Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE): Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland [1 ed.] 9783428508396, 9783428108398

Die individuelle Informationsfreiheit gegenüber öffentlichen Stellen ist in vielen Staaten Europas, in den USA und im we

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Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE): Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland [1 ed.]
 9783428508396, 9783428108398

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Beiträge zum Informationsrecht Band 1

Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE) Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland Von Friedrich Schoch Michael Kloepfer

Duncker & Humblot · Berlin

Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE)

Beiträge zum Informationsrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Prof. Dr. Michael Kloepfer, Prof. Dr. Friedrich Schoch

Band 1

Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE) Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland

Von Friedrich Schoch Michael Kloepfer unter Mitwirkung von Hansjürgen Garstka

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schoch, Friedrich: Informationsfreiheitsgesetz (IFG-ProfE) : Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland / Friedrich Schoch ; Michael Kloepfer. Unter Mitarb. von Hansjürgen Garstka. - Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Beiträge zum Informationsrecht ; Bd. 1) ISBN 3-428-10839-6

Alle Rechte vorbehalten © 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1619-3547 ISBN 3-428-10839-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 Θ

Vorwort Die Informationszugangsfreiheit für jeden Einzelnen gegenüber öffentlichen Stellen ist in vielen Staaten Europas sowie in den USA und im weiteren angloamerikanischen Rechtskreis heutzutage eine Selbstverständlichkeit. Demgegenüber ist das Öffentliche Recht der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor durch das Prinzip der Geheimhaltung von Verwaltungsinformationen gekennzeichnet. Signifikanter Ausdruck hierfür ist der Grundsatz der sogenannten begrenzten Aktenöffentlichkeit, wie er in § 29 V w V f G zum Ausdruck kommt. M i t dieser Grundausrichtung weist die deutsche Verwaltungsrechtsordnung einen Entwicklungsrückstand auf, den es in einem modernen demokratischen Staat zu beheben gilt (Schoch, Die Verwaltung Bd. 35, 2002, 149 ff.). A u f dem Gebiet des Umweltinformationsrechts war die Bundesrepublik Deutschland durch das europäische Recht gezwungen, einen (materiellrechtlich) voraussetzungslosen Anspruch für jeden auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt einzuführen. Die Umsetzung der Umwelt-Informationsrichtlinie der EG durch das Umweltinformationsgesetz vom 08. Juli 1994 war jedoch nur teilweise gelungen. In etlichen Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof unterlag die Bundesrepublik Deutschland wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit von Vorschriften des deutschen Umweltinformationsrechts. Mittlerweile hat der Bund reagiert und durch Art. 21 des Gesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1950, 2018 f.) das Umweltinformationsgesetz europarechtskonform auszugestalten versucht. Damit ist der Informationszugangsfreiheit gegenüber öffentlichen Stellen jedoch nur auf einem Teilgebiet des Öffentlichen Rechts Rechnung getragen. A u f der europäischen Ebene schreitet die Entwicklung weiter voran, nachdem das Europäische Parlament und der Rat am 30. Mai 2001 die Verordnung Nr. 1049/2001 / EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission verabschiedet haben (AB1EG L 145/43). Danach hat grundsätzlich jeder Einzelne Zugang zu allen Dokumenten der EGOrgane; der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen wird durch Ausnahmen von jenem Grundsatz gewährleistet. Dem modernen Standard einer Informationszugangsfreiheit werden in Deutschland zur Zeit nur die Länder Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein sowie nunmehr auch Nordrhein-Westfalen gerecht, die in den letzten Jahren Akteneinsichts- bzw. Informationsfreiheitsgesetze erlassen haben. M i t dem hier präsentierten Vorschlag eines Informationsfreiheitsgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland soll ein Beitrag zur Behebung des Entwicklungsrück-

Vorwort

6

standes im deutschen Verwaltungsinformationsrecht geleistet werden. Nachdem der Bund i m Dezember 2000 den Referentenentwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes erarbeitet hat, der i m Mai 2001 allgemein zugänglich gemacht worden ist, steht zu erwarten, dass die Diskussion zur Informationsfreiheit in Deutschland neue Impulse erhalten wird. Die vorliegende Untersuchung ist Teil des Gesamtprojekts für ein Informationsgesetzbuch (vgl. Kloepfer, K & R 1999, 241 ff.), das von der Fritz-Thyssen-Stiftung und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft gefördert wird. Der hiermit der (Fach-)Offentlichkeit zur Diskussion gestellte Gesetzesvorschlag nimmt nicht nur die Erfahrungen mit der Informations(zugangs)freiheit aus dem Umweltinformationsrecht, dem EG-Recht sowie dem einschlägigen Landesrecht auf und verarbeitet diese, sondern geht an vielen Stellen neue Wege, womit zugleich ein Beitrag zur Innovation des deutschen Öffentlichen Rechts geleistet werden soll. Die i m Anhang abgedruckten Materialien sollen den fachkundigen Vergleich mit anderen Vorschlägen erleichtern. Angesichts mancher Neuerung, die von uns vorgeschlagen wird, waren Risiken nicht zu vermeiden. Der M u t zur Innovation schien uns jedoch gegenüber einer lediglich behutsamen Fortentwicklung überholter Standards vorzugswürdig zu sein. Ungewöhnlich mag es auch anmuten, die Ergebnisse rechtswissenschaftlicher Forschung in Form eines Gesetzeswerkes (mit Begründung) zu präsentieren. Maßgebend hierfür ist die Uberzeugung, dass auch i m Öffentlichen Recht die Bedeutung der rechtsgestaltenden Arbeit in der wissenschaftlichen Forschung zunehmen wird. Rechtswissenschaft muss stärker auch prospektive Jurisprudenz sein. Angesichts der Wagnisse, die wir mit dem hier vorgelegten Projekt eingegangen sind, sind wir für Anregungen und Kritik jederzeit dankbar. Freiburg i m Breisgau und Berlin, i m November 2001

Friedrich Schoch Michael Kloepfer Hansjürgen Garstka

Inhaltsverzeichnis Gesetzestext: Informationsfreiheitsgesetz - IFG Erster Abschnitt:

Informationszugangsfreiheit

§ 1 Grundsatz der Informationszugangsfreiheit

13

§ 2 Anspruch auf Informationszugang

13

§ 3 Anwendungsbereich

13

§ 4 Begriffsbestimmungen

14

Zweiter Abschnitt:

Einschränkungen

des Informationszugangs

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen und der Rechtsdurchsetzung

15

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses

15

§ 7 Schutz personenbezogener Daten

16

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie Urheberrechten

17

§ 9 Beschränktes Informationszugangsrecht

17

Dritter Abschnitt: Verfahren § 10 Antragstellung

18

§ 11 Bescheidung des Antrags

18

§ 12 Durchführung des Informationszugangs

19

§ 1 3 Vertreter bei gleichförmigen Anträgen

19

§ 14 Kosten

20

Vierter Abschnitt:

Organisationsvorschriften

§ 15 Informationsverzeichnisse

20

§ 16 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit

20

8

Inhaltsverzeichnis Begründung

Einleitung: Zugang zu staatlichen Informationen i m demokratischen Rechtsstaat

25

Begründung zu § 1

42

Begründung zu § 2

47

Begründung zu § 3

59

Begründung zu § 4

72

Vorbemerkung zu §§ 5 bis 9

77

Begründung zu § 5

79

Begründung zu § 6

88

Begründung zu § 7

98

Begründung zu § 8

112

Begründung zu § 9

126

Vorbemerkung zu §§ 10 bis 14

133

Begründung zu § 10

135

Begründung zu § 11

142

Begründung zu § 12

154

Begründung zu § 13

163

Begründung zu § 14

167

Begründung zu § 15

182

Begründung zu § 16

188

Anhang Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes

201

Begründung des Entwurfs eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes

205

Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz - IFG)

233

Erste Hinweise zur Anwendung des Gesetzes zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin der Berliner Senatsverwaltung für Inneres

242

Brandenburger Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz ( A I G )

256

Inhaltsverzeichnis Begründung

zum

Brandenburger

Akteneinsichts-

und

Informationszugangsgesetz

(AIG)

262

Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein - IFG-SH)

279

Anhang II: Umweltinformationsrecht Richtlinie 9 0 / 3 1 3 / E W G des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt

287

Umweltinformationsgesetz (UIG)

291

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen

295

Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) - Auszug -

Anhang III: Supranationales

306

Informationszugangsrecht

Art. 255 E G V (ex-Art. 191a)

319

Artikel 42 Grundrechte-Charta

320

Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

321

Literaturverzeichnis

333

Sachwortverzeichnis

339

Gesetzestext: Informationsfreiheitsgesetz -IFG-

Erster Abschnitt Informationszugangsfreiheit § 1 Grundsatz der Informationszugangsfreiheit Zweck der Informationszugangsfreiheit i m Sinne dieses Gesetzes ist es, 1. den freien Zugang zu den bei den öffentlichen Stellen im Sinne des § 3 Abs. 1 vorhandenen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten und von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie überwiegender öffentlicher Belange nach Maßgabe des Zweiten Abschnitts zu gewährleisten und dadurch 2. zugleich die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle staatlichen Handelns zu ermöglichen.

§ 2 Anspruch auf Informationszugang (1) ! Jede natürliche Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den bei einer öffentlichen Stelle vorhandenen Informationen. 2 Dies gilt für juristische Personen und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen entsprechend. (2) J Eine besondere Prüfung der Informationen auf ihre Richtigkeit durch die öffentliche Stelle erfolgt nicht. 2 Bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit des Akteninhalts sind mitzuteilen. (3) Weitergehende Ansprüche auf Zugang zu Informationen bleiben unberührt; dasselbe gilt für Vorschriften der Rechts- und Amtshilfe.

§ 3 Anwendungsbereich ( 1 ) Der Anspruch auf Informationszugang besteht gegenüber 1. öffentlichen Stellen des Bundes sowie gegenüber den der Aufsicht des Bundes unterstehenden juristischen Personen des Öffentlichen Rechts, 2. öffentlichen Stellen der Länder, soweit der Informationszugang nicht durch Landesgesetz geregelt ist, sowie gegenüber den der Aufsicht der Länder unterstehenden juristischen Personen des Öffentlichen Rechts,

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Gesetzestext

3. Vereinigungen von öffentlichen Stellen des Bundes und, soweit der Informationszugang nicht durch Landesgesetz geregelt ist, der Länder ungeachtet ihrer Rechtsform, sofern sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen, 4. Privaten, deren sich Behörden zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bedienen und die insoweit der Aufsicht oder entsprechenden Einflussnahme von Behörden unterstehen; auf dem Gebiet des Landesrechts gilt dies nur, soweit der Informationszugang nicht durch Landesgesetz geregelt ist. (2) ] Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht 1. gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften im Rahmen ihrer nicht öffentlichen Tätigkeit, 2. gegenüber Gerichten, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden sowie Disziplinarbehörden, soweit sie als Organe der Rechtspflege tätig werden, 3. gegenüber einem Rechnungshof, soweit er in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird. 2

Dies gilt nicht, soweit die in Nr. 1 bis Nr. 3 genannten Stellen eigene Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. (3) Bereichsspezifische Rechtsvorschriften über den Informationszugang, insbesondere Bestimmungen zum Schutz persönlicher Daten, bleiben unberührt. (4) In laufenden Verwaltungsverfahren wird der Informationszugang nur nach Maßgabe des anzuwendenden Verfahrensrechts gewährt.

§ 4 Begriffsbestimmungen (1) Informationen sind alle in Form von Schrift, Bild, Ton oder sonstigen Daten vorliegenden Aufzeichnungen, soweit sie amtlichen Zwecken dienen. (2) Informationsträger sind alle Medien, mit denen Informationen gespeichert werden können, insbesondere Akten und sonstige Schriftstücke, elektronische Speichermedien, Filme, Fotos, Tonbänder, Pläne, Diagramme, Bilder und Karten. 2 N i c h t hierunter fallen Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil des Vorgangs sind und spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden. (3) Öffentliche Stelle ist jede Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie jede sonstige Einrichtung, die mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut ist und der Kontrolle von Behörden untersteht.

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Zweiter Abschnitt Einschränkungen des Informationszugangs § 5 Schutz öffentlicher Interessen und der Rechtsdurchsetzung Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, 1. soweit und solange das Bekanntwerden der Informationen dem Wohle des Bundes oder eines Landes schwerwiegende Nachteile bereiten würde, insbesondere die internationalen und supranationalen Beziehungen, die Beziehungen zwischen Bund und Ländern oder zwischen den Ländern, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit schädigen würde; 2. wenn zu besorgen ist, dass durch das Bekanntwerden der Informationen der Ablauf und der Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eines anhängigen Gerichtsverfahrens, eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder eines Disziplinarverfahrens gefährdet oder erheblich beeinträchtigt würden; 3. wenn durch das Bekannt werden der Informationen Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die nicht dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterfallen, offenbart würden und die öffentlichen Stellen in die Offenbarung nicht eingewilligt haben oder von einer Einwilligung nicht auszugehen ist.

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses (1) Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, 1. soweit Beratungen von öffentlichen Stellen auf Grund von Rechtsvorschriften vertraulich behandelt werden müssen; 2. soweit es sich um vorbereitende Aufzeichnungen, insbesondere Vorentwürfe und Notizen, handelt. (2) ! Der Antrag auf Informationszugang soll abgelehnt werden, wenn er missbräuchlich ist. 2 Das ist auch dann der Fall, wenn der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits verfügt. (3) Der Antrag auf Informationszugang kann abgelehnt werden, 1. wenn zu besorgen ist, dass durch das Bekanntwerden der Informationen der Erfolg behördlicher Maßnahmen, insbesondere von Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen sowie von ordnungsbehördlichen Anordnungen oder Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung, gefährdet oder vereitelt würde; 2. wenn er sich auf noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten bezieht; 3. soweit die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle erheblich beeinträchtigt würde.

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Gesetzestext

§ 7 Schutz personenbezogener Daten (1) 'Der Anspruch auf Informationszugang besteht vorbehaltlich der in Absatz 2 und 3 getroffenen Regelungen nicht, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart, dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden und das Informationsinteresse nicht überwiegt. 2 Besondere Kategorien personenbezogener Daten i m Sinne des § 3 Abs. 9 Bundesdatenschutzgesetz dürfen nur offenbart werden, wenn der Betroffene ausdrücklich einwilligt. (2) Die Offenbarung personenbezogener Daten ist zulässig, wenn 1. die Betroffenen einwilligen, 2. die Bekanntgabe durch dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift zugelassen ist, 3. die Bekanntgabe zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist oder 4. die Bekanntgabe zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist. (3) 'Die Offenbarung personenbezogener Daten von Amtsträgern ist zulässig, 1. soweit diese in Zusammenhang mit der Ausübung ihres öffentlichen Amtes stehen oder 2. soweit deren Kenntnis für die Bestimmung, Unterscheidung, Zuordnung oder den Nachvollzug behördlichen Handelns erforderlich ist oder 3. wenn die Betroffenen als Gutachter, Sachverständige oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem öffentlichen Verfahren abgegeben haben und durch diese Angaben mit Ausnahme des Namens, Titels, akademischen Grades, der innerdienstlichen Funktionsbeschreibung, der dienstlichen Anschrift und Rufnummer nicht zugleich weitere personenbezogene Daten offenbart werden. 2 Satz 1 gilt für Private im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 entsprechend. (4) 'Vor der Entscheidung nach Absatz 1 über die Offenbarung personenbezogener Daten sind die Betroffenen anzuhören. 2 Äußert sich der Betroffene nicht innerhalb von zwei Wochen, ist von seiner Einwilligung auszugehen; Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. 3 Von der Anhörung kann insbesondere abgesehen werden, wenn Betroffene nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand erreicht werden können. 4 Findet eine Anhörung nicht statt, sind Betroffene über die Freigabe von Informationen mit personenbezogenen Daten unverzüglich zu unterrichten. 5 I m Falle des Absatzes 3 findet eine Anhörung oder Unterrichtung nicht statt.

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§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie Urheberrechten (1) 'Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart würde und das Interesse Betroffener an der Geheimhaltung das Offenbarungsinteresse Dritter oder der Öffentlichkeit überwiegt. 2 § 7 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. 3 Satz 1 gilt entsprechend, soweit Rechte zum Schutze geistigen Eigentums dem Informationszugang entgegenstehen. (2) 'Wer gegenüber öffentlichen Stellen Angaben zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen über seinen Gewerbebetrieb macht, hat diese zu kennzeichnen, getrennt vorzulegen und darzulegen, dass ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt. 2 Sollen Unterlagen in einem Verfahren mit Beteiligung Dritter verwendet werden, haben Betroffene ohne Preisgabe des Geheimnisses eine zusammenfassende Darstellung der geheimhaltungsbedürftigen Angaben vorzulegen oder zu begründen, dass die Darstellung ohne die Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Angaben nicht möglich ist. (3) 'Betroffene haben auf Verlangen der öffentlichen Stelle eine Darstellung i m Sinne des Absatzes 2 Satz 2 auch vorzulegen, wenn ein Dritter Informationszugang begehrt. 2 Legen Betroffene die Darstellung schuldhaft nicht vor, kann die öffentliche Stelle die Angaben offenbaren. (4) ' § 7 Abs. 4 findet entsprechende Anwendung. 2 Das gilt auch dann, wenn die öffentliche Stelle die Kennzeichnung von Angaben als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse für ungerechtfertigt erachtet. 3 Liegen keine entgegenstehenden Anhaltspunkte vor, ist in der Regel von der Betroffenheit auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. (5) Geben Betroffene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nachträglich selbst bekannt, haben sie die zuständigen öffentlichen Stellen davon zu unterrichten.

§ 9 Beschränktes Informationszugangsrecht (1) 'Soweit nach den §§ 5 bis 8 der unbeschränkte Zugang zu Informationen ausgeschlossen ist oder seitens der öffentlichen Stelle abgelehnt wird, besteht ein Anspruch auf Zugang zu den übrigen Informationen, die nicht der Geheimhaltung unterliegen (beschränktes Informationszugangsrecht). 2 Z u r Gewährleistung des beschränkten Informationszugangsrechts sind die geheimhaltungsbedürftigen Angaben durch Schwärzung oder auf andere Weise unkenntlich zu machen. (2) 'ist die Geheimhaltung durch Maßnahmen nach Absatz 1 nicht gewährleistet, hat die öffentliche Stelle die geheimhaltungsbedürftigen Teile auszusondern. 2 D i e Aussonderung kann auch durch Vervielfältigung der nicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen erfolgen. 2 Informationsfreiheitsgesetz

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Gesetzestext

(3) 'ist die Geheimhaltung durch Maßnahmen nach Absatz 1 oder 2 nicht gewährleistet, erfolgt der Informationszugang durch Auskunftserteilung. 2 Dasselbe gilt, wenn die Unkenntlichmachung nach Absatz 1 Satz 2 oder die Aussonderung nach Absatz 2 mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. (4) Art und Umfang der Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 sind von der öffentlichen Stelle zu vermerken.

Dritter Abschnitt Verfahren § 10 Antragstellung (1) 'Der Informationszugang wird auf Antrag gewährt. 2 D e r Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift an die öffentliche Stelle zu richten, bei der die begehrten Informationen vorhanden sind. (2) 'Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein; er muss insbesondere erkennen lassen, auf welche Informationen er gerichtet ist. 2 Fehlen Angaben zur hinreichenden Bestimmung der begehrten Informationen, nimmt die öffentliche Stelle eine fachgerechte Beratung vor. (3) Sind die Informationen bei der öffentlichen Stelle, bei der der Antrag gestellt worden ist, nicht vorhanden, hat diese Stelle dem Antragsteller unverzüglich die zuständige Stelle zu benennen, soweit ihr diese bekannt ist.

§ 11 Bescheidung des Antrags (1) 'Der Antrag ist unverzüglich, spätestens jedoch nach Ablauf einer Frist von einem Monat nach Stellung eines ordnungsgemäßen Antrags zu bescheiden. 2 Soweit schutzwürdige Interessen Betroffener berührt sind und diesen Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung über den Informationszugang erheblichen Tatsachen zu äußern, verlängert sich diese Frist auf drei Monate; der Antragsteller ist hierüber zu informieren. 3 W i r d der Antrag nicht innerhalb der Frist nach Satz 1 oder Satz 2 beschieden, gilt dies als Stattgabe. 4 D i e Entscheidung ist auch dem Betroffenen bekannt zu geben; dies gilt entsprechend i m Fall des Satzes 3. (2) Wird dem Antrag stattgegeben, sind Ort, Zeit und Modalitäten des Informationszugangs mitzuteilen; dies gilt entsprechend i m Fall des Absatzes 1 Satz 3. (3) 'Die Ablehnung oder Beschränkung des Informationszugangs ist innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist schriftlich zu begründen. 2 Dabei hat die öffentliche

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Stelle auch über Art und Inhalt der vorenthaltenen Informationen Kenntnis zu geben, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Angaben möglich ist. 3 I m Falle der vollständigen Verweigerung des Informationszugangs hat die öffentliche Stelle zu begründen, weshalb kein beschränkter Informationszugang nach § 9 gewährt werden kann. (4) I m Falle der Ablehnung des Informationszugangs teilt die öffentliche Stelle mit, ob und gegebenenfalls zu welchem späteren Zeitpunkt der Informationszugang voraussichtlich erfolgen kann. (5) 'Gegen eine Entscheidung über den Informationszugang findet der Widerspruch nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann statt, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde getroffen worden ist. 2 Diese Behörde erlässt den Widerspruchsbescheid gemäß § 73 der Verwaltungsgerichtsordnung. (6) 'Der Informationszugang darf erst nach Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung gegenüber dem Betroffenen oder zwei Wochen nach Anordnung der sofortigen Vollziehung, die auch dem Betroffenen bekannt zu geben ist, erteilt werden. 2 Absatz 5 gilt entsprechend.

§ 12 Durchführung des Informationszugangs (1) 'Der Informationszugang erfolgt durch Akteneinsicht, Gewährung des Zugangs zu einem Informationsträger in sonstiger Weise oder durch Auskunft. 2 D e r Informationszugang soll in der beantragten Art und in dem beantragten Umfang nach Maßgabe des 2. und 3. Abschnitts gewährt werden. 3 I m Übrigen bestimmt die zuständige Stelle den Informationszugang nach pflichtgemäßem Ermessen. 4 § 2 Abs. 2 bleibt unberührt. (2) 'Der Informationszugang erfolgt unverzüglich bei der öffentlichen Stelle, die die Informationsunterlagen führt. 2 Es sind ausreichende räumliche und sachliche Möglichkeiten zur Wahrnehmung des Informationszugangs zur Verfügung zu stellen. (3) 'Antragstellern ist die Anfertigung von Notizen gestattet. 2 A u c h Ablichtungen sind gestattet. 3 Betrifft der Informationszugang Daten, die auf Magnetbändern oder anderen Datenträgern der elektronischen Datenverarbeitung gespeichert sind, ist ein lesbarer Ausdruck und auf Antrag eine elektronische Kopie zu überlassen.

§ 13 Vertreter bei gleichförmigen Anträgen (1) Bei Anträgen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht worden sind (gleichförmige Anträge), sowie bei Anträgen von mehr als 50 Personen, die 2*

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Gesetzestext

das gleiche Informationsinteresse verfolgen, gelten die §§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend. (2) Sind mehr als 50 Personen aufzufordern, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, kann die Aufforderung ortsüblich bekannt gemacht werden.

§ 14 Kosten (1) 'Für Amtshandlungen der öffentlichen Stellen auf Grund dieses Gesetzes können Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden. 2 D i e Gebühren sind so zu bemessen, dass sie eine angemessene Höhe nicht überschreiten; das öffentliche Interesse am Informationszugang ist zu berücksichtigen. 3 Auslagen sind zu erstatten; dabei dürfen die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschritten werden. (2) ] D i e Bundesregierung wird ermächtigt, für Amtshandlungen i m Sinne des Absatzes 1 die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren sowie der Auslagen durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen. 2 Dabei sind Befreiungstatbestände sowie Ermäßigungen und der Erlaß der Gebühren aus Billigkeitsgründen im Einzelfall vorzusehen.

Vierter Abschnitt Organisationsvorschriften § 15 Informationsverzeichnisse ( 1 ) Jede Stelle i m Anwendungsbereich dieses Gesetzes führt Verzeichnisse, die geeignet sind, die bei ihr geführten Informationssammlungen und deren Zweck erkennen zu lassen. (2) Verzeichnisse i m Sinne von Absatz 1 sowie vergleichbare Informationsübersichten wie Organisationspläne, Register, Aktenpläne, Aktenordnungen und Aktenverzeichnisse sind zur Einsicht allgemein zugänglich zu halten. (3) l D i e Verzeichnisse sind nach Möglichkeit in elektronischer Form abrufbar zu halten. 2 Dies gilt auch für Informationen, die wiederkehrend nachgefragt werden.

§ 16 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit (1) ]Zur Wahrung der Informationszugangsfreiheit wird ein Beauftragter bestellt. 2 Diese Aufgabe wird vom Informationsbeauftragten [Datenschutzbeauftragten] wahrgenommen.

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(2) 'ist jemand der Ansicht, dass der Antrag auf Informationszugang zu Unrecht ganz oder teilweise abgelehnt oder nicht beachtet worden ist oder dass die öffentliche Stelle eine unzulängliche Bescheidung des Antrags vorgenommen hat, kann diese Person den Beauftragten anrufen. 2 Dasselbe gilt, wenn jemand die Durchführung des Informationszugangs zu beanstanden hat. 3 Aufgaben und Befugnisse des Beauftragten bestimmen sich nach dem Bundesdatenschutzgesetz. (3) Der Beauftragte unterrichtet das Parlament über seine Tätigkeit durch einen Informationsbericht [zusammen mit dem Datenschutzbericht]. (4) Die Vorschriften über das Widerspruchsverfahren nach §§68 ff. der Verwaltungsgerichtsordnung und über den gerichtlichen Rechtsschutz bleiben unberührt.

Begründung

Einleitung Zugang zu staatlichen Informationen im demokratischen Rechtsstaat Rn. A. Entwicklungsrückstand des deutschen Informationszugangsrechts

1-19

I. Informationszugang in ausländischen Rechtsordnungen

3-9

II. Informationszugang i m geltenden Bundesrecht

10-19

1. Verfassungsrecht und Allgemeines Verwaltungsrecht

11

2. Bereichsspezifische Regelungen

15

3. Insbesondere: Umweltinformationsrecht

18

B. Neuere Entwicklungen zum Informationszugangsrecht

20-25

I. Europäisches Gemeinschaftsrecht

20-21

II. Internationales Recht und Proklamationen

22-24

III. Landesrecht

25

C. Bewusstseinswandel zum Recht auf Informationszugang in Deutschland

26-38

I. Notwendigkeit einer Fortentwicklung des Informationszugangsrechts

26-32

1. Funktionen der Informationszugangsfreiheit

29

2. Informationszugangsfreiheit und Datenschutz

31

II. Rechtspolitische Initiativen

33

1. Bundesebene

34

2. Landesebene

38

A. Entwicklungsrückstand des deutschen Informationszugangsrechts I n der stetig u n d rasant sich e n t w i c k e l n d e n sog. I n f o r m a t i o n s g e s e l l s c h a f t g i l t der öffentliche

Sektor

als größter I n f o r m a t i o n s b e s i t z e r 1 . I n v i e l e n B e r e i c h e n besteht

e i n staatliches Wissens- u n d I n f o r m a t i o n s m o n o p o l .

Information

in

staatlicher2

H a n d ( v o r a l l e m : i n der H a n d der E x e k u t i v e ) d i e n t ( v o r n e h m l i c h i n Gestalt der V e r w a l t u n g s i n f o r m a t i o n ) als A r b e i t s m i t t e l u n d als K o m m u n i k a t i o n s m i t t e l , ( n o c h ) n i c h t so sehr als W i r t s c h a f t s g u t 3 . Ü b e r d e n U m g a n g m i t d e n b e i i h r b e f i n d l i c h e n ι Burkert, M M R 6 / 1 9 9 9 , S. V. 2

„Staat" bzw. „staatlich" ist hier und i m Folgenden untechnisch und damit umfassend gemeint, bezieht also auch nichtstaatliche öffentliche Rechtsträger ein und erstreckt sich ferner auf die in § 3 Abs. 1 genannten Rechtssubjekte. 3

Dazu - am Beispiel der Schweiz - Schweizer /Burkert, Verwaltungsinformationsrecht, 1996, Rn. 17. - Schubert, D u D 2001, 400 (403), betont den kommerziellen Wert vieler (Ver-

1

26

Begründung

Informationsbeständen entscheidet die Verwaltung in Deutschland - i m Rahmen des objektiven Rechts - weithin nach eigenem Ermessen. Erschließung, Einsatz und Nutzung vorhandener Informationsressourcen liegen damit in der Hand der Verwaltung. Rechtliche Publizitätspflichten der Verwaltung bestehen nicht allgemein, sondern nur bereichsspezifisch auf Grund besonderer gesetzlicher Anordnung 4 . 2

Der objektiven Rechtslage entsprechend ist die individuelle Informationsfreiheit in Bezug auf Zugangsrechte zu staatlichen Informationen in Deutschland sehr zurückhaltend ausgestaltet. Ein allgemeines subjektiv-öffentliches Recht auf Informationszugang gibt es gegenüber dem Staat nicht; schon gar nicht existiert ein - unabhängig von „berechtigten Interessen" bestehendes - sog. „JedermannRecht" gegenüber Stellen der öffentlichen Verwaltung auf Zugang zu vorhandenen Informationen.

I. Informationszugang in ausländischen Rechtsordnungen 3

Rechtsvergleichende Untersuchungen 5 belegen detailgenau den schon seit langer Zeit bekannten Befund, dass die deutsche Rechtsordnung bei den (interessenunabhängigen) Informationszugangsrechten i m internationalen Vergleich einen erheblichen Entwicklungsrückstand aufweist. Wertet man die vorliegenden Analysen aus, ergibt sich folgender Befund:

4

Schweden hat bereits im Jahr 1766 durch seine Tryckfrihets förordning - T F (Druckfreiheitsverordnung) im Zusammenhang mit der Pressefreiheit die Informationszugangsfreiheit gegenüber der Verwaltung eingeführt. Als Grundsatz gilt, dass jeder (d. h. natürliche und juristische, in- und ausländische Personen) - unabhängig von einem besonderen Interesse - auf Antrag einen Anspruch auf „Einsichtnahme in offizielle Akten" hat (Kap. I I § 1 T F i.d.F. von 1978). Unter den Aktenbegriff fallen alle Informationen in Schrift-, Bild-, Ton- und EDV-Form. Anspruchsverpflichtet sind - einem funktionalen Behördenbegriff folgend - alle Stellen, die

waltungs-)Informationen und zeigt sich angesichts „leerer Staatskassen" verwundert darüber, dass Bund, Länder und Kommunen die Möglichkeiten der Vermarktung (Schaffung einer neuen Einnahmequelle) noch nicht entdeckt hätten. 4 Die Intransparenz geht so weit, dass eine publizierte Subventionsrichtlinie durch unveröffentlichten Anderungserlass außenwirksam zu Lasten eines Begünstigten soll geändert werden können; so BVerwGE 104, 220 (227 f.). 5 Monographisch Gurlit, Die Verwaltungsöffentlichkeit i m Umweltrecht, 1989; G. Winter (Hrsg.), Öffentlichkeit von Umweltinformationen, 1990; Schlachter, Mehr Öffentlichkeit wagen, 1993; Lodde, Informationsrechte des Bürgers gegen den Staat, 1996; Trantas, Akteneinsicht und Geheimhaltung i m Verwaltungsrecht, 1998; Angelov, Grundlagen und Grenzen eines staatsbürgerlichen Informationsanspruchs, 2000; zusammenfassende Ubersichten bei Nolte, D Ö V 1999, 363 (364 ff.); Schubert, D u D 2001, 400 f.; Koebke, Das Recht auf Umweltinformation, S. 51 ff.; Kugelmann, Die informatorische Rechtsstellung des Bürgers, S. 84 ff., 160 ff.

Einleitung

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öffentliche Aufgaben wahrnehmen. In einem Katalog von sieben Ausnahmegründen (Kap. I I § 2 TF) ist zum Schutz staatlicher und privater Belange festgelegt, unter welchen Voraussetzungen das Akteneinsichtsrecht verweigert werden darf. Finnland (1951), Dänemark (1970) und Norwegen (1970) sind diesem Modell gefolgt und haben ebenfalls das Prinzip der Aktenöffentlichkeit eingeführt. In den USA wurde durch den Freedom of Information Act von 1966 - FOIA (novelliert durch wichtige Reformgesetze von 1974, 1986 und 1996) ein allgemeiner Informationszugangsanspruch zu Behördenakten eingeführt. Anspruchsberechtigt („any person") sind in- und ausländische natürliche und juristische Personen (des Privatrechts und des Öffentlichen Rechts). Ein besonderes Interesse ist für den Informationszugang nicht erforderlich. Erfasst sind dem Anspruchsgegenstand nach sämtliche behördlichen Dokumente und Aufzeichnungen („agency records") unabhängig von der Art des Speichermediums. In neun abschließend geregelten Ausnahmetatbeständen ist das Einsichtsrecht zum Schutz staatlicher und privater Interessen ausgeschlossen. Die für die Bundesbehörden im FOIA getroffenen Regelungen haben die US-Bundesstaaten in ihrer Gesetzgebung im Wesentlichen übernommen.

5

In den Niederlanden wurde das Prinzip der Aktenöffentlichkeit i m Jahr 1978 eingeführt. Die Herausgabe von Verwaltungsinformationen stellt den Grundsatz, die Geheimhaltung demgegenüber die begründungsbedürftige Ausnahme dar. Für den Aktenzugang ist ein besonderes rechtliches Interesse nicht erforderlich. Uber den Antrag wird (unter Berücksichtigung des Interesses an der reibungslosen Erledigung der Amtsgeschäfte) nach Ermessen entschieden. Dieses bezieht sich auch auf die Art der Verwaltungsinformation (Akteneinsicht, Herstellen von Kopien, Auskunftserteilung, zusammenfassende Mitteilungen). Die Ausnahmen vom Informationszugang bestehen zum Schutz staatlicher (und sonstiger öffentlicher) Interessen sowie zum Schutz der Privatsphäre und von Geschäfts- bzw. Betriebsgeheimnissen. Dabei wird zwischen absoluten und relativen Geheimhaltungsgründen unterschieden.

6

In Frankreich bestand bis 1978 das Prinzip des Verwaltungsgeheimnisses. Durch Gesetz vom Juli 1978 wurde jedoch ein allgemeines Zugangsrecht zu Verwaltungsdokumenten eingeführt. Personenbezogene Daten dürfen grundsätzlich nur von dem Betroffenen eingesehen werden. Nichtpersonenbezogene Dokumente stehen grundsätzlich jeder in- und ausländischen natürlichen oder juristischen Person offen. Die Verwaltungsdokumente umfassen auch Ton- und Bildaufzeichnungen sowie elektronische Datenträger. Zum Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen ist der Dokumentenzugang eingeschränkt. Die kommerzielle Nutzung der übermittelten Informationen ist untersagt.

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Schon dieser knappe Uberblick zeigt, dass wichtige andere Rechtssysteme den Grundsatz des voraussetzungslosen Zugangs zu Verwaltungsinformationen kennen. Auch Griechenland (1986), Österreich (1988), Portugal (1993), Belgien (1994) und Irland (1997) haben mittlerweile ein allgemeines Akteneinsichtsrecht einge-

8

Begründung

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führt. In Spanien (seit 1978) und in Italien (seit 1990) gibt es differenzierende Regelungen; neben einem allgemeinen Zugangsrecht zu bestimmten Verwaltungsdokumenten gibt es bei anderen Dokumenten einen Informationszugang beim Vorliegen eines „legitimen Interesses". In Großbritannien galt bis in die 1990er Jahre der Grundsatz des Amtsgeheimnisses (ähnlich wie in Deutschland); ein Paradigmenwechsel wurde jedoch seitens der britischen Regierung 1994 eingeleitet, der durch ein Weißbuch vom Dezember 1997 ergänzt worden ist. Ein allgemeines Akteneinsichts- bzw. Auskunftsrecht wird neuerdings auch bei etlichen Beitrittskandidaten zur EU eingeführt (Ungarn, Polen, Tschechien). 9

Auch in sonstigen ausländischen Rechtsordnungen setzt sich der Grundsatz der Informationszugangsfreiheit im Verwaltungsinformationsrecht nach und nach durch. In der Schweiz hat der Kanton Solothurn i m Februar 2001 das voraussetzungslos statuierte Recht einer jeden Person auf Zugang zu amtlichen Dokumenten eingeführt; Einschränkungen und die Verweigerung des Informationszugangs stellen die begründungsbedürftige Ausnahme dar 6 . Südafrika hat sogar ein Informationszugangsrecht geschaffen, das Ansprüche nicht nur gegen den Staat, sondern auch gegen Private einräumt 7 .

II. Informationszugang im geltenden Bundesrecht 10

Die Rechtslage in Deutschland, repräsentiert durch § 29 V w V f G , wird - jedenfalls in Europa - demnächst wahrscheinlich eine singuläre sein. Sowohl i m Vergleich mit ausländischen Rechtsordnungen als auch im Vergleich mit der Entwicklung i m Europarecht 8 hinkt Deutschland weit hinterher; im europäischen Vergleich bildet die deutsche Rechtsordnung (Bundesrecht und überwiegendes Landesrecht) eine Art „Schlusslicht 4 ' 9 .

I. Verfassungsrecht 11

und Allgemeines Verwaltungsrecht

Dieser Befund bezieht sich in erster Linie auf das Bundesrecht (ebenso allerdings auf das Recht der Mehrzahl der Länder). Einen allgemeinen Anspruch auf Zugang zu staatlichen Informationen kennt das Bundesrecht nach h. M . nicht 1 0 . 6 Beschluss des Kantonsrats von Solothurn vom 21. 02. 2001 „Öffentlichkeitsprinzip und Datenschutz: Informations- und Datenschutzgesetz (InfoDG)", insbes. §§ 12 ff. und 34 ff. 7 Republic of South Africa, „Promotion of Access to Information Act", abrufbar unter http://fxi.org.za .

8 Vgl. d a z u E i n l R n . 2 1 . 9 Nordmann, R D V 2001, 71 (72). 10

Α. A. Scherzberg, Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 403 f.: EG-Recht und Verfassungsrecht konstituierten einen allgemeinen öffentlichrechtlichen Informationsanspruch des Bürgers gegenüber der öffentlichen Verwaltung; Globig, FS Rudolf, S. 441 ff.: Auskunftsanspruch Betroffener als Teil des grundrechtlichen Datenschutzes.

Einleitung

29

Das gilt zunächst für das Verfassungsrecht 11. Das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG) erstreckt sich nur auf „allgemein" zugängliche Quellen. Darunter werden Informationsquellen verstanden, die (technisch) geeignet und bestimmt sind, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen 12 . Von daher gehören Behördenakten grundsätzlich nicht zu den „allgemein" zugänglichen Informationsquellen 1 3 . Wer über die Informationsquelle verfügt, entscheidet über die Allgemeinzugänglichkeit und befindet damit über die Informations(zugangs)freiheit 14 . Zum Schutzbereich der Informationsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG gehört ein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle nicht 1 5 . Auch ansonsten lässt sich - jedenfalls nach der Rechtsprechung - ein allgemeines Akteneinsichtsrecht grundsätzlich nicht unmittelbar aus der Verfassung (ζ. B. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 17, Art. 19 Abs. 4, Art. 20, Art. 38, Art. 43 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 GG) herleiten 1 6 . Ein Recht auf Einsichtnahme in Behördenakten folgt auch nicht etwa bereichsspezifisch für Forschungszwecke aus der Wissenschaftsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 S. 1 G G 1 7 oder für Pressezwecke aus der Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 G G 1 8 . In Bezug auf Krankenunterlagen bejaht die Rechtsprechung in besonders gelagerten Fallgestaltungen allerdings ein auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gestütztes Akteneinsichtsrecht 1 9 . Jenseits derartiger spezieller Konstellationen bleibt es jedoch bei der Notwendigkeit einer normativen Grundlage i m positiven Recht für die Anerkennung eines Anspruchs auf Akteneinsicht 2 0 . Nach Allgemeinem Verwaltungsrecht (§ 29 V w V f G ) gilt der Grundsatz der sog. „beschränkten Aktenöffentlichkeit", der - gleichsam spiegelbildlich - das Prinzip der Aktengeheimhaltung zur Seite hat 2 1 . Der Anspruch auf Akteneinsicht

11 Rechtspolitisch für eine verfassungsrechtliche Verankerung des Informationszugangsrechts Schubert, D u D 2001, 400 (403).

12 BVerfGE 27, 71 (83 f.); 27, 104 (108); 33, 52 (65); 90, 27 (32). 13 BVerfG, NJW 1986, 1243; BVerwGE 47, 247 (252); 61, 15 (22). 14 Schoch, V V D S t R L 57 (1998), 158 (180). 15 BVerfGE 103, 44 (59) = DVB1 2001, 457 = D Ö V 2001, 596 (597) = NJW 2001, 1633 (1634) = JZ 2001, 704; dazu Stürner, JZ 2001, 699 ff. 16 O V G NW, DVB1 1998, 1357 (1358) = NJW 1998, 3659 (3660); a.A. Steinke, N V w Z 2001, 868. π BVerfG, NJW 1986, 1243; BVerwG, NJW 1986, 1277. is V G H BW, N V w Z 1998, 987 (990). 19 BVerfG, NJW 1999, 1777; BVerwGE 82, 45 (48); Bay V G H , N V w Z 1990, 775 (777); NdsOVG, NJW 1997, 2468 (2469). 20 BVerfG, DVB1 2001, 557 (zu dem abgelehnten Antrag der NPD auf Einsicht in die den Partei Verbotsantrag vorbereitenden Akten); FG Köln, N V w Z 2001, 477 (zu dem abgelehnten Antrag an das Finanzamt auf Benennung eines Anzeigeerstatters bzw. Gewährung von Akteneinsicht). 21 Ausführlich dazu M. Kaufmann, in: Demokratie und Freiheit, S. 41 ( 4 3 ff.).

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Begründung

ist allerdings auf Verfahrensbeteiligte i.S.d. § 13 V w V f G begrenzt 2 2 ; diesen steht das Akteneinsichtsrecht nur während des laufenden VerwaltungsVerfahrens z u 2 3 . Außerhalb eines Verwaltungsverfahrens anerkennt die Rechtsprechung grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie behördliche Entscheidung, sofern der Betreffende ein „berechtigtes Interesse" nachweisen k a n n 2 4 ; der Anspruch soll sich aus „Treu und Glauben" 2 5 bzw. aus „allgemeinen rechtsstaatlichen Gründen" 2 6 ergeben. 14

Der auf Verfahrensbeteiligte beschränkte Informationszugang findet sich auch in den gerichtlichen Verfahrensordnungen. Für den Bereich der öffentlichen Verwaltung sind insbesondere § 100 V w G O und § 78 FGO zu erwähnen. Für das Strafverfahren ist auf § 147 StPO hinzuweisen. Für das Gebiet des Zivilrechts finden sich Vorschriften zu Akteneinsicht, Aktenabschrift, Auskunft etc. in §§ 299, 299a, 760 ZPO und in §§ 72, 111 G W B 2 7 ; ein „berechtigtes Interesse" ist Voraussetzung für die Akteneinsicht nach § 34 FGG und für die Auskunft nach § 915b ZPO.

2. Bereichsspezifische

Regelungen

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Festzuhalten ist nach dem vorstehenden Überblick (Rn. 11 ff.), dass ein allgemeines Recht auf Informationszugang (vor allem: Akteneinsicht und Auskunft) in der Bundesrepublik Deutschland nicht besteht 28 . Die bundesdeutsche Rechtsordnung kennt lediglich eine Reihe bereichsspezifischer Informationszugangsrechte, die tatbestandlich zudem teilweise mit einem „berechtigten Interesse" verknüpft sind 2 9 . Systematisch können zwei Kategorien bereichsspezifischer Regelungen unterschieden werden: Informationszugangsrechte für Betroffene sowie Informationszugang zu öffentlichen Registern.

16

Die Informationszugangsrechte für Betroffene sind in der Regel in Form von Auskunftsansprüchen ausgeprägt. Beispiele sind aus dem Bereich des Datenschutzrechts der Auskunftsanspruch des Betroffenen zu gespeicherten Daten (§ 19 22 O V G NW, N W V B 1 1994, 458 (459) und DVB1 1998, 1357 = NJW 1998, 3659; O V G SH, N V w Z 1996, 408; NdsOVG, NJW 1997, 2468; B a y V G H , N V w Z 1999, 889 (890). 23 BVerwGE 67, 300 (303 f.); BVerwG, D V B 1 1984, 53; BVerwGE 84, 375 (376); B a y V G H , B a y V B l 1988, 404; O V G RP, DVB1 1991, 1367 = N V w Z 1992, 384; NdsOVG, NJW 1997, 2468. - Ebenso für § 25 SGB X BSG, N V w Z 1992, 406. 24 BVerwGE 61, 15 (22 f.); 69, 278 (279); O V G NW, NJW 1989, 544; BayVGH, N V w Z 1999, 889 (890); ferner O V G NW, DVB1 1999, 1053 = NJW 1999, 1802 = N W V B 1 1999, 139 (m. umfangr. Nachw.). - Ferner dazu Zilkens, D Ö V 2001, 374 (375 f.). 25 O V G RP, DVB1 1991, 1367 = N V w Z 1992, 384; V G H BW, NJW 1996, 613. 26 V G Potsdam, L K V 2000, 319 (320). 27 Einzelheiten dazu bei Griem, W u W 1999, 1182 ff. 28 Reinhardt, Die Verwaltung 30 (1997), 161 (166 ff.); Burkert, D u D 1998, 430; Hatje, EuR 1998, 734 (736 f.); Kugelmann, Informatorische Rechtsstellung, S. 54 ff.; Pisani, Kooperation in der Wissensgesellschaft, S. 49, 57. 29 Übersicht dazu bei Schild, R D V 2000, 96 ff.

Einleitung

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B D S G ) 3 0 und Informationsrechte des Einzelnen nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz (§§ 3, 12 ff. S t U G ) 3 1 , aus dem Umweltrecht der Auskunftsanspruch des Geschädigten gegen Behörden (§ 9 UmweltHG), aus dem Bereich der Inneren Sicherheit und der Strafverfolgung der Auskunftsanspruch des Betroffenen gegenüber dem Verfassungsschutz zu gespeicherten Daten (§ 15 BVerfSchG) sowie verschiedene Akteneinsichts- und Auskunftsrechte nach der StPO (§§ 406e, 475, 491, 495 StPO). I m Beamtenrecht bestehen Einsichtsrechte in Personalakten und in sog. Besetzungsberichte (§ 56c BRRG, § 90c B B G ) 3 2 . - I m Landesrecht stellt sich der Befund ähnlich dar; auch dort finden sich zahlreiche Vorschriften, die in ihrer bereichsspezifischen Ausrichtung strukturell und inhaltlich den bundesrechtlichen Vorschriften vergleichbar sind. Der Informationszugang zu öffentlichen Registern ist grundsätzlich in Form von Einsichtsrechten ausgestaltet, kennt aber auch Auskunftsrechte. Beispiele sind aus dem Bereich des Einwohner- und Personenstandswesens die Melderegisterauskunft (§§ 21, 22 MRRG) und die Einsicht in Personenstandsbücher (§ 61 PStG), aus dem Kfz-Wesen die Übermittlung von Daten zu Fahrzeug und Halter (§§ 35, 39 S t V G ) 3 3 , aus dem Grundstückswesen die Einsicht in das Grundbuch (§ 12 G B O ) 3 4 und aus dem allgemeinen Zivilrecht die Einsicht in das Vereinsregister (§ 79 BGB) und in das Güterrechtsregister (§ 1563 BGB). Hinsichtlich der gewerblichen Register sind die Auskunft und Datenübermittlung aus der Handwerksrolle (§ 6 HwO) und dem Gewerberegister ( § 1 4 GewO) sowie die Einsichtsrechte beim Handelsregister (§ 9 HGB) und der Urheberrolle (§ 138 UrhG) erwähnenswert.

17

3. Insbesondere: Umweltinformationsrecht Die bedeutsamste bereichsspezifische Regelung zum Informationszugangsrecht im staatlichen Sektor besteht auf dem Gebiet des Umweltrechts. Nach § 4 Abs. 1 U I G hat jeder - ohne Geltendmachung eines „berechtigten Interesses" und ohne Bindung an ein Verwaltungsverfahren - Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer Behörde oder bestimmten Personen des Privatrechts vorhanden sind. Dabei kann die Behörde auf Antrag Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationsträger in sonstiger Weise zur Verfügung stellen.

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In Deutschland tut man sich indes mit dem Recht auf (weiten) Zugang zu (Umwelt-)Informationen angesichts der Prägung deutscher Behörden durch das Prinzip des Amtsgeheimnisses ersichtlich schwer. Dies beginnt bei der etwas halbherzigen

19

30 Für Sozialdaten: § 83 SGB X . 31 Zusammenfassend dazu Kugelmann, Informatorische Rechtsstellung, S. 226ff. 32 Dazu Schöbener, B a y V B l 2001, 321 (326 f.). 33 Dazu V G Gießen, NJW 1999, 2458. 34 Dazu BVerfG, NJW 2001, 503.

32

Begründung

Umsetzung vorgegebenen Europäischen Gemeinschaftsrechts 35 und endet bei den Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten der Rechtsprechung 36 . Die praktischen Erfahrungen mit dem Umweltinformationsrecht zeigen auf Probleme vor allem beim „Behörden"-Begriff, bei der Reichweite des Ausschlusses des Informationszugangsrechts, bei der Art einer ordnungsgemäßen Gewährung des Informationszugangs sowie bei der Kostenregelung 37 . Diese (und weitere) Erfahrungen müssen genutzt werden, wenn es um die Regelung eines allgemeinen Zugangsrechts zu staatlichen Informationen geht 3 8 .

B. Neuere Entwicklungen zum Informationszugangsrecht I. Europäisches Gemeinschaftsrecht Der Entwicklungsrückstand des deutschen Informationszugangsrechts ist im Umweltbereich durch das EG-Recht beseitigt worden. Verbindliche Vorgabe (Art. 189 Abs. 3 E G V a . F . / A r t . 249 Abs. 3 EGV n.F.) für das deutsche Umweltinformationsgesetz ist die Umwelt-Informationsrichtlinie der E G 3 9 (UIRL) gewesen. Es steht zu erwarten, dass das Gemeinschaftsrecht weitere Anstöße zur Herausbildung eines breit angelegten deutschen Informationszugangsrechts liefern wird. Zum Umweltrecht hat die EG-Kommission am 29. Juni 2000 den Vorschlag für eine neue „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen" unterbreitet 40 . Ziele sind eine Verbesserung des Zugangsrechts auf Umweltinformationen und die systematische Verbreitung von Umweltinformationen mittels verfügbarer neuer Technik.

35 Auflistung der Kritikpunkte zuletzt bei Heselhaus, E u Z W 2000, 298 ff., sowie Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 349 (381 f.). - Scherzberg, DVB1 1994, 733 (745), spricht von einer „partiellen Vollzugsverweigerung des deutschen Gesetzgebers" bei der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie; Bacheliti, GewArch 1996, 154, kritisiert die „mentale Barriere, die das deutsche Verwaltungsverständnis augenscheinlich zu überwinden hat, um mit den Offentlichkeitsprinzipien der meisten anderen EU-Mitgliedstaaten Schritt aufzunehmen." - Die Europarechtskonformität des deutschen Umweltinformationsrechts wird nun durch Art. 21 und Art. 22 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (vom 27. 07. 2001, B G B l I S. 1950) herzustellen versucht. 36 Überblick dazu bei Rossi, UPR 2000, 175 ff. 37 Einzelheiten hierzu i m U G B - K o m E , S. 827 ff. 38 Vergleichende Untersuchung zwischen dem Informationszugangsrecht nach U I G und Allgemeinem Verwaltungsrecht bei D. König, D Ö V 2000, 45 ff. 39 Richtlinie 9 0 / 3 1 3 / E W G des Rates vom 07. 06. 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, AB1EG Nr. L 158/56 (abgedruckt i m Anhang II, S. 287). 40 K O M (2000) 402 endg. - Geänderter Vorschlag dazu vom 06. 06. 2001, K O M (2001) 303 endg. (abgedruckt i m Anhang II, S. 295).

Einleitung

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Im EG-Eigenverwaltungsrecht werden die Beschlüsse der EG-Institutionen über die freiwillige Ermöglichung eines Zugangs der Öffentlichkeit zu den bei ihnen vorliegenden Dokumenten 4 1 durch verbindliches Gemeinschaftsrecht abgelöst. Art. 255 Abs. 1 EGV (Anhang III, S. 319) gibt jedem Unionsbürger sowie jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz bzw. Sitz in einem Mitgliedstaat das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Die nach Art. 255 Abs. 2 EGV geforderte Konkretisierung des Informationszugangsrechts (unter Beachtung von Einschränkungen auf Grund gegenläufiger öffentlicher und privater Interessen) ist unterdessen erfolgt. Durch Verordnung vom 30. Mai 2001 4 2 ist bestimmt, dass grundsätzlich alle Dokumente der EG-Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sind; der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen wird durch Ausnahmen vom Informationszugang gewährleistet, die Verweigerung des Informationszugangs muss von dem betreffenden Organ gesondert begründet werden. Dieses gemeinschaftsrechtliche Informationszugangsrecht gegenüber den EG-Organen wird nicht ohne Ausstrahlung auf die Schaffung eines zeitgemäßen Informationszugangsrechts in Deutschland bleiben 4 3 .

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II. Internationales Recht und Proklamationen Die Entwicklung des Informationszugangsrecht auf internationaler Ebene wird auch im Rahmen der Vereinten Nationen vorangetrieben. Die Umweltkonferenz des UN-Wirtschafts- und Sozialrates hat i m Mai 1998 die sog. Aarhus-Konvention verabschiedet 44 , die von 39 Staaten (darunter alle EU-Mitgliedstaaten) gezeichnet worden ist. Dieses völkerrechtliche Abkommen, das nach Ratifikation durch mindestens 16 Staaten in Kraft treten wird (Art. 20), normiert einen umfassenden Jedermannsanspruch auf Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanVerhaltenskodex 9 3 / 7 3 9 / E G vom 06. 12. 1993 für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten, AB1EG Nr. L 3 4 0 / 4 1 ; Beschluss der Kommission 9 4 / 9 0 / E G K S , EG, Euratom vom 08. 02. 1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten, AB1EG Nr. L 4 6 / 5 8 . 42 Verordnung 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. 05. 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission, AB1EG Nr. L 145/43 vom 31. 05. 2001 (abgedruckt im Anhang III, S. 321); erläuternd dazu Wägenbaur, E u Z W 2001, 680ff.; Partsch, NJW 2001, 3154 ff. - Vorbereitend dazu Verordnungsentwurf der Kommission, K O M (2000) 30 endg. vom 26. 01. 2000, konsolidierte Fassung vom 21. 02. 2000 K O M (2000) 30 endg./2; erläuternd dazu Wägenbaur, EuZW 2000, 193. Ablehnend (da vorgeblich zu weitgehend) Bundesrat, BR-Drucks. 113/00.

43 Zur Entwicklung einer „best practice"-Verwaltungskultur zum Transparenzgedanken innerhalb der EG Priebe, Die Verwaltung 33 (2000), 379 (399 ff.). 44 Ubereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (abgedruckt i m Anhang II, S. 307); veröffentlicht ζ. B. in ArchVR 38 (2000), 253 (englisch) oder NVwZ-Beilage Nr. I I I / 2 0 0 1 (deutsch).

3 Informationsfreiheitsgesetz

22

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Begründung

den sind (Art. 4 Abs. 1). Eine Behörde darf einen Antrag auf Informationszugang nur unter bestimmten und eng auszulegenden Voraussetzungen ablehnen (Art. 4 Abs. 3 und 4). Insgesamt geht die Aarhus-Konvention über die Vorgaben der EGUmweltinformationsrichtlinie und über das U I G hinaus 4 5 . 23

A u f EG-Ebene wird das Recht des Einzelnen auf Zugang zu Dokumenten der EG-Organe durch Art. 42 Grundrechte-Charta 46 proklamiert. Diese Feierliche Erklärung von Nizza ist (zunächst) zwar rechtlich unverbindlich. Der EuGH könnte jedoch bei der ihm nach Art. 6 Abs. 2 E U V aufgetragenen Ermittlung der gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten auf den in der Charta festgeschriebenen Konsens zurückgreifen 47 . In der Praxis käme es dann doch zu einer (mittelbaren) rechtlichen Wirkung dieses Informationszugangsrechts. In der Sache deckt sich jene Vorschrift mit Art. 255 Abs. 1 EGV (dazu Rn. 21).

24

Die europäische Perspektive des Informationszugangs wird auch durch das Grünbuch „Informationen des öffentlichen Sektors" deutlich 4 8 . Ziel dieses Grünbuchs ist eine Diskussion darüber, wie die von staatlichen und sonstigen öffentlichen Stellen gesammelten Informationen so verwendet werden können, dass die europäischen Bürger und Unternehmen auf dem Weg in die sog. Informationsgesellschaft daraus den größten Nutzen ziehen können. Die Kommission bezeichnet es in dem Grünbuch als „Anachronismus", dass die EU-Bürger die verfügbaren öffentlichen Informationen nicht besser nutzen können, als dies augenblicklich der Fall ist.

III. Landesrecht 25

Soweit in Deutschland die rechtspolitische Entwicklung zur Einführung eines allgemeinen Informationszugangsrechts bereits zu entsprechenden Ergebnissen geführt hat, ist dies bislang auf der Ebene des Landesrechts geschehen. In Brandenburg sind Informationszugangsrechte i m Rahmen des Abschnitts über politische Mitgestaltungsrechte verfassungsrechtlich geregelt 49 . In Ausgestaltung der Verfas45 Einzelheiten bei Scheyli, ArchVR 38 (2000), 217 (228 ff.); Zschiesche, Z U R 2001, 177 ff. 46 Entwurf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art. 42 ist abgedruckt i m Anhang III, S. 320). 47 Hilf

Sonderbeilage N V w Z 1 / 2001, 6.

48 Europäische Kommission, Informationen des öffentlichen Sektors - Eine Schlüsselrolle für Europa, Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft, K O M (1998) 585. 49 Art. 21 Abs. 4 BbgVerf: „Jeder hat nach Maßgabe des Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen." - Ferner haben nach Art. 21 Abs. 3 S. 2 BbgVerf Bürgerinitiativen und Verbände, die sich zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten zusammenschließen, „das Recht auf Information durch alle staatlichen und kommunalen Stellen".

Einleitung

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sungsaufträge ist i m Jahr 1998 das „Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz ( A I G ) " des Landes Brandenburg verabschiedet worden 5 0 . Seit Oktober 1999 verfügt Berlin mit dem „Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit i m Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz - IFG B i n ) " 5 1 als weiteres Bundesland über ein Informationsfreiheitsrecht, das natürlichen und juristischen Personen sowie Verbänden und Vereinen ein weitgehendes Recht auf Akteneinsicht und Aktenauskunft gegenüber der Verwaltung und sonstigen öffentlichen Stellen Berlins gewährt. Schließlich wurde im Februar 2000 in Schleswig-Holstein das „Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land SchleswigHolstein (Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein - IFG-SH)" verabschiedet 52 . - Zu NRW - > Rn. 38.

C. Bewusstseinswandel zum Recht auf Informationszugang in Deutschland I. Notwendigkeit einer Fortentwicklung des Informationszugangsrechts Die in den letzten Jahren in Gang gekommenen Entwicklungen auf der Ebene des Landesrechts und des EG-Rechts deuten ein grundsätzliches Umdenken in Bezug auf die Öffentlichkeit der Verwaltung an 5 3 . Gestützt wird dieser Bewusstseinswandel durch die zunehmende Einsicht, dass Staat, Wirtschaft und Gesellschaft immer stärker in eine gegenseitige Informationsabhängigkeit geraten 54 . Strategien zur Monopolisierung von Information(en) verbieten sich daher fast schon aus Sachgründen.

26

I m privaten Sektor ist ζ. B. auf dem Gebiet des Medienrechts deutlich geworden, wie durch Privatisierung und Kommerzialisierung ehemals öffentlich zugänglicher Informationsquellen der Grundrechtstatbestand der „Allgemeinzugänglich-

27

50 Gesetz vom 10. März 1998, GVB11 S. 46 (abgedruckt im Anhang I, S. 256); dazu erläuternd Angelov, Staatsbürgerlicher Informationszugangsanspruch, S. 200ff.; Kneifet- Have rkamp, D u D 1998, 438 ff.; Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252ff.; kritisch Partsch, NJ 1998, 346 ff. und NJW 1998, 2559 ff. (das B b g A I G werde dem Verfassungsauftrag des Art. 21 BbgVerf nicht gerecht); das Gesetz demgegenüber verteidigend Breidenbach/Palenda, NJW 1999, 1307 ff. 51 Gesetz vom 15. Oktober 1999, GVB1 S. 561 (abgedruckt i m Anhang I, S. 233); dazu erläuternd Haaß, Das Grundeigentum 2000, 1086 ff.; Partsch, L K V 2001, 98 ff. 52 Gesetz vom 9. Februar 2000, GVOB1 S. 166 (abgedruckt i m Anhang I, S. 279); dazu erläuternd Weichert, D u D 2000, 262ff.; Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40ff.; dies., R D V 2001, 71 ff.; knappe Erläuterung dazu auch bei Bäumler, NJW 2000, 1982 (1985 f.); erste Kommentierung durch Friedersen/Lindemann, Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein, 2000. 53 Scherzberg, Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 195 ff., 207 ff., 289 ff., 385 ff. 54 Schoch und Trute, V V D S t R L 57 (1998), 158 ff. und 216 ff. 3:

Begründung

36

keit" i.S.d. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gleichsam in die Verfügungsgewalt Privater gelegt wird. Die Entscheidung des BVerfG zum Recht des sog. „Free-TV" auf Kurzberichterstattung 55 hat für eine erste notwendige Sensibilisierung hinsichtlich der Gefährdungen des freien Informationszugangs gesorgt 56 . A u f der anderen Seite bedeutet die Monopolisierung bestimmter Informationen bei der Verwaltung ebenfalls eine exklusive exekutivische Verfügungsmacht, sofern Externen nicht ein Informationszugang(srecht) gesetzlich eingeräumt w i r d 5 7 . 28

Die Schlüsselrolle bei der Fortentwicklung des Informationszugangsrechts kommt dem Gesetzgeber zu. Er befindet nicht nur über entsprechende einfachgesetzliche Ansprüche, sondern trägt auch für das Maß an Informationsfreiheit i . S . d . Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG Sorge. Legt nämlich der Gesetzgeber „die Art der Zugänglichkeit von staatlichen Vorgängen und damit zugleich das Ausmaß der Öffnung dieser Informationsquelle fest, so wird in diesem Umfang zugleich der Schutzbereich der Informationsfreiheit eröffnet" 5 8 . Unter verwaltungsrechtlichen Vorzeichen ist die Einführung der Informationszugangsfreiheit i m öffentlichen Sektor ein dringendes Anliegen der Reform des Verwaltungsrechts. Die informationelle Öffnung des - noch - verschlossenen administrativen Arkanbereichs ist ein unaufgebbares Z i e l 5 9 .

7. Funktionen der Informationszugangsfreiheit 29

In Bezug auf das Verwaltungsinformationsrecht setzt sich in der Bundesrepublik Deutschland allmählich die Erkenntnis durch, dass die Ermöglichung eines individuellen Zugangs zu den behördlichen Informationsbeständen nicht nur dem verfahrensrechtlichen Rechtsschutz dient, sondern zudem eine weitere, selbständige Funktion hinsichtlich der Kontrolle der Verwaltung aufweist. Hierin muss nicht notwendigerweise eine Art „Tendenz vom Rechtsschutz zur Partizipation" gesehen werden. Die Statuierung von Informationszugangsrechten im Verwaltungsrecht (unabhängig vom materiellen subjektiven Recht) präjudiziert nicht die Antwort auf die Frage nach der Einklagbarkeit. § 44a V w G O , der isolierte Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen grundsätzlich ausschließt und auf den Rechtsschutz gegen die Sachentscheidung verweist, muss insoweit keine Probleme berei-

55 Β VerfGE 97, 228 ff. 56 Holznagel, M M R 1998, 211 f.; Lauktien, Z U M 1998, 253 ff.; Diesbach, Z U M 1998, 554 ff.; Lenz, NJW 1999, 757 ff.; ablehnend Schwabe, JZ 1998, 514 f. 57 Kritisch dazu Bieber, D Ö V 1991, 857: „Exklusive Verfügungsmöglichkeiten über Informationen bedeuten Macht. Geheimhaltung von staatlichen Informationen als Prinzip gehört zu den Funktionsbedingungen des totalitären Staates." 58 Β VerfGE 103, 44 (61) = DVB1 2001, 457 = D Ö V 2001, 596 (597) = NJW 2001, 1633 (1634) = JZ 2001,704. 59 Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (201). - Vgl. zum Reformbedarf ferner Tauss/ Kollbeck/Fazlie, Z G 2001, 231 (233 f.).

Einleitung

37

ten 6 0 . Dies belegt das Beispiel der verwaltungsprozessualen Durchsetzung des § 4 Abs. 1 UIG. Und im Rahmen des § 42 Abs. 2 V w G O zeigt die gemeinschaftsrechtliche Einräumung individueller Rechte (jenseits des „klassischen" subjektiven öffentlichen Rechts deutscher Provenienz), dass rechtsdogmatisch ein erweitertes Verständnis der Klageberechtigung entwickelt werden kann, das dann auch in § 113 V w G O zu entsprechenden Extensionen führt 6 1 . Im Ergebnis sollte das (Verwaltungs-)Prozessrecht der Durchsetzung neuer Informationszugangsrechte zugänglich sein. I m Verwaltungsrecht ist jedenfalls das sich wandelnde Verständnis über das individuelle Informationsrecht von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung einer Informationszugangsfreiheit gegenüber der öffentlichen Verwaltung. Zum Akteneinsichtsrecht wird neuerdings in der Rechtsprechung zutreffend hervorgehoben, dieses diene nicht nur der Selbstbestimmung des Bürgers i.S.v. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (Subjektstellung des Bürgers im Verwaltungsverfahren), sondern sei „ i n der Demokratie ein notwendiger Bestandteil der öffentlichen Kontrolle der Verwaltung und wesentliche Voraussetzung eines sinnvollen Vertrauensverhältnisses zwischen Bürger und Behörde" 6 2 . Deshalb ist die Informationszugangsfreiheit - zumal im Prinzip grundrechtlich radiziert 6 3 - ein spezifischer rechtlicher Ausdruck eines demokratischen Gemeinwesens 64. Ihm sollte die Teilhabe der Bürger am öffentlichen Leben und an Vorgängen in der Verwaltung nicht fremd sein, sondern als Normalität erscheinen.

2. Informationszugangsfreiheit

30

und Datenschutz

Informationszugangsfreiheit und Datenschutz verfolgen auf den ersten Blick und gewiss auch im Einzelfall - gegensätzliche Anliegen. Von daher stehen sie in einem natürlichen Spannungsverhältnis. Systematisch besteht jedoch ein innerer Zusammenhang dergestalt, dass Informationszugangsfreiheit und Datenschutz gleichsam zwei Seiten derselben Medaille darstellen: Beide basieren auf dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das „eine elementare Funktionsbedin60

Ausführlich zur Problematik Kugelmann, Informatorische Rechtsstellung, S. 355 ff. Zur Problematik i m Zusammenhang mit § 29 V w V f G Steinke, N V w Z 2001, 868 (871 f.). Vgl. dazu i.e. Schoch, N V w Z 1999, 457 (465 ff.). 62 B a y V G H , N V w Z 1999, 889 (890). - Ähnliches gilt i m Umweltinformationsrecht, vgl. (m. w. Nachw.) Reinhardt, Die Verwaltung 30 (1997), 161 (164); Hatje, EuR 1998, 734 (741 ff.); zurückhaltend hingegen M. Kaufmann, in: Demokratie und Freiheit, S. 43 ff. 63 Zur Funktion des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG Β VerfGE 27, 71 (81) und 90, 27 (31 f.): Sicherung der Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen und der Aufrechterhaltung von Voraussetzungen der demokratischen Ordnung. 64 Zur US-amerikanischen Haltung in diesem Punkt Partsch, NJW 1998, 2559: Normzweck aller (Akten-)Einsichtsrechte in den USA sei der Gedanke, dass der Zugang zu Informationen für die Demokratie wesentlich sei, der Kontrolle der Verwaltung diene und die Informationen sowieso dem Volk gehörten.

31

38

Begründung

gung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens i s t " 6 5 . Damit wird eine teilhaberechtliche Dimension des Grundrechts sichtbar, von der real nur Gebrauch machen kann, wer hinreichend informiert i s t 6 6 . 32

Informationszugang und Datenschutz müssen also nicht in einen (mitunter künstlichen) Gegensatz gebracht werden, sondern können vielmehr gleichberechtigt als Funktionsbedingungen der freiheitlichen Demokratie mit einer fairen Informationsverteilung zwischen Staat und Bürgern begriffen werden 6 7 . Das dadurch initiierte Konzept einer grundsätzlich unbeschränkten Verwaltungsöffentlichkeit trägt vorhandenen Bedenken gegenüber einer Umkehrung des durch § 29 V w V f G zum Ausdruck gebrachten Grundsatzes der beschränkten Aktenöffentlichkeit unter anderem dadurch Rechnung, dass es bei gegenläufigen und vorrangigen öffentlichen bzw. privaten Interessen das Informationszugangsrecht ausschließt bzw. begrenzt, verfahrensrechtliche sowie organisatorische Sicherungen vorsieht und insbesondere dem Aspekt einer funktionsfähigen Verwaltung Rechnung trägt 6 8 .

II. Rechtspolitische Initiativen 33

Die Fortentwicklung des Informationszugangs im Verwaltungsinformationsrecht auf europäischer Ebene und in einem Teil der deutschen Länder (Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein) hat zu Impulsen geführt, die sowohl i m Bund als auch in einer Reihe weiterer Länder zu entsprechenden Gesetzesinitiativen geführt haben. Terminologisch firmieren die vorliegenden Gesetzentwürfe vornehmlich unter dem Begriff „Informationsfreiheitsgesetz". Dabei fällt auf, dass auf Landesebene die Gesetzesvorlagen überwiegend aus den Reihen von Oppositionsfraktionen im jeweiligen Landtag stammen. I m Bund hat demgegenüber nun erstmals die Regierung die Initiative ergriffen.

65 BVerfGE 65, 1 (43). - Vgl. auch Tauss/Kollbeck/Fazlie,

Z G 2001, 231 (233 Fn. 3).

66 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40; dies., R D V 2001, 71 (72). 67 Bäumler, NJW 2000, 1982 (1985): „Datenschutz und Informationszugang . . . haben ihre Wurzel in der informationellen Selbstbestimmung, von der nur derjenige wirksam Gebrauch machen kann, der hinreichend informiert ist." - Skeptischer hingegen Schild, R D V 2000, 96 (101), „da Datenschutz und Informationszugang durchaus in einem wechselseitigen Spannungsverhältnis zueinander stehen". 68 Voßkuhle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 384 ff., mit folgendem retardierendem Element zur Verhinderung paralegaler Intransparenz: Verwertet und ggf. i m Verwaltungsprozess berücksichtigt werden dürften (etwa bei der Begründung eines Verwaltungsaktes) nur diejenigen Informationen, die öffentlich zugänglich seien sowie jene, bei denen ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse bestehe.

Einleitung

39

I. Bundesebene A u f Bundesebene war in der 13. Wahlperiode des Deutschen Bundestags seitens der Fraktion B Ü N D N I S 9 0 / D I E G R Ü N E N der „Entwurf eines Gesetzes zur Gewährleistung des freien Zugangs zu amtlichen Informationen und zur Änderung anderer Gesetze (Informationsfreiheitsgesetz - IFG)" eingebracht worden 6 9 . I m Anschluss an entsprechende Entwicklungen i m europäischen Ausland, in Nordamerika (USA, Kanada) und auf EG-Ebene sollte als Grundsatz der freie Zugang von natürlichen und juristischen Personen zu amtlichen Unterlagen, Akten und Datenbeständen staatlicher und kommunaler Behörden eingeführt werden. I m Innenausschuss des Deutschen Bundestags scheiterte das Gesetzesvorhaben unter anderem an dem Vorbehalt, dass durch die Einführung eines derart umfassenden Informationszugangsrechts die öffentliche Verwaltung „gestört, behindert und lahmgelegt werde" 7 0 .

34

In der jetzigen Wahlperiode steht der Erlass eines Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes erneut auf der Tagesordnung. In der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 ist dies ausdrücklich vorgesehen 71 : „Durch ein Informationsfreiheitsgesetz wollen wir unter Berücksichtigung des Datenschutzes den Bürgerinnen und Bürgern Informationszugangsrechte verschaffen." Damit ist ein wichtiger politischer Impuls gesetzt. In der Staatspraxis ist die Haltung der Länder allerdings nicht ganz klar. Sie lehnen es jedenfalls ab, dass der Bund (im Interesse einheitlicher Rechtsverhältnisse in der deutschen Verwaltung) Regelungen auch für den Bereich der Landesverwaltungen trifft. Immerhin bereitet der Bund ein Informationsfreiheitsgesetz für den Bereich der Bundesverwaltung vor und setzt im übrigen - wie beim V w V f G - auf das Modell der Parallelgesetzgebung 72 . Das Bundesinnenministerium hat den Referentenentwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG-RefE) erarbeitet und öffentlich zur Diskussion gestellt 7 3 .

35

Die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern haben diese Initiative unterstützt und hervorgehoben, dass damit die in Art. 255 EGV und Art. 42

36

69 BT-Drucks. 13/8432; erläuternd dazu Häfner/Gerlach,

ZRP 1998, 123 ff.

70

Blickpunkt Bundestag 1 / 9 8 , S. 26. - Einen empirischen Befund für derartige Befürchtungen sucht man vergeblich; kritisch zu dem mitunter gezeichneten „Schreckensbild" Burkert, D u D 1998, 430 (431). Erste praktische Erfahrungen in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein zeigen, dass die Anzahl der Anfragen und Anträge den befürchteten Umfang nicht erreicht hat, der zusätzliche Verwaltungsaufwand durchaus zu bewältigen ist und von einer Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung keine Rede sein kann; vgl. Schubert, D u D 2001, 400 (401). Einzelheiten zu den vorliegenden Erfahrungen —• § 6 Rn. 4 ff. 71

Aufbruch und Erneuerung - Deutschlands Weg ins 21. Jahrhundert, Koalitionsvereinbarung zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Bündnis 9 0 / D i e Grünen vom 20. 10. 1998, ZRP 1998, 485 (499). 7

2 Schmitz, N V w Z 2000, 1238 (1243).

73

Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG), Stand: 20. 12. 2000 (abgedruckt i m Anhang I, S. 201), abrufbar unter www.bmi.bund.de.

Begründung

40

EU-Grundrechte-Charta zum Ausdruck kommenden Überlegungen aufgegriffen werden. Zugleich haben die Datenschutzbeauftragten darauf hingewiesen, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dem freien Zugang zu behördeninternen, amtlichen Informationen nicht entgegen stehe, wenn die Privatsphäre der Betroffenen sowie Betriebsgeheimnisse gesetzlich geschützt blieben; die in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein gesammelten Erfahrungen bestätigten die prinzipielle Vereinbarkeit von Informationszugangsfreiheit und Datenschutz 7 4 . 37

Der vorliegende IFG-RefE hat von journalistischer Seite Kritik erfahren, weil er nicht weit genug gehe, der Verwaltung bei der Prüfung und Entscheidung von Informationszugangsbegehren einen zu großen Spielraum lasse und für den Informationszugang eine Gebührenpflicht vorsehe 75 . Diese Detailkritik mag an dieser Stelle auf sich beruhen. Unter konzeptionellen Gesichtspunkten ist von Bedeutung, dass das Informationszugangsrecht - als Grundsatz und voraussetzungslos - jedem zusteht, während die Einschränkung oder Ablehnung des Informationszugangs zum Schutz öffentlicher oder privater Interessen die begründungsbedürftigen Ausnahmen darstellen. Im Grundansatz wird dem Petitum Rechnung getragen, die Informationsverteilung in der Gesellschaft sowie zwischen Staat und Gesellschaft als bedeutsame Regelungsfrage für die Informationsgesellschaft anzuerkennen und i m Falle einer gesetzlichen Neuordnung das jetzige Re gel-Ausnahme-Verhältnis beim Zugang zu staatlichen Informationen umzukehren 76 .

2. Landesebene 38

A u f Landesebene sucht man mit Blick auf das Europarecht und das einschlägige Auslandsrecht sowie nach den durchaus nicht abschreckenden Erfahrungen in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein zunehmend Anschluss zu finden an die moderne Rechtsentwicklung beim Zugang zu staatlichen Informationen. In Bremen ist im Juli 2001 aus den Reihen der Opposition der Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes in die parlamentarischen Beratungen eingebracht worden 7 7 . In Hessen erfolgte ein ähnlicher Vorstoß zum Informationszugang und zur Akteneinsicht bereits im August 2000 7 8 . Aus dem Oktober 2000 stammt in Nordrhein74

Entschließung der 61. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 8. / 9. 03. 2001, abrufbar unter www.lfd.nrw.de . 75 Vgl. „Netzwerk Recherche", epd medien Nr. 58 vom 25. 07. 2001 S. 17 und Nr. 61 vom 04. 08.2001 S. 24. 7

6 Kloepfer

K & R 1999, 241 (249).

77

Bündnis 9 0 / D I E G R Ü N E N , Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen (Bremer Informationsfreiheitsgesetz - Brem. IFG), Bremische Bürgerschaft, Drucks, vom 04. 07. 2001. ™ Gesetzentwurf der Fraktion B Ü N D N I S 9 0 / D I E G R Ü N E N für ein Gesetz über den Informationszugang und die Akteneinsicht (Informationsfreiheitsgesetz), LT-Drucks. 15/ 1474.

Einleitung Westfalen

41

die I n i t i a t i v e z u r F ö r d e r u n g der I n f o r m a t i o n s f r e i h e i t

79

; die Regierungs-

f r a k t i o n e n haben d a r a u f reagiert u n d einen eigenen G e s e t z e n t w u r f v o r g e l e g t 8 0 . Das I F G N R W ( G V B 1 2 0 0 1 S. 806) ist a m 1. Januar 2 0 0 2 i n K r a f t getreten. I n w a r i m A u g u s t 2 0 0 0 der E n t w u r f eines Informationsfreiheitsgesetzes eingebracht w o r d e n 8 1 . U n d i n Sachsen-Anhalt

Sachsen

i m Landtag

e r f o l g t e i m Februar 2 0 0 1 eine ver-

gleichbare I n i t i a t i v e 8 2 . - D a m i t ist z u erwarten, dass sich auch i m L a n d e s r e c h t der G e d a n k e der I n f o r m a t i o n s z u g a n g s f r e i h e i t a l l m ä h l i c h durchsetzen w i r d .

79 Gesetzentwurf der Fraktion der C D U , Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen (Nordrhein-westfälisches Informationsfreiheitsgesetz - IFG), LT-Drucks. 13/321.

so Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion B Ü N D N I S 9 0 / D I E G R Ü N E N , Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen - IFG NRW), LT-Drucks. 13/1311. 81

Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit i m Freistaat Sachsen (Informationsfreiheitsgesetz für den Freistaat Sachsen - IFG), LT-Drucks. 3/2394. 82

Fraktion der PDS, Entwurf eines Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Sachsen-Anhalt (Informationszugangsgesetz für das Land Sachsen-Anhalt I Z G - L S A ) und Änderung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger, LT-Drucks. 3/4253.

Erster Abschnitt Informationszugangsfreiheit § 1 Grundsatz der Informationszugangsfreiheit Zweck der Informationszugangsfreiheit im Sinne dieses Gesetzes ist es, 1. den freien Zugang zu den bei den öffentlichen Stellen im Sinne des § 3 Abs. 1 vorhandenen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten und von Betriebs· und Geschäftsgeheimnissen sowie überwiegender öffentlicher Belange nach Maßgabe des Zweiten Abschnitts zu gewährleisten und dadurch 2. zugleich die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle staatlichen Handelns zu ermöglichen. Parallelvorschriften: § 1 IFG Bin; § 1 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: UIG. - EG-Recht: Art. 1 V O 1049/2001 / EG.

§1

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-3

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

2

3. Rahmenbedingungen

3

II. Vorschlag

4-10

1. Leitvorstellungen

4

2. Zur Regelung i m Einzelnen

7

I. Ausgangslage 7. Gegenstand der Regelung Der Grundsatz der Informationszugangsfreiheit wird gleich in der ersten Vorschrift des Abschnitts über den Zugang zu staatlichen Informationen herausgestellt, um die Umkehrung der bisherigen Rechtslage (—> Einl Rn. 10 ff.) kenntlich zu machen. Nr. 1 des § 1 verdeutlicht die - neue - Informationszugangsfreiheit gegenüber öffentlichen Stellen, deutet jedoch auch bereits das Gesamtregelungskonzept an, indem gegenläufige Interessen (private Belange Dritter sowie öffentliche Belange) angesprochen werden. Da die Informationszugangsfreiheit gegen-

§ 1 Grundsatz der Informationszugangsfreiheit

43

über öffentlichen Stellen weder an eine persönliche Betroffenheit noch an ein berechtigtes Interesse gebunden ist (—» § 2 Rn. 14), weist sie eine über das Individuum hinausreichende demokratische Dimension sowie eine Verwaltungskontrollfunktion auf. Dies hebt § 1 Nr. 2 hervor. Damit werden Erkenntnisse der Rechtsprechung 1 aufgegriffen und einer gesetzlichen Regelung zugeführt. Es ist dadurch klargestellt, dass die umfassende Informationsmöglichkeit zugleich der Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung sowie der Kontrolle staatlichen Handelns dient. 2. Bisherige Rechtslage Ein allgemeiner Grundsatz der Informationszugangsfreiheit gegenüber öffentliehen Stellen besteht bislang i m deutschen Recht auf Bundesebene nicht (—> Einl Rn. 15). Bereichsspezifisch findet sich im Umweltinformationsrecht eine vergleichbare Zweckbestimmung für den freien Zugang zu behördlichen Informationen über die Umwelt in § 1 UIG, allerdings ohne das in Nr. 2 der hier vorgeschlagenen Regelung enthaltene Element. I m Landesrecht enthält § 1 IFG Bin eine Bestimmung, die in ihrem Gehalt § 1 vergleichbar ist. Dagegen findet sich in § 1 IFG SH nur die in § 1 Nr. 1 getroffene Aussage 2 . Das A I G Bbg kennt eine besondere Zweckbestimmung nicht. Auch i m IFG-RefE des Bundes (—> Einl Rn. 35) ist eine eigenständige Vorschrift zum Ziel bzw. Zweck des Gesetzes nicht vorgesehen.

2

3. Rahmenbedingungen Vorgaben gemeinschaftsrechtlicher oder verfassungsrechtlicher Art bestehen für § 1 nicht. Es handelt sich um eine rechtspolitische Entscheidung, den i m deutschen Recht noch herrschenden Grundsatz der begrenzten Aktenöffentlichkeit (—> Einl Rn. 13) durch den Grundsatz der Informationszugangsfreiheit abzulösen. Hiergegen bestehen weder gemeinschaftsrechtliche noch verfassungsrechtliche Bedenken.

3

II. Vorschlag /. Leitvorstellungen Die Regelung soll in grundsätzlicher Weise den Entwicklungsrückstand des deutschen Informationszugangsrechts i m Vergleich zu ausländischen Rechtsordnungen und zur EG-Rechtsordnung überwinden. Der in § 1 Nr. 1 niedergelegte Zweck der Informationszugangsfreiheit findet eine bereichsspezifische Parallele im Umweltrecht in § 1 U I G 3 . I m IFG beschreibt die rechtsnormative Fundierung ι Vgl. Einl Rn. 30 mit Fn. 62. 2

Kritisch hierzu Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 1 Anm. 1 und Anm. 3.

3 Dazu BayVGH, N V w Z 2001, 342: Beitrag zur Kontrolle der Verwaltung, Schärfung des Umweltbewusstseins, Effektuierung der Umweltpolitik.

4

44

§ 1 Grundsatz der Informationszugangsfreiheit

des Grundsatzes der Informationszugangsfreiheit die Funktion des Informationszugangs in einem demokratischen Gemeinwesen im Zeitalter der Informationsgesellschaft: Der Zugang zu staatlichen Informationen wird „rechtliche Normalität", seine Bedeutung für das Gebrauchmachen von den sog. Kommunikationsgrundrechten wird gesetzlich anerkannt, die Gewährung von Informationen wird zur Regel und die Nichtgewährung zur Ausnahme 4 . Die Grundsatznorm des IFG anerkennt indes - ebenso wie das EG-Recht 5 - zugleich den notwendigen Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen, der durch Ausnahmebestimmungen zu gewährleisten ist. 5

§ 1 Nr. 2 bringt ein Grundelement des demokratischen Gemeinwesens zum Ausdruck, für welches die Teilhabe von Bürgern am öffentlichen Leben und an Entscheidungen der Verwaltung nicht einem Ausnahmetatbestand, sondern verfassungsrechtlicher Normalität zugeordnet wird 6 . Nr. 2 hat in der - auch sprachlichen - Verknüpfung mit Nr. 1 („dadurch . . . zugleich") eine freiheitserweiternde Funktion. Die „Freiheit vom Staat" markiert das unaufgebbare Konzept, das einem jeden subjektiven Recht zu Grunde liegt. Neben die individualrechtliche Aussage tritt in der Grundsatznorm des § 1 jedoch die Kenntlichmachung einer gleichsam institutionellen Dimension der Informationszugangsfreiheit, die dem demokratischen Gemeinwesen eigen ist 7 .

6

Für die Rechtspraxis ist die Bestimmung des Gesetzeszwecks insbesondere in Kollisionslagen mit konfligierenden Interessen von großer Bedeutung. Alle zeitgemäßen Gesetze im Umwelt- und Wirtschaftsrecht, die - ebenfalls - komplexe Realbereiche zu durchdringen haben, legen zunächst den „Zweck des Gesetzes" fest 8 ; dasselbe gilt unterdessen auch für das Informations- und Kommunikationsrecht 9 . Das BVerfG hat beispielsweise in § 1 BImSchG eine wertvolle Auslegungshilfe erblickt, um bei sog. strafrechtlichen Blankettnormen den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG entsprechen zu können 1 0 . Auch die Zweckbestimmung in § 1 kann für die rechtliche Bewältigung antinomischer Interessen eine wichtige Auslegungshilfe darstellen. Die im Grundsatz der Informationszugangsfreiheit zum Ausdruck gebrachte individuelle und institutionelle Dimension bewirkt in Konfliktlagen letztlich eine Stärkung des in § 2 normierten Anspruchs.

4 Ebenso Begründung zu § 1 IFG-Entwurf Bremen, Bremische Bürgerschaft, Drucks, vom 04. 07.2001.

5 Art. 1 V O 1049/2001 / EG; erläuternd dazu Partsch, NJW 2001, 3154 (3155). 6

Vgl. dazu bereits Gurlit, Verwaltungsöffentlichkeit, S. 31 ff.

7

Zusammenfassend dazu Lodde, Informationsrechte des Bürgers, S. 108 ff.; Kugelmann, Informatorische Rechtsstellung, S. 6 ff. und S. 76 ff. « Vgl. ζ. Β. § 1 BImSchG, § 1 K r W - / A b f G , § 1 BBodSchG, § 1 UIG, § 1 UVPG, § 1 EnWG. 9 Vgl. ζ. Β. § 1 T K G , § 1 T D G , § 1 SigG, § 1 PostG. 10 BVerfGE 75, 329 (344 f.). - Vgl. ferner Rn. 9.

§ 1 Grundsatz der Informationszugangsfreiheit

45

2. Zur Regelung im Einzelnen § 1 folgt der Sache nach § 1 IFG Bin sowie § 1 E - I F G 1 1 . Die Abweichung in der Formulierung und in der Systematik - Aufgliederung in Nr. 1 und Nr. 2 - dient der stärkeren Akzentuierung der neuen Rechtslage. Es soll deutlich herausgestellt werden, dass es nicht nur um eine Abkehr von dem in § 29 V w V f G zum Ausdruck gebrachten Prinzip geht, sondern überdies um eine Hinwendung zu zeitgemäßen Prinzipien eines demokratischen Gemeinwesens.

7

Der Grundsatz der Informationszugangsfreiheit verbessert die Transparenz staatlicher Entscheidungsprozesse. Insbesondere verwaltungsbehördliches Handeln kann transparent(er) gemacht werden. Dies dient nicht nur der Stärkung der Beteiligung von Bürgern am staatlichen Willensbildungsprozess, sondern gewährleistet zudem eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger im demokratischen Gemeinwesen 12 .

8

Die klare Bestimmung des Gesetzeszwecks hat i m Umweltinformationsrecht im Sinne der dargelegten Leitvorstellung (Rn. 6) praktische Bedeutung bei der Gesetzesauslegung erlangt. So hat das BVerwG mit Rücksicht auf die Stärkung des Antragstellers (d. h. möglichst uneingeschränkter und ungehinderter Informationszugang) seinen Wünschen bei der Auswahl des Informationsmittels maßgebliche Bedeutung beigemessen 13 . Ebenfalls aus Gründen der gesetzlichen Zielsetzung wurden politische Parteien in den rechtsnormativ gewährleisteten Informationszugang einbezogen 14 . In diesem Sinne kann auch § 1 in Konfliktfällen rechtliche Wirkung entfalten.

9

Zur Okonomisierung des Informationszugangs und der Informationsverwendung 1 5 verhält sich das IFG nicht. Infolgedessen trifft § 1 dazu auch keine Aussage. Derartige Fragestellungen müssen in der Informationsordnung an anderer Stelle geklärt werden. Indem § 1 zu der Problematik keine Aussage trifft, schließt das IFG (partiell) ökonomische Verwendungszusammenhänge des Informationszugangs auch nicht aus. Letztlich verhält sich das IFG zur „Ökonomisierung von Informationen" neutral.

10

Die vom Grünbuch „Informationen des öffentlichen Sektors " der EU-Kommission angestoßene Diskussion 1 6 um eine Verbesserung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes (insbesondere Freiheit des Waren-, Dienstleistungsund Personenverkehrs) durch verstärkten Zugang zu Informationen des öffent11

M i t „ E - I F G " ist jeweils der Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes 13/8432 (—» Einl Rn. 34) in Bezug genommen.

BT-Drucks.

12 Vgl. Erwägungsgrund (2) der V O 1049/2001 / EG. 13 BVerwGE 102, 282 (286 f.). 14 BVerwGE 108,369(373). 15 Vgl. dazu Einl Rn. 1 mit Fn. 3, ferner Einl Rn. 27. 16 EU-Kommission, Grünbuch „Informationen des öffentlichen Sektors", K O M (1998) 585 endg.

46

§ 1 Grundsatz der Informationszugangsfreiheit

liehen Sektors wird demnach durch das IFG unmittelbar nicht aufgegriffen. Eine Übereinstimmung mit den im Grünbuch erörterten Problemen besteht jedoch insoweit, als der Informationszugang ohne Nachweis eines besonderen Interesses eröffnet w i r d 1 7 , Beschränkung und Verweigerung des Informationszugangs als Ausnahmen konzipiert sind 1 8 und Fragen der Preisgestaltung i m Zusammenhang mit dem Zugang zu Informationen des öffentlichen Sektors 19 von Bedeutung sind 2 0 .

17 Grünbuch (Fn. 16), Tz. 80 und Anhang 1: Rechtsvorschriften und Politik für den Zugang zu Informationen des öffentlichen Sektors - die Lage in den Mitgliedstaaten.

18 Grünbuch (Fn. 16), Tz. 81. 19 Einzelheiten - > § 14 Rn. 14 ff. 20 Grünbuch (Fn. 16), Tz. 91 ff.

§ 2 Anspruch auf Informationszugang (1) 'jede natürliche Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf Zugang zu den bei einer öffentlichen Stelle vorhandenen Informationen. 2 Dies gilt für juristische Personen und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen entsprechend. (2) 'Eine besondere Prüfung der Informationen auf ihre Richtigkeit durch die öffentliche Stelle erfolgt nicht. 2Bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit des Akteninhalts sind mitzuteilen. (3) Weitergehende Ansprüche auf Zugang zu Informationen bleiben unberührt; dasselbe gilt für Vorschriften der Rechts- und Amtshilfe. Parallelvorschriften: § 3 Abs. 1 und Abs. 3 IFG Bin; § 1 A I G Bbg; § 4 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: § 4 UIG. - EG-Recht: Art. 255 Abs. 1 EGV; Art. 2 Abs. 1 und Abs. 6 V O 1049/2001 / EG.

Übersicht Rn. 1-13

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung

4

2. Bisherige Rechtslage 3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

7

12

4. Rahmenbedingungen

14-31

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen

14

2. Zur Regelung i m Einzelnen

15

a) Informationszugangsanspruch (Absatz 1)

15

aa) Voraussetzungslosigkeit des Informationszugangs

15

bb) Anspruchsberechtigte cc) Gegenstand des Informationszugangs

16 22

dd) Anspruchsgrenzen

24

b) Fehlende Richtigkeitsgewähr (Absatz 2)

25

c) Verhältnis zu anderen Informationszugangsansprüchen (Absatz 3)

27

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung Die Vorschrift normiert in Absatz 1 den individuellen Anspruch auf Informationszugang. Zugleich sind die Anspruchsberechtigten und der Gegenstand des

1

48

§ 2 Anspruch auf Informationszugang

Informationszugangs bestimmt. Schließlich ist klargestellt, dass der Anspruch nur nach Maßgabe des IFG besteht; dadurch wird von vornherein dem verbreiteten Missverständnis 1 vorgebeugt, die Alternativen im individuellen Informationszugangsrecht lägen bei der absoluten Geheimhaltung auf der einen Seite und grenzenloser Transparenz der Verwaltung auf der anderen Seite 2 . 2

Absatz 2 stellt klar, dass eine inhaltliche Richtigkeitskontrolle der nach Absatz 1 gegebenen Informationen nicht zu erfolgen hat (Satz 1); dieser Regelungsvorschlag ist § 4 Abs. 1 S. 2 E-IFG nachgebildet. Der Verzicht auf eine Richtigkeitsgewähr der Informationen durch die öffentliche Stelle darf jedoch nicht dazu führen, dass diese bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit des Akteninhalts unterdrückt. Derartige Zweifel sind seitens der öffentlichen Stelle vielmehr mitzuteilen (Satz 2).

3

Absatz 3 stellt den Vorrang weitergehender Ansprüche auf Informationszugang klar. Dem Regelungsvorschlag kommt eher deklaratorische Bedeutung zu, da das Ergebnis auch durch Gesetzesinterpretation ermittelt werden könnte. Dasselbe gilt im Grunde in Bezug auf die Vorschriften zur Rechts- und Amtshilfe. Der ausdrückliche Hinweis darauf soll sicherstellen, dass dortige Schutzvorkehrungen (Art. 35 GG, §§ 4 ff. V w V f G ) durch das IFG nicht unterlaufen werden.

2. Bisherige Rechtslage 4

Einen allgemeinen Anspruch auf Zugang zu Informationen der Verwaltung gibt es bisher i m Bundesrecht nicht. Das Grundgesetz kennt keinen derartigen Anspruch; Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG knüpft die grundrechtliche Informationsfreiheit an „allgemein" zugängliche Quellen, wozu behördliche Akten nach ganz h. M . nicht zu rechnen sind 3 . A u f einfachgesetzlicher Ebene kennt das Bundesrecht lediglich bereichsspezifisch ein allgemeines Informationszugangsrecht nach § 4 UIG, im Übrigen sind die vorhandenen individuellen Rechte entweder grundsätzlich begrenzt auf einen Auskunftsanspruch (nicht auch: Akteneinsichtsrecht) über die eigenen Daten (z. B. § 19 Abs. 1 BDSG) oder sie werden von einer unmittelbaren Verfahrensbeteiligung abhängig gemacht (§ 29 V w V f G ) 4 .

5

I m Landesrecht ist auf Verfassungsebene allein in Brandenburg ein allgemeines Informationszugangsrecht normiert 5 . I m übrigen beinhalten einige Landesverfas• Vgl. dazu - > Einl Rn. 34 mit Fn. 70. 2

Burkert, D u D 1998, 430, betont, es gehe - gemessen am jetzigen Rechtszustand - lediglich „ u m ein Stück mehr Gleichheit für die Bürgerinnen und Bürger bei der Verfügbarkeit über Informationen, die uns alle betreffen". 3

Einzelheiten —> Einl Rn. 11.

4 Vgl. Einl Rn. 13 und 15 ff. - Befundanalyse auch bei Häfner/Gerlach, ZRP 1998, 123 f.; Kloepfer, K & R 1999, 241 (249); ausführlich Schild, R D V 2000, 96 (97 ff.). 5 Art. 21 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 BbgLV.

§ 2 Anspruch auf Informationszugang sungen Regelungen über Informationszugangsrechte, die entweder nur auf Daten über die eigene Person des Betroffenen bezogen sind 6 oder lediglich Umweltinformationen betreffen 7 . A u f einfachgesetzlicher Ebene kennt das Landesrecht dem hier vorgeschlagenen § 2 vergleichbare Vorschriften in Brandenburg (§ 1 A I G : allgemeines Akteneinsichtsrecht), Berlin (§ 3 Abs. 1 IFG: allgemeines Akteneinsichts- und Auskunftsrecht) sowie Schleswig-Holstein (§ 4 IFG: allgemeiner Anspruch auf Zugang zu Verwaltungsinformationen). Das EG-Recht enthält in Art. 255 EGV einen Anspruch auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Verpflichtungsadressaten sind demnach Gemeinschaftsorgane, nicht jedoch staatliche Behörden. Die Durchführungsverordnung konkretisiert diesen Befund; das Recht der Unionsbürger (und gleichgestellter Personen) auf Informationszugang bezieht sich nur auf Dokumente der Gemeinschaftsorgane 8 .

6

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht Soweit auf Landesebene Erfahrungen mit dem allgemeinen Informationszugangsrecht dokumentiert sind, ist naturgemäß lediglich ein kurzer Zeitraum erfasst. In Brandenburg hat die Landesregierung für das Jahr 1998 verlauten lassen, dass 68 Anträge auf Akteneinsicht gestellt worden seien; davon seien 10 Anträge abgelehnt worden 9 . Im 1. Halbjahr 1999 sind in Brandenburg 25 Anträge auf Akteneinsicht gestellt worden 1 0 , wobei allerdings nicht alle Behörden Angaben gemacht haben 11 . Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg ( L D A Bbg) kritisiert die unergiebige Datenlage und regt eine statistische Erfassung der Anträge auf Akteneinsicht a n 1 2 . In Berlin 13 sind in dem Zeitraum vom 30. 10. 1999 bis zum 30. 11. 2000 insgesamt 164 Anträge auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft nach dem IFG Bin gestellt worden. Davon entfielen 71% auf natürliche Personen und 29% auf juristische Personen; 11 Anträge stammten von Pressevertretern. Die Senats Verwaltung für Inneres ordnet 68% der Anträge der Verfolgung eher privater Interessen (ζ. B. Vorbereitung eines Rechtsstreits) und 19% der Anträge der Verfolgung eher öffent6 Art. 12 Abs. 4 BremLV; Art. 6 Abs. 4 ThürLV. 7 Art. 6 Abs. 3 LV M V ; Art. 6 Abs. 2 L V L S A . 8 Art. 2 Abs. 1 und 2 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G ; erläuternd dazu Partsch, NJW 2001, 3154 (3156). 9 LT-Drucks. Bbg 2 / 6 0 9 8 . 10 LT-Drucks. Bbg 2 / 6 5 7 5 . h Partsch, L K V 2001, 98 (102), führt die niedrigen Zahlen u. a. auf den geringen Bekanntheitsgrad des A I G sowie auf eine restriktive Verwaltungspraxis zurück. 12 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 1999, S. 137 ff. 13

Z u m Folgenden und zu weiteren statistischen Angaben vgl. BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 2 f. 4 Informationsfreiheitsgesetz

7

8

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§ 2 Anspruch auf Informationszugang

licher Interessen (z.B. Durchleuchtung öffentlicher Baumaßnahmen) zu. Etwa 50% der Anträge wurde uneingeschränkt und 18% beschränkt stattgegeben, in 28% erfolgte eine Ablehnung. Der Verwaltungsaufwand gestaltete sich sehr unterschiedlich; die Erledigung der Informationszugangsbegehren erfolgte vielfach in wenigen Minuten oder wenigen Stunden, in einigen Fällen war ein Zeitaufwand zwischen 1 und 3 Tagen notwendig, vereinzelt nahm die Bearbeitung zwischen 2 und 12 Wochen in Anspruch. 9

Aus der Sicht des Bundes haben die Erfahrungen mit den Informationszugangsgesetzen in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein insgesamt gezeigt, dass Anträge auf Informationszugang nur vereinzelt gestellt werden und die Verwaltungen keinen übermäßigen Belastungen ausgesetzt sind. Infolgedessen sei mit einem unzumutbaren Verwaltungsaufwand bei den betroffenen Behörden im Falle der Einführung der Informationszugangsfreiheit nicht zu rechnen 1 4 .

10

Soweit es bei dem neuen Recht auf Informationszugang zu Problemen gekommen ist, die nicht mit den typischen Anfangsschwierigkeiten der Umsetzung eines neuen Gesetzes zu erklären sind, sondern auf prinzipielle Schwierigkeiten hinweisen, beziehen sich diese auf die Anspruchsberechtigung sowie auf mangelnde Akzeptanz des neuen Rechts. Aus Brandenburg und Schleswig-Holstein wird berichtet, dass der „Scientology Kirche e. V." der Informationszugang prinzipiell zu verweigern versucht w i r d 1 5 . In Berlin wird generell die grundsätzlich ablehnende Haltung der Behörden gegenüber dem IFG beklagt, das sich vom Grundsatz des Amtsgeheimnisses abwende und deshalb ein Umdenken in den Amtsstuben erforderlich mache 1 6 .

11

Aus der Praxis sind mittlerweile erste gerichtliche Auseinandersetzungen um den Informationszugang auf Grund der neuen Landesgesetze bekannt geworden. In einer Eilentscheidung nach § 123 V w G O hat das V G Potsdam dem auf § 1 A I G Bbg gestützten Anspruch auf Akteneinsicht (zur Vorbereitung eines Schadenersatzprozesses) entgegengehalten, es bestehe ein zwingender Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 A I G Bbg; jedoch werde dem Antragsteller aus allgemeinen rechtsstaatlichen Gründen ein Recht auf Akteneinsicht zuerkannt, da ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme bestehe und die beabsichtigte Rechtsverfolgung (d. h.: Amtshaftung) nicht von vornherein aussichtslos sei 1 7 . In einem anderen gerichtlichen Verfahren hat das O V G Berlin den geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht gegenüber dem Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin nicht anerkannt; der Petitionsausschuss falle, da er keine Verwaltungsaufgaben erledige, nicht in den Anwendungsbereich des IFG B i n 1 8 .

•4 IFG-RefE, S. 2, 16, 18. 15 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 141 f.; U L D SH, Tätigkeitsbericht 2001, S. 145 f. 16 B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 54. 17 V G Potsdam, L K V 2000, 319 (320). is O V G Berlin, DVB1 2001, 313 (314) = L K V 2001, 279.

§ 2 Anspruch auf Informationszugang

51

4. Rahmenbedingungen Gemeinschaftsrechtliche oder verfassungsrechtliche Vorgaben bestehen für § 2 nicht. Die in der Einleitung (Rn. 3 ff.) aufgezeigten Entwicklungen belegen jedoch, dass Deutschland bei der rechtlichen Gewährung und Ausgestaltung der Informationszugangsfreiheit allmählich den Anschluss an internationale Standards verliert, wenn nicht eine durchgreifende Reform auf diesem Gebiet vorgenommen wird. Die bestehenden Rahmenbedingungen sind also nicht rechtlicher Art, sondern von rechtspolitischer - freilich nicht minder gewichtiger - Natur.

12

Der Bund sieht in dem vorliegenden Referentenentwurf Bestimmungen vor, die mit dem in § 2 unterbreiteten Regelungsvorschlag vergleichbar sind 1 9 . Leitidee ist ebenfalls die Gewährung eines voraussetzungslosen Informationszugangsanspruchs. Er soll verwaltungsbehördliches Handeln transparent machen und als Mittel der Meinungs- und Willensbildung die demokratischen Beteiligungsrechte stärken; zugleich erhofft man sich „ i m Interesse der Korruptionsbekämpfung eine verbesserte Kontrolle der Verwaltung" 2 0 .

13

II. Vorschlag 7. Leitvorstellungen M i t der Normierung eines allgemeinen Anspruchs auf Zugang zu VerwaltungsInformationen soll der Anschluss an die internationale Entwicklung (ausländische Rechtsordnungen, EG-Recht) gefunden werden. Dafür ist es notwendig, über die bisherige, sehr restriktive Rechtslage deutlich hinauszugehen. Es soll ein allgemeines subjektiv-öffentliches Recht auf Zugang zu Informationen von öffentlichen Stellen eingeführt werden. Weder eine besondere persönliche Betroffenheit noch die Verknüpfung mit einem laufenden Verwaltungsverfahren dürfen zu Anspruchsvoraussetzungen für den Zugang zu behördlichen Informationen gemacht werden. Vielmehr muss, wie in § 4 Abs. 1 S. 1 U I G bereichsspezifisch bereits erfolgt, ein (materiellrechtlich) voraussetzungsloser allgemeiner Informationszugangsanspruch normiert werden.

19 § 1 Abs. 1 S. 1 IFG-RefE ist die Parallele zu § 2 Abs. 1, § 7 Abs. 4 IFG-RefE entspricht teilweise § 2 Abs. 2, § 1 Abs. 3 IFG-RefE ist § 2 Abs. 3 vergleichbar. 20 IFG-RefE, S. 19. 4*

14

52

§ 2 Anspruch auf Informationszugang 2. Zur Regelung im Einzelnen a) Informationszugangsanspruch (Absatz 1 )

aa) Voraussetzungslosigkeit 15

des Informationszugangs

Absatz 1 normiert den - von keinen weiteren sachlichen Voraussetzungen abhängigen - Anspruch auf Zugang zu den bei öffentlichen Stellen vorhandenen Informationen. Insbesondere ist ein spezifisches rechtliches Interesse nicht erforderlich. Dies entspricht den unterdessen erreichten Standards in vergleichbaren Regelungen 21 . In Brandenburg hatte der Regierungsentwurf eines Akteneinsichtsrechtsgesetzes noch die Geltendmachung eines berechtigten Interesses vorgesehen (§ 1 RegE), wofür als Nachweis allerdings ausreichen sollte, dass der Antragsteller ein politisches Mitwirkungsinteresse erkennen lasse 22 . Einer so niedrigen „Hürde" wurde nur geringer Nutzen attestiert, so dass sie entfallen konnte 2 3 . I m übrigen hätte der Zweck der politischen Mitgestaltung i m Sinne einer gewissen Einseitigkeit interpretiert werden können 2 4 , was ebenfalls nicht im Interesse der Schaffung eines allgemeinen Informationszugangsrechts gelegen hätte. Es war daher nur konsequent, den Anspruch auf Akteneinsicht letztlich nicht von einem berechtigten Interesse abhängig zu machen (§ 1 A I G Bbg). Ein Anspruch auf Informationszugang, der unabhängig von dem damit verfolgten Zweck besteht, entspricht i m übrigen der Mehrzahl ausländischer Regelungen 2 5 . Auch der Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane nach Art. 255 EGV ist nicht von sachlichen Voraussetzungen abhängig gemacht 2 6 .

bb) Anspruchsberechtigte 16

Anspruchsinhaber sind nach § 2 Abs. 1 natürliche und juristische Personen sowie nicht rechtsfähige Personen Vereinigungen. Für die Anspruchsberechtigung natürlicher Personen nach Satz 1 kommt es weder auf die Staatsangehörigkeit noch auf den Wohnsitz der Person an, die den Informationszugang begehrt 27 . Dies entspricht vergleichbaren gesetzlichen Regelungen 28 . 21 § 4 Abs. 1 S. 1 UIG; § 1 B b g A I G ; § 3 Abs. 1 IFG Bin; § 4 IFG SH. 22 LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 2. 23 Breidenbach/Palenda,

L K V 1998, 252 (253).

24 Ein Anspruchsausschluss hätte u.U. interpretatori sch für Weiterverwertungen in wirtschaftlicher Absicht herbeigeführt werden können; kritisch gegenüber solchen Bestrebungen Burkert, M M R 6 / 1 9 9 9 , S. V. 25 Kneifel-Haverkamp, D u D 1998, 438 (439); EU-Kommission, Grünbuch „Informationen des öffentlichen Sektors", Tz. 80. 26 Vgl. dazu Art. 2 Abs. 1 V O 1049/2001 / EG. 27 Vgl. auch Art. 2 Abs. 1 V O 1049/2001 / E G , wonach anspruchsberechtigt „jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat" ist; nach Art. 2 Abs. 2 der V O kann die Anspruchsberechtigung auf der Grund-

§ 2 Anspruch auf Informationszugang Bei juristischen Personen (Satz 2 Alt. 1) ist nicht zweifelhaft, dass solche des Privatrechts Anspruchsinhaber sein können 2 9 . Auch juristische Personen des Öffentlichen Rechts können nach der in § 2 Abs. 1 S. 2 gewählten offenen Formulierung das allgemeine Informationszugangsrecht gegenüber anderen öffentlichen Stellen beanspruchen 30 . Es ist keineswegs zwingend, ζ. B. öffentlichrechtliche Träger der beruflichen oder kommunalen Selbstverwaltung als Anspruchsinhaber von vornherein auszuschließen 31 . Denn es ist kein Grund dafür erkennbar, warum juristische Personen des Öffentlichen Rechts weniger Informationen, die an sich zugänglich sind, sollen erlangen dürfen als „jedermann".

17

Zu § 4 Abs. 1 S. 1 U I G („Jeder hat Anspruch auf freien Zugang zu Informationen . . . " ) indes hat das BVerwG entschieden, trotz der Weite des Wortlauts gehörten Gemeinden als juristische Personen des Öffentlichen Rechts nicht zu den Anspruchsberechtigten, da der Gesetzgeber ausweislich der Entwurfsbegründung zum U I G 3 2 lediglich von einem Anspruch natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts ausgegangen sei 3 3 . Eine von dem hier unterbreiteten Regelungsvorschlag abweichende Rechtslage strebt der Bund trotz der weiten Formulierung des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG-RefE („Jeder hat . . . das Recht . . . ") an. Juristische Personen des Öffentlichen Rechts seien nach dem IFG nicht anspruchsberechtigt; für sie seien „stattdessen Amtshilfevorschriften oder Auskunfts(verschaffungs)rechte / Übermittlungsbefugnisse und -pflichten einschlägig" 3 4 . Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, dass Rechtsund Amtshilfe nur zwischen Behörden (und nicht zwischen juristischen Personen) stattfindet, bestimmten Voraussetzungen und Funktionen unterliegt und daher nicht als funktionales Äquivalent zum allgemeinen Informationszugangsanspruch anerkannt werden kann. Liegt der Sache nach ein Fall der Rechts- oder Amtshilfe vor, kommen nach der in § 2 Abs. 3 Hs. 2 vorgeschlagenen Regelung ohnehin nur die dazu geltenden Vorschriften zur Anwendung.

18

Die Einbeziehung juristischer Personen des Öffentlichen Rechts in den Kreis der Anspruchsberechtigten hat nicht nur die in § 1 zum Ausdruck gebrachte Transparenzüberlegung auf ihrer Seite, sondern vermeidet auch - sachlich ohnehin äußerst fragwürdige - Aus- und Abgrenzungen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich,

19

läge der Gegenseitigkeit „allen natürlichen oder juristischen Personen, die keinen Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat haben", eingeräumt werden. 28 Vgl. Nachw. oben Fn. 21; ebenso § 4 Abs. 1 S. 1 E - I F G und § 1 Abs. 1 S. 1 IFG-RefE. 29 Ebenso zu § 4 Abs. 1 S. 1 U I G V G H BW, N V w Z 1998, 987. 30 Unentschieden zu § 1 A I G Bbg („Jeder h a t . . . das R e c h t . . . " ) V G Potsdam, L K V 2000, 319(320). 31 Anders ausdrücklich § 4 IFG SH: „Jede natürliche und juristische Person des Privatrechts hat Anspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vorhandenen Informationen." 3

2 BT-Drucks. 12/7138, S. 12.

33 3

BVerwG, N V w Z 1996, 400 (401).

4 IFG-RefE, S. 19.

54

§ 2 Anspruch auf Informationszugang

wieso ζ. B. kommunale Eigenbetriebe i m Unterschied zu kommunalen Eigengesellschaften keine Anspruchsinhaber sollen sein können und warum gemischtöffentliche Unternehmen im allgemeinen Informationszugangsrecht anders behandelt werden sollen als gemischt-wirtschaftliche Unternehmen. Atypischen Anspruchskonstellationen im Verhältnis von Hoheitsträgern kann im Einzelfall dadurch Rechnung getragen werden, dass der Informationszugangsanspruch nach § 2 Abs. 1 S. 1 für juristische Personen nur „entsprechend" gilt (Satz 2 des § 2 Abs. 1). 20

Satz 2 des § 2 Abs. 1 bestimmt ferner, dass der in Satz 1 normierte Anspruch auf Informationszugang auch für nicht rechtsfähige Personenvereinigungen entsprechend gilt. Anspruchsberechtigt können danach insbesondere Bürgerinitiativen und Verbände sein. Die vom Bund intendierte abweichende Regelung 3 5 überzeugt nicht, zumal eine Umgehung ohne weiteres möglich und auch gar nicht zu verhindern ist. Zu § 4 Abs. 1 S. 1 U I G war ein Streit darüber entstanden, ob der Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt auch dem Ortsverband einer politischen Partei zustehen kann. Das BVerwG hat die Frage mit der Erwägung bejaht, der Begriff „jeder" sei offen für die Einbeziehung nicht rechtsfähiger Vereine, zumal Sinn und Zweck der EG-Umweltinformationsrichtlinie für eine weite Auslegung sprächen 36 . Die in § 2 Abs. 1 S. 2 vorgeschlagene Regelung schafft in diesem Punkt von vornherein Klarheit. Indem Satz 1 nur „entsprechend" zur Anwendung gelangt, ist sichergestellt, dass die nicht rechtsfähige Personenvereinigung hinreichend organisatorisch verfestigt sein muss, um anspruchsberechtigt sein zu können. Insoweit kann auf die einschlägige Rechtsprechung zum Verwaltungsprozessrecht (§ 61 Nr. 2 V w G O ) oder zum Recht auf Zugang zu gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen (z. B. § 10 Abs. 4 GO BW, § 8 Abs. 4 GO N W ) zurückgegriffen werden.

21

Das IFG ist für den sog. Außenrechtskreis und nicht für innerorganisatorische Rechtsverhältnisse des staatlichen Binnenbereichs konzipiert. Deshalb müsste die i m Land Berlin relevant gewordene Frage, ob ein Parlamentsausschuss nach dem IFG anspruchsberechtigt ist, nach der Systematik sowie nach Sinn und Zweck des Gesetzes verneint werden 3 7 . Für die Organ(waiter)Verhältnisse kommen die 35 Nach IFG-RefE, S. 19 (Begründung zu § 1 Abs. 1 S. 1 des RefE), sollen Bürgerinitiativen und Verbände keine Informationszugangsberechtigung erhalten, da i m IFG kein Bedürfnis für Verbandsrechte bestehe; denn jedes einzelne Verbandsmitglied habe ein eigenes Zugangsrecht. - Diese Geringschätzung nicht rechtsfähiger Personenvereinigungen überzeugt um so weniger, nachdem der B G H die Rechts- und Parteifähigkeit sogar der BGB-Gesellschaft anerkannt hat; vgl. B G H , NJW 2001, 1056 = JZ 2001, 655. 36 BVerwGE 108, 369 (372 f.). 37 Anders B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 49: Zwar sehe das IFG den Informationszugang durch Parlamentsgremien nicht vor, ihnen sollten jedoch nicht weniger Rechte eingeräumt werden als dem „normalen" Bürger. Betont wird allerdings, dass spezielle Informationszugangsrechte bestehen.

§ 2 Anspruch auf Informationszugang Vorschriften des sog. staatlichen Innenrechts zur Anwendung. Die Erstreckung der Anspruchsinhaberschaft auf natürliche und juristische Personen sowie nicht rechtsfähige Personenvereinigungen durch § 2 Abs. 1 macht deutlich, dass die Informationsordnung des staatlichen Binnenbereichs vom IFG nicht umfasst wird.

cc) Gegenstand des Informationszugangs Der Anspruch richtet sich nur auf die bei der öffentlichen Stelle bereits „ vorhandenen " Informationen. Maßgeblich hierfür ist - unabhängig ζ. B. von der vorübergehenden Abgabe von Akten an Behörden oder Gerichte - die rechtliche Verfügungsgewalt über die Informationen 3 8 . Zur Beschaffung von Informationen ist die öffentliche Stelle nicht verpflichtet 3 9 .

22

Die Bezugnahme auf die bei der öffentlichen Stelle „vorhandenen Informationen" meint den im Zeitpunkt der Entscheidung faktisch vorhandenen Bestand 40. Woher die nachgefragte Information ursprünglich stammt, ist unerheblich 4 1 . Maßgeblich ist, dass die begehrte Information bei der in Anspruch genommenen Stelle existiert und dort vorgehalten wird. Das „Vorhandensein" der Information ist objektive Voraussetzung der Anspruchsgrundlage 42 . Dass die angegangene öffentliche Stelle „verfügungsbefugt" sein muss (vgl. § 5 Nr. 3), versteht sich. Müsste die verlangte Information bei der angegangenen Stelle vorhanden sein, ist sie es aber nicht, besteht dennoch keine Beschaffungspflicht 43 .

23

dd) Anspruchs grenzen Die Anspruchslimitierung „nach Maßgabe dieses Gesetzes" verweist insbesondere auf die Anspruchsgrenzen nach §§ 5 ff. Damit wird von vornherein deutlich gemacht, dass es auch bei Einführung der Informationszugangsfreiheit keinen unbegrenzten Anspruch auf Informationszugang gibt. Dieser findet vielmehr seine Schranken in entgegenstehenden und überwiegenden öffentlichen Interessen sowie Interessen Dritter. 38 Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 4 Anm. 4. - L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 145, weist aus Anlass eines in der Praxis aufgetretenen Falles darauf hin, dass die bloße Weitergabe von Akten, die an die Behörde wieder zurückkommen sollen, diese nicht von der Pflicht zur Gewährung von Akteneinsicht entbindet. Dass Akten vorübergehend „außer Haus" sind, lässt den Zugangsanspruch nicht entfallen.

39 Ebenso IFG-RefE, S. 19 (Begründung zu § 1 Abs. 1 des RefE). 40 Nordmann, R D V 2001, 71 (74). 41 Vgl. O V G SH, Z U R 1997, 43 (am Beispiel des UIG). - Vgl. auch die Anspruchsbegrenzung gem. § 5 Nr. 3. 42 Vgl. BayVGH, N V w Z 2001, 342 (343) - zu § 4 Abs. 1 UIG. 43 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (41). - Zur Eindämmung eventueller Manipulationen soll der Zeitpunkt der Antragstellung mitberücksichtigt werden; bei wissentlichem Löschen oder Entfernen von Informationen nach Antragstellung komme es ausnahmsweise zu einer Wiederbeschaffungspflicht, so Nordmann, R D V 2001, 71 (74).

24

56

§ 2 Anspruch auf Informationszugang b) Fehlende Richtigkeitsgewähr (Absatz 2)

25

Absatz 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass sich der Anspruch nach Absatz 1 lediglich auf den Zugang zu vorhandenen Informationen bezieht. Eine Pflicht der öffentlichen Stelle zur Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Informationen ist damit nicht verbunden. § 2 Abs. 2 S. 1 stellt dies ausdrücklich k l a r 4 4 . Ein umfassender „Haftungsausschluss" ist damit allerdings nicht verknüpft. § 2 Abs. 2 S. 1 bezieht sich allein auf den Inhalt der Information. Pflichten und eventuelle Pflichtverletzungen durch Verweigerung des Informationszugangs oder - umgekehrt durch Freigabe von Informationen gegenüber Dritten bleiben unberührt 4 5 .

26

Nicht auszuschließen ist, dass die öffentliche Stelle über Hinweise (außerhalb des Informationsträgers) verfügt (ζ. B. durch Anruf aus der Bevölkerung, Mitteilung einer anderen Stelle), die Zweifel an der Richtigkeit der Information(en) begründen. A n sich entspricht es dann der (Amts-)Ermittlungspflicht, die unzutreffende^) Information(en) nicht ohne einen entsprechenden Hinweis herauszugeben. Satz 2 des § 2 Abs. 2 stellt diese Hinweispflicht ausdrücklich klar. U m die Grenze zur fehlenden Richtigkeitsgewähr zu markieren, wird auf „bekannte" Hinweise abgestellt.

c) Verhältnis zu anderen Informationszugangsansprüchen (Absatz 3) 27

Absatz 3 regelt das Verhältnis zu anderen Informationszugangsansprüchen und bestimmt im 1. Halbsatz, dass weitergehende Rechte unberührt bleiben. Die Vorschrift ist in Anlehnung an § 3 Abs. 3 IFG Bin formuliert und hat insoweit lediglich klarstellende Bedeutung, als sie auf den Vorrang spezialgesetzlicher Regelungen hinweist 4 6 . Darin erschöpft sich der normative Gehalt des § 2 Abs. 3 jedoch nicht. Für die Zukunft bezweckt die Vorschrift die Gewährleistung eines Mindeststandards an Informationszugang. Dies wird dadurch sichergestellt, dass lediglich „weitergehende" Ansprüche auf Informationszugang unberührt bleiben.

28

Die Informationsfreiheitsgesetze verfolgen in Bezug auf die Durchsetzung der von ihnen geprägten Standards unterschiedliche Strategien. § 1 A I G Bbg räumt allen bereichsspezifischen Regelungen (für einen unbeschränkten Personenkreis) Vorrang e i n 4 7 . In diesem Sinne ist in § 1 Abs. 3 IFG-RefE eine Formulierung gewählt, die ebenfalls alle abweichenden oder inhaltsspezifischen Rechtsvorschriften unberührt lässt. Das bedeutet, dass das geplante IFG des Bundes weder weitergehendere noch restriktivere Spezialgesetze verdrängt und auch nicht ergänzend 44 Ebenso § 5 Abs. 2 S. 2 U I G ; ferner § 4 Abs. 1 S. 2 E-IFG und § 7 Abs. 4 IFG-RefE. 45 IFG-RefE, S. 38 (Begründung zu § 7 Abs. 4 des RefE). 46 Bekräftigend aus der Perspektive des Anwendungsbereichs des IFG § 3 Abs. 3. - Von Bedeutung ist daneben der zu § 3 Abs. 4 formulierte Vorbehalt. 47 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 139 f.

§ 2 Anspruch auf Informationszugang (lückenfüllend) Anwendung finden s o l l 4 8 . § 17 IFG SH trifft eine nur schwer verständliche Regelung, die zu einer Kontroverse darüber geführt hat, ob das IFG ein M i n i m u m an Informationszugang sicherstellt 49 oder ob es neben jedwedem Spezialgesetz (sei es mit einem engeren oder mit einem weiteren Informationszugang) unanwendbar ist und daher nur als Auffanggesetz in Bereichen gilt, in denen Informationszugangsrechte bislang nicht geregelt sind 5 0 . Entscheidend für die in § 2 Abs. 3 vorgeschlagene Formulierung ist die ZielSetzung des IFG, das der Durchsetzung der Informationszugangsfreiheit dient. Das mit § 2 Abs. 3 Hs. 1 verbundene Konzept ist darauf gerichtet, das IFG zu einem „Allgemeinen Teil" des Informationszugangsrechts zu entwickeln, der - in Zukunft - immer dann eingreift, wenn einschlägige Gesetzeswerke des „Besonderen Teils", die keine „weitergehenden" Ansprüche auf Informationszugang beinhalten, die Anwendbarkeit des IFG nicht ausdrücklich ausschließen oder modifizieren. Dadurch wird im Sinne der Kodifikationsidee dem (Fern-)Ziel eines Informationsgesetzbuches Rechnung getragen.

29

Einstweilen setzt § 2 Abs. 3 Hs. 1 die lex specialis-Regel nicht außer Kraft. Ergibt die Auslegung, dass es sich bei einer bereichsspezifischen Regelung um ein Spezialgesetz handeln soll (ζ. B. UIG), wird das IFG verdrängt. Für Normen, die vor Inkrafttreten des IFG erlassen wurden, ist das Schweigen des Gesetzgebers zu einem Akteneinsichtsrecht beredt in dem Sinne, dass eine abschließende Regelung intendiert w a r 5 1 . Nach Inkrafttreten des IFG können spezifische Informationszugangsrechte im Sinne des § 2 Abs. 3 Hs. 1 zwar als vorrangig bezeichnet werden, grundsätzlich abschließend sind sie jedoch bei weniger weitgehenden Ansprüchen nicht. Andernfalls liefe das IFG großenteils leer und könnte seine Funktion (vgl. § 1) kaum erfüllen 5 2 . W i l l der „Fach"gesetzgeber hinter den Standards des IFG zurückbleiben, ist er fortan regelungspflichtig; sein Schweigen wird nicht länger als „beredt" anerkannt. Das IFG wird demnach nicht (mehr) von bereichsspezifischen Regelungen (automatisch) verdrängt, sondern setzt Mindeststandards und greift ferner subsidiär ein, wenn Spezialgesetze nur Teil-Regelungen zum Informationszugang treffen 5 3 . Strukturell ist ein solches System ζ. B. aus dem Gefahrenabwehrrecht bekannt und hat sich i m Verhältnis zwischen dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht und dem speziellen Gefahrenabwehrrecht bewährt.

30

48 IFG-RefE, S. 22 f. (Begründung zu § 1 Abs. 3 des RefE). 49 So Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (46) und R D V 2001, 71 (82). 50

So Lindemann, in: Friedersen / Lindemann, IFG SH, § 17 Anm. 1.

51 So IFG-RefE, S. 22 (zu § 1 Abs. 3 des RefE). 52 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (46) und R D V 2001, 71 (82). 53 Damit müssten die in Berlin zu § 3 Abs. 3 IFG B i n aufgetretenen Probleme (vgl. BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 5) obsolet sein. Die Senatsverwaltung sieht i m Verhältnis zwischen IFG Bin und Spezialgesetzen eines der Hauptprobleme des Informationszugangsrechts.

58 31

§ 2 Anspruch auf Informationszugang

Unberührt bleiben nach § 2 Abs. 3 Hs. 2 die Vorschriften zur Rechts- und Amtshilfe. Diese gelten i m Verhältnis zwischen Behörden und beinhalten besondere Voraussetzungen und Grenzen für den zwischenbehördlichen Informationsaustausch. § 2 Abs. 3 Hs. 2 stellt sicher, dass die dazu bestehenden Vorschriften nicht unterlaufen werden.

§ 3 Anwendungsbereich (1) Der Anspruch auf Informationszugang besteht gegenüber 1. öffentlichen Stellen des Bundes sowie gegenüber den der Aufsicht des Bundes unterstehenden juristischen Personen des Öffentlichen Rechts, 2. öffentlichen Stellen der Länder, soweit der Informationszugang nicht durch Landesgesetz geregelt ist, sowie gegenüber den der Aufsicht der Länder unterstehenden juristischen Personen des Öffentlichen Rechts, 3. Vereinigungen von öffentlichen Stellen des Bundes und, soweit der Informationszugang nicht durch Landesgesetz geregelt ist, der Länder ungeachtet ihrer Rechtsform, sofern sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen, 4. Privaten, deren sich Behörden zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bedienen und die insoweit der Aufsicht oder entsprechenden Einflussnahme von Behörden unterstehen; auf dem Gebiet des Landesrechts gilt dies nur, soweit der Informationszugang nicht durch Landesgesetz geregelt ist. (2) ! Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht 1. gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften im Rahmen ihrer nicht öffentlichen Tätigkeit, 2. gegenüber Gerichten, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden sowie Disziplinarbehörden, soweit sie als Organe der Rechtspflege tätig werden, 3. gegenüber einem Rechnungshof, soweit er in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird. 2

Dies gilt nicht, soweit die in Nr. 1 bis Nr. 3 genannten Stellen eigene Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. (3) Bereichsspezifische Rechtsvorschriften über den Informationszugang, insbesondere Bestimmungen zum Schutz persönlicher Daten, bleiben unberührt. (4) In laufenden Verwaltungsverfahren wird der Informationszugang nur nach Maßgabe des anzuwendenden Verfahrensrechts gewährt. Parallelvorschriften: § 2 IFG Bin; § 2 A I G Bbg; § 3 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: § 2 UIG. - EG-Recht: Art. 255 Abs. 1 EGV; Art. 2 Abs. 1 und Abs. 3 V O 1049/2001 / E G .

60

§ 3 Anwendungsbereich Übersicht Rn.

I. Ausgangslage

1-5

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

2

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

4

4. Rahmenbedingungen

5

II. Vorschlag

6-28

1. Leitvorstellungen

6

a) Verpflichtungsadressaten i m exekutiven Bereich b) Gesetzgebungskompetenz des Bundes c) Funktionenordnung: Gesetzgebung und Rechtsprechung 2. Zur Regelung i m Einzelnen

6 9 12 13

a) Anspruchsverpflichtete (Absatz 1 )

13

b) Bereichsspezifische Ausnahmen vom Informationszugang (Absatz 2)

17

aa) Grundsatz: enge Fassung der Bereichsausnahmen

18

bb) Einzelne Bereichsausnahmen

19

(1) Gesetzgebung (Nr. 1)

20

(2) Rechtspflege (Nr. 2)

21

(3) Rechnungshof (Nr. 3) cc) Informationszugang bei Verwaltungstätigkeit

22 23

c) Vorrang bereichsspezifischer Regelungen (Absatz 3)

24

d) Informationszugang bei laufenden Verfahren (Absatz 4)

26

I. Ausgangslage 7. Gegenstand der Regelung 1

Der Regelungsvorschlag betrifft den Anwendungsbereich des in § 2 normierten Anspruchs auf Informationszugang. Gesetzestechnisch wird dieser Anwendungsbereich durch die Bestimmung der Anspruchsverpflichteten (Absatz 1 und 2) sowie durch die Regelung des Verhältnisses von § 2 zu anderen Informationszugangsrechten (Absatz 3 und 4) festgelegt.

2. Bisherige Rechtslage 2

Das Bundesrecht kennt eine § 3 vergleichbare Regelung bislang nur im Umweltinformationsrecht. § 2 U I G erstreckt - als bereichsspezifische Bestimmung - den sachlichen Geltungsbereich nur auf bestimmte Behörden und Personen des Privatrechts, die Aufgaben i m Bereich der Umweltpflege wahrnehmen. Im Ergebnis bleibt der sachliche Anwendungsbereich des § 2 U I G hinter dem mit § 3 unterbreiteten Regelungsvorschlag zurück.

3

Die in Kraft befindlichen vergleichbaren lande s gesetzlichen Vorschriften normieren einen im Vergleich zu § 3 ebenfalls engeren Anwendungsbereich. § 2 A I G

§ 3 Anwendungsbereich Bbg gewährt das Akteneinsichtsrecht nur gegenüber bestimmten Behörden und Einrichtungen des Landes sowie Kommunen, soweit diese Verwaltungsaufgaben wahrnehmen; der Anspruch gegenüber Privaten ist auf Hoheitsaufgaben beschränkt 1 . § 2 IFG Bin erstreckt den Anwendungsbereich des Informationszugangsanspruchs auf Behörden und sonstige öffentliche Stellen, ferner landesunmittelbare Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des Öffentlichen Rechts; Private sind nur i m Falle der Betrauung mit Hoheitsbefugnissen erfasst, Gerichte und Staatsanwaltschaft unterliegen dem Informationszugang bei der Erledigung von Verwaltungsaufgaben 2 . § 3 IFG SH bezieht den Informationszugang auf Landes- und Kommunalbehörden sowie (sonstige) Körperschaften des Öffentlichen Rechts und Private bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben; ausgenommen vom Anwendungsbereich sind Gesetzgebung, Rechtsprechung, Strafverfolgung u. ä. sowie der Landesrechnungshof, soweit er in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird 3 .

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht Zum allgemeinen Informationszugangsrecht nach den einschlägigen Landesgesetzen liegen erst wenige praktische Erfahrungen zu Fragen des Anwendungsbereichs vor. Die Geltungsdauer des neuen Landesrechts ist offenbar zu kurz, um von gesicherten und verallgemeinerungsfähigen Erfahrungen berichten zu können. Immerhin gibt es bemerkenswerte Einzelbeobachtungen, die Anregungen für die Formulierung des Anwendungsbereichs des IFG vermitteln. Aus Berlin wird berichtet, dass Behörden Anträge auf Akteneinsicht (ζ. B. in Grundstücksvorgängen) mit der Begründung ablehnten, das IFG sei bei fiskalischem Handeln des Staates (ζ. B. Verwaltung und Veräußerung landeseigener Grundstücke) nicht anwendbar 4 . In Brandenburg wird auf Grund praktischer Erfahrungen kritisiert, dass die Einsehbarkeit von Unterlagen bei der Einschaltung Privater in die Aufgabenerledigung von der Rechtsform der Akten führenden Stelle abhänge 5 . In Schleswig-Holstein war ein Antragsteller mit seinem Begehren gescheitert, Akteneinsicht beim Generalstaatsanwalt nehmen zu dürfen, der in seiner Funktion als Dienstaufsichtsbehörde tätig geworden war 6

1

Erläuternd dazu Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (253 f.); Kneifel-Haverkamp, D u D 1998, 438 (439); kritisch Partsch, NJ 1998, 346 (348); ders., NJW 1998, 2559 (2560 f.). 2 Erläuternd Partsch, L K V 2001, 98. 3 Erläuternd Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (41); dies., R D V 2001, 71 (74 f.); Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 3 Anm. 1 ff. 4 B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 49. 5 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 150. 6 U L D S H , Tätigkeitsbericht 2001, S. 146.

4

62

§ 3

Anwendungsbereich

4. Rahmenbedingungen 5

Gemeinschaftsrechtliche oder verfassungsrechtliche Vorgaben bestehen für § 3 nicht. I m Geltungsbereich der Umweltinformationsrichtlinie muss jedoch das supranationale EG-Recht beachtet werden. Angesichts der bereichsspezifischen Umsetzung durch das Umweltinformationsgesetz zielt Absatz 3 darauf, dass das IFG von vornherein nicht in Konflikt mit der Umweltinformationsrichtlinie kommen kann; dasselbe gilt in Bezug auf die EG-Datenschutzrichtlinie.

II. Vorschlag 7. Leitvorstellungen a) Verpflichtungsadressaten i m exekutiven Bereich 6

Der allgemeine Anspruch auf Informationszugang gemäß § 2 Abs. 1 soll gegenüber öffentlichen Stellen gelten. Eine Begrenzung auf Behörden (i. S. d. § 1 Abs. 4 V w V f G ) kann nicht in Betracht gezogen werden. Ansonsten würde allein schon die Verlagerung öffentlicher Aufgaben auf Eigengesellschaften von Bund, Ländern und Kommunen das IFG i m vorliegenden Zusammenhang unanwendbar machen 7 . Die öffentliche Hand könnte sich durch eine „Flucht ins Privatrecht" dem Informationsanspruch entziehen 8 . Da die sog. Organisationsprivatisierung seitens des Staates und seiner Untergliederungen (insbesondere der Kommunen) in großem Umfang betrieben wird, muss zur Bestimmung des Begriffs der öffentlichen Stelle ein e funktionale Betrachtungsweise Platz greifen 9 .

7

Das allgemeine Informationszugangsrecht muss überdies den anhaltenden Trend zur funktionalen Privatisierung und zur materiellen Aufgabenprivatisierung wenigstens zur Kenntnis nehmen. Würde dies nicht geschehen, könnte durch die Verlagerung öffentlicher Aufgaben in den Privatsektor das Informationszugangsrecht ohne weiteres umgangen werden 1 0 . Deshalb muss der Anwendungsbereich des IFG jedenfalls auf solche Privatpersonen erstreckt werden, die auf Grund behördlicher Initiative öffentliche Aufgaben wahrnehmen und insoweit der Aufsicht oder einer entsprechenden Einflussnahme von Behörden unterstehen.

8

M i t diesem Konzept wird ein Anwendungsbereich des IFG angestrebt, der nicht nur eine Extension gegenüber den geltenden landesgesetzlichen Parallelvorschriften darstellt, sondern der sich auch von den Vorstellungen des Bundes abhebt. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 IFG-RefE besteht der Informationszugang nur gegenüber 7

So ist in der Tat nach Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 3 Anm. 5, die Rechts-

lage in Schleswig-Holstein gemäß § 3 Abs. 1 und 2 IFG SH. « Häfner/Gerlach,

ZRP 1998, 123 (125).

9 Ebenso die Begründung zu § 2 Abs. 1 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 9. 10

Ebenso für den Umweltinformationsanspruch U G B - K o m E , Begründung S. 832.

§ 3 Anwendungsbereich Behörden des Bundes; § 1 Abs. 1 S. 2 IFG-RefE bezieht sonstige Bundesorgane und -einrichtungen ein, soweit diese Verwaltungstätigkeiten verrichten. Damit wird die Unanwendbarkeit des IFG nicht nur im Falle der materiellen Privatisierung hingenommen; auch bei formeller oder funktionaler Privatisierung sollen die Privaten nicht Anspruchsgegner im Sinne des IFG sein (können) 1 1 .

b) Gesetzgebungskompetenz des Bundes Unter bunde s staatlichen Vorzeichen folgt die hier verfolgte Konzeption der ursprünglichen Vorstellung des Bundes, i m Interesse einheitlicher Rechtsverhältnisse (insbesondere in der Verwaltung) Regelungen auch für den Bereich der Länder zu schaffen 12 . A u f Grund der konkreten Ausformung des § 3 werden diejenigen Länder in den Anwendungsbereich des IFG einbezogen, die noch kein allgemeines Informationszugangsrecht geschaffen haben. Die Abschichtung von Bundesrecht und Landesrecht in § 3 folgt den Modellen des § 1 V w V f G und des § 1 Abs. 2 BDSG.

9

Das Informationszugangsrecht stellt eine Querschnittsmaterie dar. Eine ausdrückliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes hierfür kennt das Grundgesetz nicht. Bei allen Materien, für die dem Bund die Sachkompetenz zusteht, kann er kraft Sachzusammenhangs oder kraft Annexkompetenz jedoch weitere Regelungen treffen. So verhielt es sich bereits beim Umweltinformationsanspruch 13 und übrigens auch beim Datenschutz 14 . Erblickt man in dem Informationszugangsrecht einen materiellen Informationsanspruch, besteht die Bundeskompetenz kraft Sachzusammenhangs mit den Sachkompetenzen des Bundes aus Art. 73 ff. GG; flankierende Verfahrensregelungen beruhen auf einer Annexkompetenz des Bundes 1 5 . Qualifiziert man den Zugang zu Informationen bei Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen als Verfahrensrecht, besteht für das IFG insgesamt - ähnlich wie beim V w V f G 1 6 - eine Annexkompetenz bezüglich aller Materien, für die dem Bund die Sachkompetenz eingeräumt i s t 1 7 .

10

Nach dem Widerstand der Länder gegen ein IFG des Bundes mit Geltung auch für die Landesverwaltungen plant der Bund nur noch ein IFG für den Bereich der Bundesverwaltung 1*. Unabhängig von diesem eingeschränkten Anwendungs-

11

1 · So ausdrücklich IFG-RefE, S. 21. 12 Schmitz, N V w Z 2000, 1238 (1243). 13 Vgl. BT-Drucks. 12/7138, S. 10. 14 Vgl. BT-Drucks. 14/4329, S. 27. 15 So - für den Umweltinformationsanspruch - Roger, NuR 1995, 175 (176). 16 Vgl. BT-Drucks. 7 / 9 1 0 , S. 32; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, V w V f G , § 1 Rn. 22; weitergehend Kopp/Ramsauer, V w V f G , Einf Rn. 15: Sachzusammenhang. 17 So IFG-RefE, S. 18: Dies gelte auch für den Informationszugang außerhalb laufender Verwaltungsverfahren, da der Antrag auf Informationszugang seinerseits ein Verwaltungsverfahren begründe. ι» Schmitz, N V w Z 2000, 1238 (1243).

64

§ 3 Anwendungsbereich

bereich soll das IFG des Bundes aber „Modellcharakter für die Länder haben" 1 9 . Das hier verfolgte Konzept hält den weitergehenden Anspruch zum Anwendungsbereich des IFG aufrecht und nimmt keine Begrenzung auf die bundeseigene Verwaltung vor.

c) Funktionenordnung: Gesetzgebung und Rechtsprechung 12

Unter dem Aspekt der Funktionenordnung soll der Anwendungsbereich des Informationszugangsrechts nicht von vornherein auf die Exekutive begrenzt werden. Die dazu bereits angesprochene funktionale Betrachtungsweise (oben Rn. 6) gilt vielmehr auch in Bezug auf die Legislative und die Judikative. Nur so kann dem Informationszugangsrecht ein breiter Anwendungsbereich gesichert werden.

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Anspruchsverpflichtete (Absatz 1 ) 13

Absatz 1 bestimmt positiv den Anwendungsbereich des allgemeinen Anspruchs auf Informationszugang. Nr. 1 bis Nr. 3 sind in Anlehnung an § 2 Abs. 1 S. 1 E-IFG formuliert und erklären der Sache nach Verwaltungsträger, Verwaltungsbehörden und sonstige öffentliche Stellen (im funktionalen Sinne) für anspruchsverpflichtet; dasselbe gilt für Kooperationsträger im Rahmen der Bund-LänderZusammenarbeit, für Zwischen-Länder-Einrichtungen sowie für sonstige Kooperationsformen zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Nicht erfasst vom Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 werden Religionsgesellschaften, insbesondere die mit dem Körperschaftsstatus ausgestatteten Kirchen; sie verfügen über eine Selbstverwaltungsgarantie (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV), die auch vom IFG zu respektieren ist. Dagegen werden Polizeibehörden (ζ. B. B K A , BGS) und Sicherheitsdienste (ζ. B. B N D , Verfassungsschutz) nicht von vornherein dem Anwendungsbereich des IFG entzogen; insoweit ergeben sich Grenzen des Informationszugangs aus dem Schutz öffentlicher Interessen gemäß §§ 5, 6 und 9.

14

Bei der Einbeziehung Privater wird i m einschlägigen Landesrecht teilweise eine Begrenzung auf die Erledigung hoheitlicher Aufgaben durch Private (§ 2 Abs. 4 A I G Bbg) bzw. auf die Betrauung Privater mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse (§ 2 Abs. 1 S. 1 IFG Bin) vorgenommen. Das bedeutet, dass nur solche privaten Stellen anspruchsverpflichtet sind, die als Beliehene qualifiziert werden können 2 0 . Eine derartige Restriktion geht zu weit und entwertet das allgemeine Informationszugangsrecht zu sehr. Der Regelungsvorschlag nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 folgt in der Sache der in Schleswig-Holstein gefundenen Lösung und stellt auf die 19 So IFG-RefE, S. 18. 20 Breidenbach/Palenda,

L K V 1998, 252 (254).

§ 3 Anwendungsbereich Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (und nicht nur von ,,Hoheits"aufgaben) a b 2 1 ; zudem muss der Private der behördlichen Aufsicht oder einer entsprechenden Einflussnahme unterstehen. Durch diese Voraussetzungen folgt § 3 Abs. 1 Nr. 4 dem Regelungsmodell des § 2 Nr. 2 UIG, das i m Reformvorschlag der UGB-Kommission i m Wesentlichen übernommen und i m Detail fortentwickelt worden ist (vgl. § 2 1 7 Abs. 1 Nr. 2 UGB-KomE). Durch die gewählte Formulierung wird sichergestellt, dass sich Private, um i m Rahmen des Verwaltungsinformationsrechts anspruchsverpflichtet zu sein, in einem öffentlichrechtlich geprägten Funktionskreis betätigen müssen 22 . Erfasst werden danach von § 3 Abs. 1 Nr. 4 insbesondere auch Verwaltungshelfer und (Betriebs-)Beauftragte 23. Andererseits wird durch die funktionale Verknüpfung privater Tätigkeit mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und der Unterstellung unter die behördliche Aufsicht oder entsprechende Einflussnahme die notwendige Abgrenzung des Verwaltungsinformationsrechts zum privaten Sektor gewährleistet. Deshalb ist ζ. B. der Schutz des Bankgeheimnisses kein Regelungsgegenstand des „Verwaltungsinformationsrechts. Der öffentlichrechtliche Funktionszusammenhang wird zunächst durch das Merkmal „Aufsicht" (als Element verwaltungshierarchischer Strukturen) sichergestellt. Insoweit kommt es primär auf die Rechts- und Fachaufsicht innerhalb eines Behördenaufbaus an. Ausreichend ist aber auch eine sonstige, entsprechende Einflussnahme der Behörde. Das bedeutet, dass die Privaten - ausgehend vom Zweck der Vorschrift - von behördlicher Seite überwacht und kontrolliert werden (müssen) und die Aufgabenerfüllung nicht etwa nach Belieben vornehmen können 2 4 . Wie der Staat (bzw. seine Untergliederungen) seiner Kontrollfunktion nachkommt, ist für § 3 Abs. 1 unerheblich.

15

Der sachliche Anwendungsbereich des IFG hängt weder von der Art der (Verwaltungs-)Aufgabe noch von der Handlungsform (der Verwaltung) ab. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die begehrte Information hoheitliches, sog. schlichthoheitliches oder fiskalisches Behördenhandeln betrifft 2 5 . Unterschieden wird auch nicht danach, ob der Informationszugang im Zusammenhang mit öffentlichrechtlichem oder privatrechtlichem Handeln steht. Die Wahl der Rechts- bzw. Hand-

16

21 Nach § 3 Abs. 4 IFG SH werden Privatpersonen einer Behörde gleichgestellt, „soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient oder dieser Person die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben übertragen wird." Restriktive Interpretation dazu allerdings bei Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 3 Anm. 8: nur öffentlichrechtliche Handlungsformen würden erfasst. Zwingend ist diese Gesetzesauslegung nicht, vgl. Rn. 16 mit Fn. 26.

22 Ebenso die Begründung zu § 217 Abs. 1 Nr. 2 U G B - K o m E , Begründung S. 832. - In diesem Sinne auch Art. 2 Nr. 2 lit. b) und c) Aarhus-Konvention. 23 Ebenso zu § 2 Nr. 2 U I G Scherzberg, DVB1 1994, 733 (736); Turiaux, NJW 1994, 2319 (2322); F aber, DVB1 1995, 722 (725 f.); a.A. Fluck/Theuer, GewArch 1995, 96 ff., sowie Theuer, N V w Z 1996, 326 (328 f.): erfasst seien nur Beliehene, nicht auch z. B. Verwaltungshelfer. 24 Ebenso zu § 2 Nr. 2 U I G Turiaux, UIG, §§ 2, 3 Rn. 104. 25 Ebenso IFG-RefE, S. 20 (zu § 1 Abs. 1 S. 1 des RefE). 5 Informationsfreiheitsgesetz

66

§ 3 Anwendungsbereich

lungsform soll keinen Einfluss auf die Anwendbarkeit des IFG haben 2 6 . Das gilt auch in Bezug auf die Einbeziehung Privater (§ 3 Abs. 1 Nr. 4). Indem auf die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben abgestellt wird, ist deutlich gemacht, dass weder die Art der Verwaltungstätigkeit noch die gewählte Handlungsform für den sachlichen Anwendungsbereich des IFG maßgebend ist.

b) Bereichsspezifische Ausnahmen vom Informationszugang (Absatz 2) 17

Absatz 2 bestimmt in Satz 1 negativ-ausgrenzend, dass der Anspruch auf Informationszugang nach dem IFG in bestimmten Bereichen von vornherein nicht besteht. Gegenständlich erfasst sind von § 3 Abs. 2 S. 1 die Gesetzgebung (Nr. 1), die Rechtspflege (Nr. 2) und die Rechnungshofkontrolle (Nr. 3). Satz 2 des § 3 Abs. 2 bestimmt jedoch einschränkend, dass diese Bereichsausnahmen vom Informationszugang nicht eingreifen, soweit die jeweils betroffenen Organe eigene Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.

aa) Grundsatz: enge Fassung der Bereichsausnahmen 18

In der Sache weicht § 3 Abs. 2 von entsprechenden Regelungen im Landesrecht bzw. rechtspolitischen Vorstellungen im Landesrecht bzw. Vorstellungen zum Bundesrecht in einigen Punkten nicht unerheblich ab, indem der hier gemachte Vorschlag die Bereichsausnahmen enger fasst und damit im Ergebnis die Informationszugangsfreiheit stärkt. § 2 Abs. 1 bis 3 A I G Bbg beschränkt das Akteneinsichtsrecht auf Verwaltungstätigkeiten; anspruchsverpflichtet sind lediglich Behörden und vergleichbare Einrichtungen sowie die in § 1 Abs. 2 L O G Bbg genannten Stellen (Landtag, Landesrechnungshof, Rechnungsprüfungsämter, Landesbeauftragte und Bevollmächtigte, Organe der Rechtspflege, staatliche Hochschulen i m Wissenschaftsbereich), soweit sie Verwaltungsaufgaben erledigen 2 7 . § 2 Abs. 1 IFG Bin erstreckt den Anwendungsbereich ebenfalls nur auf Behörden und vergleichbare öffentliche Stellen; Gerichte und Staatsanwaltschaft sind in Bezug auf die Erledigung von Verwaltungsaufgaben erfasst, das Parlament ist vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen 28 . § 3 IFG SH unterwirft Behörden und vergleichbare Stellen dem Informationszugangsrecht; ausdrücklich ausgenommen vom Anwendungsbereich

26 Ebenso zu § 3 IFG SH Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (41); dies., R D V 2001, 71 (74); vgl. demgegenüber Nachw. oben Fn. 21. - Vgl. auch oben Rn. 4 mit Fn. 4. 27 Erläuternd hierzu Breidenbach/ Ρalenda, L K V 1998, 252 (253 f.); kritisch Partsch, NJ 1998, 346 (348) und NJW 1998, 2559 (2560f.); Kritik zurückweisend Breidenbach/ Ρ alenda, NJW 1999, 1307 (1308). 28 Dazu O V G Berlin, DVB1 2001, 313 (314) = L K V 2001, 279: Auch der Petitionsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses erfülle bei der Prüfung und Bescheidung von Petitionen keine Verwaltungsaufgaben.

§ 3 Anwendungsbereich des Gesetzes sind der Landtag i m Rahmen seiner Gesetzgebungstätigkeit, ferner Gerichte und Justizbehörden sowie der Landesrechnungshof, soweit diese Stellen in richterlicher Unabhängigkeit tätig werden. Begründet werden diese Bereichsausnahmen damit, dass diese Stellen „nach deutscher Verfassungstradition eigenen Regelungen über die Öffentlichkeit ihrer Tätigkeit und ihres Informationsanfalls" folgen 2 9 . Einschränkend wird für den Ausnahmetatbestand in Bezug auf die Rechtspflege eine funktionale Auslegung gefordert; Gerichte und Staatsanwaltschaften unterlägen dem IFG außerhalb ihrer Justizgewährungspflicht bei der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben 30 . § 2 Abs. 2 E-IFG erklärt das Gesetz für nicht anwendbar auf Parlamente sowie Gerichte, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden, soweit diese im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Organe der Rechtspflege tätig werden. Begründet wird dies mit der besonderen Funktion der Legislative sowie der Unabhängigkeit der Gerichte; daraus folge, dass das allgemeine Informationszugangsrecht in diesen Bereichen nicht gelten solle 3 1 . § 1 Abs. 1 S. 2 IFG-RefE erklärt das Gesetz für Bundesorgane und Bundeseinrichtungen außerhalb des Behördenbereichs nur für anwendbar, soweit Verwaltungstätigkeiten verrichtet werden. Die Begründung hierzu macht geltend, zur Gesetzgebung sei namentlich bei den Verwaltungen von Bundestag und Bundesrat nicht sicher zu bestimmen, ob sie organisatorisch der Exekutive oder der Legislative zuzurechnen seien; jedoch solle nur der spezifische Bereich der Gesetzgebung, Rechtsprechung und sonstiger unabhängiger Tätigkeiten vom Informationszugang ausgenommen bleiben 3 2 .

bb) Einzelne Bereichsausnahmen Der hier unterbreitete Regelungsvorschlag nimmt den Grundsatz der Informationszugangsfreiheit (§ 1) ernst und ist infolgedessen von der Überlegung getragen, dass eine Kodifikation zum allgemeinen Informationszugangsrecht nicht von vornherein durch die Statuierung extensiv angelegter Bereichsausnahmen teilweise entwertet werden darf. Das hier vorgeschlagene Konzept verwirklicht den Schutz anerkennenswerter öffentlicher Interessen vielmehr durch bereichsspezifische Regelungen (§ 2 Abs. 3, § 3 Abs. 3 und Abs. 4) sowie durch sachbezogene Ausnahmetatbestände (§§ 5, 6).

29 So Weichen, D u D 2000, 262 (263). 30 Nordmann, R D V 2001, 71 (75): ζ. B. Haushalts- und Personalangelegenheiten, Verwaltung des Sachbestandes, Ausbildung des juristischen Nachwuchses. - Vgl. auch oben Rn. 4 mit Fn. 6. 31 BT-Drucks. 13/8432, S. 9, mit dem Appell an die Parlamente, „selbst für mehr Offenheit zu sorgen" (ζ. B. Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen).

32 IFG-RefE, S. 21 (Begründung zu § 1 Abs. 1 des RefE).

68

§ 3 Anwendungsbereich

(1) Gesetzgebung (Nr. 1) 20

In Bezug auf die Legislative (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1) sind in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen keine Gründe ersichtlich, wieso bei der Transparenz eine Privilegierung gegenüber der Exekutive gesetzlich verbrieft werden s o l l 3 3 . M i t dem in § 1 Nr. 2 formulierten Grundsatz wäre dies nicht in Einklang zu bringen 3 4 . Im Übrigen hat die europäische Rechtsentwicklung bei der Neuformulierung des Informationszugangs zu öffentlichen Stellen kein geringeres Gewicht als eine bis in frühere Jahrhunderte zurückreichende, unterdessen jedoch antiquierte deutsche Verfassungstradition zur prinzipiellen Wahrung des Amtsgeheimnisses. Art. 255 Abs. 1 EGV nimmt eine Privilegierung des Parlaments ebenfalls nicht vor, sondern normiert ein „Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission". Dieses Zugangsrecht wird sogar ausdrücklich auf den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 28 Abs. 1 E U V ) und auf die Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Art. 41 Abs. 1 E U V ) erstreckt 35 . Der Schutz gegenläufiger öffentlicher Interessen erfolgt auf der Grundlage des Art. 255 Abs. 2 EGV mittels Verordnung nicht durch die Festlegung „großflächiger" bereichsspezifischer Ausnahmen, sondern durch sachbezogene Ausnahmeregelungen 36 . § 3 erstreckt den Anwendungsbereich des IFG konsequenterweise auch auf die gesetzgebenden Körperschaften und anerkennt insoweit eine Ausnahme lediglich in Bezug auf deren nicht öffentliche Tätigkeit. Der Ausschluss der Öffentlichkeit insbesondere durch das Parlamentsrecht ist vom IFG zu respektieren. Im Übrigen jedoch gilt das Transparenzgebot, so dass das IFG Anwendung findet.

(2) Rechtspflege (Nr. 2) 21

Gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber Gerichten, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden sowie Disziplinarbehörden 37 ; dies gilt jedoch nur, soweit diese als Organe der Rechts33 Schild, R D V 2000, 96 (101), mit Hinweis darauf, dass ζ. B. Ausschussprotokolle zur Erschließung von Hintergründen eines Gesetzgebungsverfahrens frei zugänglich gemacht werden sollten. 34 Zu denken ist ζ. B. an die Öffentlichkeit von Ausschussberatungen (in Berlin gem. Art. 44 Abs. 1 S. 2 VuB grundsätzlich vorgesehen). Gegenläufigen Sicherheitsinteressen kann über §§ 5 ff. Rechnung getragen werden.

35 Dies als wichtigen Fortschritt hervorhebend Wägenbaur, E u Z W 2000, 193. - Nicht erfasst durch Art. 255 EGV ist die EZB; kritisch dazu Kuntze, V B I B W 2001, 5 (9): „unnötige Einengung". 36 Art. 4 V O 1049/2001 / E G ; vgl. dazu Wägenbaur, E u Z W 2001, 680 (682ff.). 37 § 3 Abs. 3 Nr. 2 IFG SH und § 2 Abs. 2 Nr. 2 E-IFG nehmen ebenfalls Disziplinarbehörden vom Anspruch auf Informationszugang aus; anders § 2 Abs. 1 S. 2 IFG Bln. Disziplinarbehörden werden ζ. B. in richterlicher Unabhängigkeit tätig, wenn i m Rahmen eines förmlichen Disziplinarverfahrens ein Untersuchungsführer bestellt wird (vgl. § 56 Abs. 3 BDO).

§ 3 Anwendungsbereich pflege tätig werden 3 8 . Der Informationszugang ist gemäß § 3 Abs. 2 S. 2 hingegen nicht ausgeschlossen, soweit jene Organe eigene Verwaltungsaufgaben erledigen. Im Übrigen bleibt es bei den bereichsspezifischen Regelungen des gerichtlichen Verfahrensrechts (z. B. § 147 StPO 3 9 ; §§ 99, 100 V w G O 4 0 ) und des Strafvollstreckungsrechts (z. B. § 185 StVollzG) sowie den registerrechtlichen Regelungen (z. B. § 79 Abs. 1 BGB) zu Akteneinsicht und Auskunft. Unberührt von § 3 bleiben auch die speziellen Bestimmungen für das Bundesverfassungsgericht zur Zulässigkeit von Ton- und Filmaufnahmen (§ 17a BVerfGG 4 1 ) sowie zur Akteneinsicht und -auskunft von nicht am Verfahren beteiligten Dritten (§§ 35a ff. BVerfGG 4 2 ), denen durchaus Vorbildfunktion für eine gewisse Öffnung auch der anderen Prozessordnungen zukommen könnte. Nicht tangiert werden durch § 3 auch der Informationszugang sowie seine Beschränkungen bei den Regelungen zur - allgemeinen - Gerichtsöffentlichkeit (§§ 169 ff. G V G ) 4 3 . Nicht angetastet wird schließlich die Veröffentlichungspflicht der Gerichte, die als verfassungsunmittelbare öffentliche Aufgabe der rechtsprechenden Gewalt g i l t 4 4 .

(3) Rechnungshof (Nr. 3) Die in § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 getroffene Regelung muss eine konsequente Fortsetzung beim Rechnungshof erfahren, soweit dieser in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird. Dies bestimmt § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3. Eine vergleichbare Vorschrift findet sich in § 3 Abs. 3 Nr. 3 IFG S H 4 5 .

38 Anwendbar sind ohnehin die allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. b BDSG), Schild, R D V 2000, 96 (100). 3 9 Dazu L G Mainz, NJW 1999, 1271; kritisch dazu Dörr, JuS 2000, 287; insgesamt kritisch zum restriktiven Informationszugang i m Strafverfahrensrecht Vassilaki, CR 1997, 90 ff. und 162 ff.; vgl. ferner Lodde, Informationsrechte des Bürgers, S. 17 ff. 40 Zur teilweisen Verfassungswidrigkeit des § 99 V w G O und zu der Pflicht des Gesetzgebers zur Neuregelung bis zum 31. 12. 2001 vgl. BVerfGE 101, 106. 41

Zur Begründung hierfür vgl. BT-Drucks. 13/7673, S. 6 f . und S. 9 f . - Zuvor aus Anlass der Fernsehberichterstattung vom sog. Honecker-Prozeß BVerfGE 91, 125 = JZ 1995, 295 (m. Anm. Stürner); vgl. auch Hofmann, ZRP 1996, 399 ff. 42 Zur Begründung hierfür vgl. BT-Drucks. 13/7673, S. lOff. 43 Dazu aus Anlaß eines „Kruzifix-Verfahrens" vor dem BVerwG die Kammerentscheidung BVerfG, NJW 1999, 1951 = AfP 1999, 256; Dörr, VerwArch 92 (2001), 149 (174ff.); allgemein Enders, NJW 1996, 2712ff.; Kortz, AfP 1997, 443ff.; Gündisch/Dany, NJW 1999, 256ff.; speziell zur Gerichtsöffentlichkeit i m Strafverfahren Walther, JZ 1998, 1145 ff.; allgemein zur Verfassungsmäßigkeit des § 169 S. 2 G V G BVerfGE 103, 44 = DVB1 2001, 457 = D Ö V 2001, 596 = NJW 2001, 1633 = JZ 2001, 704; dazu Bespr. Gersdorf, AfP 2001, 29ff.; Hain, D Ö V 2001, 589ff.; Stürner, JZ 2001, 699ff.; Huff, NJW 2001, 1622f.; Zuck, NJW 2001, 1623 f.; Ernst, NJW 2001, 1624 ff.; Dieckmann, NJW 2001, 2451 f. 44 BVerwGE 104, 105; dazu Bespr. Huff, NJW 1997, 2651, sowie Tiedemann, 1997, 1187. 45

Dazu näher Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 3 Anm. 7.

NVwZ

70

§ 3 Anwendungsbereich

cc) Informationszugang 23

bei Verwaltungstätigkeit

Satz 2 des § 3 Abs. 2 kommt eher klarstellende Bedeutung zu. Der Informationszugang findet gegenüber gesetzgebenden Körperschaften, Organen der Rechtspflege und Rechnungshof statt, soweit diese Stellen eigene Verwaltungsaufgaben (ζ. B. Parlaments Verwaltung, Gerichts Verwaltung) wahrnehmen. Bei den Parlamenten wird von § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 nicht einmal auf eine derartige funktionale Betrachtung, sondern auf die NichtÖffentlichkeit der Tätigkeit abgestellt. § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 formuliert ohnehin bereits funktionsbezogen, dass die dort genannten Stellen zur Begründung einer Bereichsausnahme „als Organe der Rechtspflege tätig werden" müssen. Und § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 knüpft die Freistellung des Rechnungshofs vom Informationszugang an Tätigkeiten, die „ i n richterlicher Unabhängigkeit" vorgenommen werden.

c) Vorrang bereichsspezifischer Regelungen (Absatz 3) 24

Absatz 3 des § 3 hat streng genommen ebenfalls nur klarstellende Bedeutung. Der Regelungsvorschlag ist in Anlehnung an § 2 Abs. 3 E-IFG formuliert. Der besondere Hinweis auf den Schutz persönlicher Daten ist mit Rücksicht auf die herausragende Bedeutung des Datenschutzes in einem der Transparenz verpflichteten Informationszugangsrecht angezeigt. Absatz 3 macht zudem deutlich, dass sich der Zugang zu Informationen über die Umwelt nach dem Umweltinformationsgesetz bestimmt. Einer besonderen Regelung hierzu bedarf es n i c h t 4 6 ; denn es handelt sich lediglich um einen (besonders bedeutsamen) Anwendungsfall von § 3 Abs. 3.

25

M i t Rücksicht auf die - aus der Perspektive des Informationszugangs formulierte - Bestimmung des § 2 Abs. 3 hat § 3 Abs. 3 allerdings nur eine begrenzte Aussagekraft. Eine abschließende Wirkung wird bereichsspezifischen Regelungen nur noch für eine Übergangszeit „automatisch" zuerkannt. Zukünftig gilt gesetzliches Schweigen nicht mehr als „beredt", so dass das IFG ohne eindeutige Aussage im Spezialgesetz nicht verdrängt wird, sondern Mindeststandards setzt und subsidiär eingreift ( - > § 2 Rn. 30).

d) Informationszugang bei laufenden Verfahren (Absatz 4) 26

Absatz 4 folgt § 2 Abs. 5 A I G Bbg sowie § 4 S. 2 IFG-RefE und nimmt Rücksicht insbesondere auf § 29 V w V f G sowie die gleichlautenden Bestimmungen im Landesrecht, ferner auf § 25 SGB X und auch ζ. B. auf § 3 B a u G B 4 7 . Der Sache nach handelt es sich nicht um eine generelle (weitere) Ausnahme vom Informationszugangsrecht, sondern um eine zeitlich befristete Suspension. Der Vorbehalt zugunsten des allgemeinen Verfahrens rechts bedeutet insbesondere, dass während 46 Anders jedoch § 2 Abs. 2 IFG Bln. 47 Vgl. dazu Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (46) und R D V 2001, 71 (82 f.).

§ 3 Anwendungsbereich eines laufenden Verfahrens nur Verfahrensbeteiligten der Aktenzugang ermöglicht w i r d 4 8 . Letztlich nimmt § 3 Abs. 4 Rücksicht auf die Einheitlichkeit des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts 49 . Die Einheitlichkeit des Verwaltungsverfahrensrechts ist sicherlich ein hohes Gut, das nicht ohne weiteres aufgegeben werden darf 5 0 . A u f Dauer wiegen jedoch die Wertungswidersprüche zwischen IFG und V w V f G / S G B X etc. schwerer, so dass eine Änderung von § 29 V w V f G , § 25 SGB X und vergleichbaren Vorschriften unausweichlich ist. So würde es ζ. B. bereits jetzt der Zielsetzung des IFG entsprechen, i m Verwaltungsverfahren auf die Darlegung eines rechtlichen Interesses der Beteiligten zu verzichten 5 1 . Der Reformbedarf geht jedoch über derartige Korrekturen 5 2 hinaus. Bliebe es auf Dauer bei der in § 3 Abs. 4 getroffenen Regelung, führte dies zu dem merkwürdigen Ergebnis, dass vor und nach der Durchführung eines VerwaltungsVerfahrens jede Person voraussetzungslos Informationszugang erlangen kann, während eines laufenden Verwaltungsverfahrens jedoch nur die Beteiligten und diese auch nur insoweit, als die Kenntnis von Akten zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich i s t 5 3 . Diese Kuriosität kann nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, der störungsfreie Ablauf von Verfahren müsse gewährleistet werden 5 4 . Die maßgebliche Regelung erfolgt durch § 6 Abs. 3. Im Interesse der sukzessiven Durchsetzung der Informationszugangsfreiheit kann § 3 Abs. 4 lediglich die Qualität einer Übergangsvorschrift zur vorläufigen Sicherung der Verfahrensrechtseinheit zuerkannt werden.

48 Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (254), sehen darin auch einen Schutz der Verfahrensbeteiligten i m Hinblick auf die Geheimhaltungspflicht nach § 30 V w V f G . 49 Der „Konsens" zwischen Bund und Ländern wird (am Beispiel des § 2 Abs. 5 A I G Bbg) kritisch gesehen von Partsch, NJ 1998, 346 (348) und NJW 1998, 2559 (2561).

so Ausdruck hierfür ist ζ. B. auch § 137 Abs. 1 Nr. 2 V w G O . 51 Schmitz, N V w Z 2000, 1238 (1243): Streichung von § 29 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 V w V f G . 52 Vorgenommen ζ. B. durch § 4a Bin V w V f G . 53 Dezidiert L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 147: Der Ausschluss des Informationszugangs in laufenden Verfahren habe sich nicht bewährt. 54 So aber IFG-RefE, S. 30 (Begründung zu § 4 S. 2 des RefE).

27

28

§ 4 Begriffsbestimmungen (1) Informationen sind alle in Form von Schrift, Bild, Ton oder sonstigen Daten vorliegenden Aufzeichnungen, soweit sie amtlichen Zwecken dienen. (2) 'Informationsträger sind alle Medien, mit denen Informationen gespeichert werden können, insbesondere Akten und sonstige Schriftstücke, elektronische Speichermedien, Filme, Fotos, Tonbänder, Pläne, Diagramme, Bilder und Karten. 2Nicht hierunter fallen Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil des Vorgangs sind und spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden. (3) Öffentliche Stelle ist jede Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie jede sonstige Einrichtung, die mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betraut ist und der Kontrolle von Behörden untersteht. Parallelvorschriften: § 3 Abs. 2 IFG Bin; § 3 A I G Bbg; § 2 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: § 3 UIG. - EG-Recht: Art. 3 V O 1049/2001 / EG.

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-4

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage und Erfahrungen

2

3. Rahmenbedingungen

4

II. Vorschlag

5-10

1. Leitvorstellungen

5

2. Zur Regelung i m Einzelnen

7

a) „Informations"begriff (Absatz 1)

7

b) Informationsträger (Absatz 2)

8

c) Öffentliche Stelle (Absatz 3)

10

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung 1

§ 4 normiert Begriffsbestimmungen zu einigen zentralen Gesetzestermini des IFG. Da es in diesem Bereich um Regelungen zum Verwaltungsinformationsrecht geht, handelt es sich um verwaltungsbezogene Legaldefinitionen.

§ 4 Begriffsbestimmungen

73

2. Bisherige Rechtslage und Erfahrungen Begriffsbestimmungen in Bezug auf Regelungen zum Informationszugangsrecht finden sich im Landesrecht. Die dortigen Regelungen befassen sich jedoch jeweils nur mit Teilaspekten der hier vorgeschlagenen Norm. Uber Praxiserfahrungen mit den landesgesetzlichen Bestimmungen sind Berichte nur vereinzelt bekannt. So hatten Behörden in Brandenburg den Begriff „ A k t e " so eng verstanden, dass sie darunter nur einen separat angelegten Verwaltungsvorgang (mit Aktendeckel und Vorblatt) verstanden wissen wollten. Es erfolgte daraufhin die Belehrung, dass als „Akten" (i.S.d. § 2 A I G Bbg) auch einzelne Unterlagen sowie elektronisch oder anderweitig gespeicherte Informationen zu verstehen sind, so dass diese einer Akteneinsicht nicht bereits begrifflich verschlossen sind 2 .

2

Für das Umweltinformationsrecht trifft § 3 U I G Begriffsbestimmungen. Diese sind jedoch sowohl zum „Behörden"begriff (§ 3 Abs. 1 UIG) als auch zur Definition des Merkmals „Informationen" (§ 3 Abs. 2 UIG) umweltbezogen. Infolgedessen geht es dem Umweltinformationsrecht nur um die Einbeziehung von Behörden, die Aufgaben des Umweltschutzes wahrzunehmen haben; i m Übrigen werden lediglich Informationen über die Umwelt erfasst 3. Dementsprechend beziehen sich die aus der Praxis bekannt gewordenen Konfliktfälle zum einen auf die Ermittlung des „Behörden"begriffs i. S. d. § 3 Abs. 1 U I G 4 ; dabei ist geklärt, dass nicht nur sog. Umweltfachbehörden erfasst werden, sondern alle Behörden, die bei der Aufgabenerledigung Umweltbelange zu beachten haben 5 . Zum anderen wird um die Konkretisierung des Begriffs „Informationen über die Umwelt" gestritten 6 , wobei sich auch insoweit eine extensive Deutung (insbes. des § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG) durchgesetzt hat 7 . Angesichts dieser umweltrechtsspezifischen Akzentuierung der Begriffsbestimmungen des § 3 U I G wird man auf Erfahrungen aus dem Umweltinformationsrecht i m vorliegenden Zusammenhang kaum zurückgreifen können.

3

' § 3 A I G Bbg, § 3 Abs. 2 IFG Bin, § 2 IFG SH. 2 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 141. 3

Einzelheiten dazu bei Koebke, Recht auf Umweltinformation, S. 96 ff.

4 Vgl. O V G SH, N V w Z 1999, 670 (671) = NuR 1998, 667 (668), zu einer Landesoberbehörde; BayVGH, N V w Z 2001, 342 (343), zum Landwirtschaftsministerium; allg. Übersicht bei Heselhaus, E u Z W 2000, 298 (300). 5

BVerwGE 108, 369 (374 f.) am Beispiel eines „Wirtschaftsförderfonds - ökologischer Bereich". 6 Extensiv aus der Perspektive der Umweltinformationsrichtline EuGH, Slg. I 1998, 3809 = DVB1 1998, 1176 (m. Anm. Pitschas/Lessner, DVB1 1999, 226) = N V w Z 1998, 945 = E u Z W 1998, 470 - Tz. 21 (am Beispiel einer behördlichen Stellungnahme i m Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens); allg. Übersicht bei Rossi, UPR 2000, 175 (176 f.). 7 BVerwGE 108, 369 (376 f.) am Beispiel der Gewährung einer Umweltsubvention; vgl. ferner Winter, NuR 1997, 335 f.

74

§ 4 Begriffsbestimmungen 3. Rahmenbedingungen

4

Die Begriffsbestimmungen in § 4 sind nicht durch gemeinschaftsrechtliche oder verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen beeinflusst. Infolgedessen können, da rechtsnormative Vorprägungen nicht bestehen, Zweckmäßigkeitserwägungen und vor allem Entwicklungen im Realbereich zur Grundlage von Legaldefinitionen gemacht werden. Rahmenbedingungen ergeben sich jedoch aus dem IFG selbst. Die in § 4 vorgenommenen Begriffsbestimmungen sind auf das V^rwa/iwng^informationsrecht bezogen. Deshalb wird in Absatz 1 der Bezug zu „amtlichen Zwecken" hergestellt. Eine verwaltungsunspezifische Formulierung weist Absatz 2 auf. Rahmenbedingung für Absatz 3 ist § 3 Abs. 1 ; wenn dort „öffentliche Stellen" zu Anspruchsverpflichteten erklärt werden, muss der Begriff an irgendeiner Stelle des IFG definiert werden.

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen 5

§ 4 konzentriert sich auf die für das Verständnis des IFG notwendigen Begriffe. Dies sind insbesondere die Termini „Informationen" und „Informationsträger". Insoweit wird § 2 IFG SH gefolgt. Die Definition der „öffentlichen Stelle" ist, wie bereits erwähnt (Rn. 4), § 3 Abs. 1 geschuldet. Die hier vorgeschlagenen Begriffe zu „Informationen" und „Informationsträger" werden - mit Rücksicht auf permanente Änderungen im Realbereich - durch entwicklungsoffene und weite Formulierungen geprägt 8 . Nur so kann verhindert werden, dass ζ. B. unvorhersehbare technologische Innovationen zur Informationsspeicherung dazu führen, dass das IFG schon begrifflich unanwendbar wird.

6

Nicht gefolgt wird dem Konzept des Bundes. In § 2 Nr. 1 S. 1 IFG-RefE werden „amtliche Informationen" definiert und einige Informationsträger aufgezählt. Zusätzlich erfolgt eine Bestimmung der Begriffe „Dritter" 9 (§ 2 Nr. 2 IFG-RefE) und „Verwaltungsverfahren" (§ 2 Nr. 3 IFG-RefE). Dies soll zum einen zwecks Abgrenzung zum „Betroffenen" erfolgen (und sich an § 80a V w G O orientieren) und zum anderen die Einbeziehung von Verwaltungsverfahren außerhalb des § 9 V w V f G (nämlich Verfahren im schlichthoheitlichen und i m fiskalischen Bereich) sicherstellen 10 . Die erstgenannte Begriffsbestimmung ist überflüssig, da i m Infor8 Ebenso Art. 3 lit. a) V O 1049/2001 / E G zur Definition des Begriffs „Dokument": Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material); erläuternd dazu Wägenbaur, E u Z W 2001, 680 (682), sowie Partsch, NJW 2001, 3154 (3156). - Breiter Ansatz auch in Art. 2 Nr. 3 AarhusKonvention: „sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form". 9 Ebenso Art. 3 lit. b) V O 1049/2001 / EG. 10 IFG-RefE, S. 24.

§ 4 Begriffsbestimmungen

75

mationsrecht (und vor allem im Datenschutzrecht) ohnehin zwischen „Betroffenen" und „Dritten" durchgängig unterschieden wird. Die Berücksichtigung schlichthoheitlichen und fiskalischen Handelns von Behörden ergibt sich bereits aus § 3 (—» § 3 Rn. 16).

2. Zur Regelung im Einzelnen a) „Informations"begriff (Absatz 1) Die Formulierung von Absatz 1 ist an § 2 Nr. 1 IFG SH und an § 3 Abs. 1 E-IFG angelehnt. Maßgeblich ist, dass Informationen i m Sinne des IFG unabhängig vom Speichermedium und von der Form der Ablage einbezogen werden 1 1 . Der notwendige funktionale Zusammenhang mit amtlichen Zwecken ist Folge des Anwendungsbereichs des IFG, das nach der in § 3 getroffenen Regelung i m Kern als „Verwaltungsinformationsrecht" zu begreifen ist.

7

b) Informationsträger (Absatz 2) Absatz 2 knüpft zunächst an die in § 2 Nr. 2 IFG SH getroffene Begriffsbestimmung an, ist dann jedoch etwas anschaulicher ausgeformt, weil besonders wichtige Informationsträger beispielhaft genannt werden 1 2 . Auch beim Informationsträger kommt es auf das Speichermedium nicht an 1 3 . Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 6 Abs. 1 Nr. 1 StUG, wo „Informationsträger" ebenfalls „unabhängig von der Form der Speicherung" umschrieben und durch Regelbeispiele (Akten, Dateien, Schriftstücke, Karten, Pläne, Filme, Bild-, Ton- und sonstige Aufzeichnungen; deren Kopien, Abschriften und sonstige Duplikate; zur Auswertung erforderliche Hilfsmittel, insbes. Programme für die automatische Datenverarbeitung) konkretisiert werden.

8

Nicht erfasst - und damit vom Informationszugang nach dem IFG ausgeschlossen - werden gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil des Vorgangs sind und spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden. Die Vorschrift ist in Anlehnung an § 3 A I G Bbg gebildet 1 4 ; im Datenschutzrecht findet sich eine vergleichbare Bestimmung 1 5 . Auch nach § 2 Nr. 1 S. 2 IFG-RefE gehören

9

» Vgl. BT-Drucks. 3 / 8 4 3 2 , S. 9, zu § 3 Abs. 1 E-IFG. 12 Ebenso - unter Anknüpfung an den „Akten"begriff - § 2 S. 1 A I G Bbg und § 3 Abs. 2 IFG Bin; ähnlich § 2 Nr. 1 S. 1 IFG-RefE. 13

Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 2 Anm. 2.

14 Erläuternd dazu Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (254); kritisch Partsch, NJ 1998, 346 (349) und NJW 1998, 2559 (2561); Zurückweisung der Kritik durch Breidenbach/ Palenda, NJW 1999, 1307 (1308 f.). ι 5 § 3 Abs. 3 S. 2 BDSG erfasst mit dem Aktenbegriff nicht „Vorentwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen".

76

§ 4 Begriffsbestimmungen

Vorentwürfe und Notizen nicht zu den dem Informationszugang eröffneten amtlichen Informationen. Der mit § 4 Abs. 2 S. 2 unterbreitete Regelungsvorschlag erfasst jedoch - anders als die soeben erwähnten Bestimmungen - nicht nur „Vorentwürfe", sondern „Entwürfe". Eine praktikable Abgrenzung zwischen Vorentwürfen und zugänglichen Entwürfen bei der Bestimmung des Informationsträgers dürfte kaum möglich sein 1 6 . Soll der Entscheidungsprozess der öffentlichen Stelle nicht gestört werden, müssen auch Entwürfe dem Informationszugang entzogen werden, sofern sie nicht Bestandteil des Vorgangs und ohnehin der späteren Vernichtung ausgesetzt sind. Im Übrigen greift der Schutz nach § 6 Abs. 1 Nr. 2.

c) Öffentliche Stelle (Absatz 3) 10

Absatz 3 muss i m Zusammenhang mit § 3 Abs. 1 gesehen werden. Dort sind die Anspruchsverpflichteten genannt. Öffentliche Stellen sind primär die Behörden; insoweit kann (konkludent) auf § 1 Abs. 4 V w V f G verwiesen werden. In Bezug auf sonstige, außerhalb der Behördenorganisation stehende Einrichtungen stimmt die Begriffsbestimmung mit § 3 Abs. 1 Nr. 4 überein. In der Sache ist der Begriff der „öffentlichen Stelle" weiter gefasst als in § 2 BDSG. Dieser Umstand ist der in der Begründung zu § 3 erläuterten Funktion des Informationszugangsrechts ( - > § 3 Rn. 14 ff.) geschuldet.

16 Nach IFG-RefE, S. 23, soll es darauf ankommen, ob der Entwurf von dem zur Letztentscheidung Befugten gebilligt worden ist.

Zweiter Abschnitt Einschränkungen des Informationszugangs Vorbemerkung zu §§ 5 bis 9 Der Zweite Abschnitt trifft zum Schutz überwiegender öffentlicher und privater Interessen Regelungen zur Begrenzung des Anspruchs auf Informationszugang gemäß § 2 Abs. 1. Regelungstechnisch führen die entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen zum Ausschluss oder zur Beschränkung des Informationszugangs. In der Sache sind es vier Fallgruppen, die das Informationszugangsrecht begrenzen 1 : (1) hochrangige Gemeinwohlbelange und Sicherung der Rechtsdurchsetzung; (2) Wahrung der behördlichen Entscheidungsfähigkeit; (3) Schutz personenbezogener Daten; (4) Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Die beiden erstgenannten Fallgruppen dienen dem Schutz öffentlicher sen, die beiden letztgenannten Fallgruppen schützen private Interessen.

Interes-

Je nach Gewicht des entgegenstehenden Interesses erfolgt der Ausschluss des Informationszugangs obligatorisch oder fakultativ (d. h. im Wege einer behördlichen Ermessensentscheidung). Dabei wird ein differenzierendes Konzept angestrebt. Je nach Gewicht des Versagungsgrundes werden die dem Informationszugang entgegenstehenden Gründe in Form von „Ist' 4 -, „Soll"- oder „Kann"-Ablehnungstatbeständen zur Geltung gebracht 2 . Durch diese Abschichtung soll der Grundsatz des Informationszugangs nicht gefährdet und möglichst schonend eingegrenzt werden. Dem Übermaßverbot wird auch in anderer Hinsicht Rechnung getragen. Die Entscheidung über den Informationszugang erfolgt nicht nur i m Sinne eines „entweder/oder", vorgesehen ist auch ein beschränktes Informationszugangsrecht. Dessen Ermöglichung folgt dem Prinzip des schonenden Ausgleichs, falls öffentliche oder private Interessen dem Anspruch auf Informationszugang entgegen1 Ebenso die Systematik des IFG SH, vgl. Weichert, D u D 2000, 262 (264), sowie des E-IFG, vgl. Häfner/Gerlach, ZRP 1998, 123 (125), und des IFG-RefE, vgl. Begründung dazu S. 24 f. 2

Anders §§ 3 bis 6 IFG-RefE, die nur zwischen „Ist"- und „Soll"-Versagungsgründen unterscheiden.

78

Vorbemerkung 2. Abschn.: Einschränkungen des Informationszugangs

stehen, jedoch nicht von solchem Gewicht sind, dass sie zum vollständigen und dauerhaften Ausschluss des Anspruchs führen müssen. I m Umweltinformationsrecht ist der beschränkte Informationszugang europarechtlich am Beispiel der Aussonderung vertraulicher oder geheimhaltungsbedürftiger Angaben durchgesetzt worden. Der EuGH hat das U I G 1994 beanstandet, weil es nicht vorgesehen hat, dass Informationen über die Umwelt auszugsweise übermittelt werden, sofern die - bestimmte Schutzgüter berührenden - Angaben ausgesondert werden können 3 . Der deutsche Gesetzgeber hat hierauf reagiert und einen neuen § 4 Abs. 2 U I G geschaffen, der den europarechtlichen Vorgaben Rechnung trägt 4 . Die Ablösung des Prinzips der begrenzten Aktenöffentlichkeit durch den Grundsatz des Informationszugangs ist nicht nur ein legistischer Vorgang, sondern auch auf eine entsprechende Interpretation und Anwendung des IFG angewiesen. Dies könnte unter anderem durch ein restriktives Gebrauchmachen von den Einschränkungen des Informationszugangs bewerkstelligt werden. I m Umweltinformationsrecht ist diese Maxime entweder ausdrücklich vorgesehen 5 oder entspricht doch gerichtlicher Praxis 6 . Der Bund verfolgt mit dem IFG-RefE dieselbe Linie 7 .

3 EuGH, Slg. I 1999, 5087 = DVB1 1999, 1494 (m. Anm. Pitschas/Lessner, DVB1 2000, 332) = N V w Z 1999, 1209 (m. Bespr. Becker S. 1187) = EuR 2000, 218 (m. Anm. Wegener) Tz. 33 ff. 4 § 4 Abs. 2 U I G i.d.F. des Art. 21 Nr. 1 lit. b) des Gesetzes zur Umsetzung der U V P - Ä n derungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. 07. 2001, B G B l I S . 1950. 5 Art. 4 Abs. 4 S. 2 Aarhus-Konvention bestimmt i m Anschluss an die Auflistung der Gegengründe zum Antrag auf Informationszugang ausdrücklich: „ D i e genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen . . . " .

6 Vgl. EuGH, Slg. I 1998, 3809 = DVB1 1998, 1176 (m. Anm. Pitschas/Lessner, 1999, 226) = N V w Z 1998, 945 = E u Z W 1998, 470 = EuR 1998, 669.

DVB1

7 IFG-RefE, S. 25 (Begründung zu §§ 3 bis 6 des RefE), bemerkt zu den Versagungsgründen ausdrücklich: „Nach den üblichen Auslegungsregeln sind sie restriktiv zu handhaben."

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen und der Rechtsdurchsetzung Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, 1. soweit und solange das Bekanntwerden der Informationen dem Wohle des Bundes oder eines Landes schwerwiegende Nachteile bereiten würde, insbesondere die internationalen und supranationalen Beziehungen, die Beziehungen zwischen Bund und Ländern oder zwischen den Ländern, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit schädigen würde; 2. wenn zu besorgen ist, dass durch das Bekanntwerden der Informationen der Ablauf und der Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eines anhängigen Gerichtsverfahrens, eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder eines Disziplinarverfahrens gefährdet oder erheblich beeinträchtigt würden; 3. wenn durch das Bekanntwerden der Informationen Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die nicht dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterfallen, offenbart würden und die öffentlichen Stellen in die Offenbarung nicht eingewilligt haben oder von einer Einwilligung nicht auszugehen ist. Parallelvorschriften: §§ 9 - 11 IFG Bin; § 4 Abs. 1 A I G Bbg; § 9 IFG SH. Umweltinformationsrecht: § 7 Abs. 1 UIG. - EG-Recht: Art. 4 Abs. 1 lit. a), Abs. 2 2. Spiegelstrich, Abs. 4 V O 1049/2001 / EG.

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-7

1. Gegenstand der Regelung 2. Bisherige Rechtslage

2

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

5

4. Rahmenbedingungen II. Vorschlag

7 8-17

b) Sicherstellung der Rechtsdurchsetzung (Nr. 2)

8 10 10 12

c) Schutz fremder öffentlicher Stellen (Nr. 3) . . .

14

1. Leitvorstellungen 2. Zur Regelung i m Einzelnen a) Herausragende Gemeinwohlbelange (Nr. 1)

80

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen

I. Ausgangslage 7. Gegenstand der Regelung 1

§ 5 normiert überwiegende öffentliche Interessen, die dem Informationszugang entgegenstehen. Zum einen geht es um herausragende Gemeinwohlbelange (Nr. 1 ) bzw. wichtige Gemeinwohlinteressen (Nr. 3), zum anderen um die Gewährleistung der Rechtsdurchsetzung in wesentlichen Bereichen der Rechtsordnung (Nr. 2). Das individuelle Recht auf Informationszugang ist ausgeschlossen, wenn einer der Tatbestände erfüllt ist. Ermessen ist nicht eröffnet, so dass auch nicht ausnahmsweise ein Informationszugang durch behördliche Ermessensentscheidung gewährt werden kann. 2. Bisherige Rechtslage

2

A u f der Ebene des Bundesrechts normiert § 7 Abs. 1 U I G i m Bereich des Umweltinformationsrechts einen Tatbestand zum Ausschluss des Anspruchs auf Informationen über die Umwelt aus Gründen des Schutzes öffentlicher Belange. I m Landesrecht finden sich Parallelbestimmungen zu § 5 in § 4 Abs. 1 A I G Bbg, §§ 9 bis 11 IFG Bin und § 9 IFG SH. Inhaltlich weichen die Vorschriften jedoch ganz erheblich voneinander ab. Ein „gemeinsamer Nenner" ist nicht zu erkennen. Das gilt nicht nur für den Vergleich der landesgesetzlichen Bestimmungen mit § 7 Abs. 1 UIG, sondern auch für den Vergleich der landesgesetzlichen Vorschriften untereinander. Von daher kann sich § 5 nicht auf eine übereinstimmende Rechtslage stützen, sondern stellt einen eigenständigen rechtspolitischen Vorschlag dar.

3

A m weitesten geht der obligatorische Ausschluss des Informationszugangsrechts in Brandenburg. Dort ist die Akteneinsicht auch dann ausdrücklich versagt, wenn sich der Inhalt der Akten auf Beratungen der Landesregierung oder Arbeiten zu ihrer Vorbereitung bezieht (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 A I G Bbg). Dadurch soll der „Kernbereich der Tätigkeit der Landesregierung" geschützt werden („exekutive Eigenverantwortung") 1 . Zum Umweltinformationsrecht ist in diesem Zusammenhang entschieden worden, dass Kabinettsvorlagen von § 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 U I G („Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden") erfasst werden und damit dem Informationsanspruch nicht unterliegen 2 . Im Anschluss hieran reicht nach dem hier vertretenen Konzept die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 getroffene Bestimmung zum Schutz der Regierung aus. Danach unterliegen vertrauliche Beratungen von Regierungen 1 Vgl. LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 5; danach soll sich die Regelung auch auf die Konferenz der Amtschefs beziehen; ablehnend dazu Partsch, NJW 1998, 2559 (2561), rechtfertigend Breidenbach/Palenda, NJW 1999, 1307 (1309) unter Berufung auf BVerfGE 67, 100 (139 f.) zum Schutz des Kernbereichs der Exekutive. Vgl. zum „Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung" (als Grenze des Akteneinsichtsrechts von Parlamentsabgeordneten) VerfG Bbg, D Ö V 1998, 200 (202) = N V w Z - R R 1998, 209 (211).

2 O V G SH, N V w Z 2000, 341.

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen dem Schutz einer unbefangenen Meinungsbildung und eines freien Meinungsaustausches zur Sicherstellung einer effektiven, funktionsfähigen und rechtlich unabhängigen Entscheidungsfindung. Eines zusätzlichen Schutzes in § 5 bedarf es nicht 3 . Zur Sicherstellung der Rechtsdurchsetzung ist § 4 Abs. 1 Nr. 4 A I G Bbg weiter gefasst als § 5 Nr. 2 und erstreckt sich auch auf die Gefahrenabwehr, andere Belange der inneren Sicherheit sowie die öffentliche Sicherheit. Dadurch sollen in erster Linie die Polizei- und Ordnungsbehörden sowie der Verfassungsschutz gegenüber einem Begehren auf Akteneinsicht geschützt werden 4 . Dieser extensiven Fassung 5 des obligatorischen Ablehnungsgrundes wird hier nicht gefolgt. In Bezug auf Polizeibehörden etc. (außerhalb der Strafverfolgung etc.) genügt der relative Schutz der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 3. Dasselbe gilt für die zwingende Verweigerung des Informationszugangs nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 A I G Bbg 6 . Die dort formulierten öffentlichen Interessen werden entweder bereits durch andere Vorschriften geschützt 7 oder sind in ihrer absoluten Schutzwürdigkeit zweifelhaft. Das gilt namentlich für die „Aufsicht über eine andere Stelle" 8 . Die Praxis zeigt, dass diese Bestimmung (als obligatorische Vorgabe zum Ausschluss des Informationszugangs) dysfunktionale Wirkungen zeitigt 9 . Daher sollte auf eine derart starre Regelung verzichtet werden.

3 Anders § 3 Nr. 2 IFG-RefE, wonach der Anspruch auf Informationszugang zum Schutz von Gemeinwohlinteressen nicht besteht, wenn die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden oder der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berührt wird.

4 So LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 5. 5 Auch § 3 Nr. 1 IFG-RefE w i l l den Anspruch auf Informationszugang bei einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit kategorisch ausschließen. 6 Danach ist der Antrag auf Akteneinsicht abzulehnen, wenn „durch die Gewährung von Akteneinsicht Inhalte von Akten offenbart würden, die eine Behörde zur Durchführung eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahrens erstellt hat oder die ihr aufgrund des Verfahrens zugehen oder die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen".

7 Ζ. B. durch § 4 Abs. 1 Nr. 4 A I G Bbg, i m IFG durch § 5 Nr. 2 und durch § 6 Abs. 3 Nr. 1. 8

Dabei soll es sich um eine Art Auffangregelung handeln, um die anderen in Nr. 1 bis 5 des § 4 Abs. 1 A I G Bbg getroffenen Bestimmungen nicht durch Einsicht in die Akten der Aufsichtsbehörden leerlaufen zu lassen; Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (255). 9 I m Fall des V G Potsdam, L K V 2000, 319 (320), hatte das Mitglied eines Zweckverbandes beim Landrat Akteneinsicht begehrt, nachdem der Zweckverband Fehlbeträge erwirtschaftet hatte und dann von seinen Mitgliedern Umlagen zu der Fehlbetragsabdeckung erhob. Das V G bejahte den Ablehnungsgrund nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 A I G Bbg, da der Landrat - wenn auch in ganz anderem Zusammenhang - bei der Genehmigung der Haushaltssatzung des Zweckverbands als Kommunalaufsichtsbehörde fungierte. Das Gericht bejahte dann jedoch - außerhalb des A I G Bbg - aus „allgemeinen rechtsstaatlichen Gründen ein Recht auf Akteneinsicht", da das Zweckverbandsmitglied daran ein berechtigtes Interesse habe. 6 Informationsfreiheitsgesetz

4

82

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht 5

In Brandenburg hat der Landesbeauftragte für das Recht auf Akteneinsicht auf Grund vielfacher Erfahrungen die Gesetzeslage zum Schutz der Aufsicht kritisiert und festgestellt, dass es infolge der Vielzahl anderer Ausnahmevorschriften zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen eines derartigen Spezialtatbestandes nicht bedarf 1 0 . Es ist in der Tat kein Grund erkennbar, pauschal geheimzuhalten, welche Beanstandungen eine Aufsicht führende Stelle gegenüber der beaufsichtigten Stelle trifft oder weshalb sie von Beanstandungen absieht, welche Fragen zur Ermittlung des Sachverhalts gestellt wurden und wie die beaufsichtigte Behörde reagiert hat.

6

Etwas breiter angelegte praktische Erfahrungen mit dem Ausschluss des Informationszugangs zum Schutz öffentlicher Belange liegen aus dem Umweltinformationsrecht zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G vor. Die aufgetretenen Streitfragen wurden zum Teil kontrovers beantwortet und sind i m Übrigen auch erst teilweise geklärt. So hatte der V G H B W erkannt, dass Umweltinformationen in Behördenakten auch während der Dauer eines Strafverfahrens dem Umweltinformationsanspruch unterliegen, soweit sie nicht aus dem Strafverfahren stammen 11 . Dieses Ergebnis hatte der V G H B W dadurch gewonnen, dass er den einschränkenden Zusatz in § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G („hinsichtlich") auf alle drei der in der Bestimmung genannten Verfahrensarten bezog (also auch auf strafrechtliche Ermittlungsverfahren und Gerichtsverfahren) und sich dabei durch Art. 3 Abs. 2 U I R L gestützt sah. Das BVerwG hat demgegenüber entschieden, § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G schließe grundsätzlich alle Informationen vom freien Informationszugang (§ 4 Abs. 1 S. 1 UIG) aus, die Gegenstand eines anhängigen Gerichtsverfahrens oder strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens seien; auf die Frage, ob die Daten der Umweltbehörde auf Grund des Verfahrens zugegangen seien oder dort bereits vor dem Beginn des Verfahrens vorhanden gewesen seien, komme es nicht a n 1 2 . Der EuGH wiederum hat § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G zunächst eng ausgelegt und den Zugang zu Umweltinformationen nur in solchen verwaltungsbehördlichen Verfahren versagt, die einem (quasi)gerichtlichen Verfahren unmittelbar vorausgehen und durchgeführt werden, um Beweise zu beschaffen oder ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, bevor das eigentliche Verfahren eröffnet w i r d 1 3 . Später ist der EuGH einen Schritt weitergegangen und hat in § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G insoweit einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 2 U A 1 U I R L gesehen, als der Anspruch auf Zugang zu Informationen während der Dauer eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens nicht gewährt wird, soweit die Informationen der Behörde auf Grund des Verfahrens zu-

L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 151. h V G H BW, N V w Z 1998,945. 12 BVerwGE 110, 17 = DVB1 2000, 198 = N V w Z 2000, 436. 13 EuGH, Slg. I 1998, 3809 = DVB1 1998, 1176 (m. Anm. Pitschas/Lessner, DVB1 1999, 226) = N V w Z 1998, 945 = E u Z W 1998, 470; dazu Bespr. Schräder, N V w Z 1999, 40.

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen

83

gehen 1 4 . Hierauf hat der Bundesgesetzgeber durch eine Neufassung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G reagiert 15 . 4. Rahmenbedingungen Diese Erfahrungen aus dem Umweltinformationsrecht lassen sich unmittelbar für die Begrenzung des Informationszugangs i m IFG nicht heranziehen. Denn sie sind in hohem Maße durch europarechtliche Vorgaben geprägt. Daran fehlt es im vorliegenden Zusammenhang. Präzise verfassungsrechtliche Direktiven bestehen ebenfalls nicht. Immerhin lässt sich unter rechtspolitischen Vorzeichen - mit aller Vorsicht - eine Art Tendenzaussage dahingehend treffen, dass die verbreiteten Restriktionen im deutschen Informationszugangsrecht in der europäischen Perspektive vielfach überholt sind. Auch auf der Ebene der Begrenzung des Informationszugangsanspruchs bestätigen sich infolgedessen die in der Einleitung skizzierten Beobachtungen zum Entwicklungsrückstand des deutschen Rechts im vorliegenden Kontext (—» Einl Rn. 3 ff.).

7

II. Vorschlag 7. Leitvorstellungen § 5 normiert (zusammen mit § 6) Gegenrechte des Staates (sowie seiner Untergliederungen und der sonstigen nach § 3 Verpflichteten) zum Anspruch auf Informationszugang der nach § 2 Abs. 1 Berechtigten. Von der Rechtsfolgenseite her schließt § 5 das Recht auf Informationszugang kategorisch aus; ein behördliches Ermessen über die Informationsgewährung besteht nicht. Dieser Regelungsstruktur folgen auch § 4 Abs. 1 A I G Bbg, §§ 9 Abs. 1 und 10 Abs. 3 IFG Bin, § 9 IFG SH, §§ 9 Abs. 1 sowie 10 E-IFG, § 7 Abs. 1 UIG, § 220 Abs. 1 UGB-KomE.

8

Anders als ein Teil dieser Vorschriften formuliert § 5 auf der Tatbestandsseite nur solche öffentlichen Interessen, die gegenüber dem (privaten) Informationszugangsinteresse ohne weiteres als höherrangig anerkannt werden können. Wenn der Grundsatz der Informationszugangsfreiheit (§ 1) reale Geltung erhalten und der Informationszugangsanspruch (§ 2 Abs. 1) von der Ausnahme zur Regel gemacht werden soll, dürfen die dergestalt positivierten Prinzipien nicht bei der Schaffung staatlicher Gegenrechte in Form (zu) weitreichender obligatorischer Ausschlussgründe teilweise wieder entwertet werden. Deshalb konzentriert sich § 5 auf solche zwingenden Ausschlusstatbestände, die rasch Akzeptanz finden können. Für einen

9

14 EuGH, Slg. I 1999, 5087 = DVB1 1999, 1494 (m. Anm. Pitschas / Lessner, DVB1 2000, 332) = N V w Z 1999, 1209 (m. Bespr. E Becker S. 1187) = E u Z W 1999, 763 = EuR 2000, 218 (m. Anm. Wegener ); dazu Bespr. Heselhaus, EuZW 2000, 298. 15

Vgl. Art. 21 Nr. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der I V U Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. 07. 2001, B G B l I S. 1950. 6*

84

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen

weiteren Schutz öffentlicher Interessen steht die - allerdings Differenzierungen zugängliche - Vorschrift des § 6 zur Verfügung.

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Herausragende Gemeinwohlbelange (Nr. 1 ) 10

Nr. 1 des § 5 findet im Kerngehalt der hier vorgeschlagenen Regelung etliche Parallelen i m geltenden Recht sowie in rechtspolitischen Vorstößen. Dabei bestehen allerdings Nuancierungen sowohl in Bezug auf den Grad der Gefährdung der Gemeinwohlinteressen als auch hinsichtlich der Auflistung einzelner Gemeinwohlbelange. Teilweise wird eine Vielzahl öffentlicher Belange aufgelistet und in Bezug auf den Grad ihrer Gefährdung durch Bildung zweier Kategorien sodann zwischen „berührt" und „beeinträchtigt" zu unterscheiden versucht 1 6 . Dem steht andererseits die Begrenzung des Ausschlussgrundes auf das Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes gegenüber, wobei insoweit jedoch schwerwiegende Nachteile bzw. Gefährdungen drohen müssen 17 . In einem gewissen Kontrast dazu steht der Regelungsvorschlag, den Informationszugang bereits dann kategorisch auszuschließen, wenn das Bekanntwerden der Informationen die internationalen Beziehungen, die Landesverteidigung oder Belange des Staatsschutzes berührt oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen kann 1 8 .

11

Die hier vorgeschlagene Regelung folgt in ihrem Kerngehalt - in Anlehnung an die entsprechende Terminologie in §§ 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 29 Abs. 2 V w V f G , § 99 Abs. 1 V w G O , §§ 54 Abs. 3, 96 S. 1 StPO, § 376 Abs. 4 ZPO - § 220 Abs. 1 Nr. 1 UGB-KomE, verlangt also für den Ausschluss des Informationszugangs die durch Fakten gestützte Prognose zu schwerwiegenden Nachteilen für das Wohl des Bundes oder eines Landes 1 9 , verdeutlicht dann jedoch - in Anlehnung an § 9 Nr. 1 IFG SH - durch Regelbeispiele die Konturen des Ausschlusstatbestandes 20 . Besondere '6 So § 4 Abs. 1 Nr. 1 A I G Bbg; erläuternd dazu Breidenbach/Palenda, (255).

L K V 1998, 252

17 So § 11 IFG Bin; ähnlich § 8 E-IFG, mit Erläuterung Häfiier/Gerlach, ZRP 1998, 123 (126): Geheimhaltung müsse dringend geboten sein, um die Informationsfreiheit nicht auszuhöhlen. is So § 3 Nr. 1 IFG-RefE. Nach der Begründung (S. 25 f.) sollen durch die öffentliche Sicherheit - trotz §§ 5, 6 IFG-RefE - auch Individualrechtsgüter geschützt werden, und die in § 7 Abs. 1 Nr. 1 U I G verlangte „erhebliche" Gefahr für die zu schützenden Rechtsgüter wird als zu streng erachtet. 19 Dazu U G B - K o m E , Begründung S. 834: „Nachteil ist die Beeinträchtigung oder Gefährdung des Bestandes oder der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner wesentlichen Einrichtungen, insbesondere die Beeinträchtigung der äußeren oder inneren Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder eine erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung oder des freundschaftlichen Verhältnisses zu anderen Staaten oder internationalen Organisationen." 20 Zur Exegese der Regelbeispiele vgl. Lindemann, § 9 Anm. 2.1 ff.

in: Friedersen / Lindemann, IFG SH,

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen Hervorhebung verdienen (im Sinne von Regelbeispielen) die internationalen und - mit Rücksicht auf die ständig wachsende Bedeutung der Europäischen Union supranationalen Beziehungen, ferner die Beziehungen zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den Ländern und auch die Landesverteidigung sowie die innere Sicherheit. Dabei genügt es für die Ablehnung des Informationszugangs nicht, dass diese Schutzgüter irgendwie „berührt" werden. Ihnen müssen vielmehr schwerwiegende Nachteile oder sogar Schädigungen drohen 21. Der Nachweis hierfür ist von der öffentlichen Stelle zu erbringen und kann i m Streitfall gerichtlich überprüft werden 2 2 . Regelungsinhalt und Regelungstechnik führen so i m Ergebnis zu einer in der Praxis handhabbaren Vorschrift, die diejenigen Informationen dem Informationszugang entzieht, die zwingend der Geheimhaltung unterliegen müssen.

b) Sicherstellung der Rechtsdurchsetzung (Nr. 2) Nr. 2 des § 5 schützt Belange der Strafverfolgung, der allgemeinen Rechtspflege (in Form von Gerichtsverfahren) sowie des Ordnungswidrigkeiten- und des Disziplinarrechts. § 4 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 A I G Bbg gehen i m Schutzgegenstand umfänglich über die hier vorgeschlagene Bestimmung hinaus und erfassen ζ. B. auch die Gefahrenabwehr und andere Belange der öffentlichen Sicherheit 23 . Demgegenüber bleibt § 9 Abs. 1 S. 2 IFG Bin in seinem Schutzgehalt hinter § 5 Nr. 2 zurück und schließt das Informationszugangsrecht nur bei Gefährdungen des Erfolgs eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aus 2 4 . § 3 Nr. 4 IFG-RefE nimmt kategorial Daten vom Informationszugang aus, die während der Dauer eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eines Disziplinarverfahrens oder eines ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verfahrens Gegenstand des Verfahrens sind; eine irgendwie geartete Gefährdung des Verfahrenserfolgs ist nicht vorgeschrieben 25 .

12

Die hier konzipierte Fassung des § 5 Nr. 2 entspricht der Sache nach § 9 Nr. 2 und Nr. 3 IFG S H 2 6 . Die Belange der allgemeinen Gefahrenabwehr (Polizei- und

13

21

Ebenso zur Rechtslage in Schleswig-Holstein Nordmann,

Die Gemeinde SH 2001, 40

(41). 22

Nordmann, R D V 2001, 71 (75).

23

LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 5, erklärt, dass Akten, die abschließenden bundesrechtlichen Regelungen (ζ. B. StPO) unterlägen (ζ. B. Ermittlungsakten), nicht unter den Ausnahmetatbestand fielen. Erfasst würden vielmehr Akten, deren Offenbarung ζ. B. Belange der Strafverfolgung beeinträchtigen könnte, obwohl die Akten selbst nicht Teil von Ermittlungsakten geworden seien. 2

4 Ebenso § 7 Abs. 1 S. 2 E-IFG.

25

Eine inhaltliche Begründung für diesen Regelungsvorschlag wird nicht gegeben. Verwiesen wird allein darauf, dass die Vorschrift § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G n. F. entspricht; vgl. IFGRefE, S. 28. 26

I m Ansatz ähnlich § 220 Abs. 1 Nr. 2 U G B - K o m E , wo allerdings zusätzlich bestimmte Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung dem Ausschlusstatbestand unterstellt sind.

86

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen

Ordnungsrecht) sowie sonstige Schutzanliegen der inneren Sicherheit können über § 6 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 zur Geltung gebracht werden. Andererseits ist es angezeigt, die Ausnahme vom Informationszugang - in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 2 U I R L für das Umweltinformationsrecht - auf Disziplinarverfahren zu erstrecken 27 . Da Zweck des § 5 Nr. 2 der Schutz der Rechtspflege und Rechtsdurchsetzung ist, kommt eine Berufung auf den Ausschlusstatbestand im konkreten Fall allerdings nur in Betracht, wenn eine Verfahrensbeeinträchtigung in den geschützten Bereichen zumindest möglich i s t 2 8 . Die entsprechende Besorgnis muss von einigem Gewicht sein; der Ausschlusstatbestand verlangt eine Gefährdung oder erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufs und des Erfolgs strafrechtlicher Ermittlungen oder Gerichts-, Ordnungswidrigkeiten- bzw. Disziplinarverfahren. Während der Dauer der in § 5 Nr. 2 genannten Verfahren bleibt es in Bezug auf den Informationszugang bei den Vorschriften der jeweiligen Verfahrens- bzw. Prozessordnung. Letztlich stellt § 5 Nr. 2 auch eine notwendige Ergänzung zu § 3 Abs. 2 Nr. 2 dar. Der dort geregelte Ausschluss des Informationszugangs im Bereich der Rechtspflege soll nicht durch ein an eine Verwaltungsbehörde gerichtetes Informationsbegehren unterlaufen werden können 2 9 .

c) Schutz fremder öffentlicher Stellen (Nr. 3) 14

Nr. 3 des § 5 ist ein Reflex darauf, dass es sich bei dem IFG um ein Bundesgesetz handelt, so dass mit Blick auf die Kompetenzlage Rücksicht auf den Informationsbestand öffentlicher Stellen, die nicht dem Anwendungsbereich des IFG unterliegen, zu nehmen ist. Soweit das IFG keine Geltung ζ. B. in den Bundesländern beanspruchen kann, unterliegen deren „öffentliche Stellen" nicht dem Informationszugangsanspruch nach dem IFG (§ 2 Abs. 1). Diese rechtliche Konsequenz darf dann nicht durch den Informationszugang bei öffentlichen Stellen des Bundes unterlaufen werden. Eine Offenlegung der entsprechenden Informationen kommt nur in Betracht, wenn die zuständige Stelle nach Anfrage ihre Zustimmung zum Informationszugang erklärt hat. Dasselbe gilt i m Verhältnis ζ. B. zu supranationalen Behörden (insbes. EU-Kommission), ausländischen öffentlichen Stellen oder zwischenstaatlichen Einrichtungen.

15

Das Landesrecht kennt teilweise vergleichbare Vorschriften 30 . Wo dies nicht der Fall i s t 3 1 , wird von der angegangenen öffentlichen Stelle eine eigenständige Entscheidung verlangt; die Zustimmung der anderen Stelle ist nicht erforder27 Ebenso § 220 Abs. 1 Nr. 2 U G B - K o m E , mit der Begründung, S. 835, es gehe um den Schutz des Erfolgs solcher Verfahren und auch um den erforderlichen Schutz des disziplinarrechtlich Verfolgten. 2 « Ähnlich zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G Turiaux, UIG, Vorb §§ 7, 8 Rn. 3. 29

Vgl. Lindemann, in: Friedersen/Lindemann, IFG SH, § 9 Anm. 3.

30 § 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG Bin; § 4 Abs. 1 Nr. 2 A I G Bbg; ebenso nun § 3 Nr. 5 IFG-RefE. 31 In Schleswig-Holstein, vgl. § 9 IFG SH.

§ 5 Schutz öffentlicher Interessen l i e h 3 2 . In der Praxis hat dies bereits zu Unzuträglichkeiten geführt 3 3 . Weitere Konflikte sind ohne eine klare Regelung vorprogrammiert. Eine vom Land Brandenburg vor der Verabschiedung des A I G Bbg beim Bund und den anderen Ländern durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass ein Zugang zu Informationen aus dem Zuständigkeitsbereich dieser Stellen über die Einsichtnahme in Akten i m Land Brandenburg nicht ohne deren vorherige Zustimmung eingeräumt werden kann 3 4 . Es ist nicht erkennbar, dass sich an dieser Haltung seither Grundlegendes geändert hat. Auch dies spricht für die in § 5 Nr. 3 vorgeschlagene Regelung 3 5 . § 5 Nr. 3 erfasst auch lediglich vorübergehend beigezogene Informationen (ζ. B. in Form von Akten) der fremden Stelle 3 6 . Dies folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Von daher steuert § 5 Nr. 3 den Gegenstand des Informationszugangs („vorhandene" Informationen gemäß § 2 Abs. 1 S. 1) mit (—• § 2 Rn. 22 f.). Dem Schutz der fremden Stelle wird Vorrang eingeräumt.

16

In Berlin ist eine Kontroverse darüber entstanden, ob die zuständige Stelle über Ermessen verfügt oder bei der fremden Stelle in jedem Fall anfragen muss. Die Auffassung der Senatsinnenverwaltung, die öffentliche Stelle sei nicht in jedem Fall verpflichtet, die Zustimmung der anderen Stelle einzuholen 3 7 , ist weder mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG Bin noch mit der Schutzfunktion der Vorschrift vereinbar 38 . § 5 Nr. 3 stellt für die Versagung des Informationszugangs auf die fehlende Einwilligung der fremden Stelle bzw. darauf ab, dass von einer Einwilligung nicht auszugehen ist. Im Übrigen wird Rücksprache mit der anderen Stelle gehalten.

17

32 Nordmann, R D V 2001, 71 (75), mit Hinweis darauf, dass eine Stellungnahme der fremden Stelle eingeholt werden kann. 33 Vgl. U L D SH, Tätigkeitsbericht 2001, S. 146, wo auf die Gefahr hingewiesen wird, dass sich Schleswig-Holstein in diesem Punkt isolieren könnte. 3

4 Vgl. LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 5, sowie Breidenbach/Palenda, 1998, 252 (255).

LKV

3 5 Kritisch (am Beispiel des § 10 Abs. 3 Nr. 2 IFG Bin) Partsch, L K V 2001, 98 (100): Tendenz in der Berliner Verwaltung zur Ausweitung der Ausnahme vom grundsätzlich freien Informationszugang. 3 6 Vgl. auch IFG-RefE, S. 28 (Begründung zu § 3 Nr. 5 des RefE): Nach pflichtgemäßem Ermessen könne der Antrag weitergeleitet oder der Antragsteller an die andere Stelle verwiesen oder deren Zustimmung zur Informationserteilung eingeholt werden. 37 38

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 8.

Vgl. auch B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 51: Nach eigener negativer Ermessensentscheidung Verpflichtung der öffentlichen Stelle zur Einholung der Zustimmung der anderen Stelle.

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses (1) Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, 1. soweit Beratungen von öffentlichen Stellen auf Grund von Rechtsvorschriften vertraulich behandelt werden müssen; 2. soweit es sich um vorbereitende Aufzeichnungen, insbesondere Vorentwürfe und Notizen, handelt. (2) lDer Antrag auf Informationszugang soll abgelehnt werden, wenn er missbräuchlich ist. 2Das ist auch dann der Fall, wenn der Antragsteller über die begehrten Informationen bereits verfügt. (3) Der Antrag auf Informationszugang kann abgelehnt werden, 1. wenn zu besorgen ist, dass durch das Bekanntwerden der Informationen der Erfolg behördlicher Maßnahmen, insbesondere von Überwachungsoder Aufsichtsmaßnahmen sowie von ordnungsbehördlichen Anordnungen oder Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung, gefährdet oder vereitelt würde; 2. wenn er sich auf noch nicht abgeschlossene Schriftstücke oder noch nicht aufbereitete Daten bezieht; 3. soweit die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle erheblich beeinträchtigt würde. Parallelvorschriften: § 10 IFG Bin; § 4 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 A I G Bbg; § 10 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: § 7 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 3 UIG. - EG-Recht: Art. 4 Abs. 3, 10 Abs. 2 V O 1049/2001 / E G .

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-7

1. Gegenstand der Regelung 2. Bisherige Rechtslage

2

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

4

4. Rahmenbedingungen II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen 2. Zur Regelung i m Einzelnen

7 8-19

8 14

a) Vertraulichkeit und Vorbereitung von Maßnahmen (Absatz 1 )

14

b) Missbrauchsabwehr (Absatz 2)

16

c) Schutz der Verwaltungsarbeit (Absatz 3)

17

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses

89

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung § 6 schützt insbesondere den behördlichen Entscheiclungsprozess. Rechtspolitisehe Vorstöße zur Verwirklichung der Informationszugangsfreiheit auf dem öffentlichen Sektor in Deutschland waren in der Vergangenheit unter anderem daran gescheitert, dass in der Herstellung von mehr Verwaltungsöffentlichkeit eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gesehen wurde 1 . Auch wenn derartige Befürchtungen übertrieben erscheinen mögen 2 , muss dem damit verbundenen vernünftigen Sachanliegen i m Kern Rechnung getragen werden. Daher bedarf es im IFG einer Regelung, die dem Anspruch auf Informationszugang (§ 2 Abs. 1) den Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses als staatliches Gegenrecht entgegensetzt. Entsprechendes gilt für die durch § 3 Abs. 1 Nr. 4 Verpflichteten.

1

2. Bisherige Rechtslage Der Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses im geltenden Informationszugangsrecht (Landesgesetze, UIG) ist sehr unterschiedlich ausgestaltet. I m Landesrecht sind die in § 4 A I G Bbg getroffenen Regelungen zum Schutz behördlicher Interessen in der Tendenz großzügig zugunsten der öffentlichen Verwaltung ausgestaltet 3 . § 10 IFG Bin schützt insbesondere die Vorbereitungsphase von behördlichen Entscheidungen sowie den Willensbildungsprozess von und zwischen Behörden 4 . Auch § 10 IFG SH schützt vor allem die behördliche Entscheidungsvorbereitung, ferner Protokolle vertraulicher Beratungen sowie die Funktionsfähigkeit und Eigen Verantwortung der Landesregierung; bestimmte Informationen werden jedoch dem behördlichen Entscheidungsbildungsprozess nicht zugerechnet, und nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens sind bestimmte, vorher vertrauliche Informationen zugänglich zu machen 5 .

2

I m Bundesrecht findet sich eine Parallele zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 in § 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 UIG. Ferner ist der Tatbestand des § 7 Abs. 3 U I G vergleichbar mit § 6 Abs. 2, jedoch ist i m geltenden Umweltinformationsrecht auf der Rechtsfolgenseite eine gebundene Verwaltungsentscheidung normiert („Anträge sind abzulehnen."). § 6 Abs. 3 Nr. 2 findet eine Parallele in § 7 Abs. 2 UIG; jedoch handelt es sich dabei um eine „Soll"-Vorschrift. Zu § 6 Abs. 3 Nr. 1 finden sich i m geltenden Um-

3

1 Dazu - > Einl Rn. 34 mit Fn. 70. 2

Vgl. unten Rn. 4, speziell zum IFG B i n vgl. zu Praxiserfahrungen —* § 2 Rn. 8.

3 Erläuternd Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (255 f.); Kritik übend Partsch, NJ 1998, 346 (349) und NJW 1998, 2559 (2561 f.); Kritik teilweise zurückweisend Breidenbach/Palenda, NJW 1999, 1307 (1309). 4 Erläuternd Partsch, L K V 2001, 98 (99 f.). 5 Erläuternd Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (41 f.); dies., R D V 2001, 71 (76 f.).

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses weltinformationsrecht keine vergleichbaren Bestimmungen 6 . Parallelen gibt es aber im Landesrecht 7.

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht 4

Die Erfahrungen mit dem allgemeinen Informationszugangsrecht, die bislang auf Landesebene gesammelt werden konnten, lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass es durch die Einführung der Informationszugangsfreiheit zu der vielfach befürchteten Lähmung der Verwaltung an keiner Stelle gekommen ist 8 . In Brandenburg, wo die längste Erfahrung besteht, wird offiziell bestätigt, dass eine übermäßige Inanspruchnahme der Verwaltung durch Akteneinsichtsanträge ausgeblieben ist 9 . Für Berlin hat die Innenverwaltung festgestellt, dass die Versagung des Informationszugangs besonders häufig darauf gestützt wird, dass sich der Inhalt von begehrten Akten auf den Willensbildungsprozess in und zwischen Behörden beziehe 10 .

5

Aus dem einschlägigen Umweltinformationsrecht gibt es interessante Erfahrungen mit dem Gesetzesvollzug in der Rechtsprechungspraxis. Zur „Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden" (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 UIG) ist entschieden worden, geschützt werde nur der Beratungsprozess (-verlauf), d. h. die Beratungsund Abwägungsvorgänge; vom Schutzumfang nicht erfasst seien hingegen die den Beratungen zugrundeliegenden, bereits zuvor vorliegenden Sachinformationen, über die beraten werde (Beratungsgegenstände), sowie die Beratungsergebnisse 11 . Dagegen wurde Kabinettsvorlagen die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 U I G attestiert, weil in jedem Fall Rückschlüsse auf den interministeriellen Meinungsbildungsprozess gezogen werden könnten 1 2 . Dagegen wurde die Stellungnahme einer Fachbehörde im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens nicht als vertraulich qualifiziert; denn die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden werde nur durch eine herausgehobene Bedeutung des Beratungsgegenstandes begründet 13 . Zum Missbrauchstatbestand (§ 7 Abs. 3 6 Dagegen wollte § 7 Abs. 1 Nr. 2 U I G 1994 den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt während der Dauer eines verwaltungsbehördlichen Verfahrens für die in diesem Rahmen zugehenden Informationen ausschließen; diese Vorschrift war jedoch europarechtswidrig (EuGH, Slg. I 1999, 5087 = DVB1 1999, 1494 = N V w Z 1999, 1209 = E u Z W 1999, 763 - Tz. 27) und ist durch Änderungsgesetz vom 27. 07. 2001 ( B G B l I S . 2018) novelliert worden.

7 Vgl. z. B. § 4 Abs. 2 Nr. 3 und § 6 Abs. 4 A I G Bbg; § 9 Abs. 1 S. 1 und § 10 Abs. 4 IFG Bln. 8 BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 2; IFG-RefE, S. 2, 16, 18; Schubert, 2001,400 (401).

DuD

9 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 146. 10

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 7.

•ι O V G SH, DVB1 1999, 250 (251) = N V w Z 1999, 670 (671 f.) = NuR 1998, 667 (668). 12 O V G SH, N V w Z 2000, 341. 13 O V G SH, Z U R 1997, 43 (44).

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses

91

UIG) wurde erkannt, diesen dürfe die Behörde nicht schon dann bejahen, wenn der Antragsteller zwar einen Teil der von ihm begehrten Informationen aus einem öffentlich durchgeführten (Genehmigungs-)Verfahren beziehen könne, das Informationsinteresse jedoch darüber hinausgehe und insoweit bislang unbefriedigt sei 1 4 . Ebenfalls abgelehnt wurde die Annahme eines missbräuchlichen Antrags auf Informationszugang, als der Antrag zugleich bei zwei Behörden gestellt worden war; Rechtsmissbrauch komme allenfalls in Betracht, wenn der Antragsteller über die begehrten Daten bereits vor der Entscheidung des einen Antrags - ggf. auf Grund eines Erfolges des anderen Antrags - verfüge 1 5 . Der Ausschlussgrund „noch nicht abgeschlossene Schriftstücke" (§ 7 Abs. 2 UIG) wurde bei einem in abgeschlossener Form vorliegenden behördlichen Zwischenbericht nicht anerkannt 1 6 . Insgesamt vermitteln die aus dem Umweltinformationsrecht bislang vorliegenden Erfahrungen nicht den Eindruck, als könne der behördliche Entscheidungsprozess nicht wirksam geschützt werden. Und dort, wo der gesetzliche Schutz der Verwaltung endet und das Informationszugangsrecht i m Einzelfall Vorrang genießt, kann von einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung keine Rede sein. Diese Erfahrungen können Eingang finden in die Leitvorstellungen zu § 6.

4. Rahmenbedingungen Strikte Vorgaben des Verfassungsrechts oder des Europarechts bestehen für § 6 nicht. Seine Ausformung unterliegt danach in hohem Maße rechtspolitischer Gestaltungskompetenz. Bei deren Ausübung ist neben der Berücksichtigung legitimer behördlicher Interessen immer darauf zu achten, dass der Grundsatz der Informationszugangsfreiheit nicht partiell unterlaufen wird.

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen Der Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses muss in seiner konkreten Ausgestaltung in dem erforderlichen Maße und in der angemessenen Weise auf die legitimen Interessen der öffentlichen Verwaltung reagieren. Zugleich darf die Idee der grundsätzlichen Informationszugangsfreiheit nicht durch eine Ubergewichtung öffentlicher Interessen konterkariert werden. In diesem Spannungsfeld wird mit § 6 14 BVerwGE 108, 369 (371 f.). 15 O V G SH, Z U R 1997, 43 (44). 16 O V G SH, N V w Z 1999, 670 (674) = NuR 1998, 667 (671), mit der weiteren Feststellung, dass es sich auch nicht um bloße „verwaltungsinterne Mitteilungen" i. S. d. § 7 Abs. 2 U I G handele.

92

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses

ein differenzierender Regelungsvorschlag unterbreitet, der auf der Tatbestandsseite anerkennenswerte Ausschlussgründe zu erfassen versucht und auf der Rechtsfolgenseite abgestufte behördliche Reaktionsmöglichkeiten gegenüber einem Antrag auf Informationszugang vorsieht 1 7 . 9

Nicht gefolgt wird mit diesem Konzept insbesondere der in Brandenburg geschaffenen Rechtslage. Dort sind nicht nur umfangreiche Ausschlussgründe gegenüber dem Informationszugangsanspruch normiert, sondern neben den zwingenden Ausnahmetatbeständen zum Schutz überwiegender öffentlicher Geheimhaltungsinteressen (§ 4 Abs. 1 A I G Bbg) i m Wege einer „Soll"-Bestimmung weitere Ablehnungsgründe normiert (§ 4 Abs. 2 A I G Bbg). Das bedeutet, dass die Akteneinsicht im Regelfall auch in diesen Konstellationen abzulehnen ist und nur im Einzelfall bei ausnahmsweise überwiegendem Informationsinteresse seitens der Verwaltung Akteneinsicht gewährt werden darf 1 8 . Dies erscheint in einem Konzept der grundsätzlichen Informationszugangsfreiheit zu restriktiv, weil die Behörde im Konfliktfall eine „echte" Ermessensentscheidung nicht treffen kann 1 9 . A u f der anderen Seite ist § 10 IFG SH zum Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses tatbestandlich zu eng gefasst. Die Vorschrift verzichtet beispielsweise auf die in § 6 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1 und 3 vorgeschlagenen Regelungen 20 . In Berlin ist in §§ 9 bis 11 IFG Bin auf den Missbrauchstatbestand verzichtet. § 4 IFG-RefE w i l l lediglich laufende Verwaltungsverfahren, vertrauliche Informationen und den Erfolg behördlicher Maßnahmen schützen.

10

Absatz 1 des § 6 schützt die Vertraulichkeit von Beratungen und vorbereitende behördliche Maßnahmen; kommt einer der beiden öffentlichen Belange zum Tragen, ist das Recht auf Informationszugang zwingend ausgeschlossen. Absatz 2 statuiert gegenüber Informationszugangsbegehren einen Missbrauchstatbestand als Ausschlussgrund; auf der Rechtsfolgenseite findet sich eine „SoH"-Bestimmung, um gerade in Grenzfällen angemessen reagieren zu können. Absatz 3 stellt unter drei Gesichtspunkten (Erfolg bestimmter Maßnahmen, Entwurfsphase in der Verwaltung, Ordnungsmäßigkeit der Aufgabenerfüllung) die allgemeine Funktionstauglichkeit der öffentlichen Verwaltung sicher; da insoweit nur ein begrenztes und relatives Geheimhaltungsinteresse besteht, ist die Regelung als Ermessensvorschrift ausgestaltet.

17 Absatz 1 schließt den Anspruch auf Informationszugang aus, Absatz 2 räumt der öffentlichen Stelle in Form einer „Soll"-Vorschrift Verweigerungsgründe ein und Absatz 3 ist als echte Ermessensvorschrift ausgestaltet. - Anders § 4 IFG-RefE: reine „Soll"-Vorschrift zum Schutz von Verwaltungsabläufen.

ι» Kneifel-Haverkamp,

D u D 1998, 438 (440).

19 Partsch, NJW 1998, 2559 (2562); nicht richtig Breidenbach/Palenda, (1309) mit der These, § 4 Abs. 2 A I G Bbg sei eine Ermessensvorschrift.

NJW 1999, 1307

20 Zudem bezieht § 10 Abs. 4 IFG SH die Vertraulichkeit von Beratungen nur auf „Protokolle". Zur Frage, ob diese allein deshalb geheimzuhalten sind, weil sie sich auf eine nichtöffentliche Sitzung beziehen, vgl. - verneinend - Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (42) und R D V 2001,71 (76).

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses

93

Im geltenden Informationszugangsrecht der Länder finden sich weitere Regelungen, die in § 6 keinen Eingang gefunden haben. Dies betrifft zunächst die Beachtung spezieller Geheimhaltungsvorschriften. Durch ihre Inbezugnahme 21 soll ζ. B. das Arztgeheimnis gewahrt bleiben; auch die Amtsverschwiegenheit werde dadurch geschützt 22 . Indes werden insoweit juristische Selbstverständlichkeiten ausgesprochen, so dass auf eine ausdrückliche Regelung i m IFG verzichtet werden kann. Warum die Verwaltung zudem an Geheimnisse gebunden sein soll, die nicht auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, ist nicht erkennbar. Soweit an den Schutz privater Dritter gedacht sein sollte, greifen § § 7 und 8 ein.

11

Nicht sinnvoll erscheint auch die Aufnahme der in § 9 Abs. 2 IFG Bin getroffenen Regelung 2 3 in das IFG. W i l l man den Informationszugang lediglich für einen bestimmten Zeitraum verweigern, macht eine solche Befristung nur Sinn, wenn die öffentliche Stelle nach Ablauf der Frist von Amts wegen erneut über den Antrag entscheiden muss 2 4 . Verzichtet man auf ein solches amtswegiges Verfahren 2 5 , ist auf Grund eines Zweitantrags ohnehin über den Informationszugang neu zu befinden. Liegen die Voraussetzungen für einen Ablehnungsgrund nicht mehr vor, steht die eventuelle Bestandskraft der früheren Ablehnungsentscheidung nicht entgegen.

12

In Berlin ist eine Kontroverse darüber entstanden, ob - insbesondere mit Blick auf § 10 Abs. 4 IFG Bin - § 10 des dortigen IFG zum Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses nur temporäre oder dauerhafte Gründe für eine Versagung des Informationszugangs normiert. Die Senatsinnenverwaltung vertritt die Auffassung, die Schutzfunktion des § 10 IFG Bin verlange im Regelfall eine Versagung des Informationszugangs auch nach Abschluss des behördlichen Willensbildungs-

13

21 § 4 Abs. 3 A I G Bbg: „ D i e Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt." - In der Sache vergleichbar § 7 Abs. 3 E-IFG, ferner § 3 Nr. 3 IFG-RefE. 22 LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 8, mit der Ergänzung, mit der behördlichen Entscheidung zur Akteneinsicht werde gleichzeitig die Entscheidung des Dienstherrn getroffen, dass insoweit die Pflicht zur Verschwiegenheit nicht mehr bestehe. - Ausdrückliche Regelung dazu in § 5 IFG Bln. 23 „ D i e öffentliche Stelle kann die Akteneinsicht oder Aktenauskunft unter Berufung auf Absatz 1 nur für die Dauer von drei Monaten verweigern. Die Entscheidung ist entsprechend zu befristen. Nach Ablauf der Frist hat die öffentliche Stelle auf Antrag erneut zu entscheiden. Eine weitere Vorenthaltung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 weiterhin vorliegen." - Dazu kritisch Partsch, L K V 2001, 98 (99): „Der Gesetzgeber setzt offensichtlich allein auf einen Ermüdungseffekt bei der Verwaltung." 2 2

4 So § 10 Abs. 2 S. 2 E-IFG.

5 Teilweise anders § 10 Abs. 6 IFG SH: Nicht offenbarte Entwürfe (hier: § 6 Abs. 3 Nr. 2) sind spätestens nach Ablauf des Verfahrens zugänglich zu machen. Dasselbe gilt bei vertraulichen Beratungen für Ergebnisprotokolle. Erläuterungen dazu bei Lindemann, in: Friedersen/Lindemann, IFG SH, § 10 Anm. 6; Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (42); dies., R D V 2001,71 (76).

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prozesses, allerdings sei eine entsprechende gesetzliche Klarstellung wünschensw e r t 2 6 . Die Problematik wird hier durch § 6 i.V.m. § 11 i m Sinne einer abschließenden abschlägigen Entscheidung der öffentlichen Stelle gelöst. Fallen danach die Versagungsgründe für die Verweigerung des Informationszugangs weg, kann aus den in Rn. 12 genannten Gründen mit einem Zweitantrag reagiert werden.

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Vertraulichkeit und Vorbereitung von Maßnahmen (Absatz 1 ) 14

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 schützt die Vertraulichkeit behördlicher u.ä. Beratungen 27 . Dadurch soll die unbefangene und unabhängige Entscheidungsfindung sichergestellt werden 2 8 . Das Schutzgut „Vertraulichkeit der Beratungen" ist immer dann betroffen, wenn die begehrte Information über die behördliche o.ä. Willensbildung Aufschluss geben kann 2 9 . Erfasst werden kann von diesem Tatbestand auch die Vertraulichkeit von Kabinettsvorlagen 30 . Die Beratungen der öffentlichen Stellen und anderen Personen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 sind allerdings nicht automatisch als vertraulich anzusehen. Dies ist vielmehr nur der Fall, wenn ein rechtfertigender Grund für die Vertraulichkeit besteht 31 . I m Umweltinformationsrecht wurde dafür von der Rechtsprechung eine „herausgehobene Bedeutung" des Beratungsgegenstandes gefordert 32 . Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass der systematische Zusammenhang des § 7 Abs. 1 Nr. 1 U I G mit den anderen Ausschlussgründen indiziere, dass i m Falle des Informationszugangs eine erhebliche Beeinträchtigung öffentlicher Belange eintrete. Derartigen Abgrenzungsschwierigkeiten begegnet der Regelungsvorschlag gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 dadurch, dass sich die Vertraulichkeit aus Rechtsvorschriften ergeben muss. Ohne diese der Rechtssicherheit verpflichteten Eingrenzung könnte Vertraulichkeit in einem Maße willkürlich vereinbart werden, das unverträglich mit dem Grundsatz der Informationszugangsfreiheit ist.

26

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 7.

27

Ähnlich § 220 Abs. 1 Nr. 4 U G B - K o m E ; enger dagegen § 10 Abs. 4 IFG SH („Protokolle vertraulicher Beratungen"). 28

Vgl. U G B - K o m E , Begründung S. 835, unter Einbeziehung förmlicher Beratungen und anderer Formen der Abstimmung behördlichen Vorgehens. 2

9 Koebke, Recht auf Umweltinformation, S. 128.

30 Vgl. dazu oben Rn. 5 mit Fn. 12. 3· Ebenso U G B - K o m E , Begründung S. 835, zur sprachlichen Abweichung von § 220 Abs. 1 Nr. 4 U G B - K o m E gegenüber § 7 Abs. 1 Nr. 1 UIG. - Anders § 4 Abs. 2 Nr. 1 A I G Bbg, wonach jeder interne Willensbildungsprozeß innerhalb oder zwischen Behörden der A k teneinsicht nicht zugänglich sein soll; ebenso § 10 Abs. 4 IFG Bln. - Erläuternd zum Begriff „vertrauliche Beratungen" Lindemann, in: Friedersen / Lindemann, IFG SH, § 10 Anm. 4. 3 2 O V G SH, Z U R 1997, 43 (44).

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses

95

§ 4 Nr. 2 IFG-RefE normiert als Versagungsgrund den Fall vertraulich übermittelter und erhobener Informationen 3 3 . Dadurch soll - im Sinne eines Informantenschutzes - die „Informationskooperation mit Bürgern" geschützt werden 3 4 . I m IFG wird diese Schutzintention durch § 3 Abs. 3 sowie § 6 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 bewerkstelligt. Nr. 2 des § 6 Abs. 1 schützt vorbereitende Aufzeichnungen der in § 3 Abs. 1 genannten Stellen, insbesondere Vorentwürfe und Notizen. Die Vorschrift ergänzt § 4 Abs. 2 S. 2 (—> § 4 Rn. 9) und bezieht sich auf das Frühstadium des behördlichen Entscheidungsprozesses. In dieser Phase darf die Willensbildung durch mögliche Informationszugangsansprüche nicht beeinträchtigt werden. Deshalb ist die Regelung auch in Form eines zwingenden Versagungsgrundes ausgestaltet.

15

b) Missbrauchsabwehr (Absatz 2) Absatz 2 zielt auf die Versagung des Informationszugangs, wenn der Antrag missbräuchlich ist. Dieser Tatbestand findet sich auch in § 7 Abs. 3 UIG, allerdings muss der Antrag danach bei Vorliegen des Missbrauchstatbestandes abgelehnt werden. § 220 Abs. 2 S. 1 U G B - K o m E stellt die Ablehnung bei Vorliegen des Missbrauchstatbestandes demgegenüber in das behördliche Ermessen. Die hier vorgeschlagene „Soll"-Bestimmung stellt für den Regelfall die Ablehnung des Antrags sicher, belässt der Behörde jedoch einen kleinen Entscheidungsspielraum zur angemessenen Reaktion auf Grenzfälle; ansonsten müsste - i m Sinne eines „entwederoder" - eine Tatbestandslösung gefunden werden 3 5 . Satz 2 von Absatz 2 verdeutlicht, dass die Beantragung des Informationszugangs unnötig erscheint, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt 3 6 . Nicht gefolgt wird hier der weitergehenden Regelung in § 6 Abs. 4 A I G Bbg, derzufolge ein Antrag auch dann abgelehnt werden darf, wenn sich der Antragsteller die begehrten Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann 3 7 . Soll nämlich der Grundsatz der Informationszugangsfreiheit 33 Die Parallele hierzu ist § 7 Abs. 4 UIG. 34 IFG-RefE, S. 30. 35 Vgl. aus der Praxis des Umweltinformationsrechts hierzu oben Rn. 5 mit Fn. 14 und Fn. 15. 36 Ebenso § 7 Abs. 3 S. 2 UIG. - Dies ist nach V G München, GewArch 1996, 173 (174) = N V w Z 1996, 410 (411), nur ein Anwendungsfall von § 7 Abs. 3 S. 1 U I G , offensichtlich missbräuchlich könne ein Informationsbegehren auch dann sein, wenn der Antragsteller sich die begehrten Informationen unschwer und ohne unzumutbaren Aufwand auf andere Weise beschaffen könne. 37

Gedacht ist dabei an Amtsblätter, Dokumentationen und Unterlagen, die öffentlich für jedermann käuflich erwerbbar zur Verfügung stehen. Es sei „nicht Aufgabe der Verwaltung, den Bürgern Einsichtnahme in entsprechende Dokumente zu gestatten, wenn die Bürger diese mit Leichtigkeit selbst beschaffen könnten. Gleiches gilt für Parlamentsdrucksachen, amtliche Verlautbarungen und ähnliches"; so LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 11.

16

96

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses

verwirklicht werden, ist zunächst einmal insbesondere die Verwaltung in der Pflicht, durch Verbesserung ihrer Öffentlichkeitsarbeit für mehr Transparenz zu sorgen. Erfolgt dies, indem ζ. B. Dokumente jedermann zugänglich gemacht werden (u.z. zunehmend auch elektronisch), genügt der in § 6 Abs. 2 S. 1 vorgesehene Missbrauchstatbestand, um überflüssige Anträge ablehnen zu können. Dasselbe gilt für querulatorische Begehren 38 . Ferner kann daran gedacht werden, dass bei einem verbesserten Informationsverhalten öffentlicher Stellen (ζ. B. durch entsprechende Informationsangebote i m Internet) und einer ohne weiteres zumutbaren Erreichbarkeit der begehrten Information(en) der Anspruch auf Informationszugang als erfüllt erachtet werden kann („Gewährung des Zugangs zu einem Informationsträger in sonstiger Weise" gemäß § 12 Abs. 1 S. 1).

c) Schutz der Verwaltungsarbeit (Absatz 3) 17

§ 6 Abs. 3 Nr. 1 zielt darauf, den Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnahmen zu gewährleisten. Die Vorschrift ergänzt § 5 Nr. 2. Durch § 6 Abs. 3 Nr. 1 sind diejenigen Verfahren vom Informationszugangsrecht ausgenommen, denen i m Falle der Offenbarung der begehrten Information eine Erfolgsvereitelung droht. Ist dies der Fall, kann der Informationszugang ausgeschlossen werden 3 9 . Die Vorschrift ist damit weniger rigide als vergleichbare landesgesetzliche Bestimmungen, die den Informationszugang bei drohender Erfolgsvereitelung entweder kategorisch ausschließen 40 oder mit einer „Soll"-Vorschrift zur Versagung des Informationszugangs reagieren 41 .

18

§ 6 Abs. 3 Nr. 2 findet etliche Parallelen im geltenden Recht 4 2 . Geschützt wird in erster Linie der Ablauf des behördlichen Verfahrens; die noch i m Meinungsbildungsprozess befindliche Behörde soll nicht auf vorläufige (ζ. B. in noch nicht abgeschlossenen Schriftstücken niedergelegte) Auffassungen festgelegt werden 4 3 . Zudem ist die noch nicht vollständige bzw. nicht verifizierbare Information für einen Antragsteller nicht von großem Wert; demgegenüber kann die Störung des behördlichen Arbeitsablaufs erheblich ins Gewicht fallen 4 4 . Erfasst werden 38 § 6 Abs. 4 A I G Bbg nennt als Ablehnungsgrund ausdrücklich, dass ein Antrag zum Zweck der Vereitelung oder Verzögerung von Verwaltungshandlungen erfolgt.

39 Ebenso § 220 Abs. 2 S. 2 U G B - K o m E i m Anschluss an § 140 UGB-ProfE. 40 So § 9 Abs. 1 S. 1 IFG Bin; ebenso § 7 Abs. 1 S. 1 E-IFG. 4' So § 4 Abs. 2 Nr. 2 A I G Bbg. Die Behörde, die sich auf diesen Ausschlussgrund beruft, soll verpflichtet sein, eine Abwägung vorzunehmen; so Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (255 f.). - Auch § 4 Nr. 3 IFG-RefE ist als „Soll"-Vorschrift ausgestaltet. 42 § 7 Abs. 2 U I G und § 4 Abs. 2 Nr. 3 A I G Bbg (beides allerdings „Soll"-Vorschriften); § 10 Abs. 1 S. 1 IFG B i n (sogar „Muß"-Vorschrift). - § 10 Abs. 1 IFG SH normiert ebenfalls eine gebundene Entscheidung, jedoch nur für den Fall, dass die vorzeitige Bekanntgabe eines Entwurfs den Erfolg einer Entscheidung vereiteln würde. Daneben kann ein Antrag abgelehnt werden für bestimmte Vorentwürfe und Notizen (§ 10 Abs. 3 IFG SH). 4 3 U G B - K o m E , Begründung S. 836. 44 Koebke, Recht auf Umweltinformation, S. 128.

97

§ 6 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses

von § 6 Abs. 3 Nr. 2 insbesondere Entwürfe zu Verwaltungsentscheidungen, Plänen, Programmen, Schreiben etc.; als vorbereitendes Material können sie später dem Informationszugang unterliegen, falls sie ζ. B. nach endgültiger Fertigstellung eines Schriftstücks in der Akte verbleiben 4 5 . U m der Verwaltung die notwendige Flexibilität einzuräumen, ist der Ablehnungsgrund als „Kann"-Vorschrift ausgestaltet 46 . § 6 Abs. 3 Nr. 3 stellt eine Art „Auffangtatbestand" zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung dar 4 7 . Es muss Vorsorge dagegen getroffen werden, dass in Erfüllung des Informationszugangsrechts ζ. B. Aufbereitung und Sichtung der Akten sowie Zusammenstellung der Unterlagen die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Verwaltung in erheblichem Maße beeinträchtigen würden 4 8 . Bloß einfache Beeinträchtigungen, wie sie mit jeder Bearbeitung eines Vorgangs verbunden sind, reichen nicht 4 9 . Wenn die Aufgabenwahrnehmung der Behörden jedoch für einen nicht unerheblichen Zeitraum dergestalt belastet würde, dass ζ. B. gesetzliche Verpflichtungen nur stark eingeschränkt durchgeführt werden könnten, besteht i m öffentlichen Interesse ein Ausschlussgrund gegenüber dem Begehren auf Informationszugang 50 . Die Entscheidung hierüber steht i m behördlichen Ermessen 51 .

45 U G B - K o m E , Begründung S. 836. 46 Ebenso § 220 Abs. 2 S. 1 U G B - K o m E ; vgl. demgegenüber auch Nachw. oben Fn. 42. 47 Eine Parallele findet sich in § 4 Abs. 2 Nr. 4 A I G Bbg, jedoch handelt es sich dabei um eine „Soll"-Vorschrift. 48 § 10 Abs. 5 IFG SH schützt nur die „Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung", nicht jedoch die Verwaltung insgesamt; erläuternd dazu Lindemann, in: Friedersen /Lindemann, IFG SH, § 10 Anm. 5. 49 Für eine enge Auslegung des Ausschlussgrundes (am Beispiel des § 9 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 IFG Bin) Partsch, L K V 2001, 98 (99). so In diesem Sinne auch Breidenbach/Palenda,

L K V 1998, 252 (256).

5i Allg. zur Notwendigkeit von Entscheidungsspielräumen Kugelmann, Rechtsstellung, S. 327. 7 Informationsfreiheitsgesetz

Informatorische

19

§ 7 Schutz personenbezogener Daten (1) 'Der Anspruch auf Informationszugang besteht vorbehaltlich der in Absatz 2 und 3 getroffenen Regelungen nicht, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart, dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden und das Informationsinteresse nicht überwiegt. 2Besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 Bundesdatenschutzgesetz dürfen nur offenbart werden, wenn der Betroffene ausdrücklich einwilligt. (2) Die Offenbarung personenbezogener Daten ist zulässig, wenn 1. die Betroffenen einwilligen, 2. die Bekanntgabe durch dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift zugelassen ist, 3. die Bekanntgabe zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist oder 4. die Bekanntgabe zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person erforderlich ist. (3) 'Die Offenbarung personenbezogener Daten von Amtsträgern ist zulässig, 1. soweit diese in Zusammenhang mit der Ausübung ihres öffentlichen Amtes stehen oder 2. soweit deren Kenntnis für die Bestimmung, Unterscheidung, Zuordnung oder den Nachvollzug behördlichen Handelns erforderlich ist oder 3. wenn die Betroffenen als Gutachter, Sachverständige oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem öffentlichen Verfahren abgegeben haben und durch diese Angaben mit Ausnahme des Namens, Titels, akademischen Grades, der innerdienstlichen Funktionsbeschreibung, der dienstlichen Anschrift und Rufnummer nicht zugleich weitere personenbezogene Daten offenbart werden. 2Satz 1 gilt für Private im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 entsprechend. (4) 'Vor der Entscheidung nach Absatz 1 über die Offenbarung personenbezogener Daten sind die Betroffenen anzuhören. 2Äußert sich der Betroffene nicht innerhalb von zwei Wochen, ist von seiner Einwilligung auszugehen;

99

§ 7 Schutz personenbezogener Daten Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

3

V o n d e r A n h ö r u n g k a n n insbesondere a b -

gesehen w e r d e n , w e n n Betroffene n i c h t o d e r n u r m i t u n v e r t r e t b a r e m wand

erreicht

werden

können.

4

Findet

eine

Anhörung

nicht

statt,

Aufsind

Betroffene ü b e r die F r e i g a b e v o n I n f o r m a t i o n e n m i t personenbezogenen D a ten unverzüglich zu unterrichten.

5

I m F a l l e des Absatzes 3 f i n d e t eine A n h ö -

r u n g o d e r U n t e r r i c h t u n g n i c h t statt. Parallelvorschriften:

§ 6 u n d § 14 A b s . 2 S. 1 I F G B i n ; § 5 A b s . 1 S. 1 Nr. 1 u n d

A b s . 2 S. 1 s o w i e § 6 A b s . 3 A I G B b g ; § 12 I F G S H . § 8 A b s . 1 S. 1 Nr. 1 u n d A b s . 2 S. 1 U I G . - EG-Recht:

Umweltinformationsrecht: Art. 4 Abs. 1 lit. b V O

1049/2001/EG. Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-6

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

3

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

5

4. Rahmenbedingungen

6

II. Vorschlag

7-32

1. Leitvorstellungen

7

2. Zur Regelung i m Einzelnen

12

a) Ausschluss des Anspruchs auf Informationszugang (Absatz 1) aa) Normstruktur

12 12

bb) Inhalt des Ausschlusstatbestandes

13

cc) Verhältnis zum Datenschutzrecht

15

dd) Besondere Kategorie personenbezogener Daten b) Zulässige Offenbarung personenbezogener Daten (Absatz 2) aa) Normstruktur und Regelungskonzept

17 18 18

bb) Tatbestand: fehlende Schutzbedürftigkeit des Betroffenen

19

cc) Rechtsfolge: Offenbarungsbefugnis

23

c) Personenbezogene Daten von Amtsträgern (Absatz 3)

25

aa) Datenschutz und Informationszugangsfreiheit

25

bb) Geheimnis- und Informantenschutz

28

d) Rechtliches Gehör (Absatz 4)

30

I . Ausgangslage 7. Gegenstand

der

Regelung

§ 7 regelt die G e h e i m h a l t u n g personenbezogener D a t e n . I n f o r m a t i o n s z u g a n g s rechte u n d deren W a h r n e h m u n g k ö n n e n z u r B e e i n t r ä c h t i g u n g des Selbstbestimmungsrechts

informationellen

v o n B e t r o f f e n e n f ü h r e n 1 . Infolgedessen müssen gegen-

über d e m A n s p r u c h a u f I n f o r m a t i o n s z u g a n g (§ 2 A b s . 1) z u g u n s t e n B e t r o f f e n e r Schutz- u n d Gegenrechte vorgesehen w e r d e n . ι Vgl. Begründung zu § 5 Abs. 1 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 10. 7*

1

100

§ 7 Schutz personenbezogener Daten

Das bedeutet nicht, dass personenbezogene Informationen generell vom Informationszugang ausgeschlossen sind. Datenschutz und Informationszugangsfreiheit sind vielmehr in ein Verhältnis ausgewogener Zuordnung zueinander zu bringen (—> Einl Rn. 31 f.), wobei der Grundsatz des § 1 als solcher gewahrt werden und erkennbar bleiben muss 2 . 2

Vor diesem Hintergrund normiert Absatz 1 den Schutz Betroffener vor der Offenbarung ihrer personenbezogenen Daten. Da die Informationszugangsfreiheit allerdings nur bei schutzwürdigen Interessen Betroffener begrenzt werden soll, bestimmt Absatz 2, wann derartige Gegenrechte nicht eingreifen, die Offenbarung personenbezogener Daten also zulässig ist. Beim Informationszugang können auch personenbezogene Daten von Amtsträgern bekannt werden; Absatz 3 regelt, wann derartige Daten offenbart werden dürfen. Absatz 4 schließlich sichert das in den vorangehenden Absätzen einfachgesetzlich ausgeformte Recht auf informationelle Selbstbestimmung verfahrensrechtlich ab.

2. Bisherige Rechtslage 3

Der Schutz personenbezogener Daten gegenüber dem Informationsinteresse und -Zugang anderer Privater ist im geltenden Recht sehr unterschiedlich geregelt 3 . In Fachgesetzen ist teilweise bestimmt, dass die Rechtsvorschriften über Geheimhaltung und Datenschutz unberührt bleiben 4 , teilweise finden sich Vorschriften zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, denen personenbezogene Daten gleichgestellt werden 5 , es gibt aber auch umfangreiche Bestimmungen zu Datenerhebung und -Verarbeitung 6 . Im Umwelthaftungsrecht ist der Auskunftsanspruch eines Geschädigten gegen den Anlageninhaber oder die Behörde durch ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Anlageninhabers oder eines Dritten beschränkt 7 .

4

Im Umweltinformationsrecht ist der Zugang zu Umweltinformationen ausgeschlossen, soweit personenbezogene Daten offenbart und dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden 8 . Im allgemeinen Verwaltungsinformationsrecht der Länder (mit einschlägigen Gesetzen) finden sich ebenfalls 2 In diesem Sinne auch Häfner/Gerlach,

ZRP 1998, 123 (125).

3

Vgl. i.e. Trantas, Akteneinsicht und Geheimhaltung, S. 475 ff.; Rosenberger, Geheimnisschutz und Öffentlichkeit, S. 54 f., 95 ff. 4 § 56 K r W - / AbfG; § 10 UVPG. 5 § 17a Abs. 1 S. 4 GenTG. 6 Vgl. insbes. § 9 AbfVerbrG. 7 § 8 Abs. 2 und § 9 S. 2 UmweltHG. - Dazu R. Haller, Auskunftsansprüche i m Umwelthaftungsrecht, S. 53 ff.; Leipold, in: ders. (Hrsg.), Umweltschutz und Recht in Deutschland und Japan, S. 191 (209 ff.); Kugelmann, Informatorische Rechtsstellung, S. 221 ff. 8 § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 U I G ; abweichende Formulierung demgegenüber in § 224 UGBKomE.

§ 7 Schutz personenbezogener Daten Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten 9 ; i m Einzelnen weisen die landesgesetzlichen Regelungen untereinander jedoch beträchtliche Unterschiede auf. Schließlich ist daran zu erinnern, dass nach Allgemeinem Verwaltungsrecht die an einem Verwaltungsverfahren Beteiligten einen Anspruch darauf haben, dass die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden 1 0 .

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht In Bezug auf den fachgesetzlichen Schutz persönlicher Daten gegenüber Informationszugangsbegehren werden die Lückenhaftigkeit und Unübersichtlichkeit der bestehenden Regelungen konstatiert; die Bestimmungen folgten keinem einheitlichen System 1 1 . Zum Schutz personenbezogener Daten i m Umweltinformationsrecht liegen - soweit ersichtlich - publizierte Erfahrungen nicht vor. I m allgemeinen Informationszugangsrecht der Länder sind in den Berliner Verwaltungen vielfach Schwierigkeiten mit der Regelung aufgetreten, dass das Recht auf Zugang zu Informationen mit personenbezogenen Daten nicht besteht, wenn mit dem Begehren überwiegend Privatinteressen verfolgt werden (§ 6 Abs. 1 IFG B i n ) 1 2 . Da das Motiv für den beantragten Informationszugang häufig nicht erkennbar ist, ist die Bestimmung praktisch kaum handhabbar 13 . Schwierigkeiten bestehen in Berlin auch mit den Vorgaben zur Anhörung Betroffener (§ 14 Abs. 2 IFG Bin); die Regelung wird als zu kompliziert und für die Praxis untauglich bezeichnet 14 . In Brandenburg gelten die zum Schutz personenbezogener Daten erlassenen Vorschriften (in § 5 A I G Bbg) als zu weit gehend; dadurch werde in der Praxis der Datenschutz zum Teil als Vorwand zur Informationsverweigerung benutzt 1 5 . 9 § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 2 S. 1 A I G Bbg; § 6 IFG Bin; § 12 IFG SH. - Vgl. ferner § 5 E-IFG und § 5 IFG-RefE für die Bundesebene. 10

§ 30 V w V f G . - Vgl. ferner zum Sozialgeheimnis § 35 SGB I und zum Schutz der Sozialdaten §§ 67 ff. SGB X (ausf. dazu Stähler, Datenschutzrechtliche Aspekte der Weitergabe von Sozialdaten, S. 69ff. und 105ff.); zum Steuergeheimnis §§ 30, 31, 31a A O (dazu FG Köln, N V w Z 2001, 477 [478]). - Übersicht zu diesen Geheimhaltungsvorschriften bei Trantas, Akteneinsicht und Geheimhaltung, S. 480 ff. 11 U G B - K o m E , Begründung S. 840; zur Überwindung der Rechtszersplitterung beziehen sich die Geheimhaltungsvorschriften i m U G B - K o m E sogar nicht nur auf das Zugangsrecht zu Umweltinformationen, sondern auf alle Behördentätigkeiten nach dem U G B - K o m E (vgl. a. a. O. S. 838). 12

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 6.

13

B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 50, w i l l die Regelung auf eine Missbrauchsabwehr reduziert wissen (Ausschluss des Informationszugangs bei Motiven wie Rache, Neugier oder bei Querulantentum). 14 BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 8, mit der Forderung nach einer praxisgerechteren Ausgestaltung der Regelung.

15 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 148.

5

102

§ 7 Schutz personenbezogener Daten 4. Rahmenbedingungen

Der Schutz von personenbezogenen Daten ist verfassungsrechtlich vorgegeben. Verfassungsrechtliche Prämisse für § 7 ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 G G ) 1 6 . Danach ist nicht nur der Schutz des Einzelnen gegen eine unbegrenzte Erhebung, Speicherung und Verwendung personenbezogener Daten geboten, sondern auch gegen deren Weitergabe 17 . Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist allerdings durch Gesetz einschränkbar; auch der Aktualisierung dieser verfassungsrechtlichen Rahmenbedingung auf der Ebene der Grundrechtsschranken dient § 7.

II. Vorschlag 7. Leitvorstellungen Das § 7 zu Grunde liegende Konzept muss sich von der generellen Perspektive leiten lassen, dass mit dem IFG i m Bereich der Verwaltungsinformationen ein allgemeines Informationszugangsrecht eingeführt wird und dennoch das Recht Betroffener auf informationelle Selbstbestimmung sichergestellt werden muss, wenn sich das Informationsbegehren auf personenbezogene Daten Betroffener bezieht 1 8 . Gesetzessystematisch besteht ein Re gel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Informationszugang und Informationsverweigerung. Ebenso verhält es sich im Umweltinformationsrecht zwischen § 4 U I G einerseits und §§ 7, 8 U I G andererseits 19 . Zu der europarechtlichen Ermächtigungsnorm (Art. 3 Abs. 2 U I R L ) für die Einführung mitgliedstaatlicher Ablehnungstatbestände gegenüber einem Informationszugangsbegehren hat der EuGH entschieden, als Ausnahme von der allgemeinen Regelung (d. h.: grundsätzlicher Informationszugang) dürfe jene Norm nicht so ausgelegt werden, dass ihre Wirkungen über das zum Schutz der zu gewährleistenden Interessen Erforderliche hinausgehe 20 . Vor dem Hintergrund der in §§ 1 und 2 Abs. 1 getroffenen „Grundsatzaussagen" schließt § 7 Abs. 1 den Anspruch auf Informationszugang - vorbehaltlich der in Absatz 2 und 3 getroffenen Regelungen - zwingend aus, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart, dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden und das Informationsinteresse des Antragstellers das Schutzinteresse des Betroffenen nicht überwiegt. Dieses Konzept eines dreiaktigen Ausschlusstatbestandes geht strukturell und inhalt•6 BVerfGE 65, 1 ff. 17 U G B - K o m E , Begründung S. 840. is In diesem Sinne auch die Begründung zu § 5 Abs. 1 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 10. 19 Scherzberg, DVB1 1994, 733 (737); kritisch Reinhardt, Die Verwaltung 30 (1997), 161

(180).

20 EuGH, Slg. I 1998, 3809 = D V B 1 1998, 1176 = N V w Z 1998, 945 = EuZW 1998, 470 Tz. 25.

§ 7 Schutz personenbezogener Daten lieh über die in § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 U I G 2 1 getroffene zweiaktige Regelung 2 2 hinaus: Der Informationszugang muss sich (1) auf personenbezogene Daten beziehen, wodurch (2) schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden können; außerdem darf (3) das Informationsinteresse nicht überwiegen. Absatz 2 des § 7 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen keine anzuerkennenden schutzwürdigen Belange Betroffener bestehen, so dass insoweit personenbezogene Daten offenbart werden dürfen. Ein ähnliches Konzept findet sich in § 12 Abs. 1 Hs. 2 IFG S H 2 3 . Im Verbund mit Absatz 1 unternimmt der in Absatz 2 gemachte Regelungsvorschlag den Versuch, die der öffentlichen Stelle verbleibende Abwägung zwischen dem Informationszugangsinteresse bezüglich bestimmter personenbezogener Angaben und dem grundrechtlich - wenn auch nicht schrankenlos - geschützten Interesse Privater an der Geheimhaltung der zu ihrem persönlichen Lebensbereich gehörenden Daten gesetzlich weitgehend vorzustrukturieren. Besonderheiten gelten für die personenbezogenen Daten i.S.d. § 3 Abs. 9 BDSG; sie dürfen nur mit Einwilligung des Betroffenen offenbart werden (§ 7 Abs. 1 S. 2).

9

Absatz 3 dient der Konkretisierung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung von Amtsträgern, soweit deren personenbezogene Daten bei Erfüllung des Informationszugangsanspruchs offenbart werden können 2 4 . Auch diese Vorschrift ist von der Leitidee einer angemessenen Austarierung der informationellen Selbstbestimmung einerseits und der Informationszugangsfreiheit andererseits geprägt 2 5 .

10

Absatz 4 lässt sich von dem Postulat „Grundrechtsschutz durch Verfahren" leiten. Die grundsätzliche Gewährung rechtlichen Gehörs vor einem - möglichen Grundrechtseingriff darf als rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit erachtet werden 2 6 . Dabei stellt die verfahrensrechtliche Absicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht nur eine prozedurale Schutzvorkehrung dar; sie vermag auch inhaltliche Wirkungen zu erzeugen, indem mitunter erst eine ord-

11

21

Ähnlich § 224 U G B - K o m E ; vergleichbar insoweit auch (wenngleich in der Ausformung etwas kompliziert) § 6 Abs. 1 IFG B i n und § 12 Abs. 1 Nr. 4 IFG SH. - Anders § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 A I G Bbg, wonach der Antrag auf Akteneinsicht schon dann abzulehnen ist, soweit personenbezogene Daten offenbart würden. 22

Vgl. dazu BayVGH, N V w Z 2001, 342 (343).

23

Vergleichbar (wenn auch sehr unübersichtlich) § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 IFG Bin; vgl. dazu Partsch, L K V 2001, 98. 24 Schutz der Amtsträger auch in § 5 Abs. 3 A I G Bbg und in § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 IFG B i n sowie in § 5 Abs. 3 IFG-RefE; keine Regelung insoweit in § 12 IFG SH, was ersichtlich Probleme bereitet, wie Lindemann, in: Friedersen / Lindemann, IFG SH, § 12 Anm. 2, zeigt. 2

5 Ebenso Begründung zu § 5 Abs. 2 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 10. - Zu weitgehend Partsch, L K V 2001, 98 (99): Amtsträger hätten „durch ihre Berufswahl letztlich in ihre öffentliche Funktion i m wahren Wortsinne eingewilligt". 2 6 Anhörungsgebote auch in § 6 Abs. 3 S. 1 A I G Bbg; § 14 Abs. 2 IFG Bin; § 12 Abs. 2 IFG SH; ferner § 8 S. 1 bis 3 IFG-RefE. - I m Umweltinformationsrecht § 8 Abs. 2 S. 1 U I G , ferner § 224 S. 2 UGB-KomE.

104

§ 7 Schutz personenbezogener Daten

nungsgemäß durchgeführte Anhörung Klarheit darüber verschaffen kann, ob durch die Preisgabe personenbezogener Daten schutzwürdige Interessen Betroffener offenbart würden. 2. Zur Regelung im Einzelnen a) Ausschluss des Anspruchs auf Informationszugang (Absatz 1 ) aa) Normstruktur 12

Absatz 1 Satz 1 schützt Betroffene vor der Offenbarung ihrer personenbezogenen Daten durch die in § 3 Abs. 1 genannten Stellen, soweit dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden und das Informationsinteresse das gegenläufige Schutzinteresse nicht überwiegt. Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht das Recht auf Informationszugang nicht. § 7 Abs. 1 S. 1 normiert demnach einen zwingenden Ablehnung s grund gegenüber dem Begehren auf Informationszugang. Für eine behördliche Ermessensentscheidung auf der Rechtsfolgenseite lässt die Vorschrift keinen Raum 2 7 . Absatz 1 Satz 1 folgt seiner Struktur nach dem Modell des § 30 V w V f G („Geheimhaltungsanspruch mit Offenbarungsvorbehalt" 28 ) und verlagert notwendige sowie entscheidungserhebliche Abwägungen - insbesondere i.V.m. Absatz 2 Nr. 3 und Nr. 4 - in den Bereich der behördlichen Offenbarungsbefugnis auf der Tatbestandsseite 29 . Diese normstrukturelle Zuordnung kann i m Konfliktfall Konsequenzen für die Prüfungsdichte bei der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle haben. Während der tatbestandlich geforderte Abwägungsvorgang seitens der Rechtsprechung vollständig nachvollzogen und kontrolliert w i r d 3 0 , belässt die Judikative der Exekutive bestehende Ermessensspielräume (vgl. § 114 V w G O ) und gelangt bei Leistungsbegehren selbst i m Falle rechtswidrigen Verwaltungshandelns mangels Spruchreife im konkreten Fall lediglich zu einem Bescheidungsurteil (vgl. § 113 Abs. 5 S. 2 V w G O ) 3 1 .

27 Gegenbeispiel aus der Praxis ist etwa die Datenübermittlungsvorschrift des § 29 MeldeG B W (Übermittlung personenbezogener Daten von Meldebehörden an Rundfunkanstalten); dazu V G H BW, N V w Z - R R 1995, 394 ff.

28 O V G NW, M M R 1999, 553 (554) = K & R 1999, 430 (431); Knemeyer, NJW 1984, 2241 (2243); Reinhardt, Die Verwaltung 30 (1997), 161 (170). 29 Vgl. zu dem Modell Bonk/Kallerhoff,

in: Stelkens/Bonk/Sachs, V w V f G , § 30 Rn. 2.

30 Signifikantes Beispiel NdsOVG, NJW 1997, 2468 ff. (zum Konflikt zwischen dem postmortalen Persönlichkeitsschutz und dem Interesse des Kindes an der Kenntnis der Todesursachen des leiblichen Vaters, dessen gesundheitliche Konstitution das K i n d geerbt haben kann). 31 Anschaulich hierzu O V G NW, DVB1 1999, 1053 = NJW 1999, 1802 = N W V B 1 1999, 139 (Interesse der Mitglieder einer „Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen" an Anonymität versus Interesse eines Arztes an Namensbekanntgabe der Kommissionsmitglieder).

§ 7 Schutz personenbezogener Daten bb) Inhalt des Ausschlusstatbestandes Inhaltlich ist Absatz 1 Satz 1 teilweise in Anlehnung an § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 U I G formuliert. Der Schutzanspruch Betroffener besteht nicht bereits dann, wenn infolge des Informationszugangs personenbezogene Daten offenbart würden 3 2 ; es muss hinzukommen, dass dadurch schutzwürdige Interessen Betroffener beeinträchtigt würden 3 3 . Außerdem setzt der Ausschlusstatbestand nach Absatz 1 Satz 1 voraus, dass das Informationsinteresse des Antragstellers das Schutzinteresse des Betroffenen nicht überwiegt 3 4 . Nur dann genießt der Schutz personenbezogener Daten Vorrang gegenüber dem geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang.

13

Der Informationszugangsanspruch scheitert nicht daran, dass der Antragsteller mit dem Informationsbegehren überwiegend Privatinteressen verfolgt 3 5 . Die Informationszugangsfreiheit nach dem IFG besteht voraussetzungslos (vgl. § 2 Abs. 1); konsequenterweise wird bei den Vorschriften zur Anspruchsbegrenzung nicht nach Motiven und Absichten gefragt. Ebenso wenig wie bei Art. 5 Abs. 1 GG darf im IFG zwischen „gutem" und „schlechtem" Freiheitsgebrauch unterschieden werden. Der Schutz personenbezogener Daten Dritter orientiert sich allein an deren schutzwürdigen Interessen.

14

cc) Verhältnis zum Datenschutzrecht Der Begriff „personenbezogene Daten" ist im Anschluss an das Datenschutzrecht zu verstehen 36 . Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (Betroffener). Es spricht nichts dagegen, diese Legaldefinition auch i m vorliegenden Zusammenhang zu Grunde zu legen. Auch i m Rahmen des § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 U I G erfolgt die Bestimmung des Merkmals „personenbezogene Daten" anhand der in § 3 Abs. 1 BDSG getroffenen Regelung 3 7 .

15

§ 7 gilt im Normalfall für die Offenbarung personenbezogener Daten durch die nach § 3 Abs. 1 Verpflichteten gegenüber nichtöffentlichen Stellen. Insoweit ist § 7 lex specialis gegenüber § 16 BDSG (und ggf. gegenüber inhaltsgleichen Regelun-

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32 So aber § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 A I G Bbg. " So neben § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 U I G auch § 224 S. 1 U G B - K o m E ; der Sache nach letztlich auch § 12 Abs. 1 IFG SH. 34 Ebenso § 5 Abs. 1 S. 1 IFG-RefE. - Dazu ist in der Begründung, S. 31, ausgeführt, der Betroffene habe kein absolutes uneingeschränktes Herrschaftsrecht über „seine" Daten; Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung seien i m überwiegenden allgemeinen Interesse grundsätzlich hinzunehmen. 35 So aber § 6 Abs. 1 IFG Bin; zu den dazu in der Praxis bestehenden Problemen vgl. oben Rn. 5. 36 Lindemann, in: Friedersen / Lindemann, IFG SH, § 12 Anm. 2. 37 B a y V G H , N V w Z 2001, 342 (343).

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§ 7 Schutz personenbezogener Daten

gen der Länder) 3 8 . Da i m Übrigen auch juristische Personen des Öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 1 S. 2 anspruchsberechtigt sind ( - » § 2 Rn. 17 ff.), muss § 7 als Spezialregelung auch gegenüber § 15 BDSG erachtet werden.

dd) Besondere Kategorien personenbezogener 17

Daten

Nach Art. 8 EG-Datenschutzrichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zu untersagen. Es handelt sich dabei um Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Uberzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, ferner um Daten über Gesundheit oder Sexualleben. Diese Begriffsbestimmung hat i m deutschen Recht Eingang in § 3 Abs. 9 BDSG gefunden. Aus europarechtlichen Gründen ist zur Offenbarung derartiger Daten die Einwilligung des Betroffenen zwingend erforderlich. Dem trägt § 7 Abs. 1 S. 2 Rechnung 3 9 .

b) Zulässige Offenbarung personenbezogener Daten (Absatz 2) aa) Normstruktur 18

und Regelungskonzept

Absatz 2 normiert vier Fallgruppen, nach denen schutzwürdige Belange der Betroffenen nicht bestehen oder nicht anzuerkennen sind und daher einer Offenbarung personenbezogener Daten nicht entgegenstehen. Der hier unterbreitete Regelungsvorschlag weicht vom geltenden Informationszugangsrecht in den Ländern sowie vom Umweltinformationsrecht und von rechtspolitischen Reformvorstellungen sowohl im Tatbestand als auch in der Rechtsfolge teilweise ab. Nicht gefolgt wird dem in Brandenburg eingeführten Modell, den Informationszugang beim NichtVorliegen privater Datenschutzinteressen in das behördliche Ermessen zu legen (§ 5 Abs. 2 S. 1 A I G Bbg). Es ist nicht erkennbar, welche Ermessenserwägungen eine Behörde ζ. B. einem Akteneinsichtsbegehren sollte entgegensetzen können, wenn der Betroffene der Offenbarung personenbezogener Daten zugestimmt hat (§ 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 A I G B b g ) 4 0 . Stehen schutzwürdige Belange eines Dritten dem geltend gemachten Informationszugangsanspruch nicht entgegen, ist dem Begehren zu entsprechen 41 . Nach dem Grundkonzept des Informationszugangsrechts (vgl. § § 1 , 2 Abs. 1) ist für behördliche Ermessenserwägungen kein Raum. 38 Ebenso IFG-RefE, S. 31, zum Verhältnis zwischen § 5 IFG-RefE und § 16 BDSG. - In diesem Sinne auch U G B - K o m E , Begründung S. 842, zum Verhältnis zwischen § 224 UGBK o m E und § 16 BDSG. 39 Ebenso § 5 Abs. 1 S. 2 IFG-RefE. 40 Zutreffende Kritik insoweit bei Partsch, NJ 1998, 346 (350) und NJW 1998, 2559 (2562). 41 Ebenso das Konzept von § 6 IFG Bin; § 12 Abs. 1 IFG SH; § 8 Abs. 1 UIG.

§ 7 Schutz personenbezogener Daten bb) Tatbestand: fehlende Schutzbedürftigkeit

des Betroffenen

A u f der Tatbestandsseite begnügt sich § 7 Abs. 2 nicht mit dem bloßen Hinweis auf ein überwiegendes Interesse an der Offenbarung personenbezogener Angab e n 4 2 oder deren Zulässigkeit kraft Gesetzes bzw. infolge Zustimmung des Betroffenen 4 3 ; andererseits wird nicht versucht, Einzelfälle eines überwiegenden Offenbarungsinteresses zu regeln 4 4 . Absatz 2 knüpft an die Dreigliederung der behördlichen Offenbarungsbefugnis gemäß § 30 VwVfG a n 4 5 . Danach ist die Befugnis zur Offenbarung persönlicher Daten gegeben, wenn

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• die Betroffenen einverstanden sind oder • eine gesetzliche Ermächtigung hierfür gegeben ist oder • eine Güterabwägung ergibt, dass das Geheimhaltungsinteresse hinter höherrangigen anderen Interessen zurücktreten muss 4 6 . Der letztgenannte Fall ist in § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 näher konturiert; die gewählten Formulierungen lehnen sich im allgemeinen Informationszugangsrecht an § 12 Abs. 1 Nr. 2 IFG SH a n 4 7 , datenschutzrechtlich folgen sie § 14 Abs. 2 Nr. 6 und Nr. 8 BDSG. Nr. 1 des § 7 Abs. 2 erlaubt die Offenbarung personenbezogener Daten i m Falle der Einwilligung Betroffener. A u f eine Sachprüfung oder Abwägung durch die öffentliche Stelle kommt es nicht (mehr) an. Dem Informationszugangsbegehren ist auch dann zu entsprechen, wenn die öffentliche Stelle die Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen für vorrangig erachtet 48 .

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Die Offenbarung personenbezogener Daten ist ferner gestattet, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 2). Damit wird - i m Sinne der Einheit der Rechtsordnung - insbesondere Bezug genommen auf Bestimmungen außerhalb des I F G 4 9 . Was danach erlaubt ist, wird durch § 7 nicht untersagt.

21

42 So aber § 224 S. 1 U G B - K o m E . 43 So § 5 Abs. 1 S. 1 IFG-RefE; ebenso bereits § 5 Abs. 1 E-IFG; erläuternd Häfner/Gerlach, ZRP 1998, 123 (125): Ausnahmetatbestände vom Informationszugangsanspruch seien eng zu fassen. 44 In Brandenburg wird in § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 A I G auf personenbezogene Daten aus allgemein zugänglichen Quellen verwiesen, Nr. 3 zieht das Offenbarungsinteresse dem Geheimhaltungsinteresse vor, wenn der Informationszugang den „Zweck der politischen Mitgestaltung" hat. - Berlin differenziert in § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 IFG detailliert nach bestimmten Akteninhalten. - In Schleswig-Holstein trifft § 12 Abs. 1 Nr. 3 IFG eine Regelung zum mutmaßlichen offensichtlichen Interesse der Betroffenen an der Offenbarung ihrer persönlichen Daten. 45 Ausdrücklich in diesem Sinne bereits die Amtliche Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 7 / 9 1 0 , S. 54 46 Vgl. dazu NdsOVG, NJW 1997, 2468 (2469); Knemeyer, NJW 1984, 2241 (2244 f.). 47

Einzelheiten dazu bei Lindemann, in: Friedersen/Lindemann, IFG SH, § 12 Anm. 3.3.

48 IFG-RefE, S. 32: „volenti non fit iniuria."

108 22

§ 7 Schutz personenbezogener Daten

§ 7 Abs. 2 ermöglicht die Offenbarung personenbezogener Daten auch ohne Einwilligung des Betroffenen und ohne gesetzliche Zulassung schließlich nach einer Güter- und Interessenabwägung, wenn entweder öffentliche Interessen (Nr. 3) oder private Interessen (Nr. 4) das Schutzbedürfnis des Betroffenen überwiegen. Die Offenbarung der Daten setzt jeweils eine erhebliche Gefahrenlage für die A l l gemeinheit oder für einen Einzelnen voraus 5 0 . Beispiele für die Existenz eines Informationsanspruchs im Zusammenhang mit der Verfolgung individueller Rechtsansprüche bietet das Registerrecht; so kennt etwa § 39 StVG einen Auskunftsanspruch über personenbezogene Daten zum Zwecke der Verfolgung individueller Rechtsansprüche. Zugunsten des Antragstellers kann i m Rahmen der Abwägung nicht das „einfache" Informationsinteresse der Allgemeinheit berücksichtigt werden 5 1 . Vielmehr werden in § 7 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 Belange von einigem Gewicht verlangt, um den Datenschutz gegenüber dem Informationszugangsinteresse zurückstellen zu können. Umfasst ist durch die Formulierung auch der in § 8 IFG Bin geregelte Tatbestand (Angaben über Gesundheitsgefährdungen), so dass es einer speziellen Bestimmung dazu nicht bedarf. cc) Rechtsfolge: Offenbarungsbefugnis

23

Liegt einer der Tatbestände nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 vor, ist die öffentliche Stelle zur Offenbarung der personenbezogenen Daten befugt. Im Ergebnis führt dies gemäß § 2 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 dazu, dass der Anspruch auf Informationszugang besteht. Der Begriff „ Offenbarung " wird in § 30 V w V f G weit verstanden. Er umfasst alle Formen der Preisgabe eines Geheimnisses gegenüber einem Dritten, dem dieses bisher nicht bekannt gewesen i s t 5 2 . Nur wenn Daten allgemein bekannt und damit offenkundig sind, entfällt das „Geheimnis"merkmal und damit der Tatbestand der „Offenbarung" i m Rechtssinne. 53 Es spricht nichts dagegen, diese Begriffsbestimmung des Allgemeinen Verwaltungsrechts § 7 Abs. 2 zu Grunde zu legen.

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Für das überwiegende Interesse an der Offenbarung auch personenbezogener Daten ist die öffentliche Stelle darle gungspflichtig 54. Dies ergibt sich aus der Ausgestaltung des § 7 als Geheimhaltungsverpflichtung mit Offenbarungsvorbehalt und entspricht ebenfalls anerkannten Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts 5 5 . 49 Vgl. dazu - in Bezug auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 IFG SH - Nordmann, 2001,40 (43).

Die Gemeinde SH

so Ebenso - am Maßstab des § 12 Abs. 1 Nr. 2 IFG SH - Nordmann, R D V 2001, 71 (78). 51 So aber IFG-RefE, S. 32: i m Interesse der Öffentlichkeit liegende Transparenz zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen.

52 Knemeyer, NJW 1984, 2241 (2244); Bonk/ Kalle rhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, V w V f G , § 30 Rn. 15; Clausen, in: Knack, V w V f G , § 30 Rn. 8; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 30 Rn. 10. 53 O V G NW, M M R 1999, 553 (555); Clausen, in: Knack, V w V f G , § 30 Rn. 13. 54 Ebenso U G B - K o m E , Begründung S. 842. 55 Vgl. O V G NW, M M R 1999, 553 (555) = K & R 1999, 430 (432), m.w.Nachw.

§ 7 Schutz personenbezogener Daten c) Personenbezogene Daten von Amtsträgern (Absatz 3) aa) Datenschutz und Informationszugangsfreiheit Absatz 3 dient einerseits dem Schutz von Amtspersonen" sowie gleichgestellten Privaten und sichert andererseits die Informationszugangsfreiheit trotz der Schutzwürdigkeit „dienstlicher" personenbezogener Daten 5 6 . Die Vorschrift ist in Anlehnung an § 5 Abs. 2 E-IFG formuliert. Zum Schutz des Grundrechts der Bediensteten auf informationelle Selbstbestimmung dürfen deren personenbezogene Daten nur unter den abschließenden Voraussetzungen von Nr. 1 bis 3 offenbart werden 5 7 . Damit ist einerseits sichergestellt, dass die ζ. B. in jeder Akte zu findenden Daten von Amtsträgern das Informationszugangsrecht nicht verhindern 5 8 . Demzufolge wird gesetzlich gewährleistet, dass die Offenbarung personenbezogener Daten von Amtsträgern (auch ohne deren Zustimmung) zulässig i s t 5 9 . Andererseits wird der Informationszugang auf diejenigen personenbezogenen Daten begrenzt, die sich auf amtliche Funktionen Betroffener beziehen und deren Kenntnis für das Verständnis des amtlichen Handelns notwendig i s t 6 0 . Deshalb muss der Informationszugang zu den personenbezogenen Angaben so erfolgen, dass nicht zugleich weitere personenbezogene Daten offenbart werden. Lässt sich diese Gefahr nicht ausschließen, entfällt nicht etwa sogleich der begehrte Informationszugang, sondern aus Gründen des Übermaßverbots findet wenigstens ein eingeschränkter Informationszugang (ζ. B. Schwärzung „außerdienstlicher" personenbezogener Daten) statt 6 1 .

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Insgesamt zielt Absatz 3 auf eine angemessene Austarierung des Spannungsverhältnisses zwischen Datenschutz und Informationszugangsfreiheit. Soweit Amtsträger in Ausübung ihres öffentlichen Amtes agieren, dient die Weitergabe von Name, Titel etc. der Transparenz und Nachvollziehbarkeit behördlichen Handelns (Nr. 1 ). Die Offenbarung „dienstlicher" personenbezogener Daten kann sodann notwendig sein, um Handlungen zuordnen und Verfahrensabläufe (rück)verfolgen zu können (Nr. 2 ) 6 2 . Schließlich führt die Einbeziehung von Sachverständigengutachten in den behördlichen Entscheidungsprozess notwendigerweise dazu, dass auch bestimmte persönliche Daten von Gutachtern etc. offenbart werden dürfen (Nr. 3).

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56 Vergleichbare Vorschriften i m geltenden Recht sind § 5 Abs. 3 A I G Bbg und § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 IFG Bln. 57 Anders die Konzeption von § 5 Abs. 3 IFG-RefE: Regelvorschrift, nach der das Geheimhaltungsinteresse des betroffenen Amtsträgers das Informationsinteresse des Antragstellers nicht überwiegt.

58 Vgl. Partsch, NJ 1998, 346 (350) und NJW 1998, 2559 (2562). 59 Vgl. auch Breidenbach/Palenda, 1998, 438 (440).

L K V 1998, 252 (256 f.); Kneifel-Haverkamp,

DuD

60 So die Begründung zu § 5 Abs. 2 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 10; ferner Häfner/ Gerlach, ZRP 1998, 123 (125). 61 Partsch, NJW 1998, 2559 (2562). 62 In § 5 Abs. 3 IFG-RefE fehlt eine vergleichbare Vorschrift.

110 27

§ 7 Schutz personenbezogener Daten

Satz 2 des § 7 Abs. 3 ist eine Konsequenz aus der in § 3 Abs. 1 Nr. 4 getroffenen Regelung. Da unter dem Begriff „Amtsträger" gemeinhin nur öffentlichrechtliche Funktionssubjekte verstanden werden 6 3 , wird der Schutz gleichgestellter Privater ausdrücklich angeordnet.

bb) Geheimnis- und Informantenschutz 28

In § 5 Abs. 3 E-IFG ist zusätzlich eine Regelung zum Zugang zu Informationen getroffen, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegen. Nur wenn Betroffene in den Informationszugang schriftlich eingewilligt haben, ist dieser zulässig. Dadurch soll der besonderen Sensibilität vertraulicher Informationen Rechnung getragen werden (ärztliche Schweigepflicht, Sozialgeheimnis, Statistikgeheimnis, Steuergeheimnis, Post- und Fernmeldegeheimnis) 64 . In § 5 Abs. 2 IFGRefE wird ein Überwiegen des Geheimhaltungsinteresses Betroffener bei Informationen aus Personalakten und aus einem Berufs- oder Amtgeheimnis statuiert; die allgemeine Amtsverschwiegenheit soll nicht dazu gehören. Dadurch soll ein gesetzlicher Maßstab für die Interessenabwägung (nach § 5 Abs. 1 IFG-RefE) aufgestellt werden; die Ausgrenzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit diene der Klarstellung 6 5 . Es ist nicht ersichtlich, welche Schutzinteressen durch eine derartige Bestimmung abgedeckt werden sollen, die nicht bereits von § 7 Abs. 1 bis 3 erfasst sind. Daher wird auf eine entsprechende Vorschrift im IFG verzichtet.

29

Dasselbe gilt in Bezug auf § 7 Abs. 4 S. 1 U I G 6 6 . Danach dürfen Informationen über die Umwelt, die ein privater Dritter der Behörde ohne rechtliche Verpflichtung übermittelt hat, ohne Einwilligung des Dritten nicht zugänglich gemacht werden 6 7 . Dieser „Informantenschutz" hat spezifische umweltpolitische Hintergründe 6 8 . In einem allgemeinen Informationsgesetzbuch erscheint eine derartige Bestimmung nicht vonnöten.

d) Rechtliches Gehör (Absatz 4) 30

Absatz 4 dient der verfahrensrechtlichen Absicherung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. I m geltenden Informationszugangsrecht ist die Anhörung obligatorisch, Ausnahmen sind - anders als ζ. B. in § 28 Abs. 2 V w V f G nicht vorgesehen 69 . § 224 S. 2 U G B - K o m E schlug demgegenüber zur Anhörung 63 Vgl. aber auch § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) StGB. 64 Begründung zu § 5 Abs. 3 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 11. 65 IFG-RefE, S. 33 (Begründung zu § 5 Abs. 2 des RefE). 66 Vgl. dazu B a y V G H , N V w Z 2001, 342 (343 f.). 67 Ebenso § 220 Abs. 1 Nr. 5 UGB-KomE. 68 Vgl. dazu Turiaux, UIG, § 7 Rn. 52; Fluck, N V w Z 1994, 1048 (1049). 69 Vgl. § 6 Abs. 3 A I G Bbg; § 14 Abs. 2 IFG Bin; § 12 Abs. 2 IFG SH; § 8 Abs. 2 S. 1 UIG.

§ 7 Schutz personenbezogener Daten eine „Soll"-Vorschrift vor. § 8 S. 1 und S. 2 IFG-RefE sehen obligatorisch die Gelegenheit zur Stellungnahme durch den Betroffenen innerhalb eines Monats vor, belassen der Behörde jedoch die Abwägungsentscheidung, wenn sich der Betroffene nicht äußert oder den Informationszugang ablehnt. Absatz 4 zielt auf ein differenzierteres Modell, das einerseits dem rechtlichen Gehör Rechnung trägt, andererseits Verzögerungen beim Informationszugang entgegenwirkt. Vor einer Offenbarung personenbezogener Daten sind Betroffene - grundsätzlich - anzuhören (Satz 1). Rechtliches Gehör wird von Amts wegen gewährt und hat auch dann zu erfolgen, wenn die öffentliche Stelle der Auffassung ist, das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiege das Informationsinteresse des Antragstellers 70 . W i l l die öffentliche Stelle den Informationszugang gewähren, muss der Betroffene schon deshalb angehört werden, weil er durch die Entscheidung zugunsten des Antragstellers in seinen Rechten betroffen i s t 7 1 . Kann ein Betroffener allerdings nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand erreicht werden, kann von der Anhörung abgesehen werden (Satz 3 ) 7 2 . Dann muss jedoch eine unverzügliche Unterrichtung über die Offenbarung der personenbezogenen Daten erfolgen (Satz 4). Im Falle der zulässigen Offenbarung personenbezogener Daten von Amtsträgern nach Absatz 3 findet weder eine Anhörung noch eine Unterrichtung statt (Satz 5); die Beteiligung des Betroffenen ist in einem solchen Fall nicht erforderlich.

31

I m Übrigen muss Vorsorge für den Fall getroffen werden, dass der Betroffene von seinem Anhörungsrecht keinen (raschen) Gebrauch macht. In einem solchen Fall ist gemäß § 7 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 nach Ablauf von zwei Wochen von der Einwilligung auszugehen. Dieser Regelungsvorschlag sichert die zügige Entscheidung der öffentlichen Stelle zu dem Antrag auf Informationszugang. Die Fiktion der Einwilligung kann bei den sensitiven Daten i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 2 nicht eingreifen, da aus europarechtlichen Gründen die Einwilligung des Betroffenen zwingend erforderlich ist (Rn. 17). Halbsatz 2 von Absatz 4 stellt klar, dass es beim Erfordernis einer ausdrücklichen Einwilligung gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 bleibt.

32

70 IFG-RefE, S. 39, weist auf die Möglichkeit hin, dass der Betroffene mit der Offenbarung der ihn betreffenden Informationen einverstanden ist. 7

) Nordmann, R D V 2001, 71 (81).

72

§ 8 IFG-RefE sieht eine solche Bestimmung nicht vor. Bei nicht bekannter Anschrift des Betroffenen soll das Schreiben zur Beteiligung nach § 15 V w Z G öffentlich zugestellt werden, so IFG-RefE, S. 39 (Begründung zu § 8 des RefE).

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie Urheberrechten (1) ! Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart würde und das Interesse Betroffener an der Geheimhaltung das Offenbarungsinteresse Dritter oder der Öffentlichkeit überwiegt. 2 § 7 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. 3Satz 1 gilt entsprechend, soweit Rechte zum Schutze geistigen Eigentums dem Informationszugang entgegenstehen. (2) ! Wer gegenüber öffentlichen Stellen Angaben zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen über seinen Gewerbebetrieb macht, hat diese zu kennzeichnen, getrennt vorzulegen und darzulegen, dass ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt. 2Sollen Unterlagen in einem Verfahren mit Beteiligung Dritter verwendet werden, haben Betroffene ohne Preisgabe des Geheimnisses eine zusammenfassende Darstellung der geheimhaltungsbedürftigen Angaben vorzulegen oder zu begründen, dass die Darstellung ohne die Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Angaben nicht möglich ist. (3) betroffene haben auf Verlangen der öffentlichen Stelle eine Darstellung im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 auch vorzulegen, wenn ein Dritter Informationszugang begehrt. 2Legen Betroffene die Darstellung schuldhaft nicht vor, kann die öffentliche Stelle die Angaben offenbaren. (4) Abs. 4 findet entsprechende Anwendung. 2Das gilt auch dann, wenn die öffentliche Stelle die Kennzeichnung von Angaben als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse für ungerechtfertigt erachtet. 3Liegen keine entgegenstehenden Anhaltspunkte vor, ist in der Regel von der Betroffenheit auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. (5) Geben Betroffene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nachträglich selbst bekannt, haben sie die zuständigen öffentlichen Stellen davon zu unterrichten. Parallelvorschriften: § 7 IFG Bin; § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 A I G Bbg; § 11 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und S. 2 sowie Abs. 2 UIG. EG-Recht: Art. 4 Abs. 2 V O 1049/2001 / EG.

§ 8 Schutz von Betriebs-und Geschäftsgeheimnissen

113

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-9

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

2

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

5

4. Rahmenbedingungen

9

II. Vorschlag

10-27

1. Leitvorstellungen

10

2. Zur Regelung im Einzelnen

12

a) Ausschluss des Informationszugangs (Absatz 1) aa) Normstruktur und -inhalt

12 12

bb) Betriebs- und Geschäftgeheimnisse

14

cc) Berechtigtes Geheimhaltungsinteresse

16

dd) Offenbarungsbefugnis und Interessenabwägung

18

ee) Schutz des geistigen Eigentums

20

b) Mitwirkungspflichten Betroffener (Absatz 2)

21

c) Weitere Mitwirkungsobliegenheit (Absatz 3)

23

d) Gewährung rechtlichen Gehörs (Absatz 4)

24

e) Unterrichtungspflicht Betroffener (Absatz 5)

27

I. Ausgangslage /. Gegenstand der Regelung § 8 regelt die Geheimhaltung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie Rechten zum Schutze geistigen Eigentums. Die Vorschrift steht - was den Schutz überwiegender privater Interessen gegenüber dem Informationszugang betrifft - in einem Ergänzungsverhältnis zu § 7. Beide Vorschriften zusammen markieren die notwendigen Ausschlusstatbestände und Beschränkungen des Anspruchs auf Informationszugang zum Schutz privater Belange Betroffener bzw. Dritter.

1

2. Bisherige Rechtslage Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gegenüber dem Informationszugang bei Behörden ist im geltenden Recht (ebenso wie der Schutz personenbezogener Daten) sehr unterschiedlich geregelt 1 . Das Urheberrecht bzw. der Schutz geistigen Eigentums erfährt teilweise gar keine Erwähnung. In Fachgesetzen findet sich die Unberührtheitsklausel bezüglich der Rechtsvorschriften über die Geheimhaltung 2 . Daneben wird bestimmt, dass bei der Vorlage von Unterlagen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen 1

Einzelheiten bei Rosenberger, Geheimnisschutz und Öffentlichkeit, S. 42 ff., 57 ff.

2 § 56 K r W - / AbfG; § 10 UVPG. 8 Informationsfreiheitsgesetz

2

114

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

sind 3 . Im Umwelthaftungsrecht wird auch hier das Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem Auskunftsanspruch eines Geschädigten geschützt 4 . Daneben kennen die Fachgesetze sog. Negativlisten, die bestimmte Angaben dadurch vom Geheimnisschutz ausnehmen, dass sie diese ausdrücklich dem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis entziehen 5 . Für die Gewerbeaufsicht besteht eine spezielle Regelung zur Geheimhaltung der amtlich erlangten Kenntnisse zu Geschäfts- und Betriebsverhältnissen 6 . I m Umweltinformationsrecht ist der Zugang zu Umweltinformationen ausgeschlossen, wenn dadurch unbefugt Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht würden (§ 8 Abs. 1 S. 2 UIG). A u f Verlangen der Behörden hat der Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt (§ 8 Abs. 2 S. 3 U I G ) 7 . Ausdrücklich ist überdies bestimmt, dass der Anspruch auf Informationen über die Umwelt nicht besteht, soweit der Schutz geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte, der Informationserteilung entgegensteht (§ 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UIG). Zum allgemeinen Informationszugangsrecht sehen die einschlägigen Landesgesetze - wenn auch unter verschiedenartigen Voraussetzungen - den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vor 8 . Vereinzelt ist auch der Schutz geistigen Eigentums, insbesondere der Urheberrechte, verbrieft 9 . Nach Allgemeinem Verwaltungsrecht bezieht sich der Geheimhaltungsanspruch gemäß § 30 V w V f G ausdrücklich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden dürfen. Für die Vergabe öffentlicher Aufträge ist der Geheimnisschutz in § 111 Abs. 2 G W B für das Nachprüfungsverfahren bei Erreichen der Schwellenwerte (§ 100 GWB) vorgesehen, zum Vergabeverfahren (§§ 97 ff. G W B ) fehlt eine entsprechende Bestimmung.

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht Dokumentierte Erfahrungen mit den bestehenden Rechtsvorschriften sind mittlerweile in einem durchaus aussagekräftigen Umfang verfügbar. Zum Umweltinformationsrecht werden die Lückenhaftigkeit und Unübersichtlichkeit der keinem einheitlichen System folgenden Bestimmungen kritisiert, ferner die eine Einzelfallabwägung von vornherein ausschließenden Negativlisten; gefordert wird zudem 3 § 10 Abs. 2 S. 1 BImSchG; lediglich Kennzeichnungspflicht anordnend § 17a Abs. 1 S. 1 GenTG und § 22 Abs. 2 S. 1 ChemG.

4 § 8 Abs. 2 und § 9 S. 2 UmweltHG. 5 § 17a Abs. 2 GenTG; § 22 Abs. 3 ChemG. 6

§ 139b Abs. 1 S. 3 GewO; dazu Trantas, Akteneinsicht und Geheimhaltung, S. 496 ff.

7

Umfangreicher und präziser demgegenüber die in § 225 U G B - K o m E vorgeschlagene Regelung. s § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 A I G Bbg; § 7 IFG Bin; § 11 IFG SH. 9 § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 A I G Bbg.

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

115

eine Entscheidungsprärogative betroffener Unternehmer in Bezug auf die Qualifikation von Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis 10 . Aktuelle Entwicklungen aus unterschiedlichen Bereichen der behördlichen Praxis deuten darauf hin, dass mit der Einführung von Informationszugangsrechten der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unter dem Gesichtspunkt der Wahrung eines fairen Wettbewerbs große Bedeutung erlangen könnte. Aus den USA wird berichtet, dass etwa 80% der Informationsgesuche unmittelbar oder mittelbar von konkurrierenden Unternehmen angestrengt werden 1 1 . Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge wird aus Gründen des Konkurrentenschutzes im Nachprüfungsverfahren die Konsequenz gezogen, dass die Akteneinsicht in Konkurrenzangebote ausgeschlossen ist, soweit Angaben eines (konkurrierenden) Bieters als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis einzustufen sind (§111 Abs. 2 G W B ) 1 2 . In telekommunikationsrechtlichen Verwaltungsverfahren, die konkurrierende TK-Unternehmen betreffen (ζ. B. Entgeltregulierung), wird der Geheimnisschutz durch Anwendung des § 30 V w V f G bewerkstelligt 1 3 . Außerhalb laufender Verwaltungsverfahren wird auf allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts zurückgegriffen, um das Begehren eines Gewerbetreibenden, Akteneinsicht in Genehmigungsunterlagen konkurrierender Unternehmen zu nehmen, begrenzen zu können 1 4 . I m EGBeihilferecht sieht die neue Verfahrensverordnung für die Beihilfekontrolle 1 5 ein Recht der Konkurrenten auf Akteneinsicht nicht vor; Wettbewerber sind auf Auskünfte verwiesen, die die EG-Kommission nach einer internen Verfahrensregelung auf Antrag erteilt 1 6 .

6

Praktische Erfahrungen mit dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen auf dem Gebiet des Landesrechts bestätigen zunächst aufgetretene Probleme im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge 1 7 . Eingereichte Angebote enthalten Kostenberechnungen, Kalkulationen, Pläne etc., die Rückschlüsse auf die Geschäfts- und Betriebspolitik von Konkurrenten erlauben können. Keine Bedeutung bei der Gesetzesanwendung hat offenbar bislang der Urheberrechtsschutz erlangt 1 8 . Bei dem dafür um so bedeutenderen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen neigen die Verwaltungen augenscheinlich zu einer exten-

7

U G B - K o m E , Begründung S. 840. h Theuer, N V w Z 1996, 326 (333), mit der Wertung, in den USA und in Kanada dienten viele Anfragen der Ausforschung von Unternehmen zu Wettbewerbszwecken. 12 Einzelheiten dazu bei Griem, W u W 1999, 1182 (1186 f.). 13 O V G NW, M M R 1999, 553 (554 ff.) = K & R 1999, 430 (431 f.); O V G NW, RTkom 2001, 168 ff. 14 O V G NW, N W V B 1 1994, 458 (m. Anm. Roger) = GewArch 1994, 469. 15 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. 03. 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, AB1EG L 83 / 1 . 16 Kruse, N V w Z 1999, 1049 (1056). 17 B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 52 f.; U L D SH, Tätigkeitsbericht 2001, S. 147 f. 18 So L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 151 8*

116

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

siven Handhabung der einschlägigen Vorschrift(en) 19 . In Berlin wird kritisiert, dass der - zusätzliche - Schutz Betroffener durch die Versagung des Informationszugangs im Falle eines ansonsten drohenden wirtschaftlichen Schadens (§ 7 S. 1 IFG Bin) nicht handhabbar sei 2 0 . Zur Rechtslage in Brandenburg wird bemängelt, dass die Akten führende Stelle keine selbständige Entscheidungsbefugnis habe; es sei praktisch in das Belieben des betroffenen Unternehmens gestellt, ob eine Information geheim zu halten sei oder nicht 2 1 . Schließlich wird darauf hingewiesen, dass ohne Hinzuziehung des Betroffenen gar nicht beurteilt werden könne, was als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis einzuordnen sei 2 2 . 8

Die Summe der Erfahrungen bestätigt einerseits die Notwendigkeit des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen i m IFG. Die Praxis zeigt jedoch andererseits, dass allzu starre gesetzliche Regelungen unzweckmäßig sind. Angesichts des komplexen Spannungsverhältnisses zwischen Informationszugangsinteressen und Geheimhaltungsinteressen ist vielfach eine Abwägungsentscheidung unabdingbar. Dies zeigt sich nicht nur im Umweltinformationsrecht 23 , sondern neuerdings auch im Telekommunikationsrecht anhand einschlägiger Beschlüsse der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg T P ) 2 4 und wird allgemein von der Rechtsprechung eingefordert 25 .

4. Rahmenbedingungen 9

Der gesetzliche Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist nach ganz h.M. verfassungsrechtlich gefordert 26 . Derartige Geheimnisse sind Faktoren mit bisweilen entscheidender wirtschaftlicher Bedeutung für ein Unternehmen und können daher einen Vermögenswert für das Unternehmen darstellen. Als Vermögenswert gelten alle Informationen, die vom Unternehmer wirtschaftlich genutzt werden können oder deren Offenbarung bzw. Verwertung durch Dritte für das Unternehmen wirtschaftlich nachteilig i s t 2 7 . Von daher werden konkret vorhandene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 S. 1 19 B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 50. 20

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 6.

21

L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 149, mit weiterer Kritik an der Asymmetrie im Verhältnis zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und dem Schutz von Unternehmensdaten; letztere genössen einen kaum vertretbaren erhöhten Schutz. 22

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 6.

23

Vgl. Reinhardt, Die Verwaltung 30 (1997), 161 (179, 182, 184).

2

4 Reg TP, M M R 1999, 114(115 f.); Reg TP, K & R 1999, 471 f.

2 5 Dezidiert V G Schleswig, NJW 1997, 1798 (1799); der Sache nach auch O V G NW, M M R 1999, 553 (555) = K & R 1999, 430 (432): „allein entscheidende Abwägung der widerstreitenden Interessen". 2

6 A.A. aus neuerer Zeit H.A. Wolff',

27

NJW 1997, 98 ff.

Trantas, Akteneinsicht und Geheimhaltung, S. 324; Roßnagel, (Hrsg.), GK-BImSchG, § 10 Rn. 243; U G B - K o m E , Begründung S. 840.

in: Koch/Scheuing

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen GG zugeordnet 28 . Andererseits gilt auch für sie die Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Daher sind einfachgesetzliche Bestimmungen verfassungsrechtlich prinzipiell auch insoweit gedeckt, als sie dem Geheimnisschutz Grenzen setzen.

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen Im Rahmen der maßgeblichen verfassungsrechtlichen Eckpunkte - Eigentumsschütz (Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG), gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG), Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) - ist der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen i m Rahmen des Verwaltungsinformationsrechts i m IFG durch § 8 Abs. 1 S. 1 und S. 2 ausdrücklich als Abwägungsvorgang gekennzeichnet 29 . Der Schutz geistigen Eigentums hingegen ist strikt ausgeformt. Der besonderen Schwierigkeit, bestimmte Informationen nicht zu Unrecht als „geheim" deklarieren zu lassen und damit dem Informationszugang unberechtigterweise zu entziehen, wird durch eine Reihe von Pflichten und Obliegenheiten des Betroffenen 30 zu begegnen versucht. Andererseits erfahren Betroffene - ebenso wie beim Schutz personenbezogener Daten - einen auch verfahrensrechtlichen Schutz, und ihnen ist ferner eine gewisse Entscheidungsprärogative eingeräumt.

10

Insgesamt zielt die Leitidee wiederum auf eine angemessene Austarierung konfligierender Interessen, die den Grundsatz des freien Informationszugangs wahrt und dennoch legitimen wirtschaftlichen Interessen Rechnung trägt. Dieses Konzept bedingt eine gewisse Abweichung von den landesgesetzlichen Parallelvorschriften 3 1 und eine Hinwendung zu neueren Vorstellungen im Umweltinformationsrecht. Nicht gefolgt wird insbesondere der „schmalen" Regelung in § 6 IFG-RefE, die lediglich eine § 8 Abs. 1 entsprechende Bestimmung enthält, aber auf alle weiteren - auch: verfahrensrechtlichen - Sicherungen zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verzichtet.

11

28 Breuer N V w Z 1986, 171 (174); Berg, GewArch 1996, 177 (178); Nordmann, R D V 2001, 71 (77); Gurlit, Verwaltungsöffentlichkeit, S. 119; Roßnagel, in: Koch/Scheuing (Hrsg.), GK-BImSchG, § 10 Rn. 242 ff.; Trantas, Akteneinsicht und Geheimhaltung, S. 323 ff.; Rosenberger, Geheimnisschutz und Öffentlichkeit, S. 23 ff.; Lindemann, in: Friedersen / Lindemann, IFG SH, § 11 Anm. 1 ; Pisani, Kooperation in der Wissensgesellschaft, S. 58. - Die E G - V O zur Anwendung von Art. 93 EGV (Fn. 15) schützt das Berufsgeheimnis: „ D i e Kommission und die Mitgliedstaaten, ihre Beamten und anderen Bediensteten, einschließlich der von der Kommission ernannten unabhängigen Sachverständigen, geben unter das Berufsgeheimnis fallende Informationen, die sie in Anwendung dieser Verordnung erhalten haben, nicht preis." 29 So auch § 225 U G B - K o m E , Begründung S. 841. 30 Dadurch wird zugleich den in der Praxis aufgetretenen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen versucht, vgl. oben Text zu Fn. 22. 31

Vgl. Nachw. oben Fn. 8.

118

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen 2. Zur Regelung im Einzelnen a) Ausschluss des Informationszugangs (Absatz 1)

aa) Normstruktur

und -inhalt

12

Absatz 1 Satz 1 schließt den Anspruch auf Information aus, soweit der Offenbarung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen entgegensteht. Die Normstruktur folgt der Mehrzahl bestehender und vergleichbarer Vorschriften 32 . Damit ist Klarheit auf der Rechtsfolgenseite geschaffen; für - zusätzliche - Ermessenserwägungen ist kein Raum 3 3 .

13

Inhaltlich ist Absatz 1 Satz 1 in Anlehnung an § 11 Abs. 1 IFG SH formuliert. Zum ersten Tatbestandselement wird der rechtspolitisch vorgeschlagenen Einengung, es müsse sich um ein „wichtiges" Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis handeln 3 4 , nicht gefolgt. Da ohnehin eine Abwägungsentscheidung mit dem gegenläufigen Offenbarungsinteresse zu treffen ist, ist nicht zu erkennen, welchen rechtsnormativen Mehrwert die tatbestandliche Unterscheidung zwischen „wichtigen" und „unwichtigen" Unternehmensgeheimnissen erbringen soll. Nicht aufgenommen wird auch die denkbare Tatbestandsalternative, dass „den Betroffenen durch die Offenbarung ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen k a n n " 3 5 . Sollte dies in einem konkreten Fall zutreffen, läge i m Rahmen der Abwägungsentscheidung sicherlich ein gewichtiger Belang zugunsten des Geheimnisschutzes 36 vor. Einer ausdrücklichen Hervorhebung „wesentlicher wirtschaftlicher Schäden" bedarf es daher nicht. bb) Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

14

Eine Legaldefinition des im Besonderen Verwaltungsrecht vielfach verwendeten Begriffspaares „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse" 37 kennt das Öffentliche 32 § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 A I G Bbg; § 7 S. 1 IFG Bin; § 11 Abs. 1 IFG SH; ebenso die Reformvorschläge in § 6 Abs. 1 E - I F G und § 6 S. 1 IFG-RefE sowie § 225 Abs. 1 U G B - K o m E . 33 Anders § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 A I G Bbg: Ermessensentscheidung selbst nach Zustimmung des Unternehmers.

34 So § 6 Abs. 1 S. 1 E-IFG. 35

So § 7 S. 1 IFG Bin; zu den praktischen Problemen vgl. oben Text zu Fn. 20. - In § 6 Abs. 1 S. I E-IFG ist das Merkmal sogar kumulativ vorgesehen, und Satz 2 bekräftigt: „ E i n schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung ist nicht gegeben, wenn durch die Bekanntgabe kein oder nur ein unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden entsteht." Damit soll i m Rahmen der im Einzelfall durchzuführenden Interessenabwägung eine gesetzliche Vermutung zugunsten der Informationsfreiheit geschaffen werden; so Häfner/Gerlach, ZRP 1998, 123 (125 f.). 3

6 Ebenso IFG-RefE, S. 35 (Begründung zu § 6 S. 1 des RefE).

37

Vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 BImSchG; § 22 Abs. 2 S. 1 ChemG; § 17a Abs. 1 S. 1 GenTG; § 8 Abs. 1 S. 2 UIG. - § 139b Abs. 1 S. 3 GewO spricht weitergehend von Geschäfts- und Betriebsverhältnissen.

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Recht nicht. § 30 V w V f G , der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ausdrücklich schützt, ist insoweit in seiner Formulierung bewusst § 203 StGB nachgebildet 38 . Dieselbe Begrifflichkeit findet sich im sog. Nebenstrafrecht in § 17 U W G 3 9 . Im Anschluss an den strafrechtlichen Geheimnisbegriff hat sich zu § 30 V w V f G die Definition durchgesetzt, „Geheimnisse" seien alle Tatsachen, Umstände, Vorgänge etc., die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und an deren Wahrung der Geheimnisträger ein schutzwürdiges (berechtigtes) Interesse habe 4 0 . Diese Begriffsbestimmung tritt der Vorstellung entgegen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seien etwas Vorgegebenes; sie werden vielmehr a priori als Ergebnis eines Abwägungsprozesses gekennzeichnet 41 . Gewisse Bedenken hiergegen resultieren daraus, dass der subjektive Geheimhaitungswille (trotz seiner grundrechtlichen Radizierung in Art. 14 Abs. 1 S. 1 G G 4 2 ) neben dem verobjektivierten Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung in der Begriffsbestimmung nicht zur Geltung kommt. Deshalb ist einer Definition der Vorzug zu geben, die alle Tatsachen etc. erfasst, die i m Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stehen, nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen des Geschäftsinhabers geheimgehalten werden sollen; für die Schutzgewährung ist zudem erforderlich, dass die Geheimnisse den Gegenstand eines berechtigten (insbesondere wirtschaftlichen) Geheimhaltungsinteresses bilden 4 3 . Dabei werden „Betriebsgeheimnisse" dem technischen Bereich eines Unternehmens zugeordnet („know how"), „Geschäftsgeheimnisse" werden dem kaufmännischen Bereich zugerechnet 44 . Daraus resultiert ein viergliedriger

Schutztatbestand

45

'.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle Tatsachen, Vorgänge und Umstände, die (1) technische oder kaufmännische Aspekte eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs betreffen, 38 Vgl. die Amtliche Begründung zu § 30 V w V f G , BT-Drucks. 7 / 9 1 0 , S. 54. 39 Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen. 40 NdsOVG, NJW 1997, 2468 (2469); Knemeyer, NJW 1984, 2241 (2243); Rudo, GewArch 1998, 224f.; Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (42), dies., R D V 2001, 71 (77); Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, V w V f G , § 30 Rn. 9; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 30 Rn. 8; Clausen, in: Knack, V w V f G , § 30 Rn. 7; Trantas, Akteneinsicht und Geheimhaltung, S. 483. 41 Nachdrücklich in diesem Sinne UGB-KomE, Begründung S. 842 f. 42 Vgl. Nachw. oben Fn. 28. 43 Ebenso Scherzberg, DVB1 1994, 733 (741); Berg, GewArch 1996, 177 (178); IFGRefE, S. 34. 44 Reg TP, M M R 1999, 114 (115); Reg TP, K & R 1999, 471 (472); Fluck, N V w Z 1994, 1048 (1052); Kopp/Ramsauer, V w V f G , § 30 Rn. 9; Jarass, BImSchG, § 10 Rn. 34. 45 Ähnlich zum Folgenden Breuer, N V w Z 1986, 171 (172); Fluck, N V w Z 1994, 1048 (1052); Roßnagel, in: Koch/Scheuing (Hrsg.), GK-BImSchG, § 10 Rn. 254; U G B - K o m E , Begründung S. 839.

15

120

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

(2) nicht offenkundig, d. h. nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind, (3) nach dem ausdrücklich oder konkludent bekundeten Willen des Unternehmers geheimgehalten werden sollen und (4) den Gegenstand eines berechtigten (wirtschaftlichen) esses des Unternehmers bilden.

Geheimhaltungsinter-

cc) Berechtigtes Geheimhaltungsinteresse 16

Das vierte, offen formulierte und damit wertungsabhängige Kriterium ist im rechtsdogmatischen Sinne Teil der tatbestandlichen Feststellung des Betriebsoder Geschäftsgeheimnisses. Es ist (noch) nicht die „Einbruchsteile" für die Güterabwägung zwischen den Belangen des Geheimnisschutzes und der Informationszugangsfreiheit. Daher kommt es bei der Konkretisierung des Merkmals allein auf die objektivierte Interessenlage des Betroffenen a n 4 6 . Das berechtigte Geheimhaltungsinteresse ist vornehmlich anhand der Wettbewerbsrelevanz des Geheimnisses zu ermitteln; hinzu tritt das Interesse an der Nichtweitergabe von Informationen, die zu einer Schädigung des Unternehmens führen könnten 4 7 . Verlässlicher Indikator für die Bestimmung der Wettbewerbsrelevanz eines Geheimnisses ist, wie die Praxis zeigt, die Möglichkeit zu Rückschlüssen bezüglich der Betriebsführung, Wirtschafts- und Marktstrategie, Kostenkalkulation und Entgeltgestaltung eines Unternehmens sowie sonstiger interner Gegebenheiten, Verfahrensabläufe und Umstände, die den betrieblichen oder geschäftlichen Bereich betreffen 48 . Dabei wird die Interessenabwägung in der Regel dazu führen, dass das verfassungsrechtlich geschützte Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis das einfachgesetzlich gewährte Informationszugangsrecht überwiegt 4 9 . Diese Höherbewertung muss aber im konkreten Fall dargelegt werden.

17

Das Normativelement des berechtigten Geheimhaltungsinteresses dient nämlich dem Ausschluss willkürlicher Vorenthaltungen von Informationen 50. Der Hinweis auf Geheimnisse darf seitens der in Anspruch genommenen öffentlichen Stelle nicht als Vorwand für die Ablehnung berechtigter Informationszugangsbegehren benutzt werden 5 1 . Zur Verhinderung einer derartigen Verweigerungshaltung wer46 In diesem Sinne auch (am Beispiel des Umweltinformationsrechts) Breuer, 1986, 171 (172 f.).

NVwZ

47 Den zweiten - neben dem ersten, unstrittigen - Gesichtspunkt besonders betonend Fluck, N V w Z 1994, 1048 (1053 f.), am Beispiel drohender Schadenersatzansprüche oder einer negativen Bewertung des Unternehmens in der Öffentlichkeit.

48 Vgl. i.e. O V G NW, M M R 1999, 553 (554 f.) = K & R 1999, 430 (433); O V G NW, RTkom 2001, 168 f.; Reg TP, M M R 1999, 114 (116); am Beispiel des Umweltinformationsrechts Scherzberg, DVB1 1994, 733 (742). 49 Lindemann, in: Friedersen / Lindemann, IFG SH, § 11 Anm. 1; differenzierend Kugelmann, Informatorische Rechtsstellung, S. 261 f.

50 Vgl. Fluck, N V w Z 1994, 1048 (1053): „Der Geheimnischarakter entfällt, wenn es für eine vom Inhaber verlangte Geheimhaltung schlechthin kein begründetes Interesse gibt."

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen den der Verwaltung unter Rückgriff auf (den Gedanken des) § 39 Abs. 1 V w V f G Begründungspflichten auferlegt. Danach bedarf es näherer Darlegungen zu den Gründen, aus denen bestimmte Informationen zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht zugänglich gemacht werden können (vgl. § 11 Abs. 3). Die Erwägungen hierfür sind so plausibel und nachvollziehbar zu dokumentieren, „dass die Beteiligten sowie das Gericht die Gründe für die Informationszugangsverweigerung auch unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange . . . noch als triftig anerkennen können, ohne dass andererseits geheimhaltungsbedürftige Daten unmittelbar oder mittelbar preisgegeben werden" 5 2 . Die in § 8 Abs. 2 getroffenen Vorkehrungen verfolgen unter anderem das Ziel, die öffentliche Stelle zur Befolgung dieser Anforderungen zu befähigen 53 .

dd) Offenbarungsbefugnis

und Interessenabwägung

Insgesamt bietet § 8 Abs. 1 S. 1 eine hinreichend bestimmte und dennoch flexibei handhabbare Bestimmung zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen i m Informationszugangsrecht. Liegt ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen vor, ist die Offenbarung gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 nur unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 erlaubt, i m Übrigen kommt es zu einer Interessenabwägung 54. Bei ihr kommt es naturgemäß auf die Umstände des Einzelfalles a n 5 5 , wenngleich der verfassungsrechtliche Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen stark für ihren Vorrang gegenüber dem Informationszugangsinteresse spricht (vgl. Rn. 16).

18

Weiterer, spezieller Bestimmungen bedarf es i m Rahmen des § 8 Abs. 1 S. 1 und S. 2 nicht. Das IFG ist auch im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge anwendbar 56 , doch bestehen insoweit abschließende und vorrangige Spezialgesetze zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (z. B. § 111 G W B ) oder zur Vertraulichkeit der Angebote (z. B. § 15 S. 1 VgV). Einer ausdrücklichen Regelung des Wettbewerbsschutzes 57 bedarf es auch im Übrigen nicht; er ist als

19

51 Drastisch Berg, GewArch 1996, 177 (182): behördlicher „Totalablehnungskurs" wäre Missbrauch des Geheimnisschutzes.

52 V G München, GewArch 1996, 173 (174) = N V w Z 1996, 410 (411). 53 Da § 8 Abs. 1 S. 1 einen sog. absoluten Geheimnisschutz nicht vorsieht, werden Betriebs· und Geschäftsgeheimnisse gegenüber der zuständigen Stelle offenbart; diese hat dann i m Verhältnis zu anderen Privaten den Geheimnisschutz zu wahren. Instruktiv zu der Problematik Breuer, N V w Z 1986, 171 (175 f.). 54 Vgl. dazu Nordmann, R D V 2001, 71 (77). 55 IFG-RefE, S. 35, erklärt Betriebsgeheimnisse für nachrangig, wenn sich aus ihnen Anhaltspunkte für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben können; bei behördlichen Akten zu einer Privatisierung sei der Umstand der Transparenz i m Sinne der Korruptionsbekämpfung zu beachten. 56 Vgl. Nordmann, R D V 2001, 71 (77). 57 So § 6 Abs. 2 E-IFG, allerdings nur in Bezug auf laufende Verwaltungsverfahren.

122

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

wichtiger Unterfall i m Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses enthalten. Andererseits ist auch die explizite Herausnahme strafbarer Handlungen 58 sowie von Angaben über Gesundheitsgefährdungen 59 aus den schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen nicht vonnöten, da es sich ohnehin um gegenläufige öffentliche Belange handelt, die im Rahmen der Abwägungsentscheidung zur Geltung gebracht werden können. Absatz 1 Satz 2 dient der Bekräftigung und Verstärkung derartiger Belange; auf die Begründung zu § 7 Abs. 2 kann Bezug genommen werden. Verzichtet wird in § 8 Abs. 1 schließlich auf einen sog. Negativkatalog, wie er i m Umweltinformationsrecht teilweise gebräuchlich i s t 6 0 . Er klammert Tatsachen, Vorgänge und Umstände, die an sich unter Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse fallen können, von diesem Rechtsbegriff aus und entzieht sie damit durch bloße Begriffsbestimmung von vornherein dem Geheimnisschutz. Damit ist eine abweichende Würdigung des Einzelfalles untersagt. Die Komplexität der Betriebsund Geschäftsverhältnisse zeigt jedoch, dass es keine Unternehmensdaten gibt, die a limine eines rechtlichen Schutzes unwürdig sind 6 1 . Daher kann auf eine Einzelfallbeurteilung in der Regel nicht verzichtet werden 6 2 .

ee) Schutz des geistigen Eigentums Absatz 1 Satz 3 bezweckt den Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere von Urheberrechten. Stehen diese dem Informationszugang entgegen, gibt es kein Recht auf Informationszugang 63 . Die Bestimmung ist als Rechtsfolgenverweisung zu Absatz 1 Satz 1 zu verstehen und in Anlehnung an Regelungen des geltenden Rechts formuliert. Nach § 220 Abs. 1 Nr. 6 UGB-KomE besteht der Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen nicht, soweit Urheberrechte entgegenstehen. Abweichend hiervon normiert § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 U I G den „Schutz geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte". Dadurch werden auch Patent-, Lizenz-, Warenzeichen·, Marken-, Geschmacks- und Gebrauchsmuster- sowie Verlagsrechte erfasst 64 . Die UGB-Kommission hat zugunsten ihrer Formulierung geltend gemacht, dass Patente, Warenzeichen etc. veröffentlicht werden, so dass ihrer Geheimhaltung nach dem U I G keine Bedeutung zukomme 6 5 . Bis zum Wirksam-

58 So § 7 S. 2 IFG Bln. 59 So § 8 IFG Bin, allerdings nur für den Regelfall; dazu Partsch, L K V 2001, 98 (99). Vgl. § 22 Abs. 3 ChemG; § 17a Abs. 2 GenTG. - Derartige Negativlisten sind durch bereichsspezifische Sonderregelungen des EG-(Umwelt-)Rechts vorgegeben; vgl. Nachw. in U G B - K o m E , Begründung S. 841. 61

Verfassungsrechtliche Bedenken daher bei Breuer, N V w Z 1986, 171 (173).

62 Fluck, N V w Z 1994, 1048 (1055). 63

Ebenso Lindemann, in: Friedersen / Lindemann, IFG SH, § 11 Anm. 3, obwohl § 11 IFG SH eine Regelung nicht kennt, die Absatz 1 Satz 3 entspricht. 64 Turiaux, UIG, § 8 Rn. 26. 65 Aus der Praxis zum „Jedermann-Recht" auf Akteneinsicht nach dem GebrMG B G H , JZ 1999,212.

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen werden jener Rechte werde der notwendige Schutz durch die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gewährleistet. Zu regeln bleibe der Schutz der Urheberrecht e 6 6 . In der Tat steht dem Urheber gemäß § 12 UrhG das Recht zu, über die Veröffentlichung seines Werkes zu entscheiden 67 . Da beim Urheberrecht weder eine Eintragung (in ein Register) erfolgt noch die Publizität durch Einsichtsrechte hergestellt wird, muss § 12 UrhG dadurch Rechnung getragen werden, dass das Schutzbedürfnis der betroffenen Informationen im IFG anerkannt w i r d 6 8 . Wenn mit § 8 Abs. 1 S. 3 dennoch die weitere Formulierung („Schutz geistigen Eigentums") vorgeschlagen wird, so ist dies i m Sinne einer gewissen Zukunftsoffenheit zu verstehen 69 .

b) Mitwirkungspflichten Betroffener (Absatz 2) Absatz 2 ist im Wesentlichen § 225 Abs. 2 UGB-KomE nachgebildet. Diese Regelung dient sowohl dem Schutz des Geheimnisträgers als auch dem Offenbarungsinteresse der Öffentlichkeit sowie Dritter und zielt insbesondere auf die Vorbereitung der Entscheidung der öffentlichen Stelle darüber, ob ein Betriebsoder Geschäftsgeheimnis vorliegt 7 0 . Satz 1 verpflichtet den Betroffenen, geheimhaltungsbedürftige Angaben zu kennzeichnen, getrennt vorzulegen und die Existenz eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses im Einzelnen darzulegen. Diese Bestimmung ist präziser als § 8 Abs. 2 S. 3 U I G und macht - anders als das geltende Umweltinformationsrecht, jedoch in Ubereinstimmung mit § 225 Abs. 2 S. 1 UGB-KomE - den Interessennachweis des Betroffenen obligatorisch 7 1 . Ohne eine entsprechende Grundlage sind der öffentlichen Stelle Kenntnis und Bewertung eventueller Geheimhaltungsinteressen sowie die Abwägung mit gegenläufigen Interessen nicht möglich 7 2 . Im Vergleich zu Vorschriften des geltenden Rechts stellt Absatz 2 Satz 1 eine Verschärfung ζ. B. gegenüber § 10 Abs. 2 66 U G B - K o m E , Begründung S. 836. 67 Vgl. dazu M. Rehbinder, Urheberrecht, 11. Aufl. 2001, Rn. 75 ff. - I m Zusammenhang mit der Erstellung von Gutachten u.ä. weist Scherzberg, DVB1 1994, 733 (741), darauf hin, dass das Werk von dem Privaten für einen Verwaltungsträger erstellt sein kann, so dass diesem dann die Nutzungsrechte eingeräumt seien. Einschlägig ist insoweit § 31 UrhG. Vgl. dazu auch Lindemann, in: Friedersen/Lindemann, IFG SH, § 11 Anm. 3. 68 Einzelheiten zur Parallele in § 8 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 U I G bei Fluck, N V w Z 1994, 1048 (1050 f.). 69 Turiaux, UIG, § 8 Rn. 27, nennt z.B. auch noch Verlags- und Lizenzrechte. - Nach IFGRefE, S. 35, wird auch die Tätigkeit von Hochschulen und Forschungseinrichtungen i m Bereich von Kunst, Forschung, Wissenschaft und Lehre nach Art. 5 Abs. 3 GG erfasst. 70 UGB-KomE, Begründung S. 843. - Vgl. ferner Angelov, Staatsbürgerlicher Informationszugangsanspruch, S. 246 f. 71 Bewusst entgegengesetzt § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 A I G Bbg. A u f eine ausdrückliche Kennzeichnung als „Geheimnis" wurde verzichtet; vgl. Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (256). 72 Berg, GewArch 1996, 177 (183). - Vgl. auch oben Text zu Fn. 22.

21

124

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

B I m S c h G 7 3 dar. Jedoch sehen bereits § 22 Abs. 2 ChemG sowie § 17a Abs. 1 S. 1 und S. 2 GenTG vor, dass ein Geheimnisträger begründet darzulegen hat, dass Betriebs· oder Geschäftsgeheimnisse vorliegen und deren Verbreitung ihm betrieblich oder geschäftlich schaden könnte. Eine Uberforderung Betroffener kann in § 8 Abs. 2 S. 1 also nicht gesehen werden 7 4 . Liegen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse vor, die pflichtgemäß kenntlich gemacht sind, führt dies unter den Voraussetzungen von Absatz 4 zur Anhörung des Betroffenen. 22

Absatz 2 Satz 2 ist in Anlehnung an § 225 Abs. 2 S. 2 U G B - K o m E formuliert. Das IFG muss dem Umstand Rechnung tragen, dass öffentliche Stellen vielfach nur deshalb in den Besitz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gelangen, weil ζ. B. ein Anlagengenehmigungsverfahren in Gang gesetzt wird, für das eine Beteiligung Dritter vorgegeben ist. Vor diesem Hintergrund wird ein Ausgleich zwischen dem Informationszugangsinteresse Dritter und dem Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen dadurch angestrebt, dass der Betroffene „zur Vorlage einer zusammenfassenden Darstellung des Inhalts der geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen verpflichtet w i r d " 7 5 .

c) Weitere Mitwirkungsobliegenheit (Absatz 3) 23

Absatz 3 ist § 225 U G B - K o m E nachgebildet. Bei Satz 1 geht es - anders als bei Absatz 2 Satz 2 - originär um den Geheimnisschutz, außerhalb behördlicher Zulassungsverfahren, also um eine zusammenfassende Darstellung im Rahmen des allgemeinen Informationszugangsrechts. Betroffen sind insbesondere Angaben außerhalb eines Verfahrens mit Drittbeteiligung, so dass eine zusammenfassende Darstellung bislang nicht notwendig gewesen i s t 7 6 . Satz 2 sanktioniert die schuldhafte Nichtvorlage der geforderten Darstellung durch Offenbarung der „regulären" geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen.

d) Gewährung rechtlichen Gehörs (Absatz 4) 24

Absatz 4 dient in erster Linie der Gewährung rechtlichen Gehörs. Dazu finden sich Vorschriften auch im geltenden Informationszugangsrecht 77 . Indem Satz 1 in73 Dessen Anforderungen werden in der Praxis als durchaus erfüllbar erachtet; vgl. V G München, GewArch 1996, 173 (174 f.) = N V w Z 1996, 410 (411). Zur Missachtung des § 10 Abs. 2 BImSchG instruktiv NdsOVG, NJW 1995, 2053. 74

Es muss sichergestellt werden, dass der Betroffene nicht nur pauschale Hinweise und bloße Behauptungen bietet; Turiaux, UIG, § 8 Rn. 130. 75 So U G B - K o m E , Begründung S. 843, mit ergänzendem Hinweis darauf, dass diese Darstellung die entsprechenden Unterlagen insbesondere in Verfahren ersetze, in denen Antragsunterlagen auszulegen seien. 76 U G B - K o m E , Begründung S. 844, mit der weiter gehenden Erwägung, zur effektiven Gewährleistung des Informationszugangsrechts müsse die Behörde die zusammenfassende Darstellung grundsätzlich verlangen.

§ 8 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des § 7 Abs. 4 in Bezug nimmt, gilt vor der Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht nur das grundsätzliche Anhörungsgebot, sondern - abweichend von den Parallelbestimmungen im geltenden Recht - auch das ausnahmsweise Absehen von der Anhörung. In einem solchen Fall muss ferner die unverzügliche Unterrichtung des Betroffenen vorgenommen werden. Absatz 4 Satz 2 ist in Anlehnung an § 225 Abs. 4 UGB-KomE gebildet. Die Bestimmung legt nicht nur das Anhörungsgebot gleichsam „nach vorne", sondern dokumentiert (i.V.m. Satz 3) außerdem, dass letztlich die öffentliche Stelle über das Vorliegen eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses entscheidet 78 . Ist sie mit der entsprechenden Kennzeichnung durch den Betroffenen nicht einverstanden, muss sie diesen grundsätzlich anhören. Vergleichbare Vorschriften finden sich vereinzelt im Besonderen Verwaltungsrecht 79 .

25

Absatz 4 Satz 3 lehnt sich an § 8 Abs. 2 S. 2 U I G an. Dabei handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung. Zu § 8 Abs. 2 S. 2 U I G besteht Einigkeit darüber, dass es sich nur um eine Verfahrensregelung handelt, dass die Vorschrift jedoch keine Kennzeichnungspflicht für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse statuiert 80 . Umstritten ist, ob die Regel Vermutung nur positiv w i r k t 8 1 oder ob sie auch eine negative Vermutung begründet 82 . I m erstgenannten Fall muss bei einer Unterlassung der Kennzeichnung als „vertraulich" oder „geheim" etc. die öffentliche Stelle dennoch prüfen, ob ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt. Im anderen Fall darf bei fehlender Kennzeichnung (bis zum Beweis des Gegenteils) davon ausgegangen werden, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht gegeben sind. Dieser Streit ist für das IFG dadurch entschieden, dass gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 eine Kennzeichnungspflicht angeordnet ist. § 8 Abs. 4 S. 3 begründet eine negative Vermutung.

26

e) Unterrichtungspflicht Betroffener (Absatz 5) Absatz 5 ist in Anlehnung an § 225 Abs. 5 U G B - K o m E formuliert. Diese BeStimmung geht auf § 16 Nr. 6 ChemG zurück und verallgemeinert diese Vorschrift 8 3 . Nach ihr muss der Anmeldepflichtige der Anmeldestelle die selbst veranlasste Veröffentlichung von Angaben, die nach § 22 Abs. 2 ChemG als vertraulich zu kennzeichnen waren, unverzüglich schriftlich mitteilen.

77 § 6 Abs. 3 S. 2 A I G Bbg; § 14 Abs. 2 S. 1 IFG Bin; § 11 Abs. 2 IFG SH; § 8 Abs. 2 S. 1 UIG. 78 Ebenso Turiaux,

UIG, § 8 Rn. 123; U G B - K o m E , Begründung S. 844.

79 § 10 Abs. 3 S. 2 der 9. BImSchV; § 17a Abs. 1 S. 3 GenTG. 80 Turiaux, UIG, § 8 Rn. 124. 81 So Fluck, N V w Z 1994, 1048 (1056); Theuer, N V w Z 1996, 326 (331). 82 So Turiaux, UIG, § 8 Rn. 124 ff. 83 So U G B - K o m E , Begründung S. 844.

27

§9 B e r t e

Informationszugangsreht

(1) Soweit nach den §§ 5 bis 8 der unbeschränkte Zugang zu Informationen ausgeschlossen ist oder seitens der öffentlichen Stelle abgelehnt wird, besteht ein Anspruch auf Zugang zu den übrigen Informationen, die nicht der Geheimhaltung unterliegen (beschränktes Informationszugangsrecht). 2 Zur Gewährleistung des beschränkten Informationszugangsrechts sind die geheimhaltungsbedürftigen Angaben durch Schwärzung oder auf andere Weise unkenntlich zu machen. (2) 1 Ist die Geheimhaltung durch Maßnahmen nach Absatz 1 nicht gewährleistet, hat die öffentliche Stelle die geheimhaltungsbedürftigen Teile auszusondern. 2 Die Aussonderung kann auch durch Ablichtung der nicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen erfolgen. (3) 'ist die Geheimhaltung durch Maßnahmen nach Absatz 1 oder 2 nicht gewährleistet, erfolgt der Informationszugang durch Auskunftserteilung. 2 Dasselbe gilt, wenn die Unkenntlichmachung nach Absatz 1 Satz 2 oder die Aussonderung nach Absatz 2 mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. (4) Art und Umfang der Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 sind von der öffentlichen Stelle zu vermerken. Parallelvorschriften: weltinformationsrecht: 2001 / E G .

§ 12 IFG Bin; § 6 Abs. 2 A I G Bbg; § 14 IFG SH. - Um§ 4 Abs. 2 UIG. - EG-Recht: Art. 4 Abs. 6 V O 1049/

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-8

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

3

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

6

4. Rahmenbedingungen

8

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen 2. Zur Regelung im Einzelnen

9-17 9 11

a) Anspruch auf beschränkten Informationszugang (Absatz 1)

11

b) Aussonderung von Informationen (Absatz 2)

13

c) Informationszugang durch Auskunftserteilung (Absatz 3)

15

d) Dokumentation der Maßnahme (Absatz 4)

17

§ 9 Beschränktes Informationszugangsrecht

127

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung § 9 normiert das beschränkte Informationszugangsrecht. In dem Konflikt zwischen Informationszugangsfreiheit und konkurrierenden Schutzrechten Dritter bzw. öffentlicher Stellen soll der Informationszugang nicht pauschal verweigert werden (können), wenn ihm schutzwürdige Interessen entgegenstehen. Die öffentliche Stelle ist vielmehr gehalten, das betreffende Informationsmaterial dergestalt zu sichten und aufzubereiten, dass die nicht geheimhaltungsbedürftigen Informationsteile dem Antragsteller zugänglich gemacht werden 1 . Die Regelung statuiert objektivrechtlich eine Pflicht der öffentlichen Stelle und subjektivrechtlich einen Anspruch des Antragstellers 2 . Die Ausgestaltung des beschränkten Informationszugangsrechts erfolgt in einem graduell abgestuften System. A n der Spitze steht die bloße Unkenntlichmachung (insbes. Schwärzung) geheimhaltungsbedürftiger Informationen (Absatz 1). Ihr folgt die Aussonderung; diese Form der Geheimhaltung kann nicht nur durch Abtrennung geheimhaltungsbedürftiger Informationen, sondern auch durch Vervielfältigung (ζ. B. Ablichtung) zugänglicher Informationen verwirklicht werden (Absatz 2). Ist die Geheimhaltung bei der Gewährung eines unmittelbaren Informationszugangs nicht gewährleistet, tritt an dessen Stelle das Recht auf Auskunftserteilung (Absatz 3). Die von ihr vorgenommenen Maßnahmen hat die öffentliche Stelle zu dokumentieren (Absatz 4).

2. Bisherige Rechtslage Das allgemeine Verwaltungsinformations recht der Länder Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein kennt ebenfalls Bestimmungen zum beschränkten Informationszugang 3 . Diese landesgesetzlichen Parallelvorschriften normieren allerdings jeweils nur Teilaspekte der in § 9 vorgeschlagenen Regelung. I m Umweltinformationsrecht enthielt das U I G ursprünglich keine ausdrückliche Bestimmung zum beschränkten Informationszugang, obwohl Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 U I R L die EG-Mitgliedstaaten verpflichtet, eine auszugsweise Übermittlung von Umweltinformationen vorzusehen, wenn geheimhaltungsbedürftige Interessen berührt werden und wenn sich die betreffenden Informationen aussondern lassen. In dem Mangel einer ausdrücklichen UIG-Bestimmung zur auszugsweisen Übermittlung von Informationen über die Umwelt hat der EuGH einen Richtlinienvorstoß seitens der Bundesrepublik Deutschland gesehen 4 . Die bloße Erwähnung der aus-

1 Breidenbach/Palenda, 2

L K V 1998, 252 (257).

In diesem Sinne zum Umweltinformationsrecht auch Scherzberg, DVB1 1994, 733 (744).

3 § 6 Abs. 2 A I G Bbg; § 12 IFG Bin; § 14 IFG SH.

128

§ 9 Beschränktes Informationszugangsrecht

zugsweisen Übermittlung von Informationen für Zwecke der Gebührenerhebung in Nr. 3.3 des Gebühren Verzeichnisses erschien dem Gerichtshof nicht geeignet, die Verpflichtung aus Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 U I R L in eindeutiger Weise umzusetzen 5 . Mittlerweile hat der Bundesgesetzgeber reagiert und einen neuen § 4 Abs. 2 U I G geschaffen; danach ist die Aussonderung von Informationen vorgesehen, wenn gegenüber dem Informationszugangsbegehren ein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § § 7 oder 8 U I G vorliegt. I m Allgemeinen Verwaltung s re cht liegen neuerdings Erfahrungen zu §§ 29, 30 V w V f G bei der Akteneinsicht von Wettbewerbern auf dem TK-Markt vor. Die Reg TP befürwortet und praktiziert Schwärzungen zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse verfahrensbeteiligter Wettbewerber, damit durch die Gewährung von Akteneinsicht an Konkurrenten keine Rückschlüsse auf interne Prozesse und Kostenkalkulationen des Wettbewerbers ermöglicht werden 6 .

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht Breite Erfahrungen mit einem nur eingeschränkten Informationszugang im geltenden Recht liegen - öffentlich dokumentiert - bislang nicht vor. Immerhin hat sich im Umweltinformationsrecht nach der einschlägigen Entscheidung des E u G H 7 die Einsicht durchgesetzt, dass der partielle Informationszugang möglich und rechtlich geboten ist. Für die Bundesverwaltung wird daraus die Konsequenz durch § 9 Satz 1 IFG-RefE zu ziehen versucht. Ohne Preisgabe geheimhaltungsbedürftiger Informationen sei der Informationszugang auch dann möglich, wenn diese Informationen ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand abgetrennt oder geschwärzt werden könnten; dies ergebe sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 8 . Ein gewisses Unverständnis mit entsprechenden rechtlichen Vorgaben wird aus der Berliner Verwaltung vermeldet. Dortige Behörden weisen auf den großen Zeitaufwand hin, der mit umfangreichen Schwärzungen verbunden sei. Gefordert wird die Einräumung einer gesetzlichen Ermessensentscheidung für die Verwaltung, statt der Akteneinsicht nur Aktenauskunft zu gewähren (oder umgekehrt), wenn

4 EuGH, Slg. I 1999, 5087 = DVB1 1999, 1494 = N V w Z 1999, 1209 = E u Z W 1999, 763 = EuR 2000, 2 1 8 - T z . 34ff. 5 EuGH (Fn. 4) Tz. 37: Gebührenbestimmung i m Anhang einer nationalen Regelung kein angemessenes Mittel zur Umsetzung außenwirksamen Rechts. - Keine Anerkennung als zureichender Umsetzungsakt fanden auch die „soweit"-Klauseln in §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 U I G ; zustimmend Kugelmann, Informatorische Rechtsstellung, S. 203 f.; krit. dagegen E Becker, N V w Z 1999, 1187 (1188), sowie Heselhaus, E u Z W 2000, 298 (301).

6 Reg TP, M M R 1999, 114 (116); Reg TP, K & R 1999,471 (472). 7

Vgl. Nachw. oben Fn. 4.

» IFG-RefE, S. 40 (Begründung zu § 9 Satz 1 des RefE).

§ 9 Beschränktes Informationszugangsrecht

129

die Gewährung des beantragten informationszugangs einen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde 9 .

4. Rahmenbedingungen Ausdrückliche Vorgaben für § 9 (im EG-Recht oder im Verfassungsrecht) bestehen nicht. Ein gesetzessystematischer Rahmen ergibt sich jedoch aus §§ 1 und 2 Abs. 1 einerseits sowie §§ 5 bis 8 andererseits. Das Aufeinanderprallen antinomischer Interessen müßte bei einer „entweder-oder-Entscheidung" das eine Interesse vollständig schützen und das andere Interesse komplett zurückstellen. Ein verhältnismäßiger Ausgleich und eine angemessene Zuordnung beiderseitig schützenswerter Interessen könnte darin nicht gesehen werden 1 0 . Vor diesem Hintergrund kann das verfassungsrechtliche Übermaßverbot als Rahmenbedingung erachtet werden, die es auch rechtspolitisch gebietet, die Informationszugangsfreiheit in ein angemessenes Verhältnis zu gegenläufigen öffentlichen und privaten Interessen zu setzen.

8

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen Indem der Informationszugang nicht pauschal verweigert wird, wenn schutzwürdige Interessen dem Grunde nach entgegenstehen, sondern eine Differenzierung nach Art und Umfang des Informationszugangs stattfindet, wird ein dem Übermaßverbot verpflichtetes Modell konzipiert. Leitidee ist dabei das System einer graduellen Abstufung, das den Anspruch auf Informationszugang nur in dem Maße zurücknimmt, in dem es zum Schutz von Geheimhaltungsinteressen erforderlich ist. Daraus entsteht ein dreistufiges Modell, das sich an § 9 E-IFG anlehnt 1 1 : (1) Nach Möglichkeit soll der Informationszugang gewährleistet bleiben, indem geheimhaltungsbedürftige Angaben lediglich geschwärzt oder auf andere Weise unkenntlich gemacht werden. (2) Kann die notwendige Geheimhaltung auf diese Weise nicht bewerkstelligt werden, hat die öffentliche Stelle geheimhaltungsbedürftige Informationen auszusondern. (3) Nur wenn auch dadurch die Geheimhaltung nicht gewährleistet werden kann, tritt an die Stelle des unmittelbaren Informationszugangs die Auskunftserteilung.

9 10

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 4. Lindemann, in: Friedersen /Lindemann, IFG SH, Anm. zu § 14.

h Erläuternd dazu Häfner/Gerlach, 9 Informationsfreiheitsgesetz

ZRP 1998, 123 (126).

9

130 10

§ 9 Beschränktes Informationszugangsrecht

Die Verwirklichung dieses Konzepts setzt solide Informationen der öffentlichen Stelle voraus, damit diese den ausgewogenen rechtsnormativen Differenzierungen in der Praxis durch einzelfalladäquate Entscheidungen Rechnung tragen kann. M i t Blick auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erweist sich - auch - in diesem Zusammenhang der hohe Wert der i m Umweltinformationsrecht schon früh geforderten „geeigneten Inhaltsdarstellung des Unternehmers" 12 . Gerade in Wettbewerbsverhältnissen mit Regulierungs-, Aufsichts- oder Kontrollbehörden, die i m Besitz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Konkurrenten sind, könnte die in § 8 Abs. 2 vorgeschlagene Regelung für die Sicherstellung des beschränkten Informationszugangs große Bedeutung erlangen.

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Anspruch auf beschränkten Informationszugang (Absatz 1 ) 11

Absatz 1 normiert in Satz 1 den Anspruch auf beschränkten Informationszugang, wenn dem Grunde nach Gegenrechte gemäß §§ 5 bis 8 bestehen. Unbeachtlich ist für die Anerkennung des beschränkten Informationszugangsrechts, ob der unbeschränkte Informationszugang kraft Gesetzes ausgeschlossen ist oder auf Grund behördlicher (Ermessens-)Entscheidung verhindert wird. In beiden Konstellationen bedarf es der Prüfung, ob unter Wahrung der rechtlich verbrieften Schutzinteressen ( § § 5 bis 8) ein Zugang zu den nicht der Geheimhaltung unterliegenden Informationen stattfinden kann.

12

Ein probates Mittel zur Gewährleistung des beschränkten Informationszugangs ist die Schwärzung geheimhaltungsbedürftiger Angaben (Satz 2 ) 1 3 . Sie kann insbesondere zum Schutz personenbezogener Daten in Betracht kommen 1 4 . Die Praxis zeigt, dass sie aber auch zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen geeignet ist; dabei erfolgt eine Einzelfallprüfung daraufhin, inwieweit derartige Geheimnisse zu schützen und damit zu schwärzen sind 1 5 . Die Schwärzung markiert allerdings nur eine bestimmte, sehr bekannte Methode zum Schutz geheimhaltungsbedürftiger Angaben. Deshalb weist Satz 2 ausdrücklich auf sonstige Möglichkeiten zur Unkenntlichmachung hin. Geschuldet ist von der öffentlichen Stelle nicht eine bestimmte Verfahrensweise, sondern das Ergebnis: Gewährung eines beschränkten Informationszugangsrechts bei gleichzeitiger Wahrung geschützter entgegenstehender öffentlicher oder privater Interessen.

12 Scherzberg, DVB1 1994, 733 (744). 13

A m Beispiel des Umweltinformationsrechts BVerwGE 108, 369 (379).

14 So Begründung zu § 9 Abs. 1 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 11. 15 Vgl. Reg TP, M M R 1999, 114 (116); Reg TP, K & R 1999,471 (472).

§ 9 Beschränktes Informationszugangsrecht

131

b) Aussonderung von Informationen (Absatz 2) Die Unkenntlichmachung (insbes. Schwärzung) ist nicht in jedem Fall geeignet, den notwendigen Schutz geheimhaltungsbedürftiger Angaben zu gewährleisten. Gleichwohl muß dies nicht bedeuten, dass ein Informationszugang dann vollständig ausgeschlossen ist. Vielmehr können im Wege der Aussonderung diejenigen Informationen dem Zugang entzogen werden, die geheimhaltungsbedürftig sind 1 6 . Zwar stellt die Aussonderung eine weitergehende Beschränkung des Informationszugangs dar als die Unkenntlichmachung 1 7 . Im Vergleich zur vollständigen Versagung des Informationszugangs ist sie jedoch die mildere Maßnahme. I m Verhältnis zu Absatz 1 hat Absatz 2 das Gebot der Erforderlichkeit zu wahren; Satz 1 in Absatz 2 bringt dies unmissverständlich zum Ausdruck.

13

I m Falle der Akteneinsicht - als herkömmlicher Form des Zugangs zu Verwaltungsinformationen - erfolgt die Aussonderung üblicherweise durch Abtrennung der geheimhaltungsbedürftigen Aktenteile. Denkbar ist aber auch das umgekehrte Vorgehen, indem ζ. B. durch Ablichtung oder sonstige Formen der Vervielfältigung der nicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen der beschränkte Informationszugang gewährleistet w i r d 1 8 . Eine Rang- oder Reihenfolge ist in Absatz 2 nicht vorgegeben. Welche Form der Aussonderung gewählt wird, entscheidet die öffentliche Stelle 1 9 . Auch insoweit gilt, dass das Ergebnis (d. h. der beschränkte Informationszugang) geschuldet wird und nicht etwa eine bestimmte Form der Gesetzesausführung.

14

c) Informationszugang durch Auskunftserteilung (Absatz 3) Sollten sowohl Unkenntlichmachung als auch Aussonderung zum Schutz geheimhaltungsbedürftiger Informationen nicht geeignet sein, kann ein unmittelbarer Informationszugang nicht stattfinden. A n seine Stelle tritt nach Satz 1 das Recht auf Auskunftserteilung. Zwar handelt es sich bei dieser - letzten - Möglichkeit der Information nur noch um einen mittelbaren Zugang zu den Originalinhalten der Informationsquelle 20 . Dennoch ist die Einräumung eines derartigen Anspruchs gegenüber der Ablehnung jeglicher Informationen (aus Gründen der §§ 5 bis 8) 16 Vgl. BVerwGE 108, 369 (379); V G München, GewArch 1996, 173 (174) = N V w Z 1996,410(411). 17 So Begründung zu § 9 Abs. 2 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 11. - Vgl. ferner (in Bezug auf das Datenschutzrecht) Globig, FS Rudolf, S. 441 (452): Akteneinsicht als „optimale Grundrechtsverwirklichung". 18 Ebenso § 12 Satz 2 IFG Bln. 19 In diesem Sinne auch die offene Formulierung in § 9 Abs. 2 S. 2 E-IFG; danach kann die Abtrennung geheimhaltungsbedürftiger Informationsteile „sowohl durch die Entnahme aus der Originalakte als auch durch die Erstellung einer Ablichtung der nicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen erfolgen". 20 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (44); dies., R D V 2001, 71 (79). 9*

15

§ 9 Beschränktes Informationszugangsrecht vorzugswürdig. Verlangen schützenswerte Geheimhaltungsinteressen eine Auskunftsverweigerung, muss die Möglichkeit von Teilauskünften geprüft werden 2 1 . 16

Satz 2 ermöglicht die bloße Auskunftserteilung auch dann, wenn die Schwärzung bzw. sonstige Unkenntlichmachung oder die Aussonderung mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre 2 2 . Zum Schutz der öffentlichen Stelle ist in einem solchen Fall das Recht auf unmittelbaren Informationszugang reduziert auf den Anspruch auf Erteilung einer Auskunft 2 3 . Da es sich um einen „unverhältnismäßig hohen Aufwand" handeln muß, dürfen die Anforderungen an das Absehen von einer Aussonderung nicht zu niedrig gestellt werden 2 4 . Als Beispiel wird in der Gesetzgebungspraxis angeführt, dass ζ. B. zur Beantwortung einer einzelnen konkreten Frage eine Vielzahl von Aktenordnern Seite für Seite durchzublättern wäre 2 5 . Demgegenüber mag es sein, dass Auskunft ohne weiteres erteilt werden kann. M i t der in Absatz 3 Satz 2 vorgeschlagenen Regelung wird einem Bedürfnis der Praxis (vgl. Rn. 7) Rechnung getragen.

d) Dokumentation der Maßnahme (Absatz 4) 17

Absatz 4 verpflichtet die öffentliche Stelle zur Dokumentation der nach Absatz 1, 2 oder 3 getroffenen Maßnahme 2 6 . Dies kann bedeutsam werden bis hin zur Erfüllung von Beweiszwecken in einem Rechtsstreit 27 . Eine vergleichbare Vorschrift findet sich in § 12 Satz 3 IFG Bln.

21 BVerfG, DVB1 2001, 275 (277) = N V w Z 2001, 185 (186) am Beispiel der grundrechtskonformen Deutung von § 50 A S O G Bln. 22 Ebenso § 6 Abs. 2 S. 2 A I G Bbg; grundsätzlich a.A. Lindemann, in: Friedersen /Lindemann, IFG SH, Anm. zu § 14. 23 So LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 10. 24 Partsch, NJ 1998, 346 (350) und NJW 1998, 2559 (2562). 25 Vgl. LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 10. Dies konzediert auch Lindemann, Friedersen / Lindemann, IFG SH, Anm. zu § 14.

in:

26 Auch IFG-RefE, S. 40 (Begründung zu § 9 Abs. 1 S. 1 des RefE), verlangt, dass die Abtrennung oder Schwärzung kenntlich gemacht wird; eine entsprechende Regelung findet sich in § 9 IFG-RefE jedoch nicht. 27 Ebenso am Beispiel der Auskunftsverweigerung BVerfG, DVB1 2001, 275 (277) = N V w Z 2001, 185 (187): Die Gründe seien aktenkundig zu machen, so dass sie der gerichtlichen Überprüfung zugänglich wären.

Dritter Abschnitt Verfahren Vorbemerkung zu §§ 10 bis 14 Die materiellrechtliche Ausgestaltung des Informationszugangsrechts bedarf der Absicherung durch verfahrensrechtliche Vorkehrungen. Praktische Erfahrungen aus dem Umweltinformationsrecht zeigen, dass Behörden immer wieder den Informationszugang ohne (nachvollziehbare) Begründung verweigern oder nur mit großer Verspätung gewähren oder durch entsprechende Kostenerhebung erschweren etc. 1 . Mitursächlich hierfür ist das weitgehende Fehlen von Verfahrens Vorschriften; § § 5 und 6 U I G treffen nur rudimentäre Aussagen zum Procedere des Informationszugangs. M i t dem Gemeinschaftsrecht dürfte dies kaum vereinbar sein, denn Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 U I R L verpflichtet die EG-Mitgliedstaaten zum Erlass von „praktischen Regeln . . . , nach denen . . . Informationen tatsächlich zugänglich gemacht werden" 2 . Auch in Bezug auf die verfahrensrechtliche Ausgestaltung des Informationszugangs muss erkannt werden, dass bestehende Interessengegensätze auszutarieren sind. Der Antragsteller hat naturgemäß ein Interesse an einem möglichst weitgehenden Zugang zu ungefiltertem Informationsmaterial; das Interesse der in Anspruch genommenen öffentlichen Stelle kann demgegenüber auf eine möglichst „schonende" Abwicklung der Informationsgewährung ohne großen personellen und sächlichen Aufwand und ohne allzu große Störung des Dienstbetriebes gerichtet sein 3 . Das muss nicht notwendigerweise auf ein „Mauern" seitens der Verwaltung hinauslaufen 4 . Aber die - dem mit dem IFG vorgeschlagenen Grundsatz der Informationsfreiheit entgegenstehende - deutsche Verwaltungstradition der sog. „beschränkten Aktenöffentlichkeit" gebietet es, einer aus alter Gewohnheit drohenden „normativen Kraft des Faktischen" durch prozedurale Vorkehrungen entgegenzuwirken 5 . 1 Vgl. den Bericht von Lenius/Ekardt, Z A U 1998, 278 ff., über eine empirische Untersuchung des B U N D zur Anwendung des U I G in der Praxis am Beispiel von Umweltinformationen bezüglich der kommunalen Grundwassersanierung. 2 Scherzberg, DVB1 1994, 733 (744), stellt zutreffend fest, diese EG-Bestimmung verlange eine rechtssatzförmige Fixierung aller für die effektive Wahrnehmung des Informationszugangsrechts erforderlichen Regelungen.

3 Theuer, N V w Z 1996, 326 (332). 4 5

Befürchtungen insoweit bei Bachelin, GewArch 1996, 154 (156).

Zur Bedeutung verfahrensrechtlicher Sicherungen Kugelmann, stellung, S. 329 ff.

Informatorische Rechts-

134

Vorbemerkung 3. Abschn.: Verfahren

Die Verfahrensvorschriften i m Dritten Abschnitt sichern die ordnungsgemäße Durchführung des Informationszugangs. In der Tendenz sind sie - ohne berechtigte Verwaltungsinteressen zu vernachlässigen - bürgerfreundlich ausgestaltet 6 . Dies ist die folgerichtige Konsequenz der Statuierung eines Grundsatzes der Informationszugangsfreiheit; materielle Ausgestaltung und verfahrensrechtliche Absicherung müssen sich ergänzen. Unabhängig von diesem funktionalen Zusammenhang mit den materiellrechtlichen Regelungen des Informationszugangsrechts verfolgen die Verfahrens Vorschriften ein zweites, eigenständiges Ziel; sie erleichtern die Handhabung des Gesetzes in der Praxis und sorgen insbesondere für eine einheitliche Umsetzung der Informationszugangsfreiheit bei den öffentlichen Stellen 7 .

6 In diesem Sinne auch die Begründung zu §§ 13 ff. IFG Bin (Verfahren), Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 13/1623 S. 5: „Durch zahlreiche Vorschriften wird verhindert, dass die Verwaltung das Informationsrecht durch verzögerliche Bearbeitung von Anträgen, durch missbräuchliche Berufung auf Ausnahmetatbestände oder durch Versagung der erforderlichen sachlichen und technischen Voraussetzungen aushöhlt."

ι Häfner/Gerlach,

ZRP 1998, 123 (126).

§ 10 Antragstellung (1) 'Der Informationszugang wird auf Antrag gewährt. 2 Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift an die öffentliche Stelle zu richten, bei der die begehrten Informationen vorhanden sind. (2) ] Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein; er muss insbesondere erkennen lassen, auf welche Informationen er gerichtet ist. 2Fehlen Angaben zur hinreichenden Bestimmung der begehrten Information, nimmt die öffentliche Stelle eine fachgerechte Beratung vor. (3) Sind die Informationen bei der öffentlichen Stelle, bei der der Antrag gestellt worden ist, nicht vorhanden, hat diese Stelle dem Antragsteller unverzüglich die zuständige Stelle zu benennen, soweit ihr diese bekannt ist. Parallelvorschriften: § 13 Abs. 1 IFG Bin; § 6 Abs. 1 A I G Bbg; § 6 IFG SH. Umweltinformationsrecht: § 5 Abs. 1 UIG. - EG-Recht: Art. 6 V O 1049/2001/ EG. Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-6

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

3

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht II. Vorschlag

5 7-18

1. Leitvorstellungen

7

2. Zur Regelung i m Einzelnen

9

a) Schriftlichkeit der Antragstellung (Absatz 1 )

9

b) Bestimmtheit des Antrags (Absatz 2)

13

c) Antragstellung bei unzuständiger Stelle (Absatz 3)

17

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung Das Verfahren zur Entscheidung über den Informationszugang wird durch einen Antrag des Anspruchstellers eingeleitet. § 10 regelt die Modalitäten der Antragstellung. Diese beziehen sich insbesondere auf die Form (Absatz 1 ) und den Inhalt (Absatz 2), aber auch auf die Frage nach dem richtigen Adressaten (Absatz 3). Dabei werden - i m Sinne der bürgerfreundlichen Regelungstendenz (—> Vorb § 10

136

§ 1 0 Antragstellung

Rn. 3) - zugleich Reaktionsmöglichkeiten im Falle einer insuffizienten Antragstellung aufgezeigt. Der Regelungsgehalt des § 10 zielt insgesamt darauf, die Antragstellung mit einer Qualität zu versehen, die die öffentliche Stelle in eine entscheidungsfähige Situation versetzt. 2

Unberührt bleibt die objektivrechtliche Verpflichtung nach § 15. Die Informationsverzeichnisse dienen der generellen Information der Allgemeinheit. Allerdings kann die Einsichtnahme eines potentiellen Antragstellers in ein Informationsverzeichnis diesen bewegen, auf einen individuellen Antrag zu verzichten, wenn der Informationsbedarf bereits gedeckt ist. Möglich ist aber auch, dass der Einblick in das Informationsverzeichnis die Formulierung eines spezifischen und daher bestimmten Antrags gemäß § 10 erst ermöglicht oder begünstigt.

2. Bisherige Rechtslage 3

Im Verwaltungsinformationsrecht der Länder Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein finden sich ebenfalls Vorschriften, die Anforderungen an die Antragstellung vorsehen 1 . Regelungstiefe und Regelungsumfang dieser landesgesetzlichen Bestimmungen sind allerdings sehr unterschiedlich. Das Landesrecht kann nur bedingt als Vorbild für die hier vorgeschlagene Regelung fungieren. Eigenständig zu entwickeln ist vielmehr eine Bestimmung, die die wesentlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Antragstellung zum Zweck einer fairen und praktikablen Handhabung enthält.

4

I m Umweltinformationsrecht gibt es zur Antragstellung einzig in § 5 Abs. 1 U I G eine - eher dürftige - gesetzliche Vorgabe. Danach muss der Antrag hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Umweltinformationen er gerichtet ist.

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht 5

Zum geltenden Informationszugangsrecht liegen dokumentierte praktische Erfahrungen mit der Antragstellung nur vereinzelt vor. I m Landesrecht bereiten diejenigen Anträge Probleme, mit denen pauschal die Einsichtnahme in alle Akten zu einer bestimmten Thematik begehrt wird. In der Praxis behelfen sich Behörden mit einer Beratung von Antragstellern, worauf diese in der Regel den Antrag auf bestimmte Aktenteile beschränken 2 . Das EG-Recht trifft dazu sogar eine ausdrückliche Regelung 3 . ι § 6 Abs. 1 A I G Bbg; § 13 Abs. 1 IFG Bin; § 6 IFG SH. 2

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 4, mit dem weiteren Hinweis, dass nach Beratung in der Regel auch auf die Einsichtnahme in Daten von Dritten verzichtet werde. 3 Art. 6 Abs. 3 V O 1049/2001 / E G : Informelle Beratung der öffentlichen Stelle mit dem Antragsteller zur Findung einer angemessenen Lösung, wenn der Antrag ein sehr umfangreiches Dokument oder eine sehr große Zahl von Dokumenten betrifft.

§ 1 0 Antragstellung Auch zum Umweltinformationsrecht liegen aussagekräftige Praxisberichte zu Fragen der Antragstellung - soweit ersichtlich - nicht vor. Eine Durchsicht der Rechtsprechung zeigt, dass Probleme zu § 5 Abs. 1 U I G vor Gericht bislang nicht aufgetreten sind. Die Konflikte, die zu Rechtsstreitigkeiten geführt haben, entzündeten sich nicht an Fragen zur Antragstellung selbst, sondern an der behördlichen Befugnis zur Ermessensentscheidung über die Art der Informationsgewährung. I m IFG ist dies Regelungsgegenstand von § 12.

6

II. Vorschlag 7. Leitvorstellungen Die gesetzlichen Vorgaben für eine ordnungsgemäße Antragstellung verfolgen eine gewisse Schutzfunktion zugunsten der öffentlichen Stelle. Diese muss nicht von Amts wegen tätig werden, und indem Schriftlichkeit sowie Bestimmtheit vorgeschrieben sind, ist die notwendige Spezifizierung für eine präzise Informationsgewährung bereits in der Antragstellung verankert. A u f der anderen Seite zwingen die (Mindest-)Anforderungen des § 10 potentielle Antragsteller, sich selbst Klarheit über Informationsbegehren gegenüber öffentlichen Stellen zu verschaffen 4 . Angesichts der Statuierung eines „jedermann-Rechts" (§ 2 Abs. 1 ) muss verhindert werden, dass öffentliche Stellen durch unspezifische Informationsbegehren gleichsam „ins Blaue hinein" mit nicht oder kaum bescheidungsfähigen Anträgen belastet werden (vgl. oben Rn. 5).

7

A u f der anderen Seite dürfen die Anforderungen an die Antragstellung nicht zu streng ausgestaltet sein. Es muss auch dem Rechtsunkundigen (ohne anwaltliche Vertretung) möglich sein, ohne große Schwierigkeiten von der Informationszugangsfreiheit Gebrauch zu machen. Schriftlichkeit (Absatz 1) und Bestimmtheit (Absatz 2) sind Maßgaben, die leicht erfüllbar sind, zumal die öffentliche Stelle zur Sicherstellung dieser Voraussetzungen ggf. auch noch Unterstützung leistet. Dagegen werden Probleme der (Verwaltungs-)Zuständigkeit (Absatz 3) schon nicht mehr der Sphäre von Antragstellern zugerechnet, sondern der in Anspruch genommenen öffentlichen Stelle zur Lösung überantwortet.

8

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Schriftlichkeit der Antragstellung (Absatz 1) Der Informationszugang (i.S.d. § 2) wird seitens der öffentlichen Stelle nur auf Antrag gewährt (Satz 1). Von Amts wegen findet danach die Erfüllung eines individuellen Informationszugangsanspruchs nicht statt. Unberührt hiervon bleiben 4

Angelov, Staatsbürgerlicher Informationszugangsanspruch, S. 245.

9

138

§ 1 0 Antragstellung

die Befugnis und ggf. die Pflicht öffentlicher Stellen zur Information der Öffentlichkeit. 10

Das Antragsprinzip ist auch i m geltenden Verwaltungsinformationsrecht der Länder verwirklicht. Allerdings ist dort entweder die Schriftform zwingend vorgeschrieben 5 oder der Antrag kann wahlweise schriftlich oder mündlich gestellt werden 6 oder die Schriftform ist in Gestalt einer „Soll"-Vorschrift als die gesetzlich gewünschte Modalität gekennzeichnet 7 . § 7 Abs. 1 S. 1 IFG-RefE sieht für die Antragstellung eine bestimmte Vorgabe zur Form überhaupt nicht vor. Entsprechend dem Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens (§ 10 V w V f G ) könne die Antragstellung schriftlich, mündlich - auch telefonisch - oder konkludent erfolgen 8 .

11

Der hier unterbreitete Regelungsvorschlag folgt § 11 Abs. 1 S. 1 E-IFG. Gründe der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, die gleichermaßen im Interesse von Antragstellern und öffentlichen Stellen bestehen, verbieten die Zulassung auch (fern)mündlich gestellter Anträge. Das schließt in der Praxis nicht aus, dass sich ζ. B. ein Antragsteller (fern)mündlich an eine Behörde mit der Bitte um Gewährung von Informationszugang wendet; damit der Beginn des Verwaltungsverfahrens eindeutig fixiert werden kann, ist maßgeblicher Anknüpfungspunkt in derartigen Fällen jedoch die in § 10 Abs. 1 S. 2 vorgesehene Niederschrift. Die Antragstellung verlangt Eindeutigkeit nicht nur in Bezug auf den Inhalt der begehrten Information (Absatz 2), sondern auch hinsichtlich des Zeitpunkts des Informationszugangsbegehrens, da dem Antrag eine fristauslösende Wirkung zukommt (vgl. § 11 Abs. I ) 9 . Auch die Identität des Antragstellers muss (nicht zuletzt wegen der in §§ 7, 8 getroffenen Bestimmungen) eindeutig feststehen 10 ; dies spricht ebenfalls für die schriftliche Fixierung des Antrags 1 1 . Aus rechtsstaatlichen Erwägungen wird deshalb in § 10 Abs. 1 S. 2 ein schriftlicher Antrag gefordert; diesem steht die Niederschrift bei der öffentlichen Stelle gleich. Dem Erfordernis der Schriftlichkeit genügen selbstverständlich die nach dem V w V f G anerkannten funktionalen Äquivalente

5 So § 6 Abs. 1 S. 3 IFG Bln. 6 So § 13 Abs. 1 S. 1 IFG Bln. 7 So § 6 Abs. 1 S. 2 IFG SH. - Nach Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 6 Anm. 1, darf davon nur in Ausnahmefällen abgewichen werden. « IFG-RefE, S. 37 (Begründung zu § 7 Abs. 1 S. 1 des RefE). 9 Nordmann, R D V 2001, 71 (79). 10

Dies räumt auch IFG-RefE, S. 37, ein; wenig überzeugend daher der Verzicht auf das Schriftlichkeitserfordernis in § 7 Abs. 1 S. 1 IFG-RefE bei gleichzeitiger Forderung in der Begründung, ggf. könne die öffentliche Stelle auf Grund ihrer Gestaltungsbefugnis auch einen schriftlichen Antrag verlangen. h Nordmann, R D V 2001, 71 (79), fordert in Bezug auf die „Soll"-Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 2 IFG SH eine schriftliche Protokollierung mündlich gestellter Anträge; nur so könnten der Umfang des Informationsbegehrens, die Berechnung von Fristen für die behördliche Entscheidung und die Identität des Antragstellers eindeutig erkannt bzw. vorgenommen werden.

§ 1 0 Antragstellung elektronischer Antragstellung (Telefax, E-Mail etc.) 1 2 ; einer ausdrücklichen Bestimmung dazu bedarf es in § 10 Abs. 1 nicht 1 3 . Zuständig für die Erfüllung des Informationszugangsbegehrens ist die öffentliehe Stelle (—• § 3 Rn. 13 ff.), bei der die begehrten Informationen auch tatsächlich vorhanden sind (—> § 2 Rn. 22 f.). Daher ist der Antrag an diese Stelle zu richten. Absatz 1 folgt insoweit der Mehrzahl entsprechender Bestimmungen 1 4 . Für die Antragstellung bei einer unzuständigen Stelle trifft Absatz 3 Vorkehrungen.

12

b) Bestimmtheit des Antrags (Absatz 2) Satz 1 in Absatz 2 ist in Anlehnung an § 218 Abs. 1 S. 2 UGB-KomE formuliert. Auch das einschlägige Landesrecht verlangt überwiegend einen hinreichend bestimmten Antrag 15. Der Ausschluss zu allgemein und pauschal formulierter Anträge dient dazu, sog. Ausforschungsanträge zu verhindern 1 6 . Ihnen geht es allein darum, erst einmal einen Überblick zu dem bei einer öffentlichen Stelle vorhandenen Informationsbestand zu verschaffen 17 . Eine derartige Zielrichtung ist nicht Intention der individuellen Informationszugangsfreiheit nach dem IFG.

13

Die Anforderungen nach Absatz 2 Satz 1 sind nicht zu hoch anzusetzen. Hinreichend bestimmt ist ein Antrag, wenn ein konkreter Lebenssachverhalt angegeben ist und erkennbar wird, auf welche Informationen das Zugangsbegehren sich bezieht 1 8 . Mitunter bedarf es einer sinnentsprechenden Deutung des Petitums seitens der öffentlichen Stelle. Sie muss sich immer vergegenwärtigen, dass der Antragsteller die Verwaltungsvorgänge und infolgedessen die damit verbundenen Informationen nicht kennt 1 9 , sondern sich darüber erst unterrichten möchte, so dass vielfach eine wünschenswerte (weitere) Konkretisierung des Antrags nicht möglich oder nicht zumutbar i s t 2 0 .

14

12

Zur aktuellen Diskussion um das Erfordernis der „Schriftlichkeit" i m Verwaltungsverfahrensrecht (im Zusammenhang mit der Neufassung der §§ 126 ff. BGB) vgl. Catrein, N W V B 1 2001, 50ff.; Roßnagel, D Ö V 2001, 221 ff. 13 Anders Art. 6 Abs. 1 V O 1049/2001 / EG; danach ist der Antrag „ i n schriftlicher, einschließlich elektronischer, Form" zu stellen. 14 § 6 Abs. 1 S. 3 A I G Bbg; § 13 Abs. 1 S. 1 IFG Bin; ferner § 9 Abs. 1 U I G und Art. 6 Abs. 1 S. 1 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G ; ebenso § 11 Abs. 1 S. 1 E-IFG und § 218 Abs. 1 S. 1 U G B KomE; bloße „Soll"-Vorschrift dagegen in § 6 Abs. 3 S. 1 IFG SH; ohne Aussage zum Bestimmtheitserfordernis dagegen § 7 Abs. 1 IFG-RefE. 15 § 6 Abs. 1 S. 1 A I G Bbg; § 13 Abs. 1 S. 2 IFG Bin; § 6 Abs. 2 IFG SH. 16 Bieber, D Ö V 1991, 857 (863). 17 Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 6 Anm. 2. 18 Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (257); Koebke, Recht auf Umweltinformation, S. 117 f.; Friedersen, in: ders. /Lindemann, IFG SH, § 6 Anm. 2. 19 Nordmann, R D V 2001, 71 (79), betont die darin liegende besondere Herausforderung für die möglichst genaue Umschreibung des Informationsbegehrens. 2

0 So (am Beispiel des § 5 UIG) BVerwGE 108, 369 (371).

140

§ 1 0 Antragstellung

15

Der Antrag auf Informationszugang bedarf keiner Begründung 21. Dies folgt unmittelbar aus dem voraussetzungslosen Informationszugangsanspruch gemäß § 2 Abs. 1. Infolgedessen bedarf es keiner ausdrücklichen Klarstellung 2 2 ; das Schweigen in § 10 zu einem eventuellen Begründungserfordernis ist beredt. Da der Antrag auf Informationszugang nicht zu begründen ist, darf eine fehlende Begründung nicht zur Ablehnung des Antrags führen 2 3 .

16

Satz 2 von Absatz 2 trägt der Überlegung Rechnung, dass ein Informationszugangsbegehren nicht an Unkenntnis, Unerfahrenheit oder Unbeholfenheit scheitern soll. Fehlt einem Antragsteller die notwendige Kenntnis zur Formulierung eines hinreichend bestimmten Antrags, muss die öffentliche Stelle die notwendige Unterstützung durch Beratung vornehmen 2 4 . Dafür ist nicht etwa ein gesonderter Antrag erforderlich; vielmehr hat die fachgerechte Beratung einzusetzen, sobald die öffentliche Stelle erkennt, dass seitens des Antragstellers eine hinreichende Bestimmung der begehrten Informationen nicht gelingt 2 5 . I m Rahmen ihrer fachgerechten Beratung wirkt die öffentliche Stelle auf eine hinreichende Bestimmtheit des Antrags hin.

c) Antragstellung bei unzuständiger Stelle (Absatz 3) 17

Absatz 3 greift den Fall auf, dass der Antrag bei einer unzuständigen Stelle gestellt wird, also bei einer solchen Stelle, die über die begehrten Informationen nicht verfügt. Das geltende Landesrecht reagiert auf eine solche Situation anders als nach dem in § 10 Abs. 3 unterbreiteten Regelungsvorschlag. Nach einer Variante wird die unzuständige Stelle verpflichtet, den Antrag unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Antragsteller hierüber zu unterrichten 26 . Nach der anderen Variante muss die angegangene Stelle die zuständige Behörde ermitteln und dem Antragsteller benennen 27 .

21 Anders § 7 Abs. 1 S. 2 IFG-RefE, soweit der Antrag „Daten D r i t t e r . . . betrifft". - Demgegenüber soll hier am Konzept des § 2 Abs. 1 auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht festgehalten werden. Enthält die Akte ζ. B. personenbezogene Daten, weist die Behörde den Antragsteller wegen § 6 darauf hin. Dieser kann dann entscheiden, ob er den Informationszugang ohne Berührung mit jenen Daten begehrt oder ob er auf einem unbeschränkten Informationszugang besteht; ggf. kommt es zu dem regulären, in § 7 vorgesehenen Procedere. 22 In diesem Sinne aber Art. 6 Abs. 1 S. 2 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G mit der ausdrücklichen Klarstellung, dass der Antragsteller nicht verpflichtet ist, Gründe für seinen Antrag anzugeben. 23 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (41); dies., R D V 2001, 71 (73). 24 Ebenso § 6 Abs. 1 S. 5 A I G Bbg; § 13 Abs. 1 S. 3 IFG Bin; § 6 Abs. 2 S. 2 IFG SH; § 11 Abs. 1 S. 3 E-IFG; Art. 6 Abs. 2 V O 1049/2001 / E G . - Anders hingegen IFG-RefE, S. 37: Regelungen zur Präzisierung des Antrags sowie zur Beratung und Unterstützung durch die Behörde seien vor dem Hintergrund des § 25 V w V f G entbehrlich. 25 Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 6 Anm. 2. 26 So § 6 Abs. 1 S. 6 A I G Bbg; § 13 Abs. 1 S. 4 IFG Bin; ebenso § 11 Abs. 2 E-IFG.

§ 1 0 Antragstellung Beiden Wegen wird hier nicht gefolgt. Vorzugswürdig ist vielmehr die in § 218 Abs. 1 S. 3 U G B - K o m E aufgezeigte Lösung; Absatz 3 ist i m Anschluss daran formuliert. Maßgebend hierfür ist die Erwägung, dass eine Pflicht zur Ermittlung der zuständigen öffentlichen Stelle den Geschäftsgang der unzuständigen Stelle unzumutbar belasten könnte 2 8 . Die Pflicht zur Benennung der zuständigen Stelle kommt daher nur in Betracht, soweit diese bekannt ist. Auch eine Pflicht zur Weiterleitung des Antrags besteht nach Allgemeinem Verwaltungsrecht nicht und ist daher auch im vorliegenden Zusammenhang nicht angezeigt 29 . Die von Amts wegen vorgenommene Weiterleitung eines Antrags kann sogar rechtlichen Bedenken ausgesetzt sein 3 0 . Ist die zuständige Stelle benannt, kann dort eine erneute Antragstellung erfolgen.

27 So § 6 Abs. 3 S. 4 IFG SH. - Dort muss dann der Antrag erneut gestellt werden; Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 6 Anm. 3. 2

» U G B - K o m E , Begründung S. 833.

29

IFG-RefE, S. 36, mit der zusätzlichen Erwägung, bei der Antragserweiterung handele es sich um ein „nobile officium". 30 Nordmann, R D V 2001, 71 (79): M i t der wohlgemeinten Weiterleitung des Antrags würden ohne Einwilligung des Antragstellers zwangsläufig auch personenbezogene Daten übermittelt.

18

§ 11 Bescheidung des Antrags (1) 'Der Antrag ist unverzüglich, spätestens jedoch nach Ablauf einer Frist von einem Monat nach Stellung eines ordnungsgemäßen Antrags zu bescheiden. 2Soweit schutzwürdige Interessen Betroffener berührt sind und diesen Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung über den Informationszugang erheblichen Tatsachen zu äußern, verlängert sich diese Frist auf drei Monate; der Antragsteller ist hierüber zu informieren. 3 Wird der Antrag nicht innerhalb der Frist nach Satz 1 oder Satz 2 beschieden, gilt dies als Stattgabe. 4 Die Entscheidung ist auch dem Betroffenen bekannt zu geben; dies gilt entsprechend im Fall des Satzes 3. (2) Wird dem Antrag stattgegeben, sind Ort, Zeit und Modalitäten des Informationszugangs mitzuteilen; dies gilt entsprechend im Fall des Absatzes 1 Satz 3. (3) 'Die Ablehnung oder Beschränkung des Informationszugangs ist innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist schriftlich zu begründen. 2Dabei hat die öffentliche Stelle auch über Art und Inhalt der vorenthaltenen Informationen Kenntnis zu geben, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Angaben möglich ist. 3 I m Falle der vollständigen Verweigerung des Informationszugangs hat die öffentliche Stelle zu begründen, weshalb kein beschränkter Informationszugang nach § 9 gewährt werden kann. (4) Im Falle der Ablehnung des Informationszugangs teilt die öffentliche Stelle mit, ob und gegebenenfalls zu welchem späteren Zeitpunkt der Informationszugang voraussichtlich erfolgen kann. (5) 1 Gegen eine Entscheidung über den Informationszugang findet der Widerspruch nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann statt, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundes- oder Landesbehörde getroffen worden ist. 2Diese Behörde erlässt den Widerspruchsbescheid gemäß § 73 der Verwaltungsgerichtsordnung. (6) 'Der Informationszugang darf erst nach Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung gegenüber dem Betroffenen oder zwei Wochen nach Anordnung der sofortigen Vollziehung, die auch dem Betroffenen bekannt zu geben ist, erteilt werden. 2Absatz 5 gilt entsprechend. Parallelvorschriften: §§ 14, 15 IFG Bin; § 7 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: § 5 Abs. 2 S. 1 UIG. - EG-Recht: Art. 7 und 8 V O 1049/2001 / EG.

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

143

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-6

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

2

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

4

4. Rahmenbedingungen

6

II. Vorschlag

7-28

1. Leitvorstellungen

7

2. Zur Regelung i m Einzelnen

11

a) Entscheidungsfrist (Absatz 1 ) aa) Fristbestimmungen

11 11

bb) Fingierte Stattgabeentscheidung bei Untätigkeit

14

cc) Bekanntgabe der Entscheidung

15

b) Inhalt der Stattgabeentscheidung (Absatz 2)

16

c) Inhalt der Ablehnungsentscheidung (Absatz 3)

18

aa) Begründungspflichten

18

bb) Abschließende Regelung

21

d) Mitteilung über späteren Informationszugang (Absatz 4)

23

e) Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens (Absatz 5)

25

0 Rechtsschutz für Betroffene (Absatz 6)

27

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung § 11 regelt die Bescheidung des nach § 10 gestellten Antrags auf Informationszugang. Zunächst wird der öffentlichen Stelle eine Frist für die Entscheidung vorgegeben (Absatz 1). Sodann ist für den Fall einer positiven Entscheidung ein Mindestinhalt der stattgebenden Entscheidung vorgesehen (Absatz 2), der auf die Vorbereitung für eine möglichst reibungslose Durchführung des Informationszugangs (§ 12) zielt. Besondere gesetzliche Anforderungen bestehen für die Ablehnung oder Beschränkung des Informationszugangs; von herausragender Bedeutung ist insoweit die Begründung der öffentlichen Stelle (Absatz 3). M i t der Ablehnung des Informationszugangs ist das (Ausgangs-)Verfahren bei der öffentlichen Stelle an sich abgeschlossen. Absatz 4 trägt indes dem Umstand Rechnung, dass eine augenblicklich rechtlich nicht mögliche Preisgabe von Informationen in Zukunft durchaus zulässig sein kann; auf einen in Betracht kommenden späteren Zeitpunkt des Informationszugangs ist hinzuweisen. Absatz 5 schreibt für alle Rechtsstreitigkeiten vor Klageerhebung die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor. Absatz 6 schließlich verhindert in Konstellationen mit Drittbezug die vorzeitige Offenbarung von Daten Betroffener.

1

144

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

2. Bisherige Rechtslage 2

Die administrative Behandlung eines Antrags auf Informationszugang ist i m geltenden allgemeinen Verwaltungsinformationsrecht der Länder Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein sehr unterschiedlich geregelt. Brandenburg schreibt lediglich die schriftliche Begründung der Ablehnung eines Antrags vor 1 . In Berlin sind detaillierte Bestimmungen zur Entscheidung über den Antrag, zur Anhörung Betroffener, zur Begründungspflicht und zu Bescheidungsfristen vorgesehen 2 . Schleswig-Holstein kennt eine explizite Bescheidung des Antrags nicht durchgängig, sondern die positive Maßnahme besteht i m (faktischen) Zugänglichmachen der Informationen, während die Ablehnung innerhalb einer Monatsfrist zu erfolgen hat und zu begründen ist 3 .

3

Für das Umweltinformationsrecht schrieb § 5 Abs. 2 S. 1 U I G 1994 lediglich vor, dass der Antrag innerhalb von zwei Monaten zu bescheiden ist; weitere Vorschriften hierzu kannte das Gesetz nicht. § 5 Abs. 2 S. 1 U I G n.F. ist nur unwesentlich substanzhafter; Informationen sind bei bestehendem Anspruch innerhalb von zwei Monaten zugänglich zu machen, bei fehlendem Anspruch ist innerhalb dieser Frist ein Ablehnungsbescheid zu erteilen.

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht 4

Die veröffentlichten Erfahrungen zum allgemeinen Verwaltungsinformationsrecht der Länder Berlin und Brandenburg weisen auf Schwachstellen der Verwaltungspraxis hin, die sowohl i m unzureichenden Gesetzesvollzug als auch in einer mitunter insuffizienten Gesetzeslage ihre Ursachen haben. Bemängelt wird zunächst, dass Anträge auf Informationszugang vielfach nicht zügig und zeitnah bearbeitet werden 4 ; gesetzliche Fristvorgaben würden nicht selten missachtet 5 . Für Berlin wird freilich auch die 2-Wochen-Frist für einen Ablehnungsbescheid (§ 15 Abs. 5 IFG Bin) als zu kurz beanstandet 6 . Demgegenüber wird in Brandenburg das völlige Fehlen einer Frist zur Bearbeitung der Anträge vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen als „zentrale Schwäche" der Gesetzeslage kritisiert 7 . Festgestellt wurde ferner, dass i m Falle der Antragsablehnung gesetzeswidrig dem Antragsteller oftmals nicht mitgeteilt wird, zu welchem späteren Zeitpunkt der Infor1 § 6 Abs. 1 S. 7 A I G Bbg. - Die Amtliche Begründung verweist i.Ü. auf das V w V f G ; vgl. LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 10.

2 §§ 14, 15 IFG Bin; erläuternd dazu Partsch, L K V 2001, 98 (100f.). 3 § 7 IFG SH; erläuternd dazu Friedersen, Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (44).

in: ders./Lindemann, IFG SH, § 7 Anm. 1 ff.;

4 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 144 f. 5 B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 53. 6

BlnSenlnn, Auswertung Umfrage IFG, S. 4.

ι L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 149.

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

145

mationszugang voraussichtlich erfolgen kann 8 . Schwächen weisen in der Praxis sodann Ablehnungsbescheide in ihrer Begründung auf, weil sie nicht selten unsubstantiiert seien 9 . Schließlich würde es als hilfreich angesehen, wenn Antragsteller - unabhängig von der Möglichkeit zur Einlegung förmlicher Rechtsbehelfe - seitens der Akten führenden Stelle auf das Recht zur Anrufung des Informationsbeauftragten (Datenschutzbeauftragten) hingewiesen werden müssten 10 . Auch i m Umweltinformationsrecht sind Schwachstellen bei der Bescheidung von Anträgen auf Informationszugang festgestellt worden. In der bereits erwähnten empirischen Untersuchung zur Praxis des U I G am Beispiel der Grundwassersanierung auf kommunaler Ebene (—> Vorb § 10 Rn. 1 Fn. 1) bestanden zwei wichtige Ergebnisse in der bis zu neun Monaten währenden Dauer der Bescheidung des Informationsbegehrens und der behördlichen Formulierung unsubstantiierter Ablehnungsbegründungen 11 . Repräsentativ sind diese Erkenntnisse sicherlich nicht. Immerhin machen sie auf Schwachpunkte des Umweltinformationsrechts aufmerksam, die es i m IFG zu vermeiden gilt.

5

4. Rahmenbedingungen Vorgaben aus dem Verfassungsrecht oder dem Europarecht bestehen für § 10 nicht. Ernst zu nehmen sind jedoch die praktischen Erfahrungen (Rn. 4, 5), die nicht nur auf Vollzugsdefizite hindeuten, sondern auch Schwachstellen zur Rechtslage markieren. Deshalb wird hier den durch weitgehende Regelungsabstinenz gekennzeichneten rechtspolitischen Überlegungen des Bundes 1 2 nicht gefolgt. In Vielem vorbildlich ist vielmehr das EG-Recht, das die Bedeutung des Verfahrensrechts erkennt und die materiellrechtlichen Regelungen durch angemessene verfahrensrechtliche Standards absichert 13 .

6

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen Die Heterogenität der landesgesetzlichen Bestimmungen verbietet es, dort nach einem „gemeinsamen Nenner" für die im IFG zu entwickelnde Vorschrift zur Bescheidung des Antrags zu suchen. Wenig hilfreich ist auch die knappe Bestimmung 8 B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 53. 9 LDS Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 134. 10 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 151. h Vgl. i.E. Lenius/Ekardt,

Z A U 1998, 278 (284 f.).

ι 2 M i t Blick auf den Regelungsgegenstand des § 10 (vgl. Rn. 1) finden sich insoweit rudimentäre Bestimmungen in § 8 Satz 4 und § 9 Abs. 2 und Abs. 4 IFG-RefE. 13 Art. 7 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G trifft eine umfassende Regelung zur Behandlung von Erstanträgen, Art. 8 der V O zur Behandlung von Zweitanträgen. 10 Informationsfreiheitsgesetz

7

146

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

des § 5 Abs. 2 S. 1 UIG; sie wiederholt i m Grunde auch in der novellierten Fassung nur Art. 3 Abs. 4 S. 1 U I R L , wonach die Behörde dem Antragsteller spätestens nach zwei Monaten eine Antwort zu erteilen hat. Das Begründungsgebot nach Art. 3 Abs. 4 S. 2 U I R L ist im U I G nicht ausdrücklich umgesetzt. 8

Wesentlich für den mit § 11 unterbreiteten Regelungsvorschlag ist die Sicherung der praktischen Wirksamkeit des Informationszugangsrechts. Dafür ist in erster Linie eine Fristvorgabe für die Bescheidung des Antrags von Bedeutung. Nur so kann eine zügige Informationsgewährung sichergestellt werden 1 4 . Ohne klare zeitliche Vorgabe besteht die Gefahr, dass der Informationszugangsanspruch durch zögerliche Bearbeitung des Antrags seitens der öffentlichen Stelle unterlaufen w i r d 1 5 . Die gegen Fristbestimmungen i m Informationszugangsrecht vorgebrachte K r i t i k 1 6 , diese seien überflüssig, weil sich bereits nach Allgemeinem Verwaltungsrecht 1 7 ergebe, dass Verfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen seie n 1 8 , überzeugt nicht. Denn jene „weichen" Vorgaben ersetzen - zumal nach den gemachten Erfahrungen (vgl. Rn. 4, 5) - keine klare Fristregelung 19 .

9

Von großer Bedeutung für die praktische Wirksamkeit des Informationszugangsrechts ist i m Falle der Ablehnung auch das Schriftlichkeitsgebot 20. Dieses bezieht sich sowohl auf die Bescheidung des Antrags als auch auf die Begründung der Ablehnungsentscheidung 21 . Die Schriftlichkeit ist unverzichtbar; sie dient der Selbstvergewisserung der öffentlichen Stelle, der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gegenüber dem Antragsteller und schließlich auch der Nachprüfbarkeit der Ablehnungsentscheidung im Falle eines Rechtsstreits.

10

Systematisch ist das Verfahren nach der Antragstellung zweistufig auszugestalten. Die Entscheidung über den Antrag auf Informationszugang ist von der tatsächlichen Durchführung des Informationszugangs zu trennen. Auch im Umweltinformationsrecht ergeht über den Antrag auf Informationszugang zunächst eine Entscheidung in Form des Verwaltungsakts 22 . Darauf kann schon i m Interesse der Uberprüfbarkeit der Entscheidung und damit für einen möglichen Rechtsschutz nicht verzichtet werden. Dasselbe gilt für die Begründung des Verwaltungsakts.

14 Häfner/Gerlach,

ZRP 1998, 123 (126).

15 Partsch, L K V 2001, 98 (100); vgl. auch oben Rn. 4 und 5. 16

Vgl. die heftige Kritik bei Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 7 Anm. 1.

17 Vgl. § 10 V w V f G , § 75 L V w G SH. ι 8 So auch IFG-RefE, S. 40, zur Begründung des Verzichts auf eine klare Bestimmung in § 9 des RefE. 19 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (44); dies., R D V 2001, 71 (80). 20 A . A . IFG-RefE, S. 41 (Begründung zu § 9 Abs. 1 S. 2 des RefE): Der Antragsteller könne unter den Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 S. 2 V w V f G die schriftliche Bestätigung eines mündlich erlassenen Verwaltungsakts verlangen; nur bei Beteiligung eines Dritten müsse ein schriftlicher Bescheid erlassen werden. 21 Ebenso Art. 7 Abs. 1 S. 3 V O 1049/2001 / E G . 22 Scherzberg, DVB1 1994, 733 (744); Turiaux, NJW 1994, 2319 (2323).

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

147

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Entscheidungsfrist (Absatz 1) aa) Fristbestimmungen Die Entscheidungsfrist beträgt grundsätzlich nicht mehr als einen Monat; sie beginnt mit der Stellung eines ordnungsgemäßen Antrags 2 3 . Satz 1 verlangt überdies eine unverzügliche Entscheidung 24 . Die hiergegen geäußerte grundsätzliche Krit i k 2 5 geht i m vorliegenden Zusammenhang ins Leere, da es bei diesem unbestimmten Rechtsbegriff in Absatz 1 Satz 1 nicht bleibt, sondern auch noch ein klares Fristende gesetzt wird.

11

Das hier vorgeschlagene Zeitmaß weicht von bestehenden und vergleichbaren Rechtsvorschriften sowie anderen rechtspolitischen Vorstellungen ab. Die i m Umweltinformationsrecht vorgesehene Frist von zwei Monaten 2 6 erscheint für eine zügige Informationsgewährung bzw. Ablehnung derselben zu großzügig bemessen. Die in Berlin geltende Zweiwochenfrist für Ablehnungsentscheidungen 27 dürfte zumal nach den praktischen Erfahrungen 28 - zu kurz gegriffen sein 2 9 , um in jedem Fall eine sorgfältige Prüfung des Informationszugangsbegehrens erwarten zu können. Die hier vorgeschlagene (maximale) Monatsfrist soll beiden Anliegen gerecht werden, nämlich der beschleunigten Durchführung des Verfahrens und der Sorgfalt der Antragsprüfung. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist auf drei Monate, wenn schutzwürdige Interessen Betroffener berührt sind und diese daher nach § 7 Abs. 4 bzw. § 8 Abs. 4 angehört werden sollen. Dass es in diesem Fall zu einer Fristverlängerung kommen muss, erscheint selbstverständlich. Der hier unterbreitete Vorschlag einer Fristverlängerung auf (maximal) drei Monate versucht, erneut den konfligierenden Belangen (Zügigkeit - Sorgfalt) gerecht zu werden 3 0 .

23 Art. 7 Abs. 1 S. 2 V O 1049/2001 / E G schreibt vor, dass dem Antragsteller eine Empfangsbestätigung zuzusenden ist. A u f eine solche Bestimmung wird hier verzichtet. 24 Insoweit ebenso § 14 Abs. 1 S. 1 IFG Bln. - Nach § 7 Abs. 1 IFG SH müssen die begehrten Informationen sogar „unverzüglich" (spätestens aber binnen Monatsfrist) zugänglich gemacht werden. 25 Partsch, L K V 2001, 98 (100 f.). 26 § 5 Abs. 2 S. 1 UIG, § 218 Abs. 3 S. 1 UGB-KomE. 27 § 15 Abs. 5 IFG Bln. - Generelle Entscheidungsfrist von zwei Wochen in § 12 Abs. 1 S. 1 E-IFG; die Begründung (BT-Drucks. 13/8432, S. 12) weist auf vergleichbare Regelungen anderer Staaten hin. - Art. 7 Abs. 1 S. 3 V O 1049/2001 / E G sieht eine Frist von „fünfzehn Arbeitstagen nach Registrierung des Antrags" vor. 28 Vgl. dazu oben Rn. 4, Text zu Fn. 6. 29 A . A . Partsch, L K V 2001, 98 (101): „Diese Regelung ist vorbildlich, da sie die Abwehrstrategie mancher Verwaltungen, den Antragsteller hinzuhalten, beendet." 30

10*

Ahnlich die ratio legis von § 6 Abs. 5 S. 2 A I G Bbg.

12

148

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

Eine Befugnisnorm zur Fristverlängerung in besonderen Fällen ist in § 11 nicht vorgesehen. § 7 Abs. 3 IFG S H 3 1 erlaubt der Behörde sowohl bei der Zugänglichmachung der Informationen als auch bei der Ablehnung eine Fristverdoppelung, soweit Umfang und Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigen 32 . Die in Satz 1 und Satz 2 vorgesehenen Fristen sind ausreichend bemessen, um der öffentlichen Stelle die Entscheidung über den Antrag auf Informationszugang zu ermöglichen.

bb) Fingierte Stattgabeentscheidung

bei Untätigkeit

Die empirischen Erfahrungen (vgl. Rn. 4, 5) zeigen, dass es zweckmäßig ist, den Fall der Untätigkeit öffentlicher Stellen zu regeln 3 3 . Nach Fristablauf soll keine weitere Unsicherheit über das Verhalten der öffentlichen Stelle entstehen. § 7 Abs. 4 IFG SH hat die Folgen der nicht fristgemäßen Bescheidung dergestalt geregelt, dass eine Ablehnungsentscheidung fingiert wird. Diese gesetzliche Fiktion ist nicht nur von Bedeutung für die Rechtsklarheit, sondern auch für den Rechtsschutz (§ 68 V w G O ) 3 4 . Nach EG-Recht hat der Antragsteller bei Untätigkeit der öffentlichen Stelle das Recht, einen Zweitantrag einzureichen 35 . Satz 3 entscheidet sich für den Regelungsvorschlag einer Fiktion 36. Anders als nach § 7 Abs. 4 IFG SH wird im Falle der Untätigkeit der öffentlichen Stelle allerdings nicht eine Ablehnungsentscheidung fingiert, sondern die Stattgabe des Antrags 3 7 . Ausschlaggebend hierfür ist die Erwägung, dass die öffentliche Stelle von ihrer Untätigkeit nicht profitieren soll, indem erneut der Antragsteller in „Zugzwang" gesetzt wird. Vielmehr wird das Informationszugangsrecht auch dann gesetzlich gewährleistet, wenn die öffentliche Stelle nichts tut.

31 Ebenso Art. 7 Abs. 3 V O 1049/2001 / EG. 32

Einzelheiten dazu bei Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 7 Anm. 3.

33

Bemerkenswert in dem Zusammenhang auch der Vorschlag in § 218 Abs. 3 S. 2 U G B KomE, wonach die Frist für eine Untätigkeitsklage (§ 75 V w G O ) an die Bescheidungsfrist i m Verwaltungsverfahren angepasst werden soll. 3

4 Vgl. dazu Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (44); dies., R D V 2001, 71 (80).

3

5 Art. 7 Abs. 4 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G . - Bei (erneuter) Untätigkeit kann gemäß Art. 8 Abs. 3 der V O geklagt oder Beschwerde beim Bürgerbeauftragten eingelegt werden. 36 A . A . IFG-RefE, S. 40: keine generelle Eilbedürftigkeit bei behördlicher Untätigkeit, ggf. müsse vorläufiger Rechtsschutz in Anspruch genommen werden. 37

Ungewöhnlich ist ein derartiger Vorschlag nicht, wie die Beispiele der fingierten Teilungsgenehmigung gemäß § 19 Abs. 3 S. 5 BauGB (vgl. dazu NdsOVG, N V w Z 2001, 1066) und fingierter behördlicher Mitwirkungen bei der Baugenehmigung (§ 36 Abs. 2 S. 2 BauGB) sowie die Baugenehmigungsfiktion nach Bauordnungsrecht (vgl. O V G M V , N V w Z - R R 2001,578) zeigen.

§ 11 Bescheidung des Antrags

149

cc) Bekanntgabe der Entscheidung Die Rechte Betroffener werden durch Satz 4 gewahrt. Ihnen ist die Entscheidung über den Antrag bekannt zu geben 3 8 . Dies gilt sinnentsprechend auch im Falle der fingierten Stattgabe nach Satz 3. Dadurch wird auch der notwendige Rechtsschutz Betroffener sichergestellt; Absatz 6 ergänzt das Rechtsschutzanliegen zusätzlich.

15

b) Inhalt der Stattgabeentscheidung (Absatz 2) I m Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit soll auch die Stattgabe des Antrags beschieden werden müssen 39 . Dabei sind - mindestens - Ort, Zeit und Modalitäten des Informationszugangs mitzuteilen. Dies erleichtert die spätere Durchführung der Informationsgewährung. A u f detaillierte gesetzliche Vorgaben zu bestimmten Sprechzeiten oder Dienstzeiten 40 wird hier verzichtet. Derartige Reglementierungen bringen keinen „Mehrwert" für die Informationszugangsfreiheit, engen aber die öffentliche Stelle unnötig ein. Die - nachträgliche - Mitteilungspflicht besteht auch im Falle der fingierten Stattgabe (Absatz 1 Satz 3); die öffentliche Stelle wird bei Untätigkeit also nicht von ihrer Informationspflicht gegenüber dem Antragsteller entbunden.

16

Die Prüfungsbefugnis der öffentlichen Stelle vor Stattgabe eines Antrags erstreckt sich lediglich auf die in §§ 2 ff. normierten Voraussetzungen. Das sind i m Wesentlichen die Anspruchsberechtigung, die Zuständigkeit der angegangenen öffentlichen Stelle, das Bestehen oder Fehlen gegenläufiger öffentlicher oder privater Interessen für einen (un)eingeschränkten Informationszugang sowie die Einhaltung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Antragstellung. Nicht gefolgt wird dem Berliner Konzept, der öffentlichen Stelle weitere Prüfungspflichten aufzuerlegen (vgl. § 14 Abs. 1 S. 2 IFG Bin). Danach muss auch kontrolliert werden, dass

17

• mit dem Antrag tatsächlich der Zweck des Gesetzes verfolgt wird, nämlich die Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung oder die Ermöglichung der Kontrolle staatlichen Handelns (vgl. § 1 IFG Bin), • personenbezogene Daten nicht offenbart werden, wenn mit dem Antrag auf Informationszugang überwiegend Privatinteressen verfolgt werden (vgl. § 6 Abs. 1 IFG Bin), • die Veröffentlichung, Speicherung oder Sammlung von durch Akteneinsichten oder Aktenauskünften erhaltenen Informationen zu gewerblichen Zwecken unzulässig ist (§ 13 Abs. 7 IFG B i n ) 4 1 . 38 Ebenso § 14 Abs. 2 S. 2 IFG Bln. 39 Anders die Fassung des § 7 Abs. 1 IFG SH. 40 So § 14 Abs. 1 S. 4 und S. 5 IFG Bln. 41 Der Verstoß gegen § 13 Abs. 7 IFG B i n stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 10.000 D M geahndet werden kann (§ 22 IFG Bin).

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

150

Die ersten beiden Prüfungspunkte entfallen nach dem IFG schon deshalb, weil der Informationszugangsanspruch nicht mit einem bestimmten „positiven 4 ' Freiheitsgebrauch verknüpft ist. Von daher ist es auch problematisch, die Nutzung erhaltender Informationen zu gewerblichen Zwecken gleichsam zu stigmatisieren 42 . Deshalb wird i m IFG auf eine Vorschrift nach dem Muster von § 13 Abs. 7 IFG Bin verzichtet.

c) Inhalt der Ablehnungsentscheidung (Absatz 3) aa) Begründungspflichten 18

Die in Absatz 3 Satz 1 vorgeschriebene Begründungspflicht 43 im Falle einer (teilweise) ablehnenden Entscheidung der öffentlichen Stelle ist eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. In Anknüpfung an die Rechtsprechung zu § 39 Abs. 1 V w V f G muss eine substantiierte Darlegung der tatsächlichen Umstände und rechtlichen Überlegungen der öffentlichen Stelle verlangt werden 4 4 . Darauf ist bereits im Umweltinformationsrecht - nicht zuletzt wegen der dort gemachten Erfahrungen mit pauschalen Hinweisen ζ. B. auf den Datenschutz oder auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zwecks „Rechtfertigung" einer Ablehnung des Informationszugangs 45 - hingewiesen worden 4 6 . Nur bei einer substantiierten schriftlichen Begründung der (teilweisen) Ablehnungsentscheidung kann der Antragsteller seine Rechtsschutzmöglichkeiten einschätzen und seine Rechte wahren, ist eine effektive gerichtliche Nachprüfbarkeit gewährleistet und kann eine eventuelle Kontrolle durch einen Informationsbeauftragen sinnvoll erfolgen.

19

Für einen wirksamen Schutz der Informationszugangsfreiheit kann es jedoch mit der prinzipiellen Statuierung einer Begründungspflicht nicht sein Bewenden haben. In Anlehnung an § 15 Abs. 2 IFG B i n 4 7 sieht Satz 2 vor, dass die Begründung der Ablehnungsentscheidung auch Auskunft darüber geben muss, welcher Art und welchen Inhalts die vorenthaltenen Informationen sind. Dieses Begründungselement steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass dadurch geheimhaltungs42 Ebenso Partsch, L K V 2001, 98 (100), der darauf hinweist, dass bei exzessiver Auslegung des § 13 Abs. 7 IFG Bin sogar die Presse oder die Wissenschaft betroffen sein könnten, soweit diese - auch - ökonomische Interessen verfolgten.

43 So auch § 6 Abs. 1 S. 7 A I G Bbg; § 15 Abs. 1 IFG Bin; § 7 Abs. 2 IFG SH; ebenso § 12 Abs. 3 S. 1 E-IFG; Art. 7 Abs. 1 S. 2 V O 1049/2001 / EG. 44 Vgl. ζ. B. O V G Lüneburg, DVB1 1989, 1106 (1107 f.); B a y V G H , B a y V B l 1990, 179 (181) und B a y V B l 1998, 693; O V G NW, N W V B 1 1996, 69f. und N V w Z - R R 1996, 173 f.; V G H BW, N V w Z 1998, 86; O V G Berlin, Z U M 1999, 161 (163); V G Dresden, L K V 1999, 334. - § 39 Abs. 1 V w V f G weniger ernstnehmend das BVerwG, DVB1 1982, 198 (199); N V w Z 1986, 919 (921); DVB1 1992, 844 (845); E 105, 55 = DVB1 1998, 145 (m. krit. Anm. Schwabe). 45 Vgl. Lenius/Ekardt,

Z A U 1998, 278 (285).

46 V G München, GewArch 1996, 173 (174) = N V w Z 1996, 410 (411). 47 Ebenso § 12 Abs. 3 S. 2 E-IFG.

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

151

bedürftige Angaben nicht preisgegeben werden. Denn die Gründe einer Ablehnung des Informationszugangs dürfen nicht in einer Weise dargelegt werden, die zu einer Offenbarung der geheim zu haltenden Angaben führt 4 8 . Satz 3 normiert für den Fall der vollständigen Verweigerung des Informationszugangs eine weitere, besondere Begründungspflicht. Angesichts der in § 9 getroffenen Regelung muss dargelegt werden, weshalb nicht ein beschränkter Informationszugang gewährt werden kann 4 9 . Nur auf diese Weise bleibt die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung „nicht vollständig verschlossen" 50 .

20

bb) Abschließende Regelung Absatz 3 ist im Verhältnis zu § 39 V w V f G lex specialis. Eine Wiederholung der in § 39 Abs. 1 V w V f G getroffenen näheren Umschreibung zu den Anforderungen an eine hinreichende Begründung des Ablehnungsbescheids dürfte i m IFG entbehrlich sein, da es sich um rechtsstaatliche Selbstverständlichkeiten handelt, die ohne weiteres § 11 Abs. 3 interpretatorisch zugeordnet werden können.

21

A u f Grund der Spezialbestimmung des Absatzes 3 kommen die Ausnahmen von der Begründungspflicht nach § 39 Abs. 2 V w V f G a priori nicht zur Anwendung 5 1 . In der Sache ist dies angesichts der extensiven Deutung der Ausnahmen nach § 39 Abs. 2 V w V f G durch die Rechtsprechung 52 ohnehin angezeigt. Die Begründung der Ablehnung des Informationszugangs ist zu wichtig, um darauf verzichten zu können. Sollten Ablehnungsgründe im Einzelfall mehr oder weniger evident sein, kann sich die öffentliche Stelle mit einer knappen Begründung begnügen. Verzichtet wird in Absatz 3 auf die Anordnung einer Rechtsbehelfsbelehrung; fehlt diese beim Ablehnungsbescheid, gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. § 58 V w G O ) 5 3 . Keine Regelung trifft Absatz 3 auch zur Anhörung. Insoweit ist § 28 V w V f G für den Antragsteller maßgebend. Für die Ablehnung des Informationszugangs bedeutet dies, dass eine vorherige Anhörung nach h.M. (mangels „Eingriffs") nicht geboten ist, zumal der Betroffene i m Antragsverfahren seine Gesichtspunkte vorbringen konnte 5 4 . Für Betroffene gelten ohnehin § 7 Abs. 4 und § 8 Abs. 4 als leges speciales.

48 BVerfG, DVB1 2001, 275 (276) = N V w Z 2001, 185 (186) am Beispiel eines Auskunftsanspruchs. 49 So auch § 15 Abs. 3 IFG Bin; ebenso § 12 Abs. 3 S. 3 E-IFG. 50 So BVerfG, DVB1 2001, 275 (276) = N V w Z 2001, 185 (186) in Bezug auf eine nur eingeschränkte Begründung bei der Auskunftsablehnung. 51 Ebenso (zu § 7 Abs. 2 IFG SH) Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 7 Anm. 2. 52 Vgl. ζ. B. BVerwGE 79, 68 = DVB1 1988, 1225 (m. abl. Anm. B. Wolf); 1993, 1667 (1669); V G H BW, N V w Z 1992, 898 (899).

BVerwG, NJW

53 In einigen Ländern schreibt das Allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht Rechtsbehelfsbelehrungen vor; vgl. § 3 V w V f G Bin, § 108 Abs. 4 L V w G SH. 54 Z u m Meinungsstand ausf. Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 7 Anm. 2.

22

152

§ 1 1 Bescheidung des Antrags d) Mitteilung über späteren Informationszugang (Absatz 4)

23

Absatz 4 ist in Anlehnung an § 15 Abs. 4 IFG Bin formuliert 5 5 . Dadurch wird die öffentliche Stelle angehalten, substantielle Hinweise für die Dauerhaftigkeit der Versagungsgründe zu geben 5 6 .

24

Die in Absatz 4 formulierte Bestimmung macht eine Befristung der Ablehnungsentscheidung überflüssig 57 . Aus Sicht der Antragsteller kann bei einer zeitlich nur vorübergehenden Vorenthaltung der begehrten Informationen eine Perspektive geboten werden, die verhindert, dass sofort um Rechtsschutz nachgesucht wird. Dadurch kann bereits in einer frühen Phase - trotz Ablehnung des Informationszugangs - eine Befriedung einkehren, wodurch sich unnötige Rechtsbehelfsverfahren vermeiden lassen.

e) Notwendigkeit eines Widerspruchverfahrens (Absatz 5) 25

Absatz 5 stellt sicher, dass eine Ablehnungsentscheidung in jedem Fall in einem Vorverfahren nach § § 6 8 ff. V w G O kontrollierbar i s t 5 8 . Dieser „Filter" ermöglicht es der Verwaltung, die (teilweise) Ablehnung des Informationszugangs vor einer eventuellen gerichtlichen Kontrolle nochmals zu überprüfen; zugleich wird dadurch einer unnötigen Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgebeugt 5 9 . Angezeigt ist diese vom Grundsatz des § 68 V w G O abweichende Regelung schon deshalb, weil es in Bezug auf die Informationszugangsfreiheit noch keine umfassende Verwaltungserfahrung gibt, so dass die Exekutive in jedem Fall die Möglichkeit zu Selbstkontrolle erhalten sollte, bevor die Gerichte in eine Streitigkeit eingeschaltet werden. Wegen der neuen Rechtslage und des durch sie bewirkten Paradigmenwechsels verfügen auch die obersten Bundes- und Landesbehörden noch nicht über eine gesicherte Verwaltungserfahrung i m Umgang mit der Informationszugangsfreiheit, so dass auch sie die Chance zur Selbstkorrektur erhalten müssen. Zudem ist die Erwartung nicht unangebracht, dass z.B. Ministerien i m Bereich der Informationszugangsfreiheit einen stärkeren Kontakt mit Bürgern haben könnten, als dies ansonsten der Fall ist; dies spricht ebenfalls für die hier vorgeschlagene Regelung. Auch Betroffene müssen vor Klageerhebung das Widerspruchsverfahren durchführen 60 .

« Ebenso § 12 Abs. 4 E-IFG und § 9 Abs. 2 IFG-RefE. 56 So BT-Drucks. 13/8432, S. 12 (zu § 12 Abs. 4 E-IFG). 57 IFG-RefE, S. 41: Befristung der Verweigerung würde unnötigen Verwaltungsaufwand produzieren. 58 Ebenso § 12 Abs. 5 E-IFG und § 9 Abs. 4 S. 2 IFG-RefE. 59 So BT-Drucks. 13/8432, S. 13 (zu § 12 Abs. 5 E-IFG). 60 Ebenso IFG-RefE, S. 42 (Begründung zu § 9 Abs. 4 des RefE).

§ 1 1 Bescheidung des Antrags

153

Satz 2 ist § 126 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BRRG nachgebildet. Eine andere Regelung der Zuständigkeit zum Erlass des Widerspruchbescheids kommt ernsthaft nicht in Betracht.

26

f) Rechtsschutz für Betroffene (Absatz 6) Bezieht sich der Antrag auf Informationen, die personenbezogene Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalten, stellt die (positive) Entscheidung zum Informationszugang einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung dar 6 1 . Der Betroffene ist zunächst bereits durch die Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 7 Abs. 4, § 8 Abs. 4) sowie durch die Einholung seiner Einwilligung für die Offenbarung der Daten (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 S. 2) geschützt. Bleibt die öffentliche Stelle bei ihrer Entscheidung zur Gewährung des beantragten Informationszugangs, muss dem Betroffenen weiterer Rechtsschutz eröffnet werden.

27

Diese Funktion übernimmt Absatz 6. Erst nach Eintritt der Bestandskraft der getroffenen Entscheidung oder zwei Wochen nach Eintritt der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Entscheidung darf der Informationszugang erfolgen (Satz l ) 6 2 . Die Entscheidung ist dem Betroffenen bekannt zu geben Danach hat er i m gerichtlichen Eilverfahren die Möglichkeit, nach § 80 Abs. 5 V w G O vorzugehen. Satz 1 stellt demnach sicher, dass es nicht zu einer irreversiblen Vollziehung der Entscheidung kommt, ohne dass zuvor dem Betroffenen die Möglichkeit für einen Rechtsschutzantrag eingeräumt w i r d 6 3 . Der Rechtsschutz des Betroffenen erfasst auch die Fälle des Absatzes 1 Satz 3. I m Bereich des Hauptsacherechtsschutzes ist - ebenso wie bei Rechtsbehelfen des Antragstellers (vgl. Rn. 25) - vor Klageerhebung stets ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Dies ordnet Satz 2 an. Das Widerspruchsverfahren findet auch bei fiktiver Stattgabe (Absatz 1 Satz 3) statt. Satz 2 übernimmt i m Übrigen die in Absatz 5 getroffene Zuständigkeitsentscheidung.

61 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (44). 62 Ebenso § 14 Abs. 2 S. 4 IFG Bin; ferner § 8 Satz 4 IFG-RefE. 63 Entsprechende Forderung auch bei Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (44); § 7 IFG SH enthält aber keine einschlägige Regelung.

28

§ 12 Durchführung des Informationszugangs (1) ] Der Informationszugang erfolgt durch Akteneinsicht, Gewährung des Zugangs zu einem Informationsträger in sonstiger Weise oder durch Auskunft. 2 Der Informationszugang soll in der beantragten Art und in dem beantragten Umfang nach Maßgabe des 2. und 3. Abschnitts gewährt werden. 3 I m Übrigen bestimmt die zuständige Stelle den Informationszugang nach pflichtgemäßem Ermessen. 4 § 2 Abs. 2 bleibt unberührt. (2) *Der Informationszugang erfolgt unverzüglich bei der öffentlichen Stelle, die die Informationsunterlagen führt. 2 £s sind ausreichende räumliche und sachliche Möglichkeiten zur Wahrnehmung des Informationszugangs zur Verfügung zu stellen. (3) Antragstellern ist die Anfertigung von Notizen gestattet. 2Auch Ablichtungen sind gestattet. 3Betrifft der Informationszugang Daten, die auf Magnetbändern oder anderen Datenträgern der elektronischen Datenverarbeitung gespeichert sind, ist ein lesbarer Ausdruck und auf Antrag eine elektronische Kopie zu überlassen. Parallelvorschriften: § 4 und § 13 Abs. 2 bis 6 IFG Bin; § 7 A I G Bbg; § 5 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: § 4 Abs. 1 S. 2 und 3 UIG. - EG-Recht: Art. 10 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 V O 1049/2001/EG.

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-8

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

5

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

7

4. Rahmenbedingungen

8

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen 2. Zur Regelung i m Einzelnen a) Art des Informationszugangs und Auswahlrecht (Absatz 1)

9-18 9 12 12

aa) Formen des Informationszugangs

12

bb) Bestimmungsrecht des Antragstellers

13

cc) Pflichtgemäßes Ermessen der zuständigen Stelle

14

dd) Fehlen einer Richtigkeitskontrolle

15

b) Äußere Voraussetzungen der Informationsgewährung (Absatz 2)

16

c) Schriftlichkeit der erlangten Informationen (Absatz 3)

18

§ 1 2 Durchführung des Informationszugangs

155

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung § 12 regelt die praktische Durchführung der Informationsgewährung. Es werden rechtliche (Mindest-)Anforderungen statuiert, die den ordnungsgemäßen Informationszugang sicherstellen sollen. Dabei hat die Art und Weise der Informationsgewährung sowohl behördlichen Interessen als auch den individuellen Informationszugangsinteressen Rechnung zu tragen. Deshalb obliegt die Durchführung des Informationszugangs letztlich zwar auch dem pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Stelle (Absatz 1 Satz 3), diese muss jedoch einem in der Antragstellung artikulierten Wunsch nach einer bestimmten Art des Informationszugangs grundsätzlich entsprechen (Absatz 1 Satz 2).

1

Absatz 1 Satz 1 benennt Mittel und Formen, in denen der Anspruch auf Informationszugang seitens der Verwaltung sowie der anderen Verpflichteten (§ 3 Abs. 1) erfüllt werden kann. Als Publikationsmöglichkeiten sind die Akteneinsicht, die Aktenauskunft sowie die Informationsbeschaffung in sonstiger Weise aufgelistet 1 . Die vorgeschlagene Regelung entspricht in ihrem Kern der in § 4 Abs. 1 S. 2 U I G getroffenen Aussage 2 . Satz 2 legt fest, dass die Art und Weise der Informationsgewährung grundsätzlich i m gewünschten Sinne des Antragstellers zu erfolgen hat 3 . Satz 3 weist auf das im Übrigen bestehende pflichtgemäße behördliche Ermessen hin.

2

Weiterer Vorschriften zur Art des Informationszugangs bedarf es nicht. Die besondere Erwähnung etwa von elektronischer Post oder von Broschüren 4 ist ebenso wenig notwendig wie die besondere Hervorhebung der (Akten-)Auskunft 5 oder die Versendung von Kopien (auf besonderen Antrag) 6 . Nicht erforderlich ist i m vorliegenden Zusammenhang auch eine Regelung zum Verweis des Antragstellers auf Veröffentlichungen der zuständigen Stelle 7 oder auf das Internet 8 . Alle denkbaren Formen des Informationszugangs sind durch Absatz 1 abgedeckt. Vor diesem Hin-

3

1 Scherzberg, Öffentlichkeit der Verwaltung, S. 385 f., unterscheidet vier Zugangsarten zu staatlichen Datenbeständen: Erteilung von Auskunft, Gewährung von Akteneinsicht, öffentliche Bekanntmachung und sog. Sach- oder Medienöffentlichkeit (d.h. Gestattung einer unmittelbaren oder medial vermittelten Teilnahme am administrativen Entscheidungsprozess).

2 Ebenso § 1 Abs. 2 S. 1 IFG-RefE; dadurch soll (Begründung S. 21) die Einheitlichkeit der Formen des Informationszugangs gewahrt bleiben. 3 Ähnlich § 4 IFG-Bln; § 4 Abs. 1 S. 3 U I G ; ferner § 1 Abs. 2 S. 2 IFG-RefE. 4 So § 7 S. 3 Nr. 3 und Nr. 4 A I G Bbg. - Auch Art. 10 Abs. 1 S. 1 V O 1049/2001 / E G hebt die „elektronische Form" besonders hervor. 5 Vgl. § 13 Abs. 3 IFG Bin; mündliche oder schriftliche Erteilung; ebenso § 7 Abs. 2 IFGRefE.

6 So § 5 Abs. 4 IFG SH. 7

So § 7 S. 4 A I G Bbg; als Beispiel wird die Stellungnahme der Landesregierung zum Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten genannt, Breidenbach/Palenda, L K V 1998, 252 (257).

156

§ 1 2 Durchführung des Informationszugangs

tergrund kann davon abgesehen werden, weitere Detailregelungen zur Informationsgewährung vorzusehen, zumal technische Modalitäten ohnehin raschen Veränderungen unterliegen. Die Absätze 2 und 3 dienen ebenfalls der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen und reibungslosen Durchführung des Informationszugangs. Zunächst wird die öffentliche Stelle verpflichtet, den Informationszugang rasch zu ermöglichen und die notwendigen räumlichen und sächlichen Voraussetzungen hierfür zu schaffen (Absatz 2). Schließlich wird Vorsorge dafür getroffen, dass ein Antragsteller nicht nur ζ. B. einen (flüchtigen) Blick in eine Akte werfen darf, sondern die erlangten Informationen auch in (schriftlich) fixierter Form (Notizen, Kopien, Ausdruck, Diskette etc.) erhalten kann (Absatz 3).

2. Bisherige Rechtslage Die Rechtslage im Verwaltungsinformations recht der Länder Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein ist in Bezug auf die Durchführungsbestimmungen zum Informationszugang recht unterschiedlich ausgestaltet. Deshalb kann keine der einschlägigen Vorschriften 9 als Muster für § 12 herangezogen werden. Im Umweltinformationsrecht fehlen - unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 U I R L - „praktische Regeln" darüber, wie die begehrten Umweltinformationen tatsächlich zugänglich gemacht werden sollen. Die bekannt gewordenen Rechtsstreitigkeiten zur Durchführung der Informationsgewährung bezogen sich in aller Regel auf das - in § 4 Abs. 1 S. 2 U I G 1994 nicht näher konturierte - Auswahlermessen bei der Art und Weise des zu gewährenden Informationszugangs (Auskunft, Akteneinsicht, sonstige Formen der Informationsübermittlung) 10 . Diese Erfahrungen gaben Anlass, zu dieser ganz zentralen Frage der Realisierung des Informationszugangsrechts gesetzliche Vorgaben zu machen. Das ist in § 4 Abs. 1 S. 3 U I G geschehen.

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht Zum allgemeinen Verwaltungsinformationsrecht der Länder hat sich vor allem das Anfertigen von Kopien als Streitfall zwischen Behörden und Antragstellern « So § 5 Abs. 6 IFG SH. Danach muss dem Antragsteller lediglich die Fundstelle angegeben werden; Voraussetzung ist nicht, dass der Antragsteller über einen Internet-Anschluss verfügt. Dieser Umstand könnte bei der Ermessensbetätigung Berücksichtigung finden. Erläuternd dazu Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (44); dies., R D V 2001, 71 (80). 9 § 7 A I G Bbg; § 13 Abs. 2 bis Abs. 6 IFG Bin; § 5 IFG SH. 10 Vgl. BVerwGE 102, 282 = JZ 1998, 243 (m. Anm. Hendler); erläuternd dazu Roger, DVB1 1997, 885 ff.; O V G SH, DVB1 1999, 250 = N V w Z 1999, 670 = NuR 1998, 667; BVerwGE 108, 369 = JZ 1999, 1166 (m. Anm. Gusy)\ Ermessensausfall dagegen i m Fall V G München, GewArch 1996, 173 = N V w Z 1996, 410; dazu Bachelin, GewArch 1996, 154 ff.

§ 1 2 Durchführung des Informationszugangs

157

entpuppt 11 . Verwaltungen in Brandenburg und Schleswig-Holstein stehen - „unterstützt" durch eine nicht eindeutige Rechtslage - auf dem Standpunkt, dass die Erstellung von Kopien nur an Stelle der Akteneinsicht oder Auskunftseiteilung in Betracht komme, nicht aber nach Gewährung ζ. B. von Akteneinsicht 1 2 . Als problematisch hat sich ferner erwiesen, dass 15 Mitgliedern einer Bürgerinitiative, die Einsicht in Unterlagen eines Wasserzweckverbandes begehrten, wegen des zeitlichen Aufwandes nur jeweils 20 Minuten für die Einsichtnahme in einen umfangreichen Aktenbestand gewährt wurden 1 3 . Aus dem Umweltinformationsrecht liegen wichtige praktische Erfahrungen insbesondere durch die erwähnten (Rn. 6) Rechtsstreitigkeiten vor. Diese haben deutlich gemacht, dass die Durchführung des Informationszugangs leicht zu Auseinandersetzungen führen kann, wenn es an klaren gesetzlichen Vorgaben fehlt.

4. Rahmenbedingungen Verfahrensrechtliche oder europarechtliche Rahmenbedingungen bestehen für § 12 nicht. Von daher herrscht rechtspolitische Gestaltungskompetenz. Als faktische Rahmenbedingungen fungieren indes die vorliegenden praktischen Erfahrungen (vgl. Rn. 7). Sie weisen auf die Notwendigkeit hin, im Interesse der Informationszugangsfreiheit der Regelung praktischer Fragen zur Durchführung des Informationszugangs nicht weniger Aufmerksamkeit zu widmen als der Normierung ζ. B. materiellrechtlicher Standards.

8

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen Es hat sich in der Praxis des Umweltinformationsrechts als richtig erwiesen, die Art und Weise sowie den Umfang des Informationszugangs nicht allein dem pflichtgemäßen Ermessen zu überantworten, sondern dieses an konkrete Wünsche von Antragstellern zur Informationsübermittlung zu koppeln 1 4 . Nach der Rechtsprechung besteht das Auswahlermessen ohnehin nur zwischen solchen Informationsmitteln, die im Wesentlichen die gleiche Informationseignung besitzen 15 . h Vgl. L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 133 f. und S. 152; U L D SH, Tätigkeitsbericht 2001, S. 149. 12 Ein weiterer Streitpunkt betrifft die Kostenerhebung für Kopien; dazu —> § 14 Rn. 10 und Rn. 26. 13 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 142 f. 14 Vgl. Theuer, N V w Z 1996, 326 (332); vgl. ferner zur Auswertung der Rechtsprechung Rossi, UPR 2000, 175 (179 f.); Heselhaus, E u Z W 2000, 298 (301).

15 BVerwGE 102, 282 (287); O V G SH, N V w Z 1999, 670 (674) = NuR 1998, 667 (671).

9

158

§ 1 2 Durchführung des Informationszugangs

Absatz 1 Satz 2 zieht aus diesen Erkenntnissen die Konsequenzen und setzt entsprechende Vorgaben. Zuvor nennt Satz 1 bestimmte Formen des Informationszugangs. Dieser soll nicht auf eine bestimmte Modalität begrenzt werden. Eine wirkliche Informationszugangsfreiheit kann sich nur entwickeln, wenn sowohl Akteneinsicht als auch Aktenauskunft gewährt wird und wenn daneben auch in sonstiger Weise Informationen zur Verfügung gestellt werden (müssen). 10

Für eine praktisch wirksame Ausgestaltung des Informationszugangs ist sodann der Zeitaspekt von besonderer Bedeutung. Soll das Zugangsrecht nicht entwertet werden (können), bedarf es einer Vorgabe für die zeitliche Durchsetzung der Informationsgewährung 16 . Diesem Fixpunkt trägt Absatz 2 Satz 1 Rechnung. Eng damit zusammen hängen die räumlichen und sächlichen Möglichkeiten der öffentlichen Stelle. Diese Umstände dürfen, was Absatz 2 Satz 2 zuwider liefe, den Informationszugang nicht konterkarieren 17 .

11

Schließlich ist zu gewährleisten, dass der Antragsteller nicht nur eine „flüchtige" Information erhält. Der Sicherung dieses Ziels dient Absatz 3. Es wird sichergestellt, dass der Antragsteller die erlangte Information in schriftlicher Form festhalten kann.

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Art des Informationszugangs und Auswahlrecht (Absatz 1) aa) Formen des Informationszugangs 12

Absatz 1 Satz 1 regelt die Art und Weise der Informationsgewährung. Die Modalitäten, die Satz 1 vorsieht (Akteneinsicht, Aktenauskunft, Zugang zu einem Informationsträger in sonstiger Weise), sind in Anlehnung an § 4 Abs. 1 S. 2 U I G formuliert. Eine Begrenzung lediglich auf Akteneinsicht 1 8 oder auf Akteneinsicht und Aktenauskunft 1 9 ist nicht angezeigt, mag es sich dabei auch um die üblichen Formen der Informationsgewährung handeln. M i t Blick auf neue technische Möglichkeiten der Verwaltungskommunikation sollte als weitere Variante die „Gewährung des Zugangs zu einem Informationsträger in sonstiger Weise" vorgesehen werden 2 0 .

16 Partsch, NJW 1998, 2559 (2563). 17

Partsch, L K V 2001, 98 (100), sieht i m Fehlen ausreichender räumlicher und sachlicher Möglichkeiten zur Durchführung des Informationszugangs „eine weitere Abwehrstrategie der Behörden, wie sie aus Genehmigungsverfahren bekannt ist". is So § 1 A I G Bbg; teilweise modifiziert allerdings durch § 7 Satz 3 A I G Bbg. 19 So § 3 Abs. 1 S. 1 IFG Bin; ferner § 4 Abs. 2 E-IFG. 20 Ähnlich § 5 Abs. 1 IFG SH; ferner § 1 Abs. 2 S. 1 IFG-RefE.

§ 1 2 Durchführung des Informationszugangs

159

bb) Bestimmungsrecht des Antragstellers Satz 2 des Absatzes 1 schränkt das behördliche Auswahlermessen bei der Erfüllung des Anspruchs auf Informationszugang ein. § 4 Abs. 1 U I G 1994 enthielt eine entsprechende Vorschrift nicht. In der Praxis war streitig geworden, wie weit das behördliche Ermessen bei der Art und Weise des zu gewährenden Informationszugangs (Auskunft, Akteneinsicht, sonstige Formen der Informationsübermittlung) reicht. Dazu hat das BVerwG unter Hinweis auf die EG-Umweltinformationsrichtlinie und die dadurch begründete möglichst effektive Sicherung des Informationszugangs erkannt, den Vorstellungen und Wünschen des Bürgers hinsichtlich der Modalitäten der Informationsaufnahme komme bei der behördlichen Ermessensausübung eine besondere Bedeutung zu. Beantrage ein Bürger ausdrücklich einen bestimmten Informationszugang, dürfe die Behörde diesen Wunsch nur dann zugunsten eines anderen (im Wesentlichen gleich geeigneten) Informationsmittels ablehnen, wenn hierfür gewichtige, von ihr darzulegende Gründe, etwa ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand, bestünden 21 . Satz 2 nimmt diesen Gedanken auf, indem die Art des Informationszugangs grundsätzlich in dem beantragten Sinne zu gewähren i s t 2 2 . Dasselbe gilt für den Umfang des beantragten Informationszugangs 23 . Insoweit lehnt sich der Regelungsvorschlag an die in § 4 IFG Bin getroffene Bestimmung a n 2 4 . Der Hinweis auf den 2. und 3. Abschnitt des IFG stellt sicher, dass gegenläufige Schutzpositionen auch bei der praktischen Durchführung des Informationszugangs gewahrt bleiben.

13

cc) Pflichtgemäßes Ermessen der zuständigen Stelle Jenseits der durch die „Soll"-Vorschrift des § 12 Abs. 1 S. 2 gemachten Vorgaben entscheidet die zuständige Stelle über die Durchführung des Informationszugangs nach pflichtgemäßem Ermessen 25. Dabei sind die Umstände des konkreten 21 BVerwGE 102, 282 (286f.); bestätigt durch BVerwGE 108, 369 (378 f.) - In BVerwGE 102, 282 ging es darum, dass der Kläger (in Bezug auf einen ,,Altlasten"-Gefahrenverdacht) die schriftliche Mitteilung bestimmter Umweltinformationen begehrte, während die Verwaltung lediglich Akteneinsicht gewähren wollte. Der Kläger obsiegte beim BVerwG. 22 Ähnlich nunmehr § 4 Abs. 1 S. 3 U I G ; ferner § 1 Abs. 2 S. 2 IFG-RefE. 23 In dem Fall BVerwGE 108, 369 war dem Kläger seitens der Behörde die Einsicht in die Unterlagen zur Subventionierung einer Reststoffverwertungsanlage verweigert worden, da die Akte primär Fragen der Wirtschaftsförderung betreffe. Das BVerwG gab dem Kläger Recht, da die Akte auch umweltbezogene Informationen enthielt; Angaben zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen müssten ggf. wegen der in § 8 Abs. 1 S. 2 U I G getroffenen Regelung durch Schwärzungen unkenntlich gemacht werden. 24 Art. 10 Abs. 4 V O 1049/2001 / EG verlangt bei der Durchführung des Informationszugangs, dass „die Wünsche des Antragstellers vollständig berücksichtigt werden". 25 § 7 A I G Bbg legt die Bestimmung der Art und Weise der Gewährung des Akteneinsichtsrechts (fast) ausnahmslos in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Stelle und gibt als Grundsatz die Akteneinsicht in die Originaldokumente vor; vgl. dazu Breidenbach/ Palenda, L K V 1998, 252 (257).

14

§ 1 2 Durchführung des Informationszugangs

160

Falles zu würdigen 2 6 . Die normative Fassung des Wahlrechts des Antragstellers in einer bloßen „Soll-Vorschrift" (Satz 2) und die Statuierung von Ermessen für die zuständige Stelle (Satz 3) ermöglichen es dieser auch, in atypischen Fällen von den Wünschen des Antragstellers abzuweichen. Ein Abweichungsgrund 2 7 kann ζ. B. in einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand liegen, falls die zuständige Stelle dem Wunsch des Antragstellers nachkommen würde 2 8 . Von vornherein entscheidet die zuständige Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen, wenn der Antragsteller eine bestimmte Modalität des Informationszugangs nicht favo. .

nsiert

29

.

dd) Fehlen einer Richtigkeitskontrolle 15

Satz 4 stellt klar, dass § 2 Abs. 2 unberührt bleibt. Danach erfolgt auch im Stadium der Durchführung des Informationszugangs keine Richtigkeitskontrolle der nach Satz 1 eröffneten Information. M i t dem Anspruch nach § 2 Abs. 1 ist allein der Zugang zu den bei der zuständigen Stelle vorhandenen Informationen verbunden. Die inhaltliche Richtigkeit der erlangten Informationen wird durch das IFG an keiner Stelle verbrieft. Ausgenommen sind bekannte Zweifel an der Richtigkeit des Akteninhalts (§ 2 Abs. 2 S. 2).

b) Äußere Voraussetzungen der Informationsgewährung (Absatz 2) 16

I m Falle der positiven Entscheidung (§ 11 Abs. 2) sind die begehrten Informationen unverzüglich zugänglich zu machen. Für ein weiteres Zuwarten besteht vor dem Hintergrund der in § 11 Abs. 1 eingeräumten Entscheidungsfristen kein Anlass; Satz 1 folgt insoweit § 7 Abs. 1 Hs. 1 IFG S H 3 0 . Die Anordnung „unverzüg26

IFG-RefE, S. 22, nennt als Beispiel den Antrag auf Einsichtnahme in Videos, Kassetten oder Disketten; nach den Umständen des Einzelfalls sei es ausreichend, Einsicht in eine mit dem Original übereinstimmende Kopie zu gewähren. Ferner könnten Sicherheitsgründe eine selbständige Recherche des Antragstellers im behördeneigenen IT-System verbieten. 27 § 4 Abs. 1 S. 3 U I G nennt ausdrücklich „gewichtige . . . Gründe" als notwendig für ein Abgehen vom Wunsch des Antragstellers; ebenso § 1 Abs. 2 S. 2 IFG-RefE. Konkretisiert sind diese Gründe nicht. 2

8 So - am Beispiel des Umweltinformationsrechts - BVerwGE 102, 282 (288) und 108, 369 (379). 29 § 5 Abs. 1 IFG SH schreibt das Auswahlrecht bezüglich Auskunftserteilung oder Zugänglichmachung des Informationsträgers dem Antragsteller zu; vgl. hierzu Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 5 Anm. 1. 30

Kompliziert dagegen die in § 14 Abs. 1 S. 3 bis S. 5 IFG B i n getroffenen Regelungen: Bei mündlicher Antragstellung in der Regel sofortige Informationsgewährung, bei schriftlicher Antragstellung Verweis auf die allgemeinen Sprech- oder Dienstzeiten, ferner (unter bestimmten Voraussetzungen) Bestimmungen eines späteren Termins; daraus die Empfehlung für eine mündliche Antragstellung ableitend Partsch, L K V 2001, 98 (101).

§ 1 2 Durchführung des Informationszugangs

161

lieh 4 ' bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern" (vgl. § 121 BGB). Sachlich begründete Verzögerungen sind daher mit Satz 1 vereinbar 31 . Satz 2 findet eine Parallele in § 13 Abs. 2 S. 2 IFG B i n 3 2 . Es handelt sich dabei nicht etwa um einen bloßen Programmsatz, sondern um eine strikte gesetzliche Pflicht der öffentlichen Stelle zur Bereitstellung der für einen ordnungsgemäßen Informationszugang notwendigen äußeren Voraussetzungen 33 . Räumliche Vorkehrungen haben sicherzustellen, dass der Antragsteller bei einer Informationsgewährung „vor Ort" im Wesentlichen ungestört agieren kann. Ausreichende sächliche Möglichkeiten bestehen, wenn die i m Einzelfall erforderlichen Hilfsmittel für die Informationsübermittlung vorhanden sind 3 4 .

17

c) Schriftlichkeit der erlangten Informationen (Absatz 3) Absatz 3 w i l l gewährleisten, dass unverfälschte und aussagekräftige Informationen beim Antragsteller verbleiben können 3 5 . Die Berechtigung zur Anfertigung von Notizen (Satz 1) findet sich auch in landesrechtlichen Parallelbestimmungen 36 . Gleichberechtigt neben dem Recht zur Aufzeichnung steht nach Satz 2 die Gestattung von Ablichtungen 31. Allerdings sind jeweils, was bereits der Hinweis auf den 2. Abschnitt in Absatz 1 Satz 2 deutlich macht, Gegenrechte nach §§ 5 ff. (insbes. auch Urheberrechte) zu beachten 38 . Ablichtungen haben den Vorzug einer authentischen Wiedergabe der gelesenen Information; daher kann ihre Überlassung eine besonders geeignete Form der Informationsübermittlung sein 3 9 . Satz 3 trägt mo-

31 Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 7 Anm. 1, unter Hinweis auf notwendig werdende Suche im Datenbestand, Aussortierungen, Anonymisierungen etc.

32 Ebenso § 13 Abs. 3 S. 2 E-IFG. § 7 Abs. 3 S. 1 IFG SH nennt zusätzlich „zeitliche" Möglichkeiten für den Informationszugang. 33 In § 7 IFG-RefE fehlt eine entsprechende Regelung. Die behördliche Pflicht zur Bereitstellung ausreichender räumlicher und sachlicher Mittel für eine Akteneinsicht soll sich jedoch aus § 1 IFG-RefE ergeben; so Begründung S. 37. 34

Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 5 Anm. 3, nennt u. a. Cassetten- und Videorecorder sowie Filmvorführgeräte. 35 Vgl. Begründung zu § 11 Abs. 4 E-IFG, BT-Drucks. 13/8432, S. 12. 36 § 13 Abs. 4 IFG Bin; § 5 Abs. 3 S. 2 IFG SH. - Ebenso § 7 Abs. 3 IFG-RefE. 37 Ebenso § 7 Abs. 3 IFG-RefE. - Anders § 5 Abs. 3 S. 3 IFG SH: Kopien stehen zur Verfügung, wenn keine ausreichenden zeitlichen, räumlichen oder sachlichen Möglichkeiten für den Informationszugang bestehen. 38 Abweichend hiervon verlangt § 13 Abs. 5 S. 2 IFG Bin, dass die öffentliche Stelle die Einwilligung des Berechtigten (Urhebers) einholt. Zweifelhaft die These von Partsch, L K V 2001, 98 (100): Jeder, der der Verwaltung urheberrechtlich relevante Informationen überlasse, willige damit zumindest in die Akteneinsicht Dritter ein. 39 Vorbildlich insoweit § 5 Abs. 3 des Österreichischen U I G (abgedruckt bei Turiaux, UIG, Anhang D 3). 11 Informationsfreiheitsgesetz

18

§ 1 2 Durchführung des Informationszugangs dernen Entwicklungen der EDV-Nutzung in öffentlichen Stellen Rechnung und findet ebenfalls Vorbilder im Landesrecht 40 . Dem lesbaren Ausdruck steht die elektronische Kopie gleich, da mit ihrer Hilfe jederzeit ein lesbarer Ausdruck hergestellt werden kann.

40 § 13 Abs. 6 IFG Bin; § 5 Abs. 5 IFG SH; ebenso § 11 Abs. 4 S. 3 E-IFG und § 7 Abs. 3 IFG-RefE.

§ 13 Vertreter bei gleichförmigen Anträgen (1) Bei Anträgen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht worden sind (gleichförmige Anträge), sowie bei Anträgen von mehr als 50 Personen, die das gleiche Informationsinteresse verfolgen, gelten die §§ 17 bis 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend. (2) Sind mehr als 50 Personen aufzufordern, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, kann die Aufforderung ortsüblich bekannt gemacht werden. Parallelvorschriften: tionsrecht: § 6 UIG.

§ 8 A I G Bbg; § 5 Abs. 3 S. 4 IFG SH. - Umweltinforma-

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-5

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage und Erfahrungen II. Vorschlag

4 6-9

1. Leitvorstellungen

6

2. Zur Regelung i m Einzelnen

8

a) Gleichförmige Anträge und gleiches Informationsinteresse (Absatz 1)

8

b) Vertreterbestellung (Absatz 2)

9

I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung § 13 trifft Sonderregelungen für die Vertretung in Verfahren von mehr als 50 Personen. Absatz 1 erfasst Konstellationen, in denen entweder mehr als 50 Personen mit einem gleichlautenden Text 1 oder bei gleichem Interesse 2 Anträge auf Zugang zu Informationen bei einer öffentlichen Stelle einreichen. Durch den Verweis auf §§ 17 bis 19 V w V f G wird sichergestellt, dass in solchen Fällen der Informationsanspruch gegenüber den Vertretern erfüllt werden kann.

1

Absatz 2 trifft eine Regelung zum Verfahren der Vertreterbestellung. sprechende Aufforderung kann ortsüblich bekannt gemacht werden.

2

11

1

Sog. „gleichförmige Eingabe", vgl. § 17 V w V f G .

2

Hier fehlt der gleichlautende

Text der Anträge, vgl. § 18 V w V f G .

Die ent-

164 3

§ 1 3 Vertreter bei gleichförmigen Anträgen

Im Verwaltungsinformationsrecht des Landes Brandenburg findet sich auch noch eine Vorschrift zum Informationsrecht für Bürgerinitiativen und Verbände zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten nebst Vertretungsregelung dazu (§ 9 A I G Bbg). Dabei handelt es sich um ein Spezifikum, nämlich die Umsetzung der Vorgaben aus Art. 21 Abs. 3 L V Bbg 3 . Da eine vergleichbare Bestimmung auf Bundesebene (und i m Recht der anderen Länder) fehlt, ist auch eine entsprechende Durchführungsregelung i m IFG nicht angezeigt.

2. Bisherige Rechtslage und Erfahrungen 4

Eine vergleichbare Regelung besteht in Schleswig-Holstein. Dort werden - ohne eigenständige Aussage im IFG - §§ 80a bis 80c LVwG, die §§ 17 bis 19 V w V f G entsprechen, pauschal in Bezug genommen (§ 5 Abs. 3 S. 4 IFG SH). In Brandenburg wird für gleichförmige Anträge auf §§ 17 und 19 L V w V f G verwiesen (§ 8 Abs. 2 A I G Bbg), bei Anträgen mit gleichem Informationsinteresse hingegen wird das Akteneinsichtsrecht auf die Auskunftserteilung beschränkt (§ 8 Abs. 1 A I G Bbg). Dadurch soll vor allem eine ernstliche Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Behörden vermieden werden 4 .

5

Im Umweltinformationsrecht findet sich in § 6 U I G eine entsprechende Bestimmung für gleichförmige Anträge. Diese Vorschrift wurde unverändert in § 219 U G B - K o m E übernommen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich Anderungsbedarf nicht ergeben habe und von der Vorschrift wohl auch noch kein wesentlicher Gebrauch gemacht worden sei 5 .

II. Vorschlag 7. Leitvorstellungen 6

Die Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit der öffentlichen Stelle muss auch in sog. Massenverfahren des Informationszugangs gesichert werden. Das gilt für gleichförmige Anträge ebenso wie für Anträge mit gleichem Informationsinteresse. Deshalb wird § 6 U I G insoweit nicht gefolgt, als die in § 18 V w V f G vorgesehene Entlastung ausgespart bleibt. Nicht gefolgt wird diesbezüglich aber auch der in § 8 Abs. 1 A I G Bbg gefundenen Lösung, bei (Massen-)Anträgen mit gleichem Informationsinteresse die Art und Weise der Informationsgewährung auf die Auskunfts3 Einzelheiten dazu bei Breidenbach/Palenda, 4

L K V 1998, 252 (257 f.).

LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 12. - M i t dieser Erwägung kann nach § 8 Abs. 1 S. 2 A I G Bbg sogar bei weniger als 50 Personen die Informationsgewährung auf Auskunftserteilung beschränkt werden, wenn die Gewährung von Akteneinsicht mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. 5 U G B - K o m E , Begründung S. 834.

§ 1 3 Vertreter bei gleichförmigen Anträgen erteilung zu reduzieren. Selbst wenn die Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit der Behörden propagiert wird 6 , muss damit nicht ein Qualitätsverlust an Information verbunden sein, soweit andere Möglichkeiten zum Schutz der öffentlichen Stelle gegeben sind 7 . Das ist mit der Vertretung für Antragsteller bei gleichem Interesse mit § 18 V w V f G der Fall. M i t der Ausschöpfung der vom Verwaltungsverfahrensrecht zur Verfügung gestellten Möglichkeiten kann die notwendige Entlastung in den sog. Massenverfahren erreicht werden 8 . Bei § 13 handelt es sich nicht etwa um eine verzichtbare Vorschrift, weil das V w V f G ohnehin anwendbar wäre. Die ausdrücklich Inbezugnahme der §§ 17 ff. V w V f G durch das IFG - ebenso durch § 6 U I G - ist notwendig, weil §§ 17 ff. V w V f G unmittelbar nur für ein Verwaltungsverfahren gelten; im Informationszugangsrecht geht es jedoch um eine Vielzahl von Verfahren (bei gleichförmigen Anträgen oder Anträgen mit gleichem Informationsinteresse), so dass der ausdrückliche Verweis erforderlich ist 9 .

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Gleichförmige Anträge und gleiches Informationsinteresse (Absatz 1 ) Absatz 1 erfasst tatbestandlich sowohl die Fälle gleichförmiger Anträge als auch die Fälle der Antragstellung mit gleichem Informationsinteresse. Jeweils müssen bei der öffentlichen Stelle mindestens 51 Anträge eingegangen sein, damit die Rechtsfolge ausgelöst wird. Diese besteht in der Verweisung auf §§ 17 bis 19 V w V f G . Infolgedessen kann sich die öffentliche Stelle in beiden Konstellationen an den jeweiligen Vertreter (der mehr als 50 Personen) halten. Ihm gegenüber erfüllt die öffentliche Stelle das Informationsbegehren. Darin liegt lediglich eine Bündelung des Verfahrensablaufs. Sachliche Abstriche am Informationszugangsrecht sind damit nicht verbunden.

b) Vertreterbestellung (Absatz 2) Absatz 2 betrifft den Sonderfall, dass die mehr als 50 Personen nicht schon über einen gewillkürten Vertreter verfügen, sondern die öffentliche Stelle eine Vertreterbestellung einfordern muss. In diesem Fall kann die Aufforderung ortsüblich be-

6 Breidenbach/Palenda,

L K V 1998, 252 (257).

7

Kritisch zu der in Brandenburg getroffenen Regelung auch Angelov, Staatsbürgerlicher Informationszugangsanspruch, S. 211. 8 Vgl. Friedersen, in: ders. /Lindemann, IFG SH, § 5 Anm. 3. 9 IFG-RefE, S. 41 (Begründung zu § 9 Abs. 1 S. 3 des RefE, der sich allerdings mi gleichförmige Anträge von mehr als 50 Personen bezieht).

166

§ 1 3 Vertreter bei gleichförmigen Anträgen

kanntgemacht werden 1 0 . Eine solche Regelung ist - unabhängig von den Regelungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts - sinnvoll, um die praktische Handhabung des Informationszugangs sicherzustellen.

10 Ebenso § 17 Abs. 4 S. 2 V w V f G .

§ 14 Kosten (1) 'Für Amtshandlungen der öffentlichen Stellen auf Grund dieses Gesetzes können Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden. 2 Die Gebühren sind so zu bemessen, dass sie eine angemessene Höhe nicht überschreiten; das öffentliche Interesse am Informationszugang ist zu berücksichtigen. 3Auslagen sind zu erstatten; dabei dürfen die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschritten werden. (2) 'Die Bundesregierung wird ermächtigt, für Amtshandlungen im Sinne des Absatzes 1 die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren sowie der Auslagen durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen. 2Dabei sind Befreiungstatbestände sowie Ermäßigungen und der Erlass der Gebühren aus Billigkeitsgründen im Einzelfall vorzusehen. Parallelvorschriften: § 16 IFG Bin; § 10 A I G Bbg; § 8 IFG SH. - Umweltinformationsrecht: § 10 UIG. - EG-Recht: Art. 10 Abs. 1 S. 2 bis 4 V O 1049/2001/ EG. Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-11

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

3

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht a) Umweltinformationsrecht b) Informationszugangsrecht der Länder 4. Rahmenbedingungen II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen a) Prinzip der Kostenerhebung

7 7 10 11 12-30 12 12

b) Ziel einer ausgewogenen Preisgestaltung

14

c) Verzicht auf Kostendeckungsprinzip und Aquivalenzprinzip

16

d) Schaffung einer abschließenden Kostenregelung i m Informationszugangsrecht e) Sicherung der Eigenrationalitäten des Informationszugangsrechts 2. Zur Regelung i m Einzelnen a) Kostenerhebung für Informationszugang (Absatz 1)

18 19 21 21

aa) Befugnis zur Kostenerhebung

21

bb) Angemessenheit der Gebühr

23

cc) Auslagenerstattung

24

§ 1 4 Kosten

168

b) Verordnungsermächtigung (Absatz 2)

25

aa) Regelungsauftrag für den Verordnungsgeber

26

bb) Ablehnung und Erledigung des Informationszugangs

27

cc) Gewerbliche Nutzung erlangter Informationen

29

dd) Befreiung und Ermäßigung von Kosten

30

I. Ausgangslage 7. Gegenstand der Regelung Die Vorschrift trifft Kostenregelungen für Amtshandlungen öffentlicher Stellen nach dem IFG. Absatz 1 enthält materielle Vorgaben für die Kostenerhebung. Dabei statuiert Satz 1 keine Kostenerhebungspflicht. Der Verzicht auf eine obligatorische gesetzliche Kostenerhebung schafft von vornherein Gestaltungsmöglichkeiten zur Verhinderung prohibitiv wirkender Gebührentatbestände 1 ; ebenso wäre - i m umgekehrten Fall - die Vorgabe einer Kostendeckungspflicht nach deutschem Verwaltungskostenrecht keine Selbstverständlichkeit, sondern sie müsste ausdrücklich angeordnet werden (vgl. § 3 S. 2 BVwKostG) 2 . Satz 2 sieht bewusst davon ab, das Kostendeckungsprinzip zu normieren; die Vorschrift ist - gebührenrechtlich gesprochen - vielmehr eher Ausdruck des Äquivalenzprinzips. Satz 3 schließlich schreibt die Auslagenerstattung - anders als die Gebührenerhebung - zwingend vor. Absatz 2 normiert eine umfassende Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung zum Erlass einer Gebühren Verordnung; in Bezug auf Auslagen kann deren Höhe geregelt werden. Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrates. In der Verordnung ist zudem nicht nur das Äquivalenzprinzip (Absatz 1 Satz 2) zu konkretisieren, es müssen auch Tatbestände für Gebührenbefreiung, -ermäßigung und -erlass vorgesehen werden. Orientierungsmaßstab hierfür kann das Verwaltungskostenrecht des Bundes und der Länder sein 3 .

2. Bisherige Rechtslage Soweit im geltenden Bundes- und Landesrecht Vorschriften zur Kostenerhebung für den Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen bestehen, ist die Rechtslage völlig uneinheitlich. I m einschlägigen Landesrecht sieht Brandenburg die obligatorische Kostenerhebung vor, geht von der Kostendeckung und dem Äquivalenzprinzip aus und lässt Kostenregelungen in anderen Rechtsvorschriften unberührt; 1 Möglich wäre nach deutschem Verwaltungskostenrecht auch die Normierung einer Gebührenfreiheit des Informationszugangs; so § 13 Abs. 1 S. 1 E-IFG.

2 Turiaux, UIG, § 10 Rn. 22. 3 M i t der vorgeschlagenen Formulierung belässt Absatz 2 das notwendige Verordnungsermessen und erfüllt dennoch die Anforderungen gemäß Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG.

§ 1 4 Kosten ferner besteht eine Verordnungsermächtigung zum Erlass einer Gebührenordnung 4 . In Berlin werden Akteneinsicht, Aktenauskunft und Widerspruchsverfahren schlicht für gebührenpflichtig erklärt, und auf die entsprechende Geltung des Gesetzes über Gebühren und Beiträge wird verwiesen 5 . In Schleswig-Holstein ist eine allgemeine Ermächtigung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren geschaffen worden, während die tatsächlich entstandenen Auslagen einzufordern sind; ferner bleibt die Gebührenbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 6 VwKostG SH unberührt 6 . I m Prinzip geht § 8 IFG SH von einer vollen Kostenerstattung aus 7 . I m Umweltinformationsrecht können die EG-Mitgliedstaaten nach Art. 5 U I R L „für die Übermittlung der Informationen eine Gebühr erheben, die jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten darf". Als Umsetzungsakt hierzu schrieb § 10 Abs. 1 U I G 1994 die obligatorische Erhebung von Gebühren und Auslagen vor, positivierte das Kostendeckungsprinzip und ließ Kostenregelungen in anderen Rechtsvorschriften unberührt. A u f Grund der teilweisen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Regelung (vgl. Rn. 9) hat § 10 Abs. 1 U I G eine komplett neue Fassung erhalten. Nur noch für die Übermittlung von Informationen werden Kosten erhoben, das Kostendeckungsprinzip wurde aufgegeben und durch das Verbot einer prohibitiven Wirkung der Gebührenbemessung ersetzt; der Vorbehalt zugunsten anderer Kostenregelungen ist entfallen, und bei Erledigung des Antrags findet eine Kostenerhebung nicht mehr statt. Nach § 10 Abs. 2 U I G ist die Bundesregierung zum Erlass einer Kostenverordnung ermächtigt 8 .

4

Aufschlussreich ist i m vorliegenden Zusammenhang auch das EG-Recht (Art. 10 Abs. 1 S. 2 bis 4 V O 1049/2001 /EG). Danach ist lediglich eine Auslagenerstattung für die Anfertigung und Übersendung von Kopien an den Antragsteller vorgesehen. Die Einsichtnahme in Dokumente vor Ort, Kopien von weniger als 20 D I N A4-Seiten und der direkte Informationszugang in elektronischer Form oder über Register werden ausdrücklich für kostenlos erklärt.

5

Dieser Überblick belegt, wie unterschiedlich die Kostenregelungen zum Informationszugangsrecht ausgestaltet sind. Eine Art „gemeinsamer Nenner 44 ist nicht erkennbar.

6

4 § 10 A I G Bbg; erläuternd dazu LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 13f.; kritisch Partsch, NJW 1998, 346 (350).

5 § 16 IFG Bln. - Haass, Das Grundeigentum 2000, 1086 (1089), stellt danach einen Gebührenrahmen von 20 D M bis 1.000 D M fest; die Versagung der Akteneinsicht ist gebührenfrei, eine Fotokopie kostet 1 D M . 6 § 8 IFG SH; dazu Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 8 Anm. 1 ff., dort auch (nach Anm. 4) Auszug aus der V O zur Gebührenerhebung.

ι Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (45); dies., R D V 2001, 71 (81). 8

Vgl. dazu die Verordnung über Kosten für Amtshandlungen der Behörden des Bundes beim Vollzug des Umweltinformationsgesetzes (Umweltinformationskostenverordnung UIGKostV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. 08. 2001, B G B l I S. 2248.

§ 1 4 Kosten

170

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht a) Umweltinformationsrecht 7

Praktische Erfahrungen mit dem Kostenrecht beim Informationszugang liegen vor allem aus dem Umweltinformationsrecht vor. Vielfältige Untersuchungen zeigen, dass einschlägige Gebührenordnungen der Länder prohibitive Wirkungen äußern und daher i m Verdacht der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit stehen 9 , dass in der Praxis immer wieder überhöhte Gebührenforderungen gestellt werden 1 0 und dass auch dem Grunde nach durchaus berechtigte Gebührenerhebungen wegen schwer begreifbarer Überschreitungen des Gebührenrahmens rechtswidrig sind 1 1 .

8

Die UGB-Kommission hat derartige Beispiele aufgegriffen und die teilweise sehr hohen Gebührenforderungen der Verwaltung auf das Kostendeckungsprinzip nach § 10 Abs. 1 S. 2 U I G 1994 zurückgeführt, demzufolge auch die Arbeitszeit der Beamten in Rechnung gestellt werde 1 2 . Daraus hat man Konsequenzen gezogen und eine fakultative Kostenerhebung vorgeschlagen 13 . Damit sollte sichergestellt werden, dass der Informationsanspruch des Bürgers nicht durch zu hohe und damit abschreckende Gebühren unterlaufen w i r d 1 4 .

9

§ 10 U I G 1994 sowie die dazu ergangene Umweltinformationsgebührenverordnung (UIGGebV) des Bundes (nebst Gebührenverzeichnis), denen mit Blick auf Gebührenhöhen von 500 D M und 1.000 D M bis 10.000 D M ebenfalls eine prohibitive Wirkung und damit die Verletzung des Art. 5 U I R L vorgeworfen worden w a r 1 5 , sind Gegenstand eines Rechtsstreits beim EuGH gewesen 16 . Das Regelwerk (§ 10 U I G 1994, UIGGebV, Gebührenverzeichnis) hat der Gerichtshof nicht bean9 Scherzberg, DVB1 1994, 733 (745); Faber, DVB1 1995, 722 (729); Turiaux, UIG, § 10 Rn. 22; Kugelmann, Informatorische Rechtsstellung, S. 219 f. 10 Vgl. die Beispiele aus der Praxis bei Theuer, N V w Z 1996, 326 (332 f.); Lenius/Ekardt, Z A U 1998, 278 (281 ff.). 11 Vgl. V G Braunschweig, N V w Z - R R 1998, 413: Anfertigung und Übersendung von 7 Kopien keine „umfangreiche Maßnahme zur Zusammenstellung der Unterlagen" mit einer Gebühr von 300 D M . - I m Verfahren BVerwG, N V w Z 2000, 913 hatte die Vorinstanz einen Gebührenbescheid über 676 D M i.H.v. 265,50 D M wegen unzulässiger Kopierkosten und überhöhter Personalkosten aufgehoben. 12 U G B - K o m E , Begründung S. 829. - Kritisch zum „Zeitaufwand als Berechnungsgrundlage" auch L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 1999, S. 142. 13 § 223 Abs. 1 U G B - K o m E : „Soweit für Amtshandlungen auf Grund dieses Abschnitts Gebühren und Auslagen erhoben werden, ist bei ihrer Bemessung das öffentliche Interesse am Zugang zu Umweltinformationen zu berücksichtigen." - Heftige Kritik hierzu bei Koebke, Recht auf Umweltinformation, S. 123 f.: viel zu unbestimmte Regelung, die keine der grundlegenden Fragen (zur Kostendeckung, zu ablehnenden Bescheiden) beantworte.

U G B - K o m E , Begründung S. 838. 15 Turiaux, UIG, § 10 Rn. 33. 16 EuGH, Slg. I 1999, 5087 = DVB1 1999, 1494 (m. Anm. Pitschas/Lessner, DVB1 2000, 332) = N V w Z 1999, 1209 (m. Bespr. F. Becker S. 1187) = E u Z W 1999, 763 = EuR 2000, 218 (m. Anm. Wegener).

§ 1 4 Kosten standet, da die Kommission nicht dargetan hatte, dass dieses dem Zweck des Art. 5 U I R L - Verhinderung einer unangemessen hohen Gebühr für die Übermittlung von Umweltinformationen - widerspricht 1 7 . Zur konkreten Anwendung des Regelwerks in der Praxis enthielt sich der EuGH einer Prüfung, da die Kommission diese Praxis nicht angegriffen hatte 1 8 . Ein Verstoß des deutschen Rechts gegen Art. 5 U I R L wurde jedoch für die Gebührenerhebung i m Fall der Ablehnung eines Antrags auf Informationszugang angenommen 19 . Durch die Neufassung des § 10 Abs. 1 U I G wurde nicht nur dieser europarechtswidrige Befund beseitigt, sondern der Bundesgesetzgeber hat zudem - bestimmten Aussagen in den Entscheidungsgründen des EuGH-Urteils Rechnung tragend - prohibitiv wirkende Regelungen in § 10 Abs. 1 U I G 1994 beseitigt (vgl. Rn. 4).

b) Informationszugangsrecht der Länder A u f Landesebene sehen sich die i m Umweltbereich gesammelten Erfahrungen im allgemeinen Informationszugangsrecht vielfach bestätigt. Die Verwaltungen haben oftmals Schwierigkeiten mit der angemessenen Gebührenerhebung und neigen nicht selten zu überzogenen Kostenforderungen 20 . Als mitursächlich hierfür werden Gebührenrahmen mit zu hoher Obergrenze gemacht 2 1 . Immer wiederkehrender Kritik unterliegt die Festsetzung von 1,- D M pro K o p i e 2 2 . Verbreitet ist auch die Forderung, im Falle der Ablehnung des Informationszugangs auf die Gebührenerhebung zu verzichten 2 3 . Unter strukturellen Vorzeichen wird bemängelt, dass im Interesse der besseren Handhabbarkeit des Gebührenrechts auf die Bildung von Gebührenkategorien innerhalb des Rahmens sowie eine Staffelung nach dem Aufwand verzichtet w i r d 2 4 . Schließlich findet sich der Hinweis, dass bei offensiverem Informationsverhalten öffentlicher Stellen (ζ. B. via Internet) Kosten gesenkt werden könnten 2 5 .

10

4. Rahmenbedingungen Bestimmte verfassungsrechtliche oder europarechtliche Vorgaben bestehen für § 14 nicht. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen i m Umwelt17 EuGH (Fn. 1 6 ) - T z . 44ff. is EuGH (Fn. 1 6 ) - T z . 53. 19 EuGH (Fn. 1 6 ) - T z . 57ff. 20 B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 53 f. (mit konkreten Beispielen). 21 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 135: prohibitive Wirkung der Obergrenze von 2000,- D M . 22 Vgl. Nachw. Fn. 20 und 21, ferner U L D SH, Tätigkeitsbericht 2001, S. 149. 23 B l n B D A , Jahresbericht 2000, S. 54. 24 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 136 und S. 152. 25 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 1999, S. 138 und S. 142.

11

172

§ 1 4 Kosten

informationsrecht. Dort besteht mit Art. 5 U I R L eine Direktive, die - nachdem sie zunächst verfehlt worden war - zur Korrektur des § 10 U I G zwang (vgl. Rn. 4). Rahmenbedingungen faktischer Art sind jedoch nicht zu verkennen. Die Erfahrungen sowohl i m Umweltinformationsrecht (Rn. 7 ff.) als auch im allgemeinen Verwaltungsinformationsrecht der Länder Berlin, Brandenburg und SchleswigHolstein (Rn. 10) zeigen, dass überhöhte Kostenanforderungen (Gebühren, Auslagenersatz) gegenüber Informationssuchenden abschreckende Wirkungen zeitigen können 2 6 . M i t dem Prinzip der Informationszugangsfreiheit (§ 1) und dem voraussetzungslosen Anspruch auf Informationszugang (§ 2 Abs. 1) sind derartige prohibitive Wirkungen nicht in Einklang zu bringen. Rechtsnormativ ließe sich von daher das Übermaßverbot als allgemeine Rahmenbedingung qualifizieren.

II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen a) Prinzip der Kostenerhebung 12

Die mit dem RegelungsVorschlag nach § 14 verbundene Grundfrage besteht in der Überlegung, ob der Zugang zu Informationen öffentlicher Stellen überhaupt mit einer Kostenerhebung verknüpft sein soll. In ihrem Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors hat die EU-Kommission die Frage nach der Befugnis öffentlicher Stellen zur Kostenerhebung als legitim anerkannt, da öffentliche Informationen doch mit Steuergeldern produziert würden 2 7 . Von daher ist es konsequent, wenn im EG-Eigenverwaltungsrecht auf eine Gebührenerhebung für den Informationszugang verzichtet wird und nur eine - auch noch begrenzte Auslagenerstattung vorgesehen i s t 2 8 . Andererseits kennt das Gemeinschaftsrecht durchaus den Grundsatz der Kostenerhebung für den Informationszugang (Art. 5 U I R L ) 2 9 , so dass das Postulat der Kostenfreiheit allenfalls als (rechts)politische Forderung, nicht jedoch als Rechtsprinzip anerkannt werden kann. Die EU-Kommission verweist in ihrem Grünbuch denn auch - gleichsam die Gegenposition formulierend - darauf, dass normalerweise nur ein kleiner Teil der Bevölkerung an der Nutzung eines bestimmten Informationsprodukts des öffentlichen Sektors interessiert sei und dass diese Benutzer nicht von der übrigen Bevölkerung subventioniert werden sollten, zumal die Bereitschaft zur Kostentragung durchaus bestehe 30 .

26 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (45); dies., R D V 2001, 71 (81). 27 EU-Kommission, Grünbuch „Informationen des öffentlichen Sektors", K O M (1998) 585 endg, Tz. 94. 28 Vgl. dazu oben Rn. 5. 29 Vgl. dazu auch Fn. 35. 30

Vgl. Nachw. Fn. 27 i.V.m. der dortigen Abbildung 4.

§ 1 4 Kosten Für den mit § 14 unterbreiteten Vorschlag spricht auch der Gedanke der Rechtseinheit. Nachdem die Kostenerhebung für den Informationszugang i m Landesrecht (Berlin, Brandenburg, Schleswig-Holstein) vorgesehen ist, sollte diese Linie auf der Ebene des Bundesrechts nicht verlassen werden. Nur so kann auch ein Wertungswiderspruch zum Umweltinformationsrecht vermieden werden, das das Prinzip der Kostenerhebung auch nach den Novellen vom August 2001 (§ 10 U I G n.F., UIGKostV) aufrecht erhält 3 1 .

13

b) Ziel einer ausgewogenen Preisgestaltung Die prinzipielle Bejahung einer Kostenerhebung für den Informationszugang sieht sich allerdings dem Einwand ausgesetzt, die Informationsgewährung müsse deshalb grundsätzlich gebührenfrei sein 3 2 , damit verhindert werde, dass durch überzogene Gebührenforderungen oder durch Unsicherheiten über die Höhe der mit dem Informationszugang verbundenen Kosten entsprechende Begehren unterblieben 3 3 . Zutreffend an dieser Argumentation ist der ihr innewohnende Kerngedanke, dass die Gebühr(enhöhe) nicht von der Antragstellung abschrecken darf und eine Kostenerhebung auch nicht zu einer Begrenzung der Zahl der Informationszugangsbegehren eingesetzt werden darf 3 4 .

14

Diese Zielsetzung bedeutet indes nicht notwendigerweise, dass auf eine Kostenerhebung vollständig verzichtet werden muss 3 5 . Es ist nämlich auch nicht zu bestreiten, dass die Einführung eines allgemeinen, interessenunabhängigen Informationszugangsanspruchs zu (erheblichen) zusätzlichen Kosten der öffentlichen Stellen führen kann. Deren Haushaltslage ist nicht so beschaffen, dass ein völliger Verzicht auf die Kostenerhebung befürwortet werden kann. Ziel einer Kostenregelung muss es daher sein, einerseits eine prohibitive Wirkung zu vermeiden und andererseits die durch den Informationszugang entstehenden Kosten nicht allein den öffentlichen Stellen anzulasten 36 . Die rechtspolitische Herausforderung liegt dem-

15

31 IFG-RefE, S. 43 (Begründung zu § 10 des RefE), mit der zusätzlichen Erwägung, eine kostenfreie Abgabe von Informationen durch öffentliche Stellen würde auch zu Wettbewerbsnachteilen bei privaten Informationsdiensten führen, was wegen § 1 U W G und § 26 Abs. 2 G W B problematisch sein könnte. Ferner sei die haushaltsrechtliche Vorgabe des § 63 Abs. 3 B H O zu beachten. 32 So der Vorschlag gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 E-IFG: „Der Informationszugang ist grundsätzlich gebührenfrei, es sei denn, die Informationsbeschaffung dient kommerziellen Zwecken." - In diesem Sinne auch Angelov, Staatsbürgerlicher Informationszugangsanspruch, S. 212, 248.

33 So BT-Drucks. 13/8432, S. 13 (zu § 13 Abs. 1 S. 1 E-IFG). 34 Turiaux, UIG, § 10 Rn. 15. 35 In diesem Sinne auch der EuGH (Fn. 16) - Tz. 44: Gebührenerhebung (nach Art. 5 U I R L ) nicht nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt. 36 Heselhaus, EuZW 2000, 298 (302).

174

§ 1 4 Kosten

nach nicht in der Einführung der (grundsätzlichen) Gebührenfreiheit, sondern in der Schaffung einer ausgewogenen Preisgestaltung 31.

c) Verzicht auf Kostendeckungsprinzip und Äquivalenzprinzip 16

Die erste Konsequenz aus dieser Leitidee ist der Verzicht auf das Kostendekkungsprinzip (des allgemeinen deutschen Gebührenrechts) i m Informationszugangsrecht. Eine Pflicht zur Kostendeckung, die i m Umweltinformationsrecht durch die „Soll"-Vorschrift des § 10 Abs. 1 S. 2 U I G 1994 vorgegeben und durch die UIGGebV im Sinne einer möglichst vollständigen Kostendeckung ausformuliert w a r 3 8 , kann dazu führen, dass im Einzelfall Gebühren erhoben werden (müssen), die so hoch sind, dass sie einer Zugangsbarriere gleichkommen 3 9 . Dazu ist i m Umweltinformationsrecht (unter Hinweis auf die U I R L ) der Schluss gezogen worden, dem umfassend gewährten Informationszugangsanspruch dürfe nicht mit unangemessen hohen Verwaltungsgebühren begegnet werden 4 0 ; deshalb sei den EG-Mitgliedstaaten die vollständige Deckung der ihnen entstehenden Kosten, insbesondere der Personalkosten, verwehrt 4 1 . § 10 Abs. 1 U I G n. F. trägt dem nunmehr Rechnung. Dieselben Überlegungen gelten für das IFG.

17

Kommt demnach ein vollständiger Verzicht auf die Gebührenerhebung ebensowenig in Betracht wie die volle Anlastung der Kosten beim Antragsteller, muss eine angemessene Ausbalancierung der gegenläufigen Belange angestrebt werden 4 2 . Dies setzt voraus, dass eine partielle Entkoppelung von den Grundsätzen des allgemeinen Gebührenrechts stattfindet, um den Eigenrationalitäten des Informationszugangsrechts Rechnung tragen zu können. Daraus folgt zum einen, dass auch dem Äquivalenzprinzip nicht in „Reinkultur" entsprochen werden kann; denn da der Informationszugangsanspruch ohne Nachweis eines Interesses besteht, fehlt häufig die Kenntnis vom (wirtschaftlichen) Wert der Information, um das Äquivalenzprinzip (i. S. d. allgemeinen Gebührenrechts) anwenden zu können 4 3 . Sodann macht es wenig Sinn, zur Begrenzung der Gebührenhöhe nach einzelnen (Behörden-)Tätigkeiten oder Kostenarten differenzieren zu wollen; dem Grunde nach berücksichtigungsfähig sind alle durch den Antrag auf Informationszugang ausge3v EU-Kommission, Grünbuch (Fn. 27), Tz. 95 und 97. 38 BVerwG, N V w Z 2000, 913. 39 So der i m Kern zutreffende Vortrag der Kommission im Verfahren vor dem EuGH (Fn. 1 6 ) - T z . 42. 40 V G Braunschweig, N V w Z - R R 1998, 413 (414). 41 BVerwG, N V w Z 2000, 913 (914), bekräftigend S. 915: wegen Art. 5 U I R L „Verzicht auf eine strikte Kostendeckung". 42 Heselhaus, E u Z W 2000, 298 (303). 43 So zur Kostenerhebung im Umweltinformationsrecht Faber, DVB1 1995, 722 (729); Theuer, N V w Z 1996, 328 (333).

§ 1 4 Kosten lösten Amtshandlungen, entscheidend ist die Angemessenheit des dem Antragsteller abverlangten Endbetrags 44 .

d) Schaffung einer abschließenden Kostenregelung im Informationszugangsrecht U m dieses Ziel erreichen zu können, ist ein gestuftes Verfahren der Rechtskonkretisierung angezeigt. Gesetzlich sind die wesentlichen „Leitlinien" vorzugeben (§ 14 Abs. 1):

18

• Befugnis zur Kostenerhebung; • Vollkostenerstattung bei den Auslagen; • Nichtgeltung des Kostendeckungsprinzips bei Gebühren; • Angemessenheitsgrenze bei der Gebührenhöhe; • Berücksichtigung des öffentlichen Interesses am Informationszugang. Alle weiteren Konkretisierungen sind auf der Verordnungsebene vorzunehmen; auch dafür gibt es indes (weitere) gesetzliche Vorgaben (§ 14 Abs. 2). Ziel ist die Schaffung einer abschließenden Kostenregelung i m Informationszugangsrecht 45 . Dass so etwas möglich ist, belegt die Kostenregelung zum Stasi-Unterlagengesetz 46 . Dasselbe gilt nun für das Umweltinformationsrecht mit den in § 10 UIG, der UIGKostV und dem Kostenverzeichnis geschaffenen Regelungen.

e) Sicherung der Eigenrationalitäten des Informationszugangsrechts § 14 verzichtet bewusst auf die Bestimmung „Kostenregelungen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt" 4 7 . Soweit dadurch nur der Vorrang speziellerer Kostenvorschriften zum Ausdruck gebracht werden s o l l 4 8 , kann auf die Bestimmung, da nur eine Selbstverständlichkeit ausdrückend, verzichtet werden. Soweit mit einer solchen Vorschrift gesagt sein könnte, dass für die Tätigkeit der Bundesbehörden das BVwKostG anwendbar bleibt und für die Tätigkeit der Landesbehörden das jeweilige LVwKostG sowie für die Tätigkeit der Kommunen 44 BVerwG, N V w Z 2000, 913 (914). 45 Anders § 10 Satz 2 IFG-RefE mit dem Verweis auf § 10 Abs. 1 und 2 U I G sowie die UIGKostV; nach der Begründung (S. 42) dazu liegt hierin nur eine vorläufige Entscheidung, um Erfahrungen im Umgang mit dem IFG sammeln zu können. 46

Wesentliche Kostenregelungen in § 42 Abs. 1 StUG, Verordnungsermächtigung in § 42 Abs. 2 StUG, acht Paragraphen umfassende StUKostV, dazu zweiseitiges Kostenverzeichnis. 47 So § 10 Abs. 1 S. 3 A I G Bbg; ebenso § 10 Abs. 1 S. 3 U I G 1994. 48 So LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 13 f. (mit Hinweis auf die Entgeltordnung des Landesamtes für Daten und Statistik).

19

§ 1 4 Kosten

176

das jeweilige K A G ergänzend heranzuziehen i s t 4 9 , soll diese Rechtsfolge hier gerade vermieden werden. 20

Der Verweis auf das allgemeine Verwaltungskostenrecht hätte Weiterungen z.B. Nichtgeltung des BVwKostG für Gerichte, Justizbehörden, Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern etc. (vgl. § 1 Abs. 3 B V w K o s t G ) 5 0 - , die nicht gewollt sind. Zum einen muss das Kostenrecht im Informationszugangsrecht in seinem Anwendungsbereich mit dem Geltungsumfang des Informationszugangsanspruchs (§ 3) übereinstimmen. Zum anderen birgt eine Atomisierung des Kostenrechts die Gefahr in sich, dass die in den vorstehenden Leitvorstellungen entwickelten Prinzipien nicht bzw. nicht einheitlich umgesetzt werden 5 1 . Zur Vermeidung einer schleichenden Aushöhlung des voraussetzungslos gewährten Informationszugangsanspruchs (§ 2 Abs. 1) über den „ U m w e g " des Kostenrechts muss ein Interesse daran bestehen, i m Informationszugangsrecht - seiner eigenständigen Rationalität folgend und seine Prinzipien beachtend - eine abschließende Kostenregelung zu treffen (Rn. 18).

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Kostenerhebung für Informationszugang (Absatz 1 ) aa) Befugnis zur Kostenerhebung 21

Absatz 1 stellt die grundlegenden Bestimmungen für die Kostenerhebung auf. Satz 1 normiert die fakultative Kostenerhebung 52, spricht sich also sowohl gegen die obligatorische Kostentragungspflicht 53 als auch gegen die grundsätzliche Gebührenfreiheit 54 aus. Damit wird bereits in der Eingangsbestimmung zur Kostenregelung signalisiert, dass i m Interesse der Informationszugangsfreiheit der Verordnungsgebung die Entscheidung prinzipiell offensteht, ob und ggf. welche Gebühren erhoben werden und welcher Aufwand der öffentlichen Stelle angelastet wird.

22

Dem Grunde nach kostenpflichtig sind „Amtshandlungen" der öffentlichen Stelle 5 5 . Eine weitere Differenzierung oder gar Ausgrenzung bestimmter Maß49 So zu § 10 Abs. 1 S. 3 U I G 1994 Turiaux,

UIG, § 10 Rn. 29.

50

Zur Atomisierung des Kostenrechts nach der in § 8 IFG SH getroffenen Regelung, die eine Verordnungsermächtigung (wie § 14 Abs. 2) nicht kennt, Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 8 Anm. 1. 51

Vgl. am Beispiel des Landes Brandenburg mit staatlicher Gebührenverordnung und kommunalen Gebührensatzungen L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 1999, S. 142 f. 52 Ebenso § 8 S. 1 IFG SH; zur Entstehungsgeschichte Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 8 Anm. 1. - Ferner in diesem Sinne § 223 Abs. 1 U G B - K o m E .

53 So § 10 Abs. 1 S. 1 A I G Bbg und § 10 Abs. 1 S. 1 UIG. 54 So der rechtspolitische Vorschlag in § 13 Abs. 1 S. 1 E-IFG. 55 Zur Begriffsbestimmung näher Nordmann, R D V 2001, 71 (81).

§ 1 4 Kosten nahmen (ζ. Β. vorbereitende Tätigkeiten zur Erfüllung des Informationszugangsanspruchs) wird nicht vorgenommen. Die Diskussion hierüber i m Umweltinformationsrecht 56 hat gezeigt, dass dies für das Informationszugangsrecht nicht weiterführt, da letztlich allein die Gebührenhöhe maßgebend ist, die nicht prohibitiv wirken darf. Der „Kosten"-Begriff umfasst - dem allgemeinen Verwaltungskostenrecht entsprechend (vgl. § 1 Abs. 1 BVwKostG) - Gebühren und Auslagen.

bb) Angemessenheit der Gebühr Satz 2 Halbsatz 1 legt die Gebührenbemessung auf die Obergrenze einer - noch - „angemessenen Höhe" fest. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff bedarf der Konkretisierung. Kostendeckung ist nicht anzustreben. Halbsatz 2 erklärt vielmehr das öffentliche Interesse am Informationszugang für berücksichtigungsbedürftig 57 . Dieses öffentliche Interesse manifestiert sich in § 1. Normstrukturell wird damit ein Ansatz gewählt, der sich bereits bei der Konkretisierung des Art. 5 U I R L bewährt hat. Der EuGH hat den Begriff „angemessene Höhe" i m Lichte des Zwecks der Umweltinformationsrichtlinie gedeutet (d. h.: freier Zugang zu Informationen über die Umwelt), von daher nach der prohibitiven Wirkung einer Gebühr gefragt und erkannt, unzulässig sei es, die gesamten den öffentlichen Haushalten durch eine Zusammenstellung von Unterlagen tatsächlich entstandenen, namentlich mittelbaren Kosten auf Einzelne abzuwälzen, die einen Antrag auf Information gestellt hätten 5 8 . A u f dieser Grundlage lässt sich ein abgestuftes System entwickeln, das einerseits dem Verwaltungsaufwand Rechnung trägt und zugleich bei der konkreten Benennung eines Gebührenbetrags prohibitive Wirkungen vermeidet. Das vormalige deutsche Regelwerk zum Umweltinformationsrecht 5 9 ist in seiner Struktur vom EuGH akzeptiert worden 6 0 .

56 Vgl. BVerwG, N V w Z 2000, 913 (914); V G Braunschweig, N V w Z - R R 1998, 413 f.; Faber, DVB1 1995, 722 (728); Theuer, N V w Z 1996, 326 (333); Turiaux, UIG, § 10 Rn. 7 ff. 57 Eine andere Regelungstechnik wählt § 10 Abs. 1 S. 2 UIG n. F., wonach die Gebühren auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands so zu bemessen sind, dass der Informationszugang nach § 4 Abs. 1 U I G wirksam in Anspruch genommen werden kann. 58 EuGH (Fn. 1 6 ) - T z . 47f. 59 (1) Mündliche und einfache schriftliche Auskünfte: gebührenfrei; (2) Erteilung einer umfassenden schriftlichen Auskunft: 50 D M bis 1.000 D M ; (3) Zurverfügungstellung von Akten oder sonstigen Informationsträgern (a) in einfachen Fällen: 20 D M bis 200 D M ; (b) bei umfangreichen Maßnahmen zur Zusammenstellung der Unterlagen: 200 D M bis 2.000 D M ; (c) i m Einzelfall bei außergewöhnlich aufwendigen Maßnahmen zur Zusammenstellung von Unterlagen, insbesondere wenn zum Schutz öffentlicher und privater Belange in zahlreichen Fällen Daten ausgesondert werden müssen: 2.000 D M bis 10.000 D M . Abgedruckt bei Turiaux, UIG, Anhang Β 2. 12 Informationsfreiheitsgesetz

23

178

§ 1 4 Kosten

cc) Auslagenerstattung 24

Satz 3 legt fest, dass Auslagen zu erstatten sind; Obergrenze sind insoweit die tatsächlich entstandenen Kosten. Die Vorschrift ist § 8 Satz 3 IFG SH nachgebildet 6 1 . Der Begriff „Auslagen" kann im Anschluß an § 10 BVwKostG verstanden werden und bezieht sich auf besondere Aufwendungen der öffentlichen Stelle, sei es eigene Tätigkeit oder Inanspruchnahme Dritter, die durch die Gebühr nicht erfasst werden 6 2 . Die Auslagenerstattung besteht unabhängig von der Gebührenerhebung. Deshalb werden Auslagen auch bei Gebührenfreiheit der Amtshandlung (vgl. dazu Rn. 30) erhoben 63 .

b) Verordnungsermächtigung (Absatz 2) 25

Absatz 2 enthält die notwendige Verordnungsermächtigung zur Konkretisierung der in Absatz 1 normierten Vorgaben. Dabei bestimmt Satz 1 den Adressaten der gesetzlichen Ermächtigung und umreißt den unabdingbaren Regelungsauftrag. Verordnungsgeber ist die Bundesregierung. Die zu erlassende Rechtsverordnung (Gebührenverordnung) bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Satz 2 normiert weitere Direktiven zur „Feinsteuerung" bei der Verordnungsgebung.

aa) Regelungsauftrag für den Verordnungsgeber 26

Die Gebührenverordnung legt die Kostenerhebung abschließend fest. Zu regeln sind i m Verordnungswege Grund und Höhe der Gebührenerhebung sowie die Höhe der Auslagenerstattung. Die Verordnungsgebung muss sich davon leiten lassen, einerseits den Informationszugang durch Gebührentatbestände sowie Gebührenhöhe (und Höhe der Auslagenerstattung) nicht unangemessen zu erschweren, andererseits jedoch den erhöhten Aufwand der öffentlichen Stellen in fairer Weise zu berücksichtigen. Hier ist die entscheidende Normierungsstelle zur Vermeidung abschreckender Beispiele 6 4 . Erste Muster für mögliche Konzepte zum allgemeinen Informationszugangsrecht liegen v o r 6 5 . Von weichenstellender Bedeutung ist der vorgesehene 60

EuGH (Fn. 16) - Tz. 52. Mitentscheidend war dabei auch die Möglichkeit der Gebührenermäßigung (§ 2 UIGGebV) und die einzelfallbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung. Ähnlich Art. 10 Abs. 1 S. 3 V O 1049/2001 / E G . 62

Vgl. Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 8 Anm. 4: Kosten für Anfertigung von Kopien, Postgebühren, Aufwendungen für Übersetzungen etc. 63 Ausdrücklich § 1 Abs. 3 UIGKostV, allerdings mit der Einschränkung einer Bagatellgrenze von 5 , - D M .

64 Vgl. die Kritik insoweit am IFG Bin bei Partsch, L K V 2001, 98 (101): Schwachpunkt des Gesetzes, da die Kosten abschrecken könnten. - Vgl. auch oben Rn. 10. 65 Vgl. die Regelung in Schleswig-Holstein (abgedruckt in Friedersen/Lindemann, IFG SH, S. 44):

§ 1 4 Kosten

179

Gebührenrahmen. Eine Obergrenze von 2.000 - D M ist in der Praxis bereits als prohibitiv wirkend qualifiziert worden 6 6 . I m novellierten Umweltinformationsrecht ist dafür Sorge getragen, dass der Gebührenbetrag 1.000,- D M nicht übersteigt 6 7 . Die Regelungstiefe muss jedoch so weit gehen, dass die Verordnung auch ein Kostenverzeichnis enthält, das (Gebühren-)Tatbestand und (Gebühren-) Betrag benennt und hinreicht bis zur Eliminierung der in Deutschland verbreiteten Unsitte (vgl. Rn. 10), 1,- D M pro Kopie zu fordern 6 8 . Ein derartiger „ T a r i f ist heutzutage nicht mehr zu rechtfertigen 69 . Ein gut durchstrukturiertes Muster könnte insoweit die Stasi-Unterlagen-Kostenordnung (nebst Kostenverzeichnis) 70 sein, die den Informationszugang von der Kostenseite her durchweg bürgerfreundlich regelt 7 1 . Dies kann auch der neuen UIGKostV nebst Kosten Verzeichn i s 7 2 attestiert werden.

bb) Ablehnung und Erledigung des Informationszugangs Satz 1 bietet auch die Plattform zur Entscheidung einiger Problemfälle, die vom Umweltinformationsrecht her bekannt sind. Dort ist man sich - zumal nach der Rechtsprechung des EuGH - darüber einig, dass der zur Ablehnung eines Informationszugangs führende Verwaltungsaufwand (ζ. B. Ermittlung entgegenstehender öffentlicher oder privater Interessen) nicht zur Kostenpflicht führt 7 3 . (1) Erteilung von schriftlichen Auskünften (a) in einfachen Fällen: 10 D M bis 100 D M ; (b) in schwierigen oder komplexen Fällen: 100 D M bis 4.000 D M ; (2) Zurverfügungstellung von Informationen oder von Informationsträgern und erforderlichen Leseanweisungen oder von lesbaren Ausdrucken (a) in einfachen Fällen: 10 D M bis 100 D M ; (b) bei umfangreichen Maßnahmen zur Zusammenstellung der begehrten Informationen: 100 D M bis 2.000 D M ; (c) bei außergewöhnlich aufwendigen Maßnahmen zur Zusammenstellung der begehrten Informationen: 2.000 D M bis 4.000 D M . Von der Erhebung der Gebühr kann ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn dies i m Einzelfall aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses geboten ist. 66 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 135. 67 § 1 Abs. 2 UIGKostV; das gilt auch i m Falle einer Amtshandlung, die mehrere kostenpflichtige Tatbestände verwirklicht. 68 Zu ganz anderen Vorstellungen in Österreich Heselhaus, EuZW 2000, 298 (303): Beginn der Gebührenpflicht erst ab 100 Kopien oder 4 Stunden Arbeitsaufwand. - Z u m EGRecht vgl. Rn. 5. 69 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (45). - I m Umweltinformationsrecht wird nach dem neuen Kostenverzeichnis für eine DIN-A4-Kopie 0,20 D M verlangt. 70 V O vom 13. 7. 1992 ( B G B l I S. 1241), geändert durch V O vom 8. 5. 1995 ( B G B l I S. 625). 71 Beispiele: Gebührenerhebung erst ab 5 D M , § 2 Abs. 2 StUKostV; Gebührenhöhe bei keinem Gebührentatbestand höher als 150 D M ; D I N A 4-Kopie 0,05 D M . 72 Nachw. oben Fn. 8.

12*

27

180

§ 1 4 Kosten

Entsprechende Forderungen werden nun für das allgemeine Informationszugangsrecht erhoben 74 . Rechtlich zwingend ist das in einem verallgemeinerungsfähigen Sinn freilich nicht 7 5 . Es ist eine spezielle Vorgabe des EG-Rechts, dass nur für die „ Übermittlung " von Informationen eine Gebühr erhoben werden darf (Art. 5 U I R L ) 7 6 . I m Übrigen kann frei entschieden werden, ob die Ablehnung des Informationszugangsanspruchs gebührenpflichtig gestellt wird oder nicht 7 7 . In Anerkennung des Verwaltungsaufwands, jedoch zur Vermeidung einer prohibitiven Wirkung, könnte ζ. B. auch an die Festsetzung einer geringe(re)n Gebühr gedacht werden 7 8 . 28

Im Falle der Erledigung eines bestimmten Informationszugangs(begehrens) kann sich ebenfalls die Frage der Gebührenerhebung stellen. Im Umweltinformationsrecht war dafür die Möglichkeit der Gebührenermäßigung vorgesehen; aus Billigkeitsgründen konnte ganz von der Gebührenerhebung abgesehen werden 7 9 . Nach der neuen Gesetzeslage ist der Rückgriff auf das allgemeine Verwaltungskostenrecht, das die (reduzierte) Gebührenerhebung erlaubt, ausgeschlossen 80 . Kommt es zur Erledigung, werden keine Gebühren und Auslagen erhoben 81 . Diese Regelung könnte durchaus Modellcharakter für das allgemeine Informationszugangsrecht erhalten.

cc) Gewerbliche Nutzung erlangter Informationen 29

A u f der Grundlage von Absatz 2 Satz 1 könnte ferner der i m Umweltinformationsrecht entstandene Streit entschieden werden, ob Informationszugangsbegehren zu gewerblichen Zwecken, also die wirtschaftliche Bedeutung einer Information, bei der Gebührenbemessung Berücksichtigung findet 8 2 . Nach allgemeinem Verwaltungskostenrecht ist dies durchaus möglich (vgl. § 3 S. 1 BVwKostG). Bei der Kostenerhebung im vorliegenden Zusammenhang ist jedoch zu bedenken, dass der Anspruch auf Informationszugang ohne Nachweis eines besonderen Interesses 73 Scherzberg, DVB1 1994, 733 (744); Turiaux, NJW 1994, 2319 (2323); Faber, DVB1 1995, 722 (728 f.); Rossi, UPR 2000, 175 (180); Heselhaus, E u Z W 2000, 298 (303); Koebke, Recht auf Umweltinformation, S. 122. 74 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40 (45); Schubert, D u D 2001, 400 (404). 75 Vgl. die Kritik bei F. Becker, N V w Z 1999, 1187 (1189). 76 Nunmehr ausdrücklich rezipiert durch § 10 Abs. 1 S. 1 UIG. 77 In Schleswig-Holstein ist das nicht der Fall; vgl. Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 8 Anm. 2. 78 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 136. 79 § 10 Abs. 1 S. 3 U I G 1994 i.V.m. § 15 Abs. 2 BVwKostG. 80 § 10 Abs. 1 S. 3 U I G n. F. erklärt § 15 Abs. 2 B V w K o s t G für nicht anwendbar. 8]

§ 3 UIGKostV; tatbestandlich erfasst sind die Rücknahme eines Antrags sowie die Rücknahme und der Widerruf einer Amtshandlung. 82 Befürwortend BVerwG, N V w Z 2000, 913 (914); Turiaux, UIG, § 10 Rn. 19; U G B KomE, Begründung S. 838; LT-Drucks. Bbg 2 / 4 4 1 7 , Begründung S. 13.

§ 1 4 Kosten besteht (—> § 2 Rn. 15). Infolgedessen darf der Antragsteller nicht über die „Hintertür" der Gebührenberechnung veranlaßt oder gar gezwungen werden, sein spezifisches Interesse an der begehrten Information offenzulegen 83 . Dies wäre auch mit dem Verzicht auf eine Begründung des Antrags (—• § 10 Rn. 15) nicht vereinbar. Zudem würden sich gewiss Umgehungsstrategien („Strohmann"-Modell) entwickeln.

dd) Befreiung und Ermäßigung von Kosten Satz 2 setzt dem Verordnungsgeber bindende Vorgaben. I m Interesse des Schutzes der Informationszugangsfreiheit sind verordnungsrechtliche Vorkehrungen zur (weiteren) Minimierung der Kostenerhebung vorzusehen. Generelle Befreiungen von der Gebührenpflicht sind dem Verwaltungskostenrecht durchaus geläufig 8 4 . Die Ermächtigung zur Gewährung von Gebührenermäßigungen kennt bereits das geltende (spezielle) Informationszugangsrecht 85 . Und der Erlass der Gebühr ist ebenfalls ein probates Mittel zur Sicherung der Einzelfallgerechtigkeit 86 .

83 Ablehnend Burkert, M M R 1999, Heft 6 S. V; zurückhaltend auch Theuer, N V w Z 1996, 326 (333); für Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes bei Offenkundigkeit Heselhaus, E u Z W 2000, 298 (303). 84 Vgl. z. B. § 8 S. 2 IFG SH i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 6 V w K o s t G SH; § 8 BVwKostG. 85 § 2 UIGKostV; § 7 Abs. 2 StUKostV. 86 Vgl. § 6 B V w K o s t G ; beim IFG SH oben Fn. 65.

Vierter Abschnitt Organisationsvorschriften § 15 Informationsverzeichnisse (1) Jede Stelle im Anwendungsbereich dieses Gesetzes führt Verzeichnisse, die geeignet sind, die bei ihr geführten Informationssammlungen und deren Zweck erkennen zu lassen. (2) Verzeichnisse im Sinne von Absatz 1 sowie vergleichbare Informationsübersichten wie Organisationspläne, Register, Aktenpläne, Aktenordnungen und Aktenverzeichnisse sind zur Einsicht allgemein zugänglich zu halten. (3) ] Die Verzeichnisse sind nach Möglichkeit in elektronischer Form abrufbar zu halten. 2Dies gilt auch für Informationen, die wiederkehrend nachgefragt werden. Parallelvorschrift: EG.

§ 17 IFG Bln. - EG-Recht: Art. 11 und 12 V O 1049/2001/

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-7

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

4

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

7

II. Vorschlag

8-16

1. Leitvorstellungen

8

2. Zur Regelung i m Einzelnen

11

a) Führung von Informationsverzeichnissen (Absatz 1)

11

b) Allgemeiner Zugang zu Informations Verzeichnissen (Absatz 2)

14

c) Elektronischer Informationszugang (Absatz 3)

16

I. Ausgangslage 7. Gegenstand der Regelung 1

Bei § 15 handelt es sich um eine Organisationsvorschrift, die i m Vorfeld konkreter Informationsbegehren den öffentlichen Stellen Pflichten auferlegt, um notwendige Vorkehrungen zu treffen, damit einem individuellen Informationszugangsanspruch ohne größere Verzögerung begegnet werden kann. Absatz 1 verlangt die

§15

Informationsverzeichnisse

183

Führung aussagekräftiger (Informations- Verzeichnisse bei den öffentlichen Stellen. Sie müssen Auskunft geben können über die bei der Stelle geführten Informationssammlungen; außerdem müssen die Verzeichnisse deren Zweck erkennen lassen. Absatz 2 schafft eine zusätzliche, den Informationszugangsanspruch (§ 2 Abs. 1 ) ergänzende Transparenz in der öffentlichen Verwaltung und bei sonstigen öffentlichen Stellen. Verzeichnisse i m Sinne von Absatz 1 und vergleichbare Informationsübersichten sind der Allgemeinheit zugänglich zu halten. Jeder kann - unabhängig von gezielten Informationszugangsbegehren - in diese Verzeichnisse und Übersichten Einsicht nehmen. Absatz 3 drängt darauf, dass die Verzeichnisse möglichst in elektronischer Form abrufbar sind. Das gilt nicht nur zur Erfüllung individueller Informationsbegehren, sondern vor allem auch bezüglich wiederkehrend nachgefragter Informationen.

2

3

2. Bisherige Rechtslage Vergleichbare Vorschriften kennen weder das U I G noch das A I G Bbg und das IFG SH. Eine ähnliche Bestimmung - bezogen allerdings lediglich auf den Aktenbestand - findet sich i m Landesrecht von Berlin (§ 17 Abs. 4 IFG B i n ) 1 . Ausführliche Regelungen zur Führung von (Dokumenten-)Registern sieht das EG-Recht in Art. 11 und 12 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G vor. Die Bestimmungen statuieren strikte Rechtsbindungen, weisen einen vergleichsweisen hohen Detaillierungsgrad auf und befassen sich ausführlich insbesondere mit der elektronischen Form der Ermöglichung des Informationszugangs.

4

Verwandte, i m vorliegenden Zusammenhang erwähnenswerte Vorschriften enthalten - als rechtspolitischer Vorschlag - § 221 U G B - K o m E 2 und § 222 UGBK o m E 3 . Register sollen einen Überblick zu umwelterheblichen Tätigkeiten der zuständigen Behörde verschaffen, so dass die Öffentlichkeit über eine schnelle Information und die Behörde über eine zusammenfassende und systematische Sammlung ihrer Daten verfügt; das Einsichtsrecht in Kataster und Inventuren dient in besonderem Maße der Information der Öffentlichkeit über mögliche Auswirkungen von Stoffen oder Tätigkeiten auf die menschliche Gesundheit oder auf die Umwelt 4 .

5

1

Ähnlich, aber breiter angelegt § 14 E-IFG.

2

Wortlaut: „ ' D i e zuständigen Behörden führen ein Register über den Gegenstand, den Inhalt, die Genehmigungsempfänger und die Anzahl von Vorhabengenehmigungen nach diesem Gesetzbuch, ihre Änderung und Aufhebung sowie über nachträgliche Anordnungen. 2 Jeder darf das Register einsehen und Auszüge daraus verlangen." 3 Wortlaut: „Jeder darf die nach den Vorschriften dieses Gesetzbuches oder der auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen geführten Kataster und Inventuren einsehen und Auszüge daraus verlangen." 4 U G B - K o m E , Begründung S. 837. - Als Beispiele werden u. a. erwähnt: Immissions-, Emissions- und Wirkungskataster, Kataster über gefährliche Stoffe, Bundeswaldinventur.

184 6

§15

Informationsverzeichnisse

Eine organisationsrechtliche Bestimmung, die allerdings mit § 15 nicht vergleichbar ist, wird in § 15 IFG SH getroffen. Die Vorschrift statuiert das sog. Trennungsprinzip. Danach müssen die Behörden geeignete organisatorische Vorkehrungen ergreifen, um geheimhaltungsbedürftige Informationen (§§ 9 bis 12 IFG SH) möglichst ohne unverhältnismäßigen Aufwand abtrennen zu können 5 . Intendiert ist damit eine bestimmte Form der Aktenführung, die es erlaubt, dem Informationszugangsanspruch unverzüglich, spätestens aber binnen Monatsfrist (§ 7 Abs. 1 IFG SH), nachkommen zu können 6 .

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht 1

Praktische Erfahrungen mit der Führung von Informationsverzeichnissen liegen angesichts der nur wenigen Vorschriften hierzu (vgl. Rn. 4), die überdies erst kurze Zeit existieren, naturgemäß noch nicht vor. Bemerkenswert ist jedoch, dass für Brandenburg der dortige Datenschutzbeauftragte nachdrücklich auf die Notwendigkeit einer Veröffentlichung von Aktenplänen und die Führung klar strukturierter Verzeichnisse hingewiesen hat 7 . Das EG-Recht trifft dazu sogar auf Verordnungsebene detaillierte Aussagen 8 . Für Brandenburg wird nunmehr die Verpflichtung der Verwaltung gefordert, Aktenpläne und -Verzeichnisse zu führen und zu veröffentlichen 9 .

II. Vorschlag 7. Leitvorstellungen 8

Bereits mit der Einführung des Anspruchs auf Informationen über die Umwelt (§ 4 Abs. 1 UIG) ist die Voraussage verknüpft worden, in Zukunft müsse eine „ U m stellung behördlicher Aktenführung" stattfinden 10 . Hintergrund ist die Erkenntnis, dass es in einem liberalisierten und großenteils unreglementierten Informationszugangsrecht einer bestimmten Sammlung und Bereitstellung von Daten bedarf, um der Öffentlichkeit (und damit - bei der Gewährung eines individuellen Anspruchs - jedem Einzelnen) den Zugang zu den begehrten Umweltinformationen zu erleichtern 11 . Ob die Organisation der Aktenführung zweckmäßigerweise dazu führen muss, „dass alle umweltbezogenen Schriftstücke, auf die sich das Zugangsrecht erstrecken kann, schon bei Anfall der Dokumente als Kopie in einer Zweit5 Einzelheiten dazu bei Nordmann, R D V 2001, 71 (79). 6

Friedersen, in: ders. /Lindemann, IFG SH, Anm. zu § 15.

7 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 1999, S. 153 f. 8 Vgl. Art. 11 Abs. 2 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G . 9 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 150. 10 Bachelin, GewArch 1996, 154(156). h U G B - K o m E , Begründung S. 837.

§15

Informationsverzeichnisse

185

akte abgeheftet werden" 1 2 , mag dahinstehen 13 . Für die prinzipielle Sicherstellung der faktischen Voraussetzungen zur Erfüllung des Informationszugangsanspruchs ist jedoch kaum von der Hand zu weisen, dass die Erstellung von Akten- bzw. Informationsregistern mindestens zweckmäßig, wenn nicht sogar notwendig i s t 1 4 . Der mit § 15 unterbreitete Gesetzesvorschlag ist demnach nicht etwa Selbstzweck. Die klar strukturierte und einfach zugängliche Informationssammlung bei den zuständigen Stellen steht in einem funktionalen Zusammenhang mit dem Anspruch auf Informationszugang 15. Darüber hinaus zielt § 15 auf die Herstellung organisatorischer Rahmenbedingungen für den Aufbau einer Informationsinfrastruktur. Ihr bedarf es in der Informationsgesellschaft zur Sicherung der notwendigen und wünschenswerten Kommunikation zwischen Staat und Bürger 1 6 .

9

§ 15 konzentriert sich auf Vorgaben zu den wesentlichen organisatorischen Vorkehrungen für die Führung von Informationsverzeichnissen. Die i m Landesrecht damit i m Zusammenhang normierten allgemeinen Veröffentlichungspflichten (bzgl. Kataster, Plänen, Bücher, Messungen etc.) nach § 17 Abs. 1 und 2 IFG Bin finden im IFG, das dem individuellen Informationszugangsanspruch gewidmet ist, keine Berücksichtigung. Verzichtet wird hier auch auf eine Regelung zum sog. Trennungsprinzip, wie es in § 15 IFG SH vorgesehen ist. Dabei handelt es sich um eine Bestimmung mit interner Wirkung ohne unmittelbaren Bezug zur Öffentlichkeit, so dass schon von daher im vorliegenden Zusammenhang kein Regelungsbedarf erkennbar ist. Im Übrigen kann die Regelung von Einzelheiten zur Führung von Akten, Registern etc. internen Vorschriften (ζ. B. Erlassen, Verwaltungsvorschriften, Richtlinien) vorbehalten bleiben 1 7 .

10

2. Zur Regelung im Einzelnen a) Führung von Informationsverzeichnissen (Absatz 1) Das Führen von Informationsverzeichnissen verfolgt eine doppelte Zielrichtung. Zum einen können (potentielle) Antragsteller Art und Umfang der bei der öffentlichen Stelle vorhandenen Informationen erkennen, was ihrem Informationszugangsinteresse nutzt; ebenfalls lassen sich Anträge an unzuständige Stellen besser vermeiden. Zum anderen ermöglichen die Verzeichnisse der öffentlichen 12 So Bachelin, GewArch 1996, 154(155). 13

Schon die Aktenführung entweder in Form überkommener Ordner oder in elektronischer Form deutet die Notwendigkeit der Differenzierung an. 14 Vgl. Scherzberg, DVB1 1994, 733 (744) m.w.Nachw. •s Ausdrücklich zum Ausdruck gebracht wird dies in Art. 11 Abs. 1 S. 1 V O 1049/2001/ EG. 16 Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), 184 (201): aktive Informationsvorsorge des Staates. 17 U G B - K o m E , Begründung S. 837, überweist Einzelheiten der Registerführung (§ 221 KomE) an Ausführungsbestimmungen der Länder.

11

186

§15

Informationsverzeichnisse

Stelle eine rasche Orientierung, beugen also überflüssigem Verwaltungsaufwand vor18. 12

Die Führung von Informationsverzeichnissen ist für jede Stelle im Anwendungsbereich des IFG obligatorisch. Der in Absatz 1 unterbreitete Gesetzesvorschlag weicht insoweit von § 11 Abs. 2 IFG-RefE ab und folgt dem EG-Recht. Die Formulierung einer bloßen „Soll"-Vorschrift unter Hinweis darauf, eine Verpflichtung der betroffenen Stellen sei wegen eines zu hohen Verwaltungsaufwands unpraktikabel 1 9 , überzeugt nicht. Die geeigneten organisatorischen Vorkehrungen für die Verwirklichung des Rechts auf Informationszugang sind zu bedeutsam, als dass auf sie verzichtet werden konnte 2 0 .

13

Wie die öffentliche Stelle ihre Verzeichnisse führt, muss gesetzlich nicht vorgeschrieben werden. Ob derartige Verwaltungsinterna überhaupt reglementiert werden müssen, soll die Praxis zeigen. Möglicherweise lassen sich einheitliche, standardisierte Regeln (zunächst) nur schwer finden. Ein in der Praxis entstehender Regelungsbedarf kann durch sog. staatliches Innenrecht befriedigt werden.

b) Allgemeiner Zugang zu Informationsverzeichnissen (Absatz 2) 14

Absatz 2 dokumentiert, dass das Führen von Informationsverzeichnissen nicht nur interne Bedeutung für die öffentliche Stelle hat. Derartige Verzeichnisse und vergleichbare Informationsübersichten sind der allgemeinen Einsicht zugänglich. Absatz 2 stärkt daher nicht nur den individuellen Informationszugangsanspruch, sondern lässt sich auch als weiteres wichtiges Element zur Uberwindung der Intransparenz deutscher öffentlicher Verwaltung deuten. Behörden und sonstige öffentliche Stellen verfügen über ein hohes Maß an Informationsbeständen in standardisierter Form. Soweit Schutzrechte Dritter nicht entgegenstehen, muss die Allgemeinheit mindestens in Form der Einsichtnahme Zugang hierzu erhalten können.

15

I m Gegensatz zu der in § 15 Abs. 2 vorgeschlagenen Regelung sind nach § 11 Abs. 1 IFG-RefE nur Organisationspläne und Aktenpläne allgemein zugänglich zu machen 2 1 . Für eine derartige tatbestandliche Eingrenzung besteht indes kein Grund. Nach dem Grundsatz der Informationszugangsfreiheit (§ 1) können alle •8 Vgl. BT-Drucks. 13/8432, S. 13 (zu § 14 E-IFG). IFG-RefE, S. 44 f. (Begründung zu § 11 Abs. 2 des RefE); eingeräumt wird, dass Informationsverzeichnisse in den meisten Ländern, in denen es Informationsfreiheitsgesetze gebe, existierten (ζ. B. Schweden, Frankreich, USA). 20 Art. 11 Abs. 3 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G setzt für die Einrichtung funktionsfähiger (Dokumenten-)Register sogar eine Frist. 21 IFG-RefE, S. 44 (Begründung zu § 11 Abs. 1 des RefE), mit Beschreibung der Funktionen von Organisations- und Aktenplänen. Geschäftsverteilungspläne werden ausdrücklich ausgenommen; dies diene dem persönlichen Schutz der Mitarbeiter und dem behördlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung.

§15

Informationsverzeichnisse

187

Informationen der in den Anwendungsbereich des IFG fallenden Stellen allgemein zugänglich gemacht werden; die Grenzen der Informationszugangsfreiheit ergeben sich - selbstverständlich - auch i m Rahmen des § 15 aus §§5 f f . 2 2 .

c) Elektronischer Informationszugang (Absatz 3) Absatz 3 wirkt auf die dem IFG unterfallenden Stellen im Sinne einer auf Optimierung angelegten Zielvorgabe hin, ihre Verzeichnisse in elektronischer Form abrufbar zu halten. Damit wird modernen Kommunikationsbedingungen der Informationsgesellschaft Rechnung getragen 23 . Die Bestimmung findet eine Parallele in Art. 12 Abs. 1 V O 1049/2001 / E G 2 4 . Damit werden Erfahrungen aufgegriffen, denen zufolge in den USA durch eine offene behördliche Informationspolitik über das Internet die Zahl der Anträge auf Informationszugang deutlich abgenommen hat 2 5 . M i t dem Rückgang der Zahl der Einzelanträge auf Informationszugang ist ein - aus Sicht der öffentlichen Stellen durchaus erwünschter - Entlastungseffekt für die Verwaltung verbunden 26 . Auch aus diesem Grund ist die mit Absatz 3 verbundene Zielsetzung wichtig.

22 I m EG-Recht wird - klarstellend - in Art. 11 Abs. 2 S. 2 V O 1049/2001 / E G ausdrücklich ausgeführt, dass der Schutz der in der Verordnung verbrieften öffentlichen und privaten Interessen, die dem Informationszugang entgegenstehen, nicht beeinträchtigt werden darf. 23 Vgl. zur Bedeutung der IuK-Netze für die praktische Umsetzung eines IFG Tauss/Kollbeck/Fazlie, Z G 2001, 231 (234).

24 Das EG-Recht trifft zusätzliche Detailaussagen. So sind nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung insbesondere legislative Dokumente möglichst elektronisch zugänglich zu machen, dasselbe gilt nach Absatz 3 für weitere Dokumente. - Derartige Vorgaben sind durchaus von § 15 Abs. 3 S. 2 erfasst. 25 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 1999, S. 138. 26 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 150.

16

§ 16 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit (1) ]Zur Wahrung der Informationszugangsfreiheit wird ein Beauftragter bestellt. 2Diese Aufgabe wird vom Informationsbeauftragten [Datenschutzbeauftragten] wahrgenommen. (2) 'ist jemand der Ansicht, dass der Antrag auf Informationszugang zu Unrecht ganz oder teilweise abgelehnt oder nicht beachtet worden ist oder dass die öffentliche Stelle eine unzulängliche Bescheidung des Antrags vorgenommen hat, kann diese Person den Beauftragten anrufen. 2Dasselbe gilt, wenn jemand die Durchführung des Informationszugangs zu beanstanden hat. 3Aufgaben und Befugnisse des Beauftragten bestimmen sich nach dem Bundesdatenschutzgesetz. (3) Der Beauftragte unterrichtet das Parlament über seine Tätigkeit durch einen Informationsbericht [zusammen mit dem Datenschutzbericht]. (4) Die Vorschriften über das Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff. der Verwaltungsgerichtsordnung und über den gerichtlichen Rechtsschutz bleiben unberührt. Parallelvorschriften: § 18 IFG Bin; § 11 A I G Bbg; § 16 IFG SH. - EG-Recht: Art. 15 Abs. 2, 17 V O 1049/2001 / EG.

Übersicht Rn. I. Ausgangslage

1-5

1. Gegenstand der Regelung

1

2. Bisherige Rechtslage

2

3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht II. Vorschlag 1. Leitvorstellungen 2. Zur Regelung i m Einzelnen

4 6-22 6 10

a) Einrichtung und Funktion des Informationsbeauftragten (Absatz 1)

10

b) Einschaltung des Informationsbeauftragten (Absatz 2)

12

aa) Anrufung des Beauftragten

12

bb) Anrufungsgründe

14

cc) Aufgaben und Befugnisse des Beauftragten

15

c) Tätigkeitsbericht des Informationsbeauftragten (Absatz 3)

16

d) Verhältnis der außergerichtlichen Streitschlichtung zum förmlichen Rechtsschutz (Absatz 4)

18

aa) Klarstellende Bedeutung von Absatz 4

18

bb) Verweigerung der Aktenvorlage und effektiver Rechtsschutz

19

cc) Notwendigkeit eines „ i n camera"-Verfahrens

21

§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit

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I. Ausgangslage 1. Gegenstand der Regelung Die Vorschrift schafft die Einrichtung eines unabhängigen Beauftragten für Informationszugangsfreiheit (Absatz 1) und führt ein spezielles nichtförmliches und außergerichtliches Verfahren in Fällen ein, in denen (teilweise) abgewiesene Antragsteller mit den Entscheidungen bzw. mit dem faktischen Verhalten öffentlicher Stellen nicht einverstanden sind (Absatz 2). Ferner ist vorgesehen, dass der Beauftragte dem Parlament einen Bericht über seine Tätigkeit als „ A n w a l t " der Informationszugangsfreiheit erstattet (Absatz 3). Klargestellt wird schließlich, dass das spezielle Verfahren nach Absatz 2 in keiner Weise an die Stelle der Rechtsbehelfsverfahren nach der VwGO tritt (Absatz 4).

1

2. Bisherige Rechtslage Das einschlägige Landesrecht sieht ebenfalls die Institution eines Beauftragten (für das Recht auf Akteneinsicht und sonstigen Informationszugang) vor; seine Aufgaben sind gleichfalls dem Datenschutzbeauftragten zugeordnet. Unterschiedlich ausgestaltete Konzepte liegen hingegen zu den Befugnissen vor:

2

• In Brandenburg und Berlin ist das Recht auf Anrufung des Beauftragten von keinen materiellen Voraussetzungen abhängig gemacht, jedoch verfügt der angerufene Beauftragte nur über ganz bestimmte Befugnisse (in entsprechender Anwendung des jeweiligen Datenschutzgesetzes). • In Schleswig-Holstein kann der Beauftragte von einem „unzufriedenen" Antragsteller nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen angerufen werden; ist dies ordnungsgemäß geschehen, stehen dem Beauftragten jedoch sämtliche Befugnisse zur Verfügung, die dem Landesbeauftragten für den Datenschutz nach dem L D S G eröffnet sind. I m Landesrecht sind ferner Bestimmungen zur Wahl des Beauftragten sowie zu seiner Amts- und Funktionsbezeichnung getroffen, ebenso zu seiner Berichtspflicht gegenüber dem Parlament (Brandenburg, Berlin). Ein völlig anderes Konzept verfolgt das EG-Recht. Als Kontrollorgan fungiert ein von den Gemeinschaftsorganen errichteter interinstitutioneller Ausschuss 2 . Die (jährliche) Berichtspflicht trifft das jeweilige Organ 3 . Einen Erfahrungsbericht zur Anwendung der V O 1049/2001 / E G (nebst Empfehlungen zur Überprüfung der Verordnung sowie einem Aktionsprogramm für neue Maßnahmen) legt die EUKommission spätestens zum 31. 01. 2004 vor 4 . ι § 11 A I G Bbg; § 18 IFG Bin; § 16 IFG SH; ebenso § 15 E - I F G und § 12 IFG-RefE. 2 Art. 15 Abs. 2 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G . 3 Art. 17 Abs. 1 V O 1049/2001 / E G . 4 Art. 17 Abs. 2 V O 1049/2001 / E G .

3

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§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit 3. Erfahrungen mit dem bisherigen Recht

4

In den Ländern mit Akteneinsichts- bzw. Informationsfreiheitsgesetzen werden steigende Zahlen bei den Eingaben an den Beauftragten registriert 5 . Aus Behördensicht führt die Einschaltung des Beauftragten zu einem zusätzlichen Arbeitsaufwand und zu Verzögerungen bei der Antragsbearbeitung 6 . Allerdings wird der Beauftragte mitunter auch seitens der Verwaltung in Anspruch genommen, um Hilfestellungen vor allem zur Abgrenzung zwischen dem erlaubten Informationszugang und entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belangen zu erhalten 7 .

5

In der Sache sind die Eingaben an den Beauftragten in einem bemerkenswert hohen Maß erfolgreich. Aus Brandenburg wurde berichtet, dass in der Hälfte der Fälle einer fallbezogenen (d. h. nicht nur allgemeinen) Beratung Akteneinsicht gewährt worden sei, nachdem Antragsteller den Beauftragten eingeschaltet hatten 8 . Im Folgejahr konnte sogar nur noch in wenigen Fällen festgestellt werden, dass eine Behörde die Akteneinsicht zu Recht verweigert habe; weit überwiegend hätten die Beschwerden Erfolg gehabt 9 . Für Schleswig-Holstein wird anhand der Eingaben beim Beauftragten festgestellt, dass die Informationszugangsfreiheit kaum missbräuchlich in Anspruch genommen werde, sondern dass auch die strittigen Informationsbegehren gut nachvollziehbar seien 1 0 .

II. Vorschlag 7. Leitvorstellungen 6

Die Einrichtung eines Beauftragten für Informationszugangsfreiheit (Absatz 1) dient der institutionellen Absicherung des neu geschaffenen Informationszugangsanspruchs 11 . Über diese individualrechtliche Dimension hinaus wird auch die in § 1 Nr. 2 zum Ausdruck gebrachte objektivrechtliche Zwecksetzung der Informationszugangsfreiheit gestärkt. Die positiven Erfahrungen mit der Institution des Datenschutzbeauftragten geben Anlass, auch für die Informationszugangsfreiheit einen Beauftragten vorzusehen 12 . Dafür sprechen zudem die positiven Erfahrungen, die in den Ländern gemacht worden sind (Rn. 4 f . ) 1 3 . 5 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 138; nach U L D SH, Tätigkeitsbericht 2001, S. 13 erkundigen sich fast täglich Bürger nach Umfang und Modalitäten ihres Informationsrechts. 6

BlnSenlnn, Auswertung der Umfrage IFG, S. 4.

7 U L D SH, Tätigkeitsbericht 2001, S. 13. 8 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 1999, S. 147. 9 L D A Bbg, Tätigkeitsbericht 2000, S. 138. 10 U L D SH, Tätigkeitsbericht 2001, S. 13. •ι BT-Drucks. 13/8432, S. 13 (zu § 15 Abs. 1 E-IFG); IFG-RefE, S. 45 (Begründung zu § 12 des RefE). ι 2 Angelov, Staatsbürgerlicher Informationszugangsanspruch, S. 249ff.; a.A. Schubert, D u D 2001, 400 (404), mit der These, da die Datenschutzbeauftragten keine effektive Kon-

§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit

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Schwieriger ist die Frage der Anrufungsberechtigung sowie der Aufgaben und Befugnisse des Beauftragten zu entscheiden. Insoweit liegen nicht nur unterschiedliche Konzepte aus dem Landesrecht vor (vgl. Rn. 2), sondern auch die zum Bundesrecht diskutierten Vorschläge unterscheiden sich deutlich:

1

• § 15 E-IFG sieht ein Modell objektiver Kontrolle vor, indem jede Person voraussetzungslos den Beauftragten anrufen kann und dieser die ordnungsgemäße Anwendung sämtlicher Vorschriften zur Informationszugangsfreiheit kontrolliert, alle Befugnisse nach dem Datenschutzrecht hat und ggf. auch Beanstandungen gegenüber öffentlichen Stellen vornehmen kann. • Demgegenüber kann nach § 12 IFG-RefE jeder, der der Ansicht ist, in seinem Recht auf Informationsfreiheit verletzt worden zu sein, den Beauftragten anrufen, dessen Aufgaben und Befugnisse durch Einzel verweise auf das BDSG bestimmt werden Der hier mit Absatz 2 unterbreitete Vorschlag folgt dem Grunde nach dem in Schleswig-Holstein favorisierten Konzept 1 4 . Die in § 15 Abs. 3 und 4 E-IFG vorgesehenen objektiven Kontrollkompetenzen erscheinen zu weitgehend und könnten leicht zu einer Überforderung des Beauftragten führen. Abgesehen davon steht im IFG der individuelle Anspruch auf Informationszugang iim Vordergrund, so dass ein stimmiges Gesamtkonzept die anlassbezogene Einschaltung des Beauftragten vorsehen sollte. Dies ist auch die Vorstellung von § 12 Satz 1 IFG-RefE. Das soll übrigens auch für Brandenburg und Berlin gelten 1 5 . Dann ist aber nicht so recht einsichtig, warum der Beauftrage dort nur mit ganz bestimmten Befugnissen ausgestattet w i r d 1 6 . Ist der Beauftragte im Falle eines Konflikts zwischen Antragsteller und öffentlicher Stelle ordnungsgemäß angerufen worden, sollten ihm alle Befugnisse zustehen, über die auch der Datenschutzbeauftragte verfügt.

8

Abgesehen wird in § 16 von Regelungen zur Wahl sowie einer abschließenden Bestimmung der Amts- und Funktionsbezeichnung des Beauftragten 17 . Da die Funktion des Beauftragten für Informationszugangsfreiheit mit derjenigen des Datenschutzbeauftragten gekoppelt sein kann, handelt es sich um Angelegenheiten, die im Datenschutzgesetz geregelt werden können.

9

trolle durchführten und Positiveres vom Informationsbeauftragten nicht zu erwarten sei, solle auf diese Einrichtung verzichtet werden; auch finanzielle Erwägungen begründeten die Ablehnung. 13 IFG-RefE, S. 45 (Begründung zu § 12 des RefE), mit zusätzlichem Hinweis darauf, dass auch ausländische Erfahrungen für die Einrichtung des Beauftragten sprächen.

14 Vgl. dazu oben Rn. 2. 15 Breidenbach/Palenda,

L K V 1998, 252 (258).

,6

Wird der Berliner Beauftragte angerufen, hat er nach § 18 Abs. 2 IFG B i n lediglich die Befugnisse nach §§ 24, 25 LDSG; nicht anwendbar sind §§ 26 ff. LDSG. - Auch § 12 Satz 2 IFG-RefE nimmt eine Einzelverweisung auf das BDSG vor. 17 Vgl. dazu § 11 Abs. 1 S. 3 und 4 A I G Bbg; § 18 Abs. 1 S. 3 und 4 IFG Bin; § 15 Abs. 1 E-IFG.

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§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit 2. Zur Regelung im Einzelnen a) Einrichtung und Funktion des Informationsbeauftragten (Absatz 1 )

10

Aufgabe des Beauftragten ist die Wahrung der Informationszugangsfreiheit (Satz 1). Das bedeutet einerseits Beratung von Antragstellern und öffentlichen Stellen beim Umgang mit dem (neuen) Recht des Informationszugangs; andererseits geht es im Konfliktfall um die Kontrolle von Maßnahmen der öffentlichen Stelle, mit denen der Antragsteller nicht einverstanden i s t 1 8 .

11

Die Aufgabe nach Satz 1 kann dem Datenschutzbeauftragten übertragen werden (Satz 2). Diese Möglichkeit wird durch den Klammerzusatz im Text des § 16 Abs. 1 S. 2 aufgezeigt. Für diese Aufgabenbündelung sprechen sachliche Gründe. Mehrfach ist deutlich gemacht worden, dass Informationszugangsfreiheit und Datenschutz zwei Seiten einer Medaille sind (—» Einl Rn. 31 f.). Von daher ist in der jetzigen Phase der Rechtsentwicklung eine Aufgabenzusammenführung durchaus angezeigt 19 . A u f die Einrichtung eines eigenständigen Beauftragten für die Informationszugangsfreiheit kann vorläufig verzichtet werden 2 0 . Mittel- und langfristig sollte jedoch die Institution eines sog. Informationsbeauftragten geschaffen werden, der beide Aufgaben (Informationszugangsfreiheit und Datenschutz) wahrnimmt. Nur vorübergehend sollte der Datenschutzbeauftragte die Funktion des Beauftragten für Informationszugangsfreiheit miterledigen. Zielvorstellung bleibt, die Institution des Datenschutzbeauftragten und die Funktion des Informationszugangsbeauftragten - nebst Einbeziehung weiterer Aufgaben - in der Einrichtung eines Informationsbeauftragten zusammen zu führen.

b) Einschaltung des Informationsbeauftragten (Absatz 2) aa) Anrufung des Beauftragten 12

Absatz 2 statuiert das spezielle außergerichtliche Verfahren zur Einschaltung des Beauftragten im Konfliktfall Satz 1 stellt zunächst sicher, dass der Beauftragte nicht von Amts wegen einschreitet, sondern nur dann tätig wird, wenn sich eine Person in eigenen Angelegenheiten an ihn wendet 2 1 . Einerseits besteht in Bezug auf die Anrufungsbefugnis eine Parallele zum Datenschutzrecht (vgl. z. B. § 21 BDSG), andererseits gibt es insoweit einen Unterschied zum Datenschutzbeauftragten, als der Beauftragte für Informationszugangsfreiheit seine Befugnisse nur i m Rahmen eines konkreten Einsichtsbegehrens einer Person (§ 2 Abs. 1) ausüben darf 2 2 . •8 Breidenbach/Palenda,

L K V 1998, 252 (258).

19 Nordmann, Die Gemeinde SH 2001, 40. 20

Vgl. BT-Drucks. 13/8432, S. 13, mit Hinweis auch auf Effizienz- und Kostengründe; ähnlich IFG-RefE, S. 45 (Begründung zu § 12 des RefE) mit Hinweis auf den beim Datenschutzbeauftragten bereits vorhandenen Personalbestand. 21

Ebenso zu § 16 IFG SH Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 16 Anm. 1.

22

In diesem Sinne auch Breidenbach/Palenda,

L K V 1998, 252 (258).

§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit

193

Die Einschaltung des Beauftragten eröffnet die Möglichkeit, Zweifels- und Streitfragen bereits vorgerichtlich zu klären 2 3 . Die außergerichtliche Streitschlichtung ist ein wesentliches Ziel der in Absatz 2 vorgeschlagenen Regelung, aber keine Voraussetzung für die Erlangung „regulären" (vor allem gerichtlichen) Rechtsschutzes 24 . Eine Befristung besteht für die Anrufung des Beauftragten indes nicht. Einem Antragsteller ist es daher unbenommen, den Beauftragten parallel zu einem Gerichtsverfahren einzuschalten; von daher könnten ζ. B. Vergleichschancen (vgl. § 106 V w G O ) verbessert oder eine Erledigung des Rechtsstreits in sonstiger Weise (vgl. § 161 Abs. 2 V w G O ) herbeigeführt werden. In zeitlicher Hinsicht ist es einem Antragsteller aber auch freigestellt, den Beauftragten nach Erlass des Widerspruchsbescheids (vgl. § 73 V w G O ) oder sogar bereits vor Erhebung des Widerspruchs (vgl. §§ 69, 70 Abs. 1 V w G O ) einzuschalten 25 . In der letztgenannten Konstellation dürfte es zweckmäßig sein, wenn der Widerspruchsbescheid erst nach Eingang (und Berücksichtigung) der Stellungnahme des Beauftragten erlassen wird.

13

bb) Anrufungsgründe In der Sache werden in Satz 1 und Satz 2 vier alternative Voraussetzungen genannt, die die Anrufung des Beauftragten erlauben. Nach der ersten Konstellation herrscht Streit über die Rechtmäßigkeit der vollständigen oder teilweisen Ablehnung eines Informationszugangsbegehrens; die Gründe hierfür können vielfältig sein 2 6 . Sodann kann die Anrufung des Beauftragten auf der Nichtbeachtung des Informationszugangsbegehrens beruhen. Gegen die Einbeziehung dieser Fallgruppen kann nicht geltend gemacht werden, die Folge eines solchen Verhaltens der öffentlichen Stelle sei durch Statuierung der Entscheidungsfiktion (vgl. § 11 Abs. 1 S. 3) geregelt 27 . Zum einen ist es die Pflicht der öffentlichen Stelle, den Antrag zu bescheiden (§ 11 Abs. 1 S. 1); schon der Gesetzesungehorsam verlangt die Möglichkeit zur Einschaltung des Beauftragten, der solche Verhaltensweisen in seinem Bericht (vgl. Absatz 3) dokumentiert. Zum anderen müssen die Gründe für die Verweigerungshaltung der öffentlichen Stelle in Erfahrung gebracht werden können, um für die Zukunft Vorkehrungen für ein gesetzmäßiges Verhalten zu schaffen. In der dritten Kategorie von Konfliktfällen geht es darum, dass die öffentliche Stelle eine unzulängliche Bescheidung des Informationszugangsbegeh-

23 BT-Drucks. 13/8432, S. 13 (zu § 15 Abs. 2 E-IFG). 24 Ebenso IFG-RefE, S. 45 (Begründung zu § 12 des RefE). 25 Z u m Verhältnis zu den förmlichen Rechtsbehelfsverfahren nach Absatz 4 vgl. unten Rn. 18 ff. 26 Streit kann ζ. B. entstehen über die Anspruchsberechtigung (§ 2 Abs. 1 S. 2), über die Anspruchsverpflichtung (§ 3 Abs. 1 und 2), über bestehende Gegenrechte (§§ 5 bis 8) über den nur beschränkten Informationszugang (§ 9) oder über die Ordnungsmäßigkeit der Antragstellung (§ 10). 27 So Friedersen, in: ders. / Lindemann, IFG SH, § 16 Anm. 1. 13 Informationsfreiheitsgesetz

14

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§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit

rens vorgenommen hat 2 8 . Schließlich werden durch Satz 2 - anders als in § 16 IFG SH - auch solche Fälle erfasst, in denen der Informationszugang zwar gewährt worden ist, seine Durchführung jedoch aus Sicht des Antragstellers Grund zur Beanstandung g i b t 2 9 . In allen vier Konstellationen hängt die ordnungsgemäße Anrufung des Beauftragten - für die eine besondere Form nicht vorgeschrieben ist - nicht davon ab, dass die erwähnten Voraussetzungen objektiv vorliegen; es genügt vielmehr die subjektive Einschätzung des Antragstellers über das gesetzeswidrige Verhalten der öffentlichen Stelle 3 0 .

cc) Aufgaben und Befugnisse des Beauftragten 15

Ist der Beauftragte gemäß Satz 1 oder Satz 2 ordnungsgemäß angerufen worden, bestimmen sich seine Aufgaben und Befugnisse - jedenfalls einstweilen (vgl. Rn. 11) - nach dem einschlägigen Datenschutzgesetz. Es wird - wie in den Leitvorstellungen dargelegt (Rn. 8) - in § 16 darauf verzichtet, dem Beauftragten nur einige der Befugnisse, die das Datenschutzrecht kennt, zu eröffnen. Die Vielgestaltigkeit denkbarer Fallgestaltungen lässt es vielmehr als sinnvoll erscheinen, nicht bereits von vornherein mögliche Reaktionsmöglichkeiten einzugrenzen, sondern den Beauftragten für Informationszugangsfreiheit mit denjenigen Befugnissen auszustatten, die dem Datenschutzbeauftragten eröffnet sind 3 1 .

c) Tätigkeitsbericht des Informationsbeauftragten (Absatz 3) 16

Nach Absatz 3 ist der Beauftragte verpflichtet, dem Parlament über seine Tätigkeit einen Bericht zu erstatten. Dadurch werden Erfahrungen in der Praxis mit dem Informationszugangsrecht dokumentiert und öffentlich gemacht 3 2 . Erfasst werden können insbesondere empirische Erkenntnisse zur quantitativen Inanspruchnahme des Anspruchs auf Informationszugang sowie zu praktischen Schwierigkeiten seiner Umsetzung 3 3 . Die regelmäßig wahrzunehmende Berichtspflicht vermag letztlich Beurteilungsgrundlagen darüber zu liefern, ob sich das neue Informationszugangsrecht bewährt hat oder ob Änderungen angezeigt sind 3 4 . 28 Die - präsumtive - Rechtswidrigkeit kann sich aus einem Verstoß gegen § 11 Abs. 3 und 4 ergeben. 29

Insoweit kommen Verstöße der öffentlichen Stelle gegen § 12 in Betracht.

30

Friedersen, in: ders./Lindemann, IFG SH, § 16 Anm. 1.

31

Diese Befugnisse sind i m BDGS und i m jeweiligen L D S G zur Zeit sehr unterschiedlich ausgestaltet. Das Landesrecht kennt teilweise Auskunfts-, Einsichts- und Zutrittsbefugnisse, ferner die Aufforderung zur Mängelbeseitigung und auch das Beanstandungsrecht. 32 Partsch, NJW 1998, 2559 (2563): Dadurch werden die Evaluierung und Verbesserung des Rechts ermöglicht. 33

BT-Drucks. 13/8432, S. 13 (zu § 15 Abs. 5 E-IFG).

§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit

195

Absatz 3 ist in Bezug auf das Zeitmaß der Berichtspflicht offen formuliert und verknüpft diese - i m Sinne einer Option - mit der Vorlage des Datenschutzberichts 3 5 . Für die Bundesebene folgt daraus, dass - falls von der Option Gebrauch gemacht wird - alle zwei Jahre ein Tätigkeitsbericht zu erwarten i s t 3 6 . Das landesgesetzliche Akteneinsichtsrecht kennt aber auch die ausdrückliche Bestimmung, dass der Beauftragte über seine Tätigkeit dem Landtag jährlich einen Bericht vorzulegen hat 3 7 . Die Häufigkeit der periodisch wiederkehrenden Berichtspflicht dürfte weithin eine Zweckmäßigkeitsfrage darstellen. Die Verknüpfung der Funktion des Beauftragten für Informationszugangsfreiheit mit den Aufgaben des Datenschutzbeauftragten lässt es jedoch angeraten erscheinen, für beide Tätigkeiten dasselbe Zeitmaß zur Berichtspflicht vorzusehen.

17

d) Verhältnis der außergerichtlichen Streitschlichtung zum förmlichen Rechtsschutz (Absatz 4) aa) Klarstellende

Bedeutung von Absatz 4

Im Rechtssinne hat Absatz 4, der in teilweiser Anlehnung an § 16 S. 3 IFG SH gebildet ist, nur deklaratorische Bedeutung. Denn es ist selbstverständlich, dass die Einschaltung eines Beauftragten in einem nichtförmlichen außergerichtlichen Verfahren (Absatz 2) die Vorschriften über das Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO) und den gerichtlichen Rechtsschutz unangetastet lässt. Die klarstellende Funktion von Absatz 4 signalisiert aber immerhin sehr deutlich, dass die Anrufung des Beauftragten laufende Rechtsbehelfsfristen 38 weder hemmt noch unterbricht 3 9 . Deshalb sollte die Wirkung von Absatz 4 nicht gering geschätzt werden. I m Übrigen ist die Spezialregelung des § 11 Abs. 5 zu beachten, der § 68 V w G O modifiziert.

bb) Verweigerung

der Aktenvorlage

und effektiver

Rechtsschutz

Indem die Vorschriften über den gerichtlichen Rechtsschutz nach der V w G O unberührt bleiben, werden auch §§ 99, 100 V w G O nicht angetastet. Danach ist es

34 Ausdrücklich in diesem Sinne Art. 17 Abs. 2 V O 1 0 4 9 / 2 0 0 1 / E G (vgl. dazu oben Rn. 3); nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung sind ζ. B. die Zahl der Fälle verweigerten Informationszugangs sowie die Gründe hierfür zu dokumentieren. 35 Ebenso § 18 Abs. 3 IFG Bin; daraus ergibt sich gemäß § 29 Abs. 2 L D S G B i n eine jährliche Berichtspflicht. 36 Vgl. § 26 Abs. 1 BDSG; ebenso ausdrücklich § 15 Abs. 5 E-IFG: ferner IFG-RefE, S. 45. 37 So § 11 Abs. 3 A I G Bbg. 38 Widerspruchsfrist (§ 70 V w G O ) , Klagefrist (§ 74 V w G O ) . 39 In diesem Sinne auch Breidenbach/Palenda, ders. / Lindemann, IFG SH, § 16 Anm. 3. 13*

18

L K V 1998, 252 (258); Friedersen,

in:

19

196

§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit

an sich möglich, dass die öffentliche Stelle in einem Rechtsstreit die Weitergabe von Informationen mit der Begründung verweigert, andernfalls würden Geheimhaltungsinteressen des Bundes oder eines Landes bzw. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse verletzt. In seinem Beschluß vom 27. 10. 1999 hat das B V e r f G 4 0 allerdings § 99 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 2 S. 1 V w G O (a.F.) wegen Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 GG für verfassungswidrig erklärt, soweit die Regelung eine Aktenvorlage auch in denjenigen Fällen ausschließt, in denen die Gewährung effektiven Rechtsschutzes von der Kenntnis der Verwaltungsvorgänge abhängt 41 . Das BVerfG hat erkannt, dass die nach § 99 V w G O (a.F.) an sich mögliche Verweigerung der Aktenvorlage zur Folge hat, „dass das Gericht nicht zu beurteilen vermag, auf welchen tatsächlichen Grundlagen die behördliche Entscheidung beruht und ob diese geeignet sind, sie zu tragen" 4 2 . Diese tatsächlichen Grundlagen gewinnen indes streitentscheidende Bedeutung, wenn gerade umstritten ist, ob die Voraussetzungen für die behördliche Weigerung vorliegen; ohne eigenen Einblick in die Behördenakten vermag das Gericht eine wirksame Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Behördenentscheidung nicht zu treffen 4 3 . 20

Die (Rechts-)Schutzproblematik tritt verstärkt in den privatisierten Bereichen (Post, Telekommunikation etc.) bereits im Verwaltungsverfahren auf, wenn in Wettbewerbssituationen ein Unternehmen Antragsunterlagen mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vorlegen muss (vgl. z. B. § 2 TEntgV) und ein Konkurrent Akteneinsicht bei der (Regulierungs-)Behörde begehrt 44 . Der Streit setzt sich fort, wenn der Disput in das Gerichtsverfahren getragen und dort als Streit um die Aktenvorlage nach § 99 V w G O - mit der möglichen Konsequenz einer Akteneinsicht nach § 100 V w G O - ausgefochten w i r d 4 5 .

cc) Notwendigkeit 21

eines „in camera" -Verfahrens

Das BVerfG hat das von § 99 Abs. 1 S. 2 V w G O umschriebene Geheimhaltungsziel als verfassungslegitim qualifiziert. Das BVerfG hat jedoch die von § 99 V w G O (a.F.) zur Zweckerreichung vorgesehenen Maßnahmen als nicht erforderlich erachtet (Verstoß gegen das Interventionsminimum). Den Geheimhaltungsbedürfnissen könne auch durch ein sog. „in camera" -Verfahren Rechnung getragen werden; die Kenntnisnahme bliebe auf das zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes verpflich40 BVerfGE 101, 206 = DVB1 2000, 346 = NJW 2000, 1175; dazu Margedant, 2001, 759 ff.

NVwZ

41 Das war in dem zu Grunde liegenden Fall ohne weiteres gegeben, da der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Auskunftserteilung geltend machte. 42 So BVerfGE 101, 106(124). 43 BVerfGE 101, 106(125). 44 So der Fall O V G NW, DVB1 2000, 571 = N V w Z 2000, 449 = M M R 2000, 444 (m. abl. Anm. Wollweher S. 633). 45 Vgl. dazu aus der jüngeren Rechtsprechungspraxis B a y V G H , N V w Z - R R 2001, 544; O V G NW, N V w Z 2001, 820 = K & R 2001, 226; V G Stade, N V w Z 2001, 1073.

§ 1 6 Beauftragter für Informationszugangsfreiheit

197

tete Gericht beschränkt, der Rechtsschutzsuchende hingegen erführe nichts von den Gründen (d. h. Geheimhaltungsinteressen des Staates oder Dritter) für die Informationsverweigerung 46 . Die Einführung eines allgemeinen Informationszugangsanspruchs (§ 2 Abs. 1), dem allerdings öffentliche und private Gegenrechte ( § § 5 ff.) entgegenstehen können, über deren Berechtigung erfahrungsgemäß Streit entstehen kann, verlangt einen Konfliktlösungsmechanismus i m Sinne des „in camera" -Verfahrens 41. Dies hatte Art. 3 E-IFG erkannt und durch Schaffung eines § 99a V w G O einen entsprechenden Regelungsvorschlag unterbreitet 48 . Wenn im vorliegenden Zusammenhang auf eine vergleichbare Bestimmung verzichtet wird, liegt dies nicht an dem - durchaus berechtigten - Sachanliegen, sondern an der erfolgten Änderung der VwGO. Das BVerfG hatte den Gesetzgeber verpflichtet, in Bezug auf § 99 V w G O (a.F.) bis zum 31. 12. 2001 einen verfassungsmäßigen Zustand herzustell e n 4 9 . Entsprechende Gesetzesinitiativen waren von der Bundesregierung 50 und vom Bundesrat 51 ergriffen worden 5 2 und haben zur Änderung des § 99 V w G O (a.F.) geführt 5 3 . Beim Streit um die Geheimhaltungsbedürftigkeit bestimmter Informationen legt die Behörde dem Gericht die Akten zwecks Prüfung der Anerkennung der Geheimhaltungsbedüftigkeit vor. Dabei handelt es sich um ein gerichtliches Zwischenverfahren, in dem der Kläger kein Recht auf Akteneinsicht hat. Die Praxis zu dem neuen § 99 V w G O sollte abgewartet werden, bevor aus dem Blickwinkel des IFG weitere rechtspolitische Vorstellungen zur Ergänzung der Rechtslage entwickelt werden. Möglicherweise wird die auf allgemeinen Erwägungen beruhende Novellierung des § 99 V w G O zu einem Ergebnis führen, das auch die spezifischen Bedürfnisse des IFG im letztlich gerichtlich zu entscheidenden Konflikt zwischen Informationszugangsanspruch und rechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen abdeckt 5 4 .

46 BVerfGE 101, 106(128). 47 Zur Notwendigkeit einer Ausdehnung des „ i n camera"-Verfahrens über Auskunftsklagen hinaus Beutling, DVB1 2001, 1252 ff. 48 Erläuternd Häfner/Gerlach,

ZRP 1998, 123 (126 f.).

49 BVerfGE 101, 106 = B G B l I 2000, S. 54. 50 Vgl. den Gesetzentwurf BT-Drucks. 14/6393. 51 Vgl. den Gesetzentwurf BR-Drucks. 14/6856. 52 Vgl. Ergebnis des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. 14/7779. - Eine Beurteilung zuvor angestellter Erwägungen auf der Grundlage eines Referentenentwurfs nehmen M. Redeker/Kotke, VB1BW 2001, 337 ff., vor. 53 § 99 V w G O i.d.F. des RmBereinVpG vom 20. 12. 2001, B G B l I S. 3987. 54 IFG-RefE, S. 42 (Begründung zu § 9 Abs. 4 des RefE) verweist zur Problemlösung ebenfalls auf die Neufassung des § 99 V w G O .

22

Anhang I : Nationale Informationsfreiheitsgesetze

Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes § 1 Grundsatz (1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes ein Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit diese Verwaltungstätigkeit verrichten. (2) Die Behörde kann auf Antrag Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationsträger in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf die Behörde diesen nur dann durch ein anderes geeignetes Informationsmittel gewähren, wenn hierfür gewichtige Gründe bestehen. (3) Abweichende oder inhaltsgleiche Rechtsvorschriften bleiben unberührt. § 2 Begriffsbestimmungen 1. Amtliche Informationen sind alle amtlichen Zwecken dienenden schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder anderweitig festgehaltenen Aufzeichnungen, insbesondere Akten, Schriftstücke, Magnetbänder, Disketten, Filme, Fotos, Tonbänder, Pläne, Diagramme, Bilder und Karten. Vorentwürfe und Notizen gehören nicht dazu. 2. Dritter ist jeder, über den personenbezogene Daten oder sonstige Informationen vorliegen. 3. Verwaltungsverfahren ist jedes Verfahren, das der Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung dient. § 3 Schutz von Gemeinwohlinteressen Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, 1. wenn das Bekanntwerden der Informationen die internationalen Beziehungen, die Landesverteidigung oder Belange des Staatsschutzes berührt oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen kann, 2. wenn die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden oder der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berührt wird,

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

3. wenn die Informationen aufgrund eines Gesetzes der Geheimhaltung bedürfen, 4. während der Dauer eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eines Disziplinarverfahrens oder eines ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verfahrens hinsichtlich derjenigen Daten, die Gegenstand des Verfahrens sind, 5. wenn durch das Bekannt werden der Informationen Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen der Länder, der Europäischen Union, internationaler Einrichtungen oder von Drittstaaten ohne deren Zustimmung offenbart würden. § 4 Schutz von Verwaltungsabläufen Der Antrag auf Informationszugang soll abgelehnt werden, 1. wenn er Informationen aus einem laufenden Verwaltungsverfahren betrifft, es sei denn, er bezieht sich nur auf Ergebnisse der Beweiserhebung, auf Gutachten und auf Stellungnahmen von dritter Seite, 2. bei vertraulich übermittelten und erhobenen Informationen, 3. wenn durch das vorzeitige Bekanntwerden der Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnahmen gefährdet werden könnte. In Verwaltungsverfahren im Sinne des § 9 V w V f G wird Zugang zu Informationen nur nach Maßgabe des § 29 V w V f G gewährt. § 5 Schutz personenbezogener Daten (1) Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit personenbezogene Daten Dritter zugänglich gemacht würden und das Informationsinteresse des Antragstellers Datenschutzrechte des Dritten nicht überwiegt, es sei denn, der Dritte stimmt dem Informationszugang zu. Besondere Kategorien personenbezogener Daten i m Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG-E-neu dürfen nur offenbart werden, wenn der Dritte ausdrücklich einwilligt. (2) Das Geheimhaltungsinteresse des Dritten überwiegt bei Informationen aus Personalakten und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen. Die allgemeine Amtsverschwiegenheit gehört nicht dazu. (3) Das Geheimhaltungsinteresse des Dritten überwiegt das Informationsinteresse des Antragstellers in der Regel dann nicht, wenn sich die Angaben auf Namen, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und Rufnummer beschränken und 1. der Dritte als Amtsträger an dem jeweiligen Vorgang mitgewirkt hat, 2. der Dritte als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat,

Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes

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3. der Dritte Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens ist oder war. § 29 V w V f G bleibt unberührt. § 6 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis offenbart würde und das Informationsinteresse des Antragstellers nicht das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse des Dritten überwiegt, es sei denn, der Dritte stimmt dem Informationszugang zu. Gleiches gilt zum Schutze geistigen Eigentums. Dritter im Sinne dieser Vorschrift kann auch eine Behörde sein. § 7 Antrag und Verfahren (1) Der Antrag auf Informationszugang ist bei der Behörde zu stellen, die über die begehrten Informationen verfügt. Soweit der Antrag Daten Dritter im Sinne von § 5 und § 6 betrifft, muss er begründet werden. (2) Auskünfte können mündlich oder schriftlich erteilt werden. (3) I m Fall der Einsichtnahme in amtliche Informationen kann sich der Antragsteller Notizen machen, Ablichtungen und Ausdrucke fertigen oder fertigen lassen. (4) Die Behörde ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Informationen zu prüfen. § 8 Beteiligung Dritter Die Behörde gibt Dritten, deren Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats. Unbeschadet des § 5 Abs. 1 Satz 2 entscheidet die Behörde unter Abwägung der Interessen, wenn sich der Dritte nicht äußert oder die Akteneinsicht ablehnt. Die Entscheidung ist auch dem Dritten bekanntzugeben. Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist oder zwei Wochen nach Anordnung der ihm ebenfalls bekanntzugebenden sofortigen Vollziehung. § 9 Teilweise oder gänzliche Ablehnung des Antrags; Rechtsweg (1) Besteht ein Informationszugangsanspruch nur zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen möglich ist. Gibt die Behörde dem Antrag in den Fällen des § 8 Satz 2 statt, ist die Entscheidung schriftlich zu begründen. Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 50 Personen gelten die §§ 17 bis 19 V w V f G entsprechend. (2) Lehnt die Behörde den Antrag ganz oder teilweise ab, hat sie mitzuteilen, ob und wann der Informationszugang ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist.

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

(3) Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. (4) Gegen die ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig. Ein Widerspruchsverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung ist auch dann durchzuführen, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde getroffen wurde. § 10 Kosten Für Amtshandlungen aufgrund dieses Gesetzes werden Gebühren und Auslagen erhoben. § 10 Absatz 1 und 2 des Umweltinformationsgesetzes und die Umweltinformationskostenverordnung gelten entsprechend. § 11 Veröffentlichungspflichten (1) Organisations- und Aktenpläne sind nach Maßgabe dieses Gesetzes allgemein zugänglich zu machen. (2) Die Behörden sollen Verzeichnisse führen, aus denen sich die vorhandenen Informationssammlungen und -zwecke erkennen lassen. § 12 Bundesbeauftragter für Informationsfreiheit Dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz wird die Aufgabe eines Bundesbeauftragten für Informationsfreiheit übertragen, den jeder anrufen kann, der der Ansicht ist, in seinem Recht auf Informationsfreiheit verletzt worden zu sein. § 21 und §§ 24 Abs. 1, Abs. 3, 4 und 5, § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4, § 25 Abs. 1 Satz 2, § 25 Abs. 2 und 3 und § 26 Abs. 1 bis 3 des Bundesdatenschutzgesetzes gelten entsprechend. § 13 Änderung des Bundesarchivgesetzes Dem § 5 Abs. 4 des Bundesarchivgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom . . . , das zuletzt durch . . . geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt: Gleiches gilt für Informationen, die einem Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz vom unterlegen haben. § 14 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung des Entwurfs eines Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes A. Allgemeiner Teil I. Zielsetzung Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG hat jeder das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle dann, wenn sie technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, das heißt einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen (BVerfGE 27, 71, 83 - Leipziger Volkszeitungsbeschluss - ; 27, 104, 108; 33, 52, 65; st. Rspr.). Dies bedeutet, dass derjenige, der über die Allgemeinzugänglichkeit entscheidet, auch den Umfang der Informationsfreiheit bestimmt. Ein Vorsprung an Informationen ist damit ein Machtfaktor. (Erst) mit zunehmender Informiertheit erkennt der Bürger Wechselwirkungen in der Politik und ihre Bedeutung für seine Existenz, so dass seine Freiheit zur Mitverantwortung und zur Kritik wächst (BVerfGE 27, 71, 82). Die Transparenz behördlicher Entscheidungen ist Voraussetzung für die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten. Dies gilt angesichts der wachsenden Informationsmacht des Staates unter Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechniken heute mehr denn je. Den Gefährdungen, die sich durch die Entwicklung der modernen Informationstechniken für den einzelnen und für die Demokratie ergeben, muss entgegengewirkt werden mit Datenschutzrechten auf der einen und Informationszugangsrechten auf der anderen Seite (Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vom 1. 12. 1993, BT-Drs. 12/6323 S. 8). Beides ergänzt sich in notwendiger Weise, zumal der Datenschutz nicht als bloßer Vorwand für eine Informationsverweigerung dienen darf (a. a. O., S. 13; siehe auch unten I V 3). Dementsprechend hat sich auch die Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern dafür ausgesprochen, das „Recht auf Zugang zu den Daten der Verwaltung (Aktenöffentlichkeit, Informationsfreiheit)" in das Grundgesetz aufzunehmen. Lebendige Demokratie verlangt, dass die Bürger die Aktivitäten des Staates kritisch begleiten, sich mit ihnen auseinandersetzen und versuchen, auf sie Einfluss zu nehmen (siehe Antrag der Gruppe Bündnis90/Die Grünen vom 20. 09. 1993, BT-Drs. 12/5694, S. 2 und 13). Das Informationsfreiheitsgesetz ist daher notwendig, um entsprechend innerstaatlichen, europäischen und internationalen Tendenzen die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger durch eine Verbesserung der Informationszugangsrechte zu stärken. Jedermann soll gegenüber den Behörden und Einrichtungen des Bundes

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allgemeine Ansprüche auf Auskunft oder auf Akteneinsicht haben, ohne dass er hierfür ein rechtliches oder berechtigtes Interesse geltend machen muss. Das Informationsfreiheitsgesetz dient damit vor allem der demokratischen Meinungs- und Willensbildung. In der modernen Informationsgesellschaft werden Informations-, Kommunikations- und Partizipationsanliegen der Bevölkerung immer wichtiger und verwaltungstechnisch immer leichter erfüllbar. Gleichzeitig wandelt sich das Verwaltungsverständnis: Neben das autoritative Handeln des Staates tritt zunehmend eine konsensorientierte Kooperation mit dem Bürger, die eine gleichgewichtige Informationsverteilung erfordert. Daneben ermöglichen die neuen Informationszugangsrechte die Kontrolle staatlichen Handelns und sind insofern auch ein Mittel zur Korruptionsbekämpfung.

II. Informationszugang im geltenden Recht Das bestehende Recht in Deutschland ist gekennzeichnet durch den Grundsatz des Aktengeheimnisses und der Vertraulichkeit der Verwaltung. Ein Anspruch auf Akteneinsicht besteht generell nur innerhalb eines Verwaltungsverfahrens und auch nur dann, wenn die Aktenkenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung rechtlicher Interessen erforderlich ist (§ 29 V w V f G ) . Die Auskunftsansprüche in § 19 Abs. 1 BDSG und § 8 M R R G setzen ebenfalls eine eigene Betroffenheit voraus. Weitergehende Rechte werden bisher nur in besonderen Bereichen gewährt, etwa aufgrund des Stasi-Unterlagengesetzes und des Umweltinformationsgesetzes oder für öffentliche Register (freie Einsicht in Handels-, Vereins- und Güterrechtsregister). Seit kurzem existieren auf Landesebene allgemeine Informationszugangsgesetze in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein. Zwar ist ein Informationszugang in Deutschland auch außerhalb des Anwendungsbereichs der o.g. Vorschriften nicht ausgeschlossen. Insofern muss eine Behörde Anträge auf Informationszugang aber nur dann nach pflichtgemäßem Ermessen bescheiden, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse am Informationszugang geltend macht (BVerwGE 30, 154, 160; 61, 15, 22; 69, 278, 279 f.). Das Informationsfreiheitsgesetz ermöglicht dagegen einen Informationszugang ohne besondere Voraussetzungen. Zudem werden die demokratischen Beteiligungsrechte durch eine Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses aufgewertet und gestärkt. Während der bisherige Grundsatz der Geheimhaltung von eher obrigkeitsstaatlichen Vorstellungen geprägt ist, liegt einem gesetzlich geregelten Anspruch auf Informationszugang ein partnerschaftliches Verständnis des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger zugrunde.

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes

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III. Informationszugang im Rechtsvergleich In den USA (Freedom of information act von 1966) und Kanada sowie in vielen europäischen Nachbarstaaten gibt es allgemeine Informationszugangsansprüche schon seit langem. Dies gilt vor allem für die skandinavischen Länder (siehe schwedische Treckfrihetsförordning von 1766), aber ζ. B. auch für Frankreich, die Niederlande, Griechenland, Österreich, seit einigen Jahren auch für Italien, Portugal sowie verschiedene osteuropäische Staaten wie Ungarn und die Tschechische Republik. In Großbritannien liegt seit 1999 der Entwurf einer freedom-of-information-bill vor, in Japan wird ein entsprechendes Gesetz i m Jahr 2001 in Kraft treten. Art. 255 EGV enthält ein allgemeines Zugangsrecht zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Hierzu hat die Kommission einen Verordnungsentwurf erarbeitet (Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über den öffentlichen Zugang zu Dokumenten des Rates, der Kommission und des Europäischen Parlaments vom 21. Februar 2000, 2000/0032 (COD)), der die bisherigen informellen Regelungen ablösen soll („Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Kommissions- und Ratsdokumenten" vom 6. Dezember 1993, siehe hierzu Ausführungsbeschluss des Rates 7 3 / 7 3 1 / EG, und „Verhaltenskodex betreffend den Zugang der Öffentlichkeit zu den Protokollen und Protokollerklärungen des Rates in seiner Rolle als Gastgeber" vom 2. Oktober 1995). Vor dem Hintergrund, dass der Zugang zu Informationen nicht nur in demokratischrechtsstaatlicher Hinsicht, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht von Bedeutung ist, hat die EU-Kommission 1999 ein „Grünbuch über die Informationen des Öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft" herausgegeben. Es befasst sich mit der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft angesichts der Möglichkeiten, öffentliche Informationen kommerziell zu nutzen. Zur Zeit werden die Ergebnisse einer in diesem Zusammenhang durchgeführten Umfrage bei Unternehmen und Bürgern der einzelnen Mitgliedstaaten ausgewertet. A u f der Ebene des Europarats hat das Ministerkomitee bereits 1981 eine Empfehlung zum freien Zugang zu amtlichen Informationen verabschiedet (Empfehlung Nr. R (81) 19). Seit 1996 erarbeitet eine Arbeitsgruppe des Lenkungsausschusses für Menschenrechte beim Ministerkomitee des Europarats (DH-S-AC) den Entwurf einer konkretisierten Empfehlung (Stand zur Zeit: Entwurf auf der Basis des 6. Treffens vom 27. bis 29. September 2000 in Straßburg). International spielt der Zugang zu Informationen vor allem im Umweltbereich eine wichtige Rolle. Ein Beispiel hierfür ist das Ubereinkommen der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa über den Zugang zu Informationen, die Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention), das Deutschland im Dezember 1998 gezeichnet hat.

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IV. Konzeption des Gesetzes 1. Arbeitshilfen Die Regelungen basieren auf dem Umweltinformationsgesetz vom 8. Juli 1994 (BGBl. I S. 1490) in Verbindung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Umsetzung der UVP-Anderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 10. 11. 2000 (BR-Drs. 674/00), dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg vom 10. März 1998 (GVB1 S. 46), dem Informationsfreiheitsgesetz Berlin vom 15. Oktober 1999 (GVB1 S. 561) und dem Informationsfreiheitsgesetz Schleswig-Holstein vom 9. Februar 2000 (GVOB1 S. 166). Ebenfalls Berücksichtigung finden der Gesetzentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz der Fraktion Bündnis 9 0 / D i e Grünen vom 27. August 1997 (BT-Drs. 13/8432) sowie die Entwürfe der Arbeitsgruppe „Access to official documents" beim Europarat (DH-S-AC) und der Verordnungsentwurf der EU-Kommission über den öffentlichen Zugang zu Dokumenten des Rates, der Kommission und des Europäischen Parlaments vom 26. Januar 2000 (2000/0032 (COD)). 2. Regelungsschwerpunkte Informationszugang kann durch Auskunftserteilung oder - weitergehend - durch Akteneinsicht ermöglicht werden. Grundsatz ist: „Soviel Information wie möglich, soviel Geheimnisschutz wie nötig". Die Ausnahmetatbestände sind konkret formuliert, damit der Grundsatz des freien Informationszugangs nicht in Frage gestellt werden kann. Andererseits lassen sie den Behörden hinreichenden Spielraum für eine Einzelfallprüfung. Eine eigene Vorschrift für einen sogenannten „Schadens-Test" (Prüfung, ob und welcher Schaden i m Einzelfall bei Informationspreisgabe entsteht) ist entbehrlich, weil die Behörde eine solche Prüfung im Rahmen der vorgesehenen Interessenabwägung ohnehin vornehmen muss. Da Art und Umfang des Geheimnisschutzes abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet sind (siehe Begründung zu § 3 Nr. 3), sollen die Geheimnistatbestände im wesentlichen weiterhin i m Spezialrecht belassen oder geregelt werden. Gleichwohl sind Ausnahmetatbestände zum Schutz öffentlicher und privater Interessen im IFG erforderlich, weil nicht für alle Verwaltungsbereiche spezialgesetzliche Geheimnistatbestände existieren. Die Ausnahmetatbestände des IFG betreffen zum einen die Bereiche absoluter Geheimhaltung (ζ. B. Staatsschutz, Landesverteidigung) und zum anderen Querschnittsbereiche wie das Datenschutzrecht oder die behördliche Meinungs- und Willensbildung. Da Regelfall der Zugang zu Informationen und Ausnahme die Versagung ist, trägt die öffentliche Stelle die (materielle) Beweislast für das Vorliegen der Versagungsgründe.

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes 3. Berücksichtigung

rechtlicher und verwaltungstechnischer

209 Probleme

Verfassungsrechtliche Bedenken in Hinblick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz und das Repräsentativsystem greifen nicht. Es existieren bereits allgemeine Informationszugangsgesetze in Staaten mit den gleichen Verfassungsprinzipien. Art. 5 GG beinhaltet zwar nach herrschender Meinung keinen staatsbürgerlichen Informationsanspruch, setzt jedoch die Zugänglichkeit von Informationen voraus und hat damit die gleiche Zielrichtung wie das aus dem Demokratieprinzip ableitbare Recht auf allgemeinen Zugang zu amtlichen Informationen (s.o. A I). Ein modernes Verständnis des Verhältnisses von Bürger und Staat legt damit das Erfordernis eines Informationsfreiheitsgesetzes nahe. Traditionellen Rechtsprinzipien wie dem des Berufs-, Steuer-, Sozial-, Statistikund Adoptionsgeheimnis wird - wie in anderen Staaten auch - durch Ausnahmetatbestände Rechnung getragen. Insbesondere werden datenschutzrechtliche Belange berücksichtigt ( § § 5 und 6 IFG). Informationszugang und Datenschutz sind trotz eines natürlichen Spannungsverhältnisses zwei Seiten derselben Medaille. U m sich schützen zu können, muss der Bürger informiert sein. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat insofern nicht nur eine abwehrrechtliche Funktion, sondern dient auch der Kommunikations- und Handlungsfähigkeit, die den Zugang zu Informationen voraussetzt. Informationszugang und Datenschutz sind Funktionsbedingungen einer modernen Demokratie, die eine faire Informationsverteilung zwischen Staat und Bürger voraussetzen. Ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand bei den betroffenen Behörden ist nicht zu erwarten. Dies belegen nicht nur der Umgang mit dem UIG, sondern ebenso die Erfahrungen der Staaten, die bereits über Informationszugangsrechte verfügen (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion vom 9. 10. 1991, BT-Drs. 12 / 1273). Auch die bisherigen Erfahrungen mit den Informationszugangsgesetzen in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein zeigen, dass die vielfach geäußerten Befürchtungen unberechtigt sind, die Behörden könnten mit aussichtslosen Anträgen auf Informationszugang überflutet werden. Zwar ist davon auszugehen, dass vielen Bürgern die Informationszugangsgesetze in der Anfangsphase noch unbekannt sind und dass die Zahl der Anträge i m Laufe der Zeit zunehmen wird. Andererseits werden die Bürger jedoch mit Fortschreiten der Internet-Präsenz der Verwaltungen und dem damit verbundenen vermehrten aktiven Informationsangebot staatlicher Einrichtungen in geringerem Umfang auf Anträge nach den Informationszugangsgesetzen angewiesen sein. Querulatorische Anträge können zurückgewiesen werden (vgl. Begründung zu § 9 Abs. 3).

14 Informationsfreiheitsgesetz

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze 4. Verhältnis zu anderen Informationsansprüchen

Spezialrechtliche Sonderregelungen werden bis auf weiteres beibehalten (ζ. B. Registergesetze, AO, VermG, AZRG, SUG, BVerfSchG; siehe auch unten Begründung zu § 1 Abs. 3). Lediglich das BArchG wird in einem Teilbereich angepasst. A u f eine Einbeziehung des U I G wird (zunächst) verzichtet, weil dieses weitgehend vom EU-Recht abhängig und beeinflusst ist. Da wo möglich, werden aber zugunsten der Rechtsvereinheitlichung und -Vereinfachung Inhalte und Formulierungen des U I G übernommen (z. B. § 6 U I G - § 9 Abs. 1 Satz 3 IFG; § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 U I G - § 3 Nr. 1 und 4 IFG; § 10 U I G - § 10 IFG). Die geplanten Änderungen des U I G aufgrund des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 10. 11. 2000 (BR-Drs. 674/00, zit.: UIG-E-neu) sind bereits berücksichtigt. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte sich die Integration des U I G in das IFG als sinnvoll erweisen. Da mit der Antragstellung nach dem IFG ein Verwaltungsverfahren eingeleitet wird, gelten die Vorschriften des V w V f G ergänzend, ohne dass dies eines gesonderten Verweises i m Gesetz bedürfte; lediglich der Begriff des Verwaltungsverfahrens weicht nach § 2 Nr. 3 von § 9 V w V f G ab.

V. Standort der Regelungen Eine Neuregelung oder Novellierung von Informationszugangsrechten in den jeweiligen Fachgesetzen wäre nicht praktikabel und liefe dem Bemühen um Rechtsvereinfachung und Uberschaubarkeit zuwider. Eine erweiternde Änderung des § 29 V w V f G bietet sich ebenfalls nicht an. Zum einen hat das Informationszugangsrecht materiellrechtlichen Charakter, zum anderen gelten die Vorschriften des V w V f G grundsätzlich nur innerhalb eines Verwaltungsverfahrens i.S.v. § 9 V w V f G , während das Informationszugangsrecht gerade auch außerhalb eines solchen Verfahrens gelten soll. Außerdem setzt eine Änderung des V w V f G eine Simultangesetzgebung von Bund und Ländern voraus (vgl. Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder vom 20. 02. 1976; ferner § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Demgegenüber kann ein eigenständiges Gesetz Regelungen mit größerer Detaildichte treffen. Der Anwendungsbereich des IFG beschränkt sich auf die bundeseigene Verwaltung, soll aber Modellcharakter für die Länder haben.

VI. Zuständigkeit zur Gesetzgebung Hinsichtlich aller Materien, für die dem Bund die Sachkompetenz zukommt, kann er - sozusagen als Annex - das Verwaltungsverfahren mitregeln. Zum Verwaltungsverfahren gehört auch die Frage des Zugangs zu Informationen bei den

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes

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Behörden, die entsprechende Verfahren durchführen. Dies gilt auch für den Informationszugang außerhalb laufender Verwaltungsverfahren, weil der Antrag auf Informationszugang seinerseits ein Verwaltungsverfahren begründet und auch insofern als Annex zu der jeweiligen Gesetzgebungsbefugnis anzusehen ist. Die Bundesverwaltung knüpft in den jeweiligen Bereichen an die bundeseinheitliche Sachregelung an. Die von diesen Behörden anzuwendenden Verfahrensregeln müssen einheitlich vom Bund vorgegeben werden.

VII. Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und die Preise 1. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Inanspruchnahme des Gesetzes werden zusätzliche Personal- und Sachkosten für den Bundeshaushalt entstehen. Diese lassen sich zur Zeit nicht quantifizieren. Die Erfahrungen mit den Informationszugangsgesetzen in Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein haben gezeigt, dass Anträge auf Informationszugang bisher nur vereinzelt gestellt werden und die Verwaltung keinen übermäßigen Belastungen ausgesetzt ist (siehe auch oben zu I V 3). Ein Teil der zusätzlichen Personal- und Sachkosten wird überdies durch die Erhebung von Gebühren nach § 10 IFG abgedeckt werden können. 2. Die Einführung von Gebühren kann sich für die Antragsteller preislich auswirken. Die kostenmäßigen Belastungen werden aber gemessen an den Gesamtkosten für die Lebenshaltung oder für die Wirtschaft nicht ins Gewicht fallen. Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

B. Zu den einzelnen Vorschriften Zu § 1 - Anspruch auf Informationszugang Zu § 1 Absatz 1 § 1 Abs. 1 ist die Grundnorm des Informationsfreiheitsgesetzes, mit der ein voraussetzungsloser Informationszugangsanspruch gewährt wird. Dieser allgemeine Anspruch soll verwaltungsbehördliches Handeln transparent machen und als Mittel der Meinungs- und Willensbildung die demokratischen Beteiligungsrechte stärken. Gleichzeitig ermöglicht der Zugang zu Informationen im Interesse der Korruptionsbekämpfung eine verbesserte Kontrolle der Verwaltung. Der in § 2 Nr. 1 definierte Begriff der amtlichen Informationen impliziert, dass es sich um bereits vorhandene Informationen handeln muss. Demgegenüber verpflichtet der Informationszugangsanspruch die Behörden nicht, sich die nachgefragten Informationen überhaupt erst zu beschaffen.

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Satz 1 Der Anspruch besteht für jedermann und damit sowohl für Deutsche als auch für Nicht-Deutsche unabhängig von Art und Dauer eines Aufenthalts in Deutschland. Dies entspricht inländischem und ausländischem Standard. Der Anspruch gilt - ebenso wie nach § 4 Abs. 1 Satz 1 U I G - auch für juristische Personen des Privatrechts, während für juristische Personen des öffentlichen Rechts stattdessen Amtshilfevorschriften oder Auskunfts(verschaffungs)-rechte / Übermittlungsbefugnisse und -pflichten einschlägig sind. Bürgerinitiativen und Verbände sind als solche nicht zugangsberechtigt, da i m Rahmen des IFG im Unterschied zu den juristischen Personen des Privatrechts als Trägern eigener Rechte kein Bedürfnis für Verbandsrechte besteht: Jedes einzelne Verbandsmitglied hat ein eigenes voraussetzungsloses Zugangsrecht. Insofern besteht ein grundlegender Unterschied zu sonstigen Bereichen, in denen die Geltendmachung von Ansprüchen an besondere Voraussetzungen geknüpft wird. Der Anspruch auf Informationszugang richtet sich gegen die Behörden des Bundes. Dabei entspricht der Behördenbegriff dem des § 1 Abs. 4 V w V f G . Kennzeichnend hierfür ist die organisatorische Selbständigkeit einer Verwaltungseinheit. Auch Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung sowie Beliehene fallen darunter, ohne dass dies einer ausdrücklichen Erwähnung bedarf. Da Behörde gemäß § 1 Abs. 4 V w V f G jede Stelle ist, die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnimmt, kommt es nicht darauf an, ob die begehrten Informationen hoheitliches, schlicht-hoheitliches oder fiskalisches Behördenhandeln betreffen. Der Informationszugangsanspruch erstreckt sich also nicht nur auf Informationen über die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 VwVfG. Die Vorbereitung von Gesetzgebungsverfahren in den Bundesministerien als wesentlicher Teil der dortigen Verwaltungstätigkeit fällt ebenfalls in den Anwendungsbereich des IFG. Solange ein Gesetzentwurf noch nicht vom Kabinett beschlossen worden ist, wird ein Antrag auf Informationszugang nach Maßgabe des § 3 Nr. 2 IFG regelmäßig abzulehnen sein. Nach § 48 Abs. 1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien bestimmt das federführende Ressort, bei grundsätzlicher politischer Bedeutung das Bundeskanzleramt, ob und in welcher Form eine Unterrichtung der Presse sowie anderer amtlich nicht beteiligter Stellen oder sonstiger Personen bereits vor dem Kabinettbeschluss stattfindet. Der Informationszugang ist auf Bundesinformationen beschränkt. Dies ergibt sich daraus, dass Anspruchsgegner nur Bundesbehörden sind. Unbeschadet des § 3 Nr. 5 werden jedoch Informationen von außerhalb, insbesondere Schriftstücke von Ländern und Kommunen ebenso wie die ausländischer Staaten und (internationaler) Organisationen, die dem Bund zugehen, Bestandteil der Bundesinformationen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ubersender ausdrücklich etwas anderes wünschen (vgl. § 4 Satz 1 Nr. 2).

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes

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Eine Unterscheidung danach, ob das jeweilige Bundesland oder der jeweilige ausländische Staat eigene Informationszugangsrechte vorsieht, kommt nicht in Betracht, weil die dortigen Voraussetzungen von denen des Bundesrechts abweichen können. Der Antragsteller kann sich unmittelbar an die betreffende Stelle wenden. Satz 2 Satz 2 stellt klar, dass auch Bundestag, Bundesrat, Bundesgerichte, Bundesbank und Bundesrechnungshof einbezogen werden, soweit dort Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden. Zwar ist unstrittig, dass Gesetzgebungsorgane und die Rechtsprechung materielle Verwaltungstätigkeit ausüben können, doch ist namentlich bei den Verwaltungen des Deutschen Bundestages und des Bundesrates nicht sicher zu bestimmen, ob sie organisatorisch der Exekutive oder der Legislative zuzurechnen sind. Nach § 1 Abs. 1 soll nur der spezifische Bereich der Gesetzgebung, Rechtsprechung und sonstiger unabhängiger Tätigkeiten vom Informationszugang ausgenommen bleiben. Eine Sonderregelung für Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Hinblick auf Art. 5 Abs. 3 GG ist nicht erforderlich, weil diese hinreichend durch die Ausnahmetatbestände, insbesondere durch § 3 Nr. 3, geschützt werden. Ebenfalls geschützt sind bspw. die Verfahren der Ernennung von Beamten, Richtern und Soldaten, die § 4 Satz 1 Nr. 1 unterfallen. Auch nach Abschluss dieser Verfahren werden die Personalakten und persönlichen Daten der Betroffenen durch § 5 Abs. 1 und 2 IFG hinreichend geschützt. Im Falle einer materiellen Privatisierung, bei der Organisation und Aufgabe privatisiert werden, fallen die ehemals öffentlichen Informationen aus dem Anwendungsbereich des IFG heraus. Auch bei formeller oder funktionaler Privatisierung sind die Privaten nicht Anspruchsgegner i m Sinne des IFG. Dies stünde nicht in Einklang mit dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Vorschriften. Insofern kann es auch nicht darauf ankommen, ob eine juristische Person des öffentlichen Rechts die absolute Mehrheit von Anteilen einer Gesellschaft hält, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, abgesehen davon, dass die besonderen gesellschaftsrechtlichen Geheimhaltungspflichten (ζ. B. nach § 116 i.V.m. § 93 AktG) auch von Mitarbeitern öffentlicher Stellen zu beachten sind. Stattdessen kann die Behörde im Einzelfall in dem zugrundeliegenden (Gesellschafts-)Vertrag auf eine - gegebenenfalls punktuelle - Bindung an die Vorschriften des IFG hinwirken. Unbeschränkt dem IFG unterfallen dagegen diejenigen behördlichen Akten, die sich auf den Privatisierungsvorgang beziehen. Zu § 1 Absatz 2 Satz 1 (Formen des Informationszugangs) entspricht im Interesse einheitlicher Regelungen § 4 Abs. 1 Satz 2 UIG, das vorgesehene Wahlrecht des Antragstellers zwischen Auskunftserteilung und Akteneinsicht § 4 Abs. 1 Satz 3 UIG-E-neu. Hiervon kann die Behörde nach Satz 2 nur bei gewichtigen Gründen absehen.

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Nach der Begründung zu § 4 Abs. 1 Satz 3 UIG-E-neu sind solche gewichtigen Gründe auch bei anderenfalls erhöhtem Verwaltungsaufwand anzunehmen, etwa wenn gleichförmige Anträge von einer Vielzahl von Personen gestellt werden. In diesem Fall kann es reichen, wenn die Behörde anstelle der begehrten Akteneinsicht nur Auskünfte erteilt (siehe zu generellen Verfahrenserleichterungen bei Antragstellung durch mehr als 50 Personen § 9 Abs. 1 Satz 3 IFG i.V.m. §§ 17 ff. VwVfG). Über die Form des Informationszugangs entscheidet die Behörde nach allgemeinen Ermessensgrundsätzen. Wird ζ. B. Einsichtnahme in Videos, Kassetten oder Disketten beantragt, ist es je nach den Umständen des Einzelfalls ausreichend, Einsicht in eine (mit dem Original übereinstimmende) Kopie zu gewähren. Auch können Sicherheitsgründe dagegen sprechen, dass der Antragsteller ζ. B. selbständig im behördeneigenen IT-System recherchiert. Das Verfügbarmachen in sonstiger Weise erfasst die Fälle, in denen der Antragsteller mehr als eine bloße Auskunft will, eine Einsichtnahme im herkömmlichen Sinn aus tatsächlichen Gründen jedoch nicht möglich ist (ζ. B. Abhören von Tonbändern). Zu § 1 Absatz 3 Die Regelung dient der Klarstellung. Das Informationsfreiheitsgesetz soll weder weitergehende noch restriktivere Spezialgesetze verdrängen (siehe Begründung Allgemeiner Teil I V 4). Lediglich das Bundesarchivgesetz (siehe nachfolgender § 13) wird in einem Teilbereich angepasst, während die sonstigen Spezialgesetze - und das BArchG im übrigen - vorbehaltlich einer späteren Prüfung unverändert bleiben. Dies gilt beispielsweise für das Statistikgesetz, das Sicherheitsüberprüfungsgesetz, das Bundesverfassungsschutzgesetz, das Vermögensgesetz, das StasiUnterlagen-Gesetz (StUG), die Strafprozessordnung, §§ 102 ff. G W B , aber auch für Vertragsgesetze zu völkerrechtlichen Übereinkommen wie der Aarhus-Konvention. I m Anwendungsbereich dieser Spezialgesetze gilt das IFG auch nicht ergänzend, sofern eine Auslegung nicht ausnahmsweise etwas anderes ergibt. I m Zweifel wird ein Schweigen des Gesetzgebers in den Spezialgesetzen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des IFG beredt sein. So ist beispielsweise ein Informationszugang nach dem IFG auch insoweit ausgeschlossen, als es um Informationen geht, die erst anlässlich eines Antrags oder Ersuchens nach dem StUG entstanden sind. Gleiches gilt für Ansprüche juristischer Personen, für die das BVerfSchG keine Regelung trifft oder für die in § 11 geregelten Veröffentlichungspflichten, jedenfalls soweit es sich um Sicherheitsbehörden handelt (vgl. § 26 Abs. 5 Satz 2 BDSG und § 4 g Abs. 2 Satz 4 BDSG-E). Da Art und Umfang des Geheimnisschutzes abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet sind (siehe Begründung zu § 3 Nr. 3), dürfte es sich generell als sinnvoll erweisen, die Geheimnistatbestände im Spezialrecht zu belassen. Anders ist es bei Informationszugangsansprüchen Betroffener nach § 19 BDSG oder § 29 V w V f G , die langfristig angepasst werden sollten, um Wertungswidersprüche zum IFG zu vermeiden (vgl. Begründung zu § 4 Satz 2).

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes

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Der in § 1 Abs. 3 angeordnete Vorrang spezialrechtlicher Regelungen gilt aus normhierarchischen Gründen nur für förmliche Gesetze. Dagegen verdrängt das IFG beispielsweise § 39 Abs. 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, wonach eine Freigabe von weniger als 30 Jahre altem Schriftgut zur Benutzung durch Dritte grundsätzlich ausgeschlossen ist.

Zu § 2 - Begriffsbestimmungen Nummer 1 Von dem Begriff der amtlichen Informationen werden alle Formen von festgehaltenen und gespeicherten Informationen erfasst, unabhängig davon, auf welchem Informationsträger sie gespeichert sind. Akten stellen eine besondere Form der amtlichen Information dar. Vorentwürfe und Notizen sind ausgenommen, damit der behördliche Entscheidungsprozess - auch i m Interesse der Bearbeiter - nicht gestört und Desinformation verhindert wird (ebenso § 3 Abs. 3 BDSG; vgl. auch § 299 ZPO und § 100 Abs. 3 VwGO). Für die Abgrenzung zwischen Vorentwürfen und zugänglichen Entwürfen ist maßgeblich, ob der Entwurf von demjenigen gebilligt wurde, der insofern zur Letztentscheidung befugt ist. Bei Gesetzentwürfen ist dies grundsätzlich erst mit dem Kabinettsbeschluss der Fall; die Einzelheiten hierzu ergeben sich aus § 48 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (siehe oben Begründung zu § 1 Abs. 2 Satz 2 a.E.). Nummer 1 Satz 2 macht keine Änderung in der Aktenführung der Behörden durch Trennung von Unterlagen erforderlich. Erst i m Falle eines Informationsbegehrens hat die Behörde durch Trennung oder Schwärzung die nicht amtlichen oder geheimzuhaltenden Informationen auszusondern (§ 9 Abs. 1 Satz 1). Nummer 2 Die Bestimmung stellt sicher, dass Dritter jeder ist, dessen in §§ 5 und 6 genannten Rechte durch den Informationszugang des Antragstellers berührt werden könnten. Der Begriff des Dritten ist gegenüber dem Begriff des „Betroffenen" vorzugswürdig, weil er in entsprechendem Sinn bereits an anderer Stelle verwendet wird (vgl. § 80a VwGO). Zudem ist der Begriff des Betroffenen weiter und kann auch den Antragsteller (vgl. § 19 BDSG) umfassen. Amtsträger sind nur insoweit keine Dritten, als es um die Weitergabe von Daten geht, die sich auf ihre Amtsträgerfunktion beziehen. Auch in dieser Funktion sind sie aber über § 3 Abs. 1 IFG geschützt (vgl. Begründung zu § 5 Abs. 3). Nummer 3 Der Begriff des Verwaltungsverfahrens in Nummer 3 geht über den des § 9 V w V f G hinaus und erfasst auch Verfahren im schlichthoheitlichen oder fiska-

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

lischen Bereich. Die Abweichung vom Begriff des Verwaltungsverfahrens nach § 9 V w V f G ist insbesondere wegen § 4 Satz 1 Nr. 1 erforderlich.

Zu

§§3-6

§ § 3 und 4 enthalten Ausnahmetatbestände, die i m öffentlichen Interesse liegen, § § 5 und 6 Ausnahmetatbestände, die i m privaten Interesse liegen. U m den Grundsatz des freien Informationszugangs nicht zu gefährden, sind die Versagungsgründe der § § 3 und 4 abgestuft nach „Ist-" und „Soll-" Versagungsgründen. Die Unterscheidung bei §§ 3 und 4 nach Schutz des Gemeinwohls (Ist-Versagungstatbestände) und Schutz von Verwaltungsabläufen (Soll-Versagungstatbestände) ist auch daran orientiert, welche Informationen zwingend zu schützen sind und welche Informationen lediglich einem Soll-Versagungstatbestand unterliegen. Inhaltlich können sich beide Bereiche überschneiden; so schützen § 3 Nr. 2 und 4 Verwaltungsabläufe, die dem Gemeinwohl dienen. Im Vergleich zu den allgemein gehaltenen Versagungsgründen des § 29 Abs. 2 V w V f G , des § 19 Abs. 4 BDSG und des § 23 SÜG sind die Ausnahmetatbestände konkret und detailliert formuliert. Nach den üblichen Auslegungsregeln sind sie restriktiv zu handhaben.

Zu § 3 - Schutz von Gemeinwohlinteressen Nummer 1 Die Vorschrift übernimmt die Formulierung in § 7 Abs. 1 Nr. 1 U I G und stimmt inhaltlich mit ihr hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale „internationale Beziehungen", „Landesverteidigung" und „öffentliche Sicherheit" überein. Zum Tatbestandsmerkmal „Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden" siehe § 3 Nr. 2. Informationen, deren Bekanntwerden die internationalen Beziehungen berührt, werden geschützt, um auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland zu wahren. Dies gilt beispielsweise für Informationen über Verhandlungen mit Drittstaaten (siehe auch § 3 Nr. 5). Der Erfolg laufender und künftiger Verhandlungen darf nicht durch Störungen des diplomatischen Vertrauensverhältnisses gefährdet werden. Geschützt sind ferner Informationen, deren Bekanntwerden eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen kann. Landesverteidigung und Staatsschutz werden als besonders bedeutsame Rechtsgüter beispielhaft genannt. Öffentliche Sicherheit bedeutet die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates, sowie die Unversehrtheit von Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und sonstigen Rechtsgütern der Bürger. Das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Sicherheit gewährleistet somit, dass neben

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes

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dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes (vgl. § 99 V w G O und § 96 StPO) auch die Individualrechtsgüter geschützt werden. Eine Begrenzung des Ausnahmetatbestandes auf eine lediglich erhebliche Gefahr wie in § 7 Abs. 1 Nr. 1 U I G reicht angesichts der i m Vergleich zum Umweltbereich deutlich größeren Reichweite des allgemeinen Informationszugangsrechts nicht aus. Eine erhebliche Gefahr besteht erst bei Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut, wie Bestand des Staates, Leben, Gesundheit, Freiheit, nicht unwesentlicher Vermögenswerte sowie anderer strafrechtlich geschützte Güter (vgl. die Bezugnahme in der Begründung zu § 7 UIG, BT-Drs. 12/7138, S. 13 auf das Niedersächsische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 17. November 1981). Im Bereich des Polizeirechts besteht jedoch auch ein Interesse daran, sensible verwaltungsinterne Abläufe und Strukturen (ζ. B. Anzahl, Art und Lozierung von Führungs- und Einsatzmitteln, Ausstattungs- und Einsatzkonzepte des BGS, Vorbereitung von Planungsentscheidungen für Alarmierungsfälle, Geisellagen und Fahndungslagen) vor Bekanntwerden zu schützen. Gleiches gilt i m Ausländerrecht beispielsweise bei Prüfungshilfen für Entscheider beim BAF1 zur Aufdeckung von Missbrauchsfällen. § 4 Nr. 3 erfasst diese Informationen nicht hinreichend, weil er im Interesse des Schutzes von Verwaltungsabläufen auf konkret bevorstehende behördliche Maßnahmen abstellt. Nummer 2 Die Vorschrift stimmt mit einem Teil der Regelung in § 7 Abs. 1 Nr. 1 U I G überein. Die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden kann sowohl berührt sein, soweit es um inner- und intrabehördliche Vorgänge geht als auch soweit es um Vorgänge zwischen Exekutive und Legislative oder zwischen Behörden und sonstigen Einrichtungen wie etwa den Gewerkschaften in den Tarifverhandlungen des Öffentlichen Dienstes geht. Auch Informationen, die der Aufsicht von Behörden gegenüber nachgeordneten Behörden dienen, werden von Nummer 2 erfasst. Jedoch wird in Hinblick auf den Grundsatz des freien Informationszugangs nicht jegliche behördliche Beratung geschützt, sondern nur diejenige, die auf Vertraulichkeit angewiesen ist. Ebenso wie dies i m Rahmen des U I G anerkannt ist, setzt der Versagungsgrund der Nummer 2 voraus, dass die behördliche Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung bei Offenbarung der nachgefragten Informationen unzumutbar beeinträchtigt würden. I m Bereich des Regierungshandelns wird der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung geschützt. Vor dem Hintergrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes setzt die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk notwendigerweise einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen selbst von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung einschließt (BVerfGE 67, 100, 139). Dem BVerfG zufolge gehört dazu u. a. die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen i m Kabinett als auch

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bei der Vorbereitung von Kabinett- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht (a. a. O.). Da der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung dem Willensbildungs- und Entscheidungsprozess dient, erstreckt er sich vor allem auf laufende Verfahren, kann aber ausnahmsweise auch abgeschlossene Vorgänge betreffen (BVerfGE 67, 100, 139). Nummer 3 Aus dem Grundsatz „Soviel Information wie möglich, soviel Geheimnisschutz wie nötig" ergibt sich, dass der Geheimnisschutz weiterhin im direkten Zusammenhang mit dem betreffenden Geheimnis gewährleistet werden sollte, also durch die entsprechenden materiell-rechtlichen Vorschriften in den jeweiligen Spezialgesetzen selbst. Die Voraussetzungen von Art und Umfang des Geheimnisschutzes divergieren je nach Rechtsgebiet. Besonders wichtige Geheimnistatbestände begründen ζ. B. das Steuer-, Sozial-, Statistik- und Adoptionsgeheimnis, die ärztliche und die anwaltliche Schweigepflicht, Vorschriften zum Schutz der Bundesbank, des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen und der Sozialversicherungen sowie § 7 Nr. 3 U I G (Schutz von Umweltgütern). Die Formulierung „aufgrund eines Gesetzes" stellt sicher, dass auch Verwaltungsvorschriften wie die aufgrund von § 35 Abs. 1 SUG ergangene Verschlusssachenanweisung einen Informationszugangsanspruch ausschließen. Nummer 4 Die Vorschrift entspricht § 7 Abs. 1 Nr. 2 UIG-E-neu. Sie wird ergänzt durch den Soll- Ausschlusstatbestand in § 4 Satz 1 Nr. 3, der auch das operative Vorgehen der Polizei im Vorfeld strafrechtlicher Ermittlungen erfasst; dieses wird zusätzlich durch Nummer 1 geschützt. Daher erübrigt es sich, zusätzlich Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung aufzunehmen. Nummer 5 Der Anspruch auf Informationszugang bezieht sich nur auf Informationen des Bundes. Ergänzend dazu sichert die Regelung in Nummer 5 den Schutz sonstiger Informationen. Bei vorübergehend beigezogenen Akten der genannten anderen öffentlichen Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen werden, kann die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen den Antrag weiterleiten, den Antragsteller an diese Stellen verweisen oder deren Zustimmung zur Informationserteilung einholen. Keine Anwendung findet Nr. 5 auf andere öffentliche Stellen des Bundes. Aus dem Zuständigkeitserfordernis nach § 7 Abs. 1 ergibt sich aber, dass der Anspruch sich nur auf behördeneigene Informationen erstreckt.

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes

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Zu § 4 - Schutz von Verwaltungsabläufen Satz 1 Nummer 1 Der Begriff des Verwaltungsverfahrens in Satz 1 ist entsprechend der Definition in § 2 Nr. 3 in einem weiten, über § 9 V w V f G hinausgehenden Sinn zu verstehen (siehe auch unten Begründung zu Satz 2). Gemeint sind auch Verfahren i m schlichthoheitlichen oder fiskalischen Bereich. Grundsätzlich sollen die diesbezüglichen Verfahrensabläufe nicht gestört werden. Auch behördeninterne Meinungsunterschiede sowie sachlich falsche Informationen sollen nicht bekannt werden, um nicht die Interessen ordnungsgemäßer Entscheidungsfindung zu verletzen und um eine Desinformation der Öffentlichkeit auszuschließen. Für Verfahren des öffentlichen Auftragswesens gelten vorrangige Spezialgesetze: Die einschlägigen V O L , V O B - und VOF-Vorschriften schreiben die Vertraulichkeit der Angebote vor (z. B. § 22 Nr. 5 und 6 V O L / A ) . Seit dem 1. Januar 1999 kann die Entscheidung über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Nachprüfungsverfahren nach § § 1 0 2 ff. G W B von den betroffenen Unternehmen angefochten werden. In diesem Nachprüfungsverfahren haben die Beteiligten gemäß § 111 G W B ein Akteneinsichtsrecht. Nur soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Fabrikations-, Betriebsoder Geschäftsgeheimnissen geboten ist, haben die zuständigen Vergabekammern (auf Bundesebene beim Bundeskartellamt eingerichtet) die Akteneinsicht zu versagen. Ausnahmen für die Soll-Versagung gelten für die Ergebnisse von Beweisaufnahmen, Gutachten und Stellungnahmen von dritter Seite. Es handelt sich dabei um abgrenzbare und „neutrale" Erkenntnisse. Der Schutz personenbezogener Daten wird von § 5 sichergestellt. Im Bereich der Strafrechtspflege ist die StPO wegen § 1 Abs. 3 vorrangig. Das Tatbestandsmerkmal „von dritter Seite" (vgl. auch § 5 Abs. 3 Nr. 2) soll klarstellen, dass Meinungsäußerungen und Stellungnahmen der Beteiligten nicht von der Ausnahme erfasst werden. Nummer 2 Behörden sind in hohem Maße auf eine Informationskooperation mit Bürgern angewiesen. Dies gilt auf Bundesebene vor allem für das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst (insofern ist auch der Vorrang spezialgesetzlicher Regelungen nach § 1 Abs. 3 zu beachten). Da die Bereitschaft der Bürger zu einer solchen Kooperation von der Diskretion der Verwaltung abhängt, müssen vertraulich übermittelte Informationen geschützt werden. Dieser Gedanke liegt auch anderen Rechtsvorschriften zugrunde. So müssen Bürger, die Auskünfte für statistische Zwecke erteilen, sicher sein können, dass ihre Angaben anonym bleiben und nicht zweckfremd verwendet wer-

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den (dieses Statistikgeheimnis wird von dem zwingenden Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 3 geschützt). Ahnlich wie nach § 4 Satz 1 Nr. 2 dürfen auch nach § 7 Abs. 4 U I G Umweltinformationen, die ein privater Dritter der Behörde ohne rechtliche Verpflichtung übermittelt hat, nicht ohne dessen Einwilligung zugänglich gemacht werden. Nach § 29 Abs. 2, 3. Var. V w V f G ist das Recht auf Akteneinsicht in Verwaltungsverfahren ausgeschlossen, wenn die Vorgänge wegen berechtigter Interessen Dritter geheimzuhalten sind. Nur bei erheblichem öffentlichen Interesse wird der Informationszugang ausnahmsweise zulässig sein, etwa bei Gefahr i m Verzug. Die Interessen der Informanten werden dabei durch die Drittrechte gewahrt, soweit es sich um berechtigte Interessen handelt. Nummer 3 Die Vorschrift ergänzt § 3 Nr. 4. Auch Aufsichtsmaßnahmen einer Behörde gegenüber einer nachgeordneten Behörde werden von Nummer 3 erfasst, sofern sie nicht bereits dem Ist-Versagungstatbestand des § 3 Nr. 2 unterfallen. In Hinblick darauf, dass § 4 den Schutz von Verwaltungsabläufen bezweckt, ist entscheidend, dass die geschützten behördlichen Maßnahmen konkret bevorstehen. Sonstige behördliche Maßnahmen sind nur über § 3 Nr. 1 geschützt. Satz 2 Satz 2 stellt klar, dass der in § 1 Abs. 3 angeordnete Vorrang spezialrechtlicher Regelungen auch für Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens i.S. des § 9 V w V f G gilt. A u f eine Änderung oder Anpassung des § 29 V w V f G wurde verzichtet, um die Einheitlichkeit des Verwaltungsverfahrensrechts nicht zu gefährden und um den störungsfreien Ablauf von Verfahren zu gewährleisten, die auf den Abschluss eines Verwaltungsakts oder öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sind. Im Wege des Erst-Recht-Schlusses haben auch Nichtbeteiligte während der Dauer solcher Verfahren keinen Anspruch auf Informationszugang. In Kauf genommen wird damit, dass Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens im Sinne von § 9 V w V f G Zugang zu den sie betreffenden Akten nur dann haben, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist, obwohl sie in sonstigen Bereichen, ebenso wie jeder andere, voraussetzungslose Informationszugangsansprüche haben. Auch einen Auskunftsanspruch wie ihn § 1 Abs. 2 Satz 1 IFG vorsieht, gibt es für Beteiligte an Verwaltungsverfahren im Sinne von § 9 V w V f G vorbehaltlich des § 25 Satz 2 V w V f G nicht. Dies ist jedoch durch die berechtigten behördlichen Interessen an einer störungsfreien Bearbeitung und Entscheidungsfindung gerechtfertigt.

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes Zu § 5 - Schutz personenbezogener

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Daten

Die Vorschrift ist Spezialvorschrift gegenüber § 16 BDSG, der die Übermittlung personenbezogener Daten an nicht-öffentliche Stellen betrifft. Der Zugang zu Informationen, die personenbezogene Daten enthalten, ist nur in den Fällen des Absatzes 3 die Regel, weil der Staat über die Rechte Dritter nicht beliebig disponieren kann. Er ist vielmehr den unterschiedlichen Ansprüchen verschiedener Rechtssubjekte ausgesetzt. Umgekehrt gilt auch das Recht des Dritten auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos. Als gemeinschaftsbezogener und -gebundener Bürger hat er kein absolutes uneingeschränktes Herrschaftsrecht über „seine" Daten. Auch personenbezogene Informationen stellen ein Abbild sozialer Realität dar, das nicht ausschließlich dem Betroffenen zugeordnet werden kann. Der Dritte muss daher grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden allgemeinen Interesse hinnehmen. U m die Behörde in die Lage zu versetzen, eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zu treffen, unterliegt der Antrag auf Informationszugang, soweit er Daten Dritter nach § § 5 und 6 betrifft, nach § 7 Abs. 1 Satz 2 einem Begründungserfordernis. In vielen Fällen ergibt sich der Vorrang des Datenschutzes schon aus § 3 Abs. 3 und § 5 Abs. 2, insbesondere hinsichtlich der Personalakten der Beamten und Angestellten i m Öffentlichen Dienst. I m Einzelfall kann dem Datenschutzinteresse auch dadurch Rechnung getragen werden, dass die Behörde dem Informationssuchenden nach pflichtgemäßem Ermessen unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 zwar eine Akteneinsicht verweigert, aber ihm stattdessen Auskünfte erteilt. Zu § 5 Absatz 1 Satz 1 Die Formulierung bringt zum Ausdruck, dass der Schutz personenbezogener Daten grundsätzlich Vorrang vor dem Informationsinteresse des Antragstellers hat, wenn dieses Informationsinteresse nicht i m Einzelfall überwiegt. Allerdings ist die Zustimmung des Dritten nicht zwingend. Vielmehr kann sich die Behörde über eine fehlende Zustimmung hinwegsetzen, wenn sie zu dem Ergebnis kommt, dass das Informationsinteresse des Antragstellers die schutzwürdigen Belange des Dritten überwiegt. Gleichwohl muss der Dritte vom Antrag auf Informationszugang informiert werden. Anders ist es nur, wenn ein Regelfall des § 5 Abs. 3 vorliegt (siehe Begründung zu § 8). Stimmt der Dritte der Offenbarung seiner personenbezogenen Daten zu, so muss die Behörde auch dann dem Antrag auf Informationszugang stattgeben, wenn sie die Geheimhaltungsinteressen des Dritten für vorrangig hält. Insofern gilt: volenti non fit iniuria (vgl. auch § 30 V w V f G : bei Zustimmung des Dritten ist die Behörde zur Offenbarung von Informationen befugt).

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Im Rahmen der Interessenabwägung ist zugunsten des Antragstellers auch das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Die mit dem Informationsfreiheitsgesetz bezweckte Transparenz dient nicht nur dem Einzelnen, sondern ebenso der Öffentlichkeit insgesamt. Unabhängig davon, dass § 1 einen Individualanspruch begründet, liegt die mit dem Informationszugang verbundene Transparenz auch im Interesse der Öffentlichkeit. Dies ist evident im Umweltbereich und daher ausdrücklich für das U I G anerkannt, ist aber - in unterschiedlichem Umfang - auch auf andere Verwaltungsbereiche übertragbar (vgl. Begründung A l l gemeiner Teil A I). Da der Einzelne Teil der Allgemeinheit ist, überschneiden sich die individuellen und die öffentlichen Interessen. Umgekehrt ist ein ausdrücklicher Anspruchsausschluss für den Fall unnötig, dass der Antragsteller überwiegend Privatinteressen verfolgt. Abgesehen davon, dass eine generelle Motivsuche unpraktikabel wäre, können diese Fälle mittels der allgemeinen Interessenabwägung gelöst werden. Zugunsten des Dritten wird bei der Interessenabwägung auch der Verwendungszusammenhang (insbesondere im sicherheitsbehördlichen Bereich) zu berücksichtigen sein. Satz 2 Soweit es um „besondere Kategorien personenbezogener Daten" im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG geht, ist nach Satz 2 die Einwilligung des Dritten zwingend erforderlich. § 3 Abs. 9 BDSG beruht auf den Vorgaben des Artikels 8 der Richtlinie 9 5 / 4 6 / E G , der die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Verarbeitung von Angaben über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben zu untersagen. Zu § 5 Absatz 2 Satz 1 In Ergänzung des § 3 Nr. 3 enthält Absatz 2 Satz 1 einen gesetzlichen Maßstab für die Interessenabwägung nach Absatz 1 bei Informationen, die einem Berufsoder Amtsgeheimnis unterliegen. Auch hiervon kann die Zustimmung des Dritten aber dispensieren. Da es ein „Personalaktengeheimnis" im engen Sinn nicht gibt, Personalakten nach § 90 Abs. 1 B B G aber vertraulich zu behandeln und vor unbefugter Einsicht zu schützen sind, werden diese gesondert genannt. Satz 2 Zur Klarstellung wird die Amtsverschwiegenheit nach § 61 BBG, § 39 BRRG, § 9 BAT/BAT-Ost und § 11 M T A r b G von den übrigen Berufs- und Amtsgeheimnissen in Satz 2 ausgenommen, weil das Gesetz ansonsten leer liefe. Einer formalen Befreiung, etwa nach § 61 Abs. 2 BBG, bedarf es nicht. Zwar zählt das BVerwG die Amtsverschwiegenheit zu den Hauptpflichten des Beamten; sie diene

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in erster Linie dem Schutz dienstlicher Belange der Behörde, in zweiter Linie dem Schutz des von Amtshandlungen betroffenen Bürgers. Gleichwohl reicht die allgemeine Amtsverschwiegenheit nur soweit, wie sie gesetzlich geregelt ist. In dem Umfang, in dem nach dem IFG ein Anspruch auf Informationszugang besteht, greift die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht. Zu § 5 Absatz 3 In Absatz 3 Nr. 1 bis 3 werden diejenigen personenbezogenen Daten aufgeführt, deren Offenbarung die Geheimhaltungsinteressen des Dritten in der Regel nicht verletzen. Die Konzeption als Regelvorschrift ermöglicht es, den Informationszugang in Ausnahmefällen abzulehnen, etwa wenn bereits der Umstand der Beteiligung an einem Verfahren geheimhaltungsbedürftig ist. Ausnahmen hinsichtlich der in Nummer 1 genannten personenbezogenen Daten von Amtsträgern sind vor allem denkbar i m Bereich der Nachrichtendienste oder bei unpopulären Entscheidungen etwa im Ausländerrecht. Sofern ein Amtsträger durch eine Offenbarung der genannten Daten gefährdet würde, greift zu seinen Gunsten der Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 1. Die Belange der Sicherheitsbehörden selbst werden durch § 4 Nr. 2 und 3 hinreichend gewahrt. Ähnlich wie bei Nummer 1 ist auch für Nummern 2 und 3 maßgeblich, ob der Dritte durch die Preisgabe der aufgeführten Daten spürbare Nachteile erleiden würde. Nach Nummer 3 kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen Dritten handelt, der an einem laufenden oder an einem bereits abgeschlossenen Verwaltungsverfahren beteiligt ist. Dem liegt der Begriff des Verwaltungsverfahrens i m Sinne von § 2 Nr. 3 zugrunde; § 29 V w V f G bleibt auch insofern (vgl. § 4 Satz 2) unberührt. Die Bildung zusätzlicher Fallgruppen bleibt im Interesse der Abstraktion der Rechtsprechung überlassen.

Zu § 6- Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen § 6 Satz 1 und 2 sind verfassungsrechtlich durch Art. 12 und 14 GG geboten. Die Regelung orientiert sich an § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 UIG. Satz 1 Ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis liegt nach allgemeiner Auffassung dann vor, „wenn Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stehen, nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen des Geschäftsinhabers geheim gehalten werden sollen. Darüber hinaus ist erforderlich, dass ein berechtigtes Interesse des Geschäftsinhabers an der Geheimhaltung anzuerkennen ist. Ob ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis betroffen ist, ist anhand der Besonderheiten des jeweils betroffenen Sach- oder Rechtsgebiets zu bestimmen" (so auch Begr. zu § 8 UIG, BT-Drucks. 12/7138, S. 14, in Anlehnung an § 17 U W G und unter Hinweis auf § 22 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 und 3, § 16e Abs. 4 ChemG und § 139b GewO).

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

Bei der Interessenabwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang der Dritte durch die Bekanntgabe von Informationen wirtschaftlich geschädigt werden könnte. Hierbei ist der Dritte darlegungspflichtig (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 3 UIG). Sein Geheimhaltungsinteresse muss schutzwürdig sein, darf also nicht i m Widerspruch zur Rechtsordnung stehen. Betriebsgeheimnisse überwiegen daher nicht, wenn sich aus ihnen Anhaltspunkte für eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben können. Auch die Sozialbindung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 GG ist zu beachten. Bezieht sich der Zugangsanspruch auf behördliche Akten zu den Umständen einer Privatisierung (etwa bei Begründung einer Public Private Partnership), ist zu berücksichtigen, dass Transparenz gerade auf diesem Gebiet der Korruptionsbekämpfung dient (vgl. Begründung oben zu § 1 Satz 2). Eine Sonderregelung für das öffentliche Auftragsvergabewesen ist wegen § 1 Abs. 3 nicht erforderlich (siehe i m einzelnen Begründung zu § 4 Satz 1 Nr. 1). Ist der Dritte einverstanden mit der Offenbarung der ihn betreffenden Informationen, erübrigt sich eine Interessenabwägung. Ebenso wie bei § 5 Abs. 1 gilt der Grundsatz „volenti non fit iniuria".

Satz 2 Geistiges Eigentum muss auch außerhalb des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses geschützt werden und wird daher in Satz 2 gesondert aufgeführt (so auch § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UIG). Dazu gehören insbesondere Urheberrechte, Marken-, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte. Auch die Tätigkeit von Hochschulen und Forschungseinrichtungen i m Bereich von Kunst, Forschung, Wissenschaft und Lehre nach Art. 5 Abs. 3 GG wird von § 6 Satz 2 erfasst.

Satz 3 Dritter kann eine natürliche oder eine juristische Person des Zivilrechts sein, also auch eine solche, an der Bund, Länder und Kommunen beteiligt sind. Für wirtschaftliche Geheimnisse von Behörden und für deren geistiges Eigentum reicht § 3 Nr. 1 nicht aus. Daher enthält Satz 3 hierfür eine eigene Regelung. Diese gilt auch für die entscheidende Behörde selbst. In diesem Zusammenhang sind die besonderen gesellschaftsrechtlichen Geheimhaltungspflichten auch für Mitarbeiter öffentlicher Stellen, ζ. B. nach § 116 i.V.m. § 93 AktG, zu beachten. Beim geistigen Eigentum ist zu unterscheiden: Zwar kann eine Behörde beispielsweise Inhaber einer Marke sein (siehe § 7 Nr. 2 MarkenG). Urheberrechte dagegen kann sie nicht in Anspruch nehmen. Für Angehörige des öffentlichen Dienstes gilt § 43 UrhG, wonach der Schöpfer eines Werks grundsätzlich auch dann Urheber ist, wenn er das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dessen Inhalt oder Wesen nichts anderes ergibt. Keinen Urheberrechtsschutz gibt es gemäß § 5 UrhG für amtliche Werke.

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Zu § 7 - Antrag und Verfahren Zu § 7 Absatz 1 Absatz 1 regelt die Zuständigkeit der Behörde. Erforderlich ist danach die Verfügungsbefugnis der Behörde über die Informationen. Diese besteht jedenfalls hinsichtlich ihrer eigenen, von ihr selbst erhobenen Informationen. Bei Informationen, die die Behörde von Dritten oder von anderen Behörden und Einrichtungen erhalten hat, ist unbeschadet der Ausnahmeregelungen des IFG (etwa § 3 Nr. 2 und 5, § 4 Satz 1 Nr. 2 und § 5) maßgeblich, ob die Behörde über diese Informationen kraft Gesetzes oder Vereinbarung ein eigenes Verfügungsrecht erhält. Eine ausdrückliche Pflicht einer unzuständigen Behörde, den Antrag unverzüglich weiterzuleiten, besteht nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen nicht; vielmehr handelt es sich um ein nobile officium. Für eine Ausnahme i m Anwendungsbereich des IFG besteht kein Bedürfnis, weil die Behörde insofern keine gesteigerte Fürsorgepflicht trifft und keine generelle Eilbedürftigkeit besteht. Welche Stelle innerhalb der Behörde über den Antrag entscheidet, richtet sich nach den jeweiligen innerbehördlichen Organisationsstrukturen. Regelungen zur Präzisierung des Antrags (vgl. § 5 Abs. 1 UIG) und zur Beratung und Unterstützung durch die Behörde sind vor dem Hintergrund des § 25 V w V f G entbehrlich. Dem Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens entsprechend (§ 10 V w V f G ) kann die Antragstellung schriftlich, mündlich - auch telefonisch - oder konkludent erfolgen. Die elektronische Form ist der schriftlichen Form grundsätzlich gleichgestellt. Obwohl ein generelles Schriftformerfordernis nicht nötig ist, muss die Behörde nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen die Möglichkeit haben, die Identität des Antragstellers festzustellen. Dies ist i m Rahmen des IFG insbesondere vor dem Hintergrund der im Einzelfall erforderlichen Abwägung mit den Interessen Dritter von Bedeutung. Auch der Dritte selbst muss über die Identität des Antragstellers unterrichtet werden, bevor er über seine Zustimmung zur Freigabe seiner personenbezogenen Daten oder seiner Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entscheidet. Gegebenenfalls kann die öffentliche Stelle aufgrund ihrer Gestaltungsbefugnis auch einen schriftlichen Antrag und/oder eine Konkretisierung des Antrags verlangen. Einer § 13 Abs. 7 Satz 2 StUG entsprechenden Vorschrift, wonach ein Recht auf Informationszugang nicht besteht, wenn der erforderliche Aufwand außer Verhältnis zu dem mitgeteilten Informationsinteresse des Antragstellers steht, bedarf es nicht. Abgesehen davon, dass diese Vorschrift auf die Besonderheiten der Stasi-Unterlagen zugeschnitten ist, ist der Verwaltungsaufwand ein zulässiger Gesichtspunkt bei der Frage, ob die Behörde nach § 1 Abs. 2 Satz 2 von der vom Antragsteller gewünschten Art des Informationszugangs abweichen kann. Aus dem allgemeinen Informationszugangsanspruch in § 1 ergibt sich, dass die Behörde, die die Akten führt, ausreichende räumliche und sachliche Mittel für eine Akteneinsicht bereitzustellen hat. Demgegenüber kann die Einrichtung von Computer-Arbeitsplätzen zur Zeit noch nicht als selbstverständliche Voraussetzung 15 Informationsfreiheitsgesetz

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

für den Informationszugangsanspruch erwartet werden, da die IT-technischen Voraussetzungen dafür noch nicht in allen Behörden vorhanden sind. Zu § 7 Absatz 2 Satz 2 Als Pendant zu der Nichtförmlichkeit des Antrages kann die Behörde dem Antragsteller Auskünfte mündlich oder schriftlich erteilen. Einfache Auskünfte können demnach unmittelbar telefonisch oder per E-Mail beantwortet werden. § 1 Abs. 2 Satz 2 steht dem nicht entgegen, weil er die Art des Informationszugangs betrifft, nicht aber die Form (siehe Begründung zu § 1 Abs. 2). Bei berechtigtem Interesse des Antragstellers gilt § 37 Abs. 2 Satz V w V f G (siehe auch Begründung zu § 9 Abs. 1 Satz 2). Das Begründungserfordernis in Abs. 2 Satz 2 ermöglicht der Behörde eine sachgerechte Ermessensentscheidung i m Rahmen der § § 5 und 6 (siehe Begründung dort). Zu § 7 Absatz 3 Satz 1 ermöglicht es dem Antragsteller, bei Einsichtnahme in Informationen Aufzeichnungen als Gedächtnishilfe zu fertigen und mitzunehmen. Daraus ergibt sich ζ. B. auch ein Anspruch auf Erstellung eines lesbaren Ausdrucks bei elektronisch oder magnetisch gespeicherten oder verfilmten Texten. Zu § 7 Absatz 4 Vorbild der Regelung ist § 5 Abs. 2 Satz 2 UIG. Der damit verbundene Haftungsausschluss bezieht sich nur auf den Inhalt der Information, nicht aber auf eine etwaige Pflichtverletzung der Behörde durch Verweigerung des Informationszugangs gegenüber dem Antragsteller oder durch unberechtigte Freigabe von Informationen gegenüber dem Dritten. § 7 Abs. 4 stellt klar, dass die Behörde die bei ihr vorhandenen Informationen i m Falle eines Antrags auf Informationszugang keiner Wahrheitsprüfung unterziehen muss, die über die ohnehin vorhandene Amtsermittlungspflicht hinausgeht. Die Behörde wird damit aber nicht ermächtigt, wissentlich falsche Informationen ohne einen entsprechenden Hinweis herauszugeben (vgl. § 25 V w V f G ) .

Zu § 8- Beteiligung

Dritter

Wer Dritter ist, richtet sich nach § 2 Nr. 2. § 8 gilt danach für Dritte, deren personenbezogene Daten, geistiges Eigentum, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse betroffen sind. Soweit es um den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und von geistigem Eigentum geht, kann Dritter nach § 6 Satz 2 auch eine betroffene Behörde sein. Soweit sie Träger eigener Rechte ist (siehe Begründung zu § 6 Satz 2), gelten auch für sie die Verfahrensrechte. Zudem werden die behördlichen

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes

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Interessen durch die Zuständigkeitsregelung des § 7 Abs. 1 und die Ausnahmetatbestände des § 3 Nr. 1,2 und 5 gewahrt. Die Beteiligung Dritter erfolgt von Amts wegen. Eine Beteiligung nur auf ausdrücklichen Antrag des Antragstellers würde das Verfahren trotz der Beratungspflicht unnötig verkomplizieren. Ist die Anschrift des Dritten nicht bekannt, so ist das Beteiligungsschreiben nach § 15 V w Z G öffentlich zuzustellen. Liegt ein Regelbeispiel nach § 5 Abs. 3 vor, ist eine Beteiligung nur dann erforderlich, wenn die Behörde ausnahmsweise meint, Belange des Dritten könnten betroffen sein. I m Interesse des Datenschutzes sollte die Behörde den Antragsteller aber zunächst fragen, ob er hinsichtlich der Daten des Dritten mit einer Schwärzung, Teileinsicht etc. einverstanden ist. I m übrigen ist der Dritte auch dann zu beteiligen, wenn die Behörde im Einzelfall der Ansicht ist, dass seine Geheimhaltungsinteressen das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegen. Denn es ist möglich, dass der Dritte selbst mit der Offenbarung der ihn betreffenden Informationen einverstanden ist. Eine Interessenabwägung ist daher - vorbehaltlich des § 5 Abs. 1 Satz 2 - nur in den Fällen des Satzes 2 erforderlich. Dabei kann sich die Behörde über das Votum des Dritten hinwegsetzen. Die Äußerungsfrist für den Dritten entspricht den üblichen Rechtsbehelfsfristen. Sie wahrt einerseits die Interessen des Dritten, ermöglicht andererseits aber auch eine zügige Entscheidung. Soweit es um sensitive Daten geht, ist nach Satz 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 die Einwilligung des Dritten zwingend erforderlich. Zu den Maßstäben der ansonsten erforderlichen Interessenabwägung, wenn sich der Dritte nicht äußert oder seine Zustimmung verweigert, siehe Begründung zu §§ 5 und 6. Die Rechtsschutzregelungen in Satz 3 und 4 entsprechen § 14 Abs. 2 Satz 2 bis 4 des Informationsfreiheitsgesetzes Berlin.

Zu § 9 - Teilweise oder gänzliche Ablehnung des Antrags; Rechtsweg A u f eine kurze Entscheidungsfrist wie sie vielerorts vorgesehen ist (z. B. § 7 Abs. 1 IFG Schleswig-Holstein: ein Monat; § 14 Abs. 1 Satz 1 IFG Berlin: „unverzüglich"; § 51 Abs. 2 UIG: zwei Monate), wurde verzichtet. Die Behörde ist nach § 10 Satz 2 V w V f G ohnehin gehalten, das Verfahren zügig durchzuführen. Ist eine Beteiligung Dritter erforderlich, verlängert sich die Verfahrensdauer zwangsläufig. Dies gilt auch, wenn mehrere Antragsteller vorhanden sind, die nur nacheinander Zugang erhalten können. Da das Informationszugangsrecht nicht generell dringlicher ist als sonstige gegen die Verwaltung gerichtete Ansprüche, wäre es nicht gerechtfertigt, von der dreimonatigen Klagefrist für eine Untätigkeitsklage nach § 75 V w G O abzuweichen. Für die Presse gibt es Sonderregelungen in den landesrechtlichen Pressegesetzen. Gegebenenfalls kann einstweiliger Rechtsschutz in Anspruch genommen werden. 15*

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

Aus den gleichen Gründen - keine generelle Eilbedürftigkeit - nicht aufgenommen wurde eine Fiktion, dass die Untätigkeit der Behörde nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Ablehnung gilt. Zu § 9 Absatz 1 Satz 1 Eine ausdrückliche Regelung zum partiellen Informationszugang entspricht der Rspr. des EuGH zum U I G (EuGH DVB1. 1999, 1494; siehe jetzt auch § 4 Abs. 2 UIG-E-neu). Der Informationszugang ist ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen auch dann möglich, wenn diese Informationen ohne übermäßigen Verwaltungsaufwand abgetrennt oder geschwärzt werden können. Dies ergibt sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Abtrennung oder Schwärzung ist kenntlich zu machen. Würde die Information durch Abtrennung oder Schwärzung verfälscht, ist der Zugang unbeschadet des § 7 Abs. 4 zu verweigern. Satz 2 A u f ein Schriftformerfordernis bei der Bescheidung des Antrags wurde - auch für den Fall der Ablehnung - verzichtet. Denn nach § 37 Abs. 2 Satz 2 V w V f G kann der Antragsteller bei berechtigtem Interesse und unverzüglich geäußertem Verlangen ohnehin die schriftliche Bestätigung eines mündlich erlassenen Verwaltungsakts verlangen. Ist ein Dritter beteiligt, der neben dem Antragsteller zu bescheiden ist, hat die Behörde nach Satz 2 von vornherein einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Damit soll zur Erleichterung der gerichtlichen Nachprüfbarkeit eine einheitliche Begründung sichergestellt werden. Satz 3 Werden gleichförmige Anträge von mehr als 50 Personen gestellt, gelten die Verfahrenserleichterungen der §§ 17 ff. V w V f G analog (so auch § 6 UIG). Der Verweis ist erforderlich, weil §§ 17 ff. V w V f G unmittelbar nur für ein Verwaltungsverfahren gelten, während es sich hier um eine Vielzahl von Verfahren handelt. Zu § 9 Absatz 2 Die Regelung dient der Verfahrensvereinfachung. Eine Befristung der Verweigerung ist vor diesem Hintergrund nicht erforderlich und würde unnötigen Verwaltungsaufwand produzieren. Zu § 9 Absatz 3 Die Vorschrift soll die Behörde entlasten (siehe auch § 7 Abs. 3 UIG). Zu den allgemein zugänglichen Quellen kann auch das Internet gehören. M i t der Zumut-

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barkeitsklausel werden die individuellen Umstände des Antragstellers berücksichtigt, wie ζ. B. Behinderung, technische Ausstattung und Wohnsitz. Ebenfalls zulässig ist ein Verweis auf behördliche Publikationen, unabhängig davon, ob diese kostenlos oder nur zu Marktpreisen erhältlich sind (vgl. Begr. zu § 10). Eine eigenständige Regelung für Querulanz ist nicht erforderlich, weil querulatorische Anträge jedenfalls im Wiederholungsfall nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen nicht entgegengenommen oder bearbeitet werden müssen. Häufig liegt in solchen Fällen auch eine partielle Geschäftsunfähigkeit vor, die die Handlungsfähigkeit gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 V w V f G ausschließt. Zu § 9 Absatz 4 Die Regelung in Satz 2 weicht von § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 V w G O zur Selbstkontrolle der Verwaltung und zur Entlastung der Gerichte ab. Auch betroffene Dritte müssen zunächst Widerspruch einlegen. Im Falle eines Streits um die Geheimhaltungsbedürftigkeit von amtlichen Informationen gilt § 99 VwGO-neu, der in seiner künftigen Fassung eine „in-cameraPrüfung" durch das Gericht vorsieht. Dabei legt die Behörde dem Gericht die Akten zur Prüfung der Geheimbehaltungsbedürftigkeit in einem Zwischenverfahren vor, in dem der Kläger kein Recht auf Akteneinsicht hat. Die Befürchtung, dass damit eine unzulässige Geheimjustiz betrieben würde, ist angesichts der Unabhängigkeit der Richter unberechtigt und durch die neuere Rechtsprechung des BVerfG ausgeräumt (BVerfGE 101, 106).

Zu § 10 - Kosten Die Kostenregelung erfolgt vorläufig entsprechend den Bestimmungen des UIG. A u f eigenständige Regelungen wird zunächst verzichtet, um Erfahrungen im Umgang mit dem Informationsfreiheitsgesetz zu sammeln. Im Rahmen einer zu einem späteren Zeitpunkt möglichen Integration des Umweltinformationsgesetzes in das Informationsfreiheitsgesetz wird die Kostenregelung neu überdacht werden. Nach dem Anderungsentwurf zum U I G dürfen die Gebühren nicht prohibitiv wirken (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UIG-E-neu). Bei Ablehnung des Antrags dürfen in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH (DVB1. 1999, 1494) überhaupt keine Gebühren erhoben werden (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UIG-E-neu). Einfache mündliche und schriftliche Auskünfte sind gebühren-, aber nicht auslagenfrei. Ansonsten können je nach Verwaltungsaufwand Gebühren bis zu einem Höchstsatz von 1000 D M erhoben werden. Zudem kann nach § 2 der geplanten Umweltinformationskostenverordnung (UIGKostV-E) von der Erhebung von Kosten ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder der Billigkeit geboten ist. Die Gebühren werden somit zwar nicht kostendeckend sein, jedoch der Gefahr etwaiger missbräuchlicher Inanspruchnahme des Rechts auf Informationszugang entgegenwirken.

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

Eine Kostenerhebung für den Informationszugang entspricht inländischem Standard. Alle vorhandenen Informationszugangsgesetze der Länder (Brandenburg, Berlin und Schleswig-Holstein) enthalten Kostenregelungen. Überdies stünde eine Kostenfreiheit in einem Wertungswiderspruch zu § 10 U I G i.V.m. der Verordnung über Gebühren für Amtshandlungen des Bundes beim Vollzug des U I G (UIGGebV, BGBl. I S. 3732) bzw. der geplanten Umweltinformationskostenverordnung. Da der Zugang zu amtlichen Informationen im Umweltbereich in besonderem Maße dem öffentlichen Interesse dient, ist im Wege des Erst-Recht-Schlusses auch eine Kostenerhebung in den vom Informationsfreiheitsgesetz erfassten Bereichen gerechtfertigt. Eine kostenfreie Abgabe von Informationen würde ferner zu Wettbewerbsnachteilen bei privaten Informationsdiensten führen. Unter diesem Gesichtspunkt wird der Staat wegen § 1 U W G und § 26 I I G W B jedenfalls dann Kosten für die Weitergabe von Informationen erheben müssen, wenn es sich um „Value-added-information" handelt. Zudem ist § 63 Abs. 3 B H O zu beachten, wonach Vermögenswerte nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden dürfen, sofern nicht der Haushaltsgesetzgeber i m Haushaltsplan Ausnahmen zugelassen hat. Publikationen mit zielgruppen- oder fachspezifischen Zusammenstellungen, die von Informationsdienstleistern wie dem Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden, unterfallen schon wegen § 1 Abs. 3 nicht der Kostenregelung des § 10 IFG. Sie können weiterhin zu Marktpreisen verkauft werden.

Zu § 11 - Veröffentlichungspflichten Z u § 11 Absatz 1 Ein Anspruch auf aktive Informationspolitik wird insofern festgeschrieben, als er den Bürgern einen Überblick ermöglicht, welche Informationen es bei welchen Behörden gibt. Entsprechende Übersichten müssen grundsätzlich offengelegt werden, damit der Antragsteller sein Recht effektiv ausüben kann. So werden anhand von Organisationsplänen Aufbau, Kommunikationsbeziehungen / Weisungsbefugnisse, Zuständigkeiten und Aufgabenwahrnehmung innerhalb der Behörde erkennbar. Aktenpläne geben eine konkretisierte Übersicht über den Aufgabenbereich. Auch hinsichtlich dieser allgemein zugänglich zu machenden Pläne gelten allerdings die im IFG-E festgelegten Ausnahmetatbestände. Die Form des Zugänglichmachens richtet sich nach § 1 Abs. 2. Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummer und Aufgabenbereich der einzelnen Mitarbeiter enthalten, unterfallen nicht der allgemeinen Offenlegungspflicht des Absatzes 1, sondern sind als sonstige amtliche Informationen vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestände nur auf Antrag mitzuteilen. Dies dient zum einen der persönlichen Sicherheit der Mitarbeiter, zum anderen dem behördlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung (der einzelne Mitarbeiter könnte ansonsten mit einer Vielzahl von Anrufen und E-Mails „bombardiert" werden).

Begründung des Entwurfs (IFG) des Bundes

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Im übrigen sind weitergehende Verpflichtungen zugunsten einer aktiven behördlichen Informationspolitik i m IFG entbehrlich. Bei Gefahren für die öffentliche Sicherheit und aus Gründen des Grundrechtsschutzes muss die Behörde die Öffentlichkeit ohnehin von sich aus durch öffentliche Warnungen unterrichten (ζ. B. Warnung vor Jugendsekten, Warnung vor gesundheitlichen Gefahren durch verunreinigte Lebensmittel). Für Umweltdaten ist das U I G vorrangig; dort ist in § 11 (lediglich) die Veröffentlichung eines Umweltberichts in vierjährigen Abständen vorgesehen. Zu § 11 Absatz 2 Informationsverzeichnisse existieren in den meisten Ländern (ζ. B. Schweden, Frankreich, USA), in denen es Informationsfreiheitsgesetze gibt. Es wäre jedoch unpraktikabel, die Einführung solcher Verzeichnisse zwingend vorzuschreiben oder dies gar mit einer Frist zu verbinden, weil der Verwaltungsaufwand zu hoch wäre. Organisations- und Aktenpläne im Sinne von § 11 Abs. 1 reichen zunächst aus.

Zu § 12 - Bundesbeauftragter

für Informationsfreiheit

Die Erfahrungen im Ausland und in den Bundesländern, die bereits über Informationsfreiheitsgesetze verfügen, zeigen, dass die Einrichtung eines Beauftragten für Informationsfreiheit sinnvoll ist. Damit wird das Recht auf Informationszugang institutionell abgesichert. Entsprechend den Länderregelungen ist eine Personalunion mit dem Datenschutzbeauftragten vorgesehen. Dies hat den sachlichen Vorteil, dass Informationsfreiheit und Datenschutz in einen interessengerechten Ausgleich gebracht werden können. Zudem kann im wesentlichen auf einen bereits vorhandenen Personalbestand zurückgegriffen werden. Die Möglichkeit, den Bundesbeauftragen für Informationsfreiheit anzurufen, entspricht dem Anrufungsrecht nach § 21 BDSG. Diese Möglichkeit trägt zur außergerichtlichen Streitschlichtung bei, ist aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage nach § 9 Abs. 4. Vielmehr kann der Bürger den Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit alternativ oder kumulativ zu einer Klage anrufen. Wegen des weitgehenden Verweises auf § § 2 4 bis 26 BDSG sind eigenständige Regelungen zum Kontroll- und Beanstandungsrecht des Bundesbeauftragten überflüssig. Der Bundesbeauftragte hat seinen neuen Aufgabenbereich auch in dem zweijährlichen Tätigkeitsbericht nach § 26 BDSG zu berücksichtigen. § 21 Satz 2 und § 24 Abs. 3 BDSG beschränken die datenschutzrechtliche Kontrolle hinsichtlich der Maßnahmen von Bundesgerichten auf den Fall, dass diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden. Diese - klarstellende - Regelung deckt sich mit § 1 Abs. 1 Satz 2. Eine entsprechende Regelung für die Verwaltungen der Gesetzgebungsorgane, des Bundespräsidenten u. a. ist nicht nötig, da sie ebenfalls nur deklaratorischen Charakter hätte.

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

Die redaktionelle Anpassung des BDSG wird zunächst zurückgestellt, um abzuwarten, ob sich die Institutionalisierung eines Beauftragten für Informationsfreiheit in der Praxis bewährt.

Zu § 13 - Änderung des Bundesarchivgesetzes Die Regelung orientiert sich an § 10 Abs. 7 des Archivgesetzes Brandenburg. Danach finden die Schutzfristen des BbgArchivG auf Akten, die einer Akteneinsicht nach dem dortigen A I G unterlegen haben, keine Anwendung. Nach dem bisherigen § 5 Abs. 4 BArchG, jetzt § 5 Abs. 4 Satz 1 BArchG, gelten die in den Absätzen 1 bis 3 vorgesehenen Schutzfristen nicht für solche Unterlagen, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt waren. Daran knüpft der neue zweite Satz an. Es wäre widersinnig, Informationen, die zugänglich gemacht wurden, während sie noch i m Verwaltungsgebrauch waren, nach Abgabe an das Bundesarchiv strengeren Voraussetzungen zu unterwerfen. Diese Erwägungen greifen allerdings nicht, sofern die später archivierten Informationen nicht zugänglich gemacht wurden, weil ein Ausnahmetatbestand nach dem IFG erfüllt war. I m Ergebnis das gleiche gilt, wenn überhaupt kein Antrag auf Informationszugang nach dem IFG gestellt worden war. In diesem Fall steht einer uneingeschränkten Geltung der archivrechtlichen Vorschriften schon deshalb nichts entgegen, weil bereits an der aktuellen Information kein Informationsinteresse bestand. Entscheidend ist daher nach Satz 2, ob tatsächlich ein Informationszugang stattgefunden hat. Zu § 14- Inkrafttreten Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz - IFG) Vom 15. Oktober 1999 (GVB1.1999, Nr. 45, S. 561) Abschnitt 1: Informationsrecht § 1 Zweck des Gesetzes Zweck dieses Gesetzes ist es, durch ein umfassendes Informationsrecht das in Akten festgehaltene Wissen und Handeln öffentlicher Stellen unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten unmittelbar der Allgemeinheit zugänglich zu machen, um über die bestehenden Informationsmöglichkeiten hinaus die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen. § 2 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz regelt die Informationsrechte gegenüber den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen (insbesondere nicht rechtsfähige Anstalten, Krankenhausbetriebe, Eigenbetriebe und Gerichte) des Landes Berlin, den landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (§ 28 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes) und gegenüber Privaten, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse betraut sind (öffentliche Stellen). Für die Gerichte und die Behörden der Staatsanwaltschaft gilt dieses Gesetz nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben erledigen. (2) Der Zugang zu Informationen über die Umwelt bestimmt sich nach dem Umweltinformationsgesetz vom 8. Juli 1994 ( B G B l . I S. 1490) in der jeweils geltenden Fassung. § 3 Informationsrecht (1) Jeder Mensch hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 genannten öffentlichen Stellen nach seiner Wahl ein Recht auf Einsicht in oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten. Die Rechte nach Satz 1 können auch von juristischen Personen geltend gemacht werden.

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

(2) Akten im Sinne dieses Gesetzes sind alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise festgehaltenen Gedankenverkörperungen und sonstige Aufzeichnungen, insbesondere Schriftstücke, Magnetbänder, Disketten, Filme, Fotos, Tonbänder, Pläne, Diagramme, Bilder und Karten, soweit sie amtlichen Zwecken dienen. (3) Weitergehende Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. § 4 Umfang der Informationsfreiheit Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist in dem beantragten Umfang zu gewähren, es sei denn, eine der in Abschnitt 2 geregelten Ausnahmen findet Anwendung.

Abschnitt 2: Einschränkungen

des Informationsrechts

§ 5 Amtsverschwiegenheit M i t der Entscheidung, Akteneinsicht oder Aktenauskunft zu erteilen, ist die Genehmigung nach § 26 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes zu verbinden. Sie darf nur in den Fällen des § 11 versagt werden. § 6 Schutz personenbezogener Daten (1) Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht nicht, soweit durch die Akteneinsicht oder Aktenauskunft personenbezogene Daten veröffentlicht werden und tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass überwiegend Privatinteressen verfolgt werden oder der Offenbarung schutzwürdige Belange der Betroffenen entgegenstehen und das Informationsinteresse (§ 1) das Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung nicht überwiegt. (2) Der Offenbarung personenbezogener Daten stehen schutzwürdige Belange der Betroffenen in der Regel nicht entgegen, wenn die Betroffenen zustimmen oder soweit sich aus einer Akte 1. ergibt, dass a) die Betroffenen an einem Verwaltungsverfahren oder einem sonstigen Verfahren beteiligt sind, b) eine gesetzlich oder behördlich vorgeschriebene Erklärung abgegeben oder eine Anzeige, Anmeldung, Auskunft oder vergleichbare Mitteilung durch die Betroffenen gegenüber einer Behörde erfolgt ist, c) gegenüber den Betroffenen überwachende oder vergleichbare Verwaltungstätigkeiten erfolgt sind, d) die Betroffenen Eigentümer, Pächter, Mieter oder Inhaber eines vergleichbaren Rechts sind,

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die Betroffenen als Gutachter, sachverständige Personen oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme abgeben haben, und durch diese Angaben mit Ausnahme von -

Namen,

- Titel, akademischem Grad, -

Geburtsdatum,

- Beruf, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung, - innerbetrieblicher Funktionsbezeichnung, -

Anschrift,

-

Rufnummer

nicht zugleich weitere personenbezogene Daten offenbart werden; 2. die Mitwirkung eines bestimmten Amtsträgers oder einer bestimmten Amtsträgerin an Verwaltungsvorgängen, dessen oder deren Name, Titel, akademischer Grad, Beruf, innerdienstliche Funktionsbezeichnung, dienstliche Anschrift und Rufnummer ergeben. Satz 1 gilt auch, wenn die Betroffenen im Rahmen eines Arbeits- oder Anstellungsverhältnisses oder als Vertreter oder Vertreterin oder Organ einer juristischen Person an einem Verwaltungsverfahren beteiligt sind, die Mitteilungen machen oder die Verwaltungstätigkeit ihnen gegenüber in einer solchen Eigenschaft erfolgt. § 7 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht nicht, soweit dadurch ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird oder den Betroffenen durch die Offenbarung ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen kann, es sei denn, das Informationsinteresse überwiegt das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung. Gegenüber der Offenbarung tatsächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafbaren Handlung können sich die Betroffenen und die öffentliche Stelle nicht auf Satz 1 berufen. § 8 Angaben über Gesundheitsgefährdungen Der Offenbarung von personenbezogenen Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch Akteneinsicht oder Aktenauskunft stehen schutzwürdige Belange der Betroffenen nach § 6 Abs. 1 und § 7 in der Regel nicht entgegen, soweit diese Angaben i m Zusammenhang mit Angaben über Gesundheitsgefährdungen sowie im Zusammenhang mit den von den Betroffenen dagegen eingesetzten Schutzvorkehrungen stehen.

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§ 9 Schutz der Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung (1) Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht nicht, soweit und solange durch das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts der Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnahmen, insbesondere von Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahmen, ordnungsbehördlichen Anordnungen und Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung vereitelt wird oder ein vorzeitiges Bekanntwerden des Akteninhalts nach der besonderen Art der Verwaltungstätigkeit mit einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung unvereinbar ist. Das Gleiche gilt, soweit und solange durch das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts der Erfolg eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit gefährdet werden kann. (2) Die öffentliche Stelle kann die Akteneinsicht oder Aktenauskunft unter Berufung auf Absatz 1 nur für die Dauer von drei Monaten verweigern. Die Entscheidung ist entsprechend zu befristen. Nach Ablauf der Frist hat die öffentliche Stelle auf Antrag erneut zu entscheiden. Eine weitere Vorenthaltung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 weiterhin vorliegen. § 10 Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses (1) Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht bis zum Abschluss eines Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie für Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Dies gilt nicht für die Ergebnisse von abgeschlossenen Verfahrenshandlungen eines Verwaltungsverfahrens, die für die Entscheidung verbindlich sind. Hierzu gehören insbesondere Ergebnisse von Beweiserhebungen sowie bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsverfahren verbindliche Stellungnahmen anderer Behörden. (2) Die Akten zur Vorbereitung und Durchführung der Bauleitplanung sind einsehbar, sobald der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, gefasst ist. Für die Akten der Landschaftsplanung sowie für die Akten zur Aufstellung der in § 17 genannten Pläne gilt Satz 1 entsprechend. Die Akten zur Durchführung von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen sind einsehbar, sobald der Beginn der vorbereitenden Untersuchung beschlossen worden ist. (3) Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht nicht, soweit sich Akten auf die Beratung des Senats und der Bezirksämter sowie deren Vorbereitung beziehen, soweit durch das Bekanntwerden des Akteninhalts Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfallen, ohne deren Zustimmung offenbart werden. (4) Die Akteneinsicht oder Aktenauskunft soll versagt werden, wenn sich der Inhalt der Akten auf den Prozess der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden bezieht.

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§ 11 Gefährdung des Gemeinwohls Außer in den Fällen der §§ 5 bis 10 darf die Akteneinsicht oder Aktenauskunft nur versagt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohls führen würde. § 12 Beschränkte Akteneinsicht oder Aktenauskunft Soweit die Voraussetzungen für Einschränkungen der Informationsfreiheit nach den §§ 5 bis 11 nur bezüglich eines Teils einer Akte vorliegen, besteht ein Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft hinsichtlich der anderen Aktenteile. Wird Akteneinsicht beantragt, so sind die geheimhaltungsbedürftigen Aktenteile unkenntlich zu machen oder abzutrennen; die Abtrennung kann auch durch Ablichtung der nicht geheimhaltungsbedürftigen Aktenteile erfolgen. Art und Umfang der Abtrennung oder Unkenntlichmachung sind in der Akte zu vermerken.

Abschnitt 3: Verfahren § 13 Antragstellung, Durchführung der Akteneinsicht und Aktenauskunft (1) Der Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist mündlich oder schriftlich bei der öffentlichen Stelle zu stellen, die die Akten führt. I m Antrag soll die betreffende Akte bezeichnet werden. Sofern dem Antragsteller oder der Antragstellerin Angaben zur hinreichenden Bestimmung einer Akte fehlen, ist er oder sie durch die öffentliche Stelle zu beraten und zu unterstützen. Wird ein Antrag schriftlich bei einer unzuständigen öffentlichen Stelle gestellt, so ist diese verpflichtet, den Antrag unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Antragsteller oder die Antragstellerin entsprechend zu unterrichten. (2) Die Akteneinsicht erfolgt bei der öffentlichen Stelle, die die Akten führt. Die öffentliche Stelle ist verpflichtet, dem Antragsteller oder der Antragstellerin ausreichende räumliche und sachliche Möglichkeiten zur Durchführung der Akteneinsicht zur Verfügung zu stellen. (3) Aktenauskunft kann mündlich oder schriftlich erteilt werden. (4) Bei Gewährung von Akteneinsicht und Aktenauskunft ist dem Antragsteller oder der Antragstellerin die Anfertigung von Notizen gestattet. (5) A u f Verlangen sind dem Antragsteller oder der Antragstellerin Ablichtungen der Akten oder von Teilen derselben anzufertigen und zur Verfügung zu stellen. Soweit der Überlassung von Ablichtungen Urheberrechte entgegenstehen, ist von der öffentlichen Stelle die Einwilligung der Berechtigten einzuholen. Verweigern die Berechtigten die Einwilligung, so besteht kein Anspruch nach Satz 1. Das Recht auf Akteneinsicht und Aktenauskunft bleibt davon unberührt.

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(6) Sofern die Einsicht von Daten begehrt wird, die auf Magnetbändern oder anderen Datenträgern der automatischen Datenverarbeitung gespeichert sind, ist dem Antragsteller oder der Antragstellerin ein lesbarer Ausdruck und auf Antrag eine elektronische Kopie zu überlassen. (7) Die Veröffentlichung, Speicherung oder Sammlung von durch Akteneinsichten oder Aktenauskünfte erhaltenen Informationen zu gewerblichen Zwecken ist nicht zulässig. § 14 Entscheidung, Anhörung der Betroffenen (1) Uber einen Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist unverzüglich zu entscheiden. Der Entscheidung hat eine Prüfung des Antrags auf Zulässigkeit und Umfang der Akteneinsicht oder Aktenauskunft nach den Vorschriften dieses Gesetzes vorauszugehen. Ergibt die Prüfung, dass dem Antrag stattgegeben werden kann und Rechte Betroffener nicht berührt sind, so soll bei mündlicher Antragstellung Akteneinsicht oder Aktenauskunft sofort gewährt werden. Bei schriftlicher Antragstellung ist dem Antragsteller oder der Antragstellerin die Entscheidung mitzuteilen und darauf hinzuweisen, dass die Akteneinsicht oder Aktenauskunft innerhalb der allgemeinen Sprechzeiten oder der allgemeinen Dienstzeiten gewährt wird. Wird durch die sofortige Gewährung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft i m Einzelfall die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgabe der öffentlichen Stelle beeinträchtigt, so kann ein späterer Termin bestimmt werden. (2) Kommt die öffentliche Stelle bei der Prüfung eines Antrags auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft zu der Auffassung, dass der Offenbarung von personenbezogenen Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen keine schutzwürdigen Belange Betroffener entgegenstehen oder dass der Gewährung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft zwar schutzwürdige Belange Betroffener entgegenstehen, das Informationsinteresse aber das Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt, so hat sie den Betroffenen unter Hinweis auf Gegenstand und Rechtsgrundlage der Erteilung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft Gelegenheit zu geben, sich innerhalb von zwei Wochen zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Entscheidung ist auch den Betroffenen bekannt zu geben. Uber den Antrag ist unverzüglich nach Ablauf der Außerungsfrist zu entscheiden. Die Akteneinsicht oder Aktenauskunft darf erst nach Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung gegenüber den Betroffenen oder zwei Wochen nach Anordnung der sofortigen Vollziehung, die auch den Betroffenen bekannt zu geben ist, erteilt werden. Gegen die Entscheidung können die Betroffenen Widerspruch einlegen. (3) Gegen eine Entscheidung, durch die ein Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft ganz oder teilweise zurückgewiesen wird, ist der Widerspruch nach den § § 6 8 ff. der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann zulässig, wenn die Entscheidung von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist.

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§ 15 Begründungspflicht, Bescheidungsfrist (1) Die Verweigerung oder Beschränkung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist schriftlich zu begründen. Ist der Antrag mündlich gestellt worden, so gilt dies nur auf ausdrückliches Verlangen des Antragstellers oder der Antragstellerin. (2) In der Begründung hat die öffentliche Stelle, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Angaben möglich ist, den Antragsteller oder die Antragstellerin über den Inhalt der vorenthaltenen Akten zu informieren. (3) Im Falle der vollständigen Verweigerung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft hat die Behörde auch zu begründen, weshalb keine beschränkte Akteneinsicht oder Aktenauskunft nach § 12 erteilt werden kann. (4) Lehnt die öffentliche Stelle die Akteneinsicht unter Berufung auf § 9 oder § 10 ab, so hat sie dem Antragsteller oder der Antragstellerin mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt eine Einsichtnahme voraussichtlich erfolgen kann. (5) W i l l die öffentliche Stelle den Antrag zurückweisen, so ist der Antragsteller oder die Antragstellerin innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung nach Absatz 1 zu bescheiden. § 16 Kosten Die Akteneinsicht oder Aktenauskunft und das Widerspruchsverfahren sind gebührenpflichtig. Das Gesetz über Gebühren und Beiträge vom 22. Mai 1957 (GVB1. S. 516) gilt in der jeweils geltenden Fassung entsprechend. § 17 Veröffentlichungspflichten, Aktenverzeichnisse (1) Emissionskataster (§ 46 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes), Luftreinhaltepläne (§ 47 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes), Abfallwirtschaftspläne (§ 29 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes), Abwasserbeseitigungspläne (§ 18a Abs. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes), wasserwirtschaftliche Rahmenpläne (§ 36 des Wasserhaushaltsgesetzes), Wasserbewirtschaftungspläne (§ 36b des Wasserhaushaltsgesetzes), forstliche Rahmenpläne (§ 9 Abs. 1 des Landeswaldgesetzes) und vergleichbare Pläne sind zu veröffentlichen; Wasserbücher (§ 37 des Wasserhaushaltsgesetzes) sind allgemein zugänglich zu machen. (2) Die Ergebnisse von Messungen, Beobachtungen und sonstigen Erhebungen über schädliche Umwelteinwirkungen, Umweltgefährdungen sowie über den Zustand der Umwelt, die von einer Behörde außerhalb ihrer Überwachungstätigkeit im Einzelfall durchgeführt werden, sind allgemein zugänglich zu machen. (3) A u f Bundesrecht beruhende Geheimhaltungspflichten bleiben unberührt. (4) Jede öffentliche Stelle hat Verzeichnisse zu führen, die geeignet sind, die Aktenordnung und den Aktenbestand sowie den Zweck der geführten Akten erkennen zu lassen. Jede öffentliche Stelle hat Register, Aktenpläne, Aktenordnungen,

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Aktenverzeichnisse, Einsenderverzeichnisse, Tagebücher und Verzeichnisse im Sinne von Satz 1 allgemein zugänglich zu machen. § 18 Beauftragter für das Recht auf Akteneinsicht (1) Zur Wahrung des Rechts auf Akteneinsicht und Informationszugang wird ein Beauftragter für das Recht auf Akteneinsicht bestellt. Diese Aufgabe wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten wahrgenommen. Die Wahl und die Rechtsstellung des Beauftragten für das Recht auf Akteneinsicht richten sich nach den § § 2 1 und 22 des Berliner Datenschutzgesetzes. Der Beauftragte führt die Amts- und Funktionsbezeichnung „Berliner Beauftragter für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht" in männlicher oder weiblicher Form. (2) Jeder Mensch hat das Recht, den Beauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht anzurufen. In diesem Fall hat der Beauftragte die Befugnisse der § § 2 4 und 25 des Berliner Datenschutzgesetzes. (3) Der Beauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht berichtet dem Abgeordnetenhaus entsprechend § 29 des Berliner Datenschutzgesetzes.

Abschnitt 4: Schlussvorschriften § 19 Änderung des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung Das Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung vom 8. Dezember 1976 (GVB1. S. 2735, 2898), zuletzt geändert durch Artikel I des Gesetzes vom 19. Juni 1997 (GVB1. S. 320), wird wie folgt geändert: 1. § 2a Abs. 3 wird aufgehoben. 2. Es wird folgender § 4a eingefügt: „§ 4a Akteneinsicht durch Beteiligte (1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten. Bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens gilt Satz 1 nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie für die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. (2) Die Regelungen der §§ 5 bis 12 des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes vom 15. Oktober 1999 (GVB1. S. 561) gelten entsprechend. (3) Die Akteneinsicht erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt. (4) Für Nichtbeteiligte gilt das Berliner Informationsfreiheitsgesetz. (5) § 72 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Regelungen des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes uneingeschränkt auch i m Planfeststellungsverfahren gelten."

Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin

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§ 20 Änderung des Berliner Pressegesetzes In § 4 des Berliner Pressegesetzes vom 15. Juni 1965 (GVB1. S. 744), das zuletzt durch Gesetz vom 6. April 1995 (GVB1. S. 240) geändert worden ist, wird folgender Absatz 5 angefügt: „(5) Die Vorschriften des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes vom 15. Oktober 1999 (GVB1. S. 561) bleiben unberührt." § 21 Änderung des Archivgesetzes des Landes Berlin In § 4 des Archivgesetzes des Landes Berlin vom 29. November 1993 (GVB1. S. 576) wird folgender Absatz la eingefügt: „(la) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind Bauakten in der Regel 90 Jahre nach ihrer Entstehung auszusondern und unverändert anzubieten." § 22 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 13 Abs. 7 die durch Akteneinsichten oder Aktenauskünfte erhaltenen Informationen zu gewerblichen Zwecken veröffentlicht, speichert oder sammelt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10 000 Deutsche Mark geahndet werden. § 2 3 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung i m Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

16 Informationsfreiheitsgesetz

Erste Hinweise zur Anwendung des Gesetzes zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin der Berliner Senatsverwaltung für Inneres Der gesetzlich geregelte Informationsanspruch und die in dem Gesetz vorgesehenen Verfahren s Vorschriften für die Bearbeitung von Anträgen auf Akteneinsicht oder -auskunft bedeuten für die Berliner Verwaltung eine erhebliche Neuerung. M i t diesen Hinweisen soll eine möglichst reibungslose Durchführung des Gesetzes nach seinem Inkrafttreten sichergestellt werden. Die Anwendungspraxis dürfte allerdings eine Reihe von hier nicht angesprochenen Problemen aufwerfen. In einer Umfrage, die ca. ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen wird, können die Dienststellen solche Probleme benennen und über erste Anwendungserfahrungen berichten. Die Hinweise werden dann entsprechend ergänzt werden. Soweit hinsichtlich des Gesetzes inhaltlicher Änderungsbedarf besteht, beabsichtigt der Senat, eine Gesetzesänderung zu beantragen. I m Rahmen der Umfrage soll auch eine Statistik erstellt werden, wie viele Anträge gestellt und wie diese beschieden wurden. Die Hinweise sind nicht in jedem Fall als abschließend anzusehen. Es können aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls, besonderer Notwendigkeiten aus dem betroffenen Rechtsgebiet der Akten oder Erfahrungen bei der Umsetzung des Gesetzes Abweichungen in der Anwendung bzw. Verfahrensweise notwendig werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzentwurf nicht mit einer umfassenden Begründung versehen war und dass während des parlamentarischen Verfahrens nur wenige Einzelregelungen differenziert erörtert wurden. Problematisch ist insbesondere die Konkurrenz zu anderen Vorschriften sowie die Beachtung datenschutzrechtlicher Belange Dritter.

1. Geltungsbereich Der Informationsanspruch steht nach § 3 Abs. 1 allen Personen zu, so dass es auf eine besondere Rechtsstellung (ζ. B. Deutscher oder Wohnsitz i m Land Berlin) nicht ankommt. Der Informationsanspruch besteht nach § 2 Abs. 1 umfassend gegenüber allen Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes Berlin, ζ. B. also auch den städtischen Krankenhausbetrieben, den Betrieben nach § 26 L H O sowie allen

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bezirklichen Einrichtungen. Der Anspruch besteht auch gegenüber den landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (ζ. B. B V G ) sowie ferner gegenüber Privaten, die mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse betraut sind (Beliehene). Bei Beliehenen ist das IFG jedoch nur für solche Akten anwendbar, die die hoheitlichen Aufgaben betreffen. Privatrechtliche Gesellschaften, die nicht mit hoheitliche Aufgaben betraut sind, fallen nicht unter das IFG, auch wenn das Land Berlin an ihnen beteiligt bzw. sogar Alleingesellschafter ist. Für Gerichte und die Staatsanwaltschaft gilt das Gesetz nur, soweit diese Verwaltungsaufgaben erledigen. Das IFG gilt grundsätzlich für alle von den öffentlichen Stellen geführten Akten und somit also für alle von ihnen betriebenen Verfahren und Vorgänge. Es kommt also nicht darauf an, dass es sich um ein Verwaltungsverfahren nach § 9 V w V f G handelt, Ausnahmen ergeben sich jedoch aus Gründen der Konkurrenz mit anderen Vorschriften (s. unten 2.). Soweit eine der o.g. Stellen, ζ. B. eine öffentlich-rechtliche Anstalt, fiskalisch handelt und ggf. am Wettbewerb teilnimmt, schließt sie dies nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes aus. Ggf. müssen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse durch eine Ablehnung von Anträgen nach § 7 geschützt werden. Soweit eine Behörde oder Verwaltungseinrichtung auch für andere Bundesländer zuständig ist, ist der Informationsanspruch auf diejenigen Akten beschränkt, die sich ausschließlich auf das Land Berlin beziehen (vgl. unten Nr. 7d).

2. Konkurrenz mit anderen Vorschriften Für die Akteneinsicht durch Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 9 V w V f G (ζ. B. Einblick in die Akte eines den Antragsteller betreffenden Verfahrens, welches auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet ist) gilt nach § 18 des Gesetzes statt des bisherigen § 29 V w V f G der neu eingefügte § 4a des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung (VwVfGBln), wobei jedoch i m Wesentlichen auf das IFG verwiesen wird. Das IFG bezieht sich insofern auf solche Fälle, in denen nicht unmittelbar an einem Verwaltungsverfahren Beteiligte einen Informationsanspruch geltend machen (vgl. § 4a Abs. 4 V w V f G B l n ) oder die Akten sich nicht auf ein Verwaltungsverfahren i m Sinne des V w V f G beziehen. Landesrechtlich speziell geregelte Einsichts- oder Auskunftsrechte (ζ. B. nach dem Archivgesetz, § 17 Abs. 2 BezVG, § § 5 6 ff. L B G für Personalakten) gehen als spezialgesetzliche Regelungen dem allgemeinen Informationsanspruch nach dem IFG vor. Für die Presse gilt § 4 PresseG, nach dem neuen § 4 Abs. 5 PresseG aber auch das IFG. Für eigene personenbezogene Daten sehen § 16 Berliner Daten16*

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Schutzgesetz und andere Gesetze (z. B. § 50 ASOG) besondere Auskunftsrechte vor. Bundesrechtliche Regelungen gehen dem Informationsanspruch nach dem IFG ebenfalls vor, sind also in einem Bundesgesetz Akteneinsichtsrechte geregelt oder steht Bundesrecht einer Einsichtnahme oder Auskunft entgegen, gehen diese Regelungen vor (ζ. B. Umweltinformationsgesetz, vgl. § 2 Abs. 2; § 147 StPO, Vergaberecht). Dies betrifft auch Register wie das Handelsregister, das Grundbuch oder das Schuldnerverzeichnis, die bundesrechtlichen Regelungen unterliegen. Bundesrechtlich oder spezialgesetzlich geregelte Amts- oder Berufsgeheimnisse (ζ. B. Steuergeheimnis, ärztliche Schweigepflicht, Statistikgeheimnis, Sozialgeheimnis) bleiben unberührt (vgl. § 17 Abs. 3). Das IFG kommt im übrigen insbesondere mit seinen Verfahrensvorschriften nur dann zum Zuge, wenn ein „aktenbezogener Auskunftsanspruch 4 ' gestellt wird. Allgemein oder nur hinsichtlich konkreter Einzelfragen geäußerte Bitten um Auskunft, Information oder Beantwortung können wie bisher ggf. mündlich erfüllt werden bzw. ζ. B. durch Übersendung von Informationsmaterial.

3. Akten und Aktenführung Akten i m Sinne des IFG sind nach § 3 Abs. 2 nicht nur schriftliche Unterlagen, sondern auch elektronische, optische, akustische oder auf andere Weise festgehaltene Gedankenverkörperungen und sonstige Aufzeichnungen, insbesondere auch Magnetbänder, Disketten, Filme, Fotos, Tonbänder, Pläne, Diagramme, Bilder und Karten. Sie müssen jeweils einem amtlichen Zweck dienen. Entwürfe oder Notizen, die nicht dazu bestimmt sind, einem Vorgang zuzugehören, fallen nicht unter den Begriff der Akte. Nach § 17 Abs. 4 hat jede öffentliche Stelle Verzeichnisse zu führen, die geeignet sind die Aktenordnung und den Aktenbestand sowie den Zweck der geführten Akten erkennen zu lassen. Entsprechende Register, Pläne und Verzeichnisse sind allgemein zugänglich zu machen, das heißt zumindest nach Aufforderung vorzulegen. Soweit für die Aktenführung- und -Ordnung keine Regelungen bestehen, obliegt es den öffentlichen Stellen, durch Organisationsverfügungen entsprechende Regelungen zu treffen, damit den Anforderungen nach § 17 Abs. 4 Genüge getan wird. Beinhalten solche Verzeichnisse, ζ. B. bei Prozessregistern, personenbezogene Daten, kann dies einer Zugänglichmachung entgegenstehen. Nach § 1 des Gesetzes ist auch, wenn der Allgemeinheit Informationen zugänglich gemacht werden sollen, der Schutz personenbezogene Daten zu wahren. Insofern muss § 17 Abs. 4 im Lichte des Grundrechtes auf Datenschutz ausgelegt und angewandt werden. Aller-

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dings sollte ggf. geprüft werden, ob Verzeichnisse überhaupt personenbezogene Daten enthalten müssen. Hinsichtlich personenbezogener Daten von Mitarbeitern in solchen Verzeichnissen (ζ. B. Zuständigkeit von Bediensteten, Telefon Verzeichnis) ist § 2 Informationsverarbeitungsgesetz (IVG) einschlägig.

4. Der Antrag Der Informationsanspruch kann nach § 3 Abs. 1 nach freier Wahl durch Einsicht in die Akten oder Auskunft über den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten geltend gemacht werden. Der Antrag auf Akteneinsicht oder -auskunft kann nach § 13 Abs. 1 sowohl schriftlich (ζ. B. auch durch Telefax oder E-Mail) als auch mündlich, mithin also auch telefonisch gestellt werden. § 14 Abs. 1 Satz 2 spricht von einer Prüfung des Antrages auf dessen Zulässigkeit nach den Vorschriften des Gesetzes. Auch wenn insgesamt keine besonderen Anforderungen an eine Begründung der Anträge gestellt werden dürfen, muss sich somit mindestens aus dem Zusammenhang ergeben, dass mit dem Antrag tatsächlich der Zweck des Gesetzes, nämlich die Förderung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung oder die Ermöglichung der Kontrolle des staatlichen Handelns ( § 1 ) verfolgt wird. Ferner ist in § 6 Abs. 1 eine Ablehnung von Anträgen aus Gründen des Datenschutzes vorgesehen, wenn lediglich Privatinteressen verfolgt werden. Darüber hinaus ist in §§ 6 Abs. 1 und 7 eine Ablehnung von Anträgen vorgesehen, wenn eine Abwägung zu dem Ergebnis führt, dass das Informationsinteresse nach § 1 hinter dem schutzwürdigen Interesse von Betroffenen (Datenschutzinteresse, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) zurückzustehen hat (s. hierzu 7.g.). Die Verfolgung von Privatinteressen kann nur geprüft werden, wenn der Antragsteller sein Informationsinteresse näher begründet. Ebenso kann eine Abwägung nur erfolgen, wenn der Antragsteller sein Interesse näher dargestellt hat. Insgesamt kann also je nach Lage des Einzelfalls eine Begründung des Antrages verlangt werden. Ferner soll die betreffende Akte in dem Antrag bezeichnet werden, wobei die öffentliche Stelle den Antragsteller ζ. B. durch Hinweis auf die Verzeichnisse nach § 17 Abs. 4 beraten und unterstützen muss. Wird der Antrag bei einer unzuständigen öffentlichen Stelle gestellt, so ist diese verpflichtet, den Antrag unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Antragsteller entsprechend zu unterrichten. In jeder öffentlichen Stelle sollte ggf. durch OrganisationsVerfügung (Geschäftsanweisung) der jeweiligen Behördenleitung festgelegt werden, wer für die Bearbeitung der Anträge zuständig ist und in welchen Fällen Vorgesetzte bzw. die Behördenleitung vor einer Entscheidung einzuschalten sind. Einerseits kann für die Antragsbearbeitung die Zuständigkeit der Organisationseinheit begründet werden,

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die die betroffene Akte führt. Die Senatsverwaltungen für Justiz sowie für Wissenschaft, Forschung und Kultur haben aber ζ. B. empfohlen, im Interesse einer sachgerechten Handhabung und wegen des Bedürfnisses, Erfahrungen in der Anwendung des Gesetzes zu erlangen, die Zuständigkeit in einer Organisationseinheit zu konzentrieren, ggf. sogar in der Nähe der Hausleitung. Die Notwendigkeit einer Zuständigkeitsbestimmung betrifft auch die Führung und Zugänglichmachung der Aktenverzeichnisse. Wird eine Akte von mehreren Stellen geführt, haben sich diese über die Federführung zu verständigen. Ist eine Akte einer anderen öffentlichen Stelle übersandt worden und wird bei dieser Behörde ein Antrag gestellt, darf eine Entscheidung nur unter Beteiligung beider öffentlichen Stellen getroffen werden. Steht einer Akteneinsicht oder -auskunft die Amtsverschwiegenheit nach § 26 L B G entgegen, ist nach § 5 von der Dienstbehörde (ggf. Behördenleitung oder die von ihr bestimmte Stelle) die Genehmigung nach § 26 Abs. 2 L B G zu erteilen, es sei denn, es stehen Gründe nach § 11 (Gefährdung des Gemeinwohls, vgl. § 27 LBG) entgegen. Der betroffene Mitarbeiter muss in diesen Fällen vor einer positiven Entscheidung über einen Antrag diese Genehmigung einholen. Für Angestellte gelten die entsprechenden Verschwiegenheitsregelungen nach § 9 B A T / B A T - 0 .

5. Auskunft Wird Aktenauskunft begehrt, wird diese entweder mündlich (also auch telefonisch) oder schriftlich erteilt (§ 13 Abs. 3). Die Auskunft erfolgt durch die Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes der von dem Auskunftsanspruch betroffenen Akte. 6. Einsicht Die Akteneinsicht erfolgt bei der öffentlichen Stelle, welche die Akten führt. Eine Ubersendung von Originalakten sieht das IFG nicht vor. Es sind nach § 13 Abs. 2 ausreichende räumliche und sachliche Möglichkeiten zur Durchführung der Akteneinsicht zur Verfügung zu stellen. Wie die öffentliche Stelle dieser Verpflichtung nachkommt, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass die Einsichtnahme in zumutbarer Weise erfolgen kann und durch die Einsichtnahme der Dienstbetrieb nicht gestört werden soll. Insofern kann zumindest von Fall zu Fall die Notwendigkeit bestehen, einen gesonderten Raum zur Verfügung zu stellen. Es besteht allerdings kein Anspruch des Antragstellers, die Einsichtnahme ohne Aufsicht durchzuführen. A u f Verlangen sind dem Antragsteller Ablichtungen der Akten bzw. von Teilen anzufertigen und zur Verfügung zu stellen (§ 13 Abs. 5). Insofern kann ein Anspruch auf Akteneinsicht auch so gestaltet sein, dass lediglich Ablichtungen der

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betreffenden Akten verlangt werden. Urheberrechte sind zu beachten. Bei Datenträgern der automatischen Datenverarbeitung ist dem Antragsteller auf Antrag ein lesbarer Ausdruck und eine elektronische Kopie zu überlassen (§ 13 Abs. 6, ggf. auch Übersendung durch E-Mail).

7. Ablehnung einer Auskunft oder Einsicht Ein Antrag darf nur abgelehnt werden, wenn ein besonderer Grund nach den §§ 5 bis 11 vorliegt. Anderenfalls ist dem Antrag stattzugeben. Wenn Ablehnungsgründe nur Teile einer Akte betreffen, besteht nach § 12 ein Recht auf Einsicht oder Auskunft für die anderen Aktenteile. Für eine Akteneinsicht sind ggf. die betroffenen Aktenteile unkenntlich zu machen oder abzutrennen. Eine Abtrennung kann auch durch Ablichtung der nicht geheimhaltungsbedürftigen Aktenteile erfolgen ggf. unter Schwärzung personenbezogener Daten. Abgesehen von der Regelung in § 10 Abs. 4, nach der eine Akteneinsicht oder -auskunft versagt werden soll und damit regelmäßig erfolgen muss (vgl. unten e.), muss bei Vorliegen eines Ablehnungsgrundes nicht zwingend eine Ablehnung des Antrages erfolgen. Die gesetzliche Regelung der Ablehnungsgründe sieht jeweils vor, dass bei Vorliegen des Ablehnungsgrundes das Recht auf Akteneinsicht oder -auskunft und damit der Informationsanspruch nach § 3 Abs. 1 nicht besteht. Dies schließt nicht aus, dass die öffentliche Stelle i m Rahmen ihres allgemeinen Verwaltungsermessens dem Antrag doch stattgibt. Dies gilt allerdings nicht in den Fällen des § 6 Abs. 1 sowie § 7 in denen wegen der vorgeschriebenen Abwägung bereits eine Ermessensentscheidung zum Vorliegen eines Ablehnungsgrundes geführt hat.

a) Schutz der Rechtsdurchsetzung und der Strafverfolgung (§ 9) Das Informationsrecht besteht nach § 9 nicht, wenn das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts die Rechtsdurchsetzung, Strafverfolgung, Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder den Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnahmen (ζ. B. ordnungsbehördliche oder polizeiliche Maßnahmen, Vollstreckungsmaßnahmen) gefährdet. Dies gilt auch für Fälle, in denen nach der besonderen Art der Verwaltungstätigkeit ein Bekanntwerden des Akteninhalts mit einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung unvereinbar ist. Unter diese Regelung fallen ζ. B. Prozessakten in Streitigkeiten mit Bürgern, bei denen sich das Land Berlin und der Bürger auf der Ebene der Gleichrangigkeit gegenüberstehen (ζ. B. zivilrechtliche Streitigkeiten), oder Prozessakten in Streitigkeiten mit Mitarbeitern. § 9 Abs. 2 sieht vor, dass die Ablehnung aus den Gründen des Absatzes 1 nur für die Dauer von drei Monaten verweigert werden kann. A u f Antrag ist danach erneut zu entscheiden.

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b) Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses bei laufenden Verfahren (§ 10 Abs. 1 u. 2) Das Informationsrecht besteht nach § 10 Abs. 1 bis zum Abschluss eines Verwaltungsverfahrens nicht, wenn sie sich auf Entwürfe zu Entscheidungen oder Arbeiten zur unmittelbaren Vorbereitung von Entscheidungen im Rahmen des laufenden Verwaltungsverfahrens beziehen. Nicht abgeschlossene Schriftstücke oder Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung sollen der Akteneinsicht bzw. -auskunft nicht unterliegen, da erst das abgeschlossene Schriftstück (ζ. B. ein ordnungsgemäß gebilligter und unterschriebener Bescheid bzw. die zu Grunde liegende Verfügung) den Willen der Behörde ausdrückt. „Verwaltungsverfahren 4 ' ist hier weit auszulegen und umfasst nicht nur solche, die dem Anwendungsbereich des V w V f G unterliegen (§ 9 V w V f G ) , sondern auch sonstige Verwaltungsverfahren, die nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages ausgerichtet sind (ζ. B. Verfahren zur Aufstellung einer Finanzplanung oder für eine Entscheidung im fiskalischen Aufgabenbereich, Erstellung von Verwaltungsvorschriften). In noch laufenden Verwaltungsverfahren, die dem V w V f G unterliegen, können mithin Anträge von am Verwaltungsverfahren Beteiligten nach § 4 a Abs. 1 V w V f G B l n abgelehnt werden. Für Anträge von Nichtbeteiligten oder in Verwaltungsverfahren, die nicht dem V w V f G unterliegen, greift § 10 Abs. 1. Der Ablehnungsgrund nach § 10 Abs. 1 gilt auch bei laufenden Verfahren nicht für Ergebnisse von abgeschlossenen Verfahrenshandlungen, die für die Entscheidung verbindlich sind. Dies betrifft ζ. B. einzelne abgeschlossene Beweiserhebungen oder verbindliche Stellungnahmen anderer Behörden ζ. B. bei mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakten. Für die Vorbereitung und Durchführung der Bauleitplanung, sonstiger Pläne sowie von städtestädtebaulichen Sanierungsmaßnahmen gilt § 10 Abs. 2.

c) Schutz des Beratungsgeheimnisses des Senats und der Bezirksämter sowie des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung (§ 10 Abs. 3 Nr. 1) Das Informationsrecht besteht nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 nicht, wenn sich die betreffenden Akten auf die Beratungen des Senats oder der Bezirksämter (ζ. B. Sitzungsprotokolle) sowie deren Vorbereitungen (ζ. B. Senatsvorlagen, Sitzungsvermerke) beziehen. Hierdurch wird zum einen das Beratungsgeheimnis der Senatssitzungen sowie der Bezirksamtssitzungen geschützt. Zum anderen wird hierdurch der Kernbereich der Tätigkeit der obersten Exekutivorgane zur Sicherung der verfassungsrechtlich geschützten exekutiven Eigenverantwortung geschützt. Dies gilt i m Gegensatz zu Verwaltungsverfahren i.S. des § 10 Abs. 1 auch dann, wenn die entsprechenden Vorgänge abgeschlossen sind.

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d) Angaben und Mitteilungen von öffentlichen Stellen, die nicht dem IFG unterfallen (§ 10 Abs. 3 Nr. 2) Das Informationsrecht besteht nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 nicht, soweit Akteninhalte offenbart werden müssten, die unmittelbar oder mittelbar Angaben oder Mitteilungen öffentlicher Stellen betreffen, die nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen. Es geht hier insbesondere um Schriftstücke anderer Bundesländer oder des Bundes bzw. um Schriftstücke, die Mitteilungen anderer Bundesländer oder des Bundes enthalten. Diese öffentlichen Stellen unterliegen nicht dem Informationsanspruch nach dem IFG. Dies darf nicht durch eine Einsichtnahme bei öffentlichen Stellen des Landes Berlin unterlaufen werden. Eine Akteneinsicht oder -auskunft kommt nur dann in Betracht, wenn nach Anfrage die zuständige Stelle ihre Zustimmung erklärt hat. Es liegt i m pflichtgemäßen Ermessen der öffentlichen Stelle, ob sie die Anfrage stellt. Ggf. muss nach § 12 verfahren werden (Teileinsicht bzw. -auskunft).

e) Schutz des behördlichen Willensbildungsprozesses (§ 10 Abs. 4) Durch § 10 Abs. 4 wird zusätzlich auch der allgemeine Willensbildungsprozess innerhalb von und zwischen Behörden geschützt. Die Akteneinsicht oder -auskunft soll versagt werden, soweit sich der Inhalt der Akten auf diesen Prozess der Willensbildung bezieht. Wie auch nach Abs. 3 Nr. 1 gilt diese Vorschrift auch nach Abschluss des jeweiligen Vorgangs. Durch diese Vorschrift wird sichergestellt, dass innerhalb der Behörden und zwischen den Behörden i m Vorfeld von Entscheidungen ein offener Meinungsaustausch stattfinden kann. Diese Vorschrift bezieht sich insofern nicht wie § 10 Abs. 1 auf einzelne Verwaltungsverfahren, sondern auf Abstimmungen zwischen verschiedenen Stellen ζ. B. i m politischen, ministeriellen oder planenden Aufgabenbereich. In diesen Fällen ist eine Ablehnung wegen der „Soll-Formulierung" in der Regel vorgesehen, in Sonderfällen aber nicht zwingend. Eine trennscharfe abstrakte Abgrenzung dieser Vorschrift zu der Regelung in § 10 Abs. 1 aber auch zu § 10 Abs. 3 Nr. 1 kann nicht getroffen werden.

f) Gefährdung des Gemeinwohls (§11) Ein Antrag darf nach § 11 abgelehnt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohles führen würde. Hierunter fallen ζ. B. Informationen, bei deren Offenbarung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Bestand sowie die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen oder Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen gefährdet werden.

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g) Datenschutz (§ 6 i.V.m § 14 Abs. 2) § 6 regelt den Schutz personenbezogener Daten. Wenn der Betroffene der Akteneinsicht oder -auskunft zustimmt, stehen Gründe des Datenschutzes dem Informationsanspruch nicht entgegen. Für die Zustimmung gelten die Anforderungen nach § 6 Abs. 3 bis 5 BlnDSG. Insbesondere ist sie schriftlich zu erklären. Nach § 6 Abs. 1 besteht der Informationsanspruch von vornherein dann nicht, wenn durch die Akteneinsicht oder -auskunft personenbezogene Daten offenbart würden und der Antragsteller lediglich überwiegend Privatinteressen verfolgt. Hierunter fallen insbesondere Fälle der bloßen Neugier oder der Verfolgung ausschließlich eigener Rechtsinteressen. Dabei ist der in § 1 niedergelegte Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen. Der Informationsanspruch soll der demokratischen Meinungsund Willensbildung dienen und eine Kontrolle staatlichen Handelns ermöglichen. Allerdings müssen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sein, dass Privatinteressen verfolgt werden. Eine bloße Vermutung hierfür reicht nicht. Insofern kann aber der Antragsteller aufgefordert werden darzulegen, auf welche Informationen es ihm ankommt und worin sein Informationsinteresse besteht (vgl. oben 4.). Werden nicht nur private Interessen verfolgt, hat nach § 6 Abs. 1 eine Abwägung der schutzwürdigen Belange des von der Offenbarung personenbezogener Daten Betroffenen und dem Informationsinteresse des Antragstellers zu erfolgen. Nur wenn der Offenbarung personenbezogener Daten schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht entgegenstehen bzw. nachrangig sind, ist die Akteneinsicht oder -auskunft zu gewähren. § 6 Abs. 2 nennt einzelne Fälle, in denen in der Regel schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht einer Akteneinsicht oder -auskunft entgegenstehen. Diese Regelfälle sind wegen der Bedeutung des Grundrechtes auf Datenschutz eng auszulegen und greifen nur, wenn lediglich die in der Vorschrift genannten personenbezogenen Daten offenbart werden sollen. Letzteres ist ζ. B. nicht der Fall, wenn schon der Umstand der Beteiligung an einem bestimmten Verwaltungsverfahren für sich schutzbedürftig ist, da hieraus bestimmte Rückschlüsse gezogen werden können, die auch dem Datenschutz unterliegen. In § 8 ist ein weiterer Regelfall vorgesehen, wenn es um Angaben über Gesundheitsgefährdungen geht und der Betroffene für Schutzvorkehrungen gegen diese Gesundheitsgefährdungen verantwortlich ist (ζ. B. Betreiber einer technischen Anlage). Diese Betroffenen werden von Gesetzes wegen in der Regel nicht als schutzwürdig angesehen. Auch dieser Regelfall ist eng auszulegen und kann nicht die Offenbarung jedweder personenbezogener Daten von für Schutzvorkehrungen Verantwortlichen rechtfertigen. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 sind bestimmte personenbezogenen Daten von öffentlich Bediensteten mit dienstlichem Bezug, die sich aus einer Akte wegen der Mitwirkung am entsprechenden Verwaltungsvorgang ergeben, in der Regel nicht schutzwürdig.

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Zu beachten ist, dass nach § 14 Abs. 2 in Fällen, in denen die Behörde nach der Abwägung der Belange einen Antrag genehmigen will, eine Anhörung des Betroffenen, dessen personenbezogene Daten Gegenstand der Akteneinsicht oder -auskunft sein sollen, stattzufinden hat. Dem Betroffenen ist die Gelegenheit zu geben, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Bleibt die öffentliche Stelle bei ihrer Entscheidung, darf die Akteneinsicht oder -auskunft erst nach Eintritt der Bestandskraft der dem Betroffenen ebenfalls mitzuteilenden Entscheidung gewährt werden bzw. zwei Wochen nach Anordnung der sofortigen Vollziehung, die allerdings nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen dürfte. Der Bescheid über den Antrag auf Akteneinsicht oder -auskunft ist also neben dem Antragsteller auch einem wegen seiner personenbezogenen Daten Betroffenen bekanntzugeben und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Liegt bereits die Zustimmung des Betroffenen vor, ist eine Anhörung entbehrlich. Zu dem in § 14 Abs. 2 IFG geregelten Verfahren vertritt der Berliner Beauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht folgende Auffassung: „§ 6 Abs. 2 IFG enthält Regelbeispiele in dem Sinne, dass Einsicht bzw. Auskunft aus Akten auch dann gewährt werden kann, wenn sie die dort genannten personenbezogenen Daten enthalten. Eine Anhörung des Betroffenen ist nach § 14 Abs. 2 nur dann erforderlich, wenn sich aus besonderen Umständen ergibt, dass ausnahmsweise der Herausgabe derartiger Daten schutzwürdige Belange entgegenstehen (ζ. B. Beteiligte in besonders sensiblen Verwaltungsverfahren; Amtsträger, die ein dienstliches oder persönliches Interesse an der Geheimhaltung haben)." In Zweifelsfällen kann es angezeigt sein, den behördlichen Datenschutzbeauftragten oder den Beauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht um Stellungnahme zu bitten. Das Problem des Datenschutzes kann ggf. dadurch zu lösen sein, dass mit Einwilligung des Antragstellers die personenbezogenen Daten bei einer Aktenauskunft nicht genannt werden bzw. in Fällen des § 13 Abs. 5 Satz 1 geschwärzt werden. Besteht der Antragsteller jedoch auf die Kenntnisnahme auch der personenbezogenen Daten bzw. die Einsichtnahme in die Originalakten, muss (abgesehen vom Fall der überwiegenden Verfolgung von Privatinteressen) die oben beschriebene Abwägung stattfinden. Wenn dabei das Datenschutzinteresse überwiegt, ist der Antrag abzulehnen bzw. nach § 12 zu verfahren (Teileinsicht, Abtrennung, Unkenntlichmachung bzw. Schwärzung auf Aktenkopien oder Auskunft ohne Nennung personenbezogener Daten). Insgesamt ergibt sich somit folgendes Verfahren, wenn die Akten personenbezogene Daten enthalten: aa) Ist der Antragsteller damit einverstanden, dass die personenbezogenen Daten nicht offenbart werden? bb) Liegt die Zustimmung des Betroffenen zur Offenbarung vor ?

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cc) Werden vom Antragsteller überwiegend Privatinteressen verfolgt ? dd) Abwägung der schutzwürdigen Belange des Betroffenen mit dem Informationsinteresse des Antragstellers unter Beachtung der Regelbeispiele. ee) Wenn das Informationsinteresse nach Ansicht der öffentlichen Stelle überwiegt und der Antrag positiv beschieden werden soll, ist dem Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung binnen zwei Wochen zu geben. ff) Unverzügliche Endentscheidung unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des Betroffenen spätestens nach Ablauf der Äußerungsfrist. h) Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder Möglichkeit eines nicht unwesentlichen wirtschaftlichen Schadens (§ 7 i.V.m. § 14 Abs. 2) Hinsichtlich des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hat nach § 7 ebenfalls eine Abwägung stattzufinden. Für eine Anhörung des Betroffenen gilt dasselbe wie beim Schutz personenbezogener Daten (§ 14 Abs. 2). Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen insoweit einer Akteneinsicht oder -auskunft nicht entgegen, als es um die Offenbarung tatsächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafbaren Handlung des Betroffenen geht; bei der Anwendung dieser Ausnahme ist allerdings § 9 Abs. 1 Satz 2 zu beachten. Ferner gilt auch der Regelfall nach § 8 (s. oben). Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse können sich ζ. B. aus dem GmbHG oder dem A k t G ergeben. § 7 greift auch, wenn dem Betroffenen durch die Offenbarung von Informationen ein nicht nur unwesentlicher wirtschaftlicher Schaden droht. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass die Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse darstellen. § 7 gilt zunächst für den Fall, dass die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder der wirtschaftliche Schaden einen Dritten betreffen. Ein Dritter ist ggf. auch eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft an der das Land Berlin beteiligt ist bzw. die dem Land Berlin gehört und die selbst nicht unter den Anwendungsbereich des IFG fällt (vgl. oben 1.). Für Mitarbeiter einer öffentlichen Stelle, die eine Funktion in diesen Gesellschaften ausüben (ζ. B. Aufsichtsrat), kann zusätzlich noch eine besondere Geheimhaltungsverpflichtung (z. B. § 116 i.V.m. § 93 AktG) bestehen, so dass eine Akteneinsicht oder -auskunft in bzw. über entsprechende Akten schon aus Gründen der spezialgesetzlichen Regelung abgelehnt werden muss (s. oben 2, bundesrechtliche oder spezialgesetzlich geregelte Amts- oder Berufsgeheimnisse bleiben unberührt). Die Vorschrift ist aber auch anwendbar, wenn es um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse bzw. einen nicht nur unwesentlichen wirtschaftlichen Schaden der öffentlichen Stelle selbst geht, soweit diese über Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse verfügt, weil sie am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (ζ. B. fiskalisch handelnde

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öffentlich-rechtlich Anstalten). Insoweit ist die Vorschrift im Einzelfall ζ. B. für öffentliche Stellen anwendbar, die fiskalisch handeln.

8. Bescheid Schriftliche Anträge sind in der Regel schriftlich zu bescheiden. Bei mündlichen Anträgen ist eine schriftliche Bescheidung abgesehen von der Frage der Gebührenerhebung (s. unten 9.) nicht zwingend erforderlich, wenn der Antrag sofort abgelehnt wird und der Antragsteller nicht auf eine schriftliche Begründung besteht oder wenn die Akteneinsicht oder -auskunft sofort erfolgen kann. Nach § 15 Abs. 5 muss eine ablehnende Entscheidung innerhalb von 2 Wochen nach Antragstellung erfolgen. Die Frist gilt nicht, wenn der Antrag positiv beschieden werden soll oder erst eine Anhörung stattfinden muss. Die Verweigerung oder Beschränkung der Akteneinsicht oder -auskunft ist nach § 15 Abs. 1 schriftlich zu begründen. Eine schriftliche Begründung ist bei mündlich gestellten Anträgen entbehrlich, es sei denn, der Antragsteller begehrt diese ausdrücklich ( § 1 5 Abs. 1 Satz 2). In der Begründung ist, soweit dies ohne Preisgabe von geheimhaltungsbedürftigen Angaben möglich ist, der Antragsteller über den Inhalt der vorenthaltenen Akten zu informieren. Ggf. ist zu begründen, weshalb keine beschränkte Akteneinsicht oder -auskunft gewährt werden kann. Ein Antrag, der schriftlich beschieden wird, ist stets mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (vgl. § 3 VwVfGBln). Dies gilt aus Gründen der Rechtssicherheit auch bei stattgebenden Bescheiden. Es ist bei einer teilweisen oder vollständigen Ablehnung eines Antrags vor Klageerhebung stets ein Widerspruchsverfahren durchzuführen und zwar auch, wenn eine oberste Landesbehörde entschieden hat (§ 14 Abs. 3). Der Widerspruch ist auch für die wegen der Offenbarung personenbezogener Daten oder von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen Betroffenen zulässig (§ 14 Abs. 2). Der Berliner Beauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht bittet, in den Fällen, in denen er während eines laufenden Widerspruchsverfahrens nach § 18 Abs. 2 Satz 1 angerufen worden ist, die Widerspruchsentscheidung bis zum Abschluss seiner Bewertung aufzuschieben. Bei mündlicher Antragstellung soll nach § 14 Abs. 1 die Akteneinsicht oder -auskunft möglichst sofort gewährt werden, wenn Rechte Dritter nicht berührt sind und dem Antrag stattgegeben werden kann, es sei denn, die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben wird hierdurch beeinträchtigt.

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9. Gebühren Für eine Akteneinsicht oder -auskunft und ein etwaiges Widerspruchverfahren sind nach § 16 Gebühren zu erheben. Auslagen (ζ. B. Portokosten) sind zu erstatten. Bis zu einer Regelung in der Verwaltungsgebührenordnung sind entsprechende Bescheide mit einem ausdrücklichen Vorbehalt zu versehen, dass noch eine Gebührenanforderung erfolgen wird. Es wird eine Rahmengebühr vorgesehen werden, so dass die jeweilige Gebühr nach den Grundsätzen des § 5 VGebO festzusetzen ist. Somit kann der jeweilige zeitliche Aufwand (ζ. B. auch durch Anhörung von Dritten) berücksichtigt werden. Die Gebührenpflicht entsteht nach § 9 GebG bereits bei Vorliegen des Antrags. Für die Erhebung der Gebühren gelten die Vorschriften des GebG, insbesondere besteht auch die Möglichkeit der formlosen Erhebung nach § 12 Abs. 1 GebG. Ggf. ist ein Veranlagungsbescheid nach § 13 GebG zu erlassen. Jedem Antragsteller ist zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Hinweis auf die Gebührenpflichtigkeit und die voraussichtliche Größenordnung zu geben. Die Ablehnung von Anträgen ist gebührenfrei.

10. Beauftragter für das Recht auf Akteneinsicht Jeder hat das Recht, den Beauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht anzurufen (§ 18 Abs. 2). Nur in diesem Fall hat der Beauftragte die Befugnisse nach § 24 Berliner Datenschutzgesetz. Die Anrufung des Beauftragten führt nicht zur Unterbrechung der Frist zur Einlegung eines Widerspruchs oder der Klageerhebung gegen einen ablehnenden Bescheid. Die in § 18 Abs. 2 enthaltene Verweisung auf § 25 BlnDSG ist ein Redaktionsversehen. Ohne eine Änderung des Gesetzes kann diese Verweisung jedoch nicht auf eine andere Vorschrift bezogen werden. Die Verwaltung des Abgeordnetenhauses hat eine Korrektur als offensichtliche Unrichtigkeit im Rahmen der Ausfertigung des Gesetzes abgelehnt. Der Beauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht kann somit keine Befugnisse nach § § 2 6 bis 29 BlnDSG geltend machen, weil eine vom Gesetzgeber beabsichtigte eindeutige Verweisung auf eine dieser Normen nicht feststeht. Gleichwohl besteht die allgemeine zwischen den Behörden bestehende Unterstützungspflicht.

11. Ordnungswidrigkeiten Nach § 13 Abs. 7 ist die Veröffentlichung, Speicherung oder Sammlung von durch Akteneinsichten oder Aktenauskünften erhaltenen Informationen zu gewerb-

Erste Hinweise zur Anwendung des Gesetzes im Land Berlin

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liehen Zwecken nicht zulässig. Nach § 21 Abs. 1 kann ein Verstoß mit einem Bußgeld von bis zu Zehntausend D M geahndet werden. Zuständig für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten ist die Behörde, die als aktenführende Stelle den Antrag auf Akteneinsicht oder -auskunft bearbeitet hat (§ 36 Abs. 1 Nr. 1 Buchst, b i.V.m. Nr. 1 Abs. 3 ZustKatAZG bzw. nach der ZustVO-OwiG). 12. Behördenspezifische

Regelungen

Es wird empfohlen, dass jede Behörde (ggf. mit der fachlich zuständigen Senatsverwaltung) den bei ihr vorliegenden Aktenbestand darauf überprüft, ob für ihn generell oder für bestimmte Bereiche eine der i m Gesetz geregelten Ausnahmen zum Zuge kommt. Dies betrifft auch die Frage, ob bundesrechtliche oder landesrechtliche Regelungen vorrangig sind und einer Akteneinsicht oder -auskunft nach dem IFG entgegenstehen. Entsprechende Festlegungen können i m Rahmen behördeninterner Geschäftsanweisungen (vgl. auch oben 4) getroffen werden.

Brandenburger Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) Vom 10. März 1998 (GVB1.1 S. 46)

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen: § 1 Akteneinsichtsrecht Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den § § 4 und 5 entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten. § 2 Anwendungsbereich (1) Das Akteneinsichtsrecht besteht gegenüber Behörden und Einrichtungen des Landes im Sinne des Zweiten Abschnitts des Landesorganisationsgesetzes sowie gegenüber Gemeinden und Gemeinde verbänden. (2) Das Akteneinsichtsrecht besteht gegenüber den in § 1 Abs. 2 des Landesorganisationsgesetzes genannten Stellen nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben erledigen. Gegenüber Forschungsanstalten, zentralen Forschungseinrichtungen, Schulen und Prüfungseinrichtungen besteht das Einsichtsrecht nur, soweit sie nicht im Bereich von Forschung, Lehre, Unterricht und Prüfung tätig werden. (3) Das Akteneinsichtsrecht besteht gegenüber Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Gemeinden und Gemeindeverbände, deren Zuständigkeitsbereich sich auch auf andere Bundesländer erstreckt, nur, soweit sich deren Akten ausschließlich auf das Land Brandenburg beziehen. (4) Soweit sich die aktenführende Behörde zur Erledigung hoheitlicher Aufgaben Privater bedient, besteht das Akteneinsichtsrecht gegenüber den privaten Stellen. (5) In laufenden Verfahren wird Akteneinsicht nur nach Maßgabe des anzuwendenden Verfahrensrechts gewährt. § 3 Begriffsbestimmung Akten im Sinne dieses Gesetzes sind alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise aufgezeichneten Unterlagen, soweit diese ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienen. Nicht hierunter fallen Vorent-

Brandenburger Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG)

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würfe und Notizen, die nicht Bestandteil des Vorgangs sind und spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden. § 4 Schutz überwiegender öffentlicher Interessen (1) Der Antrag auf Akteneinsicht ist abzulehnen, wenn 1. das Bekanntwerden des Akteninhalts die Landesverteidigung oder die internationalen Beziehungen des Bundes oder eines anderen Landes berühren würde oder die Beziehungen des Landes zu anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen, zur Europäischen Union, zum Bund oder zu den Ländern beeinträchtigen könnte, 2. durch das Bekanntwerden des Akteninhalts Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfallen, ohne deren Zustimmung offenbart würden, 3. sich der Inhalt der Akten auf Beratungen der Landesregierung oder Arbeiten zu ihrer Vorbereitung bezieht, 4. das Bekanntwerden des Akteninhalts Belange der Strafverfolgung und -Vollstreckung, der Gefahrenabwehr oder andere Belange der inneren Sicherheit beeinträchtigen könnte oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen könnte, 5. durch die Gewährung von Akteneinsicht Inhalte von Akten offenbart würden, die eine Behörde zur Durchführung eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines Bußgeldverfahrens erstellt hat oder die ihr aufgrund des Verfahrens zugehen oder die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen. (2) Der Antrag auf Akteneinsicht soll abgelehnt werden, 1. soweit sich der Inhalt der Akten auf den Prozess der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden oder Verwaltungseinrichtungen oder auf Vorgänge bezieht, die nach § 44 der Gemeindeordnung oder § 38 der Landkreisordnung in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten oder zu beschließen sind oder in nichtöffentlicher Sitzung beraten oder beschlossen worden sind, 2. wenn durch das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts der Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnahmen gefährdet werden könnte, 3. wenn sie sich auf die Übermittlung noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder auf Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung bezieht oder 4. die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle erheblich beeinträchtigt würde, es sei denn, dass das Interesse an der Einsichtnahme das entgegenstehende öffentliche Interesse i m Einzelfall überwiegt. 17 Informationsfreiheitsgesetz

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

(3) Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. § 5 Schutz überwiegender privater Interessen (1) Der Antrag auf Akteneinsicht ist vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 abzulehnen, soweit 1. hierdurch personenbezogene Daten offenbart würden, 2. der Einsicht der Schutz geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte, entgegensteht oder 3. dadurch ein Antragsteller oder ein Dritter von einer Tatsache Kenntnis erlangen würde, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist, zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb in Beziehung steht und die nach dem Willen des Unternehmens geheimzuhalten ist oder an deren Geheimhaltung das Unternehmen ein schutzwürdiges Interesse hat. § 4 Abs. 3 gilt entsprechend. (2) Die Akteneinsicht kann gewährt werden, soweit 1. personenbezogene Daten mit Zustimmung des Betroffenen offenbart werden oder die Offenbarung durch dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift zugelassen ist, 2. die personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können und schutzwürdige Belange des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen, 3. aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls im Hinblick auf den Zweck der politischen Mitgestaltung das Offenbarungsinteresse des Antragstellers das Interesse der betroffenen Person an der vertraulichen Behandlung der Information überwiegt oder 4. Daten i m Sinne des Absatzes 1 Nr. 3 mit Zustimmung des Unternehmens offenbart werden. § 16 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes findet keine Anwendung. (3) Bei Einsicht in die Akten ist auch die Offenbarung der Mitwirkung eines Amtsträgers an Verwaltungsvorgängen oder sonstigem hoheitlichem Handeln sowie dessen Namens, Titels, akademischen Grades, der innerdienstlichen Funktionsbeschreibung, der dienstlichen Anschrift und Rufnummer zulässig, es sei denn, der Offenbarung stehen schutzwürdige Belange des Amtsträgers entgegen. § 6 Durchführung der Akteneinsicht (1) Der Antrag auf Akteneinsicht muss hinreichend bestimmt sein. In den Fällen des § 4 Abs. 2 und § 5 Abs. 2 Nr. 3 sind auch die besonderen Umstände des

Brandenburger Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG)

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Einzelfalls darzulegen, aufgrund derer ein überwiegendes Offenbarungsinteresse geltend gemacht wird. Der Antrag ist schriftlich an die aktenführende Behörde zu richten. In den Fällen des Satzes 2 muss dem Antragsteller von der aktenführenden Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen gegeben werden. Sofern dem Antragsteller Angaben zur hinreichenden Bestimmung seines Antrages fehlen, ist er von der öffentlichen Stelle zu beraten und zu unterstützen. Wird ein Antrag bei einer unzuständigen Stelle gestellt, so ist diese verpflichtet, den Antrag unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten und den Antragsteller hierüber zu unterrichten. Eine Ablehnung des Antrages ist von der aktenführenden Behörde schriftlich zu begründen. (2) Soweit der Schutz der in den § § 4 und 5 genannten öffentlichen und privaten Belange durch Aussonderung von Aktenteilen oder Einzeldaten gewährleistet werden kann, ist dem Antragsteller der übrige Teil der Akte zugänglich zu machen. Ist die Aussonderung mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, besteht nur ein Recht auf Auskunftserteilung. (3) In den Fällen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ist der Betroffene vor der Gewährung der Akteneinsicht anzuhören. Dasselbe gilt in den Fällen, in denen Unternehmensdaten, die nicht unter § 5 Abs. 1 Nr. 3 fallen, von einer Akteneinsicht betroffen sind. (4) Der Antrag kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann oder wenn der Antrag zum Zweck der Vereitelung oder Verzögerung von Verwaltungshandlungen erfolgt. (5) Soweit die Akteneinsicht von der Zustimmung Dritter abhängig ist, ist auf Verlangen des Antragstellers die Zustimmung einzuholen. Liegt innerhalb von zwei Monaten nach Aufforderung durch die aktenführende Behörde eine Zustimmung nicht vor, gilt die Zustimmung als verweigert. Eine Verweigerung der Zustimmung kann auch vorab erfolgen.

§ 7 Art und Weise der Gewährung des Akteneinsichtsrechts Die zuständige Stelle bestimmt das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Anspruch auf Akteneinsicht wird vorbehaltlich der in § 6 Abs. 2 und § 8 geregelten Ausnahmen durch Gewährung der Einsicht in die Originaldokumente erfüllt. M i t Zustimmung des Antragstellers kann das Akteneinsichtsrecht auch durch 1. Übermittlung von Vervielfältigungen, 2. Dokumentationen, 3. elektronische Post, 4. Broschüren oder 5. Zurverfügungstellung von Informationsträgern in sonstiger Weise 17*

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

gewährt werden, soweit sie die begehrten Informationen enthalten. Der Antragsteller kann auch auf Veröffentlichungen der zuständigen Behörde verwiesen werden. § 8 Gleichförmige Anträge und Beschränkung auf Auskunftserteilung (1) Das Akteneinsichtsrecht ist auf Auskunftserteilung beschränkt, wenn mehr als 50 Anträge vorliegen, die auf die gleichen Informationen gerichtet sind, und die Auskunft auch ohne den Informationsträger verständlich ist. Abweichend von Satz 1 kann auch bei weniger als 50 Anträgen die Informationsgewährung auf Auskunftserteilung beschränkt werden, wenn die Gewährung von Akteneinsicht mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. (2) Bei Anträgen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht worden sind (gleichförmige Anträge), gelten die §§ 17 und 19 des Brandenburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend. § 9 Informationsrecht für Bürgerinitiativen und Verbände zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten (1) Dieses Gesetz findet entsprechend Anwendung auf Bürgerinitiativen und Verbände zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten i m Sinne des Artikels 21 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg, soweit sie ihr Recht auf Information geltend machen. (2) Anträge nach Absatz 1 können nur durch den Vorstand oder einen besonders hierzu Bevollmächtigten gestellt werden. In Zweifelsfällen ist gegenüber der Behörde die Vertretungsbefugnis nachzuweisen. § 10 Kosten (1) Für Amtshandlungen, die aufgrund dieses Gesetzes vorgenommen werden, werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Gebühren sind so zu bemessen, dass zwischen dem Verwaltungsaufwand einerseits und dem Recht auf Akteneinsicht andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Kostenregelungen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. (2) Die Landesregierung wird ermächtigt, i m Benehmen mit dem Ausschuss für Inneres des Landtages die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren durch Rechtsverordnung (Gebührenordnung) zu bestimmen. (3) Für Amtshandlungen in Angelegenheiten der Selbstverwaltung von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die aufgrund dieses Gesetzes vorgenommen werden, bleiben die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes unberührt.

Brandenburger Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG)

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§ 11 Beauftragter für das Recht auf Akteneinsicht (1) Zur Wahrung des Grundrechts auf Akteneinsicht und Informationszugang wird ein Landesbeauftragter für das Recht auf Akteneinsicht bestellt. Diese Aufgabe wird von dem Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen. Die Wahl und die Rechtsstellung des Landesbeauftragten richten sich nach den § § 2 2 und 23 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes. Der Landesbeauftragte führt die Amts- und Funktionsbezeichnung „Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht' 4 in männlicher oder weiblicher Form. (2) Jeder hat das Recht, den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht anzurufen. In diesem Fall hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht die Befugnisse der §§ 23, 25 und 26 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes. (3) Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht legt dem Landtag jährlich einen Bericht über seine Tätigkeit vor. § 12 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Begründung zum Brandenburger Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) (LT-Drucks. 2/4417)

A. Allgemeines M i t dem vorliegenden Gesetzentwurf wird Art. 21 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg näher ausgestaltet. Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen, soweit er ein berechtigtes Interesse geltend macht und nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen. Kern des Gesetzentwurfes ist es, die Interessenabwägung zwischen den überwiegenden öffentlichen Belangen, zu denen namentlich auch die exekutive Eigenverantwortung der Landesregierung und die Belange des Bundes und der übrigen Bundesländer zählen, und den überwiegenden privaten Belangen, zu denen der Datenschutz und der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und des Urheberrechts gehören, einerseits und dem Verfassungsrecht aus Art. 21 Abs. 4 auf der anderen Seite auszugestalten. Die Verfassung des Landes Brandenburg enthält in Art. 21 Abs. 4 einen Auftrag an den Gesetzgeber, ein in der Bundesrepublik Deutschland völlig neues Rechtsgebiet zu betreten. Regelungen für ein allgemeines Akteneinsichtsrecht sind der Rechtsordnung in Deutschland noch fremd. A u f der anderen Seite steht das Land Brandenburg mit diesem Gesetzgebungsvorhaben in guter Nachbarschaft zu anderen europäischen und außereuropäischen Ländern, die das Recht des Bürgers auf Einsicht in staatliche Akten zur verbesserten Teilhabe an den politischen Mitgestaltungsrechten ausgestaltet haben. Zu diesen zählen u. a. neben den skandinavischen Staaten auch Belgien, Spanien, Frankreich, Niederlande, Irland, die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Australien und Neuseeland. M i t dem Gesetzentwurf soll auch der Regelung des Art. 21 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg Rechnung getragen werden. Nach dieser Vorschrift haben die Bürgerinitiativen und Verbände, die zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten gebildet wurden, das Recht auf Information durch alle staatlichen und kommunalen Stellen. Der Gesetzentwurf umfasst aus diesem Grund auch die Ausgestaltung der verfahrensmäßigen Rechte der Bürgerinitiativen und Verbände, soweit diese Auskunft und Information erbitten. Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist durch die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers begrenzt. Ein Anspruch auf Akteneinsicht nach diesem

Begründung zum Brandenburger AIG

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Gesetz besteht nicht, soweit dem bundesrechtliche Regelungen entgegenstehen. So ist zum Beispiel im Anwendungsbereich des partiell gleichgerichteten Umweltinformationsgesetzes des Bundes oder in bezug auf das Strafverfahren, das durch die Strafprozessordnung abschließend geregelt ist, eine Anwendung des A E R G ausgeschlossen. Der Entwurf regelt zunächst in § 1 das Recht auf Akteneinsicht für jeden. § 3 bestimmt den Anspruchsgegenstand durch die Definition des Aktenbegriffs näher. § 2 regelt mit dem Anwendungsbereich den Kreis der durch das Gesetz zur Gewährung von Akteneinsicht verpflichteten Stellen. Die § § 4 und 5 enthalten die erforderlichen Ausnahmebestimmungen zum Schutz der überwiegenden öffentlichen und privaten Interessen. Die §§ 6 bis 8 enthalten Verfahrens Vorschriften. § 9 gestaltet das in Artikel 21 Abs. 3 der Verfassung niedergelegte Informationsrecht der Bürgerinitiativen und Verbände zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten durch die Gewährung eines Auskunftsanspruchs näher aus und bestimmt eine entsprechende Anwendung der übrigen Vorschriften des Entwurfs. § 10 enthält eine Kostenregelung. Deutlich muss darauf hingewiesen werden, dass ein administrativer Mehraufwand, wie ζ. B. das Sichten und Aufbereiten von Akten, das Zurverfügungstellen von Kopien oder das Fertigen von Ablichtungen zum Zwecke der Anonymisierung usw. auch als finanziell relevanter Mehraufwand zu werten ist, der unter dem Gesichtspunkt der Kostendeckung - nicht jedoch der Gewinnerzielung - dem anfragenden Bürger nach Maßgabe einer noch zu schaffenden Gebührenordnung in Rechnung gestellt werden kann.

B. Zu den einzelnen Vorschriften Zu § 1 - Akteneinsichtsrecht § 1 greift das in Art. 21 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg definierte Einsichtsrecht auf und beschränkt gleichzeitig den Anwendungsbereich dieses Gesetzes dahingehend, dass das Recht auf Akteneinsicht nach diesem Gesetz nur dann Anwendung finden kann, soweit nicht eine bereichsspezifische Vorschrift ein vergleichbares Recht für eine Vielzahl betroffener Bürger eröffnet. Derartige Regelungen voraussetzungslos gewährter Akteneinsichtsrechte gehen als speziellere Normen dem allgemeinen A E R G vor. Zu denken ist etwa an landesrechtliche Regelungen über das Akteneinsichtsrecht in das Liegenschaftskataster. A u f Register wie das Grundbuch, das Handelsregister oder das Schuldnerverzeichnis, die bundesrechtlichen Regelungen unterliegen, ist das Brandenburgische A E R G ohnehin nicht anwendbar. Soweit die Akteneinsicht von einem berechtigten Interesse abhängig gemacht wird, reicht als Nachweis hierfür, dass der Antragsteller ein politisches Mitwirkungsinteresse erkennen lässt.

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze Zu § 2 - Anwendungsbereich

Die Vorschrift regelt den Anwendungsbereich des Gesetzes. Zu § 2 Absatz 1 Abs. 1 erstreckt den Anwendungsbereich des Gesetzes auf die Behörden und Einrichtungen des Landes sowie die Gemeinden und Gemeindeverbände, zu denen selbstverständlich auch die Landkreise zählen. Der Verweis auf den zweiten Abschnitt des Landesorganisationsgesetzes (LOG) macht deutlich, dass unter den Begriff der Behörden und Einrichtungen des Landes u. a. die Obersten Landesbehörden, die Landesoberbehörden und die unteren Landesbehörden fallen. Andere, wie ζ. B. wirtschaftlich tätige und am Wettbewerb teilnehmende Unternehmungen der öffentlichen Hand sind wie andere Private von einer Einsichtnahme ausgenommen. Ebenso sind Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, für die der vierte Abschnitt des L O G gilt, ausgenommen. Dies geschieht u. a. um die Konkurrenzfähigkeit öffentlicher Stellen (wie ζ. B. öffentlicher Banken und Sparkassen) nicht zu behindern und den privaten Konkurrenzunternehmen keine Wettbewerbsvorteile zu eröffnen. I m Bereich der Steuerverwaltung ist Akteneinsicht nur nach Maßgabe der Abgabenordnung zu gewähren. Zu § 2 Absatz 2 In § 2 Abs. 2 Satz 1 wird eine Erweiterung des in Absatz 1 dargelegten Anwendungsbereiches vorgenommen, da die in § 1 Abs. 2 L O G bezeichneten Stellen nicht vom Geltungsbereich des Landesorganisationsgesetzes umfasst werden. Das Akteneinsichtsrechtsgesetz findet gegenüber dem Landtag, dem Landesrechnungshof, den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern, den Landesbeauftragen und Bevollmächtigten, den Organen der Rechtspflege, den staatlichen Hochschulen und dem Wissenschaftsbereich nur Anwendung soweit diese Stellen Verwaltungsaufgaben erledigen. Ihre ureigene Aufgabenstellung, wie ζ. B. die gesetzgebende Tätigkeit des Landtages, wird durch das Akteneinsichtsrechtsgesetz in keiner Weise berührt. Lediglich die verwaltungsmäßigen Handlungen sollen der Akteneinsicht nach diesem Gesetz zugänglich gemacht werden. In § 2 Abs. 2 Satz 2 wird eine Einschränkung des Anwendungsbereiches des Gesetzes vorgenommen. Die dort bezeichneten Bereiche sollen - von reiner Verwaltungstätigkeit abgesehen - aus dem Anwendungsbereich des Akteneinsichtsrechtsgesetzes ausgenommen werden. Hierdurch soll die Wissenschafts- und Forschungsfreiheit gewahrt werden. Durch Akteneinsichtnahme nach diesem Gesetz soll es nicht auch nur i m Ansatz dazu kommen, dass diese Grundrechtspositionen gefährdet werden können. Gleiches gilt für die Schulen und Prüfungseinrichtungen. Die Funktionsfähigkeit dieser Einrichtungen ist maßgeblich davon abhängig, dass Akten, die außerhalb der allgemeinen Verwaltung liegen, nicht durch eine Akteneinsicht zugänglich werden. Dies bezieht sich insbesondere auf Akten, die ζ. B. beabsichtigte Prüfungsklausuren oder sonstige Prüfungsplanungen beinhalten.

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Zu § 2 Absatz 3 Nach § 2 Abs. 3 erfasst der Anwendungsbereich des Akteneinsichtsrechtsgesetzes auch Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Gemeinden und Gemeindeverbände, deren Zuständigkeit sich auch auf andere Bundesländer erstreckt. Voraussetzung ist, dass es sich um Behörden und Verwaltungseinrichtungen handelt, die unmittelbar in den Verwaltungsaufbau eingegliedert sind und der unmittelbaren Einflussnahme durch das Land unterliegen, wie dies ζ. B. der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung oder dem Oberbergamt der Fall ist. I m Hinblick auf die Wahrnehmung der Tätigkeiten bezogen auf andere Bundesländer und damit auch auf deren Zuständigkeitsbereiche wird die Akteneinsicht nur insoweit eröffnet, als ein abtrennbarer, auf das Land Brandenburg bezogener Teil an Unterlagen Vorhanden ist. Dies wird durch den Verweis darauf, dass die Akten sich ausschließlich auf das Land Brandenburg beziehen müssen, deutlich zum Ausdruck gebracht. Zu § 2 Absatz 4 Eine weitere Ausnahme bzw. eine zeitlich befristete Beschränkung des Akteneinsichtsrechts ergibt sich gemäß § 2 Abs. 4 für den Fall laufender Verfahren bzw. laufender Verwaltungsverfahren, da für diese der Vorrang des allgemeinen Verfahrensrechts gelten soll. Hauptanwendungsfall sind Verfahren nach dem Verwaltungsverfahrensrecht. Konsens besteht zwischen dem Bund und den Ländern, dass das Verwaltungsverfahrensrecht möglichst einheitlich geregelt werden soll. Diesen gemeinsamen Standpunkt würde das Land aufkündigen, wenn es den Zugang zu Akten i m Rahmen eines Verwaltungsverfahrens auch anderen als den Verfahrensbeteiligten ermöglichen würde. Laufende Verfahren sind insbesondere diejenigen, die auf eine behördliche Entscheidung oder Handlung gerichtet sind. Der Begriff des laufenden Verfahrens ist dahingehend zu verstehen, dass ein Verfahren erst als abgeschlossen anzusehen ist, wenn eine bestandskräftige und nicht mehr anfechtbare Entscheidung über den dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt oder Vorgang getroffen worden ist. Dies bezieht das gerichtliche Verfahren und die Entscheidung des letztinstanzlich zuständigen Gerichts hierüber mit ein.

Zu § 3 - Begriffsbestimmung M i t der Begriffsbestimmung in § 3 wird hervorgehoben, dass Akten nach dem Verständnis des Gesetzes alle dienstlichen Zwecken dienende Unterlagen sind, die dazu bestimmt sind, dem Vorgang zuzugehören. Notizen und Vorentwürfe, die noch nicht durch eine konkludente verwaltungsinterne Entscheidung zum Bestandteil des Vorganges geworden sind und i m Laufe des Verfahrens, aber spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden sollen, fallen nicht unter den Begriff der Akten. Dieses Gesetz hat nicht den Zweck, dass jede noch so unbedeutende Notiz automatisch zum Aktenbestandteil wird. Von entscheidender Bedeutung ist, dass

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der Verlauf und die Entwicklung der Angelegenheit aus den Akten erkennbar wird. Hierfür bedarf es der bezeichneten Vorentwürfe und Notizen nicht, die ohnehin nicht zum Verbleib bei den Akten, sondern zur Vernichtung bestimmt sind, was seinerseits durch den Datenschutz geboten ist. Ferner wird durch § 3 deutlich gemacht, dass es völlig gleichgültig ist, in welcher Form die amtlichen Unterlagen vorhanden sind. Dies bezieht sich einerseits auf den Begriff der elektronischen Medien, andererseits aber auch auf Film-, Foto-, Video- oder Tonbandaufzeichnungen. Entscheidend ist hier, dass die Unterlagen ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken unmittelbar zu dienen bestimmt sind. Die privatdienstliche Korrespondenz der Regierungsmitglieder und ihrer Vertreter fällt nicht hierunter.

Zu § 4 - Schutz überwiegender öffentlicher

Interessen

§ 4 macht diejenigen überwiegenden öffentlichen Interessen namhaft, zu deren Schutz ein Ausschluss des Einsichtsrechts besteht. Zu § 4 Absatz 1 Nach § 4 Abs. 1 bestehen für die folgend darzustellenden Nummern 1 bis 5 der zwingende Ausschluss der Akteneinsicht. Die hier genannten Interessen sind so schwerwiegend, dass die Gewährung der Akteneinsicht nach diesem Gesetz unter keinem Gesichtspunkt in Betracht kommt. Zu den Regelungen im einzelnen: Nummer 1 Die Akteneinsicht ist abzulehnen, wenn die Landesverteidigung oder die internationalen Beziehungen des Bundes oder eines anderen Landes berührt würden oder die Beziehungen des Landes zu anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen, zur Europäischen Union, zum Bund und zu den Ländern beeinträchtigt werden könnten. M i t diesen Ausschlussregeln wird zum einen derjenige Bereich ausgenommen, der die Kompetenzen anderer Körperschaften wie ζ. B. des Bundes (Landesverteidigung oder internationale, auswärtige Beziehungen) oder anderer Länder betrifft. Bedeutsam ist, dass es hier bereits für den Ausschluss genügt, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts diese vorbezeichneten Beziehungen und Gegenstände auch nur berühren würde. Für den Bereich der Beziehungen des Landes Brandenburg ist jedoch das bloße Berührtsein für eine Ablehnung der Akteneinsicht nicht ausreichend. Hier muss die Möglichkeit einer negativen Auswirkung auf die Beziehungen des Landes durch die Gewährung einer Akteneinsicht gegeben sein, um das Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses bejahen zu können.

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Nummer 2 Die Akteneinsicht darf nicht erfolgen, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen betrifft, die nicht zum Anwendungsbereich des Akteneinsichtsrechtsgesetzes gehören. Hier sind vor allem die Stellen des Bundes und anderer Länder zu nennen. Eine Offenbarung der Informationen kommt nur dann in Betracht, wenn nach Anfrage die zuständige Stelle ihre Zustimmung zur Offenbarung erklärt hat. Eine i m Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens durchgeführte Umfrage beim Bund und den anderen Ländern hat ergeben, dass ein Zugang zu Informationen aus dem Zuständigkeitsbereich dieser Stellen über die Einsichtnahme in Akten im Land Brandenburg nicht ohne deren vorherige Zustimmung eingeräumt werden kann. Nummer 3 Der Kernbereich der Tätigkeit der Landesregierung soll ebenfalls unter dem Stichwort der „exekutiven Eigenverantwortung" aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausgenommen werden. Aus diesem Grund enthält Nr. 3 einen Versagungsgrund, der eine Einsichtnahme dann ausschließt, wenn sich der Inhalt der Akten auf Beratungen der Landesregierung oder Arbeiten zu ihrer Vorbereitung bezieht. Damit sind die Beratungen des Kabinetts und alle Arbeiten und Beratungen zu ihrer Vorbereitung gemeint. Die Regelung erfasst auch die Konferenz der Amtschefs, die die Kabinettsitzung vorbereiten, sowie alle zur Vorbereitung der Sitzungen und der vom Kabinett zu treffenden Entscheidungen gefertigten Unterlagen. Nummer 4 Diese Regelung soll sicherstellen, dass durch eine Akteneinsicht weder die Strafverfolgung, die Strafvollstreckung, die Gefahrenabwehr noch andere Belange der inneren Sicherheit beeinträchtigt werden können, da dadurch eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verursacht werden könnte. Die Regelung bezieht sich in erster Linie auf die Polizei- und Ordnungsbehörden und den Verfassungsschutz. Die Ausnahmebestimmung erstreckt sich nicht auf solche Akten, die - wie etwa Ermittlungsakten - abschließenden bundesrechtlichen Regelungen wie der Strafprozessordnung unterliegen. Die Regelung soll vielmehr solche Akten erfassen, deren Offenbarung ζ. B. Belange der Strafverfolgung beeinträchtigen könnte, obwohl die Akten selbst nicht Teil von Ermittlungsakten geworden sind, ihre Offenbarung aber negative Auswirkungen auf die Belange der Strafverfolgung haben könnte. Nummer 5 Einen weiteren Sonderfall hinsichtlich des Ausschlusses einer Akteneinsicht bieten Vorgänge, die zur Durchführung von Gerichtsverfahren oder strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahren oder für Bußgeldverfah-

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ren erstellt oder die aufgrund eines solchen Verfahrens angefordert worden sind. Gleiches gilt für diejenigen Akten, die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen. Diese Regelung ist auch erforderlich, um die unter Nummer 1 bis 5 laufenden Regelungen nicht dadurch leer laufen zu lassen, dass über die Einsicht in die zur Aufsicht angelegten und geführten Akten genau diejenigen Informationen zugänglich werden, die nach den Nummern 1 bis 5 oder nach bundesrechtlichen Regelungen bereits ausgeschlossen wären.

Zu § 4 Absatz 2 Während Absatz 1 die Fälle regelt, in denen die Akteneinsicht zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen zwingend zu versagen ist, regelt Absatz 2 die Fälle, in denen die Akteneinsicht zum Schutz öffentlicher Interessen versagt werden „soll". Der Gesetzgeber geht danach davon aus, dass die Akteneinsicht in den Fällen des Absatzes 2 regelmäßig zu versagen ist. Er eröffnet der zuständigen Stelle aber einen Ermessensspielraum, der es ihr ermöglicht, die Akteneinsicht aus Verhältnismäßigkeitsgründen dann zu gewähren, wenn besondere Umstände des Einzelfalles das Informationsinteresse des Antragstellers ausnahmsweise gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Geheimhaltung überwiegen lassen.

Nummer 1 Hierzu zählen die Fälle, bei denen sich der Inhalt der Akten auf den Prozess der Willensbildung innerhalb von oder zwischen Behörden oder aber sich auf Vorgänge bezieht, die in nichtöffentlicher Sitzung von Gemeinden oder Gemeindeverbänden beraten oder beschlossen worden sind bzw. zu beraten oder zu beschließen wären. Der interne Willensbildungsprozess innerhalb oder zwischen Behörden soll der Akteneinsicht nicht zugänglich sein. Nur so wird sichergestellt, dass innerhalb der Behörde und zwischen den Behörden i m Vorfeld der Entscheidung ein offener Meinungsaustausch stattfinden kann, der für die Qualität der letztlich zu treffenden Entscheidung von großer Bedeutung ist. Darüber hinaus wird auf diese Weise sichergestellt, dass es bei der politischen Verantwortung der Behördenleitung für alle von der Behörde getroffenen Entscheidungen bleibt. Auch bei Vorgängen, die in den Gemeindevertretungen bzw. Kreistagen in nichtöffentlicher Sitzung beraten und beschlossen wurden. Bei diesen Vorgängen wird im Regelfall eine Akteneinsicht zu versagen sein, da die Voraussetzungen, aufgrund derer der Ausschluss der Öffentlichkeit nach den angegebenen Vorschriften erfolgte, auch nach Abschluss der Beratungen der Gemeindevertretung bzw. des Kreistages i m Regelfall vorliegen werden. Der zuständigen Behörde wird jedoch die Möglichkeit eingeräumt, unter Berücksichtigung des Regel- Ausnahme- Verhältnisses dem Bürger Akteneinsicht zu gewähren, wenn überwiegende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

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Nummer 2 Soweit das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts den Erfolg einer bevor stehenden behördlichen Maßnahme gefährden könnte, soll auch hier die Akteneinsicht verweigert werden. Dies setzt jedoch voraus, dass in einem Abwägungsprozess die entsprechenden Umstände des Verfahrens berücksichtigt werden und nach einer Abwägung die Entscheidung getroffen wird, ob eine Akteneinsicht ermöglicht werden kann oder nicht. Nummer 3 Nicht abgeschlossene Schriftstücke oder Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung sollen der Akteneinsicht nicht unterliegen, da erst das abgeschlossene Schriftstück (ζ. B. ein ordnungsgemäß gebilligter und unterschriebener Bescheid) den Willen der Behörde ausdrückt. Insoweit ergänzt diese Ausnahme den in Nr. 1 geregelten Versagungstatbestand. Der Bürger soll Akteneinsicht nur in abgeschlossenen bzw. fertiggestellte Schriftstücke erhalten, so dass noch nicht abgestimmte bzw. fertiggestellte Schriftstücke nicht in die Öffentlichkeit gelangen. Dieser Versagungsgrund greift auch in den Fällen ein, in denen keiner der Ausnahmetatbestände des Absatzes 1 oder Nr. 1 bis 3 dieses Absatzes einschlägig ist, aber aus anderen, i m Gesetz nicht ausdrücklich erwähnten Gründen die Gewährung der Akteneinsicht aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles zu einer erheblichen Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der öffentlichen Stelle führen würde. Angesichts der Neuartigkeit des mit diesem Entwurf verfolgten Vorhabens ist ein solcher Auffangtatbestand erforderlich, bei dessen Anwendung allerdings Zurückhaltung geboten ist. Nummer 4 Hierunter ist eine allgemeine Klausel zu verstehen, die der Behörde die Abwägung ermöglicht, die Akteneinsicht zu verweigern, wenn durch das Verfahren der Aufbereitung und Sichtung der Akten und Zusammenstellung der Unterlagen zur Beantwortung des Einsichtsersuchens die Aufgabenerfüllung der Behörde in erheblichem Maße beeinträchtigt würde. Bloße einfache Beeinträchtigung, wie sie allein durch die normale Bearbeitung eines Vorganges entsteht, zählt hierzu nicht. Entscheidend ist an dieser Stelle, dass es sich um einen Vorgang handelt, der mit erheblicher Personalbindung verbunden ist und es der Behörde für nicht unerhebliche Zeit nicht oder kaum noch möglich macht, die Aufgaben wahrzunehmen. Entsprechende Fälle werden wohl nur dann gegeben sein, wenn es sich um Auskunftsersuchen ohne einen hinreichend konkretisierten Anfragegegenstand handelt und aufgrund dessen große Aktenmengen aufbereitet bzw. gesichtet und zur Vorlage vorbereitet werden müssen. Ein Fall dieser Nr. 4 wird nur dann vorliegen können, wenn die Durchführung und Wahrnehmung der Aufgaben der zuständigen Behörde für einen nicht unerheblichen Zeitraum derartig belastet wird, dass die

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gesetzlichen Verpflichtungen für einen überschaubaren Zeitraum nicht oder nur stark eingeschränkt wahrgenommen werden können. Im Rahmen dieser Einschränkung ist zu berücksichtigen, dass dieses Gesetz sich kostenneutral an die jeweilige Behörde wendet und die Akteneinsicht grundsätzlich neben der üblichen administrativen Tätigkeit zu erfolgen hat. Eine Erhöhung von Personalstärke und Haushaltsmittel erfolgt für die Aufgabe der Ausführung dieses Gesetzes nicht. Die Einsichtnahme soll im Rahmen der Ermessensentscheidung dann zugelassen werden, wenn das entgegenstehende öffentliche Interesse im Einzelfall durch das Interesse an der Einsichtnahme überwogen wird. Eine entsprechende Abwägung ist nur dann zuverlässig durchzuführen, wenn der Antragsteller die Gründe hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass sein Interesse an der Akteneinsicht das öffentliche Interesse überwiegt. Zu § 4 Absatz 3 Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten bzw. von Berufs- oder anderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, soll nach dieser Vorschrift unberührt bleiben. Dies bedeutet, dass Geheimhaltungspflichten - wie ζ. B. das Arztgeheimnis - von diesen Vorschriften unberührt bleiben und damit der Schutz vor Offenbarung garantiert ist. Eine Akteneinsicht in entsprechende Unterlagen kommt nicht in Betracht. Grundsätzlich zählt zu diesen Geheimnissen auch die Amtsverschwiegenheit. Durch das AERG wird die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht grundsätzlich aufgehoben. Allerdings wird mit der behördlichen Entscheidung, eine Akteneinsicht zu gewähren, gleichzeitig die Entscheidung des Dienstherrn getroffen, dass eine Pflicht zur Verschwiegenheit, bezogen auf die zu offenbarenden Unterlagen, insoweit nicht mehr besteht. Aus diesem Grunde gilt für den beteiligten Amtsträger die Tatsache der Übermittlung von Daten aus dem dienstlichen Bereich als genehmigt.

Zu § 5 - Schutz überwiegender privater Interessen In § 5 wird der Schutz überwiegender privater Interessen in diesem Gesetz zum Ausdruck gebracht. Ein Recht auf Akteneinsicht besteht nicht, soweit diesem überwiegende private Interessen entgegenstehen. Unter dem Begriff der überwiegenden privaten Interessen sind vornehmlich die Rechte zu verstehen, die bereits in der Verfassung niedergelegt sind. Zu diesen zählen namentlich der Datenschutz und die Wissenschafts- und Forschungsfreiheit sowie die weiteren Grundrechte wie die Berufsfreiheit und der Schutz des Eigentums oder der Schutz des ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetriebes. Es gilt zu berücksichtigen, dass auch die Forschungsergebnisse und die Geschäftsgeheimnisse, aber auch das Urheberrecht, durch den Staat zu schützen sind, soweit ihm Unterlagen mit solchen Inhalten durch einen Bürger i m Rahmen von Verfahren zugänglich gemacht worden sind. Soweit nach dieser Bestimmung der Schutz geistigen Eigentums der Akteneinsicht

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entgegenstehen kann, soll damit nicht in das bundesrechtlich geregelte Urheberrecht eingegriffen werden. Vielmehr zielt die Regelung darauf ab zu verhindern, dass die bestehenden Regelungen zum Schutz des geistigen Eigentums unter Inanspruchnahme dieses Gesetzes unterlaufen werden können. Zu § 5 Absatz 1 Entsprechend zu § 4 Abs. 1 enthält § 5 Abs. 1 einen zwingenden Ablehnungsgrund für die Akteneinsicht. Hierbei handelt es sich nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 um die Offenbarung personenbezogener Daten, soweit keine Sonderregelungen vorhanden sind, nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 um den Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere des Urheberrechts und gemäß. § 5 Abs. 1 Nr. 3 um den Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Zum Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist deutlich zu machen, dass es hierbei nicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung als ein solches Geheimnis ankommt. Entscheidend ist vielmehr, dass jede Position im Rahmen der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als schutzwürdig anzusehen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass entsprechende Tatsachen als solche Geheimnisse gekennzeichnet sind oder ohne weiteres erkennbar wären. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um eine Tatsache handelt, die einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb in Beziehung steht sowie nach dem Willen des Unternehmens dem Grunde nach geheimzuhalten ist. Dabei kann bereits die Tatsache der Vorüberlegung zur Verlegung eines Betriebsstandortes als eine geheimzuhaltende Tatsache zu bewerten sein, da sich aus solchen Überlegungen bereits Rückschlüsse auf Investitionsvorhaben ziehen lassen. § 5 Abs. 1 Satz 2 hebt mit der Verweisung auf § 4 Abs. 3 des Gesetzes hervor, dass eine Akteneinsicht, die die dort genannten besonderen Geheimhaltungspflichten berühren würde, welche auch dem Schutz privater Rechte dienen, nicht in Betracht kommt. Zu § 5 Absatz 2 Die Gewährung der Akteneinsicht kann im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde erfolgen, wenn die in den Nummern eins bis drei genannten Voraussetzungen vorliegen. Dies setzt voraus, dass nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 die Zustimmung des Betroffenen zur Offenbarung personenbezogener Daten eingeholt worden ist oder aber andere Rechtsvorschriften eine Offenbarung zulassen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 können personenbezogene Daten, die aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können, offenbart werden, wenn schutzwürdige Belange des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen. Dies kann sich ζ. B. beziehen auf die Weitergabe von Rufnummern, soweit sie sich i m öffentlichen Fernsprechbuch befinden, oder aber Hinweise auf Medienveröffentlichungen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 soll aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls im Hinblick auf den Zweck der politischen Mitgestaltung das Offenbarungsinteresse des Antragstellers das Interesse der betroffenen Personen an der vertraulichen

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Behandlung der Information überwiegen können. Dies kann u.U. der Fall sein, wenn es sich um private Angelegenheiten eines politischen Funktionsträgers handelt und ζ. B. Anzeichen für eine Ausnutzung seines öffentlichen Amtes für die private Angelegenheit bestehen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 kann die Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - der Begriff der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wird in § 5 Abs. 1 Nr. 3 sehr umfassend definiert - gewährt werden, wenn die Zustimmung des Unternehmens hierzu vorliegt. Die Offenbarung der personenbezogenen bzw. der betriebsbezogenen (Geschäftsgeheimnisse) Daten kommt nach der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 4 nur dann in Betracht, wenn die Zustimmung des betroffenen Inhabers des Rechtes (sei es die Person / sei es die Unternehmung) vor der Offenbarung vorliegt. Dadurch ist sichergestellt, dass durch Anhörung der beteiligten (auch juristischen) Personen diese die Möglichkeit haben, sich zu der Möglichkeit der Offenbarung der personenbezogenen bzw. der betriebsbezogenen Daten abschließend zu äußern. § 5 Abs. 2 Satz 2, nach dem § 16 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes keine Anwendung findet, verdeutlicht, dass die in der Akteneinsicht liegende Datenübermittlung an Private nicht auf der Grundlage des allgemeinen Datenschutzrechtes erfolgt, sondern ihre Rechtsgrundlage ausschließlich in § 5 Abs. 2 Satz 1 findet.

Zu § 6- Durchführung

der Akteneinsicht

Zu § 6 Absatz 1 Durch § 6 Abs. 1 wird deutlich gemacht, dass der Antrag auf Akteneinsicht dem Bestimmtheitserfordernis entsprechen muss. Er muss erkennen lassen, um welche Akten es sich handelt (zumindest thematisch oder eingeschränkt nach Zeiträumen, Vorfällen oder Sachverhalten). Eine solche Begründung des Antrages wird regelmäßig schriftlich erfolgen müssen, um dem Bestimmtheitserfordernis entsprechen zu können. Hierbei handelt es sich um eine Vorschrift mit Schutzwirkung in zweierlei Richtungen: Einerseits soll der Betroffene sich völlig klar werden, welche Akten bzw. welche Aspekte ihn i m Hinblick auf die Akteneinsicht interessieren. A u f der Grundlage einer solchen Festlegung ist es möglich, den Antrag auf Akteneinsicht zeitnah zu bearbeiten und abzuschließen. A u f der anderen Seite stellt diese Vorschrift auch i m Interesse der öffentlichen Verwaltung klar, dass die Behörden nicht alle Akten ihres Geschäftsbereiches zu prüfen haben, sondern sich lediglich bezogen auf den entscheidenden, den Bürger interessierenden Umstand beschränken können. Soweit der Antrag, um den Bestimmtheitserfordernissen entsprechen zu können, schriftlich erfolgt, ist er in jedem Falle auch schriftlich zu bescheiden. Insgesamt ist für die Durchführung der Akteneinsicht nach §§ 6 ff. zu beachten, dass es sich um ein typisches Verwaltungsverfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Brandenburg handelt. Dieses hat sich den stren-

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gen Anforderungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu unterwerfen, auch hinsichtlich der Zügigkeit der Bearbeitung, der Begründung des Bescheides sowie der regelmäßig zu erteilenden Rechtsbehelfsbelehrung. In denjenigen Fällen, in denen es für die Akteneinsicht auf eine besondere Abwägung nach § 4 Abs. 2 und § 5 Abs. 2 Nr. 3 ankommt, hat der Betroffene auch die besonderen Umstände des Einzelfalls darzulegen, die das normalerweise überwiegende schutzwürdige Interesse (öffentliche Interesse oder private Interesse) überwiegen und eine Akteneinsicht für den Bürger möglich machen. Zu § 6 Absatz 2 Gem. § 6 Abs. 2 kann die Akteneinsicht nicht pauschal verweigert werden, wenn schutzwürdige Belange einer Akteneinsicht dem Grunde nach entgegenstehen. Vielmehr ist das Aktenmaterial dergestalt zu sichten und aufzubereiten, dass das vorlagefähige Aktenmaterial aufbereitet und dem Betroffenen zur Akteneinsicht vorbereitet wird. Dies kann durch Anonymisierung oder Unkenntlichmachung von nicht vorlagefähigen Teilen erfolgen. Nur dann, wenn die Aussonderung mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre, ist das Recht auf Akteneinsicht auf die Erteilung einer Auskunft reduziert. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich um einen unverhältnismäßig hohen Aufwand handeln muss. Dieser würde ζ. B. vorliegen, wenn zur Beantwortung einer einzelnen konkreten Frage eine Vielzahl von Aktenordnern Seite für Seite durchzublättern wäre. Hier dürfen keine zu niedrigen Anforderungen an die Frage nach dem unverhältnismäßig hohen Aufwand gestellt werden. Zu § 6 Absatz 3 Nach § 6 Abs. 3 hat die Behörde den Betroffenen, dessen Rechte durch die Einsicht beeinträchtigt werden können, vor der Gewährung der Akteneinsicht zu hören. Durch diese Vorschrift wird sichergestellt, dass die Betroffenen nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 und 3 die Möglichkeit haben, sich vor einer etwa von der Behörde beabsichtigten Offenbarung zu äußern. Dadurch werden die erforderlichen Informationen geliefert, welche für die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen und für die Abwägung der Akteneinsicht erforderlich sind. Gleiches gilt für den Bereich der Unternehmensdaten. Zu § 6 Absatz 4 Gemäß § 6 Abs. 4 wird der Behörde ein Ermessen eingeräumt, den Antrag abzulehnen, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese auf zumutbare Weise selbst zugänglich machen kann. I m wesentlichen bezieht sich dies darauf, dass die Behörden über Amtsblätter, Dokumentationen und Unterlagen verfügen, die öffentlich für jedermann käuflich erwerbbar zur Verfügung stehen. Es ist nicht die Aufgabe der Verwaltung, den Bürgern Ein18 Informationsfreiheitsgesetz

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sichtnahme in entsprechende Dokumente zu gestatten, wenn die Bürger diese mit Leichtigkeit selbst beschaffen könnten. Gleiches gilt für Parlamentsdrucksachen, amtliche Verlautbarungen und ähnliches. Soweit der Zweck der Anfrage die Vereitelung oder Verzögerung von Verwaltungshandlungen darstellt und dies aus den Darlegungen des Antragstellers erkennbar oder aus sonstigen Gründen deutlich wird, soll die Behörde berechtigt sein, einen Antrag auf Akteneinsicht ebenfalls abzulehnen. Bei der Umsetzung des Artikel 21 Abs. 4 der Landesverfassung ist mit zu berücksichtigen, dass Verzögerungen des Verwaltungsverfahrens letztlich nicht zu Lasten eines an einem sonstigen (außerhalb des Akteneinsichtsverfahrens) Verwaltungsverfahren beteiligten Bürgers gehen dürfen und daher die mutwillige Verzögerung i m Interesse des drittbetroffenen Bürgers in einem anderen Verwaltungsverfahren nicht hingenommen werden kann. Zu § 6 Abs. 5 Nach dieser Verfahrensvorschrift ist in Fällen, in denen die Einsichtnahme von der Zustimmung Dritter, also insbesondere von Dienststellen und Behörden, die nicht dem Anwendungsbereich des Akteneinsichtsrechtsgesetzes unterfallen, wie ζ. B. dem Bund, der Europäischen Union, anderer Bundesländer nach § 4 Abs. 1 Satz 2 oder von Einzelpersonen und Unternehmen gemäß § 5, abhängig ist, diese auf Verlangen des Antragstellers einzuholen. Diejenigen Aktenteile, die ohne eine entsprechende Zustimmung oder mit Anonymisierung vorgelegt werden können, können dem Antragsteller ohne weiteres zugänglich gemacht werden. Nur soweit es dem Antragsteller auf die dem besonderen Schutz der § § 4 und 5 unterliegenden Daten geht, ist auf Antrag bzw. Verlangen des Antragstellers die Zustimmung im einzelnen einzuholen. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass ein Schweigen des Inhabers der Rechte / Verfügungsbefugten als eine Zustimmung zu werten ist. Nur eine eindeutige Zustimmung kann dazu führen, dass dem Antragsteller die Daten zugänglich gemacht werden. Damit das Verfahren auch abgeschlossen werden kann und dem Antragsteller möglichst schnell Rechtssicherheit gegeben werden kann, wird eine Frist von zwei Monaten vorgesehen, nach deren Verstreichen die Zustimmung als verweigert gilt. Die Behörde kann dann dem Antragsteller einen schriftlichen Bescheid mit der Entscheidung zur Akteneinsicht zustellen. M i t § 6 Abs. 5 Satz 3 soll deutlich gemacht werden, dass für bestimmte Komplexe die zur Zustimmung anzuhörenden Dritten die Möglichkeit haben sollen, auch generelle Erklärungen abzugeben. Dies bedeutet, dass bestimmte Dokumente, Berichte aber auch ganze Akten usw. von vornherein der Akteneinsicht entzogen werden können. Gleiches gilt auch für ausdrücklich als solche bezeichnete Betriebsund Geschäftsgeheimnisse.

Begründung zum Brandenburger AIG Zu § 7 -Art

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und Weise der Gewährung des Akteneinsichtsrechts

Die Art und Weise der Gewährung der Akteneinsicht orientiert sich daran, dass vorbehaltlich der genau bezeichneten Ausnahmen die Akteneinsicht grundsätzlich in die Originalvorgänge erfolgen soll. Dadurch wird dem Bürger der authentische Eindruck des Aktenbestandes vermittelt und darüber hinaus aus Gründen der Kostensparung und Vereinfachung kein unverhältnismäßig hoher Aufwand betrieben. M i t Zustimmung des Antragstellers sind jedoch die in Nummern 1 bis 5 bezeichneten anderen Möglichkeiten der Zurverfügungstellung von Informationen vorgesehen. So kann statt der Akteneinsicht eine Übermittlung von Fotokopien oder Druckstücken erfolgen, es können Dokumentationen zusammengestellt werden, die als Broschüren oder in sonstiger Weise, ζ. B. als C D - R O M oder im Internet zur Verfügung gestellt werden. Einzige Voraussetzung ist allerdings, dass die von dem Antragsteller begehrten und bezeichneten Informationen hierin enthalten sind. Die Behörde hat auch die Möglichkeit, auf offizielle Berichte zu verweisen, wie ζ. B. auf den Bericht der Verfassungsschutzbehörde oder den Bericht der Landesregierung zum Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten, soweit die entsprechenden Informationen dort enthalten sind.

Zu § 8- Gleichförmige Anträge und Beschränkung auf Auskunftserteilung Zu § 8 Absatz 1 Durch die Regeln des § 8 Abs. 1 soll sichergestellt werden, dass bei mehr als 50 Anträgen, also sobald mindestens 51 Anträge eingegangen sind, die auf den gleichen Informationsgehalt gerichtet sind, die Akteneinsicht auf Auskunft beschränkt werden kann. Voraussetzung ist, dass die Anträge in kurzer zeitlicher Abfolge eingehen. Hierfür sind mehrere Überlegungen maßgeblich. Zum einen ist die Abarbeitung einer so großen Anzahl von Anträgen mit Akteneinsicht in die Originalunterlagen derartig zeitaufwendig, dass eine, wie vom Gesetz vorgesehene, zeitnahe Bearbeitung der Anträge dem Grunde nach nicht mehr möglich ist. U m dieses Verfahren zu beschleunigen, andererseits aber auch eine ernstliche Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit der Behörde zu vermeiden, wird das Akteneinsichtsrecht auf Auskunft beschränkt, soweit die Auskunft auch ohne den Informationsträger - der Akte nach § 3 - verständlich ist. Unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit der Behörde ist bei weniger als 50 gleichförmigen Anträgen ebenfalls entsprechend zu verfahren, wenn die Akteneinsicht mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre, also mehrbändige Aktenstücke mehrfach aufbereitet werden müssten, um den Antragstellern zugänglich gemacht zu werden.

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276 Zu § 8 Absatz 2

M i t § 8 Abs. 2 wird deutlich, dass es sich bei dem Verfahren zur Gewährung der Akteneinsicht um ein dem Verwaltungsverfahrensrecht unterfallendes Verfahren handelt. Bei Anträgen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet worden sind, gelten die entsprechenden Regeln für gleichförmige Anträge nach § 17 und 19 des Brandenburgischen VerwaltungsVerfahrensgesetzes.

Zu § 9 - Informationsrecht für Bürgerinitiativen und Verbände zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten Das Recht auf Informationen für Bürgerinitiativen und Verbände zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten soll i m Rahmen des Akteneinsichtsrechtsgesetzes geregelt werden. Zu § 9 Absatz 1 § 9 Abs. 1 setzt Artikel 21 Abs. 3 der Landesverfassung um und räumt den Bürgerinitiativen und Verbänden zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten ein Recht auf Information ein: Sie erhalten einen Anspruch auf Auskunft. Die Bestimmungen des Gesetzes sind auf die Gewährung dieses Rechts der Initiativen und Verbände entsprechend anzuwenden. Zu § 9 Absatz 2 Für den Fall, dass eine Bürgerinitiative oder ein Verband zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten Auskunft erbittet, muss in geeigneter Weise nachgewiesen werden, dass der Vorstand bzw. ein besonders Bevollmächtigter mit Vertretungsbefugnis für die Bürgerinitiative bzw. den Verband auftritt, um die entsprechenden Anträge zum Auslösen des Verwaltungs Verfahrens zu stellen. Auch kann eine Zustellung der Entscheidung der Verwaltung nur dann ordnungsgemäß erfolgen, wenn ein Bevollmächtigter/Vertreter der Initiative oder des Verbandes bekannt ist. Hat die Behörde Zweifel, so kann sie nach § 9 Abs. 2 Satz 2 um einen geeigneten Nachweis bei der Bürgerinitiative und dem Verband nachsuchen.

Zu § 10 - Kosten Zu § 10 Absatz 1 Für die Gewährung der Akteneinsicht wie auch für die Erteilung von Auskünften nach § 9 sollen Kosten erhoben werden. Dabei ist unter dem Gesichtspunkt der Kostendeckung und der Gebührengerechtigkeit zu berücksichtigen, dass zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert und dem sonstigen Nutzen der Amts-

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handlung für den Kostenschuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis zu bestehen hat. Dies bedeutet nicht, dass die die Gebühr erhebende Stelle i m einzelnen nachvollziehen muss, welchen wirtschaftlichen Gewinn die Auskunft für einen Beteiligten haben wird. Aber aus der Person des Antragstellers lässt sich durchaus ersehen, welche wirtschaftliche Bedeutung eine Auskunft für den Betroffenen/das betroffene Unternehmen haben kann. Vor diesem Hintergrund soll eine Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes bei der Bemessung der Gebühren erfolgen. In § 10 Abs. 1 Satz 2 ist ebenso wie in § 3 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg das Aquivalenzprinzip festgeschrieben. Aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg) in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2, der vorsieht, dass Kostenregelungen in anderen Rechtsvorschriften unberührt bleiben, ergibt sich, dass die Rechtsvorschriften des Gebührengesetzes ergänzend gelten. I m weiteren soll durch Absatz 1 Satz 3 des Entwurfes darauf hingewiesen werden, dass speziellere Kostenvorschriften den Kosten Vorschriften des § 10 vorgehen. So gilt ζ. B. für ein Akteneinsichtsrecht, das durch zur Verfügung stellen einer Broschüre ermöglicht wird, die Entgeltordnung ζ. B. des Landesamtes für Daten und Statistik (LDS). Mehrfacherhebungen sind ausgeschlossen.

Zu § 10 Absatz 2 Gemäß § 10 Abs. 2 wird die Landesregierung ermächtigt, die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren durch Rechtsverordnung (Gebührenordnung) zu bestimmen. Absatz 2 Satz 1 des Entwurfes lässt es zu, dass entsprechend dem Kodifikationsprinzip das jeweilige Ressort Gebührentatbestände für die Akteneinsicht in seiner eigenen Gebührenordnung regelt. Da nicht alle Ressorts eigene Gebührenordnungen erlassen haben, besteht die Ermächtigung für die Landesregierung, eine Gebührenordnung zu erlassen. I m Rahmen der Abstimmung innerhalb der Landesregierung wird dafür Sorge getragen, dass einheitliche Gebührentarife gelten. Zu § 10 Absatz 3 Gemäß § 10 Abs. 3 bleiben die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für Amtshandlungen in Angelegenheiten der Selbstverwaltung von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die auf Grund dieses Gesetzes vorgenommen werden, unberührt. Hiermit wird klargestellt, dass die gemäß § 10 Abs. 2 durch Rechtsverordnung der Landesregierung zu schaffende Gebührenordnung gegenüber den Gemeinden und Gemeindeverbänden nur gilt, soweit diese in Auftragsangelegenheiten sowie im Rahmen von Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung Amtshandlungen auf Grund dieses Gesetzes vornehmen. Zur Prüfung der Frage, aufgrund welcher Rechtsvorschrift i m Einzelfall die Gebührenerhebung zu erfolgen hat, ist auf das der jeweiligen Akte i m Sinne des § 3 zugrundeliegende materielle Recht abzustellen.

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

Sofern die Akte, auf die sich der Antrag auf Akteneinsicht bezieht, i m Rahmen der Pflichtigen und freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten angelegt wurde, können die Gemeinden und Gemeindeverbände selbst durch Satzung entsprechend den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren bestimmen.

Zu § 11 - Inkrafttreten Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein - IFG-SH) Vom 9. Februar 2000 (GVOB1. Schl.-H. 2000 S. 166)

§ 1 Gesetzeszweck Zweck dieses Gesetzes ist es, den freien Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. § 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Informationen alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder DV-Form oder auf sonstigen Informationsträgern bei Behörden vorhandenen Informationen; 2. Informationsträger alle Medien, die Informationen in Schrift-, Bild-, Tonoder Datenverarbeitungsform oder in sonstiger Form speichern können. § 3 Anwendungsbereich (1) Die Vorschriften über den Zugang zu Informationen gelten für die Behörden des Landes, der Kreise, der Amter und Gemeinden sowie der sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, auch, soweit diese Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaft ausführen. (2) Behörde ist jede Stelle i m Sinne des § 3 Abs. 2 des Landesverwaltungsgesetzes. (3) Behörden im Sinne dieser Vorschrift sind nicht 1. der Landtag im Rahmen seiner Gesetzgebungstätigkeit; 2. die Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden sowie Disziplinarbehörden, soweit sie als Organe der Rechtspflege oder aufgrund besonderer Rechtsvorschriften in richterlicher Unabhängigkeit tätig werden; 3. der Landesrechnungshof, soweit er in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird.

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

(4) Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient oder dieser Person die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben übertragen wird. § 4 Informationsfreiheit Jede natürliche und juristische Person des Privatrechts hat Anspruch auf Zugang zu den bei einer Behörde vorhandenen Informationen. § 5 Ausgestaltung des Informationszugangsanspruchs ( 1 ) Die Behörde hat nach Wahl der Antragstellerin oder des Antragstellers Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugänglich zu machen, die die begehrten Informationen enthalten. (2) Handelt es sich um vorübergehend beigezogene Akten anderer öffentlicher Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Verwaltungsunterlagen werden sollen, so weist die Behörde auf diese Tatsache hin und nennt die für die Entscheidung über die Akteneinsicht zuständige Stelle. (3) Die Behörde stellt ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung. Die Anfertigung von Notizen ist gestattet. Kann die Behörde die Anforderungen von Satz 1 nicht erfüllen, stellt sie Kopien zur Verfügung. Die §§ 80 a bis 80 c des Landesverwaltungsgesetzes gelten entsprechend. (4) Die Behörde stellt auf Antrag Kopien der Informationsträger, die die begehrten Informationen enthalten, auch durch Versendung, zur Verfügung (5) Soweit Informationsträger nur mit Hilfe von Maschinen lesbar sind, stellt die Behörde auf Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers maschinenlesbare Informationsträger einschließlich der erforderlichen Leseanweisungen oder lesbare Ausdrucke zur Verfügung. (6) Die Behörde kann auf eine Veröffentlichung insbesondere i m Internet verweisen, wenn sie der Antragstellerin oder dem Antragsteller die Fundstelle angibt. § 6 Antragstellung (1) Der Zugang zu Informationen wird auf Antrag gewährt. Der Antrag soll schriftlich gestellt werden. (2) I m Antrag sind die begehrten Informationen zu umschreiben. Sofern der Antragstellerin oder dem Antragsteller Angaben zur Umschreibung der begehrten Informationen fehlen, hat sie oder ihn die angegangene Behörde zu beraten. (3) Der Antrag soll bei der zuständigen Behörde gestellt werden. Zuständige Behörde ist die Behörde, bei der die begehrten Informationen vorhanden sind. § 5 Abs. 2 bleibt unberührt. Ist die angegangene Behörde nicht die zuständige Behör-

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de, so hat die angegangene Behörde die nach Satz 2 zuständige Behörde zu ermitteln und der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu benennen. (4) Im Fall des § 3 Abs. 4 besteht der Anspruch gegenüber derjenigen Behörde, die sich einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. I m Falle der Beleihung besteht der Anspruch gegenüber dem Beliehenen. § 7 Bescheidung des Antrages (1) Die Behörde macht die begehrten Informationen unverzüglich, spätestens aber innerhalb eines Monats zugänglich. (2) Die Ablehnung eines Antrags oder die Beschränkung des begehrten Zugangs zu Informationen ist innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist schriftlich zu erteilen und zu begründen. Wurde der Antrag mündlich gestellt, gilt Satz 1 nur auf ausdrückliches Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers. (3) Soweit Umfang und Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigen, kann die Frist des Absatzes 1 auf zwei Monate verlängert werden. Soweit die Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigt, kann die Frist des Absatzes 2 Satz 1 auf zwei Monate verlängert werden. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und deren Gründe schriftlich zu informieren. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. (4) Wird der Antrag nicht innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist beschieden, gilt dies als Ablehnung. § 8 Kosten Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz können Verwaltungsgebühren erhoben werden; dies gilt nicht bei Amtshandlungen gegenüber Beteiligten. § 8 Abs. 1 Nr. 6 des Verwaltungskostengesetzes bleibt unberührt. Auslagen sind zu erstatten; diese dürfen die tatsächlichen Kosten nicht übersteigen. § 9 Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit und solange 1. das Bekanntwerden der Informationen die internationalen Beziehungen, die Beziehungen zum Bund oder zu einem Land, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit schädigen würde; 2. durch die Bekanntgabe der Informationen der Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichtsverfahrens, eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder Disziplinarverfahrens erheblich beeinträchtigt würde; 3. die Bekanntgabe der Informationen den Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gefährden würde.

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Anhang I: Nationale Informationsfreiheitsgesetze

§ 10 Schutz des behördlichen Entscheidungsbildungsprozesses (1) Der Antrag auf den Zugang zu Informationen ist abzulehnen für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung, soweit und solange durch die vorzeitige Bekanntgabe der Informationen der Erfolg der Entscheidung vereitelt würde. (2) Nicht der unmittelbaren Vorbereitung dienen insbesondere Ergebnisse von Beweiserhebungen sowie Stellungnahmen. (3) Der Antrag kann abgelehnt werden für Vorentwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen und alsbald vernichtet werden. (4) Geheimzuhalten sind Protokolle vertraulicher Beratungen. (5) Der Antrag auf Zugang zu Informationen kann abgelehnt werden, wenn das Bekanntwerden des Inhaltes der Informationen die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung beeinträchtigt. (6) Informationen, die nach Absatz 1 und 4 vorenthalten worden sind, sind spätestens nach Abschluss des jeweiligen Verfahrens zugänglich zu machen. Dies gilt hinsichtlich Absatz 4 nur für Ergebnisprotokolle. § 11 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (1) Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Informationen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und die schutzwürdigen Belange der oder des Betroffenen das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit überwiegen. (2) Soll Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährt werden, so hat die zuständige Behörde der oder dem Betroffenen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 12 Schutz personenbezogener Daten (1) Der Antrag auf den Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Informationen offenbart werden, es sei denn, 1. die Offenbarung ist durch Rechtsvorschrift erlaubt; 2. die Offenbarung ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl oder von Gefahren für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder sonstiger schwerwiegender Beeinträchtigungen der Rechte einzelner geboten; 3. die Einholung der Einwilligung der oder des Betroffenen ist nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, und es ist offensichtlich, dass die Offenbarung im Interesse der oder des Betroffenen liegt;

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4. die Antragstellerin oder der Antragsteller machen ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen geltend und überwiegende schutzwürdige Belange der oder des Betroffenen stehen der Offenbarung nicht entgegen. (2) Soll Zugang zu personenbezogenen Informationen gewährt werden, so ist die oder der Betroffene über die Freigabe von Informationen zu unterrichten, falls dies nicht mit einem unvertretbaren Aufwand verbunden ist. Können durch den Zugang zu Informationen schutzwürdige Belange der oder des Betroffenen beeinträchtigt werden, so hat die zuständige Behörde dieser oder diesem vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 13 Einwilligung der Betroffenen In den Fällen der § § 1 1 und 12 ersucht die Behörde auf Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers die oder den Betroffenen um Zustimmung zur Freigabe der begehrten Informationen. § 14 Beschränkter Informationszugang Soweit und solange Informationen aufgrund der §§ 9 bis 12 nicht zugänglich gemacht werden dürfen, besteht Anspruch auf Zugang zu den übrigen Informationen. Soweit und solange eine Aussonderung nicht möglich ist, besteht Anspruch auf Auskunftserteilung. § 15 Trennungsprinzip Behörden treffen geeignete organisatorische Vorkehrungen, damit Informationen, die dem Anwendungsbereich der §§ 9 bis 12 unterfallen, möglichst ohne unverhältnismäßigen Aufwand abgetrennt werden können. § 16 Anrufung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz Eine Person, die der Ansicht ist, dass ihr Informationsersuchen zu Unrecht abgelehnt oder nicht beachtet worden ist oder dass sie von einer Behörde eine unzulängliche Antwort erhalten hat, kann die oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz anrufen. Die Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes über die Aufgaben und die Befugnisse der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz finden entsprechend Anwendung. Die Vorschriften über den gerichtlichen Rechtsschutz bleiben unberührt. § 17 Verhältnis zu anderen Informationszugangsrechten Rechtsvorschriften, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen ermöglichen oder ihre Grundlage in besonderen Rechtsverhältnissen haben, bleiben unberührt. § 18 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Anhang I I : Umweltinformationsrecht

Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt DER RAT DER EUROPÄISCHEN G E M E I N S C H A F T E N gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 130s, auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments, nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses, in Erwägung nachstehender Gründe: In den Aktionsprogrammen der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz von 1973, 1977 und 1983 sowie besonders in dem Aktionsprogramm von 1987 sind Grundsätze und Ziele festgelegt, wobei im letztgenannten Programm insbesondere befürwortet wird, „Wege zur Verbesserung des Zugangs der Öffentlichkeit zu Informationen, über die die Umweltbehörden verfügen, zu finden". Der Rat der Europäischen Gemeinschaften und die i m Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten haben in ihrer Entschließung vom 19. Oktober 1987 zur Fortschreibung und Durchführung einer Umweltpolitik und eines Aktionsprogramms der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz (1987-1992) erklärt, dass sich die Tätigkeit der Gemeinschaft unter Achtung der jeweiligen Zuständigkeiten der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten auf vorrangige Bereiche konzentrieren muss, zu denen ein verbesserter Zugang zu umweltbezogenen Informationen gehört. Das Europäische Parlament hat in seiner Stellungnahme zum vierten Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz unterstrichen, dass „die Unterrichtung jedes Bürgers durch eine spezifische Gemeinschaftsaktion möglich gemacht werden" muss. Der Zugang zu umweltbezogenen Informationen im Besitz der Behörden wird den Umweltschutz verbessern. Die Unterschiede der in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften über den Zugang zu umweltbezogenen Informationen im Besitz der Behörden können dazu führen, dass die Bürger in der Gemeinschaft hinsichtlich des Zugangs zu Informationen und/oder bezüglich der Wettbewerbsbedingungen unterschiedlich behandelt werden.

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Anhang II:

tinformationsrecht

Es ist notwendig, in der gesamten Gemeinschaft allen natürlichen und juristischen Personen den freien Zugang zu den bei den Behörden in Schrift-, Bild-, Tonoder DV-Form verfügbaren umweltbezogenen Informationen über den Zustand der Umwelt, Tätigkeiten oder Maßnahmen, die diesen Zustand negativ beeinflussen oder negativ beeinflussen können, sowie über Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz der Umwelt zu gewährleisten. In ganz bestimmten, genau bezeichneten Fällen kann es gerechtfertigt sein, erbetene umweltbezogene Informationen zu verweigern. Die Verweigerung einer erbetenen Information ist von der Behörde zu begründen. Der Antragsteller muss die Möglichkeit haben, den Bescheid der Behörde anzufechten. Der Zugang zu umweltbezogenen Informationen im Besitz staatlich überwachter Stellen, welche öffentliche Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen, ist ebenfalls zu gewährleisten. Im Rahmen einer Globalstrategie zur Verbreitung umweltbezogener Informationen sollten der Öffentlichkeit allgemeine Informationen über den Zustand der Umwelt in aktiver Weise mitgeteilt werden. Die Durchführung dieser Richtlinie muss im Lichte der Erfahrungen überprüft werden HAT FOLGENDE R I C H T L I N I E ERLASSEN: Artikel 1 Ziel dieser Richtlinie ist es, den freien Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen über die Umwelt sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. Artikel 2 I m Sinne dieser Richtlinie gelten als a) „Informationen über die Umwelt" alle in Schrift-, Bild-, Ton- oder DV-Form vorliegenden Informationen über den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume sowie über Tätigkeiten (einschließlich solcher, von denen Belästigungen wie beispielsweise Lärm ausgehen) oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, und über Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz. b) „Behörden" die Stellen der öffentlichen Verwaltung, die auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und

EG-Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt

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über diesbezügliche Informationen verfügen, mit Ausnahme der Stellen, die i m Rahmen ihrer Rechtsprechungs- oder Gesetzgebungszuständigkeit tätig werden. Artikel 3 (1) Vorbehaltlich der Absätze 2, 3 und 4 gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Behörden verpflichtet werden, allen natürlichen oder juristischen Personen auf Antrag ohne Nachweis eines Interesses Informationen über die Umwelt zur Verfügung zu stellen. Die Mitgliedstaaten legen die praktischen Regeln fest, nach denen derartige Informationen tatsächlich zugänglich gemacht werden. (2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu einer derartigen Information abgelehnt wird, wenn diese folgendes berührt: - die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden, die internationalen Beziehungen und die Landesverteidigung; - die öffentliche Sicherheit; - Sachen, die bei Gericht anhängig oder Gegenstand von Ermittlungsverfahren (einschließlich Disziplinarverfahren) sind oder waren oder die Gegenstand von Vorverfahren sind; - Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse einschließlich des geistigen Eigentums; - die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und/oder Akten; - Unterlagen, die von einem Dritten übermittelt worden sind, der dazu nicht gesetzlich verpflichtet war; - Informationen, deren Bekanntgabe die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung der Umwelt in dem betreffenden Bereich noch erhöhen würde. Informationen, die sich i m Besitz der Behörden befinden, werden auszugsweise übermittelt, sofern es möglich ist, Informationen zu Fragen, die die oben aufgeführten Interessen berühren, auszusondern. (3) Ein Antrag auf Zugang zu Informationen kann abgelehnt werden, wenn er sich auf die Übermittlung noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder noch nicht aufbereiteter Daten oder interner Mitteilungen bezieht oder wenn der Antrag offensichtlich missbräuchlich ist oder zu allgemein formuliert ist. (4) Eine Behörde erteilt dem Antragsteller so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Monaten eine Antwort. Die Ablehnung eines Antrags auf Information ist zu begründen. Artikel 4 Eine Person, die der Ansicht ist, dass ihr Informationsersuchen zu Unrecht abgelehnt oder nicht beachtet worden ist, oder die von einer Behörde eine unzuläng19 Informationsfreiheitsgesetz

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tinformationsrecht

liehe Antwort erhalten hat, kann den Bescheid auf dem Gerichts- oder Verwaltungsweg gemäß der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsordnung anfechten. Artikel 5 Die Mitgliedstaaten können für die Übermittlung der Informationen eine Gebühr erheben, die jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten darf. Artikel 6 Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Stellen, die öffentliche Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und die der Aufsicht von Behörden unterstellt sind, die bei ihnen vorliegenden Informationen über die Umwelt unter den Bedingungen der Artikel 3, 4 und 5 entweder über die zuständige Behörde oder selbst unmittelbar zugänglich machen. Artikel 7 Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um der Öffentlichkeit allgemeine Informationen über den Zustand der Umwelt, ζ. B. durch die regelmäßige Veröffentlichung von Zustandsberichten, zur Verfügung zu stellen. Artikel 8 Vier Jahre nach dem in Artikel 9 Absatz 1 genannten Datum erstatten die Mitgliedstaaten der Kommission Bericht über ihre Erfahrungen; auf dieser Grundlage erstellt die Kommission einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat und fügt ihm etwaige Änderungsvorschläge bei, die sie für zweckmäßig hält. Artikel 9 (1) Die Mitgliedstaaten erlassen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 31. Dezember 1992 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. (2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Artikel 10 Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Luxemburg am 7. Juni 1990. I m Namen des Rates Der Präsident

Umweltinformationsgesetz (UIG) Vom 8. Juli 1994 (BGBl I S. 1490) i.d.F. der Bekanntmachung von 23. August 2001 (BGBl I S. 2218)

§ 1 Zweck des Gesetzes Zweck dieses Gesetzes ist es, den freien Zugang zu den bei den Behörden vorhandenen Informationen über die Umwelt sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. § 2 Anwendungsbereich Dieses Gesetz gilt für die Informationen über die Umwelt, 1. die bei den in § 3 Abs. 1 bestimmten Behörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts vorhanden sind oder 2. die bei natürlichen oder juristischen Personen des privaten Rechts vorhanden sind, die öffentlich-rechtliche Aufgaben i m Bereich des Umweltschutzes wahrnehmen und die der Aufsicht von Behörden unterstellt sind. § 3 Begriffsbestimmungen (1) Behörde ist jede Stelle im Sinne des § 1 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die Aufgaben des Umweltschutzes wahrzunehmen hat. Hierzu gehören nicht 1. die obersten Bundes- und Landesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden, 2. Behörden, soweit sie Umweltbelange lediglich nach den für alle geltenden Rechtsvorschriften zu beachten haben, 3. Gerichte, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden. (2) Informationen über die Umwelt sind alle in Schrift, Bild oder auf sonstigen Informationsträgern vorliegenden Daten über 1. den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume, 19*

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2. Tätigkeiten, einschließlich solcher, von denen Belästigungen wie beispielsweise Lärm ausgehen, oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, und 3. Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz. § 4 Anspruch auf Informationen über die Umwelt (1) Jeder hat Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer Behörde oder einer Person des Privatrechts i m Sinne des § 2 Nr. 2 vorhanden sind. Die Behörde kann auf Antrag Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationsträger in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf die Behörde diesen nur dann durch ein anderes geeignetes Informationsmittel gewähren, wenn hierfür gewichtige von ihr darzulegende Gründe bestehen. (2) Liegt ein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach den § § 7 oder 8 vor, sind die hiervon nicht betroffenen Informationen zu übermitteln, soweit es möglich ist, die betroffenen Informationen auszusondern. (3) Daneben bleiben andere Ansprüche auf Zugang zu Informationen unberührt. § 5 Antragstellung, Bescheidung von Anträgen (1) Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Informationen i m Sinne des § 3 Abs. 2 er gerichtet ist. (2) Bei Bestehen eines Anspruchs ist die Information innerhalb einer Frist von zwei Monaten zugänglich zu machen; bei fehlendem Anspruch ist innerhalb dieser Frist ein Ablehnungsbescheid zu erteilen. Bei einer Auskunft oder der Zurverfügungstellung von Informationsträgern ist die Behörde nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Daten zu überprüfen. § 6 Vertreter bei gleichförmigen Anträgen Bei Anträgen, die von mehr als 50 Personen auf Unterschriftslisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht worden sind (gleichförmige Anträge), gelten die §§ 17 und 19 des Verwaltungs Verfahrensgesetzes entsprechend. Sind mehr als 50 Personen aufzufordern, einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, kann die Behörde die Aufforderung ortsüblich bekannt machen. § 7 Ausschluss und Beschränkungen des Anspruchs zum Schutz öffentlicher Belange ( 1 ) Der Anspruch besteht nicht, 1. soweit das Bekanntwerden der Informationen die internationalen Beziehungen, die Landesverteidigung oder die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden

Umweltinformationsgesetz (UIG)

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berührt oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen kann oder 2. während der Dauer eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eines Disziplinarverfahrens oder eines ordnungswidrigkeitenrechtlichen Verfahrens hinsichtlich derjenigen Daten, die Gegenstand des jeweiligen Verfahrens sind, oder 3. wenn zu besorgen ist, dass durch das Bekanntwerden der Informationen Umweltgüter im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt oder der Erfolg behördlicher Maßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 3 gefährdet werden. (2) Der Antrag soll abgelehnt werden, wenn er sich auf die Übermittlung noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder noch nicht aufbereiteter Daten oder verwaltungsinterner Mitteilungen bezieht. (3) Offensichtlich missbräuchlich gestellte Anträge sind abzulehnen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Antragsteller über die begehrten Daten bereits verfügt. (4) Informationen über die Umwelt, die ein privater Dritter der Behörde ohne rechtliche Verpflichtung übermittelt hat, dürfen ohne Einwilligung des Dritten nicht zugänglich gemacht werden. Satz 1 gilt unbeschadet des § 8 nicht für Informationen, die der Dritte der Behörde als Unterlage für einen Antrag oder eine Anzeige übermitteln musste. § 8 Ausschluss und Beschränkungen des Anspruchs zum Schutz privater Belange ( 1 ) Der Anspruch besteht nicht, soweit 1. durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart und dadurch schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt würden, 2. der Schutz geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte der Auskunftserteilung oder der Zurverfügungstellung von Informationsträgern entgegenstehen. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dürfen nicht unbefugt zugänglich gemacht werden. Der Anspruch besteht nach den Sätzen 1 und 2 insbesondere dann nicht, wenn die begehrten Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen. (2) Vor der Entscheidung über die Offenbarung der durch Absatz 1 geschützten Informationen sind die Betroffenen anzuhören. Die Behörde hat in der Regel von der Betroffenheit eines Dritten auszugehen, soweit dieser übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet hat. Soweit die Behörde dies verlangt, hat der Dritte im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt. Satz 2 ist nicht auf Informationen anzuwenden, die

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der Behörde vor dem 1. Januar 1993 zugegangen und nicht als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis gekennzeichnet sind. (3) Der Anspruch ist bei Betriebs- und Geschäftsverhältnissen i m Sinne des § 139b der Gewerbeordnung nicht ausgeschlossen, soweit Informationen nach Absatz 1 Satz 2 zugänglich gemacht werden dürfen. § 9 Zuständigkeit (1) Zur Ausführung dieses Gesetzes sind diejenigen Behörden zuständig, bei denen die begehrten Informationen vorhanden sind. In den Fällen des § 2 Nr. 2 sind diejenigen Behörden zuständig, die die Aufsicht über die dort genannten Personen ausüben. (2) Die Länder können für ihren Bereich abweichende Regelungen über die Zuständigkeit treffen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, die Zuständigkeit der Behörden des Bundes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, abweichend zu regeln. § 10 Kosten (1) Für die Übermittlung von Informationen aufgrund dieses Gesetzes werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Gebühren sind auch unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes so zu bemessen, dass der Informationszugang nach § 4 Abs. 1 wirksam in Anspruch genommen werden kann. § 15 Abs. 2 des Verwaltungskostengesetzes findet keine Anwendung. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, für Amtshandlungen der Behörden des Bundes die Höhe der Kosten durch Rechts Verordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen. § 11 Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Umwelt Die Bundesregierung veröffentlicht in vierjährigen Abständen einen Bericht über den Zustand der Umwelt im Bundesgebiet. Der erste Bericht ist spätestens am 31. Dezember 1994 zu veröffentlichen.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen vorgelegt von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Brüssel, den 29. 06. 2000 [ K O M (2000) 402 endgültig]

DAS EUROPÄISCHE P A R L A M E N T U N D DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 175 Absatz 1, auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses, nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen, gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag, in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Der Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen im Besitz der Behörden trägt dazu bei, das Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit zu schärfen und verbessert so den Umweltschutz. (2) Die Richtlinie 9 0 / 3 1 3 / E W G (Abi. L 158, 23. 6. 1990, p. 56) des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt hat in bezug auf den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen einen Öffnungsprozess in Gang gesetzt, der gefördert und fortgesetzt werden sollte. (3) Nach Artikel 8 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission über ihre Erfahrungen Bericht zu erstatten; auf dieser Grundlage erstellt die Kommission einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat und fügt ihm etwaige Änderungsvorschläge bei, die sie für zweckmäßig hält. (4) In dem von der Kommission am . . . gemäß Artikel 8 der Richtlinie vorgelegten Bericht 6 werden konkrete Probleme bei der praktischen Anwendung der Richtlinie genannt.

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(5) A m 25. Juni 1998 unterzeichnete die Europäische Gemeinschaft das Übereinkommen der UN-Wirtschaftskommission für Europa über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten („Übereinkommen von Aarhus"), und die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts müssen i m Hinblick auf die Ratifizierung des Übereinkommens durch die Gemeinschaft an dieses angeglichen werden. (6) I m Interesse größerer Transparenz ist es zweckmäßig, die Richtlinie 9 0 / 3 1 3 / E W G nicht zu ändern, sondern zu ersetzen. A u f diese Weise wird den Betroffenen ein einheitlicher, klarer und zusammenhängender Rechtstext vorgelegt. (7) Die Unterschiede der in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften über den Zugang zu umweltbezogenen Informationen i m Besitz der Behörden können in der Gemeinschaft zu einer Ungleichheit hinsichtlich des Zugangs zu solchen Informationen oder hinsichtlich der Wettbewerbsbedingungen führen. (8) Es muss gewährleistet werden, dass jede natürliche oder juristische Person in der Gemeinschaft ohne Vorbringen eines Interesses das Recht auf Zugang zu bei Behörden vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen hat. (9) Ferner ist sicherzustellen, dass Behörden Umweltinformationen der Allgemeinheit systematisch insbesondere unter Verwendung verfügbarer ComputerTelekommunikationstechnik und / oder elektronischer Technologien zur Verfügung stellen und verbreiten. (10) Die Bestimmung des Begriffs „Umweltinformationen" sollte so erweitert werden, dass insbesondere Informationen jeder Form zu folgenden Gebieten erfasst werden: Zustand der Umwelt; Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten, die Auswirkungen auf die Umwelt haben oder haben können; Maßnahmen oder Tätigkeiten zum Schutz der Umwelt; Emissionen, Ableitungen und sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt; Kosten / Nutzen-Analysen und wirtschaftliche Analysen i m Rahmen solcher Maßnahmen oder Tätigkeiten; Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit; Lebensbedingungen der Menschen; Kulturstätten und Bauwerke, soweit sie von den genannten Faktoren, Tätigkeiten, Maßnahmen, etc. betroffen sind oder betroffen sein können. (11) U m dem in Artikel 6 EG-Vertrag festgelegten Grundsatz, wonach die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen einzubeziehen sind, Rechnung zu tragen, sollte die Bestimmung des Begriffs „Behörden" so erweitert werden, dass insbesondere Regierungen und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene, unabhängig davon, ob sie spezifische Zuständigkeiten für die Umwelt wahrnehmen oder nicht, sowie andere Personen oder Stellen, die unter der Kontrolle einer Regierung oder öffentlichen Verwaltung Funktionen ausführen oder Dienste erbringen, die direkt oder indirekt die Umwelt betreffen, erfasst werden.

EG-Richtlinienvorschlag über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen

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(12) Traditionell von Behörden und öffentlichen Versorgungsbetrieben wahrgenommene Aufgaben i m allgemeinen Interesse werden zunehmend von Stellen erledigt, die nicht mehr dem öffentlichen Sektor angehören. Diesen Stellen liegen Umweltinformationen vor, zu denen die Öffentlichkeit weiterhin Zugang haben sollte. Sofern nicht spezifische Vorkehrungen getroffen werden, wird die Öffentlichkeit in einigen Mitgliedstaaten kein Recht mehr auf Zugang zu den diesen Stellen vorliegenden Umweltinformationen haben. Es ist i m Interesse des Umweltschutzes nicht wünschenswert, dass zwischen oder sogar innerhalb von Mitgliedstaaten allein aufgrund der Neuorganisation der betreffenden Dienste solche Diskrepanzen entstehen. Dementsprechend sollte sich der Geltungsbereich dieser Richtlinie auch auf juristische Personen erstrecken, die gesetzlich oder aufgrund von Vereinbarungen mit anderen Behörden mit dem Erbringen von Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, die Auswirkungen auf die Umwelt haben oder haben können. (13) Informationen, die von anderen Stellen aufgrund von Vereinbarungen für Behörden bereitgehalten werden, sollten unter Berücksichtigung der Art und Weise, in der Umweltinformationen physikalisch gespeichert werden, ebenfalls in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen. (14) Umweltinformationen sollten Antragstellern so rasch als möglich, in jedem Fall jedoch innerhalb einer angemessenen Frist, zugänglich gemacht werden. Falls ein Antragsteller von sich aus einen bestimmten Zweck angibt, zu dem die Information angefordert wird, so sollten Behörden sich in angemessener Weise darum bemühen, dem Antragsteller das Erreichen des angestrebten Zwecks zu ermöglichen. (15) Die Behörden sollten Umweltinformationen außer in gewissen Fällen, in denen ein solches Ersuchen abgelehnt werden kann, in der vom Antragsteller gewünschten Form bzw. dem gewünschten Format bereitstellen. (16) Zu diesem Zweck sollten Behörden verpflichtet sein, sich in angemessener Weise darum zu bemühen, dass bei ihnen vorhandene oder für sie bereitgehaltene Umweltinformationen in unmittelbar reproduzierbaren und über Computer-Telekommunikationsnetze zugänglichen Formen bzw. Formaten vorliegen. (17) Die Mitgliedstaaten sollten die praktischen Vorkehrungen treffen, nach denen derartige Informationen wirksam zugänglich gemacht werden. (18) Behörden sollten Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen ablehnen können. In einigen dieser Fälle sollten das öffentliche Interesse einer Weitergabe der Information und das Einzelinteresse an der Geheimhaltung gegeneinander abgewogen werden, und wenn das öffentliche Interesse einer Weitergabe der Information das Einzelinteresse an der Geheimhaltung überwiegt, sollte Zugang zu der gewünschten Information gewährt werden. Dabei sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Anforderungen der Richtlinie 95 / 46 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz

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natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABL L 281 vom 23. 11. 1995, S. 31) eingehalten werden. Die Gründe für die Verweigerung von Informationen sind dem Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist mitzuteilen. (19) Informationen über gemeinschaftsrechtlich geregelte Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt sollten nicht unter Berufung auf den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zurückgehalten werden. (20) Behörden sollten Umweltinformationen auszugsweise zugänglich machen, sofern es möglich ist, unter die Ausnahmebestimmungen fallende von anderen gewünschten Informationen zu trennen. (21) Die Mitgliedstaaten sollten für die Übermittlung der Informationen eine Gebühr erheben können, die jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten darf. In diesem Zusammenhang sollte eine Gebührenordnung veröffentlicht und Antragstellern zugänglich gemacht werden. Vorauszahlungen sollten nicht verlangt werden. (22) Antragsteller sollten die Handlungen oder Unterlassungen von Behörden in bezug auf einen Antrag auf dem Verwaltungs- oder Rechtsweg anfechten können. (23) U m das allgemeine Umweltbewusstsein zu erhöhen und so den Umweltschutz zu verbessern, sollten Behörden allgemeine Informationen über die Umwelt systematisch unter Verwendung bestehender Computer-Telekommunikationstechnik und/oder elektronischer Technologien verbreiten. Zu diesem Zweck sollten Behörden verpflichtet werden, sich in angemessener Weise darum zu bemühen, dass bei ihnen vorhandene oder für sie bereitgehaltene Umweltinformationen in unmittelbar reproduzierbaren und über Computer-Telekommunikationsnetze zugänglichen Formen bzw. Formaten vorliegen. (24) Diese Richtlinie sollte i m Lichte der Erfahrungen überprüft werden. (25) Die Ziele dieser Richtlinie können auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden und sollten entsprechend dem in Artikel 5 EG-Vertrag genannten Grundsatz der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit daher besser auf Gemeinschaftsebene verwirklicht werden. Die Richtlinie beschränkt sich auf das für die Erreichung dieser Ziele notwendige Mindestmaß und geht nicht über das erforderliche Maß hinaus. H A B E N F O L G E N D E R I C H T L I N I E ERLASSEN: Artikel 1 Ziele M i t dieser Richtlinie werden folgende Ziele verfolgt: (a) Gewährleistung eines Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, und Festlegung der grundlegenden Voraussetzungen der Ausübung dieses Rechts; sowie

EG-Richtlinienvorschlag über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen

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(b) Sicherstellung der systematischen öffentlichen Bereitstellung und Verbreitung von Umweltinformationen, insbesondere mittels verfügbarer Computer- Telekommunikationstechnik und/oder elektronischer Technologien. Artikel 2 Begriffsbestimmungen I m Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck: (1) „Umweltinformationen" sämtliche Informationen, die schriftlich, als Bildoder Tondokument, in elektronischer oder sonstiger Form über folgendes vorliegen: (a) den Zustand der Umweltmedien wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume, Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen ihnen; (b) Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, die Auswirkungen auf die unter Buchstabe (a) aufgeführten Umweltmedien und/oder die menschliche Gesundheit und Sicherheit haben oder haben können; (c) Emissionen, Ableitungen und sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt; (d) Maßnahmen, (einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen), wie ζ. B. politische Maßnahmen, Rechtsvorschriften, Pläne, Programme, Umweltschutzübereinkommen und Tätigkeiten, die Auswirkungen auf die unter Buchstabe (a) aufgeführten Umweltmedien haben oder haben können, sowie Maßnahmen oder Tätigkeiten zum Schutz dieser Elemente; (e) Kosten / Nutzen-Analysen und sonstige ökonomische Analysen und Annahmen, die i m Rahmen der in Buchstabe (d) genannten Maßnahmen und Tätigkeiten angestellt werden; (f) den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, menschliche Lebensbedingungen, Kulturstätten und Bauwerke, soweit diese vom Zustand der in Buchstabe (a) genannten Umweltmedien oder durch diese Elemente selbst oder die in Buchstaben (b) bis (d) aufgeführten Faktoren, Tätigkeiten oder Maßnahmen betroffen sind oder sein könnten; (2) „Behörden" (a) Regierungen und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene; (b) juristische oder natürliche Personen, die unter der Aufsicht einer Stelle oder Person im Sinne von Buchstabe (a) direkt oder indirekt die Umwelt betreffende öffentliche Zuständigkeiten oder Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen;

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(c) juristische Personen, die gesetzlich oder aufgrund von Vereinbarungen mit Stellen oder Personen i m Sinne von Buchstabe (a) oder (b) mit dem Erbringen von Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die Auswirkungen auf den Zustand von Umweltmedien haben oder haben können, betraut sind. Von dieser Begriffsbestimmung ausgenommen sind Stellen, soweit diese im Rahmen ihrer Rechtsprechungs- oder Gesetzgebungszuständigkeit tätig sind; (3) „für eine Behörde bereitgehaltene Informationen" Umweltinformationen, die von einer juristischen oder natürlichen Person aufgrund von Vereinbarungen zwischen dieser Behörde und der Person für diese bereitgehalten werden; (4) „Antragsteller" eine natürliche oder juristische Person, die Umweltinformationen beantragt. Artikel 3 Zugang zu Umweltinformationen auf Antrag (1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, auf Antrag die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern ohne Vorbringen eines Interesses zur Verfügung zu stellen. (2) Umweltinformationen sind dem Antragsteller nach Maßgabe von Absatz 3 und Artikel 4 wie folgt bereitzustellen: (a) so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags bei der betreffenden Behörde oder (b) innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags bei der Behörde, falls die Information derart umfangreich und komplex ist, dass die unter Buchstabe (a) genannte einmonatige Frist nicht eingehalten werden kann. In diesem Fall ist dem Antragsteller die Verlängerung der Frist unter Angabe von Gründen so bald wie möglich, in jedem Fall jedoch vor Ablauf der einmonatigen Frist, mitzuteilen. (3) Falls ein Antragsteller einen bestimmten Zweck angibt, zu dem er die Information anfordert, so bemühen Behörden sich in angemessener Weise darum, die gewünschte Information so rechtzeitig bereitzustellen, dass der Antragsteller den angestrebten Zweck erreichen kann. (4) Falls ein Antragsteller eine Behörde um die Bereitstellung von Umweltinformationen in einer bestimmten Form oder einem bestimmten Format (beispielsweise als Kopie) ersucht, so entspricht die Behörde diesem Antrag, es sei denn, (a) die Informationen sind bereits in einer bzw. einem anderen, dem Antragsteller leicht zugänglichen Form oder Format öffentlich verfügbar; (b) die Bereitstellung in einer anderen Form oder einem anderen Format ist zweckmäßig; in diesem Fall sind die Gründe für die Bereitstellung in dieser anderen Form bzw. diesem anderen Format anzugeben.

EG-Richtlinienvorschlag über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen

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Zu diesem Zweck bemühen die Behörden sich in angemessener Weise darum, dass die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen in unmittelbar reproduzierbaren und über Computer-Telekommunikationsnetze oder andere elektronische Mittel zugänglichen Formen oder Formaten vorliegen. Die Gründe, aus denen die auszugsweise oder vollständige Bereitstellung von Informationen in der gewünschten Form oder dem gewünschten Format verweigert wird, sind dem Antragsteller innerhalb der in Absatz 2 Buchstabe (a) genannten Frist mitzuteilen. (5) Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten die praktischen Vorkehrungen, nach denen Umweltinformationen wirksam zugänglich gemacht werden. Diese praktischen Vorkehrungen können folgendes umfassen: (a) Benennung von Auskunftsbeamten; (b) Einrichtung und Unterhaltung von Räumlichkeiten zur Einsichtnahme in die gewünschten Informationen; öffentlich zugängliche Listen von Behörden sowie Verzeichnisse oder Listen betreffend Umweltinformationen i m Besitz von Behörden und Informationsstellen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Behörden die Öffentlichkeit angemessen über die ihr aus dieser Richtlinie erwachsenden Rechte unterrichten. Artikel 4 Ausnahmen (1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen in folgenden Fällen abgelehnt wird: (a) Die gewünschte Information ist nicht bei der Behörde, an die der Antrag gerichtet ist, vorhanden oder wird nicht für diese bereitgehalten. In diesem Fall leitet die Behörde, falls sie vermutet, dass die betreffende Information bei einer anderen Behörde vorhanden sein oder für diese bereitgehalten werden könnte, den Antrag möglichst rasch an diese andere Behörde weiter und setzt den Antragsteller hiervon in Kenntnis. (b) Der Antrag ist offensichtlich missbräuchlich oder zu allgemein formuliert. (c) Der Antrag betrifft Informationen, die gerade vervollständigt werden, oder interne Mitteilungen. Das öffentliche Interesse einer Herausgabe der betreffenden Informationen ist dabei in jedem Einzelfall zu berücksichtigen. (2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Herausgabe der Informationen folgende Interessen nachteilig beeinträchtigen würde: (a) die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden; (b) internationale Beziehungen, die öffentliche Sicherheit und die Landesverteidigung;

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Anhang II:

tinformationsrecht

(c) die Rechtspflege, das Recht einer Person auf einen gerechten Prozess oder das Recht einer Behörde zur Durchführung amtlicher Ermittlungen i m Rahmen eines Straf- oder Disziplinarverfahrens; (d) Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese zur Wahrung berechtigter wirtschaftlicher Interessen von Rechts wegen geschützt sind. Die Mitgliedstaaten dürfen jedoch nicht vorsehen, dass ein Antrag unter Berufung hierauf abgelehnt wird, falls dieser Informationen über gemeinschaftsrechtlich geregelte Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt betrifft; (e) Rechte an geistigem Eigentum; (f) den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Richtlinie 9 5 / 4 6 / E G des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr; (g) die Interessen einer Person, die die beantragte Information freiwillig übermittelt hat, es sei denn, diese Person hat der Herausgabe der betreffenden Information zugestimmt; (h) Umweltbereiche, auf die sich die Informationen beziehen. In diesen Fällen ist jeweils das öffentliche Interesse einer Herausgabe der Information gegen das Einzelinteresse an einer Verweigerung der Information abzuwägen. Wenn das öffentliche Interesse dieses Einzelinteresse überwiegt, sollte Zugang zu der gewünschten Information gewährt werden. Die Mitgliedstaaten stellen in diesem Rahmen und für die Anwendung der Bestimmung des Buchstaben (f) sicher, dass die Anforderungen der Richtlinie 9 5 / 4 6 / E G eingehalten werden. (3) Bei den Behörden vorhandene oder für diese bereitgehaltene Umweltinformationen, zu denen Zugang beantragt wurde, sind auszugsweise zugänglich zu machen, sofern es möglich ist, unter die Ausnahmebestimmungen von Absatz 1 Buchstabe (c) oder Absatz 2 fallende Informationen von anderen beantragten Informationen zu trennen. (4) Die Weigerung, beantragte Informationen auszugsweise oder vollständig bereitzustellen, ist dem Antragsteller innerhalb der in Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe (a) oder gegebenenfalls Buchstabe (b) genannten Frist mitzuteilen. In der Mitteilung sind die Gründe für die Verweigerung der Information zu nennen, und der Antragsteller ist über das Beschwerdeverfahren nach Artikel 6 zu unterrichten. Artikel 5 Gebühren (1) Die Mitgliedstaaten können für die Übermittlung von Umweltinformationen eine Gebühr erheben, die jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten darf. Die Bereitstellung von Informationen darf nicht an im voraus zu zahlende Gebühren gebunden sein.

EG-Richtlinienvorschlag über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen

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(2) Sofern Gebühren erhoben werden, veröffentlichen die Behörden eine entsprechende Gebührenordnung und machen sie den Antragstellern zugänglich. Ferner geben sie die Umstände bekannt, unter denen Gebühren erhoben oder erlassen werden können. (3) Der Zugang zu öffentlichen Verzeichnissen oder Listen, die gemäß Artikel 3 Absatz 4 eingerichtet und geführt werden, ist gebührenfrei. Die Einsichtnahme in die beantragten Informationen an Ort und Stelle ist ebenfalls gebührenfrei. Artikel 6 Rechtsbehelfe (1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Antragstellern, die der Ansicht sind, ihr Antrag auf Zugang zu Informationen sei von einer Behörde nicht beachtet, zu unrecht (teilweise oder vollständig) abgelehnt, nicht angemessen beantwortet oder auf andere Weise nicht den Bestimmungen der Artikel 3, 4 oder 5 gemäß behandelt worden, ein Verfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf rechtlicher Grundlage bestehenden Stelle offen steht, mit dem die Handlungen oder Unterlassungen der betreffenden Behörde angefochten werden können. (2) Ferner stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass dem Antragsteller neben der Anfechtungsmöglichkeit auf dem Rechtsweg nach Absatz 1 ein Verfahren offen steht, in dessen Rahmen die Handlungen oder Unterlassungen einer Behörde von dieser selbst geprüft oder von einer anderen auf rechtlicher Grundlage bestehenden Stelle auf dem Verwaltungsweg überprüft wird. Dieses Verfahren muss zügig verlaufen und darf keine oder nur geringe Kosten verursachen. (3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Behörde, bei der der Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen gestellt wird, die notwendigen Schritte unternimmt, um den Entscheidungen i m Rahmen der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren nachzukommen. Artikel 7 Verbreitung von Umweltinformationen (1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Behörden bei ihnen vorhandene oder für sie bereitgehaltene Umweltinformationen unter Verwendung bestehender Computer-Telekommunikationstechnik und/oder elektronischer Technologien der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und verbreiten. Unter anderem sind folgende Informationen von Behörden bereitzustellen und zu verbreiten: (a) der Wortlaut internationaler Verträge, Ubereinkommen und Vereinbarungen sowie gemeinschaftlicher, nationaler, regionaler oder lokaler Rechtsvorschriften über die Umwelt oder mit Bezug zur Umwelt; (b) Politiken, Pläne und Programme betreffend die Umwelt; (c) Berichte über die Fortschritte bei der Umsetzung der unter Buchstaben (a) und (b) genannten Punkte;

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Anhang II:

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(d) Umweltzustandsberichte nach Absatz 2; (e) aus der Überwachung von Tätigkeiten, die Auswirkungen auf die Umwelt haben oder haben können, gewonnene Daten. Zu diesem Zweck bemühen die Behörden sich in angemessener Weise darum, dass Umweltinformationen, insbesondere der unter Buchstaben (a) bis (e) genannten Art, in unmittelbar reproduzierbaren und über Computer-Telekommunikationseinrichtungen oder andere elektronische Mittel zugänglichen Formen oder Formaten vorliegen. (2) Unbeschadet aller aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden spezifischen Berichtspflichten ergreifen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in regelmäßigen Abständen von nicht mehr als vier Jahren nationale, regionale bzw. lokale Umweltzustandsberichte veröffentlicht werden. Diese Berichte müssen Informationen über die Umweltqualität sowie über Umweltbelastungen enthalten. (3) Unbeschadet aller aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden spezifischen Verpflichtungen treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Vorkehrungen, um zu gewährleisten, dass Behörden i m Falle einer unmittelbaren Bedrohung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt unabhängig davon, ob diese Folge menschlicher Tätigkeit oder natürlicher Ursache ist, sämtliche ihnen vorliegenden Informationen unverzüglich verbreiten, die es der eventuell betroffenen Öffentlichkeit ermöglichen könnten, Maßnahmen zur Abwendung oder Begrenzung von Schäden infolge dieser Bedrohung zu ergreifen. (4) Die Mitgliedstaaten gewährleisten so weit wie möglich, dass alle nach diesem Artikel bereitgestellten oder verbreiteten Informationen oder veröffentlichten Berichte klar und verständlich sind. (5) Für die Verpflichtungen nach diesem Artikel gelten die Ausnahmen gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2. Artikel 8 Überprüfungsverfahren (1) Die Mitgliedstaaten erstatten spätestens am [Datum einsetzen: fünf Jahre nach dem in Artikel 9 genannten Datum] Bericht über die bei der Anwendung der Richtlinie gewonnenen Erfahrungen. Sie übermitteln ihre Berichte spätestens am [Datum einsetzen: sechs Monate nach dem oben genannten Datum] der Kommission. (2) A u f der Grundlage der Erfahrungen erstellt die Kommission einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat und fügt ihm etwaige Änderungsvorschläge bei.

EG-Richtlinienvorschlag über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen

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Artikel 9 Umsetzung Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, spätestens am [Datum einsetzen] in Kraft. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Wenn die Mitgliedstaaten die Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in diesen Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. Artikel 10 Aufhebung Die Richtlinie 90 / 313 / E W G wird hiermit zum [in Artikel 9 genanntes Datum einsetzen] aufgehoben. Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle i m Anhang zu lesen. Artikel 11 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Artikel 12 Adressaten Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

20 Informationsfreiheitsgesetz

Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) - Auszug Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens - unter Hinweis auf Grundsatz 1 der Erklärung von Stockholm über die Umwelt des Menschen; auch unter Hinweis auf Grundsatz 10 der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung; ferner unter Hinweis auf die Resolution 3 7 / 7 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 28. Oktober 1982 über die Weltcharta für die Natur und auf die Resolution 4 5 / 9 4 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1990 über die Notwendigkeit, eine gesunde Umwelt für das Wohl der Menschen zu sichern; unter Hinweis auf die Europäische Charta Umwelt und Gesundheit, die am 8. Dezember 1989 auf der ersten Europäischen Konferenz über Umwelt und Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation in Frankfurt am Main (Deutschland) verabschiedet wurde; in Bekräftigung der Notwendigkeit, den Zustand der Umwelt zu schützen, zu erhalten und zu verbessern und eine nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung zu gewährleisten; in der Erkenntnis, dass ein angemessener Schutz der Umwelt für das menschliche Wohlbefinden und die Ausübung grundlegender Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Leben, unabdingbar ist; ferner in der Erkenntnis, dass jeder Mensch das Recht hat, in einer seiner Gesundheit und seinem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt zu leben, und dass er sowohl als Einzelperson als auch in Gemeinschaft mit anderen die Pflicht hat, die Umwelt zum Wohle gegenwärtiger und künftiger Generationen zu schützen und zu verbessern; in Erwägung dessen, dass Bürger zur Wahrnehmung dieses Rechts und zur Erfüllung dieser Pflicht Zugang zu Informationen, ein Recht auf Beteiligung an Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten haben müssen, und in Anbetracht der Tatsache, dass sie in dieser Hinsicht gegebenenfalls Unterstützung benötigen, um ihre Rechte wahrnehmen zu können; in der Erkenntnis, dass im Umweltbereich ein verbesserter Zugang zu Informationen und eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren die Qualität und die Umsetzung von Entscheidungen verbessern, zum Bewusstsein der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten beitragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen, und es den Behörden

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ermöglichen, diese Anliegen angemessen zu berücksichtigen; mit dem Ziel, die Verantwortlichkeit und Transparenz bei Entscheidungsverfahren zu fördern und die öffentliche Unterstützung für Entscheidungen über die Umwelt zu stärken; in der Erkenntnis, dass es wünschenswert ist, Transparenz in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung zu erzielen, und mit der Aufforderung an die gesetzgebenden Körperschaften, die Grundsätze dieses Ubereinkommens in ihren Verfahren umzusetzen; auch in der Erkenntnis, dass sich die Öffentlichkeit der Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Entscheidungen bewusst sein, freien Zugang zu ihnen haben und wissen muss, wie sie genutzt werden können; ferner in der Erkenntnis der wichtigen Rolle, die einzelne Bürger, nichtstaatliche Organisationen und der private Sektor i m Umweltschutz spielen können; in dem Wunsch, die Umwelterziehung zu fördern, um das Verständnis für die Umwelt und eine nachhaltige Entwicklung zu vertiefen und um das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit für Entscheidungen, die Auswirkungen auf die Umwelt und eine nachhaltige Entwicklung haben, zu schärfen sowie deren Beteiligung an diesen Entscheidungen zu unterstützen; in Kenntnis der Wichtigkeit, in diesem Zusammenhang von den Medien und von elektronischen oder anderen, künftigen Kommunikationsformen Gebrauch zu machen; in der Erkenntnis der Bedeutung einer vollständigen Einbeziehung umweltbezogener Überlegungen in staatliche Entscheidungsverfahren und der daraus folgenden Notwendigkeit, dass Behörden über genaue, umfassende und aktuelle Informationen über die Umwelt verfügen; in Anerkennung dessen, dass Behörden über Informationen über die Umwelt i m öffentlichen Interesse verfügen; mit dem Anliegen, dass die Öffentlichkeit, einschließlich Organisationen, Zugang zu wirkungsvollen gerichtlichen Mechanismen haben soll, damit ihre berechtigten Interessen geschützt werden und das Recht durchgesetzt wird; in Kenntnis der Wichtigkeit, den Verbrauchern geeignete Produktinformationen zu geben, damit sie eine sachkundige, am Umweltschutz orientierte Auswahl treffen können; in Anerkennung der Sorge der Öffentlichkeit über die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt und in Erkenntnis der Notwendigkeit einer größeren Transparenz und stärkeren Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren in diesem Bereich; in der Überzeugung, dass die Durchführung dieses Übereinkommens zur Stärkung der Demokratie in der Region der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (ECE) beitragen wird; im Bewusstsein der Rolle, welche die ECE hierbei spielt, und unter Hinweis unter anderem auf die ECE-Leitlinien über den Zugang zu Informationen über die Umwelt und die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren i m Umweltbereich, die in der auf der dritten Ministerkonferenz „Umwelt für Europa" am 25. Oktober 1995 in Sofia (Bulgarien) angenommenen Ministererklärung gebilligt wurden; eingedenk der einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung i m grenzüberschreitenden Rahmen, das am 25. Februar 1991 in Espoo (Finnland) beschlossen wurde, des Übereinkommens über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen und des Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen, die beide am 17. März 1992 in Helsinki (Finnland) be20*

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schlossen wurden, sowie anderer regionaler Übereinkünfte; in dem Bewusstsein, dass die Annahme dieses Übereinkommens einen Beitrag zur weiteren Stärkung des Prozesses „Umwelt für Europa" und zu den Ergebnissen der im Juni 1998 in Aarhus (Dänemark) stattfindenden vierten Ministerkonferenz geleistet haben wird - sind wie folgt übereingekommen: Artikel 1 Ziel U m zum Schutz des Rechts jeder männlichen / weiblichen Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer seiner/ihrer Gesundheit und seinem/ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt beizutragen, gewährleistet jede Vertragspartei das Recht auf Zugang zu Informationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen. Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Übereinkommens 1. bedeutet „Vertragspartei", soweit sich aus dem Wortlaut nichts anderes ergibt, eine Vertragspartei dieses Übereinkommens; 2. bedeutet „Behörde" a) eine Stelle der öffentlichen Verwaltung auf nationaler, regionaler und anderer Ebene; b) natürliche oder juristische Personen, die aufgrund innerstaatlichen Rechts Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, einschließlich bestimmter Pflichten, Tätigkeiten oder Dienstleistungen i m Zusammenhang mit der Umwelt, wahrnehmen; c) sonstige natürliche oder juristische Personen, die unter der Kontrolle einer unter Buchstabe a oder Buchstabe b genannten Stelle oder einer dort genannten Person im Zusammenhang mit der Umwelt öffentliche Zuständigkeiten haben, öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen; d) die Einrichtungen aller in Artikel 17 näher bestimmten Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind. Diese Begriffsbestimmung umfasst keine Gremien oder Einrichtungen, die in gerichtlicher oder gesetzgebender Eigenschaft handeln; 3. bedeutet „Informationen über die Umwelt" sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über a) den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen;

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b) Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung sowie Tätigkeiten oder Maßnahmen, einschließlich Verwaltungsmaßnahmen, Umweltvereinbarungen, Politiken, Gesetze, Pläne und Programme, die sich auf die unter Buchstabe a) genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken, sowie Kosten-Nutzen-Analysen und sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen, die bei umweltbezogenen Entscheidungsverfahren verwendet werden; c) den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, Bedingungen für menschliches Leben sowie Kulturstätten und Bauwerke in dem Maße, in dem sie vom Zustand der Umweltbestandteile oder - auf dem Weg über diese Bestandteile - von den unter Buchstabe b genannten Faktoren, Tätigkeiten oder Maßnahmen betroffen sind oder betroffen sein können; 4. bedeutet „Öffentlichkeit" eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen; 5. bedeutet „betroffene Öffentlichkeit" die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; i m Sinne dieser Begriffsbestimmung haben nichtstaatliche Organisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse. Artikel 3 Allgemeine Bestimmungen (1) Jede Vertragspartei ergreift die erforderlichen Gesetzgebungs-, Regelungsund sonstigen Maßnahmen, einschließlich Maßnahmen zur Harmonisierung der Bestimmungen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen enthaltenen Bestimmungen über Informationen, Öffentlichkeitsbeteiligung und Zugang zu Gerichten, sowie geeignete Maßnahmen zum Vollzug, um einen klaren, transparenten und einheitlichen Rahmen zur Durchführung dieses Übereinkommens herzustellen und aufrechtzuerhalten. (2) Jede Vertragspartei bemüht sich, sicherzustellen, dass öffentlich Bedienstete und Behörden der Öffentlichkeit Unterstützung und Orientierungshilfe für den Zugang zu Informationen, zur Erleichterung der Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und für den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten geben. (3) Jede Vertragspartei fördert die Umwelterziehung und das Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit insbesondere in bezug auf die Möglichkeiten, Zugang zu Informationen zu erhalten, sich an Entscheidungsverfahren zu beteiligen und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten zu erhalten. (4) Jede Vertragspartei sorgt für angemessene Anerkennung und Unterstützung von Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen, die sich für den Umweltschutz

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einsetzen, und stellt sicher, dass ihr innerstaatliches Rechtssystem mit dieser Verpflichtung vereinbar ist. (5) Dieses Ubereinkommen lässt das Recht einer Vertragspartei unberührt, Maßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen, eine umfangreichere Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und einen weitergehenden Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten ermöglichen, als dies aufgrund dieses Übereinkommens erforderlich ist. (6) Dieses Übereinkommen verlangt keine Verdrängung geltender Rechte auf Zugang zu Informationen, auf Offentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten. (7) Jede Vertragspartei fördert die Anwendung der Grundsätze dieses Übereinkommens bei internationalen umweltbezogenen Entscheidungsverfahren sowie im Rahmen internationaler Organisationen in Angelegenheiten, die i m Zusammenhang mit der Umwelt stehen. (8) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass Personen, die ihre Rechte i m Einklang mit diesem Übereinkommen ausüben, hierfür nicht in irgendeiner Weise bestraft, verfolgt oder belästigt werden. Diese Bestimmung berührt nicht die Befugnis innerstaatlicher Gerichte, in Gerichtsverfahren angemessene Gerichtskosten zu erheben. (9) Im Rahmen der einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens hat die Öffentlichkeit Zugang zu Informationen, die Möglichkeit, an Entscheidungsverfahren teilzunehmen, und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, ohne dabei wegen Staatsangehörigkeit, Volkszugehörigkeit oder Wohnsitz benachteiligt zu werden; eine juristische Person darf nicht aufgrund ihres eingetragenen Sitzes oder aufgrund des tatsächlichen Mittelpunkts ihrer Geschäftstätigkeit benachteiligt werden. Artikel 4 Zugang zu Informationen über die Umwelt (1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Behörden nach Maßgabe der folgenden Absätze dieses Artikels und i m Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt auf Antrag zur Verfügung stellen; hierzu gehören, wenn dies beantragt wird und nach Maßgabe des Buchstaben b, auch Kopien der eigentlichen Unterlagen, die derartige Informationen enthalten oder die aus diesen Informationen bestehen; dies geschieht a) ohne Nachweis eines Interesses; b) in der erwünschten Form, es sei denn, i) es erscheint der Behörde angemessen, die Informationen in anderer Form zur Verfügung zu stellen, was zu begründen ist, oder ii) die Informationen stehen der Öffentlichkeit bereits in anderer Form zur Verfügung.

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(2) Die in Absatz 1 genannten Informationen über die Umwelt werden so bald wie möglich, spätestens jedoch einen Monat nach Antragstellung zur Verfügung gestellt, es sei denn, der Umfang und die Komplexität der Informationen rechtfertigen eine Fristverlängerung auf bis zu zwei Monate nach Antragstellung. Der Antragsteller wird über jede Verlängerung sowie über die Gründe hierfür informiert. (3) Ein Antrag auf Informationen über die Umwelt kann abgelehnt werden, wenn a) die Behörde, an die der Antrag gerichtet ist, nicht über die beantragten Informationen über die Umwelt verfügt; b) der Antrag offensichtlich missbräuchlich ist oder zu allgemein formuliert ist oder c) der Antrag Material betrifft, das noch fertiggestellt werden muss, oder wenn er interne Mitteilungen von Behörden betrifft, sofern eine derartige Ausnahme nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist oder gängiger Praxis entspricht, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe dieser Informationen zu berücksichtigen ist. (4) Ein Antrag auf Informationen über die Umwelt kann abgelehnt werden, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf a) die Vertraulichkeit der Beratungen von Behörden, sofern eine derartige Vertraulichkeit nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist; b) internationale Beziehungen, die Landesverteidigung oder die öffentliche Sicherheit; c) laufende Gerichtsverfahren, die Möglichkeit einer Person, ein faires Verfahren zu erhalten, oder die Möglichkeit einer Behörde, Untersuchungen strafrechtlicher oder disziplinarischer Art durchzuführen; d) Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sofern diese rechtlich geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen zu schützen. In diesem Rahmen sind Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, bekanntzugeben; e) Rechte auf geistiges Eigentum; f) die Vertraulichkeit personenbezogener Daten und/oder Akten in bezug auf eine natürliche Person, sofern diese der Bekanntgabe dieser Informationen an die Öffentlichkeit nicht zugestimmt hat und sofern eine derartige Vertraulichkeit nach innerstaatlichem Recht vorgesehen ist; g) die Interessen eines Dritten, der die beantragten Informationen zur Verfügung gestellt hat, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein oder verpflichtet werden zu können, sofern dieser Dritte der Veröffentlichung des Materials nicht zustimmt, oder

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h) die Umwelt, auf die sich diese Informationen beziehen, wie zum Beispiel die Brutstätten seltener Tierarten. Die genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe sowie ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind. (5) Verfügt eine Behörde nicht über die beantragten Informationen über die Umwelt, so informiert sie den Antragsteller so bald wie möglich darüber, bei welcher Behörde er ihres Erachtens die gewünschten Informationen beantragen kann, oder sie leitet den Antrag an diese Behörde weiter und informiert den Antragsteller hierüber. (6) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass für den Fall, dass Informationen, die aufgrund des Absatzes 3 Buchstabe c und des Absatzes 4 von der Bekanntgabe ausgenommen sind, ohne Beeinträchtigung der Vertraulichkeit der dieser Ausnahme unterliegenden Informationen ausgesondert werden können, die Behörden den jeweils nicht von dieser Ausnahme betroffenen Teil der beantragten Informationen über die Umwelt zur Verfügung stellen. (7) Die Ablehnung eines Antrags bedarf der Schriftform, wenn der Antrag selbst schriftlich gestellt wurde oder wenn der Antragsteller darum ersucht hat. In der Ablehnung werden die Gründe für die Ablehnung des Antrags genannt sowie Informationen über den Zugang zu dem nach Artikel 9 vorgesehenen Überprüfungsverfahren gegeben. Die Ablehnung erfolgt so bald wie möglich, spätestens nach einem Monat, es sei denn, die Komplexität der Informationen rechtfertigt eine Fristverlängerung auf bis zu zwei Monate nach Antragstellung. Der Antragsteller wird über jede Verlängerung sowie über die Gründe hierfür informiert. (8) Jede Vertragspartei kann ihren Behörden gestatten, für die Bereitstellung von Informationen eine Gebühr zu erheben, die jedoch eine angemessene Höhe nicht übersteigen darf. Behörden, die beabsichtigen, eine derartige Gebühr für die Bereitstellung von Informationen zu erheben, stellen den Antragstellern eine Übersicht über die Gebühren, die erhoben werden können, zur Verfügung, aus der hervorgeht, unter welchen Umständen sie erhoben oder erlassen werden können und wann die Bereitstellung von Informationen von einer Vorauszahlung dieser Gebühr abhängig ist. Artikel 5 Erhebung und Verbreitung von Informationen über die Umwelt (1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass a) Behörden über Informationen über die Umwelt verfügen, die für ihre Aufgaben relevant sind, und dass sie diese Informationen aktualisieren; b) verbindliche Systeme geschaffen werden, damit Behörden in angemessenem Umfang Informationen über geplante und laufende Tätigkeiten, die sich erheblich auf die Umwelt auswirken können, erhalten;

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c) i m Fall einer unmittelbar bevorstehenden, durch menschliche Tätigkeiten oder natürliche Ursachen hervorgerufenen Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt den möglicherweise betroffenen Mitgliedern der Öffentlichkeit unverzüglich und ohne Aufschub alle einer Behörde vorliegenden Informationen übermittelt werden, welche die Öffentlichkeit in die Lage versetzen könnten, Maßnahmen zur Vermeidung oder Begrenzung des durch die Gefahr verursachten Schadens zu ergreifen. (2) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Behörden i m Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt auf transparente Art und Weise zur Verfügung stellen und dass ein effektiver Zugang zu Informationen über die Umwelt besteht; dazu gehört unter anderem, dass a) sie die Öffentlichkeit ausreichend über Art und Umfang der den zuständigen Behörden vorliegenden Informationen über die Umwelt, über die grundlegenden Bedingungen, unter denen diese zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht werden, und über das für deren Erlangung maßgebliche Verfahren informiert; b) sie praktische Vorkehrungen trifft und beibehält wie zum Beispiel i) das Führen öffentlich zugänglicher Listen, Register oder Datensammlungen; ii) die Verpflichtung öffentlich Bediensteter, die Öffentlichkeit in dem Bemühen um Zugang zu Informationen aufgrund dieses Ubereinkommens zu unterstützen, sowie iii) die Benennung von Kontaktstellen und c) sie gebührenfreien Zugang zu den Informationen über die Umwelt gewährt, die in den unter Buchstabe b Ziffer i genannten Listen, Registern oder Datensammlungen enthalten sind. (3) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass Informationen über die Umwelt zunehmend in elektronischen Datenbanken, die der Öffentlichkeit über die öffentlichen Telekommunikationsnetze leicht zugänglich sind, zur Verfügung stehen. Zu den in dieser Form zugänglichen Informationen sollte folgendes gehören: a) die in Absatz 4 genannten Berichte über den Zustand der Umwelt; b) Texte von Umweltgesetzen oder von Gesetzen mit Umweltbezug; c) soweit angemessen Politiken, Pläne und Programme über die Umwelt oder mit Umweltbezug sowie Umweltvereinbarungen und d) sonstige Informationen in dem Umfang, in dem die Verfügbarkeit dieser Informationen in dieser Form die Anwendung innerstaatlichen Rechts, das dieses Ubereinkommen umsetzt, erleichtern würde, sofern diese Informationen bereits in elektronischer Form zur Verfügung stehen. (4) Jede Vertragspartei veröffentlicht und verbreitet in regelmäßigen Abständen von nicht mehr als drei oder vier Jahren einen nationalen Bericht über den Zustand

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der Umwelt, der Angaben über die Qualität der Umwelt und über Umweltbelastungen enthält. (5) Jede Vertragspartei ergreift i m Rahmen ihrer Rechtsvorschriften Maßnahmen, um unter anderem folgendes zu verbreiten: a) Gesetze und politische Dokumente, wie zum Beispiel Dokumente über Strategien, Politiken, Programme und Aktionspläne mit Umweltbezug, sowie auf verschiedenen Ebenen der öffentlichen Verwaltung erstellte Berichte über Fortschritte bei ihrer Umsetzung; b) völkerrechtliche Verträge, Übereinkünfte und Vereinbarungen zu Umweltfragen und c) soweit angemessen sonstige wichtige internationale Dokumente zu Umweltfragen. (6) Jede Vertragspartei ermutigt die Betreiber, deren Tätigkeiten erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, die Öffentlichkeit regelmäßig über die Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeiten und Produkte zu informieren, soweit angemessen im Rahmen freiwilliger Systeme wie des Umweltzeichens, des Öko-Audits oder sonstiger Maßnahmen. (7) Jede Vertragspartei a) veröffentlicht die Tatsachen und Tatsachenanalysen, die ihres Erachtens bei der Ausarbeitung wichtiger umweltpolitischer Vorschläge relevant und wesentlich sind; b) veröffentlicht verfügbares erläuterndes Material über ihren Umgang mit der Öffentlichkeit in Angelegenheiten, die unter dieses Übereinkommen fallen, oder macht dieses Material auf andere Art und Weise zugänglich und c) stellt in geeigneter Form Informationen über die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben oder die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen i m Zusammenhang mit der Umwelt durch alle Ebenen der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung. (8) Jede Vertragspartei entwickelt Strukturen, um sicherzustellen, dass der Öffentlichkeit ausreichende Produktinformationen zur Verfügung gestellt werden, welche die Verbraucher in die Lage versetzen, eine sachkundige, am Umweltschutz orientierte Auswahl zu treffen. (9) Jede Vertragspartei ergreift Maßnahmen, um schrittweise und gegebenenfalls unter Berücksichtigung internationaler Entwicklungen ein zusammenhängendes, landesweites System von Verzeichnissen oder Registern zur Erfassung der Umweltverschmutzung in Form einer strukturierten, computergestützten und öffentlich zugänglichen Datenbank aufzubauen; diese Datenbank wird anhand von standardisierten Berichten erstellt. Ein derartiges System kann Einträge, Freisetzungen und Übertragungen bestimmter Stoff- und Produktgruppen, einschließlich Wasser, Energie und Ressourcenverbrauch, aus bestimmten Tätigkeitsbereichen in

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Umweltmedien sowie in Behandlungs- und Entsorgungsstätten am Standort und außerhalb des Standorts umfassen. (10) Dieser Artikel lässt das Recht der Vertragsparteien unberührt, die Bekanntgabe bestimmter Informationen über die Umwelt nach Artikel 4 Absätze 3 und 4 abzulehnen. (Artikel 6-16

nicht abgedruckt)

Artikel 17 Unterzeichnung Dieses Übereinkommen liegt am 25. Juni 1998 in Aarhus (Dänemark) und danach bis zum 21. Dezember 1998 am Sitz der Vereinten Nationen in New York für die Mitgliedstaaten der Wirtschaftskommission für Europa, für Staaten, die nach den Nummern 8 und 11 der Entschließung 36 (IV) des Wirtschafts- und Sozialrats vom 28. März 1947 bei der Wirtschaftskommission für Europa beratenden Status haben, und für Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die aus souveränen Staaten, welche Mitglieder der Wirtschaftskommission für Europa sind, gebildet werden und denen ihre Mitgliedstaaten die Zuständigkeit für die von dem Übereinkommen erfassten Angelegenheiten, einschließlich der Zuständigkeit, über diese Angelegenheiten Verträge zu schließen, übertragen haben, zur Unterzeichnung auf. Artikel 18 Verwahrer Der Generalsekretär der Vereinten Nationen nimmt die Aufgaben des Verwahrers dieses Übereinkommens wahr. Artikel 19 Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt (1) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Unterzeichnerstaaten und die Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration. (2) Dieses Übereinkommen steht vom 22. Dezember 1998 an für die in Artikel 17 genannten Staaten und Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration zum Beitritt offen. (3) Jeder nicht in Absatz 2 genannte Staat, der Mitglied der Vereinten Nationen ist, kann dem Übereinkommen mit Genehmigung der Tagung der Vertragsparteien beitreten. (4) Jede in Artikel 17 genannte Organisation, die Vertragspartei dieses Übereinkommens wird, ohne dass einer ihrer Mitgliedstaaten Vertragspartei ist, ist durch alle Verpflichtungen aus dem Übereinkommen gebunden. Ist ein Mitgliedstaat oder sind mehrere Mitgliedstaaten einer solchen Organisation Vertragspartei des Übereinkommens, so entscheiden die Organisation und ihre Mitgliedstaaten über ihre

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jeweiligen Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Übereinkommen. In diesen Fällen sind die Organisation und die Mitgliedstaaten nicht berechtigt, die Rechte aus dem Übereinkommen gleichzeitig auszuüben. (5) In ihren Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden erklären die in Artikel 17 genannten Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration den Umfang ihrer Zuständigkeiten in bezug auf die durch dieses Übereinkommen erfassten Angelegenheiten. Diese Organisationen teilen dem Verwahrer auch jede wesentliche Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeiten mit. Artikel 20 Inkrafttreten ( 1 ) Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tag nach dem Tag der Hinterlegung der sechzehnten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 zählt eine von einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration hinterlegte Urkunde nicht als zusätzliche Urkunde zu den von den Mitgliedstaaten der Organisation hinterlegten Urkunden. (3) Für alle in Artikel 17 bezeichneten Staaten oder Organisationen, die nach Hinterlegung der sechzehnten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde dieses Übereinkommen ratifizieren, annehmen oder genehmigen oder ihm beitreten, tritt das Übereinkommen am neunzigsten Tag nach dem Tag der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch den Staat oder die Organisation in Kraft. Artikel 21 Rücktritt Eine Vertragspartei kann jederzeit nach Ablauf von drei Jahren nach dem Tag, an dem dieses Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist, durch eine an den Verwahrer gerichtete schriftliche Notifikation von dem Übereinkommen zurücktreten. Der Rücktritt wird am neunzigsten Tag nach dem Tag des Eingangs der Notifikation beim Verwahrer wirksam. Artikel 22 Verbindliche Wortlaute Die Urschrift dieses Übereinkommens, dessen englischer, französischer und russischer Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, wird beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt. Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben. Geschehen zu Aarhus (Dänemark) am 25. Juni 1998.

Anhang I I I : Supranationales Informationszugangsrecht

Art. 255 EGV (ex-Art. 191a) (1) Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedsstaat hat das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die nach den Absätzen 2 und 3 festzulegen sind. (2) Die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung dieses Rechts auf Zugang zu Dokumenten werden vom Rat binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam gemäß dem Verfahren des Art. 251 festgelegt. (3) Jedes der vorgenannten Organe legt in seiner Geschäftsordnung Sonderbestimmungen hinsichtlich des Zugangs zu seinen Dokumenten fest.

Artikel 42 Grundrechte-Charta Art. 42 Recht auf Zugang zu Dokumenten Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Erläuterung: Das in diesem Artikel garantierte Recht ist das Recht, das durch Art. 255 EG garantiert ist. Nach Art. 52 I I findet es im Rahmen der im Vertrag festgelegten Bedingungen Anwendung.

Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission Vom 30. Mai 2001 (Amtsblatt Nr. L 145 vom 31 / 05/2001 S. 4 3 - 4 8 )

DAS EUROPÄISCHE P A R L A M E N T U N D DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 255 Absatz 2, auf Vorschlag der Kommission (ABl. C 177 E vom 27. 6. 2000, S. 70), gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2001), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) In Artikel 1 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, wonach der Vertrag eine neue Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas darstellt, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden, ist das Prinzip der Transparenz verankert. (2) Transparenz ermöglicht eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und gewährleistet eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System. Transparenz trägt zur Stärkung der Grundsätze der Demokratie und der Achtung der Grundrechte bei, die in Artikel 6 des EU-Vertrags und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind. (3) In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Birmingham, Edinburgh und Kopenhagen wurde die Notwendigkeit betont, die Arbeit der Organe der Union transparenter zu machen. Diese Verordnung konsolidiert die Initiativen, die die Organe bereits ergriffen haben, um die Transparenz des Entscheidungsprozesses zu verbessern. (4) Diese Verordnung soll dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten größtmögliche Wirksamkeit verschaffen und gemäß Artikel 255 Absatz 2 des EG-Vertrags die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dafür festlegen. 21 Informationsfreiheitsgesetz

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(5) Da der Zugang zu Dokumenten i m Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und im Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft nicht geregelt ist, sollten sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission gemäß der Erklärung Nr. 41 zur Schlussakte des Vertrags von Amsterdam bei Dokumenten i m Zusammenhang mit Tätigkeiten, die sich aus diesen beiden Verträgen ergeben, von dieser Verordnung leiten lassen. (6) Ein umfassenderer Zugang zu Dokumenten sollte in den Fällen gewährt werden, in denen die Organe, auch i m Rahmen übertragener Befugnisse, als Gesetzgeber tätig sind, wobei gleichzeitig die Wirksamkeit ihrer Entscheidungsprozesse zu wahren ist. Derartige Dokumente sollten in größtmöglichem Umfang direkt zugänglich gemacht werden. (7) Gemäß Artikel 28 Absatz 1 und Artikel 41 Absatz 1 des EU-Vertrags gilt das Zugangsrecht auch für Dokumente aus den Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen. Jedes Organ sollte seine Sicherheitsbestimmungen beachten. (8) U m die vollständige Anwendung dieser Verordnung auf alle Tätigkeiten der Union zu gewährleisten, sollten alle von den Organen geschaffenen Einrichtungen die in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze anwenden. (9) Bestimmte Dokumente sollten aufgrund ihres hochsensiblen Inhalts einer besonderen Behandlung unterliegen. Regelungen zur Unterrichtung des Europäischen Parlaments über den Inhalt derartiger Dokumente sollten durch interinstitutionelle Vereinbarung getroffen werden. (10) U m die Arbeit der Organe transparenter zu gestalten, sollten das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission Zugang nicht nur zu Dokumenten gewähren, die von den Organen erstellt wurden, sondern auch zu Dokumenten, die bei ihnen eingegangen sind. In diesem Zusammenhang wird daran erinnert, dass ein Mitgliedstaat gemäß der Erklärung Nr. 35 zur Schlussakte des Vertrags von Amsterdam die Kommission oder den Rat ersuchen kann, ein aus dem betreffenden Mitgliedstaat stammendes Dokument nicht ohne seine vorherige Zustimmung an Dritte weiterzuleiten. (11) Grundsätzlich sollten alle Dokumente der Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen sollte jedoch durch Ausnahmen gewährleistet werden. Es sollte den Organen gestattet werden, ihre internen Konsultationen und Beratungen zu schützen, wo dies zur Wahrung ihrer Fähigkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen, erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Ausnahmen sollten die Organe in allen Tätigkeitsbereichen der Union die in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft verankerten Grundsätze über den Schutz personenbezogener Daten berücksichtigen. (12) Alle Bestimmungen über den Zugang zu Dokumenten der Organe sollten mit dieser Verordnung in Einklang stehen.

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(13) U m die uneingeschränkte Wahrung des Rechts auf Zugang zu gewährleisten, sollte ein Verwaltungsverfahren in zwei Phasen zur Anwendung kommen, mit der zusätzlichen Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten oder Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einzulegen. (14) Jedes Organ sollte die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Öffentlichkeit über die neuen geltenden Rechtsvorschriften zu informieren und sein Personal entsprechend auszubilden und so die Bürger bei der Ausübung der ihnen durch diese Verordnung gewährten Rechte zu unterstützen. U m den Bürgern die Ausübung dieser Rechte zu erleichtern, sollte jedes Organ ein Dokumentenregister zugänglich machen. (15) Diese Verordnung zielt weder auf eine Änderung des Rechts der Mitgliedstaaten über den Zugang zu Dokumenten ab, noch bewirkt sie eine solche Änderung; es versteht sich jedoch von selbst, dass die Mitgliedstaaten aufgrund des Prinzips der loyalen Zusammenarbeit, das für die Beziehungen zwischen den Organen und den Mitgliedstaaten gilt, dafür sorgen sollten, dass sie die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung nicht beeinträchtigen, und dass sie die Sicherheitsbestimmungen der Organe beachten sollten. (16) Bestehende Rechte der Mitgliedstaaten sowie der Justiz- oder Ermittlungsbehörden auf Zugang zu Dokumenten werden von dieser Verordnung nicht berührt. (17) Gemäß Artikel 255 Absatz 3 des EG-Vertrags legt jedes Organ in seiner Geschäftsordnung Sonderbestimmungen hinsichtlich des Zugangs zu seinen Dokumenten fest. Der Beschluss 9 3 / 7 3 1 / E G des Rates vom 20. Dezember 1993 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Ratsdokumenten (ABl. L 340 vom 31. 12. 1993, S. 43. Beschluss zuletzt geändert durch den Beschluss 2 0 0 0 / 5 2 7 / EG (ABl. L 212 vom 23. 8. 2000, S. 9).), der Beschluss 9 4 / 9 0 / E G K S , EG, Euratom der Kommission vom 8. Februar 1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten (ABl. L 46 vom 18. 2. 1994, S. 58. Beschluss geändert durch den Beschluss 9 6 / 5 6 7 / E G , EGKS, Euratom (ABl. L 247 vom 28. 9. 1996, S. 45).), der Beschluss 9 7 / 6 3 2 / E G , EGKS, Euratom des Europäischen Parlaments vom 10. Juli 1997 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments (ABl. L 263 vom 25. 9. 1997, S. 27.) sowie die Bestimmungen über die vertrauliche Behandlung von SchengenDokumenten sollten daher nötigenfalls geändert oder aufgehoben werden H A B E N FOLGENDE V E R O R D N U N G ERLASSEN: Artikel 1 Zweck Zweck dieser Verordnung ist es: a) die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel 255 des 21*

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EG-Vertrags niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (nachstehend „Organe" genannt) so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist, b) Regeln zur Sicherstellung einer möglichst einfachen Ausübung dieses Rechts aufzustellen, und c) eine gute Verwaltungspraxis i m Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten zu fördern. Artikel 2 Zugangsberechtigte und Anwendungsbereich (1) Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe. (2) Die Organe können vorbehaltlich der gleichen Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen allen natürlichen oder juristischen Personen, die keinen Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat haben, Zugang zu Dokumenten gewähren. (3) Diese Verordnung gilt für alle Dokumente eines Organs, das heißt Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden. (4) Unbeschadet der Artikel 4 und 9 werden Dokumente der Öffentlichkeit entweder auf schriftlichen Antrag oder direkt in elektronischer Form oder über ein Register zugänglich gemacht. Insbesondere werden Dokumente, die i m Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens erstellt wurden oder eingegangen sind, gemäß Artikel 12 direkt zugänglich gemacht. (5) Sensible Dokumente i m Sinne von Artikel 9 Absatz 1 unterliegen der besonderen Behandlung gemäß jenem Artikel. (6) Diese Verordnung berührt nicht das etwaige Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten i m Besitz der Organe, das sich aus internationalen Übereinkünften oder aus Rechtsakten der Organe zu deren Durchführung ergibt. Artikel 3 Begriffsbestimmungen I m Sinne dieser Verordnung bedeutet: a) „Dokument": Inhalte unabhängig von der Form des Datenträgers (auf Papier oder in elektronischer Form, Ton-, Bild- oder audiovisuelles Material), die einen Sachverhalt i m Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich des Organs betreffen; b) „Dritte": alle natürlichen und juristischen Personen und Einrichtungen außerhalb des betreffenden Organs, einschließlich der Mitgliedstaaten, der anderen Ge-

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meinschafts- oder Nicht-Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen und der Drittländer. Artikel 4 Ausnahmeregelung (1) Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde: a) der Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf: - die öffentliche Sicherheit, - die Verteidigung und militärische Belange, - die internationalen Beziehungen, - die Finanz-, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaats; b) der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten. (2) Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde: - der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums, - der Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung, - der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung. (3) Der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, wird verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung. Der Zugang zu einem Dokument mit Stellungnahmen zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs wird auch dann, wenn der Beschluss gefasst worden ist, verweigert, wenn die Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung. (4) Bezüglich Dokumente Dritter konsultiert das Organ diese, um zu beurteilen, ob eine der Ausnahmeregelungen der Absätze 1 oder 2 anwendbar ist, es sei denn,

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es ist klar, dass das Dokument verbreitet werden muss bzw. nicht verbreitet werden darf. (5) Ein Mitgliedstaat kann das Organ ersuchen, ein aus diesem Mitgliedstaat stammendes Dokument nicht ohne seine vorherige Zustimmung zu verbreiten. (6) Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments freigegeben. (7) Die Ausnahmen gemäß den Absätzen 1 bis 3 gelten nur für den Zeitraum, in dem der Schutz aufgrund des Inhalts des Dokuments gerechtfertigt ist. Die Ausnahmen gelten höchstens für einen Zeitraum von 30 Jahren. Im Falle von Dokumenten, die unter die Ausnahmeregelungen bezüglich der Privatsphäre oder der geschäftlichen Interessen fallen, und im Falle von sensiblen Dokumenten können die Ausnahmen erforderlichenfalls nach Ablauf dieses Zeitraums weiter Anwendung finden. Artikel 5 Dokumente in den Mitgliedstaaten Geht einem Mitgliedstaat ein Antrag auf ein in seinem Besitz befindliches Dokument zu, das von einem Organ stammt, so konsultiert der Mitgliedstaat - es sei denn, es ist klar, dass das Dokument verbreitet werden muss bzw. nicht verbreitet werden darf - das betreffende Organ, um eine Entscheidung zu treffen, die die Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung nicht beeinträchtigt. Der Mitgliedstaat kann den Antrag stattdessen an das Organ weiterleiten. Artikel 6 Anträge ( 1 ) Anträge auf Zugang zu einem Dokument sind in schriftlicher, einschließlich elektronischer, Form in einer der in Artikel 314 des EG-Vertrags aufgeführten Sprachen zu stellen und müssen so präzise formuliert sein, dass das Organ das betreffende Dokument ermitteln kann. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, Gründe für seinen Antrag anzugeben. (2) Ist ein Antrag nicht hinreichend präzise, fordert das Organ den Antragsteller auf, den Antrag zu präzisieren, und leistet ihm dabei Hilfe, beispielsweise durch Informationen über die Nutzung der öffentlichen Dokumentenregister. (3) Betrifft ein Antrag ein sehr umfangreiches Dokument oder eine sehr große Zahl von Dokumenten, so kann sich das Organ mit dem Antragsteller informell beraten, um eine angemessene Lösung zu finden. (4) Die Organe informieren die Bürger darüber, wie und wo Anträge auf Zugang zu Dokumenten gestellt werden können, und leisten ihnen dabei Hilfe. Artikel 7 Behandlung von Erstanträgen ( 1 ) Ein Antrag auf Zugang zu einem Dokument wird unverzüglich bearbeitet. Dem Antragsteller wird eine Empfangsbescheinigung zugesandt. Binnen fünfzehn

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Arbeitstagen nach Registrierung des Antrags gewährt das Organ entweder Zugang zu dem angeforderten Dokument und macht es innerhalb dieses Zeitraums gemäß Artikel 10 zugänglich oder informiert den Antragsteller schriftlich über die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung und über dessen Recht, gemäß Absatz 2 dieses Artikels einen Zweitantrag zu stellen. (2) I m Fall einer vollständigen oder teilweisen Ablehnung kann der Antragsteller binnen fünfzehn Arbeitstagen nach Eingang des Antwortschreibens des Organs einen Zweitantrag an das Organ richten und es um eine Überprüfung seines Standpunkts ersuchen. (3) In Ausnahmefällen, beispielsweise bei einem Antrag auf Zugang zu einem sehr umfangreichen Dokument oder zu einer sehr großen Zahl von Dokumenten, kann die in Absatz 1 vorgesehene Frist um fünfzehn Arbeitstage verlängert werden, sofern der Antragsteller vorab informiert wird und eine ausführliche Begründung erhält. (4) Antwortet das Organ nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist, so hat der Antragsteller das Recht, einen Zweitantrag einzureichen. Artikel 8 Behandlung von Zweitanträgen (1) Ein Zweitantrag ist unverzüglich zu bearbeiten. Binnen fünfzehn Arbeitstagen nach Registrierung eines solchen Antrags gewährt das Organ entweder Zugang zu dem angeforderten Dokument und macht es innerhalb dieses Zeitraums gemäß Artikel 10 zugänglich oder teilt schriftlich die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung mit. Verweigert das Organ den Zugang vollständig oder teilweise, so unterrichtet es den Antragsteller über mögliche Rechtsbehelfe, das heißt, Erhebung einer Klage gegen das Organ und /oder Einlegen einer Beschwerde beim Bürgerbeauftragten nach Maßgabe der Artikel 230 bzw. 195 des EG-Vertrags. (2) In Ausnahmefällen, beispielsweise bei einem Antrag auf Zugang zu einem sehr umfangreichen Dokument oder zu einer sehr großen Zahl von Dokumenten, kann die in Absatz 1 vorgesehene Frist um fünfzehn Arbeitstage verlängert werden, sofern der Antragsteller vorab informiert wird und eine ausführliche Begründung erhält. (3) Antwortet das Organ nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist, gilt dies als abschlägiger Bescheid und berechtigt den Antragsteller, nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des EG-Vertrags Klage gegen das Organ zu erheben und/oder Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einzulegen. Artikel 9 Behandlung sensibler Dokumente (1) Sensible Dokumente sind Dokumente, die von den Organen, den von diesen geschaffenen Einrichtungen, von den Mitgliedstaaten, Drittländern oder internationalen Organisationen stammen und gemäß den Bestimmungen der betreffenden Organe zum Schutz grundlegender Interessen der Europäischen Union oder eines

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oder mehrerer Mitgliedstaaten in den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a) genannten Bereichen, insbesondere öffentliche Sicherheit, Verteidigung und militärische Belange, als „TRES S E C R E T / T O P SECRET", „SECRET" oder „ C O N F I D E N T I E L " eingestuft sind. (2) Anträge auf Zugang zu sensiblen Dokumenten im Rahmen der Verfahren der Artikel 7 und 8 werden ausschließlich von Personen bearbeitet, die berechtigt sind, Einblick in diese Dokumente zu nehmen. Unbeschadet des Artikels 11 Absatz 2 entscheiden diese Personen außerdem darüber, welche Hinweise auf sensible Dokumente in das öffentliche Register aufgenommen werden können. (3) Sensible Dokumente werden nur mit Zustimmung des Urhebers i m Register aufgeführt oder freigegeben. (4) Die Entscheidung eines Organs über die Verweigerung des Zugangs zu einem sensiblen Dokument ist so zu begründen, dass die durch Artikel 4 geschützten Interessen nicht beeinträchtigt werden. (5) Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass bei der Bearbeitung von Anträgen auf Zugang zu sensiblen Dokumenten die in diesem Artikel und in Artikel 4 vorgesehenen Grundsätze beachtet werden. (6) Die Bestimmungen der Organe über sensible Dokumente werden öffentlich gemacht. (7) Die Kommission und der Rat unterrichten das Europäische Parlament hinsichtlich sensibler Dokumente gemäß den zwischen den Organen vereinbarten Regelungen. Artikel 10 Zugang im Anschluss an einen Antrag (1) Der Zugang zu den Dokumenten erfolgt je nach Wunsch des Antragstellers entweder durch Einsichtnahme vor Ort oder durch Bereitstellung einer Kopie, gegebenenfalls in elektronischer Form. Die Kosten für die Anfertigung und Übersendung von Kopien können dem Antragsteller in Rechnung gestellt werden. Diese Kosten dürfen die tatsächlichen Kosten für die Anfertigung und Übersendung der Kopien nicht überschreiten. Die Einsichtnahme vor Ort, Kopien von weniger als 20 DIN-A4-Seiten und der direkte Zugang in elektronischer Form oder über das Register sind kostenlos. (2) Ist ein Dokument bereits von dem betreffenden Organ freigegeben worden und für den Antragsteller problemlos zugänglich, kann das Organ seiner Verpflichtung zur Gewährung des Zugangs zu Dokumenten nachkommen, indem es den Antragsteller darüber informiert, wie er das angeforderte Dokument erhalten kann. (3) Die Dokumente werden in einer vorliegenden Fassung und Form (einschließlich einer elektronischen oder anderen Form, beispielsweise Braille-Schrift, Großdruck oder Bandaufnahme) zur Verfügung gestellt, wobei die Wünsche des Antragstellers vollständig berücksichtigt werden.

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Artikel 11 Register (1) I m Hinblick auf die wirksame Ausübung der Rechte aus dieser Verordnung durch die Bürger macht jedes Organ ein Dokumentenregister öffentlich zugänglich. Der Zugang zum Register sollte in elektronischer Form gewährt werden. Hinweise auf Dokumente werden unverzüglich in das Register aufgenommen. (2) Das Register enthält für jedes Dokument eine Bezugsnummer (gegebenenfalls einschließlich der interinstitutionellen Bezugsnummer), den Gegenstand und/oder eine kurze Beschreibung des Inhalts des Dokuments sowie das Datum des Eingangs oder der Erstellung und der Aufnahme in das Register. Die Hinweise sind so abzufassen, dass der Schutz der in Artikel 4 aufgeführten Interessen nicht beeinträchtigt wird. (3) Die Organe ergreifen unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zur Einrichtung eines Registers, das spätestens zum 3. Juni 2002 funktionsfähig ist. Artikel 12 Direkter Zugang in elektronischer Form oder über ein Register (1) Die Organe machen, soweit möglich, die Dokumente direkt in elektronischer Form oder über ein Register gemäß den Bestimmungen des betreffenden Organs öffentlich zugänglich. (2) Insbesondere legislative Dokumente, d. h. Dokumente, die i m Laufe der Verfahren zur Annahme von Rechtsakten, die in den oder für die Mitgliedstaaten rechtlich bindend sind, erstellt wurden oder eingegangen sind, sollten vorbehaltlich der Artikel 4 und 9 direkt zugänglich gemacht werden. (3) Andere Dokumente, insbesondere Dokumente in Verbindung mit der Entwicklung von Politiken oder Strategien, sollten soweit möglich direkt zugänglich gemacht werden. (4) Wird der direkte Zugang nicht über das Register gewährt, wird i m Register möglichst genau angegeben, wo das Dokument aufzufinden ist. Artikel 13 Veröffentlichung von Dokumenten i m Amtsblatt (1) Neben den Rechtsakten, auf die in Artikel 254 Absätze 1 und 2 des EGVertrags und Artikel 163 Absatz 1 des Euratom-Vertrags Bezug genommen wird, werden vorbehaltlich der Artikel 4 und 9 der vorliegenden Verordnung folgende Dokumente i m Amtsblatt veröffentlicht: a) Vorschläge der Kommission; b) Gemeinsame Standpunkte des Rates gemäß den in den Artikeln 251 und 252 des EG-Vertrags genannten Verfahren und ihre Begründung sowie die Standpunkte des Europäischen Parlaments in diesen Verfahren; c) Rahmenbeschlüsse und Beschlüsse i m Sinne des Artikels 34 Absatz 2 des EU-Vertrags;

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d) vom Rat aufgrund des Artikels 34 Absatz 2 des EU-Vertrags erstellte Übereinkommen; e) zwischen den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 293 des EG-Vertrags unterzeichnete Übereinkommen; f) von der Gemeinschaft oder gemäß Artikel 24 des EU-Vertrags geschlossene internationale Übereinkünfte. (2) Folgende Dokumente werden, soweit möglich, i m Amtsblatt veröffentlicht: a) dem Rat von einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 67 Absatz 1 des EG-Vertrags oder Artikel 34 Absatz 2 des EU-Vertrags unterbreitete Initiativen; b) Gemeinsame Standpunkte im Sinne des Artikels 34 Absatz 2 des EU-Vertrags; c) Richtlinien, die nicht unter Artikel 254 Absätze 1 und 2 des EG-Vertrags fallen, Entscheidungen, die nicht unter Artikel 254 Absatz 1 des EG-Vertrags fallen, sowie Empfehlungen und Stellungnahmen. (3) Jedes Organ kann in seiner Geschäftsordnung festlegen, welche weiteren Dokumente im Amtsblatt veröffentlicht werden. Artikel 14 Information (1) Jedes Organ ergreift die notwendigen Maßnahmen, um die Öffentlichkeit über die Rechte zu informieren, die sie gemäß dieser Verordnung hat. (2) Die Mitgliedstaaten arbeiten mit den Organen bei der Bereitstellung von Informationen für die Bürger zusammen. Artikel 15 Verwaltungspraxis in den Organen (1) Die Organe entwickeln eine gute Verwaltungspraxis, um die Ausübung des durch diese Verordnung gewährleisteten Rechts auf Zugang zu Dokumenten zu erleichtern. (2) Die Organe errichten einen interinstitutionellen Ausschuss, der bewährte Praktiken prüft, mögliche Konflikte behandelt und künftige Entwicklungen im Bereich des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten erörtert. Artikel 16 Vervielfältigung von Dokumenten Diese Verordnung gilt unbeschadet geltender Urheberrechts Vorschriften, die das Recht Dritter auf Vervielfältigung oder Nutzung der freigegebenen Dokumente einschränken. Artikel 17 Berichte (1) Jedes Organ legt jährlich einen Bericht über das Vorjahr vor, in dem die Zahl der Fälle aufgeführt ist, in denen das Organ den Zugang zu Dokumenten ver-

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weigert hat, sowie die Gründe für diese Verweigerungen und die Zahl der sensiblen Dokumente, die nicht in das Register aufgenommen wurden. (2) Spätestens zum 31. Januar 2004 veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Anwendung der Grundsätze dieser Verordnung und legt Empfehlungen vor, gegebenenfalls mit Vorschlägen für die Überprüfung dieser Verordnung und für ein Aktionsprogramm für die von den Organen zu ergreifenden Maßnahmen. Artikel 18 Durchführungsmaßnahmen (1) Jedes Organ passt seine Geschäftsordnung an die Bestimmungen dieser Verordnung an. Diese Anpassungen werden am 3. Dezember 2001 wirksam. (2) Innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung prüft die Kommission die Vereinbarkeit der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 354/83 des Rates vom 1. Februar 1983 über die Freigabe der historischen Archive der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. L 43 vom 15. 2. 1983, S. 1.) mit dieser Verordnung, um zu gewährleisten, dass die Dokumente so umfassend wie möglich aufbewahrt und archiviert werden. (3) Innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung prüft die Kommission die Vereinbarkeit der geltenden Vorschriften über den Zugang zu Dokumenten mit dieser Verordnung. Artikel 19 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Sie gilt ab dem 3. Dezember 2001. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Geschehen zu Brüssel am 30. M a i 2001.

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Senatsverwaltung

für Inneres (BlnSenlnn):

(BlnBDA):

Jahresbericht 2000

Auswertung der landesweiten Umfrage

zum Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit i m Land Berlin vom 23. A p r i l 2001 Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht

Brandenburg

(LDA Bbg): Tätigkeitsbericht 1999 - Tätigkeitsbericht 2000 Europäische Kommission:

Informationen des öffentlichen Sektors - Eine Schlüsselressource

für Europa, Grünbuch über die Informationen des öffentlichen Sektors in der Informationsgesellschaft, K O M (1998) 585 endg Umweltgesetzbuch

(UGB-KomE):

Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission

zum Umweltgesetzbuch beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 1998 Unabhängiges

Landeszentrum für

Datenschutz

Schleswig-Holstein

(ULD

SH): Tätigkeits-

bericht 2001 (= Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz, LT-Drucks. 15/870).

arverzeichnis Die Fundstellen sind angegeben in Randnummern zur Einleitung und zum jeweiligen Paragraphen

Aussonderung

Aarhus-Konvention, Einl 22

geheimhaltungsbedürftiger

Informationen, § 9, 2, 13 f.

Ablichtungen aus Akten, § 12, 18 Aktenbegriff, § 4, 2 Akteneinsicht in Gerichtsverfahren, Einl 14 Akteneinsichtsrecht, Einl 12, 16; § 8, 6; § 9, 7 beschränkte, Einl

13,

Befristung

§6, 12

der

Informationsverweigerung,

9, 18 f., 21 Bekanntgabe

Aktenpläne, § 15, 15

der

behördlichen

Entschei-

d u n g ^ 11, 15

Amtliche Informationen, § 4, 6

Beliehene als Anspruchsverpflichtete, § 3,

Amtsgeheimnis, Einl 19; § 7, 28

14

Amtshilfe, § 2, 3 Amts träger, § 7, 2

Beratung zur Antragstellung, § 10, 16

Recht

auf

informationelle

zugang, § 11, 1 ff.

Amtsverschwiegenheit, § 6, 11

Beschränkung des Informationszugangs, § 9,

Anhörung Betroffener, § 11, 2, 22 Anspruchsverpflichtete beim Informations-

Iff. Bestandskraft

zugangsrecht, § 3, 13 ff.

der behördlichen

Entschei-

d u n g ^ 11,27

Antrag, Bestimmtheit, § 10, 13 ff.

Betriebsgeheimnis, § 7, 3

Antrag, schriftlicher, § 10, 9 ff. beim

Berufsgeheimnis, § 7, 28; § 8, 1 ff. Bescheidung des Antrags auf Informations-

Selbstbestimmung, § 7, 10, 25 f.

Antragstellung

Informationszugangsfrei-

Behördenbegriff, § 4, 3

32; § 1,3

Amtsträger,

für

Begründung bei Ablehnungsbescheid, § 1 1 ,

Aktengeheimhaltung, Einl 13 Aktenöffentlichkeit,

Beauftragter

heit, § 16, 1 ff.

Akteneinsicht, § 12, 2, 7, 12

Informationszugang,

§ 10, 1 ff.

Datenschutz, Einl 31; § 7, 1, 25 f.

Antragstellung, elektronische, § 10, 11

Datenschutzbeauftragter, § 16, 6, 8 f., 11

Aquivalenzprinzip i m Gebührenrecht, § 14,

Demokratie, freiheitliche, Einl 32; § 1,5 Dokumentationspflicht

1, 17 Auskunftsanspruch, Einl 16, 17; § 2, 4; § 9, Auslagenerstattung

beim

Durchführung

des

Informationszugangs,

InformationszuEigentumsschutz

gang, § 14, 3, 5, 24 Ausnahmen von der InformationszugangsStreitschlichtung,

von Betriebs-

und Ge-

schäftsgeheimnissen, § 8, 10 Einsichtsrechte, Einl 17

freiheit, § 3, 18 ff. 13, 18 ff.

öffentlichen

Vorb § 10; § 12, 1 ff.

2, 15 f.

Außergerichtliche

der

Stelle, § 9, 17

Auskunfterteilung, § 12, 7, 12

§ 16,

Einwilligung in die Offenbarung personenbezogener Daten, § 7, 17, 20, 22, 32

arverzeichnis

340 Elektronische Kopie, § 12, 18

nformationsfreiheitsgesetz,

Elektronischer Informationszugang, § 15, 16 Entwürfe zu Informationsvorgängen, § 4, 9; § 6 , 15

Anwendungs-

bereich, § 3, 1 ff. nformationsfreiheitsgesetz,

Entwürfe

des

Entwürfe

der

Bundes, Einl 34 ff. nformationsfreiheitsgesetze,

Fiktion der Ablehnungsentscheidung, § 11, 14

Länder, Einl 38 nformationsgesellschaft, Einl 1

Fiktion der Antragsstattgabe, § 11, 14

nformationsgewährung, § 12, 1

Frist zur Antragsbescheidung, § 11, 4, 8,

nformationsinfrastruktur, § 15, 9

11 ff.

nformationsquelle, allgemein zugängliche,

Fristverlängerung, § 11, 13

Einl 11

Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, Einl 34; § 6 , 1,6, 19

nformationsträger, § 4, 5, 8 nformationsübermittlung,

Gebühr bei Ablehnung des Informationszugangs, § 14, 27 f.

Auswahlermes-

sen, § 12, 9, 14 nformationsverzeichnisse,

§ 10, 2; § 15,

Iff.

Gebühr, angemessene, § 14, 23

nformationszugang bei der EG, Einl 21

Gebührenbefreiung, § 14, 30

nformationszugang bei laufenden Verwal-

Gebührenbemessung, § 14, 4

tungsverfahren, § 3, 26 ff.

Gebührenerhebung, § 14, 1,9

nformationszugang

Gebührenermäßigung, § 14, 30

für juristische

Perso-

nen, § 2, 17 ff.

Gebührenhöhe, § 14, 14

nformationszugang für nicht rechtsfähige

Gebührentatbestand, § 14, 26

Personenvereinigungen, § 2, 20

Gebühren Verordnung, § 14, 25 ff.

nformationszugang

Gebührenverzeichnis, § 14, 9 f. Gegenrechte des Staates zur Informationszugangsfreiheit, § 5, 8 f. Geheimhaltungsinteresse, berechtigtes, § 8,

16

i m Bundesrecht,

Einl

i m Landesrecht,

Einl

lOff. nformationszugang 25 nformationszugang

in

ausländischen

Rechtsordnungen, Einl 3 ff.

Geheimhaltungsvorschriften, § 6, 11 f.

nformationszugang,

Geistiges Eigentum, § 8, 1, 4, 10, 20 Gemeinwohlbelange als Grenze der Informationszugangsfreiheit, § 5, 10 f.

Anspruchsberechtigte,

§ 2 , 16 ff. nformationszugang, Anspruchsgrenzen, § 2, 24; Vorb § 5

Geschäftsgeheimnis, § 7, 3; § 8, 1 ff. Gesetzgebungskompetenz für Informations-

nformationszugang, Bestimmungsrecht des Antragstellers, § 12, 13

freiheitsgesetz, § 3, 10 f. Gewerbliche Nutzung von Informationen,

nformationszugang, Formen, § 12, 9, 12 ff. nformationszugang, Gegenstand, § 2, 22 f.

§ 14, 29 Grünbuch „Informationen des öffentlichen

nformationszugang,

individueller

An-

spruch, § 2, I f f . , 14 ff.

Sektors", Einl 24; § 1, 10 Grundrecht der Informationsfreiheit, Einl 11

nformationszugang,

praktische

Erfahrun-

gen, § 2, 7 ff.; § 3, 4

Grundrechtecharta der EG, Einl 23 Grundrechtsschutz durch Verfahren, § 7 , 1 1

nformationszugang,

Rechtsstreitigkeiten,

§2,11 nformationszugang, Voraussetzungen, § 2,

In-camera-Verfahren, § 16,21 Individuelle

Informationsfreiheit,

27 f.; § 2, 4 Informantenschutz, § 7, 29

Einl

2,

15 ff. nformationszugangsanspruch gegen Rechnungshof, § 3, 22

341

Sachwortverzeichnis Informationszugangsanspruch

und Gesetz-

gebung, § 3, 20, 23

Personenbezogene Daten, § 7, 3 ff. Pressefreiheit, Einl 12

Informationszugangsanspruch

und Rechts-

pflege, § 3, 21, 23

Prüfungsbefugnis öffentlicher Stellen, § 1 1 , 17

Informationszugangsfreiheit, Einl 15, 29 f.; § 1, i f f .

Recht

Informationszugangsrechte für Berechtigte, Einl 16

auf

informationelle

Selbstbestim-

mung, Einl 31; § 7 , 1 , 6 , 2 5 Rechtliches Gehör, § 7, 30 ff.; § 8, 24 ff.

Informationszugangsrechte, bereichsspezifische, Einl 15

Rechtsbehelfsbelehrung bei Ablehnungsbescheid, § 11,22

Informationszugangsrechte,

Vorrang

von

Spezialgesetzen, § 2, 27 ff.; § 3, 24 f.

tionszugangsfreiheit, § 5, 4, 12 f.

Internet und Informationszugang, § 12, 3

Rechtshilfe, § 2, 3 Register zur Dokumentenführung, § 15, 4

Kabinetts vorlagen, § 5, 3; § 6, 5 Kennzeichnungspflicht

für

Betriebs-

Rechtsdurchsetzung als Grenze der Informa-

und

Geschäftsgeheimnisse, § 8, 26 Konkurrentenschutz, § 8, 6, 16 Kosten des Informationszugangs, § 14, 1 ff.

Register, öffentliche, Einl 17 Richtigkeitsgewähr, fehlende, § 2, 25 f. Richtigkeitskontrolle

von

Informationen,

§ 2, 2 ; § 12, 15

Kostendeckungsprinzip, § 14, 4, 8, 16 Kostenerhebung für Amtshandlungen, § 14,

Schutz behördlicher Entscheidungsprozesse, § 6 , 1, 17 ff.

21 f. Kostenfreiheit

des

Informationszugangs,

im

Informationszugangs-

Schutz der Rechtspflege, § 5, 13 Schutz fremder öffentlicher

§ 14, 12 Kostenregelung

Stellen, § 5,

14 ff. Schutz von Gemeinwohlbelangen, § 5, 10 f.

recht, § 14, 18 f.

Schwärzung geheimhaltungsbedürftiger Massenverfahren beim Informationszugang, § 13,6 Missbrauch

In-

formationen, § 9, 5, 7, 12 Selbstkontrolle öffentlicher Stellen, § 11, 25

der

Informationszugangsfrei-

Stasi-Unterlagen-Gesetz, Einl 16

heit, § 6, 10, 16 Mitwirkungspflichten Betroffener, § 8, 21 Negativkatalog, § 8, 19 Negativlisten, § 8, 2 Notizen zu Informationsvorgängen, § 4, 9; § 6 , 15 Notizen, Anfertigung, § 12, 18 Offenbarung personenbezogener Daten, § 7, 16, 18 ff. Offenbarungsbefugnis bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, § 8, 18 f. Öffentliche Interessen als Grenze der Informationszugangsfreiheit, § 5, 1 ff. Öffentliche Stellen, § 1, 1; § 3, 6ff., 13ff.; § 4 , 5, 10; § 8 , 25

Tätigkeitsbericht des Informationsbeauftragten, § 16, 16 Telekommunikationsrecht, § 8, 8 Ubermaß verbot bei Gebührenerhebung, § 14, 11 Übermaßverbot beim beschränkten Informationszugang, § 9, 8 f. Umweltinformationsgesetz, Einl 20 Umweltinformationsrecht, Einl 18 ff.; § 1, 2; §5,6 Umweltinformationsrichtlinie der EG, Einl

20 Unkenntlichmachung

geheimhaltungsbe-

dürftiger Informationen, § 9, 2

Öffentlichkeit der Verwaltung, Einl 26

Unterrichtung Betroffener, § 8, 27

Organisationspläne, § 15, 15

Urheberrecht, § 8, 2, 4, 20

23 Informationsfreiheitsgesetz

342

arverzeichnis

Verfahren bei der Informationsgewährung, Vorb § 10

Verwaltungskommunikation, § 12, 12 Verweigerung der Aktenvorlage, § 16, 19 f.

Vergabe öffentlicher Aufträge, § 8, 4, 7, 19 Vertraulichkeit von Beratungen, § 6, 5, 10, 14 Vertreterbestellung, § 13, 2, 9 Vertretung i m Verfahren auf Informationszu-

Wettbewerbsschutz, § 8, 19 Widerspruchsverfahren

i m Informationszu-

gangsrecht, § 11, 1,25, 28 Wissenschaftsfreiheit, Einl 12

gang, § 13, 1 ff. Verwaltungsakt mit Drittwirkung, § 11, 27 Verwaltungshelfer als Anspruchsverpflichtete, § 3, 14 Verwaltungsinformationsrecht, § 4, 4

Zuständigkeit der öffentlichen Stelle, § 10, 17 f. Zustimmung zum Informationszugang, § 5, 17