Hanuman, der Gott in Affengestalt: Entwicklung und Erscheinungsformen seiner Verehrung [Reprint 2011 ed.] 3110171872, 9783110171877

In einer sowohl historisch wie empirisch angelegten Studie werden Aufstieg und Bedeutung der im heutigen Indien überaus

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Hanuman, der Gott in Affengestalt: Entwicklung und Erscheinungsformen seiner Verehrung [Reprint 2011 ed.]
 3110171872, 9783110171877

Table of contents :
I. Einleitung
II. Hanumānweihe in Benares
III. Geschichtliche Entwicklung
1. Vor dem Rāmāyana (ca. 2500 – ca. 300 v. Chr.)
1.1. Affen in der Industalkultur
1.2. Vṛṣākapi: der Affe im Veda?
1.3. ›Affentotemismus‹
1.4. Yakṣa und vīr
2. Die Zeit der Epen (ca. 300 v. Chr.–ca. 300 n.Chr.)
2.1. Hanumān in Vālmīkis Rāmāyaṇa
2.2. Hanumān im Mahābbārata
3. Von den Epen zur moslemischen Invasion (ca. 300–ca. 1200 n. Chr.)
3.1. Religionsgeschichtliche Aspekte (bis ca. 1000 n. Chr.)
3.2. Hanumān in der Literatur
3.3. Hanumān in der Kunst
3.4. Hanumān auf Münzen und in Inschriften
3.5. Hanumān und die Yogīs
3.6. Die Entwicklung der Rāmaverehrung I
4. Abwehrkampf und Devotion (ca. 1200–ca. 1600)
4.1. Religionsgeschichtliche Aspekte II
4.2. Hanumān, Rāma und die Muslime
4.3. Hanumān in der Literatur und in der Kunst (ca. 1200–ca. 1600)
4.4. Die Entwicklung der Rāmaverehrung II
4.5. Tulsīdās und Hanumān
5. Endgültige Etablierung (ca. 1600 – heute)
5.1. Religionsgeschichtliche Aspekte (um 1600)
5.2. Hanumān und die Marāṭhās
5.3. Hanumān in der Literatur und in der Kunst (ab ca. 1600)
5.4. Hanumān und die Rāmānandīs
5.5. Hanumān im 18. und im 19. Jh
6. Hanumān heute
6.1. Tempelgründungen
6.2. Hanumān und der militante Hinduismus
6.3. Hanumān und die Ringer
6.4. Hanumān heute: Ein Kurzporträt
IV. Hanumānverehrer antworten
1. Überlegungen zur Methode
1.1. Einleitung
1.2. Methode der Untersuchung
1.3. »Die Hanumānverehrer«: Gibt es sie denn überhaupt?
2. Die Tempel
2.1. Zur Auswahl
2.2. Die Stadttempel
2.3. Die Dorftempel
3. Ergebnisse
3.1. Die Verehrer und ihre Beweggründe
3.2. Das Gottesbild
V. Schlußbemerkung
VI. Texte zur Hanumānweihe
1. Hanumatpratiṣṭhāpanavidhiḥ
2. Hanumatpratiṣṭhāprakāraḥ (A)
3. Hanumatpratiṣṭhāprakāraḥ (B)
4. Hanumatpratiṣṭhāvidhiḥ
VII. Anhang
1. Hanumānweihe in Benares: Kosten und verwendetes Material
1.1. Die wichtigsten Ausgaben
1.2. Verwendetes Material
2. Zur Befragung
2.1. Der Interviewleitfaden
2.2. Stimmen von Hanumānverehrern
3. Tempel und Schreine Hanumāns in Benares
Literaturverzeichnis
Hinweis zur Verwendung indischer Termini
Abbildungsverzeichnis
Kartenverzeichnis
Autorenregister
Namen- und Sachregister
Farbtafeln

Citation preview

Istvän Keul Hanumän, der Gott in Affengestalt

W G DE

Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten Herausgegeben von Fritz Graf · Hans G. Kippenberg Lawrence E. Sullivan

Band 47

Walter de Gruyter · Berlin · New York 2002

Istvan Keul

Hanuman, der Gott in Affengestalt Entwicklung und Erscheinungsformen seiner Verehrung

Walter de Gruyter · Berlin · New York 2002

Die Reihe Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten wurde 1903 begründet von Albrecht Dieterich und Richard Wünsch. Die Bände I —XV erschienen 1903—1915 unter der Herausgeberschaft von Ludwig Deubner und Richard Wünsch. Die Bände X V I - X X V I I erschienen 1 9 1 6 - 1 9 3 9 unter der Herausgeberschaft von Ludolf Malten und Otto Weinreich. Die Bände XXVIII-XXXVIII erschienen 1 9 6 9 - 1 9 8 2 unter der Herausgeberschaft von Walter Burkert und Carsten Colpe. Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft D 21

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek —

CIP-Einheitsaufnahme

Keul, Istvän: Hanumän, der Gott in Affengestalt : Entwicklung und Erscheinungsformen seiner Verehrung / Istvän Keul. — Berlin ; New York : de Gruyter, 2002 (Religionsgeschichdiche Versuche und Vorarbeiten ; Bd. 47) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-11-017187-2

© Copyright 2002 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung: Rainer Kimmig, Tübingen Umschlaggestaltung: Christopher Schneider, Berlin

Vorbemerkung Die vorliegende Studie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die im Frühling des Jahres 2000 von der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Tübingen angenommen wurde. Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich den Betreuern der Dissertation Günter Kehrer und Heinrich von Stietencron (beide Tübingen), die mich in den Bemühungen um diese Arbeit mit wohlwollendem Interesse kontinuierlich unterstützt haben. Während seiner Entstehung wurde das Projekt von mehreren Seiten finanziell gefördert: Stipendien des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, der Landesgraduiertenförderung Baden-Württemberg sowie der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung ermöglichten ein zügiges Arbeiten, und die Deutsche Forschungsgemeinschaft gewährte einen großzügigen Druckkostenzuschuß. In Indien waren viele Personen am Gelingen des Forschungsvorhabens beteiligt: Sasänk Singh, Ränä P. B. Singh, Bettina Bäumer und die Mitarbeiter der Alice-Boner-Foundation, Srikrsna Päthak und Indusekhar Pändey. Bei der Feldforschung behilflich waren V. Caturvedl, D. P. Gupta und S. P. Singh. Für die gewährten Einblicke in ihre Gedankenund Gefühlswelt bedanke ich mich bei allen Befragten. Wertvolle Anregungen in verschiedenen Phasen der Arbeit erhielt ich von Philip Lutgendorf (Iowa), Falk Reitz (Berlin) und Jörg Gengnagel (Heidelberg). Eine Einführung in die elektronische Aufbereitung der erhobenen Daten gab Monika Graus (Tübingen). Aarne Kassargian (Fürstenfeldbruck) steuerte Fotos bei. Das Manuskript lasen Hans Artz und Kurt Markel; Rainer Kimmig (alle Tübingen) erstellte die Druckvorlage. Hans G. Kippenberg (Bremen), Herausgeber der »Religionsgeschichtlichen Versuche und Vorarbeiten«, ermöglichte die Veröffentlichung in dieser Reihe. Ihnen allen gebührt mein Dank. Durch ihren liebevollen, geduldigen und unerschütterlichen Beistand gab mir meine Frau Rita den Halt, der für eine solche Arbeit unabdingbar ist. Der Dank dafür läßt sich nicht in Worte fassen. Berlin, im Februar 2002

Istvän Keul

Inhaltsverzeichnis I. Einleitung

1

II. Hanumänweihe in Benares

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III. Geschichtliche Entwicklung 1. Vor dem Rämäyana (ca. 2500 - ca. 300 v. Chr.) 1.1. Affen in der Industalkultur 1.2. Vrsäkapi: der Affe im Veda? 1.3. >Affentotemismus< 1.4. Yaksa und vir 2. Die Zeit der Epen (ca. 300 v. Chr. - c a . 300 n.Chr.) 2.1. Hanumän in Välmlkis Rämäyana 2.2. Hanumän im Mahäbhärata 3. Von den Epen zur moslemischen Invasion (ca. 300 - ca. 1200 n. Chr.) 3.1. Religionsgeschichtliche Aspekte (bis ca. 1000 n. Chr.) 3.2. Hanumän in der Literatur 3.3. Hanumän in der Kunst 3.4. Hanumän auf Münzen und in Inschriften 3.5. Hanumän und die Yogis 3.6. Die Entwicklung der RämaVerehrung I

34 34 34 35 42 43 49 49 59 62 62 65 68 71 73 76

4. Abwehrkampf und Devotion (ca. 1200 - ca. 1600)

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4.1. Religionsgeschichtliche Aspekte II 4.2. Hanumän, Räma und die Muslime 4.3. Hanumän in der Literatur und in der Kunst (ca. 1 2 0 0 - c a . 1600) 4.4. Die Entwicklung der Rämaverehrung II 4.5. Tulsldäs und Hanumän

79 79 86 90 91

VIII

Inhaltsverzeichnis

5. Endgültige Etablierung (ca. 1 6 0 0 - heute) 5.1. Religionsgeschichtliche Aspekte (um 1 6 0 0 ) 5.2. Hanumän und die Maräthäs 5.3. Hanumän in der Literatur und in der Kunst (ab ca. 1 6 0 0 ) 5.4. Hanumän und die Rämänandls 5.5. Hanumän im 18. und im 19. Jh 6. Hanumän heute 6.1. 6.2. 6.3. 6.4.

Tempelgründungen Hanumän und der militante Hinduismus Hanumän und die Ringer Hanumän heute: Ein Kurzporträt

IV. Hanumänverehrer antworten 1. Überlegungen zur Methode 1.1. Einleitung 1.2. Methode der Untersuchung 1.3. »Die Hanumänverehrer«: Gibt es sie denn überhaupt? 2 . Die Tempel 2 . 1 . Zur Auswahl 2 . 2 . Die Stadttempel 2.2.1. I ^ k a t l - H a n u m ä n 2 . 2 . 2 . Der Tempel am Hanumänghät 2 . 2 . 3 . Hanumänschreine im DvärkädhlsTempel, Sahkudhärä 2 . 2 . 4 . Bälahanumän im Stadtteil Hanumän Phätak 2 . 2 . 5 . Soziographischer Überblick: Die Stadttempelbesucher 2.3. Die Dorftempel 2 . 3 . 1 . Der Hanumäntempel bei Siur 2 . 3 . 2 . Der Dorftempel in Khäzgipur 2 . 3 . 3 . Soziographischer Überblick: Die Dorftempelbesucher

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Inhaltsverzeichnis

3. Ergebnisse

IX

152

3.1. Die Verehrer und ihre Beweggründe 3.1.1. Wer verehrt Hanumän? 3.1.2. Erwartungen und »Leistungen« 3.1.3. Wie wird man ein Hanumän Verehrer? . . 3.1.4. Hanumän und die Ringer 3.2. Das Gottesbild 3.2.1. Hanumän: ein »Hochgott«? 3.2.2. Hanumän und die Göttin 3.2.3. Hanumän und Visnu/Räma 3.2.4. Hanumän und Siva in der »Stadt Sivas« . 3.2.5. Zwischen Visnu und Siva 3.2.6. Hanumän als Antagonist böser Geister und übelwollender Gestirne 3.2.7. Hanumän als Affe 3.2.8. Hanumän und die Frauen 3.2.9. Hanumän als Serienheld

152 152 156 172 175 178 178 183 187 195 200 204 209 211 215

V. Schlußbemerkung

218

VI. Texte zur Hanumänweihe

220

1. Hanumatpratistbäpanavidbih

220

2. Hanumatpratisthäprakärah

(A)

231

3. Hanumatpratisthäprakärah

(B)

237

4. Hanumatpratisthävidhih VII. Anhang

243 254

1. Hanumänweihe in Benares: Kosten und verwendetes Material

254

1.1. Die wichtigsten Ausgaben

254

1.2. Verwendetes Material

255

2. Zur Befragung 2.1. Der Interviewleitfaden 2.2. Stimmen von Hanumänverehrern 3. Tempel und Schreine Hanumäns in Benares

258 258 259 268

χ

Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis

312

Hinweis zur Verwendung indischer Termini

322

Abbildungsverzeichnis

323

Kartenverzeichnis

325

Autorenregister

327

Namen- und Sachregister

329

Farbtafeln

335

I. Einleitung Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit dem Affengott Hanumän 1 , einer im heutigen Indien überaus populären Göttergestalt, deren Aufstieg und Bedeutung von der Fachliteratur bisher nur wenig beachtet wurde. 2 Die Entwicklung der Gestalt und die Ausbreitung ihrer Verehrung verliefen - soweit das den bis heute bekannten Zeugnissen entnommen werden kann - im Lauf der Jahrhunderte verhältnismäßig unauffällig. Nach dem ersten Auftritt Hanumäns im Nationalepos Rämäyana (ca. 300 v. Chr. - 300 n. Chr.) erfolgte erst um die Wende zum zweiten Jahrtausend n. Chr. der deutlich wahrnehmbare Abschluß einer ersten Entwicklungsphase in der »Karriere« des Gottes in Affengestalt. Weitere Impulse folgten, und die Beliebtheit und die Bedeutung des Gottes stiegen während der nächsten Jahrhunderte stetig. In den letzten zweihundert Jahren und besonders in den letzten Jahrzehnten gestaltete sich die Entwicklung der Hanumänverehrung fast explosionsartig: Die Verehrungsstätten vermehrten, die Zahl der Verehrer vervielfachte sich. 1 Ich verwende in der Arbeit die Nominativform des Stammes hanumat: »Hanumän«, weil diese Form heute der übliche umgangssprachliche Name für den Affengott ist. 2 Lange Zeit war die einzige umfangreiche Auseinandersetzung mit dem Thema Ray Govindcandras in Hindi abgefaßtes Buch Hanumän ke devatva tathä mürti kä vikäs (Die Entwicklung der Göttlichkeit und der Ikonographie Hanumäns), Prayäg (Allähäbäd) 1976. Vor wenigen Jahren erschienen ist S. L. Nagars Hanumän in Art, Culture, Thought and Literature, New Delhi 1995. Die wichtigsten neueren Zeitschriftenbeiträge zum Thema Hanumän stammen von P. Lutgendorf: »My Hanuman is Bigger than Yours«, in: History of Religions 33, 3, 1994, 211-246; ders., »Monkey in the Middle: The Status of Hanuman in Popular Hinduism«, in: Religion 2 7 , 1 9 9 7 , 311-332. Andere hanumänbezogene Veröffentlichungen: C. Bulcke, Rämkathä. Utpatti aur vikäs (Die Rämageschichte: Entstehung und Entwicklung), Prayäg (Allähäbäd), 1950; L. Wolcott, »Hanumän: The Power-dispensing Monkey in North Indian Folk Religion«, in: Journal of Asian Studies 37, 1978, 653-661; C. Ludvik, Hanumän in the Rämäyana of Välmlki and the Rämacaritamänasa of Tulsl Däsa, Delhi 1994.

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Einleitung

Vereinzelt wurde der Affengott schon mal als die gegenwärtig am meisten verehrte Gottheit Indiens bezeichnet.3 In einem Aufsatz aus dem Jahr 1989 4 zählt H. v. Stietencron eine Reihe von ursprünglich eigenständigen Kulten auf, die im Laufe der Jahrhunderte Eingang in drei große religiöse Strömungen der Hindus fanden: den Kult der yaksas und der nägas (der sowohl in den Sivaismus als auch in den Visnuismus einging), den Kult des Sonnengottes Sürya (Sivaismus, Visnuismus), die Kulte des Näräyana und des Väsudeva (Visnuismus), die Kulte zahlreicher weiblicher Gottheiten (Säktismus), den Kult des Skanda/Kumära/Kärttikeya (Sivaismus) usw. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch den Kult des Affengottes Hanumän und ordnet ihn dem Visnuismus zu. In einer Fußnote dazu wirft von Stietencron gleichzeitig eine Frage auf, die für die noch in ihren Anfängen begriffene Hanumänforschung von wesentlicher Bedeutung ist: » Or did Hanumän-worship develop from the epic Rämäyana without a monkey-worship at its basis?« In wenigen Zeilen sind damit grundlegende Elemente der Geschichte der Hanumänverehrung angesprochen: Eine mögliche Affenverehrung, die mehrere tausend Jahre zurückreichen könnte; die Gestalt des Hanumän aus dem indischen Nationalepos Rämäyana (entstanden in den Jahrhunderten um die Zeitenwende); die Eingliederung in den Visnuismus. Auf den ersten Blick sieht so die »Biographie« des heute in Indien sehr beliebten Gottes linear und unproblematisch aus. Und dennoch: Manch eine Ubersichtsdarstellung hinduistischer Religiosität zeugt von der Schwierigkeit, dem Gott Hanumän einen festen Platz zuzuordnen. In seinem umfangreichen Werk »Mythes et dieux de l'Inde. Le polytheisme Hindou« erwähnt Alain Danielou Hanumän viermal: a) »Väyu est le pere du heros Bhlma et du singe Hanuman [sie] ...«. 5 b) »Le demi-dieu a tete de singe Hanumän, serviteur et ami de Räma, a son temple dans tous les villages du Nord ainsi que dans les anciennes forteresses du Sud.« 6 c) In einem Zitat aus der Tärasära Upanisad, in dem die Rämageschichte als Manifestation der »heiligen Silbe« om bezeichnet wird. Hier heißt es: »le singe hero'ique Hanumän«. 7

3 G. S. Altekar, Studies on Välmlki's Rämäyana, Poona 1 9 8 7 , 2 6 5 . 4 H. v. Stietencron, »Hinduism: On the Proper Use of a Deceptive Term«, in: G.D. Sontheimer, Η. Kulke (Hg.), Hinduism Reconsidered, rev. ed., New Delhi 1 9 9 7 , 51. 5 Im Kapitel »Les spheres et leurs dieux«, Α. Danielou, Mythes et dieux de l'Inde. Le polytheisme Hindou, ed. Rocher 1 9 9 2 (1. Aufl. 1959), 146. 6 Im Kapitel »Les incarnations de Vishnu«, A. Danielou, Mythes e t . . . , 2 6 5 .

Einleitung

3

d) In einem Zitat aus dem Rämäyana, wo aus der Perspektive des nach Lanka gelangten Hanumän die räksasas beschrieben werden: »le singe Hanuman [sie], l'envoye de Räma ...«. 8

Affe, affenköpfiger Halbgott, heldenhafter Affe, Diener und Freund Rämas: Mehr als einen zusammenhängenden Satz erhält Hanumän im ganzen ca. 6 0 0 Seiten umfassenden Werk nicht. Daß Danielou die Popularität Hanumäns nicht registriert hat (auch wenn er das klischeehafte »Kein Dorf ohne einen Hanumäntempel« nur wenig abgeändert weitergibt), kann als Grund für die Nichtberücksichtigung Hanumäns wohl ausgeschlossen werden. Daß seine Vorgehensweise klassischphilologisch dominiert ist, und er die Bedeutung von Göttergestalten des hinduistischen Pantheons eher an altehrwürdige Mythen und Textdokumente knüpft, hat seine Berechtigung. Das Rämäyana und dessen Varianten sowie auch zahlreiche Puränas sind von ihm infolgedessen gebührend berücksichtigt worden: Hanumän jedoch fällt durch ein unsichtbares Raster und wird nicht klassifiziert. Man muß sich fragen: Was ist der Grund dafür, daß Danielou eine der meistverehrten Gottheiten Indiens in seiner Darstellung so vernachlässigt? Im 1998 erschienenen Buch »Der Hinduismus. Geschichte und Gegenwart« versammelt Axel Michaels in einer Tabelle »häufig verehrte Gottheiten des episch-puränischen Pantheons«. 9 Hanumän wird hier (ähnlich wie Ganesa, Räma, Kalkin) gleich zweimal eingeordnet: unter »Halbgötter der Epen«, sowie unter »Göttliche Tiere und Pflanzen«. Einige Anmerkungen dazu: Auf der einen Seite vermeidet es der Autor, den Gott in Affengestalt »sektarisch« in den Bereich des Visnuismus einzuordnen. Gleichzeitig erscheint der Name Hanumäns (im Unterschied zu Ganesa, Räma und Kalkin) beide Male im unteren Bereich der im großen und ganzen nach einem hierarchischen Prinzip aufgestellten Tabelle. Etwas später wird Hanumän noch einmal im Kontext des »Heroismus« (vtryamärga), einer auf Heldentum basierenden Form der indischen Religiosität, erwähnt. 10 Hanumän als (dienender) Held und 7 Im gleichen Kapitel, 2 6 7 . 8 Im Kapitel »Dieux mineurs et genies« (noch einmal: nicht Hanumän wird in diese Kategorie eingeordnet, sondern die räksasas), A. Danielou, Mythes e t . . . , 469. 9 A. Michaels, Der Hinduismus. Geschichte und Gegenwart, München 1 9 9 8 , 235. 10 In diesen Zusammenhang wird auch die enge Verknüpfung des Affengottes mit den »religiösen Kraft-Zentren«, den akhäräs, gestellt. Vgl. A. Michaels, Der Hinduismus, 300f.

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Einleitung

Hanuman als vergöttlichtes Tier: Sind das die tragenden Pfeiler des Hanumänglaubens ? Die vorliegende Arbeit möchte die aufgeworfenen Fragen auf zwei Arten zu beantworten versuchen: 1) durch die Skizzierung der möglichen historischen Entwicklung Hanumäns und seiner Verehrung und 2) durch eine zeitlich und räumlich stark begrenzte, punktuelle Momentaufnahme der gegenwärtigen Hanumänverehrung.

Historische Entwicklung: Stationen einer »Götterkarriere« Die Ausgangspunkte unserer ca. drei Jahrtausende umspannenden historischen Bestandsaufnahme liegen in der Indus-Zivilisation, im Veda und in der Glaubenswelt der vor- und nichtarischen Völker Indiens. Diese verschiedenen Kontexte stellen für die Hanumängeschichte/Geschichte Hanumäns die prähistorische Stufe dar: Die Diskussion der Argumente und Gegenargumente wird zeigen, daß es für eine vorepische Affengottheit nach dem heutigen Stand der Forschung keine eindeutigen Belege gibt. Die Gestalt des Hanumän wird erst in den Jahrhunderten um die Zeitenwende greifbar. Den Rahmen bildet Välmlkis Rämäyana, ein Werk, in dem sich der Affenheld wandeln und bis zu einem gewissen Punkt entfalten kann: Bedeutung und Komplexität steigen im Verlauf der Handlung und mit der jahrhundertelangen Entstehungszeit des Epos. Das Rämäyana, seine Handlung und besonders seine Hauptperson Räma bieten Referenz- und Anhaltspunkte für die religiös-mythologischen Konstellationen, die in den folgenden Jahrhunderten mit und um Hanumän entstehen werden: In der Literatur und in der Kunst erscheint er ab der Guptazeit stets eingebunden in die Darstellung der Rämageschichte. Gegen Ende des ersten Jahrtausends n. Chr. zeigt sich die zunehmende Bekanntheit und Beliebtheit des affengestaltigen Helden darin, daß sich die Sivaiten darum bemühen, Hanumän in eine möglichst enge Beziehung zu ihrem Hauptgott Siva zu bringen, und das, obwohl er als Freund und Helfer des bereits früh zu einer Inkarnation Visnus erklärten Räma zunächst eindeutig dem visnuitischen Götterkreis angehörte. Mit diesem Schritt wird der Affengott in eine Position gebracht, die eine wesentliche Rolle für seinen weiteren Weg als eigenständige Gottheit spielen sollte: Es ist nicht zuletzt dieser Brückenfunktion und Zwischen-

Einleitung

5

Stellung zu verdanken, daß H a n u m ä n allmählich eine eigene große Anhängerschaft gewinnen wird. Literarische und ikonographische Zeugnisse einer aufkommenden Hanumänverehrung sind aus der Zeit um die Jahrtausendwende zu verzeichnen. Die moslemische Invasion bietet in der darauffolgenden Zeit für einige regionale Hindu-Herrscher einen Anlaß, H a n u m ä n in eine auf epische Grundlagen konstruierte verteidigungspolitische Strategie einzubinden. Für die Volksfrömmigkeit w a r jedoch ein anderer Aspekt Hanumäns entscheidender: Als Modell des hingebungsvollen Freundes und Dieners eines inzwischen für bestimmte Glaubensrichtungen völlig entrückten, eigenschaftslosen (nirguna) Räma erscheint der Affengott zunehmend als der Verehrer (bhakta) schlechthin. Gleichzeitig behält er die ihm zugeschriebenen Einzelaspekte, Eigenschaften und Kompetenzbereiche und entwickelt sie in den folgenden Jahrhunderten weiter. So erscheint H a n u m ä n ab etwa dem 15. Jahrhundert z. B. im Asketenorden der Rämänandins als entsagender Yogi (bei den tyägis), als militanter Kämpfer (bei den nägäs) und als feminisierter Ästhet (bei den rasiks). Immer mehr jedoch - und das ist die entscheidende Veränderung der letzten Zeit - erringt H a n u m ä n die Stellung eines Gottes, der für viele, wenn nicht sogar für alle wichtigen Lebensbereiche zuständig ist. Die Vorstellungen, die seine Verehrer heute mit ihrem Gott verbinden, sind das Thema des zweiten Teils der Arbeit.

Hanumanverehrer antworten Verehrer von sechs Hanumäntempeln in und um Benares wurden in der ersten Hälfte des Jahres 1998 gebeten, auf Fragen zu antworten, die die Gottheit betrafen, deren Tempel sie gerade besucht hatten. Die Resonanz war positiv, die Befragten waren mitteilsam. Auf diese Weise w a r es möglich, einiges über das Bild des Affengottes in den Augen seiner gegenwärtigen Verehrer zu erfahren. Die soziologische Studie hat nicht den Anspruch, repräsentativ zu sein. Doch bezogen auf die jeweiligen Tempel zeichnen die Ergebnisse ein gutes Bild von den Vorstellungen der Tempelbesucher. Aus der Fülle von erhobenen Daten wurden für die Auswertung vor allem jene ausgewählt, die statistisch interessant erschienen, sowie auch solche, die sich auf Aspekte beziehen, die in der Literatur diskutiert wurden. Bereits in der Auswahl der Tempel wurde darauf Wert gelegt, daß die der Hanumänverehrung eigenen unterschiedlichen religiösen, sozialen und geographischen Kontexte nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Die

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Einleitung

Ergebnisse der Befragung stellen eine regional und zeitlich stark eingeschränkte religionssoziologische Momentaufnahme der gegenwärtigen Hanumänverehrung in Benares und Umgebung dar.

Ritual Neben Texten (Sekundärliteratur, die die Entwicklung Hanumäns im Laufe der Jahrhunderte dokumentiert) und Gesprächen (mit Hanumänverehrern heute) möchte die vorliegende Arbeit - wenn auch nur in einem sehr begrenzten Rahmen - auch hanumänbezogenes rituelles Handeln näher untersuchen. Dies geschieht zunächst über Texte (Handschriften zur Hanumänweihe), über Gespräche (die Verehrer schildern ihren rituellen Alltag), aber auch über Beobachtung: Die Beschreibung der Weihe eines Hanumänbildes ergänzt die vorliegende Hanumänchronik um einen weiteren Aspekt.

II. Hanumanweihe in Benares Prolog Auch wenn die Schatten der Häuser am Asslghät immer stärker Richtung Ganges streben, hat die Julisonne nur wenig von ihrer Kraft eingebüßt. Allmählich nur beschleunigt sich jetzt, am späten Nachmittag, der Puls des dem Fluß zugekehrten südlichen Stadtteils von Benares. Es sind zumeist einzelne Passanten, die ihrem Tagwerk nachgehen. Doch auf einmal sind Klänge von Sahna! und Tablä zu vernehmen, Klänge, die in unregelmäßigen Abständen von losungsähnlichen Ausrufen, von vielen Stimmen aufgenommen und wiederholt, übertönt werden. Wenig später biegt eine Prozession um die Ecke. An ihrer Spitze schreiten Musikanten, zwischen ihnen schwenkt ein hochgewachsener junger M a n n eine rote Standarte mit Goldrand. Die Flagge kündigt eine hochrangige Gestalt an, die kurz darauf auf einer Trage aufgerichtet herannaht. Das Seidengewand, das die Statue vom Kinn bis zu den Knien verhüllt, läßt nur den Blick auf das Gesicht frei: Es ist weiß, mit einer stark ausgeprägten unteren Partie, hat auffallend große Augen und um die Mundwinkel kräuselt sich ein wohlwollend anmutendes Lächeln. Blumengirlanden bedecken das Haupt der Gestalt und hängen - die weiche Seide läßt es erahnen - in üppiger Dichte bis zu den Füßen herab. Links und rechts neben der »Sänfte« gehen zwei weißgekleidete Männer. Der eine hält einen roten, mit gelben Fransen verzierten Schirm an einem langen Griff über den Kopf der Gestalt - es ist ein Götterbild - , während der andere einen langstieligen Yakwedel rhythmisch hin- und herbewegt. Vielleicht ein halbes Hundert festlich gekleideter Männer, Frauen und Kinder die Männer unmittelbar hinter den schweißüberströmten Trägern, die Frauen und Kinder zum Schluß - gehen im locker zusammengefügten Festzug mit und stimmen von Zeit zu Zeit in die Losungen des Fahnenträgers energisch ein: Hanumänjt kt jay\l Ansonsten ist die Atmosphäre entspannt und heiter: Man unterhält sich gedämpft, während die Ko-

1 »Gelobt sei Hanumän!«, jay (Hindi) eigentlich: »Sieg«.

8

Hanumanweihe in Benares

lonne sich nach einem weiteren Bogen dem Ausgangspunkt des Rundgangs nähert. An einem der stattlichen Gebäude des Assighät ist weithin sichtbar ein leuchtendgelbes Transparent befestigt, auf dem in großen roten Lettern eine Inschrift prangt: Sri Hanumänjt kä pratisthä utsav (»Weihefest für Hanumän«). Hier gerät der Zug etwas durcheinander, als mehrere Männer nach vorn eilen, um den vier Trägern auf der engen Eingangstreppe, die in einen überdachten Vorraum führt, behilflich zu sein. Die Ankunft des Bildes wurde bereits mit Ungeduld erwartet. Nun strömen aus allen Räumen Männer und Frauen in Festtagskleidung in das große Atrium, den zentralen Schauplatz des rituellen Geschehens: Die hier umrissenene »Stadtumgehung« (nagarapradaksina) ist nicht viel mehr als ein Bruchteil der dreitägigen Zeremonie der Hanumanweihe (pratisthä) am Assighät in Benares vom 3. bis zum 5. Juli 1995.

Abb. 1: Die Prozession am Assighät

Präliminarien Alles begann im Spätsommer des Jahres 1994, als S., der Eigentümer eines kleinen Hanumäntempels am Assighät, beim morgendlichen Ankleiden des Kultbildes einen tiefen Riß bemerkte, der durch Hals und

Hanumänweihe in Benares

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Schultern der massiven Steinstatue ging. Ein beschädigtes Kultbild soll und darf nicht verehrt werden, außerdem stellte die gespaltene Statue eine Gefahr für Leib und Leben dar: Ein eventuell sich lösender und herabfallender Steinbrocken (das Bild war ca. 2,5 Meter groß) hätte leicht jemanden ernsthaft verletzen können. Der Tempel wurde folglich sofort geschlossen und S. beschloß, ein neues Kultbild aufzustellen. Es sollten jedoch mehrere Monate vergehen, bis damit begonnen wurde, das Vorhaben in die Tat umzusetzen. S. berichtete von Träumen, die er einige Zeit danach zu haben begann, von Träumen, in denen der Gott in Affengestalt ihm sehr deutlich erschienen war, und zwar nicht in einer der üblichen Darstellungsformen, sondern mit der Sonnenkugel in der hochgehaltenen Hand. Diese Verbindung zwischen Hanumän und Sonne ist freilich nicht ganz ohne mythologische Grundlage: In seiner Kindheit wollte der Affengott die Sonne wie eine reife Frucht pflücken und konnte daran nur vom Götterfürsten Indra mit sehr rabiaten Mitteln gehindert werden: Indra schleuderte seinen furchtbaren Donnerkeil nach dem übermütigen Gesellen und verletzte ihn schwer.2 Der Hanumän aus S.s Träumen schaffte es zwar, die Sonne in den Händen zu halten, der Vision fehlte jedoch jegliches apokalyptische Element, das im Mythos durchaus heraufbeschworen wird (dort drohte die Verdunkelung der Welt, später erfolgte der Rückzug Väyus, des Windes und Weltenhauches, aus der Schöpfung). Im Vordergrund stand vielmehr - so S. - die spielerisch-leichte, ungezogen-schelmenhafte Komponente, die im Traum einen Augenblick lang das Wesen des ansonsten so Mächtigen zu dominieren schien. S. machte sich nach reiflichem Überlegen ans Werk, fertigte erste Entwürfe und Skizzen an und beriet sich mit befreundeten Künstlern (S. ist selber Absolvent eines Kunststudiums). Er beauftragte mehrere Bildhauer gleichzeitig damit, seine Vorstellungen in die Tat umzusetzen, doch deren Konzeptionen wichen von der seinigen in der Regel in einem wesentlichen Punkt ab: Ausdruck und Erscheinungsbild der von ihnen kreierten Figuren tendierten dazu, furchterregend zu wirken, oft den Masken des Kathakali nicht unähnlich. 3 Nur an einem der vorgelegten Vorschläge fand S. Gefallen, und es war dann auch dieser Bildhauer, Mohanläl Raut, der mit der Erstellung des neuen Bildes beauftragt wurde. 2 Ramayana 5 . 6 5 . 1 9 - 2 2 (The Valmiki Rämayana: Critical Edition, 7 Bde., Hg. von G. H. Bhatt und U. P. Shah, 1 9 6 0 - 1 9 7 5 ) . ' 3 Vgl. G. Sen, »Of Taste and Patronage«, in: Indian Design & Interiors, JuneJuly 1 9 9 6 , 3 0 - 3 1 .

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Hanumanweihe in Benares

Lehm zu Stein Mohanläl, ein eher unauffälliger, stiller Mann, begann am Nachmittag des 2. Februar 1995 mit der Arbeit. Eine kurze Schilderung der Anfangsmomente dieses Schaffensprozesses, an dessen Endpunkt das zu weihende Bild steht, zeigt die bereits hier zu beobachtende Symbiose von Kunst und Ritual.

Abb. 2: Die ersten Schritte

Auf ein ca. 160x120 cm großes Holzbrett zeichnete der Bildhauer mit Kreide grob die Umrisse des Bildes auf. Er befestigte dann auf dem Brett ein kreuzförmiges Holzgestell, schlug einige Nägel ein und spannte ein vielarmiges Stricknetz auf, das er durch geschicktes Flechten und Herumwickeln verdickte. Schließlich entstand ein Strickmännchen, dessen Beinen Mohanläl durch die Einfügung von relativ dickem, jedoch biegsamem Draht die nötige Starre verlieh. Ebenso verfuhr er mit den Armen, wobei er dem erhobenen rechten Arm verstärkte Aufmerksamkeit widmete. Währenddessen hatten Arbeiter eimerweise Ton vom Gangesufer herbeigeholt, von einer Stelle, aus einer Tiefe und in einer Menge, die vom Bildhauer genauestens vorgegeben worden waren.

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Mohanläl besprengte das Brett, das Strickmännchen und den Lehm mit Gangeswasser und murmelte ein Gebet. Dann griff er bedächtig mit beiden Händen in sein Material und warf energisch Lehm auf das Brett, so daß er daran kleben blieb. Von unten nach oben vorgehend bedeckte er so das Stricknetz gleichmäßig mit einer flachen Schicht Lehm und machte sich anschließend daran, die Körperformen großzügig auszuarbeiten. »Er ist jetzt Brahmä, der Schöpfer«, sagte S., der die Entstehung der Götterstatue aufmerksam verfolgte. Am Abend des ersten Tages zeichneten sich in Ansätzen bereits einige Elemente des späteren Bildes ab. Doch der feuchte

Lehm

war

ständig

Abb. 3: Das Bild bekommt ein Gesiebt

am Verrutschen, und die Tongestalt sackte mehrmals in sich zusammen, bis Mohanläl das Ganze mit Hilfe einiger Holzpflöcke stabilisierte. »Bypass surgery«, meinte S., als einer der Pflöcke in der Herzgegend eingepflanzt wurde. Die nächsten zehn Tage vergingen mit der Arbeit am Lehmmodell. Am schwierigsten war es offensichtlich, die Gesichtszüge und den Gesichtsausdruck zur allgemeinen Zufriedenheit hinzubekommen: M a l hatte der Kopf Ähnlichkeit mit dem eines Gorillas, mal mit dem eines äußerst wohlgenährten Menschenbabys. Mohanläl mußte einige Male ganz von Neuem ansetzen, formte sogar noch das Strickgestell, das Knochengerüst des Bildes neu. Mehrere Versionen wurden verworfen, und es kam gegen Ende dieser ersten Schaffensphase (d. h. während der Arbeit am Lehmmodell) schon mal vor, daß zwischen dem ausführenden und dem auftraggebenden Künstler die Funken sprühten. Mohanläl mußte schließlich einsehen, daß er seine eigene Kreativität in diesem Fall nicht voll zu entfalten hatte ...

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H a n u m a n w e i h e in Benares

Am 12. Februar war es dann soweit. Das Werk hielt den prüfenden Blicken aller Kritiker stand, allen voran denen des Auftraggebers S., und die zweite Etappe konnte eingeleitet werden. Aus einem Gips-Leim-Zement-Gemisch entstand eine Matrize, ein Abdruck, der sich wie ein Sarkophag um das Lehmbild schloß: Bei der Herausnahme aus der erhärteten Gußform ging später das Lehmmodell unwiderruflich zugrunde. Etwa eine Woche darauf wurde das neue Modell entblättert: Makellos weiß, erschien es wie ein Negativ des ersten. Anhand dieses Gipsbildes ging Mohanläl dazu über, in Stein zu arbeiten. Aus den Steinbrüchen bei Chunär wurde der Rohling für die Skulptur herbeigeschafft, es handelte sich dabei um einen rötlichen Sandstein besonderer Qualität. Die Arbeit daran nahm etwa drei Monate in Anspruch und fand in der zweiten Junihälfte ihren endgültigen Abschluß. Hatte der Gipshanumän noch puttenhaft-rundlich gewirkt, machte das Steinbild bei aller Körperfülle nun einen eher graziösen Eindruck. Alles in allem wies die Skulptur gewisse Ähnlichkeiten mit Kunstwerken der Postguptazeit auf. Besonders an die Kunst aus Abänerl (9. Jh.) scheint sich der Künstler angelehnt zu haben. Hier nun die prägenden Merkmale des Abb. 4: Das Ergebnis »Hanumän von Assi« in Kürze zusammengefasst: Eine bewegte Figurenkomposition, schwellende Körperlichkeit und ein Gesichtsausdruck mit einer gewissen Eigenständigkeit. 4 Diese Skulptur, die sich durch ihre künstlerisch anspruchsvolle Aus-

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fiihrung aus der Masse der oft eher einfachen Hanumanbilder deutlich hervorhob, wurde im Juli des Jahres 1995 feierlich geweiht.

Abschied Bevor wir den Weg des neuen Bildes weiter verfolgen, wenden wir uns für einen Augenblick dem beschädigten Kultbild zu. Als die Familie des Tempelbesitzers zu Beginn dieses Jahrhunderts (1902) das Anwesen erwarb, wurde auch der dazugehörige Tempel samt dem darin befindlichen Bild mitgekauft. Die Überlieferung besagt, daß das Bild schon damals als »sehr, sehr alt« galt. Berücksichtigen wir den für Benares spezifischen Kontext und den dortigen Sprachgebrauch, kann das Alter des nun beschädigten Bildes vorsichtig auf mindestens 150 Jahre geschätzt werden. Von diesem Bild, das Besitzern und Besuchern im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen war, galt es, sich zu trennen. In den letzten Tagen des Monats Juni wurde vom Tempelpriester eine schlicht gehaltene, leise Entlassungszeremonie (visarjana) vollzogen. Nach einer abschließenden Verehrung (uttarapüjä), in deren Verlauf die Gottheit gebeten wurde, das Bild zu verlassen, wurde dieses vorsichtig aus seiner Halterung gelöst und von vier kräftigen Männern zum Flußufer getragen. Dort lud man es auf ein Boot, ruderte ein Stück weit auf den Ganges hinaus und versenkte es.

Vorbereitungen Noch im Frühling hatte der Familienpriester (purohit) von S. anhand von astrologischen Berechnungen die günstigsten Zeiträume für die Ausführung der Weihezeremonie bestimmt. Für das Jahr 1995 lagen diese zwischen dem 14. Januar und dem 14. März sowie zwischen dem 14. April und dem 14. Juli. 5 Das neue Bild war Ende Juni fertig, und man wollte wegen des jeden Augenblick zu erwartenden Monsunanfangs nicht länger warten: Der Familienrat einigte sich darauf, am 3. Juli mit der Weihe zu beginnen. Einige Tage vor dem Stichtag gab der Priester S. eine Liste mit einer Aufstellung der für das Ritual notwendigen Dinge. Von Anzahl und Art der benötigten Gefäße über diverse Opfergaben (Obst, Blumen, Reis usw.) bis hin zu Farbpulver und verschie4 Für diese und andere Hinweise bin ich Falk Reitz zu Dank verpflichtet. 5 So der Hauptpriester des Weiherituals im Juli 1 9 9 5 .

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denen Schnurarten - mehr als hundert Posten waren aufgeführt und mußten eiligst beschafft werden. 6 An den Tagen vor dem Beginn der Weihe kam der Priester mehrere Male zu S., begutachtete gründlich die verschiedenen Räumlichkeiten, besonders das Atrium und den kleinen Innenhof, notierte sich hie und da etwas und ging meistens mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck, häufig ohne sich zu verabschieden. Über einen Boten ließ er schließlich S. wissen, daß bereits am Vortag des Beginns der Weihe alles, was für das Ritual nötig war, bereitzuliegen hatte. Die Spannung im Haus stieg an jenen Tagen merklich: Würde denn auch alles rechtzeitig fertigwerden für das große Fest? Hier und dort waren noch Renovierungsarbeiten im Gange. Die Einladungen für die Verwandten des »Opferveranstalters« (yajamäna) S. aus Gayä im Bundesstaat Bihar waren schon längst verschickt, die meisten Verwandten und Freunde aus Benares waren ebenfalls benachrichtigt. Fieberhaft bedachte man auch die bisher Vergessenen mit den kunstvollen, speziell für diese Gelegenheit gefertigten Einladungskarten. Selbst an die lokale Prominenz war gedacht worden: der Polizeichef des Stadtteils, ebenso der Vorsteher (mahant) des großen Hanumäntempels Sankatmocan, der am nicht weit entfernten Tulsighät residierte, hatten Einladungen erhalten. Dann war es soweit. Die meisten, zum Teil von weit hergereisten Gäste waren eingetroffen, und die Schreiner schlugen die letzten Nägel in die Holztischchen ein, die den bunten Diagrammen (yantra, mandala)7 aus gefärbtem Reis als Unterlage dienen sollten. Den Lehmboden des Innenhofs bedeckten Ziegeln, und auch das achteckige turmartige Dach des Tempels war neu gedeckt. Um die Mittagszeit des letzten Tages vor Beginn der Weihe war der Familienpriester mit zwei weiteren Kollegen zur Stelle: Während die beiden letzteren sich sofort an das Auslegen der Reisdiagramme machten, eröffnete der Familienpriester, der während der Weihehandlungen als Hauptpriester (äcärya) fungieren sollte, dem yajamäna S., daß die Säulen des Atriums im Prinzip als Außenmarken des Opferplatzes (yajna- oder yägasälä, auch yajnamandapa) dienen konnten: Die von diesen umrahmte Fläche (ca. 5 χ 5 m) wich nur wenig

6 Die Liste der erforderlichen Zutaten befindet sich im Anhang. 7 Z u einer Definition und einer Unterscheidung der beiden Termini siehe H. Brunner, »Mandala et yantra dans le Sivaisme ägamique. Definition, description, usage rituel«, in: CNRS (Hg.), Mantras et diagrammes rituels dans l'Hindouisme, Paris 1 9 8 6 , 1 1 - 3 5 . Im beobachteten Weiheritual des Hanumänbildes waren die Begriffe yantra und mandala hingegen miteinander austauschbar.

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von den in den Ritualhandbüchern vorgeschriebenen Dimensionen ab. Mit Bastmatten wurde der betreffende Raum alsbald für alle Unbefugten (Nichtpriester, Nichtopferherren und Haushunde) unzugänglich gemacht. Zwei weitere, junge Priester nahmen im abgegrenzten Raum herbeigebrachte Gefäße, Kokosnüsse und andere Gerätschaften und Zutaten entgegen, und verteilten alles, den Anleitungen des äcärya gemäß, über den ganzen Opferplatz. Im Verlauf des Nachmittags legten die beiden älteren Priester (rtviks) in stundenlanger minutiöser Kleinarbeit aus farbigen Reiskörnern die für die Zeremonie erforderlichen Mandalas/yanims aus. Diese wurden an der Ostseite und in den vier Ecken des Opferplatzes aufgestellt und bildeten Fixpunkte ritueller Handlungen an allen drei Tagen der Weihezeremonie. Folgende Diagramme waren vorgesehen:

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sarvatobkadramandala (»Diagramm, das von allen Seiten glückbringend ist«)

Hierbei handelte es sich um ein quadratisches, symmetrisch gestaltetes Diagramm mit 1 9 x 1 9 Feldern in den Farben Gelb, Rot, Weiß, Blau und Schwarz; Sitz von 57 verschiedenen Gottheiten beginnend mit Brahma, der eine zentrale Position einnimmt. Das Diagramm wird auch brahmädimandala, »Diagramm für Brahma und die anderen (Gottheiten)«, die Gruppe der Gottheiten brahmädimandaladevatäs »die Gottheiten des Diagramms für Brahma usw.« genannt. Andere Gottheiten bzw. Gruppen von Gottheiten dieses Mandalas sind: die Hüter der Himmelsrichtungen (dikpälas), die ganas, bhütas und nägas, aber auch Visnu, Durgä, Skanda, die Muttergottheiten (mätrkäs), die Wasser (äpah), die Maruts, die Rudras, die Ädityas usw. Dieses Mandala war das größte der auf dem Opferplatz aufgestellten Diagramme, und seine Holzunterlage war in ein rotes Tuch gehüllt. Im Verlauf der Weihezeremonie wurde darüber ein rotes Stoffdach aufgespannt.

2)

vastumandala/vastupurusamandala (»Diagramm [der Gottheiten] des Hauses«)

Das västumandala hatte ebenfalls eine quadratische Struktur: Die ursprünglich 8x8 Felder wurden in dreieck-, trapez- und rechteckförmige Teile gegliedert und mit farbigem Reis ausgelegt (Farben: Rot, Gelb, Weiß und Grün). Die Hauptgottheit des Mandalas ist Brahma Västospati, andere Gottheiten sind: Näga, Mahendra, Rudra, Parjanya, Agni, Soma u. a. (in der Regel insgesamt 53 Gottheiten). Das Diagramm wurde in der südwestlichen Ecke des Opferplatzes aufgestellt und mit einem grünen Tuch umgeben.

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3) navagraham.and.ala (»Diagramm der neun Himmelskörper«) Ein quadratförmiges Diagramm mit 3 x 3 großen Feldern, auf denen auf weißem Hintergrund jeweils mit farbigem (rotem, gelbem und schwarzem) Reis das Symbol je einer Planetengottheit ausgelegt wurde. Die Gottheiten sind: Sürya (Sonne), Soma (Mond), Bhauma (Mars), Budha (Merkur), Brhaspati (Jupiter), Sukra (Venus), Sani (Saturn), Rähu, Ketu (beides »Dämonen«, die Sonne und Mond »greifen« und als die Verursacher von Sonnen- und Mondfinsternissen angesehen werden). Das navagrahamandala stand in der nordöstlichen Ecke des Opferplatzes und seine Holzunterlage umgab ein rotes Tuch.

4) yoginimandala (»Diagramm der yoginis«) Von insgesamt rechteckiger Form, hatte das Diagramm 8 x 8 quadratische Felder (blau, gelb, weiß und rot), Sitz von 64 weiblichen Gottheiten (yoginis), sowie drei verschiedenfarbige dreieckige Flächen (schwarz, rot und weiß), die den Göttinnen Kall, Laksml und Sarasvati zugeordnet waren. Das Mandala, das von einem gelben Tuch umhüllt war, wurde in der südöstlichen Ecke des Opferplatzes aufgebaut.

5) mätrkämandala (»Diagramm der

mätrkäs«)

Auch dieses Diagramm an der Ostseite des Opferplatzes war rechteckig: 4 x 4 rechteckige Felder bildeten die Unterlage für die Gruppe der »Mütter« (mätrkäs) genannten 16 weiblichen Gottheiten: Gauri, Padmä, Sacl, Medhä, Sävitrl, Vijayä, Jayä, Devasenä usw. Im Unterschied zu den anderen Diagrammen war dieses nicht durch eine Holzunterlage erhöht.

6) srtyantra (»Diagramm der Göttin Sri«) Auf ein weißes Tuch malten die Priester mit roter Farbe in Dreieckform angeordnete Punkte auf. Darüber stand der Name der Göttin, eingerahmt von weiteren roten Punkten. Das Diagramm sollte als Sitz der Gottheit Sri und der Gruppe der sieben weiblichen Gottheiten (saptamätrkäs: BrähmT, Mähesvari, Kaumäri, Vaisnavi usw.) dienen. Sein Standort befand sich an der Ostseite des Opferplatzes unmittelbar am Diagramm der mätrkäs.

7) ksetrapälamandala (»Diagramm der Feldhüter/Wächter des Bezirks«) Die dominierende Farbe des quadratischen Diagramms war Schwarz: 3 x 3 Felder aus schwarzgefärbtem Reis bildeten den Sitz von 49 Schutzgottheiten, und die Un-

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terlage war von einem schwarzen Tuch umgeben. Das Mandala stand in der Nordwestecke des Opferplatzes.

Außerdem wurden noch zwei farbige Reishaufen vorbereitet, als Sitze für den Gott Ganesa (rot) sowie für den kalas'a (»Krug«, rot-gelb). Im Westen des yajnamandapa wurde ein Badeplatz (snänamandapa) errichtet: Mit Hilfe von Ziegeln und Mörtel entstand ein ausgeklügeltes Abflußsystem, durch das die Flüssigkeiten (Wasser, Milch, Honig usw.), mit denen das Bild Übergossen werden sollte, abzufließen hatten. Der Badeplatz war während des überwiegenden Teils der Weihezeremonie Standort des neuen Hanumänbildes. A

Β

Karte I: Plan des Opfer- und Badeplatzes mit Berücksichtigung der sakralen Diagramme: (A) yajnamandapa (B) snänamandapa (1) ksetrapäla (2) navagraha (3) sarvatobhadra (4) kalasa (5) ganesa (6) mätrkä (7) sri (8) yogint (9) västu

Nördlich und südlich des Opferplatzes wurden für die geladenen Zuschauer bequeme Sitzgelegenheiten, d. h. mit weißen Tüchern bezogene Matratzen und Sitzkissen sowie Bastmatten ausgebreitet. Das ganze Atrium wurde in aufwendiger Kleinarbeit mit Blumengirlanden deko-

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riert. Am Abend des 2. Juli war alles fertig, und die Weihezeremonie konnte beginnen.

Exkurs Pränapratisthä Das im heutigen Indien am häufigsten vorkommende Ritual ist die püjä. Unter dem Oberbegriff püjä versteht man im allgemeinen die rituelle Verehrung von Götterbildern (mürti, pratimä), oder auch von anikonischen Formen eines Gottes, sowie von Gegenständen, denen besondere Kraft zugeschrieben wird.8 Püjä wird traditionell eingeteilt in zwei große Kategorien: 1. tägliche und regelmäßige (nitya) 2. püjä zu bestimmten Gelegenheiten (naimittika): a. regelmäßig wiederkehrend b. optional, unregelmäßig (kämya) Das pränapratisthä-Ritual gehört in die Gruppe 2b 9 , zusammen mit anderen Ritualen, die die Erfüllung eines Wunsches für sich selber oder für andere, die Erlangung von Wohlstand, Nachkommen, eines langen Lebens usw. zum erklärten Ziel haben. In diese Kategorie gehören aber auch rituelle Handlungen, die im weitesten Sinn als »schwarze Magie« klassifiziert werden könnten. Das Kompositum pränapratisthä setzt sich zusammen aus präna, »Atem«, »Lebenshauch« und pratisthä, »die Einsetzung«, auch: »die Grundlage«, »das Feststehen« (aus prati, »auf«, »hin zu«, sowie der Wurzel sthä, »bleiben«). Das Ritual könnte somit mit »Einfügung des Lebenshauchs« übersetzt werden. 10 Die Benennung pränapratisthä kann zwar für den gesamten Ritualkomplex der Weihezeremonie verwendet werden, im strengen Sinn bezeichnet sie jedoch eine bestimmte 8

Hierzu und zum folgenden vgl. G. Bühnemann, Püjä. Α Study in Smärta Ritual, Vienna 1988, 29f. Siehe des weiteren auch P. Thieme, »Püjä«, in: Journal of Oriental Research Madras 27, 1957-58, 1-16 sowie N. E. Auer Falk, »Püjä«, in: Encyclopedia of Religion, vol. 12, New York 1987, 83-86. 9 Ich folge hier H. Brunner-Lachaux in ihrer Einleitung zu Somasambhupaddhati IV, texte, traduction et notes Η. Brunner-Lachaux, Pondichery 1998, i-lxv. 10 »...the establishment or instalment of vital breath, of life, endowment with animation.« In: J. Gonda, »Pratisthä«, in: Selected Studies II, 371; »infusion with life«, in: G. Bühnemann, Püjä, 191.

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Ritualsequenz, in der mit Hilfe von »Samen-« oder »Kernsilben« (btjamantra) und von dürvä-Gras dem Bild Leben, präna11, eingeflößt wird. Häufig wird das Wort pratisthä allein für die gesamte rituelle Weihezeremonie gebraucht. 1 2 Jedes von Menschenhand geschaffene Bild (mürti) muß eingeweiht werden, erst nachher wird seine rituelle Verehrung möglich. 1 3 Durch das Einhauchen von Leben wird aus dem leblosen Stein eine - mehr oder weniger permanente - Wohnstätte des betreffenden Gottes. 1 4 Beschädigte Standbilder können und sollen nicht verehrt werden, denn es wird geglaubt, daß im Augenblick der Beschädigung der Gott die Statue sofort verläßt, 1 5 und diese von umherziehenden bösen Geistern in Besitz genommen wird. 1 6 Es waren die Präliminarien und Vorbereitungen für eine solche »Einfügung des Lebenshauches«, die bisher dargestellt wurden. Nun folgen die eigentlichen Weihehandlungen.

Die Weihe Tagl Kurz nach fünf Uhr am Morgen des 3. Juli 1 9 9 5 nahmen die fünf Priester (äcärya, zwei rtviks und zwei junge priesterliche Gehilfen) und der yajamäna S. ihre Plätze im yajnamandapa ein. Nach einer einleitenden Phase der Sammlung und Konzentration begannen unter Rezitationen 11 Auch das Wort präna taucht in vielen verschiedenen Kontexten auf. Einen wichtigen Aspekt der Bedeutung von präna beleuchtet z. B. Chändogya Upanisad 5 . 1 . 1 - 1 5 . 12 Z u m weiteren Gebrauch dieser so bedeutungsträchtigen Wortbildung siehe J. Gonda, »Pratisthä«. 13 Keine pränapratisthä benötigen natürliche Dinge wie Wasser, Feuer, die Sonne oder der sälagräma-Stein. 14 Siehe dazu P. Hacker, »Aspects of Neo-Hinduism as Contrasted with Surviving Traditional Hinduism«, in: L. Schmithausen (Hrsg.), P. Hacker. Kleine Schriften, Wiesbaden 5 8 0 - 6 0 8 , bes. 5 8 5 - 5 8 6 . Weitere Diskussionsbeiträge und Literatur bei G. Bühnemann, Püjä, 5 3 . 15 P. V. Kane, History of Dharmasästra, 1 9 7 4 , 9 0 4 . Dennoch wird bei der visarjana-Zeremonie der Gott erneut angerufen und gebeten, das Bild zu verlassen. 16 Siehe dazu Visvanäthas Siddhäntasekhara 3 . 1 1 . 3 3 cd - 3 8 ab (Ausg.: K. S. Somayäjin (Hg.), Siddhäntasekharah. Ubhayavedänti-Visvanäthakrtah, Mysore 1 9 7 1 ) sowie Paramasamhitä 1 9 . 8 - 9 (Ausg.: S. K. Aiyangar (Hg. u. Übers.), Paramasamhitä, Baroda 1 9 4 0 ) .

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die vorbereitenden Ritualsequenzen. Die Gerätschaften, der gesamte O p f e r r a u m und die darin befindlichen Personen w u r d e n mit versprengt e m Gangeswasser gereinigt. D e m Opferherrn S. w u r d e ein Ring aus Kusagras über den Ringfinger der rechten H a n d gestreift, der während des gesamten Verlaufs der rituellen Handlungen Reinheit mit gewährleisten sollte. Der Säntipätha und andere Verse des Weißen (sukla) Yajurveda erklangen. 1 7 N a c h der (symbolischen) Darbringung einer K u h 1 8 unterzog sich der Opferherr einer umfassenden Reinigungs- und Sühnehandlung (sarvapräyascitta), die im wesentlichen aus dem Trinken der fünf Kuhprodukte {pancagavya)19 und einer Regulierung des A t e m s (pränäyama) bestand. D a n n erklärte der äcärya, in vielen Ritualsequenzen ein Sprachr o h r des Opferherrn, den O r t , den Zeitpunkt, sowie M e t h o d e und Absicht der Weihezeremonie (desakäloccärana, pradhänasamkalpa).20 Den ersten ausführlichen Gottesdienst des Tages erhielt der G o t t G a n e s a 2 1 , dem auf r o t e m Reis ein Tongefäß (darin: weißer, ungekochter 17 Die während der dreitägigen Weihezeremonie rezitierten vedischen, puränischen und tantrischen Formeln und Verse allein würden schon, wenn aufgeschrieben, ein Buch beträchtlichen Umfangs ausmachen. Da die rituellen Formeln nicht vordergründiges Thema der vorliegenden Arbeit sind, kann hier nur in Einzelfällen auf sie eingegangen werden. Im Anhang sind mehrere Anleitungen zur Hanumänweihe aufgeführt und übersetzt, darunter auch der für die beobachtete Hanumänweihe relevante Teil des Leittextes aus dem Ritualhandbuch Pratisthämahodadhih (»Ozean der Weihefregeln]«, im folgenden PM; die mir vorliegende Ausgabe: VäränasT 1986). Ein weiteres, gegenwärtig gebräuchliches Handbuch, das die allgemeinen Regeln für eine Weihezeremonie festlegt, ist Sarvadevapratisthäprakäsah (»Erläuterung der Weihe[regeln gültig] für alle Gottheiten«, im folgenden SPP, Bombay 1994). Für eine ausführliche Besprechung und Übersetzung von Versen und rituellen Handlungen verweise ich auf G. Bühnemann, Püjä. Zum Weiheritual siehe auch H. Brunner-Lachaux, Somasambhupaddhati IV. 18 Der äcärya nannte diese Sequenz godäna, »das (Ver)Schenken einer Kuh«, und im rezitierten Text steht an dieser Stelle goniskraya, »... des Gegenwertes einer Kuh«. Tatsächlich wurde im Ritualvollzug eine Silbermünze dargebracht. 19 Dazu sprach der yajamäna·. om yat tvagasthigatam päpam dehe tisthati mämake / präsanät pancagavyasya dahaty agnir ivendhanam II »Om. Was an Üblem in meine Haut und in meine Knochen gedrungen ist und sich in meinem Körper befindet, verbrennt durch das Verzehren der fünf Kuhprodukte wie ein Feuer Brennholz verbrennt.« Pancagavya ist ein Gemisch aus Milch, Joghurt, Schmelzbutter, Kuhdung und -urin.

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Reis) vorbereitet und die sechzehnteilige Verehrung ( s o d a s o p a c ä r a 2 2 ) dargebracht w u r d e . N e b e n Ganesas »Sitz« stellte m a n auf gelbgefärbten Reis den ebenfalls tönernen kalasa ( » K r u g « ) und verehrte i h n . 2 3 A n die Ritualsequenz, die einen glückbringenden Tag gewährleisten sollte ( p u n y ä b a v ä c a n a 2 4 ) schlossen sich die Verehrung der Priester (äcäryaoder bräbmanapüjä, besonders der H ä n d e der Priester, hastapüjä25), die Verkündung des Segenswunsches ( s v a s t i v ä c a n a ) mit der dazugehörigen Ausstreuung von gekochtem Reis, die erneute Ab-

20 Ein ausführliches Beispiel einer Verkündung von Ort und Zeit (desakäloccärana), sowie einer Absichtserklärung (samkalpa) bei G. Bühnemann, Püjä, 114. Zur samkalpa als solemnis intentio und damit als notwendiges Kriterium für ein (religiöses) Ritual siehe A. Michaels, »'Le rituel pour le rituel' oder wie sinnlos sind Rituale?«, in: C. Caduff; J. Pfaff-Czarnecka (Hg.), Rituale heute. Theorien - Kontroversen - Entwürfe, Berlin 1999, 23-47. 21 In der Regel beginnt jede rituelle Handlung, aber auch jede andere Unternehmung mit einem Gebet an den elefantenköpfigen Gott, der als »Beseitiger von Hindernissen« gilt. 22 Die tatsächliche Anzahl der »Dienste« variiert je nach Quelle. Doch auch wenn z. B. 18 verschiedene upacäras vollzogen werden, spricht man von der Verehrung mit 16 Diensten (die Zahl 16 symbolisiert Vollständigkeit). In der Regel werden dazu die sechzehn (Rgveda) oder achtzehn (Taittiriya-Schule des Yajurveda) Verse des Purusasükta (RV 10.90) rezitiert. Der wohl gebräuchlichste Ablauf ist wie folgt: 1) Anrufung (ävähana) 2) Sitz (äsana) 3) Wasser für die Füße (pädya) 4) Wasser für den Gast (arghya) 5) Wasser zum Mundspülen (äcamantya) 6) Materialien für das Bad (snäntya) 7) Kleidung (äcchädana) 8. die Heilige Schnur (yajnopavtta) 9) Sandelholzpaste (gandha) 10) Blumen (puspa) 11) Weihrauch (dhüpa) 12) Licht (pradipa) 13) Nahrung (naivedya) 14) Verbeugung (anjalikarana) 15) Umwandlung (pradaksina) 16) Verabschiedung (udväsana). Zu den upacäras siehe G. Bühnemann, Püjä, 63ff., bes. 68, ausführlich zur sodasopacärapüjä 101-182. 23 Zum pürnakalasa (»voller Krug«) und seiner Symbolik siehe J. Gonda, The Mantras of the Agnyupasthäna and the Sauträmanl, Amsterdam 1980, 13If. sowie F. D. Κ. Bosch, The Golden Germ, 'S-Gravenhage 1960, 112. Vgl. G. Bühnemann, Püjä, 45-46. 24 Wörtlich »die Ausrufung eines glückverheißenden Tages«. 25 Oder »die Verehrung in die Hände/in den Händen (Lokativ)«: »hastepüjanam !«, so kündigte der Priester die anstehende Handlung an. Brahmanen sind »Objekte von püjä« (püjästhäna, püjäpada), und es heißt verschiedentlich, daß in ihnen alle Gottheiten zu finden sind. Vgl. G. Bühnemann, Püjä, 197. Zu den Händen der Brahmanen siehe auch J. Gonda, Vedic Ritual. The Non-Solemn Rites, Leiden 1980, 445: »With permission of the brahmins he sacrifices in the fire or in their hands (which is the mouth of the Fathers) some food ...«.

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Hanumänweihe in Benares

Abb. 5: Die Verehrung des kalasa

sichtserklärung (samkalpa) und das Versprengen von Wasser aus dem zuvor aufgestellten kalasa an. Nun wurden am Diagramm der sechzehn weiblichen Gottheiten (sodasamätrkä) die Göttinnen, repräsentiert durch Arecanüsse (pügiphala), namentlich zur Weihe geladen.26 (Ähnlich wurde bei der Einladung der Gottheiten an den anderen Diagrammen verfahren.) Im Anschluß daran wurden die Gottheiten des auf ein weißes Tuch gemalten snyantra angerufen und verehrt. Während Opferherr, Hauptpriester und zumeist ein weiterer erfahrener Priester die geschilderten Handlungen ausführten, bereiteten die beiden jüngeren priesterlichen Gehilfen unter der Anleitung des zweiten rtviks die Materialien für die jeweils anstehende Ritualsequenz vor. Bei 26 Auch hier konnte - wie in den meisten Fällen während der Weihe - der sechzehnteilige Gottesdienst beobachtet werden, der nach der Anrufung der einzelnen Gottheiten dem Diagramm in seiner Gesamtheit dargebracht wurde. Allgemein für die Handlungen an den Mandalas gilt: Während des Rituals werden die Götter in Form von Arecanüssen (pügiphala) angerufen. Die Nüsse waren schon vorher auf die Diagramme verteilt worden. Zum Zeitpunkt der Anrufung werden sie mit kunkuma-Pulver berührt und mit Blumen usw. verehrt. Ein Krug (kalasa, ghata) mit Wasser und anderen Ingredienzien wird genau in die Mitte des Mandalas gestellt, und darauf kommt eine flache Messingschale (tämrapätra) mit Reis.

Hanumänweihe in Benares

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Beendigung der Anrufungen und der Verehrung am snyantra konnte so nahtlos zur Zeremonie zu Ehren der Ahnen (nändisräddba 2? ) geschritten werden: Auf einer aus den Blättern des dhäk-Baums (Butea frondosa) zusammengefügten Unterlage lagen mehrere geknotete Kusagrasbündel. Hierher wurden die Vorfahren eingeladen, mit dem sechzehnteiligen Dienst verehrt und zum Schluß - im Unterschied zu den angerufenen Göttern, die während des ganzen Tages als anwesend gedacht wurden - auch gleich wieder entlassen. 28 Im Rahmen dieses Gedenkens an die Vorfahren wurde S.s verstorbenem Vater eine besondere Position eingeräumt. Dessen Bild begleitete, mit Blumengirlanden behangen und am sarvatobbadramandala aufgestellt, fortan die Weihefeierlichkeiten. Darauf folgte die feierliche Wahl und Beauftragung der Priester (äcäryavarana29). Diese wurden vom Opferveranstalter mit Wasser, Sandelholzpaste, Reis und Blumen verehrt und erhielten von ihm Stoffe und je ein Kupfergefäß als Gabe. Als einleitende Phase bei der Verehrung der Gottheiten des västumandala erfolgte das (symbolische) Einschlagen der Eisenspieße ( l o h a sanku). Der Opferherr führte dabei festgelegte Handbewegungen aus. All diese Handlungen galten den Schlangengottheiten (nägas, bes. Nägaräja). Eine ausführliche Ritualsequenz stellte die Anrufung der einzelnen Gottheiten am νästumandala30 dar. Die Hauptgottheit, Brahma Västospati, wurde eingeladen, ihren Sitz (äsana) in einem großen Messingkrug mit Wasser, Reis, Blumen, Dürvägras u. a. in der Mitte des 2 7 nändisräddba, oder vollständig nändtmukhasräddha·. ein Ritual, bei dem einer bestimmten Gruppe von Vorfahren (nändtmukha) gedacht wird. Nach manchen Texten handelt es sich um die drei Vorväter des Urgroßvaters (väterlicherseits). Hier wurden jedoch sowohl die Vorväter väterlicher- (pitrpitämahaprapitämahäh) als auch jene mütterlicherseits (mätämahapramätämahavrddhapramätämahäh, mätrpitämahiprapitämahyah) bedacht (Siehe PM, 86; SPP, 2 3 ) . 2 8 pitrvisarjana. Es könnte ja sein, so der äcärya, daß ein anderer Nachfahre zur gleichen Zeit in einem rituellen Kontext die Anwesenheit der Ahnen ebenfalls benötigt. 2 9 Auf die Bedeutung der äcäryavarana-Zeremonie weist G. R. Welbon in seinem Beitrag »Mahäsamproksana 1 9 8 1 . Ägama and Actuality in a Contemporary Temple Renovational«, in: Κ. Κ. A. Venkatachari (Hg.), Agama and Silpa, Bombay 1 9 8 4 , 6 9 - 1 0 2 , bes. 93, hin. Zu den Voraussetzungen, die ein potentieller äcärya erfüllen muß, siehe R. V. Joshi, Le rituel de la devotion Krsnaite, Pondichery 1 9 5 9 , 72f. 3 0 Vgl. dazu G. C. Tripathi, The Ritual of Founding a Brahmin Village, Delhi 1981,15f.

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Hanumänweihe in Benares

mandala einzunehmen, auf das eine Schale (tämrapätra) mit Reis und einer Kokosnuß gestellt wurde. Von Libationen begleitet, umgaben die Priester den Opferplatz mit einer Schnur (mandapapradaksina), und der yajamäna rief die Hüter der Himmelsrichtungen (dikpälas) an, die in Form von Tonkrügen am Rand des yajnamandapa aufgestellt waren. Nun wandte man sich dem größten und wichtigsten Diagramm, dem sarvatobhadramandala, zu. Auch hier erfolgte eine ausführliche Verehrung der einzelnen, namentlich aufgerufenen Gottheiten. Zum Abschluß der Einladung und Anrufung der Götter dieses Mandalas erfolgte ein Schritt, in dem zum ersten Mal der Gott Hanumän tatsächlich im Mittelpunkt stand: Er wurde - als Gott, um den es im gesamten Ritual ging - auf der einen Seite eingeladen, in der Kokosnuß, die auf den Krug in der Mitte des sarvatobhadra plaziert wurde, Platz zu nehmen. Gleichzeitig führten die Priester aber auch eine schnelle »Einfügung des Lebenshauchs« (pränapratisthä) in ein kleines Hanumänbild aus Gold durch, das anschließend in ein Betelblatt eingewickelt und unter die Kokosnuß gelegt wurde. 31 Nach dieser Vorwegnahme der eigentlichen Weihe (des Steinbildnisses) erklangen bekannte Hymnen und Gebete, gerichtet an den (Gold-)Hanumän am sarvatobhadramandala. Für die nächste rituelle Handlung begaben sich Opferherr und Priester zum Badeplatz (snänamandapa), der in diesem Fall zwar direkt am Opferplatz (yajnamandapa) lag, ritualgeographisch jedoch räumlich klar von diesem abgegrenzt war. Der Übergang war fließend: Hanumän war gerade im sarvatobhadra angerufen worden, nun widmete man sich seinem zu weihenden Bild. Nach einer Anrufung der Weltenhüter/Hüter der Himmelsrichtungen (lokapälas) am snänamandapa und der reinigenden Berührung mit Kusagras (wodurch auch eventuelle Fehler bei der Herstellung beseitigt werden sollten) rieben der Opferherr und die jungen Priestergehilfen das Götterbild mit Öl, Schmelzbutter und anschließend mit dem Gemisch aus den fünf Kuhprodukten ein. Das Bild wurde mehrmals mit Wasser (zuletzt mit Gangeswasser) abgespült und mit einem feuchten weißen Tuch zugedeckt. Das Tuch stand für die Ritualsequenz des jalädhiväsana (vorbereitende Reinigung mit Wasser), bei der ein zu weihendes Bild in der Regel über Nacht in einen Wassertank gestellt wird. Zwischenzeitlich begab sich der yajamäna S. unter dieses Tuch und zeichnete mit Farbe die Augen/Augäpfel der Statue ein. 32 Er zeigte dann 3 1 Man wollte durch diese Doppelung Hanumäns Präsenz um jeden Preis sicherstellen, so der leitende Priester.

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Hanumänweihe in Benares

- immer noch halb unter dem Tuch verborgen - dem Bild eine Mangofrucht. Die Handlung verlagerte sich erneut auf den Opferplatz, wo m a n weitere Gottheiten zur Weihe einlud: Zuerst am Mandala der yoginis, dem Sitz von 64 weiblichen Gottheiten, die alle einzeln (durch Arecanüsse auf dem Reisdiagramm symbolisiert) in einer vorgegebenen Reihenfolge herbeigerufen wurden, ebenso die drei Großen Göttinnen, die auf dem Mandala verschiedenfarbige dreieckige Felder belegten: Sarasvati, Kall und LaksmI. Dann wandte m a n sich dem Diagramm der ksetrapälas zu, wo die 49 Wächter des Bezirks eingeladen und verehrt wurden. Zurück am Badeplatz, übergoß der Opferherr das Bild achtmal mit Wasser. Von einem mit Goldfäden durchsetzten Brokattuch verdeckt führte er dann das Augenöffnungsritual (netronmilana) aus: Mit einem Goldstäbchen zog er die Konturen der Augen und der Augenlider Hanumäns nach, und einer der Priester hielt - ebenfalls unter dem Tuch - einen Spiegel vor das Gesicht des Bildes, um den ersten, besonders energiegeladenen Blick aufzufangen und zu neutralisieren.

Abb. 6: Vorbereitungen

für die Reinigung mit Nahrung

('annädhivasanaj

32 Eine erste Phase der eigentlichen Augenöffnungszeremonie, die gewöhnlich vom Bildhauer selber übernommen wird. Mohanläl war jedoch während der Weihe nicht anwesend.

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Hanumänweihe in Benares

Es folgte die vorbereitende Reinigung mit Nahrung (annädhiväsana). Um das Bild herum wurde eine Art Käfig aufgebaut, vorn mit holzumrahmtem Glas, an den Seiten und hinten aus feinem Maschendraht. Abwechselnd gössen nun Helfer Kichererbsen und Weizen auf das Bild, bis es vollständig bedeckt war. Mit einem Tuch verhüllt verharrte es so bis zum nächsten Morgen. Mit der Lichterschwenkzeremonie ärti33, bei der der yajamäna einen Leuchter mit fünf Flammen vor dem sarvatobhadra und auch in Richtung der anderen Diagramme im Uhrzeigersinn schwenkte, sowie mit einer Umgehung des Opferplatzes waren die rituellen Handlungen des ersten Tages - etwa zwölf Stunden, nachdem sie begonnen hatten - beendet.

Tag 2 Auch am zweiten Tag begannen die Rezitationen schon früh am Morgen. Die Stationen der einleitenden Rituale waren dieselben wie am Vortag, ihre Dauer war allerdings bedeutend kürzer: Hatte die Anrufung und die Verehrung z. B. allein am sakralen Diagramm der Muttergottheiten am ersten Tag mehr als eine halbe Stunde gedauert, beschränkte man die Verrichtungen am mätrkämandala an diesem zweiten Tag auf ca. 5 Minuten. Die Götter wurden nicht mehr einzeln angerufen (sie waren ja am Vortag nicht verabschiedet worden), sondern zusammengefaßt verehrt. Die Rituale an den verschiedenen Mandalas nahmen insgesamt etwa eine knappe Dreiviertelsunde in Anspruch. Mit Muschelhornklängen (sankhanäda) und Glockengeläut wurde dann das Hanumänbild, das die Nacht in Getreide und Hülsenfrüchten verbracht hatte, aufgedeckt. Nachdem der Inhalt des »Käfigs« sorgfältig eingesammelt wurde 3 4 , reinigten zwei der Priester und S. das Bild mit Gangeswasser (devasnapana) und mit dem Gemisch aus den fünf Kuhprodukten

(pancagavya).

Es folgte die vorbereitende Reinigung mit Blumen (puspädbiväsana), bei der die Statue über und über mit Blumengirlanden behängt wurde, so daß zum Schluß nur noch das Gesicht der Gestalt zu sehen war. 3 5 Währenddessen war in der Mitte des Opferplatzes alles für die Feuergründung (agnisthäpana) vorbereitet worden. Nach einer sechzehnteiligen Verehrung der Reibhölzer (arampüjä 3 6 ) und der Gerätschaften für 33 Sanskrit: arätrika. 34 Das Getreide stellte einen Teil der Entlohnung des Hauptpriesters dar.

Hanumänweihe in Benares

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das Feueropfer (hotna) erzeugten Priester und Opferherr mit vereinten K r ä f t e n 3 7 auf althergebrachte Weise (durch Reiben) das Feuer. D e r auf diesem Weg eingetroffene Gott Agni w u r d e mit Rezitationen willkommen geheißen, und die glimmenden Kampferstückchen aus den Kerben des unteren Reibholzes gelangten auf eine Platte mit g e t r o c k n e t e m Kuhdung, Schmelzbutter und Baumwolle, w o bald d a r a u f die F l a m m e n züngelten. Die Priestermannschaft teilte sich an dieser Stelle: Z w e i Priester gingen in den kleinen Innenhof, um die Feuerstätte für das Opferfeuer vorzubereiten, zwei andere blieben mit d e m äcärya und d e m yajamäna auf dem Opferplatz und vollzogen die Anrufung und Verehrung der Planetengottheiten des navagrahamandala.3S Die beiden Priester reinigten den im H o f befindlichen, zu diesem Z w e c k errichteten quadratischen Feueraltar (vedi) rituell mit Gangeswasser, ebenso die verschiedenen Gerätschaften (Opferlöffel), Gräser und H o l z s t ä b c h e n 3 9 , die sie den Vorschriften g e m ä ß ordneten. D a n n versammelten sich alle H a u p t a k t e u r e u m den Feueraltar und vollzogen das homa-Opfer. Der Reihe n a c h w u r d e n alle bei der Weihe präsenten

35 Während dieser Ritualsequenz wurde eine auf Leinwand gemalte Dschungellandschaft hinter das Bild gestellt, damit sich Hanumän, der Waldbewohner, in seiner heimischen Umgebung wohlfühle, so der Opferherr. Das Gemälde wurde nach der Weihe in den Tempel gebracht, wo es seither einen Teil der üppigen Ausstattung bildet. Zum Abschluß der Reinigung mit Blumen zeichnete der Opferherr die Lippen des Hanumänbildes mit roter Farbe nach. Das so »geschminkte« und mit Blumen beladene Hanumänbild schien - nach Meinung der Anwesenden - zufrieden zu lächeln. 36 Man unterscheidet zwischen dem unteren (adbarärani) und dem oberen Reibholz (uttarärani). In der Regel wird die Dualform aranl für die Bezeichnung beider Hölzer gebraucht. 37 Für die eigentliche Erzeugung des Feuers war ein zweiköpfiges Team notwendig: Auf das obere Holz mußte - während es mit Hilfe eines Seils gedreht wurde - Druck ausgeübt werden. Die Konstellationen wechselten: Erst drehte der Opferherr, und rtvik 1 assistierte; dann zog rtvik 2 am Seil; anschließend übernahm rtvik 1, der sich bis dahin auf das obere Holz gestützt hatte, den aktiven Part, während rtvik 2 auf dessen Platz gelangte; schließlich löste einer der jüngeren Priestergehilfen rtvik 1 beim Drehen ab. Die Prozedur dauerte insgesamt etwa 20 Minuten. 38 Mit sodasopacära. Die Hauptgottheit, die an diesem Mandala ihren Platz einzunehmen hat, ist Asamkhyätarudra. Von allen Diagrammen wurde nur hier der Krug - Sitz der Gottheit - nicht auf das Mandala, sondern daneben gestellt (aus Platzmangel westlich davon, vorgeschrieben wäre der Norden gewesen).

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Hanumänweihe in Benares

Gottheiten berücksichtigt40: Reis und Schmelzbutter bildeten das Opfermaterial, das Feuer nährten Holzscheite des Mangobaumes. Nach dieser langwierigen Handlungssequenz begab man sich zurück zum Opferplatz im Atrium. Das Götterbild wurde von seiner Blumenlast befreit und im Rahmen der vorbereitenden Reinigung durch Schmelzbutter (gbrtädhiuäsana) mit dieser Substanz eingerieben. Die Priester deckten das Bild für einige Minuten 41 mit einem weißen Tuch ab. Es folgte das »Große Baden« (mahäsnäna) des Bildes, das von mehreren Wassergüssen eingeleitet wurde. Der yajamäna rieb dann das Bild mit Joghurt (dadhisnäna) ein, darauf folgten Güsse mit Kuhurin (gomütra), den fünf Kuhprodukten, mit den fünf Arten von »Nektar« (pancämrta42), und erneut mit Wasser. Weitere Sequenzen waren: das Einreiben mit saptadhänya (Mehlgemisch aus sieben Getreidearten), Kuhdung (gobar), Butter, sarvausadhi (Heilpflanzenpulver), braunem Zucker, Honig (madhusnäna) und Erde (saptamrttikä: Gemisch aus sieben Lehmsorten). Appliziert wurden des weiteren Öl, Rosenwasser sowie diverse duftende Essenzen. Abschließend gössen der yajamäna und die Priester einige Male verschiedene Sorten Wasser (Wasser von einer Furt: tlrthajala, Wasser vom Zusammenfluß zweier Flüsse: sangamajala, Regenwasser: meghajala, Gangeswasser: gangäjala) über das Bild und rieben es dann mit Tüchern trocken. Das Hanumänbild wurde - während eine kleine Musikgruppe leise aufspielte - angekleidet und geschmückt, und erhielt zum ersten Mal einen Gottesdienst (püjä) mit ärti, Gangeswasser, Blumen und Duftessenzen. Zum ersten Mal erklangen am Ende der Rezitation die Rufe: Bajranga Bait, Mahävtr Sväml, Sankat Mocan Bhagvän ki jay! (»Verehrung/Sieg dem Kristallgliedmaßigen, dem Großen Helden, dem Befreier 39 So waren z. B. neun verschiedene Grasbündel und Holzstückchen für die grahas bestimmt: sie wurden bei der Anrufung dieser Planetengottheiten im Feuer geopfert. Zu grahasänti siehe auch Anm. 65 im Kapitel »Texte zur Hanumänweihe «. 4 0 Dem Gott Hanumän wurde hier während zweier Ritualsequenzen geopfert: einmal im Rahmen des pradhänahoma, kurz darauf im sarvatobhadrahoma. Die Anrufung der einzelnen Götter wurde während des ganzen homa-Rituals jeweils mit dem Ausruf sväbä beendet. Im pradhänahoma wurden 108 »lautlose« Opferungen (nur von »svähä« begleitet) dargebracht, bei denen der Göttername nicht ausgesprochen, sondern nur gedacht wurde. 41 Auch hier, wie im Fall des jalädhiväsana, wurde die Zeit von einer Nacht auf einige Minuten verkürzt. 4 2 pancämrta: Milch, Joghurt, Butterschmalz, Honig und Zucker.

Hanumanweihe in Benares

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Abb. 7: Das Double

von Sorgen!« [Beinamen Hanumäns]). Das festlich gekleidete Bild war nun für die Besichtigung des künftigen unmittelbaren Herrschaftsgebiets bereit. Auf den Rundgang nahm man allerdings nicht dieses Bild, sondern das Ebenbild aus Gips mit. 4 3 Mitgeführt wurde in der Prozession der Krug des sarvatobhadramandala mit der bereits geweihten kleinen Goldstatue Hanumäns. Nach dem Rundgang wurde das Weiheritual mit der reinigenden Ruhephase (sayanädhiväsana 44 ) fortgesetzt. Vor dem Götterbild stand ein 43 N u n hätte eigentlich das so geschmückte und verehrte Hanumänbild sein Herrschaftsgebiet während einer Stadtumgehung (nagarapradaksina) in Augenschein nehmen sollen, doch S. hatte sich bereits bei den Vorbesprechungen, die er mit dem Familienpriester geführt hatte, dagegen gesträubt, »seinen« H a n u m ä n den Widrigkeiten der Straßen von Benares auszusetzen. Stattdessen hatte er vor, H a n u m ä n s Gipsdouble (siehe Abschnitt »Lehm zu Stein«) loszuschicken. Das sei nicht richtig, hatte der Priester entgegnet, und erst im letzten Augenblick, als dieser sich vor vollendete Tatsachen gestellt sah - das in einem Nebenraum ebenfalls angekleidete und geschmückte Gipsbild stand aufbruchbereit auf der Trage - lenkte er ein. Den gefährlichen Part übernahm auf diese Weise ein »stuntgod«, der nach Beendigung des Rundgangs diskret in einem Nebenraum verschwand. Z u m Rundgang siehe den Abschnitt »Prolog«. 44 Vgl. auch H . D. Smith, »Pratisthä«, in: K. K. A. Venkatachari (Hg.), Agama and Silpa, Bombay 1984, 57f.

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Hanumanweihe in Benares

Bett mit Decken und Kissen, auf welches das zu weihende Bild (symbolisch) gelegt wurde. Der zweite Weihetag neigte sich seinem Ende zu. Vor der abschließenden umfassenden Verehrung mit ärti usw. begab sich der yajamäna mit einer Mangofrucht in der Hand zum Götterbild und strich mit einem Kusagrashalm in einer vorgegebenen Reihenfolge über dessen Glieder (anganyäsa).* 5 Rezitiert wurden an dieser Stelle u.a. die sechzehn Verse des Purusasükta (RV 10.90).

Tag 3 Kurz nach fünf Uhr begannen die rituellen Handlungen des dritten Tages mit einer kurzen Verehrung aller bei der Weihe als anwesend vorgestellten Gottheiten. Dann wurde Hanumän mit Glocken und Muschelhorn »geweckt« und nach einer schnell durchgeführten fünfteiligen Verehrungszeremonie für den Transfer zum zukünftigen - endgültigen Standort vorbereitet. Mit Hilfe von Querstangen und Stricken trugen männliche Verwandte des Opferherrn das zentnerschwere Bild unter erheblichem Kraftaufwand durch mehrere Türen über einige Treppen in den Tempel und stellten es dort auf. Zahlreiche Gäste begleiteten den Weg des Bildes mit devotionalen Gesängen, lobpreisenden Ausrufen und Glockentönen. Die beiden jungen Priestergehilfen begannen im Tempel bald darauf mit dem Auftragen von sindür, der orange-roten Farbe (Zinnober), die im Hanumänkult einen besonderen Stellenwert hat. Als diese einigermaßen trocken war, wurde das Bild angekleidet und geschmückt. Der in astrologischer Hinsicht glückverheißende Zeitpunkt war nahe: äcärya und yajamäna suchten die unmittelbare Nähe des Bildes. Mehrere vorbereitende Verse wurden gesprochen, dann leitete der Priester zur zentralen Ritualsequenz über: Der yajamäna S. berührte die Füße des Götterbildes und sprach den vom äcärya vorgesagten Hanumatgäyatri-We.rs46 nach, gefolgt von weiteren Versen (Dhruvasükta: RV 10.173.2-6) und Weiheformeln. 47 Mit Hilfe von sogenannten Kernsilben (bijamantras) wurden dem Bild dann »Lebenshauch« (präna), »Seele« (jiva) sowie die »Sinnesorgane« (indriyäni) eingeflößt. 4 5 Ausführlich zu nyäsa siehe G. Bühnemann, Püjä, 121ff. »Nyäsa is the assignment of alphabets, parts of mantras, word divisions, etc. to various parts of the body, thus believed to be invested with divine power and made secure.« In: G. Bühnemann, Püjä, 1 2 1 .

H a n u m a n w e i h e in Benares

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Im Tempel wurde für den Gott Hanumän anschließend eine sechzehnteilige Verehrungszeremonie ausgeführt. Yajamäna und Priestermannschaft versammelten sich kurz darauf im Innenhof zu einem erneuten homa-Opier. Um den Feueraltar brannten zehn Lichter für die Hüter der Himmelsrichtungen (dikpälas). Für die Hüter des Bezirks (ksetrapälas) wurde ein Licht mit vier Flammen (caturmukhadipa) angezündet, auf einen Blattuntersatz gestellt und mit Blumengirlanden umgeben. 48 Nur wenig kürzer als das erste am Vortag, wurde das Feueropfer diesmal mit der Opferung eines »vollen Opferlöffels« ins Feuer (pürnähuti) und mit einem kontinuierlichen Opferguß von Schmelzbutter (vasordhärä, »Strom des Wohlstands«) abgeschlos-

Abb. 8: Der

46

Das bekannte schneidert:

Gäyatnmantra (RV

Hauptpriester

3 . 6 2 . 1 0 ) wurde hier auf H a n u m ä n zuge-

ο tri tatpurusäya vidmahe väyuputräya dblmahi / tanno hanumat [richtig: hanumän] pracodayät II O m wir kennen Tatpurusa. W i r denken an den Sohn des W i n d g o t t e s . M ö g e H a n u m ä n uns leiten. 4 7 Siehe hierzu die Übersetzung der Textstelle aus P M im Kapitel » T e x t e zur Weihe« der vorliegenden Arbeit. 4 8 Das Licht und die O p f e r g a b e n an die ksetrapälas, die als »dunkle (tamasik) Gottheiten« gelten, n a h m der Familienbarbier (näpit) mit und legte es an einer Weggabelung nieder.

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Hanumänweihe in Benares

sen. Die Brahmanenpriester segneten den Opferherrn mit Asche vom Feueraltar, und dieser ging zum Schluß um den Feuerplatz herum. Zurück am Opferplatz im Atrium vollzog S. nach einer kurzen Verehrung aller Götter die tfrif-Zeremonie vor dem sarvatobhadramandala und gleich danach auch im Tempel vor dem neu geweihten Götterbild. Er trug dann den fünfarmigen Leuchter durch das ganze Haus, und die Anwesenden beeilten sich, die Flammen zu berühren. Der Opferherr entrichtete den Priestern den rituellen Lohn (daksinä) 4 9 , und Wasser aus allen geweihten Gefäßen wurde gesammelt und über alle Anwesenden versprengt. Mit Rezitationen entließen die Priester feierlich alle zur Weihe geladenen Götter, und im Anschluß daran erhielten die Anwesenden von den Priestern geweihte Speise (prasäda). Den Ausklang der Zeremonie bildete die Speisung der Priester (brähmanabhofana)50.

Ausklang Im Laufe des Nachmittags räumten zahlreiche Helfer das malerische Durcheinander im Atrium auf. Das yajnamandapa wurde aufgelöst, das Abflußsystem des Badeplatzes abgebaut. Doch nach einer kurzen Verschnaufpause belebte sich gegen Abend der Schauplatz erneut: S. hatte aus aktuellem Anlaß zu einem Empfang geladen, und zu den bereits anwesenden Gästen gesellten sich zahlreiche weitere hinzu. Vor dem Tempel, neben dem Hauseingang, bildeten sich kleine Menschentrauben, denn jeder Neuankömmling wollte den Gefeierten, das frisch geweihte Bild, sehen und dem Gott seine Verehrung erweisen. Dann begab man sich ins Haus, wo man von S. begrüßt und an das üppige warme Buffet gelotst wurde, an dem tadellos livrierte Angestellte die Speisen servierten. Überall waren kleine Gruppen zu sehen, angeregte Gespräche wurden geführt. Andere lehnten sich im Vorgarten in ihren bequemen Stühlen zurück und lauschten der musikalischen Untermalung. Erst gegen Mitternacht verabschiedeten sich die letzten Geladenen, und auch die auswärtigen Gäste, die im Haus wohnten, zogen sich in ihre Gemächer zurück. Nur ein erschöpfter, doch sichtlich zufriedener Opferherr saß noch lange auf der kleinen Bank vor dem inzwischen verdunkelten Tempel...

49 daksinä·. »salaire rituel« (H. Brunner-Lachaux). Zur daksinä siehe J. C. Heesterman, »The significance of the daksinä«, in: Indo-Iranian Journal 3, 1959, 241-258; K. Mylius, »Daksinä. Eine Studie über den altindischen Priesterlohn«, in: Altorientalische Forschungen VI, Berlin 1979, 141-179. 50 Siehe dazu J. Gonda, Vedic Ritual. The Non-Solemn Rites, Leiden 1980, 340f.

Hanumänweihe in Benares

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Überlegungen Im Rahmen eines dreitägigen ausgeklügelten Weiherituals, das in seiner Vorbereitung und Ausführung gleichermaßen kosten- und zeitaufwendig war, spielte ein Gott die Hauptrolle, dessen Popularität in Benares und in Nordindien zwar unbestritten ist, der jedoch bislang zumeist eher zu den Leichtgewichten des indischen Pantheons gezählt wurde. Somit drängen sich eine Reihe von Fragen auf: Wie passen Ritual und Gottheit zusammen? War die Zeremonie übertrieben in ihrer Ausführlichkeit? Waren wir Zeugen eines detailverliebten Ritualismus? Oder aber wird die Bedeutung der Gottheit nach wie vor unterschätzt? Um diese letzte Frage eingehender behandeln zu können, wird es unumgänglich sein, eine kurze Geschichte der Entwicklung der Gestalt im Laufe der Jahrhunderte zu skizzieren. Dabei wird besonders auf mögliche Ausgangspunkte dieser Entwicklung hingewiesen, des weiteren auch auf die Wandlungen - soweit greifbar die Hanumän während der langen Zeit erfahren haben könnte. Von großer Wichtigkeit wird die gegenwärtige Situation sein: die Haltung der Verehrer dem Gott gegenüber; die Bedeutung, die ihm die Einwohner von Benares beimessen. Dies ist ein Versuch, eine räumlich und zeitlich stark eingeschränkte Standortbestimmung (»Momentaufnahme«) Hanumäns im hinduistischen Pantheon vorzunehmen. Geschlossen wird die Klammer, die durch die Darstellung der Weihezeremonie geöffnet wurde, mit der Übersetzung einiger ritueller Texte zur Hanumänweihe.

III. Geschichtliche Entwicklung 1. Vor dem Rämäyana

(ca. 2 5 0 0 - ca. 3 0 0 v. Chr.)

1.1. Affen in der

Industalkultur

Zu den noch nicht entschlüsselten Geheimnissen der Industalkultur (ca. 2500 - ca. 1500 v. Chr.) gehört auch deren Religion. Solange die Indusschrift ihrer Entzifferung harrt, können so gut wie keine gesicherten Schlußfolgerungen zur Religiosität in dieser Kultur vorgelegt werden. Zwar vermutet man, daß auf verschiedenen Riegeln und Terrakotten Gottheiten abgebildet sind, doch eine eindeutige Identifizierung der Gestalten war bislang nicht möglich. 1 Ausgrabungen in den Zentren der Industalkultur brachten mehrere kleine Affenfiguren zum Vorschein2, über deren Verwendungszweck sich die Forscher noch nicht einig sind. Die meisten der zutagegeförderten Affendarstellungen sind nämlich nicht aus dem normalerweise 1 Zum Forschungsstand siehe W. A. Fairservis, The Harappan Civilization and its Writing: Α Model for the Decipherment of the Indus Script, Leiden 1992 sowie A. Parpola, Deciphering the Indusscript, Cambridge 1994. Umstritten ist unter anderem der berühmte ithyphallische »Siva-Pasupati« (»Herr der Tiere«) auf einem Steatitsiegel (siehe dazu D. Srinivasan, »The So-called Proto-6iva Seal from Mohenjo Daro: An Iconological Assessment«, in: Archives of Asian Art 29, 1975-76, 47-58). 2 Nach A. Hamoto (Der Affe in der altorientalischen Kunst, Münster 1994, 73) sind aus »Mohenjo-Daro [...] vier kleine Figurinen (Vergessene Städte am Indus, Ausstellungskatalog, Mainz 1987, S. 281, Nr. C 133 und C 134; E. Mackay, Early Indus Civilizations, London 1948, Tf. XXV, Nr. 5 u. 7) bekannt, eine weitere Plastik stammt aus Harappä (Harappan Art, MuseumFührer des New Delhi Museums, 14, Nr. 13).« A. Ardeleanu-Jansen, auf deren Ausführungen ich mich im folgenden stütze, spricht von elf Terrakotta-Affenfiguren sowie von einer größeren Anzahl von Statuetten aus Steatit und Fayence allein in Mohenjo-Daro. Siehe dazu A. Ardeleanu-Jansen, Die Terrakotten in Mohenjo-Daro. Eine Untersuchung zur keramischen Steinplastik in Mohenjo-Daro, Pakistan (ca. 2300-1900 v. Chr.), Aachen 1993, 171ff.

Vor dem Ramäyana (ca. 2 5 0 0 - ca. 3 0 0 v. Chr.)

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verwendeten billigen und auch weniger haltbaren Lehm oder Ton, sondern aus wertvolleren, in der Bearbeitung aufwendigen Materialien wie Steatit und Fayence. 3 Marshall und Mackay meinten in den Affenfiguren des Industals Hinweise auf alte, vorarische Wurzeln der Vorstellungen von einem Affengott zu erkennen. 4 Da ein Großteil der entdeckten Figuren jedoch in einer hockenden Pose, mit angezogenen Beinen und auf den Knien ruhenden Händen dargestellt 5 und zudem oft nur miniaturengroß (ca. 3 - 4 cm hoch) sind, erscheint ihre Verwendung als Kultgegenstände als eher unwahrscheinlich. Auf der anderen Seite waren sie wohl mehr als nur Anschauungsmaterial für den Schulunterricht, Spielzeug oder gar Nippesfiguren. Die geringe Größe und das wertvollere Material deuten vielmehr auf eine apotropäische Konnotation hin: Es könnte durchaus sein, daß die kleinen Affen als glückbringende Amulette getragen wurden. Festzuhalten bleibt, daß angesichts der noch lückenhaften Forschungslage die Vermutungen Marshalls und Mackays in der indologischen Literatur vereinzelt Widerhall fanden, bis hin zu der Vorstellung, daß eine Affengottheit auf dem indischen Subkontinent bereits im zweiten Jahrtausend v. Chr. eine Rolle gespielt haben könnte. 6

1.2. Vrsäkapi: der Affe im Veda? Für die Interpretation der Religion Indiens aus der Zeit zwischen ca. 1500 und ca. 500 v. Chr. stehen ausschließlich Textzeugnisse zur Verfügung. 7 Das breitgefächerte Pantheon dieser nach ihren Texten

3 Viele der Figurinen haben außerdem vertiefte Augenhöhlen, die vermutlich ursprünglich mit Einlagen aus farbiger Paste, Metall oder Halbedelsteinen ausgefüllt waren. 4 Vgl. dazu Sir J. Marshall, Mohenjo-Daro and the Indus Civilization, 3 Vols., London 1 9 3 1 (repr. Delhi, Varanasi 1 9 7 3 ) und E. J. H. Mackay, Further E x c a vations at Mohenjo-Daro, New Delhi 1 9 3 8 . Es gibt keine Anzeichen dafür, daß Affen für die Bewohner des Industals heilig waren (wie etwa die Paviane in Ägypten). Ebenso fehlen die osteologischen Hinweise auf eine Domestikation des Tieres. Mackay versucht Letzteres dadurch zu erklären, daß bestimmte Bevölkerungsgruppen in Indien (in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts!) Affenknochen als unglückbringend ansehen. Vgl. E. J. H. Mackay, Further Excavations ..., 2 9 3 ) . 5 Darin weisen sie Ähnlichkeiten mit den ebenfalls rundplastischen Affendarstellungen aus dem Vorderen Orient und Mesopotamien sowie aus Ägypten auf. 6 In diese Richtung äußert sich z. B. S. Bhattacharji in: The Indian Theogony, Cambridge 1 9 7 0 , 2 7 7 .

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Geschichtliche Entwicklung

»vedisch« genannten Periode wird aus Göttergruppen gebildet, die neben anderen Mächten und Wesenheiten vor allem aus personifizierten Naturerscheinungen und vergöttlichten moralischen Größen bestehen. 8 So sind z. B. die Ädityas (bes. Mitra und Varuna) für die kosmische und moralische Ordnung zuständig. Weitere mächtige Göttergestalten dieser Zeit sind Indra, der vorwiegend in Kriegszeiten angerufen wird, sowie Agni, der Feuergott, Mittler zwischen Menschen und Göttern, sowie Soma, der vergöttlichte Opfertrank. Im komplexen Göttergefüge des Veda tauchen jedoch auch Gestalten auf, die nicht eindeutig klassifiziert werden können. Aus der sogenannten »mittelvedischen« Zeit um 1 0 0 0 v. Chr. stammt der erste und aus dieser frühen Zeit einzige Beleg für eine Gottheit, deren Aussehen in der Vorstellung der Verfasser des Textes (es handelt sich um eine Passage aus dem Rgveda) affenähnlich gewesen zu sein scheint. Allerdings wirft diese Hymne - wie im Folgenden ersichtlich - schwerwiegende Übersetzungs- und Interpretationsprobleme auf, die bis heute nur ungenügend gelöst wurden. 9 In Rgveda 1 0 . 8 6 taucht unter dem Namen Vrsäkapi (»Bullenaffe«, »männlicher Affe«) 1 0 eine Gestalt auf, die als Vorgänger des späteren Affengottes Hanumän gesehen wurde. 1 1 Bei dieser Textstelle handelt es sich um ein Gespräch zwischen wahrscheinlich vier Personen: Indra, In7 Veden (sambitäs), Brähmanas, Äranyakas und Upanisaden (>srutismrtiField< and the Divine Fructification, Bombay 1971, 49-67; P. Thieme, »Bemerkungen zum Vrsäkapi-Gedicht (RV 10.86)«, in: P. Thieme, Kleine Schriften II, hg. von R. Söhnen-Thieme, Stuttgart 1995, 921-931, bes. 928 ff. (Auch in: Z D M G Suppl. VI, Stuttgart 1985, 238-248.) Vgl. zum Folgenden P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 219f. sowie ders., »Monkey in the Middle«, 315f.

Vor dem Rämäyana (ca. 2500 - ca. 300 v. Chr.)

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dränl, Vrsäkapi und Vrsäkapäyl. Eine der Schwierigkeiten des Textes besteht allerdings schon darin, daß es kaum möglich ist, in der Hymne eine einigermaßen gesicherte Zuordnung der Dialogsequenzen vorzunehmen. 1 2 Der folgende größte gemeinsame Nenner läßt sich indessen herausschälen: Indräni, die Frau des Götterfürsten Indra, ist nicht gut auf Vrsäkapi zu sprechen, denn dieser soll Opfergaben, die an Indra gerichtet waren, veruntreut haben. Der Dialog dreht sich auch um die Frage, ob Vrsäkapi sich Indräni gegenüber sexuell anzüglich benommen hat oder nicht. Indra, der dem Beschuldigten zugetan ist, und - in einigen Ubersetzungsvarianten - auch Vrsäkapäyl (»Frau Vrsäkapi«) verteidigen Vrsäkapi. Die Episode endet mit einer allgemeinen Versöhnung. Es soll an dieser Stelle nicht näher auf die vielen Versuche eingegangen werden, den geheimnisvollen Hymnus zu deuten, 1 3 vielmehr steht die Frage nach den Argumenten für eine Gleichsetzung Vrsäkapis mit 10 Doniger O'Flaherty übersetzt vrsäkapi etwas frei mit »the monkey bursting with seed« (In: W. Doniger O'Flaherty, The Rig Veda, Penguin Books India, 1994, 257-258). Bei Grassmann finden sich hingegen folgende Übersetzungsvorschläge: »vrsäkapäyl: wol [sie] als Mutter des vrsäkapi aufzufassen«; »vrsäkapi: m. »Mannaffe [...], Eigenname, wie es scheint, eines Sohnes des Indra und der Indräni.« In: H. Grassmann, Wörterbuch zum Rig-Veda, 6., von Maria Kozianka überarbeitete und ergänzte Auflage, Wiesbaden 1996, 1351. 11 F. E. Pargiter, »Suggestions regarding Rigveda X, 86«, in: Journal of the Royal Asiatic Society, 1911, 803-809, sowie »Vrsäkapi and Hanumant«, in: Journal of the Royal Asiatic Society, 1913, 396-400. Ähnlich auch in: A. Barth, Religions of India, London 1882, 265. 12 Dazu nur zwei Beispiele: Thieme läßt RV 10.86.1 von Indra sprechen, Doniger O'Flaherty von Indräni, und während die meisten Übersetzer und Kommentatoren (Säyana, Geldner, Oldenberg, Doniger O'Flaherty) RV 10.86.6 Indräni zuordnen, legt Thieme diesen Vers Vrsäkapäyl in den Mund. 13 Die Bandbreite erstreckt sich von einer »Satire an die Adresse eines bestimmten Prinzen und dessen Frau« (A. A. Macdonell, Vedic Mythology, 64) bis hin zur Deutung der gesamten Hymne als verkappte astronomische Berechnung (allem Anschein nach eine Lesart des Ärya Samäj, nach A. Bharati, Great Tradition and Little Traditions: Indological Investigations in Cultural Anthropology, Varanasi 1978, 193). Doniger O'Flahertys Hinweis auf Parallelen zwischen dem vedischen Pferdeopfer (asvamedha) und der Vrsäkapi-Hymne wurde von Jamison zu einer bemerkenswerten Theorie ausgearbeitet. (W. D. O'Flaherty, The Rig Veda, 261; S. W. Jamison, Sacrificed Wife/Sacrificer's Wife. Women, Ritual, and Hospitality in Ancient India, New York 1996, 6588.) Einleuchtender erscheint hingegen Thiemes Deutung von Rgveda 10.86 als Fruchtbarkeitszauber, der in der ersten Nacht nach der Hochzeit (verstanden als »Tobias-Nacht«) aufgesagt wird. Siehe dazu P. Thieme, »Bemerkungen zum Vrsäkapi-Gedicht...«, 928f.

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Geschichtliche Entwicklung

Hanumän im Vordergrund. Stellvertretend für die vertretenen Positionen sollen zwei Autoren etwas näher behandelt werden: F. E. Pargiter versucht in einem Aufsatz aus dem Jahr 1911 1 4 eine mehrgleisige Verbindung zwischen dem vedischen Vrsäkapi und Hanumän aufzuzeigen. Er stützt seine Argumentation auf einige Textstellen aus dem Brahmapuräna, einem der traditionellen 18 »großen« Puränas (mahäpuräna). Pargiter ist davon überzeugt, in der Geschichte von Indras Niederlage gegen Mahäsani (einem Sohn Hiranyas), von der darauffolgenden durch Visnu und Siva ermöglichten Entstehung Vrsäkapis aus dem Fluß Godävarl sowie von der Tötung Mahäsanis durch Vrsäkapi die Voraussetzungen bzw. die als verloren deklarierte 15 Vorgeschichte für den Dialog aus dem Rgveda gefunden zu haben. 16 Eine frühere Stelle desselben Textes 17 liefert Pargiter den Beleg für die vermeintlich enge Beziehung zwischen Vrsäkapi und Hanumän. Hier werden die Namen einer »heiligen Furt« (tirtha) am Zusammenfluß der Flüsse Godävarl und Phenä aufgezählt und erklärt. Unter den vier Namen tauchen - synonymisch gebraucht - auch die Bezeichnungen »Hanümat« sowie »Vrsäkapi« nebeneinander auf. 18 Hanumän soll Adrikä, der zweiten Frau seines Affenvaters Kesarin, geraten haben, an dieser Stelle zu baden, um von einem Fluch erlöst zu werden. Über die Validität von Pargiters Annahmen läßt sich sicher streiten. Die älteren Puränas sind ohne Zweifel heterogen, sowohl was die Art, als auch was das Alter der in ihnen enthaltenen Materialien anbelangt. Es ist jedoch in den meisten Fällen schwierig, die tatsächliche Herkunft einzelner Teile zu bestimmen. Die Vrsäkapi-Geschichte des Brahmapuräna kann sehr wohl als inhaltliche Ergänzung zu Rgveda 10.86 gelesen werden. Ob ihr damit auch ein vedischer Ursprung bescheinigt werden kann, ist eher fraglich. Die von Pargiter hergestellte Verbindung zwischen Hanumän und Vrsäkapi basiert einzig und allein auf Toponymie, denn die Geschichten selber, die die jeweilige Namensgebung (»Hanümat« und »Vrsäkapi«) am Fluß Godävarl begründen, haben untereinander keinerlei Berührungspunkte. 19 In einem zwei Jahre später veröffentlichten Aufsatz 20 gründet Pargiter die Gleichsetzung von Hanumän und Vrsäkapi auf etymologische Argumente: vrsä kapih (Sanskrit: »männlicher Affe«) entspräche genau 14 15 16 17 18

F. E. Pargiter, »Suggestions ...«. Κ. F. Geldner, Vedische Studien, 22. Zu finden sind die erwähnten Geschichten in Brahmapuräna 129.11-125. Brahmapuräna 84.1-20. Die vier Namen lauten im Kap. 84: Märjära, Hanümat, Vrsäkapi und Abjaka.

Vor dem Rämayana (ca. 2500 - ca. 300 v. Chr.)

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der »dravidischen« Zusammensetzung än mandi (Tamil: »männlicher A f f e « 2 1 ) . Von än mandi versucht Pargiter einen weiteren Schritt 2 2 und gelangt schließlich z u m Schluß, kanümant oder hanumant sei die sans2 3 kritisierte F o r m der dravidischen Bezeichnung. Daß »Hanumat« gleichzeitig als »einer, der (große) Kiefer besitzt« aus d e m Sanskrit übersetzt werden kann, führt Pargiter auf Volksetymologie z u r ü c k . 2 4 Die Verbindung zu H a n u m ä n könnte - um Pargiter zusammenzufassen - unschwer folgendermaßen hergestellt werden: In der Zeit v o r der Einwanderung der arischen S t ä m m e (äryas) w u r d e ein mächtiger Affengott von den vorwiegend dravidischen U r e i n w o h n e r n verehrt, dessen N a m e »der M ä n n l i c h e Affe« (im Tamilischen: än mandi) gewesen sein muß. Als die äryas Kenntnis v o n diesem G o t t erlangten, übersetzten sie

19 Ob die vier Namen denselben Ort bezeichnen, ist auch nicht ganz klar. Siehe dazu C. Ludvik, Hanumän in the Rämäyana ...«, 5: »The problem is, however, that these appellations are not synonimous of one and the same place, but rather are different sacred places (tirthas) alongside one another at the Phenäsamgama: the text specifies that »beyond« (tasmät) Märjära are Hanümat and Vrsäkapi (84.19). Furthermore, the differentiation between these tirthas is confirmed in a later passage (129.1-2) where the Indratlrtha, Vrsäkapa(tlrtha), Hanümat(tTrtha) and Abjaka(tlrtha) are not adjectival to one another, but a cumulative list.« Zur Übersetzung der umstrittenen Stellen 84.19 sowie 129.1-2 siehe auch R. Söhnen und P. Schreiner, Brahmapuräna, Wiesbaden 1989, 149. 20 F. E. Pargiter, »Vrsäkapi and Hanumant«. 21 Pargiters Ubersetzung (»male monkey«). 22 »Now, än-mandi when Sanskritized might well appear as Hanumant. The Aryans when borrowing Dravidian names appear to have sometimes kept an initial vowel, sometimes dropped it, and sometimes prefixed h. In Sanskritizing än-mandi popularly [...] an euphonic u would have been inserted and the ä shortened in consequence, the final part mandi assimilated to the Sanskrit termination -mant, and then h prefixed and η changed to n. [...] Indian folk etymology shows stranger modifications and assimilations than these, e.g., Turamaya = Ptolemy, Äsphujit = Aphrodite, Milinda = Menander, kemadruma = Greek chrematismos, and tauksika = Gr. toxotes.« In: F. Ε. Pargiter, »Vrsäkapi and Hanumant«, 399. 23 Auch andere Autoren teilen die Meinung Pargiters. Siehe z. B. R. Govindcandra, Hanumän ke devatva ..., l l f . ; S. K. Chatterjee, »Race Movements and Prehistoric Culture«, in: R. C. Majumdar (Hg.), The Vedic Age, London 1951, 164. 24 »Its appearance as a Sanskrit word meaning »possessing jaws< does not prove it is really Sanskrit, but may be due to folk etymology, as might be expected if a Dravidian word were naturalised in Sanskrit.« In: F. E. Pargiter, »Vrsäkapi and Hanumant«, 397.

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Geschichtliche Entwicklung

seinen Namen ins Sanskrit sinngemäß mit vrsäkapi25. Der Kult verbreitete sich immer mehr auch unter den Einwanderern, deren eher orthodoxer Teil sich der Einführung einer (weiteren?) einheimischen Gottheit in das ärytf-Pantheon widersetzte. Eben dieser ideologische Konflikt scheint seinen Niederschlag in Rgveda 10.86 gefunden zu haben. Mit der Zeit bildete sich ein gemischtes Pantheon von ärya und vorärya bzw. nichtärya Göttern. Im Laufe dieses Prozesses wurde än mandi in hanumant sanskritisiert. Aus der Reihe derer, die eine Verbindung Hanumän-Vrsäkapi für eher unwahrscheinlich halten, besticht U. P. Shah durch einige bemerkenswerte Argumente 26 : Die Gestalt des Hanumän sei in der indischen Kunst und Literatur eine verhältnismäßig späte Erscheinung. Es bedürfe also einer Erklärung, warum Vrsäkapi, der bereits zur Zeit von Rgveda 10.86 vollständig assimiliert gewesen sein dürfte, weder in vedischen noch in späteren Texten mit Hanumän assoziiert oder gar gleichgesetzt wird. Shah weiter: Unter den vielen Beinamen Hanumäns tauche nie Vrsäkapi auf 2 7 ; Vrsäkapi sei verheiratet, wohingegen Hanumän für gewöhnlich als der Idealtyp sexueller Enthaltsamkeit (brahmacarya) erscheint 2 8 ; in keinem der frühen grundlegenden Werke (Päninis Astädbyäyi, Patanjalis Kommentar Mahäbhäsya, Yäskas Nirukta, Amarasimhas Amarakosa) finde sich irgendein Hinweis auf eine Beziehung zwischen Vrsäkapi und Hanumän. Doch Shah setzt in seiner Kritik noch viel tiefer an und erachtet es sogar als vollkommen ausgeschlossen, Vrsäkapi als Affen zu sehen. Er zeigt, daß mit »Vrsäkapi« im Rgveda zwar eine zoomorphe Gottheit bezeichnet wird, allerdings entweder in der Gestalt eines Wildschweins, oder - was Shah als noch viel wahrscheinlicher erscheint - in der Form eines Rhinozeros (ekasrnga). 2 9 Eingerahmt von den hier vertretenen extremen Positionen werden eine ganze Bandbreite unterschiedlicher mutmaßlicher Identifikationen der Gestalt Vrsäkapis. Hier eine Aufzählung der wichtigsten Interpretationsversuche: Affe; Hanumäns direkter Vorläufer; ein Sohn Indras (bei Säyana); Rhinozeros; Sürya, der Sonnengott; Visnu in seiner Hypostase 2 5 Siehe z. B. auch die Übersetzungsvariante Grassmanns: »Mannaffe« (H. Grassmann, Wörterbuch zum Rig Veda, 1 3 5 1 ) 2 6 U. P. Shah, »Vrsäkapi in Rgveda«, in: Journal of the Oriental Institute Baroda 8/1, 1 9 5 8 , 4 1 - 7 0 . 2 7 Hier hat Shah nicht ganz recht. Im Visnupuräna wird diese Verbindung sehr wohl hergestellt, und zwar bei der Aufzählung der elf Rudrävatäras ( 1 5 . 1 2 3 24). 2 8 Von einigen jainistischen und südostasiatischen Rämayanas abgesehen, in denen Hanumän eine stark ausgeprägte Promiskuität an den Tag legt.

Vor dem Ramayana (ca. 2 5 0 0 - ca. 300 v. Chr.)

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als F r u c h t b a r k e i t s g o t t . 3 0 Im Gegensatz zu Shah sind jedoch eine ganze Reihe von Fachleuten der Meinung, d a ß Vrsäkapi im K o n t e x t v o n Rgveda 1 0 . 8 6 nichts anderes als ein Affe sein k a n n . 3 1 In der Gestalt des Vrsäkapi einen »echten« Vorläufer H a n u m ä n s zu sehen, fällt dennoch ziemlich schwer. M i t viel Wohlwollen könnte folgende kleine spekulative T h e o r i e zurechtgelegt werden: Ein nichtärya Kult eines (oder »des«) Affen, vielleicht eines regional angesiedelten To29 Shah geht aus von Mabäbhärata 12.330.23-24 (nach der kritischen Ausgabe des Bhandarkar Oriental Research Institute, Poona). Der Kontext: Arjuna bittet Krsna um die etymologischen Erklärungen der vielen verschiedenen Namen Gottes: vrso hi bhagavän dharmah khyäto lokesu bhärata / naighantukapadäkhyätam viddbi mäm vrsam uttamam II kapir varähah srestbas ca dharmas ca vrsa ucyate / tasmäd vrsäkapim präha kasyapo mäm prajäpatih II (Mabäbhärata, 12.330.23-24) »Dharma wird unter den Menschen vrsa genannt, ο Nachkomme des Bharata. Wisse also, daß eine Eintragung im Nighantu mich als höchsten vrsa ausweist. Kapi bedeutet »der beste unter den Ebern«, und dharma wird vrsa genannt. Also nannte mich Kasyapa, der Herr der Geschöpfe, vrsäkapi, den dharma-Eber.« Siehe dazu J. Gonda, Aspects of Early Visnuism, Delhi 1954, 153. 30 Ein forschungsgeschichtlicher Überblick ist bei J. R. Joshi, Minor Vedic Deities, Poona 1978, 115-124 zu finden. 31 »Alle Versuche, diesen Affen loszuwerden, indem man ihn ζ. B. in einen Vegetationsdämon oder ein halb menschliches, halb affenähnliches Wesen oder in einen Bastard des Indra (bei Sadgurusisya, bei Säyana) oder gar in einen Schnapshandel treibenden General verwandelt, scheitern am klaren Wortlaut des RV, für den er nichts, rein gar nichts ist als ein Affe.« In: P. Thieme, Bemerkungen ..., 921-922. »Vrsäkapi, the lascivious and naughty ape of RV 10, 86«, heißt es bei J. Gonda in: Aspects of Early Visnuism, Leiden 1954, 153. Attraktiv in ihrer Bodenständigkeit erscheint auch folgende Aufschlüsselungsvariante: Vrsäkapi ist die Verkörperung aller Affen, die anläßlich von Opferund anderen Feierlichkeiten sich von den (auch Indra) dargebrachten Gaben ungebetenerweise »bedienen« und diese somit »veruntreuen« (H. v. Stietencron, persönliches Gespräch). Einen Bezug Hanumäns zu Indra stellt übrigens ζ. B. Jacobi her. Er betrachtet die Entführung und Wiederauffindung Sltäs als einen Mythos mit landwirtschaftlichem Charakter (sitä = »Furche«), als eine Parallele zur Indra-VrtraEpisode aus dem Rgveda (RV 1.32.1-15). Folglich sieht er in Hanumän die Verkörperung des Monsuns (auch Indra gilt als der Bringer des Regens). Außerdem weist Jacobi auf die Ähnlichkeit der Bezeichnungen hanumat, »einer, der (große) Kiefer hat«, und sipravat (ein Beiname Indras in RV 6.17.2), »einer, der (volle) Backen hat«, hin. Vgl. dazu: C. Ludvik, Hanumän in the Rämäyana ..., 6.

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temtieres, ist hier auf spektakuläre Weise in Erscheinung getreten, wurde aber von den ärya-Ideologen geschickt »unschädlich« gemacht, indem er über einen Fruchtbarkeitszauber dem ^rya-Pantheon hinzugefügt wurde. Daß der Affe in der unmittelbar darauffolgenden Zeit offenbar nicht mehr besonders auffiel, 32 ist als Indiz dafür zu bewerten, daß die Maßnahme Erfolg hatte. 33

1.3.

>Affentotemismus
Hanümän< oder >Hanumänivas Symbol, einem phallusförmigen Stein (linga) stammen aus den letzten beiden Jahrhunderten v. Chr.: Das wahrscheinlich älteste Linga steht in Gudimallam, und die ersten Textzeugnisse sind im Mahäbhärata zu finden. Inschriften und Münzen aus der Zeit der Kushanas (1.-2. Jh. n. Chr.) zeigen, daß Siva zu jener Zeit in Regionen Nordindiens verehrt wurde. Ein nordindienweiter Sivakult gilt spätestens ab der Zeit der GuptaHerrscher ( 4 . - 5 . Jh.) als gesichert: Wie Visnu wird auch Siva von Königen und Fürsten in Indien als ein Gott, der Feinde besiegt, verehrt. Mehrere andere Kulte fanden in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends Eingang in den Sivaismus: Der Kriegsgott Kumära (Skanda) und der elefantenköpfige Gott Ganesa wurden zu »Söhnen« Sivas. Außerdem wurden viele lokal oder regional verehrte Göttinnen mit Sivas Gemahlin Durgä identifiziert und gingen so ebenfalls in den Sivaismus ein. Und: Auch von Siva sind avatäras, »Herabkünfte« bekannt. 94 Sehr beliebt und grundlegend für die devotionale Verehrung Sivas in Südindien sind die bhakti-Dichtungen der 63 tamilischen Näyanärs (7.-10. Jh.). Vielleicht mit der wichtigste Wesenszug des Gottes und seiner Verehrung ist jedoch für das erste Jahrtausend die Nähe zur Askese und zum Yoga, Ausgangspunkt für die Entstehung vieler asketisch orientierter sivaitischer Gruppierungen.

3.2. Hanuman in der Literatur Eine mit Visnu oder Siva vergleichbare frühe Entwicklung Hanumäns ist nicht ohne weiteres aufzeigbar. Die Belege aus dem 1. Jahrtausend n. Chr. für eine Verehrung des Helden in Affengestalt sind spärlich gesät. Am zuverlässigsten scheinen für diese Zeitspanne die überlieferten Texte die Entwicklung des vänara zu dokumentieren. 95 Einige Werke der Sanskritliteratur dieser frühen Phase haben das Rämäyanamotiv (mit) zum Thema. In ihnen spielt auch Hanumän eine mehr oder weniger große Rolle. In dem Bhäsa zugeschriebenen Abhisekanätaka (Datierung des Bhäsa im 4. Jh. (?), aber Zuschreibung ungewiß)96 werden bekannte Auftritte Hanumäns aus dem Rämäyana verarbeitet (die Suche nach Sitä, die Gefangennahme durch Rävana, die 93 Rudra wird erstmals in der Svetäsvatara Upanisad »Siva« genannt. 94 Siehe z. B. Väyupuräna 2 3 . 1 1 5 f . , Kürmapuräna 1.51.10. 95 Ausführlich behandelt bei S. L. Nagar, Hanumän in Art ..., 4 7 - 6 6 . Vgl. dazu auch P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 222f.

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Rückkehr nach Ayodhyä), im Werk Pratimänätaka vermutlich desselben Autors wird er hingegen nur einmal in einer Aufzählung beiläufig als bei der Krönung Rämas anwesend bedacht. Kälidäsa erwähnt im Raghuvamsa (Anfang 5. Jh.) die Suche nach Sita (12. 61-64), aber auch die Unsterblichkeit Hanumäns auf indirekte Weise. Die Handlung des allem Anschein nach schon früh besonders populären Sundarakända fand ihren Eingang in die Dichtung Bhattikävya, ebenso in Bhavabhütis Mahävtracarita und in Pravarasenas Setubandha (alle drei ca. 7. Jh.) sowie in Saktibhadras Äscaryacüdämani (8. Jh.). Doch auch in diesen Werken ist keine Spur einer eventuellen Veränderung der Bedeutung Hanumäns im Vergleich zum Epos festzustellen. In eine ganz andere Richtung weisen die frühen jainistischen Bearbeitungen des Rämäyana.97 Die bekanntesten unter diesen sind Vimalasüris Paumacariyam (ca. 3. Jh.) und Ravisenas Padmapuräna (ca. 7. Jh.). Ihre Absicht ist möglicherweise, die Autorität der nunmehr recht populären Välmlki-Version zu untergraben bzw. die im Volk gut bekannten Charaktere und Handlungen der Rämageschichte in den Dienst der Jaina-Ideologie zu stellen. Die wichtigsten Sequenzen konnten zwar nicht verändert werden - dafür waren sie inzwischen viel zu bekannt - , es gibt jedoch zahlreiche Stellen, an denen Eingriffe zu verzeichnen sind. Auch Hanumäns Darstellung ist davon betroffen: Er stammt z. B. in diesen Werken nicht mehr vom Windgott und von einem Affenweibchen, sondern von vidyädharas98 ab. Ein anderer schwerwiegender Aspekt Hanumäns in den Jainawerken ist seine Promiskuität: Im Laufe seiner Unternehmungen verführt er zahlreiche Frauen und heiratet nach einigen Versionen sogar 18 000 (!) Prinzessinnen. In einer der ältesten Jaina-Versionen, in Sanghadäsas Väsudevahindi, gibt es eine Änderung, die auf eine Zunahme von Hanumäns Stellenwert hindeuten 96 Neuere Veröffentlichungen zu den Bhäsa zugeschriebenen Dramen sind: H. Tieken, The So-Called Trivandrum Plays attributed to Bhäsa«, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens 37, 1993, 5-44 sowie die Arbeiten im Rahmen des Tübinger Bhäsa-Projekts unter der Leitung von H. Brückner, zuletzt: A. A. Esposito, »The two versions of Dütaväkya and their sources«, in: Bulletin d'Etudes Indiennes 17-18, 1999-2000, 5 5 1 - 5 6 2 . 9 7 Ich folge hier P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 223f. Vgl. auch R. Govindcandra, Hanumän ke devatva ..., 30-55 und S. L. Nagar, Hanumän in Art ..., 47f.; zu einer allgemeinen Besprechung der Jaina-Varianten des Rämäyana siehe J. L. Brockington, Righteous Räma, 266-269. 98 »'Vidyädharas', menschenartige, über besondere Kenntnisse verfügende Wesen, leben unter Königen in Städten in Bergen des Nordens und heiraten menschliche Weiber.« In: J. Gonda, Die Religionen ..., 323.

Von den Epen zur moslemischen Invasion (ca. 3 0 0 - ca. 1200 n. Chr.)

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könnte: Im Freundschaftsgelöbnis, das in Välmlkis Rämäyana zwischen Sugriva und Räma abgelegt wird (Kiskindhäkända, sarga 5), stehen sich in der Jaina-Variante Hanumän und Räma gegenüber und besiegeln den Pakt mit einer Feuerumgehung. 99 Dieses Beispiel scheint eher eine Ausnahme darzustellen. Ansonsten aber können die Änderungen, die Hanumän direkt betreffen, als Versuche von Jaina-Ideologen gewertet werden, dem Saubermann-Image des Affenhelden aus dem Hindu-Epos beizukommen. Im Kontext der vorangegangenen ya&stf-Diskussion sowie der Mutmaßungen über einen einheimischen, bei der Einwanderung der äryas bereits vorhandenen Kult eines sehr virilen Affengottes 100 erscheinen die Dinge jedoch in einem anderen Licht: Es könnte sich um eine Wiederbelebung von Eigenschaften dieses vermuteten, nicht belegbaren »Affengottes« handeln, die im Epos zwar sorgfältig unterdrückt wurden, aber im Volksmund weiter existierten. Hanumän in den Puränas Wenn in den bisher genannten Texten keine wirklich nennenswerten Hinweise auf eine Veränderung im Status Hanumäns im Vergleich zu Välmlkis Rämäyana zu verzeichnen sind, so erscheinen in einigen Puränas die ersten nachvollziehbaren Entwicklungsmomente des Affenhelden zum anbetungswürdigen Gott. 101 Wenn die wichtigsten Puränas danach klassifiziert werden, ob und in welcher Form Hanumän in ihnen vorkommt, resultieren folgende drei Gruppen: a) Puränas, in denen die Gestalt des Affenhelden überhaupt nicht vorkommt, wie zum Beispiel: Brabmända-, Lmga-, Märkandeya-, Matsya,

Vämana, Varäha und Väyupuräna.

b) Die nächste Kategorie beinhaltet diejenigen Puränas, die Hanumän im Rahmen einer Nacherzählung des Rämäyana zwar erwähnen, ihm jedoch keine nichtepischen Züge anheften. Unter diesen sind

zu nennen: Agni-, Bhägavata-, Kürma-, Narasimba-

sowie

Brahmavaivarta-,

Garuda-,

Kalkt-,

Visnupuräna.

99 J. L. Brockington, Righteous Räma, 267. 100 Erinnert sei an dieser Stelle z. B. an W. Donigers Ubersetzung von Vrsäkapi mit »the monkey bursting with seed». (The Rig Veda, selected, translated and annotated by W. Doniger O'Flaherty, Harmondsworth 1981, 258.) 101 Ich folge in der Skizzierung der puränischen Entwicklung Hanumäns P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 2 2 4 - 2 2 6 sowie R. Govindcandra, Hanumän ke devatva..., 56-80.

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Geschichtliche Entwicklung

c) Ab dem 10. Jh. etwa - und hier greifen wir bereits etwas vor - tauchen dann sowohl in Puränas als auch in späten Sanskrit- sowie regionalsprachlichen Rämäyanas Geschichten vielleicht älteren Ursprungs auf, die die Handlungsbreite und den religiösen Status Hanumäns erheblich erweitern.102 Das Sivapuräna (ca. 1 0 . - 14. Jh.) präsentiert eine vom Rämäyana abweichende Geburtsgeschichte Hanumäns mit weitreichenden Konsequenzen: Visnu verwandelt sich wieder einmal in die verführerische apsaras Mohinl. Siva erblickt sie, wird von den Pfeilen des Liebesgottes Käma getroffen und vergießt seinen Samen. Die sieben Weisen (saptarsi) sammeln den Samen in einem Gefäß und führen ihn dann, durch das Ohr, in Afijanä ein. 1 0 3

In einigen Varianten ist sogar Väyu, der Windgott, der »Überbringer« des göttlichen Samens. Beide Hochgötter (£iva und Visnu) werden hier zu »Eltern« Hanumäns und dieser wird nunmehr mal als Teil ( a m s a ) Sivas, mal als avatära Rudras bezeichnet.104 Hanumäns Verbindung zu Siva wird auch im Skanda-, Padma-, Brhaddharmasowie im Näradiyapuräna betont, wobei es sich hierbei wohl weitgehend um späte Textstücke handelt. In dem ebenfalls späteren, säktistisch beeinflußten Mahäbhägavatapuräna wird eine Beziehung zur Göttin Devi hergestellt: Hanumän überzeugt die Göttin, die Insel Lankä, deren Schutzgottheit sie ist, zu verlassen, und Rävana somit preiszugeben. In einigen bengalischen und assamesischen Versionen wird dieses Thema weiter ausgebaut: Hanumän begegnet unter anderem verschiedenen tantrischen Gottheiten wie Candi und Cämundä.

3.3.

Hanumän

in der

Kunst

Die überlieferten Zeugnisse der bildenden Kunst aus dem ersten Jahrtausend sowie vom Anfang des zweiten Jahrtausends scheinen die sich in den Texten abzeichnende Entwicklung der Hanumänverehrung zu 1 0 2 Siehe die Mahlrävana-Episode weiter unten. 103 Sivapuräna 3 . 2 0 . 3 - 7 . 1 0 4 Auf gleiche Weise »zeugen« Siva und Visnu als Mohinl auch andere Götter: Skanda (südindische Version der Geburtsgeschichte, siehe R. Dessigane, Les Legendes Sivaites de Känclpuram, Pondichery 1 9 6 4 , 76-77), Aiyanär (Bhägavatapuräna 1 0 . 8 8 . 1 4 - 3 6 ) . Ähnlich verhält es sich mit Ayappa, einer anderen »unabhängigen« (»nonsectarian«) Gottheit in einer südindischen Version seiner Geburtsgeschichte.

Von den Epen zur moslemischen Invasion (ca. 3 0 0 - ca. 1 2 0 0 n. Chr.)

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bestätigen. Eine ausführliche Besprechung der betreffenden Kunstwerke ist an dieser Stelle nicht beabsichtigt, eine flüchtige Bestandsaufnahme erscheint dennoch sinnvoll.105 Affen tauchen in der indischen Kunst schon sehr früh auf (2. Jh. vor bis 1. Jh. nach Chr.), doch vor allem in einem buddhistischen oder jainistischen Kontext: Szenen aus dem Mahäkapijätaka werden sowohl in Säfici als auch in Bhärhut mehrere Male abgebildet. In Udayagiri (Orissa) gibt es eine Darstellung, die schon des öfteren - den jainistischen Rämäyana-Varianten entsprechend - als Hanumän in vidyädhara-Form interpretiert wurde. 106 In der Guptazeit ( 4 . - 6 . Jh.) wird der Affenheld fast ausschließlich in Rämäyana-Szenen eingebunden dargestellt. Einige Panele in Deogarh (Dasävatära-Tempel, um 500) geben seine bekanntesten Taten aus dem Epos wieder. Auch zwei Terakottaplatten aus Srävastl zeigen Hanumän in Kampfszenen aus dem Rämäyana.107 Im Museum Bhärat Kalä Bhavan in Benares befindet sich eine weitere Steinplatte aus dem 6. Jahrhundert, auf der der Bau der Brücke nach Lankä dargestellt ist. Hanumän sitzt zusammen mit Räma, Laksmana und Sugrlva auf einer Anhöhe und sieht den arbeitenden vänaras zu. Weitere Beispiele für Orte von Hanumändarstellungen aus dem 5. und 6. Jh. sind: die Mughalaräja-Höhle in Vijayaväda aus der Zeit der Visnukodandins, Bädämi in Karnataka, Nächnä in Madhya Pradesh, Chausä in Bihar und Kacchl KuthI in Uttar Pradesh.108 Im siebten und achten Jahrhundert werden die Darstellungen Hanumäns im Kontext des Rämäyana weitergeführt. So ist er in Szenen aus dem Epos an den Virüpaksa-Tempeln in BIjapur und in Pattadakai, am Durgätempel in Aihole sowie in Älampur in Andhra Pradesh abgebildet. In dieser Zeitspanne kommen aber auch schon die ersten individuellen Auftritte Hanumäns zum Vorschein: Im Nationalmuseum in Delhi wird ein Standbild Hanumäns aus dem 8. Jahrhundert aufbe105 Nach K. C. Aryan, S. Aryan, Hanuman. Art, Mythology and Folklore, New Delhi 1 9 9 4 ; S. L. Nagar, Hanumän in Art...; R. Govindcandra, Hanumän ke devatva ...; P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, sowie G. S. Ghurye, Gods and Men. 106 S. L. Nagar, Hanumän in A r t . . . , 119. 1 0 7 Es fällt auf, daß im südlich angrenzenden Reich der Väkätakas, in Rämtek und Umgebung zwar die Fußabdrücke Rämas verehrt wurden (siehe auch Kälidäsa, Meghadüta 12), aber Bakker keine Spur von Hanumän gefunden hat. Vgl. H. T. Bakker, The Väkätakas. An Essay in Hindu Iconology, Groningen 1 9 9 7 , bes. 6 4 ; 81f. Den Hinweis verdanke ich H. v. Stietencron. 108 S. L. Nagar, Hanumän in A r t . . . , 120.

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wahrt. Es stammt aus dem Ädivaräha-Tempel in Mahäbalipuram und zeigt den göttlichen Affen in aufrechter Position, mit einem Lotus in der rechten Hand, die linke wie zum Schlag ausholend. Das rechte Bein befindet sich in der Vorwärtsbewegung, und mit dem linken Bein stützt er sich kräftig ab. Er ist mit einem Übergewand (uttanya) und einem enganliegenden dhoti-ähnlichen Tuch bekleidet. Zwei weitere Steinskulpturen aus der Gurjara-Pratihära-Periode ( 8 . - 9 . Jh.) sind in Museen in Mathurä und Calcutta ausgestellt. Die eine der beiden Plastiken zeigt Hanumän mit dem Berg in der erhobenen rechten Hand, unter seinen Füßen eine besiegte Dämonin. Aus derselben Zeit stammt auch der vermutlich älteste erhaltene Tempel Hanumäns in Jodhpur (Janakhera). 1 0 9 Die Einzeldarstellungen Hanumäns nehmen in den nächsten Jahrhunderten rapide zu. Gleichzeitig ist er auch weiterhin in Szenen aus dem Rämäyana anzutreffen: 9. Jh.: Bhlmavaram in Andhra Pradesh, Kumbhakonam, Punjor in Tamil Nadu, Udaipur in Räjasthän; 10. J h . : Pärsvanätha-Tempel in Khajuräho, Mahälmges vara-Tempel in Karnätaka usw. Erwähnenswert unter den Einzeldarstellungen ist die Bronzeskulptur aus dem Shermadevl-Tempel in Tannavelly (9. Jh.), die Hanumän in einer respektvolle Stille und bedingungslosen Gehorsam suggerierenden Körperhaltung darstellt. Aus derselben Periode stammt eine beschädigte Sandsteinstatue aus Mathurä. Bemerkenswert ist hier, daß die Gestalt eine reich verzierte heilige Schnur (yajnopavüa) sowie einen kleinen Degen trägt und in pratyälidba-Haltung (mit dem vorgestellten linken Fuß) steht. Ein mit einer Inschrift aus dem Jahr 9 2 2 1 1 0 versehenes und auch gegenwärtig noch verehrtes Steinbildnis Hanumäns steht in Khajuräho in der Nähe der westlichen Gruppe von Tempeln. Das Bild ist mehr als 2 m hoch und soll sehr kunstvoll gearbeitet sein: Die dicke Sindürschicht, welche heute die Statue bedeckt, läßt allerdings wenig Rückschlüsse diesbezüglich zu. 1 1 1 Gekrönte Darstellungen des vänara häufen sich im 10. und 11. Jahrhundert. Die Fundorte solcher Statuen verteilen sich vorwiegend über 1 0 9 P. Banerjee, Räma in Indian Literature, Art and Thought, Delhi 1986, 140. 1 1 0 Dieses Datum, von Bhandarkar bestimmt, scheint nun mit einiger Sicherheit festzustehen, abweichend von den Lesarten Cunninghams ( 9 4 0 η. Chr.), sowie Kielhorns (215 harsa). Vgl. V. V. Mirashi (ed.), Corpus Inscriptionum Indicarum (C.I.I.), Inscriptions of the Kalachuri-Chodi Era, Ootacamund 1 9 5 5 , clxxxviii. 111 In Khajuräho gibt es mehrere Hanumänbilder aus der Zeit der Candellas. Siehe V. Prakash, Khajuraho. Α Study in the Cultural Conditions of Chandeila Society, Bombay 1 9 6 7 , 135. Zu Khajuräho auch S. Κ. Mitra, The Early Rulers of Khajuraho, Calcutta 1 9 5 8 .

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das Gebiet des heutigen Nordindien: Uttar Pradesh (VäränasI), Bihär (Singhbhüm), Madhya Pradesh (Pathan), es werden aber auch aus Kerala Funde gemeldet. Die Keule und die unter den Füßen Hanumäns sich windende Dämonengestalt werden allmählich zu konstanten Begleitelementen der Bildnisse. Aus dem 12. und 13. Jh. stammen die Standbilder in Unakoti (Tripura), Arthuna und Asva (beide Rajasthan), sowie Exponate aus den Museen in Goa und Dubhela. Eine Inschrift aus dem 12. Jh. legt die Existenz eines Hanumäntempels in Känci nahe. 1 1 2

3.4. Hanumän auf Münzen und in Inschriften Münzen Hanumän taucht zu Beginn des zweiten Jahrtausends auf einer Reihe von Münzen auf. Zu den frühesten uns erhaltenen zählen die Kupfermünzen mit Hanumän auf der Rückseite aus der Zeit des CandellaHerrschers Sallaksanavarman (zweite Hälfte des 12. Jh.). Es wird vermutet, daß hier die Ädivaräha-Münze der Gurjara-Pratihäras als Vorlage diente. Die Hanumän-Münze der Candellas wurde wahrscheinlich vom Kalacurikönig Jäjalladeva I. übernommen, als dieser ein Bündnis mit Sallaksanavarman schloß. Während schon Jäjalladeva zusätzlich einen unter den Füßen Hanumäns sich windenden Dämon auf die Kalacuri-Münzen prägen ließ, nahmen seine Nachfolger eine weitere Änderung vor: Ein nun vierarmiger Hanumän trägt eine Keule und einen Berg in den »oberen« Händen, und packt mit den beiden anderen Dämonengestalten. 113 Vielleicht wurde Hanumän auch schon früher in den königlichen Siegeln der beiden erwähnten Herrscherdynastien aus dem Gebiet des heutigen Madhya Pradesh geführt. Ebenso bildeten ihn weiter südlich die Yädavaherrscher von Devagiri vermutlich auf ihren Siegeln ab. 1 1 4 Bemerkenswert sind auch die Goldmünzen der KadambaDynastie (Hangal, 1 1 . - 1 2 . Jh.), auf denen ein fliegender Hanumän dargestellt ist.

1 1 2 Auch Ghurye führt die 2 0 Sanskritverse zu Ehren Hanumäns an den W ä n den eines Visnutempels in Känchi an, datiert aber die Existenz eines Hanumänkultes in dieser Gegend etwas vorsichtiger auf das 15. Jh. Vgl. G. S. Ghurye, The Legacy of ..., 1 5 6 . 113 V. V. Mirashi (Hg.), Corpus Inscriptionum Indicarum (C.I.I.), clxxxviii.

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Inschriften Die bisher wohl älteste erhaltene Inschrift, die den Namen des Affengottes birgt, stammt aus dem 7. Jh. und wurde im östlichen Teil Indiens, in Aphsad (Jäfarpur, Gayä) im heutigen Bundesstaat Bihar aufgefunden. Darin wird die Errichtung eines dem Gott Visnu geweihten Tempels durch König Ädityasena aus dem Herrscherhaus der Guptas von Magadha vermerkt. Dabei wird einer der Vorfahren Ädityasenas, Jlvitagupta I., mit Hanumän (pavanaja, »Sohn des Wind(gott)es«) verglichen. 115 Aus Arthunä im Paramära-Reich (westlicher Teil Mälväs, Bundesstaat Rajasthan) stammt eine Inschrift auf dem Sockel eines Steinbildnisses Hanumäns, die auf das Weihejahr 1109 n. Chr. verweist. 116 Mehrere epigraphische Zeugnisse sind aus dem Reich der westlichen Cälukyas im Dekkan (Teile des heutigen Maharashtra und Karnataka) überliefert. Könige wie z. B. Jayasimha II. (Inschrift aus dem Jahr 1037, Hallür) 117 , Somesvara I. (Inschriften um 1080 in Kolur und Sudi) 118 , Vikramäditya VI. (1076-1125, Inschrift in Gadag) 1 1 9 werden mit Hanumän assoziiert. Einige dieser Zeugnisse enthalten Hinweise darauf, daß Darstellungen des Affengottes möglicherweise königliche Insignien schmückten (Wappen auf der Flagge usw.). Fazit Die theologische Entwicklung der Gestalt Hanumäns im Verlauf des ersten Jahrtausends kann nur lückenhaft nachvollzogen werden. Tamil Nadu, Rajasthan, Karnataka, Madhya Pradesh, Bihar: Die aufgezählten Beispiele verteilen sich über weite Teile Indiens. Am Ende des ersten, zu Beginn des zweiten Jahrtausends n. Chr. werden Tempel des Affengottes gegründet und Bilder aufgestellt, und in Inschriften lassen sich 114 Vgl. dazu V. Pathak, »Hanumat Worship at Pilgrim Sites of India«, in: L. Gopal, D. P. Dubey (eds.), Pilgrimage Studies, Allahabad 1990, 72-85, bes. 76. Daß Hanumän zuerst in Karnataka auf Siegeln erscheint, und von dort nach Norden in die Gegend von Bundelkhand und Chattisgarh übernommen wird, vermuten V. S. Pathak und M. Bharati in: » Räja-mudräom par Sri Hanumadäkrti kä ankan«, in: Kalyäna, Hanumän ank, 49/1, 1975, 423. 115 C.I.I. III, Calcutta 1888, 200f. 116 C.I.I. VII, New Delhi 1989 (repr.), 138. 117 Epigraphia Indica (Ε. I.) XVI, 81. 118 Ε. I. X I X , 182; Ε. I. XV, 91. 119 Ε. I. XV, 361.

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Könige immer öfter mit Hanumän vergleichen. Was so gut wie völlig fehlt, ist der Blick auf Hanumän »von unten«, aus der Sicht des Volkes: Tempelgründungen, Inschriften und Münzprägungen werden »von oben« verordnet, und wir wissen nicht, inwieweit hier religiöse Neigungen und Tendenzen der Untertanen seitens der Herrschenden berücksichtigt wurden (eher unwahrscheinlich), bzw. wie hoch die Akzeptanz der von diesen gegründeten, importierten, verordneten Kulte in der Bevölkerung tatsächlich war. Aus dem Blickwinkel der Texte ist zusammenfassend zu bemerken, daß eine Änderung im Status Hanumäns im Vergleich zum Epos spätestens um das 10. Jahrhundert mit einiger Sicherheit attestiert werden kann. Auch wenn es angesichts ihrer Heterogenität schwer ist, puränische Texte einigermaßen eindeutig zeitlich einzuordnen, so kann dennoch festgestellt werden, daß in den »älteren« Texten (bis zum 8. Jh.) Hanumän kaum eine Rolle spielt, und wenn ja, dann nur im Rahmen der »konventionellen« Rämageschichte. Es sind vorwiegend die späteren Puränas (9.-14. Jh.), oder - wie im Fall von Skanda- und Sivapuräna - solche, die zeitlich sehr weit auseinanderliegendes Material enthalten, in denen die Rolle Hanumäns hervorgehoben bzw. durch Einschübe ergänzt wird. Die sivaitisch orientierten Puränas bilden die Mehrzahl in dieser zweiten Gruppe; in ihnen wird versucht, Hanumän weitgehend zu »sivaisieren«120 - Ausdruck einer gewissen Attraktivität, die diese Gestalt für Sivaiten um die Jahrtausendwende gehabt haben muß.

3.5. Hanumän und die Yogis121 Am Ende des ersten Jahrtausends scheinen in Nord- und Zentralindien sivaitische Schulrichtungen die religiöse Landschaft geprägt zu haben. Unter ihnen waren einige, die sehr rigorose Formen des Yoga und der Askese betrieben - zum Teil mit starker tantrischer Einfärbung. Mehrere Eigenschaften Hanumäns im Epos könnten ihn für die Yogis inter-

120 Dieser neuen Beziehung kam zugute, daß die vedischen Windgötter, die Maruts, ohnehin mit 6ivas vedischem Pendant Rudra verknüpft waren; gleichzeitig wurde auch die Tatsache, daß Hanumän in ländlichen Gegenden als Steinhügel im yaksa-St\\ verehrt wird, theologisch als sivalinga-bezogen untermauert. 121 Den ersten Hinweis auf eine mögliche Verbindung zwischen Hanumän und Gorakhnäth verdanke ich V. Dalmia. Z u m Folgenden siehe auch P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 227f.

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essant gemacht haben: Er holt Heilpflanzen herbei; er besitzt Kräfte, die den Yogis nachgesagt werden (siddhis), wie z. B. die Fähigkeit, seinen Körper auszudehnen bzw. sich verschwindend klein zu machen, er kann fliegen usw.; er ist praktisch unsterblich; er ist unverheiratet und lebt sexuell enthaltsam (brahmacarya). Es ist nicht auszuschließen, daß in den letzten Jahrhunderten des ersten Jahrtausends wandernde Asketen wie z. B. die mattamayüras eine Rolle in der Ausbreitung der Hanumänverehrung gespielt haben. Die mattamayüras kamen vermutlich von der südlichen Westküste der Halbinsel, aus der Region Kadamba, und gelangten über Mälvä nach Nordindien. Es ist bekannt, daß um das Jahr 940 der Kalacuriherrscher Yuvaräja I. einen mattamayüra-Asketen an seinem Hof aufnahm. 122 Auch der Sohn Yuvaräjas, Laksmanaräja, sowie der jüngere Bruder Yuvaräjas, Yuvaräja II., förderten diesen Asketenorden, und es wird angenommen, daß die benachbarten Candellas ähnlich verfuhren. 123 Eine der bekannten Gestalten aus der Zeit nach der Jahrtausendwende (zwischen dem 10. und dem 13. Jh.) ist der Lehrer Gorakhnäth, auf den sich der Orden der näth- oder känphatä-Yogis zurückführt. 124 Mehrere Autoren haben versucht, Hanumäns »Sivaisierung« kurz nach der Jahrtausendwende auch als Folge seiner Verehrung durch diese wandernden sivaitischen Asketen zu sehen. 125 In seinem Werk über die visnuitischen Rämänandl-Asketen in Ayodhyä schreibt van der Veer im Kontext der Suche nach (auch historisch) grundlegenden Elementen einer Rämänandl-Identität: In the first place there is the strong resemblance between ideas and practices of the Nath yogis and those of the Ramanandi tyagis. The cult of Hanuman is common to Nath yogis as a form of Shiv. [...] We find the same kind of beliefs concerning Hanuman in both communities. He is a mahäyogi [sic], a great yogi, and as such possesses the qualities necessary to cure people. He is a magical therapist, specialized in curing mental diseases. Moreover, the Ramanandis also believe that he is actually the avatar (incarnation) of Shiv. The only emendation they make is that Shiv is the greatest devotee of Lord Ram and that as such it should not surprise us that Hanuman is regarded not only as a great yogi (mahäyogi), but at the same

122 H. C. Ray, Dynastic History of Northern India, Calcutta 1931, 762-763, 767. 123 Vgl. J. Auboyer, E. Zannas, Khajuräho, 'S-Gravenhage, 1960, 61. 124 G. W. Briggs, Gorakhnäth and the Känphata Yogis, Delhi 1 9 8 9 (Nachdr., urspr. 1938); G. Unbescheid, Känphatä - Untersuchungen zu Kult, Mythologie und Geschichte sivaitischer Tantriker in Nepal, Wiesbaden 1980. 125 Siehe C. Vaudeville, Kablr, Oxford 1974, 113, Anm. 12.

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time as a great devotee (mahabhakta), just as the Ramanandi tyagis themselves are yogis and devotees simultaneously. 126

Den Namen Hanumäns hatte Briggs 1938 in einen Zusammenhang mit Gorakhnäth gebracht, und auf seine Untersuchung von Gorakhnäth und den näths stützt sich neben van der Veer auch Bakker, der die Verehrung Hanumäns seitens der »Gorakhnäth-Sekte« als Indiz dafür ansieht, daß die »assimilierte Volksgottheit Hanumän« überhaupt zuerst im Sivaismus heimisch war, und der die Hanumänverehrung als eine späte Randerscheinung im Rahmen des Visnuismus betrachtet. 127 Doch zumindest die Schlußfolgerung Bakkers scheint etwas weit hergeholt zu sein, wenn man berücksichtigt, daß er nur Briggs als Referenz angibt. Briggs' Arbeit ist ethnographisch geprägt, und er übt, was seine Aussagen zu Hanumän betrifft, vornehme Zurückhaltung. Seine einzige Ausführung, die Satzlänge hat und Hanumän allein betrifft, bezieht sich auf die Tatsache, daß einige Mitglieder der Gruppierung neben anderen Malen auf der Stirn (tilak) auch das Zeichen Hanumäns tragen. 1 2 8 An einer anderen Stelle schreibt er: Yogis are essentially Saivites. The range of their interests and of their historical connections includes, however, other elements. In the first place, Visnu is not without attention. ( ...) Hanumän and Ram Chandra have their shrines at certain monasteries, such as that of Tilla, and both, together with aspects of Vaisnavism [sic], and even Visnu himself, are assimilated to certain divisions of the Gorakhnäthls and are constantly noted in the legends. 1 2 9

Als einzige Ausgangspunkte für Behauptungen von religionshistorisch großer Tragweite, wie die Bakkers, sind diese beiden ethnographischen Hinweise auf Hanumän in einer umfangreichen Arbeit alles andere als ausreichend. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die näths Hanumän - gemeinsam mit Räma und Visnu - verehrt haben. Belege dafür haben wir jedoch nicht. Die Beobachtung van der Veers, daß H a n u m ä n in den beiden Asketengemeinschaften der näths und der Rämänandis gleichermaßen eine wichtige Rolle spielt, bezieht sich auf die Gegen126 P. van der Veer, Gods on Earth. Religious Experience and Identity in Ayodhya, Delhi 1 9 9 7 (ind. Ausg.), 92. 127 Η. Bakker, Ayodhyä, Groningen 1986, 126f. 128 »Some Yogis put on the forehead a mark consisting of a black, horizontal line with a black dot above it, representing Bhäirom; and below it a red circle representing Hanumän (Mahäbir).« In: G. W. Briggs, Gorakhnäth ..., 17. 129 G. W. Briggs, Gorakhnäth ..., 150.

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wart, oder im besten Fall vielleicht auf die letzten zweihundert Jahre. 130 Welche von diesen beiden Gruppen Hanumän von der anderen übernommen hat, und wann dies geschah, ist aufgrund der Quellenlage wohl nicht endgültig zu klären. Einleuchtender erscheint hingegen die Annahme - und die Bestandsaufnahme der literarischen und künstlerischen Zeugnisse, die den Gott in Affengestalt im ersten Jahrtausend betreffen, scheinen in dieselbe Richtung zu weisen - , daß die »Karriere« Hanumäns besonders in ihrer frühen Phase über das Epos Rämäyana eng an das göttliche Schicksal Rämas geknüpft ist. Die Zunahme der religiösen Bedeutung Rämas bzw. des Namens »Räma« - in den Jahrhunderten nach der Entstehung von Välmlkis Rämäyana soll daher nun skizziert werden.131

3.6. Die Entwicklung der Ramaverehrung

I

In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten fand die Vorstellung, daß Räma eine Inkarnation (avatära, »Herabkunft«) Visnus darstellt, Anerkennung.132 Es dauerte jedoch allem Anschein nach noch mehrere Jahrhunderte bis zum nachweislichen Aufkommen eines an Räma gerichteten Tempelkultes.133 Zwar wird der Held während der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends in vielen Tempeln abgebildet, doch dieses geschieht entweder im Kontext des Rämäyana oder in sogenannten Visnudasävatäras, den »zehn Inkarnationen Visnus«. Eine zunehmend aus1 3 0 Vgl. P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 2 2 7 . Zur Rolle Hanumäns bei den Rämänandls siehe weiter unten. 1 3 1 Vgl. vor allem F. Whaling, The Rise of ..., siehe aber auch W. L. Smith, Rämäyana Traditions in Eastern India, Stockholm 1 9 8 8 . 1 3 2 R. C. Bhandarkar, Vaisnavism, Saivism and Minor Religious Systems, reprint, Varanasi 1 9 6 5 , 4 7 . Eine Ausnahme innerhalb der indischen Tradition stellten diesbezüglich die Buddhisten und die Jainas dar. So wird im Dasaratha Jätaka eine von Välmiki abweichende Rämageschichte dargestellt, und Räma gilt bei den Buddhisten als ein bodhisattva. Auch die Rämäyana-hdaptionen der jainistischen Autoren Vimalasüri und Gunabhadra weisen erhebliche Unterschiede zu Välmlkis Werk auf: Der Räksasakönig Rävana steht im Mittelpunkt der Handlung, und R ä m a ist ein jainistischer mahäpurusa (Heiliger) oder ein Jainamönch (bei Gunabhadra). Vgl. dazu F. Whaling, The Rise of ..., 95f. 1 3 3 Die wenigen vagen Hinweise aus der Gupta- bzw. der Väkätaka-Periode sind nicht stichhaltig. Vgl. H. Bakker, »Reflections on the Evolution of Räma Devotion in the Light of Textual and Archaeological Evidence«, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde Südasiens 3 1 , 1 9 8 7 , 9 - 4 2 .

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führliche bildliche Darstellung des Epos in Tempeln kann bei den Cäjukyas (Pattadakai, 8. Jh.) und bei den Rästrakütas (KailäsanäthaTempel, Ellora, 757-772) festgestellt werden. Hinweise auf eine kultische Bedeutung Rämas fehlen hier völlig, ebenso bei den Gurjara-Pratihäras im Westen. Eine ähnliche Situation zeichnet sich auch in den Texten ab. Einige frühe Puränas bezeichnen Räma als avatära Visnus, ohne darauf näher einzugehen. Ähnlich wie im Fall Hanumäns entstehen erst ab etwa dem neunten Jahrhundert puränische Textstellen (in

Skanda-, Padma-, Bhägavata- und Mahäbbägavatapuräna),

die sich de-

taillierter mit Räma befassen. In Südindien tauchen bei den tamilischen Äjvärs die ersten wirklich greifbaren Elemente einer Rämaverehrung, einer an Räma gerichteten bhakti auf, besonders bei Kulasekhara (9. Jh.), wobei die Rämaverehrung im Vergleich zur krsnabbakti in dieser Zeit wenig Raum einnimmt. 134 Im 12. Jh., vielleicht auch schon früher, schreibt der tamilische Dichter Kampan sein Werk Irämävatäram (»Die Herabkunft Rämas«), die erste bedeutende Nachdichtung des Rämäyana in einer Volkssprache, und leitet damit eine ganze Reihe von volkssprachlichen Bearbeitungen des Epos ein. Es wird vermutet, daß schon vor Kampan Elemente eines aufkommenden Rämakultes über den Lehrer und Reformer Rämänuja (1056-1137) nach Nordindien gelangten. 135 Im Umfeld der Srlvaisnavas 136 entstehen kurze Zeit später drei Räma-Upanisaden. 137 In der Mitte des 12. Jh. beginnt eine etwa zweihundert Jahre andauernde Phase, in der Herrscher im zentralen und nördlichen Teil Indiens zahlreiche Rämatempel errichten lassen (Kalacuris, Gähadavälas usw.). Einen Höhepunkt erreicht diese Entwicklung in der zweiten Hälfte des 14. Jh. im südlich gelegenen Vijayanagara-Reich, wo im Sahasraräma-Tempel in Vijayanagara das gesamte Rämäyana in Skulpturen abgebildet wird.

1 3 4 Der Begriff bhakti, »Hingabe«, »Teilhabe«, bezeichnet diejenige F o r m der Verehrung eines Gottes, die durch Devotionalität sowie eine hohe Emotionalität gekennzeichnet ist. Die an Krsna gerichtete bhakti dominiert die Zeit um die Jahrtausendwende: »It must be admitted that the growth of Krsnabhakti was much more obvious in medieval times. It had already been present in the Bhagavad Gitä, the Harivamsa, the Bhägavata Puräna, and other works stressing devotion to Krsna preceded and stimulated the later literature of devotion to Räma.« In: F. Whaling, The Rise of ..., 1 0 1 . 1 3 5 K. Zvelebil, The Smile of Murugan: On Tamil Literature of South India, Leiden 1 9 7 3 , 2 0 9 . Vgl. W. L. Smith, Rämäyana Traditions ..., 18. Whaling ist hier anderer Meinung: »However, there is no evidence that he was writing for anyone but himself. There is no sign of a Räma community. This is merely Kamban's own work of love.« In: F. Whaling, The Rise of ..., 9 9 .

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Ausblick Die Bekanntheit der Gestalt Rämas steigt mit der immer stärkeren Verbreitung des Epos. Dies und seine Integration in die Reihe der zehn »klassischen« avatäras Visnus stehen am Anfang einer Entwicklung, die ihn über die tamilischen Dichterheiligen und die aufkommende bhaktiBewegung des ausgehenden ersten Jahrtausends zum Objekt und Träger eines breiten Frömmigkeitsstroms macht, die »Räma« nicht nur als den heroischen Gott Rämacandra oder Däsarathi Räma aus dem Epos, sondern auch als nirguna-Gott, als abstrakten, »eigenschaftslosen«, unbeschreiblichen und unbeschreibbaren Höchsten Gott verehrt. Im ersten Jahrtausend noch zumeist in der epischen Entourage Rämas, erlangt Hanumän auch (oder überwiegend?) auf diesem Weg eine immer stärkere Bekanntheit und wird allmählich »selbständig«. Als sich später ursprüngliche nirguna-Bewegungen - zum Teil oder ganz - konkreteren Formen »Rämas« zuwenden, erhält Hanumän erneut Impulse aus dieser Richtung.

136 Der Brahmane Rämänuja, Vertreter eines sog. »modifizierten Monismus« (:visistädvaita) gehört zu den Srivaisnavas, die ihrerseits eine von vier »orthodoxen« visnuitischen Traditionen (sampradäya) in Indien bilden. Die anderen sind: Brahmä-Sampradäya (dvaitavedänta, dualistisch, Begründer Madhva, 1199-1278), Sanaka-Sampradäya (dvaitädvaita, monistisch und dualistisch, Nimbärka, 12. Jh.) und Rudra-Sampradäya (suddhädvaita, rein monistisch, Visnusväml, 13. Jh.). Vgl. A. Michaels, Der Hinduismus, 278, der auf derselben Seite fortfährt: »Die Unterschiede dieser Positionen liegen im scholastischen Bereich, für die große Masse der Gläubigen und deren Alltagsreligiosität waren sie eher zweitrangig. Für sie war wichtiger, welcher Gott in welcher Form als Hochgott verehrt wurde: Visnu, Krsna bzw. Rädhä-Krsna oder Räma.« 137 Rämapürvatäpamya, Rämottaratäpaniya und Rämarahasyopanisad. Dazu schreibt C. Bulcke: »Tin rämbhakti sambandht [...] upanisadem suraksit haim [...] tmom rämopäsanä se sambandh rakhti haim tathä inmem rämyantra, räm-mantra, sttä-mantra ädi kä ullekh hai.« (»Überliefert sind drei Upanisaden, die Verbindungen zur rämabbakti aufweisen ... alle drei beziehen sich auf die Rämaverehrung und erwähnen Mantras von Räma und Sita, ein Räma-Diagramm (yantra) u. a.« In: C. Bulcke, Rämkathä: utpatti aur vikäs (Die Rämageschichte: Entstehung und Entwicklung), Prayäg 1950, 119.

Abwehrkampf und Devotion (ca. 1 2 0 0 - ca. 1600)

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4. A b w e h r k a m p f u n d Devotion (ca. 1 2 0 0 - ca. 1600) 4.1. Religionsgeschichtliche

Aspekte II

Die erste Hälfte des zweiten Jahrtausends steht - zuerst in Nordindien und dann ab dem 14. Jh. auch in Südindien - unter dem Einfluß des Islam. Seit dem 11. Jh. dringen islamische Heere über den Nordwesten wiederholt in den Norden Indiens ein. Im Jahr 1206 errichtet Qutb-udDin Aibak das Sultanat von Delhi und leitet damit eine Zeit ein, in der hinduistische Religionen einen schweren Stand haben: Tempel werden zerstört, und viele Brahmanenfamilien verlassen Nordindien Richtung Süden oder Südosten, wo Reiche wie Vijayanagara von der Islamisierung noch verschont bleiben. Während der jahrhundertelangen moslemischen Herrschaft sind die verschiedenen Hindu-Religionen auf Kooperation angewiesen. 138 Es gibt freilich auch während dieser Zeit Regionen und Perioden, in denen sich die Hindu-Religionen relativ unbehelligt weiter entfalten können. Auf der anderen Seite passen sich religiöse Gruppierungen an und greifen islamisches Gedankengut auf. So setzt Kabir (1440-1518) Räma mit Allah gleich, und Nänak (14691539) begründet eine Religion, die islamische Einflüsse aufweist (Sikhismus). 139 Außerdem spielt das Delhi-Sultanat eine wichtige Rolle in der Verbreitung der Sufi-Orden. Die Sufis, die Mystiker des Islam, üben einen bedeutenden Einfluß auf die religiösen Bewegungen jener Zeit aus. Ihr Gedankengut wird auch für Nicht-Muslime in Indien zunehmend attraktiv und die fremde Religion auf diese Weise vielen Hindus zugänglich: 140 Besonders den Anhängern der hinduistischen bhaktiHeiligen erscheinen die eigenen Lehren mit jenen der Sufis kompatibel.

4.2. Hanuman, Rama und die Muslime In einem Aufsatz aus dem Jahr 1993 richtet Pollock sein Augenmerk auf den Umgang mit der Rämageschichte in Indien in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends. 141 Besonders zwischen dem 11. und dem 14. Jh. stellt er eine verstärkte politische Dimension des Rämäyana fest, die er so erklärt: 138 Vgl. H. v. Stietencron, »Die Erscheinungsformen ...«, 165. 139 Vgl. A. Michaels, Der Hinduismus, 60f. 140 Vgl. K. Gräfin v. Schwerin, »Der Islam in Indien«, in: D. Rothermund (Hg.), Indien, 169.

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Geschichtliche Entwicklung

The text offers unique imaginative instruments [...] whereby, on the one hand, a divine political order can be conceptualized, narrated, and historically grounded, and, on the other, a fully demonized Other can be categorized, counterposed and condemned. 142

Die neue Valenz des Epos wird nicht zuletzt ersichtlich aus königlichen Inschriften wie die mit Bezug auf den Cähamäna-König Prthiviräja II, der - um die Mitte des 12. Jh. in Kämpfe gegen Muslime verwickelt plötzlich nicht mehr nur mit Räma verglichen, sondern nunmehr zu einer Inkarnation desselben ausgerufen wird. Im selben Satz wird der Fortkommandant von Hänsi (Hariyana) mit dem Namen Kilhana, der Onkel mütterlicherseits des Königs, mit Hanumän gleichgesetzt: prthviräjo mahäräjo rämo 'sau samsayam vinä / hanümän niscitam vtra bhavän adbhutavikramah II »Ohne Zweifel wurde Prthvlräj zu König Räma, zu Hanumän wurdest Du, großer Held, ein Mann berühmter Taten.« 1 4 3

Ergänzt werden solche Inschriften durch Sanskritwerke wie Prthiviräjavijaya ( 1 1 9 5 ? ) , in denen die moslemischen Invasoren mit räksasas gleichgesetzt werden. Solche und ähnliche Tendenzen beziehen Kulke und Rothermund in ihre Analyse mit ein, wenn sie feststellen, daß die Herrschenden ab dem 11. Jh der Präsenz dieser neuen politischen Macht auf dem indischen Subkontinent auf zwei Arten entgegenzuwirken suchen: Durch eine unumgängliche Militarisierung einerseits, aber auch durch eine zunehmende Legitimierung des Herrschers durch seine einzigartige Verbindung zur göttlichen M a c h t . 1 4 4 In diesem Kontext konnte, wie Pollock bemerkt, das Rämäyana unschätzbare ideologische

141 S. Pollock, »Rämäyana and Political Imagination in India«, in: The Journal of Asian Studies 52, 2, 1993, 261-297; vgl. zum Folgenden P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 234f. sowie I. Keul, »Ein Gott macht Karriere. Hanumänverehrung in Benares«, in: Zeitschrift für Religionswissenschaft 6, 1998, 27f. 142 S. Pollock, »Rämäyana and ...«, 264. 143 Indian Antiquary, 1912, 17-19. Die Inschrift stammt aus dem Jahr 1168 n.Chr. Vgl. S. Pollock, »Rämäyana and ...«, 273 sowie D. C. Sircar, »The Rämäyana in Inscriptions«, in: ders., Problems of the Rämäyana, Hyderabad 1979, 28-35, bes. 30. Die Treue von Generälen ging oft so weit, daß diese bei dem Tod ihres Herrschers Selbstmord begingen. Vgl. dazu S. K. Aiyangar, History of Ancient India, Delhi 1980, 385-389. 144 Η. Kulke, D. Rothermund, A History of India, Calcutta u. a. 1993 (2. ind. Ausgabe), 162f.

Abwehrkampf und Devotion (ca. 1200 - ca. 1600)

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Dienste leisten: Wie kein anderer indischer Text stellt dieser ein Instrument für eine Freund-Feind-Polarisierung dar. Zur gleichen Zeit mehren sich die Gründungen von Rämatempeln vorwiegend in den Grenzgebieten zu den von den Muslimen eroberten Territorien. Man kann davon ausgehen, daß in den meisten dieser Tempel Hanumän mit vertreten war, ja sogar eine bedeutende Rolle gespielt hat. In dieser Zeitspanne entwickelt er sich mehr und mehr - und das belegen auch die bildlichen Darstellungen - zu einem »Vernichter von Dämonen«. 145 Pollocks These, daß die Ausbreitung der Rämaverehrung (und vermutlich auch der Hanumänverehrung) in einem direkten Zusammenhang mit der moslemischen Invasion zu sehen sei, bietet eine auf den ersten Blick einfache und bodenständige Erklärungsmöglichkeit für eine solch offensichtlich schlagartige Vermehrung von Kultstätten und Inschriften zu Ehren Rämas und Hanumäns. Lutgendorf bemerkt in diesem Zusammenhang, daß die volkstümlichen Rämäyana-Nacherzählungen ihrerseits in Gegenden entstanden, die von der moslemischen Eroberung bedroht waren, und demnach auch als Versuche gewertet werden können, der Gefahr auf diese Weise entgegenzutreten.146 Erst unter der nachsichtigeren Herrschaft des Kaisers Akbär taucht auch in den besetzten Gebieten selber eine Nacherzählung des Rämäyana auf (Tulsidäs' Rämcaritmänas, Benares, um 1574), auch die Ausbreitung der Rämaverehrung ist in diesen Teilen Nordindiens zeitlich etwas versetzt. Sowohl Pollock als auch Lutgendorf sind sich der Probleme, die eine solch monokausale Sichtweise in sich birgt, bewußt. Die wesentlichen Fragen, die sich Lutgendorf z. B. stellt, sind: Welche Bedeutung haben 145 Bereits in der Zeit der Gurjara-Pratihäras tauchen solche Hanumändarstellungen auf. Diese Dynastie, die vom 8. bis zum 10. Jh. über den größten Teil Nordindiens herrschte, war häufig in kriegerische Auseinandersetzungen mit Muslimen (Sindh, Punjab) verwickelt. Um das 12. Jh. entstehen vermehrt Standbilder des Affengottes, die ihn mit erhobenem Fuß darstellen, bereit, den unter ihm am Boden liegenden Dämon zu zertreten. Zvelebil faßt eine ähnliche, wenn auch etwas spätere, Entwicklung für Südindien so zusammen: »Hanumän represented the ideal expression of the valour, skills, and shrewdness of the medieval South Indian warrior class who have to keep up the struggle against a terrible foe - the Muslim invader.« In: K. Zvelebil, Two Tamil Folktales, Delhi 1987, xli. 146 Mädhava Kandalls Rämäyana (Assam, um 1350), Krttibäsas Rämäyana (Bengalen, um 1475), sowie Balrämdäs' Dändi Rämäyana (Orissa, um 1500) sind die bedeutendsten dieser Werke.

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Geschichtliche Entwicklung

die wenigen vorhandenen Texte und Inschriften als Indikatoren für eine jahrhundertelange hinduistische Weltanschauung? Inwiefern haben Sanskritinschriften und königliche Rhetorik die Auffassungen und religiösen Praktiken des Volkes beeinflußt? 147 War die Angst und der Haß gegenüber den islamischen Eroberern der Hauptgrund für die Intensivierung oder gar für das Aufkommen der Räma- und Hanumänverehrung? Die letzte Frage ist schwer zu beantworten. Lutgendorf gelingt es in überzeugender Weise, zumindest ebenso gewichtige Argumente gegen die Sichtweise Pollocks darzubringen. Hier einige davon: a) Die regionalen Rämäyanas waren eher bemüht, Räma als Verkörperung der Liebe und des Mitgefühls zu beschreiben. Die Konstruktion eines Gegensatzes zwischen dem »göttlichen Herrscher« und dem »dämonischen Eindringling« stand nicht im Vordergrund. b) Die Entstehung der regionalen Rämäyanas verlief territorial ähnlich wie die etwas frühere krsnabhakti-Bewegung: von Süden nach Norden; somit könnte die Gleichzeitigkeit zur islamischen Invasion ein Zufall sein. c) Sowohl im Vijayanagara- als auch im Maräthäreich kann die enorme Popularität Hanumäns - im Kontext betrachtet - auf viel mehr Faktoren zurückgeführt werden als nur auf politische. 148 Die beiden hier erwähnten Regionen eignen sich sehr gut dafür, die mehrgleisige Entwicklung der Hanumänverehrung näher zu beleuchten. Deshalb wird eine etwas ausführlichere Behandlung in diesem Zusammenhang von Nutzen sein. 149

Vijayanagara Das Königreich Vijayanagara (»Stadt des Sieges»), um 1346 von den Brüdern Harihara und Bukka 1 5 0 gegründet, wurde oft etwas pathetisch als ein Bollwerk des Widerstandes gegen die moslemische Invasion bezeichnet, und der in Vijayanagara besonders verehrte Affengott Hanumän etwas eindimensional als Symbolfigur für den antimoslemischen Kampf Vijayanagaras interpretiert. Tatsache ist wohl, daß das

1 4 7 P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 2 3 5 f . Es ist zu bedenken, daß auch der Bau von Tempeln und die Bestellung von Skulpturen ein Werk von Königen oder generell der Oberschicht ist. Man kann nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß die »Volksreligiosität« davon erheblich berührt wird. 1 4 8 P. Lutgendorf, »My Hanuman ...«, 2 3 6 - 2 3 7 . 1 4 9 Z u m Maräthäreich siehe Abschnitt »Hanumän und die Maräthäs« in der vorliegenden Arbeit.

Abwehrkampf und Devotion (ca. 1200 - ca. 1600)

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Reich, das von Karnataka ausgehend ab dem Jahr 1420 fast ganz Südindien in einem letzten hinduistischen Großreich vereinte, im Laufe seiner wechselvollen Geschichte mit allen angrenzenden Sultanaten, aber auch hinduistischen Reichen (z.B. Orissa) häufig in kriegerische Auseinander-setzungen verwickelt war. Zur Zeit seiner höchsten Blüte unter König Krsnadevaräya (1509-1529) besiegten die Heere Vijayanagaras die vereinten Armeen der Nachfolgestaaten des Bähmani-Sultanats und eroberten die Hauptstadt des Königreichs Orissa. Dabei übernahmen sie aus den eroberten Gebieten zahlreiche Administratoren und Soldaten. Als die moslemischen Herrscher des Dekkan sich erneut zusammenschlossen, um gegen Vijayanagara vorzugehen, kämpften in den Reihen der Hindus viele moslemische Söldner, und viele Abteilungen wurden von ranghohen moslemischen Offizieren befehligt. Mit der Niederlage im Jahr 1565 und der Zerstörung der Hauptstadt durch die siegreichen Muslime versank Vijayanagara in der politischen Bedeutungslosigkeit. Nimmt man die Zahl der gefundenen Hanumänstatuen als Anhaltspunkt, scheint Hanumän in Vijayanagara eine der am meisten verehrten Gottheiten gewesen zu sein - dies wurde auf seine Rolle als ergebener Heerführer und Verteidiger gegen die Mächte des Bösen zurückgeführt. Damit paßte er auch besonders gut zu Virüpäksa, der Schutzgottheit der Hauptstadt Vijayanagaras, Hampi, die eine besonders wilde Form Sivas darstellte, aber auch zu dem von den Visnuiten stark bevorzugten Narasimha. 151 Hanumäns Popularität könnte im Zuge der zunehmenden Hinwendung der Herrscher Vijayanagaras zu Räma gestiegen sein. Es ist anzunehmen, daß die Könige von Vijayanagara sich gern mit Räma vergleichen ließen. Darauf deutet z. B. eine Inschrift aus dem Jahre 1379 hin, deren Übersetzung lautet: »In der selben Stadt (Vijayanagara) wohnte (König) Harihara, genauso wie in früheren Zeiten Räma in Ayodhyä«. 152 Burton Stein meint außerdem in dem alljährlichen 150 Die beiden Sangama-Brüder waren als Kriegsgefangene am Hof des Sultans in Delhi zum Islam konvertiert und in den Süden nach Kampiii zurückgeschickt worden, um den dortigen Statthalter Malik Muhammad abzulösen und die Interessen des Sultanats angesichts des sich regenden Widerstandes der Bevölkerung zu verteidigen. N a c h einiger Zeit wandten sich die Brüder jedoch gegen den Sultan. Gegen diese eher traditionelle Sichtweise (vertreten z. B. in R.C. Majumdar (Hg.), History and Culture of the Indian People, Bd. 6, Bombay 1967) argumentiert jedoch Η. Kulke in »Mahäräjas, Mahants and Historians. Reflections on the Historiography of Early Vijayanagara and Sringeri«, in: A. L. Dallapiccola (Hg.), Vijayanagara - City and Empire. N e w Currents of Research, Wiesbaden 1985, 120-143.

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mahänavami-Yest in Vijayanagara direkte Bezüge zu Rämas Opfer an Durgä vor der Eroberung Lankäs entdeckt zu haben. 1 5 3 Die Bilder Hanumäns, die in Vijayanagara gefunden wurden, zeigen diesen jedenfalls zumeist in zwei Hypostasen: Entweder als heldenhaften Kämpfer oder in einer demütigen Verehrungshaltung gegenüber R ä m a bzw. dem Herrscher Vijayanagaras. 1 5 4 Die »epische Qualität« der Hauptstadt Hampi und ihrer Umgebung widerspiegelt sich auch in der mythologischen Verknüpfung mit der Römäyawa-Landschaft Kiskindhä. Inschriften aus dem mittelalterlichen Karnataka sollen bezeugen, daß die Gleichsetzung der Gegend Pampäksetra mit Kiskindhä schon sehr früh erfolgte. 1 5 5 Auch dies mag einer der Hauptgründe für die Verbreitung der Hanumänverehrung an diesem Ort gewesen sein. Der Hanumäntempel an dessen »Geburtsort« auf dem Berg Anjenädri wird heute noch von vielen Pilgern aufgesucht. Und nach dem Sieg über Rävana und der Krönung Rämas soll sich der 151 In dieser Periode wird Hanumän auch in anderen Regionen mit diesen beiden Gottheiten in Verbindung gebracht: Um 1290 wird Hanumän in Maharashtra von Jnänesvara zur Inkarnation Sivas erklärt. Fast zeitgleich wird er von Nämdev mit Narasimha gleichgesetzt. Seit spätestens dieser Zeit sieht Ghurye die Existenz eines Hanumänkultes im Maharashtra als erwiesen an. Vgl. G. S. Ghurye, The Legacy of ..., 150. Zu Narasimha im Königreich Vijayanagara siehe G. D. Sontheimer, »Folk Deities in the Vijayanagara Empire: Narasimha and Mallanna/Mailär«, in: A. L. Dallapiccola (Hg.), Vijayanagara, 144-158. Zur Religion im Vijayanagara-Reich siehe K. S. Devi, Religion in the Vijayanagara Empire, New Delhi 1990. 152 Β. A. Saletore, Social and Political Life in the Vijayanagara Period (A.D. 1346 - A.D. 1646), Madras 1933-34, Vol. 1, 221. Zit. nach J. Fritz, »Was Vijayanagara a 'Cosmic City'?«, in: A. L. Dallapiccola (Hg.), Vijayanagara, 257-273, bes. 271. 153 B. Stein, Peasant State and Society in Medieval South India, New Delhi 1980,135. 154 »If the capital does not conform to a particular sästric model, it does manifest the epic qualities of the capital of Räma. [...] The cult of Hanumän, whose image is probably the most common in Vijayanagara, may also suggest this relation. For the monkey is usually shown in a posture of heroic defence of the city or in worshipful contemplation of the ruler.« In: J. Fritz, »Was Vijayanagara ...«, 271. 155 Die Zeugnisse stammen laut dem India magazine (Dez. 1992, S. 23) aus dem 11. Jh. Fachleute, die sich mit der »Historizität« des Rämäyana befaßt haben, »lokalisieren« das epische Kiskindhä freilich viel weiter nördlich, in der Gegend der Vindhya-Berge. Siehe z. B. H. D. Sankalia, The Ramayana in Historical Perspective, Delhi 1982, 70f. und ders., Ramayana: Myth or Reality, New Delhi 1973, 9f.

Abwehrkampf und Devotion (ca. 1200 - ca. 1600)

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Affenheld auf den Berg Gandhamädhava in die Umgebung von H a m p i zur Meditation zurückgezogen haben. Die Wurzeln der Hanumänverehrung sind auch in einer anderen Richtung auszumachen, nämlich im Kontext der Rivalität zweier visnuitischer bhakti-Traditionen: den Anhängern Madhvas und den Srivaisnavas. 156 Die Schule Madhvas, deren Einfluß zur Blütezeit Vijayanagaras besonders groß war, betrachtete ihre Gründungsgestalt als eine Inkarnation Väyus, und somit als Halbbruder Hanumäns. In der Theologie der Madhvas spielte H a n u m ä n somit eine bedeutende Rolle: Während die Srivaisnavas Garuda, den göttlichen Vogel (Reittier Visnus), als Vermittler zwischen der menschlichen Seele und Gott betrachteten, kam diese Rolle bei den Anhängern Madhvas H a n u m ä n zu. Über dessen Beziehung zu Väyu und den Maruts entwickelte sich somit eine Theologie, in der H a n u m ä n sowohl den Lebensatem im menschlichen Körper (präna) als auch den Weltenhauch in sich vereinte. Es heißt, daß der Mädhva-Heilige Vyäsaräya um das Jahr 1500 die Errichtung und Aufstellung von 732 (!) Hanumänbildern im gesamten Königreich veranlaßt haben soll. 157 Das Beispiel Vijayanagara deutet die Vielzahl von Einflüssen an, denen die aufkommende Hanumänverehrung in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends Impulse verdankte. Die islamische Bedrohung Nordindiens führte in bestimmten Regionen ohne Zweifel zu einer stärkeren Ausprägung und Betonung der kriegerischen Aspekte des Affengottes, Aspekte, die bereits im Epos eine wesentliche Rolle gespielt hatten. Auf der anderen Seite war der Affengott nicht nur ein Kampfgefährte Rämas und eine wichtige Identifikationsfigur von Hinduherrschern in ihrem Abwehrkampf gegen die Muslime, sondern - was vielleicht noch viel wichtiger war - ein steter Begleiter Rämas auf dessen Weg in die Herzen der Anhänger devotionaler Rämabewegungen. Die Hinweise darauf sind bereits sehr früh, zum Teil noch vor der islamischen Bedrohung, ersichtlich und werden im nächsten Absatz näher vorgestellt.

156 Das Folgende nach P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 237. 157 K. S. Devi, Religion in ..., 136.

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Geschichtliche Entwicklung

4.3. Hanumän in der Literatur und in der Kunst (ca. 1200 - ca. 1600) Literatur In diesem Kontext sind zuallererst zwei Puränas erneut zu nennen, in denen Aussagen getroffen werden, die für die Entwicklung der Hanumänverehrung von grundlegender Bedeutung sind. Im neunten Buch des Bhägavatapuräna159 wird in zwei Kapiteln die Rämageschichte in der Välmlki-Version kurz nacherzählt: Die Gestalt Hanumäns nimmt den vom Epos vorgegebenen Raum ein, und es sind keine Anzeichen einer Veränderung im Status des Affengottes zu bemerken. Anders verhält es sich hingegen im wahrscheinlich später hinzugefügten fünften Buch desselben Werkes, in dem Hanumän als der parama bhägavata, der »höchste Verehrer (des Herrn)« bezeichnet wird. 159 Auch im Sivapuräna, einem sehr heterogenen Gebilde aus älteren (ca. ab dem 10. Jh.) und neueren Textstellen (13. - 1 4 . Jh.), erweckt ein kurzer, eher beiläufiger Satz Aufmerksamkeit. Im Hanumän gewidmeten Unterkapitel der Satarudrasamhitä wird der Affengott nicht nur zu einer Inkarnation Rudras/Sivas, sondern zum »Begründer der rämabhakti« erklärt. 160 Etwa zur gleichen Zeit sind auch visnuitische Autoren bereit, Hanumän als Inkarnation des sivaitischen Hochgottes anzuerkennen. In einem der frühen Handbücher für die Rämaverehrung, in der Agastyasamhitä (12. - 1 3 . Jh.), heißt es, Hanumän sei die Verkörperung (avatära) Rudras und seine (Hanumäns) Verehrung könne sowohl in sivaitischen als auch in visnuitischen Tempeln vollzogen werden.161 1 5 8 Die Datierung dieses Puränas ist unklar. Vermerkt sind zahlreiche Datierungsversuche, von denen die ernstzunehmenden zwischen dem 6. und dem 14. Jh. angesiedelt sind. Vgl. dazu L. Rocher, The Puränas, Wiesbaden 1 9 8 6 , bes. 138f. A. Gail setzt die Ausarbeitung eines Grundkonzepts für das Werk ins 8. Jh. und erachtet Einschübe bis ins 14. Jh. für möglich (Vgl. A. Gail, Bhakti im Bhägavatapuräna. Religionsgeschichtliche Studien zur Idee der Gottesliebe in Kult und Mystik des Visnuismus, Wiesbaden 1 9 6 9 ) . Plausibel erscheint eine Entstehung der größten Teile des BhgP im 1 0 . - 1 1 . Jh. Zum Folgenden vgl. P. Lutgendorf, »My Hanumän ...«, 228f. 1 5 9 kimpuruse varse bhagavantam ädipurusam sttäbhirämam taccaranasamnikarsäbhiratah paramabbägavato hanumän saha kimpurusair aviratabhaktir upäste II (Bhägavatapuräna 5.19.1) »Im Land der kimpurusas betet Hanumän, der höchste Verehrer, glücklich neben den Füßen des Herrn, mit ununterbrochener Hingabe gemeinsam mit den Kimpurusas zum Urwesen, dem Geliebten Sltäs, zu Räma.« 1 6 0 Sivapuräna 8 . 2 0 . 3 6 . 161 Agastyasamhitä 3 2 . 1 2 ; 3 2 . 2 3 .

Abwehrkampf und Devotion (ca. 1 2 0 0 - ca. 1 6 0 0 )

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In diese Zeit fallen auch die literarischen Zeugnisse, die auf eine deutliche Statuserweiterung Hanumäns im epischen Kontext hinweisen. O b es sich hier um eigenständige Kreationen handelt, oder einfach um die Einarbeitung von schon länger kursierenden »volkstümlichen« Erzählvarianten, ist ungewiß. Die bedeutendste Ergänzung dieser Art stellt der gut ausgearbeitete und heute unter den Besuchern von Hanumäntempeln auch durchaus bekannte Mahirävana-Zyklus dar, 1 6 2 ein Zyklus, der in der Meinung der Fachleute zum Zweck der Etablierung Hanumäns als Hauptperson im Epos eingebaut wurde: 1 6 3 Mahlrävana, der Bruder des Räksasakönigs von Lanka, entführt die nach Sita suchenden Räma und Laksmana in die Unterwelt. Der Zyklus berichtet über die Abenteuer Hanumäns auf seinem Weg zu Mahlrävana. Unter anderem nimmt Hanumän zu einem gegebenen Zeitpunkt die Gestalt einer tantrischen Göttin an und begegnet später seinem eigenen Sohn.

Diese Geschichte, die ebenfalls in der Satarudrasamhitä des Sivapuräna erwähnt wird, fand Eingang in mehrere Rämäy

ι

2 9 Dieser Tempel gehört zu den 56 Ganesas, die rund um den heiligen Bezirk der Stadt angeordnet sind, und ist außerdem eine der 108 Pilgerstationen auf der Stadtumgehung PancakrosI Yäträ (Vgl. dazu D. L. Eck, Banäras, 187-189; R. P. B. Singh, »The Pilgrimage Mandala of Varanasi (Kashi). Α Study in Sacred Geography«, in: The National Geographical Journal of India 33, 1987, 493524).

Die Tempel

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Der Bahkatl-Hanumän-Tempel ist heute weit mehr als ein Tempel mit einer auf die unmittelbare Nachbarschaft eingeschränkten Bedeutung. Einzugsbereich der vorgestellten Verehrungsstätte wurde zunehmend der gesamte südliche Teil der Stadt - nicht zuletzt auch wegen der reichhaltigen kulturellen Programme, die hier angeboten werden. Jeden Morgen, oft bis weit in den Vormittag hinein, werden an Hanumän und Räma gerichtete devotionale Lieder gesungen. An den für die Verehrung Hanumäns besonders wichtigen Tagen, d.h. dienstags und samstags, dauern die Gesänge den ganzen Tag über an. Eine besondere alljährliche Feier ist das Tempeldekorationsfest am Vollmondtag des Monats caitra (März/April) zum Geburtstag Hanumäns (srngär, Hanumän Jayanti). Der Tempel wird für diesen Tag festlich geschmückt, große Mengen der »Lieblingsspeise« Hanumäns (einer runden braunen Süßspeise aus Kichererbsenmehl: besan kä laddü) werden zubereitet, dem Gott dargebracht und anschließend als geweihte Speise (prasäd) an die versammelten Gläubigen verteilt. Einmal im Jahr findet zwei Wochen lang jeden Abend zwischen sechs und zehn Uhr in diesem Tempel eine Rezitation des Rämcaritmänas statt, 30 und als Rahmenprogramm dazu - aber auch vereinzelt das ganze Jahr über - gibt es Vorträge von Räma(rämkathä) und Hanumängeschichten und theologische Erläuterungen zu diesen Geschichten, zu denen die namhaftesten Erzähler (kathäväcaks) aus ganz Benares eingeladen werden. Die Lage und die Bedeutung des Tempels ließen auf ein breites Spektrum von Besuchern hoffen, was deren sozialen und ökonomischen Status anbelangt. Zwar deckt sich das Einzugsgebiet des Tempels - wie bereits angedeutet - etwa mit Südbenares, doch war zu vermuten, daß viele Besucher aus den benachbarten Wohnvierteln (mohalla) kommen. Unmittelbar am Tempel liegt ein Slumgebiet, das ausschließlich von der Kaste der »unberühr baren« Müllbeseitiger oder Straßenreiniger (bhangi) bewohnt wird.31 Einen Kontrast zu diesem dicht besiedelten Flecken bilden die unmittelbar umliegenden Wohnviertel. Im Osten des Tempels erstreckt sich eine Neubausiedlung (mit den Teilen Ravindra3 0 Hanumäns Unsterblichkeit soll von einer Gabe Rämas herrühren: Er soll seinen Körper behalten können, solange die Rämageschichte auf der Welt erzählt wird. Hanumän hört - so heißt es - den zumeist sehr kreativen Erzählungen über die Taten seines Herrn zu und ist somit zu einem Schutzherrn der Erzähler geworden. Außerdem wird geglaubt, daß er bei jeder Rezitation des Rämcaritmänas verkleidet präsent ist. Vgl. P. Lutgendorf, The Life of a Text, 4 9 . 31 Z u den Lebensbedingungen der bhangi in Benares siehe M. Searle-Chatterjee, Reversible Sex Roles. The Special Case of Benares Sweepers, Oxford u. a. 1981.

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Hanumanverehrer antworten

puri und Ravindrapuri Extension) mit großzügigen, mehrstöckigen Villen, bewohnt von Kaufleuten, Anwälten und Universitätsangestellten. Jenseits der stark befahrenen Straße, die den äußersten Süden der Stadt (LaAkä, Nagvä, Benares Hindu University) mit dem Stadtzentrum und dem Hauptbahnhof verbindet, befinden sich ebenfalls mehrere Straßenzüge (wie z. B. Jawahar Nagar Colony), in denen vorwiegend Mitglieder der (zum Teil oberen) Mittelklasse wohnen; diese Straßenzüge münden dann allerdings in die schon etwas ländlich anmutenden, engen Gassen eines Stadtviertels, das sich recht weit nach Westen ertstreckt und von kleinen Händlern und Handwerkern geprägt ist (Kasmiriganj, Khojvä). In der näheren Umgebung befinden sich einige bedeutende Tempel und Tempelanlagen: der bereits erwähnte, im 18. Jahrhundert erbaute Durgätempel, der neue, vielbesuchte Tulslmänas-Tempel, in dem elektrisch betriebene Figuren auf Münzeinwurf Tulsldäs' Rämcaritmänas nachspielen (aus dem Jahr 1966), 3 2 das Grabmal Bhäskaränanda Samädhi, weiträumig von einem Park umgeben (1910 errichtet zu Ehren von Swami Bhäskaränanda SarasvatI (1833 - 1899 od. 1903), eines Asketen, der längere Zeit hier gelebt hat) 3 3 sowie mehrere kleinere Sivaund Göttinnentempel (SItalä, Kall). Auch einige Hanumäntempel befinden sich in der nahen Umgebung von Bankatl-Hanumän. Während allerdings der Bälarüpa 34 -HanumänTempel weiter südlich sich eines recht regen Zulaufs erfreut (was nicht zuletzt an der günstigen Lage liegt: gegenüber dem sehr populären Tulslmänas-Tempel), geht kaum einer in den Cintämanl-Hanumän-

32 »Überhaupt lassen sich die Tempel von Benares nicht mit den Ruinen von Khajuraho, Mahabalipuram oder Aihole vergleichen, allesamt museale Relikte einer vergangenen Welt. In der Stadt am Ganges dagegen lebt in den Tempeln eine schillernde Gegenwart von Marmor und Badezimmerkacheln, Goldbrokat und silbernem Lametta, bunten Glühlampen und Lautsprechern, von Blumen und Zuckerwerk, Wasser und Weihrauch - baulich und ästhetisch verwirrend und fast jeder Klassifizierung abhold.« In: N. Gutschow; A. Michaels, Benares, 69. 33 Bhäskaränanda ist ein im 19. Jh. hoch angesehener, heute jedoch etwas in Vergessenheit geratener sivaitischer dandi-Asket, der Tradition zufolge ein Berater des Mahäräjäs von Benares. Er soll - wie es heißt - Mark Twain bei dessen Benaresbesuch begegnet und diesen sehr beeindruckt haben. Siehe dazu K. Chandramouli, Kashi - The City Luminous, Calcutta 1995, 112; R. P. Β. Singh, Banäras (VäränasI). Cosmic Order, Sacred City, Hindu Traditions, Varanasi 1993, 314. 34 bälarüpa-Η. (Skr.): »H. in Kindgestalt«.

Die Tempel

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Tempel an der Straße, die zum Gangesufer führt. 35 Ein weiterer Hanumäntempel befindet sich in der Tempelanlage Durgäkund. Auf die Frage nach dem Grund für die so unterschiedlichen Besucherzahlen von vier Hanumäntempeln, die in einem Umkreis von vielleicht 2 5 0 Metern liegen und somit praktisch benachbart sind, kann schwerlich eine befriedigende Antwort gegeben werden. Im Verhältnis zu den anderen drei Tempeln sticht Bankati hervor durch sein unbestimmbares, also »hohes« Alter, seinen Bezug zu Tulsldäs, aber auch durch den Ruf, bei kontinuierlichem Besuch Wünsche zu gewähren, jägrt (»erwacht«) zu sein. Auch ist er unter den vier Tempeln der größte - wenn auch nur minimal - und der am besten geführte: Es gibt hier ständig (von den »Ruhezeiten« des Gottes abgesehen) einen, meistens zwei Priester, die die Gaben entgegennehmen, prasäd austeilen und auch sonst nach dem Rechten sehen. Der Tempelpriester, der zugleich auch Tempelverwalter ist, wohnt im selben Gebäude und ist im Prinzip stets ansprechbar. In den anderen drei Tempeln hält sich nur zu Gebetszeiten ein Priester auf. Auch sind diese Tempel bautechnisch gesehen viel offener, nicht viel mehr als überdimensionale Schreine, und bieten nicht dieselbe Atmosphäre der Geborgenheit wie das Halbdunkel des BankatiTempels.

2 . 2 . 2 . Der Tempel am Hanumanghat Am Ufer des Ganges, hoch über den Stufen des Hanumänghäts 36 erhebt sich ein langes, strahlend hellblaues Gebäude, das zum Fluß hin nur wenige kleine Fenster aufweist und von dort betrachtet somit den Eindruck einer Festung erweckt. Mitglieder eines sivaitischen Asketenor-

3 5 Obwohl die mythenschwangere Umgebung des am Kuruksetra-Becken gelegenen Cintämanl auf mehr hoffen ließe: »A short distance to the east of Durgä Kund, in the direction of the river, is Kurukshetr Täläo, which is a tank constructed by Rani Bhawäni, in commemoration of the battle fought at Kurukshetr, an account of which is given in the Mahäbhärata. The tank is square, and is built with stone stairs, leading down to the water. It is famous as a place of pilgrimage at the time of a solar eclipse. [...] On its western side is a temple built by the same lady.« In: M . A. Sherring, Benares. The Sacred City of the Hindus in Ancient and Modern Times, 1 8 6 8 , repr. Delhi 1 9 9 6 , 1 6 6 - 1 6 7 .

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Hanumänverehrer antworten

Abb. 15: Sitz des Dasanami-Asketenordens am Hanumanghat. Der Turm des Hanumäntempels ragt aus dem Hof hervor

dens wohnen und versammeln sich hier: die dasanämi nägäs.3,7 Im Innenhof des Asketensitzes befindet sich heute - neben vielen anderen Götterbildern - ein Hanumäntempel. Die Nachrichten über die Existenz eines Hanumäntempels am gleichnamigen Ghät stimmen in einem Punkt überein: Einen Hanumäntempel am Hanumänghät gibt es schon »seit langer, sehr langer« Zeit. Gern wird die Aufstellung eines Hanumänbildes hier auf Tulsldäs zurückgeführt (zweite Hälfte des 1 6 . - erste Hälfte des 17. J h . ) . 3 8 Das Bild, das heute im Tempel steht, soll vor mehr als zweihundert Jahren von Fischern aus dem Wasser gezogen und anschließend direkt am Ufer aufgestellt worden sein. 3 9 Überschwemmungen ließen es im 36 Es gibt in Benares heute zwei Ghätabschnitte, die den Namen des Affengottes tragen, von denen der hier angeführte der bei weitem bedeutendere und bekanntere ist. Der zweite liegt ca. 3 km weiter nördlich. Singh sowie auch Gutschow und Michaels führen namentlich drei Hanumänghäts an, wobei die ersten beiden (Hanumänghät und Präcin Hanumänghät, »Alter Hanumänghät«) benachbart sind und sich mit unserem Ghät decken. Die Schilder an den Mauern des Gangesufers sind in Folge der fast alljährlichen Überschwemmungen dezimiert worden, und so ist an dieser Stelle nur noch die Inschrift »Präcin Hanumänghät« zu sehen. Vgl. R. P. B. Singh, Banaras. Cosmic Order, Sacred City Hindu Traditions, Varanasi 1993, 77-97; N. Gutschow; A. Michaels, Benares, 54-61.

Die Tempel

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Laufe der Jahre versanden, und es wurde erst im Jahr 1 9 4 8 wiederentdeckt. Weitere Hochwasser brachten in den sechziger Jahren die Plattform, auf der das Bild stand, zum Einstürzen. Daraufhin holten die nägäs das Standbild in den Innenhof ihres Sitzes, errichteten ihm eineTempel und gaben ihm somit eine zentrale Position in Bezug auf die hier zum Großteil bereits vorhandenen anderen Götterbilder.

37 Die dasanämi nägäs gehören zur Schule der dasanämi samnyäsis, deren Ursprung auf Sankara (8. Jh.?) zurückgeführt wird. Der Gründer der monistischen Advaitalehre innerhalb der Vedänta-Philosophie erkannte die Notwendigkeit, die umherziehenden Asketen nach buddhistischem und jainistischem Muster in Mönchsorden zu organisieren. Die nägäs stellen den militanten Zweig seiner Asketenschule dar, eindeutige Belege für militärisch organisierte nägäs gibt es spätestens seit der Zeit des Kaisers Akbär (16. Jh.). Meldungen über bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Schulen tauchen aber vereinzelt bereits im 13. Jh. auf. Der Sitz der nägäs wird akhärä genannt, was soviel wie »Trainingsstätte« oder auch »Regiment, Abteilung« bedeutet. Hier wohnten die Asketen nicht nur, sondern wurden früher auch in verschiedenen Kampfarten ausgebildet. Heute noch dienen diese Orte häufig der friedlichen körperlichen Ertüchtigung. 38 BhäratI erhebt Zweifel, was die Rückführbarkeit der traditionell von TulsTdäs gegründeten 11 oder 12 Hanumäntempel auf den Dichterheiligen betrifft. Für den Hanumänghät-Tempel erwähnt er folgende Gründungslegende: Samartha Rämdäs, der Lehrer des Marathenherrschers Siväjl, soll sich bei einem Benares-Besuch im Jahr 1689 gewundert haben, daß der Ghät zwar den Namen Hanumäns trage, an dieser Stelle jedoch keine Verehrungsstätte des Affengottes zu finden sei. Er soll hier daraufhin einen Hanumäntempel gegründet haben. BhäratI beruft sich auf eine Handschrift aus Gwalior (Hanumanta Svämi kathita carita) und verweist auf eine steinerne Inschrift im Tempel (silalekha), in der der Name des Samartha Rämdäs auftaucht. Siehe M. BhäratI, » Visvanäth darbär mem Hanümän jt kl püjä kab se prärambh hui}« (»Wann begann die Verehrung Hanumäns am Hof Visvanäths«), in: Sanmärg, Väränasi visesänk, 1986, 171-181 (»der Hof Visvanäths«: Benares). 39 Die Informationen zur Geschichte des Tempels stammen aus persönlichen Gesprächen mit dem Tempelvorsteher im Januar 1995 und im April 1998. Angesichts der zentnerschweren Last einer solchen Steinstatue müßten sich selbst die Weitererzähler solcher Geschichten fragen, wie es überhaupt möglich sein kann, daß Fischern im Wasser treibende Steinstatuen ins Netz gehen, und außerdem, wie die Netze der Fischer diese Statuen überhaupt bewegen, geschweige denn ins Boot oder an Land ziehen sollen. Dennoch wird der Ganges bevorzugt als Hervorbringer von Götterstandbildern erwähnt, und die Heiligkeit solcher Statuen steht dann meist außer Frage.

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Hanumanverehrer antworten

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Karte IV: Der Tempel am Hanumanghät

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(nach einem Plan von R. P. B. Singh)

(1) Hanumän (2) Ganesa (3) Sivalmgas (4) Visnu-Laksmi (5) Visnu (6) Dattätreya (7) Nägas (8) Devi (9) Sürya (10) Räma-Sitä-Laksmana (A) Pipalbaum mit Navagrahas, Nägas, Sivalmgas u. a.

Das schlichte, quaderförmige Tempelgebäude im Hof des Ordenssitzes beherbergt eine etwa 2 Meter große Statue Hanumäns. Sie zeigt den Gott stehend, mit einem gutmütigen Ausdruck auf dem überdimensionalen Gesicht. Die Gestalt stützt sich auf eine riesige silberne Keule, unter dem erhobenen rechten Bein liegt ein besiegter Dämon. In die Wände des Tempels sind außen das Sundarakända aus Välmikis Werk und einige hanumänbezogene Gebete eingraviert. Unmittelbar vor dem Eingang zum sanctum (garbhagrba) hängen riesige alte Glocken, deren durchdringender Klang die Gottheit von der Ankunft neuer Besucher in Kenntnis setzt. Von besonderer Bedeutung unter den weiteren Schreinen im Hof ist das Rämesvaralmga, das der Tradition zufolge von Räma gestiftet worden sein soll. Ebenfalls hier befindet sich das Hartumadisvaralinga, das im Kästkhanda des Skandapuräna (wahrscheinlich 14. Jh.) erwähnt wird. 4 0 Neben den erwähnten Sivalingas sind in diesem Innenhof aber noch zahlreiche andere Gottheiten vertreten: LaksmI-Näräyana, Dat-

Die Tempel

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tätreya, Schlangengottheiten (nägadevatäs), die neun Planeten (navagraha) sowie weitere Lingas. Es ergibt sich somit eine recht bunte Konstellation: Hauptvertreter des visnuitischen Pantheons (Laksmi, Näräyana) stehen neben Sivalingas, sind aber auch umgeben von Schlangen- und Planetengottheiten im Innenhof des Sitzes eines sivaitischen Asketenordens. Die wichtigste Gestalt dieser Götterkongregation ist allerdings Hanumän, und die Besucher bezeichnen diese Stätte in ihrer Gesamtheit als Hanumänji kä mandir (»Hanumäntempel«). 2 . 2 . 3 . Hanumänschreine im Dvärkädhis-Tempel, Sankudhärä Der Tradition zufolge liegen sechs der sieben heiligen Städte (saptapurl)41 Indiens außer ihrem eigentlichen Standort noch einmal innerhalb des Stadtgebiets von Benares. 42 Die Hanumänschreine, denen wir uns nun zuwenden, stehen in jenem Stadtteil, dem die Krsna-Residenz Dvärkä - im äußersten Westen Indiens, in Gujarät gelegen - zugeordnet wird. Das ausgesprochen dörflich anmutende Viertel im südwestlichen Teil von Benares heißt Sahkudhärä (eigentlich Sankhoddhära, »Die Errettung Sankhas« 4 3 ) und liegt rund um ein großes, befestigtes (pakkä) Wasserbecken (Sahkudhärä Pokhrä). Lange Zeit war dieser Teich und seine Umgebung ein beliebter

4 0 Skandapuräna 4 . 2 . 9 7 . 4 3 : »Hanümadlsvara there is the bestower of the merit of taking to celibacy«. Nach The Skanda-Puräna, transl. and annotated by G. V. Tagare, Part XI, Delhi 1 9 9 7 , 4 1 7 . Was den genauen Standort des Hanümadlsvara anbelangt, scheiden sich die Geister: In Frage kommt auch ein Linga, das sich außerhalb des Tempelkomplexes unten an den Stufen, die zum Ganges hinunterführen, befindet. Vgl. dazu K. Vyäs, Pancakrosätmaka Jyotirlinga Käsimähätmya evam Käst kä Prädna Itihäsa, Varanasi 1 9 8 7 , w o es zur Standortbestimmung des Hanumandlsvaralingas auf Seite 5 9 heißt: hanumängbät, hanumän mandir ke nice, ghät par marhi mem (»Hanumänghät, unterhalb des Hanumäntempels, in einem Schrein am Ghät«), Auch dieser Aspekt könnte für die Namensgebung des Ghäts eine Rolle gespielt haben. 4 1 Ayodhyä, Mathurä, Haridvär, Käs! (Benares), Ujjain, Dvärkä, Känci. 4 2 Käsirahasya (»Das geheime Wissen um Käsl«, umstrittener Teil des Brahmavaivartapuräna, 14P-17. Jh., Siehe dazu D. L. Eck, »A Survey of Sanskrit Sources for the Study of Väränasi«, in: Puräna 2 2 / 1 , 1 9 8 0 , 8 1 - 1 0 1 , bes. 8586), 1 3 . 2 5 - 3 9 .

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Hanumanverehrer antworten

T r e f f p u n k t der lokalen A r i s t o k r a t i e , 4 4 und auch der alljährlich in der M o n s u n z e i t veranstaltete M a r k t ( m e l ä ) gehörte zu den bekanntesten und beliebtesten seiner A r t . 4 5 Die Z u s a m m e n k ü n f t e h a b e n im L a u f e der Z e i t viel v o n ihrer Intensität verloren, d o c h ein B a d im W a s s e r t a n k gilt a u c h heute n o c h als glückverheißend, und oft k o m m e n Hochzeitszüge

Abb. 16: Sitz der Ramanandt-Asketen, Dvarkadhis

43 Es heißt, daß das Seeungeheuer Sankha von Krsna getötet und gleichzeitig erlöst wurde. Im eigentlichen Dvärkä in Gujarät gibt es tatsächlich einen Schrein, um den sich genau diese Geschichte rankt. Auf der anderen Seite heißt einer der vier großen nägas, die die Erde stützen, »Sankha«, und dessen Kult scheint in Benares bereits zur Zeit Buddhas verbreitet gewesen zu sein. (Siehe J. Ph. Vogel, Indian Serpent Lore, or the Nägas in Hindu Legend and Art, London 1926, 210f.). Vgl. D. L. Eck, Banäras: City of Light, 1993, 287288. 4 4 M. A. Sherring, Benares. The Sacred City of the Hindus in Ancient and Modern Times, 1868, repr. Delhi 1996, 218. Siehe auch Motlcandra, Käsϊ kä itihäs, VäränasI 1985 (2. Aufl.), 376. 45 So wird ζ. B. in Bhäratendu Hariscandras Stück »Prem JoginI« (1874) gefragt: »Wo sollen wir denn hingehen?« Und die Antwort lautet: »Nach Sahkudhärä, wohin denn sonst im Monat Sävan?« (S. Misra (Hg.), Bhäratendu Granthävali, 1, Varanasi 1970, 229). Vgl. N. Kumar, The Artisans of Banaras. Popular Culture and Identity, 1880-1986, 1988, ind. Ausg. New Delhi 1995, 134-135.

Die Tempel

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hierher, um Teile des Hochzeitsrituals auf den Stufen des Teiches auszuführen. Im Süden des Wassertanks steht ein Gebäudekomplex - eine Wohnund Verehrungsstätte, in der RämänandT-Mönche leben. 46 Hier befinden sich auch zwei Hanumänschreine unterschiedlicher Prägung.

Karte V: Dvärkädbts-Tempel

(nach einem Plan von R. P. B. Singh)

(1) Hanumän (2) Dvärkädhis (3) Visnu (4) Rämänanda (S) Räma-Sitä (6) $iva

46 Die Rämänandls berufen sich auf den visnuitischen Lehrer Rämänanda, der im 14. oder 15. Jahrhundert in Benares gelebt haben soll. Gegründet wurde der Orden aber vermutlich später. In Benares gibt es heute mehr als 50 Rämänandi-Ordenssitze. Zur Geschichte der Rämänandls in Benares siehe S. Sinha; B. Saraswati, Ascetics of Kashi, Varanasi 1978, 115f.

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Der eine hat räumlich betrachtet eine verhältnismäßig zentrale Position in der Anlage inne und steht im Innenhof gegenüber der Reihe von Hauptschreinen, die Bilder von Krsna bzw. Räma und Sita, sowie Rämänanda beherbergen. Dieser Hanumänschrein hat ein Pendant in einem gut erhaltenen Visnubild aus der Päla-Zeit (ca. 11. Jh.), das ebenfalls den Hauptgottheiten zugewandt in der Vorhalle steht. Der

I I Ulj I ^Η^ΗηΒηΒ rfggait S ^^^^SHBH I Abb. 17: Das Hanumänbild außen

zweite Schrein Hanumäns ist neben den Eingangstreppen in die Außenwand des Gebäudes integriert. Die abgebildete Gestalt ist etwa 1,50 m groß, mit promiH nenten Kinnbacken. Sie trägt eine Krone, die Keule auf der rechten Schulter, und in der erhobenen Linken den Berg SanjTvanl. Im Vergleich dazu wirkt das Bild im Innenhof insgesamt flacher, ist etwas kleiner, gedrungener und weniger imposant. Doch das hindert die Besucher des Tempelkomplexes keineswegs daran, in ihre rituellen Verrichtungen auch ein Gebet vor diesem Schrein mit einzuschließen, und viele Verehrer kommen sogar hauptsächlich wegen Hanumän in den Dvärkädhls-Tempel. Die meisten jedoch, die Hanumän ihre Verehrung erweisen wollen, tun dies am äußeren Schrein, auch wenn kein Priester da ist, um eventuelle Gaben entgegenzunehmen und geweihte Speise (prasäd) zu verteilen. Die Besucher des Tempels und der Hanumänschreine kommen in der Regel aus der Nachbarschaft. Die Zusammensetzung der Bevölkerung der Gegend ist recht heterogen. Ostlich des Teiches erstreckt sich der Kernbereich des Stadtteils Khojvä, mit vielen Läden, belebten Straßen und zahlreichen Holzarbeiterwerkstätten, vorwiegend von Spielzeugmachern. Khojvä ist ein bedeutender Getreideumschlagplatz und ist außerdem bekannt für das Holzspielzeug, das von hier nach ganz Indien verkauft wird. Auf der anderen Seite des Teiches sind die Straßen etwas weiträumiger, und die Häuser haben Gärten, die nicht selten an große, zum Teil brachliegende Flächen angrenzen. Das alte Visnubild läßt ver-

Die Tempel

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muten, daß es im Bereich, in dem der heutige Dvärkädhls-Tempel angesiedelt ist, lange Zeit eine visnuitische Verehrungsstätte gab. Der lokalen Tradition nach soll sich Rämänanda selber mehrere Male am südlichen Ufer des Sankudhärä-Beckens aufgehalten haben. Mehr noch, in einem damals hier befindlichen Tempel - so der gegenwärtige Abt (;mahant) der Mönchsgemeinschaft - sollen sich die Vaisnavas aus der ganzen Umgebung regelmäßig versammelt haben. 47 Was die neuere Geschichte des Dvärkädhls-Tempels anbelangt, ι

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Abb. 18: Das Hanumanbild

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so legte der Abt besonderen Wert auf die Tatsache, daß der Tempel seit 1940 eine Sanskritschule unterhält (Rämänanda Samskrt Mahävidyälaya), die mehrere illustre Gestalten der gegenwärtigen politischen und religionspolitischen Szene hervorbrachte (ein Parlamentsmitglied, den mahant des Räm Janmabbümi Välmiki Bhavan in Ayodhyä, den Schatzmeister des Janmabhümi Trusts in Ayodhyä u. a.). In eine historisch gut begründete visnuitische Umgebung eingebettet, diesmal nicht in der Rolle der zentralen Gottheit, schienen die beiden Hanumänschreine einen sehr guten Ausgangspunkt für die Untersuchung darzustellen. Befragt wurden hier Verehrer, die einem der beiden Schreine (egal ob im Rahmen des erweiterten Tempelbesuchs oder nicht) einen Besuch abstatteten, hier ein Gebet sprachen oder etwas op47 Und der mahant fügte mit Bestimmtheit hinzu: »Es gibt in ganz Käs! keinen älteren visnuitisch geprägten Ort als diesen.« (Gespräch am 12.5.1998 mit mahant Sväml Rämdäsäcärya).

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Hanumanverehrer antworten

ferten. Diejenigen, die die Hanumänschreine während des Aufenthalts im Dvärkädhls-Tempels offenbar nicht besonders beachteten, wurden nicht berücksichtigt. 2.2.4. Bälahanumän im Stadtteil Hanumän Phätak Im nördlichen Teil der Stadt, in einem kleinen Stadtviertel namens Hanumän Phätak, (»Hanumäntor« 4 8 , Phätak: »Tor«) befindet sich ein unauffälliger, leiser Hanumäntempel, dessen Standort man genau kennen muß, um ihn sicher aufzufinden. Am etwas zurückversetzten Eingang zu einem Innenhof weisen in Marmorplatten gehauene Gebete und Inschriften auf einen »Bälahanumän« (»H. in Kindgestalt«) hin, dessen rot leuchtendes Bild dann, nach Eintritt in den Hof, linker Hand hinter Gitterstäben hervorschimmert. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, befindet sich der Besucher damit in einem der beiden wichtigsten Tempel der Hindus in diesem Viertel. Das Viertel Hanumän Phätak wird - genauso wie der gesamte nördliche Stadtteil Ädampura, dem es angehört - überwiegend von Muslimen bewohnt, und das Ver-

Karte v i : Der Tempel im Stadtteil (nach einem Plan von R. P. B. Singh)

48 Hanumän erfüllt häufig eine Wächterfunktion, sei es als Tür-, sei es als Territoriumshüter (dvärapäla bzw. ksetrapäla).

Die Tempel

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hältnis von ca. vier Hindus zu einem Moslem auf Stadtebene erfährt hier eine Umkehrung: Auf die 110 moslemischen Haushalte in Hanumän Phätak kommen 35 Hindufamilien. Der Hanumäntempel ist der Tradition zufolge eng mit dem Namen des Dichterheiligen Tulsldäs verknüpft: Dieser soll zu Beginn seines Benaresaufenthalts mehrere Jahre in der unmittelbaren Nachbarschaft gewohnt und Teile seiner Nachdichtung des Rämäyana, des Rämcaritmänas, hier verfaßt haben. Auf ihn wird auch die Aufstellung des Hanumänbildes neben zwei schon damals aller Wahrscheinlichkeit nach vorhandenen Sivalingas zurückgeführt. Damit wäre der Hanumäntempel in Hanumän Phätak heute einer der ältesten noch funktionierenden Hanumäntempel in Benares (2. Hälfte des 16. Jh.). Die im Laufe der Zeit gewachsene Götterkonstellation im kleinen Tempelkomplex ist ein gutes Beispiel für den undogmatischen, freizügigen Umgang mit eigentlich verschiedenen Richtungen angehörenden Gottheiten einerseits, andererseits aber auch für die Tendenz, den Hauptgott der anderen in das eigene Pantheon miteinzubeziehen. So etabliert Tulsldäs, der Rämaverehrer, in einem bis dahin sivaitischen Heiligtum »seine« Gottheiten. Es heißt, daß es ebenfalls Tulsldäs gewesen sei, der neben Hanumän auch die Bilder der rämaitischenTrias, gebildet aus Räma, Sltä und Laksmana, hier aufgestellt hat. Etwas ungewöhnlich erscheint die Reihenfolge der Bilder: Während üblicherweise Räma die zentrale Position im Dreiergestirn einnimmt, steht in diesem Tempel Sita im Zentrum, so, als wollten die Helden die Königstochter während eines Marsches durch den Wald schützend in ihre Mitte nehmen. 4 9 Erheblich älter als das Hanumänbild ist das Sonnengottrelief an der Ostwand des Innenhofes. Laut Käsikhanda des Skandapuräna (ca. 14 Jh.) ist es eine Gründung des Weisen Sumantu, der hier als Einsiedler gelebt haben und auch eins der Sivalingas geweiht haben soll. Die Verehrung dieses Sonnengottes wird im erwähnten Text den Leprakranken empfohlen. Im Unterschied zu den bisher vorgestellten Tempeln, in denen die Höhe der Statuen mehr als 2 m beträgt, ist das Hanumänbild in diesem Tempel sehr klein (vielleicht entspricht das auf der einen Seite der Armut des Tulsldäs, der sich kein aufwendiges Bild leisten konnte; es kann aber auch sein, daß für den Dichterheiligen die Größe des Bildes unwichtig war), und hat, soweit überhaupt noch erkennbar, tatsächlich 4 9 Die Aufstellung ähnelt diesbezüglich derjenigen aus dem Jagannäth-Tempel in Purl, wo ebenfalls die weibliche Gottheit die zentrale Position innehat.

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H a n u m a n v e r e h r e r antworten

etwas kindliche Gesichtszüge. Die G r ö ß e des Bildes hängt ja nicht i m m e r mit der T a t s a c h e zusammen, daß ein Kindhanumän dargestellt werden soll, wie es andere Beispiele in Benares deutlich belegen. D e r kleine » B ä l a h a n u män« in Hanumän P h ä t a k ist der T r a d i t i o n n a c h ein Kind im Alter v o n f ü n f J a h r e n , und dementsprechend wird er seitens des Tempelpriesters auch behandelt: Während im Källtempel gegenüber, d e m anderen wichtigen T e m p e l der H i n d u s in dieser Nachbarschaft, m o r g e n s um h a l b sieben die G ö t t i n bereits längst » g e w e c k t « wurde und Abb. 19: Bälahanumän, Hanumän Phätak

die a l l m o r g e n d l i c h e

ärti-

Zeremonie entgegenn i m m t , hält sich H a n u m ä n an keine festen R e g e l n . D e r erste G o t t e s dienst findet irgendwann im L a u f des M o r g e n s statt, und die einzige feste Uhrzeit im täglichen T e r m i n k a l e n d e r ist a b e n d s um h a l b neun, wenn der G o t t sich mit dem Abendritual zur R u h e begibt. Von der Familie des Tempelpriesters wird der » K l e i n e « häufig als Familienmitglied b e t r a c h t e t : W e n n b e i m Holi-Fest V e r w a n d t e und B e k a n n t e mit F a r b e bespritzt w e r d e n , b e k o m m t » B ä l a h a n u m ä n « a u c h seinen Teil a b , und wenn m a l etwas nicht so läuft, wie es sollte, wird a u c h schon m a l das eine oder andere tadelnde W o r t an ihn g e r i c h t e t . 5 0 D i e N i e d l i c h k e i t des Bildes und die damit v e r b u n d e n e n Geschichten lassen j e d o c h w e d e r den Priester n o c h die Besucher die voll entfaltete 5 0 Das ging aus persönlichen Gesprächen mit den Priestern (Vater und Sohn) des Tempels im F e b r u a r 1 9 9 8 hervor.

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Die Tempel

göttliche Potenz Hanumäns in diesem Tempel vergessen. Und die kindliche Erscheinungsform macht den Tempel auch nicht immun dagegen, ein Herd kommunalen Spannungspotentials zu sein. Die in anderen Hanumäntempeln üblichen regelmäßigen devotionalen Zusammenkünfte mit Rämcaritmänas- oder Rämäyana-Rezitationen, Lobgesängen usw. sind hier vom älteren Tempelpriester schon lange eingestellt worden, da die Treffen häufig politisch-kommunalistisch eingefärbt waren und in den Reihen der moslemischen Nachbarn für Unruhe sorgten. Der Priester, gleichzeitig auch Verwalter des Tempels, lehnt außerdem nach eigenen Angaben sämtliche Angebote ab, sei es von staatlicher (der

Karte VII: Der Balahanumän-Tempel, (1) Hanumän

Hanumän

Phätak (nach einem Plan von R. P. B. Singh)

(2) Räma (3) Sita (4) Laksmana

(5) Siva (6) Siva (7) Sürya (8) Siva

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Hanumanverehrer antworten

Ort hat nicht zuletzt durch die Beziehung zu TulsTdäs, aber auch durch das hohe Alter der verschiedenen Götterbilder Denkmalcharakter), sei es von privater Seite (es werden schon mal größere Geldsummen angeboten, um z. B. den Innenhof mit Marmorplatten auszulegen), den Tempel auch durch Geldmittel stärker zu fördern, um nicht übermäßig aufzufallen und dadurch eventuell unliebsame Gegenreaktionen zu provozieren. Im Gegenteil, die finanziell schlechte Lage der Priesterfamilie bleibt niemandem, der sich auch nur kurze Zeit im Tempelhof oder in den angrenzenden kargen Wohnräumen der achtköpfigen Familie aufhält, verborgen. Richtig greifbar wird die besondere Situation des Tempels an den moslemischen Feiertagen, an denen Prozessionen durch das Stadtviertel ziehen. Der Tempel wird dann einmal mehr zu einem Brennpunkt, zu einer offensichtlichen Nahtstelle im Viertel Hanumän Phätak. 5 1 Dies war auch einer der Gründe für die Auswahl des Tempels für die Untersuchung: Es stellte sich unter anderem die Frage, ob Hanumän hier in den Augen seiner Verehrer ein etwas höheres M a ß an Kraft, Kampfstärke, Mut, Aggressivität an den Tag legt, ob sein mythischer Kampf gegen die räksasas des Dämonenkönigs Rävana auch mal als Vorlage für antimoslemische Tendenzen mißbraucht wird. Ein weiterer Grund für die Auswahl war die geringe Zahl von Brahmanen in diesem Viertel, im Gegensatz zu den brahmanisch dominierten Besuchern der beiden untersuchten Hanumäntempel aus dem Süden der Stadt (Bankati und Hanumänghät).

51 Siehe auch die Beschreibung des Moharram-Festes in Benares durch N. Kumar, The Artisans of Banaras, 213: »In Adampura, a taziya goes through Gola Hanuman Phatak which has a temple to Hanuman at the crossroads in the centre. The main business of the day is to keep the temple and the oversize taziya (in comparison with the width of the street) from touching each other, a task performed by dozens of policemen, officers, and volunteers, and which includes physically hoisting it over a threatening bend of the street. The provocateurs from w h o m a breach of peace is to be feared are Hindus or Muslims according to which side is reporting, but professional troublemakers (badmäsh, khuräfätt) according to both. The tension, the drama, and residual fun, are purely localized. Hindus and Moslems in other parts of the city, even in other parts of the same ward, are neither knowledgeable about the excitement nor titillated by it.«

Die Tempel

143

2 . 2 . 5 . Soziographischer Überblick: Die Stadttempelbesucher In dieser einführenden Beschreibung sollen im folgenden nur die wichtigsten Eckdaten Erwähnung finden. Um einen Eindruck von der Heterogenität der untersuchten Tempel zu vermitteln, werden die Gesamtprozentzahlen im Fall nennenswerter Abweichungen durch die jeweiligen Randwerte einzelner Tempel ergänzt. Das beobachtete Zahlenverhältnis von etwa dreieinhalb bis vier zu eins zwischen männlichen und weiblichen Tempelbesuchern in den vier untersuchten Stadttempeln wird in den Stichproben leicht verschoben zugunsten des Männeranteils wiedergegeben (insgesamt: 8 2 , 4 % männl., 1 7 , 6 % weibl.). Etwas differenzierter ist die Lage hingegen hinsichtlich der Altersstruktur. Unter 3 0 Jahre alt waren ca. 3 7 % aller befragten Besucher der vier Stadttempel, nach Tempeln gab es zum Teil erhebliche Unterschiede: Fast die Hälfte der Bankati- und Hanumänghätbesucher waren jünger als 30, hingegen nur etwa jeder fünfte im Fall des Hanumän-PhätakTempels. Eine ähnlich breite Streuung finden wir bei einigen altersabhängigen soziographischen Merkmalen wie Familienstand (insgesamt 2/3 verheiratet; Hanumän Phätak 81 % ; Hanumänghät 55%) sowie Beruf (insgesamt 1 5 % der Befragten studieren bzw. besuchen die Oberstufe; Bankati 2 6 % ; Hanumän Phätak 0). Im allgemeinen zeichnen sich drei von vier untersuchten Stadttempeln durch ein verhältnismäßig junges Publikum aus. Das hängt auf der einen Seite mit der demographischen Struktur, mit der »gesunden« Bevölkerungspyramide Indiens zusammen. 5 2 Auf der anderen Seite kommen Mobilitätsgründe hinzu: Der Bankati-Tempel, der Tempel mit der jüngsten Besucherschaft, hat den größten Einzugsbereich, und viele seiner Besucher legen täglich relativ lange Wege zurück, um hinzugelangen. Bevorzugtes Fortbewegungsmittel sind dabei Motorroller und -räder, die bei Jüngeren besonders beliebt sind. Der hohe Studentenanteil bei diesem Tempel läßt sich zum Teil dadurch erklären, daß Bankati «auf dem Weg« zur Benares Hindu University liegt, was einem Besuch auf dem Hin- oder Rückweg entgegenkommt. Außerdem weisen die umgebenden Stadtviertel im Fall des Bankatl-Tempels (ähnlich wie beim HanumänghätTempel) einen hohen brahmanischen Bevölkerungsanteil auf (s. u.): Unsere Daten zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Kastenzugehörigkeit und der Schulbildung der Befragten. 5 2 Siehe dazu die Tabelle zur Altersverteilung der indischen Bevölkerung in D. Rothermund (Hg.), Indien. Kultur, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Umwelt, München 1 9 9 5 , 5 9 1 .

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Hanumänverehrer antworten

Die größte Berufsgruppe ( 2 8 , 5 % ; Hanumän Phätak 5 5 % ; Bankati 1 5 % ) , unter den Befragten bildeten die Händler und kleinen Unternehmer, gefolgt von den (überwiegend white-collar-)Angestellten (insgesamt 1 8 , 5 % ; Bankati 3 5 , 7 % ; Hanumän Phätak 1 1 , 9 % ) . Überdurchschnittlich hoch erscheint die Schulbildung der Interviewten: etwa ein Viertel können einen akademischen Grad 5 3 vorweisen (bachelor insgesamt 1 4 , 8 % ; Bankati 2 3 % ; Hanumän Phätak 6 % ; master, diploma, Ph. D. u. ä. insgesamt 9 , 6 % ; BaAkati 2 5 % ; Hanumän Phätak 0), knapp jeder sechste hat nie eine Schule besucht (Hanumän Phätak 2 4 , 5 % ; BankatT 3 , 3 % ) . Besondere Aufmerksamkeit und eine differenzierte Herangehensweise war bei der Einteilung der Befragten nach dem zumeist nur schwer greifbaren »Kasten«-Kriterium geboten. 54 Nach langen Überlegungen entschloß ich mich für die Bildung von acht »Kasten«- und/oder »Subkasten«-Gruppen, die einerseits - vor allem im oberen Bereich der Brahmanen und Ksatriyas - den Geburtsstand (varna) widerspiegeln, andererseits aber nach bestimmten Gemeinsamkeiten der traditionellen Berufsgruppierungen (eine der Möglichkeiten, den Begriff »jäti« zu definieren) zusammengestellt sind. Danach sind knapp 30 % der Befragten Brahmanen (Hanumänghät ca. 4 6 % ; Hanumän Phätak 6 % ) , zahlenmäßig etwa gleichauf mit der Gruppe der Kaufleute (Agraväl, Jaisväl, Baniya, Seth usw.; Hanumän Phätak 6 2 % ; Hanumänghät 1 1 % ) . Es folgen mit einigem Abstand die Gruppe der kleinen Bauern und der 53 Der Bildungsgang zum bachelor setzt sich in Indien aus vier Jahren Grundschule, sechs Jahren Oberschule, zwei Jahren Junior College und drei Jahren College zusammen. Da man mit fünf Jahren eingeschult wird, erlangt man den bachelor-Tite\ normalerweise im Alter von 2 0 Jahren. Der Magistergrad wird dann nach weiteren zwei Jahren Hochschulstudium erworben. Hierzu und zum Problem der internationalen Äquivalenz akademischer Grade siehe D. Rothermund, Indien, 347. 5 4 Das Arbeiten mit dieser sozialstatistischen Kategorie ist in diesem Fall legitim. Kastenzugehörigkeit ist in einer traditionsbewußten Stadt wie Benares, und besonders auf dem Land identitätsbildend und prägt sowohl Verhaltens- als auch Handlungsweisen. Zusätzlich zur Kategorie »Kaste« bilde ich jedoch auch die Kategorie »Beruf« ab, im Versuch, den in der Millionenstadt Benares durchaus vorhandenen Anflügen von Mobilität und »Modernität« Rechnung zu tragen. Zum vieldiskutierten Kastenproblem siehe u. a. M. Milner Jr., Status and Sacredness. Α General Theory of Status Relations and an Analysis of Indian Culture, New York, Oxford 1994, 76 f., Μ. Ν. Srinivas, Caste. Its Twentieth Century Avatar, New Delhi u. a. 1996 sowie J. Pouchepadass (Hg.), Caste et classe en Asie du Sud, 1982. Eine neuere ausführliche Diskussion des indischen Sozialsystems bietet A. Michaels, Der Hinduismus, 176-221.

Die Tempel

145

kleinen Händler (KoirT, Mali, Teil usw.; ca. 12%), sowie der sog. Dienstleistungskasten (Lohär, Kumhär, Nau usw.; knapp 9 % ) . Relativ gleichmäßig, auch was die einzelnen Tempel anbelangt, verteilt sich die Einkommenssituation (Nettoeinkünfte) auf zwei große Einkommensgruppen. Ca. 32 % aller Befragten haben ein Einkommen von 2500 Rs. und weniger, 2 7 % verdienen zwischen 2501 und 6000 Rs. Damit ist auch das Einkommen im Ganzen gesehen als überdurchschnittlich zu bezeichnen (siehe dazu auch die Gruppe der Großverdiener: bei ca. 6% 6000 Rs.+). 5 5 Gar keine Einkünfte haben in der Regel die Schüler und Studenten sowie die Hausfrauen (zusammen ca. 22,5%).

2.3. Die

Dorftempel

2.3.1. Der Hanumäntempel bei Siur Der Tempel liegt auf einer Anhöhe in einer malerischen Umgebung am Ufer des Flusses Garayl ca. 45 km südlich von Benares. Auf der Suche nach einem für die Untersuchung geeigneten Tempel in mehreren Dörfern der Umgebung schüttelten die Dorfbewohner auf unsere Frage nach »dem« Hanumäntempel ihres Dorfes 56 den Kopf und sagten, in ihrem Dorf gebe es keinen. Doch im nächsten Satz kam bereits der Hinweis auf den Tempel in Siur: Dorthin würden alle gehen, die Hanumän verehren. Dies bestätigte sich während der Befragung: Der Tempel wurde von Bewohnern der meisten umliegenden Dörfer regelmäßig aufgesucht, und nicht selten stellte sich heraus, daß manch ein Besucher eine Stunde lang unterwegs war, um hierher zu gelangen. 57

5 5 Z u m Vergleich die Schätzung der Haushalte nach Einkommensgruppen für das Jahr 1 9 9 1 in D. Rothermund, Indien. Kultur, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Umwelt, München 1 9 9 5 , 5 9 2 : Jahreseinkommen Stadtbevölkerung Landbevölkerung Insgesamt bis 1 2 5 0 0 Rs 14895000 68914000 83809000 bis 2 5 0 0 0 Rs 13904000 24445000 38 3 4 9 0 0 0 bis 4 0 0 0 0 Rs 7175000 7232000 14407000 bis 5 6 0 0 0 Rs 2591000 1191000 3782000 über 5 6 0 0 0 Rs 1505000 552000 2057000 5 6 So ergeht es jemandem, der ein Sprichwort wörtlich nimmt (»Es gibt kein Dorf ohne einen Hahn und einen Hanumäntempel«),

146

H a n u m a n v e r e h r e r antworten

Abb. 20: Der Tempel bei Siur

Viele der Befragten kamen aus dem wenige Kilometer entfernten Marktort Ahraurä. Die aufstrebende, langgezogene Kleinstadt (ca. 1 2 0 0 0 Einwohner) ist nach wie vor Umschlagplatz für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Umgebung, weist aber daneben auch eine Reihe kleiner Betriebe auf (Seifenherstellung, Reismühlen, metallverarbeitende Werkstätten). Dieser Ort liegt, ebenso wie der Tempel und die anderen umliegenden Ortschaften, im Bezirk Mirzäpur im Dreiländereck gebildet von den Bundesstaaten Uttar Pradesh, Madhya Pradesh und Bihar. Die gängige, ortsübliche Bezeichnung des untersuchten Hanumäntempels (siurvälä mandir, »der Tempel bei Siur«) beinhaltet den Namen des nächstgelegenen, ca. 1 km weit entfernten Weilers. Die etwa 2 5 0 Einwohner von Siur sind fast ausnahmslos mit Landwirtschaft (Gemüse, Hülsenfrüchte, Zuckerrohr) und Viehzucht (Ziegen und Büffel, eine

5 7 Diese Feststellung wurde bereits in den ersten Tagen der Befragung an diesem Tempel gemacht, als die N a c h r i c h t vom »berühmten amerikanischen Professor«, der mit Tempelbesuchern sprechen m ö c h t e , sich noch nicht verbreitet hatte. Später setzte ein kleiner Forscherbesichtigungstourismus ein, so daß nach einer mehrtägigen Pause ein Teil der Befragungsarbeit von zwei gut eingewiesenen einheimischen Forschungsassistenten ausgeführt werden mußte.

147

Die Tempel

geringere Rolle spielt die Fischzucht) beschäftigt und gehören den unteren Kastengruppen an (Malläh, Biyär, Päl). Im Unterschied zu den anderen 6 bis 7 Ortschaften, aus denen die Besucher dieses Hanumäntempels kommen, gibt es hier kein einziges Ziegel- oder Steinhaus, alle Bewohner wohnen in einfachsten Verhältnissen in kleinen Lehmhütten ohne Stromversorgung. Einen zweiten Tempel oder Schrein gibt es hier ebensowenig wie im benachbarten Bhagvänpur (knapp 2 km vom Tempel entfernt, ca. 300 Einwohner). Nur wenig wohlhabender als Siur, unterscheidet sich Bhagvänpur von Siur im Grunde genommen nur in der Kastenzusammensetzung (1: Päl, Koiri, Lohär; 2: Khusvähä; 3: Yädav, aber auch hier: keine Brahmanen, keine Ksatriyas). Weitere größere Dörfer aus dem Einzugsbereich des Tempels sind Judui, Belkharä und Katrä, mit einer guten Anbindung an die benachbarte Kleinstadt Ahraurä. Die Bevölkerungs- und Siedlungsstruktur weist in diesen Ortschaften wesentlich komplexere Züge auf, und auch die »religiöse Landschaft« ist vielfältiger. In Belkharä und Katrä (ebenso in Ahraurä) gibt es zwar auch Hanumäntempel, doch der untersuchte Tempel scheint auf die Einwohner dieser etwas weiter gelegenen Siedlungen (2-3 km) eine gewisse Anziehungskraft auszuüben. Die berufstätige Bevölkerung ist hier zwar zum größeren Teil in der Kleinstadt

ο

10 m

Π

Ringkampfarena

I

Ξ

Feueraltar

Μ

Hanumän

Siva

Mauer

Karte VIII: Der Dorftempel

bei Siur (nach einem Plan von R. P. B. Singh)

148

Hanumanverehrer antworten

Ahraurä beschäftigt (Kleinbetriebe, Handel), doch betreiben viele daneben in ihrer freien Zeit Landwirtschaft, und ihre Felder befinden sich häufig in der N ä h e des Siur-Tempels. Die schattenspendenden Bäume rings um den Tempel und der zumeist klare, kühlende Fluß direkt daneben leisten ebenfalls ihren nicht zu vernachlässigenden Beitrag zur Attraktivität des untersuchten Hanumäntempels. Den nicht unerheblichen »Freizeitwert« der Anlage steigert noch der Sandplatz, auf dem regelmäßig (in der letzten Zeit seltener) Ringkampfwettbewerbe ausgetragen werden. Es gibt hier außerdem die Möglichkeit, mit Gewichten und Keulen zu trainieren. Der Tempelpriester w a r zur Zeit der Untersuchung neu im Amt und konnte oder wollte über »seinen« Tempel nur wenig sagen. Der alte püjäri, sein Vorgänger, lebe zwar in einem der umgebenden Dörfer, sei aber geistig verwirrt, hieß es. Der Tempel sei »sehr, sehr alt«, und das Bild habe magische Kräfte. Er erzählte dann eine Geschichte, die offenbar zu den wichtigsten »Tempelmythen« von Siur gehört, denn auch Besucher erwähnten sie oft und gern. Die Geschichte liefert eine Erklärung für die ungewöhnliche Gestalt des Tempelbildes. Einmal lebte ein Sikh im Ortsteil Patvä Toll in Ahraurä. Er besuchte diesen Tempel regelmäßig. Eines Tages bat er Hanumän um die Kraft von sieben Stieren. Hanumän gewährte ihm seine Bitte aber nur zum Teil: Er verlieh dem Sikh die Kraft von zwei Stieren. Der Sikh war sehr unzufrieden und bat, bettelte, drohte, doch

Abb. 21: Das Bild im Tempel

Die Tempel

149

Hanumän zeigte sich unbeeindruckt und sagte nur: »Tu, was du willst«. Der Sikh wurde wütend und schnitt Hanumän die Nase ab. Hanumän erschien daraufhin den Dorfbewohnern im Traum und sagte zu ihnen: »Er hat meine Nase abgeschnitten und will nun fliehen. Wenn ihr das nicht verhindert, brenne ich das ganze Dorf nieder!« Die Dorfbewohner versammelten sich, stellten den Sikh und töteten ihn. 5 8

Nun hat also das Tempelbild etwas Totenkopfartiges, und die blitzende silberne Zahnreihe verstärkt den furchterregenden, finsteren Eindruck. Das, der benachbarte Sivatempel und der häufig unter Rauschgifteinfluß stehende Priester, der nach eigenen Aussagen tantrisch initiiert wurde, geben diesem Hanumäntempel eine eigentümliche Prägung, und schnell wäre man geneigt, von einem aggressiven, tantrischen DorfgottVolksgott-Hanumän zu sprechen, würden einen die langen Beobachtungen und Interviews mit den Besuchern des Tempels nicht eines Besseren belehren. Der bleibende Eindruck ist schließlich der eines ruhigen, friedlichen Tempels, in dessen Hof die Besucher gern verweilen, Neuigkeiten austauschen und an Feiertagen gemeinsam devotionale Lieder singen, in denen die bekannten Abenteuer und Taten Hanumäns, häufig mit besonderer Betonung auf Räma und Sita geschildert werden. 2 . 3 . 2 . Der Dorftempel in Khäzgipur Nähert man sich dem Dorf Khäzgipur von Süden her, führt der Pfad an zwei kleinen Tempeln vorbei, die einen etwas verwahrlosten Eindruck machen. Weder der dort befindliche Siva- noch der daneben liegende Hanumäntempel werden regelmäßig von Verehrern besucht, obwohl sie nur knapp hundert Meter von den ersten Häusern des Dorfes entfernt sind. Vielleicht liegt das daran, daß es im eigentlichen Dorfgebiet je einen weiteren Tempel der erwähnten Götter gibt. Während jedoch der recht populäre Sivatempel in der Dorfmitte liegt, befindet sich der zweite, für die Untersuchung ausgewählte Hanumäntempel am südlichen Ortsrand von Khäzgipur, in einer Art Satellitenviertel am Ufer eines der beiden Dorfteiche. Es drängt sich unwillkürlich der Gedanke auf, Hanumän als Feldhüter/Wächter (ksetrapäla) zu betrachten, der hier an einer besonders exponierten Stelle - der Süden ist der Bereich Yamas, des Todesgottes - über die Geschicke dieser etwa 1 0 0 0 Einwohner zählenden Gemeinde wacht. Viehzucht und Landwirtschaft zählen zu den Hauptbeschäftigungen der Dorfbewohner, doch viele von ihnen arbeiten auch im nahegelegenen Ahraurä in den verschiedensten Berufen.

5 8 In manchen Varianten war der Attentäter ein Moslem.

150

Hanumänverehrer antworten

Abb. 22: Der Hanumantempel in Khazgtpur

Etwa ein Zehntel der Bevölkerung sind Brahmanen, während den bei weitem größten Anteil die Kurmis (Bauern) ausmachen, die knapp die Hälfte der Einwohnerzahl stellen. Der untersuchte Tempel ist auch in diesem Fall ein schlichter, quaderförmiger Schrein, mit einem recht ungewöhnlichen Götterbild: Wie ein auf eine Wand projizierter, gespenstischer Schatten sticht ein Halbrelief aus dem rotgefärbten Steinblock hervor, beide Arme erhoben, mit nicht genau definierten Körperkonturen. Im kahlen Tempelraum befinden sich nicht einmal Ritualutensilien; alles was der Tempelpriester braucht, bringt er zum täglich zweimal stattfindenden Gottesdienst mit. Ansonsten sieht das Oberhaupt der nebenan wohnenden, dem jäti der Hirten angehörende Familie nach dem Rechten, und reinigt sowohl die erhöhte Plattform, auf der der Schrein steht, als auch den Innenraum. Abends, wenn die Arbeiten beendet sind, kommen die Verehrer des Affengottes zum Schrein und bleiben, nachdem sie ihre Andacht verrichtet haben, häufig länger auf der Plattform sitzen, um Neuigkeiten auszutauschen.

2.3.3. Soziographischer Überblick: Die Dorftempelbesucher Im Fall der Dorftempel waren die weiblichen Befragten leicht überrepräsentiert (17,6%), realistischer erscheint ein Männeranteil von gegen

151

Die Tempel

9 0 % . Befragt wurden hier insgesamt 123 Personen an zwei Tempeln (Siur bzw. Khäzglpur). 3 5 % aller Befragten waren 3 0 Jahre alt und jünger ( 4 3 % Siur; 2 6 % Khäzglpur). Trotz des relativ großen Teils an jungen Befragten sind vier Fünftel verheiratet, auch der Anteil an Schülern und Studenten ist mit 9 % gering (Siur 1 1 , 5 % ; Khäzglpur 5 , 5 % ) . Die meisten Befragten sind in der Landwirtschaft beschäftigt (ca. 6 0 % ) , worauf auch die dominierenden Kastengruppen hinweisen: Landwirte (ca. 2 7 % KurmI; in Siur 1 3 % , in Khäzglpur 4 4 % ) , kleine Bauern/ Handwerker/kl. Händler ( 2 2 % ) und Viehzüchter (Yädav, Ähir, Päl usw. 1 7 % ) . Die Einkommen sind hier wesentlich niedriger als in der Stadt, etwa die Hälfte aller Befragten verdient weniger als 1 5 0 0 Rs. im M o n a t . Auch was die Schulbildung anbelangt, ist der Unterschied recht deutlich: Ein Viertel gaben an, keine Schule besucht zu haben, ein weiteres Fünftel kann nur einen Grundschulabschluß vorweisen (5 Klassen). 8 % haben einen bachelor-hbscbXxxß, und nur ein einziger einen höheren Universitätsabschluß.

Abb. 2 3 : Das Hanumanbild

in

Khäzglpur

152

Hanumanverehrer antworten

3. Ergebnisse 3.1. Die Verehrer und ihre

Beweggründe

3 . 1 . 1 . Wer verehrt Hanumän? In der indologischen Literatur vorwiegend älteren Datums sind manchmal Bemerkungen anzutreffen, die Anlaß dafür geben, einen weiteren Blick auf den sozialen Stand der Besucher von Hanumäntempeln zu richten. In der Literatur wird nämlich des öfteren betont, daß die rituellen Verrichtungen, die die Verehrung Hanumäns erfordert, keine oder nur sehr geringe Vorbereitung bzw. Vorkenntnisse voraussetzen. So schreibt zum Beispiel G. S. Ghurye: The paraphernalia of his [Hanumän's, I. Κ.] worship is almost the simplest and an easily procurable one even by poor people. He is satisfied with half a teaspoonful of oil and a pinch of red lead powder (Sindur) and is ready and willing to listen to the appeal of his worshipper, and as belief goes almost universally with result favourable to the worshipper. 5 9

Auch wurde schon mal davon gesprochen, daß Hanumän eine Gottheit der niedereren Bevölkerungsschichten sei. Ein Beispiel dafür ist J. N. Farquhar, der im Kapitel »The Religion of the Lower Classes« (meine Hervorh.) seines Primer of Hinduism folgendes anmerkt: These Hinduized groups are inclined to pay worship to the lower divinities of Hinduism. [...] Hanumän, the monkey-god, who is connected with agriculture, is very widely reverenced; and other divine animals, specially Nandi, Siva's bull, and the divine serpents called Nägas. 6 0

Nach der Lektüre solcher und ähnlicher Passagen könnte somit der Eindruck entstehen, daß Hanumän heute von armen, ungebildeten Menschen aus vorwiegend niederen Schichten verehrt wird. Anhand der uns vorliegenden konkreten Daten sind wir in der Lage, diesen Eindruck einer Prüfung zu unterziehen, allerdings ohne damit die Validität von Farquhars oder Ghuryes Ausführungen in Frage stellen zu wollen. Auf der einen Seite können wir vielleicht neuere Entwicklungen oder Trends verzeichnen, die Farquhar noch gar nicht erfassen konnte, auf der anderen Seite sind die regionalen Unterschiede in der Verehrung indischer Götter alles andere als unerheblich, und die Anmerkungen Ghuryes stützen sich vorwiegend auf Beobachtungen aus der Region Maha-

5 9 G. S. Ghurye, The Legacy of the Rämäyana, Bombay 1 9 7 9 , 1 7 9 . 6 0 J. N. Farquhar, Primer of Hinduism, London 1 9 1 2 , 1 8 7 .

153

Ergebnisse

rashtra. Die in der vorliegenden Arbeit vorgestellten Ergebnisse stammen hingegen von einer sehr begrenzten Anzahl von Tempeln aus Benares und einigen umliegenden Dörfern, aus dem östlichen Uttar Pradesh des ausgehenden 2 0 . Jahrhunderts. Einige sozialstatistische Aufstellungen sollen einen Einblick in die Zusammensetzung der Besucherschaft in den untersuchten Tempeln bieten: Kastengruppen (varnas/jätis) (in Prozent, η = 3 4 4 ) Brahmanen Landbesitzer, Rajputen: Thäkur, Bhumiyär, Räjput usw. Kaufleute: Jaisväl, Gupta, Agrahari usw. kl. Händler, Gemüsegärtner u. a.: Halväl, Mali, Teil usw. Landwirte: KurmI Viehzüchter: Yädav, Ähir, Päl usw. Handwerker u. a.: Kumhär, Lohär usw. andere Kasten (vorw. »niedere«): Dharkär, Camär usw. k. A.

21,2 5,2 21,8 15,4 10,8 9,3 8,4 6,7 2J.

100,0 Die Streuung, was die Einteilung nach Kastengruppen anbelangt, k ö n n te kaum größer sein. Vertreten sind dabei quer durch alle hierarchischen Ebenen eine beträchtliche Anzahl von jätis, und von einem Übergewicht der »unteren« Kasten ist nichts zu bemerken. Eine Aufstellung nach Tempeln bringt den Beobachter zu folgender Erkenntnis: In der Regel spiegelt sich darin mit kleinen Abweichungen die Kastenkonstellation des Einzugsgebietes des jeweiligen Tempels wider. So bewegt sich der Anteil der brahmanischen Besucher im Fall der Tempel Hanumänghät und Bankati in Richtung der 5 0 % - M a r k e , bei den Tempeln H a n u m ä n Phätak, Siur und Khäzgipur zwischen 4 und 7 e. Die Kastengruppe der Kaufleute ist in den Tempeln Hanumän Phätak und Dvärkädhls am zahlreichsten (ca. 4 0 - 6 0 % ) , in den Dorftempeln hingegen fast gar nicht vertreten usw. Ein ähnliches Bild ergibt der Blick auf die nächste Übersicht: Schulbildung (in Prozent, η = 3 4 4 ) höherer Universitätsabschluß bachelor-Abschluß bis 12 Klassen (intermediate) bis 10 Klassen (highschool) bis 8 Klassen (junior highschool) bis 5 Klassen (primary school keine k. A.

9,6 14,8 17,7 12,5 12,2 14,0 15,7 3,5 100,0

154

Hanumanverehrer antworten

Die Schulbildung der befragten Hanumanverehrer erscheint in der Zusammenschau überdurchschnittlich hoch: Mehr als die Hälfte läßt sich in die Kategorien »highschool« bis »Universitätsabschluß« einordnen. Und zieht man die hohe Zahl derer in Betracht, die sich gegenwärtig noch in Ausbildung befinden, so ist auch hier eine eindeutig steigende Tendenz festzustellen. Die Besucher der Stadttempel Hanumänghät, Bankati und Dvärkädhis erreichten in den Kategorien »bachelor« und »höherer Universitätsabschluß« zusammengenommen "Werte zwischen 3 0 und 5 7 % , und selbst in den Tempeln mit der höchsten Zahl an Besuchern ohne jegliche Schulbildung (Hanumän Phätak, Siur und Khäzglpur) bewegte sich der Prozentsatz in der Zeile »keine Schulbildung« zwischen 2 0 und ca. 2 5 % . 6 1 Die Tatsache, daß dieselben Tempel, die von vielen Brahmanen besucht werden, in der Kategorie Schulbildung ganz oben stehen, ist kein Zufall: Aus den vorliegenden Daten ging ein enger Zusammenhang zwischen der Kastenzugehörigkeit und der Schulbildung hervor. 6 2 Ein differenziertes Bild ergibt auch die Analyse der Einkommenssituation: Einkommen (Rupien, in Prozent, η = 3 4 4 ) 4 0 0 0 + Rs. bis 4 0 0 0 Rs. bis 1 5 0 0 Rs. kein eigenes Einkommen k. A.

12,5 27,1 31,1 20,6 8.7

100,0

Kein eigenes Einkommen hatten unter den Befragten vor allem die Schüler und Studenten, aber auch die Hausfrauen. Knapp 4 0 % der Be-

61 Die Daten des District Census Varanasi aus dem Jahr 1 9 6 1 können - obwohl hoffnungslos veraltet - einen Einblick in die Bildungssituation der Einwohner von Benares zu jener Zeit geben: So hatten damals 2 % einen Hochschulabschluß, ca. 5 % zwischen 6 und 12 Klassen, ca. 3 4 % hatten eine Grundschule besucht oder konnten ohne Schulbesuch lesen und schreiben, und 5 9 % waren Analphabeten. (Census 1 9 6 1 : District Census Handbook Uttar Pradesh, 5 3 Varanasi District, Lucknow 1 9 6 5 , 1 8 2 - 1 8 3 ; nach U. Köckmann, Revivalismus in Indien: Zur politischen Geschichte Varanasis, Bochum 1 9 8 0 , 184). 6 2 Zwischen den beiden sozialstatistischen Merkmalen gibt es einen signifikanten Zusammenhang: In der Regel sind bei der vorliegenden Untersuchung die in der traditionellen Kastenhierarchie Höhergestellten auch diejenigen mit einer höheren Ausbildung.

155

Ergebnisse

fragten liegen oberhalb der 1 5 0 0 Rs.-Grenze, auch dies ein eher überdurchschnittlicher Wert. Nach diesem kurzen Blick auf die gesammelten Daten ist im Grunde nur eine Schlußfolgerung möglich, nämlich, daß die Verehrung des Affengottes alle Bevölkerungsschichten vereint. Auch im Fall der untersuchten Tempel spiegelt die Aufteilung der Besucher nach Beruf, Kastengruppen, Schulbildung, Einkommen usw. im allgemeinen die soziale Landschaft der jeweiligen umgebenden Wohnviertel bzw. Dörfer wider. Im Verlauf der eingehenderen Beschäftigung mit den Interviewdaten ergab sich jedoch eine Konstellation, die die Tragweite der oben getroffenen Aussage etwas relativiert, und gleichzeitig einen Eindruck von der Komplexität des Phänomens »HanumänVerehrung« vermittelt: Während sich die Besucher der untersuchten Hanumäntempel gut auf die verschiedenen Kategorien verteilen, ist eine Abstufung, was die »erwählte Wunschgottheit« (istadevatä) Hanumän anbelangt, nicht zu übersehen: Obwohl Vertreter der zwei »höchsten« varnas (Brahmanen und Ksatriyas), einen verhältnismäßig großen Teil der Besucherzahl ausmachen, nennen sie bei der Frage nach ihrer Wunschgottheit hoch signifikant seltener den Namen Hanumäns, als dies bei den anderen Kastengruppen der Fall ist. 6 3 In der anvisierten Gruppe wurde der Name Hanumäns nur von etwa einem Drittel der Befragten genannt. Auf der anderen Seite gaben fast 80 % der Viehzüchterkasten, mehr als 70 % der Handwerkerkasten und der anderen, »niederen« Kasten, etwa 7 0 % der kleinen Händler und Gemüsegärtner an, Hanumän zu ihrer Wunschgottheit erwählt zu haben. Hier wird eine Diskrepanz deutlich: Die befragten Brahmanen und Ksatriyas gehen mindestens genauso häufig in Hanumäntempel wie die anderen, und dennoch scheinen sie in ihrer Einstellung von diesen abzuweichen. Viele Angehörige der »oberen« Kasten zögern, Hanumän in aller Deutlichkeit zu ihrer exklusiven Wunschgottheit zu erklären. Möglich sind folgende Erklärungen dafür: Die oberen varnas/jätis bewegen sich diesbezüglich in Strukturen, die sich im Lauf von vielen Generationen zementiert haben. Sie sind über-

63

Tab. Wunschgottheit/Kastengruppen (in Prozent, η = 3 4 4 )

Brahmanen und Landbes. andere

Hanuman

andere

36,3 63,7

63,6 36,4

100,0

100,0

(n = 9 1 )

(n = 2 5 3 )

chi-Quadrat = 2 0 , 3 4 ; d f l ; ρ < 0 , 0 0 1

156

Hanumanverehrer antworten

wiegend erklärte Anhänger der »großen Götter« Siva, Visnu, oder einer Manifestationsform der Göttin, auch wenn ihre Besuchsgewohnheiten im Tempel in der vorliegenden Untersuchung eher hanumänlastig zu sein scheinen. Der Affengott scheint außerdem in den Reihen der Brahmanen (noch?) nicht ganz so prestigeträchtig, repräsentativ und vorzeigbar zu sein, wie etwa die Hauptgötter der großen religiösen Strömungen des Sivaismus, des Visnuismus und des Säktismus. M a n ist also viel lieber Sivait, Visnuit usw., verehrt aber tagtäglich (auch) Hanumän, einen Gott, der sich mythologisch-theologisch an diese und andere Richtungen problemlos anschmiegt. 6 4 Anders ist die Situation bei den »niederen« Kasten, von denen viele aus Gegenden, Dörfern und Familien stammen, in denen traditionell Dorfgottheiten, Volksgottheiten, ksetrapälas usw. verehrt wurden und für die die Verehrung des schillernden Affengottes so etwas wie einen Aufstieg, eine Statuserhöhung bedeuten kann. Die sich auf der sozialen Ebene offenbarende Vielschichtigkeit der Hanumänverehrung hat zahlreiche Auswirkungen. Eine davon ist die oft unterschiedliche Erwartungshaltung dem Gott Hanumän gegenüber. Im nächsten Abschnitt wird versucht, diesen Aspekt greifbar zu machen. 3 . 1 . 2 . Erwartungen und »Leistungen« Vlrbhadra Misra, der Vorsteher (mahant) des Sankatmocan-Tempels in Benares, des vielleicht bedeutendsten Hanumäntempels in Nordindien, äußerte in einem Gespräch bedauernd, daß der überwiegende Teil der Hanumänverehrer sich mit konkreten Bitten um kleinere oder größere Gefälligkeiten zumeist materieller Art an den Gott in Affengestalt wen6 4 Daß Hanumän auch für Nicht-Hindus in Indien attraktiv ist, davon berichtet v. Glasenapp: »Die Verehrung von hinduistischen Gottheiten - in erster Linie Ganesha, Skanda, SarasvatI, der Mütter sowie auch Bhairava und Hanumän - hat im heutigen Indien einen solchen Umfang angenommen, daß der Kult der Tirthankaras dahinter stark zurücktritt. So berichtet das 'Jaina Hostel Magazine' IV ( 1 9 2 3 ) Nr. 2 p. 6 0 von Champat Rai Jain aus Delhi, heute einem der eifrigsten Vorkämpfer der Jainalehre: O b w o h l ein Jaina von Geburt, wußte Mr. Champat Rai, gleich so vielen anderen, nichts vom Jainismus, als daß es 2 4 Götter in ihm gäbe. Die Religion seiner Familie war zweifellos der Jainismus; aber das Familienoberhaupt verehrte fast ausschließlich die Hindu-Gottheit Hanumän, deren Tempel er täglich besuchte, während er den Jaina-Tempel nur dreimal im Jahr, bei festlichen Gelegenheiten, aufsuchte.'« In: H. v. Glasenapp, Der Jainismus. Eine indische Erlösungsreligion, Berlin 1 9 2 5 .

Ergebnisse

157

de. 65 Damit stimmt er in einen Grundtenor ein, der von großen Teilen des hanumäninteressierten Publikums (Wissenschaftler, brahmanische Gelehrte) geteilt wird: Die Verehrung Hanumäns wird im allgemeinen als stark diesseitsorientiert betrachtet. Hanumän ist nach Ansicht vieler kein Gott, den man verehrt, um Erlösung (moksa) zu erlangen, sondern einer, an den man sich wendet, wenn Alltagssorgen aufkommen, wenn man in finanziellen Nöten steckt, wenn man eine (gute) Arbeitsstelle braucht usw. Hanumän, der Krisenmanager Daß in polytheistischen Religionssystemen Götter häufig mit Epitheta versehen werden, die sie charakterisieren und damit oft auch »konditionieren« 66 , ist hinlänglich bekannt. Es kann natürlich passieren, daß Götter mit Beinamen regelrecht überhäuft werden, oder daß bestimmte Beinamen nicht besonders viel aussagen. In den meisten Fällen jedoch ist das Epitheton »durchsichtiger« als der Eigenname und charakterisiert den betreffenden Gott, indem es manchmal einen Bezug auf eine mythische Begebenheit aus der »Biographie« der Gottheit herstellt. Einer der wichtigsten Beinamen des Gottes Hanumän ist in Nordindien sankatmocan, »der Befreier aus Schwierigkeiten/Krisen«, und genauso lauteten in mehreren Fällen die Antworten der von uns befragten Hanumänverehrer auf die Frage nach dem wichtigsten Merkmal des Gottes: »Er ist Sankatmocan«, sagten sie in einem Brustton tiefster Überzeugung und warteten auf die nächste Frage. Für sie war diese Frage damit in hinlänglicher Weise beantwortet. Der Beiname »Sankatmocan« ist zwar nicht der einzige wichtige Beiname Hanumäns (in bekannten devotionalen Werken zu Ehren Hanumäns wie in der Hanutnäncältsä, »Die vierzig Verse an Hanumän«, oder im Hanumatsahasranäma, »Die tausend Namen Hanumäns«, gibt es Dutzende bzw. gleich Hunderte solcher Appositionen), doch er erhält durch die Präsenz des gleichnamigen, in Benares dominanten Hanumäntempels zusätzlichen Nachdruck. Der Beiname selber wird in der Regel nicht auf eine klar definierte Handlung oder Geschichte zurückgeführt, auch wenn dieses eigentlich zu erwarten gewesen wäre. In Välmlkis Rämäyana und in TulsTs Rämcaritmänas, um nur zwei der bekanntesten »Rämäyanas« zu erwähnen, ist die Befreiung aus Krisensituationen eine Hauptrolle 65 Das Gespräch mit Virbhadra Misra fand im Juni 1 9 9 5 statt. 66 Vgl. B. Gladigow, »Polytheismus«, in: Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe, Bd. 4, Stuttgart u.a. 1998, 3 2 1 - 3 3 0 .

158

Hanumanverehrer antworten

Hanumäns: Einer der Höhepunkte ist Rämas und Laksmanas Ohnmacht, ein anderer ist die Auffindung Sitäs. »Er hat Räma geholfen, er hat ihm in einer schweren Krisensituation beigestanden, und so hilft er auch uns«, antworteten die meisten, die wir um eine Erläuterung des lapidaren »Er ist Sahkatmocan« gebeten hatten. Selten hingegen wurde zum Beispiel ein direkter Bezug zur Rämäyana-Episode hergestellt, in der Hanumän für die Verwundeten den Berg mit der Heilpflanze herbeiholt. Wir wollten wissen, wie im Fall der ausgewählten Tempel die Krisen des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts aussehen, mit deren Lösung Hanumän betraut wird, und bauten in den Fragebogen an verschiedenen Stellen entsprechende Fragen ein. Es gab dementsprechend sowohl offene, als auch geschlossene Fragen, letztere also mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten. Während der Interviews mit Besuchern der Hanumäntempel haben wir versucht, Näheres über die Anliegen zu erfahren, die die Befragten dem von ihnen verehrten Gott vorbringen. Es ist zu vermuten, daß diese Anliegen oftmals Beweggründe für einen Tempelbesuch sind. Weitere Fragen, die sich in diesem Zusammenhang aufdrängen: Gibt es einen Bereich, der von den Befragten in der Rubrik »Bitte um Hilfe« besonders oft genannt wird? Ist Hanumän ein »Fachgott« für irgendetwas? Und: In welchen Bereichen haben die Befragten ihrem Empfinden nach Hilfe erfahren, die sie Hanumäns Wirken zuschreiben? Gab es nachhaltige Veränderungen in ihrem Leben als Folge der Hanumänverehrung? Zu den ersten beiden nun folgenden Fragestellungen ist noch eine Bemerkung zur Vorgehensweise erforderlich. Im Verlauf der Interviews wurde die Frage nach den Bitten, mit denen sich die befragten Besucher an Hanumän wenden, gestellt, und die darauf erfolgten Antworten notiert (= Antworten auf eine offene Frage, unter a) zusammengefaßt). In einem nächsten Schritt gaben wir mehrere Antwortmöglichkeiten vor, die von den Befragten mit »ja« oder »nein« beantwortet werden sollten (siehe b) weiter unten). (F) Mit welchen Bitten/in welchen Situationen - wenn überhaupt - wenden sich die Befragten an Hanumän?67 a) als offene Frage:

67 Kyä äp Hanumänjt se apne sankatom (musibatom) ko dür käme kt prärthanä karte haimf Kis-kis tarah ke sankat mem parne par äp Hanumänjt kl saran mem jäte haitn?

159

Ergebnisse Bitten an Hanuman (in Prozent, Antworten > 5 % , Mehrfachnennungen waren möglich, η = 3 4 4 ) immer, mit allem in einer Gefahren- oder sonstigen Angstsituation bei geistiger/seelischer Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten) in Krankheitsfällen, für die Erhaltung der Gesundheit finanziell (auch: Jobsuche, Prozeß usw.) Schule, Studium keine konkreten Bitten k. A.

32,0 15,1 11,9 10,8 8,4 6,4 11,3 8,4

Wie aus der Tabelle ersichtlich, waren die bei weitem häufigsten Antworten (Grundtenor: »ich wende mich stets an Hanumän«) gleichzeitig auch die in der Regel am wenigsten aufschlußreichen. Hie und da kam es aber vor, daß eine Antwort dieser Kategorie etwas ausführlicher ausfiel und gleichzeitig auch inhaltlich ein wenig aus der Reihe tanzte: Ja, ich erzähle ihm all meine Sorgen und Schwierigkeiten. Aber es ist nicht so, daß er dann alles verbessert und erledigt. Nein, ich erzähle es ihm, und dann werden wir ja sehen ... (Buchhändler, 2 3 ) . 6 8

Besonders häufig war die Antwort »immer« bei »niedrigkastigen« Befragten und bei solchen mit einer geringeren Schulbildung anzutreffen und kam somit in den Tempeln mit einem hohen Brahmanenanteil und einer überdurchschnittlich hohen Schulbildung der Besucher (Hanumänghät und Bankati) nur in einem geringen M a ß vor. In der Berufsgruppe der Händler und kleinen Unternehmer antwortete jeder zweite mit »immer«. Gleichzeitig war festzustellen, daß die Gruppe der unter 25jährigen seltener als andere Altersgruppen auf diese Weise antwortete. 6 9 In der obigen »Rangliste« steht diejenige Antwortkategorie, die einen eher konkreten, primär materiellen (finanziellen) Charakter hat, an vorletzter Stelle. Eine wichtige Rolle scheint Hanumän hingegen als Beschützer in schwierigen Situationen sowie als eine Art »seelische Stütze« zu spielen. Ein Blick auf einige Reaktionen der Befragten macht die große Bandbreite der Antworten aus diesem Bereich - und damit zum

68 Da die Interviews nicht mit Hilfe eines Tonbandgerätes, sondern schriftlich dokumentiert wurden, erfolgt die Wiedergabe der Aussagen der Befragten sinngemäß und nicht (immer) dem genauen Wortlaut entsprechend.

160

Hanumanverehrer antworten

Teil auch die zuweilen einem Prokrustesbett gleiche Beschaffenheit der Kategorienmatrizen - deutlich. Ein südindischer Brahmanenpriester, Besucher des HanumänghätTempels, gab zum Thema »Hanumän und die Gefahr« eine allgemeine Empfehlung ab: Es ist genauso wie mit den Medikamenten: Ist man krank, nimmt man die dazu passende Medizin. Auch die Götter soll man je nach »Krankheit« anrufen. In Zeiten der Gefahr ist von allen Göttern Hanumän am besten geeignet (Priester, 5 2 ) .

In mehreren Fällen - allerdings vorwiegend bei anderen Tempeln - lautete die Antwort dann auch eher unverbindlich: »In jeder Art von Gefahr oder Angst« (bhay ke samay). Hanumän wird z. B. des öfteren angerufen, wenn man spät in der Nacht einen Weg zurückzulegen hat, der einem unheimlich ist: Man muß zu Fuß durch ein als unsicher geltendes Stadtviertel von Benares gehen; man kehrt von einem Feld heim, das weitab vom Dorf liegt; man geht an einem Friedhof vorbei. Es wurden aber auch eine ganze Reihe von anderen verschiedenen Gefahrensituationen genannt: Wenn ich die Studiengebühr bezahlen muß, habe ich immer viel Geld bei mir. Ich bete dann zu Hanumänjl, daß mich niemand beraubt (Schüler, 16). Hie und da hat man ja Dinge auf einer Polizeistation zu erledigen. Ich gehe nie hin, ohne vorher an Hanumän gedacht zu haben (Näherin, 5 0 ) . Mein M a n n ist Polizist und jedesmal wenn er Nachtschicht hat, bete ich zu Hanumän, manchmal die ganze Nacht lang, und bitte ihn, er möge mir meinen M a n n gesund zurückbringen (Hausfrau, 2 6 ) . Ich bitte Hanumänjl um Hilfe, wenn ich von jungen Männern belästigt werde (Schülerin, 17). Ich nenne seinen Namen, wenn böse Geister (bhüta-preta) in meiner Nähe sind (Landwirt, 3 3 ) .

6 9 Tab. Alter/Bitten (in Prozent, η = 3 4 4 ) bis 2 5 J .

25+J.

17,4 82,6

36,8 63,2

»immer« andere

100,0

100,0

(n = 8 6 )

(n = 2 5 8 )

chi-Quadrat = 11,1; d f l ; ρ < 0 , 0 0 1

161

Ergebnisse

Etwas höher als bei den meisten Stadttempeln (mit Ausnahme von Dvärkädhls) lag in dieser Kategorie (Gefahr, Angst) die Zahl der Antworten auf dem Land. In der Kategorie »geistige/seelische Unruhe, Konzentrationsstörungen« waren zumeist allgemein gehaltene Antworten zu verzeichnen wie »Ich bitte nur um geistige Ruhe, Seelenfrieden« (mänasik sänti, man kl sänti). Andere Antworten waren z. B.: Ich wende mich stets an ihn, wenn Situationen auftauchen, für deren Bewältigung innere Kraft/Stärke nötig ist (Student, 2 1 ) . Manchmal treten am Arbeitsplatz Spannungen auf, und es entstehen Streßsituationen. Ich bitte dann HanumänjT um Hilfe (Firmenmanager, 4 0 ) . Bei jeder Art von Nervosität und Unruhe denke ich an Hanumän (Getreidehändler, 22). Es kommt vor, daß der Kopf nicht frei ist, daß man nicht richtig denken kann, weil man irgendwelche Probleme hat. Dann gehe ich zu Hanumänji in den Tempel (Händler, 2 4 ) . Jedesmal, wenn ich niedergeschlagen und ohne Hoffnung bin, wende ich mich an Hanumänji (Computerfachfrau, 2 8 ) .

Verhältnismäßig hoch war in dieser Antwortkategorie der Anteil der weiblichen Befragten. 70 Bemerkenswert war außerdem, daß sowohl am unteren (»keine Schulbildung«) als auch am oberen Ende der Schulbildungsskala (»intermediate« und »bachelor«) mehr Antworten dieser Art zu verzeichnen waren, als in den restlichen Gruppen. In einer ähnlichen Größenordnung wie in der letztgenannten Kategorie war die Antwort »keine konkreten Bitten« vertreten ( 1 1 % ) . Den Hintergrund dazu bildete zumeist die Überzeugung, daß Hanumän ohnehin alles über seine Verehrer wisse, und daß somit ein Vorbringen konkreter Anliegen eine völlig überflüssige Sache sei. Auf der anderen Seite wurde hier auch einige Male Kritik an denjenigen geäußert, die aus »rein egoistischen« Gründen und nur in Notzeiten in den Tempel gingen. Hier fiel folgendes auf: Je höher die Schulbildung und je »höher«

70

Tab. Geschlecht/Bitten (in Prozent, η = 3 4 4 )

geist./seel. Stütze andere

weibl.

männl.

22,6

9,5 90,5

77,4

100,0 (n = 62)

chi-Quadrat = 8 , 1 ; d f l ; ρ < 0 , 0 1

100,0 η = 282)

162

Hanumanverehrer antworten

die Kastenzugehörigkeit war, desto stärker häuften sich die Antworten dieser Kategorie. Ebenfalls etwas mehr als jeder zehnte Befragte sprach gesundheitliche Aspekte an. Dabei handelt es sich nicht immer um Bitten, die den Besucher selber betrafen, sondern man betete für Familienmitglieder, Freunde usw.: Mein Vater trinkt sehr viel. Ich bin heute deswegen hier. Ich habe Hanumänjl gebeten, ihm zu helfen (Sariweber, 20). Ich bete für die Gesundheit meiner Kinder und für die meines Mannes (Hausfrau, 45).

Auch hier fehlte die verallgemeinernde, empfehlende Aussage nicht, ebensowenig der Bezug zum Ringkampf: Die meisten Dinge sollte man Siva sagen. Doch für die Gesundheit geht man am besten zu Hanumän (Student, 21). Hanumän ist ein Spezialist, was physische Kraft anbelangt. In jedem akhärä (Trainingsstätte) gibt es ein Hanumänbild (Student, 17).

Bei dieser Frage fiel auf, daß die Besucher der Dorftempel den Gesundheitsaspekt so gut wie gar nicht erwähnten. »Spitzenwerte« erzielten hingegen H.-Phätak ( 2 4 % ) und Dvärkädhls (ca. 1 7 % ) . Die Bitten, die einen materiellen, finanziellen Charakter hatten, wurden bei dieser Frage überraschend selten ausdrücklich genannt. 71 Es konnten nur 2 9 eindeutige Fälle gezählt werden. Hier einige Beispiele: Vor zehn Jahren vermietete mein Sohn einen Teil unseres Hauses. Nun wollen die Mieter nicht mehr weggehen. Seit nunmehr sechs Jahren prozessieren wir ohne jedes Ergebnis. Jetzt möchte ich sehen, ob dieser Gott in diesem speziellen Fall hilft oder nicht. Ich fordere Hanumän gewissermaßen heraus, wissen Sie? (pensionierter Militärarzt, 81). Mein Sohn ist arbeitslos, und ich bitte Hanumän, er möge ihm helfen, eine Anstellung zu finden (Hausfrau, 56). Ich erzähle Hanumänjl die meisten meiner Probleme, besonders wenn mir jemand Geld schuldet und sich weigert, es zurückzuzahlen (Schüler, 15). Ich komme zu Hanumänjl z. B. wenn ich Schwierigkeiten mit meinen Steuern habe. Und das, obwohl sich eigentlich mein Anwalt dann um die Sache kümmert (Händler, 4 2 ) .

Relativ häufig in finanziellen Angelegenheiten unterwegs waren dabei die Händler und kleinen Unternehmer, und dementsprechend war diese 71 Es dürfen jedoch die zahlreichen »immer«-Antworten nicht vergessen werden.

Ergebnisse

163

Antwort unter allen Tempeln im Dvärkädhls-Tempel am häufigsten. Keine signifikanten Unterschiede waren hingegen nach den Kriterien Schulbildung und Alter festzustellen. Die Gruppe »Schule/Studium« versammelt die Fälle, in denen Befragte im Hanumäntempel überwiegend um Erfolg im Studium und insbesondere bei Prüfungen bitten/beten. Das ist nicht verwunderlich, gilt Hanumän schon seit Välmlkis Werk 72 und besonders in den letzten Jahrhunderten verstärkt auch als ein Gott, der in allen bedeutenden Wissenschaftszweigen bewandert ist. Etwas überraschend waren die in eine diametral entgegengesetzte Richtung zielenden Aussagen, die von zwei Befragten gemacht wurden. Diese baten Hanumän nämlich darum, sie von der Bürde des von den Eltern verordneten Studierenmüssens zu befreien! Bitten bezogen auf Schule und Studium kamen erwartungsgemäß in der ersten Altersgruppe (bis 18 Jahre) verstärkt vor, wurden aber auch in den restlichen Altersgruppen vereinzelt - im Namen von Kindern und Enkeln - genannt. (F) Mit welchen Bitten/in welchen Situationen wenden sich die Befragten an Hanumän? b) als Frage mit vorgegebenen Antworten (ja/nein) i) »Im Krankheitsfall« 73 (bimär hone par) Diese Antwortmöglichkeit fand den größten Zuspruch: ca. 65 % aller Befragten äußerten sich affirmativ (ca. 1 9 % »keine Angabe« bzw. »trifft nicht zu«, letzteres im Fall der Antwort »keine konkreten Bitten«). Dabei zeigte sich, daß die Zahl der positiven Antworten bei den Befragten, die einen Hochschulabschluß vorzuweisen hatten (bachelor und mehr), geringer war. 74 Erwartungsgemäß geringer waren auch die Zahlen in den Kastengruppen der oberen beiden varnas: Hier antworteten Brahmanen und Landbesitzer zu jeweils ca. 45 % affirmativ. Den höchsten Anteil an positiven Antworten gab es jedoch nicht am »unteren« Ende der Kastenhierarchie, sondern in der Gruppe der Kaufleute: 84%! Sehr hoch war der Anteil der bejahenden Antworten in den Tempeln Dvärkädhls und Khäzglpur (jeweils ca. 89%). Keine nennenswerten Unterschiede ergab hingegen die Einteilung nach Altersklassen. 72 Hanumän ist schon im letzten Buch des Rämäyana ein Gelehrter. 73 Siehe zum Beispiel C. Ludvik, Hanumän in the Rämäyana ..., 13; C. Bulcke, »The Characterization of Hanumän«, 410.

164

Hanumänverehrer antworten

ii) »Für die Erlangung von Nachkommen« 7 5 (santan prapti ke liye) Hier waren die wenigsten positiven Reaktionen zu verzeichnen: 2 2 , 1 % . Auffallend negativ äußerten sich die Landbesitzer: kein einziger antwortete mit »ja« auf diese Frage, und auch unter den Brahmanen war die Zustimmung unterdurchschnittlich ( 1 1 % ) . Dennoch: bezüglich der Schulbildung sowie der Tempelzugehörigkeit gab es keine signifikanten Unterschiede. In den verschiedenen Alterskategorien wurde die Frage der jeweiligen Situation angepaßt. So fragten wir sehr junge, unverheiratete Besucher danach, ob sie sich vorstellen könnten, sich an Hanumän wegen Erlangung von Nachkommen zu wenden, ältere hingegen, ob sie dieses früher getan hätten: 7 % der unter 25jährigen, ca. 2 0 % der über 47jährigen und ca. ein Drittel der Befragten zwischen 2 6 und 4 7 antworteten affirmativ. iii) »Um auf einer (längeren) Reise um Schutz zu bitten« 7 6 (yatra mem suraksä ke liye) Dieser Aspekt scheint ebenfalls eine besondere Rolle zu spielen: knapp 6 2 % bejahten. Ein signifikantes Ergebnis ergab dabei der Vergleich nach Einkommensklassen: So war der Anteil der positiven Antworten bei den Befragten mit höheren Einkommen größer. 77 Was die Tempelzugehörigkeit anbelangt, wies der Dvärkädhls-Tempel die höchste Zahl an 7 4 Tab. Schulbildung/Hanumän im Krankheitsfall (in Prozent, η = 2 6 8 ) ohne Hochschulabschl. ja nein

83,0 17,0

mit Hochschulabschl. 67,9 32,1

100,0

100,0

(n = 2 1 2 )

(n = 5 6 )

chi-Quadrat = 2 , 7 8 ; d f l ; ρ < 0,1 (»k. A.« wurde eliminiert) 7 5 Siehe W. Crooke, The Popular Religion and Folk-Lore of Northern India, 2 Bde., 1 9 6 8 (repr. der Ausg. von 1 8 9 6 ) , Bd. 1, 87. 7 6 Es fällt ζ. B. auf, daß an vielen Bahnhofsständen in ganz Indien preiswerte Ausgaben der Hanumäncältsä angeboten werden. Vor dem Hauptbahnhof in Benares befindet sich auf einem weitangelegten Platz, der eigentlich Raum für unzählige Schreine diverser Gottheiten bieten könnte, nur ein Hanumänschrein, der selbst von eiligen Reisenden gerne aufgesucht wird. Auch Ankommende verrichten hier ihre Andacht, und vielleicht erfüllt der Gott Hanumän zum Teil die Funktion einer Art »Reiseunfallversicherung« (B. Gladigows Anregung, pers. Gespr. im Jan. 99).

165

Ergebnisse

positiven Antworten auf (ca. 9 0 % ) , gefolgt von Hanumän Phätak und Khäzglpur (jeweils ca. 7 4 % ) , und Hanumänghät (ca. 52%). Unter den Kastengruppen fallen die Landbesitzer, aber auch die »niederen« Kasten mit einem ausgeglichenen ja-nein-Verhältnis auf. In der Sparte Schulbildung weicht nur das obere Ende vom »mainstream« ab: Die Befragten mit einem höheren Hochschulabschluß antworteten im Verhältnis etwas seltener mit »ja«. iv) »In finanziellen Angelegenheiten« 78 ( ä r t h i k / p a i s e sambandht lom

mäm-

mem)

Etwas verhalten, jedoch im Vergleich zu den Ergebnissen der »offenen« Frage durchaus häufig, waren die positiven Antworten in dieser Sparte: 4 4 , 1 % . Sehr heterogen erschien die Aufteilung nach Kastengruppen. Das deutlichste »ja«-Ergebnis erzielten die Kaufleute (ca. 6 5 % ) gefolgt von den Kleinhändlern u.a. (ca. 4 9 % ) . Etwa gleich verteilt waren die positiven Antworten bei den Brahmanen, Viehzüchtern sowie den »niederen« Kasten. Ein Übergewicht an verneinenden Antworten gab es bei den Landwirten ( 4 0 , 5 % »ja«, ca. 5 7 % »nein«). Das letzte Ergebnis widerspiegelt sich freilich auch in der Einteilung nach Berufen, wo neben den Landwirten nur die Schüler/Studenten und die Rentner einen deutlichen »nein«- Überschuß aufweisen. Eine interessante 3 χ 2-Konstellation ergab sich somit auch bei der Aufteilung nach Tempelzugehörigkeit: relativ ausgeglichen Hanumänghät und BahkatI, deutlich mehr »ja« bei Dvärkädhls sowie Hanumän Phätak (allesamt in Benares), kla-

7 7 Daß Arme weniger oft weite Reisen unternehmen als Reiche, kann mit Sicherheit angenommen werden. Der Begriff »yäträ« (Reise) wurde bewußt offengehalten und ist somit relativ. Die Frage bezog sich darauf, ob im Fall einer längeren Reise Hanumän angerufen wird. Tab. Einkommen/Hanumän für Reise zuständig (in Prozent, η = 2 0 0 )

ja nein

bis 2 5 0 0 Rs.

2 5 0 0 + Rs.

69,9 30,1

86,5 13,5

100,0

100,0

(n = 4 9 )

(n = 151)

chi-Quadrat = 6 , 8 1 ; dfl; ρ < 0 , 0 1 (»k. A.« und »weiß nicht« wurden eliminiert) 78 Siehe ζ. B. Hanumäncältsä.

166

Hanumänverehrer antworten

res Übergewicht von verneinenden Antworten auf dem Land, bei den Tempeln von Siur und Khäzgipur. Wenig überraschend sieht die Aufteilung nach Alter aus: Die Gruppe der 37-47j ährigen, die in der Regel Haushaltsvorstände und verantwortlich für das Wohlergehen mehrerer Angehöriger sind, weist die verhältnismäßig meisten affirmativen Antworten auf. Eine »negative« Bilanz findet sich bei den unter 18- bzw. den 59-85jährigen Befragten. v) »In Streitigkeiten, Rivalität usw.« 79 (virodhiyom ko jttne ke liye) Auch bei dieser vorgegebenen Antwortkategorie waren verhältnismäßig wenig affirmative Antworten zu verzeichnen (35,7%). Es fiel auf, daß am oberen Ende der Schulbildungsskala der Anteil der positiven Antworten noch viel geringer ausfiel (nur ca. 8,5% bei den Befragten mit Universitätsabschluß). Nach Berufen führen bei den »nein«-Antworten die Händler (52% »nein« vs. 2 9 % »ja«), gefolgt von den Landwirten (ca. 51 % vs. ca. 44%). Viel häufiger affirmativ als negativ antworteten Angestellte/Beamte, Hausfrauen, Schüler/Studenten (allesamt um 55 % »ja« vs. um 2 0 % »nein«). Ausgeglichen zeigt sich die Situation in den Tempeln Hanumän Phätak, Siur, Khäzgipur. Hanumänghät und BahkatI weisen mehr negative, Dvärkädhis hingegen mehr positive Antworten auf. Eine deutliche Zäsur zeichnet sich zwischen den »höheren« und den »niederen« Kastengruppen ab: Bei den erstgenannten (Brahmanen, Landbesitzer, Händler) überwiegen deutlich die »nein«-Antworten, bei den restlichen halten sich die Antworten die Waage. 80 Die im Zusammenhang mit der obigen Frage erhobenen Daten geben einen Eindruck über die Motivationen, Hanumän zu verehren. Aus den Antworten auf den »offene« Fragenteil geht hervor, daß viele Besucher von Hanumäntempeln den Affengott mit weitreichenden Kompetenzen

79 Als kraftbetonter Kämpfergott im Rämäyana, sowie als Gott der Ringkämpfer. 80 Tab. Kastengruppen/Streitigkeiten (in Prozent, η = 274)

Brahm./Ksatr./Vaisya andere

nein

ja

53,3 46,7

36,0 64,0

100,0

100,0

(n = 152)

(n = 122)

chi-Quadrat = 7,87; d f l ; ρ < 0,01 (»k. A.« wurde eliminiert)

Ergebnisse

167

ausgestattet sehen, und sich daher in »allen« Lebenslagen an diesen wenden. Die ausgesprochen konkreten Antworten (z. B. finanzieller Art usw. mit konkreten Beispielen) in diesem Teil der Befragung waren im Verhältnis dazu weniger zahlreich und liegen, was den Prozentsatz bei den einzelnen Tempeln anbelangt, relativ nahe beieinander (zwischen ca. 1 5 % und ca. 6,5%). Eine detaillierte Analyse der hier vorgestellten Ergebnisse ist nur schwer möglich. Das liegt vor allem an der großen Zahl der »immer«Antworten, deren Rahmen individuell variieren: Was alles gehört in dieses »immer« mit hinein? Angst, Krankheiten, Schule wurden explizit genannt, und in den vorgestellten Tabellen als eigene Kategorie aufgeführt, doch sind all diese vermutlich auch in den »immer«-Antworten enthalten und mitgemeint. Daß es keine absolute Dominanz einer - wie auch immer gearteten Antwort gibt, lädt dennoch zu einer Deutung ein. Als Veranschaulichung spiele ich anhand der eingangs erwähnten Frage des Finanziellen die Möglichkeiten, die sich aus den Daten ergeben, durch. So könnten z. B. mögliche Erklärungen für die wenigen »positiven« Antworten zu diesem Punkt bei den offenen Fragen folgendermaßen aussehen: 1. Es besteht bei vielen Befragten eine gewisse Scheu, zuzugestehen, daß man bei finanziellen Fragen den Gott hinzuzieht, da dieses den Anschein von Selbstsucht erwecken mag. 2. Der materielle Aspekt spielt bei der Hanumänverehrung nicht (mehr?) die vordergründige Rolle. Die wichtigen Einzelaspekte und Zuständigkeiten des Affengottes sind vielfältig und breitgefächert, unter diesen stellt der materielle Aspekt nur einen unter vielen Gesichtspunkten dar. 3. Hanumän ist für die ganze Bandbreite des menschlichen Lebens zuständig, es gibt keinen Bereich, für den er ausgeschlossen werden könnte. Die große Zahl von »immer«, »für alles «-Antworten beinhalten also indirekt auch den finanziell-materiellen Aspekt und müßten im Prinzip zu den »finanziell«-Antworten addiert werden. Dabei mag die Tatsache, daß diejenigen, die im Erwerbsleben stehen (zwischen 18 und 58 Jahren), den finanziellen Aspekt eher hervorstreichen, als die ganz Jungen bzw. die Älteren (bis 18 und über 59), niemanden erstaunen. Auch bei den Kastengruppen zeichnen sich Unterschiede ab: Für Kaufleute und Händler z. B. ist der materielle Aspekt Hanumäns signifikant stärker als für Brahmanen. Die Aussagekraft der dargestellten Interpretationsmöglichkeiten zum finanziellen Aspekt der Hanumänverehrung wird durch die Ergebnisse des zweiten Teils derselben Frage nach den Gründen für die Verehrung

168

Hanumanverehrer antworten

Hanumäns etwas relativiert. Hier erreicht die vorgegebene Antwortmöglichkeit »in finanziellen Angelegenheiten« erheblich höhere Prozentwerte: Fast die Hälfte der Befragten bejahten diesen Punkt der Frage. Daß die Unterschiede bei ein und demselben erfragten Aspekt so groß sind (ca. 8 , 5 % »offen«, ca. 4 4 % »geschlossen«), liegt neben der großen Anzahl von »immer«-Antworten bei der offenen Frage freilich an der Art der Fragestellung: In der offenen Frage nennen die Befragten das, was ihnen in dem Augenblick am präsentesten, oder am allerwichtigsten ist, was aber nicht heißt, daß andere Aspekte keine Rolle spielen, oder gar negativ belegt sind. Werden die Antworten vorgegeben, muß der Befragte nur bejahen oder verneinen. In unserem Fall wurden auch keine graduellen Unterschiede (z. B. »überhaupt nicht« oder »sehr«) erfaßt. Welche Bitten konkretisieren sich nun am häufigsten? Und: In welchen Situationen haben die Befragten - auch unerwarteterweise - Hilfe erfahren, die sie Hanumän anrechneten? Eine weitere Frage lautete deshalb: (F) »In welchen Fällen hat Hanumän schon mal geholfen}«81 war offen.)

(Die Frage

Hilfe von Hanumän (in Prozent, Antworten mit über 5 % , Mehrfachnennungen waren möglich) sehr oft, immer beruhigt, beseitigt Ängste, verleiht Selbstvertrauen bei Krankheit finanziell Schule/Studium in anderen konkreten Fällen keine konkrete Hilfe erfahren k. A.

47,4 18,0 14,0 11,3 8,1 15,1 8,4 7,8

Knapp die Hälfte der Befragten antworteten auch hier sehr allgemein mit »sehr oft/immer«, und fügten dem - selbst nach vorsichtiger Aufforderung, nach Möglichkeit etwas expliziter zu werden - selten etwas hinzu. Dabei sind signifikante Unterschiede zu beobachten, was die Schulbildung bzw. das Alter anbelangt: Die Häufung der Antwort »immer« war größer bei den Befragten ohne Schulbildung. 82 Mit zunehmendem Alter stieg die Häufigkeit dieser Antwort, bei den jüngsten Hanumänverehrern (bis 18 Jahre) kam sie selten vor. 83 81 Hanumanji

ne kab-kab aur kis-kis tarah se äp kt sahayata ki hai?

Ergebnisse

169

E t w a jeder sechste Befragte erklärte, H a n u m ä n h a b e -

allgemein

o d e r in k o n k r e t e n Fällen - eine stabilisierende W i r k u n g a u f Geist und Gemüt: Wenn ich meinen täglichen Tempelbesuch aus irgendwelchen Gründen versäume, bin ich den ganzen Tag verunsichert, unruhig, ängstlich. Hanumän gibt mir die nötige Ruhe (Geschäftsmann, 42). Ich hatte meine B. A.-Prüfung gerade hinter mir und wußte nicht, ob ich sie bestanden hatte. Nächtelang ließ mir das keine Ruhe, und dann, eines Morgens, fühlte ich, als würde mich jemand berühren. Ich sprang aus dem Bett, ging hin und sah meinen Namen auf der Liste. Ich hatte die Prüfung geschafft (Journalist, 4 2 ) . Er verleiht mir innerlich ein Gefühl der Befriedigung, der Zufriedenheit (Student, 21). Es ist nichts Spektakuläres. Ich habe Kraft und Zufriedenheit bekommen (Hausfrau, 35). Ich konnte mich früher nur sehr schwer konzentrieren. Seit ich regelmäßig zu Hanumänjl in den Tempel gehe, bin ich ausgeglichen und kann mich voll meiner Arbeit widmen (Verkäufer, 21). Immer wenn ich Angst habe, wiederhole ich seinen Namen und die Angst verschwindet 84 (Weber, 20). Wir leben glücklich und in Frieden 85 (Hausfrau, 45). In

der

Kategorie

»Alter«

gab

es A b w e i c h u n g e n :

Unter

den

19-

2 5 j ä h r i g e n Befragten k a m diese A n t w o r t signifikant öfter v o r als bei

82 Tab. Schulbildung/Hilfeleistung (in Prozent, η = 344)

sehr oft, immer andere

keine

andere

59,3 40,7

44,1 55,9

100,0

100,0

(n = 54)

(n = 290)

chi-Quadrat = 4,2; d f l ; ρ < 0,05 83 Tab. Alter/Hilfeleistung (in Prozent, η = 344)

sehr oft, immer andere

bis 18 J.

19 J . und älter

16,7 83,3 100,0 (n = 30)

50,3 49,7 100,0 (n = 314)

chi-Quadrat = 12,4; d f l ; ρ < 0,001 84 kisi bhi samay dar lagtä hai, to nätn lete haim, to dar khatam 85 ham sukhi evam sänti se rahte haim.

ho jätä

hai.

170

Hanumanverehrer antworten

den anderen. 86 Von den Stadttempeln sticht Hanumän Phätak, von den Dorftempeln Khäzgipur mit bedeutend weniger Antworten in dieser Kategorie hervor. Was die Kastengruppen anbelangt, konnten die meisten Antworten, die hierher gehören, bei den Viehzüchterkasten gezählt werden. 87 Die unter »andere konkrete Situationen« zusammengefaßten Antworten sind sehr vielfältig und reichen häufig in eine der weiteren Kategorien (z. B. »Angst« oder »finanziell«) mit hinein. Angesichts der relativ hohen Zahl von 52 Antworten sind hier vielleicht mehrere Beispiele angebracht: Im Alter von 18 oder 19 Jahren habe ich mich einmal in Calcutta verlaufen. Da stand ich nun, kaum Geld in der Tasche in dieser großen Stadt. Ich hatte Angst. Ich betete zu Hanumänji und kurze Zeit darauf traf ich jemanden aus VäränasI, der mir half, nach Hause zu kommen (Friseur, 3 1 ) . Er half mir des öfteren, eine Zugreservierung zu bekommen (Journalist, 4 2 ) . Meine Eltern wollten mich verheiraten, ich aber wollte es nicht. Ich betete zu H a numän und das hatte Wirkung: Ich bin noch immer unverheiratet (Studentin, 2 0 ) . Ich war auf dem Weg nach Muradäbäd, als mein Zug entgleiste. Der Waggon, in dem ich war, blieb aber auf den Schienen (Gemischtwarenhändler, 5 3 ) . H a n u m ä n j i hat mich schon öfter vor Knochenbrüchen bewahrt. Einmal überfuhr eine Motorrikscha meinen Fuß, und ein anderes M a l stieß der Motorroller, auf dem ich saß, mit einem anderen zusammen. Beide Male passierte nichts. Wer sonst außer Hanumän hätte mich beschützen können? (Angestellte, 3 8 ) . Meine erste Ehe war nicht glücklich verlaufen, und ich wollte mich von meiner Frau trennen. Doch die Gerichtsverhandlungen zogen sich über Monate dahin, ich

8 6 Tab. Alter/Hilfeleistung (in Prozent, η = 3 4 4 ) 1 9 - 2 5 J.

andere

32,1 67,9 100,0 (n = 5 6 )

15,3 84,7 100,0 (n = 2 8 8 )

beruhigt; beseitigt Ängste andere

chi-Quadrat = 9; d f l ; ρ < 0 , 0 1 8 7 Tab. Kastengr./Hilfeleistung (in Prozent, η = 3 4 0 )

beruhigt; beseitigt Ängste andere

chi-Quadrat = 6,5; d f l ; ρ < 0 , 0 2

Viehz.

andere

34,4 65,6

16,2 83,8

100,0

100,0

(n = 32)

(n = 3 0 8 )

Ergebnisse

171

steckte fest. Die Verehrung Hanumänjls bewirkte Wunder: Alles wurde geklärt, ich konnte erneut heiraten und führe jetzt ein glückliches Eheleben. Das war das einzige Mal, daß ich Hanumänjl um irgendetwas regelrecht anflehte und er gewährte es. Denn ich stand damals ganz allein, müssen Sie wissen, ohne jegliche Hilfe von Seiten meiner Familie oder meiner Freunde (Firmenmanager, 40).

Etwas zahlreicher als in der letzten Tabelle waren diesmal die Antworten, in denen betont wurde, daß man dank Hanumän einen gesundheitlichen Nutzen verspüren konnte. (Abgesehen von den recht häufig erwähnten Unfällen, denen man ebenfalls wegen des affengöttlichen Beistandes glaubt, entkommen zu sein, und die hier diesmal unter »anderen konkreten Situationen« subsumiert sind.) So erfuhr man z. B. eine Steigerung der Körperkraft, eine Verbesserung der Gesangsstimme und physische Hilfe bei einem Ringkampf. Außerdem brachte einer der Befragten seine Dankbarkeit Hanumän gegenüber zum Ausdruck, weil der Affengott seiner Ansicht nach den Menschen mit vollkomenen Gliedmaßen ausstattet. Befragte mit einer niedrigeren Schulbildung gaben öfter als die anderen an, daß Hanumän ihnen in gesundheitlichen Dingen geholfen hat (p < 0 , 1 ) . 8 8 Werfen wir nun einen Blick auf die Gruppe der Antworten, die einen materiellen, finanziellen Charakter haben. Er half mir sehr oft. Als ich noch Student war, kam ich dank ihm zu einem gutbezahlten Nebenjob. Und unlängst konnte ich die nepalesische Grenze passieren, ohne meine Ware verzollen zu müssen (Händler, 36). Hanumän hat uns stets sehr geholfen (ban sabäyatä). Ich habe meines Vaters Laden, wo er früher ausschließlich ayurvedische Medizin verkaufte, in eine moderne Apotheke umgewandelt. Auf meinen Rat hin nahm mein Bruder ein Pharmaziestudium auf. Jetzt läuft alles sehr gut und es gab eigentlich nie größere Probleme (Arznei- und Gemischtwarenhändler, 40). Er half mir in einer Notlage, als ich keine Anstellung hatte. Dank ihm bekam ich einen Arbeitsplatz (Chemielaborant, 35).

Etwa gleich groß waren auch bei dieser Frage die beiden letztplacierten Gruppen. Keine konkrete Hilfe erfuhren 2 9 Befragte, und 2 8 erklärten, Hanumän habe schon mal in der Schule oder beim Studium Beistand geleistet: Der Tempel ist gleich hinter meiner Schule, und immer, wenn eine Prüfung naht, gehe ich und bete zu Hanumän. Er hat mich bis jetzt noch nie im Stich gelassen (Schülerin, 17).

88 »Niedere« Kasten: fast ein Drittel positive Antworten unter »Krankheit«.

172

Hanumänverehrer antworten

Während meiner Studienzeit habe ich zu ihm gebetet, er möge mir Glück bringen, was er dann auch immer getan hat (Hausfrau, ο. Α.).

3 . 1 . 3 . Wie wird man ein Hanumänverehrer? Das Verhältnis Verehrer-Gottheit ist im indischen Kontext auf mindestens zwei Arten gleichzeitig konzipiert: über den Begriff der kuladevatä (»Familiengottheit«, »Clangottheit«) einerseits und über den der istadevatä (»Wunsch- oder Wahlgottheit«) andererseits. Die kuladevatä ist eine Gottheit, die seit mehreren Generationen in einer Familie verehrt wird, und die Anfänge dieser Verehrung verlieren sich heute für die meisten im Dunkeln. 8 9 Oft konvergiert der Begriff der Familiengottheit mit dem der grämadevatä (Dorfgottheit). Auf der anderen Seite kann sich jeder je nach persönlicher Einstellung eine eigene Gottheit (oder auch mehrere) auswählen, der (oder denen) er hingebungsvoll dienen und die er bei Bedarf auch wechseln kann. Die familienbedingte, häufig verblaßte Bindung an einen bestimmten Gott wird somit durch einen »persönlichen«, individuell gewählten Gott komplementiert. In der Praxis sieht das freilich häufig so aus, daß die individuelle Entscheidung zugunsten einer Gottheit ihrerseits von der religiösen Sozialisation im Elternhaus abhängt: Eine der vom Vater, Großvater usw. bevorzugten Gottheiten wird zur istadevatä der Kinder. Auch viele Besucher von Hanumäntempeln sind in den Hanumänglauben »hineingewachsen« bzw. haben »hineingeheiratet«: Verwandte oder Bekannte nahmen sie in ihrer Kindheit regelmäßig zu den Tempelbesuchen mit. Junge Frauen gehen manchmal mit ihren Schwiegereltern oder mit dem Ehemann (in mehreren Fällen) zum ersten Mal in einen Hanumäntempel. Die »Wunschgottheit« (istadevatä) - und nicht die Familiengottheit - Hanumän wird von Generation zu Generation weitergereicht. Als Illustration sollen auch hier mehrere Übersichten dienen. Sie sollen zeigen, daß a) in den meisten Fällen ein erster Besuch im Hanumäntempel (häufig in Begleitung) schon sehr früh erfolgte, und b) die Befragten recht häufig von Familienmitgliedern zum ersten Mal in den Tempel mitgenommen wurden. 8 9 Anhand eines Beispiels aus Südindien liefert L. Kjaerholm wertvolle Einsichten. Vgl. L. Kjaerholm, »Kula Teyvam Worship in Tamilnadu: A Link between Past and Present«, in: G. Eichinger Ferro-Luzzi (Hg.), Rites and Beliefs in M o dern India, Delhi 1 9 9 0 , 6 7 - 8 8 .

173

Ergebnisse a) Zeitpunkt des ersten Tempelbesuchs (in Prozent, η = 3 4 4 ) bis 9 Jahre 1 0 - 1 4 Jahre 15-21 Jahre 2 2 - 3 0 Jahre 31+

k. A.

49,4 23,5 13,1 5,2 0,9

7j8

100,0

Eine genaue Angabe des Erstbesuchsalters war den Befragten in mehreren Fällen nicht möglich, und wurde auch nicht unbedingt erwartet. Die Kategorien wurden so angelegt, daß sie eine problemlose Einordnung auch der etwas unschlüssigen Aussagen erlaubten. Im Grunde bestätigen diese und die folgenden Zahlen die oft geäußerte Feststellung, daß Kultur - und somit auch Religion - überwiegend in der Kindheit angeeignet oder erworben wird. Persönliche Erfahrungen und Erlebnisse spielen in den Religionen eine eher untergeordnete Rolle, ebenso »Gefühle« (ζ. B. Rudolf Ottos sensus numinosus). In der Kindheit erlernte Verhaltensmuster bestimmen weitestgehend das spätere - auch das religiöse - Handeln. 90 Knapp die Hälfte der Befragten besuchte vor der Erfüllung des 10. Lebensjahres einen Hanumäntempel, und insgesamt fast drei Viertel vor dem Erreichen des 15. Lebensjahres. b) In wessen Begleitung erfolgte der erste Besuch eines Hanumäntempels? (in Prozent, η = 3 4 4 ) Eltern 9 1 allein Freund/Freundin andere 9 2 Großeltern Schwiegermutter Ehegatte k. A.

39,5 20,3 10,2 8,4 6,1 4,4 0,6 10.5 100,0

Eher typisch erschien der folgende Werdegang: Ich muß wohl so 7 oder 8 Jahre alt gewesen sein und hatte natürlich viel Unfug im Kopf damals. Z u meinen Gewohnheiten gehörte allerdings auch, daß ich in unre9 0 Vgl. A. Michaels, Der Hinduismus, 114. 91 »Vater«: 7 7 ( 2 2 , 4 % ) , »Mutter«: 2 8 ( 8 , 1 % ) , »Eltern«: 31 ( 9 % ) . 9 2 Onkel, Tante, Nachbar, Dorfbewohner usw.

174

Hanumanverehrer antworten

gelmäßigen Abständen in den Mänas-Tempel reinschaute, weil dort ein Priester ein Bekannter meines Vaters übrigens - beschäftigt war, der sehr schöne Geschichten über und mit Hanumänji erzählen konnte. »Kinder sollten Hanumänjl verehren«, pflegte dieser püjärt zu sagen. Mein Vater ging oft in den Sankat-MocanTempel und er nahm mich manchmal auf seinem Fahrrad mit. Etwa mit 13 oder 14 Jahren begann ich dann, allein in den Hanumäntempel zu gehen, und betete meistens um Kraft und Muskeln und darum, daß unsere Mannschaft im kabaddt gewinnen soll. (Wir trafen uns nämlich nachmittags immer hinten auf dem Rämlllä-Aufführungsplatz zum Spielen) (Getreidehändler, 42).

Die Gespräche mit dem Priester, ergänzt durch die gemeinsamen Hanumäntempelbesuche mit dem Vater liefern hier die entscheidenden Anstöße. Das altersspezifische spielerische Element kommt dabei im Bericht gut zur Geltung: Der Tulsl-Mänas-Tempel mit dem großen, schattigen Tempelpark und dem märchenerzählenden Priester, die Fahrten auf dem Rad des Vaters, das spielerische Kräftemessen mit den Gleichaltrigen in der frühen Pubertät. Überhaupt tauchte in den Interviews dieser verspielt-spielerische Zugang immer wieder auf: Ich ging oft zur Rämlllä, und als ich nach Hause kam, benahm ich mich, als wäre ich Hanumänji: Ich bastelte mir eine Keule und stolzierte umher, blies meine Bakken auf. Einmal brach ich mir sogar einen Schneidezahn, als ich vom Bett »in den Ozean« hechtete. Ich war 9 oder 10 damals (Getreidehändler, 47).

Der erste Tempelbesuch fand zumeist in Begleitung statt, und in der Rückblende nahm dieser für einige unter den Befragten fast initiatorische Züge an. In der Regel verstrich ein längerer Zeitraum, in der man entweder weiterhin den Tempel in Begleitung aufsucht oder aber gar nicht mehr hinging, bis zum individuell gefaßten Entschluß, Hanumän regelmäßig im Tempel zu verehren. Eine Nachfrage, die diesen Zeitpunkt - den ersten selbständigen Tempelbesuch - betraf, ein Zeitpunkt, der mit einiger Vorsicht als Beginn der »Hanumänverehrerschaft« bezeichnet werden kann, ergab eine relativ hohe Konzentration in der Kategorie » 1 5 - 2 1 Jahre«. 9 3 Sehr gering hingegen war die Zahl derer, die 93 Ab wann begannen die Befragten eigenständig und regelmäßig in einen Hanumäntempel zu gehen? (in Prozent, η = 3 4 4 ) bis 14 Jahre 15-21 Jahre 2 2 - 3 5 Jahre 36+ k. A.

23.3 40.4 16,2 6,1 14,0 100,0

Ergebnisse

175

erst relativ spät (nach dem Alter von 36 Jahren) zu ausgewiesenen Hanumänverehrern wurden. Etwa die Hälfte aller Befragten ging zum ersten Mal in Begleitung eines Familienangehörigen (Eltern, Großeltern, Schwiegermutter, Ehegatte) in einen Hanumäntempel. Nur jeder Fünfte gab an, einen Tempel des Affengottes zum ersten Mal ohne Begleitung besucht zu haben. Doch auch in dieser Kategorie zeugten die Antworten von der entscheidenden Beeinflussung durch Bekannte oder Verwandte: Als ich so etwa 17-18 Jahre alt war, ging ich immer zu meinem Nachbarn, um die Zeitung zu lesen. Ich hatte zwar schon davor das Rämäyana im Fernsehen gesehen, war aber kein Verehrer (bhakt) Hanumäns. Es war Phülcandjl, mein Nachbar, der zu mir sagte, ich möge doch Hanumäntempel besuchen, anstatt nutzlos die Zeit zu vergeuden. Wenig später begann ich, in Hanumäntempel zu gehen (Student der Politikwiss., 22).

Meine Mutter sagte mir vor drei-vier Jahren, daß es gut wäre, wenn ich Hanumänjl besuchen würde. Denn er verleihe Wissen und gebe geistigen und seelischen Frieden. Damals ging ich zum ersten Mal in einen Hanumäntempel (Schüler, 15). Dabei waren diejenigen, die zum Besuch eines Hanumäntempels aufforderten, erwartungsgemäß in der Regel selber Hanumänverehrer, wobei es auch hier Ausnahmen gab. In einigen Fällen war der Impulsgeber nicht mehr deutlich auszumachen, in anderen schien man sich vermeintlichen »ungeschriebenen Gesetzen« zu fügen. Der folgende Ausschnitt bringt einen weiteren Zugang zur Hanumänverehrung ins Spiel: das Ringen in den akhäräs, den indischen »Gymnasien«: Ich kannte in meiner Kindheit nur Krsna, über den mir meine Großmuter sehr viel erzählt hatte. Später sagten mir meine Klassenkollegen, daß Jungen in unserem Alter Hanumän zu verehren haben. Also ging ich in den Hanumäntempel und begann gleichzeitig, regelmäßig in einen akhärä zu gehen, um dort zu ringen und zu trainieren (Student, 21).

3.1.4. Hanumän und die Ringer Hanumän gilt in Benares als der Gott der Ringer schlechthin: In praktisch jeder der zahlreichen Trainingsstätten (akhärä) steht ein Schrein des Gottes, und die Ringer beginnen erst mit dem Training, nachdem sie einige Augenblicke vor dem Götterbild verharrt haben. 94 Neben solchen Trainingsstätten entwickelt sich nicht selten ein richtiger Tempelbetrieb, wenn der meistens kleine akhärä-Schrein vergrößert wird und

176

Hanumanverehrer antworten

auswärtige Besucher zugelassen werden. Es ist nicht immer einfach, die Entwicklungsgeschichte solcher Tempel mit angeschlossenen Ringkampfarenen (»was war zuerst da?«) zurückzuverfolgen. Doch kann festgehalten werden, daß unter den untersuchten Tempeln die Tempelanlage von Siur eine solche Arena besitzt, und daß sich im Hof des Tempels am Hanumänghät bis vor ca. 15 Jahren Geräte für körperliche Ertüchtigung befanden. Von dieser Warte aus betrachtet, erscheint ein enger Zusammenhang zwischen der Hanumänverehrung und dem Ringen in den akhäräs, bis hin zu einer stellenweisen Deckungsgleichheit des in den akhäräs und in den Hanumäntempeln verkehrenden Publikums, naheliegend. In der Pilotstudie aus dem Jahr 1995 hatte ich mir einen Aufschluß über die Verbindung zwischen der Hanumänverehrung und dem Ringen erhofft, indem ich die Frage nach der liebsten Freizeitbeschäftigung um den Zusatz »Sport« ergänzte. Die Zahl der positiven Antworten war erstaunlich gering: Von den damaligen 4 4 ausschließlich männlichen Befragten gab nur einer an, aktiv Ringkampf zu betreiben, und lediglich drei pflegten früher regelmäßig den akhärä zu besuchen. Ich neigte in meinen Schlußfolgerungen damals scheinbar folgerichtig dann auch dazu, diesem Aspekt Hanumäns bei den Besuchern des untersuchten Tempels eine eher geringe Bedeutung zuzuschreiben. In diesem Punkt unverändert wurde die Frage auch für die vorliegende Studie übernommen und wir erzielten bei den ersten beiden in Benares beobachteten Tempeln ähnlich geringe Werte wie drei Jahre zuvor: Nur zwei Besucher des Hanumänghät-Tempels gaben an, sie seien früher Ringkämpfer gewesen, und ein Besucher des Bankatl-Tempels, ein Taekwondo-Ausbilder, meinte, Hanumän sei sein Kampfsport-Lehrer {guru) und Vorbild. Die Vermutung, daß uns ein Befragungsfehler unterlaufen war, wurde allerdings - je näher der Abschluß der Befragungen an diesen ersten beiden Tempeln rückte - allmählich zur Gewißheit. Auf die Komplexität des Phänomens »Ringkampf« in seiner für die Stadt Benares spezifischen Ausformung haben mehrere Autoren hinge-

9 4 In Benares gibt es heute mehr als 2 0 0 akhäräs, die im Durchschnitt etwa 2 5 30 ständige Mitglieder haben (es existieren aber durchaus auch kleinere Vereine mit 5 - 1 0 sowie auch größere mit bis zu 7 0 regelmäßigen Besuchern). Das Alter der Aktiven bewegt sich dabei zwischen 8 und 6 5 Jahren. In jeder Trainingseinrichtung steht ein Schrein, der dem Affengott geweiht ist, und jede Trainingseinheit beginnt mit einem Gebet vor diesem Schrein (nach J. Alter, s.u.). Siehe dazu auch das Kapitel »Akhäräs: religiöse Kraft-Zentren«, in: A. Michaels, Der Hinduismus, 3 0 1 - 3 0 4 .

Ergebnisse

177

wiesen. 95 Gemeinsam mit dem den alteingesessenen Einwohnern (und nicht nur ihnen) eigenen Dünkel, den man gemeinhin mit dem Ausdruck banärsipan bezeichnet, und der sich im wesentlichen zusammensetzt aus Elementen wie z. B. »Altstadt als heiliger Bezirk«, »ghät-Kultur«, »morgendliches Bad im Ganges«, »Kauen von Betelblättern«, »bahrt alang« (an das »andere Ufer« fahren, seine Notdurft verrichten, Kleider waschen, Picknick mit Freunden), zyklische Zeiten für Pilgerfahrten usw., stellt das Ringen in Benares im Bewußtsein seiner Anhänger eine wichtige Säule der traditionellen Lebensweise dar. Denn auch in Benares sind die Äußerungsformen der »modernen«, »westlichen« Lebenseinstellung immer deutlicher sichtbar, und für sie gibt es bereits neologistische Wortprägungen wie »filmy fashion«, »disco-mentality«, die alles andere als schmeichelhaft sind. Das kulturelle Leben in Benares, das »BanärsTtum«, und auch das Ringen werden von den eher traditionell eingestellten Bewohnern der Stadt als Gegengewichte dazu gesehen und häufig auch bewußt in diesem Sinne gepflegt. Der von uns gewählte Weg, die Nähe der Besucher zum Ringkampf unter der Kategorie »Freizeit/Sport/Hobbies« zu erfahren hat sich nicht bewährt, weil für die meisten (aktiven und ehemaligen) akhärä-Mitglieder das Ringen weder nur ein Sport, noch eine bloße Freizeitbeschäftigung, sondern vielmehr eine den gesamten Alltag durchdringende und beherrschende Lebensweise mit strengen Regeln z. B. zur Ernährung, zur Sexualität usw. ist. Der Gott Hanumän spielt eine zentrale Rolle im Leben der aktiven Ringer, er ist ein ethisch-moralisches Vorbild, dem man nacheifert. Besonders drei der häufig genannten Merkmale des Affengottes erscheinen für sie als ausschlaggebend und erstrebenswert: sakti (Kraft und göttliche Energie), bhakti (bedingungslose Hingabe Räma gegenüber) und brahmacarya (sexuelle Enthaltsamkeit, eine in der Vorstellung der Ringer notwendige Bedingung für die beiden erstgenannten Merkmale). Nach Abschluß der Befragungen bei den ersten beiden Tempeln beschlossen wir, anders an die Aufklärung der vermuteten Affinität der Hanumänverehrer für das Ringen (oder umgekehrt: der Ringer für die Hanumänverehrung?) heranzugehen. Bei der Untersuchung der näch-

95 So zum Beispiel N . Kumar in The Artisans of Banaras; J. S. Alter in mehreren Artikeln (z. B. »Hanuman and the Moral Physique of the Banarsi Wrestler« in: Β. R. Hertel, C. A. Humes (Hg.), Living Banaras. Hindu Religion in Cultural Context, Albany 1993, 127-144, auf den ich mich im folgenden hauptsächlich beziehe), und in seiner Dissertation: J. S. Alter, The Wrestler's Body. Identity and Ideology in North India, Berkeley, Los Angeles, Oxford 1992.

178

Hanumanverehrer antworten

sten beiden Hanumäntempel in Benares fragten wir die männlichen Besucher am Ende der Interviews geradeheraus, ob sie aktive Ringer seien, oder jemals den akhärä über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig besucht hätten. Ganz anders sahen infolgedessen die erzielten Ergebnisse aus: Tab. Tempel/akhärä-Besucher (männl., in Prozent, η = 83) Η. Phätak

Dvärkädhls

34,9 65,1

40 60

ja nein

100,0

100

(n = 4 3 )

(n = 4 0 )

Weit mehr als ein Drittel aller in Frage kommenden Befragten beantwortete die Frage affirmativ und somit wird deutlich, daß unter den Besuchern der untersuchten Hanumäntempel eine relativ hohe Zahl von ehemaligen oder aktiven akhärä-Besuchern vertreten ist. Eine richtige Operationalisierung bzw. eine Umsetzung des im wesentlichen früh erkannten kulturellen Standards »Ringen und Hanumän« hätte zwar ein wesentlich kompletteres Bild ergeben, doch die erzielten Ergebnisse vermitteln auch so einen Eindruck von der gegenseitigen Durchdringung der beiden Bereiche »Ringen« und »Hanumänverehrung« in Benares.

3 . 2 . Das Gottesbild 3 . 2 . 1 . H a n u m ä n : ein »Hochgott«? Der Status des Gottes in Affengestalt erfuhr im Laufe der Jahrhunderte eine wesentliche Veränderung. Hanumän ist nicht mehr nur der vom Dichter Tulsidäs neu modellierte ergebene Diener des Gottes Räma, nicht mehr nur der unerschrockene Bote und Kämpfer im Dienste seines Herrn, sondern seinerseits ein Gott, den Menschen und Mythen gleichermaßen nicht selten als übermächtig und unabhängig porträtieren. Das ist im Kontext der gegenwärtig alles durchdringenden bhakti-Religiosität nicht ungewöhnlich. 96 Im Rahmen der religionswissenschaftlichen Begriffsbildung bietet sich für diese Art von Gottesvorstellung der Begriff »Hochgott« als klassifikatorische Kategorie an, die allerdings,

96

Siehe dazu zum Beispiel D. N. Lorenzen (Hg.), Bhakti Religion in North India, Albany 1 9 9 5 .

Ergebnisse

179

wie bald deutlich wird, nur mit gewissen Einschränkungen auf Hanumän zutrifft. Nach der Definition von Chr. Elsas »wird unter Hochgottglaube der Glaube an ein Höchstes Wesen verstanden, das durch eine das menschliche Leben bedingende absolut erhabene Urmächtigkeit ausgezeichnet ist. Der Begriff impliziert anders als »Monotheismus« keinen Ausschluß anderer Götter, jedoch eine bestimmte Qualifizierung der mit »Henotheismus« und »Monolatrie« angesprochenen Verehrung, die sich für den Moment der Anrufung auf die Gottheit konzentriert.« 9 7

Wie die meisten allgemein gehaltenen Definitionen, zeichnet sich auch diese durch eine gewisse Unscharfe aus. Hanumän paßt hervorragend hinein und die meisten anderen großen Götter des indischen Pantheons wohl ebenfalls. Elsas geht dann weiter auf »konstitutive Aspekte des Hochgottglaubens« ein, und beginnt mit einigen soziomorphen Kategorien 9 8 : Souveräne Position, Personenhaftigkeit mit anthropopsychischen Zügen, Verkörperung des Guten und prinzipiell überragende Machtfülle. Diese Eigenschaften erfüllt Hanumän ohne große Mühe. Etwas Flexibilität und Bereitschaft zu Konzessionen erfordert der kosmisch geprägte Bestimmungspunkt »Residenz in einer oberen Region«, mit gleichzeitiger Verbindung zu Naturerscheinungen und Himmelskörpern. Hanumän legt im Nationalepos Rämäyana lange Strecken durch die Lüfte fliegend zurück, hohe Berge und naturgemäß auch Bäume gehören zu den imaginierten bevorzugten Aufenthaltsorten des Gottes in Affengestalt. Sein Vater ist Väyu, der mächtige Windgott, und als Kind will Hanumän die Sonne aufessen. Die Gefahr scheint reell zu sein, wenn kein geringerer als der Götterfürst Indra seinen gefürchteten Donnerkeil zur Abwehr des drohenden Unheils einsetzen muß. Hanumän kontrolliert außerdem den Einfluß der mächtigen Planetengottheiten Mahgal (Mars) und Sani (Saturn). Unter dem »kausalen Aspekt des Hochgottglaubens« erscheint bei Elsas als weiterer Bestimmungspunkt »die Beziehung zur Existenz des endlichen Seins«. Hanumän ist kein Schöpfergott, und er tritt auch nicht als Zerstörer der Welt in Erscheinung. Weit verbreitet ist jedoch der Glaube, daß im jetzigen »dunklen« Zeitalter des Kaliyuga (trad, seit ca. 5 0 0 0 Jahren) einzig er und die Göttin Durgä für die Menschen da 97

98

Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe (HrwG), Bd. III, 1 5 7 . Zum Folgenden ebenda, 157f., siehe auch B. Gladigow: »Gottesvorstellungen«, in HrwG, Bd. III, 3 3 - 4 9 . In Anlehnung an J. Haekel, »Religion«, in: H. Trimborn (Hg.), Lehrbuch der Völkerkunde, 1 9 7 1 (4. Aufl.), 9 8 .

180

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sind und das Leben überhaupt ermöglichen. Als direkter Ausdruck dessen sollten die Hypostasen Hanumäns als Nahrungsspender in der Landwirtschaft (häufig ausgedrückt in der Form von Primitialopfern im Hanumäntempel in Siur) sowie als Gewährer von Nachkommen gesehen werden. Die »letzte notwendige Bestimmung« Elsas', nämlich »Anfangslosigkeit, Unsterblichkeit und Unveränderlichkeit«, erfüllt der Affengott am wenigsten. Die bekannte und variantenreiche Geburtsgeschichte verbindet ihn unter anderem zum Beispiel mit den allseits anerkannten »Hochgöttern« Visnu und Siva. Daß Hanumän im anderen indischen Nationalepos, im Mahäbhärata, als alter, aber noch sehr rüstiger Gott auftritt, verstehen wir als dramaturgischen Kunstgriff. Von einer unüberbrückbaren Entfernung, von einer absoluten Transzendenz Hanumäns zu den Menschen kann aber auf keinen Fall die Rede sein. Und wenn es hauptsächlich diese Entfernung ist, die den Unterschied ausmacht zwischen einem »Hochgott« und den anderen Göttern, so ist auf jeden Fall Vorsicht geboten, wenn es um die Anwendung des Begriffs »Hochgott« auf Hanumän geht. Manch einer der etablierten Hochgötter des indischen Pantheons hätte unter diesen Voraussetzungen allerdings wohl ebenfalls Schwierigkeiten, seinen Titel zu verteidigen ... Die erzielten Befragungsergebnisse bezogen auf Allmacht, Unabhängigkeit und Eigenständigkeit Hanumäns, sowie auf dessen Position innerhalb des indischen Pantheons (im Verhältnis zu den »großen« Göttern Siva, Visnu, die Göttin, Ganesa) ergeben kein eindeutiges Bild. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (ca. 8 0 % ) war der Ansicht, daß Hanumän keinerlei Einschränkungen von welcher Seite auch immer auferlegt werden können. Er ist - so der Grundtenor - niemandem in irgendeiner Art Rechenschaft schuldig und muß sich keinem anderen Gott beugen. Sein Aktionsradius ist unbegrenzt, seine Macht allumfass e n d . " Diese Einschätzung war auf dem Land ausgeprägter als in der Stadt. 1 0 0 Die Befragten mit einem sivaitischen Hintergrund äußerten 99

Bei der Befragung gebrauchten wir das Wort sarvasaktimän für »allmächtig«, waren uns aber bewußt - und das bestätigte sich alsbald - , daß einige Tempelbesucher hierunter nichts anderes als eine simple Steigerung von saktimän/saktisäli (»kraftvoll«, »mächtig« in einem eher rein physischen Sinn) verstehen. Aus diesem Grund lieferten wir bereits während der Frage eine Erklärung des Wortes nach. 1 0 0 Die beiden Dorftempel erzielten Werte von jeweils über 9 0 % , die Stadttempel zusammengenommen um 7 0 % , mit den beiden Randwerten Hanumänghät 6 0 % , H.-Phätak 8 2 % .

181

Ergebnisse

sich in dieser Frage zurückhaltender als diejenigen, die aus visnuitisch oder säktistisch geprägten Familien kamen. 1 0 1 Personen mit einem tieferen Bildungsstand und niedrigerem Einkommen tendierten dazu, Hanumän eine größere Macht zu bescheinigen, als höher qualifizierte und besser verdienende. 1 0 2 Ebenso sind Händler eher von der Allmacht Hanumäns überzeugt als Angestellte, 1 0 3 höhere Kastengruppen skeptischer als niederere. 1 0 4 Trotz der bescheinigten Allmacht sind die meisten Befragten (mehr als 8 0 % ) der Meinung, Hanumän sei den Menschen sehr nahe, und erfülle gleichzeitig auch eine Rolle als Vermittler für diejenigen, die zu Gott Räma beten möchten. 1 0 5 Zur Einordnung in das indische Pantheon scheinen die Daten zum Verhältnis Hanumän-Siva und Hanumän-Visnu auf den ersten Blick weniger geeignet. Eine untergeordnete Stellung Hanumäns wird da-

101 Tabelle »allmächtig« nach »religiöse Zugehörigkeit des Vaters« (d. h. wen verehrt der Vater) (in Prozent, η = 1 7 2 )

ja nein

Vaisnava

Saiva

94,1 5,9

77,8 22,2

100,0

100,0

(n = 1 1 8 )

(n = 5 4 )

chi-Quadrat = 9 , 8 6 ; d f l ; ρ < 0 , 0 1 . (Ähnliche Werte bei »allmächtig« nach »rel. Zugehörigkeit der Mutter«) 1 0 2 Tab. »allmächtig« nach Schulbildung (in Prozent, η = 2 0 5 ) : bis 8 Klassen ja nein

94,0 6,0

bachelor/bachelor+ 73,6 26,4

100,0

100,0

( n = 133)

(n = 72)

chi-Quadrat = 1 6 , 9 6 ; d f l ; ρ < 0 , 0 0 1 Tab. »allmächtig« nach Einkommen (in Prozent, η = 2 2 3 ) :

ja nein

bis 2 5 0 0

2500+

91,5 8,5

76,8 23,2

100,0

100,0

(n = 1 4 1 )

(n = 82)

chi-Quadrat = 9,3; d f l ; ρ < 0,01 (»k. A.« bzw. »kein Einkommen« eliminiert)

182

Hanumanverehrer antworten

durch suggeriert, daß er den Mythen gemäß als Diener Rämas/Visnus, sowie als Form/VerkörperungAzrastf (»Teil«) Sivas erscheint. Daß ihn das jedoch nicht zwingend herabsetzen muß, zeigen mehrere Beispiele aus der indischen Religionsgeschichte. Nach der Gupta-Zeit (ab dem 7. Jh.) erfuhren viele lokale Kulte auch als Folge des Zerfalls der Großreiche und dem daraus resultierenden Mangel an politischer und religiöser Hegemonie eine Aufwertung.106 So wurde aus dem lokal verehrten Ebergott Varäha eine Erscheinungsform Visnus. Ebenso erging es Gestalten wie Parasuräma und Krsna-Vasudeva. Zahlreiche andere Lokalgottheiten gehen in Siva, Visnu oder in der Gestalt der Göttin auf. Wir wissen, daß Inkarnationen (avatäras) und »Teile« (amsas) ihrerseits mächtige und dem übergeordneten Gott gleichwertige Götter sind, und nicht selten bilden sich Kulte und Schulen heraus, die die betreffenden Verkörperungen als Höchsten Gott verehren. Das vielleicht beste Beispiel dafür ist Räma selber, der schon sehr früh als avatära anerkannt wurde, und dessen Name heute indienweit gleichbedeutend mit »Gott« geworden ist. Die im 7. Jh. in Südindien aufkommenden und einige Jahrhunderte später auch in Nordindien sich verbreitenden bhakti-Bewegungen hatten im Endeffekt die gleiche Wirkung: In der südindischen bbakti-Keiigiosität z. B. wurden die lokalen Götter ebenfalls zu Erscheinungsformen Sivas oder Visnus erklärt. So wurde Murukan später zu Skanda, Sivas Sohn und Tirumäl eine Erscheinungsform Visnus.

1 0 3 Tab. »allmächtig« nach Beruf (in Prozent): Händler/kl. Untern.

Angestellte

88,9 11,1

63,2 36,8

ja nein

100,0

100,0

(n = 7 2 )

(n = 3 8 )

chi-Quadrat = 1 0 , 2 7 ; d f l ; ρ < 0 , 0 1 1 0 4 Tab. »allmächtig« nach Kastengruppen (in Prozent): Brahm./Landbes. ja nein

78,5 21,5

Viehz./Handw./»niedere« K. 93,5 6,5

100,0

100,0

(n = 7 9 )

(n = 77)

chi-Quadrat = 7 , 2 4 ; d f l ; ρ < 0 , 0 1 1 0 5 Siehe dazu den Abschnitt »Hanumän und Räma« 106 Vgl. A. Michaels, Der Hinduismus, 59f., zum Folgenden auch 2 7 8 .

Ergebnisse

183

In der Befragung wandten wir uns an Besucher von Hanumäntempeln, an Menschen, in deren Augen Hanumän wahrscheinlich ohnehin eine höhere Wertigkeit aufweist als in den Augen derer, die keine Hanumäntempel besuchen. Doch in der gleichen Situation befindet sich Siva in der Meinung der Sivatempelbesucher usw. 1 0 7 , und dies tut seinem »Hochgottstatus« auch keinen Abbruch. Es würde also in diesem Zusammenhang daher nicht viel bringen, Besucher von, sagen wir, Ganesatempeln nach dem Status Hanumäns zu fragen. Wir erhoffen uns einige Aufschlüsse zur Position Hanumäns im Verhältnis zu anderen wichtigen Göttern des Pantheons und fragen deshalb nach der Beziehung zwischen Hanumän und Siva, bzw. Visnu, Durgä, Ganesa, Bhairava. 3 . 2 . 2 . Hanumän und die Göttin Begegnungen zwischen weiblichen Gottheiten und Affen(göttern) sind in der indischen Mythologie des öfteren anzutreffen. 1 0 8 Erinnert sei an dieser Stelle an die Rgveda-Episode mit den Protagonisten Indräni und Vrsäkapi. Im Rämäyana trifft Hanumän auf übernatürliche Gegnerinnen wie Surasä, Simhikä und - in volkstümlichen Varianten des Epos auf die Personifikation der Stadt Lanka, auf die Wächterin Lanka oder Lankini. Während die beiden erstgenannten Gestalten von Hanumän besiegt und getötet werden, bittet dieser Lankini, die Insel zu verlassen, und sich woanders niederzulassen, um dort von den Menschen verehrt zu werden. Mehrere lokale Göttinnentempel in ganz Indien haben diese Geschichte zum Gründungsmythos, die gleichzeitig eine Erklärung dafür liefert, warum neben dem Hauptschrein der betreffenden Göttin auch ein Schrein Hanumäns steht. In anderen bekannten Mythen begegnet Hanumän weiteren verschiedenen Formen der Göttin wie Candikä (Brbaddharmapuräna, 13. Jh.) 1 0 9 , Lankäsundari (Padma-puräna, ca. 7. Jh.), Vetäla Candi oder Kämäksl (Ahirävana-Zyklus) 1 1 0 . 1 0 7 »The god whom one Hindu adores with full devotion as the supreme deity as the only Lord of the universe - that same god may be considered as inferior or even totally insignificant in the eyes of another Hindu.« In: H. v. Stietencron, »Hinduism: On the Proper Use of a Deceptive Term«, in: G. D. Sontheimer, Η. Kulke (Hg.), Hinduism Reconsidered, New Delhi 1 9 9 7 (rev. ed.). 1 0 8 Einige dieser Begegnungen sind von P. Lutgendorf in einem noch unveröffentlichten Manuskript mit dem Titel »Like Mother, Like Son. Sita and Hanuman« aufgearbeitet worden.

184

Hanumanverehrer antworten

Die bekannteste Göttin eines in den Bergen des Punjab beheimateten Kultes der »sieben Muttergottheiten«, Vaisno Devi, steht - wie die lokalen Mythen berichten - ebenfalls in einer engen Beziehung zu Langürvlr/Hanumän. Die Göttin wurde während der Lebenszeit Rämas unter dem Namen Trikutä geboren. Sie übte Askese, um Räma zum Mann zu gewinnen. Als Räma von Trikutä hört, erklärt er ihr, daß er nur eine Frau, nämlich Sita, haben kann, verspricht ihr aber, sie in einer nächsten Inkarnation (als Kalkin) zu heiraten. Begleitet von Hanumän, geht Trikutä ins Himalaya-Gebirge, um die Ankunft Kalkins zu erwarten. 1 1 1

Diese Göttin gewann in den letzten Jahren zunehmend an Popularität. Eine Folge davon ist, daß in ganz Indien Farbdrucke erhältlich sind, die die auf einer Raubkatze reitende (eine Parallele zu Durgä) Göttin Vaisno Devi zeigen, flankiert von Hanumän und Bhairava. 112 Aus den angeführten Beispielen werden Verbindungen und Assoziationen nicht nur auf lokaler Ebene zwischen Göttinnen (die sehr oft als Manifestationen einer/der pan-indischen Göttin gesehen werden 113 ) und Hanumän deutlich. Die Einbeziehung dieses Aspektes (Verbindung Hanumän-Göttin/Durgä) in die Interviews an den Hanumäntempeln in und um Benares hatte somit eine gewisse Legitimität: Es ging nicht nur um eine abstrakte, arbiträr konstruierte Relation. Die farbigen Darstellungen, die Hanumän an der Seite der »durgäisierten« Vaisno Devi zeigen, sind in vielen Basarläden auch in Benares erhältlich, und einige der Befragten besitzen eine solche. Auch räumlich liegen Schreine und Tempel der beiden Gottheiten in Benares häufig nahe beieinander, am auffälligsten zu sehen am Beispiel der Tempel BankatT und Durgä. 114 (F) Welche Beziehung/welcher numän und Durgä?115

Zusammenhang

besteht zwischen

Ha-

1 0 9 Siehe dazu W. L. Smith, Rämäyana Traditions in Eastern India, Stockholm 1988, 132. 1 1 0 W. L. Smith, Rämäyana Traditions ..., 1 5 3 ; Κ. Zvelebil, Two Tamil Folktales, Delhi 1 9 8 7 , xxxix-xl. 111 Siehe K. Erndl, Victory to the Mother, New York, Oxford 1 9 9 3 , 40f. 1 1 2 In Srinagar steht Hanumän ähnlich an der Seite der dortigen Göttin Khir BhavänI. Μ . B. Wangu, The Cult of Khir Bhavänl: Study, Analysis and Interpretation of a Kashmiri Goddess, Ph.D.-Diss., Univ. of Pittsburgh 1 9 8 8 . Vgl. Lutgendorf, »Like Mother ...«, 2 4 . 113 Siehe dazu Κ. Erndl, Victory ..., 4 0 .

Ergebnisse

185

(Da die Abweichungen zwischen den Ergebnissen in der Stadt und auf dem Land zum Teil erheblich waren, werden die Zahlen gesondert aufgeführt.) Tab. Hanumän-Durgä (in Prozent):

Mutter-Sohn

bhakta beide mächtig andere 1 1 6 keine Bez. weiß nicht k. A.

gesamt

Stadt

Dorf

23,3 9,0 6,4 11,6 14,2 26,2 9j3 100,0 (n = 3 4 4 )

15,4 2,7 9,9 15,4 17,2 27,6 11,8 100,0 (n = 2 2 1 )

37,4 20,3 0 4,9 8,9 23,6 4j9 100,0 ( n = 123)

Zu beobachten war ein verhältnismäßig hoher Anteil von Antworten, die die Ratlosigkeit der Befragten angesichts dieser Frage zum Ausdruck brachten (»weiß nicht«). Besonders deutlich zeigte sich dieses bei den vier Stadttempeln, die auch untereinander diesbezüglich erhebliche Unterschiede aufwiesen. 117 Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (siehe oben) richtete sich ein besonderes Augenmerk auf den Bankati-Tempel. 1 1 4 Der Bankatl-Hanumän-Tempel liegt nur wenige Meter vom populärsten Göttinnentempel der Stadt Benares, dem Durgä-Tempel (wegen der vielen dort hausenden Affen auch »Affentempel« genannt), entfernt. Doch auch innerhalb des eigentlichen Durgä-Tempelkomplexes befindet sich unter anderem ein Hanumänschrein.

115 Hanumänji am Durgäjlke

bic mem kyä sambandh hat?

1 1 6 Beispiele: »Durgä ist ParvatT, Siva ist Hanumän« (es wird suggeriert, aber nicht ausgesprochen: Durgä ist Hanumäns Frau); »zu beiden gehen die M e n schen aus Egoismus«; »Hanumän befindet sich auf Durgäs Flagge«; »Durgä ist Sltä«; »beide sind heute jägrt (»wach«, »erwacht«, »aktiv«); »Hanumän und Durgä sind wie Bruder und Schwester«; »beide helfen in Krisenzeiten« u.a. Hier fiel auf, daß die Befragten, die keinen höheren Universitätsabschluß hatten, wesentlich mehr M u t hatten, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen: Es wurde laut assoziiert und kombiniert, es wurden Mutmaßungen angestellt. Die Gruppe der Universitätsabsolventen hingegen war bestrebt, ihre Aussagen mythologisch zu untermauern. Da dieses im Fall Durgäs nicht besonders gut möglich war, kam aus dieser Gruppe die bei weitem größte Zahl von »keine Beziehung« - Antworten ( 3 3 % , im Vergleich dazu: bis 1 0 . Kl. unter 10%). 1 1 7 Dvärkädhls 3 3 , 3 % , Bankati und Hanumänghät um 2 8 % , Hanumän Phätak

20 %.

186

Hanumänverehrer antworten

Hier erklärten allerdings mehr als ein Drittel der Befragten, daß zwischen den beiden Gottheiten keinerlei Zusammenhang bestünde. In diesem Punkt waren die Besucher der Dorftempel zurückhaltender (nur 8,9 % waren der Meinung, daß Hanumän und Durgä nichts verbindet). Sie entschieden sich mit deutlicher Mehrheit für eine Verbindung, die sie als Mutter-Sohn-Beziehung bezeichneten, es gab jedoch häufig Schwierigkeiten mit der Herleitung, mit der mythologisch fundierten Begründung: Durgä ist die Mutter Hanumäns. Aber das werden Sie so in keinem Buch finden (Angestellter, 3 0 ) .

Manchmal wurde betont, daß es sich hierbei nicht um eine »leibliche« Beziehung im eigentlichen Sinne handle: Ich glaube, sie ist wie eine Mutter für ihn (Süßwarenhersteller und -handler, 28). Durgä ist Sita, und Sita ist wie eine Mutter für Hanumän (Krankenschwester, 38).

Einige Befragte stellten die Verbindung über Siva her: Hanumän ist der Sohn Sivas, also muß Durgä seine Mutter sein (Schüler, 16).

Und einige Aussagen waren eher allgemein gehalten: So wie Ganesa und Bhairava devaputras (»Gottessöhne«) sind, ist auch Hanumän einer (Leiter einer Druckerei, 5 8 ) . Durgä ist die Mutter von allen (Angestellter, 2 4 ) .

Mit der auffälligste Unterschied zwischen den Antworten auf dem Land und in der Stadt zeigte sich in der Sparte »bhakta« (»hingebungsvoller Verehrer«, Stadt: 2 , 7 % , Dorf: 2 0 , 3 % ) . Angesichts der etwas unklaren »Verwandtschafts«-Verhältnisse zwischen den beiden Gottheiten übertrugen die Befragten an den Dorftempeln eines der wesentlichen kennzeichnenden Merkmale des Affengottes (bhakti) direkt auf Durgä und lieferten einen weiteren Hinweis auf eine der entscheidenden Entwicklungsrichtungen Hanumäns: Der Affengott, der im Laufe der Jahrhunderte ein Modell des Dienens und der Hingabe an Räma wurde, machte in einem weiteren Entwicklungsstadium eine bedeutende Verwandlung mit: Er wurde zusehends zu einer Verkörperung des bhakti-Konzepts schlechthin. 118 Der Frage »Wer ist nun mächtiger?« (die so allerdings nicht gestellt wurde), schienen die Befragten auszuweichen. Ca. 6,5 % meinten, beide seien mächtig. Vereinzelt hieß es auch, an beide wendeten sich die Men-

Ergebnisse

187

sehen aus »egoistischen Beweggründen«. Wie oben dargestellt, überwog die Ansicht, die beiden Gottheiten verbinde ein Mutter-Sohn-Verhältnis, das zwar nicht zwangsläufig eine Über- oder Unterordnung beinhaltet, jedoch eine klare Aussage trifft hinsichtlich des »Alters«, vielleicht auch der »Altehrwürdigkeit« der besprochenen Gestalten. Die Aussagen, die Hanumän und Durgä innerhalb einer (auch imaginierten) Götterfamilie auf die gleiche Ebene stellten, waren alles in allem recht sporadisch.

3 . 2 . 3 . Hanumän und Visnu/Räma Hanumän und Visnu Ein wichtiges Anliegen der Befragung war, die Beziehung Hanumäns zu den traditionell »großen Göttern« des hinduistischen Pantheons herauszufinden. D a ß die Fragen in ihrer Direktheit manchmal unpassend und linkisch wirken mußten, war Teil der Strategie: Die Befragten sollten den Interviewer ruhig auch mal korrigieren und die Dinge so »ins rechte Licht« rücken. 1 1 9 Hanumän und Visnu sind am engsten und - man würde erwarten am offensichtlichsten über die Gestalt des Räma, der Inkarnation Visnus, miteinander verbunden. Doch der Name Visnus taucht in der Mythologie und in der Ikonographie mehrere Male auch direkt oder in einem anderen Kontext im Zusammenhang mit Hanumän auf: Als die Verführerin MohinI spielt Visnu in der Satarudriya Samhitä des Sivapuräna eine wichtige Rolle bei der Zeugung Hanumäns, in mehreren ikonographischen Darstellungen trägt Hanumän Visnu (und nicht Räma) auf seinen Schultern, und die bekannte fünfköpfige Form Hanumäns (pancamukhi) zeigt die Köpfe von drei weiteren Visnu-

1 1 8 Es fiel jedoch auf, daß auch hier ein direkter Zusammenhang zwischen der Schulbildung und den bbakti-Antworten bemerkbar war: Von den 3 3 Befragten mit einem höheren Hochschulabschluß gab kein einziger diese Antwort. Die Antwort »weiß nicht« z.B. war hingegen gleichmäßig über alle Schulbildungsstufen verteilt, Unterschiede wurden jedoch in der Aufstellung nach dem Alter der Befragten deutlich (ca. 3 8 % »weiß nicht« bis 2 5 J., ca. 1 4 % über 5 0 J.). Z u m Problem der »Bhaktaisierung« Hanumäns siehe auch die Diskussion im Zusammenhang mit Räma. 1 1 9 Die Interviewten zu Experten des Alltags zu machen, ist eine Strategie, die dem problemzentrierten Interview entspricht.

188

Hanumanverehrer antworten

Inkarnationen (Narasimha, Varäha, Hayagriva) sowie vom Reittier Visnus (Garuda). (F) Welcher Zusammenhang/welche numän und Visnu?

Beziehung

besteht zwischen

Ha-

Hanumän und Visnu (in Prozent, η = 3 4 4 )

bhakta

40,4

weiß nicht andere 1 2 0 keine Verbindung k. A.

26,2 14,0 8,7 10,7

100,0

Hier dominierten - wie aus der Aufstellung ersichtlich - die »bhakta«Antworten. Inwiefern sich die Befragten damit wiederum konkret auf Visnus avatära Räma bezogen, kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden: Die Interviewer hüteten sich davor, bei dieser Frage konkret nachzuhaken und Rämas Namen ins Spiel zu bringen (die Frage nach der Verbindung zwischen Hanumän und Räma wurde etwas später als fester Bestandteil jedes Interviews gestellt). Von den ca. 4 0 % »bhalzta«- Antworten spezifizierten die Befragten in ziemlich genau einem Drittel dieser Fälle (ca. 13,5 % , es handelte sich überwiegend um Befragte mit einer höheren Schulbildung), daß Hanumän der Verehrer Rämas, der Inkarnation Visnus sei. Es kann wohl davon ausgegangen werden, daß mit einer ganzen Reihe anderer »bhakta«-Antworten ebenfalls Räma gemeint, jedoch nicht konkret erwähnt wurde. Ich glaube jedoch, daß auch bei dieser Paarung (Hanumän-Visnu) ein - wenn auch geringerer - Anteil an fast reflexartig zu bezeichnenden »bhakta«Antworten, ohne eine direkte Objektbezogenheit eingeräumt werden muß, resultierend aus der oben bereits erwähnten »Bhaktaisierung« des Affengottes. Eindeutige hierarchisierende Aussagen waren auch hier eher selten. Vielleicht 5 % der Befragten ließen deutlich durchblicken, daß Visnu der 1 2 0 Die folgenden Antworten wurden ζ. B. genannt: »Visnu und Siva zeugten gemeinsam Hanumän«; »Hanumän ist ein Teil (amsa) Visnus«; »Die beiden sind Freunde«; »Visnu ist Hanumän übergeordnet«; »Visnu ist Hanumäns Guru«; »Beide tragen eine Keule« u. a. Es fiel auf, daß die jüngsten Befragten (Antwort »andere«, bis 18 J., 2 7 % : etwa doppelt so hoch wie der durchschnittliche Wert) mit der Frage am »kreativsten« umgingen, und auch relativ überraschende Aussagen jenseits des »mainstreams« machten.

Ergebnisse

189

mächtigere der beiden sei. Etwa genauso hoch war die Zahl jener Interviewten, die eine im Epos Mahäbhärata zwar gut belegte, dennoch etwas überraschende Verbindungsvariante aufzeigten: Krsna ist Visnu. Und Hanumän saß auf der Flagge Arjunas, dessen Streitwagen von Krsna selber gelenkt wurde (Versicherungsmakler, 3 7 ) .

Hanumän und Räma Ein großer Teil dessen, was heute in der Regel mit Hanumän assoziiert wird, entstammt dem Epos Rämäyana und dessen Nachfolgern, den volkssprachlichen Rämäyanas. Die wachsende Popularität verdankt der Affenheros - besonders am Anfang seiner Entwicklung, aber zum Großteil auch später - seiner attraktiven, auf Räma ausgerichteten Rolle in der immer bekannter werdenden Geschichte um den zunehmend beliebteren Räma. Mit dem Aufkommen der rämabhakti erhalten die Beziehungen zwischen dem Gott (König) Räma und dem Gott (Ministercum-General) Hanumän eine betont emotionale Wertigkeit, die das Hanumänbild entscheidend prägen sollte, nicht zuletzt durch das poetisch vollendete Werk von Tulsldäs. In der heutigen Zeit scheint jedoch die enge Verbindung Hanumäns zu Räma zunehmend in den Hintergrund zu rücken. Der Abschnitt »Erwartungen und Leistungen« (s.o.) enthält Beispiele dafür, daß in bestimmten Situationen die Hinwendung zum Gott von einem realreligiösen Pragmatismus durchsetzt zu sein scheint, der keinen Raum für irgendwelche Gedanken an Räma oder sonstwen zuläßt. Ich möchte deshalb an dieser Stelle anhand der erhobenen Daten die Frage zu beantworten versuchen, inwiefern die traditionell räma bezogene Position in den Vorstellungen heutiger Hanumänverehrer noch eine Rolle spielt. Wie wichtig ist für die Besucher von Hanumäntempeln Räma, der ehemalige(P) »Vorgesetzte« des Affengottes? Aber auch: Ist den Verehrern des Affengottes im religiösen Alltag die spätestens seit Tulsldäs ein für alle Mal verbriefte liebe- und hingebungsvolle Verehrung Hanumäns Räma gegenüber bewußt? Die Pilotstudie aus dem Jahr 1995 hat gezeigt, daß ein in der devotionalen Literatur vielfach heraufbeschworener 121 dominanter Stellenwert Rämas bei den Besuchern des damals untersuchten Hanumäntempels nicht ohne weiteres bemerkbar war. 1 2 2 In eine ähnliche Richtung weisen auch Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung. Bei dieser Studie wurden in den Fragenkatalog einerseits Fragen eingebaut, die ei121 Siehe z. B. The Kalyana-Kalpataru 38, 1, 1992.

190

Hanumanverehrer antworten

ner E r w ä h n u n g R ä m a s - falls dies die Befragten für nötig empfanden Vorschub leisten sollten, andererseits aber auch solche, in denen direkt nach der Beziehung zwischen R ä m a und H a n u m ä n gefragt bzw. auf diese Verbindung eingegangen wurde. Die Interviewer erwähnten in ihren Fragen R ä m a nur, nachdem alle anderen indirekten Fragen bereits gestellt und beantwortet w o r d e n waren.

122 Der Fragenkatalog der Pilotstudie enthielt keine einzige Frage, die einen direkten Bezug Hanumäns zu Räma herstellte. Sollte Hanumäns Beziehung zu Räma in der Vorstellung der Befragten lebendig sein, gab es genug Anknüpfungspunkte, die für eine Erwähnung ihrerseits Raum boten, ja eine Erwähnung fast schon zu provozieren versuchten. Hier eine Zusammenfassung der damaligen Erkenntnisse: Bei der Frage nach den wichtigsten Merkmalen Hanumäns wurde in knapp 1 5 % der Fälle der Name Rämas oder des Rämäyana angeführt (z. B. »Hanumän ist der Verehrer (bhakta) Rämas«, »Hanumän ist der Helfer Rämas im Rämäyana«). Nur eine dieser Antworten hieß ganz explizit: Hanumän sei das Medium, um zu Räma zu gelangen. Eine weitere Frage sprach das Verhältnis zwischen kuladevatä (Familiengottheit) und istadevatä (Wunschbzw. persönliche Gottheit) an. Einmal tauchte hier Räma als kuladevatä auf, im weiteren Verlauf desselben Interviews dann allerdings nicht mehr. Im Tempel, der für die Pilotstudie ausgewählt wurde, befand sich auch ein Bild Rämas: Ca. 10 % der Befragten bezogen dieses Bild bei dem Tempelbesuch in ihre rituellen Verrichtungen ein, einer der Interviewten räumte der Verehrung Rämas sogar einen herausragenden Stellenwert ein: Räma müsse zuallererst angerufen werden. Alles in allem kam Räma in dem einen oder anderen Kontext bei einem knappen Viertel der Befragten vor. Wenn man dazu noch berücksichtigt, daß einige der Antworten, in denen Räma vorgekommen war, aufzählenden Charakter hatten (z. B. Ablauf der püjä im Tempel), so ist das kein besonders hoher Prozentsatz. Die Länge der Interviews betrug damals zwischen 20 und 30 Minuten, und die Befragten sprachen am Rande der Fragen minutenlang begeistert über Hanumän, über dessen Qualitäten und (Wohl)Taten. Dabei tauchte der Name Rämas im wesentlichen nicht öfter auf als die Namen anderer Götter wie Siva, Visnu, Ganesa usw. In den - vorläufigen - Schlußfolgerungen konnte man also anhand dieser Ergebnisse annehmen, daß die Verbindung zwischen Räma und Hanumän zwar aufgrund des mythologisch-epischen Hintergrundes gut bekannt ist, jedoch für die gegenwärtige Hanumänverehrung keine primäre Rolle spielt. Eine wirkungsvolle, »lebendige« pantheoninterne Verknüpfung zwischen den beiden Gestalten schien eher nicht (mehr) gegeben zu sein. Noch weniger war es möglich, ein wie auch immer geartetes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Räma und Hanumän auszumachen. Vgl. I. Keul, »Ein Gott macht...«, 23-45.

Ergebnisse

191

Eine gute Möglichkeit, den Namen Rämas ins Spiel zu bringen, bot sich für die Befragten z. B. bei der Frage nach den wichtigsten Merkmalen Hanumäns. Da all die bemerkenswerten Taten des Affengottes - und hier verweise ich erneut auf die devotionale Literatur - im Dienste Rämas erfolgen, und Hanumän als der Rämaverehrer schlechthin (paramabbakta, »der höchste Verehrer« oder äcärya, »der (Lehr)Meister«, der rämabhakti) gilt, wäre hier eine gute Gelegenheit gewesen, Räma zu erwähnen. Tatsächlich taten das jedoch nur ca. 25 % der Befragten, was immerhin die zahlenmäßig zweitgrößte Gruppe bei den Antworten auf diese Frage bildete. Am häufigsten (ca. 33 %) wurden hier Merkmale genannt, die unter dem Oberbegriff »Macht« im weitesten Sinn subsumiert werden konnten. 123 Also: Etwa ein Viertel der Befragten erwähnt Räma an dieser Stelle, und wir hüten uns vorerst vor übereilten Schlüssen, indem wir diese Zahl so interpretieren: »Ein Viertel der Befragten halten die Tatsache, daß Hanumän der Verehrer Rämas ist, für besonders wichtig.« Wir wissen aber nicht, wieviele unter den restlichen Interviewten die Rämaverehrung Hanumäns ebenfalls für ein grundlegendes Merkmal halten, ohne es jedoch - wie die Frage es verlangte - am höchsten einzustufen. Auf der anderen Seite war die Möglichkeit der Mehrfachnennung gegeben, und damit wurden nicht nur die an erster Stelle genannten Eigenschaften aufgenommen, sondern häufig zwei oder drei von den Befragten für wesentlich erachtete Charakteristika. In einer weiteren Schritt baten wir die Befragten, diejenige Geschichte mit Hanumän als Protagonisten zu erwähnen oder kurz zu erzählen, die ihnen am besten gefällt. 124 Auch hier waren Mehrfachnennungen möglich, und bei der Auswertung wurde so vorgegangen, daß bei einer Geschichte aus dem Kontext des Rämäyana (ca. 50 % der Antworten) jede Erwähnung Rämas in die Kategorie »Hanumän unterstützt Räma«

1 2 3 Welche Merkmale/Charakteristika Hanumans betrachten Sie als die wichtigsten? (in Prozent, Mehrfachnennungen waren möglich, η = 3 4 4 ) mächtig, furchtlos Verehrer Rämas befreit von Sorgen zugänglich, erfüllt Wünsche hat/verleiht Wissen er ist Gott Gegenspieler der Planeten andere weiß nicht k. A.

33,4 26,2 22,1 18,3 9,6 8,5 4,4 17,7 5,6 3,5

192

Hanumanverehrer antworten

eingeordnet wurde. Trotz dieser »großzügigen« Handhabung blieben die Zahlen in dieser Rubrik unter dem 20%-Wert. Die »Suche nach Sita« wurde unter den Rämäyana-bezogenen Geschichten am häufigsten erwähnt, in den meisten Fällen jedoch mit Betonung auf die Umsicht und die Gewandtheit Hanumäns, und nur selten gingen die Befragten auf den devotionalen Aspekt dieser und anderer Episoden ein. Es wäre natürlich falsch, aus den Daten zu folgern, daß weniger als ein Fünftel der Befragten in Hanumäns bekanntesten Taten einen direkten Bezug zu Räma sehen. Doch auf der anderen Seite kann man diese Ergebnisse nicht einfach damit abtun, die Befragten erwähnten die Verbindung Räma-Hanumän nicht, weil das für sie selbstverständlich sei. Daß im Grunde gar nichts »selbstverständlich« ist, zeigt auch die Tatsache, daß etwas mehr als 1 0 % der Interviewten sich nicht in der Lage sahen, auch nur irgendeine - epische oder »volkstümliche« - Hanumän-Episode zu berichten. Kommen wir nun zu den Antworten, die auf eine direkte Frage nach der Verbindung Hanumän - Räma erteilt wurden. 125 5 7 % der Befragten in Benares gaben die »klassische« Antwort, Hanumän sei der Verehrer (Hindi: bhakt) Rämas. Dabei war eine relativ große Streuung bei den vier Tempeln zu beobachten. Daß der Anteil der »bhakta«{Skr.)Antworten beim visnuitischen Dvärkädhls-Tempel (77,8%) höher und beim eher sivaitisch ausgerichteten Hanumänghät-Tempel niedriger (42,9%) ausfallen würde, war zu erwarten. Noch geringer als beim letztgenannten Tempel war jedoch die Zahl der Antworten beim im nördlichen moslemischen Stadtteil Adampura angesiedelten Hanumän-

1 2 4 Welches ist Ihre Lieblingsgeschichte mit Hanumän in der Hauptrolle? (in Prozent, Mehrfachnennungen waren möglich, n= 3 4 4 ) sucht/findet Sita brennt Lanka nieder unterstützt Räma bringt Berg mit Heilkräutern Kindheitsstreiche Ahirävana-Episode bhakti- Episoden hilft Sugrlva Begegnung mit Bhlma_ andere weiß nicht (kennt keine) k. A. 1 2 5 Die Frage lautete: Hanumänji

23,8 14,0 12,2 11,6 7,0 3,8 2,3 1,2 1,2 17,4 11,0 7,8 aur Rämji ke bic metn kyä sambandh

hat?

193

Ergebnisse

Phätak-Tempel (36 %). Dieses Ergebnis wird allerdings gedämpft durch die verhältnismäßig große Zahl von Aussagen, die in eine ähnliche Richtung weisen: Jeweils 2 6 % der Hanumän-Phätak-Besucher charakterisierten das Verhältnis zwischen den beiden Göttern mit den Worten »wie eine Vater-Sohn-Beziehung«, bzw. eine »Herr-Diener (das, sevak)Beziehung«. Dafür war der Hinweis auf den väterlichen Aspekt Rämas bei den anderen Tempeln bedeutend seltener (nur 5 , 6 % im Fall des Tempels Dvärkädhls). Eines abschließenden brauchbaren Überblickes wegen fasse ich die drei obengenannten Antwortvarianten (bhakt, »Vater-Sohn«, »Herr-Diener«) in eine einzige Kategorie zusammen. Das Ergebnis: knapp 9 0 % der Befragten gaben die erwartete, von Tulsidäs und anderen pontifizierte Antwort: Hanumän ist der hingebungsvolle, dienende, sohngleiche, liebende und wiedergeliebte Verehrer Rämas. Etwas später wurden die Befragten gebeten, bezogen auf Hanumän eine Rangfolge der vorgegebenen Stichworte »sakti« (Kraft, physische und göttliche), » b h a k t i « (hingebungsvolle Verehrung) und »buddhi« (Verstand, Intelligenz) zu erstellen. 55 % setzten bhakti auf Platz 1, weitere 30 % auf Platz 2. Dabei schienen die jüngsten Besucher am stärksten dazu geneigt, der bhakti-Kompontnte einen Spitzenplatz einzuräumen (von den Befragten bis 18 Jahren vergaben 73 % Platz 1 für bhakti). Es war jedoch nicht so, daß sich mit zunehmendem Alter die Zahl verringerte, sondern »Hochs« und »Tiefs« wechselten sich fast regelmäßig ab. 1 2 6 Eindeutiger war die Situation bei der Aufteilung der Antworten nach der Schulbildung. Hier konnte mit steigender Schulbildung eine stärkere Betonung des bhakti-Aspekts festgestellt werden. 1 2 7 Bei den Kastengruppen bildeten die Brahmanen die Gruppe mit dem signifikant höheren Anteil dieser Antworten 1 2 8 , gefolgt von der Gruppe der kleinen Händler ( 6 2 , 3 % ) . Das niedrigste Ergebnis wurde bei den Viehzüchterkasten festgestellt ( 4 3 , 8 % ) . Es waren keine auffälligen Unterschiede bei den einzelnen Tempeln zu vermerken; der visnuitische

126 1 9 - 2 5 J.: 4 3 % ; 2 6 - 4 7 J.: um 6 0 % ; 4 8 - 5 8 J.: 4 0 % ; 5 9 + J . : 5 4 % . 1 2 7 Tab. bhakti nach Schulbildung (in Prozent, η = 3 2 2 )

Platz 1 andere

bis 5 Kl.

andere

41,7 58,3

61,5 38,5

100,0

100,0

(n = 9 6 )

(n = 2 2 6 )

chi-Quadrat = 1 0 , 7 9 ; d f l ; ρ < 0 , 0 1 (»k. A.« wurde eliminiert)

194

Hanumanverehrer antworten

Dvärkädhis-Tempel schnitt bei dieser Frage sogar eher unterdurchschnittlich ab. Gegen Ende der Interviews baten wir die Befragten, folgende Aussage zu bejahen oder zu verneinen: »Hanumän vermittelt zwischen dem Verehrer und (dem) Gott R ä m a . « 1 2 9 80 % antworteten affirmativ, nur 12 % verneinten (der Rest k. A. oder »weiß nicht«). Abschließend zeigten die Interviewer den Befragten einige der weit verbreiteten, im Basar erhältlichen Postkarten mit bekannten Darstellungen Hanumäns und baten sie, diejenige auszuwählen, die sie am meisten anspricht. Den größten Zuspruch erfuhren Darstellungen, in denen der Affengott gemeinsam mit Räma abgebildet war: Hanumän zeigt, daß er Räma und Sita im Herzen trägt (knapp 3 0 % ) , Hanumän kniet ergeben vor dem rämaitischen Dreiergestirn Räma-Sltä-Laksmana

(20%).

Fazit Das Fazit, das an dieser Stelle folgen muß, kann wieder nur ein vorläufiges sein. Bei den untersuchten Tempeln zeigte sich, ähnlich wie in der Pilotstudie, daß ein Großteil der Befragten Räma von sich aus nicht ohne weiteres erwähnen. Daß Hanumän der Verehrer Rämas ist, scheint nicht (mehr?) unbedingt ein grundlegender Wesenszug des Affengottes zu sein. Auch kann man viele Hanumängeschichten erzählen, ohne daß der Name Rämas darin auftaucht. Etwas anders sieht die Resonanz bei der direkten Frage nach der Verbindung zwischen den beiden Göttern aus: In fast jedem Interview erhielten wir die erwartete Reaktion. Ähnlich war es bei der Frage nach der Vermittlerrolle Hanumäns. Nur: Auch hier wurde das in kaum einem der Interviews frei erwähnt. Und daß das kleine Spiel mit der Rangfolge bbakti-saktibuddhi zugunsten der bhakti ausfiel, kann auch anders gedeutet wer-

1 2 8 Tab. bhakti nach Kastengruppen (in Prozent, η = 3 3 2 )

Platz 1 andere

Brahmanen

andere

68 32

54,6 45,4

100

100,0

(n = 7 2 )

(n = 2 6 0 )

chi-Quadrat = 4 , 1 9 ; dfl; ρ < 0 , 0 5 (»k. A.« wurde eliminiert) 1 2 9 Krpayä »häm« yä »nä« mem batäie ki kyä hanumän miläne mem madhyasthatä karte haim?

μ bhakt ko räm se

195

Ergebnisse

den. Hanumän gilt als ein Vorbild devotionaler Hingabe, eigentlich Räma gegenüber, doch die Betonung liegt inzwischen wohl weniger auf der rämabhakti als auf bhakti schlechthin. Hanumäns Verbindung zu Räma ist in der Vorstellung der Besucher der untersuchten Tempel nach wie vor lebendig und bildet einen gemeinsamen Nenner der Hanumänverehrung. Nur muß man gezielt danach fragen. 3.2.4. Hanumän und Siva in der »Stadt Sivas« Benares wird traditionell als »die Stadt Sivas« bezeichnet. Ein Beiname der Stadt lautet »Avimukta«, »die (von Siva) nie Verlassene«, in einem bekannten Sprichwort heißt es »har kankar metn sankar«, »in jedem Steinchen ist Sankara (= Siva)«, und im berühmtesten Tempel der Stadt, dem Haupttempel, wird Siva als Visvanätha (»Herr des Universums«) verehrt. 130 Die gesamte Stadt ist mit Sivalmgas förmlich übersät, und es gibt kaum eine Verehrungsstätte irgendeines anderen Gottes, in der nicht auch ein oder sogar mehrere Lingas vertreten wären. In welchem Maße betonen die Besucher der untersuchten Hanumäntempel in und um Benares Hanumäns (mythologisch gut untermauerbare) Nähe zu Siva/Rudra? (F) Welcher Zusammenhang/welche numän und Siva?

Beziehung besteht zwischen

Ha-

Tab. Hanumän und Siva (in Prozent)

«wrtära/Manifestation Sohn

bhakta keine Beziehung weiß nicht k. A.

gesamt

Stadt

Dorf

33,2 22,4 7,6 3,8 14,2 6j0 100,0 (n = 344)

43,4 5,9 3,6 5,4 17,2

14,6 52,0 14,6 0,8 8,9 4j2 100,0 (n = 1 2 3 )

ZI 100,0 (n = 221)

Allgemein konnte bei dieser Frage festgestellt werden, daß der Anteil der »weiß nicht«-und besonders der »keine Beziehung «-Antworten erheblich geringer ausfiel, als z. B. bei der Paarung Hanumän-Visnu. 130 Dazu ausführlich D. L. Eck, Banaras. Vgl. auch N. Gutschow; A. Michaels, Benares.

196

Hanumanverehrer antworten

Einem relativ großen Prozentsatz von Befragten ist die enge Verbindung zwischen den beiden Göttern mehr oder weniger stark bewußt. (Nur 13 Befragte waren der Meinung, zwischen Hanumän und Siva bestünde überhaupt keine Verbindung.) Die Abstufung »mehr oder weniger« erscheint hier als notwendig, weil einige der Interviewten bereits in einer früheren Phase des Gesprächs die Verbindung erwähnten, andere wiederum nur auf Anfrage. Unter den letzteren müßte wiederum eine Zweiteilung erfolgen: Es gab Besucher, die sofort antworteten, andere hatten in ihrem Gedächtnis zu kramen (»Ja, da war doch was ...«). Die Unterschiede zwischen Stadt und Land waren auch hier beträchtlich. Die Besucher der Dorftempel sehen Hanumän überwiegend als Sohn Sivas, während die Stadttempelbesucher die beiden Gottheiten über den avatära-üegnii miteinander verbinden. Beides hat seine Legitimität und ist mythologisch gut begründet. Die Häufigkeit der »avatära« -Antworten nahm mit steigender Schulbildung zu, die Häufigkeit der - in diesem Fall - relativ spärlichen »bbakta«-Antworten mit steigender Schulbildung ab. Weitere sozialstatistisch bedingte Zusammenhänge waren nicht zu erkennen. Eine hierarchische Einordnung der beiden Götter wurde äußerst selten vorgenommmen. Hier einige Beispiele, die überwiegend in der Kategorie »andere« (s. Tabelle) zusammengefaßt wurden: Sie sind völlig unterschiedlich: Siva steht über allen anderen Göttern (Händler, 4 6 ) . In ihrem Aussehen und in ihren Handlungen unterscheiden sie sich, und doch sind sie wie zwei Seiten einer Medaille (Angestellter, 4 1 ) . Sie verhalten sich zueinander wie ein Lehrer und sein Schüler (Student, 2 1 ) . Sie sind einander sehr ähnlich: Siva lebt mit Geistern und Tieren wie z.B. Schlangen, und Hanumän lebt mit den Affen im Dschungel (Hausfrau, ohne Altersangabe). Seit dem Beginn der Zeiten sind sie miteinander verbunden (Landwirt, 28).

In diesem Zusammenhang ist es vielleicht angebracht, unter Berücksichtigung der besonderen Position des Gottes Siva in Benares nach weiteren möglichen »Auswirkungen« Sivas auf die Hanumänverehrung in dieser Stadt Ausschau zu halten. Mehrere Fragen, die den Hanumänverehrern im Verlauf der Interviews gestellt wurden, sollen nun dazu herangezogen werden, Auskunft über den Stellenwert Sivas für die Besucher von Hanumäntempeln zu geben. Daß die Sozialisation im Elternhaus für die spätere religiöse Orientierung eine wesentliche Rolle spielt, ist auch in der vorliegenden Studie bestätigt worden. Folgerichtig beginnt dieser Abschnitt mit einem Blick auf die religiösen Präferenzen der Eltern der Befragten. Es sei vorab allerdings noch eine Bemerkung gestattet: Während der Pilotstudie 1995 bestätigte sich, daß ein Operieren mit Kategorien wie »Sivait«, »Visnuit«,

197

Ergebnisse

»Säkta« »im Feld« nicht unproblematisch ist. Manche Tempelbesucher konnten mit den Termini nicht viel anfangen. Außerdem ist auf die Schwierigkeiten der Zuordnung von Tendenzen und Strömungen innerhalb der Hindu-Religionen, z. B. zu den drei großen »henotheistischen« Gruppen »Sivaismus«, »Visnuismus« und »Säktismus« schon oft hingewiesen worden. Für die vorliegende Untersuchung wurde die Frage umformuliert: Um einiges über die Religion(en) im Elternhaus zu erfahren, fragten wir, welche Götter von den Eltern vorwiegend verehrt wurden. Die Verteilung der Antworten ergab ein eher ausgeglichenes Bild. Die Ergebnisse zeigten kein absolutes Übergewicht Sivas im Verhältnis zu den anderen genannten Gottheiten. Im Gegenteil: Mit knapp einem Drittel (väterlicherseits etwas mehr) der positiv klassifizierbaren Antworten 1 3 1 bei den untersuchten Stadttempeln war diese Kategorie etwa gleichauf mit den Nennungen der Göttinnen (diese wurden etwas häufiger bei den Müttern genannt), sowie der Gruppe der visnuitischen Götter (einschließlich Krsna und Räma). Und wie sieht es bei den Befragten selber aus? Wie hoch ist der Anteil der Antwort »Siva« in der Sparte »Wunschgottheit« (istadevatä) bzw. »Familiengottheit« (kuladevatä)? a) Tab. »Wunschgottheit der Befragten« (in Prozent, Mehrfachnennungen waren möglich)

Hanumän Göttin 1 3 2 Siva Visnu andere sivait. 133 andere visnuit. 134 andere 135 keine weiß nicht k. A.

insges.

Stadttempel

56,4 20,9 20,6 2,6 4,1 7,9 4,9 3,5 2,3 6,7

53,4 24,4 20,8 3,6 5,9 9,9 5,9 3,6 3,2 8,7

(n = 344)

(n = 221)

131 Ausgenommen sind hier Antworten wie »weiß nicht«, »verehrt alle« (jeweils ca. 15%), sowie »k. A.« (ca. 6%). 132 Genannt wurden v. a. Durgä, Kall, Sltalä, Vaisno DevT, Kämäkhyä. 133 Ganesa, Bhairava (schreckenerregender Aspekt Sivas), Skanda (Kärttikeya). 134 Zum Beispiel Räma, Krsna, Narasimha, Tirüpati Bäläjl, Caitanya, TulsTBlatt. 135 Äyappa, Sürya, Brahma, Ätmä usw.

Hanumanverehrer antworten

198

Etwa jeder Fünfte gab an, daß Siva die erwählte Gottheit sei. Auf den ersten Blick mag das als eine geringe Zahl erscheinen, alles in allem ist das jedoch ein Ergebnis, das zu erwarten war. Fassen wir die Antwort »Siva« und die Antwort »andere sivaitische Gottheiten« zusammen, so ergibt das bereits ein Viertel der Gesamtzahl der Fälle, immerhin halb soviel wie der »Platzherr« Hanumän verbuchen konnte. Rechnereien hin oder her: Die Übersicht soll nicht mehr als einen Eindruck über die hier erhaltenen Antworten vermitteln. Denn eines muß man sich noch vergegenwärtigen: Eine große Zahl von Befragten sehen Hanumän ohnehin als Inkarnation Rudra-Sivas, was ein einfaches Addieren und Vergleichen nicht unbedingt erleichtert. Überraschend schlecht schneiden Visnu und die visnuitischen Gottheiten ab, hoch hingegen ist der Anteil derer, die eine Form der Göttin als Wunschgottheit haben. Dieselben drei Protagonisten sind auch auf dem »Siegerpodium« der nächsten Aufstellung anzutreffen, wenn auch in einer zum Teil etwas veränderten Reihenfolge. b) Tab. »Familiengottheit der Befragten« (in Prozent)

Göttin Hanumän Siva andere visnuit. andere sivait. Visnu andere 136 keine weiß nicht k. A.

insges.

Stadttempel

24,4 17,2 16,0 7,8 3,5 2,0 14,2 2,3 11,6

22,2 14,5 12,2 9,5

ΣΖ

100,0 (n = 344)

4,9

1,8 11,7 2,7 13,1

6^9

100,0 (n = 221)

Über die Aussagekraft der hier vorgestellten Übersicht läßt sich sicher streiten. Eine gewisse Unsicherheit war auf den Mienen der Befragten oft nicht zu übersehen. Nicht alle verehren regelmäßig die eigene Familiengottheit. Häufig handelt es sich hierbei um eine Dorfgottheit in einer entlegenen Region Indiens, und nur der vor fünfzig Jahren nach Benares umgesiedelte Großvater des Befragten kennt dessen genauen Namen. Möglicherweise ist die Anzahl der Verlegenheitsantworten hier höher 136 »Kuladevatä«, »Ghardevatä«, Pancapiriyäm (»die fünf virs«), die Schutzgottheit (dih) des Heimatdorfes usw.

Ergebnisse

199

als sonst. Dennoch: In Hinblick auf unsere Fragestellung fällt auf, daß auch hier Hanumän häufiger genannt wurde als Siva. Welche anderen Tempel werden von den Befragten regelmäßig besucht? Ist hier eine Dominanz der Sivatempel zu verzeichnen? Es ist nicht leicht, die Besuchsgewohnheiten der Befragten einigermaßen aussagekräftig zu bündeln, denn das Spektrum ist sehr breitgefächert und reicht von Verehrern, die täglich in einer festgelegten Reihenfolge 4 - 5 Tempel besuchen, über solche, die je nach Wochentag neben dem Besuch des Hanumäntempels in Tempel verschiedener Gottheiten gehen, bis hin zu solchen, die sagten, in keine anderen Tempel außer dem jeweiligen Hanumäntempel zu gehen. Folgendes läßt sich dennoch feststellen: Auch bei dieser Frage liegen die Göttinnentempel mindestens gleichauf mit den Sivatempeln. Zum Teil mag das aber auch an der immensen Popularität des Durgätempels liegen 1 3 7 , dessen Einzugsbereich - obwohl im Süden der Stadt gelegen - bis weit in den nördlichen Teil

Abb. 24: Hanumanschrein

im

Mahamrtyunjaya-Tempelkomplex

1 3 7 Dabei wurden bei dieser Z u s a m m e n s c h a u die relativ häufig genannten Besuche der Göttinnentempel zum jährlichen Fest der » N e u n N ä c h t e « (navarätra) gar nicht berücksichtigt.

200

Hanumänverehrer antworten

der Stadt hineinreicht: Drei der für die Studie ausgewählten Tempel liegen im südlichen Drittel von Benares. Der vierte, Hanumän Phätak, liegt in der unmittelbaren Nachbarschaft eines ebenfalls vielbesuchten Kälitempels. Versuchte man bei den einzelnen untersuchten Tempeln eine Klassifizierung, so könnte man unterschiedliche, regional bedingte »Rangfolgen« aufstellen, und nur im Fall eines Tempels läge Siva vorn: Es handelt sich um den Tempel am Hanumänghät, in dessen Nachbarschaft einer der drei bedeutendsten Sivatempel der Stadt, der Kedäresvara-Tempel, liegt. Ansonsten wurde von vielen Befragten aller Tempel der Visvanäth-Tempel, sowie - besonders von Besuchern des Hanumän Phätak - der Mahämrtyunjaya-Tempelkomplex als oft besuchte Sivatempel genannt. Im letzteren Tempelkomplex befinden sich allerdings auch einige Hanumänbilder. Fazit Eine sich klar abzeichnende wie auch immer geartete Dominanz Sivas ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Bei einer solchen Untersuchung und Fragestellung wird einem erneut klar, wie sehr die Geschichten und zum Teil auch die Profile der einzelnen Gottheiten miteinander verwoben sind. Begünstigt wird dieses freilich nicht zuletzt auch durch die räumliche Nähe einzelner Götterdarstellungen zueinander, eine Nähe, die manch eine der oben angestellten - ohnehin schon vorsichtigen - Überlegungen zusätzlich relativiert: In jedem der untersuchten Hanumäntempel in Benares befindet sich ein Sivalinga. Der Gott Siva kann demnach auch im Rahmen eines Hanumäntempel-besuches gesondert verehrt werden, und viele Besucher tun dies auch. 3 . 2 . 5 . Zwischen Visnu und Siva Der Gott Hanumän ist Teil der Tradition zweier großer religiöser Strömungen. Es gibt zum Beispiel unterschiedliche Geburtsgeschichten, die ihn mal mit Visnu, mal mit Siva in Verbindung bringen (einmal sogar mit beiden!). In den Rämäyanageschichten steht er im Dienst Rämas, der Inkarnation Visnus, in einigen sivaitischen Puränas gilt er aber als Inkarnation Sivas. Unter den zahlreichen Tempeln und Schreinen des Affengottes gibt es in Benares mehrere, deren Umfeld sie als ausgesprochen sivaitisch bzw. visnuitisch ausweist. M a n könnte nun meinen, daß diese äußeren Umstände auch einen gewissen Niederschlag in den Vorstellungen der jeweiligen Tempelbesucher finden und daß Hanumän mal stärker mit Visnu/Räma und dessen Mythologie, mal eher mit Siva/ Rudra assoziiert würde.

201

Ergebnisse

Für die Überprüfung dieser Hypothese wurden zwei Tempel ausgewählt, die ohne weiteres jeweils einer der oben beschriebenen Kategorien zugeordnet werden könnten: Auf der einen Seite der Tempel am Hanumänghät im Innenhof des Sitzes eines sivaitischen Asketenordens, dessen geringe devotionale Ausstrahlung von mehreren Beobachtern vermerkt wurde, 1 3 8 auf der anderen die Schreine Hanumäns im visnuitischen Komplex Dvärkädhls, dem Sitz des Rämänandl-Ordens. Anhand der Gegenüberstellung relevanter Befragungsergebnisse an diesen beiden Orten soll die Verifikation oder Falsifikation der Hypothese versucht werden. Zur Einstimmung ist vielleicht ein Blick auf den religiösen Hintergrund der Besucher dieser beiden Tempel hilfreich. Was die »Familiengottheit« anbelangt, so ist in beiden Tempeln ein leichtes Übergewicht zugunsten der sivaitischen Götter festzustellen. Fragt man jedoch nach den von den Eltern der Befragten besonders verehrten Gottheiten, so weisen die absoluten Zahlen im Fall des Dvärkädhls-Tempels zum größeren Teil in Richtung Visnuismus (Krsna, R ä m a mit eingeschlossen), während beim Hanumänghät-Tempel visnuitische und sivaitische Gottheiten ausgeglichen vertreten waren. In keinem der oben erwähnten Fälle war aber eine statistische Signifikanz zu beobachten. Wir fragten nach der Beziehung zwischen den beiden Göttern Hanumän und Siva/Rudra und erhielten folgende Ergebnisse: Tab. Beziehung Hanumän-Siva nach Tempelzugehörigkeit (in Prozent, n=74) Hanumanghat

Dvarkädhis

85,7

59,0

avat./rüpa/amsa weiß nicht

14,3

41,0

100,0

100,0

(n = 35)

(n = 39)

chi-Quadrat = 6,67; dfl; ρ < 0,01

Der Anteil der Befragten, die sich der von der Tradition sanktionierten Verbindung zwischen Hanumän und Siva bewußt waren, lag im Fall des »sivaitischen« Hanumäntempels höher. Dafür konnten dreimal mehr Besucher des »visnuitischen« Tempels mit der Frage nichts anfangen. Die Zahlen weisen hier auch nach einer Überprüfung etwaiger sozialstatistisch bedingter Zusammenhänge 1 3 9 in Richtung einer Bestätigung der Hypothese.

138 Siehe ζ. B. C. D'Amato, The Various Faces of Hanumän, WCYIP, 1979-80.

202

Hanumanverehrer antworten

Die Frage nach der Verbindung zwischen Hanumän und Visnu ergab keine signifikanten Ergebnisse. Bei der Frage nach der »Lieblingsgeschichte, in der Hanumän ein Rolle spielt«, erzählten eine Geschichte aus dem Kontext des Rämäyana 76% der Befragten am Tempel Dvärkädhis, jedoch nur 4 5 % der befragten Besucher des Hanumänghät-Tempels. Dies kann bedeuten, daß die ersteren Hanumän stärker in den Themenkreis des Rämäyana eingebunden sehen bzw. die rämäyanabezogene Hanumänmythologie besser kennen, wohingegen die letzteren nicht unbedingt zuerst an die Rämäyanageschichten denken und so in ihrer Antwort häufiger scheitern (in 17 Fällen = ca. 3 0 % : »mir-fällt-jetzt-gerade-keine-ein« oder »weiß nicht«). Wenn man nun jedoch meint, daß die Besucher des »visnuitischen« Tempels, die damit gleichzeitig ja auch ihre »Rämäyanafestigkeit« unter Beweis gestellt zu haben scheinen, Hanumän vorwiegend in einer untergeordneten Rolle Räma gegenüber sehen, so belehren die nun folgenden Ergebnisse eines Besseren: Als wir nämlich fragten, ob Hanumän in ihren Augen eine »unabhängige, eigenständige Gottheit« sei, antworteten zwei Drittel beim »sivaitischen«, jedoch fast 9 0 % beim »visnuitischen« Tempel bejahend. 140 Hanumän nimmt in der Vorstellung der Besucher des »visnuitischen« Tempels stärker eine eigenständige Position in Bezug auf die anderen Gottheiten (besonders in Bezug auf Räma) ein, als beim »sivaitischen« Tempel. Ebenso nicht bestätigt hat sich auch die Annahme, daß die Besucher des »visnuitischen« Tempels Hanumän eher in einer Vermittlerrolle (aber nur selten als »Vorzimmergottheit«) zwischen dem Verehrer 1 3 9 Diese Überprüfung ist notwendig, da es hier durchaus möglich wäre, daß die Unterschiede zwischen den beiden Tempeln z. B. auf den höheren Brahmanenanteil im »sivaitischen« Tempel zurückzuführen sind. Die befragten Brahmanen haben eine durchschnittlich höhere Schulbildung, stellenweise wohl auch ein höheres Traditionsbewußtsein und könnten somit über die bestehenden Zusammenhänge besser informiert sein, bzw. diese besser vergegenwärtigen. Es wurden jedoch bezogen auf die Kastengruppen keine signifikanten Unterschiede bei der Frage nach der Verbindung zwischen Hanumän und Siva festgestellt. Auch bei den nächsten Fragen wurde stichprobenweise eine solche Überprüfung vorgenommen. 1 4 0 Tab. Tempelzugehörigkeit/unabhängige Gottheit (in Prozent, η = 1 0 2 ) unabh. Hanumänghät Dvärkädhis

75,5 90,5

nicht unabh. 24,5 9,5

chi-Quadrat = 4 , 0 5 ; d f l ; ρ < 0 , 0 5 (»k. A.« wurde eliminiert)

Ergebnisse

203

und Räma sehen: Im Gegenteil, der Anteil derer, die Hanumän diese Funktion zuordnen, ist beim »sivaitischen« Tempel leicht höher, während der Dvärkädhis-Tempel auch im Vergleich aller untersuchten Hanumäntempel leicht unterdurchschnittlich abschneidet. Um auch weitere Aspekte in die Analyse einbeziehen zu können, folge ich bis zu einem gewissen Punkt der zum Teil unnötig stark polarisierenden Sichtweise, daß »visnuitisch« eher Devotionalität, Vegetarianismus, Friedlichkeit mit beinhaltet, die Bezeichnung »sivaitisch« hingegen die dunkleren, »wilderen« Ideen und Praktiken einschließt. 141 Ich tue es zwar ungern, doch nicht ohne die weite Verbreitung dieser Meinung konstatiert zu haben, und das nicht nur während der Feldforschungstätigkeiten. Bei den Interviews mit Hanumänverehrern kam zum Beispiel folgende Dialogsequenz vor: »Waren/sind Ihre Eltern Saivas, Vaisnavas oder Säktas?« »Hm, wenn ich das wüßte ... Aber warten Sie: sie aßen kein Fleisch, also schreiben Sie 'Vaisnava'«.

Bei der abschließenden Bitte, ein Bild Hanumäns (Basar-Postkarte) auszuwählen, das die Wesensart des Gottes am treffendsten widerspiegelt, legten wir den Befragten drei Darstellungen vor, die Hanumäns bedingungslose Ergebenheit Räma gegenüber symbolisieren (Hanumän kniet vor der rämaitischen Trias; Hanumän reißt sich die Brust auf und zeigt, daß er in seinem Herzen Räma und Sltä trägt; Hanumän ist versunken in Lobpreisungen und devotionalem Gesang, bhajan), sowie drei Postkarten, auf denen er Kraft und Macht ausstrahlt, bzw. »in Aktion« zu sehen ist (Hanumän steht in der Heldenpose (virmudrä) und stützt sich auf seine Keule; Hanumän tritt auf einen Dämon und trägt die beiden Prinzen auf seinen Schultern; Hanumän fliegt durch die Lüfte und

141 In vielen Mythen ist Siva eher ein wilder, furchteinflößender Gott, häufig der Zerstörer der Welt, Visnu hingegen gütig, wohlwollend, ein Bewahrer des Seins. Doch hat jeder der beiden auch andere Hypostasen: Visnu tritt manchmal als Zerstörer auf (Vamana, Narasimha, Parasuräma), und Siva ist häufig der gütige Sankara (»der Wohltätige, Heilbringende«) oder Sambhu (»der Segenbringende«). Auch die Begriffe »Sivaismus« und »Visnuismus« täuschen eine Einheit vor, die sich weder in der Lehre noch in der Praxis so finden läßt. Zur historischen Entwicklung der beiden großen religösen Strömungen siehe H. v. Stietencron, »Die Erscheinungsformen des Hinduismus«, in: D. Rothermund (Hg.), Indien: Kultur, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Umwelt, München 1995, 143-166. Zur Stellung der beiden Götter heute vgl. A. Michaels, Der Hinduismus, 237ff.

204

Hanumanverehrer antworten

bringt den Berg mit den Heilpflanzen herbei; ein weiteres, yogisch-sivaitisch wirkendes Bild nahmen wir erst nach Abschluß der Befragungen am ersten Tempel am Hanumänghät hinzu; es kann somit hier nicht berücksichtigt werden). Tab. Tempelzugehörigkeit/Ikonographie waren möglich) Darstellung 1) 2) 3) 4) 5) 6)

H. H. H. H. H. H.

kniet vor Räma/Sitä/Laksmana in Heldenpose reißt sich die Brust auf tritt auf Dämon singt bhajans fliegt den Berg herbei

(in Prozent, Hanumänghät 26,8 11,9 19,6 10,7 23,2 19,6

Mehrfachnennungen Dvärkadhis 22,2 11,1 22,2 9,2 9,2 9,2

Auf die Befragten beider Tempel üben die Bilder 1 und 3 eine offensichtlich starke Anzeihungskraft aus, beides sind »devotionale« Bilder. Der in Gebete versunkene Hanumän (Nr. 5) fand beim »sivaitischen« Tempel zwar einen viel größeren Anklang als beim »visnuitischen«. Betrachtet man jedoch die Zahl derer, die Nr. 6 (ein Bild voller Dynamik und Kraft) als Antwort gaben, so ist zu bemerken, daß sich im Fall beider Tempel die Antworten die Waage halten. Bei dieser Frage waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Tempeln festzustellen. 3 . 2 . 6 . Hanumän als Antagonist böser Geister und übelwollender Gestirne Als eine der sechs klassischen Wissenschaften (vedänga, »Glieder des Veda« 1 4 2 ) spielt die Astrologie (jyotisa) seit mehr als 2 Jahrtausenden eine wichtige Rolle im indischen Denken. Nicht nur in der religiösen Praxis nahm und nimmt die Astrologie neben anderen divinatorischen Techniken eine bedeutende Stellung ein, auch im Alltag sind Horoskope, Wahrsage- und Handlesekunst sehr verbreitet. So werden z. B. Geburtshoroskope erstellt, die u. a. für die Namensgebung, aber auch für die Heirat (siehe die sog. »matching ceremony« bei der Verlobung), um nur zwei wichtige Ereignisse aus dem Leben zu nennen, von wesentli-

1 4 2 Phonetik (siksä), Metrik (chandas), Grammatik (vyäkarana), Etymologie (nirukta), Ritual (kalpa), Astrologie (jyotisa). Die folgenden Ausführungen zur Astrologie fassen den Absatz »Astrologie und der kosmische Ort des Menschen« von A. Michaels in: Der Hinduismus, 3 2 1 - 3 2 2 zusammen.

Ergebnisse

205

eher Bedeutung sind. Doch auch bei eher banal anmutenden Dingen wie z. B. einem Umzug wird der Astrologe gern konsultiert: Man prüft, ob der neue Wohnort oder das neue Dorf zu einem paßt. Es geht bei der Zusammenstellung der Horoskope, dieser häufig sehr komplexen Orientierungssysteme, im wesentlichen darum, sakrale Potenzen, gute Kräfte, günstige Einwirkungen möglichst zu nutzen und die schädlichen Wirkungen - soweit ersichtlich - auszuschalten. Einen wichtigen Stellenwert haben in diesem Zusammenhang die Gestirne oder Planeten, mit denen - wie in vielen anderen indoeuropäischen Sprachen auch die Namen der Wochentage verbunden sind, und die gemeinsam mit zwei anderen mythischen Himmelskörpern die Gruppe der navagraha143 bilden. Der Gott Hanumän wird in der volkstümlichen Mythologie besonders mit einer dieser Planetengottheiten in Verbindung gebracht. Während der Erkundung Lankäs auf der Suche nach Sita trifft Hanumän auf den Planetengott Sani (Saturn), der vom räksasa-König und Herrscher der Insel, Rävana, in ein Felsverlies eingekerkert wurde. Hanumän befreit Sani und erhält von diesem daraufhin das Versprechen, daß sowohl er, als auch seine Verehrer von Sanis bösem Einfluß verschont bleiben werden. Diese Geschichte stellt nur eine von vielen volkstümlichen Varianten der Begegnung zwischen den beiden Gottheiten dar. Mal setzt sich Sani auf Hanumäns Kopf und wird von Abb. 25: Hanumän greift nach der Sonne diesem mit Felsbrocken traktiert, 143 Es handelt es sich bei diesen um sieben Gestirne, entsprechend den Wochentagen (fünf Planeten: Mars (mangala), M e r k u r (budba), Jupiter (brbaspati), Venus (sukra), Saturn (sani), sowie Sonne (sürya) und M o n d (soma)) und u m die beiden »Dämonen« (asura) Rähu und Ketu, die periodisch Sonne oder M o n d »verschlucken« und so die Eklipsen verursachen. In der Altstadt von Benares gibt es ausnahmsweise auch einen Schrein Sanis, der dem Ruf des Gottes vollends gerecht wird: Die W ä n d e , die Ornamente, ein Großteil des Kultbildes, alles ist in Schwarz gehalten, und das Gesicht schimmert silbern und bedrohlich aus der Tiefe des Schreines hervor.

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Hanumanverehrer antworten

mal rächt sich Sani an Rävana, indem er die Insel in Flammen aufgehen läßt, mal ist Sani der böse Gott im Kaliyuga. 144 Die Positionen heute sind indes klar: Der Planetengott ist mächtig, unberechenbar und übelwollend, Hanumän hingegen ist gegen seine Angriffe gefeit und bietet allen, die sich mit ganzem Herzen an ihn wenden, Schutz vor dem »Plagegott«. Es gibt wenig Schreine, die ausschließlich Sani geweiht sind, meist tritt er gemeinsam mit den anderen »Planetengottheiten« (navagraha, »neun Greifer«) auf. Ein bevorzugter Aufenthaltsort der Planetengottheit sollen auch Plpalbäume sein, und unter diesen sind häufig Verehrungsstätten des Affengottes anzutreffen. Der für die Hanumänverehrung mit am wichtigste Wochentag neben Dienstag ist der Samstag, sanivär, und als Begründung dafür wird hauptsächlich die AntiSani-Wirkung bzw. -Funktion Hanumäns genannt. Wir wollten wissen, wie dieser Zusammenhang konkret im Fall der untersuchten Tempel aussieht und fragten nach dem Verhältnis zwischen Hanumän und Sani. Tab. Verhältnis Hanumän/Sani (in Prozent, η = 344) Stadttempel Hanumän schützt vor/ befreit von Sani weiß nicht andere keine Verbindung k. A.

49,3 24,0 13,6" 6,8 6,3

Dorftempel 30,7 33,1 29,0 7,2 0

100,0

100,0

(n = 221)

(n = 1 2 3 )

Die Verteilung der Antworten zeigt, daß eine große Zahl von Besuchern der untersuchten Tempel sich des oben genannten Zusammenhangs bewußt sind. Wir hätten allerdings einen noch etwas höheren Prozentsatz an positiven Antworten erwartet. Es zeigte sich, daß die oberen Kastengruppen, insbesondere die Brahmanen und Kaufleute über den Zusam-

144 Und hier noch eine Version: Rävana will vollkommener Herr über das eigene Schicksal sein. Um die astrologischen Auswirkungen der Planeten auf sein Horoskop zu beseitigen, nimmt er sie gefangen und stellt seinen Thron auf sie. Als Hanumän Rävana vorgeführt wird, befreit er mit einem blitzschnellen Schwanzhieb Sani. Dieser verspricht ihm daraufhin, daß die Hanumänverehrer gegen seine Einflüsse immun sein werden. Eine ausführlichere Variante findet sich in Β. K. Chaturvedi, Hanuman (Gods and Goddesses of India: 8), Delhi 1996, 27f.

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Ergebnisse

menhang Hanumän-§ani besser informiert sind bzw. diesem Zusammenhang eine größere Bedeutung beimessen, als die Dienstleistungskasten (Handwerker) sowie die »niederen« Kasten. Das hängt wohl vor allem auch mit dem im allgemeinen höheren Bildungsstand der »höheren« Kasten zusammen: Bei einer Zusammenschau von Schulbildung und der Frage nach Sani ergaben sich stark signifikante Unterschiede. 1 4 5 Das »schlechteste« Ergebnis erzielten die Landwirte, und damit die beiden Dorftempel. Bei der Frage nach den Eigenschaften Hanumäns, die ihn besonders verehrenswert machen (eine Frage, die vor der Hanumän/Sani-Frage gestellt wurde, gaben 14 Besucher an, Hanumän sei ein Gegenspieler der Planetengottheit. Dieses zeigt, daß der Zusammenhang zwar bekannt ist, doch im allgemeinen keine vordergründige Rolle in der Hanumänverehrung spielt. Die Zahl derer, die auf Rat ihres Astrologen Hanumän zum ersten M a l aufsuchen, bleibt gering. Hier einige Beispiele dafür, die andererseits auch belegen sollen, daß Hanumäns abwehrende Wirkung sich nicht nur auf den Planeten Saturn erstreckt: Als ich an der Uni war, erfuhr ich, daß ich eine »Mangall« bin [astrol.: jemand, der zu einer Stunde geboren wurde, als der Planet M a r s ( m a n g a l ) in einem unglückverheißenden Haus stand]. Seither gehe ich regelmäßig in den Hanumäntempel (Lehrerin, 3 2 ) . Mein Sterne stehen im Zeichen Sanis, also sagte man mir, ich solle vor allem Hanumänji anbeten (Krankenpfleger, 3 2 ) . Vor vier Jahren litt mein M a n n unter dem bösen Einfluß Sanis. Ich k a m regelmäßig hierher und betete für ihn und das hat geholfen. Ich selber habe mit Brhaspati und Rähu zu kämpfen. Du wirst die grabas nie richtig los, doch die Verehrung Hanumäns lindert ihre Einwirkung einigermaßen (Hausfrau, 5 0 ) .

1 4 5 Tabelle H a n u m a n als §anigegner/Schulbildung bis 8 Kl.

9 K l . - Univ.

49,0 51,0

68,6 31,4

H. schützt vor Sani weiss nicht

100,0

100,0

(n = 9 6 )

(n = 1 3 7 )

chi-Quadrat = 8 , 9 6 ; d f l ; ρ < 0 , 0 1 Faßte man nur die Befragten mit bis zu 5 Klassen auf der einen Seite, und die restlichen auf der anderen zusammen, läge der chi-Quadrat-Wert sogar bei 1 1 , 5 9 , mit einem p-Wert < 0 , 0 0 1 )

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In seinem Buch Shamans, Mystics and Doctors (Oxford 1982) berichtet der Psychoanalytiker Sudhir Kakar von einem Hanumäntempel in Rajasthan, den Menschen aus ganz Nordindien aus gesundheitlichen Gründen aufsuchen. Der Tempel in Mehndipur steht im Ruf, geistige oder körperliche Störungen zu heilen, die - wie man meint - von bösen Geistern hervorgerufen wurden. Diese Geister werden im allgemeinen unter dem Sammelbegriff bhüta-preta zusammengefaßt. Die Heilerfähigkeiten Hanumäns können einerseits aus der indienweit bekannten Kindheitsgeschichte abgeleitet werden: Die Götter überhäufen den verletzten kleinen Hanumän mit göttlichen Kräften und verleihen ihm unter anderem auch die Eigenschaft der Furchtlosigkeit. Vor allem dieses letztere, gepaart mit den yogischen Kräften - so Kakar - stellt eine wesentliche Voraussetzung dar für den souveränen Umgang mit übelwollenden, von Menschen Besitz ergreifenden Geistern. Mindestens ebenso wichtig jedoch ist jener Teil der Legende, der auf die lokalen Begebenheiten des Tempels in Mehndipur zugeschnitten ist. 146 Während die (ausschließlich männlichen) Götter an einem nicht genau definierten Ort Hanumän aus Respekt vor dessen Vater Väyu eine ganze Reihe von übernatürlichen Fähigkeiten verleihen, harrt die Mutter Hanumäns ungeduldig der Wiederkehr ihres Kindes. Und genau an der Stelle, wo heute der Mehndipur-Tempel liegt, heißt es weiter, findet das langersehnte Wiedersehen statt: Die darauffolgenden Jahre verbringt Hanumän hier auf dem Schoß der Mutter. Kakar betont die Notwendigkeit der Ergänzung des ursprünglichen Mythos um dieses Element. Denn die Legende assoziiert auf diese Weise Bäläji-Hanumän mit Weiblichkeit, Mütterlichkeit, mit Wärme, Verständnis, Nähe, einer Reihe von Eigenschaften, die nach der Meinung von vielen Psychotherapeuten für die Begegnung Heiler/Therapeut-Patient unabdingbar sind. Der von Kakar ausführlich behandelte Aspekt des Affengottes ist alles andere als eine vereinzelte Erscheinung. Hanumän gilt auch in Uttar Pradesh als ein Beschützer vor übelwollenden Mächten, als Beherrscher der bösen Geister. 147 Einige Beispiele aus den Interviews: Ich wiederhole seinen Namen, wenn ich spät nachts heimkehre. (Süßigkeitenverkäufer, 19)

146 S. Kakar, Shamans, Mystics and Doctors, Oxford 1982, 53f. 147 Ojhas (Geisterbeschwörer) verehren Hanumän und schlafen häufig mit einer Ausgabe des bekanntesten Hanumängebets Hanumäncältsä unter dem Kopfkissen (persönliches Gespräch mit V. Caturvedi im Februar 1998). In diesem Werk heißt es ausdrücklich, Hanumän habe Gewalt über die bösen Geister.

Ergebnisse

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Wenn es ein Geister-Problem gibt, denke ich an ihn, und die Angst verschwindet bald (Friseur, 31). Wir leben hier in Sukulpura in einem Haus, in dem eine alte Frau starb. Die Leute sagen, sie sei ein Geist. Diese Frau ist mir in meinem Traum erschienen und sagte mir, ich solle keine Angst haben, sondern für HanumänjT ein Räucherstäbchen anzünden (Bankangestellter, 35). Einmal als ich schlief, fühlte ich mich, als wäre ich mit einem Strick gefesselt. Ich betete die Hanutnäncältsä und war frei. Wenn ich zum Beispiel auf meinem Weg in die Nähe eines Friedhofs komme, und Angst habe, bete ich zu Hanumän, und erlange so die nötige Kraft, um die Angst zu besiegen (Schülerin, 17).

3 . 2 . 7 . Hanumän als Affe Die Versuche seitens indischer Autoren, Välmlkis Rämäyana mit einem geographischen, geschichtlichen, ethnologischen »Unterbau« zu versehen, sind überaus zahlreich. Rämas Kampf mit den räksasas möchte man als eroberndes Vordringen eines Herrschers aus dem Norden nach Südindien sehen. Die Inselfestung des Dämonenkönigs wird mit dem heutigen Sri Lanka identifiziert, die kettenförmige Inselgruppe vor der Nordwestküste der Insel wird so zu den Uberresten der von den vänaras erbauten Brücke bzw. zu den Stationen von Hanumäns Flug/Sprüngen auf der Suche nach Sita. Nicht minder waghalsig gestaltet sich die Diskussion um die beiden wichtigsten Gruppen rätsei- und fabelhafter Wesen, auf die der Prinz Räma trifft: Die »wilden und feindseligen Eingeborenen des Südens« schlüpfen in die Rolle von räksasas, die »Volksstämme, die sich den Eroberern aus dem Norden anschließen«, werden hingegen zu vänaras. Die Kurve zur Bezeichnung vänara (»Affe«) wird dann meistens über einen postulierten Affentotemismus dieser Stämme versucht, es tauchte aber auch schon in der Literatur die Mutmaßung auf, daß diese Menschen urmenschenähnliche, affenhaft anmutende Gesichter sowie Affenschwänze gehabt hätten. 1 4 8 Daß diese letztere Auffassung abgewandelt auch in den Reihen gegenwärtiger Hanumänverehrer vereinzelt vertreten wird, war etwas erstaunlich: In zwölf Fällen ordneten Befragte, auf die Erscheinungsform Hanumäns angesprochen, diesen in die Kategorie »Urmensch« (ädikältn, ädimänava) ein. Fast alle unter ihnen haben einen Hochschulabschluß, einer sogar in Biologie. Doch auch ein Priester war der Meinung, Hanumäns Aussehen weise auf die Vorfahren des Menschen hin. 148 G. H. Bhatt (Hg.), The Bälakända: The First Book of the Välmlki Rämäyana: The National Epic of India, Baroda 1960, 4 4 6 - 4 4 7 .

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Phantasievoller hingegen die Aussage eines 19jährigen Studenten, Hanumän müsse man sich wie »eine ganz besondere Affenart, nämlich wie einen Yeti« vorstellen. Viel häufiger waren aber Antworten, die die Schwierigkeiten der Befragten, eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen, deutlich widerspiegelten: Frage A: »Betrachten Sie Hanumän als einen Affen oder nicht?« »Ähnlich wie die Urmenschen auch, war er wohl noch nicht ganz entwickelt. Trotzdem sollten wir ihn als Menschen sehen. J a , das sollten wir, auch wenn einige seiner Wesenszüge eher den Affen ähneln, denn seine Taten und Abenteuer wie z. B. der Krieg usw. beweisen, daß er den Menschenrasse näher stand.« Frage B: »Sehen Sie denn heute irgendeine direkte Beziehung zwischen Hanumän und den Affen?« »Natürlich können die Affen von heute nicht unter die Menschen gezählt werden. Sie sind eigentlich eher Tiere. Also ich würde sagen, daß es zu 9 0 % keine Verbindung zwischen ihnen gibt. Hanumänji handelte als menschliches Wesen, und diese hier, das sind nichts anderes als Tiere. Sie sehen zwar ein wenig aus wie Menschen, doch sie benehmen sich anders. Nein, es gibt keine direkte Beziehung.« (Brahmane, 2 1 , Teppichhändler).

Die folgende Tabelle gibt Aufschluß über die Probleme, die die Befragten mit der Frage Α hatten: Tab. »Was ist Hanumän?« (in Prozent, Mehrfachnennungen waren möglich) ein Affe hat Affengestalt eine Gottheit/Gott kein Affe in Affengeschi, hineingeboren Affe und Mensch zugleich ein Urmensch

kämarüpt149 ein Mensch andere k. A.

31,1 28,7 25,8 17,4 5,5 4,6 3,5 3,2 2,9 5,2 5,5 (n = 3 4 4 )

Absichtlich war die Frage so formuliert, daß kein Kontext mitgeliefert wurde, also nicht etwa: »Ist Hanumän in VälmTkis Rämäyana ein Affe, ein Mensch oder ein (Halb)Gott?« oder: »Welche Vorstellung haben die Hanumänverehrer heute von ihrem Gott Hanumän, was dessen Ausse1 4 9 Verändert seine Gestalt nach Belieben.

Ergebnisse

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hen anbelangt?« sondern nach allen Seiten »offen« und ergänzungsbedürftig: »Ist Hanumän ein Affe oder nicht?« 150 Die überwiegende Mehrheit (ca. 7 0 % ) räumte ein, daß der Gott auf die eine oder die andere Art von Tiercharakteristika aufweist. Jedoch nur knapp ein Drittel der Befragten sagte kategorisch, Hanumän sei ein Affe. Die anderen wählten die etwas relativierende Variante »hat Affengestalt« oder »ist in das Affengeschlecht hineingeboren worden« und ergänzten meistens mit einem Zusatz wie: »aber eigentlich ist er eine Gottheit (devatä)«. 60 Befragte verneinten die Frage, und es wurde manchmal versucht, das auch zu begründen: Er hatte zwar ein Affenheer [Bezug auf Rämäyana, I. K.], doch das beweist noch lange nichts. Zu jener Zeit waren wir Menschen noch imstande, die Sprache der Tiere zu verstehen. So daß es für Hanumän wahrscheinlich keine Schwierigkeiten gab, sie für sich zu gewinnen (Bauunternehmer, 41).

3 . 2 . 8 . Hanumän und die Frauen In diesem Punkt birgt die Gestalt des Hanumän einige Widersprüche. Auf die freizügige Episode aus dem Rgveda mit dem Affen-Protagonisten Vrsäkapi sei hier nur am Rande hingewiesen. Die »körperliche Konstitution« unseres Helden bedingt dessen Angreifbarkeit und Arabiguität in Sachen Erotik: Durch die Affennatur eigentlich zur Promiskuität prädestiniert, steht der »Mainstream-Hanumän« (der Hanumän aus Välmlkis Rämäyana, aus Tulsls Rämcaritmänas) von Anfang an auf der diametral entgegengesetzten Seite: Seine Zurückhaltung und Selbstbeherrschung angesichts der lasziv ausgestreckten, spärlich bekleideten schlafenden Frauengestalten in Rävanas Harem bringen ihn gemeinsam mit seinen im Epos offensichtlichen yogischen Kräften in den Ruf, ein sexuell Enthaltsamer zu sein. 151 So ist er auch für die meisten seiner heutigen Verehrer ein brahmacärin, keusch und zölibatär in seiner Lebensweise. Verlassen wir aber den von Välmlki und Tulsldäs gewiesenen Pfad, entdecken wir Erstaunliches: Während der Suche nach Sltä in den jaini150 In Anbetracht der Tatsache, daß die überwältigende Mehrheit der Bilder des Affengottes in den Tempeln und in der Basarliteratur, auf Postern usw. Hanumän deutlich affenhaft darstellen, handelt es sich hierbei nicht um eine Suggestivfrage. 151 In einer wenig beachteten und allem Anschein nach folgenlosen Episode aus Välmlkis Rämäyana schenkt Bharata im Yuddhakända Hanumän 16 Jungfrauen (6.113.41).'

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stischen Nacherzählungen der Rämageschichte 1 5 2 verführt Hanumän und läßt sich verführen. Er heiratet sogar mehrere (in einigen Varianten bis zu 18 0 0 0 ! ) Prinzessinnen. In Ravisenas Padmapuräna zum Beispiel (ca. 7. Jh.) kämpft er zuerst gegen die Königstochter Lankäsundart (»die Schöne aus Lahkä«) und hat anschließend Sex mit ihr. Im Ahirävana-Zyklus taucht ein Sohn Hanumäns und einer Fisch- oder Krokodilkönigin auf, Makaradhvaja (»Der-mit-dem-Krokodil 1 5 3 -aufdem-Banner«?). Vor mehr als hundert Jahren schilderte Crooke ein Ritual, bei dem unbekleidete Frauen Hanumänbilder umarmen, um Nachkommenschaft zu erlangen. 1 5 4 Über ein ähnliches Ritual berichten in unserer Zeit Wissenschaftler aus Rajasthan: Frauen geloben, Mahävir (Hanumäns Name in weiten Teilen des Bundesstaates) neun Wochen lang ohne Unterbrechung zu verehren, besuchen montags nach Mitternacht den Schrein, bestreichen das Bild mit roter Zinnoberpaste (.sindür), bringen Blumengirlanden dar, entkleiden sich und berühren das Götterbild. Es wird geglaubt, daß so die weibliche Unfruchtbarkeit geheilt wird. 1 5 5 Im Lauf der Interviews betonten die Befragten im Zusammenhang mit verschiedenen Fragen die übernatürliche, auch physische, Kraft Hanumäns. Als Grundlage solcher Kraft wird im indischen Kontext häufig die sexuell enthaltsame Lebensweise gesehen, so geschehen auch in einigen unserer Interviews. Etwa ein Zehntel der Befragten betrachteten die Enthaltsamkeit (brahmacarya) Hanumäns als sein wichtigstes kennzeichnendes Merkmal, einige unverheiratete Männer fügten hinzu, Hanumän ließe seinen unverheirateten Verehrern eine bevorzugte Behandlungsweise zukommen. 1 5 6 Spätestens als wir uns nach der Familie

1 5 2 Für eine ausführliche Darstellung der jainistischen Varianten mit besonderer Berücksichtigung Hanumäns siehe R. Govindcandra, Hanumän ke devatva ..., 3 0 - 5 5 . 1 5 3 Makaradhvaja lautet auch ein Beiname des Liebesgottes Käma. Zur Übersetzung von »makara« siehe E. Semeka-Pankratov, »The Meaning of the Term Makara in the Light of Comparative Mythology«, in: Semiotica 4 9 / 3 - 4 , 1984,191-242. 1 5 4 W. Crooke, The Popular Religion and Folk-Lore of Northern India, London 1896, 87. 1 5 5 So berichtet Komal Kothari vom Ethnographischen Institut in Jodhpur im Gespräch mit P. Lutgendorf 1 9 9 6 (Vgl. P. Lutgendorf, Like Mother, Like Son. Sita and Hanuman, unveröff. Manuskript). Siehe dazu auch W. Crooke, Folklore of India, New Delhi 1 9 9 3 (repr.), 5 2 . Auch in nordindischen bhojpwn-Märchen taucht dieser Aspekt Hanumäns auf.

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Hanumäns erkundigten, antworteten die Befragten fast ohne Ausnahme, er sei ein zölibatärer Gott, ein brahmacän. Verhältnismäßig wenige (ca. 1 0 % ) bejahten die Frage nach Kindern Hanumäns, betonten aber gleichzeitig, daß Makaradhvaja aus den Schweißtropfen des Affengottes entstanden sei, und daß dieser zu keiner Zeit konnubiale Beziehungen zu irgendwelchen Frauen gepflegt habe. Auf die allgemein gehaltene Frage nach den besonderen Wünschen, Sorgen und Problemen, mit denen sich die Verehrer an Hanumän wenden, wurde der Aspekt der Fruchtbarkeit in keinem Fall genannt. Wir fragten die Besucher später ausdrücklich, ob sie sich an Hanumän wenden/gewendet haben, damit ihr Kinderwunsch in Erfüllung geht: Etwa ein Fünftel bejahten, etwas mehr als die Hälfte hingegen verneinten die Frage. Eine Hausfrau meinte darauf z. B., man dürfe Wünsche, die Heirat oder Kinderkriegen implizieren, nicht vor Hanumän bringen, weil der doch ein brahmacän sei. In etwa der Hälfte der verbliebenen Fälle antworteten die Befragten ausweichend (10 % k. Α.). Es kam jedoch auch vor, daß jemand konkret darauf einging und seinen eigenen Fall schilderte: Als ich 2 5 Jahre alt war, gingen meine Frau und ich zu einem pandit. Er sagte, wir sollten dienstags fasten [der Dienstag ist ein besonders wichtiger Tag für die Hanumänverehrung, I. K.] und überhaupt nur Hanumäntempel besuchen, dann würden unsere Wünsche in Erfüllung gehen. Wir wollten nämlich ein Kind, und ich brauchte eine Arbeitsstelle. Wir wohnten damals noch in Lucknow, also gingen wir regelmäßig zum Hanumän-Setu-Tempel neben der Brücke. An einem Dienstag bekam ich einen Arbeitsplatz, und ebenfalls an einem Dienstag wurde mein erster Sohn geboren. Auf diese Weise und noch viele andere Male hat Hanumänjl uns stets geholfen (Bankangestellter, 35).

Eine Frau erzählte, daß sie zwei Söhne kurz nach der Geburt verlor. Nachdem sie dann Hanumän einen selbstgemachten silbernen Fußschmuck geopfert hatte, schenkte sie einem gesunden Jungen das Leben. Zwei andere Fälle scheinen im Kontext von Fruchtbarkeit und Geburt ebenfalls erwähnenswert: In der Zeit, als unser erstes Kind geboren wurde, pflegte ich keine darsan-püjä im Tempel zu machen, und das Kind kam durch Kaiserschnitt auf die Welt. Als meine Frau erneut schwanger wurde, ging ich regelmäßig zu Hanumänjl in den Tempel. 156 »As the model of the brahmacarin, it is Hanumän whom young men should worship if they need help in maintaining chastity.« In: L. A. Babb, The Divine Hierarchy: Popular Hinduism in Central India, New York, London 1975, 232.

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Und der Junge wurde auf dem normalen Weg geboren, auch wenn der Arzt selber etwas aufgeregt war. Es war alles kein Problem (Weber, 30). Wann er geholfen hat? Nun, einmal hat er und einmal nicht. Meine Frau war nach der Geburt unseres zweiten Sohnes sehr krank. Der pandit sagte, sie würde nicht überleben. Ich begann, die Hanumäncälisä zu beten, etwa 500mal hab ich sie hintereinander aufgesagt, und meiner Frau ging es wieder besser. Und nicht geholfen hat er uns, als wir Geld brauchten ... (Fernsehtechniker, 4 8 ) .

Die geschilderten Fälle reichen im Grunde in einen etwas weiter gefaßten Bereich »Gesundheit« hinein. Der Weber berichtete auch von anderen gesundheitlichen Problemen, die durch die Hanumänverehrung gelindert wurden. Seine Schilderung enthält außerdem auch eine finanzielle Komponente. Es heißt oft, daß viele indische Ärzte auf den Entbindungsstationen häufig zu chirurgischen Maßnahmen greifen, nicht zuletzt, um etwas mehr Geld zu verdienen. Die Sorge um die Gesundheit (Perspektive einer unnötigen Operation) paarte sich bei dem geringen Einkommen der Familie (ca. 1 0 0 0 Rs. im Monat) mit dem Gefühl, unnötig Geld ausgeben zu müssen. Der Bericht des zweiten Mannes unterstreicht den Glauben an die Wirksamkeit der »Vierzig Verse«, die in jeder schwierigen Lebenslage und an jedem Ort (zu Hause, auf der Reise) rezitiert oder auch nur aufbewahrt (unter dem Kopfkissen, auf dem Hausaltar) eine Stütze in der Not darstellen. Das den Heiratswunsch anbelangt, so wird aber auch schon mal für eine »gute Partie« gebetet, bzw. eine solche Hanumäns krpä (Güte) zugeschrieben. Eine Frau sagte, sie sei an jenem Tag in den Tempel gekommen, um Hanumän zu bitten, ihrer heiratsfähigen Tochter einen guten Ehemann zu bescheren. »Guter Ehemann« beinhaltete in diesem und in anderen Fällen neben der rein menschlichen, persönlichen Komponente (Herzensgüte, Liebe usw. - Wesenszüge, die z. B. die besagte Frau in der eigenen Ehe schmerzlich zu vermissen schien) immer auch den Statusund finanziellen Aspekt (gute Schulbildung, gutes Einkommen, eine nicht allzu hohe Mitgiftforderung. Die Frau lebte in bescheidenen Verhältnissen, war gezwungen, dazuzuverdienen und hatte außerdem vier Töchter, für deren Verheiratung und Mitgift sie Sorge zu tragen hatte). Dieser Aspekt wurde in mehreren anderen Interviews erwähnt, und müßte gleichermaßen bei der Frage nach der »Zuständigkeit« Hanumäns in finanziellen Angelegenheiten mitberücksichtigt werden. Zusammenfassend kann bemerkt werden, daß in den Interviews kein besonderer Fruchtbarkeitsaspekt in der Hanumänverehrung augenscheinlich wurde. Auch die oben exemplarisch aufgezählten Fälle können mit dem Aspekt des Affengottes als »Beseitiger von Sorgen, von Krisen« (sankatmocan) hinreichend erklärt werden.

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3 . 2 . 9 . Hanuman als Serienheld Im Jahr 1998 dominierten in Indien mehrere religöse Serien die Fernsehprogramme, unter denen auch eine Verfilmung des Rämäyana unter besonderer Berücksichtigung Hanumäns war. Der Titel der auf dem ersten nationalen Programm Dürdarsan ausgestrahlten Serie lautete bezeichnenderweise »Jay Hanumän« (»Gelobt sei Hanumän«), Produzent und Regisseur war der Moslem Sanjay Khan. Die erneute Verfilmung des Rämäyana stand damit in der Nachfolge der vom Publikum enthusiastisch aufgenommenen früheren Fernsehadaptationen der Nationalepen 157 , reiht sich aber gleichzeitig auch in die große Familie der in Indien produzierten und sich großer Beliebtheit erfreuenden Seifenopern ein. »Jay Hanumän« lief dienstags abends um halb zehn. Damit rückte Dürdarsan von der schon fast traditionell gewordenen Sendezeit für Nationalepen (Sonntag vormittag) ab, vermutlich auch aus Erwägungen zur Einschaltquote und den damit verbundenen Werbeeinnahmen. 1 5 8 Die Handlung der Serie bewegt sich im Rahmen des Rämäyana bzw. des Rämcaritmänas, es wurden allerdings zusätzliche Szenen eingefügt, in denen Hanumän auftritt, die aber keinen wesentlichen Einfluß auf den bekannten Handlungablauf haben. Die Tatsache, daß eine weitere - diesmal filmische - Nachdichtung des Rämäyana unter dem Label »Hanumän« in Verkehr gebracht wird, könnte als Hinweis auf die Po157 Das Jahr 1987 läutete eine Premiere im indischen nationalen Fernsehen ein: Zum ersten Mal wurde eine Verfilmung der großen Nationalepen über die inzwischen zahlreich vorhandenen heimischen Bildschirme im ganzen Land ausgestrahlt. Auf die Fernsehverfilmung des Rämäyana (1987-1988, Produktion und Regie R. Sägar, Bombay; die bis dahin mit Abstand meistgesehene Sendung im indischen Fernsehen) folgte im Jahr darauf die Ausstrahlung der Mahäbhärata-Adaption (1989, produziert von B. R. Chopra). Siehe dazu V. Dalmia-Liideritz, »Television and Tradition: Some Observations on the Serialization of the Rämäyana«, in: M . Thiel-Horstmann (Hg.), Rämäyana and Rämäyanas, Wiesbaden 1991, 207-228; A. Malinar, »The Bhagavadgitä in the Mahäbhärata T V Serial: Domestic Drama and Dharmic Solutions«, in: V. Dalmia; H. v. Stietencron, Representing Hinduism, New Delhi u.a. 1995, 442-467; P. Lutgendorf, »Ramayan: The Video«, in: The Drama Review 32/2, 1990, 127-176; ders., »All in the (Raghu) Family: A Video Epic in Cultural Context«, in: L. A. Babb; S. S. Wadley (Hg.), Media and the Transformation of Religion in South Asia, Delhi 1997, 2 1 7 - 2 5 3 . 158 Jeder der von mir gesehenen ca. 45minütigen Teile wurde mindestens dreimal von dichten Werbeblöcken zu je 5-7 Minuten unterbrochen. Auf einem Privatsender lief in der gleichen Periode jeden Sonntag vormittag eine ebenso populäre Krsna-Serie.

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pularität des Gottes gedeutet werden. Sein Name und das zeitlos spannende Rämäyana scheinen zusammen Garant für Erfolg und Quote zu sein. Die Zeiten, als geliehene Fernsehgeräte auf mit Kuhdung und Gangeswasser geheiligte improvisierte Altäre gestellt und mit Blumengirlanden und Weihrauch bedacht wurden, als auf dem Fernsehtisch dargebrachte Opfergaben nach dem Ende der jeweiligen Rämäyana-Episode als geweihte Speise (prasäd) an die anwesende Zuschauermenge verteilt wurden, liegen noch nicht so lange zurück 1 5 9 , dennoch war die neue Serie kein richtiger Straßenfeger. Sie wurde gerne und regelmäßig gesehen, doch nicht um jeden Preis, und bei einem Stromausfall mitten im Film stürmte auch keine aufgebrachte Menge mehr die örtlichen Elektrizitätswerke, um sie anzuzünden. 1 6 0 Vielleicht fehlte dem Film auch nur die charismatische Schauspielerfigur für die Rolle des »Titel-Helden« 1 9 8 7 hatte in der ersten Verfilmung des Rämäyana der bekannte und beliebte ehemalige Ringer und Actionfilm-Star Därä Singh den Part des Affenhelden Hanumän gespielt. 161 Viele der Befragten gaben an, keine Folge zu verpassen, einige von ihnen meinten gleichzeitig, daß die jetzige Verfilmung zwar sehr gut sei, aber dennoch nicht an den Vorgänger ( 1 9 8 7 ) heranreiche. Vor allem die

159 Tageszeitung Dainik Jägaran vom 6. Juni 1988. (Nach P. Lutgendorf, »All in the (Raghu) Family«, 224.) 160 Siehe Dainik Jägaran vom 21. März 1988. (Nach P. Lutgendorf, »All in the (Raghu) Family", 225.) Andererseits konnte man in der englischsprachigen Tageszeitung Times of India vom 13.5.1998 folgendes lesen: »A near total to partial bandh was observed in Punjab in response to a call by the Balmikis to protest against the telecasting of the serial 'J a i Hanuman' on Doordarshan. They alleged that the portrayal of rishi Balmiki (Välmiki, I. K.) in the serial was in bad taste and hurt the sentiments of the community. The Balmikis are demanding a ban on the serial and its producer Sanjay Khan. They have also sought the transfer of the chairman of the censor board who permitted the telecast of the serial. [...] 90 per cent of the markets and and commercial establishments remained closed at Phagwara, Kapurthala, Bahgapurana, Moga, Amritsar, Majitha, Tarantaran, Ferozepur, Nabha, Nawan Shahar and Banga, 80 per cent at Ludhiana and about 70 per cent at Rajpura. A delegation of the Balmiki Dharmyudh Morcha Samiti, which is spearheading the agitation, had met chief minister Prakash Singh Badal on Monday and he in turn had assured them that he would take up the issue with Prime Minister Atal Bihari Vajpayee on Tuesday. [...] There were demonstrations and traffic was blocked. Incidents of stone-pelting and the burning of effigies of Sanjay Khan were also reported [...]«. 161 Auf die besondere Beziehung Hanumän-Ringen-a&^ära habe ich bereits an anderer Stelle hingewiesen.

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Jüngeren (bis 25 Jahren) erwiesen sich als eifrige Konsumenten der Serie (ca. 7 0 % verfolgten sie regelmäßig, weitere 1 0 % sahen gelegentlich rein), nur knapp über 4 0 % der restlichen Altersgruppen gehörten zum festen Zuschauerkreis. Die Tempelbesucher wurden gebeten, die für sie wichtigste »Hanumängeschichte« zu erzählen, egal welchen Ursprungs. Die meisten nannten Episoden aus den Rämäyanas, einige wenige berichteten über persönliche Erfahrungen. Da wir uns auch Aufschlüsse über die Tradierung dieser Geschichten erhofften, fragten wir nach ihrer Herkunft. Mit den größten Block bildete die Antwortkategorie »aus dem Fernsehen«, noch knapp vor der Antwort »von Mutter/Vater« oder »gelesen«. Auch hier liegt ein signifikantes Übergewicht bei den jüngeren Besuchern unter 20 Jahren vor. Das in Indien sehr junge Medium Fernsehen - Farbfernsehen gibt es z. B. erst seit 1982 - leistet seinen Beitrag zur religiösen Erziehung der jugendlichen Zuschauer. Die älteren bezogen sich in ihren Antworten hier eher auf das gedruckte Rämäyana bzw. Rämcaritmänas oder auf die traditionellen Rämäyana-Rezitationen (kathä, pravacana) und Rämlllä-Aufführungen. Es wäre überhastet, hierin den Beginn einer Entwicklung zu sehen. Fernsehen als Freizeitbeschäftigung spielte auch bei den jugendlichen Befragten quantitativ kaum eine Rolle.

V. Schlußbemerkung Nicht nur Menschen, auch Götter verändern sich. Die verschiedenen religiösen Traditionen bieten dafür genug Beispiele. Die Gestalt des Hanumän, mittlerweile mindestens zweitausend Jahre alt, befindet sich in einer Etappe ihres langen Wandlungsprozesses, deren Richtung am Schluß der vorliegenden Studie Gegenstand einiger Überlegungen sein soll. Die im historischen Teil der Untersuchung skizzierte Entwicklung des Affengottes muß angesichts der spärlichen Quellenlage vor allem für die frühe Periode weitgehend spekulativ bleiben. Die vorgestellten Skulpturen, Texte und Tempelgründungen der späteren Zeit lassen Bilder Hanumäns lebendig werden, auf denen er so gut wie nie allein erscheint: Stets sind Visnu/Räma bzw. Siva die dominierenden Bezugspunkte. Gerade in dieser langen Abhängigkeit in beide Richtungen liegt aber ein Hauptgrund dafür, daß Hanumän bekannt und beliebt wurde. Zwischenpositionen können einengen oder Perspektiven eröffnen: Für den Affengott trifft mit Sicherheit letzteres zu. Ethnographische Berichte der letzten zweihundert Jahre aus ländlichen Gegenden lassen Aspekte Hanumäns aufblitzen, die etwas außerhalb der im historischen Teil der vorliegenden Arbeit nachgezeichneten Entwicklungen liegen. Hanumän, der Regenmacher; Hanumän, der Exorzist usw. sind Hypostasen, die dem Affengott eine weitere, eine andere Anhängerschaft sicherten und sichern. In der Untersuchung von Hanumäntempeln in einigen Dörfern des östlichen Uttar Pradesh waren jedoch diese und ähnliche Züge wenig offensichtlich und wurden kaum einmal spezifiziert. Das Bild, das die Besucher der Dorftempel von ihrem Gott haben, weicht in den meisten Punkten nur unwesentlich vom Bild des »sanskritisch«-Urbanen Hanumän in Benares ab. Die Erklärung hierfür liegt im Status, den der Gott aus der Perspektive seiner Verehrer inzwischen erlangt hat, und der solcherart ist, daß die unterschiedlichsten Einzelaspekte problemlos vereint werden können:

Schlußbemerkung

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1) H a n u m ä n ist ein Helfer, und das im allerweitesten Sinne, ein Gott, der den Menschen in der heutigen Zeit (»im Kaliyuga«) beisteht. Er hilft in der Schule bei Prüfungen, rettet Leben und gibt reiche Ernte. 2) H a n u m ä n ist ein mächtiger, aber demütiger Gott. Er ist der bhakta unter den Göttern, und seine bhakti ist heute nicht mehr auf eine Gestalt ausgerichtet. Die Abkoppelung von Räma ist auch in dieser Hinsicht weitestgehend vollzogen, allerdings - und dies ist wieder spezifisch für das heutige Erscheinungsbild des Gottes - ohne in ein Zerwürfnis gemündet zu sein: Der »gute Draht« H a n u m ä n s zu Räma ist in den Augen der Hanumänverehrer nach wie vor da, wie zu anderen Göttern auch. Die Gestalt des Gottes H a n u m ä n entzieht sich den Klassifizierungsversuchen mühelos. Denn sie bewegt sich auch - oder vor allem - heute in Zwischenregionen, in einem Bereich, der nach allen Seiten offen ist. Visnuismus, Sivaismus und Säktismus; Stadt und Land; Gott, Mensch und Tier; Militanz und Gewaltlosigkeit; Armut und Reichtum - dies sind nur einige der Grenzen, die im Fall des Gottes H a n u m ä n keine sind. H a n u m ä n ist nicht mehr der größte unter den kleinen Göttern Indiens, wie er schon einmal bezeichnet wurde, sondern bereits eine der großen Göttergestalten, deren unauffälliger Aufstieg weitergeht.

VI. Texte zur Hanumänweihe 1.

Hanumatpratisthapanavidhih1

(1) Sriganesäya namah II atha hanumatpratisthävidhir saunakiye 'pi H

näradapäncarätre

(2) desakälausamkirtyämukakämanäsidhyartham svah karisyamäno 'dya vä karisyamänah hanumatpratisthängatvena svastipunyähaväcanam mätrkäpüjanam nändtsräddham äcäryädivaranam ca karisye II (3) nändtsräddham krtvä äcäryah yadatreti särsapän viktrya sucwohavyeti pancagavyena proksya äpohistheti suddhodakena proksya svastyayanam tärksyamiti devän ävähya suradvisän utsärya präsädapakse visantu bbütale nägä ityädinä sankuropanam krtvä brahmädm sampüjya tebhyab balidänam ca krtvä präsäde sütravestanam dugdhadhäräm udakadhäränca datvä (4) äcäryah mürtim pancagavyena pancakasäyodakena manisuvarnamuktäpravälodakenäpi praksälya yavagodhümatilakangusyämäkacanakavrihipistena mürtim samlipya yä ausadhiriti mantrena sarvausadhijalena praksälya äpohisteti suddhodakena praksälya suvarnädipratimäyäm agnisaptimiti süktena agnipadarahitena agnipadayuktena agnyuttäranam küryät II därväsmapratimäyäm lohottäranam api kecid icchanti anenaivasüktena iti krtvä jale 'dhiväsayet II (5) dvitiyadina äcäryah mürtipratisthäpanärtham tsänye sarvatobhadram samsthäpya caturdväre catuhkalasam samsthäpya tatra varunam ävähya uttistha brahmanaspateti mürtim utthäpya punyäham väcayitvä asuntta iti mantrena pränapratisthämantrena pränapratisthäm kuryät II (6) tatah pttavastrenäcchädya sampüjya ptthe samsthäpya taijasädipätre madhusamgrhya suvarnasaläkayä daksinavämanetre unmüayet H 1 Manuskript Nr. 9 8 9 8 , SarasvatT Bhavan, Sampürnänand Samskrt Visvavidyälay, Väränasl. Die hier vorgenommene Einteilung in Abschnitte stimmt nicht immer mit den syntaktischen Einheiten überein.

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Hanumatpratisthapanavidhih (7)

ädau agre lehyapeyacosyakhadyacaturvidbam annam agre äcäryah mürteb pas'cät stbitvägratah ko 'pi na tisthet II

(8)

ud u tyam jätavedasam

(9)

äcäryäya gäm datvä sodasopacäraih püjayet II tadädau dbyänam II manojavam marutatulyavegam jitendriyam buddhimatäm varistham II vätätmajam vänarayüthamukhyam snrämadütam saranam prapadye II

iti daksinam

taccaksurdevahitam

(10) iti dhyätvä uktamantraih pancämrtasnänäntakrtvä etair mantraib käryam II

samsthapya

iti vämam II

suddhodakasnänam

sahasrastrsä rk 16 II asya vämasya iti dvipancäsad ream süktam 52 II pävamämh svastyäyantti saptarcam süktam II rudrasüktena väkadrudräya pra 9 II imä rudräya tavase 6 äntam pitarmarutäm II imä rudräya sthiradhanvane 4 ävo räjänam 1 // tarn u stuhi yah svi 1 bhuvanasya pitaram II tryambakam 1 taittinyastu rudrädhyäyampathet II tatah mahäsäntisüktam ä no bhadrä iti II tatah saurasüktam ud u tyam iti trayodasarcam 13 II citram devänäm sat 6 II hamsah sucisad 1 yat tvä sürya 1 II yad adya sürya 1 ut süryo brhad 4 II ud ν etiti särdbacatasrnäm 4 udu tyad darsatam iti tisrnäm 3 II ban mahän 2 namo mitrasya 12 II bibbräd iti 4 äyam gauh 3 balittbeti pancark II (11) ayam abhisekah

sarvatobbadradvärastbitakalasodakena

käryab II

(12) mantrapuspänjalyante ebatraeämarädikam punah dhyätvä homädikam kuryät H

samarpya manojavam

(13) sthäpanadesät paseime sthandilam samsthäpyänvädadhyät II



(14) atha pradbänam

kundam

iti

vidhäyägnim

II

hanumatam anjantsünum väyuputram mahäbalam rämestam pbälgunasakham pingäksam amitavikramam samudrollanghakam sttäsokapranäsanam laksmanapränadätäram dasagrivadarpahantäram etäh pradhänadevatäb pratinämnä dvävimsatisamkhyäkähutibhih tilamisravrihigbrtä(...)äbutibhib balittbeti pancarcasüktena pratyream ekaikayähutyä tair eva dravyaib sarvatobhadradevatäsca ekaikayähutyä s'esenetyädi västumandalasthäpane hanumatpithastbäpane tad api samkirtayet II (15) pürnähutyantam

sarvam krtvä acalämürtis

ced garte

mänikya-

222

Texte zur Hanumanweihe mauktikapravalam indranilakavaiduryam stbäpane mantrab II

ca praksipya murtim

sthäpayet

(16) pratisthäsi pratisthävanto bhüyäsma mäpratisthä yäs'cit sma / by apratisthab sa bhüyäd yo'smän dvesti yam ca vayam dvisyah II ätvähärseti dbruvasüktena vä II (17) sthäpitadevatänäm uttarapüjäm vidhäyäcäryam sampüjya gäm datvä yatbä vibhavam sampüjya rtvijädmäm api sampüjya yathä vibhägam daksinäm datvä bhüyasim datväcäryäya püjädisopaskaram datvä brähmanän sambhojya taddine 'niväritam annam dadyät iti II (18) evam krte mahäräja jitvä satrün ranäjire II ante matsmaranam visnusäyujyamäsyasi II iti näradapäncaräträgamoktahanumatpratisthäpanavidbih H samvat 1817 märgasuddha

12 (dvädasi)

präpya

Hanumatpratisthapanavidhih Vorschrift

für die Hanumantveihe

223

(Übersetzung)

(1)

Verehrung dem Ganesa. Es folgt die Anleitung zur Hanumänweihe im (System des) Näradapäncarätra sowie Saunaka. 2

(2)

»Nachdem ich Ort und Zeit verkündet habe 3 , werde ich, zum Zweck der Erfüllung der Wünsche XY, als Teile der Weihezeremonie für Hanumän

2 Die Handschriften 9920 und 9898 berufen sich auf Saunaka (Siehe die Überschrift von 9920: Hanumatpratisthäprakärah saunakoktah). Es handelt sich hierbei um eine nicht genau zu bestimmende Autorität aus dem Bereich des Veda, der u. a. als Verfasser des Rgvedaprätisäkhya gilt, eines erläuternden Handbuches zur korrekten Aussprache und zur Grammatik des Veda. Nach Saunaka (500-300 v. Chr.?) ist aber auch eine der traditionell neun »Schulen« des Atharvaveda benannt und man spricht von der »Saunaklya Rezension«. Maßgeblich für unsere Handschriften sind aber vielmehr die sog. Parisistäs (Ergänzungen, Appendizes), die in der Nachfolge der Saunaklya-Rezension entstanden und in denen verschiedene religiöse Praktiken der spätvedischen und vor allem auch der frühen »hinduistischen« Zeit zusammengefaßt sind (Vgl. J . Gonda, Vedic Literature, Wiesbaden 1975, 307f.). Auf diese »vedisch verwurzelte« Tradition nehmen die beiden Handschriften Bezug. Auf die Päncarätra-Tradition beziehen sich die Handschriften 9919/9901 (atha päncarätrokta hanumatpratisthäprayogah) sowie 9898 (atha hanumatpratisthävidhir näradapancarätre saunaktye'pi). Die theologische Grundlage dieser Tradition wird von den Päncarätra Samhitäs gebildet, die eine Verbindung herstellen zwischen einem Visnuismus älterer Prägung (Mahäbhärata) und dem der Puränas (Bhägavatapuräna). (Siehe dazu J. Gonda, Medieval Religious Literature in Sanskrit, Wiesbaden 1977, 41f.) Dabei ist der Stellenwert der Sammlung mit dem Titel Närada Päncarätra (auf die sich die Handschrift 9898 ausdrücklich bezieht) im Rahmen der Päncarätra Samhitäs unklar. Daß es sich dabei um einen besonders späten und apokryphen Text dieser Tradition handelt, hat Tripathi zurückgewiesen (Vgl. G. C. Tripathi, »Some Remarks on the Supposed Närada-Päncarätra«, in: Indo-Iranian Journal 18, 1976, Iff). In beiden Fällen (Saunaka und Päncarätra) lehnen sich die Autoren der untersuchten Pratisthätexte an diese als autoritativ geltenden Werke und Traditionen an und signalisieren damit, daß sie die Regeln und die rituellen Abläufe, die dort festgelegt wurden, befolgen. Daß die eine Tradition »vedisch«, die andere visnuitisch ist, hat für eine Ein- bzw. Zuordnung Hanumäns erstmal keine direkten Konsequenzen, es geht vielmehr eher um eine rituelle Choreographie. Dadurch wird es auch möglich, daß sich eine der Handschriften (9898) auf beide Traditionen gleichzeitig stützt. 3 »Bei jedem brahmanisch-sanskritischen Ritual muß der Einzelne in einer bestimmten Zeremonie (desakälasamkirtana) mit Ort und Zeitpunkt in Einklang gebracht werden. Nur dann gibt es die erforderlichen Deckungsgleichheiten zwischen Ritualherrn und der sakralen Potenz des Rituals.« In: A. Michaels, Der Hinduismus, 322.

224

Texte zur Hanumanweihe heute und/oder morgen die Benediktion4, die Verkündung des glückbringenden Tages 5 , die Verehrung der Mätrkäs, die Verehrung der Ahnen6 und die Wahl/Beauftragung des Hauptpriesters usw. ausführen.«

(3)

Nach Beendigung der Ahnenanrufung möge der äcärya mit dem Vers »yad atra«7 Senfkörner verstreuen, mit dem Vers »suci vo havyä (marutah)«s mit den fünf Kuhprodukten besprengen, mit dem Vers »äpo hi sthä«9 reines Wasser sprenkeln, mit dem Vers »svastyayanam tärksyam«10 die Götter herbeiführen, die Götterfeinde verjagen, im Tempel/an der Tempelwand mit dem Vers »visantu bhütale nägä« usw. einen Pfahl auf-stellen/einen (Eisen-)Spieß einschlagen, Brahma und die anderen (Götter) 11 verehren und ihnen Bali-Opfer darbringen, die Opferstätte mit einer Schnur umgeben, begleitet von kontinuierlichen Milch- und Wasserlibationen.

(4)

Der äcärya möge das Bild mit den fünf Kuhprodukten, mit Wasser mit den fünf Adstringenzien12, sowie mit Wasser mit Edelsteinen, Gold, Perlen und Korallen waschen, und es mit einer Paste aus Gersten(mehl), Weizen(mehl), Sesam(mehl), Fennich, Hirse(mehl), Kichererbsen(mehl) und Reis(mehl) bestreichen/einreiben. Mit dem Mantra »yä osadhih«13 möge er (das Bild) mit »Alle-Heilkräuter«-Wasser waschen und mit »äpo hi sthä«14 mit reinem Wasser.

4

svastiväcana, ein vorbereitendes Ritual: gekochter Reis wird auf den Boden gestreut, begleitet von Mantras. 5 punyähaväcana, ein Ritual zur Gewährleistung eines glückbringenden Tages. 6 nändisräddha oder nändtmukhasräddha, ein Ritual, bei dem einer bestimmten Gruppe von Vorfahren gedacht wird. Nach manchen Texten handelt es sich um die drei Vorväter des Urgroßvaters (väterlicherseits). 7 Väjasaneyi Samhitä 19.35. 8 RV 7.56.12. An die Maruts: »Rein sind die Opfergaben für euch, die Reinen, ο Marut; ein reines Opfer bringe ich für die Reinen in Gang. Nach dem Gesetz das Gesetz wahrend gingen sie in die (Welt der) Wahrheit ein, von reiner Geburt, die Reinen, Lauteren.« Ich übernehme die Veda-Übersetzungen aus K. F. Geldner, Der Rig-Veda, 3 Bde., Cambridge u. a. 1951. 9 RV 10.9.1-3. An die Wasser: »Ihr Gewässer seid ja labend; verhelfet ihr uns zur Kraft, um große Freude zu schauen. Was euer angenehmstes Naß ist, des machet uns hier teilhaftig wie die liebevollen Mütter (ihrer Milch). Dem möchten wir euch recht kommen, für dessen Haus ihr uns erfrischet und neugebäret, ihr Gewässer.« 10 Satapatha Brähmana 13.4.3.13. (od. RV.Kh. 5.51.1) 11 brahmädimandaladevatä: eine Gruppe von 57 Göttern. 12 Es werden meist fünf Adstringenzien (kasäyapancaka) erwähnt, die aus den Rinden folgender Gewächse hergestellt werden: nyagrodha, udumbara, asvattha, cüta und jambü.

Hanumatpratisthäpanavidhih

225

Wenn die Statue aus Gold usw. ist, dann soll man mit der Hymne »agnih saptim«15 (einmal) mit dem Wort »agtti«, (und einmal) ohne dieses Wort eine Flamme um das Bild herumführen, wenn das Bild aber aus Holz oder aus Stein ist, so möge man Kupfer/Eisen/eine Waffe/ein Schwert um es herumtragen/über es hinwegführen, meinen manche, und zwar mit der gleichen Hymne. So getan, soll man (das Bild) ins Wasser stellen. 16 (5) Am zweiten Tag soll der äcärya für die Bilderweihe im Nordosten (des Opferplatzes) das sarvatobhadra(mandala) errichten, an dessen vier Toren vier Krüge aufstellen und dort (in die Krüge) den Gott Varuna herbeirufen. Mit »uttistha brahmanaspate«17 soll er das Bild aufstellen 18 , einen glückverheißenden Tag verkünden, und mit dem Mantra »asuntte«19, (und) dem pränapratisthä-Mantia das Einflößen des Lebensatems ausführen. (6)

Er möge dann das Bild mit gelben Tüchern abdecken, verehren 20 , und im Tempel/auf den Sockel aufstellen. Dann soll er in ein Metallgefäß usw. Honig füllen und (damit und) mit einem Goldstäbchen das rechte und das linke Auge (des Bildes) öffnen.

(7)

(Doch) vorher möge der äcärya viererlei Speisen vor das Bild stellen: was geleckt, getrunken, gesogen, gegessen/gekaut werden kann. Er selber möge hinter dem Bild stehen, davor aber soll sich keiner aufhalten.

13 RV 10.97.19. An die Kräuter: »Ihr Kräuter unter König Sorna, die über die Erde verbreitet sind, vereiniget auf des Brhaspati Geheiß eure Kraft auf dieses (Kraut)!« 14 RV 10.9.1-3. Vgl. Anm. 9. 15 RV 10.80.1-7. An Agni: »Agni schenkt das preisgewinnende Gespann, Agni den berühmten, im Werke anhaltenden Mann. Agni durchwandert beide Welten, sie ausschmückend; Agni (schenkt) eine gesegnete Frau, die mit einem Sohne schwanger geht. Dem Agni soll das Brennholz des Verdienstes zu Gute kommen; Agni ist in beide Welten eingezogen. Agni ermutigt den Alleinstehenden in den Kämpfen; Agni macht die vielen Feinde klein.« usw. 16 jalädhiväsa, die rituelle Reinigung durch Wasser. Das Bild bleibt die Nacht über im Wasser. 17 RV 1.40.1. An Brahmanaspati: »Erhebe dich, Brahmanaspati! Gottverlangend wenden wir uns an dich. Die gabenschönen Marut sollen herkommen; Indra, sei du als Hauptmann dabei!« 18 Aus dem Wasser herausholen? 19 RV 10.59.6. An Asunlti: »O Seelenführerin! Gib uns das Augenlicht zurück, den Lebenshauch zurück und den Genuß hienieden. Noch lange möchten wir die Sonne aufgehen sehen. Ο Anumati, sei uns gnädig zum Heil!« 20 Vermutlich mit pancopacära.

226

Texte zur Hanumanweihe

(8)

Mit »ud u tyam jätavedasam«21 (soll) das rechte, mit »taccaksur hitam«22 das linke (Auge geöffnet werden).

(9)

Nachdem er dem äcärya eine Kuh geschenkt hat, soll er den sechzehnteiligen Dienst ausführen. An dessen Anfang (steht) der Meditationsvers:

deva-

»Ich begebe mich in die Obhut des Gedankenschnellen, des WindgleichGewaltigen, des Herrn über die Sinne, des besten der Weisen, des Windsohnes, des Befehlshabers der Vänaraheere, des Rämaboten.« (10) Nachdem er so meditiert und das Baden (des Gottes) mit dem fünffachen Nektar 2 3 mit den genannten/bekannten Mantras beendet hat, soll er ihn mit reinem Wasser baden, (und zwar) mit diesen Mantras: »sabasrasirsä« 16 (Verse),24 »asya vämasya«, einer Hymne mit 52 rc Versen, 25 »pävamänth svastyäyani«, einer Hymne mit 7 Versen, 26 mit der Rudra-Hymne »väkadrudräya pra« 9 (Verse), »imä rudräya tavase« 6 (Verse) bis »pitarmarutäm«, 27 »imä rudräya stbiradhanvane«4 (Verse),28 »ä vo räjänam« 1 (Vers),29 »tarn u stuhi yah svisuh« 1 (Vers),30 »bhuvanasya pitaram« 1 (Vers),31 »tryambakam« 1 (Vers).32 Ist er aber ein Angehöriger der Taittirlya-Schule, so soll er den Rudrädhyäya rezitieren, 33 dann die Mahäsänti-Hymne: »ä no bhadräh«,34 dann 21 RV 1.50.1. An Sürya: »Dort fahren den Gott Jätavedas seine Strahlen herauf, auf daß die ganze Welt den Sonnengott schaue.« (Süryopastbäpanamantra) 22 RV 7.66.16. An die Sonne: »Wir möchten das von den Göttern eingesetzte lichte Auge hundert Herbste aufgehen sehen; wir möchten hundert Herbste erleben.« 23 pancämrta: Milch, Joghurt, Butterschmalz, Honig und Zucker. 24 RV 10.90.1-16, Purusasükta. 25 RV 1.164.1-52. An alle Götter (Rätsellied): »Dieses liebwerten altersgrauen Hotr, dessen mittlerer Bruder ist der Hungrige. Sein dritter Bruder trägt Schmalz auf dem Rücken. In diesem erschaute ich den Stammherrn mit sieben Söhnen. Sieben schirren den einrädrigen Wagen an; ein Pferd zieht ihn, das sieben Namen hat. Dreinabig, niemals altersschwach, unübertroffen ist das Rad, auf dem alle diese Wesen stehen.« usw. 26 RVKh 9.67.1.? 27 RV 1.114.1-6. An Rudra: »Diese (frommen) Gedanken tragen wir dem starken Rudra vor, dem Männerbeherrscher mit aufgewundenem Haar, auf daß es Zweifüßlern und Vierfüßlern wohl ergehe und alle Aufzucht in diesem Dorfe gesund sei. Hab mit uns Erbarmen, Rudra, und mach uns Freude! Wir wollen dir, dem Männerbeherrscher, in Demut dienen. Welch Wohl und Heil Vater Manu durch Opfer erlangt hat, das möchten wir unter deiner Führung erreichen, Rudra.« usw.

Hanumatpratisthapanavidhih

227

die Saura-Hymne: »ud u tyarn«, die 13 Verse hat, 3 5 »citram devänäm« 6 (Verse),36 »hamsah sucisad« 1 (Vers),37 »yat tvä sürya« 1 (Vers), 38 »yad adya sürya bravo« 1 (Vers), 39 »ut süryo brhad« 4 (Verse), 40 »ud ν eti«, das viereinhalb Verse hat, 4 1 »ud u tyad darsatam«, das 3 Verse hat, 4 2 »ban mahän asi« 2 (Verse), 43 »namo mitrasya« 12 (Verse), 44 »bibhräd« 4 28 RV 7.46.1-4. An Rudra: »Dem Rudra mit festem Bogen und schnellem Pfeile bringet diese Lobrede dar, dem eigenmächtigen Gotte, dem unbezwungenen Bezwinger, dem Meister der spitzen Waffe: Er soll uns erhören! Denn vermöge seines Wohnsitzes hat er Acht auf das irdische Geschlecht, vermöge seines Allherrschertums auf das himmlische. Komm freundlich zu unserem freundlich gesinnten Hause; bring keine Krankheit über unsere Nachkommen, ο Rudra!« usw. 29 RV 4.3.1. An Agni: »Den König eures Opfers, den Rudra, den wahrhaft opfernden Hotr beider Welten, den goldfarbigen Agni gewinnet zur Gunst, (noch rechtzeitig) vor dem unerwarteten Donnerschlag.« 30 RV 5.42.11. An alle Götter: »Preise den, der guten Pfeil und guten Bogen hat, der über jegliches Heilmittel gebeut. Erbitte den Rudra zu großem Wohlwollen, huldige dem Gott, dem Asura mit Verbeugungen!« 31 RV 6.49.10. An Rudra: »Rudra, den Vater der Welt, erbaue mit diesen Lobesworten bei Tag, Rudra in der Nacht! Den hohen, erhabenen, alterlosen, wohlwollenden (Gott) wollen wir recht anrufen, von dem Weisen angeregt.« 32 KV 7.59.12. An die Marut (an Rudra?): Wir opfern dem Tryambaka, dem duftenden, den Wohlstand mehrenden. Wie den Kürbis vom Stiel, so möchte ich mich vom Tod, nicht vom NichtSterben losmachen.« 33 Taittinya-Samhitä 4.5.1-11. 34 RV 1.89.1. An alle Götter: »Gute Gedanken sollen uns von allen Seiten kommen, unbeirrte, unerreichte, durchschlagende, auf daß die Götter uns immerdar zum Segen seien und unablässige Beschützer Tag für Tag.« 35 RV 1.50.1-13. An Sürya: »Dort fahren den Gott Jätavedas seine Strahlen herauf, auf daß die ganze Welt den Sonnengtt schaue. Wie Diebe schleichen jene Gestirne mit dem nächtlichen Dunkel davon vor dem allschauenden Sürya. Seine Vorzeichen, die Strahlen, sind unter den Menschen weit sichtbar geworden, wie Feuer erglänzend.« usw. 36 RV 1.115.1-6. An Sürya: »Prangend ist das Antlitz der Götter aufgegangen, das Auge von Mitra, Varuna, Agni. Er hat Himmel und Erde und die Luft erfüllt; Sürya ist die Seele von allem, was geht und steht.« usw. 37 KV 4.40.5. An Dadhikrä: »Der Schwan, der im klaren (Himmel) sitzt, der Gott, der in der Luft sitzt, der Hotr, der auf der Vedi sitzt, der Gast, der im Hause sitzt, der unter den Männern sitzt, der auf dem besten Platz sitzt, der im (Schöße) der Wahrheit sitzt, der im Himmel sitzt, der wassergeborene, kuhgeborene, wahrheitsgeborene, felsgeborene, die Wahrheit (selbst).« 38 KV 5.40.5. An Sürya: »Als der Dämon des Sonnenlichts dich, ο Sürya, mit Dunkelheit durchbohrte, waren alle Wesen wie ein verirrter Mann, der nicht weiß, wo er ist.« (Nach W. Doniger O' Flaherty, The Rig Veda, Harmondsworth 1981, 188).

228

Texte zur Hanumänweihe (Verse), 45 »äyam gauh«

3 (Verse) 46 (und) »bal ittha«,

das 5 Verse hat. 4 7

(11) Dieses rituelle Bad ist mit Wasser aus den Krügen, die an den Öffnungen des sarvatobhadramandala standen, durchzuführen. (12) Nachdem er eine Handvoll mit Mantras geweihte Blumen geopfert hat, 4 8 möge er Schirm, Wedel usw. darbringen, erneut mit dem Vers »manojavam« meditieren und Libationen ins Feuer usw. ausführen.

3 9 RV 7.60.1. An Mitra und Varuna: »Wenn du heut, ο Sürya, die Schuldlosen melden wirst, so sollst du bei deinem Aufgang dem Mitra und Varuna die Wahrheit (melden). Wir möchten vor den Göttern (schuldlos), ο Aditi, als Sänger dir lieb sein, ο Aryaman.« 4 0 R V 7.62.1-4. An Sürya, Mitra und Varuna: »Sürya hat seine Strahlen hoch aufgerichtet (und) all die vielen Geschlechter der Menschen (erweckt). Gleich der Tageshelle leuchtend ist er erschienen. Mit Umsicht geschaffen ist er von den Schöpfern wohlgeschaffen. Du, Sürya, gehst vor uns wieder auf, von diesen Preisliedern (gezogen), von den Etasas, aus (eignen) Trieben. Melde dem Mitra und Varuna, dem Aryaman und Agni, daß wir ohne Sünden sind.« usw. 41 RV 7.63.1-5. An Sürya, Mitra und Varuna: »Sürya, der glückbringende, allschauende, geht den Menschenkindern gemeinsam auf, das Auge von Mitra und Varuna, der Gott, der die Finsternis wie ein Fell zusammengelegt hat. Es geht der Wecker der Menschen, das große, wallende Banner des Sürya auf, um das (stets) gleiche Rad ins Rollen zu bringen, das der ins Joch gespannte Etasa zieht.« usw. 4 2 RV 7.66.14-16. An Sürya: »Dort geht jenes sehenswerte Schauspiel am Rande des Himmels auf, wenn ihn der Renner zieht, der göttliche Etasa, pünktlich zu schauen für jedermann. Den Herrn alles Lebenden - Haupt um Haupt - und des Unbeweglichen, den Sürya ziehen mitten durch den ganzen Luftkreis die sieben Schwestern, die Fabinnen am Wagen zu guter Fahrt. Wir möchten das von den Göttern eingesetzte lichte Auge hundert Herbste aufgehen sehen; wir möchten hundert Herbste erleben.« 4 3 RV 8.101.11-12. An Sürya: »Wahrhaftig, du bist der Große, Sürya; wahrhaftig, du bist der Große, Äditya. Deine, des Großen, Größe verdient Preis; wirklich bist du, Gott, der Große. Wahrhaftig, du bist groß an Ruhm, Sürya, du bist ganz und gar der Große, ο Gott. Durch deine Größe hast du, der Asurische den Vortritt unter den Göttern, (du) das allmächtige, unbetörbare Licht.« 4 4 R V 10.37.1-12. An Sürya: »Verneigung vor dem Auge des Mitra und Varuna! Dem großen Gotte weihet dieses (wahre) Wort; dem weithin sichtbaren, gotterzeugten Wahrzeichen, des Himmels Sohne, dem Sürya traget (es) vor! Diese wahre Rede soll mich allenthalben schützen, solange Himmel und Erde und die Tage dauern. Alles andere geht zur Ruhe, was sich regt; allezeit (fließen) die Gewässer, allezeit geht die Sonne auf.« usw.

Hanumatpratisthapanavidhih

229

(13) Westlich vom Weiheplatz soll man eine Plattform oder eine Grube vorbereiten, das Feuer entzünden und nähren. (14) Nun (folgt) das Hauptopfer: Den Hanumän, den Sohn AnjanTs, den Sohn Väyus, den überaus Mächtigen, Rämas Liebling, den Begleiter Arjunas, den Gelbäugigen, den unendlich Mutigen/Sieghaften, den Überspringer des Ozeans, den Beseitiger von Sitäs Kummer, den Lebensspender Laksmanas, den Zerstörer von Dasagrivas Stolz, diese Hauptgottheiten möge er pro Namen jeweils mit 22 Libationen, mit Sesam, Gerste, Reis und Schmelzbuttergüssen (verehren) und mit den fünf Versen der Hymne »bal itthä«49, für jeden Vers mit je einem Opferguß mit den genannten Materialien. Die Gottheiten des sarvatobhadramandala (verehre er) mit je einer Libation, und mit dem Rest usw. preise er am Aufbau des västumandala und am Aufbau des Throns für Hanumän auch diese. (15) Nachdem er alles mit der Libation eines vollen Opferlöffels abgeschlossen hat, soll er, im Fall, daß das geweihte Bild unbeweglich ist, in den Sockel

45 RV 6.23.1-4. An Indra: »Am ausgepreßten Soma, am Loblied, am erbaulichen Wort, am aufgesagten Lobgedicht hängst du, Indra, ob du mit dem geschirrten Falbenpaar, die Keule in den Armen tragend, ausziehst, ο gabenreicher Indra.« usw. oder RV 1.25.13-16. An Varuna: Ein goldenes Gewand trägt Varuna und legt ein Prachtkleid an. Rings herum sitzen seine Späher. Den weder die Schadenfrohen noch die Arglistigen unter den Menschen zu schädigen wünschen, noch die Nachsteller, ihn, den Gott. Und der sich bei den Menschen ganz ungeteilten Respekt verschafft hat (und) in unseren Leibern. Meine Gedanken ziehen fort wie Kühe die Weidewege entlang, den Weitschauenden suchend.« 46 RV 10.189.1-3. An Sürya(?) (Morgenlied): »Dieser bunte Stier ist hergeschritten und hat sich vor Mutter (Erde) und Vater (Himmel) gesetzt auf seinem Wege zur Sonne. Die leuchtende (Usas?) geht zwischen (Himmel und Erde), von seinem Aushauch (Leben) einatmend. Der Büffel hat nach dem Himmel Ausblick gehalten. Die dreißig Stufen herrscht er. Dem Vogel wird die Stimme verliehen jeden Morgen mit Tagesanbruch.« 47 RV 5.67.1-5. An Mitra und Varuna: »Wahrlich, so ist es, ihr beide(n) Götter, ihr Söhne der Aditi, ihr habt die verehrungswürdige, hohe, (euch) bestimmte Stellung, ihr habt die höchste Herrschaft erreicht, Varuna, Mitra, Aryaman. Wenn ihr euch in den goldenen Schoß setzet, Varuna, Mitra, die Erhalter der Völker, so gewähret eure Gunst, ihr Uberlegene(n)!« usw. 48 Zu mantrapuspänjali siehe G. Bühnemann, Püjä, 175f. 49 Es sind fünf zu opfernde Substanzen, die jeweils pro Vers der Hymne ins Feuer geworfen werden, zusammen 25 Opfergüsse.

230

Texte zur Hanumänweihe einen Rubin, eine Perle, eine Koralle, einen Smaragd und ein Katzenauge niederlegen, und das Bild aufstellen. Der Spruch für das Aufstellen:

(16) »Du bist fest gegründet/die Standfestigkeit. Wir wollen nicht ohne (festen) Stand sein. Derjenige nämlich soll ohne jeden Halt sein, der uns haßt oder den wir hassen.« Oder mit der Dhruva-Hymne »ä tvähärsam«.50 (17) Wenn er die abschließende Verehrung der (zuvor im Laufe der Zeremonie) eingeladenen Gottheiten durchgeführt hat, soll er dem Hauptpriester seine Verehrung erweisen und eine Kuh schenken. Er soll die (anderen) Priester verehren und reichlich, je nach Vermögen, Opferlohn geben. Besonders reichlich soll er dem äcärya geben und (diesem) die Opfermaterialien schenken. Die Priester soll er speisen, und am selben Tag soll er uneingeschränkt (an alle) Speise verteilen. (18) »Wenn du, König, (die Weihe) auf diese Weise ausgeführt hast/ausführst, wirst Du auf dem Schlachtfeld die Feinde besiegen und am Ende, wenn Du mich anrufst, in die Gegenwart Visnus gelangen.« 51 So lautet die Anleitung für die Hanumänweihe nach dem päncaräträgama.

Närada-

Im Jahr Samvat 18 1 752 am 12. Tag der hellen Monatshälfte des Monats Märgafsirasj (November-Dezember).

50 RV 10.173.1-6. Festigungshymne bei der Königsweihe: »Ich habe dich geholt, bleibe unter (uns); steh fest ohne zu wanken! Alle Clane sollen dich wünschen; die Herrschaft soll dir nicht entfallen. Hier bleibe, weiche nicht, wie der Berg nie wankend! Wie Indra bleibe hier fest, hier behaupte deine Herrschaft!« usw. 51 »The püjä part often ends with the reading of a story which narrates the origin of the vrata / püjä and states the reward (phalasruti) which is gained by its performance.« In: G. Bühnemann, Püjä, 185. 52 1760 η. Chr.

Hanumatpratisthaprakärah (A)

2.Hanumatpratistbäprakärah

231

(A)53

(1) Sriganesaya namab II atba pancaratroktabanumatpratisthaprayogab (2) desakälau samkirtya etad rästrasya ksemasiddbyartbam sakaläisvaryäbbivrdhyartbam banumaddevatäpratistbäm (3) tadangatvena ganesapüjanam svastipunyähaväcanam nändtsräddbam äcäryädivaranam ca karisye II

/

mama karisye II mätrkäpüjanam

(4) ganesapüjanädi rtvigvaranäntam krtvä pratisthästhänäd agrato mandapam krtvä II agrato mandapam krtvä sthänäd uttarato'pi vä II värunyäm disi vä kuryän naiva kuryäc ca yämyatah II (5) rtvigbhih saba suväsinyagratah krtvä gandhäksatabalisämagrim vädyagbosena jaläsayam gacchet II

grhttvä

(6) jalasamipe svastikam krtvä jalamadhyastham banümantam svastikopari nidbäya bhadram karnebhi süktena kusodakenäbbyuksya gandbapuspädibbih püjayitvä mänomabäntam iti balim dattvä prärtbayet II (7) märutapriyasüno pratistbästbänam

tväm namämi subbabetave II äsritya sapbalo 'stu sadä mama II

(8) uttistheti mantrena uttbäpya rathe tistbann iti ratbam äropya vedagbosaib saba mandapam ägatya uttaratab stbäpya yad atrety ädy // (9) agnipratisthäntam krtvä tato grahastbäpanäntam krtvä vedikopari ekädasakalasän samstbäpya kalasesu rudrapratimäh samstbäpya rudrädbyäyam japitvä visno rarätam aslti ca II (10) äjyabbägänte grababomam uktadravyaib krtvä tato namab sambbavetimantrena visno rarätam aslti mantrena hanumate nama iti vä samittilapäyasäjyena butvä II (11) devasamipam gatvä II

5 3 Manuskript Nr. 9 9 1 9 / 9 9 0 1 SarasvatI Bhavan, Sampürnänand Samskrt Visvavidyälay, Väränasi. Die Einteilung in Abschnitte stimmt nicht immer mit den syntaktischen Einheiten überein.

232

Texte zur Hanumanweihe

(12) svägatam devadevesa banumat pavanatmaja II sarvatra tvadadhisthänaraksähetukaram nrnäm // (13) iti samprärthya pädatalasparsädidosaparihärärtham mantrena angäni gomayenopalipya purusasüktena yavapisthenodvartya ghrtena abhyajya usnodakena gandhädibbih sampüjya caturdik.su balim dattvä

mänastoketi praksälya praksälya

(14) tatah suvarnasaläkayä citram devänäm iti mantrena purato nänä bhaksyädi darsayet II

caksur unmilayet //

(15) uttistheti mantrenotthäpya

siläyä upari stbäpayet II

(16) äkrsneneti mantrena sarsapatilapisthenodvarttayet pancämrtena samsnäpya pauruseneti ca II (17) tatah pränapratistbäm

//

kuryät H

(18) tatah pahcadasapranavävrtyä bhävayet II

devahrdayam

sprstvä samskärajätä

iti

(19) tato kalasodakaih rudrädhyäyena devam abhisicya vastrayajnopavttäjinamekbalämaunjldansäni dattvä purusasüktena sodasopacäraih sampüjya vanaväsine sindüram dattvä prärthayet II (20) namo namaste bhayanäsavaktre namo 'stu tubhyam barimürttikäya namo namaste suravanditäya namo namaste 'stu karälavaktre II (21) iti ksamäpya tato balidänam pürnähutyantam krtvä kalasodakair yajamänam abhisicya daksinädänena äcäryädtn tosayitvä bhüyasim dattvä yathäsakti brähmanän bhojayet II (22) iti päncarätrokta

hanumatpratisthä

samäptä II

II

Hanumatpratisthaprakärah (A) Regeln/Leitfaden

für die Hanumantveibe

233 (Übersetzung)

(1)

Verehrung dem Ganesa. Nun folgt die Anleitung für die Hanumänweihe, wie sie in der Päncarätra-Tradition gelehrt wird.

(2)

»Für das Wohl des Landes sowie auch für die Steigerung meiner Verfügungsgewalt in jeder Hinsicht werde ich nach Verkündung von Ort und Zeit die Weihe der Gottheit Hanumat vollziehen.«

(3)

»Als Teilrituale werde ich ausführen: die Ganesaverehrung, die Benediktion, die Verkündung des glückbringenden Tages die Verehrung der mätrkäs, die Anrufung der Ahnen sowie die (feierliche) Wahl/Beauftragung des Hauptpriesters und der anderen (Priester).«

(4)

Nachdem er (, der yajamäna,) (die Rituale) von Ganesapüjä bis Priesterwahl durchgeführt hat, möge er vor dem/östlich vom Platz, an dem das Bild aufgestellt werden soll, einen überdachten Opferplatz errichten. Der Opferplatz kann östlich vom Ort der Aufstellung sein, nördlich oder westlich davon; nicht aber in südlicher Richtung.

(5)

Er möge Duftstoffe/Sandelholzpaste (gandha), ungebrochenen Reis, (alles) was zum bali-Opfer54 gehört, nehmen und zusammen mit den Priestern - die Ehefrau an der Spitze (des Zuges) - , begleitet von Instrumentalmusik zum Wasser(tank) gehen.

(6)

Am Wasser möge er ein Svastika(-Zeichen) herstellen, den sich im Wasser befindenden Hanumän auf dieses stellen, die Hymne »bhadram karnebhih«5S rezitieren und dabei das Bild mit Kusagraswasser56 besprengen, mit Duft und Blumen usw. 57 verehren. Mit »mä no mahäntam«5S möge er dann das bali-Opfer darbringen und (so) beten:

54 Ein Nahrungsopfer, für gewöhnlich vor dem täglichen Mahl (bei wichtigen Anlässen oft ein Tieropfer); ist gleichzeitig eines der fünf »großen Opfer« (mahäyajna). 55 RV 1.89.8. An alle Götter: »Gutes wollen wir mit Ohren hören, ihr Götter, Gutes mit Augen sehen, ihr Opferwürdige(n). Mit festen Gliedern und Leibern wollen wir, die wir lobgesungen haben, das gottgesetzte Alter erreichen.« Die Veda-Übersetzungen sind, wenn nicht anders vermerkt, von K. F. Geldner (Der Rig-Veda, 3 Bde., Cambridge u. a. 1951). 56 Wasser, in das zuvor kusa (darbha)-Gras eingeweicht wurde und das nun mit Hilfe des Grasbüschels verspritzt wird. 57 Vermutlich mit dem fünfteiligen Gottesdienst (pancopacära), zusammengesetzt aus: Sandelholzpaste (gandha), Blumen (puspa), Weihrauch (dhüpa), Licht (dipa) und Nahrung (naivedya).

234

Texte zur Hanumänweihe

(7)

»Geliebter Sohn des Windgottes, ich verehre dich zum Zwecke des Glücks/der Freude/des Wohlstands! Wenn Du Dich am Ort der Weihe niedergelassen hast, mögest Du mir stets fruchtbringend sein.«

(8)

Mit dem Mantra »uttistha«59 weckt er ihn auf, mit »rathe tisthan«60 läßt er (das Bild) auf den Wagen stellen, kehrt mit Vedarezitation zum Opferplatz zurück und stellt ihn/das Bild im Norden (des Platzes) auf.

(9)

Hat er die weiteren Schritte von »yad atra« bis zur Feuergründung und dann weiter bis zur Einsetzung der Planeten durchgeführt, soll er 11 Krüge auf den Altar stellen, in die Krüge Rudrastatuen/Rudrasymbole einsetzen61, das Rudrädhyäya murmeln sowie den Spruch »visno rarätam asi«62.

(10) Nach der Zuteilung/dem Opfern von Schmelzbutter (folgt) das homaOpfer 63 für die Planetengottheiten mit den genannten/bekannten Materialien 64 . Daraufhin soll er mit dem Mantra »namah s'ambhaväya«65, dem Mantra »visno rarätam asi«66 oder mit »Verehrung dem Hanumän« Brennholz/Gras, Sesam, Milch(reis) (und Zucker) und Schmelzbutter (ins Feuer) darbringen. (11) Dann geht er zum Götterbild: 58 RV 1.114.7. An Rudra: »Weder den Großen noch den Kleinen unter uns, weder den Heranwachsenden noch den Erwachsenen unter uns, nicht unseren Vater noch die Mutter sollst du töten, noch unsere lieben Leiber schädigen, ο Rudra!« 59 RV 1.40.1. Siehe Anm. 17. 60 RV 6.75.6. Waffensegen: »Auf dem Wagen stehend lenkt der treffliche Wagenlenker die Streitrosse voran, wohin immer er will. Preiset die Macht der Zügel: Die Leitseile richten sich nach dem Sinn (des Wagenlenkers) dahinter.« 61 Hanumän wird als eine Inkarnation Rudras (die elfte von elf) gesehen. 62 Väj. Samh. 5.21. 63 Darbringung von Schmelzbutter ins Feuer. 64 Vermutlich handelt es sich hier um die »Beschwichtigung der Planeten« (grahasänti). Jedem der neun »Grahas« ist eine bestimmte Holzart zugeordnet, und Stäbchen des betreffenden Holzes dienen bei der Anrufung des jeweiligen Planeten im homa-Opfer als Brennholz (samidh). Den neun Planeten Sürya, Candra, Angäraka, Budha, Guru, Sukra, Sanaiscara, Rähu und Ketu entsprechen in dieser Reihenfolge als samidh im homa-Opfer arka, paläsa, khädira, apämärga, pippala, udumbara, samt, durva und kusa, und zwar laut Somasambhupaddhati 108 Stück von jedem. Vgl. Somasambhupaddhati. Texte, trad, et notes par Η. Brunner-Lachaux, Bd. 4, Pondichery 1998, 99. 65 Väj. Samh. 16.41. 66 Väj. Samh. 5.21.

Hanumatpratisthaprakärah (A)

235

(12) »Sei willkommen oh Herr, Gott der Götter, Hanumän, Sohn des Windgottes. Möge dein (Wohn)Sitz/deine Installierung67 für die Menschen/für das Volk (nrnäm) von allen Seiten Schutz bewirken.« (13) Nachdem er so gebetet hat, schmiert er, um die (versehentliche) Berührung mit der Fußsohle, sowie auch andere Fehler aufzuheben/zu sühnen, Kuhdung auf die Glieder des Bildes mit dem Mantra »mä nas toka«6S. Er wäscht (das) dann ab mit der Purusahymne 69 , reibt (das Bild) mit Paste aus Gerstenmehl ein, besprengt es mit Schmelzbutter und wäscht (alles) mit heißem Wasser ab. Er verehrt mit Duft (Sandelholzpaste) usw. und bringt in die/den (Gottheiten der) vier Himmelsrichtungen Speiseopfer dar. (14) Dann möge er mittels einer goldenen Nadel/eines goldenen Stäbchens mit dem Vers »citram devänäm«70 (dem Bild) das Auge öffnen. Dem Gott zeige er zuallererst verschiedene Speisen usw. (15) Mit dem Mantra »uttistba« 7 1 soll er (das Bild) aufrichten und auf den Sockel stellen. (16) Mit dem Vers »äkrsnena« 7 2 möge er ihn/es mit Paste aus Senfkörnermehl und Sesammehl einreiben. Er möge ihn/es mit der dem Purusa gewidmeten Hymne mit dem fünffachen/fünfteiligen Nektar vollständig baden. (17) Dann vollziehe er die Einsetzung des Atems/Lebens: (18) Er möge fünfzehn pranavas7i beten, das Herz des Gottes berühren 74 und mit »samskärajätä« beleben/beseelen.

67 Das geweihte Bild. 68 RV 1.114.8. An Rudra: »Nicht sollst du an dem leiblichen Samen, nicht an unserem (eigenen) Leben, nicht an unseren Kühen und Pferden schädigen. Nicht sollst du im Grimm unsere Mannen töten, ο Rudra. Mit Opferspenden rufen wir dich immerdar an.« 69 RV 10.90.1-16. An Purusa (Schöpfungslied): »Tausendköpfig, tausendäugig, tausendfüßig ist Purusa; er bedeckte vollständig die Erde und erhob sich noch zehn Finger hoch darüber. Purusa allein ist diese ganze Welt, die vergangenen und die zukünftige, und er ist Herr über die Unsterblichkeit (und auch über das), was durch Speise noch weiter wächst.« usw. 70 RV 1.115.1. Vgl. Anm. 36. 71 RV 1.40.1. Siehe Anm. 17. 72 RV 1.35.2. An Savitr: »Indem er mit dem schwarzen Dunst sich heranbewegt und Gott und Mensch zur Ruhe bringt, kommt Gott Savitr auf goldenem Wagen, die Wesen beschauend.«

236

Texte zur Hanumänweihe

(19) Dann besprengt 75 er unter Rezitation des Rudrädhyäya den Gott mit Wasser aus den (elf) Krügen 76 , gibt ihm Kleider, die Heilige Schnur, ein Antilopenfell (ajina), einen Gürtel aus muitja-Gras77, einen Stock, verehrt ihn unter Rezitation des Purusasükta und den sechzehn Diensten, gibt dem Waldbewohner 78 Zinnober 7 9 , und soll dann (so) beten: (20) Verehrung Verehrung Verehrung Verehrung

Dir, dessen Gesicht/Anblick Furcht vernichtet, sei Dir, dem Affengestaltigem, Dir, dem von den Göttern Verehrten, sei Dir, dem mit dem klaffenden Maul.«

(21) Nachdem er ihn so beruhigt hat, möge er ein bali-Opfer vollziehen und mit der Opferung eines vollen Löffels Butterschmalz (ins Feuer) beenden. Er (der äcärya) besprenge (dann) mit Wasser aus den Krügen den Opferherrn (yajamäna). Er (der Opferherr) möge mit der Vergütung den äcärya und die anderen (Priester) zufriedenstellen, und wenn er reichlich gegeben hat, soll er die Brahmanen nach Kräften speisen. (22) Hier endet die (Anleitung zur) Hanumänweihe nach der PäncarätraSchule.

73 pranava: die Silbe om. Zu diesem Teil des Rituals siehe G. C. Tripathi, »The Daily Püjä Ceremony of the Jagannätha«, in: Α. Eschmann, Η. Kulke, G.C. Tripathi (Hg.), The Cult of Jagannath and the Regional Tradition of Orissa, New Delhi 1986 (2. Aufl.), 293f. 74 Zu nyäsa siehe G. Bühnemann, Püjä, 121. 75 (Rudra-)abhiseka-Z.etemonie. 76 Aus den 11 Rudra-Krügen. 77 Binse: Aus diesem Material ist der Gürtel eines Brahmanen (mekbalämaunji). Für Ksatriyas besteht er aus mürvä (Hanf, aus dem die Bogenschnur gefertigt wird), für Vaisyas aus sana (eine weitere Hanfart, Cannabis sativa). 78 vanaväsin, »Waldbewohner«: Hanumän. 79 Das Bild mit der roten Farbe sindüra bestreichen.

Hanumatpratisthaprakarah (Β)

237

3.Hanumatpratisthäprakärah (Β)80 (1) srtganesäya namah II atha hanumatpratisthä

II

(2) tatra hanumate nama iti nämamätre visesah II sesam sivapratisthävat II kalpe tu visesah II (3) grämänte grämasimänte hanümato mahäbalih II pascimäbhimukhasthäpyo raksärtham tu sukhärthinah

II

(4) asite kärttike mäsi caturdasyäm narädhipa II sthäpanam vidhivat käryam pürvähne tu vicaksanaih // (5) saddhastäm pancahastäm vä hastamäträm athäpi vä II yävat purusamänena kuryän mürtim dvihastakäm II vedahastapramänena puccham kuryäc ca prstbatah II täladvayapramänena mukham dantasamanvitam II atyugram bhisanam kuryäd hastadvayasamanvitam II (6) abhisincet tato mürtim kasäyaih paurusena tu II svädisthayeti süktena äpohisthety rcena ca II pavamänänuväkena tatah suddhodakena ca II tatas tu pancagavyena proksayet pürvamantratah // punah pit he pratisthäpya tailenodvarttayet tatah II usnodakena samsnäpya suddhäm mürtim prakalpayet II (7) vastradvayena cävestya väksüktam japed hrdi II agnisüktam japed äsye sauram sirasi kalpayet H paurusam sarvagätresu rtvikbhis tu prayatnatah II (8)

bahün dtp an tato jvälya purobhäge balim haret II tadä na puratah kascit tisthed devasya yatnatah II

(9) netrayor unmilanam kuryäd udutyam citram ity atha II tasmin käle türyaghosam kuryäd bherimrdangaih II madhvanjanam tatah kuryänn anjanti tväm iti mantratah H saläkayä suvarnena caturangula mänatah II (10) tatsarvam silpine dadyäd äcäryäya vicaksanaih II

80 Manuskript Nr. 9920, Sarasvati Bhavan, vidyälay, Väränasl.

Sampürnänand Samskrt Visva-

238

Texte zur Hanumänweihe

(11) tatah sayyam prakurvita devam II

tasyäm devam tu säy ay et II sthale vä sayayed

(12) künde sthäpya havirbhujam mantratah II (13) künde homam prakurvita

II isänyäm tu grahän sthäpya püjayet

äkrsnenetimantratah

(14) rätrau jägaranam kuryäd yajamänah

II

samanvitaih

II

(15) sa rtvigbhis tato homam kuryät satvam na ity rcä II äjyena sruvapürnena tilaih sabasrasamkhyayä II (16) rathe devam tatah kuryäd brähmanair vedapäragaih II vedaghosam prakurvita präsädasya samlpatah II devam nayet türyaghosaih siläyäm sthäpayet tatah H (17) ratnädi niksipet II satvam na iti mantrena dhruvädyair

iti caiva hi II

(18) tatah pränapratisthäm tu asumteti mantratah II ägamoktena kalpena kuryät krtyänusäratah II (19) mahäpüjäm tatah kuryäd abhiseka purahsaram II hanumate nama iti mantrena homam samäcaret II tatah pürnähutim hutvä vasordhärä ghrtena tu II (20) yajamänam sapatmkam putrapautrasamanvitam II abhisinced atha rtvigbhir äcäryo brähmanaih saha II (21) pürvasthäpitadevänäm püjanam balipürvakam II kuryäc ca daksinän dadyäd äcäryäya svasaktitah H rtvigbhyo daksinän dadyäd ante brähmanabhojanam

II

(22) bahünäm bhojanam dadyät pakvännair ghrtapäyasaih II dinändhakrpanebhyasca vrddhebhyasca tathaiva ca II bhüyasim daksinän dadyät krtasthäpanasiddhaye II (23) iti saunakokta

hanumatpratisthäprakärah

(24) tatpurusäya vidmahe suvarnapaksäya tanno garudah pracodayät II iti garudagäyatnmantrah H

samäptah II dhimahi II

svasva-

Hanumatpratisthäprakärah (Β) Regeln/Leitfaden

zur Hanumänweihe

239

(Übersetzung)

(1)

Verehrung dem Ganesa. Nun die (Anleitung zur) Hanumänweihe.

(2)

In diesem Fall (lautet der Vers) »Verehrung dem Hanumän.« Nur der Name ist anders, der Rest (wird) wie bei der Sivaweihe (gemacht). Ein Unterschied liegt jedoch im Zeitpunkt.

(3)

Am Rande/außerhalb des Dorfes, am Ende des zum Dorf gehörenden Landes (soll) ein großes bali-Opfer für Hanumän (veranstaltet werden). Aufgestellt werden soll (das Bild) mit dem Gesicht nach Westen, zum Zweck des Schutzes für den Glückbegehrenden81.

(4)

Am 14. Tag der dunklen Hälfte des Monats Kärttik, soll, ο König, die Weihe den Regeln gemäß vollzogen werden, vormittags, von/mit erfahrenen (Priestern).

(5)

Das zweiarmige Bild möge er (der Bildhauer, silpin) sechs Ellen oder fünf Ellen, oder nur eine Elle hoch, oder mit einem Maß bis zur Menschengröße herstellen. Und hinten soll er einen vier Ellen langen Schwanz machen. Den Mund, mit Zähnen versehen, mache er zwei Spannen groß. Überaus wild, furchteinflößend, und mit zwei Händen versehen soll er ihn machen.

(6)

Er (der yajamäna) möge dann das Bild mit Adstringenzien82 besprengen, mit der (Rezitation der) Purusahymne. Begleitet von der Hymne »svädisthayä«83, dem Vers »äpo hi sthä«84, dem Veda-Abschnitt (, der mit) »pavamäna« s 5 (beginnt,) besprenge er es dann mit reinem Wasser. Dann möge er das Bild mit den fünf Kuhprodukten 86 bespritzen mit den obengenannten Versen. Wenn er das Bild wieder auf den Sockel gestellt

81 Gemeint ist der Opferveranstalter (yajamäna). 82 Es werden meist fünf Adstringenzien (kasäyapancaka) erwähnt, die aus den Rinden folgender Gewächse hergestellt werden: nyagrodha, udumbara, asvattha, cüta und jambü. (Vgl. Somasambhupaddhati IV, 90). 83 RV 9.1.1-10. An Soma: »Läutere dich, Soma, im süßesten, berauschendsten Erguß, für Indra zum Trünke ausgepreßt. Die Unholde tötend, bei allen Völkern bekannt, hat er sich in seine eisenbehauene Wiege, an seinen Platz aus Holz gesetzt.«usw. 84 RV 10.9.1-3. An die Wasser: »Ihr Gewässer seid ja labend; verhelfet ihr uns zur Kraft, um große Freude zu schauen. Was euer angenehmstes Naß ist, des machet uns hier teilhaftig wie die liebevollen Mütter (ihrer Milch). Dem möchten wir euch recht kommen, für dessen Haus ihr uns erfrischet und neugebäret, ihr Gewässer.«

240

Texte zur Hanumanweihe hat, soll er es mit Öl einreiben. Er möge es mit heißem Wasser baden, ein sauberes Bild möge er (am Ende) erlangen.

(7)

Nachdem er es in zwei Tücher gehüllt hat, möge er gemeinsam mit den Priestern sorgfältig das Väksükta (als) im Herzen (des Bildes wirkend) murmeln, das Agnisükta im Mund (des Bildes), das Saurasükta formuliere er (als) im Kopf (wirkend), das Purusasükta in allen Gliedmaßen.

(8)

Viele Lichter soll er dann anzünden, vor dem Bild/Platz ein darbringen, auf keinen Fall soll jemand vor dem Gott stehen.

(9)

Das Öffnen der Augen möge er mit »ud u tyam«%1 (und mit) »citram«sg vollziehen. Zu diesem Zeitpunkt möge man das Horn blasen und die Trommeln rühren. Das Salben mit Honig (auf die Augen) soll er mit dem Mantra »anjanti tväm«s9 ausführen, mit Hilfe eines Stäbchens aus Gold, vier Angulas lang.

bali-Opfer

(10) Das alles soll er dem Bildhauer und dem Hauptpriester, samt den Erfahrenen (anderen Priestern) geben. 90 (11) Dann möge er ein Bett herstellen/vorbereiten, auf das er den Gott legt, oder er möge den Gott auf den Fußboden legen. (12) Wenn er an der Feuerstelle den Opfergabenesser 91 (rituell) entfacht hat, soll er im Nordosten (des Opferplatzes) die Planeten(gottheiten) anrufen, und mit ihren jeweiligen Mantras verehren. (13) An der Feuerstelle möge er das homa-Opfer92 »äkrsnena«93. (14) In der Nacht soll der yajamäna

vollziehen mit dem Mantra

mit den Seinigen/Verwandten wachen. 94

85 RV 9.94.5. An Soma: »Fließe, um Labsal, Stärkung, Roß, Rind (zu gewinnen); schaffe weites Licht, berausche die Götter! Denn all das ist für dich leicht zu erzwingen; ο Pavamäna Soma, du verdrängst die Feinde.« 86 pancagavya: Milch, Butterschmalz, Joghurt, Kuhdung und Kuhurin zusammengemischt. 87 RV 1.50.1. Siehe Anm. 21. 88 RV 1.115.1. Siehe Anm. 36. 89 RV 3.8.1. An den Opferposten: »Es salben dich, ο Baum, die Gottergebenen bei dem Opfer mit göttlicher Süßigkeit. Wenn du aufgerichtet stehen wirst, sollst du uns hier Reichtümer einbringen, oder wenn du im Schöße dieser Mutter (Erde) ruhen wirst.« 90 Diese Zeile gehört eigentlich an den Schluß des Textes/des rituellen Ablaufs. 91 Das Feuer.

Hanumatpratisthaprakarah (Β)

241

(15) Er möge (am Morgen) mit den Priestern ein homa-Opitr veranstalten, mit dem Vers »satvam nah«95 mit tausend vollen Löffeln Butterschmalz und Sesam. (16) Dann möge er den Gott auf den Wagen stellen, mit vedakundigen Brahmanen den Veda rezitieren, den Gott zum Tempel führen und ihn dort mit Hornklängen auf den Sockel stellen. (17) Er möge (die) Edelsteine u. a. niederlegen96 mit dem Mantra »satvam nah« und mit »dhruva« 9 7 usw. (18) Dann führe er das Einflößen des Lebensatems aus, mit »asunita«9s, zu dem von den Schriften bestimmten Zeitpunkt, den vorgeschriebenen Handlungen entsprechend. (19) Eine ausführliche püjä möge er vollziehen, samt dem rituellen Baden (des Gottes) 99 . Mit »hanumate namah« möge er das homa-Opfer vollziehen, dann die (abschließende) Opferung eines vollen Löffels und den »Strom des Reichtums« 100 mit Schmelzbutter. 92 homa: Opferung - vorwiegend von zerlassener Butter - ins Feuer. Eine Beschreibung dieses Rituals vedischen Ursprungs in: P. V. Kane, History of Dharmasästra, 5 vols. (vol. 1. rev. and enl., pt. 1 1968, pt. 2 1975), Poona 1968-1977, pt. 2, 207f. 93 RV 1.35.2. Siehe Anm. 73. 94 Zum Wachen (jägarana) als Gottesdienst im Kontext des Dädüpanth siehe M. Thiel-Horstmann, Nächtliches Wachen: eine Form indischen Gottesdienstes, Bonn 1985. 95 Vgl. M. Bloomfield, A Vedic Concordance, Harvard 1906, 121. 96 Es handelt sich um die Niederlegung der acht Juwelen sowie anderer Materialien (Metalle, Minerale, Getreide, Kräuter, zusammen ratnädipancakam genannt) in den ntdhikumbha, in ein Gefäß, das unter dem Götterbild in den Boden eingelassen wird oder in Öffnungen, die sich direkt im Sockel befinden. Eine Liste dieser Materialien für eine Sivaweihe gibt das Ritualhandbuch Somasambhupaddhati 4.2.96-100. 97 RV 10.173.2-6. Hymnen zur Königsweihe. Siehe Anm. 50. 98 RV 10.59.6. Siehe Anm. 19. 99 abhiseka: In den vedischen Texten bezeichnet abhiseka das Ritual der Weihe des Königs (Besprengung mit Wasser) während der Krönungszeremonie (räjasüya). Im vorliegenden Fall wird unter abhiseka das kontinuierliche Gießen von verschiedenen Flüssigkeiten (Wasser, Milch, Zuckerrohrsaft) unter Rezitation vedischer Texte auf das Bild verstanden, und ist somit Teil eines erweiterten Baderituals. Vgl. G. Bühnemann, Püjä, 151f. Zu abhiseka in Südindien G. Eichinger Ferro-Luzzi, »Abhiseka, the Indian Rite that Defies Definition«, in: Anthropos 76, 1981, 707-742.

242

Texte zur Hanumanweihe

(20) Der äcärya möge gemeinsam mit den anderen Brahmanenpriestern den yajamäna und dessen Frau samt Kindern und Enkeln (mit Wasser) besprengen. (21) Er (der yajamäna) soll nach einem bali-Opfer die zuvor (für die Weihezeremonie) eingesetzten Götter verehren, den äcärya nach Vermögen entlohnen und auch die anderen Priester. Zum Schluß (folgt) die Speisung der Brahmanen. (22) Vielen möge er Essen verteilen, in Butterschmalz und Milch gekochte Speisen, den Elenden, Blinden, Armen und Alten gleichermaßen. Reichlich möge er Opferlöhne geben, damit die durchgeführte Weihe erfolgreich sein möge. (23) Hier endet die Vorschrift für die Hanumanweihe nach Saunaka (24) »Wir kennen (den) Tatpurusa. Wir versenken uns in den Goldenen Vogel, daß uns Garuda inspirieren möge.« 101 So lautet der Garudagäyatri-Vers.

100 vasordhärä: Opferguß in einem ununterbrochenen Strom. 101 Als Vorlage diente hier der Gäyatrl-Vers RV 3.62.10. Im Rämäyana wird Hanumän mit dem Vogel Garuda, dem Reittier Visnus, verglichen (4.66.24), vielleicht analog dazu die Konstruktion Hanumän als »Reittier« (vähana) Rämas? (In der Ikonographie taucht des öfteren der fliegende Hanumän auf, mit Räma - häufig auch mit Laksmana - auf seinen Schultern).

243

Hanumatpratisthavidhih

4.

Hanumatpratisthavidhih102

(1) atha samksepito hanumatpratisthavidhih

II

(2) äcamya pränän äyamya desakälau samkirtya gotrah sarmäham karisyamäna sapräsädavästusanavagrahamakhahanumatpratisthäkarmäni anadhikäritäprayojaka käyikädinikhilapäpaksayapürvakataträdhikärasiddhyartham trikrcchrapräyascittam gopratyämnäyadvärä aham äcarisye II (3)

om yat tvagasthigatam päpam dehe tisthati mämake / präsanät pancagavyasya dahaty agnir ivendhanam II

(4) iti mantrena pancagavyapräsanam

krtvä godravyam

utsargam kuryät II

(5) desakälau samkirtya amukagotrah amukasarmä'ham pürvänglkrtakrcchratrayapräyascittam tatpratyämnäyatvena idam goniskrayabhütam dravyam utsrje II (6)

tatah äcamya pränän äyamya II om apavitrah pavitro vä sarvävasthäm gato 'pi vä II yah smaret pundankäksam sa bähyäbhyantaram sucih II iti ätmänam püjäsämagrtm ca samproksya H

(7) haste aksatapuspäni grhttvä änobhadrädtn pratijnäsamkalpam kuryät II

mangalamanträn

pathitvä

(8) desakälau samkirtya gotrah sarmä'ham mama samastapäpaksayapürvaka aisvaryäyurärogyäbhivrddhidvärä tatsatparamesvarapritaye ca asyäm hanumanmürtau devatvasamsiddhaye sapräsädavästusanavagraha makhahanumatpratisthäm karisye II

102 Für die im Abschnitt »Hanumänweihe in Benares« beschriebene Weihezeremonie diente ein Ritualhandbuch als Vorlage. Nach den in diesem Handbuch vorgeschriebenen Schritten führte das fünfköpfige Priesterteam das Weiheritual durch. Das Werk heißt Pratisthämahodadhih (»Ozean der Weihe(regeln)«). Es enthält die Anleitungen zu den Arbeitsschritten, die Verse und Formeln, die im Laufe einer Weihezeremonie ausgeführt bzw. rezitiert werden sollen. Wiedergegeben und übersetzt wird hier der Teil, der sich mit der Hanumänweihe befaßt.

244

Texte zur Hanumänweihe

(9) tadangatvena svasti punyähaväcanam mätrkäpüjanam vasordhäräpüjanam äyusyamantrajapam nändtsräddham äcäryädivaranäni ca karisye II taträdau nirvighnatäsiddhyartham ganesämbikayoh püjanam ca karisye II (10) ganapatipüjanädinändis'räddhäntam krtvä äcäryädm krtvä digraksanam pancagavyaproksanam ca kuryät II (11) atha präsäde gatvä tatra proksanädikam vidhäya västumandalapüjanam homäntam balyantam vä krtvä trisütryädi karma nirvartya II (12) tatah devam snänapithe nivesya äpohisthetyädimantrena ksälanam krtvä yä osadhir iti mantrena sarvausadhibhir yathävidhi mürtyangasyodvartanam vidhäya suddhodakena praksälya saptadhänyapistaistu II (13) dhänyam asiti udvarttanam II suddhajalena ksälayet II tatah suvarnädidhätumürtinäm agnyuttäranam kartavyam II na tu päsänädimürtmäm II (14) yadäbadhnan iti pratisaram baddhvä II pancopacäraih sampüjya pitavastrenäcchädya uduttamam iti jale adhiväsayet II (15) tatah sarvatobhadrasya mandaladevän sampüjya uttistha brahmanaspate iti jalanniskäsya baudhäyanoktapancabhir väkyaih punyäham väcayitvä prärthayet II (16) svägatam devadevesa visvarüpa namo'stu te / suddhe'pi tvadadhisthäne suddhim karmastu märute II mantramürtir bhavän nätha saritsärocchedakäraka / yathä püjärho devah syät kuru dharmagatim ca nah H samsärabhayabhttena ayam yajnah subhaktitah / prärabdhas tvatprasädena nirvighno bhavatu dvija II (17 tatah pancämrtasnänam suddhodakasnänam astäkalasair abhisekam kuryät II tatra manträh II purusasüktam pävamäniyasüktam ream väcam vibhrädsaurasüktam ityädi II (18) tatah pitavastrenäcchädya nämamantrena sampüjya // manojavam iti prärthayet H agre annädinaivedyam nidhäya ädarsam 10 dipän prajvälyal (19) hiranyagarbha garbhastham hemabijam vibhävasoh / anantapunyaphaladam atah säntim prayaccha me H iti mantrena pranamet II

Hanumatpratisthävidhih

245

(20) tato rajatapätre madhughrte grhttvä suvarnasaläkayä citram devänäm iti ardharcena netram unmilayet // om. uttisthamiti devam utthäpya präksirasam sayyäyäm sväpayet II (21) tatah pancabhüsamskära(...)agnim pratisthäpya süryädigrahän sampüjya kusakandikäm vidhäya äjyabhägam grahähutim ca krtvä pradhänahomam kuryät II (22) tatah sayyätah udutyam iti devam utthäpya devälayam pancaratnäni garte niksipya II (23) om tatpurusäya vidmahe väyuputräya dhtmahi tanno hanumat103 pracodayäditi

pravisya

mantrena pratisthäpya II

(24)om supratisthito varado bhava säsvato bhava gandhädinä sampüjya II (25) om om om om

bhür purusam ävähayämi bhuvah purusam ävähayämi svah purusam ävähayämi bhür bhuvah svah purusam ävähayämi II

(26) tato devam sprstvä dhruvasüktam

japitvä II tadyathä II

(27) om ihaivedhi mäpacyostäh parvata iväcäcalih / irtdra iveha dhruvas tistheha rästre sudhäraya II imam indro adtdharad dhruvam dhruvena havisä / tasmai somo adhibravat tasmä u brahmanaspatih II dhruvä dyaur dhruvä prthivi dhruväsah parvatä ime / dhruvam visvam idam jagad dhruvo räjä visäm ayam II dhruvam te räjä varuno dhruvam devo brhaspatih / dhruvam ta indras cägnis ca rästram dhärayatäm dhruvam// dhruvam dhruvena havisäbhisomamrsämasi // atho ta indrah kevalirviso balihütaskarat //

103 Richtige Form an dieser Stelle: hanumän.

246

Texte zur Hanumanweihe

(28) itijapitvä II pranavena devamürtau sadanganyäsam pränapratisthäm kuryät H

krtva II

(29) asya snpränapratisthämantrasya brahmavisnumahesvarä rgyajubsämäni chandämsi / pränasaktir devatä / äm bljam / kraum kllakam / hnm saum saktih / asyäm murtau pränapratisthäpane viniyogah II

rsayah /

(30) tato bhütasuddhim krtvä II otn am kam kham gam gham sam prthivyaptejoväyväkäsätmane äm angusthäbhyäm namah II om im cam cham jam jham nam sabdasparsarüparasagandbätmane Im tarjambbyäm namah II om um tarn tham dam dham nam srotratvakcaksurjihväghränätmane üm madhyamäbhyäm namah II om em tarn tham dam dham nam väkpänipädapäyüpasthätmane aim anämikäbhyäm namah II om om pam pham bam bham mam vacanädänavisargänandätmane104 aum kanisthikäbhyäm namah II om am yam ram lam vam sam sam sam ham lam ksam buddhyahamkäracittävyaktätmane ah karatalakaraprsthäbhyäm namah II evam hrdayädi II atha dhyänam (31) raktämbhodhisthapotollasadarunasarojädhirüdhä karäbjaih päsam kodandam iksüdbhavam atha gunam apy ankusam panca bänän bibhränäm asrkkapälam trinayanalasitä pinavaksoruhädhyä devt bälärkarvarnä bhavatu sukhakart pränasaktih parä nah II (32) iti dhyätvä japet II om äm hnm kraum yam ram lam vam sam sam sam ham sah devasya pränä iha pränäh II om äm hrtm kraum yam ram lam vam sam sam sam ham sah devasya jwa iha sthitah II om äm brim kraum yam ram lam vam sam sam sam ham sah devasya sarvendriyäni vänmanascaksuhsrotrajihväghränäpränä ihaivägatya sukham ciram tisthantu svähä H

104 In dieser Aufzählung fehlt das Gehen, viharana (Vgl. Samkhyakarika

28).

247

Hanumatpratisthavidhih

(33) tatah hanumate namah II anjanäsünave namah II väyuputräya namah II mahäbaläya namah II rämestäya namah H phälgunasakhäya namah II pingäksäya namah II amitavikramäya namah II udadhikramanäya namah II sitäsokavinäsäya namah II laksmanapränadätre namah II dasagnvadarpahantre namah II (34) etair dvädasanämabhih sodasopacäraih sampüjya pranamya tato devasya karne gäyatrlm japitvä prärthanäm kuryät II

ksamäpayell

(35) hanumän anjanäsünur väyuputro mahäbalah rämestah phälgunasakbah pingäkso'mitavikramah udadhikramanas caiva sttäsokavinäsakah laksmanapränadätä ca dasagrwasya darpahä H iti dvädasanämabhih puspänjalim datvä II (36) svägatam devadevesa madbhägyät tvam ihägatah sännidhyam sarvadä deva hanuman parikalpaya H yävaccandrävamsüryäs tisthanty apratighätinah tävat tvayätra sthätavyam svecchäbhaktyänukampayä (37) tato devasya daksinakarne

tvam däsahanumän

H

asi iti nämakaranam

(38) brahmädimandaladevatä ekaikäjyäbutyä sesena svistakrdädipürnähutyantam väsorddhäräm ca krtvä abhisekam äcäryädibhyo daksinäm dadyät II (39) yäntu devaganäh sarve püjäm ädäya pärthivtm istakämaprasiddhyartham punar ägamanäya ca II iti visarjanam // iti hanumatpratisthä samäptä II

II

kuryät II

248

Texte zur Hanumänweihe Regeln für die Hanumanweibe

(Übersetzung)

(1)

Es folgt eine kurze Zusammenfassung der Regeln für die Weihe Hanumäns.

(2)

»Ich, aus dem Gotra NN, der ich den Mund gespült, den Atem kontrolliert, Ort und Zeit verkündet habe und nun im Begriff stehe, Weihezeremonien für Hanumän einschließlich der Riten für den Tempel, das Haus und die neun Planeten durchzuführen, werde mich - durch das Freilassen einer Kuh (als Substitut) - einer dreifachen harten Buße unterziehen, um meine Eignung/Berechtigung dafür (für die rituelle Handlung) sicherzustellen durch vorherige Vernichtung aller Übel, die aus mangelnder Befugnis, fehlender Zielstrebigkeit, körperlichen (Defekten) usw. (stammen).«

(3)

»Om. Was an Üblem in meine Haut und in meine Knochen gedrungen ist und sich in meinem Körper befindet, das verbrennt durch das Essen der fünf Kuhprodukte, wie ein Feuer Holz verbrennt.«

(4)

Wenn er mit diesem Mantra die fünf Kuhprodukte gegessen hat, soll er (symbolisch) eine Kuh freilassen:

(5)

»Ich, aus dem Gotra NN, der ich Zeit und Ort verkündet habe, mache mir zuerst die schwere dreifache Buße zueigen, indem ich als Substitut dafür diesen zum Äquivalent für eine Kuh gewordenen Gegenstand/Besitz freilasse.«

(6)

Dann, durch Mundspülen und Atemübungen gereinigt, (rezitiert er): »Om. Rein oder unrein, egal, in welchem Zustand, derjenige, welcher den lotusäugigen (Visnu) anruft, wird innen und außen rein«, und besprengt sich und die gesamten pw/a-Materialien.

(7)

In die Hand frische Blumen nehmend, das »ä no bhadra«105 und andere glückbringende Mantras rezitierend, möge er erklären, in welcher Absicht er den Ritus durchführt:

(8)

»Ich, aus dem Gotra NN, aus der Familie NN, der Zeit und Ort verkündet hat, werde die Weihezeremonien für Hanumän einschließlich der Riten für den Tempel, das Haus und die neun Planeten durchführen, zum Zwecke der Vollendung der (Präsenz der) Gottheit in dieser Hanumänfigur und um den darin befindlichen höchsten Herrn zu erfreuen durch Mehrung meiner Macht/Kräfte, meiner Lebensdauer, meiner Gesundheit und meines Wohlstands, nachdem ich zuvor all meine Übel vernichtet habe.«

105 RV 1.89.1. Siehe Anm. 34.

Hanumatpratisthävidhih (9)

249

»Als Teil dieses (Rituals) werde ich den Tag für glückbringend erklären, ich werde die Muttergöttinnen anrufen, die himmlische Gangä verehren, das Mantra des langen Lebens rezitieren, die Zeremonie für die Vorfahren sowie die Bestellung der Priester ausführen. Dabei werde ich zuerst Ganesa und Ambikä verehren, um die Abwesenheit von Hindernissen sicherzustellen.«

(10) Hat er (die Ritualsequenz) durchgeführt, die mit der Verehrung von Ganapati beginnt und mit der Zeremonie für die Vorfahren endet, so soll er den Hauptpriester und die übrigen Priester bestellen sowie den Schutz der Himmelsrichtungen (veranlassen) und das Besprengen mit den fünf Kuhprodukten ausführen. (11) Dann geht er zum Tempel, führt dort das Besprengen usw. aus, vollzieht die Verehrung des Diagramms der Gottheiten des Västumandala, die er mit homa-Opter oder bali-Opfer beendet, führt trisütri106 und andere Zeremonien aus. (12) Dann stellt er den Gott auf den Badeplatz und badet ihn mit dem Mantra »äpo hi sthä«107. Dann führt er mit dem Mantra »yä osadhth«im der Vorschrift gemäß mit allen Kräutern die Einreibung der Glieder des Standbildes durch, wäscht es mit reinem (Ganges)Wasser und (pudert es) mit Mehl aus sieben Getreidearten. (13) Das Einreiben erfolgt mit den Worten »Du bist Reichtum«. Baden soll er (den Gott) mit sauberem Wasser. Anschließend soll das Überqueren des Feuers für die Standbilder aus Gold und anderen Metallen ausgeführt werden. Nicht aber für die Bilder aus Stein usw. (14) Vom Mantra »yadäbadhnan« begleitet, binde er (dem Gott) das Armband um, verehre (ihn) mit dem fünfteiligen Ritual, bedecke ihn mit gelbem Stoff und setze ihn mit den Worten »uduttamam«109 ins Wasser nieder. (15) Hat er dann die Götter des Sarvatobhadramandala verehrt, mit »uttistha brahmanaspate«n0 das Wasser abgetrocknet und mit den fünf Sprüchen Baudhäyanas einen glückverheißenden Tag angekündigt, so soll er beten:

106 107 108 109 110

Eine Zeremonie an der Feuerstätte. R V 10.9.1. Hymne an die Gewässer. Siehe Anm. 9. RV 10.97.19. Hymne an die Heilkräuter. Siehe Anm. 13. RV 1.24.15. Hymne an Agni, Savitr und Varuna. RV 1.40.1. Hymne an Brahmanaspati. Siehe Anm. 17.

250

Texte zur Hanumänweihe

(16) »Willkommen, Gott der Götter, Vielgestaltiger, Verehrung sei Dir. Auch wenn Dein Platz rein ist, sei (auch) die Opferhandlung Reinigung, ο Märuti. Dein Leib besteht aus Mantras, ο Herr, der die Zerstörung von samsära verursacht: Bewirke, daß (dieser) Gott verehrungswürdig sei und (bereite) für uns den Weg des dbarma. Dieses Opfer ist aus Besorgnis und Angst vor dem samsära hingebungsvoll begonnen worden. Durch Deine Gnade möge es ohne Hindernisse sein, ο Zweimalgeborener.« (17) Dann soll er das Bad mit den fünf Arten/dem fünffachen Nektar (pancämrta), das Bad mit reinem Wasser und die Weihe mit den acht Krügen ausführen. Dabei sind die Mantras: Purusasükta, Pävamänlyasükta, Rc, Väc, Vibhrädsaurasükta u.a. (18) Dann möge er (das Bild) (erneut) mit einem gelben Tuch bedecken und mit dem Mantra des Namens verehren. Mit dem Gebet »manojavam« U 1 möge er beten. Nach der Darbringung von Speise usw. und dem Vorhalten eines Spiegels zündet er zehn Lichter. (19) Er bete mit dem Mantra: »Gold, das sich als Goldkeim im Schoß befindet, ist der Same des Feuers. Es verleiht unendlichen Verdienst. Also gib mir Frieden.« (20) Dann soll er die beiden Silberschalen mit Honig und zerlassener Butter ergreifen und mit einer goldenen Nadel mit dem (Halb-)Vers »citram devänäm«112 das Auge öffnen. Mit »om uttistbam«113 möge er den mit dem Kopf nach Osten gerichteten Gott erwecken und (ihn dann) auf dem Bett zum Schlafen legen. (21) Daraufhin folgen die fünf Riten für die Vorbereitung und Weihe des Feueraltars (pancabhüsamskära) [...], er möge das Feuer entfachen, die Sonne und die anderen Planeten anrufen, die Opfergräser zurechtlegen. Er möge den Planeten zerlassene Butter opfern und dann das Hauptfeueropfer vollziehn. (22) Dann läßt er den Gott vom Bett aufstehen mit »ud u tyam«114. Er tritt in den Tempel ein und legt die fünf Edelsteine/Kleinodien in die Mulde nieder. 115

111 112 113 114 115

RV 8.100.8. Hymne an Indra. RV 1.115.1. Hymne an Sürya. Siehe Anm. 36. RV 1.40.1. Hymne an Brahmanaspati. Siehe Anm. 17. RV 1.50.1. Hymne an Sürya. Siehe Anm. 21. Vgl. Anm. 96.

Hanumatpratisthavidhih

251

(23) »Om. Wir kennen Tatpurusa. Wir denken an/versenken uns in Vayuputra (den Sohn des Windgottes). Möge Hanumän uns leiten/inspirieren.« 116 (24) Nachdem er (das Bildnis) durch dieses Mantra geweiht hat(, folgt): »Sei wohlbegründet, ein Erfüller von Wünschen. Sei dauerhaft.« (Und) nachdem er ihn mit wohlriechenden Essenzen verehrt hat, (sage er): (25) »om bhür ich rufe den Purusa herbei; om bhuvah ich rufe den Purusa herbei; om svah ich rufe den Purusa herbei; om bhür bhuvah svah ich rufe den Purusa herbei.« (26) Daraufhin möge er den Gott berühren und das Dhruvasükta nämlich:

sprechen,

(27) »om bleibe hier, geh' nicht fort, sei unbewegt wie ein Berg; stehe hier fest wie Indra, hier im Königreich halte (die Ordnung) aufrecht. Indra stützte ihn sicher mit einem festen Opfer; Für ihn sprach Soma, für ihn auch Brahmanaspati. Der Himmel ist fest, die Erde ist fest, und fest sind diese Berge; fest ist diese ganze Welt, und fest ist auch dieser König der Völker. Fest möge König Varuna, fest der Gott Brhaspati, fest dir Indra und Agni das Königreich fest aufrechterhalten. Wir berühren den festen Soma mit einem festen Opfer, nun möge dir Indra alle herrenlosen Völker tributpflichtig machen.« 1 1 7 (28) Nachdem er so rezitiert hat, und mit (der heiligen Silbe) om im Götterbild die Einfügung (nyäsa) (der Gottheiten) in den sechs Gliedern/in die sechs Glieder durchgeführt hat, möge er die Belebung (pränapratisthä) vollführen. (29) Die rsis dieses Belebungsmantras sind Brahma, Visnu und Siva; die Metren sind Rg(veda), Yajur(veda) und Säma(veda); Pränasakti ist die Gottheit; äm ist der Samen; kraum ist der Bolzen (Penis); brim säum, ist die Kraft; Das ist die Anweisung bei dem Einflößen des Lebens in dieses Standbild. (30) Dann, nach bhütasuddhi118,

(rezitierter):

116 Als Vorlage diente hier RV 3.62.10. (Gäyatrl). 117 RV 10.173.2-6. 118 bhütasuddhi ist eine Zeremonie für die Vertreibung der bösen Geister.

252

Texte zur Hanumanweihe »om am kam kham gam gham nam (ihm,) dessen Selbst (in den groben Elementen) Erde, Wasser, Feuer, Wind und Äther ist, äm (mit) den beiden Daumen Verehrung. om im cam cham jam jham nam (ihm,) dessen Selbst (in den Sinnesbereichen) Gehör, Gefühl, Gestalt, Geschmack und Geruch ist, im (mit) den beiden Zeigefingern Verehrung. om um tarn tham dam dham nam (ihm,) dessen Selbst (in den Sinnesorganen) Ohren, Haut, Augen, Zunge, und Nase ist, üm (mit) den beiden Mittelfingern Verehrung. om em tarn tham dam dham nam (ihm,) dessen Selbst (in den Tatorganen) Rede, Hände, Füße, After und Genitalien ist, aim (mit) den beiden Ringfingern Verehrung. om om pam pham batn bham mam (ihm,) dessen Selbst (in den Tatbereichen) Sprechen, Nehmen/Halten, (Gehen), Ausscheiden und Lust ist, aum (mit) den beiden kleinen Fingern Verehrung. om am yam ram lam vam sam sam sam ham lam ksam (ihm,) dessen Selbst in dem Geist, dem Ichbewußtsein, dem Verstand und der entfalteten Materie ist, ah (mit) den beiden Handflächen und den beiden Handrücken Verehrung.« Ebenso beim Herz usw. Nun der Meditationsvers

(31) »Die Göttin, die ihren rötlichen Lotus bestiegen hat und leuchtend wie ein Boot auf dem roten Ozean in ihren Lotushänden Schlinge, Bogen aus Zuckerrohr, ferner Bogenschnur sowie Elefantenstachel, fünf Pfeile (und) einen Schädel mit Blut trägt, die dreiäugig erstrahlt und reich ist an großen Brüsten und weiten Hüften, möge sie, die höchste Pränasakti, die die Farbe der aufgehenden Sonne hat, für uns glückbringend sein.« 119 (32) Nachdem er so verehrt hat, soll er sagen: »om äm hrim kraum yam ram lam sam sam sam ham sah das Leben des Gottes ist dieses (jetzt eingehauchte) Leben. om äm hrim kraum yam ram lam sam sam sam ham sah die Seele des Gottes ist hier eingeführt. om äm hrim kraum yam ram lam sam sam sam ham sah alle Sinnesorgane des Gottes: Sprache, Denkorgan, Auge, Ohr, Zunge, Nase, bis hin zu den Atemhauchen mögen, nachdem sie (jetzt) hergekommen sind, glücklich für immer verweilen, svähä.« (33) Darauf folgt: »Verehrung dem Hanumän, Verehrung dem Sohn Anjanäs, Verehrung dem Sohn Väyus, Verehrung dem überaus Mächtigen, Ver119 Vgl. auch G. Bühnemann, Püjä, 195.

Hanumatpratisthavidhih

253

ehrung dem von Räma Geliebten, Verehrung dem Begleiter Arjunas, Verehrung dem Gelbäugigen, Verehrung dem unbegrenzt Mutigen/Sieghaften, Verehrung dem Überquerer des Ozeans, Verehrung dem Beseitiger von Sltäs Kummer, Verehrung dem Lebensspender Laksmanas, Verehrung dem Zerstörer von Dasagrivas Stolz/Hochmut.« (34) Er möge mit diesen zwölf Namen (während er sie aufsagt) mit dem 16teiligen Dienst verehren, sich verbeugen und um Verzeihung (für etwaige Fehler) bitten. Dann soll er ins Ohr des Gottes das Gäyatrimantra 1 2 0 flüstern und anschließend folgendes Gebet sprechen: (35) »Hanumän, Sohn Anjanäs, Kind Väyus, überaus Mächtige^ Rämas Liebling, Begleiter Arjunas, Gelbäugiger, unendlich Mutiger/Sieghafter. Überspringer des Ozeans, Beseitiger von Sitäs Kummer^ Laksmanas Lebensspender, Zerstörer von Dasagrivas Stolz.« Er möge mit diesen zwölf Namen zwei Handvoll Blumen darbieten. (36) »Sei willkommen, Herr der Götterfürsten, Du, der Du hierhergekommen bist, um mich zubeglücken. Bewirke, daß Deine Gegenwart, Gott Hanumän, ewig währt. Solange wie Mond, Erde und Sonne unbesiegbar existieren, solange sollst auch Du Dich hier aufhalten: freiwillig, aus Hingabe und aus Mitgefühl.« (37) Dann erfolgt in das rechte Ohr des Gottes die Namensgebung: »Du bist Däsahanumän«. (38) Die Gottheiten des Mandalas mit Brahma u. a. 121 (werden) mit je einer Darbringung geschmolzener Butter (bedacht), mit der übriggebliebenen Butter möge er vasordhärä122 angefangen vom svistakrt123 bis hin zum vollständigen Opferguß ausführen. Hat er vasordhärä ausgeführt, so soll er die Besprengung vollziehen. Den Priestern usw. soll er Gaben darreichen. (39) »Mögen alle Gruppen von Gottheiten fortgehen, nachdem sie die irdische Verehrung entgegengenommen haben, für die Erfüllung (meiner) Wünsche, auf daß sie (das nächste Mal) wiederkommen.« Mit diesem Vers (findet) die Verabschiedung (der Götter) (statt). Damit ist die Hanumänweihe beendet.

120 121 122 123

RV 3.62.10. Gemeint ist hier sarvatobbadramandala. Vgl. Anm. 100. Ein «rechtes Opfer« an Agni.

VII. Anhang 1. Hanumänweihe in Benares: Kosten und verwendetes Material 1.1. Die wichtigsten

Ausgaben1

Kosten für die Herstellung des Bildes: Renovierungs- und Installationsarbeiten im Tempel: Gewänder, Stoffe, Schmuck für das Hanumänbild: Verköstigung der Gäste, Bankett, Küchenpersonal: Ausbau und Immersion des alten Bildes: Blumendekoration: Musik: für das Ritual: Obst, Getreide, Schmelzbutter, Gewürze usw.: Gefäße, Utensilien usw.: Holztische für Reisdiagramme, Betten, Kissen usw.: Priesterlohn, in bar: Hauptpriester: die anderen Priester insges.: Priesterlohn, Gaben Hauptpriester: die anderen Priester insges.: Gesamtausgaben:

20 20 15 30 2 2 2 30 3 3 4

000 000 000 000 000 200 500 000 000 000 000

2 500 2 500 10 000 3 000

ca. 150 000

1 Die Angaben (geschätzt, in Rupien) stammen vom Opferveranstalter, Juli 1995. Die Aufstellung ist nicht vollständig, so daß die vom Veranstalter angegebene Gesamtsumme sich nicht mit der Summe der aufgezählten Einzelposten deckt.

Hanumanweihe in Benares: Kosten und verwendetes Material

2.2. Verwendetes

255

Material2

roll, ein rotes Pulver oder Lehm aus Gelbwurz (haldi) für Stirnmale (tilak, ttkä) närä, rote und gelbe Schnur, die den Göttern geopfert wird abtr, rotes Farbpulver: aus grob gemahlenem Getreide und einem mineralischen Farbstoff bukkä, Farbpulver sindür, rote Bleifarbe mälä, Blumengirlande, 15 Stück/Tag pän, Betelblatt, 20 St./Tag supärt, Betelnuß (areca catechu), 1 kg rüi, (entkernte) Baumwolle kapür, Kampfer agarbatti, Räucherstäbchen saptadhänya, ein Gemisch aus sieben Getreidearten, 250 g saptamrttikä, ein Gemisch aus Erde von sieben verschiedenen (heiligen) Orten sarvausadhi, verschiedene Kräuter urad, schwarze Linsen, 200 g sarsom, Senfkörner, 100 g kaccä süt, Baumwollgarn, unbehandelt, 100 g düdh, Milch daht, Joghurt madhu, Honig, 1 Glas sakkar, Zucker ghi, Schmelzbutter, 2 kg gobar, Kuhdung gomütra, Kuhurin lavang, Gewürznelken iläyci, Kardamom läl rang, rote Farbe kälä rang, schwarze Farbe pilä rang, gelbe Farbe harä rang, grüne Farbe perä, eine Süßspeise aus Milch, Zucker und Gewürzen phal, Obst pancamevä, Gemisch aus getrocknetem Obst til, Sesam, 2 kg jau, Gerste, 1 kg cäval, Reis, 10 kg gur, Rohrzucker, 250 g kamalgattä, Lotussamen bhojpatra, Birkenblätter 2 Quelle: Ein zerknittertes Stück Papier, das der Priester einige Tage vor der Weihe dem Opferherrn gab. Die Reihenfolge der dort aufgeführten Zutaten wurde beibehalten.

256

Anhang

pancaratna, »die fünf Juwelen«, 1 Packung suvarnapratimä, Statuette aus Gold suvarnakhanda, Goldstück/Goldmünze suvarnasaläkä, Goldstäbchen dhätu kä kalas, Krug aus Metall any α kalas, andere Krüge havan katorä, Metallschüssel für das Feueropfer bhagonä, Messingpfanne thält, Metallplatte cändi kl katori, kleines Silbergefäß stsä, Spiegel gamcbä, Handtücher äsan, Sitzmatten, 5 St. dhoti, Beinkleid aus weißem Stoff, 5 St. jalpätra, Wasserkrug, 5 St. jalädhiväs ko nänd, irdenes Gefäß für die Reinigung des Bildes mit Wasser annädbiväs ko anna, Getreide für die Reinigung des Bildes mit Nahrung, 80 kg puspädhiväs ko puspa, Blumen für die Reinigung des Bildes mit Blumen cauki, Bett dart, Bettunterlage cädar, Bettdecke, 2 St. takiyä, Kissen, 2 St. catαϊ, Bambusmatte safed kaprä, weißer Stoff, 10 m läl kaprä, roter Stoff, 5 m ptlä kaprä, gelber Stoff, 3 m harä kaprä, grüner Stoff, 2 m kälä kaprä, schwarzer Stoff, 2 m meghjal, Regenwasser sangamjal, Wasser vom Zusammenfluß von Flüssen tirthajal, Wasser von einer Furt gangäjal, Gangeswasser gannä kä ras, Zuckerrohrsaft surmä, Augenschwärze salät, Metallstäbchen zum Auftragen von Augenschwärze jau kä ätä, Gerstenmehl, 250 g masür kä ätä, Linsenmehl, 250 g jatämänsi, Indischer Speik, ein duftendes Gras, 250 g atar, ätherisches Öl guläb jal, Rosenwasser bäths, Bambusrohr cäval kä pisän, Reismehl ämlä kä pisän, Amlapulver näriyal, Kokosnuß, 5 St. gart kä golä, Kokosnußkern, 5 St. makkhan, Butter

Hanumänweihe in Benares: Kosten und verwendetes Material mitti kä kalas, Tonkrug, 15 St. diyä, kleines Tongefäß für Licht, 50 St. kasorä, Tontopf, 30 St. pattal, aus Blättern zusammengesteckter Speiseteller, 10 St. kusa, Kusa-Gras (Poa cynosuroides) ättt ki lakri, Holz des Mangobaumes, 10 kg navagraha lakri, »Neun-Planeten-Holz« äm ki patti, Blätter des Mangobaumes paläs ki patti, Blätter des Dhäk-Baumes (Butea frondosa) bargad ki patti, Blätter des Banyan-Baumes (Ficus indica) pipal ki patti, Blätter des Plpal-Baumes, (Ficus religiosa) jämun ki patti, Blätter des Rosenapfelbaumes (Eugenia jambolana) asok ki patti, Blätter des Asok-Baumes (Jonesia asoka) semal ki patti, Blätter einer Wollbaum-Art (Salmalia malabarica) mürti ko nayä vastr, neue Kleidung, Stoffe für das Bild mukut, Krone (für das Bild)

257

258

Anhang

2. Zur Befragung 2.1. Der

Interviewleitfaden

A. 1. 2. 3. 4. 5.

Alter, jäti, Schulbildung, Beruf, Einkommen, Familienstand/Kinder Wohnort (Entfernung vom Tempel) Familiengottheit; persönliche Wunschgottheit Religiöser Hintergrund der Eltern; Götter auf dem Hausaltar Erster Kontakt zu(r) Hanumän(verehrung); mit wem erfolgt der erste Tempelbesuch? Wer erzählte von Hanumän? 6. In welchen Situationen hat Hanumän geholfen? Veränderungen im Leben dank Hanumän 7. Wendet er/sie sich mit Problemen/Sorgen an Hanumän? Mit welchen? Ja/nein: Krankheit; Nachkommen; lange Reise; finanzielle Angel.; Streit. Mit welchen nicht?

B. 1. Der wichtigste Wesenszug/die wichtigste Charaktereigenschaft Hanumäns 2. Eine »Hanumängeschichte« erzählen; von wem gehört/woher bekannt? 3. Verbindung/Beziehung zwischen Hanumän und: Siva, Visnu, Durgä, Ganesa, Bhairava, Skanda, Räma/Sitä, Sani, Vrsäkapi. Hat Hanumän Verwandte/eine Frau? 4. Hanumän im Rämäyana und im Rämcaritmänas; in der Rätnltlä; im Fernsehen 5. Ist Hanumän ein Affe? 6. Hanumäns wichtigste Eigenschaft I. (Rangfolge erstellen): a. Kraft/Gewandtheit b. Weisheit/Wissen a. bhakti II.(ja/nein) a. hilft materiell/finanziell b. Nähe zu den Menschen c. Vermittler zwischen Räma und den Menschen d. unabhängig e. allmächtig C. 1. Hanumänbild zu Hause (ja/nein, wenn ja: Poster, Statue usw.) 2. Beschreibung des Rituals zu Hause: wie oft, wie lange, welche Gebete usw. 3. Wie oft Besuch in diesem Hanumäntempel? Ablauf des Besuchs: wie wird verehrt, wie lange, welche Gebete, welche Opfergaben usw. 4. Welche anderen Hanumäntempel werden besucht? Welche anderen Tempel überhaupt? Wie oft? 5. Ikonographie: welches Bild (Postkarte) ist am treffendsten/am besten?

Zur Befragung

2.2. Stimmen von a) Journalist und Schriftsteller, 42 jähre 5000 Rs./Monat, verheiratet, 3 Kinder

259

Hanumanverehrern3 alt,

Yädava,

M. A. in

Philosophie,

Es gibt auf dieser Welt sakäma und niskäma4 bhakti. Räma und Krsna sagen, ihre Verehrung bringe Erlösung (moksa) und erfülle keine weltlichen Wünsche. Hanumän gehört aber in beide Kategorien. In der Hanumäncältsä steht, daß der Verehrer Hanumäns auch zu Räma gelangt. Heutzutage gibt es sehr viele Hanumänverehrer. Im Tretayuga wurde gesagt, daß Hanumäns Verehrung im Kaliyuga ihren Höhepunkt haben werde, und folglich blieb er hier. Es gibt fünf Unsterbliche in unserer Mythologie. Hanumän ist einer von ihnen, und seine Aufgabe ist es, seine Untertanen zu beschützen, was er auch tut. Und er hilft sofort. Deshalb auch dieser große Zulauf in den Hanumäntempeln. Die Menschen lesen die Cältsä im Zug. Sogar unser Premierminister Atal Bihär! Vajpayee bemerkte schon, daß es ihm aufgefallen sei, wieviele Cältsä-Büchlein in Bahnhöfen angeboten und Verkauft werden würden. Doch eines muß ich noch dazu sagen: Auch Hanumän macht Unterschiede. Einmal hatte ein Mann schlaflose Nächte und auch andere Probleme, weil er von einem Geist befallen war. Hanumän half ihm trotz seiner Gebete nicht, denn der betreffende Mann war unrein, innerlich und äußerlich. Reinlichkeit und Reinheit sind ausschlaggebend: richtige Badegewohnheiten und ein reines Gewissen. Meine Familiengottheit ist eine Dorfgottheit (Dih), meine istadevatä ist Hanumän. Meine Eltern verehrten sowohl Räma als auch Siva. Im Hausschrein habe ich Siva, Durgä, Hanumän, Krsna, Räma und GäyatrI aufgestellt. Daß ich Hanumän zu meiner Wuschgottheit machte, geschah nach einer Krise. Der Mensch rückt näher an Gott, wenn er in Schwierigkeiten ist. Wissen Sie, als ich 12-13 Jahre alt war, wollte ich meine eigenen Wege gehen und wurde Mönch bei den Pltämbaras. Zwei Monate später kehrte ich nach Hause zurück. Ich nenne Ihnen zwei Fälle, in denen mir Hanumän konkret geholfen hat: Ich hatte meine B. A. - Prüfung gerade hinter mir und wußte nicht, ob ich sie bestanden hatte. Nächtelang ließ mir das keine Ruhe, und dann, eines morgens, fühlte ich, als würde mich jemand berühren. Ich sprang aus dem Bett, ging hin und sah meinen Namen auf der Liste. Ich hatte die Prüfung bestanden. Und ein anderes Mal klappte eine Platzreservierung im Zug, obwohl die Lage aussichtslos schien. Als wesentliches Merkmal Hanumäns erscheint mir am wichtigsten sein brahmacarya. Doch all seine Eigenschaften zusammengenommen, das macht erst seine wirkliche Bedeutung aus. Mir gefällt überhaupt, daß er seine Verehrer beschützt. Und er bevorzugt natürlich solche, die selber als brahmacäris leben.

3 Die Interviews sind schriftlich festgehalten worden, so daß die folgenden Zusammenfassungen nicht immer eine wortgetreue Wiedergabe des Gesagten darstellen. Die Fragen wurden teils in die Antworten integriert, teils ganz weggelassen. 4 sakäma bhakti: auf die Erfüllung von Wünschen ausgerichtete bhakti-, niskäma bhakti: selbstlose bhakti.

260

Anhang

Hanumän ist ein avatära Sivas, der Visnu/Räma half, Rävana den Garaus zu machen. PärvatT fragte natürlich Siva damals, ob er dann nicht als Mörder seines Verehrers Rävana gelten würde, doch Siva antwortete, daß Rävana zehn Köpfe habe und verehre, er aber, Siva, käme als elfter avatära in der Gestalt Hanumäns, und außerdem würde er ihn nicht selber töten. Hanumän und Durgä bekämpfen und bestrafen beide die Sünde und die Sünder und merzen die niederen, negativen Tendenzen der Menschen aus. M a n sieht sie oft gemeinsam auf Bildern. Zwischen H a n u m ä n und Ganesa bzw. Bhairava sehe ich keine Verbindung. Bhairava gehört sowieso in eine andere Kategorie. Skanda? Ja, wenn Hanumän ein avatära Sivas ist, dann ist Skanda natürlich sein Sohn. Das, was Hanumän für Räma und SItä empfindet, ist am besten in der Geschichte mit dem sindür zu sehen. Als Hanumän sah, daß SItä ihren Scheitel mit sindür verzierte, wollte er Räma ebenfalls seine Liebe ausdrücken und tauchte gleich den ganzen Körper hinein. In Tulsls Rämäyana sind Räma und Hanumän istas für den Autor, in Välmlkis Werk jedoch nur Könige. Im Mänas spielt Hanumän eine größere Rolle, denn hier ist er ein hingebungsvoller Diener 5 Gottes, während er bei Välmlki nur als mutiger Helfer Rämas dargestellt wird. Ja, ich besuche Rämltläs6 häufig. Sie geben einem Kraft und man fühlt Hingabe, Demut. Eine solche Aufführung bewegt mich sehr. Auch im Fernsehen sehe ich mir die Rämäyana-Folgen an. Der Planetengott Sani verursacht auch Schmerzen und Leid, wohingegen Hanumän nur beschützt und hilft, und nie Schmerzen zufügt. Sani kann sehr gefährlich werden, nicht aber Hanumän. Hanumäns Vater war Kesari, seine Mutter AnjanL Nein, eine Frau hatte er nicht, doch da war ein Sohn, an dessen Namen ich mich jetzt nicht erinnern kann. Ja, Hanumän ist ein Affe. Er selber sagt zu Vibhlsana: »Ich bin ein Affe, und wenn Gott mit mir zufrieden ist, warum sollte er es mit dir nicht sein?« Eine Beziehung zu den heutigen Affen ist da. Es wird geglaubt, daß, wenn die Affen gefüttert werden, Hanumän zufrieden ist und Wünsche erfüllt. Ich kenne Menschen, die nur deswegen jeden Tag weite Wege zurücklegen, um die Affen zu füttern. An erster Stelle steht seine rämabhakti. Wissen und Kraft kommen beide auf Platz zwei. Der Gedanke und die Formulierung, daß Hanumän in finanziellen Dingen hilft, gefällt mir nicht. Aber ja, er hilft durchaus. Näher steht er denjenigen Menschen, die rein sind, und dem von ihm gewiesenen Weg folgen. Ja, er vermittelt zwischen den Verehrern und Räma. Man gelangt über ihn zu Räma. Nein, er ist nicht unabhängig und allmächtig: Er ist von Räma abhängig. Zu Hause habe ich ein Bild Hanumäns im Hausschrein. Jeden Morgen rezitiere ich die Hanumäncältsä sowie einige mantras. Doch zuerst bringe ich Blumen dar und verbeuge mich. Ich brauche für meine morgendliche püjä etwa 45 Minuten

5 6

sevak Aufführungen des Rämäyana

261

Zur Befragung

(Durgä und Sankar inbegriffen), davon widme ich 30 Hanumän. Z u m Schluß opfere ich eine Blumengirlande und Süßigkeiten. In den Hanumäntempel gehe ich ebenfalls morgens. Ich bete die Cälisä, spreche einige mantras, einen Rosenkranz 7 lang. Ich umrunde einmal den Schrein, verbeuge mich auch vor den anderen Gottheiten, besonders vor den navagrahas. Das ganze dauert in der Regel nicht länger als 10-15 Minuten. Dienstags und samstags opfere ich Blumen. Es heißt, daß seine Lieblingsspeise laddü aus Kichererbsenmehl ist. Einen besonderen Fasttag habe ich nicht, doch ich kenne Leute, die wegen Hanumän dienstags kein Salz zu sich nehmen, und die an diesem Tag vor allem rote Speisen essen, rote Sachen tragen usw. Ich gehe manchmal auch in den Sankatmocan-Tempel. Nicht allzuoft, denn er ist ziemlich weit entfernt. Ich besuche auch andere Hanumäntempel, wann immer sich die Gelegenheit ergibt. Ich gehe häufig auch in Tempel £ivas: in den Kedarnäth- oder in den Visvanäth-Tempel. Aber das hängt vom jeweiligen Feiertag ab. Die Bilder gefallen mir alle gut. Doch am besten sind die, in denen Räma mit Hanumän abgebildet ist, denn Räma und Hanumän sind miteinander verbunden. b) Hausfrau, Witwenrente

SS, Brahmanin,

B.A., verwitwet,

5 verh. Kinder, 2000

Rs./Monat

Als ich ein Kind war, fanden die Räw/i/ä-Aufführungen neben unserem Haus am Marktplatz statt. Mein Onkel war im Organisationskommitee, so daß ich stets einen Platz in der ersten Reihe bekam. Von allen Personen gefiel mir Hanumän am meisten. Einmal - ich muß so etwa sieben gewesen sein - schlief ich auf dem Dach und träumte, daß Räma, Laksmana und Sltä in Asketenkleidern in den Wald aufgebrochen waren und dort plötzlich von Hanumän aufgehalten wurden. Als ich versuchte, mich aufzurichten, verschwanden alle. Immer wenn ich zu Hause Essen stehlen wollte, fürchtete ich, Hanumänjl würde mit seiner Keule plötzlich auftauchen und mich schlagen. Neben unserem Haus befand sich auch ein BälahanumänTempel. Am Geburtstag Hanumäns pflegte meine Großmutter eine sehr ausführliche püjä abzuhalten und ich sah ihr dabei jedesmal zu. Als ich 11 Jahre alt war, ging ich auf dem Weg zur Schule zum ersten Mal allein zu einem Hanumänschrein. Mit 14 oder 15 Jahren bat ich meine Eltern, sie mögen mir erlauben, in den Hanumäntempel zu gehen, und sie taten es. N u n verehrte ich Hanumänjl und betete zu ihm, daß er mir erscheine. Ich wollte ihn aber nicht in seiner furchteinflößenden Form, sondern in einer milden, gütigen Gestalt sehen. Eines nachts träumte ich von einem bärtigen alten Mann, der in unser Haus kam und zu mir sagte: »Ich werde dir in dieser Gestalt begegnen.« Und einige Tage später sah ich denselben Mann im Tempel. Ich konnte ihn nicht ansprechen, weil er in seiner Andacht versunken war, und auch ich schloß meine Augen und betete. Als ich sie öffnete und nach dem Mann Ausschau hielt, konnte ich ihn nicht wiederfinden, weder in noch vor dem Tempel. Nach meiner Heirat lebten wir eine Zeitlang im Dorf meines Mannes, und in diesem Dorf war Mahävirji 8 die Hauptgottheit. Ich muß sagen, im Hanumän7

mälä

262

Anhang

tempel gingen manchmal merkwürdige Dinge vor sich. Eine kleine Hanumänfigur, eingraviert in eine silberne Platte, wurde einmal im Hof auf den Boden gelegt. Ein sehr hoher Bambusstab mit einer Fahne daran wurde mitten im Hof aufgerichtet, und dann machte man ein Feuer, um ein großes Fladenbrot zu backen. Und jetzt kommt das allermerkwürdigste: Noch bevor das Feuer brannte, mußten alle Jungfrauen das Dorf verlassen, da es ihnen nicht erlaubt war, den Rauch dieses Feuers zu sehen, auf dem das Fladenbrot für Hanumän zubereitet wurde. Nur verheiratete Frauen durften gemeinsam mit den Männern und Jungen bei dieser Zeremonie dabeisein. Heutzutage rezitiere ich die Hanumäncälisä jeden Abend vor dem Schlafengehen. Wenn ich es nicht tue, fühle ich mich irgendwie leer. Die Cälisä ist wie ein Schutzschild für mich. Kula- und istadevatä ist für mich allein Mahävlrjl. Zu Hause habe ich Bilder und Statuen von Ganesa, Laksml, SarasvatI, Hanumän, Durgä, Krsna, §iva und anderen Göttern. Meine Eltern waren Rädhäsväml-Anhänger. Wenn ich Probleme habe, sage ich Hanumänji manchmal meine Meinung geradeheraus, und wenn alles wieder besser wird, bitte ich ihn um Verzeihung. Bei Krankheit, auf Reisen, wenn es um finanzielle Angelegenheiten geht, ja, da bitte ich ihn um Beistand. Um meine Kinder zu bekommen, benötigte ich ihn nicht, doch meine Schwiegermutter veranstaltete seinerzeit für sich eine Mahävlrpüjä, um einen Sohn zu bekommen. Hanumänji kann man alles sagen. Es wäre ja auch schwer, auch nur irgendetwas vor ihm zu verheimlichen. Sowieso habe ich ein Gefühl, als er sei immer da. Am wichtigsten erscheint mir an Hanumän sein naives, einfaches Wesen. Zum Beispiel, wissen Sie, als er die Perlen der Halskette aufbeißt, um zu sehen, ob Räma irgendwo da drin sei. Als er nichts fand, warf er sie einfach von sich. Einmal sah er Sita sindür im Scheitel tragen und fragte, was das denn zu bedeuten hätte. Sltä antwortete, sie trüge diese Farbe, um damit Rämas Leben zu beschützen. »Und dann weshalb so wenig davon?« fragte Hanumän und bestrich seinen ganzen Körper damit. Die Geschichte habe ich von meinem Onkel gehört, der in meiner Kindheit oft bei uns war und stets viel erzählen konnte. Hanumän und £iva sind beide ziemlich hart. §iva trägt Schlangen mit sich herum und lebt im Dschungel, wie auch Hanumänji. Beide sind leicht zufriedenzustellen und beide handeln, ohne lange zu überlegen oder mögliche Folgen abzuwägen. Visnus avatära war Räma, Hanumän ist der bhakta Rämas, also wäre die Beziehung zwischen Räma und Hanumän die zwischen einem Lehrer und seinem Schüler. Hanumän und Ganesa haben beide Tiergesichter, sind aber beide Götter. Zwischen Hanumän und Bhairava sehe ich keine Verbindung oder Ähnlichkeit. Hanumän und Räma sind unzertrennlich. Hanumän verehrte Räma und konnte ohne ihn nicht leben. Räma war sein ganzer Lebensinhalt, und Sltä liebte Hanumän wie eine Mutter ihren Sohn liebt. Ich habe Rämllläs in meiner Kindheit besucht. Heute tue ich das nicht mehr, denn ich kann die riesigen Menschenmassen und das Durcheinander dort nicht ertragen. Välmlkis Rätnäyana habe ich nicht gelesen. Im Fernsehen sehe ich mir Jay 8

Hanumän

Zur Befragung

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Hanumän nicht an, obwohl ich ziemlich viel fernsehe. Als aber das Rämäyana gesendet wurde, habe ich keine Folge verpaßt. Hanumän hat mir sehr gut gefallen. Dem Planetengott Sani kann nur durch die Verehrung Hanumäns entgegengewirkt werden. Es gibt einfach keine andere püjä dagegen. Hanumän war der Sohn des Pavana. Wer seine Mutter war, kann ich nicht sagen. Es gab auch einen Sohn Hanumäns, an dessen Namen ich mich nicht erinnern kann. Hanumän war ein Affe, und die Affen von heute gehören demselben Geschlecht an. An erster Stelle kommt Hanumäns Weisheit, dann seine rämabhakti, und dann seine Kraft und Gewandtheit. Ja, er hilft in materiellen Dingen, und er vermittelt auch zwischen dem Verehrer und Räma. Ob er den Menschen nähersteht als andere Götter, weiß ich nicht. Er kann jedenfalls schneller und einfacher zufriedengestellt werden als andere Gottheiten. Zu Hause habe ich ein Bild und eine Statue Hanumäns. Feste Zeiten für die Hanumän-püjä gibt es bei mir nicht. Jedesmal wenn ich gebadet und genügend Zeit habe, zünde ich ein Räucherstäbchen an und rezitiere Hanumänärti. Bevor ich abends ins Bett gehe, bete ich die Hanumäncältsä. In den Hanumäntempel gehe ich nur noch ein- oder zweimal in der Woche, seit ich begann, schwächer zu werden. Aber wenn ich in einer Rikscha oder in einem Auto an einem Hanumänbild vorbeifahre, verneige ich mich und spreche ein kurzes Gebet. Im Tempel opfere ich laddü, denn das ist Hanumäns Lieblingsspeise. Viele Jahre habe ich jeden Dienstag gefastet, jetzt tue ich das nur noch selten. Ich komme meistens nur in diesen Hanumäntempel, manchmal begleite ich aber meine Tochter in den Sankatmocan-Hanumäntempel. Etwa einmal in der Woche gehe ich in den Durgätempel, wenn ich mich dazu in der Lage fühle. Am besten gefällt mir das Bild, auf welchem Hanumän sein Herz aufreißt und so seine Liebe zu Räma zeigt: Tief in seinem Herzen befinden sich Räma und Sltä. c) Weber, 20, Prajäpati, 5 Klassen, ca. 800 Rs./Monat, ledig Ich bin in einem anderen Stadtteil aufgewachsen und habe dort, seit ich 15 oder 16 war, regelmäßig den Hanumäntempel besucht. Vor einiger Zeit bin ich umgezogen und wohne in einer moslemischen Gegend unweit von hier. Gleich zu Beginn entdeckte ich diesen Tempel und komme nun so oft ich kann hierher. Ich muß Ihnen aber auch etwas anderes erzählen, vielleicht können Sie mir weiterhelfen: Am letzten SivarätrI-Fest fragten mich meine moslemischen Nachbarn, was das sei, ein Linga. Ich sagte, nein, nicht das Linga, sondern Siva werde eigentlich verehrt. Sie glaubten mir nicht so recht und redeten so lange herum, bis ich aufgab. Sagen Sie, wie kann ich das denen gut erklären? In einen Hanumäntempel nahm mich mein Vater zum ersten Mal mit, ich war noch sehr klein damals. Meine Eltern verehren alle Götter und glauben, daß das alles Formen desselben Gottes seien. Auf dem Hausaltar hatten wir Bilder von §iva, Räma, Hanumän und von anderen Gottheiten stehen. Ich kann mich nicht erinnern, daß Hanumän einmal nicht geholfen hätte, als ich ihn gebraucht habe. Manchmal hat es zwar etwas länger gedauert, doch schließlich wurde alles wieder gut. Daß mir bis heute nichts zugestoßen ist, muß an ihm liegen.

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Na ja, und mein Vater sagt mir ständig, wie wichtig es sei, ehrlich und hilfsbereit zu sein. Wenn ich an einem unbekannten Ort bin, oder wenn ich mich fürchte, denke ich an Hanumän, und die Furcht verschwindet. »Jemand, der Angst hat, ist schon so gut wie tot«, sag' ich mir immer. Ja, auch wenn ich krank bin, oder in Geldschwierigkeiten stecke, bitte ich Hanumän um Hilfe. Ihm kann alles gesagt werden, im Unterschied zu den Menschen. Die wichtigste Eigenschaft ist seine bhakti, die eigentlich nur Räma allein gilt. Schon in seiner Jugend besuchte Hanumän den kleinen Räma: davon wissen nur sehr wenige Leute. Ich habe es im Fernsehen gesehen, und das Lied, das in der betreffenden Szene im Hintergrund lief, geht mir bis heute nicht aus dem Kopf. Das war die erste Begegnung zwischen den beiden. §iva und Hanumän sind eigentlich dasselbe. Ich weiß nicht genau wie, aber sie sind gleich. Dabei sagt jeder der beiden, der andere sei wichtiger. Was Visnu anbelangt, so heißt es, Räma sei Visnu, also ist Hanumän Visnus bhakta. Zu den anderen Göttern sehe ich keine Verbindung. Räma ist freilich Hanumäns Gott und sein Ein und Alles. Sitä betrachtete er als seine Mutter. Die Rämlllä-Aufführungen sehe ich mir nur selten an: Ich habe keine Zeit. Jay Hanumän im Fernsehen sehe ich schon öfter, nur ist das nicht sehr gut gemacht. Sie schweifen andauernd von der Geschichte ab, da hat mir der Rämäyana-Film besser gefallen. Einen Vorzug hat Jay Hanumän: Hanumänjl ist ständig präsent. Ob Hanumän sonst noch Verwandte hat, daran kann ich mich nicht erinnern. Es heißt, er sei der Sohn des Windes, und seine Mutter ist AnjanT. Er ist kein Affe, hat aber Affengestalt. Er besaß ja die Kraft, jede beliebige Gestalt anzunehmen. Hanumäns Auftreten war verschieden von diesen Affen hier. Auch wenn Hanumän ein Affe war, so sind die Unterschiede zu diesen Affen sehr groß. Die Affen selber haben gesagt, daß sie wegen Hanumän geachtet werden. Also können wir nicht anders, wir denken an Hanumän, wenn wir Affen sehen. Die Reihenfolge ist: zuerst bhakti, dann die beiden anderen Eigenschaften. Denn nur durch seine bhakti war er stark und weise. Ja, er hilft in finanziellen Angelegenheiten, und er ist auch den Menschen sehr nahe. Er vermittelt zwischen Räma und den Menschen: Wenn du dich direkt an Räma wendest, könnte es sein, daß es nicht klappt, mit Hanumäns Hilfe geht es immer. Er ist sehr mächtig und von keinem anderen Gott abhängig, außer von Räma. Wenn er nicht so mächtig und unabhängig wäre, wie hätte er denn über das Meer nach Lankä gelangen können? Nicht einmal Räma war in der Lage, das zu vollbringen. Ich habe zu Hause ein Bild Hanumäns und verehre ihn dort täglich. Ich wache auf und sehe ihn bereits vor mir. Ich bitte ihn um mein tägliches Brot und mein eigenes Haus (ich wohne jetzt in Miete). Manchmal rezitiere ich Hanumäncälisä und Bajrängabäna. Ansonsten halte ich das nicht so genau mit meiner püjä: oft begnüge ich mich auch einfach nur damit, Hanumäns Namen zu wiederholen. Ich besuche den Hanumäntempel, wenn ich Zeit habe, mindestens ein- bis zweimal die Woche. Zuerst wende ich mich an Hanumänjl, dann an Sankar. Ich sage die Gebete auf, die an der Wand des Schreines stehen und berühre dann die Füße des Priesters. Schließlich umkreise ich den Schrein mehrere Male, je nach Laune. Ich opfere meistens perä9, laddü und Tulslblätter. Letzteres ist Hanumäns Lieb-

Zur Befragung

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lingsopfer. In andere Tempel gehe ich eher selten, wenn, dann in den Visvanäthoder in den Kedär-Tempel. Am besten gefällt mir das Bild, auf dem Hanumän zeigt, daß er Räma in seinem Herzen hat. Es ist gut, Gott im Herzen zu tragen.

d) Einer der rangböcbsten Polizeibeamten der Stadt, 45, Brabmane, M.Sc., 15000 Rs./Monat, verheiratet, 2 Kinder Ich betrachte Hanumän sowohl als meine kula- als auch als meine istadevatä. Meine Eltern sind nicht besonders religiös, dennoch nahm mich mein Vater eines Tages als Kind in einen Hanumäntempel mit. Regelmäßig besuche ich seit etwa dreißig Jahren Hanumäntempel, und Hanumän ist für mich in letzter Zeit zunehmend wichtig geworden: Sogar im Zug denke ich an ihn. Ob er geholfen hat? Ja, das ist natürlich eine Sache des Glaubens. Es gibt viele Menschen, die wegen jeder Kleinigkeit Gott danken und beten. Aber sehen Sie, die letzten 24 Stunden war ich auf den Beinen und habe darauf geachtet, daß beim Visvanäth-Tempel während des Sivarätri-Festes alles ruhig bleibt. Wissen Sie wieviele Tausend Menschen zu SivarätrT hinkommen? Es ist alles gutgegangen, und ich bin jetzt hier, um ihm dafür zu danken. Wenn Hanumänjl mit mir ist, kann nichts passieren. Der Grundgedanke, der hinter Hanumän steht, ist, daß er ein blinder Verehrer Rämas ist. Er diente aufopferungsvoll und ohne Selbstzweck. Wann taucht er denn auf der Bildfläche auf? Genau als Räma seine Frau sucht. Das ganze Wesen Hanumäns ist auf das Dienen ausgerichtet. So müßten wir alle sein. Dreimal schon bin ich dem Tod nur knapp entkommen. Zuletzt war ich in Allahäbäd Tennis spielen. Als ich die Anlage verließ, warf jemand eine Handgranate in meine Richtung. Bevor sie explodieren konnte, fuhr ein Auto dazwischen, und ich wurde nur leicht verletzt. Vor längerer Zeit, in Sikkim, kam ich gemeinsam mit anderen Offizieren aus dem Grenzgebiet zurück, als unser Jeep in den Abgrund stürzte. Er blieb jedoch nach wenigen Metern in einem Baum mit den Rädern nach oben hängen. Ich hatte nicht einmal einen Kratzer. Ich glaube, daß das alles Hanumäns Werk ist. Ich verlange nie etwas von ihm, nur seinen Segen. Andere kommen gelegentlich in den Tempel, wenn es ihnen schlecht geht, oder wenn sie Prüfungen in der Schule haben, ich aber bin ein regelmäßiger Besucher. Hanumän zu beschreiben ist sehr schwer. Eigentlich ist es gar nicht möglich. Am wichtigsten ist, daß er anderen Göttern dient. Hanumängeschichten gibt es viele, doch sie dienen demselben Zweck, nämlich die Gesellschaft zu verbessern. Zum Beispiel die Geschichte über seinen Griff nach der Sonne. Auch sie ist symbolisch zu verstehen, und wir alle sollten eine Lehre daraus ziehen. Am Anfang von all diesen Göttern stehen drei: Brahmä, Visnu und Siva. Das vierte zugrundeliegende Element ist dann die Form, die jeder von diesen annimmt. Im Krtayuga war es Räma, im Dväparayuga Krsna. Hanumän ist wahrscheinlich auch Visnu. Durgä ist die Göttin der Kraft, und Hanumän ist ein Verehrer jeder Form von Kraft. Hanumän und Ganesa hatten denselben Lehrmeister: Siva. So auch Skanda. Die Beziehung zwischen Hanumän und Sani kenne ich nicht. 9

Eine Süßspeise

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Hanumän war ein wahrer Verehrer Rämas und hat alles für ihn - ebenso auch für Sita - geopfert. Von den beiden Werken spielt Hanumän in Tulsis Rämcaritmänas die bedeutendere Rolle. Rämlllä-Aufführungen sehe ich häufig, vor allem aus beruflichen Gründen (wegen des Polizeieinsatzes, den ich gerade zu leiten habe), ich versuche jedoch gleichzeitig die spirituellen Anstöße des Schauspiels wahrzunehmen. Schließlich geht es um nichts anderes, als die Menschen auf den richtigen Weg zu bringen. Als Hanumän zum ersten Mal erdacht wurde, hatte er Affengestalt. Alles, was er tat (z. B. den Berg herbeiholen usw.), war von dieser Vorstellung beeinflußt. Und darum glaubt man heute noch, Hanumän sei ein Affe. Die Reihenfolge der Eigenschaften ist: 1. bhakti, 2. Kraft, 3. Weisheit. Ich glaube nicht, daß er in finanziellen Dingen hilft. Den Menschen ist er tatsächlich sehr nahe, und er bildet auch die Verbindung zu Räma. Er ist unabhängig und sehr, sehr mächtig. Zu Hause habe ich ein Bild Hanumäns. Jeden Morgen nach dem Bad zünde ich für ihn Duftstäbchen an, bete und rezitiere die Cälisä. Mindestens einmal in der Woche gehe ich in einen Hanumäntempel. Ich mache es meistens kurz: Gebet, Cälisä, fertig. Meistens opfere ich etwas Geld, dienstags laddü. Etwa 25 Jahre lang habe ich jeden Dienstag auch gefastet, seit ich aber Magenprobleme habe, muß ich auch an diesem Tag etwas essen. Andere Tempel? Ich gehe montags zu Visvanäthji. Von den Darstellungen gefällt mir das Bild am besten, auf dem Hanumän vor Räma kniet und betet. e) Arbeitslos, 28, Srivästava, 12 Kl., ledig Den Namen meiner Familiengottheit kenne ich nicht. Wir nannten sie immer >ghardevatäHausgottheitmodernen< Tempel: Eine leuchtende Neonreklame (1998 über dem Tempeleingang angebracht) verkündet den Namen des Gottes, und aus einer Stereoanlage (Cassettendeck mit zwei Lautsprechern auf einem Regal im sanctum) erklingt laute Filmmusik.

136 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän neben Β 21/46 Kamacchä erste Hälfte des 20. Jh. W Der Schrein (ca. 80 cm hoch, 80 cm breit, 80 cm tief) ist in der Mauer versenkt, die um den Stamm eines inmitten einer Weggabelung stehenden Pipalbaumes errichtet wurde. Das Götterbild ist etwa 60 cm hoch. Hanumän trägt den Berg in der erhobenen linken und eine Keule in der rechten Hand. Anwohner berichteten, daß dieses Bild bereits mindestens das dritte an dieser Stelle sei. Vor etwa vierzig Jahren (um 1960) stürzte der alte Pipalbaum um, dabei ging auch das alte Hanumänbild zu Bruch. Einige Jahre später wurde ein neuer Baum gepflanzt und ein neues Kultbild geweiht. Doch auch das zweite Bild wurde - diesmal durch spielende Kinder - beschädigt. Schließlich wurde im Jahr 1998 um den jungen Baum herum die Mauer errichtet und dieses Bild in einem vergitterten Schrein aufgestellt.

137 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Bälahanumän, »H. in Kindgestalt« Β 21/52 Kamacchä k. A. Ο Gegenüber von einer kleinen Moschee steht eine ca. 4 χ 2 m große, nach einer Seite offene Halle, darin ein ca. 40 cm großes Hanumänbild, verdeckt. Die Anlage entstand in der gegenwärtigen Form vor etwa 15 Jahren an der Stelle, an der sich bis dahin ein Brunnen und ein kleines freistehendes Hanumänbild befanden. Z u m Zeitpunkt der Besichtigung (Januar 2001) waren Erweiterungsarbeiten im Gang.

Tempel und Schreine Hanumäns in Benares 138 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

139 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

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Sok-Vimocan-Hanumän, »H., der Befreier von Kummer« Β 21/104 Kamacchä Cungl s. Beschreibung Ο Rotbemaltes Tempelgebäude an der Hauptstraße unter einem Plpalbaum, das anstelle eines 1976 abgerissenen Tempels in den Jahren 1 9 7 8 - 1 9 8 0 (Inschrift) errichtet wurde, darin ein etwa 100 cm großes Bild des Gottes. Anwohner 1: »Das Bild stammt aus der ersten Hälfte des 20. Jh.« Anwohner 2: » 1 9 8 0 wurde ein neues Götterbild geweiht«.

Manasäpürna-Hanumän, »H., der überaus Kluge/Weise« Nordostecke STsmahal-Colony, direkt an der Hauptstraße Mitte 20. Jh. (Anwohner) Ν Hanumän (ca. 50 cm großes Bild) und Sivaliiiga in einem rotbemalten Schrein.

140 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän Central Hindu School, Kamacchä ca. 1 9 7 0 (Lehrer) S Das Bild (ca. 160 cm groß, in der rechten Hand Keule) steht in einem Raum neben einem Klassenzimmer im Südwesten des Schulgeländes. Die Stätte wird auch von Verehrern von außerhalb der Schule frequentiert.

141 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän BHU, Faculty of Education, Kamacchä 1991 (Inschrift am Schrein, s. auch Beschreibung) Ο Der Schrein wurde 1991 errichtet und farblich dem Fakultätsgebäude angepaßt. Das sich darin befindliche Götterbild (ca. 25 cm) ist jedoch älter, so der langjährige Wachmann der Institution. Der lokale RSS-Verband pflegte an dieser Stelle bis vor einigen Jahren seine Versammlungen und Übungen abhalten.

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142 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

M a h a v l r - H a n u m a n , »H., der Große Held« Β 20/30 Bhelupur 1986 (Inschrift am Schrein) W Der Hanumäntempel befindet sich unter einem großen Plpalhaum an einer Straßenkreuzung. In seiner unmittelbaren Nachbarschaft sind kleinere Schreine weiterer Gottheiten (&iva, Pärvati, Durgä, Ganesa) zu finden. Ein älteres, kleineres Hanumänbild w u r d e 1986 durch das jetzige, ca. 100 cm große Bild ersetzt.

143 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän neben Β 14/54 N ä r a d g h ä t k. A. Ο Ein »roter Fleck< in Augenhöhe von etwa 10 cm Durchmesser in einem Sivaschrein wird als H a n u m ä n verehrt.

144 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän neben Β 14/64 N ä r a d g h ä t k. A. W Auf der rechten Schulter trägt' die Hanumänfigur (ca. 50 cm hoch, schmucklos) die Keule, in der linken H a n d den Berg. Der rechte Fuß tritt auf einen Dämon. Der Schrein ist kubusförmig, dunkelrot bemalt und von einem kegelförmigen Türmchen gekrönt.

145 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän Β 14/116 Mänsarovar s. Beschreibung Ν Der Tempel liegt inmitten eines kleinen Platzes neben dem Kedärghät-Postamt und ist 1988 gebaut worden. Das Götterbild stand allerdings nach Auskunft einiger Anwohner bereits vorher an dieser Stelle. Es ist ca. 100 cm groß und zeigt den Affengott mit erhobenen Armen (Berg links, Keule rechts). Am Eingang: Hanumäncälisä, -astaka und -ärti.

Tempel und Schreine Hanumäns in Benares 146 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

147 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

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Hanumän Cauklghät, am Treppenaufgang 1 6 . - 1 7 . Jh.? (Inschrift) Ο Die Inschrift über dem Eingang zum Tempelkomplex unter einem großen PTpalbaum lautet: »Sri Väsudeva-Bäbä-Hanumäntempel, gegründet von Sant TulsTdäs«. Im Hauptschrein befindet sich ein ca. 30 cm großes Götterbild mit einer Silberkrone, neben der Öffnung die Statue des sitzenden Väsudeva Bäbä. In der Anlage eine Reihe weiterer Gottheiten (Sivalingas, Nägas u. a.), der Boden und die Wände sind mit Spendentafeln bedeckt.

Hanumän am Weg vom Cauklghät zur Hauptstraße um 1 9 9 0 (Anwohner) k. A. Freistehendes Bild (ca. 150 cm) auf einem eingezäunten Platz unter PTpalbaum.

148 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

149 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanuman Β 7/90 Kedärghät k. A. Ο (?) Ca. 2 5 cm hohes Bild in einem kleinen Schrein an der Mauer.

Krpä-karneväle-Hanumän, »der gunsterweisende H.« Β 6/99 Bhümänandghät, Vidyämath (hinter Vijayanagarghät) ca. 1 9 7 0 (Anwohner) W Im zur Straße hin offenen Erdgeschoß eines mehrstöckigen Gebäudes steht eine ca. 150 cm große Statue des Affengottes, mit dem Berg in der Linken, Keule in der Rechten, das linke Bein ist erhoben. Entlang der Stufen, die vom Gangesufer zu diesem Tempel führen, sind Wandmalereien zu sehen, die verschiedene Gottheiten darstellen, unter ihnen auch Hanumän.

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151 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

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Hanuman am Lällghät (nördl. des Hariscandraghäts) ca. 1998 (Anwohner) Ο Das Bild ist etwa 1 2 0 - 1 3 0 cm hoch, die Gestalt trägt den Berg in der linken Hand, die Keule stützt sich auf die rechte Schulter. Im großen Gebäude daneben (Bhümänand Äsram) befindet sich nach Auskunft der Anwohner seit 1995 ein weiterer Hanumänschrein.

Hanuman Β 4/44 Hanumänghät k. A. W siehe Kapitel »Hanumänverehrer antworten«

152 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: BESCHREIBUNG: BESCHREIBUNG:

153 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanuman neben Β 8/11 Bärä Gambhir Singh ca. 1995 (Anwohner) W Das Bild ist etwa 50 cm groß und stellt den Gott mit der Keule auf der rechten Schulter und dem Berg in der hochgehaltenen linken Hand dar.

Hanuman Kämesvarnäth-Tempel, Β 27/70 Gurudhäm Caurähä k. A. Ν In der Südostecke des vor etwa 150 Jahren errichteten Sivatempels steht ein Hanumänbild aus Marmor, das Gesicht mit Sindür rotgefärbt, ansonsten ganz weiß. Das Bild ist etwa 100 cm groß, Keule in der rechten, Berg in der linken Hand, unter dem erhobenen linken Fuß eine Dämonengestalt. Weitere Gottheiten im Tempel sind Sürya, Visnu-LaksmT, Pärvatl, Ganesa und Durgä.

154 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanuman Gurudhäm Caurähä, in der Kreuzung ca. 1980 (Anwohner) W In einem rotbemalten Tempel neben einem Sivalmga ein etwa 80 cm großes Bild des Affengottes, in der linken Hand Berg, in

Tempel und Schreine Hanumans in Benares

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der rechten Keule, mit tiefen Augenhöhlen. Der Tempel wurde etwa 1 9 9 0 errichtet, das Hanumänbild jedoch ca. zehn Jahre zuvor aufgestellt. 155 a, b und c NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän vor dem Dharmsangh Einkaufszentrum, Durgäkund Road a) ca. 1 9 9 0 b) erste Hälfte des 2 0 . Jh. c) ca. 1 9 9 5 ( Anwohner) a) b) c) Ν Unter einem RIthäbaum befinden sich in mehreren Schreinen Hanumänbilder: Ein ca. 7 0 cm großes in einem rotbemalten Schrein mit Kuppel, mit Räma und Laksmana auf den Schultern; zwei weitere (jeweils ca. 2 0 cm, formlos) in kleinen Schreinen 10 m weiter südlich (daneben: VandevT).

156 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän Tempelkomplex gegenüber vom Tulsimänas-Tempel Anf. 2 0 . Jh. (Tempelpriester) Ο Ein ca. 4 0 cm großes Bild, das Hanumän in Kindform zeigt, steht im zentralen Schrein des Komplexes neben einem Plpalbaum. Weitere Gottheiten: Tirupati Bäläjl, Siva, Ganesa.

157 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Bankati-Hanuman neben dem Durgätempel, Durgäkund k. A. W siehe Kapitel »Hanumänverehrer antworten«

158 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Siddhi-Hanumän, »H., der Wunderkräfte hat« im Durgä-Tempelkomplex, Durgäkund ca. 1 9 1 5 (Tempelpriester) NW >Hanumän reißt sich mit beiden Händen die Brust aufwach< (jägrt) und viele Menschen kommen hierher.« Die Geschichte wurde von der Frau des Tempelpriesters erzählt. Das Bild im Tempel ist ca. 2 m groß, der etwas überdimensionale Kopf ist nach links gewandt. Im Tempelkomplex noch vertreten: Svapnesvar Mahädev sowie Svapnesvari Mätä, nebst weiteren Sivalmgas, einem Visnu- und einem Ganesabild. Eingravierte Texte: Hanumänastaka, Hanumänärti, Hanumäncälisä.

308

Anhang

177 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Pascimabhimukh-Hanumän, »der nach Westen gerichtete H.« über dem Uferbereich des Tulslghäts 1 6 . - 1 7 . Jh. W Ca. 150 cm großes Bild in einem Schrein (2 χ 2 m) unter einem Plpalbaum.

178 a, b und c NAME:

LAGE: AUFSTELLUNG: BESCHREIBUNG:

a) Daksinabhimukh-Hanumän, »der nach Süden gerichtete H.« b) Uttarabhimukh-Hanumän, »der nach Norden gerichtete H.« c) Pürvabhimukh-Hanumän, »der nach Osten gerichtete H.« Β 2/15 Tulslghät, a) außen, b) und c) im Gebäude 1 6 . - 1 7 . Jh. Die Bilder sind zwischen 120 und 150 cm groß und sollen von Tulsldäs aufgestellt worden sein. Bild a) stellt Hanumän als Kind dar. Im Gebäude sind auch zwei Räma-Sitä-Laksmana-Schreine, in einem von diesen befindet sich ein weiteres Hanumänbild.

179 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Bälrüpi-Cintämani-Hanumän, »H. in Kindgestalt, (Edelstein,) der alle Wünsche erfüllt« Kuruksetra Pokhrä, Assi k. A. Ν »Dieser Hanumän steht hier seit es Käs! gibt«, sagte der alte Tempelpriester, der seit mehr als fünfzig Jahren am Tempel den Dienst verrichtet. Obwohl an einer belebten Straße gelegen, ist der Tempel wenig besucht. Das Bild ist ca. 150 cm groß, die Gestalt stützt sich auf die Keule.

180 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Kesavapnya-Hanuman Asslghät 1995 Ο siehe Kapitel »Hanumänweihe in Benares«

181 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän vor 1/160 Assighät 1995 W Ca. 150 cm großes Bild in einem Schrein, der wie ein Käfig aussieht, mit Keule (rechte Schulter) und Berg (linke Hand).

Tempel und Schreine Hanumäns in Benares

309

182 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanuman Asslghät, vor dem Pancäyatana-Tempel k. A. Ο Das Bild (ca. 60 cm) steht im Santosl-Mä-Tempel.

183 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän Asslghät, am Ufer um 1970 (älterer Besucher) W Ca. 120 cm großes Bild (Berg in der linken Hand, Keule auf der rechten Schulter) unter einem Plpalbaum.

184 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän Β 1/189 AssT um 1975 (Anwohnerin) S Gut besuchter Hanumänschrein im Vorbau eines Sivaschreins, neben dem Nandlbild. Das Hanumänbild ist ca. 40 cm groß.

185 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän an der Assi-Kreuzung um 1965 (Anwohner) NW Unter einem Plpalbaum, Bild ca. 30 cm groß, auf der rechten Schulter Keule, in der linken Hand Berg.

186 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Manokamanapurna-Hanuman, »H., der Erfüller von Wünschen« Β 1/90 Assi, Räghav Mandir 18. Jh. (mahant) W Der Hanumänschrein ist der nördlichste von mehreren, nebeneinander aufgereihten Schreinen im Ordenssitz der RämänandTs (v. N n . S : Hanumän, Räma-Sltä, Rämänanda, LaksmTNäräyana, §iva). Das Bild (ca. 2,5 m groß, Krone und Ohrringe aus Silber, auf der rechten Schulter die Keule, die linke Hand erhoben und zur Faust geballt) soll vom Rämänandl-Asketen Gudardäs hier aufgestellt worden sein.

310 187 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Anhang

Abhayavarada-Hanumän, »Furchtlosigkeit gewährender H.« Mumuksu Bhavan, Assi 1980 (Inschrift) Ο Das Bild (ca. 150 cm, Krone, Löwengesicht) steht in einem Tempel mit Säulenrundgang, am Eingang sind Hanumängebete eingraviert.

188 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

189 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

190 NAME:

LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Hanumän neben Β 1/152 Jagannäth Mandir, Asslghät 1998 S Das Bild (im Loknäth-Sivaschrein, ca. 60 cm, auf der rechten Schulter Keule, in der linken Hand Berg) wurde bei der letzten Renovierung des Schreins 1998 aufgestellt.

Barehanuman, »der große H.« Β 30/252 Nagvä k. A. Ν Das Bild (ca. 2,5 m hoch, weite Augen und ein ausgeprägtes Affengesicht, mit einer großen silbernen Krone und Ohrringen, beide Arme erhoben: rechts Berg, links Keule; rechter Fuß auf Dämon) steht in einem etwas verwahrlosten Tempelgebäude in der Mitte eines Innenhofes. Vor dem Tempel weht weithin sichtbar eine rote dreieckige Fahne an einer Bambusstange.

Machll-Bandar(-Hanumän), Bed. unklar: machli = >Fischfischförmiger SchmuckAffeHafen< Machli Bandar Math, Nagvä k. A. S Rechts vom Eingang in die Asketenherberge sivaitischer Dandls steht in einem schmucklosen Raum ein etwa 2 m großes Bild Hanumäns. Eine Inschrift gibt als Weihejahr 1972 an, das Jahr, in dem die Statue hierher verlegt worden sein soll, so die einzige brauchbare Auskunft des etwas unsicher wirkenden Vorstehers (mahant) im Januar 2001.

Tempel und Schreine Hanumans in Benares

311

191 NAME: LAGE: AUFSTELLUNG: AUSRICHTUNG: BESCHREIBUNG:

Präcln Sankatharan-Hanumän, »der altehrwürdige (Tempel des) H., Beseitiger von Krisen« Β 30/227 Nagvä ca. 1980 (Tempelpriester) Ο Die Gestalt (ca. 120 cm) trägt Räma und Laksmana auf den Schultern, in der rechten Hand die Keule.

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