebenen Grundsätze der fehlenden Umsatzsteuerbarkeit beziehen sich ausschließlich auf die Erzielung des Kapitals, nicht auf die spätere Verwendung. Diese Grundsätze sind auch bei der Bewertung der Steuerbarkeit von EinzweckGutscheinen zu beachten. In diesen Fällen bedeutet der ICO eine umsatzsteuerliche Leistung (§ 3 Abs. 14 Satz 2 UStG). Den Emittenten steht hierbei dann weniger Kapital zur Unternehmensentwicklung zur Verfügung. Allerdings ist auch hierin keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit zu erblicken. Denn in Fällen, in denen das angebotene Produkt bereits fertiggestellt ist, bezieht sich der Token-Erwerb auch konkret auf den Erhalt dieser Leistung. Der Verbrauchscharakter des Erwerbs steht hierbei gegenüber einem etwaigen Finanzierungsaspekt im Vordergrund. Deswegen kann auch das Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden nicht herangezogen werden, um eine effizienzschädigende Benachteiligung durch die Umsatzsteuer anzunehmen. 3. Emission von Debt Tokens Auf die Emission von Debt Tokens lassen sich aus der „Hedqvist“-Entscheidung keine Schlussfolgerungen ableiten. Denn es ist unzweifelhaft, dass mit Debt Tokens mehr Rechte verbunden sind als die bloße Möglichkeit des Einsatzes als Zahlungsmittel. Dies ist jedoch Voraussetzung für die Anwendbarkeit der obigen Rechtsprechung.448 Dies gilt ebenso für die Anwendbarkeit der Äußerungen der Finanzverwaltung. Dementsprechend gilt es, die umsatzsteuerliche Relevanz der Emission von Debt Tokens aus den Grundsätzen des Mehrwertsteuersystems abzuleiten. Auch bei Debt Tokens ist hiernach anzunehmen, dass bereits keine wirtschaftliche Leistung im Sinne des Mehrwertsteuerrechts gegeben ist449, da das bloße Veräußern oder Erwerben von Wertpapieren eine bloße Maßnahme der Kapitalbeschaffung darstellt und somit nicht auf einen Verbrauch gerichtet ist.450 Insbesondere das erstmalige Emittieren von Wertpapieren im Sinne des ICOs ist hierbei keine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL.451 Im Hinblick auf die angesprochenen teleologischen Überlegungen zum System der Mehrwertsteuer gilt dies dementsprechend auch für tokenisierte Genussrechte in Form von Debt Tokens. Diese 448

So auch Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1159. v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.191; Dietsch, MwStR 2018, 546, 551; Joisten, FR 2019, 421, 426; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 22. 450 Heidner, in: Bunjes, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 33; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 351 (181. EL 03/2019); Hahn, in: Weymüller, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 74. 451 Heidner, in: Bunjes, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 33; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 351 (181. EL 03/2019); Wäger, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 177 (73. EL 09/2014); Hahn, in: Weymüller, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 73. 449

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

dienen den Emittenten zur Kapitalbeschaffung bzw. berechtigen die Anleger zum Erhalt einer dauerhaften, passiven Leistung. Sie führen daher gerade nicht zu einem verbrauchbaren Vorteil. Im Übrigen wurde ein derartiges Verständnis auch vom EuGH geäußert.452 Insbesondere führt der Gerichtshof aus, dass „eine etwaige Dividende als Ergebnis dieser Beteiligung auf dem bloßen Eigentum an dem Gegenstand beruht und keine Gegenleistung für eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne dieser Richtlinie ist“453. Dies lässt sich auf Debt Tokens übertragen, da deren bestimmungsgemäßer Einsatz ebenfalls nicht auf einem Verbrauch aufbaut, sondern allein aus der Inhaberschaft des jeweiligen Tokens resultiert. Das bloße Veräußern auf dem Sekundärmarkt ist ebenfalls nicht als Verbrauch anzusehen. Ausnahmsweise mag die Veräußerung eines Wertpapiers zwar steuerbar sein. Dies gilt aber nur dann, wenn sie sich als Teilaspekt eines gewerblichen Wertpapierhandels versteht, bei welchem über den bloßen Veräußerungsvorgang hinaus, eine weitere Dienstleistung erbracht wird.454 Dies ist bei einem ICO, bei welchem der Emittent bloß eigene Anteile zur Kapitalbeschaffung veräußert, jedoch in aller Regel nicht der Fall. Selbst bei Vorliegen eines solchen Falles wäre jedenfalls der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 8 lit. e) UStG einschlägig, wonach „Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren“ von der Steuer befreit sind.455 Diese Regelung beruht auf Art. 135 Abs. 1 lit. f) MwStSystRL. Aufgrund des europarechtlichen Ursprungs ist auch der Wertpapierbegriff harmonisiert. Es handelt sich jedoch um einen genuinen Begriff des Mehrwertsteuerrechts, weswegen bei der Auslegung des Wertpapierbegriffs auf den Gesetzeswortlaut des Art. 135 Abs. 1 lit. f) MwStSystRL zurückzugreifen ist und nicht etwa auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II.456 Abstrakt gekennzeichnet sind die von Art. 135 Abs. 1 lit. f) MwStSystRL beispielhaft aufgezählten Wertpapierarten dadurch, dass sie Geldforderungen beinhalten.457 Als konkreten Bezugspunkt für die jedenfalls umfassten „sonstigen Wertpapiere“ nennt die Vorschrift insbesondere Schuldverschreibungen. Aktienrechtlich sind Schuldverschreibungen ein Unterfall der Genussrechte, mit der Maßgabe, dass diese verbrieft sind.458 Hiernach weisen also jedenfalls verbriefte Genussrechte genügend Verbindungen zu einem der ge452

EuGH, Urteil v. 26. 05. 2005, Az. C-465/03, Rn. 18 ff. = DStR 2005, 965, 966 f. = NZG 2005, 683, 684. 453 EuGH, Urteil v. 26. 05. 2005, Az. C-465/03, Rn. 19. 454 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.191; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 349 (181. EL 03/2019); Stadie, in: Stadie, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 22; Hahn, in: Weymüller, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 73.1. 455 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.191; Dietsch, MwStR 2018, 546, 551; Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 22; vgl. auch Handzik, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 174 (292. EL 01/2017). 456 Handzik, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 5, 184 (292. EL 01/2017); Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 324 (181. EL 03/2019); ähnlich Wäger, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 12 f. (78. EL 09/2016). 457 Wäger, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 174 (73. EL 09/2014). 458 Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 92; Habersack, in: MüKo BGB, Bd. VI, § 793 Rn. 24.

I. Umsatzsteuerbarkeit von ICOs als Verletzung der Finanzierungsfreiheit

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nannten Beispiele auf, um als sonstiges Wertpapier im Sinne der Vorschrift angesehen zu werden. Auch ohne herkömmliche Verbriefung (vgl. § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB) sind Debt Tokens indes vom Umfang der Ausnahmevorschrift umfasst.459 Hierfür spricht zum einen, dass – wie oben bereits ausgeführt wurde – im gesamten restlichen System des EU-Wirtschaftsrechts anerkannt ist, dass Wertpapiere nicht länger der Verbriefung bedürfen. Dies kann auch im Rahmen des Mehrwertsteuersystems nicht anders zu beurteilen sein. Besonders aufgrund der im Steuerrecht relevanten wirtschaftlichen Auslegung, spricht hierfür die annähernde technologische Äquivalenz zwischen Tokenisierung und Verbriefung (s. o.). In diese Richtung deuten auch die Schlussanträge der Generalanwältin im Rahmen des „Hedqvist“Verfahrens. Hierin lehnt sie die Anwendbarkeit des Art. 135 Abs. 1 lit. f) MwStSystRL auf die streitgegenständlichen Bitcoin-Geschäfte alleine mit der Begründung ab, dass diese keine Eigentumsrechte oder Geldforderungen begründen.460 Auf die ebenfalls fehlende, im Übrigen auch objektiv überprüfbare, Verbriefung von Bitcoins ging sie hingegen nicht ein. Dementsprechend ergibt sich für den Emittenten eines Debt Tokens folgende umsatzsteuerliche Behandlung. Die Ausgabe der Tokens ist in den allermeisten Fällen bereits keine umsatzsteuerbare Leistung. Sofern dies im Ausnahmefall doch der Fall sein sollte, ist der Umsatz von der Steuer ausgenommen (§ 4 Nr. 8 lit. e) UStG). Derartige ICOs unterliegen daher, entsprechend der generellen Behandlung von Kapitalbeschaffungsmaßnahmen, keiner umsatzsteuerlichen Belastung. 4. Emission von mitgliedschaftlichen Tokens Die Grundproblematik der umsatzsteuerlichen Behandlung von mitgliedschaftlichen Tokens gleicht der Behandlung von Debt Tokens. Als Mittel der Kapitalbeschaffung stellt auch die Ausgabe von mitgliedschaftlichen Tokens keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne dar.461 Der EuGH hat dies insbesondere in einem Urteil zur Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage bestätigt.462 Auch die Einlage des stillen Gesellschafters führt daher im Regelfall weder auf Seiten des Emittenten noch auf Seiten des Investors zu einem steuerbaren Leistungsaustausch.463 Hierzu hat der EuGH ausgeführt, dass die Begründung einer atypischen stillen Beteiligung ebenso 459 Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 lit. c) UStG annehmend hingegen Handzik, in: Offerhaus/ Söhn/Lange, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 185 „Genussrechte“ und „Genussscheine“ (292. EL 01/2017). 460 EUGH, Schlussanträge der Generalanwältin v. 16. 07. 2015, Az. C-264/14, Rn. 22 = BB 2015, 2077, 2078. 461 v. Aubel, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 20.191; Joisten, FR 2019, 421, 425; wohl zustimmend Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 125. 462 EuGH, Urteil v. 26. 06. 2003, Az. C-442/01, Rn. 43 = IStR 2003, 601, 602 = BB 2003, 1713, 1713. 463 Lamprecht, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 25.7; Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 68; Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 79 Rn. 4; Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 122.

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

zu behandeln ist wie die erstmalige Ausgabe von Aktien, die jedenfalls nicht als wirtschaftliche Tätigkeit gilt.464 Wie bei Debt Tokens auch, besteht die Möglichkeit, dass die Veräußerung von mitgliedschaftlichen Tokens Teil einer steuerbaren wirtschaftlichen Leistung eines Unternehmers ist. Jedoch greift dann ebenfalls ein Steuerbefreiungstatbestand, in diesem Fall § 4 Nr. 8 lit. f) UStG, ein.465 Die Vorschrift umfasst Umsätze „von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen“, wozu auch die stillen Gesellschaften zu zählen sind.466 Unionsrechtlich beruht § 4 Nr. 8 lit. f) UStG ebenfalls auf Art. 135 Abs. 1 lit. f) MwStSystRL.467 Auch mitgliedschaftlichen Tokens sind zweifelsfrei hierunter zu subsumieren.468 Im Ergebnis unterfällt die Emission von mitgliedschaftlichen Tokens also in aller Regel ebenfalls nicht der Umsatzsteuer. Falls in Ausnahmefällen ein steuerbarer Umsatz vorliegt, ist dieser von der Umsatzsteuer befreit. Im Übrigen gilt auch die durch die stille Gesellschaft entstehende Mitunternehmerschaft nicht als Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG.469 Als reine Innengesellschaft tritt sie nicht selbstständig und gewerblich als Akteur am Markt auf.470 Dies gilt sowohl für mitgliedschaftliche Tokens, die einen Einfluss auf die Geschäftsführung gewähren, als auch für solche, die lediglich Kontrollrechte repräsentieren. Denn auch die atypische stille Gesellschaft gilt nicht als Unternehmer.471 Lediglich der Geschäftsinhaber, also der Emittent, ist Steuersubjekt der Umsatzsteuer.472

464 EuGH, Urteil v. 13. 03. 2008, Az. C-437/06, Rn. 27 f. = DStR 2008, 615, 616 = IStR 2008, 293, 294. 465 Wighardt/Krekeler, StB 2019, 16, 22; wohl zustimmend Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 124 f. 466 Prätzler, in: Birkenfeld/Wäger, Hdb USt, § 4 Nr. 8 Rn. 213 (82. EL 11/2018); Heidner, in: Bunjes, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 47; Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 423 (181. EL 03/2019); a.A. Stadie, in: Stadie, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 28. 467 Prätzler, in: Birkenfeld/Wäger, Hdb USt, § 4 Nr. 8 Rn. 210 (82. EL 11/2018); Heidner, in: Bunjes, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 43; Wäger, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 170 (73. EL 09/2014). 468 Ebenso Dietsch, MwStR 2018, 546, 550; Lohmar/Jeuckens, FR 2019, 110, 118; wohl zustimmend Bal, VAT 2018 Nr. 3, 118, 125. 469 Lamprecht, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 25.1; Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 68; Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 79 Rn. 1; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 106 f. (174. EL 10/2017); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 79. 470 Robisch, in: Bunjes, UStG, § 1 Rn. 61, 68; Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 79 Rn. 1; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 106 f. (174. EL 10/2017); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 79. 471 Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 79 Rn. 1; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 107 (174. EL 10/2017); Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 24. 472 Lamprecht, in: Blaurock, Hdb Stille Gesellschaft, Rn. 25.5; Schönhaus, in: MHdB GesR, Bd. II, § 79 Rn. 1; Stadie, in: Stadie, UStG, § 2 Rn. 174.

I. Umsatzsteuerbarkeit von ICOs als Verletzung der Finanzierungsfreiheit

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5. Emission von Equity Tokens Da etwaige Equity Tokens tatsächliche Anteile an einer Gesellschaft repräsentieren, wären sie umsatzsteuerlich eben wie solche Anteile zu behandeln. Insoweit gelten die Ausführungen zu mitgliedschaftlichen Tokens entsprechend. 6. Zwischenergebnis Im Ergebnis unterfällt ausschließlich die Emission von Utility Tokens dem Begriff der wirtschaftlichen Leistung. Aus Sicht des Anlegers stellen diese einen verbrauchsfähigen Vorteil dar, der grundsätzlich die Umsatzsteuerpflicht auslöst. Allerdings sind Utility Tokens in aller Regel als Mehrzweckgutscheine zu behandeln, weswegen die Umsatzsteuer nur einmalig beim tatsächlichen Erbringen der repräsentierten Gegenleistung anfällt. Hierin ist keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit zu sehen.

IV. Umtausch der erhaltenen Kryptowährungen in gesetzliche Zahlungsmittel Der nach dem Token Sale notwendige Umtausch der erhaltenen Kryptowährungen in gesetzliche Zahlungsmittel stellt einen Anwendungsfall der explizit vom EuGH und der Finanzverwaltung adressierten Konstellation dar. Während die Auslegung der „Hedqvist“-Entscheidung diesbezüglich noch einen gewissen Spielraum lässt (s. o.), ist der Wortlaut des maßgebenden BMF-Schreibens eindeutig. Ausgeführt wird hier, dass es sich „bei dem Umtausch von konventionellen Währungen in Bitcoin und umgekehrt […] um eine steuerbare sonstige Leistung [handelt], die im Rahmen einer richtlinienkonformen Gesetzesauslegung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei ist“.473 Richtigerweise wäre jedoch anzunehmen, dass es sich bereits nicht um eine steuerbare Leistung handelt.474 Wie bereits beschrieben, erhält keine der Vertragsparteien durch den Umtausch einen verbrauchbaren Vorteil, weswegen auch keine Umsatzsteuer ausgelöst werden kann. In Hinblick auf die Finanzierungsfreiheit bestehen beim Umtausch von virtuellen Währungen in gesetzliche Währungen nach einem ICO kein Unterschied zwischen einer Einordnung als bereits nicht steuerbare Leistungen einerseits und als steuerfreie Umsätze andererseits. Zwar können sich in diesen Fällen generell Abweichungen ergeben, wenn Umsätze innerhalb einer Lieferkette von Unternehmen steuerbefreit sind. Denn sofern eine vom Unternehmen erbrachte Leistung steuerfrei ist, wird 473

BMF-Schreiben v. 27. 02. 2018, GZ: III C 3 – S 7160-b/13/10001, BStBl. I 2018, 316. Prätzler, in: Birkenfeld/Wäger, Hdb USt, § 4 Nr. 8 Rn. 129 (82. EL 11/2018); Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 83 f. (192. EL 04/2017); Stadie, in: Stadie, UStG, § 4 Nr. 8 Rn. 16. 474

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Kap. 5: Marktversagen aufgrund externer Effekte und Staatsversagen

diesem Unternehmen gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug hinsichtlich ihm gegenüber erbrachter Leistungen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der vom Unternehmen erbrachten Leistung stehen, versagt.475 Dies bedeutet für den Erbringer des steuerbefreiten Umsatzes, dass er die von ihm wirtschaftlich getragene Vorsteuerbelastung in seine Preisgestaltung einfließen lassen muss.476 Insoweit büßt dieser Unternehmer also an Wettbewerbsfähigkeit ein, weswegen das UStG wiederum Ausnahmen zur Versagung des Vorsteuerabzugs (vgl. § 15 Abs. 3 UStG) oder Optionsrechte hinsichtlich der Umsatzsteuerbefreiung kennt (vgl. § 9 UStG).477 Bei dem hier vorliegenden Umtausch von Kryptowährungen in gesetzliche Währungen liegen derartige Lieferketten jedoch gerade nicht vor, denn beide Arten von Währungen fungieren gerade als Zahlungsmittel und sind nach dem Umtausch nicht erneut Gegenstand einer einen Mehrwert schaffenden Verarbeitung. Demzufolge hat die oben beschriebene Abweichung von Verwaltungspraxis und tatsächlicher Rechtslage keine Auswirkungen auf die Finanzierungsfreiheit.

V. Fazit Die Emission von Utility Tokens ist als Ausgabe eines Mehrzweckgutscheins nicht unmittelbar mit Umsatzsteuer belastet. Zwar unterfällt das Erbringen der durch den Utility Token finanzierten Leistung später der Umsatzsteuer, allerdings ist hierin keine substantielle Schlechterstellung dieser Art von ICOs im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden zu sehen. Denn der Finanzierungsprozess als solcher bleibt hierbei von der Belastung durch die Umsatzsteuer freigestellt. Dass das Erbringen einer durch die Finanzierung möglich gewordenen Leistung anschließend umsatzsteuerbar ist, ist selbstverständlich. Es liegt also in den Fällen, in denen Utility Tokens als Mehrzweckgutschein einzustufen sind, keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit vor. Aufgrund der klaren Verbrauchsbezogenheit von Utility Tokens, die als Einzweckgutschein ausgestaltet sind, kann auch hierin keine Verletzung der Finanzierungsfreiheit zu sehen sein. ICOs anderer Art stellen bereits keine steuerbaren Umsätze dar. Da auch die anderen wirtschaftlichen Vorgänge bei einem ICO, nämlich die Hingabe von Kapital beim Token Sale sowie der Umtausch etwaiger erhaltener Kryptowährungen in gesetzliche Zahlungsmittel keine umsatzsteuerliche Belastung 475 Birkenfeld, in: Birkenfeld/Wäger, USt-Hdb, § 15 Rn. 151 (46. EL 03/2008); Heidner, in: Bunjes, UStG, § 15 Rn. 281; Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rn. 686 (83. EL 06/ 2018); Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 206. 476 Birkenfeld, in: Birkenfeld/Wäger, USt-Hdb, § 15 Rn. 2 (46. EL 03/2008); Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Rn. 1507 f. (170. EL 01/2017); Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rn. 692 (83. EL 06/2018); Stadie, in: Stadie, UStG, § 15 Rn. 415; Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 17 Rn. 206. 477 Heidner, in: Bunjes, UStG, § 9 Rn. 3; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 15 Rn. 1580 (170. EL 01/2017); Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rn. 692 (83. EL 06/2018).

J. Marktversagen aufgrund des deutschen Steuerrechts

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auslösen, werden ICOs insgesamt nicht ungerechtfertigt durch die Umsatzsteuer belastet. Das deutsche Umsatzsteuersystem führt dementsprechend nicht zu einem Versagen des ICO-Marktes.

J. Marktversagen aufgrund des deutschen Steuerrechts Das deutsche Steuerrecht führt also in einigen Fällen zu einer Einschränkung der allokativen Effizienz des Kapitalmarkts, indem es die Finanzierungsmethode ICO im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden stärker belastet. Insoweit wird das ökonomische Postulat der Finanzierungsfreiheit durch das Steuersystem verletzt, weswegen es zu einem staatlich verursachten Versagen des Kapitalmarkts kommt. Dies liegt zum einen in der bilanziellen Behandlung von Currency Tokens begründet, die es nicht ermöglicht, diese entsprechend der tatsächlichen Leistungsfähigkeit in die Bilanz aufzunehmen. Zum anderen wird der Erhalt von Currency Tokens doppelt der ertragsteuerlichen Belastung unterworfen, wodurch diese Problematik verstärkt wird. Schließlich unterfallen Utility Tokens oftmals ungemindert der Ertragsteuer, was die wirtschaftliche Effizienz ebenfalls stark einschränkt. Unter ökonomischen Aspekten wären also regulatorische Anpassungen angezeigt, die im folgenden Abschnitt unter Effizienzgesichtspunkten entwickelt werden sollen.

Kapitel 6

Regulierungsbedürfnis nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums Im letzten Abschnitt dieser Arbeit gilt es nun also, die in den ersten Teilen herausgearbeiteten Grundsätze und Grenzen einer ökonomisch effizienten Regulierung anzuwenden, um regulatorisch auf die in den Kapiteln 4 und 5 festgestellten Aspekte eines Versagens des ICO-Marktes zu reagieren. Die materiellen Vorgaben der Verfassung gewähren dem Gesetzgeber hierbei einen weiten Spielraum, den dieser ausfüllen kann. Nach dem Prinzip der Ökonomisierung des Verwaltungsrechts muss hierbei ausgehend von den Rechtsfolgen gedacht werden. Die voraussichtlichen Rechtsfolgen weitergehender Regulierung sollten nach dem theoretischen Konzept der ökonomischen Analyse des Rechts qualifiziert und quantifiziert werden. Als Ausdruck des hiernach maßgeblichen Effizienzgedankens sind zunächst die etablierten Regelungsziele des Kapitalmarktrechts zu berücksichtigen: Funktions- und Anlegerschutz. Auch der Anlegerschutz sorgt gleichlaufend zum Funktionsschutz im Rahmen des Kapitalmarkts für gesteigerte Effizienz. Das Steuerrecht darf im Übrigen nicht verhindern, dass diese Ziele erreicht werden. Wie bereits ausgeführt wurde, zeichnen sich effiziente Kapitalmärkte durch hohe Liquidität und Handelsvolumina sowie durch eine sinnvolle Allokation von Kapital aus. Ausdruck des Strebens einer Marktwirtschaft nach ökonomischer Effizienz ist hierbei das Ziel der Technologieneutralität des Kapitalmarktrechts.1 Dieses wird in ökonomischer Hinsicht damit begründet, dass Anknüpfungspunkt eines Marktversagens nicht allein eine konkrete Technologie ist, sondern deren abstrakt zu bestimmende Auswirkungen. Eine kapitalmarktrechtliche und steuerrechtliche Ungleichbehandlung von ICOs könnte also nicht alleine aufgrund der Nutzung der Blockchain-Technologie gerechtfertigt werden, sondern ausschließlich aufgrund der von ihr ausgehenden Risiken für die Funktionalität des Kapitalmarkts und dessen Anleger. Die gleichen Überlegungen treffen auch für eine steuerrechtliche Anpassung des bestehenden Regelungsrahmens zu. Denn Anknüpfungspunkt der Besteuerung ist die Leistungsfähigkeit der Unternehmen. Die Technologie an sich ist hierfür irrelevant, entscheidend ist lediglich der durch sie ausgelöste Zugewinn oder Abfluss an Leistungsfähigkeit. Die technologieneutrale Ausgestaltung der Regu1 Vgl. Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 492; Spindler, WM 2018, 2109, 2111; Spindler, ZGR 2018, 17, 34; ebenso Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 2; Read/Gräslund, CF 2018, 313, 319.

A. Regulierungsvorhaben auf nationaler und supranationaler Ebene

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lierung auf dem Gebiet des Kapitalmarkts im Allgemeinen und der Regulierung von ICOs im Speziellen ist grundsätzlich auch bei den nationalen Regulierungsbehörden2 sowie internationalen Akteuren3 anerkannt. Neben den soeben erläuterten materiellen Vorgaben sind gleichzeitig auch die erarbeiteten, methodischen Ansätze zur Regulierung der Wirtschaft zu berücksichtigen. Nach dem Grundsatz des Gewährleistungsstaates sollte sich wirtschaftlich angeleitete Regulierung darauf beschränken, einen verlässlichen Regelungsrahmen bereitzustellen. Innerhalb dieses Rahmens sollte es den Marktteilnehmern im Sinne des Coase’schen Verhandlungsmodells ermöglicht werden, selbst die ökonomisch effizientesten Lösungen zu finden. Grundsätzlich erscheint daher das Informationsmodell des geltenden Kapitalmarktrechts konzeptionell richtig zu sein. Die Kapitalallokation erfolgt hiernach tatsächlich aufgrund der privatrechtlichen Einigung zwischen den Marktteilnehmern. Der Staat beschränkt sich hingegen darauf, einen Rechtsrahmen zu gewährleisten, der es den Anlegern erlaubt, ihre Entscheidungen rational, anhand vollständiger Information zu treffen. Dasselbe gilt auch für den Grundsatz der Finanzierungsfreiheit. Wirtschaftliche Entscheidungen über die Art und Weise der Unternehmensfinanzierung werden ausschließlich von den Marktteilnehmern getroffen, während der Staat angehalten ist, dies durch Gewährleistung eines entscheidungsneutralen Steuerrechts zu fördern. Nach wie vor gilt, dass freie Märkte grundsätzlich einen Effizienzgewinn bedeuten. Nur dort, wo diese versagen, sind diese durch einfachgesetzliche Regelungen derart zu instrumentalisieren, dass die Gesamtwohlfahrt und das Gemeinwohl der Gesellschaft gesteigert werden kann. Ein Regulierungsvorschlag, der darauf abzielt, die den ICO-Markt beschränkenden Aspekte von Marktversagen zu beheben und der diese Vorgaben umsetzt, soll im Folgenden unterbreitet werden.

A. Regulierungsvorhaben auf nationaler und supranationaler Ebene Einleitend sollen zunächst reale Regulierungsvorhaben verschiedener normsetzender Körperschaften betrachtet werden. Auch im Rahmen dieser Ansätze werden durchaus wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen einbezogen. Zu beachten ist jedoch, dass steuerliche Anpassungen hierbei noch nicht diskutiert werden. Die Reformbemühungen verengen sich vielmehr einzig auf informationsökonomische Aspekte. Unterschieden werden sollte hierbei zwischen den gesetzgebenden Instanzen. In Betracht kommen nationale sowie internationale Regulierungsvorhaben. 2 BaFin v. 01. 08. 2018, Blockchain-Technologie – Gedanken zur Regulierung (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www.bafin.de/dok/11330872). 3 FinTech-Aktionsplan, S. 11.

316

Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

Im Rahmen der Letzteren muss abermals differenziert werden zwischen der europäischen Ebene und weltweit operierenden, supranationalen Organisationen wie der G20.

I. Eckpunktepapier für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token vom BMF und BMJV Der deutsche Gesetzgeber befindet sich erst in einem Anfangsstadium der rechtlichen Auseinandersetzung mit ICOs. Bereits im Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode hatten sich die regierenden Parteien CDU, CSU und SPD jedoch darauf verständigt, die Blockchain-Technologie zum Gegenstand bevorstehender Gesetzesvorhaben zu machen. Wörtlich wird hier ausgeführt, dass die Parteien „eine umfassende Blockchain-Strategie entwickeln und [sich] für einen angemessenen Rechtsrahmen für den Handel mit Kryptowährungen und Token auf europäischer und internationaler Ebene einsetzen“ wollen, „um das Potenzial der Blockchain-Technologie zu erschließen und Missbrauchsmöglichkeiten zu verhindern“.4 Am 7. März 2019 hat das Bundesministerium der Finanzen in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz dementsprechend ein Eckpunktepapier vorgelegt, in welchem unter anderem Grundzüge der bevorstehenden Regulierung von Krypto-Tokens aufgezeigt wurden.5 Die Ministerien führen hierbei ausdrücklich in Bezug auf die beabsichtigte Technologieneutralität der Regulierung aus und entsprechen somit den soeben dargelegten Grundsätzen.6 Demnach sollen „elektronische Wertpapiere“ Gegenstand des Vorhabens sein, welche als Überbegriff verstanden werden, unter welchen dann unter anderem auch Krypto-Tokens zu fassen sein sollen.7 Konkret soll zunächst eine neue Finanzierungsform etabliert werden – die elektronische Schuldverschreibung. Diese soll durch eine entsprechende Anpassung in das bereits bestehende Schuldverschreibungsgesetz integriert werden. Um einen den Gutglaubensvorschriften der §§ 929 ff. BGB entsprechenden Verkehrsschutz zu gewährleisten, sollen die Tokens entweder kraft gesetzlicher Anweisung den Sachen gleichgestellt werden oder einem

4

Koalitionsvertrag 2018, S. 44 (Zn. 1930 ff.). BMF/BMJV v. 07. 03. 2019, Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www. bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilun gen/Abteilung_VII/19_Legislaturperiode/2019-03-07-Eckpunktepapier-Wertpapiere-KryptoToken/2019-03-07-Eckpunktepapier-regulatorische-Behandlung-elektronische-WertpapiereKrypto-Token.pdf?__blob=publicationFile&v=7) (im Folgenden: Eckpunktepapier); hierzu Casper, BKR 2019, 209, 214 ff. 6 Eckpunktepapier, S. 2. 7 Eckpunktepapier, S. 2 f. 5

A. Regulierungsvorhaben auf nationaler und supranationaler Ebene

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Rechtsregime sui generis unterfallen.8 Als potentielle Maßnahmen des Anlegerschutzes werden von den Ministerien unter anderem der komplette Ausschluss von Privatanlegern, die Beaufsichtigung des Emittenten, die zwingende Betreuung des Investments durch Intermediäre oder zusätzliche Informationspflichten angedacht.9 Elektronische Aktien, sprich Equity Tokens im Sinne dieser Arbeit, sollen vom Eckpunktepapier ausdrücklich nicht erfasst sein.10 Utility Tokens fallen nach dem Verständnis der Ministerien de lege lata nicht unter den Begriff des Finanzinstruments und somit nicht unter geltendes Kapitalmarktrecht.11 Auch künftig sollen sie nicht unter die zu schaffende Kategorie der elektronischen Wertpapiere fallen. Stattdessen beabsichtigen die Ministerien, eine Regulierung durch den EU-Gesetzgeber abzuwarten und sehen – wenn überhaupt – eine nationale Übergangslösung vor.

II. Nationale Regulierungsstrategien Als einer der Vorreiter bezüglich der Regulierung von ICOs hat sich die Schweiz hervorgetan.12 Auch hier existieren jedoch nach wie vor keine verbindlichen, gesetzlichen Grundlagen für die Emission von Tokens.13 Allerdings hat der schweizerische Bundesrat ein umfangreiches Dokument veröffentlicht, welches die nach Ansicht der Regierung anwendbaren rechtlich Grundlagen von ICOs beschreibt.14 Dieses Dokument geht weit über die Ausführungen der BaFin zur Thematik hinaus, wodurch ein ansprechendes Maß an Rechtssicherheit für Emittenten in der Schweiz geschaffen wurde. Kern des schweizerischen Ansatzes ist ebenfalls die Einordnung in verschiedene Token-Arten.15 Je nach Ausgestaltung unterfallen diese den kapitalmarkt- oder währungsrechtlichen Gesetzen. Sofern allerdings Hybrid Tokens Elemente mehrerer Token-Gattungen aufweisen, sollen Emittenten kumulativ alle Anforderungen der verschiedenen einschlägigen Rechtsregime zu erfüllen haben.16

8

Eckpunktepapier, S. 3. Eckpunktepapier, S. 3 f. 10 Eckpunktepapier, S. 2. 11 Eckpunktepapier, S. 6. 12 Vgl. Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 568 ff.; ähnlich Fisch, S. 9, 12; Möslein, ZHR 2019, 254, 256 (Fn. 6); Rohr/Wright, S. 52; Stylianou, S. 22; Zetzsche/Buckley/Arner/Föhr, S. 4. 13 Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 569; Dobrauz-Saldapenna/Schrackmann, RdF 2019, 20, 21. 14 Der Bundesrat v. 14. 12. 2018, Rechtliche Grundlagen für Distributed Ledger-Technologie und Blockchain in der Schweiz (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www. newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/55150.pdf) (im Folgenden: Bundesrat Auslegungsgrundsätze). 15 Bundesrat Auslegungsgrundsätze, S. 88 ff. 16 Bundesrat Auslegungsgrundsätze, S. 100. 9

318

Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

In Frankreich hingegen sollen ICOs durch einen eigenen Abschnitt in den gesetzlichen Regelungsrahmen des nationalen Kapitalmarktrechts integriert werden.17 Nach dem französischen Konzept soll es sich bei einem Token um ein rein subsidiäres Instrument halten, welches die entsprechenden Regelungen nur dann auslöst, wenn er nicht unter die Anwendungsbereiche herkömmlicher Finanzinstrumente fällt.18 Das französische Konzept basiert auf der Erteilung freiwillig zu beantragender „visa“, durch welche die französische Aufsichtsbehörde AMF den Emittenten ein Unbedenklichkeitszertifikat ausstellt.19 Hierdurch werden für Emittenten positive Anreize gesetzt, diese Visa einzuholen, um so einen Wettbewerbsvorteil erlangen zu können. Sehr restriktiv geht die amerikanische Aufsichtsbehörde SEC mit ICOs um. Grundlage der Regulierung ist die Einordnung von Tokens unter den Begriff der „investment contracts“, welche als Wertpapiere im Sinne des amerikanischen Rechts gelten. Dies wird durch Anwendung des sogenannten „Howey Tests“ festgestellt.20 Voraussetzung für das Vorliegen eines Investment Contracts ist hiernach lediglich das Überlassen von Kapital mit der Absicht zur Erzielung von Profiten, die ausschließlich von den Anstrengungen des Emittenten abhängen.21 Der US Supreme Court hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass hierfür bereits die Erwartung von Wertsteigerungen und deren Realisierung über den Sekundärmarkt ausreichend ist.22 Dies umfasst also auch Utility Tokens. Da insofern sämtliche ICOs von den geltenden Regelungen umfasst sind, besteht insoweit kein unmittelbarer Bedarf nach weiterer Regulierung.

III. EU-Kommission Auch auf Ebene der Europäische Union wurde begonnen, sich mit der Thematik von ICOs auseinanderzusetzen. In ihrem am 8. März 2018 veröffentlichten FinTechAktionsplan beschreibt die EU-Kommission ihr beabsichtigtes Vorgehen. In Zusammenarbeit mit anderen internationalen Akteuren wurde vereinbart, das Jahr 2018 zur Beobachtung von Entwicklungen des Marktes zu nutzen und hierbei Risiken und Chancen zu evaluieren sowie die Brauchbarkeit des geltenden Rechtsrahmens zu

17

Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 570; vgl. auch Stylianou, S. 22 f. Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 570. 19 Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 570 f.; vgl. zusätzlich Spindler, WM 2018, 2109, 2111. 20 Amsden/Schweizer, S. 9; Frank-Fahle/Sauter/Schmidt, IWRZ 2019, 122, 123 (Fn. 5); Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 97; Maume/Fromberger, S. 17 f.; Spindler, WM 2018, 2109, 2111; Zickgraf, AG 2018, 293, 297. 21 Frank-Fahle/Sauter/Schmidt, IWRZ 2019, 122, 123; Langenbucher, AcP 2018, 385, 420; Maume/Fromberger, S. 18; Spindler, WM 2018, 2109, 2111; Zickgraf, AG 2018, 293, 297. 22 Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 97; Langenbucher, AcP 2018, 385, 420; Spindler, WM 2018, 2109, 2111. 18

A. Regulierungsvorhaben auf nationaler und supranationaler Ebene

319

analysieren.23 Hieraus sollte ein etwaiges Bedürfnis an weitergehender, unionsrechtlicher Regulierung abgeleitet werden.24 In der Folge haben ESMA und EBA jeweils am 9. Januar 2019 Vorschläge veröffentlicht, die sich inhaltlich ähneln.25 Um etwaige Lücken hinsichtlich solcher Tokens, die bereits nach geltendem Rechtsrahmen als Finanzinstrumente anzusehen sind, zu schließen, sollen insbesondere die unter das Aufsichtsregime fallenden Tätigkeiten angepasst werden.26 Zusätzlich sollen Emittenten dazu verpflichtet werden, den zugrundeliegenden Smart Contract einer Überprüfung zur Verfügung zu stellen.27 Anknüpfungspunkt der vorgeschlagenen Regulierung sind im Übrigen hauptsächlich die Kryptobörsen und der Sekundärmarkt, weniger jedoch die erstmalige Emission von Tokens in Form der ICOs.28 Gleichzeitig sehen ESMA und EBA auch viele Tokens als nicht vom EUKapitalmarktrecht umfasst an.29 Beabsichtigt ist, dass künftig alle Tokens, also auch solche, die nach geltender Rechtslage nicht als Finanzinstrumente eingeordnet werden können, unter das europäische Kapitalmarktrecht fallen.30 In diesem Zusammenhang wird insbesondere auch auf weitergehende Publizitätspflichten verwiesen.31 Generell warnt die ESMA jedoch davor, dass durch eine umfassende Regulierung die Anerkennung von ICOs steigen könnte, was ihr bereits prinzipiell nicht förderungswürdig erscheint.32 Von der EU-Kommission selbst gab es bislang allerdings keine weiteren Ausführungen zu einer etwaigen Regulierung von ICOs.33 Kurzfristig wurden Überlegungen angestellt, ICOs innerhalb der wahrscheinlich im Jahre 2019 zu verabschiedenden EU-Crowdfunding-Verordnung34 zu regeln.35 Im Ergebnis konnte sich 23

FinTech-Aktionsplan, S. 8. FinTech-Aktionsplan, S. 8. 25 ESMA v. 09. 01. 2019, Advice Initial Coin Offerings and Crypto-Assets (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma50-1 57-1391_crypto_advice.pdf) und EBA, v. 09. 01. 2019, Report with Advice for the European Commission on Crypto-Assets (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://eba.europa.eu/ documents/10180/2545547/EBA+Report+on+crypto+assets.pdf). 26 ESMA, Advice Initial Coin Offerings and Crypto-Assets, Rn. 172 ff. 27 ESMA, Advice Initial Coin Offerings and Crypto-Assets, Rn. 174. 28 ESMA, Advice Initial Coin Offerings and Crypto-Assets, Rn. 176. 29 EBA, Report with Advice for the European Commission on Crypto-Assets, Rn. 71; ESMA, Advice Initial Coin Offerings and Crypto-Assets, Rn. 179. 30 ESMA, Advice Initial Coin Offerings and Crypto-Assets, Rn. 183; ähnlich EBA, Report with Advice for the European Commission on Crypto-Assets, Rn. 71 ff. 31 ESMA, Advice Initial Coin Offerings and Crypto-Assets, Rn. 184; EBA, Report with Advice for the European Commission on Crypto-Assets, Rn. 66 ff. 32 ESMA, Advice Initial Coin Offerings and Crypto-Assets, Rn. 185. 33 Vgl. Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 490. 34 EU-Kommission v. 08. 03. 2018, COM/2018/0113 final – 2018/048 (COD), Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen. 24

320

Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

dieser Vorschlag jedoch nicht durchsetzen, da das Europäische Parlament in seiner ersten Lesung zu dem Schluss kam, dass ICOs und Crowdfunding nicht die notwendige Nähe aufweisen, um innerhalb eines Rechtsakts reguliert zu werden.36 Lediglich im Rahmen der Geldwäscheprävention kam es hinsichtlich virtueller Währungen zu einer Anpassung der Rechtslage. Durch eine Änderungsrichtlinie vom 30. Mai 2018 (Richtlinie (EU) 2018/843) zur Geldwäsche-RL wurde eine Definition des Begriffs der virtuellen Währungen (Art. 3 Nr. 18 Geldwäsche-RL) und ein Regulierungsauftrag in Bezug auf Kryptobörsen (Art. 47 Abs. 1 Geldwäsche-RL) geschaffen.

IV. G20 Auch auf internationaler Ebene sind ICOs Gegenstand von Regulierungsbemühungen. So beriet die Finanzministerkonferenz der G20, ein Verbund der 19 wirtschaftlich stärksten Industrie- und Schwellenländer und der EU37, am 19./20. März 2018 über eine mögliche, weltweit einheitliche Regulierung von ICOs.38 Vereinbart wurde hierbei, dass sich verschiedene internationale Organisationen unter dem Dach der G20 mit der Thematik auseinandersetzen und Beschlussvorschläge abgeben. Konkretisierungen ergaben sich auf dem Folgetreffen der Finanzministerkonferenz in Japan. Hierbei wurde beschlossen, dass die Richtlinien der Financial Action Task Force39 adaptiert werden soll. Diese weisen durchaus konkrete Handlungsvorgaben auf, beziehen sich jedoch schwerpunktmäßig auf Geldwäscherisiken.40 Um die Informationsasymmetrien und Verletzungen der Finanzierungfreiheit zu beheben, sind die vorgenommenen Handlungen also nicht ausreichend.

35 Aschenbeck/Drefke, RdF 2019, 12, 17; Klein/Nathmann, BB 2019, 1158, 1165; Read/ Gräslund, CF 2018, 313, 316. 36 Fox, Bericht über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen, Erwägungsgründe (11a), (15a) und (15b) (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter http://www.europarl.europa.eu/ doceo/document/A-8-2018-0364_DE.html). 37 Bundesregierung, Die G20 (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www.bundes regierung.de/breg-de/themen/g7-g20/die-g20-387324). 38 BT-Drs. 19/5868, S. 21. 39 FATF, Virtual Assets and Virtual Assets Service Providers (zuletzt abgerufen am 05. 07. 2019 unter http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/recommendations/RBA-VA-VASPs. pdf) (im Folgenden: FATF-Guidelines). 40 FATF-Guidelines, S. 4.

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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B. Maßnahmen hinsichtlich des Abbaus von Informationsasymmetrien Das hier vorgeschlagene regulatorische Konzept zum Abbau von Informationsasymmetrien auf dem ICO-Markt knüpft in einem primären Schritt an die Unterscheidung von Coins und Tokens an. Nach den zu Beginn dieser Arbeit getätigten Aussagen handelt es sich bei Coins um die inhärenten Wertträger eines neuartigen Blockchain-Systems. Dies meint also Currency Tokens, die innerhalb eines derartigen Netzwerks als Leitwährung fungieren. Umfasst sind hiervon etwa Bitcoins im Rahmen der Bitcoin-Blockchain oder Ether im Rahmen der Ethereum-Blockchain. Tokens hingegen repräsentieren ein bestimmtes Recht gegenüber einem konkreten Emittenten. Der Emittent hat in diesem Fall einen Smart Contract auf einem der soeben beschriebenen Blockchain-Systeme programmiert, welches als technologischer Unterbau des mit dem Token betriebenen Geschäftsmodells fungiert. Dies erfasst alle Arten von Tokens der Modelle 2 bis 5, die heute standardmäßig auf der Ethereum-Blockchain emittiert werden. ICOs, die Currency Tokens emittieren, werden also einer eigenständigen regulatorischen Behandlung unterworfen, während Tokens aller anderen Modelle einem einheitlichen Konzept unterfallen sollen.

I. Integration von Currency Tokens in das ZAG Coins sollten in bank- und kapitalmarktrechtlicher Hinsicht als E-Geld definiert werden und somit in das Aufsichtsregime des ZAG integriert werden.41 Ausreichend hierfür wäre die Ergänzung eines § 1 Abs. 2a ZAG, der die Ausgabe von einem elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherten monetären Wert, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge i.S.d. § 675 f Abs. 4 Satz 1 BGB durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird, der nicht in Form einer Forderung an den Emittenten besteht, untersagt. Gegebenenfalls könnte eine derartige Vorschrift systematisch auch den §§ 63 ff. ZAG beizuordnen sein, der Straf- und Bußgeldvorschriften enthält. Inhaltlich würde somit die Emission von Currency Tokens, die ausschließlich aufgrund des Fehlens eines zentralen Emittenten nicht unter den Begriff des E-Geldes fallen, untersagt.42 Folge hiervon wäre ein, unter Umständen strafbewehrtes, Verbot von dezentral verwalteten virtuellen Währungen. Dies würde unter anderem auch die Kryptowährungen der renommierten Bitcoin- und Ethereum-Blockchains betreffen. 41 Dies ebenfalls in Betracht ziehend Danwerth/Hildner, BKR 2019, 57, 63; vgl. auch Balzli, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 6 Rn. 49. 42 Ähnlich Casper, BKR 2019, 209, 217.

322

Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

Currency Tokens, die nicht unter das Verbot fielen, würden hiernach unter den Begriff des E-Geldes gem. § 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG zu fassen sein. Um das soeben vorgeschlagene Verbot zu umgehen, müssten Currency Tokens derart gestaltet werden, dass sie eine Forderung gegenüber dem entsprechenden Emittenten darstellen. Die Einordnung als E-Geld geht jedenfalls auch mit einem gesetzlichen Anspruch des Investors auf Rücktausch einher (§ 33 Abs. 1 Satz 2 ZAG). Gleichzeitig würde hierdurch auch das zweite, bei der Einordnung von Currency Tokens unter den E-Geld-Begriff de lege lata problematische Tatbestandsmerkmal adressiert – nämlich die fehlende Ausstellung gegen einen Geldbetrag. Sofern Currency Tokens unter den Begriff des E-Gelds fallen, so gilt auch die Ausgabe von Currency Tokens gegen andere Kryptowährungen im Rahmen eines ICOs als Ausgabe gegen einen Geldbetrag.43 Ein ICO von Coins wäre dementsprechend als Ausgabe von E-Geld i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 ZAG zu qualifizieren, unabhängig davon, ob die Investments der Anleger in Form von gesetzlichen oder virtuellen Zahlungsmitteln erfolgen. Da zwingend eine Forderung gegeben sein muss, um das soeben postulierte Verbot zu umgehen, wird es bei einem ICO von Currency Tokens künftig in jedem Fall einen zentralen Emittenten geben. Dieser wäre demzufolge als E-Geld-Emittent i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 ZAG einzuordnen. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass auch das Erzeugen neuer Coins nach Abschluss des ICOs als Ausgabe von E-Geld gewertet werden könnte. Dies gilt unabhängig davon, ob neue Coins auf Grundlage des „Proof-of-Work“-Prinzips durch Mining erzeugt werden oder auf Basis des „Proof-of-Stake“-Ansatzes verteilt werden. Die Erzeugung fortlaufend neuer Tokens ist jedoch als Incentive für die Teilnehmer notwendig, damit diese dem Netzwerk ihre Rechenleistung zur Verfügung stellen.44 Erst hierdurch ist die Funktionalität und Sicherheit der BlockchainTechnologie gewährleistet. Unabhängig davon, ob nun das hinter dem BlockchainSystem stehende Unternehmen oder der einzelne Nutzer, der den jeweiligen Coin zugesprochen bekommt, als Emittent dieser Coins anzusehen wäre, sollte dies nicht als Ausgabe von E-Geld bewertet werden. Denn das Auslösen der Instrumente des ZAG bei einer derartigen Erschaffung neuer Coins, die z. B. im Rahmen des BitcoinSystems alle zehn Minuten erfolgt45, wäre unverhältnismäßig und würde jegliche Funktionalität von blockchain-basierten Währungen gefährden. Demenentsprechend sollte das Mining bzw. Minting nach einem ICO ausdrücklich vom Anwendungsbereich des E-Geld-Geschäfts ausgenommen werden; denkbar wäre die Schaffung eines § 1 Abs. 2a Satz 2 ZAG. Ausschließlich die erstmalige Emission der 43 Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1a Rn. 50; Aschenbeck/Drefke, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 5 Rn. 358; Terlau, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 24; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1a ZAG Rn. 20. 44 Boehm/Pesch, MMR 2014, 75, 76; Kaulartz/Matzke, NJW 2018, 3278, 3278; Richter/ Augel, FR 2017, 937, 939; Schroen, DStR 2019, 1369, 1369; Veil, ZHR 2019, 346, 351. 45 Dietsch, MwStR 2018, 250, 251; Kaulartz, CR 2016, 474, 476; Langenbucher, AcP 2018, 385, 404; Lutzenberger, GmbHR 2018, 794, 795; Pinkernell, Ubg 2015, 19, 20.

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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Genesis-Blöcke im Rahmen eines Currency-ICOs sollte unter das Regelungsregime des ZAG fallen. Generell wird derartigen Verboten in ökonomischer Hinsicht markt- und innovationseinschränkende Wirkung zugesprochen. Gleichzeitig steht dies als Eingriff in die Berufsfreiheit der Emittenten unter Gesetzesvorbehalt und den entsprechenden verfassungsrechtlichen Einschränkungen (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Dementsprechend bedarf ein solcher Schritt unter Beachtung des Grundsatzes der ökonomischen Effizienz der besonderen Rechtfertigung. 1. Stärkung des Vertrauens in Blockchain-Währungen Die Einordnung von Kryptowährungen als E-Geld versteht sich als Antwort auf das festgestellte Vertrauensdefizit. Dieses resultiert aus der fehlenden Anwendbarkeit des Bank- und Kapitalmarktrechts auf ICOs, die Coins emittieren, sowie der hierdurch bedingten fehlenden Funktionalität des Marktes für Kryptowährungen. In ökonomischer Hinsicht ist bei der Bewertung einer Währung zu unterscheiden zwischen dem Vorliegen von Geld und der Funktionalität der entsprechenden Geldeinheiten. Erfüllen die zu untersuchenden Werteinheiten die ökonomischen Geldfunktionen, so liegt in ökonomischer Hinsicht Geld vor. Innerhalb dieser Funktionalitäten existieren jedoch Unterschiede. Einzelne Währungen erfüllen die Funktionalitäten hervorragend, sodass sie als Leitwährung eines Wirtschaftssystems herangezogen werden können und sich positiv auf die Effizienz dieses Systems auswirken. Andere Werteinheiten, wie etwa der Bitcoin, erfüllen diese Funktionalitäten zwar ebenfalls, allerdings zu einem geringeren Grad. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass es nach wie vor zu hohen Kursschwankungen kommt und die Einsatzmöglichkeiten als Zahlungsmittel auf wenige Ausnahmefälle begrenzt sind. Auch Unternehmen, die derartige Kryptowährungen in einem ICO ausgeben, sind hierdurch an einer effizienten Kapitalaufnahme gehindert. Wie bereits angedeutet wurde, resultieren die soeben benannten Problematiken aus dem mangelnden Vertrauen des Marktes in die Werthaltigkeit von Kryptowährungen. Denn, wie im Verlaufe dieser Arbeit bereits beschrieben wurde, kann das Konzept einer Währung nur dann funktionieren, wenn die Marktteilnehmer darauf vertrauen, dass die betreffende Währung zu einem späteren Zeitpunkt als Tauschmittel eingesetzt werden kann.46 Die Grundlagen solchen Vertrauens in Geld haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. Zunächst vertrauten die Menschen auf den Materialwert des Tauschmittels, später auf die Deckung der Währung durch Goldreserven und schließlich auf eine hinter einer Währung stehende Zentralbank.47 46

Langenbucher, AcP 2018, 385, 389; Lerch, ZBB 2015, 190, 191 f.; speziell für ICOs Krüger/Lampert, BB 2018, 1154, 1154. 47 Hingst/Lösing, ZDAR, § 2 Rn. 8; Langenbucher, AcP 2018, 385, 389 ff.; Lerch, ZBB 2015, 190, 191 f.; Omlor, ZHR 2019, 294, 297.

324

Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

Fehlt hingegen ein derartiger anerkannter Vertrauenstatbestand, kommt es zu Einschränkungen der Effizienz des gesamten auf der jeweiligen Währung aufbauenden Wirtschaftssystems. Unter diesem funktionalen Aspekt betrachtet, muss die Wertigkeit eines Tauschmittels vor jeder Transaktion für die konkrete Situation neu bestimmt werden, sofern den Vertragspartnern das Vertrauen in die dauerhafte Wertigkeit der Währung fehlt. Hierdurch entstehen den Marktteilnehmern effizienzschädigende Transaktionskosten für die notwendige Informationsbeschaffung. Auch auf dem momentan herrschenden Markt für virtuelle Währungen ist dies der Fall. Dies betrifft einerseits Anleger, die im Rahmen eines ICOs in derartige Coins investieren wollen, denn um im Hinblick auf Currency Tokens zu einer rationalen Anlageentscheidung zu gelangen, müssen die Anleger Informationen über alle wertbildenden Faktoren einer Kryptowährung einholen. Dies umfasst etwa die Einsatzmöglichkeiten, die Erfolgsaussichten des zu entwickelnden Netzwerks, den Emittenten und auch die allgemeine Entwicklung des Krypto-Markts (s. o.). Nur dann können sie die durch den emittierten Currency Token repräsentierte Kaufkraft rational bestimmen und für sich evaluieren. Andererseits betrifft das auch Marktteilnehmer, die eine Leistung anbieten und dafür Coins erhalten. Auch diese müssen die entsprechenden Informationen besitzen, um zu einer rationalen Preisbildung gelangen. Gleichzeitig sind mit fehlendem Vertrauen in Geld auch schwerwiegende systemische Risiken verbunden. Virtuelle Währungen unterfallen dabei denselben ganzheitlichen Risiken wie herkömmliche Währungen.48 Denn auch Coins sind stets darauf ausgelegt, als Grundlage eines Wirtschaftskreislaufs zu fungieren. Dies bedeutet, dass im Erfolgsfall der Etablierung eines Blockchain-Systems ganze Wirtschaftssysteme entstehen, die von der Wertigkeit des jeweiligen Currency Tokens abhängig sind. Würde z. B. die Leitwährung Ether des Ethereum-Netzwerks jegliches Vertrauen der Marktteilnehmer verlieren, wären dadurch auch sämtliche Unternehmen betroffen, die Smart Contracts auf Ethereum programmiert haben. Hierdurch würde eine Vielzahl von Unternehmen in ihrem Bestand gefährdet, was auch für die gesamte Volkswirtschaft nachteilige Folgen hätte. Aus den soeben beschriebenen Risiken und Einschränkungen von virtuellen Währungen ergibt sich bereits, dass ein entsprechender Vertrauenstatbestand im Rahmen von Currency Tokens nicht existiert. Das Vertrauen in die Wertigkeit eines einzelnen Currency Tokens ist vielmehr grundlos und Ausdruck einer momentanen Stimmung des Marktes. Dies liegt darin begründet, dass die Wertigkeit eines Bitcoins alleine von Angebot und Nachfrage abhängt und eine Annahmeverpflichtung nicht existiert. Sobald keine Nachfrage mehr besteht, ist also auch die Wertigkeit des betreffenden Coins verschwunden.49 Manche Autoren verweisen hingegen darauf, dass im Rahmen der virtuellen Währungen die technische Grundlage, also die

48 49

Ebenso Lerch, ZBB 2015, 190, 197; ähnlich Hofert, Regulierung der Blockchains, S. 168. Lerch, ZBB 2015, 190, 198.

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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Blockchain-Technologie, Anknüpfungspunkt von Vertrauen sein kann.50 Dies kann nicht überzeugen.51 Denn die Blockchain-Technologie an sich garantiert gerade kein stetiges Maß an Nachfrage oder auch nur zumindest eine dauerhafte Einsatzmöglichkeit. Stattdessen vermag die Technologie lediglich aufgrund ihrer potentiellen Einsatzmöglichkeiten ein breit gefächertes Interesse und eine gewisse Faszination des Marktes zu begründen. Insoweit bewirkt sie – zumindest momentan – ein stark schwankendes Maß an Nachfrage bezüglich Currency Tokens. Die BlockchainTechnologie als solche ist aber gerade kein Garant einer dauerhaften Einsatzmöglichkeit als Tauschmittel oder ein dauerhaft wertstiftendes Element. Sie taugt daher auch nicht als Vertrauensgrundlage eines Währungssystems. Um die Funktionalität der Kryptowährung eines Blockchain-Systems zu gewährleisten, ist daher die Schaffung eines rechtlichen Vertrauenstatbestands notwendig. 2. Effizienzsteigernde Wirkung des Aufsichtsregimes des ZAG Der benötigte, rechtlich gestaltete Vertrauenstatbestand kann durch Integration der Currency Tokens in das Regelungsregime des ZAG geschaffen werden. Das Vertrauen des Marktes in die Funktionalität der jeweiligen Kryptowährung als werthaltiges Tauschmittel ergibt sich in diesem Fall aus zwei wesentlichen Aspekten: der Erlaubnispflichtigkeit des E-Geld-Geschäfts gem. § 11 Abs. 1 ZAG und der Rücktauschverpflichtung gem. § 33 Abs. 1 Satz 2 ZAG. a) Erlaubnisvorbehalt und Rücktauschverpflichtung Bereits die europarechtlichen Grundlagen gehen ausdrücklich davon aus, dass der in § 33 Abs. 1 Satz 2 ZAG niedergelegte Rückzahlungsanspruch der Anleger das Vertrauen des Marktes in die Wertigkeit der betreffenden E-Geld-Einheiten stärkt (Erwägungsgrund (18) E-Geld-RL). Die Verpflichtung des Emittenten, ausgegebene Currency Tokens in gesetzliche Zahlungsmittel zurückzutauschen, ermöglicht dem jeweiligen Inhaber des Currency Tokens stets den Umtausch seines Tokens in gesetzliche Zahlungsmittel. Demzufolge könnten Token-Inhaber selbst bei sich fortsetzendem Mangel an Einsatzmöglichkeiten durch einen Zwischenschritt an funktionale Tauschmittel innerhalb des Wirtschaftskreislaufs gelangen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass durch die staatliche Absicherung der Werthaltigkeit weitere Akzeptanzstellen hinzukommen. Zu verweisen sei hier z. B. auf die als E-Geld einzustufende Zahlungsdienstleistung der PayPal (Europe) S.à r.l. & Cie, S. C. A.,

50 Glatz, in: Hartung/Bues/Halbleib, Legal Tech, Rn. 1212; Lerch, ZBB 2015, 190, 192; vgl. auch Langenbucher, AcP 2018, 385, 395; Teichmann, ZfPW 2019, 247, 268. 51 Ebenso Werbach, BTLJ 2018, 487, 494 f.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

deren Bezahlsystem zumindest im Rahmen des Online-Handels flächendeckend akzeptiert wird.52 Die generellen ökonomischen Auswirkungen eines Erlaubnisvorbehalts wurden bereits beschrieben. In Bezug auf die soeben dargestellten Aspekte des Rücktauschanspruchs würde der Erlaubnisvorbehalt dafür sorgen, dass nur solche Institute zur Ausgabe von Currency Tokens berechtigt sind, die die finanzielle und personelle Eignung aufweisen, derartige Rückzahlungsansprüche auch bedienen und verwalten zu können. Die Gesamtheit der Anleger könnte dementsprechend durch die an die BaFin delegierte Überprüfung der Emittenten darauf vertrauen, dass die von ihnen gehaltenen Coins auch in Zukunft als werthaltige Tauschmittel im Wirtschaftskreislauf eingesetzt werden können oder zumindest in ein solches zurückgetauscht werden können. Die Erteilung der Erlaubnis wird dabei an die Erfüllung von Anforderungen in Bezug auf das Kapital des Unternehmens, dessen Organisation und Geschäftsführung und das Risikomanagement geknüpft (vgl. § 12 ZAG). E-Geld-Emittenten müssen sich hierbei einer ähnlichen Überprüfung unterziehen lassen wie Banken i.R.d.§ 32 Abs. 1 KWG.53 Dabei sind jedoch die Anforderungen an die Erteilung der ZAG-Erlaubnis geringer, was sich anhand der im Verhältnis zum Bankensektor auch schwächer ausfallenden systemischen Risiken ergibt.54 Dementsprechend sind auch die in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 – 4 ZAG aufgezählten Arten von Kreditinstituten, die bereits dem KWG unterfallen oder aus anderen teleologischen Gründen besonders kreditwürdig erscheinen, nicht unter den Erlaubnisvorbehalt des ZAG zu fassen.55 Das so hergestellte Vertrauen würde sich neben der generell erhöhten Annahmebereitschaft in Hinblick auf Kryptowährungen auch in funktionaler Hinsicht manifestieren. Gemeint ist hiermit, dass sich Marktteilnehmer die für diesen Aspekt maßgeblichen Angaben nicht länger durch eigenständige Information selbst erarbeiten müssten. In Bezug auf die Belastung von Rechtsgeschäften mit Currency Tokens durch Transaktionskosten hätte dies gleich mehrere ökonomische Vorteile. Zum einen können Informationen durch professionelle, zentrale Stellen besser verarbeitet werden als durch einzelne Anleger. Der hieraus abgeleitete und geschaffene Vertrauenstatbestand ist also verlässlicher. Zweitens ist die zentrale Informationsverarbeitung mit geringeren Transaktionskosten verbunden als die massenhafte, eigenständige Verarbeitung durch jeden einzelnen Anleger. Insoweit beruht dieses Konzept auf dem Grundgedanken des bereits angesprochenen Prinzips der 52 Aschenbeck/Drefke, in: Klebeck/Dobrauz, Digitale Finanzdienstleistungen, Kap. 5 Rn. 222; Fetzer, in: MüKo BGB, Bd. III, § 362 Rn. 31; Lingert/Weiler, ZAP 2018, 595, 597; Söbbing, BKR 2016, 360, 361. 53 Danwerth/Hildner, BKR 2019, 57, 63; Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 492. 54 Casper/Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, Einleitung Rn. 6; Hingst/Lösing, ZDAR, § 7 Rn. 4; Danwerth/Hildner, BKR 2019, 57, 63. 55 Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1a Rn. 13 ff.; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1a ZAG Rn. 5 ff.; Koch/Reinicke, ZAG, S. 72 f.

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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delegierten Überwachung. Das durch die Integration in das ZAG geschaffene Vertrauen in die Emittenten von Kryptowährungen wäre also mit zentralen ökonomischen Vorteilen verbunden. b) Möglichkeit der systemgetreuen Integration Zusätzlich zu diesen beiden Kernaspekten des Vertrauenstatbestands ist auch das gesamte restliche Regelungsregime des ZAG für eine effiziente Regulierung von Currency Tokens fruchtbar zu machen. Schließlich stellt sich die Integration von virtuellen Währungen in das ZAG keinesfalls als systemwidrig dar. Denn schon aus der Rechtshistorie des ZAG ergibt sich, dass die Einordnung von virtuellen Währungen vielmehr aus technologischen und teleologischen Gründen naheliegend erscheint. So lag bereits der erstmaligen Regulierung von E-Geld (damals konkret am Begriff des „Netzgeldgeschäfts“ ausgerichtet) das Verständnis zugrunde, dass EGeld als dritte Säule von Zahlungsmitteln neben Bar- und Buchgeld angesehen werden sollte.56 Dementsprechend wurden die Regelungen zum Begriff des E-Gelds bewusst „technisch neutral“ formuliert.57 Um unter den E-Geld-Begriff zu fallen, ist in technologischer Hinsicht ausreichend, dass die Einheiten elektronisch gespeichert werden (§ 1a Abs. 2 Satz 3 ZAG). Ob dies nun durch die damals noch unbekannte Blockchain-Technologie erfolgt oder in anderer Weise, kann hiernach keinen Unterschied machen. Insoweit stellt sich eher der nach aktueller Rechtslage geltende Ausschluss von Kryptowährungen als systemwidrig dar, denn die Regelungen des ZAG verfolgen gerade übergeordnete aufsichtsrechtliche Zwecke, die auf die Regulierung von virtuellen Währungen übertragbar sind. Einerseits werden diese konkretisiert durch das Abzielen auf die Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs.58 Andererseits sollen gerade auch die systemischen Risiken adressiert werden, welche von Zahlungsinstituten ausgehen.59 Dies entspricht den soeben ausgeführten Problematiken des mangelnden Vertrauens in virtuelle Währungen. 3. Kein Verlust der ökonomischen Vorteile Gleichzeitig wäre die Anwendung des ZAG auf Emittenten von Currency Tokens auch nicht mit überwiegenden nachteiligen ökonomischen Folgen verbunden. Zwar sehen in Hinblick auf die Finanzkrise des Jahres 2008 viele Anhänger der Krypto56

BT-Drs. 13/7142, S. 64 f.; vgl. auch Casper/Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1a Rn. 40; Hingst/Lösing, ZDAR, § 7 Rn. 2. 57 Vgl. Casper/Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, § 1a Rn. 43; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1a ZAG Rn. 15; Hingst/Lösing, ZDAR, § 7 Rn. 6; Hofert, Regulierung der Blockchains, S. 165; Diekmann/Wieland, ZBB 2011, 297, 299. 58 Casper/Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, Einleitung Rn. 9; Terlau, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 5; Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 1a ZAG Rn. 10. 59 Casper/Terlau, in: Casper/Terlau, ZAG, Einleitung Rn. 6.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

Szene einen der Hauptvorteile der Blockchain in ihrer Unabhängigkeit von staatlichen Stellen und dem ebenfalls als verwerflich erachteten Bankensystem. In politischer Hinsicht mag diesem Argument sogar Gehalt beigemessen werden, z. B. wenn sich die Opposition in Diktaturen pseudonymisiert durch Bitcoins finanziert oder nicht alle Bürger eines Landes flächendeckend Zugang zu einem Bankkonto haben.60 Hauptsächlich stellt sich diese Begeisterung für die Dezentralisierung jedoch als verklärter Blick auf die Blockchain als pseudo-anarchistische und radikal basisdemokratisch organisierte Einheit dar.61 In ökonomischer Hinsicht besteht allerdings an der vollkommenen Unabhängigkeit von einer dezentralen Stelle kein überwiegendes Bedürfnis. Erst recht gilt, dass die extrem sensiblen Vorgänge der Kontrolle einer Währung nicht auf ein Blockchain-System übertragen werden sollten.62 Dies liegt zum einen in der Möglichkeit nicht mehr rückgängig zu machender Fehler begründet. Zum anderen erfordert diese Aufgabe auch ständige Anpassungen an sich entwickelnde wirtschaftliche Gegebenheiten. Diesen sollte nicht mit unveränderbaren, zu einem bestimmten Stichtag programmierten und automatisiert ablaufenden Smart Contracts begegnet werden. Weiterhin ist zu beachten, dass sich die ökonomischen Vorteile, welche die Blockchain-Technologie bietet und die tatsächlich die Effizienz eines Marktes steigern können, auch dann weitestgehend realisieren lassen, wenn ein zentraler Emittent hinter der jeweiligen Kryptowährung steht. Dies meint in besonderer Weise die Reduzierung von Transaktionskosten durch die Automatisierung von Rechtsgeschäften. Denn selbst wenn de lege feranda zentrale Emittenten zwingend vorgesehen wären, würden die entstehenden Transaktionskosten durch eine Abwicklung von Zahlungen über die Blockchain-Technologie im Verhältnis zur momentanen Praxis gesenkt. Die Emittenten werden nämlich nur zum Zeitpunkt des Ein- und des Ausstiegs in ein Blockchain-System befasst. Die einzelnen Transaktionen hingegen könnten dennoch automatisiert über die Blockchain abgewickelt werden. Hierfür dürften insoweit wesentlich geringere Transaktionskosten anfallen als bei der Einbeziehung von privatwirtschaftlichen Intermediären bei sämtlichen Zahlungsvorgängen im Rahmen der herkömmlichen Zahlungsdienste. Auch die Einführung eines Erlaubnisvorbehalts für die Emission von Currency Tokens ändert nichts an der ökonomischen Bewertung. Zwar können insbesondere die hiermit verbundenen Vorgaben an die Ausstattung mit Eigenkapital prohibitiv wirken, allerdings erscheint dies in Hinblick auf die systemischen Risiken des Vertrauensverlusts für ganze Blockchain-Systeme auch legitim. Denn Emittenten einer neuen Kryptowährung, deren Geschäftsmodell regelmäßig darauf abzielt, als Grundlage eines eigenständigen Wirtschaftssystems anerkannt zu werden, sollten 60

Vgl. Lerch, ZBB 2015, 190, 195. Terlau, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. I, § 55a Rn. 130; Lerch, ZBB 2015, 190, 191; Robinson, S. 23; Seitz, K&R 2017, 763, 768; Simmchen, MMR 2017, 162, 163; ähnlich Knaier/Wolff, BB 2018, 2253, 2258. 62 Ebenso Linardatos, DB 2018, 2033, 2033 f. 61

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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nach hier vertretener Ansicht auch gewisse Kapitalanforderungen und sonstige Voraussetzungen erfüllen müssen, da sie innerhalb dieses Blockchain-Systems entscheidende Funktionen einnehmen, ähnlich einer Notenbank63. Die Rolle der Emittenten zeichnet sich daher durch besondere Bedeutung, aber auch besondere Risiken aus. Sie sollten folglich vor Durchführung ihres ICOs gewisse Standards einhalten müssen, um die Entwicklung eines ökonomisch tragfähigen Systems garantieren zu können. Im Übrigen sind die Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung, wie bereits beschrieben wurde, im Verhältnis zu den entsprechenden Auflagen an Banken gering. Dennoch werden die Einordnung von Currency Tokens und die hiermit verbundenen Anforderungen sicherlich dafür sorgen, dass einige Unternehmen eine derartige Emission unterlassen. Für diese Unternehmen wäre die hier vorgeschlagene Regulierung also mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Gleichzeitig sorgt der Ausschluss finanzschwacher Emittenten vom ICO-Markt jedoch für gesteigertes Vertrauen des Marktes in die Coins, die tatsächlich emittiert werden. Dies würde mit einer erhöhten Funktionalität von Kryptowährungen einhergehen, was insbesondere auch auf die auf diesen aufbauenden Blockchain-Systeme durchschlagen sollte. Hiermit einhergehend würden also Gewinne für die Gesamtheit des Krypto-Wirtschaftskreislaufs entstehen, die ausreichen würden, um die Verlierer hypothetisch zu entschädigen. Nach dem Kaldor/Hicks-Kriterium wäre damit eine effizientere Rechtslage für derartige ICOs geschaffen. 4. Ergebnis und Übergangsvorschriften Im Ergebnis sollte also dem fehlenden Vertrauen des Wirtschaftssystems in Kryptowährungen durch eine Einbindung in das ZAG begegnet werden. ICOs, die Currency Tokens emittieren, werden hierdurch unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt. Hierdurch wird deren Anzahl wohl weiter zurückgehen. Allerdings besteht zumindest aus wirtschaftlicher Hinsicht kein Bedürfnis an der Emission weiterer erratisch an Wert gewinnender und verlierender Kryptowährungen ohne nennenswerte Einsatzmöglichkeit. Aufgrund der größeren Risiken, die mit den Netzwerken eines eigenständigen Blockchain-Systems einhergehen, gilt, dass bei derartigen ICOs die Qualität in ökonomischer Hinsicht wichtiger zu werten sein sollte als bloße Quantität. Für bestehende Blockchain-Netzwerke, insbesondere Ethereum, sollte jedoch die Möglichkeit einer rückwirkenden Erlaubniserteilung geschaffen werden. Denn Ethereum ist bereits jetzt die Basis für einen Wirtschaftskreislauf, dessen Erhalt in ökonomischer Hinsicht förderlich wäre.

63

Vgl. Höhlein/Weiß, RdF 2019, 116, 120.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

II. Mehrstufiges Regulierungskonzept für Tokens der Modelle 2 bis 5 und Hybrid Tokens Die Behebung der Informationsasymmetrien im Rahmen der Emission von anderen Arten an Tokens sollte durch das Kapitalmarktrecht geleitet werden. Im Gegensatz zu den Currency Tokens, die auch die abstrakten Merkmale des Wertpapierbegriffs aufweisen, sind diese gerade nicht als intrinsische Zahlungsmittel oder Währung eines Netzwerks mit eigenständigem Wirtschaftskreislauf konzipiert. Dies bedeutet also, dass derartige Tokens nach Sinn und Zweck nicht unter das Bank- und Währungsrecht fallen können. Allerdings sind Tokens übertragbar, standardisiert ausgestaltet und handelbar i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II. Sie weisen demzufolge die abstrakten Merkmale eines Wertpapiers auf und sind somit als Finanzinstrument einzuordnen (vgl. Utility Tokens und Hybrid Tokens mit überwiegender Investmentfunktion, Debt Tokens, mitgliedschaftliche Tokens und Equity Tokens) oder ähneln diesen zumindest (vgl. Utility Tokens und Hybrid Tokens mit überwiegender Konsumfunktion). Da die Tokens die abstrakten Merkmale eines kapitalmarktrechtlichen Finanzprodukts aufweisen, sollten die Informationsdefizite des Marktes auch mit den klassischen kapitalmarktrechtlichen Instrumenten angegangen werden. Dies gilt insbesondere auch für Utility Tokens, denen aufgrund ihrer Konsumfunktion auch eine gewisse Nähe zum Verbraucherrecht beschieden werden kann. Utility Tokens, deren Konsumfunktion die Investmentfunktion überwiegt und die daher nicht mit den Regelbeispielen von Wertpapieren oder Vermögensanlagen vergleichbar sind, unterscheiden sich jedoch von klassischen Konsumgütern. Zwar gibt es auch herkömmliche Verbrauchsgegenstände, die aufgrund von starken potentiellen Wertsteigerungen gelegentlich zu Anlagezwecken erworben und veräußert werden, z. B. Oldtimer, Briefmarken oder Weine. Hiervon separieren lassen sich Utility Tokens jedoch aufgrund der Möglichkeiten des Handels über die Sekundärmärkte. Aufgrund der Blockchain-Technologie und der hierin begründet liegenden abstrakten Wertpapiermerkmale ist dieser durch eine deutlich erhöhte Liquidität und Fluidität gekennzeichnet als ein etwaiger Handel mit diesen herkömmlichen Verbrauchsgütern. Erwerber eines Utility Tokens müssen daher stets auch Informationen über diesen Sekundärhandel erhalten, um eine rationale Preisbemessung vornehmen zu können. Denn ein rational handelnder Inhaber würde den Token im Sinne der ökonomischen Lehre stets auf dem Sekundärmarkt veräußern, wenn der dort gebotene Preis den Wert des von ihm individuell quantifizierten Nutzens des dem Utility Token innewohnenden Anspruchs übersteigt. Aufgrund der allumfassend gegebenen Möglichkeiten des Sekundärhandels wohnt dieser Anlageaspekt jedem Utility Token inne, auch wenn er schwerpunktmäßig als Verbrauchsrecht ausgestaltet ist und demnach de lege lata nicht unter das Kapitalmarktrecht fällt. Das bedeutet also, dass die Instrumente des Kapitalmarktrechts grundsätzlich hinsichtlich der Emission von Utility Tokens eine verbesserte Rationalität bedeuten und daher auch einen Zugewinn an Effizienz nach sich ziehen.

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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Insofern ist also eine angemessene Erweiterung des kapitalmarktrechtlichen Regelungsrahmens geboten, welcher de lege feranda auch Utility Tokens erfassen soll. Im Rahmen dieser Arbeit wird für die Einführung eines Regelungsrahmens für Tokens plädiert, welcher auf mehreren Ebenen beruht. So soll den unterschiedlichen Anforderungen von verschiedenen ICOs in ökonomisch effizienter Art und Weise begegnet werden. In diesem Sinne sollte auf der ersten Ebene alleine das Vorliegen der drei abstrakten Merkmale des Wertpapierbegriffs und die damit grundsätzlich gegebene Möglichkeit des aktiven Handels auf Sekundärmärkten ausreichen, um wenigstens ein Mindestmaß an Publizität auf dem Primärmarkt zu fordern. Dementsprechend sollten Emittenten aller Arten von Tokens, ausgenommen Currency Tokens, verpflichtet werden, vor ihrer Emission ein „Token-Informationsblatt“ zu veröffentlichen. Dies soll insbesondere auch Utility Tokens und Hybrid Tokens umfassen, die de lege lata oftmals keine Publizitätspflichten auslösen. Auf der zweiten Ebene wären dann je nach Art des Sekundärhandels weitergehende Pflichten zu befolgen. 1. Stufe 1: Veröffentlichung eines Token-Informationsblattes Die erste Ebene eines neuen Publizitätsregimes für die Emission von Tokens sollte aus der Pflicht zur Veröffentlichung eines Token-Informationsblattes bestehen. Nach Art, Umfang und Aufbau sollte dieses Token-Informationsblatt dem Wertpapierinformationsblatt des § 3a WpPG ähneln. Somit sollte auch hierbei eine Maximallänge von drei Seiten nicht überschritten werden (vgl. § 3a Abs. 3 Satz 1 WpPG). Auch ein Haftungsregime sollte mit dem Token-Informationsblatt verknüpft werden. Vor Veröffentlichung des Token-Informationsblattes sollte dieses von der BaFin gebilligt werden müssen. Solange alle in den nachfolgenden Absätzen beschriebenen Informationen enthalten sind, sollte ein gebundener Anspruch der Emittenten auf Billigung bestehen. Erst nach Veröffentlichung des Token-Informationsblatts sollte der ICO durchgeführt werden dürfen. a) Inhalt und Aufbau des Token-Informationsblattes Wie das Wertpapierinformationsblatt auch, muss das Token-Informationsblatt die grundlegenden Informationen enthalten, die es dem Anleger ermöglichen, eine rationale Anlageentscheidung zu treffen. In diesem Sinne sollte jedes Token-Informationsblatt Angaben zu sechs Kriterien enthalten: dem Emittenten, der Emission, den Tokens, dem Smart Contract, der Verwendung des Erlöses und dem Sekundärhandel.64 Zunächst sind allgemeine Informationen über den Emittenten in das Token-Informationsblatt aufzunehmen. Im Unterschied zu einem klassischen Wertpapier64

Ähnlich Hacker/Thomale, S. 41 f.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

prospekt liegt hierauf jedoch kein Schwerpunkt der Anlegerinformation. Denn während bei herkömmlichen Wertpapieren die Erträge der Investoren maßgeblich von der Finanzlage des Emittenten geprägt sind, ist dies bei ICOs in der Regel nicht der Fall. Dementsprechend sind historische Informationen zu vernachlässigen. Stattdessen dient die Angabe von grundlegenden, emittentenbezogenen Informationen eher der Vertrauensbildung. Anleger erhalten so insbesondere Informationen über einen etwaigen späteren Anspruchsgegner, aber auch über die in Hinblick auf die Unternehmensentwicklung verantwortlichen Personen und Strukturen. Die Angaben sollten daher Informationen über die Unternehmensgründer, Manager, Berater sowie die Programmierer beinhalten. Ebenfalls sollten Angaben über die Art und den Ablauf der Emission in das Token-Informationsblatt aufzunehmen sein. Die Modalitäten der Emission sind nämlich maßgeblich für die Preisbestimmung. Dies umfasst primär die notwendigen Angaben hinsichtlich der Bestimmung von Angebot und Nachfrage zum Zeitpunkt des ICOs. Dementsprechend sind zwingend Angaben über die Anzahl und den aufgerufenen Preis der veräußerten Tokens und deren Stückelung aufzunehmen. Weiterhin müssen Informationen hinsichtlich etwaiger Minimum und Maximum Funding Caps enthalten sein. Darüber hinaus ist für die Anlageentscheidung maßgeblich, ob eine etwaige Verwässerung der Rechtsposition des Anlegers nach dem ICO droht. Dies umfasst die Frage, ob sämtliche Tokens veräußert werden oder ob eine bestimmte Anzahl zurückbehalten wird. In letzterem Fall ist weiterhin über den Zweck der Rückhaltung zu informieren. Schließlich ist entscheidend, ob die Anzahl der Tokens durch den ICO abschließend festgelegt wurde oder ob im Anschluss weitere Tokens durch Mining erzeugt werden. Weiterhin sind Informationen über die Funktionalitäten des Tokens selbst in das Token-Informationsblatt aufzunehmen. Dies wiederum ist abhängig von der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Tokens und erschöpft sich im Ergebnis in einer Beschreibung der durch den jeweiligen Token repräsentierten Rechte. Um eine rationale Anlageentscheidung treffen zu können, müssen die Anleger weiterhin über die beabsichtigte Verwendung des durch den ICO eingesammelten Kapitals informiert werden, denn in den meisten Fällen treten die Investoren in Vorleistung. Die Angaben der Emittenten müssen dabei konkrete und plausible Informationen darüber enthalten, wann die Investoren die Tokens bestimmungsgemäß einsetzen können. Hierzu sind konkrete Entwicklungsschritte aufzuzeigen, wie das Unternehmen bis zu diesem Punkt vorangebracht werden soll. Zwar handelt es sich hierbei um Zukunftsprognosen, die nur schwer zu treffen sind. Allerdings enthalten auch die Vorgaben der Prospekt-DVO 2004 bereits derartige, zukunftsbezogene Anforderungen an den Mindestinhalt eines Wertpapierprospekts.65 Schließlich ist es für die Anleger notwendig, zumindest die Grundzüge des Business Plans der Emittenten zu kennen. Denn nur dann können sie für sich selbst festlegen, 65 Vgl. Meyer, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Rn. 36.57 ff.; Heidelbach/Doleczik, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 7 WpPG Rn. 35 ff.

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welches Risiko und welche Chancen sie mit den durch die Tokens repräsentierten Rechten verbinden und welchen Preis sie hierfür zu zahlen bereit sind. Ebenfalls sollten die formalisierten Warnhinweise und Anmerkungen des Wertpapierinformationsblatts (vgl. § 3a Abs. 4, 5, 7 und 8 WpPG) übernommen werden. Diese stiften auch Nutzen bezüglich des soeben skizzierten Token-Informationsblatts. Im Übrigen sind Information in der nachfolgend erläuterten Art und Weise über den zugrundeliegenden Smart Contract und den möglichen Handel auf dem Sekundärmarkt einzubeziehen. b) Informationen über den Smart Contract Für die Qualität der Anlegerinformation durch ein Token-Informationsblatt sind insbesondere auch Angaben über den zugrundeliegenden Smart Contract entscheidend.66 Während die Tokens lediglich schuldrechtliche Vereinbarungen repräsentieren, sorgt der Smart Contract für die Ausführung dieser Vereinbarungen. Er entspricht insoweit entgegen der Bezeichnung als „Contract“ eher der Grundstruktur eines Verfügungsgeschäfts.67 Aufgrund der generell unmöglichen Rückabwicklung einer einmal erfolgten Transaktion über einen Smart Contract und der damit nur eingeschränkten Brauchbarkeit des herkömmlichen Leistungsstörungsrechts können tatsächliche Zustände geschaffen werden, die den schuldrechtlichen Vereinbarungen widersprechen.68 Die schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Anlegern und Emittenten sind also nur dann regelgerecht, wenn der Smart Contract diese auch ordnungsgemäß technisch umsetzt. Informationen über den Smart Contract sind daher für den Anleger von ebenso großer Bedeutung wie Informationen über die durch die Tokens verkörperten Rechte. aa) Problematik des fehlenden technischen Verständnisses Problematisch ist jedoch die Art und Weise der Bereitstellung von Informationen über Smart Contracts. Alleine durch das bloße Abdrucken des Programmcodes würde jedenfalls kein Nutzen hinsichtlich einer rationalen Anlageentscheidung geschaffen werden. Denn ein Großteil der Anleger würde diesen aufgrund mangelnden technischen Verständnisses nicht interpretieren können.69 Eine ähnliche Problematik tritt zwar auch bei den technischen und komplizierten Finanzinfor66 So auch Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 31; Hacker/Thomale, S. 40; Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 24; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 105; Koch, ZBB 2018, 359, 367; Spindler, WM 2018, 2109, 2115; Veil, ZHR 2019, 346, 366. 67 Ähnlich Jünemann/Kast, ZfgK 2017, 531, 531; Kaulartz/Heckmann, CR 2016, 618, 621. 68 Möslein, ZHR 2019, 254, 280; Paulus/Matzke, ZfPW 2018, 431, 463 f.; vgl. auch Heckelmann, NJW 2018, 504, 507 f. 69 Teichmann, ZfPW 2019, 247, 271.

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mationen eines herkömmlichen Wertpapierprospekts auf. Allerdings profitieren private Anleger von diesen Informationen zumindest mittelbar (s. o.) – ein Effekt, der im Rahmen des ICO-Marktes nicht auftritt. Zum einen fehlt es hier an den dafür notwendigen Intermediären, die diese Informationen für Laien verständlich aufbereiten. Zum anderen besteht auch keine Möglichkeit der professionellen Investoren, auf die Preisbildung Einfluss zu nehmen, da im Rahmen eines ICOs kein Bookbuilding-Prozess durchlaufen wird. Stattdessen werden die Veräußerungspreise einseitig vom Emittenten festgelegt, sodass die von den institutionellen Anlegern erarbeiteten Informationen nicht in einen Durchschnittspreis einfließen können, von dem auch Kleinanleger profitieren würden. Privatanleger würden daher von einer bloßen Offenlegung des Smart Contracts weder direkt noch indirekt profitieren. Als Lösungsmöglichkeiten für diese Problematik bieten sich stattdessen die folgenden Ansätze an. Zunächst könnte der ICO-Markt dahingehend reguliert werden, dass private Kleinanleger schlicht ausgeschlossen werden.70 Diese sollten dann nur über institutionelle Investoren an ICOs partizipieren können, welche die finanziellen und personellen Mittel haben, um die technischen Grundlagen eines Smart Contracts zu analysieren. So wurde z. B. bei der Regulierung bestimmter Investmentfonds verfahren. Sogenannte Spezial-AIF sind im Verhältnis zu anderen Fondstypen in funktioneller Hinsicht in geringerem Umfang reguliert. Insbesondere sind derartige Fonds nicht auf bestimmte Vermögensgegenstände beschränkt und müssen auch bestimmte Vorgaben zur Risikovorsorge nicht einhalten.71 Allerdings können in diese Spezial-AIF ausschließlich professionelle oder semi-professionelle Anleger investieren (§ 1 Abs. 6 Satz 1 KAGB). Andererseits könnte man die Emittenten verpflichten, den zugrundeliegenden Smart Contract einer zentralen Stelle zur Prüfung vorzulegen.72 Diese zentrale Stelle würde im Anschluss ein Zertifikat ausstellen, welches die Ordnungsmäßigkeit des Smart Contracts garantiert. Anleger könnten sich auf dieses Zertifikat verlassen, auch ohne die technischen Kenntnisse zu haben, um den konkreten Smart Contract verstehen zu können. Ein ICO würde hiernach also an die Mitwirkung zumindest eines Intermediärs gekoppelt. Für die Überprüfung des Smart Contracts kämen in diesem Zusammenhang sowohl private als auch staatliche Stellen in Betracht.

70

Vgl. Eckpunktepapier, S. 5. Siering, in: Baas/Buck-Heeb/Werner, AnlegerschutzG, InvR Rn. 159; Jesch, in: Baur/ Tappen, InvG-GK, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 57; Gottschling, in: FrankKomm KapitalanlageR, Bd. I, § 1 KAGB Rn. 151. 72 Vgl. Spindler, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 13 Rn. 31; Spindler, WM 2018, 2109, 2115. 71

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bb) Lösung: Überprüfung des Smart Contracts durch einen Intermediär Wie bei staatlichen Eingriffen in einen Markt üblich, ist keine der benannten Lösungsalternativen frei von ökonomischen Nachteilen. Gegen die Zwischenschaltung eines den Smart Contract überprüfenden Intermediärs spricht zunächst, dass hierdurch Transaktionskosten entstehen und hierdurch die Effizienz des Marktes in entsprechendem Umfang eingeschränkt wird. Weiterhin stünde ein etwaiger Intermediär vor dem Problem, dass der Smart Contract jederzeit vom Emittenten verändert werden kann.73 Der Code könnte somit bereits kurze Zeit nach dessen Überprüfung durch einen Intermediär derart umgestaltet worden sein, dass eine erneute Genehmigung nunmehr ausgeschlossen wäre. Gegen den Ausschluss von privaten Anlegern spricht jedoch, dass diese den Großteil der Anlegerschaft bei ICOs darstellen.74 Würden nicht-institutionelle Anleger generell von der Teilnahme an ICOs ausgeschlossen, würde man die Effektivität der Finanzierungsmethode in unangemessener Art und Weise beschränken.75 Dementsprechend könnte dies lediglich als ultima ratio angesehen werden, also das Mittel der Regulierung, welches ergriffen wird, wenn alle weniger eingreifenden Instrumente nicht den erforderlichen Anleger- und Funktionsschutz herstellen können.76 Im Rahmen einer erstmaligen Regulierung von ICOs sollte hierauf hingegen verzichtet werden. Im Ergebnis muss daher die Einschaltung eines Intermediärs als geringerer Eingriff in den Markt aus ökonomischen Gründen vorgezogen werden. Die Ausgestaltung dieser Einbeziehungspflicht von Intermediären sollte entsprechend des Kaldor/Hicks-Kriteriums erfolgen, so dass die Effizienzgewinne für Anleger aufgrund der erhöhten Information und des erhöhten Vertrauens optimal ausfallen und die Höhe der zusätzlich entstehenden Transaktionskosten möglichst niedrig gehalten werden. cc) Ausgestaltung der Überprüfung Problematisch hinsichtlich der Höhe der Transaktionskosten erscheint das soeben angesprochene Problem der Veränderbarkeit von Smart Contracts. Denn dies bedeutet, dass die Überprüfung sowohl als Präventivpflicht als auch als laufende Überprüfung ausgestaltet werden muss, was mit erhöhten Kosten im Vergleich zu einer einmaligen Überprüfung einhergeht. Insoweit ähnelt die angedachte Offenlegungspflicht anderen periodischen Publizitätspflichten, z. B. der Offenlegung von Finanzberichten (vgl. §§ 114 ff. WpHG). Die Überprüfung der Finanzberichte er73

Ähnlich Lendermann, AG 2019, R 93, R 94. Veil, ZHR 2019, 346, 365. 75 Besonders kritisch etwa Blockchain Bundesverband, Stellungnahme zum Eckpunktepapier, S. 10 (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://bundesblock.de/wp-content/uplo ads/2019/04/Stellungnahme-Eckpunktepapier-BMF-BMVJ.pdf). 76 Veil, ZHR 2019, 346, 365. 74

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

folgt durch private Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.77 Die Einschaltung privater Intermediäre ist hierbei aus ökonomischen Gesichtspunkten mit einigen Vorteilen gegenüber der Einschaltung staatlicher Intermediäre verbunden. Aufgrund des herrschenden Wettbewerbsdrucks sind diese gezwungen, ihre Kompetenzen stetig zu erweitern und ihre Preisgestaltung möglichst niedrig zu halten. Auch bei der Überprüfung der Smart Contracts wäre es also denkbar, dass die Höhe der Transaktionskosten und die Qualität der Prüfung bei der Einschaltung privater Intermediäre optimal wäre. Allerdings ist die Einschaltung privater Akteure auch mit Nachteilen verbunden, denn mit Offenlegung der Smart Contracts können auch etwaige Sicherheitslücken oder Schwächen des Programmcodes zu Tage gefördert werden. Dies würde dann gegenüber Dritten erfolgen, die jedenfalls im Vergleich zu einer staatlichen Behörde regelmäßig weniger vertrauenswürdig sind.78 Aus Sicht der Emittenten gilt dies auch aus dem Blickwinkel, dass der Smart Contract maßgeblich für den unternehmerischen Erfolg ist und insoweit ein schutzwürdiges Geschäftsgeheimnis darstellt, sofern es sich nicht um Open-Source-Projekte handelt. Hierbei kommt erschwerend hinzu, dass Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oftmals eine Doppelrolle als Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsberater einnehmen. In diesem Sinne müsste dann wohl eine Stelle geschaffen werden, welche wiederum die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften überwacht, was ebenfalls zu Transaktionskosten führen würde. Im Ergebnis entscheidend für die Einschaltung eines staatlichen Intermediärs spricht jedoch ein weiterer Grund. Der zentralen Stelle, welche die Smart Contracts auf ihre Ordnungsmäßigkeit überprüft, muss das Recht zustehen, einen ICO unmittelbar zu unterbinden, denn es ist denkbar, dass der Code nach Billigung des Token-Informationsblatts, aber noch vor Ablauf der ICO-Phase geändert wird. Fällt dies dem prüfenden Intermediär auf, muss dieser berechtigt sein, ein Verbot auszusprechen. Durch den hoheitlichen Regelungscharakter eines derartigen Verbots ist die Einbeziehung eines staatlichen Intermediärs in rechtlicher Hinsicht unerlässlich. dd) Schlussfolgerungen Im Ergebnis sollte deshalb eine staatliche Stelle geschaffen werden, welche die Smart Contracts auf Fehler und Unregelmäßigkeiten überprüft und insbesondere darauf achtet, dass diese auch mit dem schuldrechtlich Vereinbarten kongruent sind. Die Überprüfung sollte das erste Mal vor der Veröffentlichung des Token-Informationsblattes erfolgen, dementsprechend also vor Beginn des ICOs. Die Emittenten sollten im Anschluss verpflichtet sein, der Behörde stets den aktuellen Code zu übermitteln. Die anhaltende Ordnungsmäßigkeit des Smart Contracts sollte durch stichprobenartige Kontrollen der Behörde laufend überprüft werden. Eine derartige 77 Becker, in: Heidel, AktR, § 37w WpHG Rn. 39; Heidelbach/Doleczik, in: Schwark/ Zimmer, KMRK, § 37w WpHG Rn. 43 f. 78 Ähnlich Spindler, WM 2018, 2109, 2115.

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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Überprüfung sollte jeden Emittenten mindestens einmal vor Abschluss des ICOs treffen. In das Token-Informationsblatt ist im Ergebnis jedoch nur der Vermerk aufzunehmen, dass der entsprechende staatliche Intermediär den Smart Contract überprüft hat und fortlaufend überprüft. c) Informationen über den Sekundärmarkt Ebenfalls ist es maßgeblich, dass den Anlegern Informationen über die Möglichkeiten des Handels auf einem Sekundärmarkt bereitgestellt werden. Dies umfasst Informationen in Bezug auf die ausgewählten Kryptobörsen, den beabsichtigten Zeitpunkt des Listings sowie etwaige Handelsbeschränkungen durch vertragliche oder technische Lock-ups. Im Anschluss sind die Anleger darüber zu informieren, ob der Handel an einer staatlich regulierten Kryptobörse stattfindet oder nicht (hierzu s. u.). Im Anschluss genügt dann ein Verweis auf die hierdurch ausgelösten Rechtsfolgen. d) Ökonomische Auswirkungen des Token-Informationsblatts Primär soll das Token-Informationsblatt – wie alle Publizitätsinstrumente des Kapitalmarktrechts – dazu führen, dass Anleger eine rationale Anlageentscheidung hinsichtlich des jeweiligen ICOs treffen können. Die Inhalte sind hierbei auf Tokens und die zugrundeliegende Blockchain-Technologie abgestimmt, sodass dieser Effekt wesentlich besser eintritt als bei einer bloßen Einordnung von ICOs unter die bestehenden Publizitätsvorschriften. Gleichzeitig führt die kurze und knappe Art der Darstellung auf den maximal drei Seiten des Token-Informationsblatts dazu, dass Anleger nicht mit übermäßig viel Information belastet werden. Es kommt also nicht zu einem Information Overload. Die Standardisierung der Information führt dazu, dass Anleger die verschiedenen ICOs besser vergleichen können. Bisher ist es so, dass jedes Whitepaper anders gestaltet ist und den Fokus demzufolge auf die Aspekte lenkt, die das Unternehmen möglichst gut darstellen. Das Token-Informationsblatt schreibt hingegen für jeden Token klar definierte Kategorien vor, zu denen ein Mindestmaß an Information veröffentlicht werden muss. Generell muss davon ausgegangen werden, dass die ökonomischen Vorteile des Zugewinns an Information die Nachteile in Form der für die Erstellung des TokenInformationsblatts anfallenden Transaktionskosten überwiegen.79 Die Auswirkungen der vorgeschlagenen Regulierung würden folglich zu einer Verbesserung der Effizienz des ICO-Marktes nach dem Kaldor/Hicks-Kriterium führen. Anders wäre dies nur dann zu gewichten, wenn sich die Kosten als prohibitiv darstellen, sodass Unternehmen überhaupt keinen ICO durchführen würden und somit auch nicht ihr Geschäft aufnehmen könnten. Während die Erstellung eines Wertpapierprospekts regelmäßig mit enormen personellem und finanziellem Aufwand verbunden ist, ist 79

Vgl. hierzu generell Klöhn, Behavioral Finance, S. 187.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

dies bei dem Token-Informationsblatt jedoch nicht der Fall. Zwar entstehen Transaktionskosten für die Erstellung des Dokuments und die Beteiligung der Intermediäre in Bezug auf die Billigung des Token-Informationsblatts und die Überprüfung des Smart Contracts. Die Höhe dieser Kosten hält sich jedoch in Grenzen. Bereits die Kosten der Beteiligung der BaFin sind bei dem insofern als Vorbild herangezogenen Wertpapier-Informationsblatt deutlich geringer als bei einem Wertpapierprospekt.80 Gerade in Hinblick auf die im Durchschnitt sehr hohen Erlöse, die bei einem ICO erzielt werden, kann hierin keine unverhältnismäßige ökonomische Belastung gesehen werden.81 Durch den geringen Umfang des Token-Informationsblatts kommt es also für die Emittenten nicht etwa zu prohibitiven Kosten. Dennoch könnte zusätzlich ein Ausnahmetatbestand für Kleinst- und Kleinemissionen geschaffen werden. In ökonomischer Hinsicht muss allerdings deutlich gemacht werden, dass es sich bei einem dreiseitigen Dokument lediglich um ein Mindestmaß an Information handeln kann. Dieses Mindestmaß an Publizität ist alleine dadurch gerechtfertigt, dass Tokens über die Blockchain-Technologie emittiert werden und daher übertragbar, standardisiert und handelbar sind. Darüber hinaus können jedoch auf der zweiten Ebene der Token-Publizitätsvorschriften weitere Anforderungen hinzukommen. 2. Stufe 2: Unterscheidung nach Art des Sekundärmarktes Bei der Entwicklung einer hierauf aufbauenden zweiten Ebene des Publizitätsregimes stellt sich zunächst die Frage, ob ICOs in das bestehende Regelungsregime der Primärmarktpublizität integriert werden sollten oder ob es ökonomisch sinnvoller wäre, ein eigenständiges Modell zu entwickeln. Hierbei gilt zu beachten, dass das gesamte aktuelle Prospektrecht um die verschiedenen Kategorien der Finanzinstrumente zirkuliert. Die Eingliederung in das bestehende Modell würde demnach voraussetzen, dass Tokens künftig ebenfalls unter den Begriff des Finanzinstruments zu fassen wären, um eine Prospektpflicht auszulösen. Die Subsumtion unter den aktuellen Katalog der Finanzinstrumente wurde im Verlauf dieser Arbeit vorgenommen und gelingt für Tokens der Modelle 3 bis 5 auch in überzeugender und für den Rechtsanwender nachvollziehbarer Weise. Da diese hiernach als Wertpapiere anzusehen sind, unterfallen sie bereits de lege lata der Prospektpflicht nach Art. 3 Abs. 1 Prospekt-VO. Deren Emittenten wären in diesem Falle also auch künftig neben der Veröffentlichung des soeben beschriebenen Token-Informationsblattes zur Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts verpflichtet, bevor sie einen ICO durchführen dürften. Sofern man hierbei den notwendigen Inhalt dieses Prospekts anpasst (s. o.), würde dies auch zu einer effizienten Information des Kapitalmarkts führen. Denn diese Tokens weisen in struktureller 80 81

Schulteis, GWR 2018, 365, 369. Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 573; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104.

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

339

Hinsicht die gleichen Informationsanforderungen auf wie herkömmliche Wertpapiere. Problematischer wäre jedoch die Integration von Utility Tokens in das bestehende System der Kapitalmarktpublizität. Diese stehen aufgrund ihrer Handelbarkeit über den Sekundärmarkt und der damit einhergehenden Investmentfunktion informationsökonomisch zwischen einem reinen Verbrauchsgut und einem Wertpapier. Wie beschrieben wurde, führen die in diesem Sinne zu treffenden Einzelfallentscheidungen zu effizienzschädigenden Fehleinschätzungen. Aus den Ausführungen zu dieser Abgrenzung ergibt sich weiterhin, dass ein klares Kriterium zur Unterscheidung nicht existiert. Als mögliche regulatorische Antwort auf die fehleranfälligen Einzelfallentscheidungen bieten sich folglich innerhalb des bestehenden Systems nur zwei Lösungsmöglichkeiten an: Entweder müssten sämtliche Utility Tokens kraft gesetzlicher Anordnung unter den Begriff der Finanzinstrumente eingeordnet werden oder sämtliche Utility Tokens müssten vom Begriff der Finanzinstrumente ausgenommen werden. Beide Ansätze sind jedoch aus ökonomischer Sicht nicht empfehlenswert, denn die vorbezeichnete effizienzschädigende Fehleranfälligkeit würde dadurch nicht behoben werden, sondern stattdessen institutionalisiert. Wären schlicht alle Utility Tokens als Wertpapiere einzuordnen, hätte jeder Emittent einen Prospekt zu erstellen. Dies würde auch jene Projekte umfassen, die von den Instrumenten der Kapitalmarktinformation in wirtschaftlicher Hinsicht überhaupt nicht profitieren, da die Tokens keinerlei Ähnlichkeiten zu einem Wertpapier aufweisen und demnach auch nicht den hiermit einhergehenden Informationsbedarf. Dies gilt z. B. für Utility Tokens, die ausschließlich für den firmeninternen Gebrauch gedacht sind, oder eben solche Tokens, bei welchen die Konsumfunktion zweifelsfrei im Mittelpunkt steht. Auch im umgekehrten Fall wäre die Funktionalität des Marktes eingeschränkt, da insoweit bestehende Informationsasymmetrien zwischen Emittenten und Anlegern nicht adressiert würden, obwohl diese Form des Marktversagens zumindest teilweise durch das Kapitalmarktrecht behoben werden könnte. Positiv würde sich ausschließlich die gewonnene Planbarkeit auswirken, wobei jedoch lediglich der Standort der zu vermeidenden Abgrenzungsschwierigkeiten verschoben würde. Anstatt im Rahmen der Utility Tokens zu kulminieren, würde die Differenzierung zwischen Investment- und Konsumfunktion nun bei der Einordnung von Hybrid Tokens zu effizienzschädigenden Fehlentscheidungen führen. Dementsprechend leiten einige Autoren der wissenschaftlichen Literatur die Forderung ab, Tokens nicht in die Grundstruktur des bestehenden Wertpapierrechts einzuordnen, sondern stattdessen ein völlig neues Sonderregime zu schaffen.82 Dieser Grundannahme ist wegen der soeben dargestellten informationsökonomischen Unvereinbarkeit zwischen dem bestehenden Publizitätsregime und ICOs zuzustimmen.

82

Rolker/Strauß, WM 2019, 489, 493; Veil, ZHR 2019, 346, 367.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

a) Anknüpfungspunkt des Publizitätsregimes Trotz des fortschreitenden Prozesses der Entmaterialisierung des Wertpapierbegriffs ist das geltende Prospektrecht nach wie vor auf die herkömmlichen Finanzinstrumente, insbesondere die klassischen, verbrieften Wertpapiere, zugeschnitten. Auch wenn eine Verbriefung heute zur Einordnung als Wertpapier nicht länger notwendig ist, ist dennoch die Vergleichbarkeit zu diesen erforderlich, um die Prospektpublizität auszulösen. Obwohl ICOs mit ähnlichen Risiken verbunden sind und ähnliche Informationsanforderungen aufweisen wie die herkömmliche Emission von Finanzinstrumenten, ist für Tokens ein vom Wertpapierbegriff unabhängiges Publizitätskonzept zu schaffen. Denn die mit ICOs einhergehenden kapitalmarkttypischen Risiken und Informationsasymmetrien beruhen nicht primär auf dieser etwaigen Vergleichbarkeit mit herkömmlichen Wertpapieren und dem Vorliegen der abstrakten Merkmale des Wertpapierbegriffs, sondern auf der Möglichkeit des Sekundärhandels über die Blockchain. Dies erkennt man nicht zuletzt an einem Blick auf Utility Tokens. Auch wenn diese gerade nicht typologisch vergleichbar mit Wertpapieren sind, bedürfen die Anleger dennoch (auch) prospekttypischer Information, um zu einer rationalen Anlageentscheidung zu kommen (s. o.). Die Möglichkeit des Handels auf Kryptobörsen ist schließlich auch der einzige Aspekt, weshalb den Utility Tokens überhaupt eine Investmentfunktion beigemessen werden kann. Dementsprechend sollte auch die Anwendung der kapitalmarktrechtlichen Instrumente auf ICOs von der insoweit maßgeblichen Handelbarkeit der Tokens auf dem Sekundärmarkt abhängig sein. Daher ist es geboten, bei der vorzunehmenden Regulierung nicht an die Kategorien der Finanzinstrumente und etwaige TokenModelle anzuknüpfen, sondern einzig an die Art und Weise des Handels der emittierten Tokens auf dem Sekundärmarkt. Folglich sollte das bestehende, wertpapierzentrierte Prospektsystem nicht erweitert oder ergänzt werden. Für ICOs sollte stattdessen ein eigenständiges System der Primärmarktpublizität geschaffen werden, welches an den Sekundärhandel anknüpft. b) Grundlagen des Publizitätsregimes de lege feranda Unterschieden werden sollte zwischen Tokens, die auf einer als regulierter Markt zugelassenen Kryptobörse handelbar sind, Tokens, die auf einer anderen Kryptobörse handelbar sind und Tokens, die nicht strukturiert handelbar sind. Dieser Unterscheidung folgend sollte der ICO von Tokens, die auf einer als geregeltem Markt einzustufenden Kryptobörse gelistet werden sollen, an die vorherige Veröffentlichung eines Prospekts geknüpft werden. Dieser ergänzt die auf erster Stufe anfallende Publizitätspflicht des Token-Informationsblatts und übertrifft dieses in Umfang und Genauigkeit. Der Handel auf anderen Märkten, z. B. nicht als geregelter Markt einzustufende MTF und OTF (vgl. Art. 4 Abs. 1 Nr. 24 MiFID II), löst keine derartige Prospektpflicht aus. Allerdings sollte in diesen Fällen die Teilnahme an

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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dem entsprechenden ICO institutionellen Anlegern vorbehalten bleiben. Können die entsprechenden Tokens ausschließlich im Freiverkehr oder gar nicht gehandelt werden, werden keine weiteren Publizitätspflichten ausgelöst. c) Handel auf einem geregelten Markt Bereits nach der aktuellsten Änderungsrichtlinie zur Geldwäsche-RL sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Märkte, auf denen virtuelle Währungen in gesetzliche Währungen getauscht werden können, künftig zu regulieren (Art. 47 Abs. 1 Geldwäsche-RL). So regulierte Kryptobörsen sollten im Anschluss unter den Begriff des geregelten Markts i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II fallen. Hieran sollte für das zu schaffende Prospektregime angeknüpft werden. Die hier vorgeschlagene Prospektpflicht gestaltet sich derart, dass für die Zulassung eines Tokens zum Handel an einer derartigen Kryptobörse die Veröffentlichung eines Token-Prospekts vor Durchführung des ICOs erforderlich ist. Wie bereits bekannt, sollte der Prospekt vorher von der BaFin gebilligt werden müssen und mit einem entsprechenden Haftungsregime abgerundet werden. Gleichzeitig sollte die Dauer der Gültigkeit des Prospekts – wie auch bei einem Wertpapierprospekt (vgl. Art. 12 Abs. 1 Prospekt-VO) – begrenzt werden. Da ein gültiger Prospekt nach der hier vorgeschlagenen Regulierung Voraussetzung für das Listing an einer Kryptobörse ist, würden die Emittenten durch die zeitlich begrenzte Wirkung angehalten, dieses tatsächlich auch zeitnah zu beantragen. Die oftmals problematisch lange Zeitspanne zwischen ICO und tatsächlichem Listing an einer Kryptobörse könnte so verhindert werden. Anlegern würde dann nicht mehr dauerhaft die Möglichkeit des Handels der Tokens vorenthalten werden können, da Emittenten riskieren, bei zu langem Warten die Zulassungskriterien zu verfehlen. aa) Ökonomische Begründung der Prospektpflicht Die hiernach einzuführende Prospektpflicht steht zeitlich und konzeptionell zwischen den Anknüpfungspunkten der Prospektpflicht für Wertpapiere – die Prospekt-VO knüpft an das erstmalige öffentliche Angebot (Art. 3 Abs. 1 Prospekt-VO) und die Zulassung zu einem geregelten Markt (Art. 3 Abs. 3 Prospekt-VO) an. Die hier vorgeschlagene Prospektpflicht vereint Elemente beider Tatbestände. Demnach sollte die Veröffentlichung eines Prospekts Voraussetzung für die Zulassung zu einem geregelten Markt sein, allerdings muss der Prospekt bereits vor dem erstmaligen Angebot eines ICOs veröffentlicht werden. Dieses Vorgehen erklärt sich zunächst dadurch, dass der eigentliche Handel auf den regulierten Märkten im vorliegenden Konzept zwar den Auslöser der Prospektpflicht darstellt (s. o.), das Informationsbedürfnis und das finanzielle Risiko der Anleger insoweit jedoch bereits im Zeitpunkt der Emission bestehen. Die Veröffentlichung eines Prospekts sorgt in diesem Sinne nach der klassischen informationsökonomischen Theorie dafür, dass die Anleger alle Informationen besitzen, die notwendig sind, um eine rationale

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

Anlageentscheidung treffen zu können. Insoweit ergänzt der Token-Prospekt das Token-Informationsblatt. Diese konzeptionelle Zusammenführung bestehender Anknüpfungspunkte des Prospektrechts ist gleichzeitig auch nicht etwa mit unbilligen Härten für die Emittenten verbunden. Zwar sind diese zu einem gewissen Maß an Planung aufgerufen, denn Emittenten müssen bereits im Zeitpunkt des ICOs wissen, ob sie die Tokens einmal zum Handel auf einer als geregelter Markt geltenden Kryptobörse registrieren lassen wollen. Allerdings ist diese Frage praktisch zu vernachlässigen. Das Listing auf einer Kryptobörse stellt den absoluten Regelfall dar und beschreibt überhaupt einen der maßgeblichen Vorteile von ICOs gegenüber vergleichbaren Finanzierungsmethoden. Oftmals bauen die gesamten, um den Token herum aufgebauten Wirtschaftskreisläufe auf der Möglichkeit des Handels auf. Denn nur durch den Handel wird den Anleger bzw. den Token-Inhabern ermöglicht, die beabsichtigten Netzwerkeffekte zu monetarisieren.83 Demzufolge stellt die Entscheidung, ob die emittierten Tokens später auf den Sekundärmärkten gehandelt werden können oder nicht, eine absolute Grundsatzentscheidung dar, die zu den Weichenstellungen eines jeden ICO-Projekts gehört. Einen derartigen Beschluss von den kapitalsuchenden Unternehmen zeitlich vor Durchführung des ICOs zu fordern ist daher nicht als unverhältnismäßig anzusehen. Schließlich ist die Veröffentlichung eines Prospekts nicht als übermäßige Belastung der Emittenten zu bewerten. Zunächst ist zu beachten, dass auch die Emittenten selbst von einem liquiden Sekundärmarkt profitieren, welcher durch die erhöhte Rechtssicherheit und verbesserte Anlegerinformation erreicht wird. Demgegenüber muss zugegeben werden, dass die kosten- und zeitintensive Prospekterstellung eine deutliche Ausbremsung des ICO-Marktes bewirken kann. Denn ICOs werden in aktueller Marktlage gerade dann eingesetzt, wenn Kapital durch andere Mittel schwer zu erlangen ist. Wird nun bereits vor Durchführung eines ICOs eine nicht zu vernachlässigende Menge an Aufwendungen erforderlich, wird diese Praxis erschwert. Dies lässt sich allerdings in ökonomischer Hinsicht anhand von empirischen Untersuchungen rechtfertigen. Statistiken haben gezeigt, dass im Mai 2019 den weltweit etwa 2.000 aktiv gehandelten Tokens etwa 1.600 Tokens gegenüberstehen, die jeglichen Wert verloren haben.84 Demzufolge verlieren Anleger in ca. 44 Prozent aller Fälle ihr gesamtes investiertes Kapital. Hier muss zwingend für eine verbesserte Informationslage gesorgt werden. Andere Ziele sind – auch aus Sicht des ökonomischen Effizienzkriteriums – zweitrangig. Sofern durch die notwendigen Aufwendungen für die Prospekterstellung eine gewisse Anzahl an schlecht vorbereiteten oder gar betrügerischen ICOs unterbleibt, ist dies ebenfalls im Sinne der Volkswirtschaft. Im Sinne des Kaldor-/Hicks-Kriteriums würden die Effizienzge83

Behme/Zickgraf, ZfPW 2019, 66, 70 f.; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 93; Veil, ZHR 2019, 346, 349. 84 Statista, 1.614 tote Digitalwährungen (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://de. statista.com/infografik/16578/anzahl-der-gestorbenen-kryptcoins-und-ursachen-fuer-ihr-ende/).

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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winne durch die verbesserten Anlageentscheidungen jedenfalls ausreichen, die Verluste der ICOs, die ein ökonomisch sinnvolles Geschäftsmodell angestrebt hatten, durch die Prospektpflicht aber davon Abstand nehmen mussten, auszugleichen. Weiterhin gilt auch bei der Erstellung eines Prospekts, dass die hierfür aufzubringenden Kosten zwar hoch sind, aber in keinem Verhältnis zu den üblicherweise erzielten Erlösen eines ICOs stehen.85 Ferner sollten entsprechend der Prospekt-VO kleinere ICO-Emissionen von der Prospektpflicht ausgenommen werden (vgl. Art. 1 Abs. 4, 3 Abs. 2 Prospekt-VO). Schließlich könnten Emittenten dahingehend optieren, ihre emittierten Tokens auf Kryptobörsen zu listen, die nicht unter Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II fallen und daher keinen geregelten Markt darstellen. Dann würde keine Prospektpflicht ausgelöst, die Emittenten müssten jedoch die kritischeren und erfahreneren institutionellen Anleger von ihrem Projekt überzeugen. bb) Inhaltliche Ausgestaltung des Token-Prospekts Der in der Literatur weithin anerkannten Problematik der inhaltlichen Fehlgestaltung der Prospektpflicht in Bezug auf ICOs wird regelmäßig durch eine Erweiterung der Anhänge der Prospekt-DVO zu begegnen versucht.86 Da der vorliegende Regulierungsvorschlag jedoch auf Schaffung eines eigenständigen TokenPublizitätsregimes gerichtet ist, ist ein solches Vorgehen nicht naheliegend. Das Grundkonzept der Regelungsstruktur zur Ausgestaltung der inhaltlichen Vorgaben von Wertpapierprospekten überzeugt jedoch. Nach Art. 13 Abs. 1 Prospekt-VO wird hierbei der EU-Kommission das Recht übertragen, die inhaltlichen Vorgaben in einer Durchführungsverordnung (s. o.) zu gestalten. So sollte auch in Bezug auf ICOs verfahren werden. Denn nach wie vor befinden sich ICOs in der Anfangsphase ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung. Es ist denkbar, dass auch heute noch völlig neue Arten an Tokens oder Finanzprodukten durch einen ICO emittiert werden. Dementsprechend stellt die Delegation der inhaltlichen Ausgestaltung des Prospekts an die jeweiligen Exekutivorgane eine sinnvolle Maßnahme dar, da diese insoweit schneller und effizienter auf Veränderungen der Marktlage reagieren können.87 Einzelne Prospekte sollten dieselben sechs Kategorien an Informationen beinhalten wie auch das Token-Informationsblatt. Dies umfasst also Informationen bezüglich des Emittenten, der Modalitäten der Emission, der Tokens, des Smart Contracts, der Verwendung des Erlöses sowie dem anschließenden Handel über den Sekundärmarkt. Durch die fehlende Begrenzung des Umfangs kann und muss hier deutlich ausführlicher und exakter informiert werden. Im Mittelpunkt der über das Token-Informationsblatt hinausgehenden Informationen sollten sämtliche Aspekte stehen, die auf die Wertentwicklung der emittierten Tokens einwirken. Dies meint 85 86 87

Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 573; Klöhn/Parhofer/Resas, ZBB 2018, 89, 104. Hahn/Wilkens, ZBB 2019, 10, 23; Veil, ZHR 2019, 346, 366. Vgl. Casper, BKR 2019, 209, 217.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

insbesondere bestimmte Marktdaten, finanzielle Renditeerwartungen, aber auch Risiken, die im Verlauf der Unternehmensentwicklung auftreten könnten. Ein gelungenes Konzept hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung von Token-Prospekten hat der französische Gesetzgeber vorgelegt, woran auch die Ausgestaltung des vorliegenden Konzepts angelehnt werden sollte.88 cc) Verhältnis zu anderen Prospektpflichten Die hier proklamierte Prospektpflicht soll die bereits nach geltendem Recht teilweise einschlägige Prospektpflicht nach Art. 3 Abs. 1 Prospekt-VO ersetzen. Sie sollte daher als lex specialis im Verhältnis zur Wertpapier-Prospektpflicht angesehen werden. Dasselbe sollte für die Fälle der Prospektpflicht nach § 6 Abs. 1 VermAnlG gelten. Gewisse Anpassungen sollten allerdings im Verhältnis zur gelegentlich ebenfalls einschlägigen Prospektpflicht gem. § 268 Abs. 1 KAGB vorzunehmen sein. Denn diese umfasst spezielle Zusatzinformationen in Bezug auf Investmentfonds. Insofern sollte eine dem § 295 Abs. 8 KAGB entsprechende Regelung geschaffen werden. Die fondsspezifischen Informationen des § 269 KAGB sollten daher ebenfalls in den Token-Prospekt aufzunehmen sein, woraufhin dann kein eigenständiger Prospekt nach dem KAGB zu erstellen wäre. d) Handel auf einem unregulierten Markt Neben den geregelten Märkten existieren auch organisierte Handelsplätze, die nicht von einer behördlichen Zulassung abhängig sind. Dies ergibt sich bereits aus einem Umkehrschluss der Legaldefinition des Art. 4 Abs. 1 Nr. 24 MiFID II, der die geregelten Märkte in eine Reihe mit MTF und OTF stellt. Diese Entwicklung wird sich auch im Bereich der Kryptobörsen vollziehen, sodass bei Vorliegen der soeben beschriebenen Regulierung mehrere Arten von Sekundärmärkten existieren werden. Auch bei nicht geregelten Märkten bestehen aber die Informationsasymmetrien zwischen Kleinanlegern und Emittenten. Um diese zu adressieren wird vorgeschlagen, die Partizipationsmöglichkeiten an ICOs, die Tokens emittieren, welche im Anschluss lediglich auf nicht geregelten Märkten handelbar sind, für private Anleger zu beschränken. Stattdessen sollte es nur professionellen Anlegern i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 10 MiFID II offenstehen, im Rahmen eines derartigen ICOs zu investieren.

88 Vgl. Article 712 – 2 General Regulation of the Authorité des marchés financiers (zuletzt abgerufen am 01. 07. 2019 unter https://www.amf-france.org/en_US/Acteurs-et-produits/Socie tes-cotees-et-operations-financieres/Offres-au-public-de-jetons-ICO?xtcr=7&isSearch=true& lastSearchPage=https%3A%2F%2Fwww.amf-france.org%2FmagnoliaPublic%2Famf%2Fen_ US%2FResultat-de-recherche%3FTEXT%3Dico%2Bprospectus%26LANGUAGE%3Den%2 6isSearch%3Dtrue%26simpleSearch%3Dtrue%26valid_recherche%3DOK&xtmc=ico-prospec tus); zustimmend Chatard/Mann, NZG 2019, 567, 574.

B. Maßnahmen des Abbaus von Informationsasymmetrien

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Professionelle Anleger zeichnen sich im Verhältnis zu privaten Kleinanlegern zunächst dadurch aus, dass sie in Hinblick auf die gehandelten Finanzprodukte über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen.89 Es ist daher davon auszugehen, dass die hierunter zu fassenden Anleger in der Lage sind, eine Anlageentscheidung anhand rationaler Kriterien zu treffen und die mit der Investition verbundenen Risiken in angemessener Form zu erkennen und einzubeziehen.90 Darüber hinaus haben diese Anleger die notwendigen finanziellen und personellen Mittel, um Informationen selbst zu besorgen. Sie sind nicht abhängig von gesetzlichen Publizitätspflichten. Insbesondere haben professionelle Anleger gegebenenfalls auch eine derartige Marktstellung, dass sie die Offenlegung der Informationen im Wege einer Verhandlungslösung erreichen können. Gleichfalls ist ihnen auch zuzutrauen, bei ungenügender Informationslage ein Investment zu unterlassen. In Bezug auf einen solchen Markt wäre eine Prospektpflicht daher aus ökonomischer Sicht nicht notwendig. Da dies alles jedoch nicht für private Kleinanleger gilt, müssen diese von der unmittelbaren Teilnahme an ICOs, die nicht mit einem veröffentlichten Prospekt einhergehen, ausgeschlossen werden. Anderenfalls würde es aufgrund des zu geringen Anlegerschutzes und des hiermit einhergehenden Vertrauensverlustes der Anleger zu Einschränkungen der Funktionalität des ICO-Marktes kommen. Zutreffend belegen lässt sich diese Aussage schon durch einen Blick auf den aktuellen Status des ICO-Marktes. Gegenwärtig werden faktisch keine Prospekte veröffentlicht, was (mit) dazu geführt hat, dass ca. 44 Prozent der emittierten Tokens jeglichen Wert verloren haben. Eine derartige Marktlage ist nicht als effizient im Sinne der ökonomischen Theorie zu bewerten. Gleichzeitig wäre jedoch auch ein kompletter Ausschluss von privaten Anlegern aus ökonomischer Sicht nicht wünschenswert, da hierdurch ein hohes Maß an verfügbarem Kapital für den Markt verloren ginge. Den Privatanlegern wird daher die Möglichkeit gegeben, mittelbar an den ICOs teilzuhaben. Denn zu den zugelassenen professionellen Anlegern zählen insbesondere auch Investmentfonds (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 lit. d) und g) WpHG). Diese Einbeziehung von Intermediären hat zum einen zur Folge, dass private Anleger von der Expertise der Fonds profitieren. Zum anderen dient die Einbeziehung von Fonds auch der Risikodiversifizierung bei den hoch spekulativen, in Vorleistung erfolgenden Investments in ICOs. Denn zum einen wird das investierte Vermögen der Privatanleger im Investmentfonds gepoolt, was es dem einzelnen Privatanleger erlaubt, mit geringerem Umfang als Teil eines Anleger-Kollektivs an einem Projekt teilzuhaben.91 Gleichzeitig unterliegen auch die Investmentfonds, d. h. die professionellen Anleger, die zu den ICOs zugelassen sind, 89 Koller, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 67 Rn. 6; Schäfer, in: Heidel, AktR, § 31a WpHG Rn. 7; Koch, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 31a WpHG Rn. 7. 90 Koller, in: Assmann/Schneider/Mülbert, WpHR, § 67 Rn. 6; Koch, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 31a WpHG Rn. 7. 91 Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 113 Rn. 5; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 14.3; Poelzig, KapitalmarktR, Rn. 84.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

bestimmten Restriktionen hinsichtlich der Verwendung der gepoolten Mittel. Dies führt dazu, dass sie in eine Vielzahl von verschiedenen ICOs investieren müssen, was eine Risikodiversifizierung bedeutet und somit das Risiko des Totalverlustes verringert.92 Zwar entstehen den Privatanlegern hierdurch Kosten für Intermediäre. Im Vergleich zu den soeben beschriebenen anderweitigen Risiken fallen diese jedoch nicht ins Gewicht. Positiv für die Emittenten ist, dass die einschlägige Regulierung von ihrer eigenen Entscheidung abhängig ist, ob sie die emittierten Tokens auf einem geregelten Markt listen lassen wollen oder nicht. Hierdurch ist es den initiierenden Unternehmen möglich, bereits vor der Durchführung des ICOs beide Alternativen gegeneinander abzuwägen und die hier vorgeschlagene, einschränkende Gesetzeslage in ihren betriebswirtschaftlichen Entscheidungsprozess einzubeziehen. Sie können vielmehr ein Regelungskonzept auswählen, welches besser zu ihren ökonomischen Zielen passt. e) Kein strukturierter Handel Sofern die Möglichkeiten der liquiden Sekundärmärkte für Token-Inhaber nicht gegeben sind, wohnt diesen auch keine Investmentfunktion inne. Demzufolge bestehen auch nicht die typischen Risiken von Informationsasymmetrien, welche den kapitalmarktrechtlichen Eingriffen in den Markt als Rechtfertigung dienen. Dies betrifft insbesondere derartige Tokens, die tatsächlich ausschließlich auf Konsum oder Inanspruchnahme einer Dienstleistung gerichtet sind. Weiterhin kann dies der Fall sein, wenn rein unternehmensintern wirkende Tokens emittiert werden, z. B. um Mitarbeiterbeteiligungsprogramme aufzulegen oder Manager zu vergüten. In diesen Fällen besteht kein wirtschaftlicher Bedarf an einem Handel, weswegen dieser durch die Unternehmen ohne Aufwand durch einen technischen Lock-up ausgeschlossen werden kann, sodass nicht etwa unbeabsichtigt eine der hier vorgeschlagenen Publizitätspflichten ausgelöst wird. Die Pflicht, ein Token-Informationsblatt zu veröffentlichen, sollte dennoch auch für derartige ICOs Voraussetzung sein. Denn durch den Vorleistungscharakter und die angesprochenen Schwierigkeiten im Umgang mit dem technischen Verständnis von Smart Contracts besteht auch hier ein großes Informationsbedürfnis etwaiger Anleger.

92 Vgl. Eckhold/Balzer, in: Assmann/Schütze, Hdb KapitalanlageR, § 22 Rn. 1; Köndgen/ Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankR-Hdb, Bd. II, § 113 Rn. 2; Lenenbach, KapitalmarktR, Rn. 14.2; Poelzig, KapitalmarktR, Rn. 83.

C. Maßnahmen der Herstellung von Finanzierungsfreiheit

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III. Fazit Um die de lege lata bestehenden Informationsasymmetrien auf dem ICO-Markt zu beheben, sollten zusammenfassend die folgenden Schritte unternommen werden. Currency Tokens sollten als E-Geld klassifiziert werden und dem Regelungsregime des ZAG unterstellt werden. Ein ICO von Currency Tokens würde demnach als erlaubnispflichtige Ausgabe von E-Geld bewertet werden (§ 11 Abs. 1 ZAG) und müsste zwingend von einem zentralen Emittenten verantwortet werden. Die Emission aller anderen Arten von Tokens sollte die Pflicht der Emittenten auslösen, ein Token-Informationsblatt von der BaFin billigen zu lassen und zu veröffentlichen. Teil des Billigungsprozesses muss zwingend die Überprüfung des dem ICO zugrundeliegenden Smart Contracts durch einen staatlichen Intermediär sein. Zusätzlich zu diesem Token-Informationsblatt müssen Emittenten einen Token-Prospekt veröffentlichen, wenn die emittierten Tokens nach dem ICO auf einer als geregeltem Markt zu qualifizierenden Kryptobörse gehandelt werden sollen. ICOs, die Tokens emittieren, die im Anschluss auf anderen Kryptobörsen gehandelt werden sollen, stehen nur professionellen Anlegern offen. Die Emission von Tokens, die nicht auf einem organisierten Handelsplatz gehandelt werden können, unterliegen hingegen keinen weiteren Publizitätsvorschriften. Diese Maßnahmen würden nach Ansicht des Autors zu einer angemessenen und ausgeglichenen Berücksichtigung von Funktions- und Anlegerschutz führen und dementsprechend die Effizienz von ICOs fördern und damit den Kapitalmarkt stärken.

C. Maßnahmen hinsichtlich der Herstellung von Finanzierungsfreiheit Die Anpassung der steuerlichen und bilanziellen Behandlung von ICOs muss ebenfalls durch neu konzipierte Normen erfolgen. Denn im Steuerrecht gilt ohnehin, dass Sachverhalte einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unterzogen werden.93 Dementsprechend werden die geltenden Steuergesetze stets mit der Maßgabe angewendet, die tatsächlichen wirtschaftlichen Folgen eines Sachverhalts zu ermitteln.94 Das Steuerrecht folgt hierbei nicht zwangsweise den zivilrechtlichen Wertungen.95 Das bedeutet aber, dass die festgestellten Verletzungen des Grundsatzes der Finanzierungsfreiheit bestehen, obwohl der wirtschaftliche Grundgehalt von ICOs 93 Gersch, in: Klein, AO, § 4 Rn. 34; Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 5 Rn. 70; Tipke, StRO III, S. 1631. 94 Ratschow, in: Blümich, EStG, § 2 EStG Rn. 50 (140. EL 01/2018); Gersch, in: Klein, AO, § 4 Rn. 34; Koenig, in: Koenig, AO, § 4 Rn. 106 f.; Pahlke, in: Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 4 AO Rn. 151 (172. EL 09/2016). 95 Koenig, in: Koenig, AO, § 4 Rn. 110; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 Rn. 322 (140. EL 05/2015); Englisch, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 5 Rn. 71; Tipke, StRO III, S. 1632 f.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

bei der Rechtsanwendung berücksichtigt wurde. Dass die bestehende Steuerrechtsordnung an einigen Stellen keine finanzierungsneutrale Besteuerung von ICOs zulässt, liegt also an strukturellen Fehlkonzeptionen des geltenden Rechts. Diese Verletzung von ökonomischen Prinzipien durch das Steuerrecht hat sich anhand der Benachteiligung von virtuellen Währungen im Verhältnis zu gesetzlichen Zahlungsmitteln sowie anhand des voll steuerbaren Ertrages bei der Emission von Utility Tokens manifestiert. Notwendigerweise sind diesbezüglich Neuregelungen erforderlich.

I. Anpassung der bilanziellen Behandlung von virtuellen Währungen Um die Benachteiligung von virtuellen Währungen gegenüber gesetzlichen Zahlungsmitteln aufzuheben, ist ein Blick auf das BilMoG vom 25. Mai 2009 hilfreich. Teil dieses Gesetzes war die Einführung des § 256a HGB. Dieser schreibt vor, dass auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zum Abschlussstichtag mit dem Devisenkassamittelkurs angesetzt werden sollen. Der Sinn und Zweck der Einführung dieser Vorschrift ähnelt hierbei der Problematik im Rahmen der bilanziellen Behandlung von virtuellen Währungen. Durch die internationale Verflechtung der Geschäfte von Unternehmen und Konzernen hatten diese mehr und mehr mit der Schwierigkeit umzugehen, dass sie Geschäfte in ausländischen Währungen tätigten96, während die Bilanz und die Jahresabschlussrechnung jedoch zwingend in Euro aufzustellen ist (§ 244 HGB). Um die damals praktizierten, teilweise unterschiedlichen Umrechnungsmethoden zu vereinheitlichen, wurde die Regelung des § 256a Satz 1 HGB geschaffen. Die Auswirkungen der Globalisierung und die Etablierung ausländischer Währungen im Geschäftsverkehr ähneln insoweit den Auswirkungen der Digitalisierung und der hiermit einhergehenden fortschreitenden Etablierung von Kryptowährungen. Denn bezogen auf deren ökonomischen Funktionen handelt es sich auch bei Currency Tokens um Geld in einer Währung, die nicht den Anforderungen des § 244 HGB entspricht und daher im Rahmen der Bilanzerstellung in Euro umgerechnet werden muss. 1. Bilanzielle Folgen der Einordnung von Currency Tokens als E-Geld Wie bereits erläutert wurde, ist § 256a Satz 1 HGB de lege lata auf virtuelle Währungen nicht anwendbar. Zwar gilt im Steuerrecht, dass keine umfassende Prävalenz des Zivilrechts existiert (s. o.), allerdings müssen zivilrechtliche Wertungen beachtet werden, wenn das Steuer- und Bilanzrecht ausdrücklich auf diese 96

BT-Drs. 16/10067, S. 62.

C. Maßnahmen der Herstellung von Finanzierungsfreiheit

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rekurriert.97 Ein derartiger Fall könnte nunmehr vorliegen, da nach oben vorgeschlagener Regulierung Currency Tokens künftig unter den Begriff des E-Geldes zu subsumieren sind. Grundsätzlich ist E-Geld steuerlich wie herkömmliches Geld zu behandeln.98 Dies würde demnach auch die Anwendbarkeit des bereits angesprochenen § 256a Satz 1 HGB auf Kryptowährungen bedeuten. Unabhängig hiervon kann – wie im Folgenden erläutert werden soll – der Inhalt der Vorschrift jedoch nur als Ausgangspunkt für eine Neuregelung herangezogen werden. 2. Ausgangspunkt Devisenkassamittelkurs Der Devisenkassamittelkurs stellt den arithmetischen Mittelwert von Briefkurs und Geldkurs dar.99 Der Briefkurs beschreibt den Wert, zu welchem Banken Euro verkaufen und Fremdwährungen ankaufen, während der Geldkurs wiederum den Wert darstellt, zu welchem Banken Euro kaufen und Fremdwährungen verkaufen.100 Steuerrechtlich ist hierbei zu beachten, dass der Wert durch die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Höhe nach begrenzt ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG).101 Handelsrechtlich gilt dies gem. § 256 Satz 2 HGB allerdings ausschließlich für Wirtschaftsgüter mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr. Im Rahmen des Token-Handels existieren allerdings weder Geld- noch Briefkurse im oben beschriebenen Sinne, denn der Token-Handel wird nicht über zentrale Intermediäre abgewickelt, welche die unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufskurse festlegen und sich durch diese finanzieren. Allerdings müssen die wirtschaftlichen Zwecke des Ansatzes mit dem Devisenkassamittelkurs beachtet werden. Dieser führt im Ergebnis dazu, dass fremde Währungen mit dem Wert angesetzt werden, der sich aus dem Mittel der Kosten zur Beschaffung einer Einheit dieser Fremdwährung und dem Erlös aus der Veräußerung einer Einheit dieser Fremdwährung ergibt. Dies lässt sich auch auf den Token-Handel übertragen. Denn bei einem Wechsel von Einheiten einer Kryptowährung in eine andere Kryptowährung bzw. in Einheiten einer gesetzlichen Währung fallen vom Übertragenden zu zahlende Transaktionskosten 97

Koenig, in: Koenig, AO, § 4 Rn. 109; Pahlke, in: Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 4 AO Rn. 151 (172. EL 09/2016); Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 4 Rn. 324 (140. EL 05/2015); Tipke, StRO III, S. 1631. 98 Vgl. Terlau, in: Möslein/Omlor, FinTech-Hdb, § 20 Rn. 209. 99 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 256a Rn. 2; Grottel/Koeplin, in: Beck’scher BilKo, § 256a HGB Rn. 14; Richter, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 EStG Rn. 23 (279. EL 05/2017); Poullie, in: Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, HdJ, Abschnitt II. 6. D. Rn. 140 (50. EL 09/2010). 100 Grottel/Koeplin, in: Beck’scher BilKo, § 256a HGB Rn. 14; Senger/Brune, in: MüKo BilR, Bd. II, § 256a Rn. 11; Poullie, in: Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, HdJ, Abschnitt II. 6. D. Rn. 140 (50. EL 09/2010). 101 Böcking/Groß/Koch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 256a Rn. 3; Schindler, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 11; Morck/Drüen, in: Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, § 256a Rn. 5; Poullie, in: Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann, HdJ, Abschnitt II. 6. D. Rn. 140 (50. EL 09/2010).

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

an.102 Der Übertragende erhält also einen Betrag an Euro, für den er einen Betrag an Kryptowährungen abgeben muss, die bei bloßer Umrechnung in Euro mehr wert sind als der erhaltene Betrag. Dies gleicht aus Sicht des Bilanzierenden dem Unterschied zwischen Brief- und Geldkurs. Demnach entspricht der hieraus zu bildende Mittelwert nach seinem ökonomischen Gehalt dem Devisenkassamittelkurs. 3. Anpassung im Sinne der organischen Bilanztheorie Ergänzt werden muss diese an den § 256a Satz 1 HGB angelehnte Grundlage jedoch hinsichtlich der ökonomischen Besonderheiten von Currency Tokens im Verhältnis zu herkömmlichen Fremdwährungen. Diese sind in den oft enormen Kursschwankungen und den von Kryptobörse zu Kryptobörse unterschiedlichen Wechselkursen zu sehen. Die steuerliche Benachteiligung von Kryptowährungen und die hiermit einhergehende Verletzung des ökonomischen Postulats der Finanzierungsfreiheit resultiert im Kern daraus, dass – auch unter Einbeziehung der Möglichkeit der Teilwertabschreibung – stets der Wert der Tokens zu einem bestimmten Stichtag zugrunde gelegt wird. Dies ist Ausdruck der statischen Bilanztheorie, welche besagt, dass die Bilanz darauf ausgerichtet ist, das Vermögen eines Kaufmanns zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. Stichtag zu ermitteln.103 Aufgrund der hohen Wertschwankungen und der damit einhergehenden geringen Aussagekraft eines Stichtages für die tatsächliche, durch einen ICO erlangte Leistungsfähigkeit eines Emittenten, ist dies im vorliegenden Fall nicht sachgemäß. Um eine entscheidungsneutrale Besteuerung von ICOs zu ermöglichen, ist daher eine Durchbrechung dieses Prinzips notwendig. Folglich ist in Bezug auf die beiden angesprochenen Besonderheiten die Bildung von Durchschnittswerten erforderlich. Dementsprechend sollten die durchschnittlichen Werte von allen Kryptobörsen, auf denen die entsprechende Kryptowährung gehandelt wird, zur Bildung des Mittelwerts verwendet werden. Weiterhin sollte auch ein Durchschnitt dieser Werte hinsichtlich eines bestimmten Zeitraums gebildet werden. Dieser Zeitraum sollte die Kursentwicklung der entsprechenden Kryptowährung des letzten Jahres vor Erhalt darstellen. Hierdurch können die angesprochenen Kursschwankungen abgeschwächt werden. Letzteres ist auch i.R.d. § 256a Satz 1 HGB theoretisch zulässig, allerdings nur bei einigermaßen stabilen Kursen104, und würde daher für Currency Tokens keinen Zugewinn bedeuten. Insoweit wird also eine Neuregelung im Lichte der organischen Bilanztheorie vorgeschlagen. Diese versucht, insbesondere Geldwertänderungen und Wertände102 Siehe etwa die anfallenden Kosten für Transaktionen über Bitfinex (zuletzt abgerufen am 02. 07. 2019 unter https://www.bitfinex.com/fees). 103 Apitz, in: Braun/Günther, Steuer-Hdb, Bilanz, Bilanzauffassungen (76. EL 03/2019); Musil, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 EStG Rn. 21 (275. EL 06/2016). 104 Grottel/Koeplin, in: Beck’scher BilKo, § 256a HGB Rn. 4; Kirsch, in: Hofbauer/ Kupsch, Rechnungslegung, § 256a Rn. 7 (96. EL 08/2009); Senger/Brune, in: MüKo BilR, Bd. II, § 256a Rn. 24.

C. Maßnahmen der Herstellung von Finanzierungsfreiheit

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rungen am Vermögen auch ohne Umsatzakt in die Bilanzierung einfließen zu lassen.105 Zwar ist die statische Bilanztheorie als herrschend im Rahmen des bestehenden Bilanzrechts anzusehen. Der Gesetzgeber hat sich jedoch nie eindeutig auf eine der vertretenen Theorien festgelegt, sodass in der Steuerbilanz Elemente verschiedener Bilanzauffassungen auftauchen.106 Die vorgeschlagene Neuregelung stellt demzufolge keinen unzulässigen Systembruch dar. In ökonomischer Hinsicht führt dies vielmehr dazu, dass die erhaltenen Kryptowährungen trotz ihrer ökonomischen Besonderheiten entsprechend der durch sie ausgedrückten Leistungsfähigkeit bilanziert werden können. Durch das Abstellen auf Durchschnittswerte bezüglich eines Zeitraums wird insbesondere der fehlenden Planbarkeit entgegengewirkt. Die wirtschaftlichen Nachteile, die mit einer Emission von Tokens gegen den Erhalt von Kryptowährungen einhergehen im Verhältnis zu einer Finanzierung in Form von gesetzlichen Zahlungsmitteln, werden somit ausgeglichen. 4. Doppelter Realisationstatbestand bei ICOs Gleichzeitig wird durch die hier vorgeschlagene bilanzielle Behandlung von Currency Tokens auch die Problematik, welche mit dem doppelten Realisationstatbestand bei ICOs einhergeht, adressiert. Denn auch in diesem Zusammenhang beruht die Benachteiligung von ICOs im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden darauf, dass die steuerliche Belastung aufgrund des Abstellens auf einen einzigen Stichtag und der erratischen Wechselkurse nicht planbar ist und nicht der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Emittenten entspricht. Werden die erhaltenen Coins nun mit der hier vorgeschlagenen Umrechnungsmethode in die Bilanz des Emittenten aufgenommen, entspricht der Buchwert der Currency Tokens wesentlich genauer der tatsächlich erlangten Leistungsfähigkeit durch den ICO. Dies gilt hierbei sowohl für die vergangenen als auch für die zukünftigen Wertentwicklungen, da auch im Rahmen der Folgebewertung nach geltendem Recht abermals auf einen stichtagsbezogenen Wert abgestellt wird, der die wirtschaftliche Bedeutung der tatsächlichen Einsatzmöglichkeiten der Coins über die Zeitspanne mit schwankenden Kursen nicht darstellen kann. Zwar gilt auch de lege feranda das Anschaffungskostenprinzip. Gerade in Bezug auf den doppelten Realisationstatbestand im Rahmen von ICOs bedeutet die zeitraumbezogene Durchschnittsbewertung jedoch einen Vorteil. Denn sofern die Currency Tokens bereits mit einem auf ein Jahr gestreckten Durchschnittskurs in die Bilanz aufgenommen werden, ist auch bei einem anschließenden Umtausch in Einheiten einer gesetzlichen Währung anzunehmen, dass deren Wert nicht weit vom 105

Apitz, in: Braun/Günther, Steuer-Hdb, Bilanz, Bilanzauffassungen (76. EL 03/2019); Musil, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 EStG Rn. 21 (275. EL 06/2016); Baetge/ Kirsch/Thiele, Bilanz, S. 23. 106 Freidank/Velte/Weber, in: Brönner/Bareis/Hahn/Maurer/Schramm, Bilanz, S. 93 f.; Musil, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 EStG Rn. 22 (275. EL 06/2016); Winnefeld, in: Winnefeld, Bilanz-Hdb, Einführung Rn. 1.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

Buchwert abweicht. Es kann in diesen Fällen zwar dennoch zu einem steuerbaren Ertrag kommen. In diesen Fällen handelt es sich aber auch um einen tatsächlichen Zugewinn an Leistungsfähigkeit. Es liegt eine aus ökonomischer Sicht ordnungsgemäße Aufdeckung stiller Reserven vor. Hierdurch wird vermieden, dass die schnell sinkenden und steigenden Wechselkurse der jeweiligen Kryptowährung und die hiermit verbundene, vorübergehend sehr hohe steuerliche Leistungsfähigkeit verhindern, dass notwendige Maßnahmen in Bezug auf die Unternehmensentwicklung getroffen werden. Durch das Abstellen auf die Durchschnittskurse eines bestimmten Zeitraums kann also auch die Verletzung der Finanzierungsfreiheit behoben werden, die mit der Notwendigkeit des Umtauschs der erhaltenen Kryptowährungen in gesetzliche Zahlungsmittel einhergeht.

II. Ungeminderte ertragsteuerliche Belastung der Ausgabe von Utility Tokens Die Aufnahme von Kapital im Austausch gegen Utility Tokens steht in steuerlicher Hinsicht zwischen der Aufnahme von Eigenkapital und der Aufnahme von Fremdkapital. Dies führt dazu, dass das eingesammelte Kapital weder als Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG zu behandeln noch mit einer das steuerbare Einkommen mindernden Verbindlichkeit oder Rückstellung verbunden ist. Hieraus ergibt sich bezüglich einer regulatorischen Anpassung der Besteuerung von ICOs, bei welchen Utility Tokens emittiert werden, folgende Problematik: Einerseits ist aus ökonomischer Sicht grundsätzlich die Freistellung des erhaltenen Kapitals von der steuerlichen Belastung notwendig. Denn anderenfalls können die Emittenten einen erheblichen Teil des ICO-Erlöses nicht zur Unternehmensfinanzierung einsetzen, wodurch die Allokationseffizienz von ICOs im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden stark eingeschränkt und dementsprechend die Finanzierungsfreiheit verletzt wird. Würde man die ICO-Erlöse andererseits von der steuerlichen Belastung jedoch komplett freistellen, läge ebenfalls eine Verletzung des Postulats der Finanzierungsfreiheit vor, da in diesem Fall ICOs im Verhältnis zu anderen Methoden der Unternehmensfinanzierung bevorzugt würden. Denn da bei dem im Rahmen eines ICO erlösten Kapitals keine Verpflichtung zur Rückzahlung besteht und auch keine Beteiligung am Liquidationserlös gewährt wird, ist die Leistungsfähigkeit des Emittenten tatsächlich um diesen Betrag gesteigert. Das durch ICOs erlöste Kapital würde also ebenso wie herkömmliche Finanzierungsmethoden keinen steuerbaren Ertrag auslösen, aber nicht mit deren gewöhnlichen Nachteilen einhergehen. Als Lösung dieser Problematik kann daher nur in Betracht kommen, die Besteuerung des erlösten Kapitals in die Periode zu verschieben, in der die durch den Token repräsentierte Leistung vom Emittenten erbracht wird. Dies hätte in wirtschaftlicher Hinsicht zur Folge, dass – wie bei anderen Finanzierungsmethoden auch – das gesamte erlöste Kapital zur Entwicklung des Unternehmens eingesetzt werden

C. Maßnahmen der Herstellung von Finanzierungsfreiheit

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kann. Gleichzeitig würde auch die durch den ICO erhöhte Leistungsfähigkeit steuerlich nicht ignoriert. Zu diesem Zweck müsste dafür gesorgt werden, dass im Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den Emittenten die komplette Gegenleistung des Token-Inhabers als Ertrag beim Emittenten besteuert wird. Der Ertrag müsste sich dann aus dem auf den jeweiligen Anleger entfallenden Investmentanteil während des eigentlichen ICOs und einer etwaigen späteren, zusätzlichen Leistung zusammensetzen. Vermindert würde der steuerbare Ertrag dabei um den Aufwand, den das Erbringen der Gegenleistung verursacht. 1. Kein Ausweis von Rechnungsabgrenzungsposten De lege lata erfolgt eine derartige Verschiebung von Erträgen auf einen späteren Zeitraum normalerweise durch die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens (vgl. § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese bezwecken ihrer Konzeption nach gerade die periodengerechte Besteuerung von Sachverhalten.107 Passive Rechnungsabgrenzungsposten sind in diesem Zusammenhang dann zu bilden, wenn Einnahmen erzielt werden, die Ertrag für eine Gegenleistung darstellen, die erst im Verlauf der nächsten Periode erbracht wird.108 Regelmäßig kommt der Ausweis eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens im Rahmen von gegenseitigen Verträgen (schwebende Geschäfte) in Betracht, wenn eine der Vertragsparteien in Vorleistung getreten ist und der Bilanzstichtag Leistungserbringung und Gegenleistung trennt.109 Im Übrigen ist – insoweit gleichlaufend zur Diskussion bei der Einordnung als schwebendes Geschäft (s. o.) – auch hierbei entscheidend, dass der ICO an sich und der Einsatz des Utility Tokens unterschiedliche Rechtsverhältnisse darstellen. Der für den Ansatz eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens entscheidende wirtschaftliche Grund der Einnahmen aus dem ICO, also die im Gegenzug für die erhaltene Leistung erbrachte Gegenleistung,110 ist die Ausgabe der entsprechenden Menge an Tokens. Da hiernach nicht auf die spätere Erbringung der durch den jeweiligen Token repräsentierten Leistung abgestellt werden kann, liegt dieser Grund zum Zeitpunkt des Bilanzstichtags bereits vor. Die Voraussetzungen eines passiven 107

Kienzle, in: Brönner/Bareis/Hahn/Maurer/Schramm, Bilanz, S. 332 f.; Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 2150 (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 108; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 200. 108 Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 250 Rn. 5; Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 901 (141. EL 03/2018); Böcking/Gros, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, Bd. I, § 250 Rn. 1; Hennrichs, in: Tipke/Lang, SteuerR, § 9 Rn. 201; Böcking/Gros, in: Wiedmann/ Böcking/Gros, BilR, § 250 Rn. 1. 109 Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 2163 (290. EL 01/2019); Reddig, in: Kirchhof, EStG, § 5 Rn. 126; Neumann-Tomm, in: Lademann, EStG, § 5 Rn. 2121 (227. EL 04/2017); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 940 (100. EL 08/ 2013); Hennrichs, in: MüKo BilR, Bd. II, § 250 Rn. 32. 110 Krumm, in: Blümich, EStG, § 5 EStG Rn. 904 (141. EL 03/2018); Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 2219 (290. EL 01/2019); Böcking/Gros, in: Wiedmann/Böcking/Gros, BilR, § 250 Rn. 9.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

Rechnungsabgrenzungspostens sind also nicht gegeben. Demnach kommt ein derartiger Ausweis bei der Emission von Utility Tokens nicht in Betracht.111 Um die Erträge aus dem ICO in die Periode zu verschieben, in welcher auch die dem Token-Inhaber gegenüber zu erbringenden Gegenleistung erfüllt wird, könnte eine neu zu schaffende Norm schlicht die Regelungen des § 5 Abs. 5 EStG hinsichtlich der Rechnungsabgrenzung für entsprechend anwendbar erklären. Hierdurch würden auf Passivseite Rechnungsabgrenzungsposten bilanziert, die den steuerbaren Ertrag des ICOs in der entsprechenden Höhe neutralisieren würden. Tatsächlich wäre eine derartige Lösung jedoch mit großen Problemen verbunden. Denn grundsätzlich werden passive Rechnungsabgrenzungsposten nicht i.S.d. §§ 6 f. EStG bewertet, sondern mit dem Anteil der erhaltenen Einnahmen angesetzt, die sich auf die Folgeperiode beziehen.112 Selbst wenn man den § 5 Abs. 5 EStG also auf Utility Tokens entsprechend anwenden würde, wäre dies mit enormen praktischen Schwierigkeiten verbunden. Denn um die korrekte, tatsächlich alleine durch den ICO erhaltene Leistungsfähigkeit abzubilden, müsste dann zweierlei berücksichtigt werden: Zum einen müsste der Wert des später zu erbringenden Anspruchs berechnet werden, zum anderen müssten auch die hierzu erforderlichen, die Leistungsfähigkeit künftig mindernden, Aufwendungen berücksichtigt werden. Aufgrund der Unbestimmtheit der durch die Tokens repräsentierten Rechte ließe sich das jedoch kaum korrekt durchführen. Schließlich müsste noch gewichtet werden, wie viele der Token-Inhaber diesen tatsächlich einsetzen und wie viele den Token als Anlageobjekt verwenden. Ein bilanzieller Ansatz wie ein Rechnungsabgrenzungsposten ist also nicht geeignet, die ökonomischen Schwierigkeiten der geltenden Rechtslage zu beheben. 2. Zeitlich befristete, anteilige Steuerbefreiung Im Ergebnis muss daher eine von bisherigen Konzepten losgelöste Regulierung erfolgen. Vorgeschlagen wird im Rahmen dieser Arbeit die zeitliche Verschiebung des ICO-Ertrags durch eine auf Antrag zu erteilende, zeitlich begrenzte Steuerbefreiung. Dies sollte dergestalt erfolgen, dass Emittenten bei dem zuständigen Finanzamt einen Antrag stellen können, wonach das durch einen ICO erzielte Kapital zunächst nicht die Höhe des steuerbaren Einkommens beeinflusst. Insoweit sollte dies der Wirkung einer echten Steuerbefreiung entsprechen. Hier könnte etwa die Steuerbefreiung für Bezüge aus Dividendenzahlungen nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG als Vorbild herangezogen werden. Dementsprechend sind die etwaigen, steuerbefreiten Erträge außerbilanziell vom durch Betriebsvermögensvergleich ermittelten

111

A.A. Weitnauer, BKR 2018, 231, 235. Kienzle, in: Brönner/Bareis/Hahn/Maurer/Schramm, Bilanz, S. 336; Tiedchen, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 EStG Rn. 2226 (290. EL 01/2019); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, EStR, §§ 4, 5 Rn. 948 (134. EL 02/2019). 112

C. Maßnahmen der Herstellung von Finanzierungsfreiheit

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Gewinn abzuziehen.113 Die Befreiung sollte dabei als anteilig befristet ausgestaltet werden. Dies ist derart zu verstehen, dass die Wirkung der Steuerbefreiung mit dem Einsatz eines Utility Tokens endet. Das Ende der Steuerbefreiung gilt dabei aber nur hinsichtlich des Anteils am ICO-Erlös, der auf den jeweiligen eingesetzten Token entfallen ist. Die Einnahmen werden demzufolge also nach und nach zu steuerbaren Erträgen. Um zu vermeiden, dass hierdurch steuerfreie Erträge bei den Emittenten entstehen, sollte die Steuerfreiheit generell auf einen Zeitraum von drei Jahren begrenzt sein. Wurden die Utility Tokens nach drei Jahren immer noch nicht eingesetzt, etwa da das Produkt niemals fertiggestellt wurde oder die Tokens rein als Anlageobjekt zum Handel auf dem Sekundärmarkt eingesetzt werden, sollten die ICOErlöse rückwirkend und vollumfänglich besteuert werden. Dementsprechend ist der Erlös, den ein Emittent im Rahmen eines ICOs, bei dem Utility Tokens ausgegeben werden, erhält, zunächst steuerfrei zu stellen. Das erlöste Kapital kann folglich vollständig zur Entwicklung des Unternehmens und der wirtschaftlichen Leistungen genutzt werden. Setzt im Anschluss ein Token-Inhaber einen Utility Token ein, z. B. um einen Rabatt für das vom Emittenten nach dem ICO entwickelte Produkt zu erhalten, so fällt im Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung, der für den konkreten Token investierte Betrag aus der Steuerbefreiung. Er ist sodann als Ertrag zu behandeln und steigert so den steuerbaren Gewinn der entsprechenden, zeitlich nach dem ICO liegenden Periode. Zusätzlich wäre in diesem Beispiel ein Betrag, welchen der Token-Inhaber über die Hingabe des Utility-Tokens hinaus zahlen müsste, ebenfalls als steuerbarer Ertrag zu behandeln. Gleichzeitig würden jedoch die notwendigen Aufwendungen des Emittenten, in diesem Falle also die Rohstoffe zur Herstellung des Produkts, etwaige Lieferkosten oder sonstige Ausgaben, den steuerbaren Gewinn mindern. 3. Auswirkungen auf die Finanzierungsfreiheit Diese steuerliche Behandlung hätte also zur Folge, dass das über den ICO zum Emittenten allokierte Kapital zur Unternehmensentwicklung optimal effizient eingesetzt werden könnte. In dem Zeitpunkt, in welchem der Prozess der Unternehmensentwicklung jedoch abgeschlossen ist, also das Produkt fertiggestellt und veräußert wurde, wird der anteilige Erlös der Steuer unterworfen. Dementsprechend stellt die steuerliche Behandlung von ICOs keinen Nachteil gegenüber anderen Finanzierungsmethoden dar, da auch bei ICOs das Kapital vollständig eingesetzt werden kann. Gleichzeitig werden ICOs auch nicht bevorzugt, denn das nicht als Einlage geltende und auch nicht mit Verbindlichkeiten verbundene Kapital wird im Endeffekt entsprechend der erhöhten Leistungsfähigkeit des Emittenten der Ertragsteuer unterworfen. Die Verletzung der Finanzierungsfreiheit bei der Emission von Utility Tokens würde somit korrigiert. 113 Rengers, in: Blümich, EStG, § 8b KStG Rn. 150 (132. EL 05/2016); Gosch, in: Gosch, KStG, § 8b Rn. 140; Herlinghaus, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8b Rn. 123.

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Kap. 6: Regulierung nach Maßstab des ökonomischen Effizienzkriteriums

III. Fazit Auch im Rahmen der steuerrechtlichen Regulierung von ICOs mit dem Ziel, Verletzungen des ökonomischen Postulats der Finanzierungsfreiheit zu beheben, sollte zunächst eine Gleichstellung von virtuellen Währungen und gesetzlichen Zahlungsmitteln erreicht werden. Dies sollte durch einen bilanziellen Ansatz der einzelnen Coins mit dem oben beschriebenen, doppelten Durchschnittswert erfolgen. Eine entsprechende rechtliche Anordnung sollte demnach vom Gesetzgeber geschaffen werden. Um die steuerliche Belastung der Emission von Utility Tokens im Verhältnis zu anderen Finanzierungsmethoden auszugleichen, sollten die Erlöse aus einem derartigen ICO auf Antrag des Emittenten zeitlich befristet als steuerfrei behandelt werden. Erst im Zeitpunkt der Leistungserbringung, also nach Abschluss des durch den ICO finanzierten Vorgangs der Unternehmensentwicklung, sollte der Erlös anteilig als steuerbarer Gewinn des Unternehmens zu behandeln sein.

D. Abschlussbemerkungen Das hier angedachte Regulierungskonzept versteht sich als Antwort auf die erläuterten Aspekte des Marktversagens hinsichtlich der de lege lata bestehenden Informationsasymmetrien sowie den vorliegenden Verletzungen des Grundsatzes der Finanzierungsfreiheit. Dieses Konzept sollte jedoch lediglich als Anstoß zu einer umfassenden Regulierung des Einsatzes der Blockchain-Technologie im Bereich des Wirtschaftsrechts zu sehen sein. Es folgt dabei dem Leitgedanken, dass der ICO-Markt in bestimmte Segmente mit jeweils angepassten Anforderungen unterteilt werden sollte, um so den Kapitalmarktteilnehmern verschiedene Strukturen an die Hand zu geben, die diese nach eigener Auswahl nutzen können. Dies dient insbesondere den Emittenten, denn diese können im Endeffekt das für sie passende Regelungsregime auswählen, indem sie die Art des Handels über die Sekundärmärkte bestimmen. Der gesetzliche Rahmen soll folglich lediglich gewährleisten, dass die Marktteilnehmer selbst optimal effiziente Entscheidungen treffen können. Dieser Ansatz versucht insoweit dem Geiste des Konzepts des Gewährleistungsstaats zu folgen. In diesem Sinne ist beabsichtigt, die Kryptobörsen, die künftig als geregelte Märkte i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 MiFID II anzusehen sein werden, als Kapitalmarkt für die Masse der Anleger und Emittenten auszugestalten. Der vorgeschlagene Rechtsrahmen sieht ein hohes Maß an Anlegerschutz durch die verpflichtende Erstellung eines Prospekts vor. Gleichzeitig ist in der Einordnung als geregelter Markt auch die Eröffnung des Anwendungsbereichs der MAR angelegt (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 6 MAR). Auch hier sind jedoch unter Umständen Anpassungen an die technischen Besonderheiten der Blockchain-Technologie vorzunehmen. Durch die hierin enthaltenen, organisatorischen Anforderungen in Verbindung mit der Prospektpflicht und der Prospekthaftung wird ein Rechtsrahmen gewährleistet, der es gerade auch privaten Kleinanlegern erlaubt, Investments zu tätigen und vergleichsweise risikofrei am Kapitalmarkt zu partizipieren. In besonderem Maße gilt für den

D. Abschlussbemerkungen

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skandal- und verlustreichen ICO-Markt, dass durch gesteigertes Vertrauen mit großen Effizienzsprüngen gerechnet werden kann. Voraussichtlich wird durch Schaffung dieses Rechtsrahmens künftig wohl ein Großteil des Handelsvolumens von Tokens über solche Märkte abgewickelt werden. Demgegenüber zielt der gewährleistete Rechtsrahmen für ICOs, die Tokens emittieren, welche im Anschluss auf nicht als geregelten Märkten einzustufenden Handelsplätzen gehandelt werden, auf ein spezialisiertes Klientel ab. Hier würden künftig wohl vor allem Tokens gehandelt, die hoch komplexe Finanzprodukte abbilden. Effizienzfördernd kann dabei wirken, dass Emittenten grundsätzlich die Wahl haben, ob sie ihren ICO in Hinblick auf den Massenmarkt konzipieren und dann einen Prospekt veröffentlichen müssen, oder ob ihre Ziele im engen, persönlicheren Kontakt mit spezialisierten Anlegern besser verwirklicht werden können. Konzepte, die auf der Realisierung von Netzwerkeffekten aufbauen, werden demgegenüber eher nicht in diesem Segment gehandelt werden, da hierfür die notwendige Anzahl an Nutzern nicht erreicht werden kann. Auch hier wären jedoch neben der vorgeschlagenen Einbeziehung von Intermediären zur Beseitigung von Informationsasymmetrien weitere Anpassungen erforderlich. Zu denken wäre in Zusammenhang mit diesen Finanzprodukten etwa an die Anpassung der gesellschaftsrechtlichen Vorgaben an Equity Tokens114 oder die Anpassung von Transparenzvorschriften für Anleger (vgl. etwa §§ 33 ff. WpHG). Bei Tokens ohne Investmentfunktion, die folglich nicht auf den organisierten Sekundärmärkten handelbar sind, könnte weiterhin überlegt werden, ob diese künftig unter das Verbraucherrecht fallen sollten. Nach den Konzepten der ökonomischen Analyse geht es im Rahmen der Entwicklung eines steuerrechtlichen Rahmens für den Kapitalmarkt hauptsächlich darum, die durch die Behebung der Informationsasymmetrien gestärkte Allokationseffizienz nicht einzuschränken. Das Steuerrecht ist insoweit aus ökonomischer Sicht das falsche Mittel, um rechtliche Innovationen hervorzubringen. Es geht stattdessen darum, die technischen Neuerungen in die bekannten Strukturen einzubeziehen und somit eine steuerliche Gleichbehandlung zu ermöglichen. Das systemtragende Prinzip der Leistungsfähigkeit wird hierbei nicht angetastet; es ist vielmehr auch im Kontext der Tokenisierung der Kapitalaufnahme geeignet, als Maßstab des Steuerrechts zu dienen. Vielmehr ist ausreichend, das Steuerrecht insoweit anzupassen, dass auch bei ICOs die Besteuerung an der hinzugewonnenen Leistungsfähigkeit ausgerichtet wird. Schlussendlich können durch die hier vorgeschlagenen Anpassungen der gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf ICOs die dringendsten Aspekte des Marktversagens behoben werden. Dies kann jedoch nur als Anfangspunkt einer umfassenden (Neu-)Regulierung oder Anpassung der bestehenden rechtlichen Vorschriften an die Möglichkeiten der Blockchain-Technologie verstanden werden. 114

Vgl. Eckpunktepapier, S. 2.

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Stichwortverzeichnis 51 %-Formel

264 f.

Ablauf eines ICOs 34 ff. Abspaltungsgebot 106 AIF 135, 171 ff., 190 ff. Aktie 102, 122 f. Aktivierungsverbot 234 ff. Aktivtausch 250 Anlageberatung 162 Anlageentscheidung 93 ff., 324, 331 f., 340 ff. Anlagestrategie 134 ff. Anlagevermittlung 162 f. Anlagevermögen 234 ff. Anlageverwaltung 164 ff. Anlegerschutz 85 f., 128, 154 Ansatz der Höhe nach siehe Zugangsbewertung Anschaffungskosten 235, 241 f., 244, 250, 281 Anzahlung 254 ff. Atypische Stille Gesellschaft 290 f., 292 Aufnahmemitgliedstaat 184 f. Aufsichtsrecht 119 Auseinandersetzungsanspruch 290, 293 Ausländische Gesellschaftsformen 219 Ausweis der Stelle nach 231 ff. BaFin 32 f., 147 ff., 185, 195 f., 202 f., 317 f. Bankgeschäfte 156, 160 ff. Bankinstitut 156 ff. Banklizenz 154 Bankrecht 119, 152 Beschleunigtes Billigungsverfahren 188 f. Besteuerung von Kapitalgesellschaften 217 ff. Besteuerung von Personengesellschaften 217, 219, 220 f. Beteiligung am Unternehmenserfolg 53, 134, 279 ff., 293 ff.

Betriebsausgaben 253, 297 Betriebsreinvermögen 253, 260 Betriebsvermögen 47, 236 f., 250 Betriebsvermögensvergleich 221 f., 260 Bewertbarkeit siehe Individuelle Bewertbarkeit Bilanzierungspflicht 219 ff. Bilanzierungsverbot 234 ff., 254 ff. Billigung des Prospekts 153, 184 f., 188, 203, 336 ff. Bitcoin 25, 28 f., 41, 48 f., 118, 146, 150 f., 231, 300 Blockchain-Strategie Bundesregierung 316 Blockchain-Technologie 24 f., 28, 33 f., 41 ff., 45, 115, 201 f., 325, 328 f. BMF-Schreiben 301, 311 Börsenreife 95 f. Buchwert 246, 248, 251, 281, 351 f. Coase-Theorem 75 ff., 85, 87, 175, 214 Code 43, 97, 333 ff. Coin Sale siehe Token Sale Coins 41 f. Corporate Governance 165 Crowdfunding 38, 51, 257 f. CRR-Kreditinstitut 167 Currency Tokens 48 f., 56, 117 ff., 143 f., 223 ff., 303, 321 ff., 348 f. DAO 34, 54, 137, 164, 165 Daueremittent 188 Debt Tokens 52 f., 125 f., 274 ff., 307 ff. Deregulierung 61 Derivate 110 Devise 149 f., 248, 348 f. Devisenkassamittelkurs 244, 348 ff. Dezentralized Autonomous Organisation siehe DAO Dienstleistung (Umsatzsteuer) 300 Digitalisierung 23, 348 Disclaimer 184

386

Stichwortverzeichnis

Dividenden 52 f., 56, 188 f., 274 f., 276 ff. Dividendenwerte 189 Doppelbesteuerung 249 ff., 313, 351 ff. Dreiteiliger Prospekt 197 f. Durchschnittswert 240 ff., 350 f. Durchsetzungsdefizit 195 f. Early Stage Gap 35 Effizienz 58 ff., 74 f., 314 ff. E-Geld 146 ff., 173 f., 205, 321 ff., 348 ff. E-Geld-Emittent 173, 322 E-Geld-Geschäfte 173, 322, 325 Eigenemission 161 ff., 207 Eigengeschäft 166 Eigenkapital 259, 274 ff., 282 ff. Einkünfteermittlung 219 f., 275 Einlage 135, 144 f., 296 f., 309 Einlagengeschäft 144 ff. Einzelbewertung 238, 240 Einzelfallentscheidung 203 ff., 265, 339 Einzweckgutschein 305 f. Elektronische Wertpapiere 316 f. Emissionsgeschäft 160 f. Emittent 35 f., 156 ff., 183 ff., 188, 191 ff., 206, 217 ff., 256 f., 271 Entgeltlicher Erwerb (Bilanzierung) siehe Anschaffungskosten Equity Tokens 54 ff., 102 ff., 124, 296 f., 311 ERC20-Standard 44, 110 Ergebnisneutraler Geschäftsvorfall 249 f., 272, 289 f. Ergebniswirksamer Geschäftsvorfall 249 ff. Erlaubnispflicht siehe Erlaubnsivorbehalt Erlaubnisvorbehalt 26, 152 ff., 325 ff. Ertragsteuer 216, 227 ff., 252 ff., 352 ff. Ethereum 28 f., 41 f., 44, 49, 329 EU-Wachstumsprospekt siehe Wachstumsprospekt Europäischer Pass 159, 171 European Currency Unit 149 ff. Externe Effekte 89 f.., 209 ff. Fiatwährung 256 Finanzdienstleistungen 160 ff. Finanzdienstleistungsinstitut 155, 201 f., 242 f., 341 f.

Finanzielle Wirtschaftsgüter 232 f. Finanzierungsfreiheit 27, 213 ff., 223, 252, 274, 278, 285, 296, 297 f., 306 f., 311 ff., 347 ff. Finanzierungskosten 297 Finanzierungsrunde 163, 188 Finanzinstrument 98 ff., 163, 175 Finanzkommissionsgeschäft 161 Finanzmarkt 82, 110 ff. FinTech-Aktionsplan 318 ff. Folgebewertung 244 ff. Folgerichtigkeit 212 Fork 34 Fremdemission 161, 206 Fremdkapital 274 ff., 290, 352 Fungibilität siehe Standardisierung Funktionale Äquivalenz 115 ff., 121 ff. Funktionsschutz 83 ff., 314

G20 320 f. Gatekeeper 207 Geldfunktionen 223 ff. Geldmarktinstrument 117 Gemeiner Wert 242 Gemeinkosten 239 Genussrecht 144, 274 ff., 277 ff., 286 f. Geregelter Markt 182 f., 341 f. Geschäftsinhaber 292, 310 Geschlossenes Investmentvermögen 191 ff. Gesellschafterähnliche Tokens 53 f., 124 f., 285 ff., 309 ff. Gesetzgebung 71, 79 f. Gesetzliche Zahlungsmittel 30, 146 f., 149, 223 ff., 234, 247 ff., 311 f. Gewährleistungsstaat 60 f., 64, 75 f., 209, 315 Gewerbsmäßigkeit 159 Gewinnbeteiligung 53, 144, 276, 280 f., 291 f. Gewinnerzielungsabsicht 128 f., 159, 204, Gewinnrealisation 249 ff., 254, 265, 281, 351 f. Gewisse Verbindlichkeiten 261, 262 ff. Gleichmäßigkeit der Besteuerung 212 Globalurkunde 102 GmbH 55, 108, 218 Grauer Kapitalmarkt 123, 195

Stichwortverzeichnis Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung siehe ordnungsgemäße Buchführung Gutgläubiger Erwerb 112 ff. Gutschein 305 ff. Handelbarkeit 100, 110 ff. Handelsbilanz 227, 259, 283 f. Hard cap siehe Maximum Funding Cap Hedqvist-Entscheidung 118, 299 ff., 311 Herkunftsmitgliedstaat 184 Herstellung (Bilanzierung) siehe Herstellungskosten Herstellungskosten 238 ff., 245, 250, 281, 349 Höchstwertprinzip 281 Homo oeconomicus 73, 78 Hybrid Tokens 56, 120 f., 130 f., 139 ff., 203 ff. Immaterielle Wirtschaftsgüter 232, 233 ff., 240 Imparitätsprinzip 240, 254, 265 Individuelle Bewertbarkeit 229 f. Information overload 176 f., 337 Informationsasymmetrien 88 ff., 93 ff., 321 ff. Informationskosten 97 Informationsökonomik 93 f. Inländischer Markt 156 ff., 170 f., 183, 193 f., 219 Innengesellschaft 288, 291, 310 Innovation 64, 199, 210 f., 214 f. Institutionelle Anleger 26, 40, 176, 202, 334, 345 Intermediär 36, 107, 161 ff., 202, 206 ff., 334, 335 f., 345 Intrinsischer Wert 230, 233, 330 Investment Tokens 56 Investmentfunktion 120 f., 130 f., 330, 339 f. Investmentgesellschaft 170 Investmentvermögen 131 ff., 172 ff., 190 ff. Kaldor/Hicks-Kriterium 75, 85 Kapitalmarkt 81 f., 90 Kapitalmarktrecht 26 f., 81 ff., 330 Kapitalverwaltungsgesellschaft 169 ff., 192

387

Kassenbestand 234 Kaufmännischer Geschäftsbetrieb 159 Kleinstemission 185 f. KMU 189 f. Konsortium 161, 206 Konsum (Umsatzsteuer) 216 Konsumfunktion 126 ff., 216 f., 330 Kontrollrechte 286, 292, 295 f., 310 Kooperativer Überschuss 77 Körperlichkeit 113, 232 Kosten-Nutzen-Analyse 73, 75, 214 Kryptobörse 111, 150, 182 f., 201, 229 f., 242 f., 245, 319, 337, 340 ff. Kryptowährung siehe Currency Tokens Leistung (Umsatzsteuer) 302 ff. Leistungsaustausch 45 f., 309 Leistungsfähigkeitsprinzip 212, 215 ff., 247 f., 252, 272, 284, 351 Lemon-Beispiel von Akerlof 88 f. Lenkungssteuer 211 f. Lieferung (Umsatzsteuer) 298, 304 Liquidationserlös 278, 280 ff., 283 ff., 294, 352 Listing 155 Magisches Viereck 64 Markt 63, 66 ff. Marktmissbrauch 82, 85 Marktversagen 87 ff., 93 f., 209 ff., 211 ff., 313 Marktzutrittsbeschränkung 153, 155, 245 Maßgeblichkeitsgrundsatz 227, 259, 283 Maximum Funding Cap 40, 332 Mehrzweckgutschein 305 f., 312 MiFID 98 Minimum Funding Cap 40, 42, 146, 332 Mitunternehmerinitiative 292 f., 294 ff. Mitunternehmerrisiko 292 f., 293, 294 ff. Mitunternehmerschaft 285 ff. MTF 111, 190 Multilaterales Handelssystem 111, 183 Negative Wirtschaftsgüter 259 Nettoprinzip siehe Objektives Nettoprinzip Netzgeldgeschäft 327 Netzwerkeffekte 51, 200, 342 Neutralität (Umsatzsteuer) 216 f.

388

Stichwortverzeichnis

Nichtdividendenwerte 189 Notifizierungsverfahren 184 Nutzen siehe Nützlichkeitstheorie Nützlichkeitstheorie 72 ff. Objektives Nettoprinzip 272 f. Offenes Publikumsinvestmentvermögen 191 Öffentliches Angebot 180 ff. Öffentliches Gut 83 OGAW 191 f. Ökonomische Analyse des Rechts 71 ff., 87 ff., 314 ff. Ökonomisierung des Verwaltungsrechts 60 ff., 314 Operative Tätigkeit 132 f. Optionsanleihe 257 f. Optionsrecht 258 Ordnungsgemäße Buchführung 227 f. Organische Bilanztheorie 350 f. OTF 340, 344 Pareto 74 f. Passiva 259 Passivierung 259 ff., 263 ff., 266 ff. Passivierungsverbot 254 ff. Passivierungswahlrecht 260 Peer-to-peer-Netzwerk 24 Periodizitätsprinzip 272 Pflichtwandelanleihe 259 Physische Präsenz 157 f. Pigou-Steuer 211 Platzierungsgeschäft 160 f. Pooling 133, 345 f. Präventiver Erlaubnisvorbehalt 155, 335 Pre-Sale 40, 181 Preisbildung 88, 90, 111, 175 Primärmarkt 83, 89, 174 Prinzip der delegierten Überwachung 154 Prinzip der dynamischen Verweisung 99, 117 Private Anleger 97, 176, 187, 334, 344 f. Private key 45, 100 f., 109, 113, 115 Private Placement 40, 186, 189, 191 Private Sale siehe Private Placement Private Zahlungsmittel siehe vertragliche Zahlungsmittel

Professionelle Anleger siehe institutionelle Anleger Projektfinanzierung 31 Proof-of Stake 43, 322 Proof-of-Work 43, 322 Prospekt 152 ff., 338 ff. Prospekthaftung 177, 179, 194, 331 Prospektinhalt 196 ff. Prospektpflicht 174 ff., 338 ff. Public key 100 f. Publikums-AIF 191 ff. Publikumsinvestmentvermögen 191 Publizität 174 f., 186, 203, 331 ff., 338 ff. Realisationsprinzip 254 Realisationstatbestand siehe Gewinnrealisation Recheneinheit 225 Rechnungsabgrenzungsposten 259 f., 353 ff. Rechnungseinheit 147 ff. Rechtsfolgenorientierung 71 f., 73 f., 74 f. Rechtsform 217, 218 ff. Rechtsformneutralität 217 Registeranmeldung 55, 103, 108 Registerfunktion der Blockchain 115 Regulierter Markt 340 Regulierung 25 ff., 58 ff., 154 ff., 314 ff. Regulierungsbegriff 59 f., 61 Reproduktionskosten 245 Ressourcenalokation 71, 76, 84 f., 87 ff., 177, 204, 213 ff., 252, 274, 299, 306, 314 ff. Rückabwicklung 115 Rückstellungen 255, 260, 267 ff. Rücktauschverpflichtung 205, 322 Rückzahlungsanspruch 143 f., 146, 272 ff., 325 f. Sacheinlage 135, 297 f. Sachgerechtigkeit 212 Schuldtitel 123 ff. Schuldverschreibung siehe Verbriefung Schwebendes Geschäft 254 ff., 351 Sekundäremittent 188 Sekundärmarkt 46, 83, 108 f., 111 ff., 119 f., 127 ff., 200 f., 230, 258, 281 ff., 293 f., 330 ff., 337, 338 ff.

Stichwortverzeichnis Selbst geschaffene Wirtschaftsgüter 238 f., 245, 250 Selbstregulierung 64, 94 f., 153 ff. Smart Contract 28 f., 33, 45, 97, 108, 201, 333 ff. Soft cap siehe Minimum Funding Cap Sonstige Anlage 142 Soziale Marktwirtschaft 62 f., 67 f. Sozialstaatsprinzip 58 ff., 69 ff., 86 Spezial-AIF 171 ff., 191, 334 Staatsprinzip 71 Staatsversagen 90 f., 209, 211 ff. Staatsziel 66, 69 f. Standardisierung 109 f., 337 Start-up 31, 93, 96, 175, 189, 199 Steuerbefreiung 226, 300 f., 310 f., 354 f. Steuerbilanz 219 ff., 283 f. Steuerentlastungen 215 f. Steuergerechtigkeit 212 Steuerlast 215 f., 272 Steuerschuldner 221 f. Steuersubjekt 217, 219 ff., 310 Steuerzwecke 211 ff. Stiftung 218 Stille Gesellschaft 286 ff., 310 Stille Reserven 281 ff., 293 ff. Stimmrecht 53 f., 124 f., 287 Tausch (UStG) 299 ff. Tauschmittel 224 f., 323 f., 325 f. Technologieneutralität 146, 216, 296 Teilwert 244 ff. Terms and Conditions 38, 97, 261 Territorialitätsprinzip 157 f. Token-Informationsblatt 331 ff. Token-Inhaber 46 ff., 281 f., 288 f. Token-Modelle 48 ff. Token-Prospekt 338 ff. Token-Prospektinhalt 343 ff. Token Sale 39 f. Token Sale Agreement 38, 48 Tokens 41 f., 43 ff. Transaktionshistorie 24, 115 Transaktionskosten 76 ff., 97, 154, 176, 204, 324, 326, 328, 335 ff. Trennungsprinzip 275 Treuhand 105 ff., 139 ff. Typenvergleich 219 f.

Typische Stille Gesellschaft Typusbegriff 222, 294

389 290 ff.

Überperiodischer Verlustausgleich 273 Übertragbarkeit 100 ff., 224 Übertragungsbeschränkung 101, 103 ff., 108 f. Umlaufvermögen 236 ff., 238 f., 245 f. Umsatzsteuer 216 f., 221 ff., 297 ff. Umsatzsteuerbarkeit 297 ff., 302 ff. Ungewisse Verbindlichkeiten 261, 264 ff. Unkörperlichkeit siehe Körperlichkeit Unregulierter Markt 344 f. Unternehmensfinanzierung 23 ff., 31, 58, 90, 315 Unternehmereigenschaft (Umsatzsteuer) 221 f. Urkunde siehe Verbriefung Utilitarismus 72 f. Utility Tokens 49 ff., 126 ff., 139 ff., 203 ff., 252 ff., 303 ff., 352 ff. Venture Capital 31, 35, 210 Verbindlichkeiten 253, 255, 260 f., 262 ff., 283 f. Verbrauchbarer Vorteil 302 f., 308, 311 Verbriefung 98 f., 122 ff., 309, 340 Verhandlungslösung 76 ff., 87 f., 175, 345 Verkehrsfähigkeit 114, 228 f. Verkehrsschutz 114 ff., 316 Vermögensanlage 138 ff., 193 f. Vermögensgegenstand 227 Veröffentlichung des Prospekts 94 ff., 203 ff., 331 ff. Vertragliche Zahlungsmittel 24, 46 f., 48 f., 226 f., 324 ff. Vertrauen 47, 83, 175, 201, 204, 205 ff., 323 ff. Verwaltungssitz 219 Virtuelle Währung siehe Currency Tokens Volatilität 46, 119, 150, 225 ff., 247 ff., 323 ff. Vollständigkeitsgebot 227, 234, 254 Vorleistungsverpflichtung 35, 46, 93 f., 254 f., 270 Vorschlagsrecht 53, 134, 200, 286 Vorsichtsprinzip 232, 235, 254, 264 Vorsteuerabzug 312

390

Stichwortverzeichnis

Wachstumsmarkt 190 Wachstumsprospekt 189 f., 198 Währung 350 f. Währungskorb 150 Wallet 45, 100 f. Wertaufbewahrungsmittel siehe Wertspeicher Wertaufholungsgebot 247 Wertpapier 98, 99 ff., 138 f. Wertpapier-Informationsblatt 187 Wertspeicher 225 f. Wettbewerb 61, 63 f., 66 ff., 71 f. Wettbewerbsfreiheit 67 f. Whitepaper 33, 35, 37 ff., 48, 94 ff., 136 Wiederbeschaffungskosten 245 Wirtschaftliche Belastung 266 f. Wirtschaftliche Tätigkeit 222, 308 ff. Wirtschaftliche Verursachung 267 ff. Wirtschaftlichkeitsgebot 67

Wirtschaftsgut 227, 228 f. Wohlfahrtsökonomik 74 ff. Wohlstand 63 f., 70 Zahlungsanspruch 52 f., 120, 124 ff., 142 f., 148, 276, 325 f. Zahlungsdienst 146 ff. Zahlungsinstrument 117 ff. Zahlungsmittel 48 f., 118 ff., 223 ff., 300 ff. Zahlungsmittelfunktion 120 f., 147, 302 Zentralbank 149, 205, 323 Zentraler Emittent 149 ff., 328 Zinsaufwand 253, 291, 296 Zinsschranke 275, 291 Zugangsbeschränkung siehe Marktzutrittsbeschränkung Zugangsbewertung 238 ff. Zulassungsvoraussetzungen (Börse) 95 f.