Handbuch Projektmanagement 9783486700541, 9783486274448

Die Bedeutung professionellen und systematischen Projektmanagements hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen,

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Handbuch Projektmanagement
 9783486700541, 9783486274448

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Handbuch

Projektmanagement Herausgegeben von

Prof. Dr. Michael Bernecker und

Prof. Dr. Klaus Eckrich

R.Oldenbourg Verlag München Wien

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografte; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 © 2003

www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Gedruckt auf säure- und chlorfreiem

Gesamtherstellung:

Druckhaus

ISBN 3-486-27444-9

Papier

„Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza

V

Vorwort Die

Bedeutung professionellen und systematischen Projektmanagements hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen, gerade vor dem Hintergrund, dass nicht nur die absolute Anzahl von Projekten deutlich angewachsen ist, sondern auch deren Umfang und Komplexität. Entscheidend für den Erfolg von Projekten ist nicht nur die "Hardware" wie Technik, Informatik, Produkte oder Dienstleistungen, sondern in mindestens genauso entscheidendem Maße die zielorientierte und systematische Abwicklung aller Projektprozesse. Auf dieser Basis wird auch der zukünftige Bedarf an praxisorientierten Nachschlagewerken zum Thema Projektmanagement deutlich steigen. Gleichwohl sind die Herausgeber auf der Suche nach sinnvoller Lektüre sowohl für Projekteinsteiger, als auch für Projektleiter, für Praktiker wie für Theoretiker, kaum fündig geworden. Aus diesem Grund entstand im Rahmen der langjährigen Lehr- und Beratungstätigkeit der Herausgeber dieses Handbuch als Versuch, das Themenspektrum Projektmanagement auf eine neue Art und Weise abzudecken und mit dem Anspruch, eine Lücke im Lehrbuchmarkt zu

füllen.

Integration einer Vielzahl von Autoren aus unterschiedlichen Fachbereichen ermöglicht eine Darstellung des Themas in seiner vollständigen Breite sowie der zwingenden Tiefe. Ferner werden verschiedene Aspekte des Projektmanagements beleuchtet, so dass der Leser sich innerhalb kurzer Zeit einen umfassenden Überblick über dieses komplexe Thema ver-

Die

schaffen kann.

Vorliegender Herausgeberband richtet sich sowohl an Einsteiger, als auch an Fortgeschrittene und Profis. Entsprechend dem jeweiligen Kenntnisstand können alle drei Zielgruppen ihr Projektmanagement-Wissen erweitem. Die problemlose Einordnung gelingt anhand der ABC-Kategorisierung der einzelnen Beiträge. Bei der Darstellung haben wir darauf Wert gelegt, das komplexe Thema Projektmanagement transparent und leicht verständlich Wir

zu

hoffen, dass die Inhalte sowohl

vermitteln.

Studierenden, als auch den Projektmanagem aus der Praxis hilfreich zur Seite steht und sind für Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge im Sinne der Optimierung künftiger Ausgaben stets aufgeschlossen und dankbar.

Michael Bernecker Klaus Eckrich

unseren

Inhaltsverzeichnis

VII

Inhaltsverzeichnis

Vorwort.

V

Inhaltsverzeichnis. VII 1.

Einführung Herausforderung Projektmanagement. 1.1 Überblick zum Buch / Ziel, Motivation und Adressaten.

3

Komplexitätsbewältigung..

13

1.3 Phasenorientiertes Handeln.—-

35

Projektinitialisierung.

51

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten. Projektorganisation._.-. Klärung der Ausgangslage: Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds. Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese. Projektmarketing.-.—.

53

-

1.2

2.

2.1

2.2

2.3

2.4 2.5

1

69

85 107 123

2.6 Lasten-und Pflichtenheft. 149

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente. 2.8 Projektmanagement-Handbuch.—. 2.9 Gestaltung des Kick-Off-Meetings. Projektplanung.. 3.1 Aufwandschätzung als Voraussetzung für die Projektplanung. 3.2 Projektstrukturierung._. 3.3 Projektablaufplanung_. 3.4 Planung der Projektzielbereiche: Termine, Ressourcen, Qualität. 3.5 Projektbudgetierung. 3.6 Projektauslösung. 2.7

159

-

3.

195 209 237 239 261 295 317 335

355

VIII

4.

5.

6.

Inhaltsverzeichnis

Projektdurchführung.... 4.1 Projektkontrolle. 4.2 Projektsteuerung. 4.3 Eskalationsmanagement in Projekten. Projektabschluß. 5.1 Abschluß. Spezielle Aspekte des Projektmanagements. 6.1 Die Rolle von Wissensmanagement in Projekten. 6.2 Internationale Projektarbeit. 6.3 EDV-Einsatz im Projektmanagement.

373

375 393 413 431 433 449 451 469

493

1.

Einführung Herausforderung Projektmanagement

1

-

1.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

1.1

Überblick zum Buch.

3

1.2

Komplexitätsbewältigung.—

13

1.3 Phasenorientiertes

Handeln.

35

1.

Überblick zum Buch / Ziel, Motivation und Adressaten

1.

Überblick zum Buch von

Prof. Dr. Michael Bernecker Inhaltsverzeichnis 1.

Herausforderung Projektmanagement 1.1 Zielgruppen des Projektmanagement 1.2 Inhalte und Aufbau des Buches 1.3

Zielgruppenorientierte Gliederung

3

4

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Autorenbeschreibung Prof. Dr. Michael Bernecker, geboren 1967, Diplom-Kaufmann, Externe Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Siegen, Marketingvorstand PGPA Werbeagentur AG Lünen. Bernecker ist für Marketing und Internationales Management an der FHDW Bergisch Gladbach.

1.

1.

Überblick zum Buch / Ziel, Motivation und Adressaten

5

Herausforderung Projektmanagement

Projektmanagement ist eine kontinuierliche Herausforderung für alle Beteiligten. Unabhängig vom Einsatzgebiet, der Branche und dem Umfang der Projekte sind dabei Grundtechniken anzuwenden, die den Erfolg eines Projektes maßgeblich beeinflussen. Die Aufgabe dieses Buchprojektes ist es, in einem überschaubaren Umfang diese relevanten Gmndtechniken zu vermitteln. Zielgruppenorientiert haben wir das sehr umfangreiche Spektrum des Projektmanagements für Sie selektiert und segmentiert. Im Folgenden stellen wir Ihnen unser Zielgruppenkonzept und die fachliche Struktur des Buches 1.1

vor.

Zielgruppen des Projektmanagement

Um das weite Wissensspektrum im Projektmanagement vollständig abzudecken, reicht es nicht, einfach das Wissen linear zu dokumentieren. Je nach Kenntnisstand hat der Projektmitarbeiter unterschiedliche Ansprüche an die zu vermittelnden Inhalte. Um dem entstehenden Dilemma "Fülle des Stoffes vs. Vorkenntnisse bzw. Informationsbedarf zu entgehen, haben wir drei relevante Zielgruppen (Leser-

gruppen) abgegrenzt. Level A: Erwerb von Wissenskompetenz Ein Leser dieses Levels hat bisher noch keine Projekterfahrung. Er ist in der Praxis als Mitarbeiter einer Linienabteilung beschäftigt oder Studierender. Er setzt sich erstmals mit dem Projektmanagement auseinander. Mit Hilfe der Beiträge, die mit A gekennzeichnet sind, kann sich der Leser eine solide Wissensbasis schaffen, um im Projekt kompetent mitzuarbeiten. Nach der Lektüre des A-Levels kennt er die wesentlichen Arbeitsschritte und Anforderungen des Projektmanagements. Level B: Erwerb von Handlungskompetenz Leser, die bereits über erste Projekterfahrung verfügen oder sich als Student für die Besonderheiten des Methoden- und Instrumenteneinsatzes im Projektmanagement interessieren, stufen wir in den Level B ein. Sie verfügen über die Kenntnisse, die im Level A vermittelt wurden. Sie lesen die Beiträge, die dem Level B zugeordnet sind, um mehr Sicherheit in der Projekttätigkeit zu erlangen und sich auf zukünftige Projektleiterfunktionen vorzubereiten.

I.

6

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Level C: Erwerb von Durchsetzungskompetenz Level C Beiträge richten sich an Leser, die bereits als Projektleiter arbeiten und über umfangreiche Kenntnisse im Projektmanagement verfügen. Die Ausführungen unterstützen den Praktiker, der Entscheidungen im Projektmanagement durchzuset zen hat und für die konsequente Einhaltung von Projektmanagement-Routinen verantwortlich ist. Relevant sind die Beiträge dieses Levels auch für Studierende, die eine Karriere im Projektmanagement eines Unternehmens gezielt anstreben und sich eingehend darauf vorbereiten möchten. Die Beiträge basieren auf einem Wissensstand, den ein Leser, z. B. ein Projektleiter, aus der Projekterfahrung und aus Projektmanagement-Trainings mitbringt oder mit Hilfe der Beiträge aus den Levels A und B bereits erlangt hat. -

Der Leser sollte sich zunächst vor der weiteren Lektüre selber einstufen. Falls er über den eigenen Kenntnisstand unsicher ist, sollte er sich lieber einen Level niedriger einstufen, um so frühzeitig Wissenslücken zu vermeiden. Die Autoren gehen davon aus, dass Leser, die sich im Level C einordnen selbstverständlich die Wissenskomponenten aus den Bereichen A und B beherrschen. Individuelle Lücken sollten dadurch aufgearbeitet werden, indem Sie sich einen Überblick über die einzelnen Beiträge verschaffen und die Wissenslücken auffüllen.

1.2 Inhalte und Aufbau des Buches ist in fünf Abschnitte unterteilt. Diese Strukturierung richtet sich nach der klassischen Struktur von Projekten. Eine Einführung leitet das Buch ein. Im Rahmen der Projektinitialisierung finden Sie daher elementare Wissenskomponenten, um Projekte erfolgreich zu starten.

Das Handbuch

Projektmanagement

Abschnitt I: Einführung Abschnitt I behandelt die übergreifenden Themenaspekte des Abschnitt I;

Projektmanagements.

Einführung Herausforderung Projektmanagement_ 1. Bernecker, M.: Überblick zum Buch 2. Bundschuh, M.: Komplexitätsbewältigung 3.

-

Eckrich, K.: Phasenorientiertes Handeln

Dieses erste Kapitel 1.1 zeigt die Stmkturierung und gibt Handlungsanweisungen, wie das Handbuch von den unterschiedlichen Zielgruppen optimal genutzt werden kann.

1.

Überblick zum Buch / Ziel, Motivation und Adressaten

7

Kapitel 1.2 setzt sich mit dem Phänomen der Komplexität in Projekten auseinander. Viele Projektmitarbeiter kennen dieses Problem aus der eigenen Arbeit. Oftmals hat man das Gefühl, aufgrund des Umfangs und damit der Komplexität, den Überblick und die Kontrolle über das Projekt zu verlieren. Der Beitrag zeigt, wie Systemdenken im Projektmanagement funktionieren kann. Viele

Projektmitarbeiter versuchen komplexe Projekte dadurch in den Griff zu bekommen, dass sie möglichst viele kleine Teilprojekte generieren. Dabei geht zu häufig der Gesamtüberblick in Projekten verloren. Kapitel 1.3 zeigt, wie ganzheitliches Denken im Projektmanagement angewendet werden kann und damit die Qualität der Projektabwicklung gesichert wird. Abschnitt II. Projektinitialisierung Jedes Projekt hat einen definierten Start- und Endpunkt. Gerade die einführende Initialisierungsphase bildet bei effizienten Projekten die Basis für den Erfolg. Fehler, die in der Initialisierungsphase gemacht werden sind häufig nicht mehr im

Projektablauf zu kompensieren. Abschnitt II: Projektinitialisierung_ 1. Zell, H.: Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl. DIN-Normen) 2. Wicher, H.: Projektorganisation 3. Eckrich, K.: Klärung der Ausgangslage: Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds 4. Wicher, H.: Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese 5. Möller, T.: Projektmarketing 6. Helmke, J.: Lasten- und Pflichtenheft 7. Böck, R.; Reiff, G: Projektmanagement

-

Entscheidung über

Führungsinstrumente 8. Peters, H.: Projektmanagement-Handbuch 9. Bellut, L: Gestaltung des Kick-Off-Meetings

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten sind gleich zu Beginn in Projekten zu klären. Daher zeigt der Beitrag 2.1 die wesentlichen Begriffe und Normen auf, damit alle Projektmitarbeiter auch das gleiche Verständnis von Projekten haben. Organisation in Projekten wird von Mitarbeitern immer dann bemängelt, wenn sie nicht funktioniert. Die passende Organisationsform zu finden ist daher ein

8

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

wesentlicher Erfolgsbeitrag für ein Projekt. Kapitel 2.2 stellt unterschiedliche organisatorische Möglichkeiten im Projektmanagement vor. Projekte laufen niemals im luftleeren Raum ab. Vielmehr sind sie in ein strukturelles und kulturelles Projektumfeld eingebunden. Der Beitrag 2.3 setzt sich mit der Analyse des Umfeldes von Projekten auseinander und zeigt Lösungsansätze für den

Projektleiter. Beitrag 2.4 stellt die Strukturierung von Projekten in den Vordergrund. Die notwendige Aufgabenanalyse stellt ein wesentliches Aufgabenfeld in der Projektarbeit dar. Die daran anschließende Aufgabensynthese fasst die entstandenen Arbeitspakete wieder sinnvoll zusammen. Das Marketing von Projekten sollte nicht unterschätzt werden. Viele Projekthemmnisse können durch ein strukturiertes Marketing verhindert werden. Der Beitrag 2.5 zeigt, wie erfolgreiches Projektmarketing aussehen könnte. Bei IT-Projekten ist ein Lasten- & Pflichtenheft mittlerweile obligatorisch. Aber auch in anderen Disziplinen erfolgt die Erstellung eines Lasten- & Pflichtenheftes immer häufiger. Kapitel 2.6 zeigt mit Hilfe unterschiedlicher Modelle, wie ein Lasten- & Pflichtenheft erstellt wird. Neben rein technischen Fragestellungen ist im Projektmanagement auch die Mitarbeiterebene nicht zu vernachlässigen. Der Beitrag 2.7 setzt sich mit der Entwicklung von Projektteams auseinander und zeigt unterschiedliche Führungsinstrumente, die von der Projektleitung in den verschiedenen Projektphasen einge-

werden können. Komplexe Projekte lassen sich nur dann erfolgreich realisieren, wenn die beteiligten Personen von gleichen Voraussetzungen ausgehen. Ein ProjektmanagementHandbuch unterstützt den Projektablauf und die notwendigen Dokumentationen. Der Beitrag 2.8 zeigt den Aufbau und die Einbindungen eines ProjektmanagementHandbuches. Jetzt geht es los. Jedes Projekt hat einen definierten Startpunkt und ein definiertes Ende. Der Beitrag 2.9 zeigt die Sinnhaftigkeit eines Kick-Off-Meetings, das den Beginn eines Projektes markiert. Aufbau, Struktur, Inhalte und Methoden bilden den Schwerpunkt des Beitrages. Ein Projekt-Kick-Off sollte nach dem Lesen des Beitrages kein Problem mehr darstellen. setzt

Abschnitt III: Projektplanung Die laufende Projektarbeit belastet den Projektleiter und die beteiligten Mitarbeiter in unterschiedlichem Maße. Die zu erledigenden Aufgaben variieren in ihrem Sachund Zeitumfang in den einzelnen Projektphasen deutlich. In Abschnitt III finden

1.

sich Beiträge, die die darstellen.

Oberblick zum Buch / Ziel, Motivation und Adressaten

9

notwendigen Aufgabenfelder strukturieren und systematisch

Abschnitt III: Projektplanung_ 1. Bundschuh, M.: Aufwandschätzung als Voraussetzung für die

Projektplanung 2. Richartz, D.; Kurpicz, B.: Projektstrukturierung 3. Meyer, M.M.: Projektablaufplanung 4. Nüchter, N.: Planung der Projektzielbereiche: Termine, Ressourcen, Qualität 5. Sandt, J.: Projektbudgetierung 6. Schmetz, A.: Projektauslösung Eine der

schwierigsten und trotzdem betriebswirtschaftlich bedeutungsvollsten Aufgaben ist die Aufwandschätzung innerhalb von Projekten. Beitrag 3.1 zeigt Grundprinzipien und Tools, die bei der Schätzung des Aufwands sinnvoll eingesetzt werden können. Die Projektstrukturierung

Hand in Hand mit der Aufwandschätzung. Komplexe Projekte müssen für die Aufgabenbewältigung strukturiert und systematisch eingeteilt werden. Der Beitrag 3.2 zeigt alternative Strukturierungsansätze auf. Der Projektablauf muss kontinuierlich geplant, gesteuert und dokumentiert werden. Der Beitrag 3.3 setzt sich mit dieser Problematik auseinander, um mit alternativen Darstellungstechniken den Überblick nicht zu verlieren. Die wesentlichen Projektziele, Zeit, Kosten und Qualität sind im Planungsprozess kontinuierlich zu screenen. Der Beitrag 3.4 setzt sich mit den Planungstools Qualitätsplanung, Ressourcenplanung und Terminplanung auseinander. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind Projekte immer wieder ein heikles Thema. Da es sich um relativ neue Sachverhalte handelt, ist eine Budgetierung mit Problemen behaftet. Der Beitrag 3.5 setzt sich mit der Budgetierung von Projekten auseinander und stellt die wesentlichen Begrifflichkeiten vor. Die Planungsphase eines Projektes wird mit der Projektauslösung beendet. Sie bildet die Schnittstelle, um in die Realisierungsphase eines Projektes einzusteigen. Der Beitrag 3.6 stellt diesen Schritt sowie zusätzliche Strategien und Erfolgskriterien der Projektauslösung vor.

geht

Abschnitt IV: Projektdurchführung Die Realisierungsphase eines Projektes nimmt einen sehr hohen Stellenwert ein. Die im Vorfeld angestoßenen Aufgabenfelder und planerischen Tätigkeiten finden

10

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

ihren

Niederschlag in der operativen Umsetzung. Für die kaufmännische Projektleitung finden sich dabei die nachfolgenden Aufgabengebiete. Der Schwerpunkt der Tätigkeit in dieser Phase liegt jedoch bei der fachlichen Realisierung. Abschnitt IV: Projektdurchführung_ 1. Nüchter, N.: Projektkontrolle 2. Nüchter, N.: Projektsteuerung 3. Helmke, S.; Uebel, M.F.: Eskalationsmanagement in Projekten nun

Projektkontrolle ist keine einfache Kontrolle. Es handelt sich eher um ein Projektcontrolling. Planabweichungen sind zu identifizieren, Lösungsansätze zu erarbeiten und die Umsetzung ist anzustoßen. Der Beitrag 4.1 zeigt die Vorgehensweise und die Instrumente in diesem Zusammenhang. Die Projektsteuerung (Beitrag 4.2) ist ein sehr sensibles Thema. Mit Hilfe unterschiedlichster Methoden können Änderungen des Projektplanes effizient erfasst und gesteuert werden. Erfolgsfaktoren der Projektsteuerung runden diesen Beitrag ab. In Projekten kommt es immer wieder zu Abweichungen, die das gesamte Projekt in Gefahr bringen. Mit Hilfe eines systematischen Eskalationsmanagements wird der Versuch unternommen, mögliche Abweichungen bereits frühzeitig zu erkennen und mit Hilfe von Instrumenten aus dem Change Management zu bearbeiten (Beitrag 4.3). Abschnitt V: Projektabschluss Endlich! Viele Projekte weisen gerade zum Abschluss hin hohe Belastungspotenziale auf, die dazu führen, dass die Projektmitarbeiter froh sind, dass das Projekt endlich zu Ende ist. Dabei wird oftmals vergessen, dass ein ordentlicher Projektabschluss zahlreiche Vorteile aufweist. Der Beitrag 5.1 Projektabschluss zeigt die wesentlichen Schritte für einen Projektabschluss auf.

Spezielle Aspekte des Projektmanagements Projektmanagement weist eine große Vielfalt auf, sodass sich zahlreiche Aspekte im Abschnitt VT:

Rahmen eines solchen Handbuches nur am Rande realisieren lassen. Daher soll dieses abschließende Kapitel einzelne Randaspekte darstellen, um so das weitere Spektrum des Projektmanagements anzudeuten.

1.

Überblick zum Buch / Ziel, Motivation und Adressaten

11

Abschnitt VI: Spezielle Aspekte des Projektmanagements_ 1. Sanden, H.: Die Rolle von Wissensmanagement in Projekten 2. Möller, T.; Wiebusch, J.: Internationale Projektarbeit 3. Bernecker, M.: EDV-Einsatz im Projektmanagement auf einen großen Erfahrungsschatz zurück. Dieses individuelle Wissen ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Projektmanagement. Der Beitrag 6.1 setzt sich mit unternehmerischem Wissensmanagement auseinander. Mit zunehmender Internationalisierung und Globalisierung steigt auch der Anteil der internationalen Projekte deutlich an. Der Beitrag 6.2 zeigt die Besonderheiten der internationalen Projektarbeit auf. Ohne technische Unterstützung ist ein effizientes Projektmanagement in der heutigen Zeit nicht mehr zu realisieren. Der Beitrag 6.3 zeigt, wie mit einer Standardapplikation (MS Project) Projekte geplant, gesteuert und dokumentiert werden können.

Erfolgreiche Projektmanager greifen

1.3

Zielgruppenorientierte Gliederung

Damit die Erarbeitung des umfangreichen Stoffes in der alltäglichen Praxis mit einem überschaubaren Zeiteinsatz realisierbar ist, empfehlen wir Ihnen, die einzelnen Abschnitte chronologisch je nach Wissenslevel zu erarbeiten. Die Zielgruppeneinordnung und die einzelnen Beiträge haben wir daher zu drei Leseprofilen

zusammengefügt. Level A: Erwerb von Wissenskompetenz_ I. Bernecker, M.: Herausforderung Projektmanagement_ II. Zell, H.: Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten Wicher, H.: Projektorganisation Eckrich, K.: Klämng der Ausgangslage: Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds Peters, H.: Projektmanagement-Handbuch_ III. Bundschuh, M.: Aufwandschätzung als Voraussetzung für die

Projektplanung Richartz, P.; Kurpicz, B.: Projektstrukturierung_ V. Bellut, J.: Projektabschluß_ VI. Nüchter, N.: Projektkontrolle

12

[.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Level B: Erwerb von Handlungskompetenz_ II. Helmke, J.: Lasten- und Pflichtenheft Bellut, L: Gestaltung des Kick-Off-Meetings III. Rameil, W.: Projektablaufplanung Nüchter, N.: Planung der Projektzielbereiche: Termine, Ressourcen, Qualität Sandt, J.: Projektbudgetierung_ IV. Nüchter, N.: Projektsteuerung Level C: Erwerb von Durchsetzungskompetenz_ I. Eckrich, K.: Ganzheitliches vernetztes Denken zur Lösung komplexer IL

PM-Probleme_ Eckrich, K.: Klärung der Ausgangslage: Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds Möller, T.: Projektmarketing Böck, R.; Reiff, G: Projektmanagement Entscheidung über -

Führungsinstrumente_ III. Schmetz, A.: Projektauslösung_ IV. Helmke, S.; Uebel, M.F.: Eskalationsmanagement in Projekten_ VI. Sanden, H.: Die Rolle von Wissensmanagement in Projekten Möller, T.; Wiebusch, J.: Internationale Projektarbeit

2.

2.

Komplexitätsbewältigung

Komplexitätsbewältigung von

Manfred Bundschuh Inhaltsverzeichnis 1.

2.

Komplexitätsbewältigung in Projekten Der Systembegriff 2.1 Systemdefinition nach Ulrich / Probst 2.2 Eigenschaften von Systemen 2.3 Evolution von Systemen

3.

Systemdenken 3.1 Vom Umgang mit komplexen Problemsituationen 3.1.1 Komplexitätsreduktion 3.1.2 Ordnung und Selbstorganisation 3.2 Komplexes Problemlöseverhalten 3.3 Komplexe Probleme / Systeme 3.3.1 Dynamik 3.3.2 Kritische Erfolgskriterien

4.

Der Kybernetische

5.

Literaturhinweis

Projekterfolgs-Regelkreis

13

14

[.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Autorenbeschreibung Math. Manfred Bundschuh, Jg. 1946, Senior Methodenplaner im IT-Ressort des AXA-Colonia Versicherungskonzerns in Köln, Lehrbeauftragter der Fachhochschule Köln (Fachbereich Informatik), Mitautor von sechs EDV-Fachbüchern und Vorstandsvorsitzender der DASMA e.V. (Deutschsprachiger Anwenderverband für Softwaremetriken und Aufwandschätzung).

Dipl.

2.

1.

Komplexitätsbewältigung

15

Komplexitätsbewältigung in Projekten

Wir verstehen es nicht, mit der Komplexität der Natur umzugehen, weil wir kurzsichtig in einfachen Kausalketten und nicht systemisch denken. Dies gilt es zu ändern! Voraussetzung für ein sinnvolles Umgehen mit Komplexität ist also, dass wir die Frage beantworten können: Welches ist die Ordnung des Systems, in das wir handelnd eingreifen wollen? Welchen Regeln folgt das Systemverhalten? Welche Regelmechanismen bestehen? Mit Hilfe des Systemdenkens wird man fähig, vorherzusagen, wie sich das System verhält, ganz gleich, ob es sich hierbei um ein Straßenverkehrssystem, ein Glaubenssystem, ein Verdauungssystem, ein Managementsystem oder eine MarketingCampagne handelt. Ein bewährtes Mittel zur Bewältigung komplexer Probleme ist das Projektmanagement. Wollen wir es auf komplexe Systeme anwenden, so bedarf auch das Projektmanagement eines Wandels. Bisher war das Projektmanagement mit einer kausallogischen Planungsstrategie behaftet, die bei der Anwendung auf komplexe Systeme zu Mißständen führt. Sie bedarf deshalb einer Ergänzung durch eine

kybernetische Strategie. Problemlösen, Komplexität, Projektmanagement, Systemdenken und Kybernetik stehen also im Fokus unserer Betrachtung. Kybernetik ist nach der Definition ihres Erfinders, Norbert Wiener, die Wissenschaft von der Regelung und Nachrichtenübertragung im Lebewesen und in der Maschine. Das Wort selbst kommt aus dem Griechischen und bedeutet Steuermannskunst. Kybernetik läßt sich als Wissenschaft vom Verhalten komplizierter (d. h. multikausaler und schlecht strukturierter) Systeme beschreiben, bei denen Rückkopplungs- (s.u.) und Informationsaustauschprozesse eine wesentliche Rolle

spielen. Dies kommt auch dem Paradigma der Selbstorganisation entgegen, da das Ziel des Regelungsaspekts ein möglichst homöostatisches Systemverhalten zu erzeugen die Selbstorganisation eines Projekts unterstützt. -

-

2.

Der

Systembegriff

Ein System ist eine Entität, die ihre Existenz und Funktion als ein Ganzes, durch die Interaktion ihrer Teile erhält. Eine Sammlung von Teilen, die nicht miteinander verbunden sind, nennt man nicht System, sondern Haufen. Wenn man die Muster

I.

16

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

betrachtet, die die Teile miteinander verbinden, ergibt sich eine bemerkenswerte Tatsache: Systeme, die aus völlig unterschiedlichen Teilen bestehen, mit völlig verschiedenen Funktionen, folgen den gleichen generellen Gesetzen der Organisation. Ihr Verhalten hängt mehr davon ab, wie die Teile miteinander verbunden sind, als davon, was die Teile sind. Systeme können einfach sein, wie ein Heizungsthermostat oder sehr komplex, wie das Wettersystem. Systeme können ihre Größe ändern, der Mensch wächst, ein Unternehmen expandiert oder steigt auf "lean"-Methoden um, aber es gibt eine Grenze für das Wachstum von Systemen. 2.1

Systemdefinition nach Ulrich / Probst

"Ein System ist ein aus Teilen bestehendes Ganzes." "Ein System ist ein dynamisches Ganzes, das als solches bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen besitzt. Es besteht aus Teilen, die so miteinander verknüpft sind, dass kein Teil unabhängig ist von anderen Teilen und das Verhalten des Ganzen beeinflußt wird vom Zusammenwirken aller Teile." Merksätze zu Systemen: Systeme sind dynamische Ganzheiten, die aus Teilen bestehen, die miteinander verknüpft sind und aufeinander einwirken. Das Verhalten eines Systems entsteht aus dem Zusammenwirken seiner Teile. Die Eigenschaften eines Systems sind nicht bloß die Summe der Eigenschaften seiner Teile. Was wir als System und was als Teil betrachten, hängt von unserer Wahrnehmung ab. Durch bewußtes Wechseln der Betrachtungsebene können wir ein System analysieren oder in ein größeres Ganzes integrieren. Systeme sind offen gegenüber ihrer Umwelt und stehen mit dieser in Wechsel-

wirkung. Aus Menschen bestehende, soziale Systeme sind sowohl in eine natürliche wie auch in eine gesellschaftliche oder kulturelle Umwelt eingebettet.

"Gleichgerichtete Wirkungen führen zu einem «Aufschaukeln» oder «Abschaukeln» unseres Zweiersystems: Beide Elemente verstärken sich im Zeitablauf wechselseitig immer in derselben Richtung, es findet also «Wachstum» statt. Ein solcher Regelkreis wird als positiver Regelkreis bezeichnet. Sind die beiden Wirkungen jedoch entgegengerichtet, so bewirkt eine Verstärkung in der einen Richtung eine

2.

Komplexitätsbewältigung

17

Abschwächung in der anderen Richtung. In diesem Fall sprechen wir von einem negativen Regelkreis. Er bewirkt, dass «die Bäume nicht in den Himmel wachsen», sondern im Gegenteil ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Zunahme und Abnahme eintritt." 2.2

Eigenschaften von Systemen

O'Connor stellt die herausragenden Eigenschaften von Systemen in einer Tabelle wie folgt gegenüber: Wenn man ein System allein betrachtet, findet man seine essentiellen Eigenschaften nicht. Diese tauchen erst auf, wenn ein System arbeitet, sogenannte emergente Eigenschaften. Das Schöne an emergenten Eigenschaften ist, dass man nicht verstehen muß, wozu das System dient. Durch Analyse wird etwas aufgeteilt, um herauszufinden, wie es arbeitet. Man gewinnt Wissen durch Analyse. Das Komplement von Analyse ist Synthese Teile zu einem Ganzen zusammenbauen. Man gewinnt Verständnis durch Synthese. Ein System erhält sich selber durch die Interaktion seiner Teile aufrecht, deshalb ist die Beziehung und der gegenseitige Einfluß zwischen den Bestandteilen wichtig, nicht die Anzahl oder Größe der Teile. -

System Miteinander verbundene Teile, die als Ganzes funktionieren._ Verändert sich, wenn man Teile hinzufügt oder wegnimmt. Ein System in zwei Teile zu schneiden, heißt nicht, zwei kleinere Systeme zu bekommen, sondern ein defektes System ohne Funktion. Die Anordnung der Teile ist wichtig. Die Teile sind verbunden und arbeiten zusammen.

Haufen Eine Sammlung von Teilen Essentielle

Eigenschaften bleiben unverändert, ob man Teile hinzufügt oder wegnimmt. Wenn man einen Haufen zweiteilt bekommt kleinere Haufen.

man

zwei

Die Anordnung der Teile ist unwichtig. Die Teile sind nicht miteinander verbunden und können separat funktionieren.

Sein Verhalten hängt von der Struktur ab, eine Änderung der Struktur führt zu einem anderen Verhalten.

Abb. 1:

Sein Verhalten (falls vorhanden) hängt von der Größe ab oder der Anzahl der Teile im Haufen.

Systemeigenschaften nach O'Connor

18

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Bewußtsein Druck Flammen Gesundheit und Wohlsein

Computergrafik

Kultur Leben Musik

Lachen

Schmerz Teammoral Tomados

Whirlpools Abb. 2:

Erinnerungen Gefühle

Hunger

Magic Eye Grafiken Regenbogen Softwarefehler

Temperatur Träume Wolken

Emergente Eigenschaften von Systemen

Die folgende Sammlung von Eigenschaften von Systemen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. 1.1 In der Welt der Systeme heißt es, dass größer nicht besser bedeutet, sondern eher schlechter. Jedes System hat eine optimale Größe jenseits davon zerreibt es sich bis zum Stillstand. Wenn Systeme größer werden, ist es sinnvoll, sie in kleinere zu teilen und eine höhere Instanz zu bilden, welche die unteren

managt. 1.2

1.3

1.4

1.5

Stellen Sie sich hundert leicht unterschiedliche Bilder von Mickey Mouse vor. Nicht sehr interessant. Aber spielen Sie sie sehr schnell hintereinander ab, so scheint Mickey Mouse sich zu bewegen. Man hat einen Cartoon und nicht eine Anzahl von Bildern. Wenn die Bilder eine langsame Änderung zeigen, dann ist die Bewegung ebenfalls langsam, das ist eine emergente Eigenschaft. Sich ergebende Eigenschaften sind unvorhersehbar, normalerweise plötzlich und oft überraschend. Die Eigenschaften des ganzen Systems erscheinen überraschend und unvorhersagbar. Zum Beispiel nimmt man zwei Augen zusammen, sieht man nicht doppelt so gut, sondern erhält eine dreidimensionale Sichtweise. Zwei Ohren zusammen befähigen nicht zum doppelt so guten Hören, sondern die Fähigkeit in Stereo zu hören. Wenn man die Spektral-Farben zusammenfügt bekommt man kein schmutziges Braun, sondern weißes Licht. Die zweite kritische Eigenschaft des Systems ist genau umgekehrt wie die erste. Wenn man ein System halbiert, bekommt man nicht zwei kleine Systeme, sondern normalerweise ein zerstörtes oder totes System. Kein Teil des Systems ist unabhängig von den anderen, sie interagieren. Ihre Verbindung gibt ihnen die Kraft, das ganze System zu beeinflussen.

2.

Komplexitätsbewältigung

19

Dies

bringt eine interessante Regel von beeinflussenden Systemen hervor, partikuläre Gruppen. Je mehr Verbindungen man hat, um so mehr existieren mögliche Einflüsse. Die Forschung ergab, dass erfolgreiche Manager viermal mehr Zeit mit Networking verbringen, als ihre weniger erfolgreichen Kollegen.

1.7

1.8

2.3

Verschiedene Teile können ebenfalls kombiniert werden, um das Ganze zu beeinflussen. Gruppen formen Allianzen, die zur Meinungsverschiedenheit in der Regierung, in Organisationen und Teams führen. Wenn sich der Druck für Veränderung in einem System aufbaut, kann es plötzlich wie ein Ballon platzen. Es gibt eine Schwelle, an der ein System sich plötzlich ändert oder zusammenbricht. Falls das System unter einigem Druck steht, braucht es nur einen kleinen Auslöser. Je mehr man sich gestreßt fühlt, um so weniger Provokation ist nötig, um jemand aus der Ruhe zu bringen. Evolution

von

Systemen

ist damit etwas, das von niemand anderem gemacht oder realisiert werden kann als dem System selbst. Entwicklung ist ein Resultat und Phänomen des Systems selbst. Entwicklung kommt nur im sich selbstorganisierenden Systemen vor. Maschinen werden weitgehend von Außen gestaltet und geregelt, und bei ihnen kann nur in einem sehr beschränkten Rahmen von Lernen gesprochen werden. Biologische Systeme dagegen passen sich selbsttätig an und sind selbstor-

"Entwicklung

ganisierend. Soziale Systeme sind mehrstufig selbstorganisierende Systeme und in höchstem Maße entwicklungsfähig. Sie lernen nicht nur, weniger verletzlich zu werden, sondern finden häufig immer schneller neuartige Wege und Lösungen, stellen ihre Handlungen und Funktionen in Frage usw. Entwicklung erfordert daher nicht einfach einen Veränderungsprozess im Sinne eines Versuch-Irrtum-Prozesses. Häufig wird aber in sozialen Systemen genau das Gegenteil vorgekehrt oder auf Umweltveränderungen sehr einseitig reagiert. Gerade in turbulenten Zeiten werden dann etwa Konflikte unterdrückt, Innovationen ausgeschlossen, Veränderungen vermieden, Wahlmöglichkeiten verhindert, Probleme negiert oder verniedlicht usw. Damit wird Entwicklung verhindert. Negativ ausgedrückt fehlt in sozialen Institutionen die Entwicklungsfähigkeit, wenn

sehr eingeengte, eindimensionale Wahrnehmungen vorherrschen (Ideologien, Zielsetzungen, Wertstrukturen )

I.

20

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

«

positive Wechselwirkungen zu einem unabwendbaren Aufschaukeln oder einem Abschaukeln führen ( «Mehr desselben» als Lösungsansatz ) Risiken vermieden, Konflikte unterdrückt, Probleme verschwiegen werden Probleme außerhalb des Systems lokalisiert werden ( Markt- oder Struktur problem als Ausrede; Sündenbocktheorie ) Wahlmöglichkeiten ausgeschlossen und Veränderungen vermieden werden."

"...ob ein Problem einfach oder schwierig zu lösen ist, hängt von unserem Wissen über die Situation ab." "Es gibt auch Situationen, in denen es unmöglich ist, alles für einen mit Sicherheit «richtigen» Entscheid notwendige Wissen zu beschaffen, auch wenn wir uns noch so sehr bemühen. Es sind dies, wie wir bereits gesehen haben, komplexe Situationen." 3.

Systemdenken

Zu Beginn dieser Begriffserklärung sollte man sich die folgende Frage stellen: Warum ist Systemdenken so wichtig? Die Antwort ist relativ einfach: Weil man selber ein System ist, das in einer Welt von Systemen lebt. überraschend einfach sein Durch Systemdenken stellt man fest, dass können, wenn man die richtigen Verbindungen identifiziert. Das funktioniert wie die Hebelkraft. Eine kleine Anstrengung kann ein riesiges Ergebnis hervorrufen, das nicht herauskommt, wenn man in einfachen Strukturen und Wirkungsverhältnissen denkt. Die Idee der Hebelkraft umgesetzt auf Systemebene heißt: Anstatt Kraft mit direktem Ziehen oder Drücken zu verschwenden, die das System und einen selbst erschöpft, sollte man sich die Verbindungen ansehen, die den Teil, den man ändern will, an seinem Platz halten. Diese zu trennen oder zu schwächen, kann die

Änderungen

Veränderung kens. Durch

einfach machen. Diese Idee ist ein

Schlüsselprinzip

des

Systemden-

Verbindungen zwischen den Teilen eines Systems vergrößert sich dessen Komplexität und durch Hinzufügen eines neuen Teils können viele neue Verbindungen entstehen. Das Schachspiel mit seiner Strategie, gehört in den Bereich der dynamischen Komplexität, weil durch jeden Zug das ganze Brett verändert wird, jeder Zug verändert die Beziehungen zwischen den Figuren. Schachgroßmeister wie Kasparow denken deshalb einige Züge im Voraus, welche mögliche(n) Folge(n) ihr nächster Zug haben könnte. Komplexe Systeme sind durch viele Glieder miteinander verbunden, deshalb sind neue

2.

Komplexitätsbewältigung

21

sie ziemlich stabil. Diese Stabilität ist der positive Aspekt und das hat (natürlich) seinen Preis. Der Preis dafür ist, dass es sehr schwer ist, solch ein System zu ändern. 3.1

Vom

Umgang mit komplexen Problemsituationen

Viel mehr Problemsituationen als uns bewußt ist sind hochkomplexe Situationen. Sehr oft verdrängen wir diesen Tatbestand, weil die Anerkennung der Komplexität so unbequem ist und uns unsicher macht. Sehr oft «tun wir so als ob» es sich eigentlich um eine einfache Situation handeln würde, die wir doch als logische Denker gedanklich voll beherrschen können sollten. Das "normale" Vorgehen bei der Bewältigung von komplexen Systemen sieht wie

folgt aus: "Wir machen zuerst ein Modell, mit der Absicht, dieses dann zu «verfeinem». Unausgesprochen steht die Vorstellung dahinter, dass sich die komplexe Wirklichkeit «im Prinzip» gleich verhalte wie unser einfaches Modell, eben nur etwas komplizierter sei. Aber genau diese Annahme ist falsch!" "Durch den Versuch, das System vollständig zu beherrschen, sein Verhalten gemäß unseren Plänen genau zu bestimmen, töten wir das System!" "Ökologische und soziale Systeme sind also notwendigerweise nicht-triviale, komplexe Systeme. Nur wenn wir diesen Tatbestand anerkennen, können wir lernen, gedanklich und faktisch vernünftig mit ihnen umzugehen. Dies bedeutet in erster Linie, dass wir es aufgeben, genaue Prognosen über den Zustand solcher Systeme in einem zukünftigen Zeitpunkt X machen zu wollen, und dass wir auch die Illusion aufgeben, ein solches System vollständig unter Kontrolle halten zu können. Das heißt, dass wir den Glauben aufgeben, alles sei nach unserem Willen machbar, wenn wir uns nur genug Mühe geben. Wir müssen also lernen, mit Komplexität von Natur und Gesellschaft zu leben." "Wir können durch geeignete Maßnahmen nämlich die Komplexität des Systems vergrößern oder verkleinem. Dies hängt damit zusammen, dass komplexe Systeme zwar zahllose Verhaltensmöglichkeiten haben, aber doch nicht einfach regellos funktionieren." Aber diese Vereinfachungsstrategie ist nur selten erfolgreich, weil sich die Wirklichkeit davon nicht beeinflussen läßt. Meist lösen wir dann gedanklich exakt nur ein Problem, das sich so gar nicht stellt. Auch die Vorstellung, das wir zuerst ein ganz einfaches Modell entwickeln und mit seiner Hilfe das Problem «grundsätzlich» oder «theoretisch» lösen und dann durch Hinzufügen von einigen zusätzlichen Schikanen die erforderliche «Wirklichkeitsnähe» erreichen könnten, ist irreführend.

22

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Nichttriviale

Systeme haben eine von trivialen Systemen völlig verschiedene Charakteristik, es handelt sich um etwas qualitativ anderes ( vgl. Abb. 3 )." "Unsere Fähigkeit, komplexe Situationen zu erfassen und dann erfolgreich zu handeln, ist nicht sehr gut entwickelt. Viele Experimente zeigen, das auch sehr intelligente Menschen rasch überfordert sind, wenn Entscheidunge getroffen werden müssen, die einen Eingriff in ein vemetztes, dynamisches System bedeuten. Immer wieder kommt es vor, das scheinbar auf der Hand liegende, logisch abgeleitete Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg führen, sondern ganz andere als die erwünschten Wirkungen erzeugen. Oft ist es auch so, dass der unmittelbar angestrebte Effekt zwar eintritt, dass aber gleichzeitig oder anschließend unerwartete und unerwünschte sogenannte «Nebenwirkungen» entstehen, die dann mit weiteren Eingriffen wieder beseitigt werden müssen, die dann wiederum unerwünschte «Nebenwirkungen» erzeugen und so fort. Dieses mangelhafte Problemlösen ist vor allem darauf zurückzuführen, dass wir gewohnt sind, in kurzen linearen Wirkungsketten zu denken und nicht in zirkulären

Netzwerken. Damit konstruieren wir uns bereits ein Bild der Situation, das den realen Gegebenheiten nicht angepaßt ist; ein noch so großer Aufwand an exakter logischer Analyse dieses unpassenden Modells kann dann nicht zu wirklich erfolgreichen Handlungsanleitungen führen. Eine Problemlösungsmethodik, die zu einem erfolgreichen Handeln in komplexen Situationen führen soll, muss daher schon im Ansatz von anderen Annahmen über die Charakteristik der Realität ausgehen." Einfache Situation

Charakteristik

wenige, gleichartige wenig Verhaltensmöglich-

Elemente starke Vernetztheit viele verschiedene Ver-

keiten der Elemente

haltensmöglichkeiten

determinierte, stabile

der Elemente viele veränderliche Wir-

Wirkungsverläufe

kungsverläufe

Elemente gering Vernetztheit

Abb. 3: 3.1.1

Komplexe Situation viele, verschiedene

Einfache und komplexe Problemsituationen im Überblick

Komplexitätsreduktion

"Betrachten wir die Unternehmung als ein solches komplexes soziales System, so sehen wir, dass zahlreiche Instrumente der Untemehmungsführung nichts anderes

2.

Komplexitätsbewältigung

Einfache Situation

Erfassbarkeit

vollständig analysierbar quantifizierbar Verhalten prognostizierbar

Geeigneter Modellierungsansatz geeignete

Denkweise

=

analytisch erklärbar

=

Sicherheit erreichbar

Vorbild: «Maschine» Systemtyp: Triviales

System Kausalanalytisches

23

Komplexe Situation beschränkt analysierbar beschränkt quantifizierbar Verhaltensmuster erkennbar synthetisch verstehbar Unsicherheit reduzierbar Vorbild: «Ökosystem» Systemtyp: Nicht-triviales System Ganzheitliches Denken =

=

Denken

Geeignete Problemlösungs-Methoden

«Exakte, quantitative

«Unexakte, qualitative

Methoden»

faktische beeinflußbarkeit

Algorithmen

Methoden» Heuristiken beschränkt gestaltbar beschränkt lenkbar «kultivierbar»

konstruierbar beherrschbar mit «Restrisiko»

Regeln darstellen, die das Verhalten der Unternehmung auf gewollte Vorzugszustände hin kanalisieren sollen. Es sind dies z. B. Organisationspläne, die für wichtige Vorgänge ein bestimmtes Beziehungsgefüge festlegen, oder Fühlungsrichtlinien, die Regeln für den Umgang von Vorgesetzten mit Mitarbeitern enthalten. Der Erlaß solcher Regeln wirkt ordnungsbildend und reduziert die ohne diese Regeln bestehende Komplexität. Allerdings: Wenn wir mit solchen bewußt geplanten Regelungen die Komplexität zu sehr reduzieren, beeinträchtigen wir die Lebensfähigkeit des Systems. In einem detaillierten Regelnetz gefangen, kann die Unternehmung sich nicht mehr spontan als solche

anderen Umständen anpassen, sie verliert die zum Leben in einer veränderlichen Umwelt notwendige Flexibilität. Diese Überreglementierung ist als Bürokratisierung wohlbekannt: Die Unternehmung schaltet auf stur, indem sie auch unter veränderten Verhältnissen unbeirrt den einmal etablierten Regeln folgt. Komplexitätsbewältigung bedeutet daher nicht in jedem Fall Komplexitätsreduktion, sondern kann, je nach Situation auch Komplexitätserhöhung bedeuten. Komplexitätsreduzierende Maßnahmen sind richtig, wenn es um die rationelle und

24

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

sichere Erreichung bekannter Ziele auf bekannten Wegen geht, aber falsch, wenn es darum geht, nach neuen Zielen und Wegen zu suchen. Was uns noch nicht bekannt ist, können wir auch nicht vernünftig regeln! Wenn unsere Unternehmung dringend neue Produkte braucht oder nach neuen, rationelleren Verfahren sucht, wenn sie sich in Zukunft schneller an rasche, konkret nicht voraussehbare Änderungen in ihrer Umwelt anpassen können sollte, dann tun wir gut daran zu untersuchen, ob das bestehende Netzwerk nicht gerade solche Innovationen oder rasche Verhaltensänderungen verhindert, und ob sich durch Abbau von Regelungen, also durch Komplexitätserhöhung, nicht ein größerer Freiheitsraum des Verhaltens schaffen lässt. In Bezug auf Systeme, die wir beeinflussen können, besteht also ein sinnvolles, zweckgerichtetes Umgehen mit Komplexität in einem Wechselspiel von Komplexitätsreduktion und Komplexitätserhöhung. Aber gerade dieses Beispiel zeigt auch: Ist die Regelungsdichte zu groß, so bricht der Verkehr ebenfalls zusammen." Merksätze: Komplexität ist die Fähigkeit eines Systems, in kurzen Zeiträumen eine große Zahl von verschiedenen Zuständen annehmen zu können. Maschinen sind nichtkomplexe, «triviale» Systeme, deren Verhalten vorausbestimmt und voraussagbar ist. Ökologische und soziale Systeme sind komplexe, «nicht-triviale» Systeme, deren konkretes Verhalten zu bestimmten Zeitpunkten nicht voraussagbar ist. Komplexe Systeme weisen Regelungsmechanismen auf, welche erkennbare Verhaltensmuster des Systems ergeben. Lebensfähigkeit eines Systems in einer dynamischen Umwelt setzt Komplexität voraus. Die Beeinflussung «

komplexer Systeme erfolgt durch Änderung der Regeln zur Erzeugung gewollter Verhaltensmuster. Die Kenntnis der Regelungsmechanismen ist Voraussetzung für ein rationales Beeinflussen des Systemverhaltens. Komplexitätsbewältigung umfaßt Maßnahmen sowohl der Komplexitätsreduktion wie auch der Komplexitätserhöhung.

"Ganz bestimmte Zustände sind also nicht voraussagbar. Trotzdem sind wir meist nicht vollkommen hilflos. Die Welt der Systeme ist nicht einfach von einer monströsen Komplexität. Dies hängt damit zusammen, dass nicht alles mit allem verbunden ist, sondern «nur » vieles mit vielem."

2.

3.1.2

Komplexitätsbewältigung

25

Ordnung und Selbstorganisation

Komplexe Systeme weisen jedoch Ordnung auf, wenn wir aus dem Zusammenspiel Struktur und Verhalten ein Muster erfahren können. Strukturen erlauben oder verhindern Verhalten, und Verhalten führt wiederum zu Strukturen, oder besser zur Bewahrung oder Entwicklung von Strukturen. Durch ein Ordnungsmuster wird Freiheit eingeschränkt." "Ordnung entsteht aus dem System selbst heraus, sie wird ihm nicht einfach gegeben." Selbstähnlichkeit: "Wir sehen, dass jeder Baum Wurzeln, Stamm, Äste hat; wir erkennen, das die Form grundsätzlich ähnlich ist; wir stellen fest, dass gewisse Stadien zyklisch wiederkehren usw." "Ordnung bewältigt Komplexität. Es ist daher eine wesentliche Aufgabe in sozialen Systemen, gestaltend Ordnung zu schaffen und lenkend Ordnung aufrecht zu halten. Dies geschieht einerseits auf der materiellen Ebene durch das Entwerfen, Evaluieren und Implementieren von Organisationsmitteln wie Organigrammen, Stellenbeschreibungen, Vorschriften usw. Ordnung ist jedoch komplementär auch auf der symbolischen Ebene gestaltend und lenkend zu schaffen und «unter Kontrolle zu halten». Merksätze: Komplexe natürliche Systeme halten sich durch eine Vielzahl von miteinander verknüpften Regelkreisen selbst unter Kontrolle. Komplexe soziale Systeme sind auf die Einhaltung menschlicher Normen und die Einflüsse von Zwecken gerichtet und können von Menschen bewußt gestaltet und gelenkt werden. In komplexen Systemen kann die Lenknangsfunktion nicht bei einem Element konzentriert werden, sondern sie ist über das System verteilt. von

3.2

Komplexes Problemlöseverhalten

Da Projekte zum Lösen komplexer Probleme durchgeführt werden, lohnt sich ein Blick auf das menschliche Verhalten beim Lösen komplexer Probleme. Ein interessantes Experiment beschreibt Brehmer mit der Mikroweit NEWFIRE, einer Waldbrand-Simulation, bei der die Problemloser Maßnahmen zur Bekämpfung des Feuers ergreifen mußten. "Das Experiment zeigte, dass Problemloser, denen vor der Simulation besonders Kostenbewußtsein nahegelegt wurde, schlechter komplexe Situationen meisterten (sie verloren mehr Wald und verbrauchten

26

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

mehr Hilfsmittel zum Löschen des Feuers), als die Problemloser, von denen keine Kostenbewußtheit gefordert wurde. Die Problemloser, denen besonders Kostenbewußtsein nahegelegt wurde, verloren oft sogar ganz die Kontrolle über die Situation (weil sie anfangs wegen der Kostenersparnis weniger Löschtrupps einsetzten) und verursachten mehr Kosten als die anderen, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen (weil sie in der Folge mehr Einsatzmittel (Ressourcen) benötigten). Paradoxerweise war das die Folge ihrer Versuche, Kosten zu sparen." Daraus kann der Schluß gezogen werden, dass die Einhaltung von Regeln oft den Handlungsspielraum des Projektleiters einengt. Ein geflügeltes Wort unter Projektleitern ist deshalb: Wenn du ein Projekt erfolgreich abgeschlossen hast, mußt du gegen mindestens eine Vorschrift verstoßen haben. Es ist auch unter dem Schlagwort "Erfolg durch Regelwidrigkeit" bekannt. Die Ergebnisse dieser Studien von Brehmer zeigten zwei allgemeine Verhaltensmuster der Problemloser, die es ihnen erschweren, mit komplexen Situationen

umzugehen: 1. die Tendenz, davon auszugehen, dass alle Informationen den aktuellen Zustand des Systems betreffen. Das führt dazu, Verzögerungen von feedbacks zu ignorieren und führt zu Änderungen, besonders mit exponentiellen Änderungen der Auswirkungen. 2. das Versagen, sich in das System hineinzudenken. Das führt zu Problemen mit Nebeneffekten und Zielkonflikten.

Abb. 4: Verhaltensmuster von Problemlosem "Beides führt zu Überraschungen für die Problemloser, weil ihre Entscheidungen nicht den erwarteten Effekt haben und außerdem noch Nebeneffekte auftreten." Resultat dieser Verhaltensweisen ist ihr Versagen, ein adäquates Modell des Systems zu entwickeln. Wenn ein Problemloser solchermaßen die Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand gibt, bleibt ihm nur noch die Möglichkeit der Reaktion auf unmittelbares Verhalten (feedback) des komplexen Systems im Sinne des kybernetischen Projektmanagement-Regelkreises, anstelle einer Antizipation der Probleme durch vorausschauende Aktion (feed foreward). Er ist dann nicht mehr "vor Überraschungen sicher". Deshalb ist eine der erfolgsrelevanten Aufgaben des Projektleiters, dafür zu sorgen, dass im Projektverlauf möglichst keine Überraschungen auftreten können. Problemloser, die besonders schlecht in Dörner's Mikrowelt-Simulationen LOHHAUSEN (Dömer et al.) abschnitten, zeigten vor allem zwei spezielle Gruppen von Verhaltensmustem (siehe Abb. 4), die zum Mißerfolg führten. Dörner stellte die

2.

Komplexitätsbewältigung

27

Hypothese auf, dass diese Problemloser bei Eintreten von Mißerfolgen durch diese Verhaltensweisen ihr Selbstvertrauen zu retten versuchten. Laut Brehmer zeigen dessen Experimente allerdings, dass diese Fehlverhaltensweisen eher Vorläufer von Mißerfolgen als deren Folge sind und demnach bereits vor Eintreten von Mißerfolgen beobachtet werden können. A. Versagen, eine adäquate Zielstruktur zu finden 1. thematisches Vagabundieren (d.h. Gleiten zum nächsten Teilziel, wenn das angestrebte Ziel nicht erreicht wurde) 2. Festhalten an einem einzigen Ziel B. Nichtbeachten/Zurückweisen vorhandener Erfahrungen 3. Entscheidungen verweigern/verzögern 4. ungenügende Delegation 5. Sündenböcke suchen

Abb. 5:

Vorläufer von Mißerfolgen

Diese 5 Vorläufer von Mißerfolgen im Verhalten von Problemlosem können natürlich besonders klar (mit angemessener Ruhe und entsprechendem zeitlichen Abstand) nach festgestelltem Mißerfolg erkannt werden dann ist es allerdings zu spät für rettende Maßnahmen. Mit dem Wissen darüber kann ein entsprechendes Frühwarnsystem zur Erkennung des Auftretens dieser Verhaltensweisen helfen, antizipierende Maßnahmen bzw. Schritte zu einer Projektsanierung zu ergreifen. Insbesondere das Nichtbeachten/Zurückweisen vorhandener Erfahrungen (B. aus Abb. 4) ist auch an dem Beispiel der Aufwandschätzung von Projekten hinsichtlich des Tooleinsatzes beobachtet worden: "In einer überraschenden Anzahl von Fällen wurden akkurate Schätzungen, die mit solchen Tools erstellt wurden, von erfahrenen älteren Mitarbeitern zurückgewiesen mit der Begründung, dass die Projektdauer zu lang sei'." Durch solche (Fehl-)Verhaltensweisen wird der Projekterfolg oft leichtsinnig verschenkt. Deshalb ist es für den Projektleiter wichtig, sich selbst kritisch zu hinterfragen und von seinen Vorurteilen Abstand zu nehmen. Das ist eine der typischen Eigenschaften eines guten Problemlösers und auch Projektleiters. Auch die anderen von Bernd Weber zusammengestellten Fähigkeiten eines guten Problemlösers gelten uneingeschränkt auch für gute Projektleiter: -

I.

28

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

"Ein guter Problemloser kann kritisch mit sich selbst und dem ...



fähig



3.3

zur

bisherigen Projektverlauf umgehen.

Er ist

Selbstreflexion.

die Betrachtungseben wechseln und das Projekt ganzheitlich betrachten. mit wenig externen Informationen auskommen, da er selbst Experte ist oder aber Betroffene und Experten in sein Team integriert hat. aus der Vielfalt der Informationen die wesentlichen und notwendigen auswählen. Er ist fähig, komplexe Sachverhalte komprimiert zu betrachten. die Ziele klar formulieren. Er verfügt über kommunikative Fähigkeiten, die es ihm erlauben, Ziele auch für andere verständlich darzustellen. strukturiert vorgehen und konsequent Entscheidungen treffen. Er verfügt über logisches Denkvermögen und Übersicht, um Zusammenhänge zu erkennen und Informationen richtig einzuordnen. Probleme bis zur Lösung bearbeiten. Er kann einmal erworbenes Wissen auch in neuen Situationen verwerten."

Komplexe Probleme / Systeme

Hier handelt es sich um die Wahrnehmung der Welt der materiellen Dinge. Diese war schon immer sehr komplex, wenn das auch erst wegen der "Dynaxity" der heutigen Zeit besonders bewußt wird. Zuerst werden deshalb in diesem Abschnitt im Unterschied zur Kompliziertheit (System mit vielen Bestandteilen, Verknüpfungen und Verbindungen, siehe Fischer/Bundschuh, S. 45) die Komplexität und danach die Dynamik komplexer Systeme behandelt. "Was macht ein System komplex? Bei den Forschem in diesem Gebiet herrscht

einige Übereinstimmung darüber, dass Systeme, die Menschen komplex erscheinen, drei verschiedene Eigenschaften haben: viele vernetzte Teilsysteme, Dynamik und Intransparenz." Die folgende Abb. 6 zeigt diese Charakteristiken komplexer Systeme im Überblick. Sie wurde anhand des Textes von Bemdt Brehmer zusammengestellt.

2.

29

Komplexitätsbewältigung

Komplexität

1

Dynamik

Charakteristiken: viele vernetzte

Intransparenz betreffend

Subsysteme

Änderungen fuhren automa-

-Entscheidungen müssen real tisch zu Änderungen in ande- time erfolgen —> Streß ren Subsystemen -Entscheidungen müssen erfolgen, wenn das System sie (Nebeneffekte) -Potentzial für "normale benötigt, nicht wenn der

derzeitiger

welche Effekte

Zustand

bewirken im

was

System

Problemloser fit dafür ist

Unfälle"

-Berücksichtigen aller Zeitskalen und -horizonte

Lösungsansätze: -Verstehen ihrer Struktur -Verstehen ihrer FeedbackStruktur liefern

(oder

-gegenläufige Prozesse in Gang setzen

-Subsysteme behandeln

-Suche nach Indikatoren, die Informationen -Lernen mit

adäquaten

Hypothesen über das System

Vernetzung) -ggf. Ziele wechseln Abb. 6: Charakteristiken 3.3.1

komplexer Systeme

Dynamik

Begriff 'Dynamik' hat dieselbe Bedeutung wie in der Physik: Ein dynamisches System ist ein System mit Gedächtnis. Es 'erinnert', was wir ihm angetan haben, und verhält sich dementsprechend. Speziell ist ein dynamisches System ein System, dessen Zustand sich ändert, sowohl autonom und auch als Konsequenz des"Der

ein Entscheider ihm angetan hat. Wie auch immer, der dynamische Charakter einer komplexen Aufgabe bedeutet auch, dass die Zeit eine wichtige Rolle spielt. So müssen in dynamischen Aufgaben Entscheidungen real time gefällt werden. D. h. der (die) Entscheider(in) muß seine (ihre) Entscheidung treffen, wenn der Zustand der Aufgabe das von ihm (ihr) erfordert, und nicht, wenn er (sie) sich gut fühlt und bereit dazu ist die Entscheidung zu treffen. Als Konsequenz stressen dynamische Aufgaben natürlich den Entscheider: Er mag nur geringe Kontrolle über seine Arbeitssituation haben. sen,

was

I.

30

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Eine zweite Konsequenz dieser real time Charakteristik dynamischer Aufgaben dass es wichtig wird, die Zeitskalen der Aufgabe zu berücksichtigen." 3.3.2 Kritische

ist,

Erfolgskriterien

Das erfordert ein kontinuierliches Monitoring des Verhaltens der Projektumgebung sowie ein kontinuierliches Tracking der kritischen Projekterfolgskriterien, und zwar nicht nur zu einzelnen Phasenschnitten oder Meilensteinen. Das sind kritische Erfolgskriterien, da das Verhalten komplexer Systeme nur durch kontinuierliche Messungen kritischer Parameter erfaßt werden kann. In kritischen Situationen ändern sich die Meßwerte bei komplexen Systemen um mehrere Zehnerpotenzen und geraten in dynamische Fluktuationen (Chaos), nach denen sich wieder Gleichgewicht (durch Attraktoren) auf höherer oder tieferer Stufe (Erfolg oder Mißerfolg) einstellt. Diese Effekte sind aus Katastrophentheorie (Singularitäten, Bifurkation, Instabilität in ordnenden Sprüngen), Evolutionstheorie (Prinzip der evolutionären Höherordnung) und Synergetik (Hermann Haken, Hyperzyklus) sowie Chaostheorie (Fluktuationen, Attraktoren, Schmetterlingseffekt) bekannt. In der Praxis stößt dieses Wissen über komplexe Systeme häufig auf Unverständnis und führt dazu, dass Projektleiter immer wieder Überraschungen erleben. Um komplexe Systeme, wie z.B. Projekte, zu steuern, kann man sich des folgenden Modells bedienen, das anhand des Textes von Bemdt Brehmer zusammengestellt wurde: Fischer/Bundschuh empfehlen Bewältigung der Komplexität in Projekten neben den in Abb. 7 angegebenen Techniken bzw. Methoden (Modellanalyse und Simulation) die folgenden: Einflußmatrix Kreativitätstechniken

Modellanalyse -

Simulation Szenario-Methode

2.

statisch:

dynamisch:

31

Komplexitätsbewältigung

Im Einfluß des Entscheiders:

Im Einfluß des Systems:

Strukturiertheit:

Transparenz:

Es muß ein Ziel geben feststellbar sein. Es muß ein Modell des

Der Zustand des

Systems muß

Beobachtung

Der Zustand des

Systems muß

Simulation

_Systems geben._änderbar sein_ Wie entwickeln wir Ziele und Modelle ?

Abb. 7:

Wie analysieren wir das Verhalten von Systemen ?

Voraussetzungen für die Steuerung komplexer Systeme

Modellbildungen sind a priori Simplifizierungen, erfassen häufig nur Teilaspekte und übersehen manchmal Nebeneffekte und Femwirkungen. Sie geben nur grobe Anhaltspunkte, damit aber wertvolle Hilfen im Problemlösungsprozeß. Noch schwerwiegender ist, dass in der Praxis kaum Methoden zur Problemlösung bekannt sind, und wenn sie bekannt sind, werden sie häufig nicht eingesetzt. Eine Möglichkeit bietet das Systemdenken der Kybernetik. 4.

Der

kybernetische Projekterfolgs-Regelkreis

kybernetischer Sicht sind bei der Betrachtung komplexer Systeme der System, Informations- und Regelungsaspekt von Bedeutung. Beim Systemaspekt interessiert nicht das statische System, sondern die Dynamik des in Funktion befindlichen Systems und die Betrachtung seiner Verhaltensweisen. Ebenso interessieren die Wechselbeziehungen zwischen den Elementen des Systems und zwischen dem System und seiner Umwelt (Informationsaspekt). Ein System wirkt zweckgerichtet auf seine Umwelt ein und reagiert auf das Verhalten dieser Umwelt entsprechend zielgerichtet. Dieses Verhalten nennt der Kybernetiker geregelt. Die Regelung ist eine spezielle Form der Steuerung, nämlich Selbststeuerung. Zur Darstellung wird in der Kybernetik der Regelkreis eingesetzt. Ein kybernetischer Regelkreis besteht aus den folgenden vier Komponenten: Aus

32

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Der

Regler:

empfängt Informationen über Messungen vom Meßglied, trifft Entscheidungen und gibt das Ziel vor und an das Stellglied weiter.

Das

Stellglied:

wählt Maßnahmen

Die

Regelstrecke:

führt die vom Stellglied vorgegebenen Maßnahmen durch. Je kürzer die Regelstrecke (z.B. Zeitabstand), desto wohldosiertere Maßnahmen sind zur Steuerung des Systems möglich.

Das

Meßglied:

mißt den Grad der Zielerreichung; prüft auf (durch Störungen hervorgerufene) Abweichungen vom Optimum und informiert den Regler darüber.

Abb. 8:

aus

und

gibt einen

Stellwert

an

die

Regelstrecke weiter.

Komponenten eines kybernetischen Regelkreises

Der gesamte Kreislauf wird als Rückkopplungsprozeß (feedback) bezeichnet und führt dazu, dass ein Fließgleichgewicht (Homöostase) eintritt: Das System reguliert sich selbst. Beispiele für solche Regelkreissysteme sind die Heizung mit Thermostat oder, um bei der Bedeutung des Wortes Kybernetik zu bleiben, die Fahrt eines Schiffs mit Lotse an Bord in unsicheren Gewässern.

kybernetische Projekterfolgs-Regelkreis läßt sich analog dazu, wie in der folgenden Abb. 10, darstellen. Die Visualisierung über ein Programmsystem zur Simulation kybernetischer Regelkreise zeigt besonders gut, wie die vier Komponenten angeordnet sind, damit ein Kreislauf zustandekommt. Die Tabelle neben dem Regelkreis zeigt einige der Parameter an, mit denen das Verhalten des Regelkreises beeinflußt werden kann, z.B. Zielgröße, Störungswahrscheinlichkeit, Störgröße, Der

etc.

Heizung: Schiff:

Regler

Stellglied

Regelstrecke

Meßglied

Thermostat-

Schalter

Heizung

Thermostat

Einstellung

Heizung

Kapitän

Steuermann

Antrieb

Lotse

zur

Abbildung 9: Beispiele für kybernetische Regelkreise

2

33

Komplexitätsbewältigung

_1. Phase im

1.

Regelkreissystem

_

Rpnlpr

Sollwert

Projektmanageme Projektleiter Stakeholder, Abstimminstanz,

Erfolg bzw. MißerTo Projektcontrolling, Alling, I i e ru n g Qualitätssicherung

Regelkreis

Regelkreissystem Einstellungen Fenster Optionen

Projel< Projektleam,

j ! ^^^^^^^ PProjektarbeit

3

1.

Problemlöseverhal

Hilfe

ro e

o

am e dB Abb. 10: Der kybernetische

Projekterfolgs-Regelkreis

Insgesamt läuft dieser kybernetische Projekterfolgsmanagement-Regelkreis wie folgt ab: Das Projektmanagement (der Regler: Projektleiter, Stakeholder, Abstimminstanz, (Auftraggeber) gibt die Ziele vor und trifft aufgrund der Erfolgs-/Mißerfolgsmessungen des Meßglieds Entscheidungen, die an die Erfolgs-/Mißerfolgskriterien (das Stellglied: Projektleiter Planung, Schätzung, Steuerung) weitergeleitet werden. Die Projekterfolgs-/mißerfolgskriterien werden durch das Problemlöseverhalten (die Regelstrecke: Projektteam, Projektarbeit) bearbeitet und der Erfolg bzw. Mißerfolg (das Meßglied: Projektcontrolling, Qualitätssicherung) wird als Zielerfüllungsgrad anhand von Kriterien bewertet und an den Regler weitergegeben; usw. Ein detaillierteres Regelkreissystem mit fünf hintereinander geschalteten Regelkreisen entsprechend fünf Phasen der Projektarbeit ist in Manfred Bundschuh: "Problemlösen durch kybernetisches Projektmanagement" beschrieben. -

34

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

5.

Literaturhinweis

Ashby, W.R.: Einführung in die Kybernetik; Frankfurt a.M. 1974 Balck, H.(Hrsg.): Neuorientierung im Projektmanagement, Verlag TüV Rheinland GmbH, Köln, 1990 Berndt Brehmer: Problem Solving, Decision Making and Complexity; 13th WACRA Conference "Complex Problem Solving"; Technische Universität München, 17.-19.6.1996 Manfred Bundschuh: Problemlösen durch kybernetisches Projektmanagement, in: Klaus Henning, Bertram Harend (Hrsg.), Methodik und Praxis der Komplexitätsbewältigung; Duncker & Humblot, Berlin 1992 Manfred Bundschuh und Dietmar Gaußelmann: A Program for the Simulation of Cybernetic Circuits; 6. Workshop der DGOR-Arbeitsgruppe "Entscheidungstheorie und Anwendungen", Alexisbad, 11 .-13.3.1996 Dömer, D., Kreuzig, H.W., Reither, F. & Stäudel, Th. (Hrsg.): Lohhausen: Vom Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität, Bern Huber Verlag, 1983 Dietrich Dörner (1): Die Logik des Mißlingens, Strategisches Denken in komplexen Situationen; Rowohlt, Reinbek bei Hamburg, 1989 Rolf-Peter Fischer / Manfred Bundschuh: Praxis der Entscheidungstechnik; R. G. Fischer Verlag, Frankfurt/Main, 1994 Capers Jones: Pattems of Software Systems Failure and Success; International Thomson Computer Press, Bonn Boston London, 1996 Lewin, Roger, Die Komplexitätstheorie: Wissenschaft nach der Chaosforschung, l.Aufl., Hamburg: Hoffmann und Campe, 1993, ISBN 3-455-08537-7 Lissack, Michael R., Complexity Metaphors and the Management of a Knowledge Based Enterprise: An Exploration of Discovery, http://lissack.com/writings/pro-posal.htm Maturana, H.R. und Varela, F.J.: Der Baum der Erkenntnis, Scherz Verlag, Bern, 1987 Wilhelm Neis: Komplexitätstheorie und Komplexität im Management, Diplomarbeit, Fachhochschule Köln, Fachbereich Wirtschaft, 28.11.1997 Joseph O'Connor, Thinking Past The Obvious, 1. What is a System?, http://www.radix.net/~crbnblu/assoc/oconnor/chapt 1 .htm Ulrich, Hans u. Probst, Gilbert J.B., Anleitung zum ganzheitlichen Denken und Handeln: ein Brevier für Führungskräfte, 3. Aufl., Bern; Stuttgart: Haupt,1991 Dieter Weber: Auf Luft gebaut Strategien zur Entscheidungsfindung, Manager Seminare Nr. 26, Januar 1997, Seiten 39 43 -

-

35

3. Phasenorientiertes Handeln

3. Phasenorientiertes Handeln: Die Umsetzung ganzheitlichen Denkens in die Praxis des Projektmanagements von

Prof. Dr. Klaus Eckrich Inhaltsverzeichnis

1. Warum

ganzheitliches Denken als Basisdisziplin des Projektmanagements

unverzichtbar ist 1.1 Was heißt

'ganzheitliches Denken'?

1.2 Ganzheitliches Denken als intellektuelle Basis für das

2.

Handling

komplexer Probleme. Das Phasenkonzept als grundlegender Handlungsrahmen im Projektmanagement 2.1 Modellbeispiel: Das 4-Phasenmodell 2.2 Vom ganzheitlichen Denken zur phasengesteuerten Projektarbeitspraxis

3. Literaturhinweise

36

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Autorenbeschreibung Prof. Dr. Klaus Eckrich, Jg. 1960, Lehre zum BankJcaufmann, Studium der Volkswirtschaftlehre und Promotion in Mainz, Tätigkeiten als Projektleiter am Universitätsseminar der Wirtschaft (USW) auf Schloss Gracht in Erftstadt, im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, in der Abteilungsleitung der "Untemehmensbezogenen Weiterbildung" am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, in der Vertriebssteuerung und Repräsentanz des Ashridge Management College bei London sowie als freier Management-Trainer und -Berater. Dozententätigkeit an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW), Fachbereich Untemelmiensmhrung, in Bergisch Gladbach.

3. Phasenorientiertes Handeln

1.

Warum ganzheitliches Denken als ments unverzichtbar ist

1.1

Was heißt

Basisdisziplin

37

des

Projektmanage-

'ganzheitliches Denken'?

eigentlich möglich, dass in einem Pharma-Unternehmen eine neue Abfüllanlage geordert wird, und bei der Anlieferung Produktionsleiter, F&E-Leiter und Qualitätsmanager verblüfft feststellen, dass es keine Halle gibt, in der die mühsam erkämpfte neue Anlage aufgestellt werden kann? Wie ist es möglich, dass ein Vertriebsdirektor eines Landmaschinenherstellers nach zweijähriger Knochenarbeit aus Brasilien zurückkehrt und frustriert eingesteht, dass in dem Land 'kein Blumenpott zu gewinnen' ist? Obwohl ursprüngliche Marktprognosen Brasilien durchaus als zukunftsträchtigen Markt und attraktives Betätigungsfeld für das Unternehmen auswiesen! Für Misserfolge wie diese, die in Unternehmen täglich Werte in Millionenhöhe vernichten, gibt es keine einfache, monokausale Erklärung. Es sind vielmehr eine Vielzahl von Faktoren, die den Erfolg oder Misserfolg solcher Projektvorhaben bestimmen und die Faktoren bedingen sich gegenseitig. In dem Fall der Wie ist

es

Abfüllanlage ohne Standort ist es vielleicht die Rivalität zwischen Produktionsleiter und F&E-Leiter, die die Sicht der Beteiligten zu sehr auf das Ringen um technische

Spezifikationen der Anlage verengt. Energie wird in viele echte Kriegsschauplätze, aber auch in Nebenkriegsschauplätze investiert die Standortfrage kommt einfach nicht bzw. nicht rechtzeitig auf die Tagesordnung. Kosten- oder Zeitdruck, Unklarheit der Zuständigkeit für Anschaffung, Auslegung und Inbetriebnahme der Anlage und ähnliche Schwierigkeiten mögen weitere Ursachen für das merkwürdige, aber tatsächlich stattgefundene Ereignis in einem europäischen -

Pharma-Unternehmen sein. Im Fall der Bearbeitung des brasilianischen Marktes liegen die Ursachen möglicherweise in gesetzlichen Restriktionen, die nicht rechtzeitig ergründet wurden, in zu knapper Zeitplanung, oder in der Unklarheit des Auftrags: Soll eine Markterkundung durchgeführt werden, ist eine Markterschließungsstudie zu erstellen oder geht es gleich um die Eroberung eines Marktsegments 'Mähdrescher in zwei ausgewählten Pilotregionen' oder gar des Gesamtmarktes 'Landmaschinen in Brasilien'? Möglicherweise ist es auch der Unwille der zentralen VertriebsGeschäftsführung in Deutschland, sich mit den Problemen vor Ort auseinander zu setzen, der den Abbruch des Projektes mit allen unangenehmen Konsequenzen bewirkte.

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I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

lösenden Probleme in den Beispielen 'Inbetriebnahme einer neuen Abfüllanlage' und 'Markteintritt in Brasilien' sind jedenfalls komplex und nur mit einer Portion intellektuellem Kapital zu bewältigen. Dieses intellektuelle Kapital wird in der Praxis des Projektmanagements als Fähigkeit zu ganzheitlichem Denken bezeichnet. Ganzheitliches Denken bedeutet eine Vorstellungskraft für die Komplexität von Problemstellungen zu entwickeln die auf die Problemlösung wirkenden Faktoren zu identifizieren und deren Wirkung auf das Ergebnis der Lösung sowie die Wechselwirkung untereinander zu erkennen.

Die

zu

Ein einfaches, alltägliches Ereignis mag verdeutlichen, was fehlendes ganzheitliches Denken praktisch zur Folge haben kann: Eine Modedesignerin hatte für Fotoshootings von einem Juwelier einige wertvolle Schmuckstücke geliehen. Diese sollten noch am Abend, nach erfolgreichem Abschluss der Fotoarbeiten, dem Juwelier zurückgebracht werden. Der liebende Gatte erklärte sich bereit, anstelle der vom Fotoshooting ermatteten Modedesignerin den Rücktransport der wertvollen Fracht zu übernehmen. Als aufmerksamen Zeitgenossen war ihm auch nicht entgangen, dass die Gattin von einem Schmuckstück, einem Platinring mit aufgesetzter Perle, geradezu schwärmte und diesen nur schweren Herzens in die Obhut des Juweliers zurückgeben wollte. Beim Juwelier angekommen, gab der liebende Gatte allen Schmuck zurück, mit Ausnahme des besagten Ringes, den er käuflich erwarb. Und er sagte selbstzufrieden zu sich: 'Das ist gut', denn er war überzeugt, er hätte ein gutes Werk getan. Hatte er auch, denn zu Hause angekommen, überraschte er die Gattin mit dem Ring sie freute sich überschwenglich und war gerührt. Zunächst. Denn so einfach war die Geschichte doch nicht: "Der Ring ist wunderschön, ich bin ganz glücklich. Nur habe ich jetzt ein kleines Problem: Mir fehlen dazu die passenden Ohrringe, die dazu passende Halskette und den Armreif, den ich anhabe, kann ich zu diesem Ring auch nicht tragen. Mein jetziger Schmuck paßt einfach nicht mehr zu dem wunderbaren Ring." Es ist leicht einsichtig, dass der liebende Gatte ein monokausaler Lösungsdenker und kein Ganzheitsdenker war. Als monokausaler Lösungsdenker hatte er nur im Kopf, dass die Gattin einen sehnlichen Wunsch hat, der als 'Problem' interpretiert werden kann. Er sah, dass er das 'Problem' unmittelbar lösen kann, indem er der Gattin den Wunsch erfüllt. Die Folgewirkungen sah er jedoch nicht er hat sie bei seinem Handeln nicht bedacht. Wie der Lösungsdenker dieses neue Problem gelöst -

-

-

-

3. Phasenorientiertes Handeln

39

hat und wie der liebende Gatte als Ganzheitsdenker in dieser Situation hätte anders handeln können, soll hier der Phantasie des Lesers überlassen bleiben. Die weiteren Ausführungen beschäftigen sich mit der Notwendigkeit und Anwendung ganzheitlichen Denkens in der Praxis des Projektmanagements. 1.2

Ganzheitliches Denken als intellektuelle Basis für das komplexer Probleme

Handling

Projektaufgaben komplex sind, weil es eine Fülle von Folgewirkungen des Projekthandelns gibt, dann sind diese Konsequenzen im Handeln möglichst vollständig einzukalkulieren und zu berücksichtigen. Ganzheitliches Denken liefert dazu die intellektuelle Basis. Es setzt an drei Ebenen, welche die Komplexität Wenn

ausmachen, an:

Komplexitätsebene 1: Eine Vielzahl von Einflussfaktoren wirkt auf den Projektablauf und das Projektergebnis. Komplexitätsebene 2: Die Faktoren stehen in Wechselwirkung (Folgewirkung und Rückwirkung) untereinander. Komplexitätsebene 3: Einflussfaktoren sind von vornherein nicht alle bekannt, Wechselwirkungen sind schwer bzw. unkalkulierbar. Die Faktoren der Komplexitätsebene 1 (siehe Abb. 1) können vielfältig sein. Die Fülle der Faktoren läßt sich für das Projektmanagement vereinfachend in drei relevante Ausprägungen unterteilen: Sachliche Einflussfaktoren können z. B. technische Spezifikationen A, der Einsatz von Methoden der Projektplanung B, gesetzliche Rahmenbedingungen C, etc. sein. Zeitliche Einflussfaktoren zeigen sich in Abhängigkeiten wie: bevor Aktivität A nicht beendet ist, macht es keinen Sinn, mit Aktivität D zu starten oder bevor gestartet wird, muß B zu 75 % fertiggestellt sein. Personale Einflussfaktoren bestehen aufgrund der Unterschiedlichkeit der handelnden Personen und der personenspezifischen Wirkung auf das Projektergebnis. Beispiel: Person A (ein Spezialist) wird gebraucht, ist momentan aber nicht verfügbar; Person B (ebenfalls ein Spezialist) steht zur Verfügung, bringt aber nicht die benötigte Motivation mit. Person C (ein Praktikant) ist motiviert, aber nicht ausreichend qualifiziert.

40

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

Abb. 1:

Komplexitätsebene 1

-

Vielzahl von Einflußfaktoren auf das Projektergebnis

Ganzheitliches Denken im Projektmanagement erhöht die Chance, frühzeitig möglichst viele solcher Einflussfaktoren zu erfassen, und deren potentziellen Einfluß aufdas Projektergebnis abzuschätzen. Auf der Komplexitätsebene 2 (siehe Abb. 2) hat es der Projektmanager mit Wechselwirkungen zwischen den Einflussfaktoren zu tun. Diese Wechselwirkungen treten auf in Form von Folgewirkungen von Faktoren und deren Rückwirkung auf andere Faktoren. Beispiel: Die Person C steht zur Verfügung, aber nur zu ganz bestimmten Zeiten, die dem Projektleiter die Einsatzplanung der anderen Projektmitarbeiter A und F erschwert. Außerdem steht C der Spezifikation D skeptisch gegenüber, d. h., wenn der Projektleiter zur Erfüllung der Projektaufgabe die Spezifikation D verwenden will, muß er C erst überzeugen und A, F und C zu Kompromissen bezüglich der zeitlichen Einsatzplanung bewegen.

Abb. 2:

Komplexitätsebene 2: Die Faktoren und Ihre Wechselwirkungen

41

3. Phasenorientiertes Handeln

Ähnliche Komplikationen treten auf, wenn Person A zum geänderten Termin zur Verfügung steht, aber die Kostensituation E anders als Person C bewertet. Wird die Spezifikation D schließlich realisiert, dann entstehen höhere Kosten, die Person C nicht mitträgt. Beide, Person A und C finden keinen neuen, geeigneten Termin, um die Sachfragen zu erörtern und einer Lösung zuzuführen. Die Lösung von Projektaufgaben, die diese Komplexitätsstrukturen aufweisen, ist ohne ganzheitliches Denken kaum mehr zu leisten. Ganzheitliches Denken ist

hier

gefordert, um Wechselwirkungen zwischen Faktoren, die das Projektergebnis positiv oder negativ beeinflussen, besser abzuschätzen und zu bewerten, um Handlungsalternativen für unübersichtliche Aufgabenstellungen zu entwickeln. Die Projektrealität setzt häufig 'noch einen drauf, eine Komplexitätsebene 3 (siehe Abb. 3) fordert den Projektmanager als Ganzheitsdenker noch stärker: Oft sind bei der Übernahme der Projektaufgabe am Projektstart die projektspezifischen Einflussfaktoren sowie die Wechselwirkungen zwischen den Faktoren nur rudimentär bekannt.

Abb. 3:

Komplexitätsebene 3 Wechselwirkungen

Unsichere bzw. unbekannte -

Einflussfaktoren und

Projektmanager hat es also mit Unsicherheiten zu tun, die die exakte Prognose des Projektergebnisses am Beginn des Projektes unmöglich machen. Erst mit zunehmendem Fortschritt der Projektarbeit steigt das Wissen um Faktoren und Wechselwirkungen. Die Folge ist, dass ein kontinuierlicher Wissenserwerb und Wissensverarbeitung im Zuge der Projektbearbeitung notwendig werden, (siehe Abb. 4). Dieser Wissenserweiterungsprozess zieht mit ziemlicher Sicherheit Neueinschätzungen, Neubewertungen, Planungsänderungen, Aufgabenänderungen etc. im Verlauf der Projektarbeit nach sich, deren Umfang häufig zu Beginn eines Projektes Der

I.

42

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

grob einzuschätzen ist. So ist es z. B. üblich, dass bei Projektstart Vorstellungen über die einzusetzenden Ressourcen etwa in der Form des Verbrauchs an zu leistenden Mitarbeiterstunden für das Projekt grob geschätzt und später nochmals präzisiert werden müssen. Der Grad der Abweichung des tatsächlichen Aufwandes von dem ursprünglich angenommenen hängt von der zeitgerechten Verfügbarkeit der Mitarbeiter und deren Qualifikation, dem Umfang der Aufgabe (der seinerseits zu Beginn der Projektarbeit noch unklar sein kann), von gewünschten Vorstellungen des Auftraggebers, die erst noch zu spezifizieren sind, von unvorhergesehenen Ereignissen wie Krankheit, Ausfall einer Maschine,

bestenfalls

-

-

eines Zulieferers und

von

vielen weiteren Faktoren ab.

Wissenszuwachs

Projektdauer

Abb. 4: Wissenszuwachs im

Projektverlauf

Projektmanagement ist der Ganzheitsdenker gesucht, der mit Lösungsmodellen arbeitet, die die systematische Verarbeitung von Einflussfaktoren, Wechselwirkungen und Unsicherheiten möglichst umfassend und strukturiert erfassen. Er ist in der Lage, alternative, mehrdimensionale Lösungsstrukturen zu Für das

entwickeln und diese Strukturen laufend den Konstellationen, die sich aus dem jeweiligen Zusammenwirken von Einflussfaktoren und Wechselwirkungen ergibt, anzupassen. Ein Lösungsdenker, der als Basis seines Handelns die schnelle Problemlösung mit scheinbar vollständig bekannten Einflussfaktoren und monokausalen Abhängigkeiten betreibt, wird den Anforderungen des Projektmanagements nicht gerecht. Dies soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Ein Teammitglied scheidet aus, also sucht der Projektleiter vom Typ monokausaler

3. Phasenorientiertes Handeln

43

Lösungsdenker unverzüglich nach einem Mitarbeiter. Das war es. Die Suche nach Ersatz und die schnelle Wiederbesetzung hat für ihn höchste Priorität. An mögliche Konsequenzen denkt er nicht. Vielleicht hat jedoch das neue Teammitglied nicht die benötigte Qualifikation, vielleicht kommt es zu Verwerfungen der Beziehungen und zu Konflikten im Team? Vielleicht wird das ganze Projekt auf Eis gelegt, weil es schon der dritte Personalwechsel innerhalb kurzer Zeit war? usw. Ein Projektleiter vom Typ Ganzheitsdenker würde zunächst nach der Ursache des Ausscheidens, nach möglichen Konsequenzen für das Team, nach Alternativen zum einfachen Personalersatz, nach Konsequenzen, falls keine befriedigende Lösung gefunden wird, etc. fragen. Für ihn steht nicht die schnelle Problemlösung im Vordergrund, sondern situationsgerechtes Handeln, das neue, tragfähige Voraussetzungen für die weitere Projektarbeit schafft. Fazit: Wer die Basisdisziplin 'ganzheitliches Denken' zu wenig beherrscht, arrangiert vom Projektmanager schnell zum Überraschungsmanager! 2.

Das

2.1

Modellbeispiel:

Phasenkonzept als grundlegender Handlungsrahmen im Projektmanagement

In der

Das 4-Phasenmodell

Projektmanagement-Praxis hat sich die Verwendung von Phasenkonzepten als die grundlegende und gleichzeitig pragmatische Handlungshilfe der Projektakteure im Sinne der Anwendung eines ganzheitlichen Handlungsrahmens durchgesetzt. Ein Phasenmodell unterteilt das Vorgehen der ProjektmanagementAkteure in einzelne, in sich möglichst abgeschlossene logische Arbeitsschritte ('Projektphasen', DIN 69900). Die Akteure gehen nach dem Prinzip "vom Groben ins Detail" vor und tragen somit zur systematischen Aufdeckung und Reduktion der Komplexität der Aufgabe bei. In jeder Projektphase werden mehr Einflussfaktoren auf das Projektergebnis identifiziert und definiert. Durch die systematische Analyse des Zusammenspiels der Einflussfaktoren wird die Einschätzung der Wirkung der Projektaktivitäten auf das Projektergebnis von Phase zu Phase fundierter. Durch die strikte Vorgehensweise gemäß Phasenmodell betreibt der Projektmanager vom Typ Ganzheitsdenker gewissermaßen die 'standardisierte Reduktion von Komplexität'. Die Fülle von Faktoren, die die Komplexität ausmachen, wird in einer Routine aufgefangen und 'nach Schema F' verarbeitet. Dies macht den besonderen Charme der Anwendung von Phasenmodellen im Projektmanagement aus. Die Abbildung 5 zeigt das diesem Buch zugrunde gelegte 4-Phasenmodell.

I.

44

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

A: •





Projektinitiaiisierung!

Klärung der Ausgangslage Aufgabenanalyse und Zielformulierung Führungsentscheidungen

•etc.

B: •





Projektplanung

Projektstruktur- und ablaufplanung -

Zielplanung Risikoanalyse etc.

C: •

Projektdurchführg

Projektkontrolle und Steuerung



Änderungsmanagement



Eskalation smanaqement

-

•etc.

D: •

Projektabschluß Projektabschlussbesprechung

Soll- Ist Vergleich •



Abb. 5:

Abschtussbericht etc.

Beispiel eines 4-Phasenmodells

Das 4-Phasenmodell enthält die Phasen der •

Projektinitialisierung (Phase A) Projektplanung (Phase B) Projektdurchführung (Phase C) Projektabschluss (Phase D).

Dieses Modell ist kompakt und deshalb von der Idee her vom Projektmanager vergleichsweise einfach zu handeln. In der Praxis des Projektmanagements werden auch Modelle mit anderen Phaseneinteilungen angewendet. 5-Phasen-, 6-Phasen-, 8-Phasenmodelle kommen zum Einsatz. Das 6-Phasenmodell erfreut sich einer hohen Beliebtheit und soll deshalb kurz erläutert werden. Dieses Modell ist differenzierter als das 4-Phasenmodell, es unterteilt die Initialisierungsphase A nochmals in Projektvorbereitung und Projektdesign. Außerdem zieht es aus der Planungsphase B explizit die Projektauslösung heraus und weist dieser einen eigenen Phasenstatus zu. Unabhängig davon, wie viele Phasen ein Modell hat, alle Phasenmodelle haben ein gemeinsames, wesentliches Anliegen: die komplexe Wirklichkeit bei der Lösung von Projektaufgaben einzufangen und zu reduzieren, d.h. die Einflussfaktoren

3 Phasenorientiertes Handeln

45

mit ihren

Wechselwirkungen

2.2

ganzheitlichen Denken zur phasengesteuerten Projektarbeitspraxis

in überschaubare, abgrenzbare Wirkungskreise zu ohne die unterteilen, gesamte Wirkungskette aus den Augen zu verlieren. Welches Modell letztendlich zum Einsatz kommt, wird im Idealfall von der Unternehmensleitung mit einheitlicher Verbindlichkeit für die ganze Projektorganisation entschieden. Grundsätzlich gilt: Je mehr Phasen ein verwendetes Modell aufweist, desto differenzierter kann der Komplexität Rechnung getragen werden. Je kompakter das Phasenmodell ist, desto überschaubarer ist sein Einsatz in der Praxis und desto leichter ist es, den Praktiker für seine Anwendung zu gewinnen. Falls es keine Untemehmensentscheidung über die verbindliche Verwendung eines Phasenmodells gibt, muß der Projektleiter die Entscheidung über den Einsatz dieses Instruments selbst treffen und diese Entscheidung bei der Projektbearbeitung durchsetzen. Als Ganzheitsdenker kennt er den theoretischen Hintergrund und die praktische Bedeutung dieses Instruments, als erfahrener Projektmanager kennt er außerdem die unangenehmen Folgen des Verzichts auf phasengesteuertes Vorgehen. Diese Entscheidung wird damit zu einer ersten fundamentalen Führungsentscheidung, die der Projektleiter zu vertreten und gegenüber Auftraggeber und Projektteam durchzusetzen hat. Selbstverständlich kann im Projektmanagement auf Komplexitätserfassung, ganzheitliches Denken und phasenorientiertes Handeln auch verzichtet und das Projektergebnis über reines Ausprobieren in einem Trial-and-Error-Arbeitsprozess angestrebt werden. Man nennt dies auch 'Erfahrung sammeln'. Die Frage ist nur, zu welchem Preis die Erfahrungswerte erworben werden. Vom

Phasenmodelle zwingen Auftraggeber, Projektleiter und Team nach dem Prinzip 'schrittweise vom Groben zum Detail' vorzugehen. Durch die strenge Abfolge erst Projektinitialisierung, dann Projektplanung, dann erst Start von Durchführungsaktivitäten usw. wird gewährleistet, dass wichtige Faktoren und Wechselwirkungen rechtzeitig vor dem Ergreifen von Durchführungsmaßnahmen erkannt und vorrangig bearbeitet werden. Es wird erreicht, dass 'Wichtiges' als 'wichtig' und 'Detail' als 'Detail' gewertet und entsprechend behandelt werden. Insbesondere wird vermieden, dass Details, die später möglicherweise größere Beachtung verdienen, zu ausführlich diskutiert werden. Und es wird vermieden, dass Details, die keine Bedeutung gewinnen, überhaupt diskutiert werden. Mithin entgehen die Akteure der Gefahr, dass das ineffektive Bearbeitungsprinzip "vom Hölzchen zum Stöckchen" wirksam wird. Durch phasenorientiertes Handeln wird erreicht, dass

46

I.

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

das zum gegebenen bearbeitet wird.

Zeitpunkt Wichtige

als

wichtig

erkannt und mit

Vorrang

Landmaschinenbeispiel etwa verstricken sich die Projektakteure nicht schon zu Projektbeginn in Detailfragen über die Auswahl der Büroausstattung der Vertriebsbüros in Brasilien. Sie ringen auch nicht darum, wer First Class und wer Business Class fliegt. Sondern sie verfolgen mit besonderer Priorität Fragen der Konkurrenzsituation, des Marktpotentzials, der möglichen Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern und hinterfragen regelmässig, ob im Licht der gewonnenen Erkenntnisse das Projekt überhaupt fortgesetzt, sprich in die nächste Phase gebracht werden soll. Im

Bevor die ersten deutschen Mitarbeiter samt Familie ihre Koffer für Brasilien packen, wird also erst einmal versucht festzustellen, wie viele Mitarbeiter wann mit welcher Kompetenz wie lange vor Ort in Brasilien benötigt werden. Denken die Verantwortlichen streng ganzheitlich, dann werden sie sogar vor dem eigentlichen Projektstart überlegen, wie es mit der Karriere der Mitarbeiter und ihrem Privatleben nach Projektabschluss in etwa zwei bis drei Jahren weitergehen könnte. Die Projektpraxis sieht häufig anders als hier skizziert und gefordert aus. Nur allzu oft gilt die manchmal zynisch wirkende, aber deshalb um so wichtigere Erkenntnis:

'Sage mir, wie Dein Projekt startet und ich sage Dir, wie es endet'. Deshalb soll hier die Umsetzungswirkung ganzheitlichen Denkens und der Nutzen eines 4-Phasenmodells verdeutlicht und nochmals nachdrücklich für phasengerechtes Handeln geworben werden. In der Phase der Projektinitialisierung (Phase A) wird zunächst die Ausgangslage geklärt. D.h. Projektleiter und Team unternehmen in der Frühphase des Projekts einen ersten Schritt, um möglichst viele relevante Einflussfaktoren auf den Projekterfolg zu identifizieren und mögliche Wechselwirkungen zu erkennen. Sie fragen zum Beispiel danach, inwiefern sie bei der Lösung der Projektaufgaben auf die Unterstützung der Organisation zählen dürfen oder mit Ignoranz oder gar Widerstand aus der Organisation rechnen müssen. Im Zuge der Aufgabenanalyse und Projektzielformulierung wird ein gemeinsames Verständnis über die Aufgabe und das angestrebte Ergebnis entwickelt. Dadurch wird späteren Missverständnissen zwischen Auftraggeber, Projektleiter und Team vorgebeugt. Durch die Entscheidung über Führungsinstrumente wird geklärt, mit welchen Methoden und verhaltenssteuemden Maßnahmen das Projektergebnis zielgerichtet herbeigeführt werden soll.

3. Phasenorientiertes Handeln

47

Die Aktivitäten in der Initialisierung legen den Grundstein für die Folgeaktivitäten. Es ist sinnlos bzw. ineffektiv mit der Planungsphase B zu beginnen, solange Phase A nicht sauber durchgearbeitet ist. Im Brasilienprojekt des Landwirtschaftsmaschinenproduzenten ist es z.B. sinnlos, eine Projektstrukturplanung zu starten, solange nicht geklärt ist, was die eigentliche Aufgabe ist: Ist lediglich eine Marktstudie zu erstellen, ist der Markteintritt zu ermöglichen oder ist ein signifikanter Marktanteil mit weiterem Marktwachstumspotentzial zu erreichen? Je nachdem, wie umfassend die Aufgabe in der Initialisierungsphase definiert und mit dem Auftraggeber abgestimmt wird, ändert sich in der Planungsphase der Planungsumfang, der Aufbau des Projektstrukturplans, die konkreten Projektziele etc. Der Ganzheitsdenker ist sich der Problematik bewußt und wird auf einer sauber durchgearbeiteten Projektinitialisierung bestehen. Die Planungsphase (Phase B) umfaßt die Projektstrukturierung, d.h. die Analyse und Sortierung aller anfallenden Aufgaben nach Wichtigkeit, die Projektablaufplanung im Sinne "Wer ist für was verantwortlich; wer liefert bis wann welches Ergebnis?" Ganzheitliches Denken zeigt sich z.B. dadurch, dass die Planung alle bzw. möglichst alle Aufgaben und Aktivitäten umfaßt, die detaillierte Ablaufplanung sinnvollerweise erst nach der Projekt-

strukturierung erfolgt, die grobe Zielformulierung der Phase A durch eine detaillierte Zielplanung verfeinert wird, die Planung durch eine Risikoanalyse nochmals kritisch auf Schwachstellen hin durchleuchtet wird und dass erst am Ende eines sorgfältig aufgebauten Initialisierungs- und Planungsprozesses ein Projektbeschluss erfolgt, der dann aber auch wirklich fundiert und tragfähig ist. Dann und erst dann ist die Basis für Durchführungsaktivitäten (Phase C) geschaffen, die zu kontrollierten sind und bei Abweichungen steuernde Eingriffe erfordern. Handeln auf der Basis ganzheitlichen Denkens kann beispielsweise in der Maxime ausgedrückt werden: 'Keine Durchführungsaktivität durch den Projektleiter und sein Team, solange kein fundierter Projektbeschluss vorliegt, der wiederum auf einer klaren Planungs- und Initialisierungsbasis beruht'. Im Praxisbeispiel bedeutet dies: Potentzielle Vertriebspartner in Brasilien werden erst dann angesprochen, Büroräume werden erst dann angemietet, lokale -

-

I.

48

Einführung Herausforderung Projektmanagement -

angeworben, wenn die Handlungsgrundlage im abgesicherten Projektbeschluss eindeutig geklärt ist. Sonst sind die Vertriebspartner schneller vergrault, als sie gewonnen wurden, die Schreibtische ohne Mitarbeiter, die Mitarbeiter sind ebenso schnell entlassen, wie sie angeheuert wurden. Und es sind schnell ein paar Tausender, Hunderttausender oder gar Millionen in den Abgründen des Missmanagements versenkt. Sofern sich Änderungen in den Projektrahmenbedingungen oder in den Vorstellungen des Auftraggebers einstellen, ist das Änderungsmanagement gefragt, das sich nach gleichem Muster wie die ursprüngliche Projektbearbeitung vollzieht: Es ist eine neue Ausgangslage geschaffen, die zunächst von den Akteuren gemeinsam zu klären ist, Teile der Projektaufgabe oder die gesamte Aufgabe sind neu zu planen, neu zu strukturieren usw. In der Phase des Projektabschlusses (Phase D) wird das Ergebnis festgestellt, das Erreichte mit dem Angestrebten verglichen, Abweichungsursachen ermittelt und idealerweise Lernprozesse eingeleitet. Auch wenn in der Praxis viele Projektmanager und -teams vor dem Erreichen dieser Phase bereits entnervt das Handtuch geworfen haben, die Bedeutung ganzheitlichen Denkens und entsprechenden Handelns liegt auch in dieser Phase Mitarbeiter werden

erst

dann

-

-

auf der Hand: wenn in der

Initialisierungsphase keine Grobziele vereinbart und in der Planungsphase konkretisiert wurden, gibt es auch keine Erfolgs/ Misserfolgsmessung, wenn in der Durchführungsphase kein systematisches Änderungsmanagement betrieben wurde, gibt es in der Abschlussphase möglicherweise Überraschungen, z. B. einige Teammitglieder haben von den Änderungen nichts gewusst und haben Schwierigkeiten, das neue Ergebnis mitzutragen, wenn die Abschlussphase im Projektmanagement nicht von vornherein definiert und vereinbart wurde, drohen die Aktivitäten und das Engagement der Projektmanagement-Akteure spätestens in der Durchführungsphase zu erlahmen. Die Motivation, das Projekt bis zum Ende durchzuziehen, leidet. Oder das Projekt dümpelt vor sich hin oder das Projektergebnis wird nicht angemessen gewürdigt etc.- mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Arbeit von Projektleiter und Team in Folgeprojekten.

Hier schließt sich der Kreis: Wer Projekte erfolgreich managen will (aus Sicht des Projektleiters und Team) bzw. erfolgreich unterstützen will (aus Sicht des Auftraggebers) benötigt die Fähigkeit, ganzheitlich zu denken, und dieses Denken in ein

3. Phasenorientiertes Handeln

4')

entsprechendes Handlungskonzept umzusetzen. Sonst wird er in der Projektarbeit scheitern. Ein gewinnbringendes Studium der in diesem Buch vorgestellten Projektmanagement-Instrumentarien und deren sachgerechte Anwendung in der Praxis setzt dieses intellektuelle Kapital und dessen engagierten Einsatz in der Praxis voraus. Es nutzt nichts, sich einzelne Techniken des Projektmanagements anzueignen und diese ohne Berücksichtigung des Gesamtprozesses, im angelsächsischen auch 'big picture' genannt, in der Praxis auszuprobieren. Die folgenden Ausführungen sind in den ganzheitlichen Kontext eines 4-Phasenmodells eingebettet. Dieser Kontext muss vom anwendungswilligen Leser unbedingt gesehen werden, wenn er die Lernschritte erfolgreich in sein praktisches Projektmanagement-Handeln integrieren will. 3.

Literaturhinweise

Dömer, D.; Kreuzig, H.W.; Reither, F.; Stäudel, Th. (Hrsg.): Lohhausen: Vom

Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität, Bern Huber Verlag, 1983 Hoehne, J.: Projektphasen und -lebenszyklus, in : Projektmanagement-Fachmann, Band 1, S. 217- 248, Eschborn, 5. Auflage 1999 Lewin, R.: Die Komplexitätstheorie: Wissenschaft nach der Chaosforschung, l.Aufl., Hamburg: Hoffmann und Campe, 1993 G: Patzak, Systemtheorie und Systemtechnik im Projektmanagement, in: Schelle, H.; Reschke, H.; Schub, A; Schnopp, R.,: Projekte erfolgreich managen, Loseblattwerk, Stand 11/96, Köln 1994 Ulrich, H.; Probst, G. J. B.: Anleitung zum ganzheitlichen Denken und Handeln: ein Brevier für Führungskräfte, 3. Aufl., Bern; Stuttgart: Haupt, 1991

II.

II.

Projektinitialisierung

51

Projektinitialisierung

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten. 2. Projektorganisation. 3. Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds. 4. Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese._. 5. Projektmarketing._. 1.

53 69 85 107 123

6. Lasten- und Pflichtenheft. 149

Entscheidung über Führungsinstrurnente. 8. Projektmanagement Handbuch. 9. Gestaltung des Kick-Off-Meetings._. 7.

159 195 209

1.

1.

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl. DIN Normen)

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl. DIN Normen) von

Dr. Helmut Zell Inhaltsverzeichnis

1.

Einführung

Entwicklung und Aktualität des Projektmanagements 1.2 Normen im Projektmanagement 1.3 Was ist ein Projekt? 1.4 Projektarten 1.5 Projektziele 1.6 Projektphasen Projektorganisation Projektmanagement 2.1 Proj ektmanagement 2.2 Projektorganisation Projektplanung 1.1

2.

-

3.

3.1 Die einzelnen Schritte 3.2 Der Projektstrukturplan 3.3

4.

Ablaufplanung 3.4 Terminplanung 3.5 Einsatzmittelplanung 3.6 Kosten- und Finanzplanung Projektdurchführung 4.1 Proj decontrolling 4.2 Projektsteuerung

53

II.

54

5.

Projektinitialisierung

Projektdokumentation und Berichtswesen 5.1 Projektdokumentation 5.2 Berichtswesen

6.

Projektabschluß

Autorenbeschreibung Dr. Helmut Zell (Jg. 1952) studierte Physikalische Technik an der Fachhochschule in Ravensburg. Nach einer Tätigkeit als Ingenieur in der Forschungs- und Entwikklungsabteilung bei Flohr-Otis in Berlin unterrichtete er zwei Jahre an einer Technischen Sekundärschule in Tanzania das Fach Engineering Science. Nach dem

Studium der Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Freiburg und Marburg mit dem Schwerpunkt Internationale Wirtschaftsbeziehungen promovierte er bei Prof. Dr. Jochen Röpke in Marburg. Im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe leitete er mehrere Jahre Industrialisierungsprojekte im südlichen Afrika. Anschließend war er in einem international orientierten Beraterbüro der Westdeutschen Landesbank tätig. Heute gibt er Kurse zu Managementthemen, unter anderem für Führungskräfte aus Entwicklungsländern. An der FHDW in Bergisch-Gladbach unterrichtet er Projektmanagement. Zu Fragen der internationalen Zusammenarbeit hat er eine Reihe von Aufsätzen veröffentlicht.

1.

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl.

DIN

Normen)

1.

Einführung

1.1

Entwicklung und Aktualität des Projektmanagements

55

In der Geschichte der Menschheit finden sich eine Reihe von großen Projekten, etwa der Bau der Pyramiden und der chinesischen Mauer, kriegerische Eroberungen. Selbstverständlich wurden diese Projekte geplant und in ihrer Durchführung gesteuert. Doch als wissenschaftliche Disziplin der Managementlehre wurde Projektmanagement erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt. Die grundlegenden Konzepte des Projektmanagements entstanden bei den Rüstungs- und Raumfahrtprojekten in den USA. Der enorme Aufwand der Koordination von Institutionen und Industrien bei der Entwicklung dieser Großsysteme machte ein systematisches

Vorgehen notwendig. In Deutschland betrachtete

lange Zeit Netzplantechnik als synonym mit Projektmanagement. Netzplantechnik stellt jedoch nur einen Teilbereich des Projektmanagements dar. Erst in den letzten 10 bis 20 Jahren wurde bei uns Projektmanagement als eine wissenschaftliche Disziplin anerkannt und umfassend entwickelt. Heute wird Projektmanagement zunehmend in die betriebliche Praxis eingeführt. Warum gewinnt es gerade jetzt an Bedeutung? Die Ursachen liegen in den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: Globalisierung, gestiegener Konkurrenzdruck, technischer Fortschritt und gewachsene Kundenansprüche führen dazu, dass in den Unternehmen immer mehr Leistungserstellungen in Form von Projekten durchgeführt werden. Beispiele: Kürzer werdende Produktlebenszyklen bei einer breiten Produktpalette machen eine hohe Zahl an Neuentwicklungen notwendig. Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit werden in vielen Unternehmen Reorganisationsprojekte durchgeführt. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien machen die Einführungen aktueller EDV-Lösungen in den Unternehmen möglich und notwendig. Viele Aufträge werden kundenspezifisch als Projekte durchgeführt. man

Erledigung dieser Aufgaben steht den Unternehmen mit dem Projektmanagement ein geeignetes und effizientes Instrumentarium zur Verfügung. Obwohl Projektmanagement häufig nur mit großen und komplexen Vorhaben assoziiert wird, kann ein systematisches Projektmanagement auch bei kleineren Aufgaben effektiv und mit großem Nutzen eingesetzt werden. Für die

II.

56

1.2

Normen im

Projektinitialisierung

Projektmanagement

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Publikationen zum Thema Projektmanagement veröffentlicht, die je nach Branche und Schwerpunkt unterschiedliche Definitionen verwenden. Dies führte zu Missverständlichkeiten. Deshalb bemühte sich das Deutsche Institut für Normung in Berlin um eine Vereinheitlichung der Begriffe durch entsprechende DIN-Normen. 1979 erschien zu Projektmanagement die erste Norm zu Netzplantechnik (DIN 69900) Da jedoch der Titel Netzplantechnik der neueren Entwicklung nicht mehr angemessen war, erschien 1980 für Projektmanagement eine eigene Norm (DIN 69901) 1987 erschienen dann noch spezielle Begriffsnormen für Einsatzmittel (DIN 69902) und Kostenplanung (DIN 69903), und im Jahr 1990 eine Begriffsnorm über Projektabwicklung (DIN 69905). .

.

1.3

Was ist ein

Projekt?

Während die Definition nach DIN 69901 Norm DIN 69900 DIN 69901 DIN 69902 DIN 69903 DIN 69904 DIN 69905

grundlegende Merkmal

für alle

Projekt-

Inhalt

Netzplantechnik Proj ektmanagement Einsatzmittel

Kostenplanung PM-Einführung, -Auditierung Proj ektabwicklung

und -typen abdeckt, gibt es für bestimmte Projekte weitere sinnvolle Merkmale, die den Projektcharakter einer Aufgabe hervorheben. Beispiele dafür sind in der rechten Spalte der folgenden Tabelle aufgeführt. Wie soll man Projekte von anderen Aufgaben abgrenzen? Einerseits sollte man

arten

Projekt: "Vorhaben, das im wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z.B. Zielvorgabe; zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen; Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben; projektspezifische Organisation." (DIN 69901) nicht aus jedem Vorhaben ein Projekt machen, denn das führt zur Projektitis. Andererseits sollte man den Begriff aber auch nicht zu eng fassen. Die DIN-Defi-

1.

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl. DIN Normen)

Merkmale nach DES 69901 Einmaligkeit der Bedingungen klare Zielvorgabe zeitliche Befristung mit einem Anfang- und Endtermin

Begrenzungen finanzieller, personeller und anderer Art Abgrenzung gegenüber anderen

57

Weitere Merkmale

Komplexität Interdisziplinarität Teamarbeit

Lösungsweg häufig diffus Neuartigkeit Besondere Bedeutung

Vorhaben

projektspezifische Organisation nition für Projekt stellt insofern eine geeignete Fassung dar. Und selbstverständlich hat jeder die terminologische Freiheit, den Begriff "Projekt" so festzulegen, wie es seinen Zwecken am ehesten entspricht. 1.4

Projektarten

Projektarten lassen sich unterscheiden nach dem zu erstellenden Objekt: Investitionsprojekt (Bau- oder Anlagebauprojekt) Forschungs- und Entwicklungsprojekt (Technik- oder Produktentwicklung) Organisationsprojekt Softwareprojekte Nach der Stellung des Auftraggebers lassen sich Projekte danach unterscheiden, ob sie für interne Zwecke oder für externe Auftraggeber ausgeführt werden. Im ersten Fall handelt es sich um ein internes Projekt (etwa ein Umorganisationsprojekt oder Einführung eines neuen EDV-Systems), im zweiten Fall um ein externes Projekt (etwa eine Entwicklung im Kundenauftrag). Prozess- bzw. Produktionsmanagement haben eine ganze Reihe von Gemeinsamkeiten mit Projektmanagement. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied: Bei Prozessen handelt es sich um Vorgänge, sie sich einen längeren Zeitraum gleichartig wiederholen. Dagegen sind Projekte einmalig und von begrenzter Dauer. Projektarbeit ist eben keine Routine, wie wir sie in der Serienproduktion beobachten können. Je stärker die Durchführung einer Aufgabe von einem routinemäßigen Ablauf abweicht, umso eher ist die Durchführung eines Projektes die geeignete Form der Auftragserledigung.

58

1.5

II.

Projektinitialisierung

Projektziele

Projektziele sollten die folgenden Eigenschaften haben: eindeutig, verständlich und möglichst quantifizierbar konkret, realistisch widerspruchsfrei Die drei Größen Ergebnis, Zeit und Kosten sind wechselseitig voneinander abhänProjektziel: "Nachzuweisendes Ergebnis und vorgegebene Realisierungsbedingungen der Gesamtaufgabe eines Projektes" (DIN 69901) gig, und sind in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu optimieren. Etwa erfordert ein besonders gutes Projektergebnis meist mehr Zeit und höhere Kosten. Die einzelnen Ziele sind bei einem externen Auftrag in einem Pflichtenheft detailDas

magische Dreieck des Projektmanagements

liert

festgelegt. Das ist ein Katalog über die zu erbringenden Leistungen, manchmal auch als Spezifikation, Leistungsbeschreibung, Anforderungskatalog bezeichnet. Das Pflichtenheft ist Bestandteil des Vertrages zwischen Auftraggeber und -nehmer.

1.

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl.

DIN

Normen)

59

1.6 Projektphasen Der Projektlebenszyklus lässt sich in sachlich begründete Projektphasen gliedern. Dabei wird der Projektablauf in voneinander getrennte, zeitliche Abschnitte eingeteilt. Die Art der Phasengliederung des Projektablaufs ist wesentlich von der Art des

Zeitlicher Abschnitt eines Projektablaufs, der sachlich anderen Abschnitten getrennt ist. (DIN 69 901)

Projektphase:

gegenüber

und seiner Komplexität bestimmt. Somit gibt es kein allgemeingültiges Phasenmodell. Für jedes Projekt sollten als erster Planungsschritt geeignete Phasen festgelegt werden. Die Festlegung der Phasen hat also noch vor der Projektstrukturierung und der Ablaufplanung zu erfolgen. Für eine Terminplanung genügt das Phasenmodell nicht, dazu bedarf es einer detaillierten Terminplanung auf Grundlage eines Netzplans oder eines Balkendiagramms.

Projektes

2.

Projektorganisation Projektmanagement -

2.1

Projektmanagement

Projektmanagement ist eine Führungskonzeption, die dazu dient, Projekte effektiv und effizient abzuwickeln. Dazu gehören organisatorische, methodische und zwischenmenschliche Aspekte. Zu den Aufgaben des Projektmanagements gehören: "Gesamtheit von Führungsaufgaben, organisation, -techniken und -mittel für die Abwicklung eines Projektes." (DIN 69 901)

Projektmanagement:

-

Projektplanung und -Steuerung Organisatorische Gestaltung des Projektes Führung des Projektteams Koordination und Kommunikation sowohl

intern, als auch extern

II.

60

2.2

Projektinitialisierung

Projektorganisation

Die Projektorganisation besteht primär aus dem Auftraggeber, dem Projektleiter und dem Projektteam, kann jedoch den konkreten Erfordernissen entsprechend um weitere Kontroll- und Entscheidungsgremien erweitert werden. Mit dem Ende des Projektes wird die Projektorganisation aufgelöst, es sei denn, es steht unmittelbar ein Nachfolgeprojekt an.

Projektorganisation: "Gesamtheit der Organisationseinheiten und der aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen zur Abwicklung eines bestimmten Projektes. Anmerkung: Die PO besteht in der Regel aus Bestandteilen der vorhandenen Betriebsorganisation und ergänzenden projektspezifischen Regelungen." (DIN 69 901) Mit der Aufbauorganisation sind insbesondere die

folgenden Aufgaben verbunden:

Teambildung Kompetenz- und Verantwortungsverteilung Gestaltung der Kommunikation im Team und mit dem Projektumfeld

Projekt muß aber nicht nur intern organisiert werden, sondern muß auch in die Aufbauorganisation des Unternehmens integriert werden. Dabei lassen sich drei Grundtypen unterscheiden: Das

1.

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl.

DIN

Normen)

61

Grundtypen der organisatorischen Einordnung Es wird ein eigenständiges Projekt gegründet. Die Die "reine" Mitarbeiter werden aus ihren Fachabteilungen für die Projektorganisation Projektdauer ausgegliedert. Der Projektleiter hat gegenüber den Projektmitarbeitern uneingeschränktes Weisungsrecht. (Wird auch als autonome ProjektorganiStabs-

Projektorganisation

Matrix-

Projektorganisation

sation bezeichnet.)_ Bei dieser auch als "Einfluß-PM" bezeichneten Form übernimmt die Projektleitung eine Stabsfunktion, d.h. sie hat keine Entscheidungs- und Weisungsbefugnis. Die Projektleitung hat das Projekt zu koordinieren, Informationen zu sammeln und zu verteilen, Vorschläge zu

unterbreiten. Die Projektmitarbeiter bleiben hier weiterhin ihren Fachabteilungen unterstellt und arbeiten nur zeitweise im Projekt. Nur im Rahmen dieser Abordnung ist die Projektleitung für sie zuständig.

Projektplanung 3.1

Die einzelnen Schritte

Bei der

Projektplanung lassen sich einzelne Schritte unterscheiden.

Projektplanungsablauf Aus der Gesamtaufgabe einen Projektstrukturplan Projektstrukturplan erstellen

Ablaufplan Terminplanung Einsatzmittelplanung Kostenplanung Finanzplan

Arbeitspakete mit ihren Abhängigkeiten darstellen Vorgangsdauern schätzen und Termine ermitteln Einsatzmittelbedarf ermitteln und berechnen Kosten ermitteln Finanzbedarf im zeitlichen Ablauf planen

II.

62

3.2

Projektinitialisierung

Der Projektstrukturplan

Projektstrukturplan: "Darstellung der Projektstruktur.

Die

Darstellung kann

nach dem Aufbau (Aufbaustruktur) nach dem Ablauf (Ablaufstruktur, Netzplan) nach Grundbedingungen (Grundstruktur, Wahlstruktur) nach sonstigen Gesichtspunkten (z.B. Mischformen)"

erfolgen. (DIN 69 901)

Gesamtaufgabe des Projektes wird im Projektstrukturplan (PSP) in einzelne Teilaufgaben und Arbeitspakete gegliedert. Größere Projekte erfordern eine Gliederung in mehreren Ebenen: Erst werden Teilprojekte gebildet, die dann weiter untergliedert werden. Die

Teilaufgabe: "Teil des Projektes, der im Projektsstrukturplan weiter aufgegliedert werden kann." (DIN 69 901) Die

Gliederung der gesamten Projektaufgabe wird in der Praxis entweder objektorientiert, funktionsorientiert, oder phasenorientiert

vorgenommene. Meist kommen in einem Projektstrukturplan auf unterschiedlichen Gliederungsebenen mehrere Prinzipien vor. Man spricht dann von einem -

-

gemischtorientierten Projektstrukturplan.

1.

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl.

DIN

1. Ebene

Projekt/Aufgabe

AP

TA

AP

TA

AP

2. Ebene

AP

TA

AP

AP

63

Nonnen)

AP

3. Ebene

AP

4. Ebene

Der PSP sollte soweit detailliert werden, bis alle Aktivitäten zu Arbeitspaketen zusammen gefasst sind. Arbeitspakete stellen somit das letzte und unterste Element in einem Zweig des PSP dar. Dabei ist es wichtig, alle Aktivitäten zu erfassen und die Arbeitspakete klar voneinander abzugrenzen. Abschließend ist es sinnvoll, den PSP und die Arbeitspakete auf Logik und Vollständigkeit hin zu prüfen. Ziel des Projektstrukturplans ist nur die inhaltliche Gliederung der Gesamtaufgabe, noch nicht die Ermittlung der zeitlichen Reihenfolge der einzelnen Aktivitäten. Arbeitspakete stellen die kleinsten Planungseinheiten dar. Sie sollen für sich disponiert und kontrolliert werden können aufgabenmäßig sauber abgrenzt sein jeweils bestimmten Stellen oder Personen zugeordnet werden können.

Arbeitspakete werden auch als Vorgänge bezeichnet. 3.3

Ablaufplanung

Arbeitspaket: "Teil des Projektes, der im Projektstrukturplan nicht weiter aufgegliedert ist und auf einer beliebigen Gliederungsebene liegen kann." (DIN 69 901) Aufgabe der Ablaufplanung ist es, die logische und zeitliche Abfolge der einzelnen Vorgänge (Arbeitspakete) festzulegen. Dazu müssen die Abhängigkeiten der einzelnen Vorgänge festgestellt werden: Vorgänge müssen oft aus sachlichen Gründen in einer ganz bestimmten Reihenfolge

II.

64

Prqjektinitialisierung

werden. Manche Vorgänge müssen nacheinander durchgeführt werden, andere können parallel laufen. Indem die voraussichtlichen Vorgangsdauern geschätzt und festgelegt werden, kommt man im nächsten Schritt zur Terminplanung.

erledigt

Terminplanung

3.4 Es 1. 2. 3.

gibt drei grundlegende Darstellungsformen der Terminplanung. die Vorgangsliste das Balkendiagramm die Netzplantechnik

In der Praxis kommt

allem das

Balkendiagramm die zur Netzplantechnik Anwendung. Projekten vor

und bei -

umfangreicheren

-

3.5

Einsatzmittelplanung

Bei der Einsatzmittelplanung (man folgenden Einsatzmittel zu planen: Personal Material Betriebsmittel

spricht auch von Ressourcenplanung) sind die

Sonstige Leistungen (z.B. externe Dienstleitungen)

«

Einsatzmittel: "Personal und

Sachmittel, die

zur

Durchführung von Vorgängen,

Arbeitspaketen oder Projekten benötigt werden. Einsatzmittel können wiederholt oder nur einmal einsetzbar sein. Sie können in Wert- oder Mengeneinheiten beschrieben und für einen Zeitpunkt oder Zeitraum disponiert werden." (DIN 69902)

Einsatzmittelplanung muß den für die Erstellung der Projektleistung notwendigen Bedarf ermitteln, mit den verfügbaren Kapazitäten abstimmen und eventuelle Engpässe feststellen. Zeichnen sich bei der Planung Über- und Unterdeckungen an Einsatzmitteln ab, müssen sie ausgeglichen werden. Unter Umständen muss dazu die Terminplanung noch einmal überarbeitet werden. Die

Die

Einsatzmittelplanung ist die Basis für die Kostenplanung.

1.

3.6

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl.

Kosten- und

DIN Normen)

65

Finanzplanung

Bei der Kostenplanung werden die Einsatzmittel mit ihren Kosten bewertet. Daraus ergeben sich sowohl die Gesamtkosten des Projekts als auch die zeitliche Verteilung der Projektkosten über die Projektlaufzeit. Auf Basis der Kostenplanung lässt sich dann die Finanzplanung erstellen. Sie soll sicherstellen, dass die notwendigen Finanzmittel entsprechend dem ermittelten Finanzierungsbedarf während der Projektdurchführung stets zur Verfügung stehen. 4.

Projektdurchführung

4.1

Projektcontrolling

Controlling dient der Überwachung des Projekts in der Durchführungsphase. Dazu müssen die notwendigen Informationen erfaßt, aufbereitet und rechtzeitig in geeigneter Weise zur Verfügung gestellt werden. Beim Controlling geht es um die Überwachung der drei Größen, die bei der Planung festgelegt wurden: Ergebnis / Qualität Termine Kosten

Planung, Überwachung Steuerung

und

66

II.

Projektinitialisierung

Dazu müssen die Soll-Werte der Pläne mit den aktuell ermittelten Ist-Werten verglichen werden. Abweichungen beim Ergebnis, den Terminen und bei den Kosten müssen möglichst frühzeitig festgestellt und analysiert werden. Je früher Abweichungen erkannt werden, um so größer sind die Chancen, Alternativ lösungen zu finden, um rechtzeitig und erfolgreich gegensteuern zu können. Bei Terminverzögerungen ist es wichtig festzustellen, ob die Verzögerung Einfluss auf den Projektendtermin hat. Manchmal können jedoch Termin- und Kostenüberschreitungen nicht mehr aufgefangen werden: Der Projektendtermin verzögert sich und das vorgesehene Budget wird überschritten. 4.2

Projektsteuerung

Die Projektsteuerung steht in engem Zusammenhang zum Projektcontrolling. Deshalb spricht man auch von einer integrierten Projektsteuerung. Die Projektsteuerung hat die Aufgabe, das Projekt planmäßig durchzuführen und im Falle von Abweichungen durch geeignete Maßnahmen die Ist-Situation wieder an die Planwerte anzunähern. Unter bestimmten Bedingungen müssen auch die Planwerte im Sinne der Projektzielsetzung neu festgelegt werden. -

-

Projektsteuerungs-Zyklus_ 1. Erfassung des Ist-Standes_ 2. Soll-Ist-Vergleich, um die Abweichungen festzustellen_ 3. Ursachenanalyse und Lösungen suchen_ 4. Einleitung von Korrekturmaßnahmen_ 5. Eventuell: Revision der Planung (Ergebnis, Termine, Kosten) Wenn sich während der

Projektdurchführung Abweichungen von den SollVorgaben ergeben, müssen die Ursachen dafür ermittelt und analysiert werden. Denn nur so können geeignete Steuerungsmaßnahmen konzipiert werden. Manchmal wird es im Zuge der Projektdurchführung aufgrund neuer Erkenntnisse und veränderten Bedingungen notwendig, die ursprünglichen Planungswerte zu revidieren und neue Soll-Werte festzulegen. Es genügt jedoch nicht, nur die Kosten- und die Terminvorgaben aus der Planung einzuhalten. Im Vordergrund steht das Erreichen des gesetzten Projektziels, d.h. die gewünschten Leistungen in Menge und Qualität. Im Hinblick auf Änderungen und deren Ursachen lassen sich drei Kategorien unterscheiden:

1.

normale

Grundbegriffe und Grundstrukturen von Projekten (incl. DIN Normen)

67

Änderungen (aufgrund von neuen Erkenntnissen in der

Durchführung, etc) Fehler (z.B. Planungsfehler, zu optimistische Schätzungen, Fehler bei der Durchführung) unverschuldete Änderungen (z.B. nachträgliche Kundenwünsche, Gesetzesänderungen) Gravierende Projektveränderungen überschreiten meist die Zuständigkeit des Projektleiters und bedürfen der Abstimmung mit der übergeordneten Instanz bzw. mit dem Auftraggeber. 5.

Projektdokumentation und Berichtswesen

5.1

Projektdokumentation

Projekt-Dokumentation ist die Archivierung aller wesentlichen Unterlagen, die es ermöglicht, sich jederzeit umfassend über das Projekt informieren zu können. Dazu müssen in einer zentral geführten Projektakte oder einem Projektarchiv alle wichtigen Dokumente zum Projekt systematisch erfasst werden. Alle Berechtigten sollten jederzeit Zugang dazu haben. Eine lückenlose Projektdokumentation ist beim Ausfall oder beim Wechsel von Mitarbeitern besonders wichtig. Sämtliche Dokumente, der Dokumentationsstatus und die Verteilung müssen systematisch und regelmäßig erfasst werden. Damit wird sichergestellt, dass alle Projektpartner rechtzeitig mit den jeweils benötigten und auf dem neuesten Stand gehaltenen Dokumenten versorgt werden und die geplanten Projektarbeiten auf der Basis adäquater Dokumentationsunterlagen durchgeführt werden. Das Dokumentationsmanagement muß schon in der Phase der Projektvorbereitung geplant werden. Man muß festlegen, welche Dokumente für die Projektdurchführung erforderlich sind und verwendet werden sollen. Femer ist festzulegen, wer für die Erstellung der jeweiligen Dokumente zuständig ist. Die

5.2

Berichtswesen

Das Berichtswesen soll Informationen über das Projekt zweckdienlich darstellen und verteilen. Schon zu Beginn des Projektes sollte der Berichtsfluß, die Berichtsinhalte sowie die Berichtshäufigkeit festgelegt werden. Dies gilt insbesondere für größere Projekte und für Projekte mit einem externen Auftraggeber.

II.

68

Projektinitialisierung

Organisation des Berichtswesens_

Weg eine Ausfertigung _des Berichts?_ Berichtsinhalte Die Inhalte sind sachabhängig und projektspezifisch Berichtsfluß

Wer erhält auf welchem

_festzulegen._ Berichtshäufigkeit Einmaliger oder regelmäßiger Bericht, Berichtsintervalle festlegen. Wichtige Projektberichte sind: Projekt-Statusbericht. Er wird in regelmäßigen Abständen erstellt und an einen fest definierten Empfängerkreis verteilt.

Projekt-Sonderbericht. Er ist zu erstellen, wenn unerwartete Situationen eintreten, die eventuell weitere Maßnahmen und Entscheidungen erfordern. Projekt-Abschlussbericht. Er wird nach Beendigung des Projektes angefertigt. 6.

Projektabschluß

Sowohl bei internen Projekten, als auch bei Kundenprojekten empfiehlt es sich, eine eigenständige Projektabschlussphase vorzusehen. Ein systematischer Abschluss umfasst im wesentlichen die folgenden Aufgaben: Bei externen Projekten ist noch zu prüfen, ob alle vertraglichen Abmachungen erfüllt sind (z.B. Restzahlungen, Abnahmen, Unterlagen) Die Projektabrechnung muß abgeschlossen, die finanzielle Situation muß geklärt und über eventuell noch vorhandene Betriebsmittel muß disponiert werden. Das Projektteam muß aufgelöst werden und für die Mitglieder müssen neue Aufgaben gefunden werden. Die gemachten Erfahrungen sind auszuwerten, um sie für zukünftige Projekte verwerten zu können. Eine Projektabschlusssitzung mit den Projektbeteiligten ist ein geeignetes Forum, um die gemachten Erfahrungen zu reflektieren, eventuelle Restarbeiten zu klären und das Projektteam und den Projektleiter zu entlasten

II.

2.

Projektinitialisierung

Projektorganisation von

Dr. Hans Wicher Inhaltsverzeichnis

1.

Bedeutung der Projektorganisation

2.

Formen der 2. 1 2. 2

2. 3 2. 4

2. 5 3.

Projektorganisation Stabs-Projektorganisation Matrix-Projektorganisation Teilbereichs-Projektorganisation Reine Projektorganisation Team-Projektorganisation

Literaturhinweis

69

70

II.

Projektinitialisierung

Autorenbeschreibung Dr. phil. Hans Wicher, Dipl.-Kfm., Dipl.-Päd. Studium der Diplom-Pädagogik und Betriebswirtschaftslehre

der Universität Hamburg; Promotion im Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg; Mitarbeiter bei einer Unternehmensberatung; Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg und im Fachbereich Wirtschafts- und Organisationswissenschaften der Universität der Bundeswehr Hamburg; Lehrbeauftragter; Lektor und Personalfachkaufmann in einem Wissenschaftsverlag; Dozent im Fachbereich Wirtschaft an der Fachghochschule der Bundeswehr Hamburg; Verwalter einer Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Osnabrück.

Forschungsschwerpunkte: Innovations-, Organisations-, management. Über 100 Veröffentlichungen.

an

Personal- und

Qualitäts-

2.

1.

Projektorganisation

71

Bedeutung der Projektorganisation

Die Bewältigung neuartiger Aufgabenstellungen erfordert die Anpassung bestehender beziehungsweise die Entwicklung neuer, spezifischer Organisationsformen. Die herkömmlichen Strukturansätze sind keine angemessene Antwort auf die Herausforderung des Projektmanagements, Projektaufgaben, die an Zahl und Bedeutung stark zugenommen haben, effizient abzuwickeln. Das Organisationsmanagement ist nicht auf die für das Projekt erforderliche Zusammenarbeit unterschiedlicher Stellen ausgerichtet, so dass die Realisierbarkeit, der voraussichtliche Zeitbedarf und die anfallenden Kosten einer falschen Beurteilung unterzogen werden. Um die Unzulänglichkeiten traditioneller Organisationsformen zu beheben, bietet sich der Einsatz der Projektorganisation an. Der Projekterfolg wird entscheidend von den strukturorganisatorischen Rahmenbedingungen für die Abwicklung und Führung des Projekts bestimmt. Während Projekte durch die Zeitbefristung, die Einmaligkeit, die Komplexität und die Risikobehaftetheit der

lösenden Aufgaben gekennzeichnet sind, bezeichnet die Projektorganisation die Gesamtheit der Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens, denen Aufgaben zur Projektrealisation übertragen sind. Sie umfaßt ebenfalls die aufbauund ablauforganisatorischen Regelungen zur Abwicklung eines bestimmten Projektes. Die Struktur der Projektorganisation wiederum wird bestimmt durch die Art der Zuordnung der Projektaufgaben auf die Mitarbeiter und Leitungskräfte und der Herstellung der Kommunikations-, Kooperations-, Koordinations- und Weisungsbeziehungen zwischen den projektbeteiligten Stellen (Frese 1980, Sp. 1960 ff.; Welge 1987, S. 550 f.). zu

Für eine effiziente Gestaltung der Projektorganisation ist die Projektsituation, das heißt der Projektgegenstand (Projektart) und die Projekthäufigkeit, die bereits existierende Untemehmensorganisation, die beabsichtigte Stmkturierung des Problemlösungsprozesses und das zur Verfügung stehende Personal (Qualifikation, Einstellungen) als eine wesentliche Einflußgröße zu berücksichtigen.

II.

72

Projektinitialisierung

Projektsituationen können vielfältige Möglichkeiten der Projektorganisationsgestaltung abgeleitet werden. Die Organisationsformen unterscheiden sich in ihrem Grundmuster vor allem bezüglich der Regelungen über die Zusammenarbeit der projektinvolvierten Stellen sowie der Kompetenz- und Verantwortungsaufteilung zwischen ihnen. Die Projektorganisation ist vor Projektbeginn jeweils neu zu definieren und in die Untemehmensorganisation zu implementieren. Auch sollte eine einmal gewählte Form nicht über alle Projektphasen hinweg unverändert bestehen bleiben. Bei wesentlichen Aufgabenänderungen im Laufe des Projektfortschritts, die beispielsweise durch eine Projektausweitung bedingt sind, ist eine Anpassung der Organisationsform an den Entwicklungsstand des Projekts notwendig. Um sie phasenspezifisch auszurichten, ist das Projekt nach

Aus den verschiedenen

Dauer, -

Aufwand, Untemehmensrelevanz,

Interdisziplinarität und Durchführungssicherheit zu bewerten (Arens-Fischer 2000,

S.

866).

Ausgestaltung der projektorganisatorischen Regelungen hat unternehmensspezifisch zu erfolgen, wobei allerdings eine formal und situativ gut gestaltete Projektorganisationsstruktur noch keinen Erfolg garantiert. Neben geeigneten Planungstechniken zur Aufgabenbewältigung im Projektablauf ist die durch die Organisationskultur (Wicher 1991, S. 209 ff.) geprägte Art der Zusammenarbeit im Unternehmen von erfolgsentscheidender Bedeutung. Die allzu strenge Befolgung organisatorischer Regelungen kann die Zusammenarbeit beeinträchtigen; andererseits können organisatorische Schwächen durch eine gute Zusammenarbeit überwunden werden. Aus dieser Dialektik ergibt sich die Aufgabe der Implementierung effizienter Projektorganisationsstrukturen und der Schaffung ihrer sozialen Akzeptanz bei gleichzeitiger Entwicklung und Erhaltung eines die Zusammenarbeit begünstigenden Klimas. Die Organisationsplanung sollte nicht darüber hinwegsehen, dass zusätzlich zur formalen Struktur auch informale Beziehungen und Netzwerkstrukturen, die auf das Verhalten der Projektbeteiligten und ihr Zusammenwirken Einfluß nehmen, die Leistungsfähigkeit der Projektorganisation bestimmen. Die

2.

2.

73

Projektorganisation

Formen der Projektorganisation

Folgende projektbezogene Strukturvarianten werden behandelt: Stabs-Projektorganisation, Matrix-Projektorganisation, Teilbereichs-Projektorganisation, Reine Projektorganisation und die Team-Projektorganisation (Frese 1980, Sp. 1960 ff.; Grün 1992, Sp. 2102 ff.; Rademacher 1984, S. 885 ff.; Schreyögg 1996, S. 190 ff.). Dieser Klassifikation liegt mit Ausnahme der Team-Projektorganisation das Kriterium des Grades der organisatorischen Verselbstständigung des Projektzieles zugrunde (Welge 1987, S. 553). -

-

2.1

Stabs-Projektorganisation

Bei der Stabs-Projektorganisation (Abb. 1) werden einem oder mehreren, unmittelbar der Unternehmensleitung unterstellten Stäben (Wicher 1989a, S. 33 ff.; 1989b, S. 28 ff.) Projektaufgaben übertragen. Durch die direkte Subordination unter die Unternehmensleitung sollen die Autorität der Projektleitung und ihre Unabhängigkeit von Bereichsinteressen gestärkt sowie eine laufende Unterrichtung der Unternehmensleitung über den Projektfortschritt sichergestellt werden. Diese Organisationsform hat somit neben ihrer leichten Eingliederungsmöglichkeit, den geringen Umstrukturierungskosten und der nur marginalen Beeinträchtigung der ständig wahrzunehmenden Aufgaben die Vorteile der möglichen unabhängigen Zielvorgabe und der ressortfreien Bestimmung von

Projektschwerpunkten. Projekt A

Unternehmensleitung

Entwicklung Abb. 1:

Stabs-Projektorganisation

Produktion

Projekt B

Absatz

74

II.

Projektinitialisierung

Die Projekteinheit verfügt über keine exekutive Macht gegenüber den projektinvolvierten Stellen. Sie hat bezüglich der Linie ausschließlich Informations-, Beratungs- und Planungsbefugnisse; die Entscheidungsgewalt und Projektverantwortung liegt bei den Linieninstanzen. Trotz der mangelnden Berechtigung zur disziplinarischen Autoritätsausübung und der formal schwach legitimierten Form der Zusammenarbeit beeinflussen die Projektstäbe wegen der de facto engen Abstimmung mit den projektbeteiligten Stellen sowie des hohen Informationsstandes und Spezialwissens die Projektaktivitäten wesentlich (Wicher 1993, S. 580; 1994, S. 199). Zudem eignen sie sich selbst die informale Kompetenz für Projektentscheidungen an, um die Projektdurchführung forcieren zu können. Die Stmkturform der Stabs-Projektorganisation wird auch als Einfluß-Projektorganisation bezeichnet. Die mit der Unterscheidung in Linie und Stab einhergehende starre Trennung von Entscheidungsvorbereitung, Entscheidung und Entscheidungsrealisation begünstigt den Aufbau und die Ausübung des informatorischen Machtpotentzials des Stabes, wodurch die Linie zum Entscheidungsgehilfen und Vollzugsorgan des Stabes wird. Wegen der Trennung von Fach- und Entscheidungskompetenz und der tatsächlich mehr oder weniger starken Vorwegnahme der Entscheidung (Vorentscheidung) durch den Stab besitzt die Linie nur noch scheinbar Entscheidungsmacht (Diskrepanz von Machtanspruch und faktischer Kompetenz). Die Linie gerät zunehmend in Abhängigkeit vom Stab und ist der Gefahr der Informationsmanipulation und -Zurückhaltung oder doch zumindest der selektiven Interpretation und Weiterleitung von Informationen ausgesetzt. Die Linienangehörigen können die ihnen vorgelegten Empfehlungen in der Regel aufgrund der abstrakten Fachsprache lediglich schwer nachvollziehen und ihre Problemlösungsrelevanz kaum oder gar nicht detailliert prüfen, was zu ihrer Verun-

sicherung beiträgt. Werden gute Resultate der Stabsarbeit zum Teil nur in stark veränderter Form oder überhaupt nicht berücksichtigt beziehungsweise abgelehnt, führt dies zur Frustration und Leistungsverschlechterung der Stabsmitarbeiter, die sich ohnehin wegen ihrer hohen Qualifikation und mangelnden vollzugsverbindlichen Weisungskompetenz in ihrem Sozialstatus gegenüber der Linie unterbewertet fühlen. Die Stabslösungen werden als vergleichsweise nachrangig und in ihrem Beitrag zur unmittelbaren Erreichung der Projektziele wenig bedeutend eingestuft. Der Ehrgeiz der Spezialisten und ihr Streben nach existenzieller Rechtfertigung, Selbstbestätigung und Anerkennung sowie nach Erhaltung ihres Einflusses unterstützen die Neigung, vorgegebene Problemstellungen in ihrer Komplexität weiter auszudehnen, als dies tatsächlich notwendig ist und progressive (praxisfeme)

2.

Projektorganisation

75

Ergebnisse zu erarbeiten, die sie weder durchsetzen noch verantworten müssen. Dies begründet eine skeptische oder gar zurückweisende Haltung der Linienangehörigen gegenüber dem Stab, die ohnehin einen Autoritätsverlust und eine Statusminderung befürchten. Bei nicht lösbaren Konflikten ist der Projektkoordinator gehalten, das Problem der vorgesetzten Stelle vorzulegen. Die Auseinandersetzung mit allen Projektbeteiligten führt zu einer Belastung der Unternehmensleitung und weiteren Verzögerungen im Projektablauf (Lehner et al. 1991, S. 475 f.). Neben der Manifestation von Stab-Linie-Konflikten sind als Nachteile die Umständlichkeit der Entscheidungsfindung (zuerst sind die Projektmitglieder zu überzeugen, danach muß das Problem den Linienstellen dargelegt werden), aber auch die Möglichkeit der Isolation des Projektmanagers (Vorenthalten von Informationen, Verminderung einer wirksamen Koordination) zu nennen. Desweiteren ist darauf hinzuweisen, dass zwar die Identifikation des Projektleiters und der Projektmitarbeiter bedingt durch die Unabhängigkeit von den Funktionsbereichsleitern vergleichsweise hoch ist, doch ist die Identifikation mit dem Projektergebnis aufgrund der in dieser Strukturform vorherrschenden spezifischen Auffächerung der Autorität geringer als in anderen Organisationsalternativen des Projektmanagements. Negative Rückwirkungen auf die Arbeitsmotivation dürften die Folge sein. Im Falle der vollständigen Ausgliederung der Stabsmitarbeiter aus der Stammorganisation für die Dauer der Projektarbeit wird dieser Effekt durch die insbesondere gegen Ende der Projektabwicklung anstehende Problematik der Reintegration des Stabspersonals in die angestammten Abteilungen nach Projektabschluß verstärkt. Da der Projektstab eine entscheidungsvorbereitende und -unterstützende Funktion, die Linie hingegen die Kompetenz und Verantwortung für die Projektumsetzung hat, ist ebenfalls eine eindeutige Erfolgs- oder Mißerfolgszuschreibung nicht oder nur schwer möglich. Aufgrund der aufgezeigten Stärken und Schwächen ist diese Ausprägungsform der Projektabwicklung empfehlenswert, wenn Projektaktivitäten für ein Unternehmen relativ seltene Fälle darstellen beziehungsweise für wenig komplexe und wenig umfangreiche, mit kleinem finanziellen Aufwand und Risiko sowie geringer Dringlichkeit gekennzeichneten Innovationsvorhaben, das heißt bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Der Personalbestand muß dann nicht (wesentlich) vergrößert werden. Die Anwendung sollte in den Frühphasen eines Projektes (Konzeptions- und Spezifikationsphase) erfolgen.

II.

76

2.2

Projektinitialisierung

Matrix-Projektorganisation

Zunehmend Anwendung bei länger andauernden, komplexen und erhebliche Finanzmittel erfordernden Innovationsaufgaben findet die Matrix-Projektorganisation.

Unternehmensleitung

Entwicklung

Produktion

Absatz

Projekt A Projekt B Abb. 2:

Matrix-Projektorganisation

Sie bildet eine eigenständige und bereichsübergreifende Organisation der Projektaktivitäten, die permanent Projekte mit unterschiedlicher Dauer und personeller Zusammensetzung abwickelt und braucht nicht für einzelne Projekte aus der Linienstruktur ausgekoppelt zu werden. Wechselnden Projektanforderungen gegenüber erweist sie sich als anpassungsfähig und von hoher struktureller Elastizität und Flexibilität. Unternehmen mit hoher Projektleistungsfähigkeit und starker Interdisziplinarität der Aufgaben (High-Tech-Untemehmen in der Luft- und Raumfahrt oder im Anlagenbau) setzen diese Strukturform vor allem in der Projektplanungsphase ein. In der Matrix-Projektorganisation wird eine gleichzeitige Koordination der Tätigkeiten nach zwei unterschiedlichen Aufgabendimensionen angestrebt. Hauptmerkmal dieser Strukturierungskonzeption ist das ihr zugrundeliegende zweilinige Leitungssystem, bei dem ein vertikales (fünktionsbezogenes) Führungssystem von einem horizontalen (objektbezogenen) überlagert wird (Wicher 1989a, S. 38 ff.; 1989b, S. 31 ff.; 1991a, S. 139 ff.). Diese Strukturvariante resultiert aus der Kompetenzaufteilung zwischen der auf die Erfüllung kontinuierlich wahrzunehmender Aufgaben ausgerichteten und der projektbezogenen Leitungsorganisation. Die für das Projekt tätigen Ausführungsstellen erhalten von zwei Instanzen Anweisungen. Die disziplinarische Autorität liegt bei den Bereichsleitern; die Projektleiter

2.

Projektorganisation

77

verfügen über die funktionale Autorität. Im Schnittpunkt der horizontalen und vertikalen Kompetenzlinien liegt die kritische Stelle dieser Strukturform. Die Doppelunterstellung macht sich aufgrund der Kompetenzkreuzungen vor allem bei außergewöhnlichen Großprojekten negativ bemerkbar. Da die Projektaktivitäten in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Fachabteilungen durchzuführen sind, werden die Projektmitarbeiter aus ihren herkömmlichen Abteilungen nicht ausgegliedert. Eine bedeutende Voraussetzung für die Einführung der Matrix-Projektorganisation ist das Vorhandensein bestimmter Persönlichkeitseigenschaften und sozialer Verhaltensweisen der Projektbeteiligten. Hierzu zählen insbesondere eine überdurchschnittlich stark ausgeprägte Kommunikations- und Kooperationseignung, ein gutes Konfliktmanagement sowie ein großes Ausmaß an Ungewißheitstoleranz und Rollenflexibilität. Durch die ständigen (kompetenzinduzierten) Kontroversen zwischen den Projektund den Funktionsmanagern verfügt die Matrix-Projektorganisation über günstige Rahmenbedingungen für einen quantitativ und qualitativ aufgabenadäquaten Einsatz des Personals sowie der technischen und finanziellen Mittel. Sie vermeidet hohe Reorganisationskosten, die Hortung von Ressourcen, eine mangelhafte Koordination und die Isolation des Projektleiters, der die Projektverantwortung innehat, von den Instanzen. Diese Aufbauform bietet den Vorteil der Überwindung des Abteilungs-/ Bereichsegoismus. Sie trägt dem Gedanken der interdisziplinären Zusammenarbeit über Abteilungs- beziehungsweise Fachbereichsgrenzen hinweg Rechnung. Die Definition der Projektziele und Projektschwerpunkte erfolgt ressortunabhängig. Hierarchisch verlaufende Arbeits- und Kommunikationsbeziehungen werden aufgelöst oder abgeschwächt. Positiv ist ebenfalls die Nutzung des kürzesten Anordnungsund Informationsweges. Die Matrix-Projektorganisation gewährleistet Problemtransparenz und eine Objektivierung der Entscheidungen und Planung. Dadurch sollen einseitige Interessenformulierungen und -durchsetzungen im Projektablauf verhindert werden. Ein weiterer wichtiger Vorzug ist die doppelte Spezialisierung. Die Leistungsfähigkeit dieser komplizierten Organisationsform wird jedoch durch mehrere Nachteile beeinträchtigt. Die Art der Zuständigkeits- und Autoritätsaufteilung zwischen dem Bereichsleiter und dem Projektleiter bestimmt wesentlich das strukturbedingte Konfliktpotentzial. Eine überschneidungsfreie Abgrenzung und Zuordnung der Entscheidungsbefugnisse ist praktisch nicht möglich. Da dem Projektmanager in der Regel die "Was-Wann-Kompetenz" und die Verantwortung für die Budgeteinhaltung übertragen werden, während der Funktionsleiter über die "Wer-Wie-Kompetenz" und die Disziplinarbefugnis verfügt,

II.

78

Projektinitialisierung

gegenseitige Durchdringung der Kompetenzbereiche und die Entstehung von Spannungsfeldem unvermeidlich (Van Geldern 1997, S. 98). Die Matrix-Projektorganisation bewirkt eine verlangsamte Entscheidungsbildung, Entscheidungsdurchsetzung und Projektabwicklung sowie neben einem beträchtlichen Zeitaufwand erhebliche Koordinationskosten. Die Komplexität der Führungsaufgaben und der koordinierenden Rollen wird erhöht. Die Projektmitglieder in den sich überlappenden Kompetenzbereichen laufen aufgrund des Kompetenzdualismus Gefahr, überlastet zu werden, weil ihnen von zwei Seiten Aufgaben übertragen werden und sie oft divergierende Rollenerwartungen zu erfüllen haben (Rollenüberladung). Kritisch ist zudem anzumerken, dass trotz der Unabhängigkeit des Projektleiters bei der Entwicklung der Projektkonzeption und der hohen Projektidentifikation positive Motivationswirkungen tendenziell eingeschränkt werden. Motivationsmindemde Folgen resultieren aus der Ressourcenabhängigkeit des Projektleiters bei der Verwirklichung des Projekts. Eine klare Erfolgs-/ Mißerfolgszurechnung ist unter diesen Umständen nicht möglich. Wie in der Stabs-Projektorganisation ist auch hier die Konfliktträchtigkeit der Beziehungen zu den übrigen Unternehmensbereichen (hervorgerufen insbesondere durch die Kompetenzzuteilung) eine latente Beeinträchtigung der Motivation. Die duale Führung ist auch insofern motivationsrelevant, als sie die Problematik zu vieler und schlechter Kompromisse mit sich bringt. sind eine

-

-

2.3

Teilbereichs-Projektorganisation

Projektteilen in bestimmten Funktionsbereichen, in denen sehr differenzierte Produktanforderungen zu erfüllen sind, führt zur Entstehung eines projektorientierten Teilbereichs. Der Abteilung mit dem größten Fachanteil am Projekt wird die Verantwortung für dessen Realisation übertragen (Lehner et al. 1991, S.480). Diese Eingliederungsart wird für Projekte, die eine schwache interdiszplinäre Aufgabenausrichtung aufweisen und nur geringe Koordinationsleistungen mit anderen Fachabteilungen erfordern, bevorzugt. Das Linienprojekt bietet sich vornehmlich bei kleineren, weniger bedeutenden Entwicklungsaufgaben an, für deren Erledigung die benötigten Mitarbeiter in der bestehenden Organisationseinheit vorhanden sind. Es ist eher für die späteren Projektphasen geeignet. Ein Beispiel für einen projektorientierten Entwicklungsbereich gibt Abbildung 3. Die

organisatorische Verselbstständigung

von

2.

Projektorganisation

79

Unternehmensleitung

Entwicklung

Produktion

Absatz

Projekt A Projekt B Abb. 3:

Teilbereichs-Projektorganisation

Diese Strukturvariante ist eine flexibel einzurichtende Organisationsform. Es entsteht nur ein geringer Umstrukturierungsaufwand, da die Projektmitarbeiter aus der Linie des projektrelevanten Bereichs stammen und dort weiterhin bis zum Projektende tätig sind. Die intensive Abstimmung zwischen dem Bereichsleiter und dem Projektleiter gewährleistet die organisatorische Integration des Projektes.

Die

Unterstellung des Projektleiters unter den Funktionsbereichsleiter zeigt die Schwierigkeit einer ressortfreien Bestimmung der Projektziele und Projektschwerpunkte an. Eine hierarchische Autorität und dadurch bedingte Autonomie der Projektleitung sind durch die Bereichsintegration nicht gegeben. Die aus der Unterordnung resultierende formal schwach legitimierte Position des Projektleiters zwingt zur Zusammenarbeit und engen Abstimmung mit dem Bereichsleiter. Als Linieninstanz auf einer rangmäßig mittleren Leitungsebene hat der Projektmanager die durch den Dienstweg vorgeschriebenen langen Informations- und Kommunikationswege einzuhalten, will er sich mit der Unternehmensleitung und anderen Fachabteilungen austauschen. Die starke Eingebundenheit in die Organisationshierarchie verzögert die Entscheidungsfindung und Entscheidungsdurchsetzung. Da die Unteirichtung der Unternehmensleitung über den erzielten Projektfortschritt durch den Bereichsleiter erfolgt, sind Informationsfllterungen und -Verzögerungen nicht auszuschließen (Wicher 1989c, S. 290 ff.). Die Eingliederung dieser Organisationsform weist zudem auf die hohe bereichsbezogene Ressourcenabhängigkeit des Projektmanagers hin. Eine gewisse Konfliktträchtigkeit ist damit bereits vorprogrammiert.

80

II.

Projektinitialisierung

Der Projektleiter verfügt über keine exekutive Macht gegenüber den projektinvolvierten Stellen. Er besitzt die notwendige fachliche Autorität, während dem Bereichsleiter die disziplinarische Autoritätsausübung obliegt. Durch die Rekrutierung der Projektmitarbeiter aus der Linie des betreffenden Bereichs besteht die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der ständig wahrzunehmenden Aufgaben. Wenngleich die Projektverantwortung bei dem Bereichsleiter liegt, ist eine eindeutige Erfolgs- und Mißerfolgszurechnung in dieser Strukturform dennoch problematisch. Die de facto unselbstständige und partielle Organisation der Projektaktivitäten vermindert die projektnotwendige Identifikationsleistung und wirkt nicht motivierend. 2.4

Reine

Projektorganisation

Die vergleichsweise aufwändigsten Anpassungsänderungen und höchsten organisatorischen Umstellungskosten vor der Aufnahme und nach der Beendigung der Projektaufgabe verursacht die Einführung der reinen Projektorganisation (Abb. 4). Hierbei handelt es sich um eine Strukturierung von Unternehmensbereichen nach dem Objektprinzip (Wicher 1989a, S. 36 ff.; 1989b, S. 30 f.). Unternehmensleitung

Entwicklung Projekt A

Abb. 4: Reine

Produktion

Absatz

Projekt

B

Projektorganisation

Die Projektmitglieder werden aus den verschiedenen Untemehmensbereichen durch Freistellung rekrutiert, beziehungsweise es werden externe Mitarbeiter

2.

Projektorganisation

81

und der Projektleitung, die mit uneingeschränkten Anordnungsrechten für alle das Projekt betreffenden Fragen ausgestattet und somit in ihrer Leitungsfunktion von anderen Stellen unabhängig ist, in einem selbstständigen Projektbereich unterstellt. Die Projektleitung erhält Anweisungen lediglich von der Unternehmensleitung, die sie direkt über die laufende und geplante Projektabwicklung unterrichtet. Die Verselbstständigung des Projektbereiches und das relativ hohe Ausmaß an Autonomie stellen günstige Voraussetzungen für die Leistungsmotivation und Identifikation mit dem erzielten Projekterfolg dar. Der horizontale Koordinationsbedarf ist relativ gering. Diese Organisationsform stellt eine eindeutige Abgrenzung der Verantwortungsbefugnisse und Transparenz im Strukturaufbau sicher. Die Projektbereiche können ergebnisbezogen kontrolliert und beurteilt werden. Die eigenständige und hierarchie übergreifende Organisation der Projektaktivitäten bietet eine gute Grundlage für eine exakte Erfolgs- und Mißerfolgszuschreibung. Der Projektbereich ist nicht auf die Zuführung von Ressourcen anderer Unternehmensbereiche angewiesen. Dadurch kann eine ungeteilte Ausrichtung der Ressourcen auf die Aufgabenerfüllung erfolgen, was vor allem der Wahrnehmung von Aufgaben mit einem hohen Dringlichkeitsgrad Rechnung trägt. Aufgrund der Tatsache, dass weniger von den funktionalen Abteilungen und den Projektangehörigen gemeinsam beanspruchte Ressourcen vorhanden sind und nur geringe Interdependenzbeziehungen vorliegen, ist eine Verminderung konflikterzeugender Auswirkungen zu erwarten. Dem steht andererseits die Gefahr der Unterausnutzung der Ressourcen gegenüber. Die durch die zu weitreichende Verselbstständigung der Projektbereiche hervorgerufene zu geringe Nutzung von Verbundeffekten erhöht die administrativen Kosten, da eine Duplizierung und Mehrfachbesetzung vieler Funktionen erforderlich sind. Die Beurteilung des Projektmanagers unter dem Aspekt des Projekterfolges bewirkt, dass überhöhte Zuteilungen an personellen, technischen und finanziellen Ressourcen gefordert werden. Die Ressourcenkonkurrenz der Projektbereiche untereinander trägt zur möglichst günstigen Formulierung und eventuell Verfälschung ihrer Gewinnerwartungen gegenüber der Unternehmensleitung bei. Die Mittelzuweisung erfolgt somit nicht immer nach ökonomisch rationalen Kriterien. Die reine Projektorganisation ist durch eine eindeutige projektbezogene Anweisungsstruktur gekennzeichnet. Da sie eine straffe Koordination, schnelle Entscheidungsfindung und relativ rasche Projektdurchführung gewährleistet, ist diese Organisationsform für bezüglich Umfang und Dauer sehr große Innovationsvorhaben mit hoher Wichtigkeit für das Unternehmen geeignet.

angeworben

II.

82

Projektinitialisierung

liegt eher in den späteren Projektphasen bei langfristigen Entwicklungsprojekten. Denkbar ist neben einer strukturintegrativen Lösungsmöglichkeit ebenfalls die Institutionalisierung als Nebenhierarchie außerhalb der Stammorganisation (Wicher 1989a, S. 158 f.; 1989b, S. 95 f.; 1994, S. 308 ff.). Gleichwohl sollte nicht verkannt werden, dass die Reintegration der Projektbeteiligten in die angestammte Organisationsstruktur nach Projektfertigstellung auch und besonders in diesem Fall große strukturelle und personal wirtschaftliche Der Anwendungsschwerpunkt

Probleme bereitet. 2.5

Team-Projektorganisation

Projektteam (Wicher 1989a, S. 72 ff.; 1989b, S. 89 ff.; 1999, S. 836) gehören Mitglieder verschiedener Hierarchieebenen und Fachrichtungen der relevanten Funktionsbereiche an. Diese sind vorwiegend von der Unternehmensleitung mit Innovationsaufgaben betraute Experten, die von ihren regulären Verpflichtungen entbunden werden und ausschließlich projektorientierte Aufgaben wahrnehmen. Möglich ist aber auch, dass die Projektmitglieder in ihrem Bereich eingebunden bleiben und die Projektaufgaben auf diese Weise wahrnehmen. Ranghierarchische Differenzen sind im Projektteam aufgehoben; Ausführungs- und Weisungsfunktionen werden aufgabenspezifisch neu verteilt. Somit sind formale Dem

Positions- und Statusunterschiede, die aus der angestammten Linienfunktion herrühren, im Projektteam ohne Belang. Die aus der Projektaufgabe resultierenden Anforderungen an die Qualifikation definieren die Rolle der Projektmitarbeiter. Die Position des Projektteamleiters wird eigens für ein bestimmtes Projekt geschaffen. Er ist mit einer unabhängigen funktionalen Weisungskompetenz und Verantwortlichkeit ausgestattet; disziplinarisch sind die Projektteammitglieder weiterhin den

delegierenden Organisationsstellen zugeordnet. Die Effizienz des Projektteams basiert auf der fachlichen beziehungsweise funktionsgerechten Strukturierung der Gruppe und auf der Gruppenkohäsion, die von der Integration der Mitarbeiter mit ihren besonderen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten in das Team abhängt. Verstärkt bei interdisziplinär ausgerichteten Projekten kommt dem Projektteamleiter die Rolle des Moderators zwischen den verschiedenen fachspezifisch geprägten Sichtweisen zu. Während dieser für das Gesamtprojekt und die Koordination der Teilleistungen zuständig ist, obliegt die Entscheidungskompetenz für die Umsetzung der Arbeitspakete in der Regel den jeweils verantwortlichen Teammitgliedern.

2.

Projektorganisation

83

Zielkommunikation und Aufgabenteilung sind folglich wichtige Voraussetzungen für die Projekteffizienz (Arens-Fischer 2000, S. 869). In dem Projektteam werden die Planung, Steuerung und Überwachung des Innovationsvorhabens zusammengefaßt. Seine Stärke liegt in der späteren Neuerungsphase. Es beginnt erst dann zu agieren, nachdem das Projekt beschlossen worden ist und die Umsetzung ansteht. Im Projektteam werden die Dominanz und eventuelle Rivalität einzelner betrieblicher Teilbereiche überwunden. Verzögerungen und Ressourcenhortung bei der Innovationsrealisation durch Zwischeninstanzen werden gering gehalten, da die Entscheidungs- und Kontrollkompetenz in der Hand des Projektteamleiters liegt. Der funktionale und disziplinarische Kompetenzdualismus kann in bestimmten Situationen konfliktfördernd wirken. Die Befristung des Projekts und die Instabilität der organisationalen Position führen zu Unsicherheit über die zukünftige Stellung. Manche Mitglieder richten das primäre Interesse auf die Erhaltung des Teams und versuchen, das Projektende zu verzögern. Diese Tendenz wird dadurch unterstützt, dass die angestammte Position in der Regel durch einen niedrigeren Sozialstatus, weniger Autonomie und Routinearbeiten gekennzeichnet ist. Wird die Rückkehr der Teammitglieder in ihre ursprüngliche Position möglich, bewirken die veränderten Umgangs- und Verhaltensformen eine Reduktion der hierarchischen Distanz und damit eine hierarchische Abwertung. Durch den Wechsel können auch Umstellungs- und Beziehungsprobleme mit dem Vorgesetzten, die zu Autoritätsproblemen führen, entstehen. 3.

Literaturhinweis

Arens-Fischer

(2000): Arens-Fischer, Wolfgang: Projektmanagement, in: ArensFischer, Wolfgang/Steinkamp, Thomas: Betriebswirtschaftslehre, München/ Wien, S. 813 892. Frese (1980): Frese, Erich: Projektorganisation, in: Grochla, Erwin (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation, 2., völlig neu gest. Aufl., Stuttgart, Sp. -

1960- 1974.

(1992): Grün, Oskar: Projektorganisation, in: Frese, Erich (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation, 3., völlig neu gest. Aufl., Stuttgart, Sp. 2102 2116. Lehner et al. (1991): Lehner, Franz et al.: Organisationslehre für Wirtschaftsinformatiker, München/Wien. Rademacher (1984): Rademacher, Günter: Projektorganisation, in: Management Enzyklopädie. Das Managementwissen unserer Zeit, 2. Aufl.,

Grün

-

II.

84

Projektinitialisierung

Bd., Landsberg/Lech S. 885 905. Schreyögg (1996): Schreyögg, Georg: Organisation. Grundlagen moderner 7.

,

-

Organisationsgestaltung, Wiesbaden. (1997): Van Geldern, Michael: Organisation. Ein anwendungsorientiertes Lehrbuch mit Fallbeispielen, Frankfurt/New York. Welge (1987): Welge, Martin K. unter Mitarbeit von Herbert Kubicek: Unternehmungsführung, Bd. 2: Organisation, Stuttgart. Wicher (1989a): Wicher, Hans: Innovative Untemehmungsorganisation Ansätze und Konzeptionen, Ammersbek bei Hamburg. Wicher (1989b): Wicher, Hans: Innovative Untemehmungsorganisation Bibliographie, Ammersbek bei Hamburg. Wicher, Hans (1989c): Wicher, Hans: Kommunikation und Kreativität Organisatorische Gestaltungsempfehlungen, in: Das Wirtschaftsstudium, 18, Van Geldern

-

-

-

5, S. 290 295. Wicher (1991a): Wicher, Hans: Führungsmodelle -

Stand der Forschung, Ammersbek bei Hamburg. Wicher (1991): Wicher, Hans: Organisationskultur Eine kognitionspsychologische Interpretation des Verhältnisses von Struktur und Individuum, in: Wicher, Hans (Hrsg.): Betriebliches Innovationsmanagement. Die Gestaltung von Innovationsprozessen. Grundlagen, Konzepte, Erfahrungen, Ammersbek bei Hamburg, S. 209 225. Wicher (1993): Wicher, Hans: Kongruenzprinzip der Organisation, in: Das Wirtschaftsstudium, 22, 7, S. 579 580. Wicher (1994): Wicher, Hans: Gesetze, Prinzipien, Effekte, Paradoxa der Betriebswirtschaftslehre, Ammersbek bei Hamburg. Wicher (1999): Innovationsfähige Team strukturen, in: Das Wirtschaftsstudium, 28, 6, S. 833 839. -

-

-

-

-

3.

3.

Analyse

Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds

Klärung der Ausgangslage: des strukturellen und kulturellen Projektumfelds von

Prof. Dr. Klaus Eckrich Inhaltsverzeichnis

4.

Projektumfeld als Einflussfaktor auf den Projekterfolg Analyse der strukturellen Umfeldbedingungen 2.1 Identifikation von aufbau- und ablauforganisatorischen Einflussfaktoren 2.2 Klärung der Rolle der Projektmanagement-Akteure 2.3 Bewertung der Strukturbedingungen Analyse der kulturellen Umfeldbedingungen 3.1 Festlegung eines Analyserahmens 3.2 Analyse der kulturellen Einflussfaktoren 3.3 Bewertung der Kulturbedingungen Schlussfolgerungen für die Arbeit im Projektmanagement

5.

Literaturhinweis

1.

2.

3.

Das

85

86

II.

Projektinitialisierung

Autorenbeschreibung Prof. Dr. Klaus Eckrich, Jg. 1960, Lehre zum Bankkaufmann, Studium der Volkswirtschaftlehre und Promotion in Mainz, Tätigkeiten als Projektleiter am Universitätsseminar der Wirtschaft (USW) auf Schloss Gracht in Erftstadt, im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, in der Abteilungsleitung der "Unternehmensbezogenen Weiterbildung" am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, in der Vertriebssteuerung und Repräsentanz des Ashridge Management College bei London sowie als freier Management-Trainer und -Berater. Dozententätigkeit an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW), Fachbereich Untemehmensführung, in Bergisch Gladbach.

3.

1.

Das

Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds

87

Projektumfeld als Einflussfaktor auf den Projekterfolg

Warum sind manche Projekte erfolgreich, warum scheitern andere? Welche Faktoren tragen zum Gelingen, welche Faktoren tragen zum Scheitern von Projekten bei? Sind es Faktoren, die in der Projektarbeit selbst zu suchen sind (siehe Abb. 1)? Steht und fällt etwa der Projekterfolg mit dem gezeigten Arbeitsverhalten, z. B. der Qualität der Projektleitung, der Qualität der Zusammenarbeit im Projektteam etc. oder mit den eingesetzten Arbeitsverfahren, z. B. der sachgerechten Anwendung geeigneter Projektplanungsverfahren, dem Berichtswesen etc.?

Abb. 1: Interne Erfolgsfaktoren Arbeitsverhalten und Arbeitsverfahren im Projekt-

management Oder wird der Projekterfolg auch

Einflußfaktoren bestimmt, die ausserhalb der und die auf die Arbeit der Projektbeteiligten von von

eigentlichen Projektarbeit liegen außen wirken (siehe Abb.2)? Richten Projektleiter und Mitarbeiter

Projektarbeit ihr Augenmerk bevorzugt oder ausschliesslich auf interne Erfolgsfaktoren in Abbildung 1 zum Arbeitsverhalten und zu den eingesetzten Arbeitsverfahren zusammengefasst so bei der

-

-

II.

88

Projektinitialisierung

unterliegen sie einer möglicherweise entscheidenden Fehleinschätzung: Die Erfahrung zeigt, dass wie in Abbildung 2 skizziert externe Erfolgsfaktoren, auch Umfeldfaktoren genannt, ebenfalls maßgeblich den Projekterfolg (mit-) bestimmen. -

-

Abb. 2: Externe Erfolgsfaktoren Faktoren aus dem Projektumfeld, die unterstützen bzw. Wiederstand begründen -

im Unternehmen und die im Unternehmen tätigen Projektgruppen erkennen zunehmend die Bedeutung externer Einflussfaktoren. So erhält z. B. der Punkt 'Rahmenbedingungen des Projektumfeldes' bei SAP-Kundenschulungen für das Projektmanagement aus gutem Grund einen hohen Stellenwert. Dort werden Punkte wie 'Change Management', 'Aufgaben und Qualifikation des Projektleiters', 'kritische Erfolgsfaktoren' ganz selbstverständlich eingehend behandelt. Projektleitung und Team müssen sich also klar darüber werden, dass sie aus dem Projektumfeld sowohl Rückenwind also Unterstützung für die Projektarbeit als auch Gegenwind, d.h. Schwierigkeiten, erleben können. Praktisch heißt dies, dass ein Projektteam in einem Projekt im Unternehmen A durchaus wirkungsvoll operieren kann. Das gleiche Team mit exakt gleichem Arbeitsverhalten und gleichen Projektmanagement-Tools wäre möglicherweise in einem Projekt im Unternehmen B weniger erfolgreich. Das Projektteam muß folglich die Einschätzung der eigenen Möglichkeiten, die Einschätzung der eigenen Grenzen möglichst genau vornehmen,

Führungskräfte

-

-

3.

Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds

89

Projektleiter und sein Team Gefahr, dass der 'Schwarze Peter' für ein schiefgelaufenes Projekt zu Unrecht beim Team und seinen Mitgliedern landet. Oder es entsteht vermeidbarer Frust und vermeidbare Enttäuschung über die aktuelle Projektarbeit mit negativen Rückwirkungen auf die Motivation der Projektbeteiligten. sonst

laufen

Zwischenfazit: Wer die Umfeldbedingungen des ebnet den Weg für dessen Misserfolg!

eigenen Projekts ignoriert,

Wie machen sich

Projektmanager ein möglichst aufschlussreiches Bild über umfeldbedingte Unterstützungsfaktoren und Schwierigkeiten? Wie stellen sie sich am besten auf das spezifische Umfeld ein? Wie verändern sie die Herangehensweise an die Projektarbeit in Kenntnis der spezifischen Umfeldfaktoren? Ein erster Schritt ist die Unterscheidung in strukturelle und kulturelle Umfeldbedingungen. Diese sind zunächst jeweils zu analysieren und zu bewerten. Auf der Basis der so gewonnenen Erkenntnisse sind in einem zweiten Schritt Schlussfolgerungen für andere Herangehensweisen an die Projektarbeit zu ziehen. 2.

Analyse der strukturellen Umfeldbedingungen

2.1

Identifikation von aulbau- und

ablauforganisatorischen Einflussfaktoren

Strukturanalyse ist ein Blick auf die Aufbau- und die Ablauforganisation des Unternehmens hilfreich (siehe Abb. 3). Unter aufbauorganisatorischen Gesichtspunkten ist es wichtig, zu klären, nach welchen Strukturprinzipien die Aufgaben im Unternehmen definiert und gebündelt sind. Ebenso ist zu prüfen, inwiefern Rollen der Akteure systematisch vergeben und von diesen überzeugend angenommen werden. Die Rollenklärung wird wegen der besonderen Bedeutung für den Projekterfolg in Abschnitt 2.2 gesondert behandelt. Unter ablauforganisatorischen Gesichtspunkten ist es für das Projektteam unerlässlich, sich die Informations- und Kommunikationsprozesse im Projektumfeld anzusehen, und zu prüfen, wie in der Unternehmenspraxis Koordinations- und Kooperationsprozesse funktionieren. Für die

II.

90

Projektinitialisierung

Aufbauorganisation Analyse der Aufgabenverteilung

Ablauforganisation

Unternehmen

Analyse der Informations- und Kommunikationsprozesse im Projektumfeld

Analyse der Rollen der Aufgabenträger im

Analyse der Koordinationsund Kooperationsprozesse im Projektumfeld

Unternehmen

im

Abb. 3: Analyserahmen zur Klärung der strukturellen

Umfeldbedingungen

sollte zunächst klären, nach welchen Prinzipien die Aufgaben im Unternehmen verteilt sind. Gleichzeitig ist zu untersuchen, wie im Unternehmen über Abteilungs- und Hierarchieebenen hinweg kommuniziert und zusammengearbeitet wird. Wie sind die Aufgaben im Unternehmen verteilt? Arbeitet das Projektteam in einer funktional gegliederten Einlinienorganisation (siehe Abb. 4) mit Vertriebs-, Einkaufs-, Forschung & Entwicklungs-, Produktions-, Controlling-/Finanzabteilung etc.? Findet Projektmanagement in einer objektorientierten Einlinienorganisation (siehe Abb. 5) statt, d.h. die Aufgabenbereiche sind in Produkteinheiten, z.B. Sommerreifen, Winterreifen, Ganzjahresreifen etc. oder Regionen, z. B. Europa, Das

Projekteam

USA, Asien,

etc.

aufgeteilt?

Funktionale

Einlinienorganisation:

Abb. 4:

Beispiel funktionale Einlinienorganisation

3.

Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds

91

Objektorientierte Einlinienorganisation: Geschäfts-

leitung

Organisiert..

...

nach Produkten

Winterreifen

Ganzjahresreifen

Geschäfts-

leitung

.nach

Abb. 5:

regionalen Märkten

Asien

Beispiele objektorientierte Einlinienorganisation

Wird Projektmanagement in einer Mehrlinienorganisation, etwa einem typischen Matrixumfeld (siehe Abb. 6) betrieben, d.h. das Unternehmen ist z. B. funktional und gleichzeitig objektorientiert nach Regionen gegliedert? Oder findet Projektmanagement tatsächlich in einer Projektorganisation (siehe Abb. 7) statt, d.h. die Aufgaben werden nicht oder nicht nur in den dauerhaften funktionalen und/oder objektorientierten Linien, sondern auch oder sogar überwiegend in zeitlich begrenzten, linienübergreifenden Projekten erfüllt?

II.

92

Projektinitialisierung

Matrixorganisation:

Geschäfts-

leitung

Controlling/ Finanzen

Europa

USA

Asien

Abb. 6:

Beispiel Mehrlinienorganisation

hier: -

Matrixorganisation

Projektorganisation: Geschäfts-

leitung

Produktion

Controlling/ Finanzen

/ \ \_/ PLA

Europa

I_

Asien

E>:::::

Legende: PLA Projektlenkungsausschuss PL Projektleiler =

=

Abb. 7:

Beispiel Projektorganisation

3. Analyse des strukturellen und kulturellen

Projektumfelds

93

Wie funktionieren im Unternehmen die Informations- und Kommunkationsabläufe? Wird regelmässig empfängerorientiert informiert, oder werden Informationen gebunkert, nur zögernd und verzerrt weitergeleitet bzw. werden die Empfänger mit Papier oder e-mails zugeschüttet? Wird Kommunikation bewusst gestaltet, werden spezifische Kommunikationsformen, z.B. persönliches Gespräch, Gruppenmeeting, schriftliche Kommunikation, etc. gezielt und effektiv eingesetzt? Wie ist das Koordinations- und Kooperationsverhalten im Unternehmen? Wird streng hierarchisch gefuhrt oder gibt es ein partnerschaftliches Zusammenwirken über die Leitungsebenen hinweg? Arbeiten die Abteilungen und Unternehmensbereiche miteinander, aneinander vorbei oder gegeneinander? Gibt es innerhalb von Bereichen und Abteilungen professionelle Gruppenarbeitsprozesse? Warum ist die Strukturanalyse wichtig, was kann das Projektteam schlussfolgern? Nun, findet Projektmanagement in einem funktionalen oder objektorientierten Einlinienumfeld statt, muss das Team damit rechnen, dass die Arbeit einer Projektgruppe eher als Fremdkörper in der Linienorganisation wahrgenommen wird. Projektarbeit "stört" die Routine der Linienabteilungen, die Projektmanager müssen einen überdurchschnittlich hohen Erklärungs- und Begründungsaufwand für ihr Handeln aufbringen. Organisatorische Projektmanagement-Regularien zu Fragen wie 'wie wird ein Projekt zum Projekt?' oder 'wie erfolgt die Abstimmung mit dem Auftraggeber?' fehlen. Ein Projektmanagement-Handbuch wird man meist vergebens suchen. Wenn es eines gibt, dann ist die Qualität oft zweifelhaft: Das Handbuch ist irgendwo unreflektiert abgeschrieben und ziert als unbrauchbare 'Schrankware' den Aktenschrank. Es fehlen Entscheidungsstrukturen z. B. in Form eines funktionierenden Steuemngsgremiums oder Lenkungsausschusses. Sind zusätzlich auch die Abläufe im Unternehmen unprofessionell geregelt, dann kommt das Projektteam nicht an die benötigten Informationen heran, Besprechungen und Meetings verlaufen gemäss dem Vorbild in den Abteilungslinien mangels verfügbarer Standards auch in der Projektarbeit ergebnislos, häufig auch frustrierend. Linienvorgesetzte fürchten den Verlust von Einfluss, da Mitarbeiter der eigenen Abteilung plötzlich auch einem Projektleiter unterstellt sind. Manche Abteilungen verweigern die Zusammenarbeit ganz. Projektmitarbeiter werden nur 'Pro Forma' ins Projektteam entsandt. Wenn diese sich doch für das Projektteam engagieren, machen sie eben Überstunden, weil sie von Linienaufgaben in der Abteilung nicht wirklich freigestellt werden. So oder so ähnlich ist das Szenario, welches der Projektmanager in der Einlinienorganisation vorfindet. Unliebsame Phänomene treten in unterschiedlichster Form auf, die Liste könnten erfahrene Projektmanager beliebig fortsetzen. Allen gemein

94

II.

Projektinitialisierung

ist, dass sie wie starker Gegenwind den Projektmanagern ins Gesicht blasen und ihnen das Leben schwer machen. In der Matrixorganisation gibt es immerhin ein gewachsenes Verständnis und Erfahrungswerte für die Zusammenarbeit über Liniengrenzen hinweg, d.h. der Erklärungs- und Begründungsaufwand für Projektarbeit ist in dieser Organisation vergleichsweise niedrig. Die Projektteammitarbeiter sind schon aus ihrer Linienfunktion heraus mit der Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg vertraut. Die Linienvorgesetzten sind daran gewöhnt, dass die eigenen Mitarbeiter auch von anderen Stellen im Unternehmen (mit-)geführt werden und von anderen Instanzen Anweisungen erhalten. Und sie sind es gewohnt, dass sie selbst auch Mitarbeiter in unterschiedlichen Bereichen führen. Kommunikation und Informationsfluss über enge Abteilungsgrenzen hinweg gehören zur täglichen Routine der Führungskräfte und Mitarbeiter. Ähnlich wie die Arbeit von Mitarbeitern in Matrixstrukturen ist auch die Arbeit von Projektteams durch Verflechtungen und Zusammenarbeit über Bereichsgrenzen hinweg geprägt. Nur sind der Umfang, Intensität und qualitative Anforderungen bereichsübergreifender Zusammenarbeit in der Projektarbeit noch grösser, als in der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit der Matrix. Der Fremdkörpercharakter des Projektteams ist in der Matrixorganisation geringer als in der rein funktionalen bzw. rein objektorientierten Organisation. Es gibt mehr Erfahrungswerte in der abteilungs- und bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Doch auch in der Matrix fehlen projektmanagementunterstützende, spezifische Strukturen. Diese sind in der echten Projektorganisation vorhanden, die Strukturbedingungen sind hier ganz andere: Projektmanagement gehört zum "Tagesgeschäft", das Projektteam kann auf vorgegebene und im Unternehmen erprobte Routinen zurückgreifen. Meilensteingesteuerte Abstimmungsprozesse des Projektteams mit dem Auftraggeber, der mit dem Ziel der Projektlenkung als 'Lenkungsausschuss', 'Steuerungsgremium', 'Steering Team' oder in ähnlicher Bezeichnung institutionalisiert ist, gehören zum Standard. Projektleiterolle und -kompetenzen sind hinreichend klar. Ebenso die Rollen der anderen Akteure. Wie Projekte abzuwickeln sind, ist in einem Projektmanagement-Handbuch (siehe Kapitel II, Abschnitt 9) beschrieben. Dieses ist wirklich brauchbar und praxistauglich geschrieben. Das Handbuch staubt nicht im Aktenschrank vor sich hin. Die Herausforderung für Projektmanager ist hier eine andere. Das Projektteam muss nicht beweisen, dass es eine Projektaufgabe überhaupt bewältigen kann, sondern es muss beweisen, dass es die Aufgabe besser lösen kann als andere, dass es anspruchsvolle Projektziele wirklich erreicht, realistisch formulierte und vereinbarte Ziele nicht leichtfertig verfehlt usw.

3.

Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds

95

Zwischenfazit: Projektleiter und Projektteam müssen in der funktionalen bzw. objektorientierten Organisation mit Argwohn, Ignoranz und halbherziger Unterstützung rechnen, in der Matrixorganisation haben sie es mit einer wohlwollenden Amateurliga und nur in der Projektorganisation mit einer ech-

ten

2.2

Profiliga zu tun. Klärung der Rolle der Projektmanagement-Akteure

Die Untersuchung der Rollen der Aufgabenträger im Unternehmen (siehe nochmals Abb. 3) verdient besondere Beachtung. Dies gilt zunächst natürlich für die Akteure, die quasi in doppelter Funktion neben ihrer Linientätigkeit auch direkt im Projektmanagement tätig werden. Dies gilt aber auch und vor allem für Akteure, die im Projektumfeld wirken, und solche Akteure, die aus dem Projektumfeld ins Projektmanagement hinein wirken. Alle sind am Erfolg eines Projektes unmittelbar oder mittelbar beteiligt. Zu den unmittelbar Beteiligten zählen der Auftraggeber, der Projektleiter und die Mitglieder des Projektteams. Zu den mittelbar Beteiligten können Kunden, die häufig auch als externer Auftraggeber in Erscheinung treten und Lieferanten, z. B. Berater, Softwarezulieferer etc. gehören. Auch die Linienvorgesetzten sind zu den mittelbar Beteiligten zu zählen. Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, als haben sie nur wenig mit dem Projektmanagement zu tun sie haben dennoch Einfluss auf den Projekterfolg: Sie müssen z.B. bei der Auswahl und Entsendung von Mitarbeitern in das Projektteam konstruktiv mitwirken, die Mitarbeiter von Linienaufgaben in bestimmtem Umfang freistellen, Projektarbeitsergebnisse in die Linienarbeit übernehmen, usw. Die Praxis zeigt, dass mit Ausnahme einiger gut funktionierender Projektorganisationen in Unternehmen die Rollen der Akteure nicht klar definiert sind. Wer genau ist der Auftraggeber: Der Geschäftsführer? Der Geschäftsführer und die Vicepresidents? Welche Kompetenz hat der Projektleiter, wie ist seine Stellung in der Organisation; zählt er zu den Führungskräften? "Ja" oder "Nein" oder "Jein"? Werden die Teammitglieder wirklich in dem erforderlichen Mass von Linienaufgaben freigestellt, oder sind sie 'Freizeit-Projektmanager', d.h. Zeit für die Projektarbeit bleibt nur, wenn auch am Feierabend und am Wochenende gearbeitet wird. Je weniger Projektmanagement-Strukturen im Unternehmen ausgeprägt sind (z.B. in der funktionalen Einlinienorganisation), desto wichtiger wird die Vorabklärung der Rollen der Projektmanagement-Akteure vor allem auf den Ebenen der -

-

-

Aufgaben,

II.

96

der Verantwortung, der Kompetenz im Sinne der Kompetenz im Sinne

Projektinitialisierung

(i.S.) von Befugnissen und Rechten, von Qualifikation.

In einer gut funktionierenden Projektorganisation sind diese Rollen grundsätzlich geklärt. Dort ist nur die Frage, wie gut einzelne Akteure die jeweilige Rolle z. B. die des Projektleiters ausüben. Worauf bei der Rollenklärung zu achten ist, wird in der Abbildung 8 beispielhaft an der Projektleiterrolle verdeutlicht. -

-

Aufgaben •

Verantwortung

Klärung der Ziel vorgaben

und



R a h men bed i ngu nge n •







Planung, Steuerung und Kontrolle der Projektaktivitäten Sicherstellung des Informationsflusses zwischen Auftraggeber und Projektteam Führung und Motivation der Teammitglieder Koordination der Beteiligten



von

tiefugnissen/Rechten

Projektleiters

Projektsteuernde Entscheidungen Auswahl, Planung und Einsatz der









Einhalten des Vertrages Ordnunsgemäße Beendigung des Projekts

Kompetenz i. S.

Mitarbeiter •

Projekt-

usw.

Kompetenz i. S. •



Erreichen aller vorgegebenen ziele

Vergabe von Prioritäten innerhalb des Projekts Überspringen von Instanzen im Berichtsweg





von

Qualifikation

Fachkompetenz Managementkompetenz Sozialkompetenz Persönliche Kompetenz usw.

usw.

Abb. 8:

Rollenklärung Projektleiters

der Akteure im

Projektmanagement

am

Beispiel

des

Aufgabenebene ist zu überlegen, um was sich der Akteur hier der Projektleiter zu kümmern hat: Im Beispiel etwa um die genaue Definition der Zielvorgaben und Rahmenbedingungen des Projektes, um die Planung, Steuerung und Kontrolle der Projektaktivitäten usw. Die Verantwortungsebene zeigt auf, wofür der Projektleiter Dritten gegenüber (etwa dem Auftraggeber, dem Kunden etc.) den Kopf hinzuhalten hat: Beispielsweise für das Erreichen der Projektziele, das Einhalten des Vertrages mit dem Auf der

-

-

Kunden etc. Die Kompetenzebene klärt zweierlei: (1) i.S. von Befugnissen/Rechten wird

festgelegt, was der Projektleiter darf, z.B. projektsteuernde Entscheidungen treffen, die Auswahl, Planung und den

3.

Analyse des strukturellen und kulturellen Projektumfelds

97

Einsatz der Projektmanagement-Mitarbeiter vornehmen etc., i.S. von Qualifikationen (siehe Abb. 9), wird festgelegt, was der Projektleiter können muss. So braucht er neben der Fachkompetenz (z.B. ingenieurtechnische Kenntnisse), auch Managementkompetenz (z.B. Planungskompetenz, Zeitsouveränität, Wirtschaftlichkeitsdenken etc.), Sozialkompetenz (z.B. Kompetenz, Mitarbeiter zu fuhren und zu motivieren, Teamarbeit zu fördern, kommunikative Kompetenz etc.) und schliesslich persönliche Kompetenz (z.B. Entscheidungs- und Risikofreude, Offenheit für Neuerungen, Konfliktfähigkeit und Durchhaltewillen etc.).

(2)







Planungskompetenz Problemlösekompetenz

Managementkompetenz

*

Zeitmanagement

Methodenkenntnis

Organisationstalent Improvisations- und

Wirtschaftlichkeitsdenken

Anpassungsgeschick



'persönliche^ Kompetenz

Fachkompetenz •



Kenntnis der betroffenen Bereiche und der Schnittstellen Kenntnis der Unternehmens-

strategie

und des Umfelds



Softwarekenntnisse



Abstraktes



usw.

Zielorientierung Entscheidungsfreude Offenheit für Neuerungen Loyalität und Integrität Durchsetzungs- und Überzeugungsfähig, auch nach

Sozialkompetenz

Sach- und





Denkvermögen

oben •

Dynamik. Eigeninitiative



Mitarbeiter führen und motivieren



Teamarbeit fördern







Kommunikative Kompetenz in Einzel- und Gruppengesprächen. Verhandlungen, Präsentationen

Kooperationsbereitschaft Konfliktlösekompetenz

usw.

Abb. 9:

Typische Projektleiteranforderungen

Analog sollten Projektleiter und Team auf die Klärung der Rollen der anderen Projektmanagement-Akteure achten und gegebenenfalls auf Klärung drängen. Dies gilt auch und vor allem für die Rolle des Auftraggebers und die Rolle des Kunden. Denn nichts ist frustrierender, nervtötender und aufwändiger, als ein Auftraggeber oder ein Kunde, der sich seiner eigenen Aufgaben, seiner eigenen Verantwortung und seiner Befugnisse nicht im klaren ist. Inkompetente Auftraggeber und Kunden können dem Projektleiter und seinem Team die Motivation für die Projektarbeit gewaltig verderben. weniger die Projektmanagement-Akteure 'Auftraggeber', 'Kunden', 'Linienvorgesetzten' sich ihrer besonderen Rollenanforderung bewusst sind und je weniger sie die notwendigen Rollenvoraussetzungen wie Zwischenfazit: Je

98

II.

Prqjektinitialisierung

Verantwortungsbewusstsein, Kompetenz etc. mitbringen, desto grösser sind die Anforderungen an den Projektleiter zu führen, zu steuern, zu motivieren, zu kompensieren etc. und desto stärker muss das Team zusammenhalten und den Projektleiter unterstützen. Je mehr sich Projektleiter im Unternehmen ihrer besonderen Rollenanforderung bewusst sind, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Projektteammitarbeiter mit ihrem konkreten Projekt erfolgreich sein werden. Dies gilt vice versa. 2.3

Bewertung der Strukturbedingungen

Die Bewertung der Strukturbedingungen dient Projektleiter und -teammitgliedem als Orientierungs- und Steuerungsgrösse für die grundsätzliche Herangehensweise an die Projektarbeit. Die Bewertung kann anhand einer einfachen Checkliste, die das Projektteam selbst erstellt, vorgenommen werden. Ein Beispiel gibt die folgende Abbildung von Strukturfaktoren, die Projektarbeit fördern bzw. hemmen können. Sind die erforderlichen Projektstrukturen im Unternehmen geschaffen' Die Top 6-Strukturfaktoren, die unser Projekt nein teils teils JiL fördern bzw. hemmen 1. Ist eine klare Entscheidungsinstanz, z.B. ein o o O o Projektlenkungsausschuss vorhanden?_ O 2. Wurden in der Organisation mehrere Projekte bereits erfolgreich bearbeitet?_ O o o o o 3. Ist ein Projektmanagement-Handbuch vorhanden? O o o O o 4. Ist das Handbuch brauchbar und wird tatsächlich danach gearbeitet?_ O o o o O 5. Sind die Rollen der PJM-Akteure eindeutig

geklärt?_

O

O

o

o

o

Verfugen die PJM-Akteure über die noto o o o o wendigen Kompetenzen? Abb. 10: Beispiel einer Checkliste zur Bewertung der strukturellen Ausgangslage 6.

Zeigt die Bewertung der Strukturfaktoren hohe Punktzahlen im Bereich 5 und 4, so können die notwendigen strukturellen Voraussetzungen als gegeben angesehen werden. Anders, wenn Werte bei drei oder niedriger liegen: Hier werden

3. Analyse des strukturellen und kulturellen

Projektumfelds

99

organisatorische Lücken deutlich, die von den Projektmanagement-Akteuren nicht einfach geduldet werden können. Die Lücken sind festzustellen, gemeinsam zu erörtern und möglichst auch zu schliessen. Sind diese kurzfristig nicht zu schliessen, weil z. B. die Bildung von arbeitsfähigen Entscheidungsinstanzen im Unternehmen oder die Erarbeitung und Erprobung eines praxistauglichen Projektmanagement-Handbuchs einige Monate Zeit in Anspruch nehmen werden, dann sollten Projektleiter, Projektteam und Auftraggeber möglichst einvernehmlich feststellen, dass Projektarbeit zunächst nur unter 'second-best'-Bedingungen möglich ist. Was dies konkret für die Beteiligten bedeuten kann, wird in den Schlussfolgerungen in Abschnitt 2.3 aufgezeigt. 3.

Analyse der kulturellen Umfeldbedingungen

3.1

Festlegung eines Analyserahmens

Definiert man Untemehmenskultur als die Werte, Einstellungen und darauf basierenden Verhaltensweisen, die die Untemehmensprozesse im Unternehmen (z.B. die Art wie Projekte aufgesetzt, bearbeitet und beendet werden) in charakteristischer Weise prägen, dann ist klar, worauf im Rahmen einer Kulturanalyse des Projektumfelds besonders zu achten ist: Verhaltensweisen sind direkt beobachtbar. Im Unternehmensalltag sichtbare Verhaltensweisen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Projektmanagement gezeigt. Was könnten solche Verhaltensweisen sein, die der Projektleiter beobachten und bewerten kann? Einige Beispiele: Teammitglieder kommen pünktlich, erledigen die übernommenen Aufgaben gemäss Zusage, der Auftraggeber hält Terminzusagen für Rücksprachen ein, Entscheidungen, z. B. über die Priorität des Projekts oder über das Budget werden nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben, Absprachen werden eingehalten (und nicht laufend über den Haufen geworfen), die Linienvorgesetzten stellen Mitarbeiter wirklich frei und entlasten diese von Linienaufgaben. Die Akteure können sich aktiv um einen effektiven Informationsaustausch bemühen, ein gutes Kommunikationsklima pflegen. Einstellungen bezeichnen die Haltung der Akteure zu bestimmten Sachverhalten, z.B. dem Projektmanagement: Projektmanagement-Mitarbeiter arbeiteneigenständig und teamorientiert, das Team hat ein Gespür für die Notwendigkeit der Planung, meidet hektischen Aktionismus, Projektleiter und Mitarbeiter sind offen für andere Sichtweisen (z. B. der Techniker hört dem

II.

100

Projektinitialisierung

Einkäufer zu und umgekehrt), der Auftraggeber ist ein Ganzheitsdenker, d.h. er hat immer ein offenes Ohr für Probleme im Projektmanagement, oder er kann die Folgen abschätzen, wenn er den Projektauftrag ändert, die Linienvorgesetzten sind am Projektverlauf interessiert und bereit, das Projekt auch in schwierigen Phasen zu unterstützen. Werte bezeichnen das, was den Mitarbeitern im Unternehmen und damit auch den Akteuren im Projektmanagement wichtig ist, also z.B., der Auftraggeber kennt die Wertigkeit des Projektes, schätzt und respektiert den Projektleiter, dessen Arbeit und die Arbeit des Teams, kennt die Bedeutung der Einhaltung von Zusagen, z.B. über Ressourcen, Unterstüt-

zungsleistungen, etc., für die Mitarbeiter ist die Übernahme von Verantwortung eine wichtige Triebfeder ihres Handelns, der Projektleiter kennt den Wert der Planung und des ganzheitlichen Denkens, er nimmt seine Führungsrolle ernst, Werte der Mitarbeiter können beispielsweise auch in der Teamarbeit in der Zuverlässigkeit, der Qualitätsarbeit, der Termintreue begründet sein, Werte des Kunden können z.B. partnerschaftlicher Umgang, Berechenbarkeit und Fairness gegenüber dem Projektleiter sein.

3.2

Analyse der kulturellen Einflussfaktoren

Verhaltensweisen, Einstellungen und Werte der Projektmanagement-Akteure köndie Projektarbeit unterstützen, sogar beflügeln und vorantreiben. Unterstützende Kulturmerkmale wirken auf das Projektmanagement wie Vitamine im menschlichen Körper, also systemerhaltend, leistungsfördernd, mithin motivierend. Die Praxis der Projektarbeit zeigt jedoch, dass die Kultur im Unternehmen die Projektarbeit häufig hemmt, erschwert oder gar torpediert. Solche Merkmale wirken auf die Projektarbeit wie Viren auf den menschlichen Körper. Die Projektarbeit kommt nicht richtig voran, erlahmt, dümpelt vor sich hin, verfängt sich im Gestrüpp von Desorganisation und Demotivation der Akteure. Das Projekt macht wie bei der Echtemacher Springprozession drei Schritte vor und zwei zurück oder droht langsam zu versanden. Wie kann ein Projektteam dieses für Manager häufig schwer zu begreifende Phänomen der Untemehmeskultur und seiner Wirkung auf die Projektarbeit packen? Das Analyseinstrument zur Untersuchung der kulturellen Situation ist pragmatisch einfach gestrickt: Wie Sherlock Holmes schaut sich das Team das nen

-

-

3. Analyse des strukturellen und kulturellen

Projektumfelds

101

kulturelle Umfeld mit der Lupe genauer an. Wonach die Projektmanager fahnden, sind kulturelle Vitamine, wie beispielhaft in Abbildung 11 gezeigt. Auf diese kann gebaut werden, diese Unterstützungsfaktoren werden dem Projektleiter die Leitungsrolle, dem Teammitglied die Mitarbeit erleichtem und dem Auftraggeber das erwartete, qualitativ hochwertige Ergebnis liefern.

Abb. 11: Kulturelle Vitamine für die

Projektarbeit

Ergibt die Fahndung dagegen, dass das kulturelle Umfeld von Viren befallen ist (siehe Abb. 12), dann ist dies für die Projektmanager ein untrüglicher Indikator für das Potentzial an zu erwartenden Schwierigkeiten für die Projektarbeit. In die Projektarbeit wird häufig Aktionismus hineingetragen, vieles wird mit heisser Nadel gestrickt, der Auftraggeber sagt heute so, morgen gilt etwas anderes, Projektsitzungen werden permanent verschoben, Teilnahmen an Meetings werden kurzfristig abgesagt, zu Meilenstein-Meetings erscheinen Teammitglieder mit halbfertigen Ergebnissen und haben nicht einmal ein schlechtes Gewissen, andere kommen gar nicht, keiner übernimmt wirklich Verantwortung usw. So oder ähnlich sieht das Alltagsszenario der Projektarbeit in einer virenverseuchten Kultur aus.

102

II.

Projektinitialisierung

Abb. 12: Kulturelle Viren für die Projektarbeit Zwischenfazit: Eine unterstützende Unternehmenskultur im Projektumfeld wird eine konstruktive Arbeitskultur in Projekten erzeugen. Mit den Kulturbedingungen stehen und fallen die Projektergebnisse. In einem Unternehmen, dessen Kultur dagegen durch Chaos, Last- MinuteManagement und Unzuverlässigkeit geprägt ist, wird erfolgreiche Projektarbeit zur reinen Glückssache. 3.3

Bewertung der Kulturbedingungen

Projektteam sollte die wichtigsten, für den Erfolg des speziellen Projekts relevanten Kulturfaktoren ermitteln. Beispielsweise werden die nach eigener Einschätzung wichtigsten Kulturfaktoren gemeinsam im Team definiert. Dies ist der erste Bewertungsschritt. In einer Checkliste wie in Abbildung 13 aufgestellt, bewertet das Team die vorgefundene Ausprägung der gefundenen 'Top-7' Kulturfaktoren und macht sich so sein Bild über kulturbedingte Unterstützungs- und Hemmfaktoren. Liegen im Ergebnis die Mehrzahl der Antworten nach übereinstimmender Auffassung im Bereich zwischen fünf und vier, dann darf mit einem stabilen, konstruktiven Verhalten, das durch projektarbeit-fördernde Einstellungen und Werte der Akteure fundiert ist, gerechnet werden. Beispiel: Beim Kick Off-Meeting kommen Auftraggeber, Projektleiter, Teammitglieder pünktlich, alle kommen und sind gut Das

3

vorbereitet, keiner

Analyse des strukturellen und kulturellen Prqjektumfelds

103

früher weg, die geplante Meeting-Zeit wird eingehalten, etc. Und drei Monate später...? Das dritte Meilenstein-Meeting findet planmässig statt, Auftraggeber, Projektleiter, Teammitglieder erscheinen pünktlich, alle kommen und sind gut vorbereitet, keiner muss früher weg, die geplante Meeting-Zeit wird eingehalten, etc. muss

wichtiger Kulturfaktoren bekannt? Die Top 7-Kulturfaktoren, die unser Projekt teils teils ja Ist im Unternehmen die Relevanz

nein

fördern bzw. hemmen 1. 2.

Verfugen die Akteure über ein ausgeprägtes Zeitbewusstsein und ein gutes -management?

o

o

o

o

o

Terminen, Leistungen, Zusagen (z. Qualitäten, etc.) werden eingehalten?

O

O

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als

wichtig angesehen und wirklich gelebt Die Beteiligten üben Toleranz gegenüber anderen

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Personen, deren unterschiedlichen Sichtweisen

o

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o

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O

o

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o

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o

o

o

o

o

B.

von

3. Die Akteuren handeln nach Plan und

zielorientiert 4. Die Zusammenarbeit in Teamstrukturen wird

5.

6. Die Akteuren haben das Ganze im Blick und kennen die Folgen ihres Handelns_ 7. Die

Beteiligten sind bereit, Verantwortung zu

übernehmen

Abb. 13:

Beispiel einer Checkliste zur Bewertung der kulturellen Ausgangslage

Oder aber es erkennt mögliche Schwierigkeiten, die in der sichtbaren Form von konterkarierendem Verhalten auftreten, dem Team möglicherweise zu schaffen machen und in der Projektarbeit einzukalkulieren sind: Die Mehrzahl 'Top-7'Kulturfaktoren weisen nach übereinstimmender Auffassung Werte im Bereich kleiner gleich drei auf. Vieles deutet darauf hin, dass eine für die Projektarbeit unabdingbare Einstellungs- und Wertebasis im Projektumfeld fehlt oder zu schwach ist. Die Akteure werden sich bestenfalls kurzfristig konstruktiv im Sinne des Projektmanagements verhalten. Praktisches Beispiel: Beim Kick Off-Meeting kommen Auftraggeber, Projektleiter, Teammitglieder nahezu pünktlich, die meisten kommen und sind einigermassen vorbereitet, nur einer muss früher weg, die geplante Meeting-Zeit wird nur um eine halbe Stunde überzogen, etc. Und drei Monate später...? Das dritte Meilenstein-Meeting findet endlich statt, nachdem es einmal

II.

104

Projektinitialisierung

abgesagt und zweimal verschoben wurde, einer der beiden Auftraggeber hat einen ganz wichtigen anderen Termin, der andere hat nur eine halbe Stunde statt der zugesagten eineinhalb Stunden Zeit, der Projektleiter diskutiert nervös mit dem Auftraggeber und einem Projektteammitglied, anstatt das Meeting zu eröffnen, das Meeting startet mit 20 Minuten Verspätung, ein Teammitglied fehlt entschuldigt, von zwei weiteren, die fehlen, hat niemand etwas gehört, keiner ist richtig vorbereitet, das Meeting dauert zweieinhalb statt geplanter eineinhalb Stunden, etc. 3.3

Fazit:

Schlussfolgerungen für die Arbeit im Projektmanagement

nachdem, welches Ausmass die erstellten Profile der Struktur- und Kulturmerkmale aufzeigen, können Projektleiter und sein Team auf der einen, und Auftraggeber auf der anderen Seite zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen. Je

Szenario 1: Die Profile der Checklisten in Abbildung 10 und 13 weisen überwiegend hohe Werte im Bereich zwischen fünf und vier auf. Der Projektleiter kann für sich folgern: Die Projektarbeit findet unter günstigen Umfeldbedingungen statt. Die Herausforderung an mich lautet: Hohe Erwartungen seitens des Auftraggebers sind gerechtfertigt. Ich muss mich diesen Erwartungen stellen und diese mindestens erfüllen. Eine Enttäuschung der Erwartungen kann ich mir nicht leisten. Es wird auch andere geben, die den Job unter gleichen Bedingungen ggf. besser machen könnten als ich. Ich muss beweisen, dass mir zurecht die Projektleiterrolle übertragen wurde. Das

Teammitglied kann für sich folgern: Ich habe gute Chancen, eine erfolgreiche, herausfordernde Projektarbeit erleben. Wenn ich meinen Beitrag leiste, wird wenig schief gehen. Hier kann ich etwas lernen. Für mich kann die Projektarbeit ein guter Entwicklungsschritt bedeuten. zu

Der Auftraggeber wird

unausgesprochen möglicherweise auch offen artikuliert erwarten: Projektleitung und Team arbeiten unter günstigen Voraussetzungen. Ich kann hohe Anforderungen bezüglich Qualität, Termintreue und -

-

3.

Analyse des strukturellen und kulturellen Prqjektumfelds

105

Budgeteinhaltung stellen. Ich kann Eigenverantwortung und Eigenmotivation voraussetzen. Ich kann Meilensteinkontrollen in großzügigem Rhythmus terminieren. Szenario 2: Die Profile der Checklisten in Abbildung 10 und 13 weisen überwiegend niedrige Werte im Bereich kleiner gleich drei auf: Dem Projektleiter ist zu raten: Denke daran, du gehst ins Minenfeld. Halte Plan B immer in der Tasche bereit. Erfolg ist nicht nur am Projektergebnis, sondern auch am Projektprozess zu messen, d.h. selbst ein vorzeitiger Abbruch des Projektes ist ggfs. als positiv zu bewerten, falls dadurch notorischer Frust, notorische Demotivation und Geldverschwendung vermieden werden können oder wenn aus den Fehlern für Folgeprojekte gelernt werden kann. Sorge für eine proaktive Frustprophylaxe. Konditioniere den Auftrag, d.h. versuche Einfluss auf die Veränderung der Rahmenbedingungen zu nehmen (z. B. ein brauchbares ProjektmanagementHandbuch ist zu erstellen, die Projektmitarbeiter sind zu schulen, es muss klar sein, wer der Auftraggeber ist, die Kompetenzen sind zu klären etc.), bevor Du die Verantwortung endgültig übernimmst. Falls die Bedingungen nicht zu ändern sind, mache ein Kontrakting mit dem Auftraggeber, d. h. akzeptiere die Bedingungen, aber fordere bestimmte Verhaltensweisen des Auftraggebers (z.B. Unterstützungsleitung und Einhaltung der Zusagen) ein. Wirke auf die Erwartungshaltung des Auftraggebers ein! Ziel: Realitätsbezug herstellen, Augenmass behalten, das Machbare anstreben... Falls die Umfeldbedingungen nicht zu ändern und inakzeptabel sind, lehne den Auftrag ab (Ultimo-Ratio-Entscheidung) sonst spielst Du nicht die Rolle des Projektleiters, sondern die des Sündenbocks. -

Dem

Teammitglied ist folgendes nahezulegen: Stell' Dich auf spannende Zeiten und viele Überstunden ein. Verdoppele die im Team veranschlagten Zeitbedarfe für Meetings und Arbeitsprozesse. Versuche zu unterstützen, wo es geht. Definiere für Dich Deine Mitwirkungsbedingungen und konfrontiere damit Deinen Linienboss sowie den Projektleiter.

II

106

Projektinitialisierung

Mach Dich darauf gefasst, dass das Projekt plötzlich gestoppt wird, versandet oder auf andere, wenig erbauliche Art endet! Der Auftraggeber sollte sich auf folgende Punkte einstellen: Projektleiter und sein Team arbeiten auf neuem Terrain unter durchgängig un-

günstigen Umfeldbedingungen. Rechne mit regelmässigen Schwierigkeiten und Überraschungen. Projektleiter und Team brauchen häufig Deine Unterstützung. Häufigere Zielabweichungen sind vorprogrammiert. Vereinbare zeitlich zügig aufeinander folgende Meilenstein-KontrollTermine. Rechne damit, dass Akteure

vorzeitig das Handtuch werfen.

postulierten Klärungsprozesses, die Fragen, Bedenken, Erwartungen, Anregungen der Beteiligten sollten aktiv in den ProjektmanagementProzess einfliessen. Geeignete Foren dafür sind z. B. das Kick-Off-Meeting (Abschnitt 10 dieses Kapitels), die Erfolgsfaktorenanalyse (Kapitel III.6), der Pro-jektauslösungsprozess (Kapitel III.7) und der Projektabschluss (Kapitel V.) Die Erkenntnisse des hier

5.

Literaturhinweis

Knopf, H.S.: Projektmanagement: Das Umfeld muss stimmen. In: ZfO Zeitschrift Führung und Organisation, JG. 54, Heft 8 Mayrshofer, D., Kröger, H.A.: Prozesskompetenz in der Projektarbeit, Hamburg 1999 Pinto, J.K.: Power and Politics in Project Management, o.O., 1996 RKW: Projektmanagement Fachmann, Band 1, RKW-Nr. 1120, Eschborn 1999 Verma, V.K.: Human Resource Skills for the Project Manager, USA 1995

II.

Projektinitialisierung

4. Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese von

Dr. Hans Wicher Inhaltsverzeichnis

1. 2. 3. 4.

Bedeutung der Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese Methodik der Aufgabenanalyse Methodik der Aufgabensynthese Problematik der Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese

5. Literaturhinweis

107

108

II.

Projektinitialisierung

Autorenbeschreibung Dr. phil. Hans Wicher, Dipl.-Kfm., Dipl.-Päd. Studium der Diplom-Pädagogik und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg; Promotion im Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg; Mitarbeiter bei einer Unternehmensberatung; Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg und im Fachbereich Wirtschafts- und Organisationswissenschaften der Universität der Bundeswehr Hamburg; Lehrbeauftragter; Lektor und Personalfachkaufmann in einem Wissenschaftsverlag; Dozent im Fachbereich Wirtschaft an der Fachhochschule der Bundeswehr Hamburg; Verwalter einer Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Osnabrück. Forschungsschwerpunkte: Innovations-, Organisations-, Personal- und Qualitäts-

management. Über 100 Veröffentlichungen.

4.

1.

Aufgabenanalyse

und Aufgabensynthese

109

Bedeutung der Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese

Ausgangspunkt des organisatorischen Bemühens um einen strukturierenden Gliederungsaufbau des dem Projektmanagement unterworfenen Bereichs ist die Gesamtaufgabe, das heißt die Hauptzielsetzung (Frese 1980, Sp. 207 ff.). Organisatorisch betrachtet setzt sich diese Aufgabe aus mehreren vor-, neben- und nachgelagerten Teil- beziehungsweise Elementaraufgaben zusammen, welche durch Auflösung, Absonderung oder Spaltung deduktiv ermittelt werden. Den Prozeß der sukzessiven Ableitung funktionsfähiger Teilaufgaben aus der Gesamtaufgabe durch hierarchische Strukturierung stellt die Aufgabenanalyse dar. Sie dient der vollständigen, systematischen und übersichtlichen Erfassung und Dokumentation von Aufgaben (Schmidt 1981, S. 132 f.). Da Projekte einmalige Vorhaben sind, die sich zumindest in dieser konkreten Form nicht wiederholen, ist es ein typisches Merkmal von Projekten, dass keine eindeutigen "Arbeitsanweisungen" vorhanden sind, an denen sich der Projektverantwortliche orientieren kann. Zu Beginn des Projektes und im Projektfortschritt ist folglich die Frage zu klären, welche Aufgaben zu erledigen sind. Hierbei kann die Aufgabenanalyse hilfreich sein. Die Technik zur Aufgabenplanung in Projekten ist identisch mit der Technik, mit deren Hilfe auch die betrieblichen Aufgaben analysiert, das heißt erhoben und geordnet werden. Die als Organisationstechnik bekannte Aufgabenanalyse kann leicht modifiziert auch zur Analyse der verschiedenen Projektaufgaben verwendet werden (Schmidt 1992, Sp. 1702). Unterteilt man die vielfältigen Anlässe für die Projektarbeit im Unternehmen in die Projektklassen Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Fertigungs- und Dienstleistungsprojekte sowie Management-/Organisationsprojekte, bezieht sich die Aufgabenanalyse auf alle drei Projektarten und nicht nur auf die zuletzt genannte, deren Inhalt in der Überprüfung und Änderung von Unternehmensprozessen und Unternehmensstrukturen besteht oder überwiegend organisatorischer Natur ist. Beispiele für diesen Projekttyp sind die Umstrukturierung einzelner Abteilungen und Unternehmensbereiche, die organisatorische Einbindung von Tochterfirmen, die Integration eines Zulieferers in den Leistungserstellungsprozeß, die Verlagerung des Produktionsstandortes, die Teilnahme an einer Messe usw.

(Arens-Fischer 2000, S.

814

f.).

110

II.

Projektinitialisierung

Als Top-down-Ansatz ist die Aufgabenanalyse eine vorbereitende, vororganisatorische Tätigkeit, die dem eigentlichen synthetisch-konstruktiven Strukturierungsvorgang vorausgeht. "Während der Analysevorgang eine vororganisatorische gedankliche Aktivität darstellt, findet die eigentliche Tätigkeit des Organisierens in der Synthese statt. Strukturierung vollzieht sich durch Synthetisieren merkmals-

gleicher Aufgabenelemente" (Gaitanides 1993, Sp. 193). Die Begründung und Herstellung eines derart gewonnenen Ordnungszusammenhangs der Teilaufgaben und ihre Vereinigung zu Aufgabenträgern zuzuordnenden Aufgaben (komplexen) sind der Inhalt der Aufgabensynthese (Wicher 1989a, S. 17 ff.; 1989b, S. 15 ff.). Um eine Übersicht über die zu erledigenden Arbeiten zu schaffen und den Aufgabeninhalt des Projektes vollständig zu identifizieren, ist schließlich ein Projektstrukturplan zu erstellen, auf dem eine Reihe weiterer Projektplanungs- und Projektcontrollingtätigkeiten aufsetzen. Er ist die Basis für die systematische Erfassung der Projekt(teil)aufgaben, die Festlegung der zeitlichen Reihenfolge der einzelnen Teilleistungen (Arbeitspakete), die Kapazitätsbedarfsschätzung und die Terminierung des Projektes, die Zuordnung von Teilaufgaben/Arbeitspaketen auf Ausführungsträger, eine objekt- wie aktionsorientierte Planung und Kontrolle von Kosten, Leistungen und Finanzen (Arens-Fischer 2000, S. 832). In der stammbaumähnlichen Aufgliederung der Projektaufgabe über mehrere Ebenen werden die Projektstrukturplanelemente auf unterster Ebene als Arbeitspakete bezeichnet. Der Leistungsumfang des Projektes soll durch die Summe aller Arbeitspakete vollständig beschrieben werden. Dabei sind die Pakete als Einzelaufträge zu behandeln, die zur Bearbeitung an eine Person oder an Personengruppen mit einem Arbeitspaket-Verantwortlichen übertragen werden. Gleichwohl sind sie nicht isoliert voneinander zu betrachten, zumal jedes Arbeitspaket ein Teilschritt im Problemlösungsprozeß ist. Als miteinander vernetzte Teilaufgaben zur Erbringung der Projektleistung existieren für die Bearbeitung eines Arbeitspaketes somit bestimmte Voraussetzungen, die durch die Abwicklung anderer Arbeitspakete geschaffen werden. Der jeweilige Projektumfang wird durch den Detaillierungsgrad des Projektstrukturplanes vorgegeben, wobei bei der Festlegung das Ziel verfolgt wird, dem Projektmanagement eine wirkungsvolle Steuerung des Projektes zu ermöglichen (Arens-Fischer 2000,S. 835 f.).

4.

2.

Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese

III

Methodik der Aufgabenanalyse

Im Rahmen der

Aufgabenanalyse eines Projektes wird eine Gesamtaufgabe im Hinblick auf ihre organisatorische Gestaltung nach verschiedenen Gliederungskriterien zerlegt. Die Aufgabenanalyse dient dem Erkennen der zu verteilenden Aufgaben und ihrem Ordnen nach organisatorisch bedeutsamen Kriterien. Analyse bedeutet dabei Gliedern, Teilen oder Zerlegen mit dem Ziel, geeignete Bausteine für die später zu generierende Struktur zu erhalten (Gaitanides 1993, Sp. 193). Die Eignung von Teilaufgaben liegt dann vor, wenn diese sich gut beschreiben, gut abgrenzen und gut zuordnen lassen. Diese Eigenschaften sind für den Zweck der Aufgabenanalyse wichtig (Bessai 2000, S. 158). Die Teilaufgaben stehen nicht unverbunden nebeneinander. "Die Analysetechnik zwingt vielmehr dazu, sie in einem stufenweisen Prozeß aus jeweils übergeordneten Aufgaben abzuleiten. Dieser Prozeß kann auf jeder beliebigen Ebene abgebrochen und später gegebenenfalls fortgesetzt werden, so dass der Detaillierungsgrad der analysierten Aufgaben dem Projektauftrag und dem Projektfortschritt entsprechend gewählt werden kann" (Schmidt 1981, S. 133). Die zweckmäßig notwendige Untergliederungstiefe kann nicht allgemeingültig bestimmt werden, da sie von der voraussichtlichen organisatorischen Lösung abhängt. Bei der Erhebung sollte die Untergliederung der Teilaufgaben jedoch nicht zu früh abgebrochen werden, zumal die Tiefe der Untergliederung den Gestaltungsspielraum in der späteren Synthese vergrößert. Die Tiefe der Aufgabenanalyse kann mit dem Projektfortschritt beliebig erweitert werden (Schmidt 1981, S. 136). Unter dem sachlichen Aspekt des Erfüllungsinhaltes und der Erfüllungsbedingungen einer Aufgabe ist diese nach Verrichtungen und Objekte, auf welche sich die Verrichtungen erstrecken, zu

gliedern.

Eine Aufgabe kann nach dem Merkmal der Verrichtung unterteilt werden, da sie einen Verrichtungsvorgang stofflich-energetischer oder informationeller Art beziehungsweise eine Kombination beider Arten enthält. Ein Beispiel für die Zerlegung in Verrichtungsfolgen, bei der das Ergebnis einer vorgelagerten Verrichtung den Ausgangspunkt für die jeweils nachgelagerte Verrichtung bildet, ist die funktionale Gliederung eines betrieblichen Aufgabenkomplexes in die Teilaufgaben Beschaffung, Produktion und Absatz. Die wesentlichen Teilaufgaben eines Industriebetriebes können auch in den Tätigkeitsarten

II.

112

Projektinitialisierung

beziehungsweise Arbeitsvorgängen Einkaufen, Lagern, Fertigen und Verkaufen gesehen werden. Objekte der Aufgabe wären demnach die Eigenschaften der Materialien(gruppen), Waren(gruppen), Abnehmer(gruppen), Regionen (Verkaufsgebiete). Oder es ist beispielsweise möglich, die Gesamtaufgabe eines Lagers in der Verrichtungsanalyse nach Bestellung und Einkauf, Expedition, Versand und Warenannahme zu unterteilen. Nach dem Objektmerkmal könnte dann eine Gliederung nach Motoren, Ersatzteilen, Reifen usw. vorgenommen werden. Bei der Fertigung von Maschinenteilen kann die Verrichtungsgliederung nach Teiltätigkeiten wie Drehen, Bohren und Fräsen erfolgen; die Objektgliederung bezieht sich dann auf die unterschiedlichen Maschinenteile. Bessai (2000, S. 160) verdeutlicht die Methodik der Aufgabenanalyse nach den sachlichen Kriterien anhand des Beispiels "Herstellung und Vertrieb von Raumlüftungsanlagen" (Abbildung 1 und 2).

Herstellung und Vertrieb von Raumlüftungsanlagen i-1-1-1-1 Vertreib

Konstruieren

Angebote

Verhandeln und Bestellen

einholen

Beschaffen

Herstellen



Ausfuhrung

i-1-1 Angebote prüfen i-1-1

Montieren

überwachen

Lieferanten Lieferanten feststellen anschreiben Planen

Abb. 1:

Realisieren

Kontrollieren

i-1

Entscheiden

Ausführen

Verrichtungs-, Rang- und Phasen-Analyse

Herstellung und Vertrieb von Raumlüftungsanlagen

Anlagen für Industriellen Anlagen für Spezialräume Anlage für Büroräume ,-1-1 Räume mit starker Räume mit starker Dampf- Räume mit starker GeRauchentwicklung ruchsentwicklung entwicklung Unterkonstruktion Abb. 2:

Gehäuse

Filter

Prozeß-Rechner

Objekt-Analyse

analytischer Bedeutung sind des weiteren die formalen Aspekte, das heißt die aufgabeninhalts- und aufgabenbedingungsunabhängigen Kriterien: Von

4. Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese

113

Rang, Phase und

Zweckbeziehung. Bei der Ranganalyse werden die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den Teilaufgaben untersucht. Das Rangkriterium gibt die rangmäßige Zuordnung der Aufgaben in Entscheidungs- und Ausfuhrungsaufgaben wieder. Die Ausführungsaufgabe ist von der Entscheidungsaufgabe sachlogisch abhängig. Somit besteht ein sachlich bedingtes Rangverhältnis zwischen diesen beiden Teilaufgaben. "Die Rang-Analyse knüpft nicht wie die Verrichtungs- und Objekt-Analyse an der Gesamtaufgabe an, sondern bei den kleinsten jeweils abgeleiteten Verrichtungs-Teilaufgaben" (Bessai 2000, S. 161). Die Phasenanalyse zeigt die genetischen Entwicklungsstadien der Aufgabe in Planungs-, Realisations- und Kontrollaufgaben an. Die Phase der Planung, die auf die Vorbereitung zukünftigen Handelns ausgerichtet ist und dabei Handlungsmöglichkeiten ermittelt und gegeneinander abwiegt, beinhaltet primär die Tätigkeiten der Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung. Als Resultat des Planungsprozesses entsteht ein Plan, auf dessen Grundlage die Umsetzung des Geplanten, das heißt des gesetzten Anspruches, angestrebt wird, sodass die Phase der Realisation als eigentliche Durchfuhrungsphase der Aufgabenerfüllung gekennzeichnet werden kann. Der Inhalt der Realisationsaufgaben ist durch die vorangehende Planung determiniert, wodurch diese im Unterschied zu Planungsaufgaben keinen oder nur einen geringen Spielraum enthalten. Die anschließende Phase der Kontrolle besteht aus der Feststellung der Ursachenanalyse von Soll-Ist-Abweichungen. Die Kontrolle ermittelt Informationen für die -

-

Planung. Der Prozess der Aufgabenerfüllung wird in bestimmte Schritte gegliedert, die ebenfalls in einem sequenziellen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen. Ausgangspunkt ist auch hier nicht die Gesamtaufgabe. Die Phasenanalyse setzt an den kleinsten deduzierten Verrichtungs-Teilaufgaben an. Die Unterscheidung nach der Zweckbeziehung schließlich bezieht sich auf die wertschöpfende oder werterhaltende Bedeutung der Aufgabe. Es wird die bedeutungsmäßige Beziehung der jeweiligen Teilaufgabe zur Gesamtaufgabe und damit ihr Beitrag zur Erfüllung des Betriebszweckes untersucht. Die Zweckbeziehung unterscheidet zwischen der unmittelbar aus dem Leistungsprozess zur Erfüllung der Gesamtaufgabe abgeleiteten, primären Aufgabe und der durch den Leistungsprozess endogen hervorgerufenen, die Erfüllung der

114

II.

Projektinitialisierung

Gesamtaufgabe erst ermöglichenden, sekundären (Verwaltungs-)Aufgabe. Durch die Wahrnehmung von Hilfsfunktionen sollen die sekundären Teilaufgaben dazu beitragen, günstige Rahmenbedingungen für die Erfüllung der primären Teilaufgaben bereitzustellen. Beispiele für sekundäre (Verwaltungs-)Aufgaben sind die Fakturierung, Lohnabrechnung, Rechnungslegung innerbetrieblicher Bereiche, Beschaffungsdisposition sowie die Wartung des Maschinen- und Fuhrparks und Sozialeinrichtungen. Die Aufgabenanalyse erfolgt alternativ nach jeweils einem Gliederungsmerkmal. Zuerst wird die Gesamtaufgabe bezüglich eines Merkmals horizontal strukturiert; anschließend werden aus den so generierten Teilaufgaben durch wiederholte Anwendung des gleichen Gliederungsmerkmals wieder neue Teilaufgaben abgespalten (Methode der "isolierenden Abstraktion"). Auf jeder Gliederungsstufe nimmt somit der Detaillierungsgrad der Gesamtaufgabe zu. Da die Gliederungs-merkmale als gleichwertig und unabhängig voneinander betrachtet werden, schließen sich diese im selben Analyseschritt gegenseitig aus; ihre Kombination wird hier nicht

vollzogen. Dennoch besteht die

Möglichkeit einer maximal fünffachen Dimensionierung der Aufgabenanalyse durch die Anwendung aller Gliederungskomponenten. Die Durchführung einer Teilaufgabe nach einem bestimmten Merkmal läßt eine weitergehende Teilanalyse der deduzierten Teilaufgabe nach einem anderen Kriterium offen. Der Einsatz eines Strukturierungskriteriums führt somit zu Teilaufgaben niederer Ordnung, die durch einen jeweils höheren Homogenitätsgrad, das heißt Spezifizierung von Verrichtung und Objekt beziehungsweise einer rangmäßigen, phasen- und zweckspezifischen Einheitlichkeit, gekennzeichnet sind (Gaitanides 1993, Sp. 194). Die Analysearten schließen sich zwar auf einer Analysestufe aus, nicht aber innerhalb des gesamten Analyseprozesses. Vielmehr ergänzen sie sich in der sequenziellen Anwendung und sind ineinander verwoben (Lehner et al. 1991, S. 153). Die formalen Gliederungsmerkmale sollten jedoch nicht beliebig oft hintereinander angewendet werden, da dies wenig sinnvoll erscheint. Anders hingegen verhält es sich mit den sachlichen Kriterien. Die Aufgabenanalyse ist dann nicht weiter fortzuführen, wenn die am weitesten differenzierte Teilaufgabe mit einem Arbeitsgang, das heißt einer Verrichtung zur Aufgabenerfüllung (beispielsweise Griffe, Griffelemente), identisch ist. Wird diese Verrichtung in einem Arbeitsgang von nur einem Aufgabenträger durchgeführt, liegt eine Analyse des Arbeitsgangs vor;

4. Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese

115

werden aber mehrere Aufgabenträger benötigt, entstehen spezifische Teilaufgaben. Die Aufgabenanalyse endet folglich dort, wo keine eigenständigen, interpersonell verteilungsfähigen und einem Aufgabenträger zuordenbaren Teilaufgaben mehr entstehen. In der betrieblichen Praxis lautet die Reihenfolge des Einsatzes der Gliederungskriterien häufig: Zweckbeziehung, Objekt, Verrichtung, Phase und Rang. Gliederungsgrundsätze, die bei der Aufgabenanalyse beachtet werden sollten, sind

Inhaltsgleichheit

Aufgliederung hat außer im Falle des Wechsels des Gliederungskriteriums von Objekt nach Verrichtung und umgekehrt auf jeder Gliederungsstufe dem Inhalt des übergeordneten Begriffes zu entsprechen. Das Zusammensetzen der Aufgliederung führt somit zum übergeordneten Gliederungspunkt, sodass keine Aufgabenbestandteile unberücksichtigt Die Gesamtheit einer

-

-

bleiben. Einheitlichkeit Auf einer Gliederungsstufe ist unter einem einem Gliederungskriterium zu strukturieren.

Gesichtspunkt lediglich

nach

Angemessene Gliederungstiefe Um die Übersichtlichkeit in der Darstellung zu gewährleisten, sollte ein Gliederungsaspekt in höchstens sieben Aufgliederungen unterteilt werden. Ist dies nicht möglich, sind Oberbegriffe zu bilden, und es ist in einer tieferen Gliederung eine entsprechend weitere Unterteilung vorzunehmen. Die Gliederungstiefe erlaubt auf jeder Gliederungsstufe eine schnell zu erhaltende Transparenz. Gleichwohl gilt es, eine zu hohe vertikale Auflösung, das heißt zu viele Analyseebenen, zu vermeiden, weil dadurch die Bedeutung und Funktionalität der Teilaufgaben auf den ranghierarchisch untersten Ebenen schwer beziehungsweise nur in Verbindung mit den Zwischenstufen erkennbar ist (Lehner et al. 1991, S. 155). 3.

Methodik der Aufgabensynthese

Aufgabensynthese hebt die Verselbstständigung der in der Aufgabenanalyse hergeleiteten Teilaufgaben durch integrative Strukturierung auf. Kombinationen von Teilaufgaben werden unter dem Aspekt ihrer Übertragbarkeit auf gedanklich angenommene Aufgabenträger gebildet und zu arbeits- und aufgabenteiligen Einheiten zusammengefaßt, deren Verknüpfung letztlich die Aufbaustruktur des

Die

II.

116

Projektinitialisierung

Unternehmens konstituiert. Die Zusammenfügung der im Analysevorgang gewonnenen Elemente geschieht mit Hilfe von Kriterien, welche die Eigenschaften der entstehenden Struktur bestimmen sollen. Je klarer die Teilaufgaben in der Aufgabenanalyse zuvor beschrieben und abgegrenzt wurden, desto leichter können zukünftige Kompetenzauseinandersetzungen vermieden werden. "Der Zweck der Aufgabensynthese besteht darin, durch eine geeignete Zusammenfassung und Verteilung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie die Festlegung sachgerechter Anordnungs- und Berichtswege möglichst optimale Bedingungen für die Aufgabenerfüllung zu schaffen" (Bessai 2000, S. 163). (Zum Kongruenzprinzip der Organisation, das die Deckungsgleichheit von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung fordert, siehe ausführlich Wicher 1993, S. 579 f.; 1994, S. 197 ff.) Die Gliederungsmerkmale der Aufgabenanalyse werden ebenfalls in der Aufgabensynthese benutzt. Sie werden ergänzt um die Kriterien Person des Aufgabenträgers, Arbeitsmittel sowie Raum und Zeit. Es handelt sich hierbei zugleich um Zentralisations- und Dezentralisationskriterien. Zentralisation (Dezentralisation) bedeutet Zusammenfassung (Trennung)

merkmalsgleicher Aufgaben. Die Gliederungsmerkmale werden in der Aufgabensynthese kombiniert angewendet, sodass die strukturierten Organisationseinheiten durch Zentralisation/Dezentralisation nach verschiedenen Merkmalen zustande kommen (Wicher 1989a, S. 53 f.; 1989b, S. 39 ff.).

Beziehungszusammenhänge des Strukturaufbaus sind der Verteilungszusammenhang Hierbei geht es um die Verteilung der analytisch gegliederten und synthetisch gebildeten Aufgaben auf Aufgabenträger. Organisatorische Verteilungseinheiten, in denen die Aufgaben festgelegt und abgegrenzt werden, sind Stellen beziehungsweise Abteilungen und Hauptabteilungen. Stellen sind die kleinsten organisatorischen Einheiten der Aufbaustruktur. Beispiel: Stelle Sachbearbeiter Einkauf; Stelle Abteilungsleiter Einkauf. Werden diese zu Stellenkomplexen zusammengefügt, resultieren organisatrische Einheiten höherer Ordnung, wie Abteilungen und Hauptabteilungen. Beispiel: Das Kaufmännische Geschäftsführungsressort besteht aus den Abteilungen Einkauf, Verkauf und Rechnungswesen.

Relevante

4.

Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese

117

Leitungszusammenhang Es erfolgt die Herstellung einer Rangordnung der Stellenaufgaben untereinander, wobei Entscheidungsaufgaben, die sich auf die Ausfuhrungsaufgaben anderer Aufgabenträger beziehen, zu Leitungsaufgaben werden. Die Breite der Leitungsgliederung, welche die Anzahl der einem Vorgesetzten direkt unterstellten Mitarbeiter umfaßt (Leitungsspanne), und ihre Tiefe, das heißt die Anzahl der Leitungsstufen, werden festgelegt (Wicher 1994, S. 157 ff.).

Stabszusammenhang Mittelpunkt steht die Bildung von Entscheidungshilfsstellen (Stäben) zur Unterstützung der Instanzen durch die Ausgliederung von Ausführungsteilaufgaben aus dem instanziellen Teilaufgabenkomplex (Wicher 1989a, S. 33 ff.; 1989b, S. 28 ff.; 1991, S. 31 ff.). Dabei können dezentrale Stäbe auf verIm

schiedenen Hierarchieebenen

von

einem zentralen Stab koordiniert werden.

Arbeitszusammenhang Hier werden die Kooperations- und Kommunikationsbeziehungen dauerhafter Art zwischen den Organisationseinheiten erfaßt (Wicher 1989a, S. 57 ff.; 1989b, S. 39 ff.; 1989 c, S. 290 ff.; 1996, S. 760 ff.). Kollegienzusammenhang Dieses Beziehungsmuster gibt Auskunft über die Gestaltung unständiger Arbeitsbeziehungen zwischen den Mitarbeitern verschiedener Stellen und Abteilungen zur Erledigung von Sonderaufgaben (Kollegien) (Wicher 1989a, S. 76 ff.; 1989b, S. 52 ff.; 1999, S. 835 f.). 4.

Problematik der Aufgabenanalyse und

Aufgabensynthese

Die dargestellte Organisationstechnik ist jedoch nicht unkritisiert geblieben. Es ist eine Vielzahl verschiedener Einwände zu erheben (Berg 1981, S. 34 ff.; Wicher 1989a, S. 18 ff.). Versteht man unter der Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese nicht nur eine Strukturierungstechnik zur Generierung von Teilaufgaben, sondern auch ein empirisch bestätigtes und bewährtes Instrument, das dem Organisator im Rahmen des Projektmanagements als eine eindeutige Verfahrensvorschrift beispielsweise bei der Untersuchung und Reorganisation bestehender betrieblicher Strukturen dienen soll, so ist eine Aussage darüber zu erwarten, in welcher Reihenfolge die Aufgabengliederungskriterien zu gruppieren sind. In der Aufgabenanalyse wird zwar die Unverbindlichkeit der Methodenformulierung durch die Reihenfolgevorgabe hinsichtlich der Unterscheidung in sachliche und formale Merkmale eingeschränkt;

118

II.

Projektinitialisierung

weitere Hinweise über die Anwendungssequenz der Kriterien fehlen hingegen. Die Unvollständigkeit der Methodenbeschreibung macht sich auch bei der Aufgabensynthese negativ bemerkbar. Da zur Stellen- und Abteilungsbildung mehrere Zentralisationskriterien herangezogen werden und auch hier keine eindeutige Reihenfolgevorschrift existiert, können durch die Anwendung derselben Merkmale unterschiedliche Aufgabenkomplexe gebildet werden. Es werden daher lediglich mögliche Zusammenhänge und Alternativen für eine Strukturierung aufgezeigt, die als für die betriebliche Praxis mit begrenzter unmittelbarer Gestaltungsrelevanz anzusehen sind. Konkrete Strukturierungsempfehlungen erfordern die Beantwortung der Frage, unter welchen Bedingungen diese Empfehlungen zur Zielerreichung führen. Zudem ist zu beachten, dass der Verteilungszusammenhang auch die weiteren Beziehungszusammenhänge determiniert. Da ferner der Ablauf betrieblicher Entscheidungsprozesse, die Entscheidungsqualität und Entscheidungszeit unter anderem von der Güte, dem Umfang und der Quelle der Informationen sowie von der Anzahl der am Informationsgenerierungsprozess beteiligten Mitarbeiter abhängig ist, welche wiederum indirekt von der Stellen- und Abteilungsstruktur bestimmt werden, können Fehler bei der Stellen- und Abteilungsbildung Informationsverluste beziehungsweise Informationsverzögerungen und folglich inadäquate Entscheidungen nach sich ziehen. Der Arbeitszusammenhang wird entscheidend von der (raumzeitlichen) Organisation des Arbeitsprozesses bestimmt. Hieraus erwächst die Forderung einer simultanen Abstimmung zwischen der Aufbau- und Ablauforganisation. Die Untersuchung bereits hergestellter Beziehungen zwischen den Aufgabenträgern ist hiervon weniger betroffen als die integrativ-gestaltende Strukturierung durch das Projektmanagement. Unklar bleibt auch, bis zu welcher Ordnungsstufe die Aufgabenteilung erfolgen soll. Eine Grenze für die Gliederungstiefe ist grundsätzlich dann gegeben, wenn schon bei der Aufgabenanalyse feststeht, dass die zu deduzierenden Teilaufgaben später wieder aggregiert werden müssen. Ist dies zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, sind diejenigen unternehmensspezifischen Einflüsse auf die Verteilungsfähigkeit zu beachten, die durch die Aufgabeninterdependenz, die Aufgabenträger (quantitatives und qualitatives Leistungsvermögen), die Mensch-Maschine-Interaktion und sachliche Hilfsmittel (bezogen auf materielle und informationelle Arbeitsprozesse) sowie die zeitliche Verteilung des Aufgabenanfalls (ständig und nichtständig wahrzunehmende Aufgaben)

4.

Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese

119

bestimmt werden. Auch hier zeigt sich die Problematik der Trennung von Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese. Der Umfang und die Struktur der Aufgabenanalyse können nur aus den Anforderungen der Aufgabensynthese abgeleitet werden. Die Analyse bestehender Organisationsstrukturen durch das Projektmanagement erfolgt in einem anderen Bedingungsrahmen als die Anwendung einer Gestaltungstechnik für die Erstorganisation (beispielsweise bei der Unternehmensneugrün-

dung). Während im Falle des Neuaufbaus die gesamte Unternehmensaufgabe zum organisatorischen Gestaltungsproblem wird, bei dem die Organisation erst geschaffen, die Aufgabenteilung entworfen und die Aufgabenerfullung geplant werden müssen, ist eine vollständige Strukturierung des Gesamtunternehmens in Teileinheiten im Falle der Ergänzung von Organisationsstrukturen bei sich ändernden internen und externen Bedingungen nicht notwendig. Der Gestaltungsbedarf bezieht sich bei der Organisationsentwicklung im Wesentlichen auf die Untersuchung der Stärken und Schwächen (Chancen und Risiken) eines Unternehmens. Es besteht keine Identität zwischen der Aufgabenanalyse als Untersuchungsmethode einerseits und Strukturierungsform andererseits (Wicher 1987c, S. 125; 1994, S. 58). Im ersten Fall handelt es sich in der Regel um bekannte Aufgaben und Teilaufgaben, deren Abgrenzung und Zerlegung von vorangegangenen analytischen Erfahrungen und dem organisatorischen Status quo beeinflusst werden. Die organisatorischen Aktivitäten erfolgen dann nicht unabhängig von Erkenntnissen, die eigentlich erst im Prozess der Aufgabensynthese entwickelt werden können. Im zweiten Fall liegen die Bedingungen einer reinen Aufgabenanalyse vor. Ferner setzt eine funktionale Aufgabenerfullung eine konsistente und kompatible Aufgaben(ziel)hierarchie voraus. Die Aufgaben(ziele) müssten in vertikaler Hinsicht als Zweck-Mittel-Beziehung und horizontal betrachtet komplementär zueinander zerlegt und operationalisiert werden. Dabei ist zum einen das Entscheidungsproblem zu lösen, welche der funktional äquivalenten Teilaufgaben -angesichts sachlogisch und interpersonell begründeter, potentzieller Konflikte -widerspruchsfrei und konsensstiftend zu deduzieren sind. Andererseits kann auch nicht ohne weiteres eine Funktionalität zwischen dem Aufgabenziel und dem Aufgabenerfüllungsinhalt unterstellt werden, da letzterer Neben- und Nachwirkungen erfassen kann, welche die Gefahr bergen, ein mittelbares Aufgabenziel zu beeinträchtigen. Läßt sich insofern der Aufgabeninhalt dem Aufgabenziel oft nur mehrdeutig zuordnen, können somit suboptimale Lösungen resultieren.

II.

120

Prqjektinitialisierung

Die Definition und Identifikation der Aufgabe, aber auch die Bestimmung des Mittelcharakters von Teilaufgaben lassen alternative Deutungsmöglichkeiten offen. Auch diese sind nicht das Ergebnis analytischer Überlegungen, sondern getroffener Vorentscheidungen im Rahmen des vororganisatorischen Gestaltungsspielraumes. Problematisch ist ebenfalls die Tatsache, dass lediglich der Aufgabeninhalt (re)strukturiert wird. Aufgabenmerkmale, wie beispielsweise der Umfang (mengenmäßige Arbeitsteilung), die Häufigkeit und die Erfüllungsdauer werden nicht berücksichtigt. Schließlich ist anzumerken, dass Innovationsaufgaben nicht erfaßt werden. Die Aufgabenentwicklung ist durch eine steigende Vielfalt der Aufgabenart und des Aufgabeninhalts (und eine damit einhergehende Zunahme der Spezialaufgaben und Integration betrieblicher Prozesse) sowie durch eine erhöhte Geschwindigkeit des Aufgabenwandels gekennzeichnet. Da der Ansatz der Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese gegenwartsbezogen ist, das heißt den Entwicklungsstand der Aufgaben zum Erhebungszeitpunkt repräsentiert, sind Aussagen über die zukünftige Aufgabenentwicklung, die mehr oder weniger vollkommene Information voraussetzen, nicht vorgesehen. Die Thematisierung bekannter Aufgaben und die implizite Prämisse einer Konstanz der exogenen Bedingungskonstellation bringen es mit sich, dass (mit hoher Ungewißheit behaftete) Neuerungsaufgaben aus der Betrachtung ausgeschlossen werden. Die Erfassung von Ist-Zuständen liefert aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Formulierung einer Soll-Konzeption durch das Projektmanagement. Zudem ist es notwendig, einen möglichen Organisationsspielraum (Wicher 1987a, S. 626; 1987b, S. 27 ff.) und Lernprozesse (Wicher 1989d; 1991b) zu berücksichtigen. 5.

Literaturhinweis

Arens-Fischer

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München, S. 34 50. Bessai (2000): Bessai, Burghard: Organisation, in: Arens-Fischer, Wolfgang/ -

4.

Aufgabenanalyse und Aufgabensynthese

121

Steinkamp, Thomas: Betriebswirtschaftslehre, München/Wien, S. 143 212. Frese (1980): Frese, Erich: Aufgabenanalyse und -synthese, in: Grochla, Erwin (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation, 2., völlig neu gest. Aufl., Stuttgart, Sp. 207 217. Gaitanides (1993): Gaitanides, Michael: Aufbau- und Ablauforganisation, in: Wittmann, Waldemar et al. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 5., völlig neu gest. Aufl., 1. Teilband, Stuttgart, Sp. 190 204. Klümper/Möllers/Zimmermann (1996): Klümper, Bernd/Möllers, Heribert/Zimmermann, Ewald: Skript zu Verwaltungsorganisation und Personalwirtschaft, -

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8. Aufl., München u. a. Lehner et al. (1991): Lehner, Franz et al.: Organisationslehre für Wirtschaftsinformatiker, München/Wien. Schmidt (1981): Schmidt, Götz: Organisation Methode und Technik, 4., Überarb. u. erw. Aufl., Gießen. Schmidt (1992): Schmidt, Götz: Organisationstechniken, in: Frese, Erich (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation, 3., völlig neu gest. Aufl., Stuttgart, Sp. 1688- 1706. Wicher (1987a): Wicher, Hans: Entwicklung, Stand und Perspektiven der empirischen Organisationsforschung, in: Das Wirtschaftsstudium, 16, 12, S. 622 627. Wicher (1987b): Wicher, Hans: Handlungsspielraum und Organisationsgestaltung Strukturierungsentscheidungen einer strategischen Organisationsentwicklung, in: Zeitschrift Führung + Organisation, 56, 1, S. 27 32. Wicher (1987c): Wicher, Hans: Scientific Management, in: Das Wirtschaftsstudium, 16, 3, S. 123 125. Wicher (1989a): Wicher, Hans: Innovative Unternehmungsorganisation Ansätze und Konzeptionen, Ammersbek bei Hamburg. Wicher (1989b): Wicher, Hans: Innovative Unternehmungsorganisation Bibliographie, Ammersbek bei Hamburg. Wicher (1989c): Wicher, Hans: Kommunikation und Kreativität Organisatorische Gestaltungsempfehlungen, in: Das Wirtschaftsstudium, 18, 5, S. 290 295. Wicher (1989d): Wicher, Hans: Kritik der Lernforschung, Ammersbek bei -

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122

II.

Projektinitialisierung

Wicher

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764. Wicher (1999):

Wicher, Hans: Innovationsfähige schaftsstudium, 28, 6, S. 833 839. -

Team strukturen, in: Das Wirt-

II.

5.

Projektinitialisierung

Projektmarketing von

Dr. Thor Möller Inhaltsverzeichnis

5.

Einführung und Problemstellung Begriffsbestimmung und -abgrenzung 2.1 Definition Projektmarketing und Projektkommunikation 2.2 Entwicklung und Bedeutung des Projektmarketings 2.3 Abgrenzung zum Unternehmensmarketing Inhalte des Projektmarketings 3.1 Ziele und Zielgruppen des Projektmarketings 3.2 Phasen und Prozesse des Projektmarketings 3.3 Aufgaben, Instrumente und Handelnde des Projektmarketings Beispiele für Projektmarketing Zusammenfassung und Ausblick

6.

Literaturhinweise

1.

2.

3.

4.

123

124

II.

Projektinitialisierung

Autorenbeschreibung Dr. Thor Möller

Thor Möller studierte Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bremen und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Projektmanagement und Wirtschaftsinformatik (IPMI) an der Universität Bremen. Dort promovierte er zum Dr. rer. pol. mit dem Thema "Projektmanagement internationaler Joint Ventures in Mittel- und Osteuropa." Parallel dazu arbeitete er als freiberuflicher Unternehmensberater. Anschließend war er Abteilungsleiter für Betriebswirtschaft im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), bevor er als Berater und Projektleiter für nationale und internationale Projekte bei der UCB Umwelt Consult Berlin GmbH anfing. Thor Möller ist mehrfacher Buchautor und hat zahlreiche Artikel zum Projektmanagement publiziert. Als Dozent und Trainer für Betriebswirtschaft und insbesondere Projektmanagement ist er im In- und Ausland in Unternehmen, an Universitäten und Fachschulen aufgetreten. Desweiteren ist er Assessor für Projektmanagement der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM).

5.

1.

125

Projektmarketing

Einführung und Problemstellung

Begriff Projektmarketing ist zwar nicht neu, findet sich aber vermehrt in der praktischen Projektarbeit, insbesondere bei Softwareprojekten, wieder. Er kam in den letzten Jahren verstärkt in die allgemeine Diskussion und ist auf dem besten Wegesich zu einem feststehenden Begriff in der Projektmanagement-Welt zu entwickeln. Tagungen widmen sich dem Projektmarketing als einem Hauptthemenbereich (vgl. Lange 2000a und Ottmann/Grau 2000) und es findet sich in aktuellen Projektmanagement-Büchern in eigenen Abschnitten wieder. Vielfach wird in den Diskussionen der Eindruck vermittelt, Projektmarketing könnte viele Probleme wie von selbst lösen. Daraus ergeben sich eine Menge Fragen: Ist Projektmarketing wirklich ein neues "Wundermittel"? Was ist wirklich neu an Projektmarketing und was ist seit langem bekannt und gerät nur verstärkt in die Diskussion? Welche positiven Effekte hat Projektmarketing für die Projektarbeit? Resultiert die zunehmende Sensibilisierung für das Projektmarketing nur aus der allgemeinen Diskussion? Wird die dynamische Weiterentwicklung von Projektmarketing eher durch seine Wirkung in der Projektpraxis oder die verstärkte Diskussion in der Projektmanagement-Welt gefördert? Der vorliegende Text zum Thema Projektmarketing soll Klarheit in die praktische Anwendung und die Diskussion einbringen. Er beinhaltet eine Bestimmung und Abgrenzung des Begriffs, beschäftigt sich mit der Entwicklung und Bedeutung, den Zielen, Zielgruppen, den Prozessen sowie den generellen Aufgaben und Instrumenten des Projektmarketings. Außerdem wird eine Abgrenzung zum Unternehmensmarketing vorgenommen. Anhand von Beispielen aus der Praxis werden die Der

Inhalte veranschaulicht und auch dem erfahrenen Praktiker zusätzliche Umset-

zungsanreize gegeben. 2.

Begriffsbestimmung und -abgrenzung

Viele Beschreibungsansätze kommen aus der Projektpraxis und vernachlässigen die deutliche Abgrenzung des Begriffs. Andere Autoren versuchen sich daher dem Thema theoretisch zu nähern und bei der Definition von Projektmarketing den Begriff des Unternehmensmarketing direkt auf das Projektmarketing zu übertragen. So entstehen viele Ungenauigkeiten. Des Weiteren fehlen gesicherte empirische Untersuchungen über Bedeutung, Ziele und Inhalte des Projektmarketing in der

Projektpraxis. Ebenso haben viele Praktiker

zwar

die

Bedeutung

des

Projektmarketing erkannt,

II.

126

Projektinitialisierung

jedoch fehlt es an der Umsetzung. Dies mag einerseits aufgrund von Zeit- und Kapazitätsgründen so sein, doch vermutlich weiß auch keiner so recht, was Projektmarketing beinhaltet. Zur Bestimmung und Abgrenzung des Begriffs Projektmarketing wird zunächst eine Definition des Begriffs Projektmarketing entwickelt. In diesem Rahmen wird auch eine Abgrenzung zum Begriff Projektkommunikation vorgenommen und die Entwicklung und Bedeutung des Projektmarketing aufgezeigt. In einem weiteren Schritt erscheint eine Abgrenzung zum Themenbereich Unternehmensmarke-ting sinnvoll. Dazu sollen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede analysiert werden. Des Weiteren wird geprüft, welche Elemente des Unternehmensmarketing auf das Projektmarketing sinnvoll übertragbar sind. 2.1

Definition

Projektmarketing und Projektkommunikation

Nach Ansicht von PATZAK/RATTAY sind unter Projektmarketing "alle Aktivitäten zu verstehen, die dazu dienen, Projekte in ihrem Umfeld besser bekannt zu machen sowie die Akzeptanz ihrer Prozesse und Ergebnisse zu erhöhen" (Patzak/Rattay 1998, S. 80). Und dazu ergänzend erläutern sie: "Projekte haben (...) einen hohen Erklärungsbedarf zu allen relevanten Projektumfeldgruppen sowohl nach innen als auch nach außen" (Patzak/Rattay 1998, S. 145). Diese Ausführungen sollen unter den folgenden Aspekten überdacht werden. Projekte haben in der Regel immer Befürworter und Gegner sowie neutral eingestellte Institutionen und Personen. Der Projekterfolg ist u.a. auch von allen diesen Gruppierungen abhängig. Offenheit bezüglich projektrelevanter Informationen schafft Vertrauen und Akzeptanz. Daher gilt es, die betreffenden Gruppierungen von Anfang an in den verschiedensten Formen über das Projekt zu informieren und von seiner Sinnhaftigkeit zu überzeugen. Des Weiteren soll eine möglichst hohe Identifikation und Motivation der beteiligten und betroffenen Personen und Institutionen zur Unterstützung des Projekts erreicht werden, anstatt dass sie ggf. sogar gegen das Projekt arbeiten. Diesbezügliche Aktivitäten gehören zum Themenbereich Projektkommunikation und Projektmarketing. Die Begriffe Projektmarketing und Projektkommunikation sind fest ineinander verwoben. Daher wird zunächst von einer gemeinsamen Definition ausgegangen, um anschließend die Unterschiede festzulegen. Unter Projektkommunikation und Projektmarketing werden alle Maßnahmen und Vorgehensweisen des projektinternen und -externen Informationsaustausches sowie alle projektfördernden Maßnahmen bei allen Beteiligten und Betroffenen des Projektes verstanden.

5.

127

Projektmarketing

Projektkommunikation und Projektmarketing sind projektbegleitende Prozesse, die den gesamten Projektlebensweg begleiten. Die Unterschiede zwischen Projektkommunikation und Projektmarketing liegen vor allem in den Zielen/Intentionen und den Zielgruppen. Während Projektkommunikation eher das Ziel der Informierung von Beteiligten und Betroffenen hat, bezweckt Projektmarketing in erster Linie die Beteiligten und Betroffenen von der Notwendigkeit der Projektdurchführung zu überzeugen und Akzeptanz und Identifikation zu schaffen. Projektmarketing soll Verständnis, Vertrauen, Akzeptanz und aktive Unterstützung sowie Identifikation und Motivation bei allen Stakeholdern fördern. Selbstverständlich gehen beide Ziele/Intentionen auch einher. Bei den Zielgruppen bestehen desgleichen zwar deutliche Tendenzen, jedoch ist hier ebenso keine klare Abgrenzung möglich. Während Projektkommunikation sich eher nach innen an die projektinternen Zielgruppen also an die Beteiligten richtet, zielt Projektmarketing eher auf projektexterne Zielgruppen also die Betroffenen ab. Projektmarketing ist jedoch entgegen diesem Eindruck nicht nur auf Projekte -

-

-

-

mit externen Betroffenen anwendbar, sondern es ist insbesondere auch bei rein internen Projekten ein wichtiges Instrument. Projekte zur Organisationsentwicklung beispielsweise sind vorwiegend von internen Saboteuren betroffen, die lieber alles bei der bisherigen Vorgehensweise lassen möchten. Ein gezieltes Einsetzen von Maßnahmen des Projektmarketings kann gerade in diesen Fällen sehr hilfreich sein. Weitere Unterschiede liegen in der Größe und Brisanz der Projekte. Während Projektkommunikation grundsätzlich erforderlich ist, kann auf Projektmarketing in kleinen und/oder weniger bedeutenden bzw. brisanten Projekten eher verzichtet werden. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über diese Abgrenzungskriterien. Es gibt dementsprechend einige Überschneidungen zwischen Projektkommunikation und Projektmarketing. Bei vielen Projektaktivitäten kann man dementsprechend nicht genau zuteilen, ob es sich denn nun um Projektkommunikation oder Projektmarketing handelt. In der Regel sind sogar beide Aspekte betroffen. Ein von Konrad Lorenz beschriebenes Problem zwischenmenschlicher Kommunikation umschreibt die Unterschiede zwischen Projektkommunikation und Projektmarketing sehr anschaulich: "Gesagt ist nicht gleich gehört, gehört ist nicht gleich verstanden, verstanden ist nicht gleich einverstanden, einverstanden ist nicht gleich durchgeführt, durchgeführt ist nicht gleich beibehalten." Während Projektkommunikation eher auf das Hören und Verstehen abzielt, soll Projektmarketing in erster Linie das Einverständnis bewirken.

II.

128

Abgrenzungskriterium Ziel

Projektinitialisierung

Projektkommunikation in erster Linie Koordination der Informationsflüsse

Projektmarketing

Überzeugung, Schaffung von Akzeptanz, Motivation und

Identifikation (Informierung) eher projektextern eher projektintern Zielgruppe (also Projektbetroffene) (also Projektbeteiligte) bei allen erforderin der Regel nicht bei kleinen Projekten Projektgröße lich, wächst mit Projektgröße Projekten, wächst ebenso mit und -Komplexität Projektgröße und -komplexität Notwendigkeit bei allen Projekten erforderlich in der Regel nicht bei kleinen Projekten, abhängig von der Bedeutung und Brisanz des Projektes Tab. 1: Abgrenzung Projektkommunikation und Projektmarketing

Folgende Definition wird den folgenden Ausführungen zugrundegelegt: Unter Projektmarketing versteht man Maßnahmen, die in erster Linie der Überzeugung und Akzeptanzschaffung sowie im weiteren der Informierung und Erklärung hinsichtlich der Projektprozesse und -ergebnisse bei den relevanten Interessengruppen des Projektes (projekt- und unternehmensinterne und externe Stakeholder) dienen. 2.2

Entwicklung und Bedeutung des Projektmarketing

Die Entwicklung des Begriffs Projektmarketing ist nach Auffassung des Autors wie folgt entstanden: Projektmarketing war zwar seit langer Zeit ein fester Begriff in der Projektmanagementwelt, jedoch hat es im Zuge der früher eher technischen Orientierung von Projektmanagement keine besondere Bedeutung gewonnen. Softwareprojekte haben in den letzten Jahren beträchtlich an Bedeutung gewonnen und sich in ihrem Projektmanagement erheblich entwickelt. Dies läßt sich u.a. auch daran erkennen, dass in den letzten Jahren verstärkt Artikel zu Softwareprojekten in der Projektmanagementliteratur aufgetreten sind und dieser Trend sich fortzusetzen scheint. Die Erfahrungen aus den Softwareprojekten haben sehr intensiv auch die allgemeine Entwicklung des Projektmanagement vorangetrieben, einerseits aufgrund der vielen Softwareprojekte in den Unternehmen und andererseits wegen der neuen

Möglichkeiten zur Softwareunterstützung von Projektarbeit.

5.

Projektmarketing

129

Softwareprojekte haben meistens einen großen Kreis von Betroffenen und sind des Weiteren sehr von der Akzeptanz dieser Betroffenen abhängig. Dies resultiert wohl auch aus den vielen versteckten Manipulationsmöglichkeiten, mit denen die späteren Anwender, also die Betroffenen von Softwareentwicklungen, bewußt oder unbewußt die neuen Softwarelösungen boykottieren können. Hier gibt es sicherlich wesentlich mehr Einflußmöglichkeiten als in vielen anderen Projekten. Aus diesen Gründen müssen insbesondere bei Softwareprojekten viele Maßnahmen zur Akzeptanzschaffung und -Steigerung eingesetzt werden, um diese Projekte zum Erfolg zu führen. So hat sich hier in den letzten Jahren der Begriff des Projektmarketing in Softwareprojekten geprägt und hat längst auch auf andere Projekte und Projektarten übergegriffen. Der Begriff und die Aufgaben des Projektmarketing sind allerdings nicht neu. Maßnahmen, die heute immer wieder diesem Themenbereich zugeordnet werden, wurden bisher eher zum Thema Projektkommunikation gezählt und schon seit vielen Jahren angewendet. Somit erscheinen, wie bereits erwähnt, die Grenzen zwischen Projektkommunikation und Projektmarketing auch schwimmend. Viele Aktivitäten lassen sich auch deswegen beiden Themenbereichen zuordnen, wie z.B. der Einsatz eines Projektlogos. Ist Projektmarketing also nur alter Wein in neuen Schläuchen? Was ist tatsächlich neu an Projektmarketing? Neu sind nach Auffassung des Autors nicht die Instrumente selbst, sondern die verstärkte Fortentwicklung dieser Instrumente und vor allem auch die verstärkte Anwendung in der Praxis. Dem Projektmarketing läßt sich aber wohl in jedem Fall die organisierte Kombination und der organisierte Einsatz (Marketing-Mix) zuweisen. Des Weiteren werden sicherlich für das Projektmanagement neue Instrumente aus dem Unternehmensmarketing übertragen. Die Bedeutung des Projektmarketing ist in jedem Fall zunehmend. Dies läßt sich vor allem aus der aktuellen Projektmanagement-Literatur, der Diskussion und der Anwendung in der Praxis schließen. Hier wird sich eine ähnliche Tendenz wie im Unternehmensmarketing entwickeln, das in den letzten Jahrzehnten erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Da Projekte mehr und mehr Auswirkungen auf das täg-

-

liche Leben haben, werden sich auch die Anzahl und die Interessen der Stakeholder erhöhen. Ob das Projektmarketing jedoch zu einem zentralen Faktor im Projekt ähnlich wie das Unternehmensmarketing wird, bleibt abzuwarten. Diese Frage wird im Abschnitt 2.3 wieder aufgenommen und diskutiert. Dort wird in diesem Zusammenhang auch eine Entwicklungsperspektive des Projektmarketing aufgestellt. Ein wichtiges Indiz für die Bedeutung von Projektmarketing ist die Berücksichtigung im Modell für Projektexzellenz (siehe Abbildung 1). Dieses Modell dient der Auslotung von Projekten für den Internationalen Deutschen -

-

130

II.

Projektinitialisierung

Projektmanagement-Award der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM). Mehr Informationen über den PM-Award und das Modell für Projektexzellenz sind u.a. auf der Homepage der GPM unter www.gpm-ipma.de zu finden. Der Begriff Projektmarketing findet sich zwar nicht direkt in dem Modell wieder, ist aber Bestandteil mehrerer Bewertungskriterien. Dazu zählen hauptsächlich die Zielorientierung, die Mitarbeiter und die drei Ergebniskriterien, die die Zufriedenheit der Kunden, der Mitarbeiter und sonstigen Interessengruppen bewerten. Damit wird die hohe Bedeutung von Projektmarketing besonders unterstrichen. Aber auch hinsichtlich eines weiteren Aspekts gibt es Zusammenhänge zwischen dem Projektmanagement-Award und Projektmarketing: Allein die Teilnahme, aber vor allem der Gewinn des Projektmanagement-Awards sind Aktivitäten, die man unter einigen anderen Aspekten auch zum Projektmarketing zählen kann. Hier ist vor allem das besonders günstige Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Bewerber hervorzuheben. Projektmanagement

Projektergebnisse

Führung

Kundenzufriedenheit Was das Projekt im Hinblick auf die Erwartungen und Zufhedenheit der Kunden

Wie das Verhalten aller Führungskräfte im Projekt

Ziel Orientierung Wie das Projekt seine

Ziele aufgrund

umfassender Informationen über die Anforderungen der

Interessengruppen formuliert, entwickelt, überprüft und umsetzt.

„Project Excellence" inspiriert, unterstützt und _promotet._

leistet. Prozesse

Mitarbeiter Wie die Projektmitarbeiter einbezogen und ihre Potenziale erkannt und

genutzt werden.

Wie im Projekt wertschöpfende

Mitarbeiterzufriedenheit

Prozesse identifiziert,

Was das Projekt im Hinblick auf die Erwartungen und

überprüft und gegebenenfalls

Zufriedenheit seiner Mitarbeiter leistet.

Ziel erreich ung Was das Projekt im Hinblick auf das

geplante Projektziel leistet.

verändert werden.

Zufriedenheit bei Ressourcen Wie die vorhandenen Ressourcen wirksam und effizient eingesetzt werden.

Abb. 1: Modell der GPMfür die Bewertung von

sonst. Interessengruppen Was das Projekt im Hinblick

auf die Erwartungen und Zufriedenheit sonst.

Interessengruppen leistet.

Projektexzellenz

Des Weiteren ist der Begriff Projektmarketing auch in einigen Project Management Bodies of Knowledge (PM-BOK) zu finden. Diese PM-BOK beschreiben in komprimierter Form die Wissensbasis zum Projektmanagement in den entsprechenden Ländern und haben damit eine besondere Bedeutung bei der gesamten Begriffsprägung (vgl. Motzel/Pannenbäcker 1998, S. 13 und Gareis 1999, S. 31). In der Projektpraxis wird der Begriff Projektmarketing zwar vermehrt aufgegriffen und scheint sich zu verbreiten, jedoch ist in vielen Fällen nicht klar, wieviel Anwendung tatsächlich hinter den großen Schlagworten steht. Nach Auffassung des Autors werden hier viele Lippenbekenntnisse erbracht, deren Umsetzung in der tatsächlichen

5.

Prqjektmarketing

131

Projektausführung kaum oder nur gering stattfinden. Die Erkenntnis, dass Projektmarketing nützlich ist, ist zwar da, mit der Umsetzung scheint es allerdings vornehmlich aus zwei Gründen zu hapern. Einerseits besteht wohl noch recht hohe Unsicherheit über die Inhalte und Vorgehensweise beim Projektmarketing, andererseits nehmen sich die Verantwortlichen nicht die Zeit für das Projektmarketing. Hier bedarf es allerdings empirischer Untersuchungen, um gesicherte Aussagen treffen zu können. Dennoch wird nach Auffassung des Verfassers die Anwendung des Projektmarketings in der Projektpraxis auch zukünftig stark an Bedeutung gewinnen. Diese Prognose wird noch durch die Aussage "Projekte scheitern an Menschen! Es ist immer wieder der ,human factor', der uns einen Streich spielt." (Kellner 2001, S. 21) unterstrichen. KELLNER benennt an dieser Stelle auch einige Beispiele für Probleme, wie sie häufig in der Projektarbeit auftreten und die durch Projektmarketing vermindert oder sogar eliminiert werden können. 2.3

Abgrenzung zum Unternehmensmarketing

ist die bewußt marktorientierte Führung des gesamten Unternehmens oder marktorientiertes Entscheidungsverhalten in der Unternehmung. (...) In der klassischen Interpretation bedeutet Marketing die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentziellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Unternehmensziele verwirklicht werden. (...) Die moderne, generische und weiteste Interpretation bezieht das Marketing auf jegliche Form eines Austausches zwischen zwei Kontrahenten, bei dem beide Parteien durch den Austauschprozeß ihre Bedürfnisse befriedigen möchten" (Meffert 2000, S. 8f). Diese Definition soll hier nicht weiter diskutiert und dem gesamten Text zugrundegelegt werden. Was aber sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Unternehmensmarketing und Projektmarketing? Tabelle 2 stellt eine Übersicht der genannten Gemeinsamkeiten und Unterschiede dar. Im Folgenden werden diese näher erläutert. Ein wesentlicher Unterschied ist die Zielgruppe. Unternehmensmarketing zielt auf freiwillige Kunden, in der Regel Konsumenten ab, die ihre Kaufentscheidung aus mehreren, häufig einer Vielzahl von Alternativen selbst wählen können. Projektmarketing hingegen zielt auf die Stakeholder des Projektes ab. Dabei handelt es sich um alle Institutionen und Personen(-gruppen), die ein Interesse an dem Projekt haben, also auch die Projektgegner. Stakeholder sind entweder aktiv oder passiv in die Projektarbeit integriert, das heißt, sie sind Beteiligte oder Betroffene. Viele Stakeholder, also nicht nur die Betroffenen, sind nicht freiwillig in das Projekt

"Marketing

II.

132

Projektinitialisierung

Dennoch muß unbedingt die Art des Interesses unterschieden werden. Die einen sind positiv mit dem Projekt verbunden und können es somit unterstützen, die anderen sind negativ betroffen und wollen das Projekt vielleicht bekämpfen oder sabotieren. Eine weitere wichtige Zielgruppe sind die neutral zum Projekt eingestellten Personen, die weder ein großes Interesse am Projekterfolg, noch am Scheitern des Projektes haben (zu den Zielgruppen siehe Abschnitt 3.1).

integriert.

Abgrenzungs-

Unternehmensmarketing

Projektmarketing

kriterium

Zielgruppe Freiwilligkeit Ziel Dauer aktuelle

Bedeutung im Unternehmen bzw. in Projekten

Kunde des Unternehmens/der Stakeholder des Projektes Produkte Kunde freiwillig Stakeholder i.d.R. zum großen Anteil unfreiwillig Kunden werben und (langfri- Stakeholder informieren und stig) binden überzeugen, etc. Unternehmen unbefristet, Projekt befristet, in der Regel nur während der Projektdauer möglichst langfristige Methode zur Informierung und Bindung angestrebt zentraler Faktor im Überzeugung, etc. Unternehmen (Teilprozess)

Ausrichtung

(Marktorientierung) strategische und operative Ausrichtung

Tab. 2: Abgrenzung

Unternehmensmarketing und Projektmarketing

eher

nur

operative Ausrichtung

Neben den Zielgruppen weisen auch die Ziele des Unternehmens- und Projektmarketing selbst Unterschiede auf. Die Zielgruppe des Unternehmensmarketing, also die (potenziellen) Kunden eines Unternehmens, soll zum Kauf einer Ware oder Dienstleistung und zum "Wiederkommen" angeregt werden. Die Zielgruppe des Projektmarketing soll von der Sinnhaftigkeit eines Projekts überzeugt, motiviert werden und sich möglichst sogar mit dem Projekt identifizieren. Befürworter eines Projektes sollen in ihrer Einstellung unterstützt werden, neutral eingestellte Personen sollen positive Assoziationen mit dem Projekt bekommen und Projektgegner sollen möglichst umgestimmt werden (siehe dazu auch Tabelle 5). Ein weiterer Unterschied ist die Dauer der angestrebten Wirkung. Während Unternehmensmarketing auch auf die langfristige, möglichst unbefristete Bindung der Kunden abzielt, betrachten Projekte in der Regel nur den Zeitraum der Projekt-

5.

Projektmarketing

133

da Projekte definitionsgemäß zeitlich begrenzt sind. Ausnahme ist natürlich, wenn durch ein Projekt ein Gut oder Gegenstand erstellt wird, das nach Erstellung durch das Projekt in seiner Nutzungsphase der Akzeptanz der Betroffenen bedarf. Hier stellt sich allerdings die Frage, wann ein Projektmarketing aufhört und das Unternehmensmarketing anfängt. Die aktuelle Bedeutung des Unternehmensmarketing ist weit vorangeschritten. Es hat seinen Ursprung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In den sechziger Jahren entwickelte sich die managementorientierte Sicht des Marketing und der Wandel von einer funktionsorientierten Sichtweise zu einer unternehmensbezogenen Denkhaltung. Anschließend entfaltete sich das integrierte Marketing zu einer Unternehmensphilosophie (vgl. Meffert 2000, S. 3ff). Es erhebt also den Anspruch, als zentraler Faktor im Unternehmen zu gelten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von vollkommener Marktausrichtung. Sicherlich ist dieser Anspruch des Unternehmensmarketings auch schon in vielen Unternehmen größtenteils umgesetzt und somit vielfach bereits Wirklichkeit. Projektmarketing kann diesen Anspruch sicherlich noch nicht für sich bilden. Noch dient es eher der Zielsetzung, die Stakeholder über das Projekt zu informieren und sie von der Sinnhaftigkeit zu überzeugen, etc. Auch wenn in der Regel eine fundierte Stakeholderanalyse durchgeführt werden sollte, so wird diese in der Praxis aus den unterschiedlichsten Gründen, meistens jedoch aus angeblichem Zeitmangel, häufig unterlassen. Dass die Projektaktivitäten dann auch noch in erster Linie basierend auf den Erkenntnissen aus der Stakeholderanalyse gesteuert werden, davon ist das Projektmanagement wohl noch weit entfernt. Eine vollkommene Marktausrichtung ist also noch nicht zu erkennen. Der Sinn einer vollkommenen Marktausrichtung des Projektmanagements ist auch noch fraglich, dies ist jedoch nach Auffassung des Autors eine äußerst wahrscheinliche Entwicklungsperspektive des Projektmanagements und

durchführung,

Projektmarketings. Das Unternehmensmarketing hat eine strategische und operative Ausrichtung. Ausgehend von Marktforschungen werden Philosophie, Leitbilder und Ziele durch das strategische Marketing definiert und im operativen Marketing im Detail geplant und umgesetzt. Vor allem aufgrund der zeitlichen Parameter in Projekten erscheint die strategische Ausrichtung eines Projektmarketings für ein Projekt nicht sinnvoll. Hier geht es vor allem darum, die Projektarbeit und somit das Erreichen der Projektziele operativ zu unterstützen. Aus diesem Grund ist zunächst auch nur die Überprüfung zweckmäßig, welche Bereiche aus dem operativen Unternehmensmarketing auf das Projektmarketing übertragbar sind. Siehe dazu auch die Prozesse des Projektmarketings in Abschnitt 3.2 Unabhängig von den Unterschieden zwischen

134

II.

Projektinitialisierung

Unternehmens- und Projektmarketing sollte man sich fragen, welche Vorgehensweisen und Instrumente vom Unternehmensmarketing überhaupt auf ein Projektmarketing übertragbar sind? Im operativen Unternehmensmarketing wird z.B. grundsätzlich ein sogenannter Marketing-Mix eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine kontrollierte Kombination der vier Bereich Produkt-Mix, KommunikationsMix, Distributions-Mix und Kontrahierungs-Mix mitsamt ihren einzelnen Marketinginstrumente, wie in Tabelle 3 aufgelistet. Bereiche Produkt-Mix

Instrumente

(Komponenten) Kundendienst/Service, Markenpolitik, Garantiepolitik, Diversifikation, Verpackung, Sortimentspolitik, Qualitätspolitik,

Programmpolitik_

Kommunikations- Public Relations, Direct-Marketing, Sponsoring, VerkaufsMix förderung, Testimonialwerbung, Persönlicher Verkauf,

Product-Placement, Event-Marketing, Bartering/ProgramD istributions-Mix

KontrahierungsMix

ming, Werbung Absatzkanäle, Standortpolitik, Vertriebsorganisation, Marketinglogistik, Lieferservice (Transport, Lagerung, Lieferzeit) Rabattpolitik, Preisdifferenzierung, Liefer- und Zahlungsbedingungen, Preispolitik, Kreditpolitik

Tab. 3: Bereiche und Instrumente eines an Meffert 2000, S. 991) Ist ein solcher

Unternehmensmarketing-Mix (in Anlehnung

Marketing-Mix aus dem Unternehmensmarketing auf ein Projektmarketing übertragbar? Mit Tabelle 4 wird der Versuch einer Übertragung vorgenommen.

5.

Projektmarketing

135

Instrumente

(Komponenten) Besichtigungen vergleichbarer Projekte, Pilotanwendungen, Qualitätspolitik, Projektbüro_ Kommunikations- Public Relations, Direct-Marketing, Sponsoring, ProductMix Placement, Projektlogo, Projektkürzel, allgemeine Werbung Implementations- spezifische Personalentwicklung zur Akzeptanzschaffung, Mix Informationsveranstaltungen, Coaching, Kundenservice, Kundendienst, Direkt-Support über Hotline oder Online(InnovationsHilfe management) Kompensations- Incentives, Entschädigungsleistungen (-Zahlungen), EventMix Marketing, Bonuszahlungen, Beförderungen, (Entschädigung) Gehaltserhöhungen Bereiche

Projekt-Mix

Tab. 4: Bereiche und Instrumente eines

Projektmarketing-Mixes

Die Anforderungen an die Methoden zur Bestimmung des Marketing-Mixes aus dem Unternehmensmarketing können jedoch direkt auf das Projektmarketing übertragen werden. MEFFERT nennt dazu insbesondere die "Einfachheit und Verständlichkeit, realitätsnahe Modellvoraussetzungen, Berücksichtigung der Interdependenzen zwischen den Instrumenten, hohe Benutzersicherheit, Ermöglichung eindeutiger Lösungen, vollständige Berücksichtigung vorhandener Informationen, Anpassungen an veränderte Anforderungen sowie kostengünstige Implementierung" (Meffert 2000, S. 971).

3.

Inhalte des

Projektmarketings

Die Inhalte des Projektmarketings bestehen aus den Zielen und Zielgruppen, den Prozessen sowie den Aufgaben und den Instrumenten des Projektmarketings. Diese Aspekte werden in den folgenden Abschnitten beschrieben. 3.1

Ziele und

Zielgruppen des Projektmarketings

Die Ziele des Projektmarketings werden in der Projektmanagement-Literatur von mehreren Autoren behandelt. LANGE definiert das Ziel des Projektmarketing z.B. mit der "Befriedigung von Bedürfnissen und Wünschen der internen und externen Projektumwelten durch das Gestalten von Austauschbeziehungen" (Lange 2000b, S. 7). Laut GAREIS haben Projekte "aufgrund ihrer Komplexität,

136

II.

Projektinitralisierung

Dynamik, Neuartigkeit, etc. einen hohen Erklärungsbedarf. Ziel des Projektmarketings ist es daher, die im Projekt verfolgten Strategien und die angestrebten Projektergebnisse den relevanten Projektumwelten zu kommunizieren und zu verkaufen" (Gareis 1999, S. 31). Für ABRESCH geht es bei Projektmarketing "darum, die Idee, den Anlaß, die Ziele und Lösungswege eines Projektes dem Projektumfeld aktiv darzustellen" (Abresch 1998, S. 75). Dabei zielt er insbesondere auf die Verbesserung der Akzeptanz und Schaffung einer Projektidentität ab. Basierend auf den genannten Definitionen und den bisherigen Ausführungen liegt dem Verständnis dieses Textes die folgende Definition von Zielen des Projektmarketing zugrunde: Ziel des Projektmarketings ist die Erreichung einer möglichst hohen Akzeptanz, Identifikation und Motivation sowie im weiteren Sinne auch Information der Stakeholder bezogen auf die Projektarbeit und die Projektergebnisse. Neben den Zielen des Projektmarketings ist noch von besonderer Bedeutung, welches die Zielgruppen des Projektmarketings sind. Diese werden im Folgenden in zwei verschiedene Gliederungen unterteilt. Zunächst werden sie in ihrer funktionalen Bedeutung im Projekt aufgegliedert und anschließend bezüglich ihrer

Einstellung zum Projekt. Die funktionale Gliederung der Zielgruppen beinhaltet die Gruppierungen Projektmitarbeiter (interne Projektbeteiligte), unternehmensinterne Projektbetroffene, weitere unternehmensinterne Zielgruppen, unternehmensexterne Projektbeteiligte und unternehmensexterne Projektbetroffene (siehe dazu Abbildung 2). Bezüglich ihrer Stellung als Beteiligte oder Betroffene haben sie direkten oder indirekten Einfluß auf das Projekt. Jeder dieser Zielgruppenbereiche sollte nach Stakeholdern genau untersucht werden und in ihrem Interesse am Projekt, ihrer Position zum Projekt und ihrer Machtstellung bewertet werden.

5.

Abb. 2:

137

Projektmarketing

Zielgruppen für Projektmarketing (Stakeholdergruppen)

Bei der Gliederung hinsichtlich der Einstellung zum Projekt lassen sich drei Hauptgruppen unterteilen: Die Projektbefürworter, die neutral eingestellten Institutionen und Personen (-gruppen) und die Projektgegner (siehe Tab. 5).

Proj ektbefürworter

Hauptziel des Projektmarketing Unterstützung von Iden-

Neutral eingestellte Institutionen und Perso-

tifikation und Motivation Schaffung von Identifikation und Motivation

nen(-gruppen) Projektgegner

Schaffung von Akzep-

Einstellung zum Projekt

tanz

Tab. 5:

Typische Instrumente Karrieremöglichkeiten, Fachbeiträge, Pressemitteilungen, etc. Incentives, Fachbeiträge, Pressemitteilungen, etc.

Infoveranstaltungen, Workshops, etc.

Gliederung der Zielgruppen hinsichtlich ihrer Einstellung zum Projekt

Selbstverständlich haben die drei Personengruppen in Tab. 5 unterschiedliche Intentionen bezüglich des Projekts. Aus diesen Gründen hat das Projektmarketing auch sehr unterschiedliche Ziele bei den drei Gruppen. Welche Ziele das im einzelnen sind und mit welchen Instrumenten diese gefördert werden können, ist ebenfalls der Abbildung zu entnehmen.

II.

138

3.2

Phasen und Prozesse des

Projektinitialisierung

Projektmarketings

Die Phasen und Prozesse des Projektmarketings können vergleichbare Strukturen des Prozesses von Unternehmensmarketing aufweisen. Aufgrund der fehlenden Relevanz der strategischen Ausrichtung allerdings (siehe Abschnitt 2.3), müssen neben den Detailanpassungen auch strukturelle Änderungen vorgenommen werden. Das im Folgenden entwickelte Phasenmodell mit Prozessen des Projektmarketings lehnt sich zwar ursprünglich an die Ausführungen von MEFFERT zum Prozess des Unternehmensmarketings (vgl. Meffert 2000, S. 14ff.) an, wurde jedoch letztendlich eigenständig entwickelt. Phasen

Aufgaben Prozesse

Analysephase

Planungsphase und

Stakeholderanalyse Konzeption Planung Stakeholder Strategie und Haltungen analysieren Interessen der gegenüber

Umsetzungsphase Umsetzung

und

Kontrolle Aktivitäten

Abschluss-

phase Evaluation der Aktivitäten tatsächliche

im Detail

Kosten und

planen

Nutzen der

Stakeholder

Stakeholdem

Aktivitäten

Aktivitäten

analysieren Einflußmög-

festlegen Marketing-

umsetzen &

lichkeiten

Mix definie

Strategie- &

lysieren Verbesserung/ Optimierung

(Machtstellungen) der

ren

Planrevisio-

initiieren und

Aktivitäten

nen

Stakeholder

grob planen

Sofortmaß-

Lerneffekte für

nahmen umset-

Folgeprojekte

zen

sichern

analysieren Tab. 6: Phasen und Prozesse des

überwachen

vornehmen

ana-

umsetzen

Projektmarketing

In Tab. 6 sind die Phasen und Prozesse des Projektmarketings dargestellt. Beginnend mit der Stakeholderanalyse, ergibt sich gleich eine wichtige Fragestellung: Gehört diese wirklich zum Projektmarketing oder nicht? Diese Frage läßt sich nicht mit ja oder nein beantworten. Einerseits bilden die Informationen aus der Stakeholderanalyse eine bedeutende Grundlage für die Planung und Umsetzung der Projektmarketingaktivitäten, andererseits dient die Stakeholderanalyse auch als wichtige Informationsquelle für viele weitere Projektmanagementaktivitäten, z.B. dem Zielsetzungsprozess, dem Vertragsmanagement und dem Risikomanagement. Inhaltlich

5.

Projektmarketing

139

wird in der Stakeholderanalyse untersucht, welche Institutionen und Personen (-gruppen) Interessen an dem Projekt(-ergebnis) haben, welche Interessen und Einflußmöglichkeiten (Machtstellungen) diese Gruppierungen haben. Die Konzeption und Planung der Projektmarketingaktivitäten beinhaltet die Festlegung der Strategie und Haltungen gegenüber den Stakeholdern. Hier wird festgelegt, welche Stakeholder in welchem Umfang berücksichtigt werden. Darauf aufbauend wird ein Marketing-Mix definiert. Damit werden die Intensitäten der Bereiche (siehe Tabelle 4) festgelegt. Des Weiteren gehört die Grobplanung der Aktivitäten (Instrumente) zu dieser Phase. Bei der Umsetzung und Kontrolle der Projektmarketingaktivitäten werden die Aktivitäten im Detail geplant. Dabei werden genaue Inhalte der Maßnahmen, ausführende Personen, Kostenrahmen und Termine berücksichtigt. Anschließend müssen die geplanten Aktivitäten umgesetzt und die Umsetzung überwacht werden, damit möglichst alles "nach Plan" verläuft. Da einzelne Aktivitäten anders greifen können als erwartet und ein Projekt auch bezüglich der Rahmenbedingungen, Erfahrungen, etc. einem ständigen Wechsel unterlegen ist, müssen ggf. Strategie- und Planrevisionen vorgenommen werden. Dies beinhaltet selbstverständlich auch die Umsetzung von Sofortmaßnahmen in dieser Phase des Projektmarketings. Abschließend wird eine Evaluation der Projektmarketingaktivitäten vorgenommen. Diese beinhaltet eine Analyse der tatsächlich angefallenen Kosten und realisierten Nutzen und prüft das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Des Weiteren sollten die Aktivitäten anhand der neuen Erfahrungen kritisch überprüft und verbessert bzw. optimiert sowie Lerneffekte für Folgeprojekte gesichert werden. 3.3

Aufgaben, Instrumente und Handelnde des Projektmarketings

Allgemein gehalten kann die Aufgabe des Projektmarketings nach LANGE wie folgt gesehen werden: "Das Projektmarketing hat prinzipiell im Projekt die gleiche Aufgabe wie die Marketingabteilung im Unternehmen, nämlich einen optimalen Marketing-Mix für das erstellte Produkt bzw. die erstellte Dienstleistung zu entwickeln" (Lange 2000b, S. 7). GAREIS definiert ausgehend von den Instrumenten die Aufgaben des Projektmarketings: "Zum Projektmarketing stehen die klassischen Marketinginstrumente der Produkt-, Preis -, Distributions- und Kommunikationspolitik zur Verfügung. Alle Maßnahmen, die der Vertrauensbildung, der Information und der Konsensfindung mit Projektumwelten dienen, werden als integrierend verstanden. Es kann zwischen objektbezogenen Marketingaufgaben (z.B. Kosten-Nutzen der Projektergebnisse) und prozessbezogenen Marketingaufgaben

140

II.

Projektinitialisierung

(z.B. Einbezug von Betroffenen) unterschieden werden" (Gareis 1999, S. 31). Etwas greifbarer und basierend auf den im Abschnitt 3.1 ermittelten Zielen des Projektmarketings wird hier die Aufgabe des Projektmarketings wie folgt verstanden: Aufgabe des Projektmarketings ist die an die Stakeholder gerichtete Schaffung und Unterstützung einer möglichst hohen Akzeptanz, Identifikation und Motivation sowie im weiteren Sinne auch Information bezogen auf die Projektarbeit und die Projektergebnisse. Der Bezug auf die Projektarbeit und Projektergebnisse wird auch von LANGE betont. Er unterscheidet zwischen den zwei zentralen Aufgaben des produktbezogenen und prozessbezogenen Projektmarketings (vgl. Lange 2000b, S. 10). Konkret ist die Aufgabe des Projektmarketings jedoch sehr stark abhängig von der Branche, der Unternehmensgröße, der Projektart, Projektgröße und -komplexität und vielen weiteren Voraussetzungen, und der entscheidende ,Hebel' zur maßgeschneiderten Ausführung des Projektmarketings ist die Gestaltung des Marketing-Mixes. Wichtige Instrumente des Projektmarketings mitsamt erläuternden Anmerkungen sind in der Tab. 7 aufgelistet. Im Anschluß an die Tabelle sind bedeutsame Zusatzhinweise zu finden. Mit diesen Instrumenten kann z.B. allgemein über das Projekt informiert, der aktuelle Stand berichtet, besondere Projekterfolge herausgestellt, Projektmitarbeiter vorgestellt, Leserbriefe und andere Feedbackmöglichkei-ten ermöglicht werden, etc. Die Gestaltungsfreiheit der vielseitigen Instrumente ist groß. Je nach Projektgröße und -brisanz sollten die Instrumente wie im Abschnitt 3.2 beschrieben in einem Marketing-Mix mit unterschiedlichen Intensitäten ange-

-

wendet werden.

5.

Projektmarketing

Instrumente / Maßnahmen

allgemeine Informationsveranstaltungen Workshops mit Betroffenen Aktivitäten zu wichtigen Meilensteinen (z.B. Richtfest) Darstellungen in der Unternehmenszeitung / im Unternehmens-Newsletter

141

Anmerkungen berücksichtigt

Stakeholder fühlen sich eher Gute

Feedbackveranstaltung, Vorschläge müssen unbedingt ernst genommen werden schafft,Präsenz' des Projektes vor allem im passiven Projektumfeld geringer Aufwand

(regelmäßiger) Projekt-Newsletteij relativ hoher Aufwand, eher für die bedeutenden Projekte sehr innovativ, hoher Pflegeaufwand Projekt-Homepage im Intranet oder Internet

Fachvorträge auf Kongressen Fachbeiträge in Zeitschriften Pressem itteilungen

Aushänge, schwarzes Brett

Projektlogo

hoher Aufwand, ggf. Erreichung einer schränkten Zielgruppe hoher Aufwand, ggf. Erreichung einer schränkten Zielgruppe

eingeeinge-

niedriger Aufwand, ggf. zu umfangreiche Zielgruppe Aktualität ist wichtig, dafür besteht Pflegeaufwand Aufwand kann an Projektgröße angepaßt werden

Projektkurzbezeichnung (z.B.

wenig Aufwand, viel Wirkung

Y2K) Info-Hotlines

Zufriedenheitsbefragung durch Fragebögen, Interviews

relativ hoher Aufwand, eher für die bedeutenden Projekte gute Wirkung, hoher Aufwand durch

Auswertung

Tab. 7: Übersicht wichtiger Maßnahmen des

Projektmarketing

Für die Verwendung der in Tab. 7 aufgezählten Maßnahmen werden im Folgenden noch zusätzliche Hinweise gegeben. Grundsätzlich sollte nach der Devise "KISS Keep It Short and Simple" (vgl. Bettgenhäuser 2000, S. 260) gehandelt werden. Gerade in unserer hektischen Welt mit Informationsüberflutung werden umfangreiche -

142

II.

Projektinitialisierung

und komplizierte Botschaften nicht mehr aufgenommen. Lange Texte mit langen Sätzen sind out. Weniger ist mehr. Es sei denn, jemand will etwas verbergen, dann kann man dies mit langen und unübersichtlichen Texten vielleicht erreichen. Insbesondere bei Feedbackmöglichkeiten, wie bei Befragungen, Info-Hotlines, Leserbriefen ist es von besonderer Bedeutung, dass die angesprochenen Personen sich ernst genommen fühlen. Sollte eine Person ein Feedback geben und nicht erkennen, dass dieses aufgenommen wird, dann können sich dadurch negative Reaktanzen entwickeln und Abneigungen gegenüber dem Projekt sich verstärken. Bei den Inhalten einer Projektzeitung schlägt BETTGENHÄUSER sogar kritischere Meldungen vor: "Gerne schaut man dann in eine Projektzeitung, wenn nicht nur die üblichen Lobeshymnen auf Erfolge, sondern auch Humor oder der ,Flop des Monats' zu finden sind" (Bettgenhäuser 2000, S. 261). Eine interessante Maßnahme, allerdings nicht überall durchführbar, ist, wenn das Projektlogo vom Projektteam selbst entworfen wird. Dies schafft nicht nur stärkere Identifikation durch die eigene Leistung, eine erste inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Projekt und besseres Kennenlernen zwischen den Teammitgliedern, sondern spart in der Regel auch Kosten und Zeit. Insgesamt sollte keinesfalls vergessen werden, dass nur ein gerechtfertigter Aufwand sinnvoll ist. Der Marketing-Mix und die Art und Intensität der Instrumente und Maßnahmen sollte an die Projektbedeutung und vor allem an das Projektbudget angepaßt werden. Aufgrund der hohen Flexibilität sind aber Projektmarketing-Konzepte für jede Projektgröße denkbar. Des Weiteren wurde noch nicht geklärt, wer Projektmarketing eigentlich durchführt. GAREIS sieht die Durchführung bei folgenden Personen. "Grundsätzlich sind Projektmarketingaufgaben von allen Projektteammitgliedern wahrzunehmen. Die Erfüllung dieser Aufgaben setzt ein neues Selbstverständnis beim Projektmanager und bei den Projektteammitgliedern voraus. Sie sind nicht ,nur mehr' für die Erstellung eines entsprechenden Objekts, sondern auch für die Vermarktung und die Akzeptanz der Ergebnisse verantwortlich" (Gareis 1999, S. 31). Dies ist sicherlich richtig, doch sollte vielleicht noch stärker differenziert werden. Denn wenn die Unternehmensleitung ein wichtiges Projekt positiv in das Unternehmen hinein kommuniziert, handelt es sich sicherlich auch um Projektmarketing. LANGE sieht zusätzlich vor allem auch die Marketingabteilung des Unternehmens in der Pflicht, insbesondere vor und nach dem Projekt (vgl. Lange 2000b, S. 8). Des Weiteren sollte bei größeren Projekten neben dem Projektleiter auch ein Projektmitarbeiter bestimmt werden, der das Projektmarketing neben seinen übrigen Aufgaben koordiniert und zentral ausführt.

5.

Projektmarketing

143

Zusammenhang stellt sich zusätzlich noch die Frage, wie Projektmarinstitutionalisiert werden kann. Hier können z.B. für große Projekte eigene keting Projektbüros gebildet werden. Bei der Durchführung von mehreren kleinen und mittleren Projekten kann ggf. ein zentrales Projektbüro für Projekte allgemein (befristet oder unbefristet) gegründet werden. Diese Projektbüros könnten dann u.a. die zentralen Aufgaben des Projektmarketings koordinieren und ausführen. In diesem

4.

Beispiele für Projektmarketing

In der Projektpraxis steckt das Projektmarketing in den meisten Unternehmen noch in den Kinderschuhen. Jedoch wird die Wirkung eines Projektmarketings mehr und mehr geschätzt. Wichtige Beispiele aus der Praxis belegen die Effektivität dieser Instrumente. Ein Beispiel für Projektmarketing bei einem Großprojekt ist die rote InfoBox am Potsdamer Platz in Berlin. Interessierte konnten sich hier umfangreich und hautnah über das riesige Bauvorhaben am Potsdamer Platz, den Baufortschritt und vieles mehr mit den unterschiedlichsten Darstellungsformen (Modelle, Videos, Aussichtsplattform, etc.) informieren. Eine sehr große Anzahl von Touristen und Berlinern haben diese Möglichkeit zur Information gekoppelt mit schönen Erlebnissen wahrgenommen und anhaltende positive Eindrücke bekommen. Im Jahr 2001 wurde die InfoBox aufgrund der weitestgehenden Fertigstellung der Bebauung geschlossen. Die roten Fassadenteile wurden im Internet versteigert. So ist trotz vieler Belastungen während der Bauphasen am Potsdamer Platz dieses Großprojekt wiederholt positiv ins Gespräch gekommen. Ein weiteres, sehr bekanntes Beispiel für Projektmarketing ist Rolf, das fünffingrige Männchen der Deutschen Post bei der Einfuhrung der neuen Postleitzahlen in Deutschland (siehe Abbildung 3). Ob im Fernsehen, auf Plakatwänden, in Zeit-

-

schriften, Zeitungen, Fahrzeugwerbungen oder Aufklebern, dieses Projektlogo ist wohl fast allen Bundesbürgern bekannt geworden. Aber diese Werbeoffensive war sicherlich auch wichtig, da ja im Grunde jeder Bundesbürger betroffen war. So konnten auf witzige Art viele Erläuterungen kommuniziert und sicherlich einige Bedenken genommen werden. In dem gesamten Projekt der Deutschen Post mit der Bezeichnung "Brief 2000" wurde eine Vielzahl von Instrumenten zum Projektmarketing eingesetzt. Dies war sicherlich unter vielen anderen Gründen auch ein Aspekt für den Gewinn des Deutschen Projektmanagement-Award 1999, der bereits im Abschnitt 2.2 angesprochen wurde (vgl. Bettgenhäuser 2000).

144

Abb. 3: Das

II.

Projektinitialisierung

Projektlogo Rolf der Deutschen Post in zwei Beispielen

Während bei derartigen Großprojekten, bei denen auch die Öffentlichkeit besonders interessiert ist, sehr umfangreiche Maßnahmen erforderlich und auch finanzierbar sind, kann bei mittleren und kleineren Projekten mit einem sehr geringen Budget gearbeitet werden. Bereits ein periodisch erscheinendes Rundschreiben über das Projekt und seinen Fortlauf kann die Betroffenen informieren und somit die Ziele des Projektmarketings bei kleinen Projekten erfüllen. Typische Beispiele für Projektmarketing in Bauprojekten sind die (öffentliche) Feier der Grundsteinlegung und das Richtfest, bei größeren Bauprojekten ggf. sogar mit Politikern oder Leitungen aus Unternehmenszentralen und mit Presseterminen, etc. Zwei weitere überzeugende Beispiele für Projektmarketing des Unternehmens Mann + Hummel werden im Folgenden vorgestellt. Das Unternehmen Mann + Hummel hat seine Kernkompetenz in der Filtertechnik für Verbrennungsmotoren und realisiert ca. 75% des gesamten Umsatzes als Zulieferer in der Automobilindustrie. Bereits 1993 kam es zur Gründung eines Joint Ventures mit einem Filterhersteller in Pribyslavice in Tschechien, das in erster Linie zur Erschließung des mittel- und osteuropäischen Marktes dienen sollte (Vgl. Witte 1995, S. 10-36). Hierbei wurden Regierungen und Behörden als wichtige Stakeholder frühzeitig aktiv in das Joint Venture-Projekt einbezogen. Dies schafft eine grundlegend positive Stimmung und leistet erhebliche Vorteile bei der Gründung und Integration des Joint Venture. "Von Anfang an hat man bei Mann + Hummel in Kontaktaufnahme mit den Bürgermeistern der beiden Gemeinden, die vom Produktionsstandort berührt werden, mit dem Regierungspräsident/Landrat des Bezirkes und mit der Presse über Pläne und Absichten offen informiert und damit mögliche Ressentiments oder Mißtrauen gegenüber dem Kapitaleigner aus einem geschichtlich stark belasteten Land verhindert. Politiker wurden nach Ludwigsburg eingeladen, um das

5.

Projektmarketing

145

deutsche Mutterunternehmen kennenzulernen. Des weiteren wurden sie mit Stellen in Deutschland in Verbindung gebracht, um für die touristische Entwicklung ihrer Region Unterstützung zu erhalten. Der Wirtschaftsausschuß des badenwürttembergischen Landtages wird das Joint-Venture und den Regierungspräsidenten/Landrat im Juni 1994 besuchen" (Witte 1995, S. 20f.). Um die Mitarbeiter aus dem Zielland zu motivieren und an das Unternehmen zu binden, können neben den finanziellen Mitteln auch andere Aspekte genutzt werden. Man kann beispielsweise den Mitarbeitern ein Prestigegefühl geben und ihnen auch Berührungsängste nehmen, indem man sie zu Incentives, wie einem Besuch der deutschen Muttergesellschaft, einlädt. Im Unternehmen Mann + Hummel wurde das wie folgt realisiert. "Die Belegschaft wurde mit einem Bus in das Zweigwerk in Niederbayern gefahren, das mit seiner Produktion dem Joint-Venture am nächsten steht. Die dadurch entstehenden Kontakte und das auf beiden Seiten geweckte gegenseitige Verständnis haben bereits erheblich zur Integration des Joint-Ventures in die Mann + HummelFamilie beigetragen" (Witte 1995, S. 21). Im Jahr 1999 bestanden große Bedenken bezüglich eines Computercrashs zum Jahrtausendwechsel. Ein typisches Beispiel für ein Projektkürzel ist dabei entstanden und an kaum jemanden in der Geschäftswelt vorbeigegangen: Y2K, das anglistische "Computer-Kürzel" für Jahr 2000. Viele der damaligen Projekte zum erwarteten Problem mit dem Jahrtausendwechsel wurden mit diesem Kürzel bezeichnet. Diese Abkürzung aus der "Computer-Sprache" erweckt einerseits Neugierde, andererseits deutet es auf einen sehr innovativen Charakter hin. Jedoch kann ein so nützliches Kürzel für einen Projekttitel auch von den Projektgegnern mißbraucht werden. Das häufig verwendete Kürzel DELTA könnte persifliert werden in Dumme Esel laufen täglich Amok. Generell können also aus Abkürzungen Negativwirkungen entstehen. So ist z.B. die Abkürzung "PoPl" für den oben bereits genannten Potsdamer Platz in Berlin sicherlich auch nicht forderlich. Projektmarketing ist auch wichtig zur Abwehr von Angriffen auf ein Projekt. Projektgegner können erhebliche Attacken, egal ob berechtigt oder unberechtigt, auf ein Projekt ausführen. Ein Beispiel dafür ist das Cargo-Lifter-Projekt in dem Ort Brand, ca. 60 Kilometer südlich von Berlin in Richtung Cottbus. Riesige Zeppeline, ausgestattet mit neuester Technologie und mit nicht brennbaren Materialien, sollen insbesondere auf Straßen und Schienen schwer transportierbare Güter zukünftig durch die Luft befördern. In Zeitschriften und anderen Medien wurde das Projekt bereits mehrfach angegriffen. Die Cargo-Lifter AG wehrt sich mit massiven Gegendarstellungen, die u.a. auch im Internet abrufbar sind (vgl. www.cargolif-

ter.de).

II.

146

Projektinitialisierung

Akzeptanzschaffung für diese innovative, aber noch nicht markterprobte Lösung und Werbung von neuen Aktionären hat die Cargo-Lifter AG auch ein Besuchszentrum mit Führungen, Franchise-Artikeln, uvm. aufgebaut.

Zur

5.

Zusammenfassung und Ausblick

Der vorliegende Text beinhaltet eine Beschreibung des Begriffs Projektmarketing, seines Theorie- und Anwendungsstandes mitsamt Beispielen. Nach Auffassung des Autors wird sich Projektmarketing in den folgenden Jahren in der Projektpraxis erheblich weiterentwickeln und etablieren. Seitens der Theorie muß diese dynamische Entwicklung aufgearbeitet werden. Vielleicht werden neue Begriffsnormen bei den Standardisierungsbemühungen und Normierungen folgen, so dass das Projektmarketing recht bald auch von dieser Seite seinen festen Platz im Projektmanagement einnimmt. Projektmarketing ist allerdings weder etwas neues noch ein Wundermittel, sondern gerät nur verstärkt in die Diskussion. Ein besonders positiver Effekt daraus ist die zunehmende Sensibilisierung für Projektmarketing und dementsprechend natürlich auch die dynamische Weiterentwicklung. Eine eigentlich erforderliche, gründliche empirische Analyse des Anwendungsstandes in der Praxis wurde hier nicht durchgeführt. So wird im Rahmen dieses Textes zunächst nur ein Theorieansatz mit Praxisbeispielen angeboten. Vielleicht werden aber potenzielle Autoren durch diesen Text zur Beteiligung an der Diskussion mit einer empirischen Analyse angeregt, die auch die Wirkung von Projektmarketing auf den Projekterfolg beleuchtet.

6.

Literaturhinweis

Abresch

(1998): Abresch, Jens-Peter: Projektumfeld und Stakeholder, in: GPM (Hrsg.): Projektmanagement-Fachmann, S. 59-85 Bettgenhäuser (2000): Bettgenhäuser, Frank: Projektmarketing: Kernaufgabe im Projektmanagement, in: Roland Ottmann / Nino Grau (Hrsg.): Projektmanagement-Strategien und Lösungen für die Zukunft, DokumentationsBand des 17. Projektmanagement-Forums der GPM, Frankfurt, S. 257-265 Dragoudakis (2001): Dragoudakis, Roger: Projektmarketing. Mit Herz und Verstand zum Projekterfolg. Th. Gabler, Wiesb. Gareis (1999): Gareis, Roland (Hrsg.): pm baseline, Wissenselemente zum Projekt-

5

Prqjektmarketing

147

management und zum Management Projektorientierter Unternehmen, Version

1.1, Wien 1999 GPM (1998): GPM

Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (Hrsg.): Projektmanagement-Fachmann, 4. vollst, überarb. Aufl., 2 Bd., ISBN 3-926984-57-0, RKW-Verlag, Eschborn Kellner (2001): Kellner, Hedwig: Die Kunst, IT-Projekte zum Erfolg zu fuhren, Ziele Strategien Teamleistungen, 2., aktualisierte Aufl., ISBN 3-446 21673-1, Hanser Verlag, München und Wien Lange (2000a): Lange, Dietmar (Hrsg.): Projektmarketing sichert den Projekterfolg! Dokumentations-Band des 8. Projektmanagement-Tag Südwest, -

-

-

Stuttgart Lange (2000b): Lange, Dietmar: Projektmarketing Ansatzpunkte, Methoden, in: Lange, Dietmar (Hrsg.): Projektmarketing sichert den Projekterfolg! Dokumentations-Band des 8. Projektmanagement-Tag Südwest, Stuttgart, S. 7-18 Meffert (2000): Meffert, Heribert: Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte Instrumente Praxisbeispiele. Mit neuer Fallstudie VW Golf, Gabler Verlag, 9. überarbeitete und erweiterte Auflage, ISBN -

-

-

3-409-69017-4, Wiesbaden Motze 1/Pannenbäcker (1998): Motzel, Erhard/Pannenbäcker, Olaf: Projektmanagement-Kanon: Der Deutsche Zugang zum Projekt Management Body of Knowledge, TÜV-Verlag, ISBN 3-8249-0498-5, Köln Ottmann/Grau

(2000): Ottmann, Roland/Grau, Nino (Hrsg.): Projektmanagement Strategien und Lösungen für die Zukunft, Dokumentations-Band des 17. Projektmanagement-Forums der GPM, Frankfurt Patzak/Rattay (1998): Patzak, Gerold/Rattay, Günter: Projekt Management,

-

Leitfaden zum Management von Projekten, Projektportfolios und projektrientierte Unternehmen, 3. Aufl., ISBN 3-85122-757-3, Linde Verlag, Wien Witte (1995): Witte, W.: Standortsuche und Joint Venture eines Zulieferers in Tschechien, in: Gassert, H./Horväth, P. (Hrsg.): Den Standort richtig wählen, Erfolgsbeispiele für internationale Standortentscheidungen, Schäffer-Poeschl, Stuttgart, S. 10-36

II

Projektinitialisierung

149

6. Lasten- & Pflichtenheft von

Prof. Dr. Jan Helmke Inhaltsverzeichnis 1. 2.

Einleitung Einordnung des Lasten- und Pflichtenheftes in den Projektentwicklungsprozess

3. Inhalte des Lasten- und Pflichtenheftes 4.

Zusammenfassung

5. Literaturhinweis

150

II.

Projektinitialisierung

Autorenbeschreibung Helmke, Jan, Prof. Dr., Professor für Wirtschaftsinformatik, Fachhochschule für Oekonomie & Management, Essen.

6. Lasten- & Pflichtenheft

1.

151

Einleitung

Die Aufstellung eines Lasten- und Pflichtenheftes erfolgt in der Anfangsphase eines Projektes. Die Qualität dieser beiden Dokumente ist somit von entscheidender Bedeutung für das erfolgreiche Gelingen des gesamten Projektes. Sowohl das Lasten-, als auch das Pflichtenheft werden in verbaler, umgangssprachlicher Form angefertigt (Balzert 1996, S. 138). Das Lastenheft wird vor dem Pflichtenheft aufgestellt. Es kann dabei als ein grobes Pflichtenheft betrachtet werden, das eine Zusammenfassung aller fachlichen Basisanforderungen des Auftraggebers bzw. der Nutzer an das Projekt enthält. Im Vordergrund steht die Beantwortung der Fragen: Was ist zu leisten? Wofür ist etwas zu leisten? Das Pflichtenheft beschreibt die Umsetzung aller Anforderungen. Es kann als detaillierte Fortentwicklung des in der Vorphase aufgestellten Lastenheftes betrachtet werden. Neben der technischen Umsetzbarkeit wird die wirtschaftliche Machbarkeit der Anforderungen überprüft. Daraus folgt dann ein Grobkonzept für die Realisierung des Projektes. Das Pflichtenheft stellt die verbindliche Vereinbarung für die Realisierung des Projektes zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer dar. Es ist somit die Grundlage für die Auftragsfreigabe, die dann mit den entsprechenden Investitonsbewilligungen verbunden ist. Beim Pflichtenheft steht die Beantwortung folgender Fragen im Vordergrund: Wie werden die Anforderungen realisiert? Womit werden die Anforderungen realisiert? In der nachfolgenden Beschreibung von Lasten- und Pflichtenheft wird zum Teil auf Erkenntnisse aus der Softwareentwicklung zurückgegriffen. Da Softwareentwicklungsprojekte häufig eine hohe Komplexität aufweisen, lässt sich das Wissen auch auf andere Projekte mit ähnlichem Komplexitätsgrad anwenden. 2.

Einordnung des Lasten- und Pflichtenheftes in den Projektentwicklungsprozess

Lasten- und Pflichtenheft stellen verbale Dokumente des Projektentwicklungsprozesses dar. Abbildung 1 zeigt eine Möglichkeit eines sequentiellen Vorgehensmodells. Dieses sequentielle Modell wird auch als Wasserfallmodell bezeichnet.

II.

152

Projektinitialisierung

Innerhalb des Phasenmodells ist das Lastenheft das Ergebnisdokument der Projektbegründungs- und Problemanalysephase, während das Pflichtenheft als das Ergebnisdokument der Definitionsphase anzusehen ist. In der Definitionsphase werden die Projektanforderungen definiert. Das jeweils gewählte Vorgehensmodell des Projektmanagements übt dabei einen Einfluß auf die Erstellung von Lasten- und Pflichtenheften aus. Das Wasserfallmodell geht in seiner strengen Form davon aus, dass eine neue Phase erst dann begonnen werden kann, wenn die vorhergehende Phase vollständig abgeschlossen ist. Diese Starrheit des Modells führt in umfangreichen Projekten, insbesondere bei der Erstellung des Pflichtenheftes, zu Schwierigkeiten, da das Pflichtenheft mit dem Ende der Definitionsphase vollständig sein muss. Die vollständige Erfassung aller Anforderungen ist gerade bei umfangreichen Projekten als unrealistisch einzuschätzen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es bei komplexen Projekten aufgrund der längeren Entwicklungsdauer bereits während der Projektlaufzeit zu einer Veränderung der Anforderungen kommen kann. Diese Veränderungen können dann vom Wasserfallmodell nicht mehr berücksichtigt werden. Projektbegründungs- und Problemanalysephase

Definitionsphase (Systemspezifikation)

Entwurfsphase

Realisierungsphase

Abnahme und

Einfuhrungsphase

Betreuungsphase

Abb. 1:

Wasserfallmodell

zeigt sich also, dass sich für den Aufbau des Pflichtenheftes ab einer bestimmten Größe des Projektes die Notwendigkeit einer evolutionären Vorgehensweise Es

6. Lasten- & Pflichtenheft

153

ergibt, wie sie mit dem Spiralmodell möglich ist. In dem in Abbildung 2 dargestellten Spiralmodell ist das Wasserfallmodell integriert. Das Wasserfallmodell kann dabei quasi über die Realisierung von Prototypen mehrfach durchlaufen werden. So werden auch später entdeckte Anforderungen in das Lasten- bzw. Pflichtenheft aufgenommen. Das Spiralmodell geht also davon aus, dass die Anforderungen nicht so präzise im Voraus festgelegt werden können. Erst wiederholte Auswertungen führen zu einer Vervollständigung der Anforderungen. Das Spiralmodell kann somit als ein Prozessmodell-Generator betrachtet werden, der nach der Übergabe einiger Kernanforderungen automatisch zu einem detaillierteren Entwicklungsmodell gelangt (Boehm 1988, S. 61-72). Typisch ist also hierbei die schrittweise Vervollständigung des Pflichtenheftes. Kumulative Kosten

Festlegung von Ziele Lösungsvarianten, Nebenbed in gungen und Einschränkungen

Projektfortschritt —

Erarbeitung und Beurteilung Lösungsvarianten, Erkennen und Beseitigen

yon

von

Risiken

Risikoanalyse

Abb. 2: 3. Das

Spiralmodell

Inhalte des Lasten- und Pflichtenheftes

Lastenheft, das die Grobstruktur des Pflichtenheftes bereits enthält, kann fol-

gendermaßen gegliedert werden:

II.

154

a) b) c) d) e) f) g) h)

Prqjektinitialisierung

Anlass, Ziele und Randbedingungen Ist-Zustand Soll-Zustand Schnittstellen Technische Anforderungen

Qualitätsanforderungen Einführung und Betrieb Projektabwicklung

dargestellte Gliederung kann als ein Vorschlag dienen, der auf die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Projekte abgestimmt werden muss. a) Anlass, Ziele und Randbedingungen Zunächst wird der konkrete Anlass zur Durchführung des Projektes beschrieben. Im Rahmen der Zielbestimmung werden die Projektziele festgelegt. Zu den Randbedingungen gehört die Einbettung des Projektes in die Unternehmensstrategie sowie die Festlegung der Eckdaten des Projektes, zu denen eine grobe Einschätzung von Kosten und Terminen gehört. Die

b)

c)

Ist-Zustand Bei der Beschreibung des Ist-Zustandes ist Wert auf die Darstellung des derzeitigen organisatorischen Prozessablaufs zu legen. Weiterhin sind die vohandenen Systeme zu analysieren und das Mengengerüst, also der mengenmäßige Anfall der Daten, festzuhalten. Soll-Zustand Bei der Ermittlung des Soll-Zustandes stehen zunächst die Projektziele im Vordergrund. Auf der Grundlage der im ersten Kapitel aufgestellten Ziele wird nun eine Verfeinerung der Ziele vorgenommen, sodass operationale Ziele entstehen. Aus den operationalen Zielen sind dann detaillierte Aufgabenstellungen abzuleiten. Dabei sind die organisatorischen Prozessabläufe festzulegen. Insbesondere ist hierbei die Veränderung der Prozesse zwischen Ist- und Soll-Zustand zu untersuchen. Ebenfalls ist das sich im Soll-Zustand neu

d)

ergebende Mengengerüst zu analysieren.

Sollten sich zukünftige Entwicklungen bereits abzeichnen, sind im Rahmen der Ermittlung des Soll-Zustandes schon mögliche Ausbaustufen des zu entwickelnden Systems deutlich zu machen. Schnittstellen Die Schnittstellen werden aufgrund ihrer Bedeutung als gesonderter Gliederungspunkt in das Lastenheft aufgenommen. Bei den Schnittstellen kommt es

6. Lasten- & Pflichtenheft

155

insbesondere auf die Kommunikation des neu zu entwickelnden Systems mit den bereits existierenden Systemen an. Die Schnittstellen sind sowohl organisatorisch, als auch technologisch zu untersuchen. Organisatorisch steht hie bei die Modellierung der Prozesse im Vordergrund, sodass das neue System in Verbindung mit den anderen Systemen zu einem reibungslosen Ablauf der

e)

Geschäftsprozesse beiträgt. Technische Anforderungen Nach der Beschreibung der organisatorischen Anforderungen im Rahmen des Soll-Zustandes und der Schnittstellen geht es bei den technischen Anforderungen um die Umsetzung organisatorischer Abläufe. Da die technische Umsetzung der organistorischen Abläufe mit Hilfe der Informationstechnologie vorgenommen wird, steht hier die Verwendung von Computern, Programmen, Datenbanken und Netzwerken im Vordergrund. Dieses Kapitel des Lastenheftes beschreibt also, welche Informationstechnologie zum Einsatz kommen

f)

soll.

Qualitätsanforderungen Unter Qualität wird hier die Qualität der Prozesse verstanden, um zu einer möglichst hohen Kundenzufriedenheit zu gelangen. Das Projekt sollte zu einem Ergebnis fuhren, dass die Prozessqualität im Unternehmen erhöht. Dieser Begriff der Qualität hat aufgrund seiner Konsequenzen für die Marktsituation des Unternehmens eine derart hohe Bedeutung bekommen, sodass eine explizite Betrachtung innerhalb des Lasten- und Pflichtenheftes angemessen

g)

h)

ist.

Einführung und Betrieb Bereits bei der Erstellung des Lastenheftes ist eine grobe Planung für die spätere Einführung und den Betrieb des zu erstellenden Systems vorzunehmen. So sind bereits zu diesem Zeitpunkt in den Planungen Aspekte wie Schulungen, Benutzerdokumentationen, Implementation und Inbetriebnahme zu berücksichtigen. Projektabwicklung Bei der Projektabwicklung geht es um die Metaplanung, insbesondere um die Projektorganisation inklusive der zu regelnden Personalfragen sowie um die Projektüberwachung. In einigen Projekten ist auch der Abschluss von Verträgen mit Dritten zu planen, die an dem Projekt beteiligt werden.

Das Pflichtenheft

beschreibt, auf welche Weise die im Lastenheft aufgestellten

Anforderungen umgesetzt

werden sollen. Dazu werden die

Anforderungen

im

156

II.

Prqjektinitialisierung

Pflichtenheft zunächst detailliert beschrieben und auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft. Auf der Grundlage des im Pflichtenheft aufgebauten Realisierungskonzepts wird der Auftragnehmer die Entscheidung zur Durchführung des Projekts treffen. Somit bildet das Pflichtenheft die Basis für die Projektfreigabe und die Bewilligung der zu leistenden Investitionen. Das Pflichtenheft ist dabei die verbindliche Vereinbarung zwischen Auftraggeber und -nehmer. Für das Pflichtenheft gilt somit die Gliederung des Lastenheftes, wobei die einzelnen Aspekte detaillierter und im Hinblick auf ihre Umsetzung beschrieben werden. Als neue Punkte werden gegenüber dem Lastenheft ins Pflichtenheft Kosten und Termine aufgenommen. Beide Bereiche sind eng aufeinander abzustimmen,

i)

j)

Kosten Im Bereich der Kosten sind die einzelnen Projektinvestitionen und die damit verbundenen Aufträge zu überwachen. Hierzu gehört auch die Planung des Mittelabflusses. Weiterhin sind für die einzelnen Projektschritte Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen durchzuführen, Termine Es wird ein detaillierter Terminplan aufgestellt. Sinnvoll ist hierbei eine revolvierende Terminplanung, da bei komplexen Projekten Abweichungen leicht entstehen. So können frühzeitig solche Abweichungen erkannt werden, sodass entsprechende Reaktionen möglich sind. Entweder ist der Mitteleinsatz zu erhöhen, oder die Projektdauer ist zu verlängern. Beide Reaktionen haben Auswirkungen auf die Kosten.

zu setzen, die anzeisein sollen. Die Meilensteine gen, wann bestimmte Projektstufen abgeschlossen sind verbunden mit der Erstellung von Abschlussberichten. Zur reibungslosen Durchführung eines Projektes ist eine Kapazitätseinsatzplanung unerlässlich. Nur so können bestimmte Engpässe erkannt werden.

Es ist wichtig, sich sogenannte Meilensteine in den Terminplan

4.

Zusammenfassung

Das Lastenheft stellt den Ausgangspunkt für die gesamte Durchführung eines Projektes dar. Während im Lastenheft die groben Anforderungen beschrieben werden, liefert das Pflichtenheft zum ersten Mal innerhalb eines Projektes die detaillierten Anforderungen. Werden Fehler bei der Definition der Anforderungen begangen, so stellen sie sich in der Regel als schwerwiegender heraus als Fehler in nachgelagerten Phasen des Entwicklungsprozesses, da die Korrektur schwieriger und mit

6. Lasten- & Pflichtenheft

157

größerem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Damit ist die Qualität des Lasten- und Pflichtenheftes für das Gelingen des Projektes von herausragender Bedeutung. 5.

Literaturhinweis

Balzert, H. (1996): Lehrbuch der Software-Technik, Softwareentwicklung, Heidelberg, Berlin, Oxford Boehm, B.W. (1988): A spiral model for software development and enhancement, in: IEEE Computer, 21. Jg., Nr. 5, S. 61-72.

II.

7.

Prqjektinitialisierung

159

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente -

von

Dr. Ruth Böck und Gerda Reiff Inhaltsverzeichnis

1.

Einleitung

2.

Besonderheiten der

3. 4.

5.

6.

Führung von Projektteams Der Lebenszyklus von Projektteams Situationsgerechte Führungsinstrumente in den Phasen der Teamentwicklung 4.1 Führungsinstrumente in der Phase der Teamgründung und Teambesetzung 4.2 Führungsinstrumente in der Phase der Projektdurchführung 4.3 Führungsverantwortung am Projektende Zusammenfassung: Kritische Erfolgsfaktoren in der Führung von Projektteams Literaturhinweis

160

II.

Projektinitialisierung

Autorenbeschreibung Dr. Ruth Böck, Jg. 1966, Diplom-Kauffrau, Mitarbeiterin am Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Gemeinschaft, Trier, Führungsnachwuchskraft des Parion-Konzerns (Berlin-Kölnische Versicherungen und Gothaer Versicherungen, Köln), Dozentin und zuletzt Professorin an der Fachhochschule der Wirtschaft, Bergisch Gladbach, Inhaberin der Dr. Ruth Böck Unternehmensberatung für Personal- und Organisationsmanagement, Köln; Arbeitsschwerpunkte Organisationsanalysen, Personalplanung, Entwicklung und Evaluation personalwirtschaftlicher Instrumente, diverse Veröffentlichungen zum Personalmanagement; Homepage: info@upo .de

Gerda Reiff, Jg. 1958, Diplom-Psychologin, Psychodramaleiterin, Personalentwicklerin im Parion-Konzern (Berlin-Kölnische Versicherungen und Gothaer Versicherungen, Köln); Inhaberin der GERDA REIFF Personalentwicklung, Training und Beratung, Köln; Führungskräftetrainerin und Coach mit den Schwerpunkten Seif Development (Führung, Projektmanagement, Konfliktgestaltung, Potenzialanalyse und Karriereplanung), Fortbildung von Moderatoren und Bera-

tung von Existenzgründern; Homepage: [email protected]

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

161

-

1.

Einleitung

Projektarbeit ist keine Erfindung unserer Zeit. Aber in der heutigen Zeit gibt es fast kein Unternehmen mehr, das nicht Projekte aufsetzt und Themen durch Projektteams bearbeiten lässt. Visionäre gehen sogar soweit, dass in der Zukunft die klassischen Abteilungsstrukturen in Unternehmen aufgehoben werden und Projektstrukturen

deren Stelle treten. Projektarbeit ist für die meisten Mitarbeiter in Unternehmen immer wieder etwas Neues, eine Herausforderung, eine Abwechslung, sie hat etwas Motivierendes. Man gehört zum Kreise derer, die an einem für das Unternehmen wichtigen Thema arbeiten und Lösungen entwickeln dürfen; es ist die Chance zu zeigen, was in einem steckt. Die anfängliche Euphorie weicht jedoch häufig einer gewissen Ernüchterung: Statt gemeinsamen Arbeitens, Nutzung von Interdisziplinarität und unterschiedlichem Erfahrungswissen, kreativem Denken und zielgerichtetem Vorgehen in einem Team, das gemeinsam an einem Strang zieht, zeigen sich Einzelaktivitäten, blinder Aktionismus, fehlende Zeitdisziplin und Einfallslosigkeit. Projekte drohen dann häufig sogar zu scheitern. Was ist geschehen? Unterschiedliche Gründe sind denkbar: Der Auftrag war nicht ausreichend klar formuliert, die Projektplanung war unzureichend, personelle und materielle Ressourcen standen nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung oder aber die Führung des Projektteams lag im Argen. Wir möchten den Focus auf den letzten Aspekt legen und im folgenden den Zusammenhang zwischen Mitarbeiterführung und Projektergebnissen genauer beleuchten. Es werden Anregungen dafür gegeben, wie durch die angemessene Begegnung zwischen den beteiligten Menschen und dem Einsatz geeigneter Führungsinstrumente eine wichtige Voraussetzung zum Gelingen von Projekten geschaffen werden kann. Dabei wird im ersten Schritt auf die Besonderheiten der Projektsituation eingegangen und damit die im Vergleich zur klassischen Führungssituation in Abteilungen spezifischen Rahmenbedingungen der Mitarbeiterführung im Projektteam skizziert. Dann werden wir aufzeigen, dass ein Projektteam einem Lebenszyklus unterworfen ist, der aus verschiedenen Entwicklungsphasen besteht, die wiederholt durchlaufen werden. Wir arbeiten sodann heraus, dass der Projektleiter und die Projektmitarbeiter im Verlauf des Projektes unterschiedliche Rollen einnehmen und dass sie von anderen in unterschiedliche Rollen hineingewählt werden, was ihnen einiges abverlangt. Vor diesem Hintergrund stellen wir dann dar, wie die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus und die unterschiedlichen Rollen der Beteiligten als Kriterium für die Wahl wirksamer Führungsinstrumente genutzt an

II.

162

Projektinitialisierung

werden können. Für die verschiedenen Projektabschnitte (Projektvorbereitung, Projektdurchführung und Projektende) werden exemplarisch konkrete Personalführungsinstrumente beschrieben. Am Ende des Beitrags werden nochmals die kritischen Erfolgsfaktoren für die Führung von Projektteams zusammengefasst. 2.

Besonderheiten der Führung

von

Projektteams

In diesem

Kapitel wird der Unterschied zwischen den klassischen, hierarchischen Führungsstrukturen und den Projektteamstrukturen beschrieben. Typisch für klassische Abteilungsstrukturen ist, dass Mitarbeiter ähnlicher Ausbildung in einem stark abgegrenzten Fachbereich zusammenarbeiten. In der Regel währt diese Zusammenarbeit viele Jahre, abgesehen von einzelnen Fluktuationen. Aufgabenschwerpunkte sind abgegrenzt, Kompetenzen und hierarchische Strukturierung sind klar. Die Stärken und Schwächen der einzelnen Kollegen sind bekannt, ein soziales Netz ist vorhanden. Die Aufgabenerledigung folgt typischerweise festgelegten Routinen in bekannten zeitlichen Rahmen. Budgets werden regelmäßig geplant und nicht selten dem Bedarf angepasst. Die jeweilige Führungskraft findet somit eine relativ transparente und stabile Situation vor. Anders sieht es bei Projektteams aus. Die einzelnen Teammitglieder arbeiten von Anfang an nur für eine begrenzte Zeit zusammen. Sie stammen aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, Fachgebieten und Hierarchieebenen. Von ihrer Profession und Qualifikation her ist gerade die Differenzierung charakteristisch. Häufig kennen sich die Teammitglieder kaum oder gar nicht und verfolgen mit dem Einsatz in dem Projektteam nicht selten individuelle Karriereziele. Die Arbeitssituation ist von Anfang an durch stringente Pläne, hohen Zeit-, Kosten- und Erfolgsdruck und sich immer wieder ändernde Rahmenbedingungen geprägt. Bekannte Arbeitsformen müssen kreativen Techniken, standardisierte Abläufe variierenden Kommunikations- und Informationsprozessen weichen. Die Projektmitarbeiter benötigen für die Projektarbeit andere Kompetenzen und Kenntnisse als sie für die Arbeit in einer Linienorganisation erforderlich sind. Auf diese Situation trifft ein Projektleiter. In vielen Unternehmen wird der Projektleiter eine Führungskraft auf Zeit genannt. Damit suggeriert man, dass er die gleichen Aufgaben wahrnimmt wie eine Führungskraft in der Linie nur eben begrenzt für die Dauer des Projektes. Die Beschreibung der gänzlich anderen Führungssituation lässt jedoch erahnen, dass eine erfahrene und bewährte Führungskraft aus der Linie nicht notwendigerweise auch ein Projektteam zielgerichtet motivieren und führen kann. Vielmehr ist eine bestimmte Form der Mitarbeiterführung notwendig, die dieser spezifischen -

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

163

-

Rahmensituation gerecht wird. Zusammenfassend sind die beiden wichtigsten Unterschiede zwischen Linien- und Projektarbeit: Erstens die sich über den Projektprozess hinweg immer wieder ändernden Rahmenbedingungen. Die Anstöße für diese Änderungen kommen nicht nur von außen, indem beispielsweise Personal kurzfristig abgezogen wird, sondern das Projektteam selbst wirkt von seinem Wesen her an der Veränderung mit. Durch kreative Prozesse im Projektteam entstehen neue Möglichkeiten und Lösungen, die die ursprünglichen Planungen entscheidend beeinflussen. Projektmitarbeiter und Projektleiter werden hin- und hergerissen zwischen dem Anspruch auf Kreativität und der Notwendigkeit von Kontinuität. Zweitens müssen nicht nur die Beziehungen zwischen Projektleiter und Projektmitarbeiter gestaltet, sondern es müssen auch Gruppenprozesse aktiv gesteuert werden. In klassischen Abteilungen entfalten sich diese Gruppenprozesse meist in Abhängigkeit von der sozialen Kompetenz der Beteiligten mehr oder weniger schnell und erfolgreich. Durch die klare Aufgabenzuweisung und dadurch, dass die Arbeitsergebnisse nur von dem Linienvorgesetzten geprüft werden, hat ein geringer Gruppenzusammenhalt in erster Linie Auswirkungen auf das mitmenschliche Klima. Im Projekt senkt sich die Qualität des Projektes drastisch und innovative Ansätze werden gar nicht erst entwickelt. Aus diesen Unterschieden ergeben sich für den Projektleiter spezifische Anforderungen und besondere Führungsthemen. 3.

Der

Lebenszyklus von Projektteams

wir auf, wie sich ein Projektteam typischerweise entwickelt, und stellen ein Modell zur aktiven Gestaltung der damit verbundenen Prozesse vor. Fasst man verschiedene Mitarbeiter, die das zur Erreichung des Projektziels notwendige Know-how mitbringen, zu einem Projektteam zusammen, hat man noch längst keine arbeitsfähige Gruppe, sondern zunächst mal eine mehr oder weniger bunt zusammengewürfelte Menge von unterschiedlich motivierten Experten. Diese können sich zu einem funktionsfähigen Projektteam entwickeln; das kann aber weder verordnet werden, noch ist zu erwarten, dass dies von heute auf morgen geschieht. Vielmehr braucht dies einen Entwicklungsprozess, der typischerweise in folgenden Phasen (vgl. Abb. 1) abläuft:

Nachfolgend zeigen

II.

164

Projektinitialisierung

1. Die Erkundung der Lage und Anwärmung mit

den Routinen

2. In Fahrt kommen und

5. Das Neue einfuhren und

Handlungsbereit-

umsetzen

schaft entwickeln

4. Aus der Fülle

das Angemessenste auswählen und konkret gestalten

Abb. 1: Phasen des

spielerisch erproben und 3. Neues

Variationen und Alternativen schaffen

Lebenszyklus von Gruppen

Die folgende Beschreibung stellt einen typischen Verlauf der Phasen des Lebenszyklus von Projektteams dar: Phase 1: Die Erkundung der Lage und Anwärmung mit den Routinen Die Teammitglieder kennen sich noch wenig; sie haben allenfalls einen ersten Eindruck voneinander. Jeder bringt seine eigenen Erwartungen und Befürchtungen mit in das Team. Man fühlt sich insgesamt noch unsicher im Vorgehen wie im Umgang miteinander. Deshalb kann man häufig eine große Abhängigkeit vom Projektleiter in dieser Phase beobachten. Er gibt die Ziele vor, nennt Aufgaben und Zeitpläne. Die Regeln der Zusammenarbeit werden meist vom Projektleiter vorgegeben. Im Vertrauen auf seine Erfahrung werden sie in der Regel akzeptiert. -

Phase 2: In Fahrt kommen und Handlungsbereitschaft entwickeln Im Laufe der ersten Zusammenarbeit entsteht ein Rollengefüge unter den Projektmitgliedern. Einzelne bieten sich für bestimmte Rollen an, anderen werden bestimmte Rollen von der Gruppe oder dem Projektleiter insbesondere in Abhängigkeit von ihren vorhandenen Kompetenzen und ihrem verfügbaren Können zugewiesen. Es entsteht ein erstes Wir-Gefühl. Das Projekt kommt in Gang.

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

165

-

Phase 3: Neues spielerisch erproben und Variationen und Alternativen schaffen Einzelne Projektmitglieder testen aus, welches Verhalten von den anderen Gruppenmitgliedern und/oder dem Teamleiter noch toleriert wird. Andere fühlen sich in ihren Rollen nicht wohl und möchten ausbrechen. Erste Koalitionen unter den Teammitgliedern entstehen. Es bilden sich neue Rollen, Machtkonstellationen und Normen unbewusst heraus. Die vorhandenen Spielregeln werden zum Teil oder gänzlich in Frage gestellt. Konflikte entstehen. Kontrollen und Überprüfungen durch den Projektleiter werden abgelehnt. Manchmal wird gar der Aufstand gegen den Projektleiter geprobt. Das Arbeiten am Projektziel wird mühsam. Man glaubt, auf der Stelle zu treten oder gar Rückschritte zu machen. Bei einigen entsteht ein Gefühl der Ausweglosigkeit. Phase 4: Aus der Fülle das Angemessenste auswählen und konkret gestalten Man erkennt, dass Konflikte dem Sachziel und damit auch der eigenen Zielerreichung nicht dienlich sind. Es wird nach Lösungen gesucht, um die Konflikte allmählich abzubauen. Man beginnt, vorhandene Regeln und Routinen zu überdenken, Rollenzuweisungen in Frage zu stellen. Neue, angemessene Rollen werden übernommen, das Rollengefüge wird feinschichtiger. Neue Verhaltensweisen entstehen. Gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit wird sichtbar, ein intensives Wir-Gefühl breitet sich aus. Phase 5: Das Neue einführen und umsetzen Die Teammitglieder konzentrieren sich verstärkt auf die gemeinsame Arbeit und die Sachzielerreichung. Aufgaben können selbstständiger und mit einem hohen Maß an Selbstkontrolle erledigt werden. Verbindliche Absprachen, Vereinbarungen und Spielregeln der Teamarbeit ermöglichen ein konstruktives Zusammenarbeiten. Dadurch entsteht Freiraum für Kreativität und Flexibilität. Persönliche Empfindsamkeiten treten in den Hintergrund. Phase 6: Reflexion des Prozesses und Teamauflösung Ein Team wird aufgelöst, wenn einzelne oder mehrere Projektmitglieder das Team verlassen oder der Projektauftrag erfüllt ist. Eine zusammengeschweißte Gemeinschaft wird beendet. Man spürt die Intensität der Zusammenarbeit, wird sich des gemeinsamen Ergebnisses bewusst. Die durchlebten Konflikte treten in den Hintergrund, die gemeinsame Stärke wird beschworen. Es wird nach Möglichkeiten gesucht, dieses Gefühl noch eine Weile aufrecht zu erhalten oder aber in neue

166

II.

Projektinitialisierung

Arbeitssituationen zu übertragen. Die Wege trennen sich. Wieder ist Unsicherheit da; Erwartungen und Befürchtungen, was nun für einen persönlich kommen mag und was mit dem Projektergebnis sein wird, begleiten jeden einzelnen. Wenn Menschen sich neu begegnen, dann organisieren sie sich nach dieser Struktur. Sie ist wirksam bei der Auseinandersetzung von Menschen mit einem Thema oder einer Aufgabe, sie wirkt beim Treffen von zwei oder mehreren Personen, wie beispielsweise im Mitarbeitergespräch, bei Konferenzen und Besprechungen und auch bei der Formung und der Entwicklung von Gruppen. Dieser Prozess entsteht, indem Menschen spontan handeln. Er wird meist nicht komplett vollzogen, sondern durch Routinen oft verkürzt oder abgewürgt, was in der Konsequenz dann zu Wiederholungen oder Störungen führt. Die Phase 6 in der Abb. 1 ist eingerahmt, weil diese Phase als eine Art Prozessluxus angesehen wird, den sich die meisten Gruppen aus Zeitgründen nicht leisten. In der Regel werden die Erkenntnisse, die in dieser Phase gewonnen werden, eher implizit von jedem selbst gezogen. Dieser Prozess birgt neben Erfolg, Vorankommen und Begeisterung auch Ecken und Kanten, Unsicherheiten und Risiken. Sie gehören mit zur Entwicklung. Entscheidend ist, wie Menschen solche Prozesse steuern und wie es gelingt, dabei das angestrebte Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Hier hilft folgendes Denkmodell: Menschen organisieren ihr Erleben und Handeln in Rollen. J. Moreno, der sich u.a. mit dem Verhalten von Menschen in Gruppen und den darin wirksamen dynamischen Gesetzen befasst hat, definiert "Rolle (als) (...) die aktuelle und greifbare Form, die das Selbst annimmt" (Moreno 1989, S. 105). In bekannten Situationen greifen Menschen auf ihr vorhandenes Rollenrepertoire zurück, in neuen Situationen entwickeln sie neue Rollen. Das geschieht unbewusst und spontan. Im Lauf ihrer Entwicklung gewinnen Menschen immer mehr Rollen und verfügen dadurch auch über eine immer größere Zahl an Handlungsmöglichkeiten. Bestimmte Rollen werden auch wieder abgelegt und nicht mehr aktiviert. Wir wählen uns Rollen und es werden uns Rollen übertragen. Menschen verfügen über unterschiedliche Arten von Rollen: Es lassen sich beispielsweise die Berufsrollen (Betriebswirt, Ingenieur, Personalfachwirt) von den Funktionsrollen (Projektmitarbeiter, Abteilungsleiter, Vorstand) und von den Privatrollen (Vater, Mutter, Sohn, Tochter) unterscheiden. In jeder Situation aktivieren wir eine Fülle von Rollen, um mit der Komplexität von Begegnungen und Aufgaben fertig zu werden. Wir bilden dabei bestimmte Vorlieben für Rollen aus, die wir zu bestimmten Anlässen aktivieren; andere Rollen werten wir ab und vermeiden sie. Das kann angemessen sein, aber auch unangemessen.

Projektteams ist und die Phasen des Lebenszyklus selbst durchlebt oder aber außerhalb steht, kann er dennoch nachhaltig und gezielt den Teambildungsprozess unterstützen. Denn in seiner Funktion als Projektleiter hat er zunächst die Wahl, in welchen Rollen er seinen Projektmitarbeitern begegnen will und wie er mit den unterschiedlichen Rollen umgeht, in die ihn die Projektmitarbeiter wählen. Ein erster Schritt bei der Entscheidung über Führungsmaßnahmen besteht also in der Auseinandersetzung mit den eigenen Rollen (vgl. Abb. 2) und denen der Projektmitarbeiter (vgl. Abb. 3). Der Projektleiter muss sich zunächst selbst fragen, welche Rollen er zu dieser Funktion als zugehörig ansieht, welche er ausfüllen kann und welche nicht, welche Rollen ihm von anderen in diesem Zusammenhang übertragen werden, welche er annimmt und welche er ablehnt? Kontrolleur

Revisor

Diplomat

Psychologe

Konfliktm anager Berater

Abb. 2: Ausgewählte Rollen eines

Projektleiters

Dabei hat ein Projektleiter nie alle Rollen gleichzeitig inne. Vielmehr ist es so, dass in den unterschiedlichen Situationen und in den Phasen des Projektteamentwicklungsprozesses unterschiedliche Rollen bevorzugt oder eben ausgeklammert werden. Jedes Projektmitglied wählt den Leiter in unterschiedliche Rollen. Der eine

Projektinitialisierung

II.

168

sucht in ihm den Problemloser, der andere möchte Anerkennung und Ermutigung erfahren. Was gewünscht und was gelebt wird, ändert sich auch während der Projektabschnitte. Die folgende Übersicht 1 zeigt, welches Rollenspektrum eines Projektleiters in den einzelnen Projektabschnitten häufig dominiert.

Projektabschnitt_Erwartete Rollen_ Projektvorbereitung

Orientierungsgeber, Zielklarer, Sachexperte, Aufgabenzuweiser, Regelgeber, Moderator, Repräsentant, Integrator

Projektdurchführung

Organisator, Motivator, Feedback-Geber, FeedbackNehmer, Vermittler/Diplomat, Kontrolleur, Konfliktmanager, Diagnostiker, Berater, Moderator, Koordinator

| Begleiter

Projektende

Übersicht 1: Projektphasenspezifische Rollenerwartungen an den Projektleiter Aber nicht nur der Projektleiter, sondern auch jeder einzelne verfügt ebenfalls über ein besonderes Rollenspektrum, das aussehen kann (vgl. Abb. 3):

Projektmitarbeiter beispielsweise so

Fordernder

Entscheider

Multiplikati

Umsetzer

beschaffer

Konfliktpartei Fragender

Abb. 3: Ausgewählte Rollen eines

Projektmitarbeiters

Projektmitarbeiter hat ebenfalls nie alle Rollen gleichzeitig inne, sondern sieht sich in den jeweiligen Projektabschnitten auch mit spezifischen Erwartungen konfrontiert (vgl. Übersicht 2): Der

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

169

-

Projektabschnitt_Erwartete Rollen_ Projektvorbereitung

Fragender, Sachexperte, Kritiker, Interessierter, Aktiver,

Fordernder_ Projektdurchführung Projektende

Planer, Strukturierer, Entscheider, Umsetzer, FeedbackGeber, Feedback-Nehmer, Informationsbeschaffer, Kreativer, Konfliktpartei_

Multiplikator, Aufgeschlossener für Neues

Übersicht 2: Projektphasenspezifische Rollenerwartungen an den Projektmitarbeiter

Projektleiter wie die Projektmitarbeiter in den einzelnen Projektabschnitten unterschiedliche Rollen einnehmen müssen und können, ist es für den Projektleiter hilfreich, sich bestimmter Führungsinstrumente zu bedienen, damit er selbst und seine Mitarbeiter ihre Rollen angemessen wahrnehmen können. Welche Führungsinstrumente dies sein können, möchten wir im folgenden Kapitel darstellen. Da der

4.

Auswahl von angemessenen des Projektprozesses

Führungsinstrumenten

in den Abschnitten

Aus den Vorüberlegungen ist das folgende Fazit zu ziehen: Was sich in klassischen Linienstrukturen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern und in der Gestaltung von Gruppenprozessen abspielt, geschieht im Projekt wie im Zeitraffer. Gruppenprozesse können sich nicht selbst überlassen bleiben, sondern müssen gezielt gestaltet werden, damit die Projektmitarbeiter in ihrem Bedürfnis nach Orientierung und Kontinuität versorgt werden. Dementsprechend dürfen die Führungsinstrumente sich nicht nur auf die Begegnung zwischen Projektleiter und Mitarbeiter beschränken, sondern es müssen auch Führungsinstrumente eingesetzt werden, die der Formung der Gruppe dienen. Die Auswahl der Führungsinstrumente richtet sich nach zwei Kriterien: Zum einen nach der Phase des Lebenszyklus und zum zweiten nach der jeweiligen Rolle, die der Projektleiter und die Projektmitarbeiter einnehmen. Führungsinstrumente dienen dazu, die Rollenflexibilität der Projektmitarbeiter zu erhöhen und sie zu größerer Selbständigkeit zu führen. Je mehr Rollen ein Mitarbeiter zur Verfügung hat, um so höher sind seine Handlungsoptionen und um so besser kann er sich auf die sich wandelnden

170

II.

Projektinitialisierung

Rahmenbedingungen einstellen. Das Ziel aller ausgewählten und eingesetzten Führungsinstrumente ist, Angemessenheit in die Sache, die Beziehungen und das Team zu bringen. Was angemessen ist, lässt sich nicht generell für jede Projektarbeit definieren, sondern ist vor allem abhängig vom konkreten Projektauftrag und den Rahmenbedingungen. Unabhängig von der konkreten Projektsituation lässt sich aber durch die Beantwortung der folgenden Fragen (vgl. Übersicht 3) jeweils ermitteln, was angemessen ist. In welcher Phase des Lebenszyklus befindet sich das Projekt? Welche Führungsziele sollen in dieser Phase erreicht werden? Gibt es "Reste" aus der/den vorhergehenden Phasen, die noch offen geblieben sind? Welche Begegnungen finden jetzt statt? Wie ist die Entwicklung der Gruppe zur Zeit? Wie selbstständig und eigenverantwortlich regelt die Gruppe die Zusammenarbeit? Welche Rollen sollen der

Projektleiter und die Projektmitarbeiter einnehmen

Übersicht 3: Checkliste zur Auswahl von Führungsinstrumenten

Lebenszyklus und die Projektabschnitte sind zwei Prozesse, die sich bei den unterschiedlichen Projekten jeweils unterschiedlich ausformen. Man kann aber davon ausgehen, dass in den jeweiligen Projektabschnitten bestimmte Führungsziele des Lebenszyklus dominieren (vgl. Übersicht 4). Der

Projektabschnitt

Projektvorbereitung Projektdurchführung Projektende

Dominierende Phasen des

Lebenszyklus (Führungsziele) Erkennen der Lage und Anwärmung mit Routinen Handlungsbereitschaft erzeugen, Spiel mit den Möglichkeiten, Auswählen und Gestalten Einführung und Umsetzen, Reflexion des Prozesses

Übersicht 4: Projektabschnittsspezifische Führungsziele

Nachfolgend werden für die drei Projektabschnitte jeweils Antworten auf die Fragen der Checkliste gegeben. Es soll dabei deutlich gemacht werden, dass das Modell des Lebenszyklus und das Rollenkonzept nicht nur für den Projektablauf als Ganzes Gültigkeit haben, sondern für jedes mögliche Führungsinstrument greifen.

7.

Projektmanagement Entscheidung Uber Führungsinstrumente

171

-

Für die das Projektergebnis am meisten beeinflussenden Abschnitte Projektvorbereitung und -durchführung werden jeweils zwei Führungsinstrumente konkreter beschrieben. Dabei bezieht sich ein Führungsinstrument immer auf die individuelle Führung eines einzelnen Projektmitarbeiters, das andere stets auf die Steuerung des Projektteams. Wir möchten Projektleiter ermutigen, nach dem vorgestellten Schema die für sie angemessenen Instrumente selbst zu schaffen, auszuwählen und umzusetzen. Die ausgesuchten Beispiele sollen eine bestimmte Art zu denken und zu handeln einüben, die sich in der Praxis als erfolgreich erwiesen hat. 4.1

Führungsinstrumente im Abschnitt der Projektvorbereitung

In der Phase der Projektvorbereitung geht es um die Anwärmung des Projektleiters und der Projektmitarbeiter mit dem Thema, den Methoden und den beteiligten Personen. Durch den Projektinhalt, die Zielklärungsgespräche mit den Auftraggebern und die Projektstrukturpläne entstehen erste Orientierungen in der Sache. Diese müssen kommuniziert werden. Die wesentliche Führungsaufgabe besteht darin, geeignete und engagierte Personen als Projektmitarbeiter zu finden und den ersten Kontakt zu ihnen und zwischen ihnen herzustellen. In der Begegnung mit den einzelnen Teammitgliedern hat der Projektleiter zu Beginn die Rolle desjenigen inne, der Begeisterung und Aufgeschlossenheit für die Aufgabe weckt, der Orientierung gibt und prüft, ob der potenzielle Mitarbeiter das soziale, fachliche und methodische Rüstzeug mitbringt. Die Rolle des Mitarbeiters besteht darin, sich ausreichend Informationen darüber zu beschaffen, ob ihn das

Projekt interessiert, ob er die Voraussetzungen hat, an dieser Aufgabe mitzuwirken und welche Konsequenzen und Belastungen dies für die Arbeit hat, die er in seiner ursprünglichen Funktion in der Linie noch bewältigen muss. Er muss weiterhin abwägen, welche Konsequenzen dieser Einsatz insgesamt auf seine Karriere haben wird. Es ist üblich, dass es für die Besetzung von Projekten kein abgestimmtes, transparentes Auswahlverfahren gibt wie für Positionen in der Linie. Meist werden von den Fachbereichen Mitarbeiter benannt, die von ihren Führungskräften als dafür geeignet angesehen werden. Der Projektleiter kann sich sein Team in der Regel also nicht frei aussuchen, was eine große Herausforderung an seine Integrationsfähigkeit stellt, weil er häufig mit Mitarbeitern zusammenarbeiten muss, die aus seiner Sicht nicht die optimalen Voraussetzungen haben oder die persönlich der Projektarbeit eher skeptisch gegenüber stehen. Wenn es sich um ein Projekt handelt, das im Unternehmen sehr viel Ansehen genießt und der Mitarbeiter sich

II.

172

Projektinitialisierung

profilieren möchte, verwickelt er sich und andere in Konkurrenzkämpfe. Folgende Instrumente (vgl. Übersicht 5) sind in dieser Situation hilfreich, um trotz der verschiedenen Ausgangslagen Angemessenheit herzustellen: Vorgehen

Instrumente des

Hinweise für die

Umsetzung

Projektleiters zur Führung des Projektmitarbeiters

Anforderungsprofil

Projektleiter macht in An dieser Stelle formuliert Abstimmung mit dem Len- der Projektleiter seine Sollkungsausschuss eine erste Per- vorstellungen für die Leisonalbedarfsrechnung und legt stung der einzelnen Mitgliefür jede erforderliche Stelle der unabhängig von den vorfest, welche Aufgaben quanti- handenen Qualifikationen. Er tativ und qualitativ zu bewälti- hält fest, was aus der Sicht gen sind, welches Können, des Projektes das Optimale ist Der

welche methodischen und sozialen Qualifikationen dazu erforderlich sind. Das Anforderungsprofil ist das Messinstrument für die Leistungen der Projektmitarbeiter.

und passt nicht von vornherein seine Erwartungen an vorhandene Möglichkeiten an. Das Anforderungsprofil ist nicht starr, während des Projektprozesses wird es sich

ändern, einige Änderungen sind schon erkennbar, andere

werden sich mit Sicherheit erst im Verlauf des Projektes zeigen. Für Aspekte, die sich vermutlich ändern, sollte von vornherein ein Hinweis gemacht werden.

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

173

-

Auswahlgespräch

Projektleiter lädt den Es ist ratsam, das Auswahlpotenziellen Projektmitarbei- gespräch gemeinsam mit ter zu einem ersten Gespräch einem zweiten Gesprächs-

Der

ein, in dem er sich und das partner zu fuhren. Das könProjekt vorstellt, und fuhrt ein nen zu Beginn des Auswahlstrukturiertes Interview, mit prozesses Personalreferenten dem er die Erfahrungen und die Qualifikationen des Mitarbeiters eruiert. Der Mitarbeiter hat die Möglichkeit, weitere ihm noch fehlende Informationen aktiv zu erfragen. Am Ende besteht für den Projektleiter und den Mitarbeiter die Möglichkeit, sich für oder gegen die Projektteilnahme zu entscheiden.

sein oder ggf. jemand aus dem Lenkungsausschuss. kann man auch MitSpäter arbeiter aus dem Projektteam hinzuziehen. Der Austausch nach dem Interview bringt noch mal Aspekte hervor, die der andere beobachten konnte. Dem Mitarbeiter sollten auch Fragen zur Haltung dem

Projekt gegenüber gestellt werden; eine gesunde Skepsis kann dem Projekterfolg durchaus zuträglich sein, aber innere Ablehnung schadet mehr als fehlendes Expertenwissen.

Informations-

gespräch

Projektleiter lädt den Mitarbeiter und dessen Linienvorgesetzten zu einem Gespräch ein und stellt die groben Planungen und das voraussichtliche Einsatzvolumen dar. Die gegenseitigen Erwartungen und Befürchtungen werden ausgetauscht und Regeln zum Umgang mit unterschiedlichen Interessen vereinbart.

Der

Projektleiter und gesetzte kämpfen

Linienvoroft um die zeitlichen Ressourcen des Mitarbeiters. Es ist sinnvoll, sich als Kooperationspartner zu sehen, das erleichtert die Freistellungen und die Zusammenarbeit mit der Linie (es müssen ggf. gemeinsame Beurteilungen erstellt werden usw.).

II.

174

Einarbeitungsplan

Projektinitialisierung

Der Mitarbeiter erstellt eine Übersicht, aus der ersichtlich wird, wie er sich auf die einzelnen Projektabschnitte konzentriert vorbereitet. Fehlendes fachliches und methodisches Wissen und auch soziale Rollen, die ihm schwer fallen, werden notiert und es wird festgehalten, auf welche Weise und bis wann diese Kompetenzen ergänzt werden. Diesen Einsatzplan stimmt er mit dem Projektleiter ab.

Übersicht 5: Instrumente

in der

Der Mitarbeiter erlebt sich

selbst als Handelnder, er entscheidet in Abstimmung mit dem Projektleiter, welche persönlichen Ziele er erreichen möchte, wie er das tut und welche Hilfestellungen er dafür erhält. Der Projektleiter unterstützt ihn durch Feedbacks.

Projektvorbereitung zur Führung des Projektmit-

arbeiters für die möglichen Führungsinstrumente in diesem Projektabschnitt wird das Instrument des Auswahlgesprächs an dieser Stelle (vgl. Übersicht 6) detaillierter beschrieben. Dabei dient das Modell des Lebenszyklus auch hier als Leitfaden für die Gliederung:

Exemplarisch

Phasen des

Anwärmung

Lebenszyklus bei der Gestaltung eines Auswahlgespräches Der Projektleiter stellt sich vor, er beschreibt das Projekt mit Chancen und Risiken, er gibt dem Mitarbeiter Gelegenheit, sich vorzustellen und fragt ihn nach seinem Informationsstand über das Projekt sowie seinen

Erwartungen._ Handlungsbereitschaft

Aufgaben erklärt, die im Projekt zu erledigen sind; es werden die Anforderungen besprochen, die dazu erforderlich sind, und der Umfang der mit der Aufgabe übertragenen Kompetenzen wird so präzise wie möglich dargestellt. Die Projekterfahrungen des Mitarbeiters werden besprochen und Stärken und Schwächen anhand des Anforderungsprofils herausgearbeitet. Es werden die

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

175

-

Spiel der Möglichkeiten

Auswählen und Gestalten Einführen und Umsetzen Reflexion des Prozesses

und Mitarbeiter untersuchen gemeinsam, welche Rollen der Mitarbeiter zur Bewältigung aktivieren kann, was steht ihm zur Verfügung, welche Lieb-

Projektleiter

lingsrollen wählt er bevorzugt (z.B. Planer) und welche Rollen machen ihm Schwierigkeiten (z.B. Entscheider)? Welche Methoden und Techniken kennt er, um diese Aufgaben zu lösen? Was wären für ihn Grenzen der Belastbarkeit? Wie wird sich das Tätigkeitsfeld mit dem Verlauf des Projektes möglicherweise verändern? Welche zusätzlichen Kompetenzen möchte der Mitarbeiter am Ende des Projektes erworben haben? Einsatzposition und Einsatzzeit werden besprochen, Projektleiter und Mitarbeiter teilen einander ihre Erwartungen und ggf. ihre Befürchtungen mit. Ein mündlicher oder schriftlicher Kontrakt wird geschlossen oder nach einer Bedenkzeit vereinbart. Der Projektleiter gibt dem Mitarbeiter ein erstes Feedback: Wie hat er ihn bezogen auf die Rolle als Teammitglied erlebt, wo sind Fragen offen? Der Projektleiter fragt den Mitarbeiter nach seinen Eindrücken, wie war für ihn die Qualität der Begegnung?

Übersicht 6: Phasen des Lebenszyklus bei der Gestaltung eines Auswahlgesprächs Hat der Projektleiter mit den einzelnen Mitarbeitern Kontakt aufgenommen und ist die Entscheidung für eine Mitarbeit von beiden Seiten gefallen, muss eine erste Begegnung zwischen den Teilnehmern des Projektteams gestaltet werden, damit diese ein Beziehungsnetz untereinander knüpfen. Diese Aufgabe ist für die verschiedenartigsten Lagen zu lösen: Die Spanne reicht von der Situation, dass sich die Projektmitglieder bisher überhaupt nicht begegnet sind, bis zur Möglichkeit, dass sich eine bewährte Mannschaft wieder zu einem neuen Projekt trifft. Beides birgt Schwierigkeiten in sich: Im ersten Fall müssen Maßnahmen erlauben, Vertrauen zueinander herzustellen, im zweiten Fall können "alte" Gruppenstrukturen verhindern, dass sich für die neue Aufgabenstellung eine passende Gruppenkultur entwickelt. Dazwischen gibt es Mischformen, bei denen sich Untergruppen vielleicht kennen und neue Teilnehmer zu integrieren sind. Folgende Führungsinstrumente sind in diesem Projektabschnitt in Bezug auf die Führung der Gruppe

176

hilfreich

II.

Projektinitialisierung

(vgl. Übersicht 7):

Instrumente des

Projektleiters Führung des Projektteams Projektteam-

Hinweise für die

Vorgehen

Umsetzung

zur

struktur

Projektleiter erstellt ein Anforderungsprofil für das Projektteam, in dem er feststellt, welche Funktionen es selbstständig übernehmen soll (z.B. gegenseitige Information, Schulung, Feedbacks usw.) Auf dieser Basis wird festgehalten, wie die Beziehungen der Projektmitarbeiter Der

untereinander sein sollen, ob es feste Untergruppen gibt, nach welchen Regeln sie zusammengesetzt und nach welchen Regeln sie aufgelöst werden. besetektteam Der Projektleiter kennt die Proj zung Spanne der unterschiedlichen

Dieser Plan ist ein

wichtiges

Instrument, um die Gruppe zu fuhren und die Übersicht über deren Prozesse zu behalten, sowohl fur den Projektleiter wie auch für das Projektteam selbst. Eine gut

und

zwar

funktionierende Gruppe

sorgt sich

ver-

mit Informationen, es herrscht eine klare und verbindliche Kommunikation, es werden offen Konflikte angesprochen und die Projektmitarbeiter treten nach außen in einheitlicher Weise auf. Es ist sinnvoll, jeweils eine gute Mischung des Teams hinsichtlich folgender Kriterien vorzunehmen: Ge-

gegenseitig

Kompetenzen, die gefordert sind, und fertigt eine Übersicht über das Rollenspek- schlecht, Alter, Erfahrungen trum an (s. Abbildung 3), über im Umgang mit Projekten, das die Projektmitarbeiter ver- Prozesssteuerung. Üblicherfugen müssen. Lücken und weise werden nur die fachMehrfachbesetzungen werden lichen Rollen ausgewählt,

erkennbar. Durch entspre- viel wirksamer sind für die chende Maßnahmen können gute Zusammenarbeit aber Ergänzungen geschaffen und die sozialen Rollen. Habe ich der angemessene Einsatz von nur Entscheider oder nur vorhandenen Kompetenzen risikobereite Projektmitargesteuert werden. beiter, dann ist die Gruppe

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

177

-

voraussichtlich in vielen Situationen nicht handlungs-

fähig. Erste

Projektbesprechung

Projektleiter lädt alle Projektteammitglieder zu einer Kick-off-Sitzung ein und moderiert diese. Am Ende der Besprechung kennen sich alle gegenseitig, wissen, welche Erwartungen und Vorerfahrungen die anderen haben, wer sich kennt und wer ganz neu dazu kommt, haben Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den anderen wahrgenommen und konkrete Spielregeln für die Zusammenarbeit im Projektteam miteinander vereinbart. Der

Eine gute Vorbereitung mit formeller Einladung ist schon ein Hinweis auf die Verbindlichkeit, die gewünscht wird. Es besteht die Gefahr, dass dieser Teil der Anwärmung von den Projektmitarbeitern selbst für überflüssig gehalten wird. Besonders wenn sich alle oder einige kennen, dann soll meist aus "Zeitgründen" hier gespart werden. Die Bedeutung dieser Integrationsarbeit wird oft unterschätzt; auch ist der Umgang miteinander dann nicht mehr beliebig, sondern erfordert die eigene Festlegung, was für viele ungewohnt ist.

Übersicht 7: Instrumente in der Projektvorbereitung zur Führung des Projektteams Am Beispiel des Führungsinstrumentes Erste Projektteambesprechung (vgl. Übersicht 8) soll wiederum genauer beschrieben werden, wie es mit dem Modell des Lebenszyklus konkret gestaltet werden kann:

178

II.

Prqjektinitialisierung

Phasen des

Lebenszyklus bei der Gestaltung der ersten Projektteambesprechung Kennenlern-Runde, in der jeder sich vorstellt und etwas Anwärmung zu seinem persönlichen Umfeld sagt. Handlungsbereitschaft Jeder (auch der Projektleiter) stellt (z.B. mittels MetaPlan-Karten) seine Erwartungen und Befürchtungen in Bezug auf das Projekt und die Zusammenarbeit dar. Dies wird nicht kommentiert, jeder schaut nur, zu welchen Punkten es Gemeinsamkeiten oder Unterschiede gibt. Die Gruppe entwirft aufgrund der vorhandenen InforSpiel der mationen eine eigene Organisationsform, wie sie Möglichkeiten

Auswählen und Gestalten

Einführen und Umsetzen Reflexion des Prozesses

zusammenarbeiten möchte. Es können verschiedene Kleingruppen unterschiedliche Vorschläge machen und das visuell auf Papier oder durch Skulpturen im Raum deutlich machen. "Normale" Zusammenarbeit und "Störfälle" (z.B. drastische Reduzierung des Zeitkontingents) werden als Planspiele durchdacht. Die Gruppe überlegt sich, welche Kriterien für eine zielorientierte und angemessene Zusammenarbeit in Frage kommen. Die Kriterien werden gewichtet: Was fordert alle? Die vorher ausprobierten Modelle der Zusammenarbeit werden danach bewertet und das Modell, das am besten passt, wird ausgewählt. Es werden mittels der Moderationsmethode Spielregeln vereinbart, nach denen die Gruppenarbeit strukturiert werden soll. Die Projektmitarbeiter geben sich eine Rückmeldung über ihr Erleben zu den verschiedenen Phasen der Sitzung und halten fest, welche Fragen noch ungeklärt sind.

Übersicht 8: Phasen des Lebenszyklus bei der Gestaltung der ersten Projektteam-

besprechung 4.2

Führungsinstrumente im Abschnitt der Projektdurchführung

Führungsziele in diesem Projektabschnitt und damit wesentliche Themen sind die Erzeugung von Handlungsbereitschaft, das Spiel der Möglichkeiten und das

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

179

-

Auswählen und Gestalten der angemessensten Lösungen. Dazu müssen sich die Projektmitarbeiter und das Projektteam auch immer wieder neu anwärmen. Aber wesentlich ist in diesem Abschnitt, dass neue Alternativen erzeugt und strukturiert werden, dass der Prozess organisiert wird, funktionierende Regelungen geschaffen und die gefundenen Ergebnisse auch umgesetzt werden. Dieser Prozess wiederholt sich immer wieder. Damit sind auch die wesentlichen Rollen benannt, die gefragt sind: Kreativer, Querdenker, Kritiker, Erfahrener, Strukturierer, Organisator, Umsetzer, Kontrolleur. Eine wichtige Rolle des Projektleiters besteht nun darin, den Handlungsrahmen so mitzubestimmen und zu gestalten, dass die einzelnen Projektmitarbeiter und das Projektteam gute Leistungsmöglichkeiten haben. Seine Führungsinstrumente müssen wieder sowohl auf den Einzelnen bezogen sein wie auch auf die Gruppe, um diese Rollen zu fordern. Dabei ist besonders die Phase 3, in der Neues spielerisch erprobt wird und Variationen und Alternativen geschaffen werden, nicht leicht zu erzeugen und zu steuern und wird daher gerne vermieden bzw. umgangen. Es stellen sich nämlich in ihrem konkreten Verlauf häufig Unsicherheit, Albernheit, Verärgerung oder Ratlosigkeit ein. Dieses Erleben wird dann zu umgehen gesucht, indem der Projektleiter schon im voraus eine mögliche Lösung präsentiert oder durch eine strenge, rationale Vorgehensweise das Ziel oder das Ergebnis erzwungen werden soll. Häufig wird dann auch die Entscheidung an den Auftraggeber zurück delegiert. Wenn man diese Phase des Lebenszyklus aber als wichtigen und notwendigen Schritt im Gesamtprozess versteht, dann kann man sich diesem Teil auch besser widmen und muss ihn nicht zu früh abwürgen. In der Begegnung mit dem einzelnen Projektmitarbeiter wirkt sich das so aus, dass nach dem Anlaufen der Projektarbeit einerseits deutlicher wird als in den Vorbesprechungen, welchen Arbeitsstil, welche Erfahrungen und welche Erwartungen ein Projektmitarbeiter mitbringt und welche Auswirkungen das auf die Zusammenarbeit hat. Übereifer wie auch Nachlässigkeiten können sich zeigen. Der Projektmitarbeiter reißt vielleicht Aufgaben an sich, für die er nicht vorgesehen ist oder widmet sich Arbeiten, die er selbst bevorzugt, die aber für das Projekt nicht in dem Maße relevant sind. Aber auch, wenn die Beziehung stimmt und der Projektmitarbeiter seine Rollen angemessen ausfüllt, ist die Frage nach Alternativen und neuen Handlungsmöglichkeiten nicht überflüssig. Mitarbeiter, die keine Orientierung erhalten, verlieren die Motivation oder suchen sich eigene Referenzsysteme

(zum Beispiel im Vergleich mit anderen Projekten). Dadurch schaffen sie sich Klarheit, wo sie stehen und was für sie noch "drin" ist. Folgende Instrumente (vgl. Übersichten 9-12) kann der Projektleiter einsetzen, um gerade auch bei

180

II.

Projektinitialisierung

wechselnden Rahmenbedingungen dem einzelnen Projektmitarbeiter immer wieder dabei zu helfen, seine Leistungsbereitschaft zu erhalten und seine Leistungsfähigkeit zu optimieren: Zielvereinba-

Vorgehen

Hinweise für die

Umsetzung

rungsgespräch als Instrument des Projektleiters zur Führung des

Projektmitarbeiters Zielvereinba-

rungsgespräch

Projektleiter lädt recht- Der Projektleiter klärt vor zeitig zum Gespräch ein. Es dem Gespräch, ob der Prowird genügend Zeit für das [jektmitarbeiter über das VerGespräch eingeplant und da- fahren der gemeinsamen Zielfür gesorgt, dass keine Stö- vereinbarung informiert ist. rungen eintreten. Die Projekt- Falls nicht, ist es wichtig, den ziele sind definiert und mit Projektmitarbeiter darüber im den Auftraggebern abge- Vorfeld zu informieren, um stimmt. Ihr Inhalt und ihre Akzeptanz schaffen. zu werden in einer Außerdem dem Promüssen Bedeutung gemeinsamen Diskussion [jektmitarbeiter die Projektnochmals erläutert. Der Pro- ziele bekannt sein. Projektleijektmitarbeiter schildert, wie ter und Projektmitarbeiter er seine Rolle in diesem Auf- legen unabhängig voneinantrag sieht und welche Ziele er der fest, welche Ziele der selbst verwirklichen will. Es Projektmitarbeiter im Rahmen wird Einigkeit erzielt über dieses Projektes erfüllen soll Der

den Zielinhalt inklusive Ter- und kann. Die Ziele werden minen, Zielformulierung, er- schriftlich dokumentiert und forderlichen Unterstützung, stehen sowohl ProjektmitKriterien zur Erfüllung und arbeitern wie Projektleiter zur Kompetenzen. Der Projekt- Verfügung. Wichtig ist, dass leiter prüft, ob die Ziele genü- der Projektmitarbeiter am gend herausfordernd und Ende des Gespräches einanspruchsvoll und auf der schätzen kann, worin genau Basis der Qualifikationen des sein qualitativer und quantita-

7.

Prqjektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

181

-

angemes- tiver Beitrag zum Projektsen sind. Differenzen werden ergebnis liegt. Bei Teilzielbesprochen und eine Einigung erreichung, Zielabweichung erzielt. und Projektzielveränderung sollten erneut Zielvereinba-

Projektmitarbeiters

rungsgespräche geführt

wer-

den.

Übersicht 9: Zielvereinbarungsgespräch als Instrument rung

zur

Führung des

Feedback als Instrument des

Projektmitarbeiters Vorgehen

in der

Projektdurchfüh

Hinweise für die

Umsetzung

Projektleiters Führung des Projektmitarbei-

zur

ters

Feedback

Der Projektleiter klärt mit dem Das Feedback sollte regelmäProjektmitarbeiter die Rolle, ßig gegeben werden, es kann zu der ein Feedback gegeben mit Anerkennung und Kritik werden soll: z.B. Projektmit- verbunden werden. Die Sollarbeiter als Teilprojektver-ant- größen sind die qualitative wortlicher, Organisator, und quantitative BeschreiGruppenmitglied, Experte bung einer Rolle. Zu der usw. Projektleiter und Projekt- Rolle des Experten gehören mitarbeiter legen nacheinan- z.B. das Einbringen von der ihre Vorstellungen und besonderem Fachwissen und Sollgrößen dazu offen. Diffe- speziellen Erfahrungen, der auf bestimmte renzen werden diskutiert und Hinweis Konsens hergestellt. Der Pro- Schwachstellen oder die jektmitarbeiter gibt dann die Erledigung von quantitativ eigene Einschätzung bezüg- festgelegten Arbeiten. Bezolich seiner Position auf der gen auf diese Anforderungen gemeinsamen Sollgröße. An- kann man Projektmitarbeiter schließend gibt der Projekt- in unterschiedlichen Skalen leiter seine Einschätzung für (z.B. 1 gar nicht erfüllt bis den Projektmitarbeiter be- 10 in besonderem Maß zogen auf die gemeinsame erfüllt, oder ++, +, -, —) ein=

=

II.

1X2

Projektinitialisierung

Sollgröße. Differenzen zwischen Projektleiter und Projektmitarbeiter müssen geklärt werden. Der Projektleideutlich machen, welche Vorstellungen er für die Zukunft an den Projektmitarbeiter hat und was passiert, wenn diese nicht erfüllt werden. Konkrete Vereinba-

ter

muss

rungen zur Veränderung den getroffen.

Übersicht 10: Feedback als Instrument des

schätzen. Wesentlich für ein effizientes Feedback ist aber stets die unabhängige Selbstund Fremdeinschätzung auf diesen Skalen.

wer-

in der

Projektdurchführung zur Führung

Projektmitarbeiters

Coaching als

Vorgehen

Hinweise für die

Umsetzung

Instrument des

Projektleiters Führung des Projektmitarbei-

zur

ters

Coaching

Der Projektleiter ist in diesem Fall der Berater des Projektmitarbeiters und geht ausschließlich auf dessen Wünund die stützung vorgetragen Spielregen erklärt. Ein Coa- sche und Anliegen ein. Die ching kommt nur auf die aus- Beratung dient dazu, dem

Projektleiter hat im Vorfeld allen Projektmitarbeitern diese Möglichkeit der UnterDer

drückliche Nachfrage des Pro- Projektmitarbeiter die Mögjektmitarbeiters zustande. Der lichkeit zu geben, selbst wieProjektleiter lässt sich die der neue HandlungsmöglichProblemlage vom Projektmit- keiten zu entwickeln. Ein arbeiter schildern. Er fragt Coaching sollte nie spontan nach, was der Projektmit- gemacht werden, sondern der arbeiter unternommen und Projektmitarbeiter soll sein wie er bisher gehandelt hat. Er Anliegen formulieren und der verzichtet auf Ratschläge, Projektleiter überlegt sich, ob Bewertungen und Kommen- dieses Thema für ein Coa-

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

1X3

-

Er bleibt in der ching geeignet ist. Wenn z.B. Rolle des Fragenden und regt mehrere Personen von dem den Projektmitarbeiter dazu Problem direkt betroffen sind, an, einen Perspektivenwechsel dann macht ein Einzel-Coavorzunehmen. Am Ende be- ching keinen Sinn, auch pristimmt der Projektmitarbeiter vate Fragestellungen gehören selbst, welche Änderungen er nicht in diesen Kontext. Bei vornehmen möchte. Der Pro- einer Störung zwischen Projektleiter stellt sicher, dass der jektleiter und ProjektmitProjektmitarbeiter bei seinen arbeiter ist von diesem InstruLösungsvorschlägen die Rah- ment ebenfalls abzuraten. Es menbedingungen des Projek- sollten je nach Komplexität tes angemessen berücksich- des Problems zwei oder drei Termine verbindlich vereintigt. bart werden, damit von vornherein ein Raum für einen gemeinsamen Prozess vorhanden ist. Das ist wichtig, damit Vertrauen entsteht, wobei der Projektmitarbeiter immer noch entscheiden kann, ob er die Termine auch in Anspruch nehmen will. Ein Termin sollte eine Stunde nicht überschreiten. Alles, was besprochen wird, ist in jedem Fall vertraulich zu behandeln.

tierungen.

Übersicht 11: Coaching als Instrument in der Projektdurchführung zur Führung des

Projektmitarbeiters

II.

184

Projektinitialisierung

Hinweise für die

Vorgehen

Versetzung/ Rotation als Instrument des

Umsetzung

Projektleiters zur Führung des Projektmitarbeiters

Versetzung/

Der Projektleiter bespricht mit Jeder

Rotation

dem

Projektmitarbeiter ent-

Projektmitarbeiter die wickelt an seinem Platz eine Aufgaben, die an einer ande- bestimmte Handlungsroutiren Stelle des Projektes zu ne. Das stellt Effizienz her, erledigen sind. Der Abschluss geht aber oft zu Lasten der der bisherigen Aufgaben, die Flexibilität und Kreativität. konkreten Übergabemodalitäten an einen Nachfolger und die konkrete Einweisung in die neue Tätigkeit werden besprochen. Selbstverständlich muss eine Einigung über den Platzwechsel vorhanden sein und die gruppendynamischen Voraussetzungen müssen geschaffen werden. Versetzungen sollen nicht zur Konkurrenz unter den Projektmitarbeitern führen und auch nicht als Auf- oder Abwertung von Personen missbraucht werden.

Es ist

sinnvoll, nach einem

über einen neuen Personaleinsatz zu verhandeln. Um zu starke Routinen zu vermeiden, kann auch von vornherein eine Rotation geplant werden, bei der die verschiedenen Projektmitarbeiter sich nach einem vereinbarten System bei der Erledigung von Aufgaben abwechseln.

Teilprojektabschnitt

Übersicht 12: Versetzung/ Rotation als Instrument in der Projektdurchführung zur

Führung des Projektmitarbeiters Das Instrument des Coachings wird immer beliebter und bekannter. Lange war damit die Beratung von Führungskräften durch externe Trainer und Personalentwickler gemeint. Heute wird diese Rolle auch als Teilrolle von Führungskräften gegenüber ihrem Mitarbeitern verstanden. Was die angemessene Gestaltung dieser

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

185

-

internen Beziehung häufig erschwert, ist die lange gemeinsame Geschichte zwischen beiden. Im Projekt stehen die Chancen dafür besser, weil ja i.d.R. kein direktes Abhängigkeitsverhältnis besteht, man sich meist noch nicht so lange kennt und noch keine Beziehungsroutinen geschaffen wurden. Meist sind die Projektleiter aber mit den Voraussetzungen, dem Ablauf und den Spielregeln noch nicht gut vertraut; daher sollen an dieser Stelle noch weitergehende Hinweise (vgl. Übersicht 13) zu diesem Führungsinstrument gegeben werden: neuen

Phasen des

Lebenszyklus bei der Durchfuhrung von Coachings

Anwärmung

Projektleiter fragt den Projektmitarbeiter nach seinem Anliegen und lässt es ihn so konkret wie möglich beschreiben. Hilfreich sind Visualisierungsmittel wie Tafel, Flipchart oder auch Stühle, die verschiedene Personen oder Perspektiven verkörpern können. Der Projektleiter fragt so lange nach, bis er sicher ist, dass die Lage aus der Sicht des Projektmitarbeiters vollständig dargelegt wurde und auch er selbst einen Überblick über die Frage hat. Der Projektmitarbeiter ist derjenige, der Der

handelt und seine Sicht frei entfalten darf. Schuldzuweisungen oder vorschnelle Erklärungen sollen vermieden

Handlungsbereitschaft

werden. Während der

Beschreibung der Situation werden beim Projektmitarbeiter bestimmte Impulse geweckt, in dieser handeln. Im nächsten Schritt soll er seine eigenen Handlungsweisen einmal genau beschreiben oder zeigen (z.B. wie er bei einer typischen Aufgabe genau vorgeht). Auch hier ist der Projektleiter derjenige, der fragt und möglichst eine genaue Darstellung der

Situation

Spiel der Möglichkeiten

zu

bisherigen Handlungsroutinen ermöglicht. Der Projektleiter knüpft an das Anliegen an, das der Projektmitarbeiter zu Beginn der Sitzung geäußert hat. Er ermutigt den Projektmitarbeiter, einmal andere Handlungsweisen auszuprobieren. Damit dem Projektmitarbeiter etwas anderes einfallen kann, gibt der Projektleiter bestimmte Anregungen, wie zum Beispiel: das Problem

(Projektteam,

der Sicht anderer Betroffener Auftraggeber, Nutzer des Projekt-

aus

186

Ü".

Projektinitialisierung

ergebnisses usw.) beschreiben, Brain-Storming: alle Einfälle

zulassen und auf

schreiben, Sammlung der Rollen, die aktiviert werden und die

Karten

Auswählen und Gestalten

Einfuhren und Umsetzen Reflexion des Prozesses

vermieden werden. Der Projektleiter hilft dem Projektmitarbeiter, die Alternativen zu erzeugen und festzuhalten (aufschreiben). Wenn keine weiteren Alternativen genannt werden, kann der Projektleiter zunächst eine vorsichtige Rückmeldung dazu geben, was ihm an den Alternativen auffällt. Er beschreibt dazu seine Wahrnehmungen, vermeidet aber jede Deutung oder Bewertung. Er lässt dann den Projektmitarbeiter Kriterien entwickeln, die dieser selbst an seine neue Lösung stellt: "Das neue Verhalten, die neue Lösung soll...". Die Alternativen werden daraufhin betrachtet, inwieweit sie den Kriterien entsprechen und wie sie konkret gestaltet werden sollen, damit sie auch in die vorhandenen Rahmenbedingungen passen. Der Projektmitarbeiter trifft seine Wahl. Der Projektmitarbeiter legt für sich fest, wann und wie er die neue Lösung anwenden will und ob er sich eine Rückmeldung dazu einholt. Am Ende der Sitzung fordert der Projektleiter den Projektmitarbeiter auf, den Prozess nochmals in seinen verschiedenen Phasen auf folgende Fragestellungen hin zu betrachten: Was ist mir leicht gefallen, was ist mir schwer

gefallen? Wie zufrieden bin ich mit dem Ergebnis? Was ist noch offen geblieben? Was wünsche ich mir für die nächste Sitzung? Wie habe ich mich vom Projektleiter begleitet

gefühlt? Übersicht 13: Phasen des Lebenszyklus bei der Durchführung von Coachings

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

187

-

Vielleicht kommt man mit einer Sitzung nur bis zur Entwicklung der Möglichkeiten. Das Tempo und die Komplexität der einzelnen Phasen sind unterschiedlich. Trotzdem sollten Sitzungen nicht wesentlich über die vereinbarte Zeit verlängert, sondern eher weitere Sitzungen vereinbart werden. Diese Herangehensweise erfordert von beiden viel Aufmerksamkeit und Konzentration und funktioniert keinesfalls, wenn unter Zeitdruck um jeden Preis eine Lösung gefunden werden muss. Während des Projektabschnitts der Projektdurchführung entwickelt sich auch die Gruppe in ihrer Struktur und ihrer Kompetenz. Mit folgenden Instrumenten (vgl. Übersicht 14) kann der Projektleiter das Team dabei unterstützen: Instrumente des

Projektleiters Führung des Projektteams Projektteamsit-

Vorgehen

zungen

Hinweise für die

Umsetzung

zur

Der Projektleiter bespricht mit Bei sachlichen Themen sollte dem Projektteam, wie häufig immer ein Projektmitarbeiter

stattfinden sollen. nach einem gemeinsam festJeder kann zur Vorbereitung gelegten Ablauf die Sitzung seine Wünsche in die Tages- moderieren. Auch das trägt ordnung einbringen. Der dazu bei, dass eine Erhöhung Moderator fasst die Beiträge der Rollenflexibilität entsteht. zusammen und macht dem Sobald personelle Themen zu Projektteam zu Beginn einen besprechen sind oder die Strukturierungsvorschlag. Die gesamte Gruppe betroffen ist, Sitzungen können die folgen- sollte der Projektleiter modeden Ziele haben: rieren. Auch die DokumenSicherstellung eines ein- tation sollte nicht immer von heitlichen Informations- denselben Personen gemacht werden. standes, Kreative Bearbeitung einer Fragestellung oder einer Problemlage, die alle

Sitzungen

betrifft, Feststellung des Projektstandes, Begegnung aller Projekt-

II.

188

Konfliktmoderationen

Projektinitialisierung

mitarbeiter miteinander, um eine Möglichkeit zur gegenseitigen Kontaktaufnahme zu schaffen. Zu Beginn der Sitzung wird Konflikte im Team sollten

geklärt, wer Konfliktpartei ist, welches Problem sich der Konflikt dreht und ob nur bestimmte Personen betroffen sind oder das ganze Team. Nur im zweiten Fall macht eine Konfliktlösung im Team Sinn. Die Konfliktparteien beschreiben dann jeweils nacheinander den Konflikt so präzise wie möglich und welche Ziele sie anstreben. Im Anschluss daran äußern sich auch alle Projektmitarbeiter, wie sie zu diesem Konflikt stehen und welche Ziele für sie wichtig sind. Damit wird auch für die Parteien, die den Konflikt miteinander austragen, deutlich, inwiefern die anderen darin verwickelt sind und welche Position sie darin beziehen. Es wird nun für jede Konfliktum

untersucht,

partei

genau

sie als

Einschränkung empfin-

was

det, was sie selbst bisher zur Lösung oder zur Verschärfung des Konfliktes beigetragen hat. Die Anlässe und die Gründe für die Konflikte werden beschrieben. Anschließend empfiehlt sich eine

entweder vom Projektleiter moderiert werden (sofern dieser nicht als Partei in den Konflikt verwickelt ist) oder von einem Moderator, der nicht der Gruppe angehört. Konflikte, die nur bestimmte Personen betreffen, z.B. wird in einem bestimmten Zimmer geraucht oder nicht, werden auch nur mit den Betroffenen

geklärt.

7.

189

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente -

Pause. Danach können Kleingruppen

Lösungsstrategien

erarbeiten, wobei sich die Moderationsmethode mit Metaplankarten oder anderen

Visualisierungsmitteln

emp-

fiehlt. und Der Projektleiter stellt neue EinfiihrungsVerabschiedungs- Teammitglieder in der Sitrunden bei Erwei- zung vor. Die Projektmitarbeiter erhalten die Möglichterung und Verdes keit, sich zu ihrer Person, kleinerung ihren Erfahrungen und den Projektteams Aufgaben zu äußern, die sie künftig im Rahmens des Projektes übernehmen werden. Das schafft von Beginn an Klarheit und Sicherheit. Die bisherigen Projektmitarbeiter können Fragen stellen und Ideen zur Einarbeitung entwickeln. Scheiden Mitglieder aus dem Projekt aus, dann ist hier die Gelegenheit, sich von dem Projektteam zu verabschieden und gegebenenfalls die Gründe für das Ausscheiden zu benennen.

Übersicht 14: Instrumente

in der

Der Wechsel

von

Projektmit-

arbeitern vollzieht sich oft nur in der Beziehung zwischen Projektleiter und Projektmitarbeiter, einige Kollegen erfahren darüber, wenn sie nah zusammengearbeitet haben, andere erst lange nach dem Ausscheiden. Solche Wechsel gehen aber nicht ohne Spuren an dem Projektteam vorbei. Auch wenn es ganz rationale Gründe für einen Personalwechsel gibt, ist es für den Zusammenhalt der Gruppe positiv, wenn sie sich dieser Veränderungen bewusst zuwenden kann und die Aufnahme oder die Verabschiedung eines Mitgliedebewusst vollzieht.

Projektdurchführung

zur

Führung

des

Projektteams Aus der Reihe der Instrumente zur Führung des Projektteams soll die Gestaltung einer Projektsitzung zur kreativen Problemlösung näher beschrieben werden (vgl. Übersicht 15). Der Einsatz kreativer Techniken ist auch in diesem Zusammenhang noch wenig verbreitet und hat noch geringe Akzeptanz. Auch wenn spielerische Elemente im beruflichen Umfeld häufig noch stark abgewertet werden,

II.

190

Projektinitialisierung

möchten wir aufzeigen, wie daraus etwas Wesentliches und Effizientes entstehen kann.

Lebenszyklus bei der Durchführung einer Projektsitzung zur kreativen Problemlösung Der Besprechungsleiter stellt das Problem dar und beAnwärmung antwortet Fragen. Er schlägt ein Bearbeitungsverfahren Phasen des

vor.

Handlungsbereitschaft

Spiel der Möglichkeiten

Auswählen und Gestalten

Einführen und Umsetzen

Alle

Projektmitarbeiter berichten in einer offenen Runde, was sie davon gehört haben oder darüber wissen, wie

das Problem auf sie wirkt und welche Befindlichkeit dieser Tatbestand in ihnen auslöst. Mittels Brainstorming wird festgehalten, welche Möglichkeiten es gibt, auf dieses Problem zu reagieren; eine Zensur gibt es nicht, alles wird notiert und zusammengefasst. Es kann auch sinnvoll sein, Einfälle zu sammeln, was zu tun ist, um das Problem zu verschärfen. Damit werden weitere Störmöglichkeiten identifiziert. Die Ideen werden nun kritisch beleuchtet und die Nachteile herausgestellt. In Kleingruppen werden die Einfälle zu möglichen Alternativen verarbeitet. Diese werden im Plenum vorgestellt. Alle Projektmitarbeiter sitzen in einem Kreis. In diesem Kreis ist noch ein kleinerer Stuhlkreis aufgebaut, auf dem ca. ein Drittel der Teilnehmer Platz nehmen können. Der ist für die Experten vorgesehen, die nacheinander über die Modelle diskutieren und ihre Erfahrungen dabei einbringen. Jeder, der die Rolle des Experten einnehmen will, steht aus eigenem Impuls auf, setzt sich in den Innenkreis und diskutiert mit den anderen, welchen Beitrag er selbst zur Verwirklichung dieser Alternative beitragen wird. Wenn er mit seinem Beitrag am Ende ist, geht er in den Außenkreis zurück, um Platz für den nächsten zu machen. Wenn keine Einfälle mehr kommen, dann ist die Runde abgeschlossen. Das Projektteam entscheidet, welche Alternative am angemessensten und damit erfolgreichsten ist und erstellt

_

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

191

-

Reflexion des Prozesses

einen Handlungsplan. Jeder gibt eine Rückmeldung an die Gruppe, wie er den kreativen Prozess erlebt hat und wie zufrieden er mit dem gefundenen Ergebnis ist. Gegebenenfalls werden noch

nachträgliche Anregungen gegeben. Übersicht 15: Phasen des Lebenszyklus bei der Durchführung einer Projektsitzung zur

4.3

kreativen

Problemlösung

Führungsverantwortung im Abschnitt der Projektendes

Am Ende des Projektes werden die Phasen Einführen und Umsetzen des Neuen und die Reflexion des Prozesses die beherrschenden Themen sein. Die Projektergebnisse liegen auf dem Tisch in ganzer Blüte und mit den verbliebenen Unzulänglichkeiten, die am Ende jedes Ergebnis mit prägen. Die Gefühle der Projektmitarbeiter, die viel Kreativität und Energie eingesetzt haben, sind noch sehr stark an dieses Ergebnis gebunden. Der Projektleiter hat in dieser Zeit die Rolle desjenigen, der seinen Projektmitarbeitern dabei hilft, sich vom Ergebnis zu lösen und aus der Gemeinschaft Abschied zu nehmen. In der Begegnung mit den einzelnen

kann er beispielsweise die folgenden Fragen besprechen: In welche Rollen habe ich mich während des Projektes am deutlichsten gezeigt? Welche Rollen habe ich dazu gewonnen? Welche Rollen konnte ich nicht aktivieren? Wie angemessen fand ich die Rollen für mich und meine berufliche Entwicklung? Was ist der nächste Schritt in meiner Entwicklung? So wie es zu Beginn eine Kick-off-Projektsitzung gab, so sollte es am Ende auch eine Abschiedssitzung geben, in dem das Projektteam sich über die Erfahrungen austauscht und Gelegenheit hat sich zu verabschieden. In dieser Sitzung können die einzelnen Schritte des Projektes mit allen Höhen und Tiefen von den einzelnen nochmals symbolisch aufgebaut werden. Die Projektmitarbeiter haben dabei die Gelegenheit, sich gegenseitig aus der Distanz mitzuteilen, zu welchen Entscheidungen und Verhaltensweisen sie damals gekommen sind. Konflikte, die möglicherweise noch still vor sich hin schwelen, können in diesem Rahmen manchmal beigelegt werden. Das Team kann in dieser Reflexion deutlich die erfolgreichen und nicht erfolgreichen Strategien im Umgang miteinander unterscheiden und ein Fazit ziehen. Der Projektleiter kann eine Form von Feedback vorschlagen und moderieren, die es den Projektmitarbeitern nochmals erlaubt, sich gegenseitig die erlebten Stärken mitzuteilen und sich Tipps zur Veränderung zu geben. Ein Teil der Rückmeldung kann

Projektmitarbeitern

II.

192

Projektinitialisierung

auch darin bestehen, dass jeder der Gruppe mitteilt, was für ihn noch offen geblieben ist. Das ausgesprochen zu haben, was in der Natur von Prozessen liegt, nämlich dass unser Planen und Sorgen immer eine Einschränkung und Modifikation im Handeln erhält, erleichtert ebenfalls die Trennung vom Projekt, wenn es als ein gemeinsames Erleben wahrgenommen wird. Es entlastet die Projektmitarbeiter und ermöglicht, dass sie sich wieder neuen Aufgaben zuwenden können. Die Verabschiedung voneinander entlässt die Teilnehmer aus ihren Rollen als Projektmitar-beiter und ist eine wichtige Voraussetzung, damit sie sich wieder in neuen Rollen und Konstellationen im Unternehmen begegnen können. 8.5

Zusammenfassung: Projektteams

kritische

Erfolgsfaktoren

in der

Führung

von

steht für die Erzeugung von Neuem und Besseren. Das macht sie attraktiv. Das erfordert aber auch einen Preis, nämlich das Eingehen von Risiken und das Aushalten von Ungewissheit und das Herausgehen aus der gewohnten Komfortzone. Das ist unbequem und schafft Widerstände. Der Projektleiter und sein Team sind gut beraten, wenn sie im Umgang miteinander und mit anderen Projektbeteiligten folgende Hinweise beachten: es ist wichtig, die Erwartungen aller beteiligten Personen oder Gruppen zu

Projektarbeit

berücksichtigen,

sollte eine permanente Über- oder Unterforderung der Projektmitarbeiter vermieden werden, um sich einem optimalen Personaleinsatz anzunähern, Bereichsegoismus ist nicht gänzlich auszuschalten, ist aber auch nicht ausschlaggebend für die zu treffenden Entscheidungen, alle Beteiligten sollten ihren Standpunkt deutlich machen, weil gerade die Auseinandersetzung mit Differenzen fruchtbar ist für die Entwicklung von neuen und tragfähigen Lösungen, Übereifer, Interesselosigkeit oder Unentschlossenheit sind Anzeichen dafür, dass Rollen im Projekt zu klären sind. Konflikte sind von ihrer Natur her Hinweise darauf, dass Angemessenheit fehlt. Sie sind wichtige Symptome für notwendige Änderungen, aber kein Grund zur Resignation. es

Bei Störungen im Projekt bietet die Überlegung, dass sich Gruppenprozesse in bestimmten Lebenszyklen organisieren, einen Ansatz zur Veränderung. Wenn zum Beispiel ohne ausreichende Anwärmung direkt in den Handlungsprozess eingestiegen wird, dann machen Menschen ihre Erwartungen in aller Deutlichkeit geltend

7.

Projektmanagement Entscheidung über Führungsinstrumente

193

-

und blockieren möglicherweise den Prozess. Eine gründliche Exploration der Lage, die sorgfältige Suche nach weiteren Handlungsoptionen und die entschiedene Auswahl aus den Möglichkeiten und ihre verbindliche Vereinbarung lassen jeden Konflikt als konstruktiven Beitrag zum Prozess werden. Wird die spielerische, auch scheinbar ziel- und zusammenhanglose Suche nach Alternativen umgangen, bleibt das Ergebnis flach und einlienig. Schließlich ist es hilfreich, sich genau die Rollen anzuschauen, in denen man in bestimmten Projektabschnitten handelt und welche man vermeidet. Jede Rolle erzeugt eine Gegenrolle bei meinen Gesprächspartnern. Handele ich als Projektleiter immer in der Rolle des Experten, mache ich damit die Rolle des Experten für die Projektmitarbeiter unattraktiv sie ist ja besetzt. Auch die Rollen im Projektteam müssen flexibel gehalten werden. Wenn sich Gruppen informell formen, kommt es häufig auch zu einer einseitigen Verteilung und Verfestigung von Rollen, weil immer nur bestimmte Projektmitarbeiter Außenseiter und andere immer die Wortführer sind. Werden diese Prozesse gut wahrgenommen und gestaltet, ist die Projektarbeit eine wichtige Chance zur Entwicklung aller Beteiligter. -

6.

Literaturhinweis

Moreno

(1989): Moreno, Jakob L.: Psychodrama und Soziometrie, Köln

8.

8.

Projektmanagement-Handbuch

195

Projektmanagement-Handbuch von

Dipl. Psych. Harald Peters Inhaltsverzeichnis

Erstellen eines

3.

Projektmanagement-Handbuches 1.1 Voraussetzungen für die Erstellung eines Projektmanagement-Handbuches 1.2 Erstellung eines Projektmanagement-Handbuchs als Teil der Implementierung von Projektmanagement Inhalte eines Projektmanagement-Handbuches 2.1 Einleitung 2.2 Definitionen und Grundsätze im Projektmanagement 2.3 Projekt-Gruppen-Prozesssteuerung 2.4 Projekt-Aufbau-Organisation 2.5 Projekt-Ablauf-Organisation 2.6 Projekt-Berichtswesen und -Dokumentation Das Projektmanagement-Handbuch in der betrieblichen Projektpraxis

4.

Literaturhinweis

1.

2.

196

II.

Projektinitialisierung

Autorenbeschreibung

Dipl. Psych. Harald Peters, Jg 1950, Lehre zum Bürokaufmann, Studium der Psychologie in Kiel und Hamburg, Ausbildung zum Kommunikationsprogrammierer bei Siemens, Tätigkeit als Fachgruppenleiter bei InBIT (Siemens-Nixdorf) in Paderborn und Berlin mit verschiedenen Projekten. Seit 1994 freier ManagementTrainer und -Berater in Zusammenarbeit mit Berater-Netzwerken mit Schwerpunkten in der Führungskräfteentwicklung, dem Projektmanagement und Coaching. Lehrbeauftragter der Universität Hamburg, der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Paderborn sowie der Wirtschaftsakademie Hamburg.

8.

Prqjektmanagement-Handbuch

197

Projektmanagement-Handbuch bildet das Herzstück des unternehmenseigenen Projektmanagementsystems. Die knappe, übersichtliche Darstellung aller wesentlichen PM-Grundsätze, die Unterstützungswerkzeuge zur Gruppenprozesssteuerung, die Beschreibung der wesentlichen Punkte in der Projektaufbauorganisation und -ablauforganisation sowie die Anweisungen zur Dokumentation und zum Berichtswesen geben eine klare Orientierung für alle Beteiligten. Innerhalb des Projektmanagements entsteht eine große Menge an Schriftstücken, die in zahlreichen Ordnern und Dateien abgelegt werden. Grundsätzlich lassen sich zwei Formen der Projektdokumentation unterscheiden (s. Abb. 1): Der Projekt-Ordner, der alle Unterlagen und Aufzeichnungen nach den Vorgaben des Projektmanagement-Handbuches für ein konkretes Projekt enthält. Hilfreich hat sich eine Trennung der Ablage in eine Projekt-Prozess Dokumentation mit den Unterlagen des Projekt-Managements und der Projekt-Produkt-Dokumentation mit den Schriftstücken zum Projekt Das

-

Themeninhalt erwiesen. Das Projektmanagement-Handbuch (PM-Hdb), das eine einheitliche und verbindliche Grundlage des betrieblichen Vorgehens bei der Umsetzung von Projektarbeit beschreibt.

Ablage aller Prozessunterlagen für ein konkretes Projekt wie z.B. Projektauftrag Projektstrukturplan Projektkostenplan ...

etc.

Ablage aller Produktunterlagen für ein konkretes Projekt wie z. B. Bauunterlagen Testunterlagen Benutzermanual « ...

etc

Beschreibung des Grundverständnisses von

Projektmanage-

und der betrieblich einheitlich geregel-

ment

Vorgehensweise der Projekt-Idee bis zum Projekt-

ten

von

Abschluß

ProjektOrdner

Abb. 1:

Projektmanagement-Handbuch

Projektmanagement-Handbuch und Projekt-Ordner

II.

198

1.

Projektinitialisierung

Erstellung eines Projektmanagement-Handbuches

Mit der Erstellung eines PM-Handbuches werden zwei grundlegende Ziele verfolgt: Eine Transparenz in der betrieblichen Aufbauorganisation des PM zu erzielen, um bezüglich der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten im Projektmanagement eine Rollensicherheit zu erreichen und eine Eindeutigkeit bezüglich der Abläufe und Entscheidungswege im PM zu beschreiben, damit die Grundlagen für ein einheitliches methodisches Vorgehen im Unternehmen geschaffen sind. •

Jedes Unternehmen entwickelt für die Erfüllung seiner Aufgaben eine Struktur mit besonderer Aufbau- und Ablauforganisation. Dementsprechend gibt es nicht ein einziges, universelles, für alle Firmen und Behörden gültiges Projektmanagement, sondern nur eine Grundform mit vielen betriebsspezifischen Ausprägungen. Daraus läßt sich ableiten, dass jede Firma bzw. Behörde vor der Aufgabe steht, ein eigenes Projektmanagement-Handbuch zu entwickeln, das eine optimale Bewältigung der jeweils besonderen Abläufe ihres betrieblichen Arbeitsfeldes gewährleistet. 1.1

Voraussetzungen

für die

Erstellung

eines

Projektmanagement-Hand-

buches

Entscheidet sich ein Unternehmen für die Arbeitsweise nach dem Projektmanagement, so gilt es, das PM-Know-How in die Firma zu holen. Dabei lassen sich drei Ebenen bei der Vermittlung von PM-Kenntnisse und Fertigkeiten unterscheiden: Sacharbeits-Management, Teamführungs-Management und VerbindungsstellenManagement (s. Abb. 2). Auf der Sacharbeits-Management-Ebene geht um es um Herangehensweisen und Werkzeuge zur effizienten thematischen Erarbeitung des Projektauftrages. Hierher gehören die Methoden zur Klärung der Ausgangslage (vergl. Eckrich, Kap. II/3; Wicher, Kap. II/4), der Zieldefinition (vergl. Bernecker, Kap. II/5), Methoden zur Erstellung eines Projektstrukturplanes (vergl. Rameil, Kap. III/2), Einsatz einer

Projektmanagement-Software (vergl. Bernecker, Kap. VI/3), Projektkontrolle und Projektsteuerung (vergl. Nüchter, Kap. IV/1 und IV/2) etc. Das Teamführungs-Management (vergl. Böck, Kap. II/8) beschreibt die Vorgehensweisen und sozialen Kompetenzen im zielführenden Umgang mit Gruppen. Dabei geht es um Methoden zur Rollenklärung der am PM Beteiligten, zum Gestalten einer Teamentwicklung, Einsetzen von Konfliktlösungsstrategien,

8.

199

Projektmanagement-Handbuch

Durchführen von Moderationen und Präsentationen etc. Das Verbindungsstellen-Management betrachtet Verfahren, die den Kontakt zum Projektumfeld hilfreich aufbauen. Es behandelt Themen wie den Umgang mit den vorhandenen Unternehmensstrukturen und Ablaufprozessen, die Kundenorientierung im Projektmanagement, die Projekt-Informationspolitik, das Projektmarketing

(vergl. Möller, Kap. II/6) etc. Verbindungsstellen-Management Kundenorientierung

Informationspolitik

Teamführungs-Management Rollenklärung

Teamführung

Sacharbeits-Management Team-

Entwicklung

Projektbeantragung Auftragsklärung EDV-Einsatz

Zieldefinition

Projektplanung

Projektdurchführung Moderation

Projektmarketing

Projektkontrolle

Präsentation

Projekt-LinienManagement

Projektabschluß

Konfliktlösung Führungskultur

Abb. 2: Ebenen der Projektarbeit Eine intensive theoretische und übungspraktische Auseinandersetzung mit diesen Ebenen sind die Basis für erste Pilotprojekte. Die Begleitung dieser Pilotprojekte und eine abschließende Ermittlung der kritischen Erfolgsfaktoren in den Projektabschlußberichten (vergl. Bellut, Kap. V/1) bilden das Fundament für eine realistische, umsetzbare Anleitung und Vorgabe im Projektmanagement-Handbuch. 1.2

Erstellung eines Projektmanagement-Handbuches Implementierung von Projektmanagement

als

Teil

der

Im Laufe seiner Entwicklung entsteht in jedem Betrieb eine eigene Unternehmenskultur mit einem Leitbild, einer Struktur mit dazugehörigen Ablaufprozessen und einer Strategie auch wenn sie nicht explizit formuliert sein sollte. Dieses -

200

II.

Projektinitialisierung

bestehende Gefüge bildet die Ausgangsbasis für jeden Veränderungsprozess, wie es z.B. die Implementierung von Projektmanagement darstellt. Soll die Arbeitsform des Projektmanagements eingeführt werden, so bedeutet dies einen erheblichen Eingriff in die Unternehmenskultur (s. Abb. 3).

Unternehmenskultur

Abb. 3: Unternehmenskultur

Projektmanagement-Handbuch werden in der Regel vorhandene Führungsgrundsätze neu formuliert, so dass sich das Leitbild verändert. Deshalb gilt es, die Führungsphilosophie daraufhin zu überprüfen, ob sie mit der neuen Arbeitsform zu vereinbaren oder zu modifizieren ist. Wird beispielsweise im Unternehmen bisher eher direktiv mit Anweisungen und Vorgaben geführt und ist die bereichsübergreifende Teamarbeit noch keine gelebte Führungswirklichkeit, wird durch die Einführung von PM eine neue personenorientierte Strategie gefordert. Dies bedeutet, dass ein tiefgehender Veränderungsprozess eingeleitet wird. Auf der Ebene der Struktur/Prozesse werden mit dem ProjektmanagementHandbuch ebenfalls völlig neue Bezüge festgeschrieben (vergl. Wicher, Kap. II/2), Im

8.

Projektmanagement-Handbuch

die

201

bezüglich betriebsinternem Status, Karriere, Bezahlung, Verantwortung und Kompetenz große Auswirkungen haben können. Es hat sich bewährt, das PM-Hdb nach den ersten Erfahrungen mit Pilotprojekten schon in der Implentierungsphase des betrieblichen Projektmanagements zu erstellen. Die Erarbeitung des PM-Hdb ist Aufgabe einer betrieblichen Projektgruppe, die i.d.R. fachliche Beratung von externen Spezialisten mit einbezieht. Wird das Projektmanagement-Handbuch in Abstimmung mit allen betroffenen betrieblichen Abteilungen erstellt, ist dies ein wichtiger Beitrag zur Akzeptanz der Einführung von Projektmanagement (Platz, 1996). Die innerbetrieblichen Mitgestaltungsmöglichkeiten werden durch einen schriftliche Hinweis im PM-Hdb dokumentiert, dass es sich um eine erste Entwurfsfassung handelt, die durch Erfahrungen und neue Erkenntnisse der Beteiligten veränderbar ist. Projektmanagement-Handbuch der Firma/Behörde XYZ Inhalt: 1. Einleitung 2. Definitionen und Grundsätze im

3.

4.

Projekt-Management

Projektmanagement Projektmerkmale und Projekttypen 2.3 Systemdenken 2.4 Projekterfolgs- und Misserfolgsfaktoren Projekt-Gruppen-Prozesssteuerung 3.1 Teamgedanke und Teamentwicklung 3.2 Teamfuhrungsgrundsätze 3.3 Teamsitzungsgestaltung 3.4 Konfliktlösungstools Projekt-Aufbau-Organisation 4.1 Projektorganisation und vorhandene Linienorganisation 4.2 Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen 4.2.1 Auftraggeber 4.2.2 Lenkungsgremium 4.2.3 Projektleiter 4.2.4 Projektmitglied 4.2.5 Projektkoordinator 4.2.6 Projektmanagement-Service 4.2.7 Projektcontroller 4.2.8 Linienvorgesetzter 2.1 2.2

II.

202

5.

Projektinitialisierung

Projekt-Ablauf-Organisation 5.1 Projekt-Phasen und methodisches Vorgehen 5.1.1 Projekt-Idee 5.1.2 Projekt-Antrag 5.1.3 Projekt-Planung 5.1.4 Projekt-Durchführung 5.1.5 Projekt-Abschluß 5.2 Berichtswesen und Dokumentation 5.2.1 Berichtswesen mit Formularen 5.2.2 Dokumentationsmanagement

6. Stichwortverzeichnis

Abb. 4: 2.

Beispielgliederung eines Projektmanagement-Handbuches

Inhalte eines

Projektmanagement-Handbuches

Gliederung eines Projektmanagement-Handbuches könnte beispielsweise folgende Punkte umfassen: Bei den Ausführungen zu den einzelnen Gliederungspunkten ist auf knappe, bildhafte und eventuell farbliche Gestaltung der Beiträge zu achten. Ein überhöhter Perfektheitsanspruch, der sich in einem Übermaß an Regeln und detaillierten Vorgaben ausdrückt, erzeugt eher eine Ablehnung beim potentziellen Nutzer. Zu eng gefaßte Anweisungen stehen dem gewünschten und geforderten eigenverantwortlichen Denken und Handeln bei der Umsetzung des Projektmanagements entgegen.

Die

2.1

Einleitung

In der Einleitung des PM-Handbuches soll der Leser einen Hintergrund erhalten, welche wirtschaftlichen, unternehmerischen, künden- und mitarbeiterorientierten Faktoren der Entscheidung zugrunde liegen, PM einzuführen. Hilfreich ist eine Darstellung, die die Eingebundenheit des PM als Führungsinstrument in einem oftmals vorhandenen gesamten Veränderungsprozess im Unternehmen mit Überschriften wie "Lean Management", "Kundenorientierung", "Total Quality Management" etc. verdeutlicht. Im weiteren ist es für den Mitarbeiter wichtig zu erfahren, welche grundsätzlichen Ziele mit der Einführung des betrieblichen PM (s. Pkt. 9.1.) verfolgt werden. Eine abrundende Unterstreichung der Bedeutung dieses Handbuches wird durch

8.

Projektmanagement-Handbuch

203

Unterschriften der Geschäftsführung am Ende der Einleitung erzielt. Werden zusätzlich die Signaturen der Ersteller des PMH abgebildet, ist dies ein Signal für

Anerkennung der betrieblichen Projektarbeit. 2.2

Definitionen und Grundsätze im

Projekt-Management

Im Handbuch sollte kurz die

grundsätzliche Definition von Projektmanagement (vergl. Zell, Kap. II/l) vorgestellt werden. Damit jeder Mitarbeiter die Frage beantworten kann: "Woran erkennen Sie, dass Sie an einem Projekt arbeiten?" ist es hilfreich, die unternehmensspezifische Abgrenzung zwischen Linienarbeit, Auftrag, Aufgabe, Arbeitsgruppe o. ä. auf der einen Seite und Projekt sowie Projektgruppe auf der anderen Seite eindeutig zu beschreiben. Sind in dem Betrieb oder der Behörde klare Projektklassifikationen (Keßler/ Winkelhofer, S. 32ff) wie z. B. eine Einteilung nach der Größe der Projekte (Dauer, Kosten, Personalressourceneinsatz etc.), nach Vollzeit- und Teilzeitprojekten, nach Organisations- vs. Investitionsprojekten oder anderen sinnvollen Kategorien vorhanden, werden diese hier aufgeführt. Eine kurze Darstellung von drei bis maximal sieben Grundsätzen bzw. Erfolgsfaktoren in der Umsetzung von Projektmanagement als mentale Leitlinien für alle Projektbeteiligten, geben eine wichtige Orientierung. Hier könnten beispielsweise die Gedanken des "Magischen Dreiecks" (s. Bernecker, Kap. H/5), des systemischen und ganzheitlichen Denkens (s. Bundschuh, Kap.I/3; Eckrich, Kap. 1/4), der Teamorientierung (s. Böck, Kap. II/8) etc. kurz und prägnant aufgeführt werden. 2.3

Projekt-Gruppen-Prozesssteuerung den in der

Qualifizierungsphase im Projektmanagement erlernten und trainierten Gruppensteuerungswerkzeugen tauchen im Handbuch die wichtigsten in kurzer und anschaulicher Art im Sinne eines Erinnerungsankers wieder auf. Es werden Kurzanleitungen zu Themen gegeben, die in dem jeweiligen Betrieb als besonders neu bzw. beachtenswert gelten (s. Tab. 1). Abhängig

von

204

II.

Projektinitialisierung

Spielregeln der Teamarbeit Kommunikationsregeln Anleitung zur Gruppenprozessbeobachtung Moderationsmerksätze

Fachproblemlösungsschritte Projekt-Kick-off-Ablaufplanung ...

Feedbackgrundsätze Teamentwicklungsphasen Gestaltungsgrundsätze von Projektgruppensitzungen Präsentationsgrundlagen Konfliktlösungsphasen Grundlagen des Veränderungsmanagements

etc.

Tab. 1:

Hilfsmittel zur Steuerung von Projektgruppen

Eingehende Darstellungen finden Sie in diesem Buch zum Teammanagement (Böck, Kap. II/8) und der Gestaltung des Kick-Off-Meetings (Bellut, Kap. 11/10). 2.4

Projekt-Aufbau-Organisation

Mit der Einführung

Projektmanagement entstehen im Unternehmen zahlreiche neue Funktionsbezeichnungen (s. Abb. 4), deren Aufgabenfeld, Kompetenzen und Verantwortungsrahmen eindeutig definiert und beschrieben sein muß, um eine von

Verhaltenssicherheit für den Funktionsinhaber und das Umfeld zu unterstützen. Darüber hinaus erfahrt die Führungsfunktion der Linienvorgesetzten eine neue Definition, da sie nicht mehr ausschließlich an der erfolgreichen Führung ihrer Abteilung gemessen wird, sondern maßgeblich auch an der Unterstützung von

Projektarbeit.

Abb. 4: Funktionen in der Projektarbeit

8.

2.5

Projektmanagement-Handbuch

205

Projekt-Ablauf-Organisation

Einen weiteren Schwerpunkt des Projektmanagement-Handbuches bildet die Beschreibung der Projektablauforganisation. Hierbei werden die Projektschritte beschrieben, wie es im Unternehmen von einer Projektidee über den Projektantrag zum Projektauftrag kommt. Anschließend gilt es, die je nach betrieblichen Erfordernissen unterschiedlich gestalteten Projekt-Dokumentations-, ProjektPlanungs-, Projekt-Durchführungs- und Projekt-Abschlussprozesse mit den standardisierten Phasen zu beschreiben (vergl. Kap. III, IV, V). Es kann in manchen Betrieben oder Behörden sinnvoll sein, die Phasen von der Projektidee bis zum Projektauftrag im Detail zu beschreiben, während anschließend nur jeweils eine grobe Benennung der weiteren Projektprozesse erfolgt. Sind spezifische und umfangreiche Methoden der Aufgabenanalyse (vergl. Eckrich, Kap. II/3; Wicher, Kap. II/4), der Zieldefinition (vergl. Bernecker, Kap. II/5) und der Projektstrukturplanerstellung (vergl. Rameil, Kap. III/2) sowie der Projektablaufplanung (vergl. Rameil, Kap. III/3; Nüchter Kap. III/4) für die Firma entwickelt, sollte geprüft werden, was genau im Handbuch aufgenommen werden soll. Um der Gefahr entgegenzuwirken, aus einem Handbuch ein "Unhandliches-Buch" werden zu lassen, erhalten diese Themen eine Kurzbeschreibung mit einem Überblicksschaubild und Verweisen auf ausführlichere Darstellungen an anderer Stelle. Existieren in dem Unternehmen beispielsweise eine standardisierte Aufwandschätzung (vergl. Bundschuh, Kap. III/1) und Meilensteinbeschreibung (vergl. Rameil, Kap. III/2, 3), eine klar geregelte Projektbudgetierung (vergl. Sandt, Kap. III/5) oder eine vorgeschriebene Risikoanalyse (vergl. Kap. III/6), ist diese ebenfalls in Kurzform im Handbuch aufzunehmen. Das gleiche gilt für verbindlich vorgegebene Verfahrensweisen in der Projektdurchführung (s. Kap. IV) und bei dem

Projektabschluß (s. Kap. V). Das Projektmanagement-Handbuch gibt Auskunft darüber, in wieweit EDV-Unterstützung bei den einzelnen Verfahren eingesetzt werden kann bzw. vorgeschrieben ist. 2.6

Projekt-Berichtswesen

und -Dokumentation

Projektmanagement verlangt ein eigenes Berichtswesen mit entsprechender Dokumentationsregelung. Für den Zugriff auf betrieblich notwendige Entscheidungsdaten zur Projektbeurteilung, werden die notwendigen Formulare und CheckDas

listen standardisiert.

II.

206

Projektinitialisierung

in Tabelle 2 aufgeführten Blätter als Vorgabe im Handbuch bildet und beschrieben, wo diese in der Firma abrufbar sind.

Häufig sind die

abge-

Proj ekt-Ideen- Skizze_

Projekt-Antrag_ Projekt-Besprechungsprotokoll_

Projekt-Statusbericht/Meilensteinbericht_ Projekt-Abschlußbericht ...etc._ Tab. 2:

Beispiele für Formularvorgaben als Handbuchanlagen

ist es, ob weitere Musterdarstellungen und Checklisten direkt im Handbuch dargestellt oder lediglich Hinweise auf andere Quellen vorgenommen werden. Für das Unternehmen wichtige und neue Herangehensweisen sind i.d.R. als Anlagen des Projektmanagement-Handbuches aufgeführt. Zu

prüfen

Muster-Projekt-Terminplan_ Muster-Projekt-Kostenplan_ Projekt-Aktivitäten-Checkliste für Fragen-Checkliste für die Projektziel-Erarbeitung ....

...

etc. _

Tab. 3:

Beispiele für Muster und Checklisten als Handbuchanlagen

geht es um Regelungen, wie die Unterlagen des Projektmanagements registriert, verwaltet, abgelegt und archiviert werden. In diesem Zusammenhang kann im Projektmanagement-Handbuch eine verbindliche Dokumentationsstruktur für die Erstellung eines Projekt-Ordners (s. Abb. 1) aufgestellt werden. Dieser einheitliche Ordneraufbau erleichtert für jeden Nutzer eine schnelle Orientierung. Im Rahmen des betrieblichen Wissensmanagements (vergl. Sanden, Kap. VI/1) sollte im Projektmanagement-Handbuch angegeben sein, wie die Archivierung der Projekt-Ordner geregelt ist. Bei der Dokumentation

3.

Das Projektmanagement-Handbuch in der betrieblichen

Projektpraxis

Fristet das Projektmanagement-Handbuch im Unternehmen nur ein Schattendasein im Sinne einer Alibifunktion, sind oftmals die Vorgaben zu detailliert und

8.

Projektmanagement-Handbuch

207

umfangreich. Es kann sich die heimliche Regel durchsetzen, dass Projekte nur ohne Beachtung des PM-Handbuch erfolgreich zu realisieren sind. Dagegen hat sich das Projektmanagement-Handbuch als hilfreiches Instrument im betrieblichen Projektmanagement bewährt, wenn folgende Bedingungen gegeben sind: Es ist im Unternehmen bekannt, dass es ein Projektmanagement-Handbuch gibt und wo es zu finden ist. Das Projektmanagement-Handbuch ist durch eine betriebliche Projektgruppe unter Mitwirkung der Projektarbeitbeteiligten und -betroffenen erstellt worden. Der Umfang und die

Gestaltung des Projektmanagement-Handbuches laden Lesen ein. Die Inhalte entsprechen den realen, betrieblich umsetzbaren Abläufen und beschränken sich auf die erforderlichen Mindestvorgaben. Die Projektmanagement-Schulungen nehmen direkten Bezug auf das unternehmensspezifische Handbuch. Im Sinne eines lernenden Handbuches werden die dort dargestellten zum

Bestimmungen den betrieblichen Veränderungen entsprechend angepaßt. Ist die Mitarbeiterfluktation gering, so tritt die Beachtung des PM-Handbuches nach ca. 3-5 Jahren häufig deshalb in den Hintergrund, weil die Inhalte gelebt werden und integrierter Bestandteil des zielorientierten betrieblichen Handelns geworden sind. 4.

Literaturhinweis

Keßler/Winkelhofer (1999): Keßler, Heinrich/Winkelhofer, Georg: Projektmanagement, Leitfaden zur Steuerung und Führung von Projekten, 2. korrigierte Auflage, Berlin Platz (1996): Platz, Jochen: Implementierung von Projektmanagement, in: Streich, Richard K. et al. (Hrsg.): Projektmanagement, Prozesse und Praxisfelder, Stuttgart, S. 151-168

II.

Projektinitialisierung

Gestaltung des Kick-Off-Meetings (Abläufe, Gestaltung, Vor- & Nachbereitung, Checklisten) 9.

von

Joachim Bellut Inhaltsverzeichnis 1.

2.

3. 4.

Kick-Off-Meeting, warum? Aus Vorgaben an den Projektleiter werden Vereinbarungen mit dem Projektteam Der richtige Zeitpunkt für das Kick-Off-Meeting Die Vorbereitung Das

4.1 Die Informationen 4.2 Die

Projektorganisation

4.3 Die Kommunikation 4.4 Die 5.

Organisation des Kick-Off-Meeting Ziele und Ergebnisse

6.

Der Ablauf

7.

Begrüßung und Einführung 6.2 Die Ausgangssituation 6.3 Die Projektziele 6.4 Der Projektstrukturplan 6.5 Der Projektphasenplan 6.6 Die Projektorganisation 6.7 Die Projektfreigabe Die Nachbereitung des Kick-Off-Meeting 6.1

7.1 Das Protokoll

209

210

II.

Projektinitialisierung

7.2 Kommunikation der Arbeitspakete

7.3 Die

8.

Detailplanung des Projektes Zusammenfassung

9.

Literaturhinweis

Autorenbeschreibung Joachim Bellut, geboren 1958, studierte an der RWTH in Aachen Maschinenbau. Er sammelte Erfahrung im Projektmanagement als Projektleiter in der Automobilzulieferindustrie bevor er in verschiedenen Unternehmen die Verantwortung für das Projektmanagement inne hatte. Entwicklung, Einführung und Sicherstellung des unternehmensspezifischen Systems zählten ebenso zu seinen Verantwortungsbereichen wie Schulung und Coaching der beteiligten Personen und Funktionen. Nachdem er die Personalentwicklung der Saint-Gobain Gruppe in Deutschland leitete, ist er heute verantwortlicher Personalleiter eines Standortes von Saint-Gobain Sekurit. Joachim Bellut ist verheiratet und ist Vater von drei Kindern.

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

211

Kick-Off-Meeting ist eine moderierte Besprechung zum offiziellen Start des Projektes mit dem Ziel der gemeinsamen Projektdefinition und -planung mit allen Projektbeteiligten. Das

1.

Das

Kick-Off-Meeting, warum?

In unterschiedlichen Unternehmen werden für diese Besprechung sehr unterschiedliche Begriffe benutzt, wie z.B. Projektstart-Besprechung, Start-up Meeting, oder eben das Kick-Off-Meeting. Diese letztgenannte Bezeichnung soll im Folgenden benutzt werden. Gerade in der Einführungsphase des Projektmanagements im Unternehmen können

die Widerstände gegen ein solches Kick-Off-Meeting hoch sein. Häufig genannte Argumente gegen eine solche Besprechung sind: "mir als Projektleiter fehlen noch entscheidende Informationen für den

Projektstart", "das Projekt hat ja eigentlich schon angefangen und deshalb lohnt es sich nicht mehr, da alle Beteiligten schon informiert sind", "wir haben häufig genug schon solche Projekte durchgeführt, deshalb wissen alle Beteiligten Bescheid", "wir haben nicht die Zeit, uns einen ganzen Tag oder aber noch mehr zusammenzusetzen, um diese Besprechung durchzuführen". Diese

Argumente werden zum Teil vom Projektleiter selbst oder aber von der Linienorganisation genannt und sind typische Erscheinungen in Prozessen der Organisationsentwicklung. Hier ist es für den Prozessverantwortlichen wichtig, mit den "richtigen" Projekten und den "richtigen" Projektbeteiligten zu starten um gerade in der Anfangsphase mit erfolgreichen Projekten zu beginnen. Für die unternehmensinterne Auftraggeber- und Auftragnehmerseite erfüllt das Kick-Off-Meeting verschiedene Rollen (siehe auch Abb. 1). Die Entwicklung einer gemeinsamen Problemsicht, die Auftragsabklärung und die Projektfreigabe sind für den Auftraggeber wichtig. Auf der anderen Seite sind folgende Punkte für das Projektteam als interner Auftragnehmer von großer Bedeutung: Den Projektumfang zu verstehen, die Formulierung des Auftrages und die Formung eines Teams aus allen Beteiligten. Im Folgenden wird versucht darzulegen, warum es für alle Beteiligten sinnvoll und nützlich ist, die benötigte Zeit für ein Kick-Off-Meeting zu investieren.

II.

212

Projektinitialisierung

Die Rolle des Kick-Off-Meeting unternehmensinterner Auftraggeber Entwicklung einer gemeinsamen

Problemsicht

Auftragsabklärung

Projektfreigabe

'Kick-Off-Meeting" Projektumfang verstehen

aus

allen

Beteiligten

ein Team formen

Formulierung des Auftrages unternehmensinterne Auftragnehmer =

Abb. I: Die Rolle des 2.

Projektteam

Kick-Off-Meeting

Vorgaben an den Projektleiter werden Vereinbarungen mit dem Projektteam Aus

In den vorangegangenen Kapiteln wurde beschrieben, wie aus den Projektzielen Lasten- und Pflichtenheft entstanden sind. In diesem Kapitel soll nun darauf einge-

gangen werden, wie aus diesen Projektvorgaben an den Projektleiter Vereinbarungen mit dem Projektteam erzielt werden. Hierzu ist es notwendig, eine gemeinsame Besprechung mit allen Beteiligten durchzufuhren. Die Beteiligten sind in diesem Fall der Projektleiter, das Projektteam und zeitweise der unternehmensinterne Auftraggeber des Projektes (s.u.). Da im Regelfall die Mitglieder des Projektes in den verschiedenen Bereichen des Unternehmens arbeiten, das Projekt also crossfunktional besetzt ist, kommen sehr unterschiedliche Meinungen und Vorstellungen zu allen Themenkreisen des Projektes zusammen. Als Beispiel sei hier ein typisches Produktentwicklungsprojekt genannt, in dem im Normalfall die Bereiche Marketing, Forschung, Entwicklung, Controlling, Arbeitsvorbereitung, Produktion, Qualität und Logistik vertreten sind. Hinzu kommt, dass nicht nur unterschiedliche Bereiche, sondern auch sehr unterschiedliche Menschen mit unterschiedlicher Ausbildung, Herkunft, Nationalität, Betriebszugehörigkeit etc. dort vertreten sind, die naturgemäß sehr verschiedene Sichtweisen zu Projektzielen, Arbeitspaketen, Abläufen und Verantwortlichkeiten in diesem Projekt mitbringen. Ein wesentliches Ziel des Kick-OffMeetings ist es, aus allen Beteiligten ein Projektteam zu formen, das für die Dauer

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

213

des Projektes möglichst effizient und ziel- sowie ergebnisorientiert zusammenarbeitet. Alle einzelnen Schritte dieser Besprechung dienen dazu, ein gemeinsames Verständnis dieses Projektes zu gewinnen. Aufgrund der oben genannten heterogenen Zusammensetzung des Teams ist es jedoch auch unabdingbar, gruppendynamische und teambildende Aspekte im Kick-Off-Meeting nicht zu vernachlässigen. 3.

Der

richtige Zeitpunkt für das Kick-Off-Meeting

Sobald Lasten- und Pflichtenheft vorliegen, die Projektorganisation definiert ist und alle Rand- und Rahmenbedingungen erarbeitet sind, somit alle Vorgaben für dieses Projekt dem Projektleiter bekannt sind, ist der richtige Zeitpunkt für das Kick-Off-

Meeting gekommen. In der betrieblichen Praxis ist dies jedoch in den seltensten Fällen ein digitaler Zeitpunkt, sondern eher eine Zeitspanne von mehreren Wochen oder sogar Monaten, da nie wirklich alle Informationen und Vorentscheidungen vorliegen können. Dies führt sehr häufig zu kontroversen Diskussionen, wann das Kick-Off-Meeting stattfinden soll. Hier hilft dem Projektleiter, wie häufig in ähnlichen Entscheidungssituationen nach dem Pareto Prinzip vorzugehen, das vorschlägt, bereits beim Vorhandensein von 80% der Information eine Entscheidung zu treffen. Falls die Informationsbeschaffung zur Erarbeitung der oben genannten Projektziele zu komplex ist, kann es sinnvoll sein, nur zu dem Zweck der Zieldefinition und der Definition der Rand- und Rahmenbedingungen ein eigenes Projekt ins Leben zu rufen. Man kann jedoch das Kick-Off auch dann noch durchführen, wenn das Projekt schon angefangen hat: Es ist nie zu spät für diese Besprechung! -

-

4.

Die

-

Vorbereitung

Für die

Durchführung des Kick-Off-Meetings ist eine gute Vorbereitung Beteiligten unabdingbar. Wesentliche Elemente dieser Vorbereitung sind: die die die die

aller

Information,

Projektorganisation, Kommunikation, Organisation des Kick-Off-Meetings.

Zur Unterstützung des

dargestellt.

Projektleiters ist in der Tab. 1 eine Checkliste für diese Phase

II.

214

Prqjektinitialisierung Ja /Nein

Informations-

Projektzielbeschaffung? vorgaben

Sinnvoll? Messbar? Erreichbar mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen? Kundenwünsche berücksichtigt? Ergänzen sich die Ziele? Gibt es widersprechende Ziele?

Randbedingungen

Projektorganisation festgelegt? (Lenkungsausschuss, Projektteam) Stehen ausreichend Ressourcen

zur

Verfügung? Zeit ausreichend? Kostenvorgaben sinnvoll? Kompetenz des Projektteams?

Rahmenbe-

Qualifizierung notwendig? Gibt es Randbedingungen seitens des Kunden? (Berichtswesen, Qualitätssicherungsmethoden,...) Projektmanagement-Systematik bekannt?

dingungen Stehen

notwendige Werkzeuge zur Verfügung? (Software, Hardware, Formulare, ...) Stehen notwendige Methoden zur Verfugung? (Risikobewertung, Entscheidungsanalysen, Problemlösungstechniken, ...) Gibt

es

besondere Anerkennungs-

Bezahlungssysteme?

Projektorga- Projektlennisation kungsgre-

Sind alle wesentlichen Funktionen vertreten?

mium Nicht mehr als 4 Personen?

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

215

Ja /Nein

Liegen Erfahrungen und Kompetenzen in einer solchen Funktion vor? Sind die Projektmanagement-Methoden bekannt? Sind Qualifizierungsmaßnahmen notwendig?

[ Projektleiter |

Ist die Linienorganisation über diese Funktion informiert? Liegen Erfahrungen und Kompetenzen in einer solchen Funktion vor? Sind die Projektmanagement-Methoden bekannt? Bereits Teilnahme an einem anderen Kick-Off? Liegen Kenntnisse bezgl. der gebräuchlichen Methoden und Werkzeuge vor?

Präsentationsfähigkeit? Moderationsfäh igkeit? Sind Qualifizierungsmaßnahmen notwen-

Projektteam

dig?_

Sind alle wesentlichen Funktionen vertre| ten?

Nicht mehr als 12 Personen?

Liegen Erfahrungen und Kompetenzen in einer solchen Funktion vor? Sind die Projektmanagement-Methoden bekannt? Bereits Teilnahme an einem anderen Kick-Off? Sind Qualifizierungsmaßnahmen notwendig? Ist die

Linienorganisation über die Benennung zum Teammitglied informiert?

II.

216

Prqjektinitialisierung

Ja /Nein

Organisato-

Moderation

Moderation

(Mehr

rische Vor-

notwendig?

als fünf Teilnehmer am

Kick-Off?)

bereitung Sind die Projektmanagement-Methoden bekannt?

Einladung

Moderationserfahrung? Steht das Projektteam fest? Steht der Projektlenkungsausschuss fest? Sind weitere Teilnehmer notwendig? Ist der Termin und die Dauer mit allen

abgesprochen? Ist der Konferenzraum reserviert? Ist für das leibliche Wohl gesorgt? Ist die benötigte Besprechungstechnik vorhanden? (4 Pinwände, Flipchart,

Overheadprojektor, Moderationsequipment, ...) Absprache mit dem Moderator durchgeführt?

Das Kick-Off Die

Ausgangs-

Absprache mit dem Projektlenkungsausschuss durchgeführt? Sind alle notwendigen Entscheidungen getroffen?

situation

Projektziele

Welche Vorgaben existieren? Welche Vorarbeiten sind bereits ausgeführt? Probleme und Bedenken vollständig? Chancen und Risiken vollständig? Schnittstellen vollständig? Grobziel vorhanden? Weniger als 12 Leistungsversprechen? Leistungsversprechen messbar?

(Messgröße, Messzahl) Sind Randbedingungen definiert?

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

Sind die Punkte "Nicht Teil des Projektes" definiert?

Projektstruk- Arbeitspakete vollständig? turplan Sind Standard-Arbeitspakete berücksichtigt?

Projektphasenplan

Verantwortlichkeiten definiert? Arbeitspakete identifizierbar? Liegt Aufwandschätzung vor? Sind Meilensteine definiert?

Liegen dafür Termine vor?

Projektfreigabe

Sind die Ziele dafür definiert? Sind die Arbeitspakete zugeordnet? Ist das Projekt freigegeben? Haben alle

Nachberei-

Protokoll

Mitglieder dem Projektlenkungsausschuss zugestimmt? Fotoprotokoll erstellt?

tung

Arbeitspaketbeschreibung

Detailplanung

Protokoll an alle Betroffenen verteilt? Liegen alle Arbeitspaket-Beschreibungen vor? Gibt es Diskussionsbedarf? Sind die Beschreibungen vollständig und klar? Sind die Beschreibungen im Projektteam kommuniziert? Gibt es eine Standard-Software für die Projektplanung im Unternehmen? Ist die Entscheidung für eine Software

getroffen? Liegt der Detailplan vor? Sind alle Betroffenen über den Plan informiert? Tab. 1: Checkliste zur

Vorbereitung und Durchführung des Kick-Off-Meetings

217

II.

218

4.1

Projektinitialisierung

Die Informationen

Der Projektleiter muss sicherstellen, dass zum Kick-Off-Meeting alle notwendigen Informationen dem Projektteam zur Verfügung stehen, entweder durch ihn selbst oder aber durch einen anderen Teilnehmer. Nach der Entscheidung, ein Projekt zu starten, informiert der interne Auftraggeber den Projektleiter über die Vorgaben, die er an dieses Projekt stellt: Die Projektziele so konkret wie möglich in Qualität und Quantität, Informationen über die Kunden des Projektes,

Die Projektorganisation (Auftraggeber, Steuerungsgremium, Projektteam), Rand- und Rahmenbedingungen wie z.B. zur Verfügung stehende Ressourcen (Zeit, Geld, interner Aufwand, Kompetenzen des Projektleiters), weitere Informationsquellen.

Aufgabe des Projektleiters ist es, alle Informationsquellen zu befragen. Hier gilt es, jeweils solche Informationen zu bekommen, die die Projektziele oder die Lösung der Problemstellung beeinflussen. Als wertvoll erweisen sich vor allem Lösungsstrategien von ähnlichen Problemstellungen. Eine qualitativ hochwertige Projektdokumentation kann hier eine wertvolle Unterstützung sein (siehe hierzu Kapitel V5). Die internen und/oder externen Kunden gehören zu den wichtigsten Informationslieferanten. Unter Kunden sind hier im wesentlichen die Nutznießer dieses Projektes zu verstehen. Falls es zu aufwändig ist, die externen Kunden direkt zu befragen, müssen die innerbetrieblichen Funktionen, die in direktem Kundenkontakt stehen, befragt werden. Manchmal sprechen auch organisatorische Gründe gegen einen direkten Kundenkontakt, da diese Kontakte nur durch eine betriebliche Funktion abgebildet werden soll ("One face to the customer"). Es sei hier aber nochmals darauf hingewiesen, dass die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden die Basisinformation für ein erfolgreiches Projekt darstellt. Weitere Informationsquellen sind in den betroffenen internen Fachbereichen zu finden. Häufig liegt, verursacht durch organisatorische Veränderungen, auch in anderen Bereichen Expertise zur Problemstellung des Projektes vor. Durch breite interne Information über dieses Projekt und dessen Ziele gelangt man häufig auch an diese "versteckten" Informanten. Als mögliche Informationswege können das Intranet des Unternehmens oder aber Unternehmenszeitungen genutzt werden.

9.

4.2

Die

219

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

Projektorganisation

Projektleiter wird vom Auftraggeber benannt. Er besitzt nicht nur fachliche Kompetenzen zur Lösung der entsprechenden Problemstellungen, sondern ist auch in der Lage, das Projektteam zu führen. Dies stellt für ihn eine besondere Herausforderung dar, da er in der Regel die Mitarbeiter nicht disziplinarisch, sondern nur funktional führt. Das heißt, er hat nicht die Macht, Kraft seiner Stellung Entscheidungen durchzusetzen, sondern muss die Mitglieder des Teams durch seine Argumente überzeugen. Seine Verantwortung während des Kick-Off liegt darin, die Vorgaben des Auftraggebers zu kommunizieren und diese während der Besprechung entsprechend zu verfolgen. Das Projektlenkungsgremium hat je nach Unternehmen unterschiedliche BezeichDer

nungen:

Projektlenkungsausschuss, Steering Committee, Steering Team, Comite de Pilotage,

...

.

Bei der Besetzung dieses Gremiums ist darauf zu achten, dass auf der einen Seite die Funktionen berücksichtigt werden, die ein wesentliches Interesse am Projekterfolg haben. Auf der anderen Seite sollte aber gerade dieses Gremium aus nicht zu vielen Personen bestehen, da Handlungs- und Entscheidungsflexibilität wichtige Randbedingungen sind. Seine Verantwortung während des Kick-Off ist zweigeteilt. Zu Beginn wird das Projektteam über die Vorgaben bezüglich der Ziele informiert. Nachdem das Team im Verlaufe des Kick-Off den Projektplan erarbeitet hat, muss er prüfen, inwieweit sich seine Vorgabe darin wiederspiegeln und diesen Plan evtl. mit entsprechenden Korrekturen freigeben. Die Besetzung des Projektteams wird vom Projektleiter mit dem Projektlenkungsausschuss gemeinsam erarbeitet. Es ist im Regelfall aus den Funktionen zusammengesetzt, die einen wesentlichen Beitrag für den erfolgreichen Projektabschluss liefern. Wesentlich in diesem Zusammenhang heißt, dass entweder die Kompetenz des Bereiches/der Person gefordert, oder aber der zeitliche Aufwand entsprechend ist. Genaue Richtwerte müssen im unternehmensspezifischen Projektmanagement definiert sein. Die Zusammensetzung des Projektteams sollte sich jedoch nicht nur nach fachlichen Argumenten richten, sondern auch danach, wie die Menschen miteinander in der Gruppe zusammenarbeiten werden. Auch wenn dieser Faktor in der Praxis alleine aus Gründen der Verfügbarkeit selten berücksichtigt werden kann, -

-

220

II

trägt er wesentlich

Projektinitialisierung

Projekterfolg bei. Zumindest in den Situationen, in denen Alternativen vorhanden sind, ist diese Überlegung mit einzubeziehen. Das Projektteam ist verantwortlich, während des Kick-Off die Zielvorgaben des Auftraggebers kritisch aber konstruktiv auf Realisierbarkeit zu prüfen und alle für den Projekterfolg notwendigen Planungsschritte zu definieren. Fallweise kann ein sogenanntes Review-Gremium eingesetzt werden, das benannt durch den Auftraggeber des Projektes eine fachliche Kontroll- und Beratungszum

-

-

funktion hat. 4.3

Die Kommunikation

Ein kritischer Erfolgsfaktor für eine gute Vorbereitungsphase ist die Kommunikation der getroffenen personellen wie auch sachlichen Entscheidungen: So sind zum Beispiel die disziplinarischen Vorgesetzten der Personen, die für Funktionen im Projekt vorgesehen sind, nicht nur zu informieren, sondern in die Entscheidung mit einzubeziehen. Ähnliches gilt für alle anderen Entscheidungen. 4.4

Die

Organisation des Kick-Off-Meeting

Die

organisatorischen Vorbereitungen für das Kick-Off-Meeting liegen Verantwortung des Projektleiters. Hier sind folgende Punkte zu beachten:

in der

Moderation,

Festlegung der Teilnehmer, Termin, Dauer,

Einladung, Besprechungstechnik und notwendige Absprachen. Komplexität oder Größe des Projektes (in der Regel bei mehr als fünf Teilnehmern) ist es sinnvoll, einen Moderator für diese Besprechung mit einzubeziehen. Dies hat den Vorteil, dass der Projektleiter die Verantwortung für den Ablauf der Besprechung an den Moderator delegieren kann und somit mehr Freiraum hat, sich in die inhaltliche Diskussion einzubringen. Der Moderator muss die unternehmensspezifische Projektmanagement-Systematik kennen und Erfahrung sowohl in der Moderation solcher Kick-Off-Meetings als auch komplexer Besprechungen haben. Fachliche Kompetenz ist für eine erfolgreiJe nach

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

221

che Moderation nicht erforderlich. Es bieten sich sowohl externe wie auch interne Experten an, die bezogen auf das Fachgebiet des Projektes keine Kenntnisse vorweisen müssen. Seine Tätigkeit bezieht sich ausschließlich auf den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung: Er vereinbart mit den Teilnehmern die Ziele und die Agenda für die Besprechung, führt die Projektgruppe entlang dieser Agenda (siehe Abschnitt 6), hat die Gesprächsleitung inne und protokolliert den Verlauf unter Zuhilfenahme der Metaplantechnik. Die Teilnehmer müssen festgelegt, mit ihnen der Termin vereinbart und eingeladen werden. Sie setzen sich zusammen aus dem Projektlenkungsausschuss, der am Anfang und am Ende der Besprechung für jeweils ein bis zwei Stunden anwesend sein sollte; dem Projektteam, das möglichst vollständig und über die gesamte Dauer teilnehmen soll und fallweise speziellen Fachleuten, die das Projektteam unterstützen können. Die Dauer für das Kick-Off-Meeting ist von einigen Faktoren abhängig: der Komplexität des Projektes, der Anzahl von Teilnehmern, ihrem Wissensstand über die Projektmanagement-Systematik und ihre Erfahrung mit einer solchen Besprechung.

Komplexität sind die Neuartigkeit eines solchen Projektes für die die Anzahl beteiligter Funktionen. Als Richtwert für die Dauer sowie Organisation kann man mit ca. einem Tag rechnen für ein Projekt mittlerer Komplexität und Größe. Falls jedoch viele Neulinge am Kick-Off teilnehmen oder der Projektleiter noch keine Erfahrung mit Projektmanagement hat, ist eine längere Dauer, beispielsweise 1,5 Tage, sehr hilfreich. Als technische Hilfsmittel für das Kick-Off-Meeting sind vorzusehen: Indizien für die

Overheadprojektor, «

evtl. Beamer und PC, vier Pinwände, Flipchart, Moderationsmittel wie Karten, Stifte, etc..

Mit dem Moderator sowie dem Projektlenkungsausschuss sind im Vorfeld einige Absprachen zu treffen: Mit dem Projektlenkungsausschuss wird abgesprochen, in welcher Form die Vorgaben des Auftraggebers kommuniziert werden, welche Erwartungen die verschiedenen Parteien an die Besprechung haben und wie die Freigabe am Ende des Kick-Off erfolgen wird. Moderator und Projektleiter sprechen untereinander ab, wie sie während der Besprechung ihre Rollen, Verantwortung und Aufgaben verteilen werden (siehe

II.

222

Projektinitialisierung

hierzu auch Kapitel 6). Die in der Abb. 2 konkreten Projekt angepasst werden. 5. Das

Ziele und

primäre

gezeigte Standard-Agenda muss jetzt dem

Ergebnisse

Ziel des

Kick-Off-Meetings

besteht

darin, dass die Teilnehmer sich

erarbeiten, was zu

tun,

wer es

tun

wann es

um

wird, getan wird,

mit welchem Aufwand und welchen Kosten dies alles verbunden sein wird, welches der Projektziele zu erreichen.

Ende der Besprechung wird ein folgende Elemente enthält: messbare Projektziele, den Projektstrukturplan, den Projektphasenplan und die Projektorganisation. Das

heißt,

am

Projektplan

erarbeitet

sein, der

Wie oben bereits erwähnt ist ein weiteres Ziel, aus den Teilnehmern dieser Besprechung ein Projektteam zu bilden, dass nun erfolgreich eine zeitlich begrenzte Aufgabe ihr Projekt- gemeinsam bearbeiten werden. Dies ist umso schwieriger, je mehr unterschiedliche Funktionen oder auch unterschiedliche Erwartungen an ein solches Projekt von den Teilnehmern mitgebracht werden. -

6.

Der Ablauf

Der Ablauf des Kick-Off-Meeting folgt nach einer standardisierten Agenda. Diese Agenda durchläuft sieben Schritte, um die oben erwähnten Ziele zu erreichen: Begrüßung und Einführung, die Ausgangssituation, die Projektziele, der Projektstrukturplan, der Projektphasenplan, die Projektorganisation und die Projektfreigabe.

9.

223

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

In der Abb. 2 finden Sie diese Standard-Agenda mit entsprechenden Zeitdauern und Verantwortlichkeiten, die jedoch an die jeweils konkrete Situation angepasst werden muss.

Agenda für das Kick-Off-Meeting Dauer in Stunden

1

Begrüßung

2

Klärung

0,5

Ausgangssituation

2-4

3



Definition der

4



Erarbeitung

des

Projektstrukturplans

2-4

5



Erarbeitung

des

Phasenplans

1-2

6



Klärung

Projektorganisation

7

der

Freigabe

Abb. 2: Agendafür das 6.1

der

Einführung

und

des

Projektziele

2-4

0,5

Projekts

Kick-Off-Meeting

Begrüßung und Einführung

Der Projektleiter begrüßt die anwesenden Teilnehmer und stellt den Moderator vor. Falls die Teilnehmer sich untereinander noch nicht kennen, ist eine kurze Vorstellungsrunde sinnvoll. Sie werden dabei auch nach ihren Erwartungen gefragt, die vom Moderator entweder auf Moderationskarten oder aber per "Mind Map" mitgeschrieben werden. Danach erläutert der Projektleiter kurz die Ziele für das KickOff aus seiner Sicht. An dieser Stelle übernimmt der Moderator die Gesprächsleitung und fuhrt die Anwesenden in die Thematik ein: Er stellt die Ziele für den Tag vor und erläutert anhand der Agenda, wie diese Ziele erreicht werden. Die Rollenverteilung zwischen Moderator, Projektleiter und dem anwesenden Projektlenkungsausschuss sowie die Aufgabe und Verantwortung des Moderators werden erklärt.

II.

224

6.2

Projektinitialisierung

Die Ausgangssituation

Ziel dieses Schrittes ist es, alle Teilnehmer der Besprechung über den bisherigen Sachstand zum Projekt zu informieren, sie jedoch auch insoweit zu involvieren, dass sie ihren Kenntnisstand mit allen anderen teilen (siehe hierzu auch Abb. 3)

Die Ziel:

Ausgangssituation

Alle Teilnehmer sind informiert und involviert. Welche Entscheidungen sind bereits gefällt ? Welche

Jeder hat alles, was er über das Projekt weiß, mit dem Team ausgetauscht.

gibt

bei den Teilnehmern ein Sinnverständnis für das Es

Projekt.

Vorgaben

existieren ?

Welche Vorarbeiten sind bereits ausgeführt ? Gibt es Probleme, Bedenken und Befürchtungen ? Welche Chancen und Risiken hat das Projekt? Zu welchen anderen Projekten gibt es Schnittstellen ?

Abb. 3: Die Ausgangssituation

Zunächst präsentiert der Projektleiter die Vorgeschichte des Projektes: Warum wurde entschieden, dieses Projekt zu starten; welche Vorgaben hat der Projektlenkungsausschuss an dieses Projekt; welche Entscheidungen sind bereits getroffen und welche Vorarbeiten sind bereits durchgeführt worden. Die Verantwortung des Projektlenkungsausschusses besteht darin, seine Sichtweise zum Projekt zu kommentieren oder entsprechende Ergänzungen vorzunehmen. Nachdem eventuell auftretende Fragen geklärt sind, verlässt der Projektlenkungsausschuss das Kick-Off, um zur Projektfreigabe wieder rechtzeitig anwesend zu sein. Dies wird deshalb empfohlen, um Projektleitung und -team deutlich zu machen, dass die Planung und Durchführung dieses Projektes nun in ihrer Verant-

wortung liegt.

entsprechend einzubinden, die Redseligen genauso wie die der Moderator entsprechende Techniken anwenden. Als in diesem Zusammenhang die sogenannte "Kartenabfrage"

Um alle Anwesenden

Schweigsamen, erfolgreich hat

muss

sich

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

225

gezeigt, bei der jeder Teilnehmer auf drei bis fünf Moderationskarten zur jeweiligen Fragestellung seine Kommentare aufschreibt. Diese Karten werden dann gesammelt, an eine der vorbereiteten Pinwände gesteckt und nach erfolgter Diskussion zu definierten Überschriften gruppiert. Zur erfolgreichen Integration des Projektteams ist es erforderlich, über die Probleme und Bedenken, die es im Projektteam gibt, ausführlich zu diskutieren. Die Teilnehmer werden sich nur dann im Projekt gut aufgehoben fühlen und ihren Beitrag leisten, wenn ihren Problemen und Bedenken genügend Raum gegeben wird. Um sich die Bedeutung des Projektes bewusst zu machen, werden die Chancen und Risiken erörtert. Hieraus ergeben sich auch wertvolle Informationen für die interne Kommunikation des Projektes. Der letzte Punkt im Rahmen der Ausgangssituation ist, die Schnittstellen zu anderen Projekten und Funktionen zu definieren. Die Vermeidung von Doppelarbeit und die klare Abgrenzung des Projektes stehen hierbei im Vordergrund der Diskussionen. Die Erfahrung mit einer solchen Vorgehensweise zeigt, dass im Rahmen dieser Erörterungen immer neue Aspekte der Problemstellung erst sichtbar werden, die im Vorfeld des Projektes nicht erkannt worden sind. 6.3

Die

Projektziele

Um die Projektziele definieren zu können, muss zunächst ein gemeinsames Verständnis von Projektzielen herbeigeführt werden. Hier ist der Moderator gefordert, dies mit den Anwesenden zu klären. Als hilfreich erweist sich zunächst eine

theoretische Betrachtung: Das Projektmanagement versteht unter einem Projektziel einen veränderten Zustand in der Zukunft, der messbar und somit auch quantifizierbar ist. Damit wird ein Soll-Ist-Vergleich möglich. Das heißt, die Zielerreichung des Projektes lässt sich zu jedem Zeitpunkt im Projektverlauf messen. Der Projekterfolg, aber auch sein Misserfolg lässt sich also nachweisen. Eine weitere Bedingung an ein Projektziel ist die Realisierbarkeit der Zielerreichung. Denn nur dann, wenn die Anwesenden nach eingehender Diskussion feststellen, dass sie das Ziel erreichen können, werden sie auch alles daransetzen, dies zu schaffen. Hier geht es also nicht darum, entsprechend einer alten Führungsphilosophie "Fordere 200%, dann wirst Du 100% bekommen" zu agieren, sondern sich als Projektteam herausfordernde, aber realistische Ziele zu stecken.

II.

226

Projektinitialisierung

definiert sein, dass die Beteiligten diese Ziele erreichen wollen. Der Hintergrund für diese Bedingung an Projektziele liegt darin begründet, dass Mitarbeiter sich umso mehr für ihre Ziele engagieren, je mehr Sie sich mit ihnen identifizieren. Eine sehr ähnliche Definition von Bedingungen für Projektziele ist in der Abb. 4 dargestellt.

Projektziele

müssen

so

Bedingungen für Projektziele Stru cured

Strukturiert) Measurable (= Messbar)

Achievable (= Erreichbar)

SMART(e) Projektziele!

Realistic (= Realistisch Timelimited

(= zeitlich begrenzt) Abb. 4:

Bedingungen für Projektziele

Bei der Definition der konkreten Ziele hat es sich als sinnvoll erwiesen, "vom Groben zum Detail" vorzugehen (siehe hierzu auch Abb. 5). Unter Anleitung des Moderators ist das Grobziel auch die Projektvision genannt zu erarbeiten. Dies führt zu einer gemeinsamen Ausrichtung aller Beteiligten und fasst das gesamte Projekt in einer "30-Sekunden-Botschaft" zusammen. Gerade in der Praxis erweist sich dieser Schritt häufig als sehr schwierig, da die Hintergründe dessen nicht richtig verstanden und deshalb Widerstände in der Gruppe aufgebaut werden. Hat das Team jedoch dieses Grobziel erarbeitet, so ist es zu jedem Zeitpunkt des gesamten Projektes möglich, die Sinnhaltigkeit der augenblicklichen Tätigkeit an diesem Ziel -

zu

hinterfragen.

-

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

227

Vorgehensweise zur Definition der Projektziele Grobziel (Vision) Was ist das wesentliche Ziel des

Projektes ?

Projektziele / Leistungsversprechen Beschreibung der Ziele mit messbaren Kriterien

!

Definition von... "was ist nicht Teil des Projektes ?" "was sind die Randbedingungen ?" ...

...

Abb. 5:

Vorgehensweise zur Definition der Projektziele

Erarbeitung der Leistungsversprechen erfolgt mit der Fragestellung, welche Leistungen muss das Team erbringen, um das Grobziel des Projektes zu erreichen. Pro Leistungsversprechen ist das Messkriterium und die entsprechende Messzahl zu definieren. Ein Beispiel für ein korrekt definiertes Leistungsversprechen im Rahmen eines Produktentwicklungsprojektes könnte sein: Leistungsversprechen: Die Kundenzufriedenheit ist gravierend verbessert Die

worden.

Messgröße: Kundenzufriedenheitsindex Messzahl: Steigerung um 10 % drei Monate nach Produkteinführung. gezeigt, dass je nach Projektkomplexität und -umfang acht bis zwölf Leistungsversprechen sinnvoll sind. Nachdem durch die Definition des Leistungsumfangs das Projekt nach innen abgegrenzt worden ist, ist nun auch eine Abgrenzung nach außen sehr wichtig. Einen Es hat sich

Definition der Schnittstellen im Rahmen der Beschreibung der Ausgangssituation (Kapitel 6.2) vorgenommen. Weitere Schritte sind die Definition von "Nicht Teil des Projektes" und "Rand- bzw. Rahmenbedingungen". Punkte, die nicht Teil des Projektes sind, aber von "dritter Seite", beispielsweise vom Lenkungsausschuss, als Inhalt des Projektes angesehen werden können, sollten explizit definiert und aufgeschrieben werden.

ersten Schritt hierzu wurde bei der

228

II.

Projektinitialisierung

Im Rahmen des bereits mehrfach genannten

Entwicklungsprojektes könnte ein Beispiel für diese Ausgrenzung sein: Die Serienproduktion nach Ablauf eines Jahres vom entwickelten Produkt ist nicht Teil des Projektes. Bei den Rand- und Rahmenbedingungen sind die zu diskutieren und gegebenenfalls zu ergänzen, die der Projektleiter im Rahmen der Informationsphase vor dem Kick-Off von der Seite des Auftraggebers genannt bekommen hat (Kapitel 4.1). 6.4

Der

Projektstrukturplan

Erarbeitung des Projektstrukturplans ist der erste Schritt, die drei Parameter Ergebnisse, Zeit und Kosten zusammenzubringen. Die Überschriften der einzelnen Die

auf verschiedene Arten definieren. Man stelle sich ein Projekt zur Entwicklung eines Fahrrades vor. Die Strukturierung wäre auf verschiedene Arten denkbar: 1. die funktionsorientierte Struktur, bei der Überbegriffe wie Bremsen, Sicherheit, Antrieb, Statik, Lenkung usw. benutzt würden, oder 2. die bauteilorientierte Struktur, beider Begriffe wie Rahmen, Lampen, Laufräder, Sattel, Lenkrad, benutzt würden. Man kann sich auch eine Kombination von beiden Möglichkeiten vorstellen. Für das konkrete Projekt muss eine eigenständige Struktur entwickelt werden. Als eine sinnvolle Art der Strukturierung hat sich bewährt, die jeweiligen Leistungsversprechen als übergeordnete Strukturen zu verwenden. Mit dieser Vorgehensweise wird das Projekt so strukturiert, dass eindeutig definierte Arbeitspakete entstehen (siehe Abb. 6). Eindeutig definiert heißt in diesem Zusammenhang, dass es zu jedem Arbeitspaket eine kurze Beschreibung des Inhaltes, einen Verantwortlichen, eine Identifikationsnummer und den geschätzten Aufwand gibt. Der Verantwortliche für dieses Arbeitspaket muss nicht unbedingt derjenige sein, der alle Arbeiten, die zu diesem Paket gehören, selbst erledigt, sondern ist derjenige der wie der Name es sagt die Verantwortung dafür hat, dass die notwendigen Arbeitsschritte erledigt werden. Strukturbäume kann

man

...

-

-

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

Der Durch Definition der

229

Projektstrukturplan

logischen Struktur ergeben sich:

eindeutig definierte Arbeitspakete:

eindeutige Identifizierung klare Verantwortlichkeiten

Arbeitspaketinhalt geplanter Aufwand* •

Abb. 6: Der Projektstrukturplan

Um die genauen Inhalte der Arbeitspakete zu planen, sollte der jeweilige Verantwortliche ein Kommunikationshilfsmittel gebrauchen, dass hier Arbeitspaketbeschreibung genannt wird (siehe Abb. 7). Die Zeit des Kick-Off-Meetings reicht nicht aus, diese Beschreibungen für alle Arbeitspakete auszufüllen. Deshalb ist es zum allgemeinen Verständnis nützlich, ein oder zwei dieser Beschreibungen stellvertretend für die alle in der Gruppe zu bearbeiten. Die anderen sollten nach dem Kick-Off bearbeitet und zwischen Arbeitspaketinhaber und Projektleiter intensiv diskutiert werden.

II.

230

Projektinitialisierung

Arbeitspaket Beschreibung

__(AP)_ Projekt: Projekt Nr.:

Projekt Leiter

AP-Nr.:

AP-Inhaber:

Gesamt:

Personentage

Kosten: Investitionen:

Ausgabedatum

AP-Stert:

h2el(e) des Arbeitspaketes:

TEuro

Randbedingungen

Aktivitäten: was?

Wer?

(Ergebnisse. Informationen. Ensch J

bis

Wann? Einbelug

von

AP-Vorgänger

Freigabe: Dokumentation erfonlerfich: Ja

D

Nein

O

Forig:

Datum

Unterechrift

Abb. 7: Arbeitspaket Beschreibung

Vorgehen in gleichartigen Projekten zu standardisieren, kann es hilfreich sein, Standardarbeitspakte zu definieren. Beispiele hierfür sind die Arbeitspakete "Schnittstellenmanagement, Berichtswesen, Teamkoordination, Projektdokumenta-

Um das

tion, usw..

Projektstrukturplan ist erst dann vollständig, wenn gemeinsam mit dem Team geprüft wird, dass durch die Bearbeitung der Arbeitspakete die Erreichung der Leistungsversprechen sichergestellt ist sowie alle Probleme und Bedenken Bearbeitung Der

finden werden. 6.5

Der

Projektphasenplan

Jeder, der einmal eine größere Aufgabe verantwortlich übernommen hat, weiß wie sinnvoll es ist, sich diese Aufgabe in Teilaufgaben und Zwischenergebnissen aufzuteilen, um so in überschaubaren Zeiträumen überschaubare Teilaufgaben zu bearbeiten.

9.

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

231

Der Projektphasenplan

Meilensteine

Abb. 8: Der Projektphasenplan

Ziel der Erarbeitung des Projektphasenplans ist die Definition der Meilensteine und die Zuordnung aller zuvor beschriebenen Arbeitspakete. Dazu werden zunächst sinnvolle und logische Einschnitte gesucht, die helfen, das Projekt zu planen, steuern und zu verfolgen (siehe auch Abb. 8). Diese Einschnitte werden Meilensteine genannt. Ihnen werden eindeutige Zeitpunkte zugeordnet. Eindeutig heißt in diesem Zusammenhang, dass für den Zeitraum von einem Jahr konkrete Tage benannt werden, über ein Jahr hinaus sollten Wochen benannt werden und über das zweite Jahr hinaus Monate. Sobald die Zeitpunkte definiert sind, werden den einzelnen Meilensteinen entsprechende Ziele zugeordnet.Dieses Vorgehen erleichtert dem Projektleiter wie dem Lenkungsgremium die Steuerungsfunktion des Projektes: Zu den Meilensteinterminen wird jeweils gefragt: Was hat das Projektteam für diesen Meilenstein versprochen? Was konnte davon erreicht werden? Wie stellt das Projekt die Gesamtzielerreichung fristgerecht sicher? Wo gibt es Probleme? Wo braucht das Projekt Unterstützung seitens des Lenkungsgremiums? Am Ende werden den einzelnen Phasen die vorher erarbeiteten Arbeitspakete zuge-

II.

232

Projektinitialisierung

ordnet (Abb. 9). Arbeitspakete können dabei nur in einer Phase liegen, sie können sich aber auch über mehrere Phasen oder sogar über das gesamte Projekt erstrekken. Bei dieser Festlegung ist darauf zu achten, dass so viele Arbeitspakete wie möglich parallel abgewickelt werden. Die sequenzielle Abwicklung sollte nur dort geplant werden, wo es nicht anders geht.

Beispiel für die Zuordnung der Arbeitspakete zu den Phasen

Abb. 9: 6.6

Beispiel für die Zuordnung der Arbeitspakete zu den Phasen

Die

Projektorganisation

Die Projektorganisation ist bereits im Vorfeld des Kick-Off -Meeting definiert worden. Während des Kick-Off soll es ausschließlich darum gehen, diese Definition anhand der konkreten Projektplanung nochmals zu hinterfragen und dann endgültig festzulegen. Hierbei kann man auf die allgemeine Definition (siehe Abb. 10) zurückgreifen. Folgende Fragen sind zu klären: Sind die richtigen Funktionen in den einzelnen Gremien vertreten? Hat jedes der Projektteammitglieder mindestens ein Arbeitspaket? Haben die betroffenen Personen für ihre Funktion im jeweiligen Gremium die

entsprechenden Kompetenzen?

9.

Die

Projektorganisation •

Projektlenkungsausschuss Steuerung des Projektes, Sicherung der zugesagten Ressourcen

Projektteam Übernahme von Arbeitspaketen Ausführung entsprechend der Planung (doppeltes Delegationsprinzip)

Funktion

Verantwortung

\ Abb. 10: Die 6.7

Die

233

Gestaltung des Kick-Off-Meetings



Projektleiter Zielerreichung entsprechend

der

Planung.

Projektorganisation

Projektfreigabe

Rechtzeitig zur Projektfreigabe ist der Projektlenkungsausschuss wieder im KickOff anwesend (siehe hierzu auch Kapitel III.7). Falls nicht alle Mitglieder des Lenkungsausschuss es teilnehmen können, so müssen zumindest die wichtigsten Funktionen vertreten sein. Wenn das nicht möglich ist, kann man die Projektfreigabe auch zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Dieser Zeitpunkt darf jedoch nicht zu lange nach dem Kick-Off-Meeting liegen, da sich ansonsten bereits Projektverzögerungen ergeben können. Zunächst präsentiert der Projektleiter die Ergebnisse des Kick-Off anhand der erarbeiteten Unterlagen. Er sollte besonders auf die Probleme und Bedenken, die Ziele, die Struktur des Projektstrukturplans und den Phasenplan eingehen. Anschließend werden die entstandenen Fragen beantwortet, Ergänzungen oder Änderungen vorgenommen. Abschließend wird der Lenkungsausschuss formell um die Freigabe des Projektes gebeten. Nun, wo die oben genannten Ziele für das Kick-Off -Meeting erreicht sind, ist das Kick-Off -Meeting beendet. Alle Voraussetzungen liegen vor, um die Detailplanung vorzunehmen.

II.

234

Projektinitialisierung

Der Projektleiter bedankt sich bei allen Anwesenden, beim

Projektteam für die konstruktive Diskussion, bei dem Lenkungsausschuss für die Projektfreigabe und bei dem Moderator für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung und vereinbart mit dem Team die nächsten kurzfristigen Schritte: das Protokoll der Besprechung, Kommunikation der Arbeitspakete, Detailplanung des Projektes. 7.

Die

7.1

Das Protokoll

Nachbereitung des Kick-Off-Meeting

Die erarbeiteten Unterlagen (beschriebene Pinwände) werden mit einer Digitalkamera abfotografiert und auf elektronischen Datenträgern gespeichert. Es hat sich herausgestellt, dass einige der Punkte separat abgeschrieben werden sollten, so dass, falls sich während des Projektes Änderungen ergeben, diese direkt nachgepflegt werden können. Hierbei handelt es sich um die Projektziele, den Projektstrukturplan und den Phasenplan. Die erstellten Dokumente werden allen Beteiligten, dem Projektteam, dem Projektlenkungsausschuss und dem Projektleiter zur Verfügung gestellt und in der Projektdokumentation abgelegt.

7.2

Kommunikation der Arbeitspakete

Kick-Off-Meeting ist vereinbart worden, dass die Arbeitspakete unter Zuhilfenahme der Arbeitspaketbeschreibung (siehe Abb. 7) vom Arbeitspaketinhaber detailliert beschrieben werden. Dies findet vor allem für die Aufgaben, die in Im

der ersten Phase bearbeitet werden, zeitnah nach dem Kick-Off statt. Der Projektleiter benötigt diese Beschreibungen, um sicherzustellen, dass er und die Betroffenen das gleiche Verständnis des jeweiligen Arbeitspaketes haben. Deshalb sollte es hierüber zwischen den Verantwortlichen eine intensive Diskussion geben. Je größer am Anfang die Übereinstimmung im Verständnis der Aufgaben aller Betroffenen ist, desto weniger gibt es zu späteren Zeitpunkten Missverständnisse und Probleme.

9.

7.3

Die

Gestaltung des Kick-Off-Meetings

235

Detailplanung des Projektes

Liegen alle Arbeitspaketbeschreibungen vor, so ist der Projektleiter in der Lage, die Detailplanung vorzunehmen. Dies beinhaltet sowohl die zeitlichen wie auch die inhaltlichen Aspekte. Zu Planung, Dokumentation und Weiterverfolgung eignen sich unterschiedlichste Hilfsmittel: Vom Prinzip "Papier und Bleistift" bis zu handelsüblichen elektronischen Projektplanungswerkzeugen. Auch hier lehrt die Erfahrung, dass möglichst einfache Werkzeuge häufig die effizientesten sind. Beispielsweise lässt sich ein grober Projektplan schon mit einem simplen Tabellenkalkulationstool realisieren (siehe Abb. 9). Man sollte das Werkzeug nach dem generellen Prinzip "so detailliert wie nötig und so grob wie möglich" auswählen. Nun sind alle Planungsschritte abgeschlossen, das Projekt kann entsprechend der gemeinsamen Ausarbeitungen nun detailliert geplant und umgesetzt werden. Doch die größte Sorgfalt bei der Planung wird nicht verhindern, dass sich Änderungen ergeben, aus welchen Gründen auch immer. Dies hat zur Konsequenz, dass die Planung vom Projektleiter immer wieder aktualisiert wird. 8.

Zusammenfassung

Kick-Off-Meeting zu Beginn des Projektes führt zum ersten Mal alle Projektbeteiligten zusammen mit dem Ziel, ein gemeinsames Projektverständnis zu erzielen. In dieser moderierten Veranstaltung werden: die Ausgangssituation, die Projektziele, der Projektstrukturplan, der Projektphasenplan und die Projektorganisation erarbeitet. Das

Neben diesem Ziel fuhrt das Kick-Off-Meeting auch zu einem besseren Verständnis der projektbeteiligten Funktionen untereinander und unterstützt so die Gruppenbildung des Projektteams. Nach dem Kick-Off liegen dem Projektleiter alle Informationen für die nun stattfindende Detailplanung vor. 9.

Literaturhinweis

Block

(1987): Block, Peter: The Empowered Manager, Positive Political Skills Work, San Fransisco

at

236

II.

Projektinitialisierung

Clark/Fujimoto (1992): Clark, KimB./Fujimoto, Takahiro: Automobilentwicklung mit System, Strategie, Organisation und Management in Europa, Japan und USA, Frankfurt/Main Dahms (1994): Dahms, Wilhelm: Strategisches Projektmanagement: Eine zukunftsorientierte Organisations- und Führungsphilosophie für F&E, Fachkongress Institute for international Research: F&E Leiter Forum 1994, Frankfurt: 9. und 10. April 1994 Hansel/Lomnitz (1987): Hansel,

Jürgen/Lomnitz, Gero: Projektleiter-Praxis, Berlin Wheelwright/Clark (1994): Wheelwright, Stephen C./Clark, Kim B. (1994): Revolution in der Produktentwicklung, Frankfurt/Main

III.

III. 1. 2.

Projektplanung

237

Projektplanung

Aufwandsschätzung als Voraussetzung für die Projektplanung. Projektstrukturierung. Projektablaufplanung. Planung der Projektzielbereiche: Termine, Ressourcen, Qualität Budgetierung.. Projektauslösung.

239 261

.

3. 4.

295 317

.

5.

6.

335 355

1.

1.

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Prqjektplanung

Aufwandsschätzung als Voraussetzung für die Projektplanung von

Manfred Bundschuh Inhaltsverzeichnis

1.

Die Problematik der Aufwandsschätzung

1.1 Das

Schätzobjekt

1.2 Messen und Schätzen 1.3

Schätzgenauigkeit und Schätzzeitpunkt

1.4 Dokumentation und Altdaten 1.5 Schätzehrlichkeit und Schätzkultur 2.

Grundlagen der Aufwandsschätzung 2.1 Grundprinzipien 2.2 Aufwandsschätzung und das Teufelsquadrat des Projektmanagements 2.3 Der Aufwandsschätz-Regelkreis 2.4 Einführung der Aufwandsschätzung im Unternehmen

3.

Aufwandsschätzmethoden 3.1

4.

Umfangbasierte Messmethoden 3.2 Schätzgleichungen 3.3 Erfahrungskurven 3.4 Expertensystembasierte Schätzungen Software-Metriken und Benchmarking 4.1 Produktmetriken

4.2 Prozessmetriken 4.3

Benchmarking

239

240

5.

III.

Projektplanung

Schätztools 5.1 Nutzen

5.2 Einsatz 5.2.1

Erfahrungsdatenbank

5.2.2 Simulation 6.

Internetadressen

7.

Literaturhinweis

zur

Aufwandsschätzung

Autorenbeschreibung Math. Manfred Bundschuh, Jg. 1946, Senior Methodenplaner im IT-Ressort des AXA-Colonia Versicherungskonzerns in Köln, Lehrbeauftragter der Fachhochschule Köln (Fachbereich Informatik), Mitautor von sechs EDV-Fachbüchern und Vorstandsvorsitzender der DASMA e.V. (Deutschsprachiger Anwenderverband für Softwaremetriken und Aufwandsschätzung).

Dipl.

1.

Aufwandsschatzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

241

Voraussetzung für das Gelingen eines Softwareprojekts ist eine fundierte Planung. Dazu gehört vor allem eine fundierte Aufwandsschätzung als solide Basis. Deshalb steht vor Beginn der Planung die Schätzung von Aufwand, Terminen, Kosten und Projektdauer an. Aufwandsschätzungen liefern dazu Größen, die in die Planungen einfließen und schließlich auch noch controlled werden können. Kontinuierliches Tracking und Monitoring dieser Werte aus Aufwandsschätzung und Planung ermöglichen schließlich Controlling und Erfolgsmessung sowie, last but not least, Lernen aus der Vergangenheit für die Schätzung und Planung zukünftiger Projekte. Die für eine realitätsnahe Planung benötigten Größen: Aufwand, Termine, Kosten und Projektdauer sind neben den Projektzielen die wichtigsten Erfolgsfaktoren für den Erfolg eines Projekts. Woher sonst, außer durch eine professionell durchgeführte Aufwandsschätzung, könnte der Projektleiter diese Informationen verläßlich erhalten? Nicht vorhandene Dokumentationen und Erfahrungen über Aufwandsschätzungen sind eines der häufigsten Probleme, auf die Projektleiter stoßen, wenn sie vor der Aufgabe der Aufwandsschätzung (oder Projektplanung) stehen. Da hilft nur sofort damit anzufangen, sonst kann der Teufelskreis nie durchbrochen werden! 1.

Die Problematik der Aufwandsschätzung

Für eine fundierte Planung von IT-Projekten sowie für die Messung des Erfolgs nach Projektabschluss ist es notwendig, Schätzungen über Aufwand, Kosten, Termine und Dauer durchzuführen. Das Problem fehlender empirischer Daten sowie der erhöhte zeitliche Aufwand können z.B. durch den Einsatz von Werkzeugen, ausführliche Dokumentation oder den Aufbau eines Competence Centers kompensiert werden. Der folgende Abschnitt beschäftigt sich daher sowohl mit dem Problem, als auch den Möglichkeiten, zu guten Schätzergebnissen zu gelangen und den Chancen, welche die Aufwandsschätzung der Projektplanung bietet. 1.1

Das

Schätzobjekt

Grundlage der Aufwandsschätzung sind Informationen über das zu schätzende Projekt, z.B.: Übersicht über die benötigten Daten (z.B. Objektkatalog oder relationales Datenmodell) Masken-, Listenlayout, etc. Anzahl und Umfang der Schnittstellen Abläufe aus Benutzersicht, Dialogablauf, z.B. alle Prozessflussmodelle mit

III.

242

den

Projektplanung

dazugehörigen Aktivitäten, Use Cases, etc.

Fehlende Informationen müssen durch dokumentierte Annahmen ersetzt werden, ansonsten gerät das Schätzen zum Raten. Die Bandbreite des Schätzergebnisses hängt dabei von der Sicherheit dieser Annahmen ab. "Grundsätzlich gilt: Je mehr Informationen über das Schätzobjekt vorliegen, desto genauer wird die Schätzung." Ein weiteres Problem liegt in einem schleichenden Funktionszuwachs (requirements creep), der, abhängig vom Schätzobjekt, etwa zwei Prozent je Projektmonat überschreiten kann. Dies läßt sich durch wiederholte Messung des Umfangs während des Projektverlaufs kontrollieren. 1.2

Messen und Schätzen

Grundsätzlich gilt es, zwischen Zählen und Schätzen zu unterscheiden. Das Ergebnis der Zählung von Funktions-Punkten (Function Points) oder Code-Zeilen (KLOCs: Kilo Lines of Code) ist lediglich ein Ausgangspunkt für die eigentliche Aufwandsschätzung. Dabei gilt folgende Prämisse: "Was Sie nicht messen können, können Sie auch nicht kontrollieren." IT-Projekte unterscheiden sich z.T. erheblich voneinander und besitzen unterschiedliche Schwerpunkte, so dass die ermittelten Kenngrößen in Bezug auf ihre Bedeutung für das Gesamtprojekt unterschiedlich in der Aufwandsschätzung berücksichtigt werden müssen. Die Schätzerfahrungen vergangener Projekte spielen deshalb eine große Rolle, lassen sich jedoch nur nutzen, wenn diese auch ausreichend dokumentiert wurden (siehe 1.4 »Dokumentation und Altlasten«). 1.3

Schätzgenauigkeit und Schätzzeitpunkt

Die, je nach Schätzzeitpunkt, mehr oder weniger große Unwissenheit über die Schätzparameter, haben zur Folge, dass: das Ergebnis einer Schätzung nie eine absolute Zahl, sondern immer ein Intervall ist die Bandbreite dieses Intervalls mit dem zur Verfügung stehenden Wissen über das Schätzobjekt zusammenhängt die Unsicherheit in dem Maße abnimmt, in dem die Aufwandsschätzung »controlled« wird (S. 24)

1.

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

Wissen über das

243

SchätzobjeU

25%

40%

60%

80%

+

35% 30%

25%

20%

10%

Schätzfehler Studie

Abb. 1:

Analyse

Design

Realisierung

Test

Einfuhrung

Schätzgenauigkeit

Die Aufwandsschätzung darf nicht als ein einmaliges Ereignis angesehen werden, sondern ist ein Prozess, der das Projekt während der gesamten Dauer begleitet. Erneutes Schätzen mit zeitlichem Fortschreiten oder nach größeren Änderungen am Projekt ist unerlässlich, um die Schätzgenauigkeit zu erhöhen. Werden Schätzungen zudem mit unterschiedlichen Methoden durchgeführt und evtl. mit Hilfe Dritter validiert, trägt dies weiter zu einer Qualitätssteigerung bei. 1.4

Dokumentation und Altdaten

Eine

konsequente und authentische Dokumentation der Projekterfahrungen ist Voraussetzung dafür, dass das erworbene Know-How der Organisation erhalten bleibt. Das Lernen aus den Erfahrungen vergangener Projekte ist eine Grundlage für die Verbesserung der Aufwandsschätzung zukünftiger Projekte. Beim Bezug auf historische Daten ist jedoch zu beachten, dass ein Teil der tatsächlich geleisteten Arbeit, wie z.B. unbezahlte Überstunden, nicht erfasst wurde. Der gesamte Aufwand für ein IT-Projekt in einem Großunternehmen setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen: Aufwand für Projektmanagement und Qualitätssicherung (»Overhead«) Aufwand für Spezialisten (Architekten, Administratoren, NetzwerkUnterstützung, etc.) auch Entwicklungsteam-Unterstützung genannt Aufwand der Entwickler (Analyse, Design, Realisierung, Test) auch IT -

-

III.

244



Projektplanung

Kernteam-Aufwand genannt Aufwand des Fachbereichs Einführungs- und Wartungsaufwand

liegt z.B. der vom Projektleiter geschätzte Aufwand oftmals weit unter dem, was von einem Competence Center ermittelt wurde, weil dieser den Aufwand für Tätigkeiten außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs mit einberechnet hat. So

1.5

Schätzehrlichkeit und Schätzkultur

Schätzen führt zu einer Bewertbarke it, wogegen sich ein natürlicher Widerstand richtet und zur Folge haben kann, dass man es mit der Schätzehrlichkeit nicht so genau nimmt und diese den Erwartungen z.B. Vorgesetzten gegenüber auslegt. Der Aufbau einer Schätzkultur soll dazu beitragen, die Schätzehrlichkeit zu fördern, indem den Mitarbeitern eine positive Vision für die Aufwandsschätzung vermittelt wird. Eine fundierte Ausbildung und Motivationen wie z.B. eine Erfolgsprämie können dazu beitragen, jedem einzelnen Mitarbeiter seine Verantwortung und Bedeutung für den Prozeß der Aufwandsschätzung zu verdeutlichen. Die Entwicklung einer Schätzkultur kann in folgende Phasen eingeteilt werden: Problem: Aufwandsschätzung wird nicht positiv gesehen. 1. Bewußtsein: Management und Mitarbeiter werden zunehmend aufmerksam 2. auf das Thema Aufwandsschätzung, gehen es aber noch nicht systematisch an.

3. 4.

5.

Übergang: Übergang

Betrachtung der Aufwandsschätzung als Managementaufgabe zur Teamaufgabe. Antizipation: Übergang von subjektiver Aufwandsschätzung zu Messungen von

der

und dem Einsatz von IT-Metriken und Tools. Chancen: Positive Vision der Aufwandsschätzung, jeder ist dafür verantwortlich.

Schätzprozeß findet zudem immer in einem sozialen Kontext statt, der das Problem der »politischen Schätzung« aufwirft. Dabei kann z.B. Schätzen mit Verhandeln verwechselt werden, oder das Projektvolumen durch »frisierte Schätzung« der Interessen läge angepasst werden. Die »menschliche Eitelkeit«, geprägt durch ein Streben nach Erfolg und Anerkennung führt darüber hinaus zu Machtkämpfen und der Betonung von Prestigeobjekten mit Einfluss auf die »politische Lage« im Umfeld von IT-Projekten. Der

1.

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

245

Eine Schätzklausur kann dazu

beitragen, zu einer von allen Beteiligten akzeptierten Schätzung zu gelangen. Dazu diskutieren mehrere Personen des Projekts, wie die einzelnen Schätzobjekte aus der Sicht des gesamten Projekts zu bewerten sind. Positive Nebeneffekte der Schätzklausur sind ein geschärftes Bewußtsein der Teilnehmer für die Unsicherheiten im Projekt, ein gleicher Informationsstand und Teamförderung. 2.

Grundlagen der Aufwandsschätzung

Erst die über mehrere Projekte hinweg gesammelten Erfahrungen erlauben eine Anpassung der Schätzung an die Projekt-Umweltfaktoren, wie z.B. die Entwicklungs- und Zielumgebung, die verwendeten Programmiersprachen oder auch den Ausbildungsgrad und die Anzahl der zur Verfügung stehenden Mitarbeiter. Den Versuch einer Gliederung unternimmt Tab. 1. Sie kann jedoch, aufgrund der

großen möglichen Anzahl von Einflussfaktoren (in Schätztools werden bis 200 verschiedene verwendet), lediglich einen kleinen Teil zusammenfassen. Technologie

Produkt

Entwicklungspro-

Ressourcen

zess

Technische

Leistungsumfang

Ablauforganisation Hardwareverfüg-

Entwicklungsumgebung Hardware

barkeit

Qualität

Vorgehensmodell

Softwareverfügbarkeit

Soffware

Komplexität

Methoden

Technische Standards Tools

Dokumentation

Projektlaufzeit

Personalqualität

Gesetzliche

Schnittstellen

Kosten

Zwänge Projekttyp

Ziele

Organisatorische Zwänge Projektlaufzeit

Technische

barkeit_

Zwänge Technische

Zielumgebung

Projektklasse

Personalverfüg-

Organisatorische Entwicklungsumgebung

Tab. 1: Einflussfaktoren der Software-Entwicklung Weitere Grandlegende Probleme der Aufwandsschätzung sind Schätzfehler durch

III.

246

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Projektplanung

unklare oder nicht dokumentierte Voraussetzungen der Schätzung, nicht eingeplanten Aufwand für die Schätzung, keine Aktualisierung und keine Qualitätssicherung der Schätzung, politische Schätzungen (Verhandeln statt Aufwandsschätzung) sowie die Überschätzung von Personalqualifikation und -Produktivität, Personalaufstockung (adding more people to a late project delays it the more !) und die Unterschätzung von Kommunikations-, Schulungs-, Dokumentations- und

Qualitätssicherungs-Aufwand. 2.2

Aufwandsschätzung und

das

Teufelsquadrat des Projektmanagements

IT-Projekt, d.h. die Entwicklung und Einführung eines IT- bzw. SoftwareSystems, läßt sich als Vorhaben charakterisieren, dessen Bedingungen einmalig sind und, aufgrund hoher Komplexität, besondere organisatorische Maßnahmen erfor-

Ein

dert. Die Haupterfolgskriterien eines IT-Projekts sind klar definierte Ziele, deren Erreichen meßbar ist, wie z.B.: Qualität, Größe (Umfang, Quantität), Projektdauer (Zeit, Termintreue) und Kosten (Wirtschaftlichkeit). "Die Primärziele konkurrieren um die Ressourcen eines IT-Projekts, so dass jeder Mehrverbrauch eines Ziels Verknappung der Ressourcen bei den anderen Zielen hervorruft."

+ Qualität



Abb. 2

Teufelsquadrat

Dieses

so

Zeit

Umfang +

Kosten



genannte "Teufelsquadrat" stellt die Wechselwirkung der konkurrieren-

1.

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

247

den Primärziele dar. Daraus läßt sich erkennen, dass z.B. ein erhöhter Projektumfang eine längere Projektdauer bzw. einen erhöhten Mitarbeitereinsatz zur Folge hat. 2.3

Der Aufwandsschätz-Regelkreis

"Aufwandsschätzung ist ein kybernetischer Regelkreis. Das ist eine wichtige Eigenschaft, denn Regelkreissysteme sind lenkbare Systeme und verfügen über die Fähigkeit, sich selbst zu steuern, wenn keine gravierenden Störungen auf sie einwirken."

Regler

Projektaufgabe

Aufwandschätzung

Abweichung

Ausgangswert

\

Messglied Soll/Ist-

Stellglied

Vergleich

Abgleich mit Wissensbasis

Istwert

Schätzwert

Regelstrecke

Aufgabendurchführung Abb. 3: Der kybernetische

Störungen

Schatz-Regelkreis

Durch diesen Kreislauf entsteht ein

Rückkopplungsprozess (feedback), bei dem ein

Fließgleichgewicht (Homöostase) eintritt, wenn keine unüberwindlichen Störungen in der Regelstrecke auftreten. Die Qualität, und damit der Nutzen der Aufwandsschätzung, hängt vom Funktionieren dieses Regelkreises ab. Sie kann z.B. durch eine fehlende oder schlechte Wissensbasis, nicht gemessene oder dokumentierte Istwerte, sowie nicht nachvollziehbare oder undokumentierte Schätzwerte unterbrochen, bzw. gestört werden.

248

2.4

III.

Projektplanung

Einführung der Aufwandsschätzung im Unternehmen

Als Innovationsprojekt muss die Einführung der Aufwandsschätzung wie ein eigenständiges IT-Projekt geplant und durchgeführt werden. Information, Ausbildung und Partizipation der Betroffenen, sowie der Erfahrungsaustausch über die Unternehmensgrenze hinaus, wirkt dabei den Akzeptanzproblemen entgegen, die bei Innovationsprojekten üblicherweise auftreten. Die erfolgreiche Einführung benötigt sowohl ausreichend Zeit, um ein Bewusstsein für die Neuerung zu schaffen, als auch einen Fahrplan, der die folgenden Stationen umfasst: 1.

Grundlagen legen Setzen und Verkünden von begründbaren Zielen, um eine wirksame Zustimmung von Seiten der Geschäftsleitung, des IT-Bereichs und des Fachpersonals zu schaffen. Definition eines Standardprozesses. Informationsbeschaffung und Marktüberblick erlangen. Durchführen einer Kosten-Nutzen-Studie.

2.



3.

Strategie planen Durch das Training

der Anwendung der Aufwandsschätzung wird bei den Mitarbeitern das Bewusstsein und ein Verständnis geweckt, um ihnen den Übergang zu erleichtern, sowie die Motivation und die individuellen Fähigkeiten aufzubauen. Durch Inspektionen kann die Übereinstimmung mit den Zielen und Erwartungen überprüft werden, um eine Abweichung vom gewählten Kurs zu vermeiden. Verbessern der Praxisanwendung durch die Entwicklung von Standards und IT-Metriken. Erfahrungsaustausch und Vergleiche mit anderen Anwendern.

Einführung Budgetplanung, Schaffung und Vergabe von Ressourcen, sowie die Entwicklung eines Zeitplans. Festlegen der Vorgehensweise und Definition der Struktur und des Aufwandsschätz-Prozesses. Erprobung und Auswahl der Methoden und

Werkzeuge.

1.

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

249

Entwicklung eines Ausbildungs- und Trainingsprogramms. 4.

Das Verfahren etablieren

Überwachung, Unterstützung und Bewertung. Ausbreitung der Schätzkultur. Der Aufwand für die

Einführung kann in einem Großunternehmen mit ca. vier Personenjahren veranschlagt werden, wobei zur einen Hälfte die Durchführung eines Pilotprojekts und zur anderen Hälfte der Aufbau von Schätzerfahrungen, die Integration in das unternehmenseigene Vorgehensmodell, sowie der Aufbau von ITMetriken zur kontinuierlichen Verbesserung berücksichtigt werden muss. Ein günstiger Zeitpunkt für die Einführung der Aufwandsschätzung ergibt sich z.B. bei der Überarbeitung des unternehmensweiten Vorgehensmodells, wodurch die, für die Aufwandsschätzung notwendigen Tätigkeiten nahtlos integriert werden können. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass der Zeitpunkt stets zu spät gewählt wird, so dass das Motto nur heißen kann: Jederzeit anfangen, sodass das Sammeln von Erfahrungen und der entsprechende Lern-Regelkreis in Gang gesetzt werden können.

Das erfolgreiche Anwenden der Aufwandsschätzung auf Weiterführungsprojekte, welche vor allem bei Großunternehmen von großer Bedeutung sind, erfordert genaue Kenntnis der Größe des Alt- bzw. Basissystems. Die zentrale Bedeutung der Messung der Größe von Altsystemen verdeutlicht Abb. 4.

Voraussetzungen für die Aufwandschätzung schaffen

Kontinuierliche Verbesserung der Aufwandschätzung Dokumentation und

Lernen der

Aufwandschätzung

Erfahrungsaustausch Messen und Controllen

Vorhandene An Wendungssysteme messen und neue Projekte schätzen

Abb.4:

Messung von Altsystemen

III.

250

3.

Projektplanung

Aufwandsschätzmethoden

Als Ergebnis liefern die meisten Schätzmethoden eine Maßzahl für den Umfang des Schätzobjekts, woraus auf Basis einer zugrundeliegenden Metrik der Aufwand ermittelt werden kann. Aus dem Aufwand lässt sich sowohl eine Kostengröße mit Hilfe von Verrechnungssätzen gewinnen, als auch der Aufwand je Projektphase als Zeitgröße anhand einer Prozentsatzmethode. Eine Vergleichsschätzung für das Schätzcontrolling kann dann aus einer Hochrechnung mit dem Ist- Aufwand einer Projektphase auf einen geschätzten Gesamtaufwand und der ermittelten Kostengröße gewonnen werden.

Umfang

I

Größe

Metrik

Controlling Abb. 5: Schritte der Aufwandsschätzung Schätzmethoden unterscheiden sich durch unterschiedliche Einsatzschwerpunkte und Wirkungsbereiche. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei Vorgehensweisen unterscheiden: Umfangbasierte Methoden und Ad-hoc-Methoden. Aufgrund der größeren Bedeutung der umfangbasierten Methoden werden diese im Folgenden näher beschrieben. Eine Beschreibung der Ad-hoc-Methoden ist z.B. in [Bundschuh-Fabry] zu finden.

1.

3.1

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

251

Umfangbasierte Messmethoden

Grundsätzlich lassen sich zwei Ansätze unterscheiden, den Umfang der zu entwicklenden Software zu messen, um auf dieser Grundlage dann den Aufwand zu schätzen, und zwar anhand des Programmumfangs und des Umfangs der funktionalen

Vorgaben: 1.

Methode der parametrischen Schätzgleichung Eine durch Zählung ermittelte Maßzahl (z.B. KLOC Kilo Lines of Code) für die Größe der Anwendung wird in eine Schätzgleichung eingesetzt (siehe 1.3.2 »Schätzgleichungen«). Function-Point Methode -

2.

Die Function-Point Methode (FP-Methode) gilt, hinsichtlich der Metriken, weltweit derzeit als De-facto Standard und ist die am weitesten verbreitete und am besten akzeptierte Methode zur Messung des funktionalen Umfangs. Gemessen wird die vom Benutzer geforderte Funktionalität, die von der Fachabteilung nachgefragt, anhand des logischen Systementwurfs quantifiziert und für sie erbracht wird.

FP-Methode, im Gegensatz zur LOC-Methode (dem Zählen der Code-Zeilen) liegt darin, dass sie bereits in einer frühen Projektphase (der Ein Vorteil der

werden kann. Aufgrund der Eignung für verschiedene Zwecke haben sich inzwischen einige Varianten etabliert: Data-PointMethode, Object-Point-Methode, Mark-II-Methode, Full Function Points. Ein weiterer Vorteil liegt in der Verfügbarkeit von Standards, Schulungen, Usergroups, Beratern und Benchmarks, wodurch Zugriff auf eine breite Wissensbasis zur Verfügung steht und die Firmen verwertbare Resultate erhalten.

Fachkonzept-Phase) eingesetzt

3.2

Schätzgleichungen

Hierbei werden die verschiedenen Aufwandsfaktoren, welche den Entwicklungsprozess stark beeinflussen, in einer Formel (der Schätzgleichung) berücksichtigt. Alle Schätzgleichungen haben die allgemeine Form y f(xl, x2, x3, xn), wobei y dem zu berechnenden Aufwand entspricht und die verschiedenen Einflussfaktoren durch xi dargestellt werden. Ansätze für Schätzgleichungen sind in der Literatur zahlreiche zu finden. Hier werden als Stellvertreter zwei kurz vorgestellt. 1. Berechnung einer Formel mit Hilfe der Regressionsanalyse Basierend auf Wertepaaren der FP-Methode und zugehörigem Aufwand, kann =

III.

252

Projektplanung

mit der Regressionsanalyse z.B. eine Schätzgleichung der Form y a x xD berechnet werden, wobei a und b Ergebnisse der Regressionsanalyse sind. Die Formel von Putnam (SLIM: Software-Life-Cycle-Management-Methode) Beginnend mit der Einführung des Systems schätzt diese Formel den Software Lebenszyklus durch die Ermittlung eines funktionalen Zusammenhangs zwischen der Systemgröße, dem Realisierungsaufwand und der Zeit. =

2.

Realisierungsaufwand

=

Erläuterungen: K

=

SG

=

Ck

=

Ck Ck Ck td

=

=

=

=

notwendiger Aufwand über die gesamte Lebensdauer des Systems in Personenjahren die zu erwartende Systemgröße, gemessen in der Zahl der Anweisungen der Technologiestand der Entwicklungsorganisation, für die empirisch folgende Werte ermittelt wurden: 8 für Systeme mit viel Interaktion 15 für stand alone-Systeme 27 für Teilsysteme von größeren Systemen Entwicklungsdauer in Jahren

Die Formel steht im Internet

eng/us/java/sweq 3.3

zur

Verfügung: http://ivs.cs.uni-magdeburg.de/sw-

.

Erfahrungskurven

Eine Erfahrungskurve ergibt sich mittels einer Regressionsanalyse, angewendet auf Wertepaare der Form [Personenmonate/Function Points] bzw. [PM/FP], welche durch Nachkalkulation bereits fertig gestellter Projekte gewonnen werden.

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

1

IBM

Erfahrungskurve y

~

4000



3000

|

2000

|

253

=

25,649x

0,7752

1000 0 0

100

200

300

400

500

600

Personenmonate

Abb. 6: IBM Erfahrungskurve lässt sich die naten und den Function Points ablesen. Aus dieser

3.4

Erfahrungskurve

Beziehung

zwischen den Personenmo-

Expertensystembasierte Schätzungen

Die Wissensbasis eines wissensbasierten Expertensystems für die Aufwandsschätzung enthält durch standardisierte Verfahren nachkalkulierte Projekte. In der Regel reicht schon die Größe der zu schätzenden Anwendung (in Function Points, KLOC, o.ä.) für eine grobe Schätzung aus. Weitere Angaben können für eine detaillierte Schätzung gemacht werden, z.B.: Komplexität der Anwendung und Erfahrungen des Personals sowie verwendete Programmiersprache und Technologie usw. Durch die Eingabe der während des Projekts ermittelten Istwerte läßt sich das Ergebnis der Schätzung weiter verbessern. Abb. 7 verdeutlicht das Prinzip der Schätzung beim Einsatz eines Expertensystems. Projektgröße

(harte Daten)

Projektattribute (weiche Daten)

X

Aufwandschätzung umfasst: 1. 2.

3.

Abb. 7:

Weitere Einflussfaktoren

das Ermitteln/Messen der Projektgröße die Analyse und Bewertung der Projektattribute und zusätzlicher Einflussfaktoren Regeln, wie 1 und 2. miteinander in Verbindung stehen

Schätzung durch ein Expertensystem

Schätzung

III.

254

Projektplanung

Ein Vorteil beim Einsatz eines solchen Expertensystems ist die an zentraler Stelle (evtl. durch die Herstellerfirma) gepflegte, gewartete und erweiterte Wissensbasis. Dadurch erhält der Anwender Zugriff auf eine wesentlich größere Datenbasis. So enthält z.B. die Wissensbasis des Expertensystems Checkpoint/KnowledgePlan zur Zeit ca. 6700 ausgewertete Projekte. 5.

Schätztools

Ohne die Unterstützung von Werkzeugen findet die Aufwandsschätzung keine erforderliche Einsatzbreite. Auch wenn sich der Nutzen nicht unmittelbar quantifizieren lässt, stellt der Einsatz von Werkzeugen eine Investition dar, die sich in jedem Fall rentiert. Werkzeuge sind jedoch kein Allheilmittel und ersetzen in keinem Fall die Denkarbeit, denn die Projektleiter müssen weiterhin die Schätzparameter bewerten und die vorgenommenen Einstellungen des Tools überprüfen. Die Ergebnisse des eingesetzten Werkzeugs sind immer nur so gut, wie die Informationen, mit denen die Schätzung durchgeführt wurde. Durch parallele Schätzung mit anderen Methoden können die Ergebnisse verifiziert werden, um durch evtl. auftretende Abweichungen ein besseres Verständnis über das Schätzobjekt, der der Schätzung zugrunde gelegten Prämissen, das Schätzumfeld und die Bewertung der

Schätzparameter zu erlangen. 5.1

Nutzen

Werkzeuge zur Aufwandsschätzung bieten dem Projektleiter vielfältige Hilfen, seine Aufgaben effizient zu erfüllen und darüber hinaus dem Unternehmen vielfältigen strategischen, operativen und nicht zuletzt praktischen Nutzen: reduzierte Planungszeit / schneller am Markt (time to market) verbesserte Planungsresultate / keine Marketingkosten wegen Terminverschiebungen effiziente Projektabwicklung / verbesserte Benutzerzufriedenheit, Vermeidung von Projektabbrüchen verbesserte Qualität der Soffware-Entwicklung / geringerer Wartungsaufwand Überblick über, bzw. Verwaltung einer Vielzahl von Informationen «

Zusätzlich bieten einige Werkzeuge eine Schnittstelle zu ProjektmanagementTools, womit sie helfen, den Planungszeitraum zu verkürzen und die Projektresultate zu verbessern.

1.

5.2

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

255

Einsatz

Aufgrund der Vielzahl von Tools zur Aufwandsschätzung kann hier kein auch nur annähernd vollständiger Überblick gegeben werden. Eine nach Einsatzbereichen gegliederte Tool-Übersicht ist im Internet unter http://ivs.cs.uni-magdeburg.de/sweng/gruppe/forschung/CAMETools.shtml veröffentlicht. Weitere aktuelle Informationen für den interessierten Leser finden sich im Internet unter http://www.ispacost.org/PEIweb/cover.htm und beim Data & Analysis Center for Software (DACS): http://www.dacs.dtic.mil Einige kostenlose, meist kleinere Tools zur Kostenschätzung werden im Internet ebenfalls zum Download angeboten. Die folgende Tabelle fasst einige zusammen: .

Tool Costar

(COCOMO)

Firma Softstar Inc.

URL

http://www. softstarsystems.com/

Construx Cost Estimation Software

CostXpert

Construx Software Builders Inc. Marotz Inc., Jamul, CA

http://www.const.rux. com/

http://www.marotz.com/ E-Mail: info@ marotz. com

Softest und REVIC

SEPO,

San

Diego

http: // sepo. nose .m i 1/ revic.html

Tab. 2: Schätztools 5.2.1

Erfahrungsdatenbank

Erfahrungsdatenbanken, wie sie z.B. in Checkpoint for Windows (CKWIN), bzw. dem Nachfolgeprodukt KnowledgePlan eingesetzt werden, ermöglichen den Zugriff auf die Erfahmngen aus vielen Projekten. So enthält KnowledgePlan zur Zeit eine Wissensbasis von ca. 6700 IT-Projekten verschiedener Arten und Typen. Die Datenbank wird laufend von der Herstellerfirma SPR erweitert und erlaubt es durch Vorlagen (engl, templates) eigene abgeschlossene IT-Projekte aufzunehmen. Auf der Basis des zugrunde liegenden Expertenwissens lässt sich bereits in einem sehr frühen Projektstadium eine Schätzung durchführen. Die dafür erforderliche frühe Schätzung der Function Points kann sich jedoch nur an den rein fachlichen Anforderungen orientieren, soweit diese in dem frühen Stadium bereits verfügbar sind. Alternativ lassen sich die Function Points aus ähnlichen Projekten, deren

256

III.

Projektplanung

Function Points bekannt sind, ableiten. Als weitere Eingabe werden so genannte harte und weiche Daten verlangt. Als harte Daten bezeichnet Capers Jones alle wirklich mess- bzw. bestimmbaren Größen, wozu u.a. folgende Angaben zählen: Die Größe der Anwendung (Sizing) z.B.gemessen in Function Points. Die Projektklassifikation beschreibt die Natur des IT-Projekts (Neu-, Weiterentwicklung oder Wartung), die generelle Abhängigkeit (Stand-alone-Programm, Modul- oder auch großes Programmsystem). Die Projektziele: Aufwand, Qualität, Dauer, Kosten. Die verwendete Programmiersprache kann aus einer Tabelle mit ca. 600 Programmiersprachen gewählt werden. (Capers Jones hält diese Tabelle im Internet unter http://www.spr.com/ auf dem aktuellen Stand.) Die durchgeführten Tätigkeiten.

Die weichen Daten lassen sich, im Gegensatz zu den harten, nur ordinal bewerten und bereiten aus diesem Grund die meisten Schwierigkeiten, da eine solche Bewertung naturgemäß äußerst subjektiv ist. Die Bewertung der weichen Daten erfolgt deshalb sinnvollerweise durch ein bis zwei Personen aus dem IT-Projekt und einem Mitarbeiter des Competence Centers, wodurch eine projektübergreifende Konsistenz erlangt werden kann. Capers Jones unterteilt die weichen Faktoren in die vier Bereiche Personal: charakterisiert den Skill, d.h. die Erfahrungen der Mitarbeiter. Technologie: verwendete Software-Tools, sowie die Entwicklungsumgebung. Prozess: die Entwicklungsmethoden und der Qualitätssicherungsprozess. Umwelt: äußere Einflussfaktoren (räumliche und geografische). 5.2.2 Simulation

Einige Programme, wie z.B. Checkpoint/KnowledgePlan, erlauben durch die Eingabe unterschiedlicher Parameter, eine Simulation des Projektverlaufs. Damit bietet sich die Möglichkeit, Fragen zur Projektverbesserung zu stellen, z.B. wie sich die Projektlaufzeiten verkürzen lassen, um den schleichenden Funktionszuwachs und die Projektkomplexität zu reduzieren. Durch geeignete schrittweise Variationen der Parameter lassen sich Maßnahmen zur Verbesserung des jeweiligen Krite-riums finden, welches die Projektlaufzeit beeinflusst. Checkpoint/KnowledgePlan erlaubt z.B. das Aktivieren einer Sensitivitätsanalyse für das Simulationsprojekt, um genau die Parameter zu erhalten, die bei entspre-

1.

Aufwandsschätzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

257

Veränderung eine Laufzeitverkürzung ermöglichen. Die Sensitivitätsanalyse zeigt dann zu den Projektzielen Laufzeit, Aufwand, Produktivität und Qualität jeweils 16 Parameter mit den stärksten Auswirkungen. Solche Simulationen schließen den Prozess der Aufwandsschätzung ab und liefern dem Projektleiter praxisrelevante Szenarien zur realistischen Planung seiner Projekte. Transparente Dokumentation der Teilschritte und Zwischenergebnisse der Aufwandsschätzung ermöglicht darüber hinaus jederzeit das Tracking und Monitoring sowie das Controlling von Aufwandsschätzung und Planung und das Process Improvement und damit die Verbesserung von Know How und Skills. chender

Internetadressen

zur

Aufwandsschätzung

Internetadresse COSMIC: The Common Software Metrics International Consortium (Full Function Points) DASMA e.V.: _

URL

http://www.cosmicon.com

http://www.dasma.de

Deutschsprachige Anwendergruppe für Software-Metrik und Aufwands-

schätzung_ ESI: The European Software

http://www.esi.es Institute,

Spanien_

FESMA Federation of European Software Metrics Associations: Europäischer Dachverband der ITMetrikverbände Fraunhofer Institut (IESE) in Karlsruhe (Prof. Rombach) GI-Fachgruppe 2.1.10 SoftwareMessung und -Bewertung: Forschungslabor von Prof. Dumke Homepage des Verfassers: siehe dort Vorlesung SEPM: SoftwareEntwicklung und Projektmanagement, -

Kapitel »Projektmanagement«

http://www.fesma.de

http://www.iese.fhg.de

http://ivs.cs.uni-magdeburg.de/ sw-eng/us/

http://www.gm.fh-koeln.de/~bundschu

III.

258

Projektplanung

IFPUG: International Function Point User Group, US-amerikanischer Verband ISBSG: Australischer Metrikverband ISO homepage NASA: US-amerikanische

http://www.ifpug.org http://isbsg.org.au http://www.iso.ch/9000e/fomm.html http ://www.j sc. nasa.gov/bu2/

Raumfahrtbehörde, Parametric Cost Estimation,

COCOMO_ PSM: The Practical Software and Systems Measurement Support Center,

http://www.psmsc.com

DoD_ TU Berlin: Thomas Fetcke

UQAM: Forschungslabor der Universität Quebec, Canada 7.

http://user.cs.tu-berlin.de/-

-fetcke/metrics-sites.html_ http://www. satume. info. uqam. ca/labo recherche/Irgl.html

Literaturhinweis

Bundschuh, M., Fabry, A.: Aufwandsschätzung von IT-Projekten, MITP Verlag, Bonn, 2000 DeMarco, T: Controlling Software Projects, Prentice Hall, Englewood Cliffs, NJ, 1982, ISBN 0-917072-32-4 DeMarco, T: Why Does Software Cost So Much ?, Dorset House, New York, NY, 1995, ISBN 0-932622-34

Dreger, J.B.: Function Point Analysis, Prentice Hall, Englewood Cliffs, NJ, 1989 Dumke, R.: Softwareentwicklung nach Maß Schätzen Messen Bewerten, Vieweg, Wiesbaden, 1992 Dumke, R.: Foltin, E., Koeppe, R., Winkler, A., Softwarequalität durch Meßtools, Vieweg, Wiesbaden, 1996 Dumke, R., Zuse, H. (Hrsg.): Theorie und Praxis der Softwaremessung, Deutscher Universitäts Verlag, Wiesbaden, 1994, ISBN 3-8244-2061-9 Garmus, D., Herron, D.: Measuring the Software Process, Yourdon Press, Prentice Hall, Englewood Cliffs, NJ, 1995, ISBN 0-13-349002-5 -

-

-

Halstead, M.H.: Elements of Software Science, Elsevier North-Holland, New York, NY, 1977

1.

Aufwandsschatzung als Vorraussetzung für die Projektplanung

259

Hill, RR.: Software Project Estimation, ISBSG, Melbourne, Victoria, 1999, ISBN 0-9577201-0-6 Hurten, R.: Function-Point Analysis Theorie und Praxis, Expert, RenningenMalmsheim, 1999, ISBN 3-8169-1676-7 Humphrey, W.S.: Managing the Software Process, Addison-Wesley, Reading, MA, 1989 Jones, C: Applied Software Measurement, McGraw-Hill, New York, 1996, ISBN 0-07-032826-9 Jones, C: Estimating Software Coasts, McGraw-Hill, New York, 1998 Jones, C.: Patterns of Software Systems Failure and Success, International Thomson Computer Press, Boston, MA, 1995, ISBN 1-850-32804-8 Kemerer, C.F.: Reliability of Function Point Measurement: A Field Experiment, MIT, Boston, MA, 1990 McCabe, T.J.: A Complexity Measure, IEEE Transactions on Software Engineering Vol. SE-1, No. 3 (1976), S. 312-327ff. Melton, A. (Editor): Software Measurement, Thomson Computer Press, Boston, MA, 1996, ISBN 1-85032-7178-7 Symons, C.R: Software Sizing and Estimating, Mark II Function Point Analysis, John Wiley & Sons: Chichester, 1991, ISBN 0-471-92985-9 Thaller, G.E.: Software Metriken, Heinz Heise, Hannover, 1994, ISBN 3-88229038-2 UKSMA MK: II Function Point Analysis Counting Practices Manual, Version 1.3.1, http://www.uksma.co.uk, 1998 UQAM: Full Function Points Measurement Manual, Version 2.0, http://www.lmagl.qc.ca, 1999 Vollmann, S.: Aufwandsschatzung im Software Engineering, IWT, Vaterstetten bei München, 1990, ISBN 3-88322-277-1 Wolverton, R.W.: The Cost of Developing Large-Scale Software, IEEE Transactions on Computers Vol. C-23, No. 6, June 1974, pp. 615-636 Zuse, H.: Software Complexity Measures and Methods, DeGruyter, Berlin, New York, 1991 Zuse, H.: A Framework for Software Measurement, DeGruyter, Berlin, New York, 1997, ISBN 3-11-015587-7 -

-

III.

2.

Projektplanung

Projektstrukturierung von

Dirk Richartz und Bernhard

Kurpicz

Inhaltsverzeichnis 1.

Einleitung

2.

Ganzheitliches

3.

Die 3.1

Projektmanagement

generelle Methodik Das Vorgehensmodell 3.1.1 Der Top-Down Ansatz 3.1.2 Das Phasenmodell 3.1.2.1 Die Phase Vorstudie 3.1.2.2 Die Phase

4.

Gesamtkonzeption 3.1.2.3 Die Phase Detailkonzeption 3.1.2.4 Die Phase Realisierung 3.1.2.5 Die Phase Einführung 3.1.3 Der Problemlösungszyklus 3.1.3.1 Analyse 3.1.3.2 Diagnose 3.1.3.3 Zielformulierung 3.1.3.4 Lösungssuche 3.1.3.5 Lösungsauswahl 3.1.3.6 Ausführungsplanung 3.1.4 Die Variantenbildung 3.2 Zusammenfassung Die Systemgestaltung 4.1 Geschäftsprozessorganisation

III.

262

Projektplanung

4.1.1

Einführung

4.1.2

Definition, Charakteristika und Ziele

Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren Das Projektmanagement 5.1 Einführung 5.2 Die personelle Komponente 5.2.1 Der Auftraggeber 5.2.2 Der Lenkungsausschuss 5.2.3 Das Projektteam 5.2.4 Die Projektleitung 5.2.5 Der Teilprojektleiter 5.2.6 Der Projektmitarbeiter 5.2.7 Die Experten 5.3 Die institutionelle Komponente 5.3.1 Vorgehensweise zur Festlegung einer Projektorganisation 4.1.3

5.

6.

Literaturhinweis

Autorenbeschreibung Dirk Richartz studierte Wirtschaft mit der Fachrichtung Betriebsinformatik an der Fachhochschule Dortmund und war im Anschluss daran als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Beratungsinstitut für Automation, Informations- und Produktionsmanagement der Femuniversität Hagen tätig. Seine mehrjährige Berufserfahrung sammelte er als Organisationsberater in verschiedenen Logistikprojekten. Bernhard Kurpicz ist REFA-Fachlehrer für Organisation und PPS. Seine Berufserfahrungen begründen sich auf Tätigkeiten als Leiter Fertigungssteuerung und AV, Vorstandsassistenz, Organisationsberater und Verwaltungsleiter. Seit 1986 führt er verantwortlich komplexe Projekte in verschiedenen Branchen durch.

2.

1.

Prqjektstrukturierung

263

Einleitung

in 2000 erschienenen Publikation "Ganzheitliches Projektmanaals Mittel zur Organisationsgestaltung" von D. Richartz und B. Kurpicz gement wird die Vorgehensweise des Beratungsansatzes mit den unterstützenden Methodiken ausführlich dargestellt. Die aus der tagtäglichen Arbeit entwickelte Vorgehensweise geht über das konventionelle Beratungsmodell der Strategiebildung und Niederschreibung eines Konzepts hinaus und mündet in einer umfassenden Projektbegleitung bis hin zum Projekterfolg. Zur Lösung von Problemstellungen, zur Realisierung von Visionen und / oder zur Verbesserung der Wettbewerbssituation existieren häufig bereits viele Ideen bei den Beschäftigten der Unternehmen selber. Diese müssen gesammelt, gebündelt, geprüft, erweitert und durch ganz neue Impulse ergänzt werden. Wichtig hierfür ist eine Vorgehensweise, die vor allem Transparenz und Praktikabilität forciert. Der Erfolg eines Projektes ist entscheidend abhängig von den Menschen, die an dem Projekt beteiligt sind. Die Veränderungen müssen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens getragen werden, um den Wandel nachhaltig in die Unternehmenskultur zu integrieren. Und ein Projekt ist genau dann erfolgreich, wenn eben diese Menschen die Veränderungen nicht nur dulden, sondern davon begeistert sind und sie in ihrer täglichen Arbeit leben. D.h. eine Veränderung in einem Unternehmen funktioniert nicht nur, wenn aus "Betroffenen" "Beteiligte" werden, sondern wenn die Beschäftigten begeistert sind. Hierfür notwendig ist neben konkreten Zielformulierungen eine sehr genaue Projektstrukturierung wer macht was? mit wem? bis wann? mit welchem Ergebnis? In der täglichen Praxis hat es sich bewährt, ein Projekt egal wie komplex die Anforderungen sind in sinnvolle Phasen zu unterteilen. Bewährt hat sich dabei ein Phasenmodell in fünf Schritten. Zunächst muss in einem ersten Schritt der Vorstudie die Aufmerksamkeit sehr genau auf die betriebliche Realität gelegt werden, d.h. es lohnt sich immer eine exakte Analyse der gegenwärtigen Situation vorzunehmen, um eine realitätsnahe und praxisrelevante Diagnose vorzunehmen. Diese Schritte werden in der Vorstudie mit Hilfe des Problemlösungszyklus erarbeit. Erst diese Basis liefert den Spielraum für verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Diese Kreativitätsphase, die leider allzu häufig unterschätzt wird, ist besonders wichtig, um die tatsächlich vorhandenen Potenziale aufzudecken. Nach Abschluss dieser Phase liegen Innovationen, Risiken, Einflussgrößen und menschliche Belange betreffende Dimensionen offen und es kann eine ergebnisorientierte Entscheidung getroffen werden. Die Ergebnisse In der

erstmalig

-

-

-

-

-

-

264

III.

Projektplanung

werden in einer Gesamtkonzeption konkretisiert und in einer Detailkonzeption praxisorientiert formuliert. Erst dann werden sämtliche Faktoren in einer Phase der Realisation überprüft, die sowohl organisatorische, technische, strategische Änderungen und psychosoziale Überlegungen berücksichtigt. Nach dieser Phase der Prüfung der Realisierungsfähigkeit erfolgt die Implementierung der Veränderung, des neuen Systems. Auch in dieser Phase der Umsetzung werden die "Betroffenen" beteiligt und umfassend betreut. Denn eine erfolgreiche Beratung misst sich an der erfolgreichen Umsetzung der Veränderungen beim Kunden! Diese Vorgehensweise wird im Folgenden im Hinblick auf die Strukturierung eines Projektes in Ausschnitten näher dargestellt. 2.

Ganzheitliches

Projektmanagement

Unter dem Begriff "Ganzheitliches Projektmanagement" sind die drei Bestandteile Generelle Methodik, Systemgestaltung und Projektmanagement zu verstehen. Sie sind hinsichtlich einer effektiven und umfassenden, ganzheitlichen Projektstruk-

turierung zu berücksichtigen. Die generelle Methodik (Das Vorgehensmodell) Das Vorgehensmodell liefert den strukturellen Rahmen. Es hilft ein komplexes Vorhaben (ein Projekt) in sinnvolle und überschaubare Teilabschnitte (Phasen) zu gliedern und befähigt gleichwohl die beteiligten Personen zu einem strukturierten Denken und Handeln. Die Systemgestaltung Sie dient der Entwicklung neuer Strukturen, Abläufe und Programme. Die Systemgestaltung befasst sich demnach mit den fachlichen Fragestellungen, dem fachlichen Problem (z.B. Arbeitsabläufen, Geschäftsprozessen, etc.). Das Projektmanagement Unter diesem Begriff versteht man die Summe der steuernden Aufgaben und Tätigkeiten in der Projektarbeit: die Projektorganisation, die Planung, Steuerung und Kontrolle des Projektes, das Berichts- und Dokumentationswesen, das Projektmarketing. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Bestandteile des Ganzheitlichen Projekt-

-

-

-

managements.

2.

Projektstrukturierung

Unternehmen / Mitarbeiter /

Abb. 1: Überblick über das ganzheitliche 3.

Die

generelle Methodik

3.1

Das

Vorgehensmodell

265

Organisation / Führung

Projektmanagement

Vorgehensmodell gliedert sich in vier Grundbestandteile, welche jeder für sich genommen einen Handlungsrahmen für die generelle wie persönliche Vbrgehensweise liefert. Folgende vier Grundbestandteile müssen betrachtet werden: Der Top-Down Ansatz Er dient der Beherrschung der Komplexität. Das

Das Phasenmodell Es strukturiert komplexe Vorhaben. Der Problemlösungszyklus Er liefert eine allgemeine Systematik zur Problembearbeitung. Die Variantenbildung Sie segmentiert verschiedene Lösungsmöglichkeiten.

266

Abb. 2:

III.

Projektplanung

Komponenten des Vorgehensmodells

Dabei dient der Top-Down-Ansatz in erster Linie dazu, einen Untersuchungsbereich abzugrenzen und festzulegen. Auf dieser Grundlage wird ein Projekt mittels Phasenmodell strukturiert. In der Phase der Vorstudie ist es vorteilhaft, den Problemlösungszyklus zur Konkretisierung des Projektes anzuwenden. Darüber hinaus kann der Problemlösungszyklus situativ in jeder Phase bzw. zu jeglicher Problembearbeitung herangezogen werden. Die Variantenbildung lässt sich beispielsweise bei der Lösungssuche sinnvoll einsetzen, indem verschiedene Lösungen aus unterschiedlichen Perspektiven gebildet werden und eine Auswahl zwischen den Varianten möglich wird. Die Methoden können je nach Aufgabe oder Problemstellung miteinander verbunden werden und sich gegenseitig effektiv unterstützen. Die Ansätze werden in den folgenden Abschnitten überblickshalber einzeln dargestellt und sinnvolle Verknüpfungen der Methodiken beispielhaft illustriert. 3.1.1 Der Top-Down Ansatz

Organisationsprojekten werden typischerweise Aufgabenstellungen bearbeitet, die aufgrund ihrer Komplexität oder ihren starken Verflechtungen mit der Umwelt schwer fassbar sind. Als Einstieg in solche Aufgabenstellungen ist es sinnvoll, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen. Zu Beginn eines Projekts ist daher zuerst der Untersuchungsbereich herauszuarbeiten, zu strukturieren und bewusst zur In

2.

Projektstrukturierung

267

Umwelt abzugrenzen. Wichtige Bereiche des Problemfelds und die sie beeinflussenden Faktoren müssen erkannt und in ihren Abhängigkeiten dargestellt werden. Das vorläufig weiter gefasste Betrachtungsfeld wird mit zunehmendem Detaillierungsgrad schrittweise weiter eingeengt. Allerdings muss das Problemfeld sowohl für den Planenden als auch für den Auftraggeber klar genug strukturiert und abgegrenzt sein, bevor die Detailuntersuchung sinnvoll angegangen werden kann. Im Sinne des systemhierarchischen Denkens wird dabei vom sogenannten Blackbox-Prinzip ausgegangen; die jeweils betrachtete Blackbox wird schrittweise weiter aufgelöst. Da dieser Ansatz sowohl für die Untersuchung von Problemen als auch für den Entwurf von Lösungen gilt, müssen bei der Gestaltung von Lösungen entsprechend zunächst generelle Ziele erarbeitet und festgelegt werden, bevor deren Detaillierungsgrad schrittweise erhöht wird.

Top-Down-Ansatz Abb. 3:

Top-Down-Ansatz

3.1.2 Das Phasenmodell

Die

eines Projektes in logisch und zeitlich voneinander abgePhasen ist die Grundidee jedes projektorientierten Vorgehens. grenzte Das Phasenmodell ermöglicht einen strukturierten Abwicklungsprozess, wobei anhand von vordefinierten Meilensteinen eine stufenweise Planung, Konkretisierung und Entscheidung erfolgt. Dadurch wird die Komplexität der jeweiligen Problemstellung und damit auch das Risiko einer "Fehlentscheidung" reduziert. Das dargestellte Phasenmodell definiert für ein Organisationsprojekt die folgenden fünf Phasen: Vorstudie, Gesamtkonzeption, Detailkonzeption, Realisierung und Einführung. Während diese Phasen durchlaufen werden, können verschiedene

Untergliederung

III.

268

Projektplanung

Methoden unterstützend hinzugezogen werden. Beispielsweise kann in der Phase der Vorstudie mittels des Top-Down-Ansatzes ein Untersuchungsbereich eingegrenzt und ausgewählt werden. Im folgenden werden Sinn und Zweck der fünf Projektphasen beschrieben.

Vorstudie

Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses über die Aufnahme der Ausgangslage Prüfung ob Projekt durchführbar Abschätzung der Gesamtpro)ektlaufzeit/-kosten

Projektziele

Gesamtkonzeption

Entwicklung des Gesamtkonzepts zur Erreichung der Projektziele Der fachliche Lösungsweg wird vollständig umrissen Abschätzung des Projektnutzens

Detailkonzeption

Ausgestaltung der Detailkonzepte zur Erreichung der Projektziele Fachliche Lösungen werden vollständig ausgearbeitet Realisierungsplanung

Realisierung

Einführung

Abb. 4: Phasenmodell für

Realisierung des Gesamtkonzepts incl. der Detailkonzepte Vorbereitungen für den Start des Arbeitssystems Integration des Arbeitssystems

in die

Organisation

Organisationsprojekte

3.1.2.1 Die Phase Vorstudie Zu Beginn eines Projektes sind Art und Umfang der zu bearbeitenden Inhalte nicht immer klar. Häufig sind nur Symptome einer unbefriedigenden Situation, Anhaltspunkte für Chancen bzw. Risiken oder vage Zielvorstellungen vorhanden. Die Vorstudie dient in erster Linie der Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses über die Projektziele und den Projektumfang. Dazu werden die vorhandenen Zielvorstellungen und bereits angegangene Lösungswege berücksichtigt. Nach Festlegung des Untersuchungsbereichs werden im Projektteam die Analyseschwerpunkte festgelegt und eine entsprechende Istaufnahme durchgeführt. Dabei wird insbesondere in der Vorstudie der Untersuchungsbereich bewusst weiter gefasst, um die wechselseitigen Beziehungen zwischen Problemfeld und Umwelt angemessen zu berücksichtigen. Die Vorstudie beschränkt sich nicht nur auf eine Istaufnahme, sondern erstreckt sich auch auf die Erarbeitung verschiedener Lösungsaltemativen. Diese können bei-

2.

Projektstrukturierung

269

spielsweise mit Unterstützung des Problemlösungszyklus (Pkt. 4.1.3) und/ oder der Variantenbildung (Pkt. 4.1.4) die noch dargestellt werden erarbeitet werden. Darauf aufbauend erfolgt eine Abschätzung der Projektlaufzeit und der Projektkosten sowie eine detaillierte Planung der nächsten Phase. Das Ergebnis der Vorstudie kann jedoch auch darin bestehen, dass ein Projekt wenig aussichtsreich -

-

bzw. nicht durchführbar ist. Die Vorstudie wird mit der Entscheidung des Auftraggebers über Fortfuhrung oder Abbruch des Projektes beendet. Die Vorstudie ist also ein Klärungsabschnitt, dem eine grundsätzliche Entscheidung des Auftraggebers folgen muss. Im positiven Fall liegt als Ergebnis ein Projektauftrag mit klarer und eindeutiger Zielformulierung, ein detaillierter Anforderungskatalog mit Muss- und Kannzielen sowie eine Entscheidung fur eine Lösungsalternative vor. Die mögliche Abbruchentscheidung ist eine Gelegenheit, das Projekt geordnet zu beenden, da in dieser frühen Projektphase noch kein erheblicher Aufwand entstanden ist. Der Aufwand für eine Vorstudie kann als Absicherung verstanden werden, die das Risiko einer Fehlentwicklung reduzieren soll. Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses über die Ziele

Vorstudie

Aufnahme der Ausgangs läge Prüfung ob Projekt durchführbar

Abschätzung der Geasamtprojektlaufzeit/-kosten Basisdaten erheben

Gesamtkonzeption

Zielvorstellungen •

für das

Projekt

Geschäftsfelder

Organisationsstruktur -

-

-

Probleme Bereits angegangene

Erfahrungen

mit

Lösungswege erfragen Organisationsprojeklen erfragen

Untersuchungsbereiche festlegen

-

Detailkonzeption

-

funktionale/prozessuale Abgrenzung grobe Untersuchung der Problembereiche

Analyseschwerpunkte festlegen Ist-Analyse durchführen -

organisatoriscn/prozessorientiert Detaillierten Anforderungskatalog erstellen -

Muss- und Kann- Kriterien

Vereinbarungen über die weitere Vorgehensweise treffen

Realisierung

-

Ergebnisse

Einführung

Eindeutige Zielformulierung für das Projekt {Projektauftrag) Anforderungskatalog/Aufgabenstellung Abgrenzung des Untersuchungsbereichs Darstellung der relevanten Abläufe Detaillierte

Abb. 5: Phase Vorstudie

Planung

der nächsten Phase

270

III.

mögl. Ablauf/Aufgabe

Projektplanung

Methoden und Techniken

Projektteam

zusammenstellen

Moderationstechniken MS Project

Kick-Off-Meeting veranstalten

Projektgrundlagen schaffen Berichtswesen

Unterstützung

Ergebnis

Auftraggeber

Projektteam

Auftraggeber

gleicher Informationsstand

durch

Projektplan (Gantt-

Diagramm)_

etabliertes Berichts- und Informationswesen

festlegen

Dokumentenanalyse, Key User, Interview, Mitarbeiter, Marktsegmente ermitteln, Beobachtung Experten der Prozessanalyse usw. Fachabteilungen Stärken/Schwächen Stärken-/ Key User, ermitteln Mitarbeiter, Schwächenanalyse Experten der Fachabteilungen Informationen verdichten ABC-Analyse Ursachen analysieren Benchmarking Ursachenmatrix Einflussmöglichkeiten ermitteln Vernetzungsanalyse Bereits erkannte Ziele Zielkatalog strukturieren Zielgewichtung Zielkonkurrenz Ziele gewichten Prioritäten vorschlagen Informationen zum Istzustand erheben:

z.

B.

ggf. Machbarkeitsstudie durchführen Bereits erkannte

aller Beteiligten_

Informationsgewinn

Stärken-/ Schwächenprofil, Mängelliste

Problemerkenntnis,

Lenkungs-, Steuerungsmodel 1 Veränderungsansätze, Vorläufiges Zielsystem Abschätzung der Machbarkeit

Kreativitätstechniken

Lösungsskizzen

verbale

Bewertungskriterien, Bewertungsverfahren für Konzeptionsphasen Projektauftrag bzw. Auftrag für die nächste

Lösungsvorstellungen zusammenfassen

Mögliche Lösungswege erarbeiten

Bewertungssystem auswählen

Bewertung Zielerreichungsgrade

Messgrößen auswählen Entscheidung über Projektfortsetzung

Präsentation Moderation

herbeifuhren

3.1.2.2 Die Phase

Visualisierung Zielvereinbarung

Phase

Gesamtkonzeption

Ausgehend vom Projektauftrag bestehen Sinn und Zweck dieser Phase darin, Lösungswege zum Erreichen der Projektziele vollständig aufzuzeigen. Dazu werden verschiedene Varianten eines Gesamtkonzeptes entwickelt. Aufgrund des Gesamtkonzeptes ist eine fundierte Bewertung der Funktionstüchtigkeit,

2.

Projektslrukturierung

271

Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit möglich. Zudem ist der Zielerreichungsgrad messbar. Außerdem werden darin die Schnittstellen zur Umwelt definiert und bewertet. Im Anschluss an die Durchfuhrbarkeits- und der Wirtschaftlichkeitsanalyse erfolgt die Bewertung jeder Variante anhand der Projektziele. Als Ergebnis dieser Phase liegen alternative Gesamtkonzepte zur Entscheidung vor, die Aussagen zur Systemleistung, zum Systembetrieb und zu den Einführungsbedingungen enthalten. Bei positiver Entscheidung wird ein Gesamtkonzept schriftlich bestätigt und dadurch freigegeben. Somit liegt ein Rahmenplan für die nächsten Phasen vor, der Investitionsentscheidungen ermöglicht. Weiterhin sind dementsprechend Anforderungen und Prioritäten für die Detailkonzeption bzw. Realisierung festlegt. Eine Modifikation der Projektziele und des Projektablaufs ist danach nur noch in Ausnahmefällen möglich. Sie ist in jedem Fall mit erheblichem Mehraufwand verbunden, denn sie erfordert eine neue Planung. Entwicklung des Gesamtkonzepts zur Erreichung der Projektziele Fachlichen Lösungsweg vollständig umreißen Abschätzung des Projektnutzens

Vorstudie

Gesamtkonzept erarbeiten alternative Arbertsablä jfe erarbeiten

Gesamtkonzeption

-

-

-

-

Varianten entwickeln

Durchführbarkeitsanalyse

anhand der Projektztete bewerten Auswahl treffen (ggf. mehrere Varianten)

Kosten/Nutzen-Schätzung durchführen Vereinbarungen über die weitere Vorgehensweise treffen -

Detailkonzeption

Ergebnisse

schriftliche bestätigtes Gesamtkonzept alternative Gesamtkonzepte Schnittstellen zu angrenzenden Systemen

Wirtschaftlichkeitsabschätzung des Projektes detaillierte Planung der nächsten Phase

Realisierung

Einführung

Abb. 6: Phase

Gesamtkonzeption

III.

272

mögl. Ablauf/Aufgabe

Methoden und Techniken

ggf.

Interview

zusätzliche Informationen erheben

relevante ableiten

Projektplanung

Beobachtung

Teilprozesse Darstellungs-

Bisher erarbeitete

Lösungsskizzen zusammenfassen

techniken Kreativitätstechniken

Gesamtkonzepte

Sollprozesse

Gesamtkonzepte analysieren (Rückkopplung zur Ausgangslage) Gesamtkonzepte

zusätzliche, detailliertere

Key User, Mitarbeiter,

Gesamtkonzepte (Sollprozesse) vorhanden

Informationen

Experten der Fachabteilungen Experten der Fachabteilungen

Prototyping Nutzwertanalyse Erstes

Key User,

modifizieren

Präsentation Moderation

bewertete

Mitarbeiter,

Gesamtkonzepte

Visualisierung Zielvereinbarung

schriftlich

Experten der Fachabteilungen

ggf. Bewertungssystem

3.1.2.3 Die Phase

Key User, Mitarbeiter,

Vernetzungsanalyse

bewerten

herbeiführen

Ergebnis

modellieren

erarbeiten

Entscheidung über Gesamtkonzept

Unterstützung durch

freigegebenes Gesamtkonzept

Detailkonzeption

Aufgrund der Vorgaben der Gesamtkonzeption werden in dieser Phase detaillierte Lösungskonzepte entwickelt und Entscheidungen über entsprechende Gestaltungsvarianten vorbereitet. Die Detailkonzeption ist dabei so weit zu konkretisieren, dass sie anschließend reibungslos realisiert werden kann. Da die jeweiligen Detailaspekte zeitweilig zur isolierten Bearbeitung aus dem Gesamtzusammenhang herausgegriffen werden, ist anschließend die Integrationsfähigkeit (z.B. Schnittstellenbetrachtung) der Teilkonzepte zu prüfen und sicherzustellen. Durch die Konkretisierung von Teillösungen kann eine geringfügige Modifikation der Gesamtkonzeption notwendig sein. Als Ergebnis liegt eine detailliert ausgearbeitete fachliche Lösung vor, die schriftlich bestätigt werden muss.

2.

Projektstrukturierung

Sinn/Zweck

Vorstudie

273

Ausgestaltung der Detailkonzepte zur Erreichung der Projektziele Fachliche Lösungen vollständig ausarbeiten Detailkonzepte erarbeiten Integrationsprüfung der Detailkonzepte bezüglich des Gesamtkonzepts Vorstellung der konzipierten Abläufe vor Beteiligten Realisierungsplan erstellen organisatorische Maßnahmen planen Vereinbarungen über die weitere Vorgehensweise treffen

Gesamtkonzeption

Detailkonzeption Ergebnisse

Realisierung I Einführung

Abb. 7: Phase

bis in alle Details ausgearbeitete fachliche Lösung (Leistungsbeschreibung) schriftlich bestätigtes System detaillierte Planung der nächsten Phase (Realisierungsplan)

Detailkonzeption

mögl. Ablauf/Aufgabe

Methoden und Techniken

Unterstützung

Ergebnis

Detailkonzepte erarbeiten Detailkonzepte analysieren, (Rückkopplung zum Gesamtkonzept) ggf. Checklisten prüfen

Darstellungs-

Key User, Mitarbeiter, Experten der Fachabteilungen

Detailkonzepte vorhanden

Key User, Mitarbeiter, Experten der Fachabteilungen Key User, Mitarbeiter, Experten der Fachabteilungen Visualisierung Zielvereinbarung

Grundlagen für die Parametrisierung und/oder Programmierung

techniken Kreativitätstechniken

Prototyping Vernetzungsanalyse Programm-

Checklisten sonstige Checklisten

Detailkonzepte bewerten Nutzwertanalyse ggf. Bewertungssystem modifizieren

Entscheidung über Detailkonzepte herbeiführen

3.1.2.4 Die Phase

Präsentation, Moderation

durch

vorhanden bewertete Detailkonzepte

schriftlich

freigegebene Detailkonzepte

Realisierung

Realisierungsphase werden die geplanten und freigegebenen Konzepte umgesetzt. Die personellen, strukturellen und materiellen Voraussetzungen für den Betrieb des neuen Systems werden geschaffen und organisatorische Änderungen durchgeführt. Dazu werden Sachmittel beschafft, Mitarbeiter geschult und eine Benutzerdokumentation erstellt. Insbesondere müssen vor der Einführung Tests durchgeführt werden. Dabei sind Einzeltests zur Erprobung von Modulen und Systemtests zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Funktion des Gesamtsystems zu unterscheiden. Das Ergebnis dieser Phase ist ein funktionierendes System mit In der

274

III.

entsprechender Dokumentation. führung werden festgelegt.

Projektplanung

Abnahme- und Prüfverfahren für die

Sinn/Zweck

Vorstudie

Systemein-

Realisierung des Gesamtkonzepts incl. der Detailkonzepte Vorbereitungen für den Start des Arbeitssystems Sachmittel beschaffen bzw. bauen

organisatorische Änderungen durchführen Mitarbeiter schulen Probebetrieb durchführen

Gesamtkonzeption

Vereinbarungen Ergebnisse

über die weitere

Vorgehensweise treffen

funktionsfähiges Arbeitssystem entsprechend Kundenanforderungen

den

Dokumentation

geschulte Mitarbeiter detaillierte Planungen

Detailkonzeption

der nächsten Phase

Realisierung Einführung

mögl. Ablauf/Aufgabe

Methoden und Techniken

Unterstützung

Systemeinstellungen

EDV, Informatik

ggf. Zusatzprogramme

EDV, Informatik

vornehmen

entwickeln Daten übernehmen

Übernahme-

Ergebnis

durch

funktionsfähiges Arbeitssystem

EDV, Informatik

programme, manuelle Übernahme Einzel- und

Systemtests

Testprogramm(e)

durchführen

Organisationsänderung Organigramm durchführen Stellenbeschreibung, Prozessbeschreibung (Anwender)Dokumentation erstellen

ggf. ARIS, VISIO, etc.

Schulungen

durchführen

Entwicklung von

Vernetzungsanalyse

Maßnahmen bei

Realisierung

„Organisationshandbuch" Anwenderdokumentation

schuss, Fachbereich

Key User, Mitarbeiter betriebsinterne Seminare

geschulte Mitarbeiter

Key User,

Notfallpläne

Mitarbeiter

Störungen

Abb. 8: Phase

Auftraggeber, Lenkungsaus-

2.

3.1.2.5 Die Phase

275

Projektstrukturierung

Einführung

Der Zweck dieser Phase liegt in der Integration und Übergabe eines produktiven Systems an den Anwender. Je nach Komplexität kann der Produktivstart schlagartig, stufenweise oder parallel erfolgen. Als Anlaufunterstützung zum Produktivstart werden die Benutzer in Pflege und Handhabung des Systems weiter geschult. Notwendige Korrekturen werden am Arbeitssystem durchgeführt und die Dokumentation vervollständigt. Durch eine gesonderte Abnahmeprüfung des Systems endet diese Phase. Das Projekt ist abgeschlossen. Die Abschlussarbeiten umfassen u. a. die Projektabrechnung, Manöverkritik und die Auflösung des Projektteams. Integration des Arbeitssystems

Vorstudie

in die

Organisation

Produktivstart des neuen Arbeitssystems Anlaufunterstützung zum Produktivstart des neuen Arbeitssystems gegebenenfalls Korrekturen am Arbeitssystem Systemoptimierung Vervollständigung der Dokumentation

Gesamtkonzeption Ergebnisse

Detailkonzeption

eingeführtes Arbeitssystem entsprechend den Anforderungen Dokumentation

Abnahme

Realisierung Einführung

Abb. 9: Phase

Einführung

mögl. Ablauf/Aufgabe

Methoden und Techniken

Unterstützung Beobachtung, Mängel-Wunsch-

Korrekturmaßnahmen vornehmen

Ergebnis

durch modifiziertes

Produktivsystem

Listen

Anlaufunterstützung

„Call Center"

Key User,

Mitarbeiter

ggf. ARIS, VISIO,

Key User,

Mitarbeiter

leisten

(Anwender)-

Dokumentation

etc.

vervollständigen Abnahmetest

Testprogramm(e)

„Organisationshandbuch", Anwenderdokumentation

Key User, Mitarbeiter abgenommenes Produktivsystem, Abnahmeprotokoll

Im folgenden Abschnitt wird der Problemlösungszyklus näher erläutert. Diese Methode kann nach Bedarf in jeder Phase des Vorgehensmodells eingesetzt werden. In der Praxis hat es sich insbesondere in der Vorstudie bewährt. Hierbei kann bei-

276

III.

Projektplanung

spielsweise mittels Situationsanalyse geklärt werden, was überhaupt genau los ist. Auch wenn dies zunächst etwas lapidar klingen mag, ist eine konkrete Problemumreißung eine wesentliche Voraussetzung für den weiteren Projektverlauf und damit auch für die erfolgreiche Einführung jeglicher Veränderung. 3.1.3 Der

Problemlösungszyklus

Ausgehend von einer allgemeinen Logik der Problemlösung wird der Problemlösungszyklus als universelle Systematik zur Bearbeitung organisatorischer Probleme eingesetzt. In Ergänzung zur Makro-Logik des Phasenmodells stellt der Problemlösungszyklus die Mikro-Logik, d. h. die Vorgehensmethodik innerhalb von Phasen dar. Somit gibt der Problemlösungszyklus einen formalen Rahmen zur Bewältigung der inhaltlichen Aufgaben in Projektphasen vor. Dem Top-DownAnsatz folgend, wird der Problemlösungszyklus dabei in jeder Phase mehrfach mit zunehmendem Detaillierungsgrad durchlaufen. Aufgrund des universellen Ansatzes liegt der Einsatzschwerpunkt vor allem in den frühen Phasen: Vorstudie, Gesamtkonzeption und Detailkonzeption. In der Literatur werden die Schwerpunkte dieser Mikro-Logik in folgende drei Abschnitte aufgeteilt: Zieldefinition, Lösungsentwicklung und deren Auswahl. Üblicherweise sind dort vergleichbare Logiken mit der Entscheidung für eine Lösung beendet. Entsprechend der Philosophie werden diese drei Schritte um einen Planungsschritt, die Ausfuhrungsplanung erweitert. In Übereinstimmung mit der Literatur ist der Abschnitt Zieldefinition weiter untergliedert. Daraus resultiert der hier dargestellte und für Organisationsprojekte gültige Problemlösungszyklus mit insgesamt sechs Schritten. Bei bestimmten Problemstellungen, vor allem in den späten Phasen Realisierung und Einführung, kann es sinnvoll sein, nur Teile des Problemlösungszyklus zu verwenden. Im Folgenden werden Sinn und Zweck aller sechs Schritte beschrieben. Was

muss

getan werden?

Welche wird

Abb. 10:

Lösung verfolgt?

Problemlösungszyklus

2.

3.1.3.1

Prqjektstrukturierung

277

Analyse

Unter Analyse versteht man hier die systematische Durchleuchtung, d. h. Analyse der Ausgangslage oder eines gegebenen Sachverhalts. Damit wird die Basis für die spätere Formulierung konkreter Ziele geschaffen. Nach Abgrenzung des Betrachtungsfelds dient eine Bestandsaufnahme bzw. Datenerhebung der Sammlung aller für die Fragestellung relevanten Daten. Dafür stehen unterschiedliche Erhebungstechniken zur Verfügung. Die gesammelten Daten sind dann zur besseren Situationserfassung zu strukturieren. Eine vom Systemdenken abgeleitete Betrachtung ist hilfreich, damit am Ende der Analyse die Problemstellung transparent und zu nicht relevanten Bereichen abgegrenzt vorliegt.

Abb. 11: Die Situationsanalyse 3.1.3.2

Diagnose

Die Diagnose dient zur Beurteilung der Situation. Hier werden die Ursachen der Probleme ermittelt. Grundlage für die Beurteilung sind die systematisch erfassten Informationen aus der Analyse. Aus diesen Daten werden die Probleme herausgearbeitet und bewertet, sowie anschließend in einer Hierarchie zusammengefasst. Aus diesem Problemzusammenhang werden abschließend die Problemursachen

abgeleitet.

Abb. 12: Die

Situationsdiagnose

III.

278

3.1.3.3

Projektplanung

Zielformulierung

Die Zielformulierung ist die lösungsneutrale Zusammenfassung der Absichten, die der Lösungssuche zugrunde liegen sollen. Für die Formulierung ist es sinnvoll, sich an gewissen Grundregeln zu orientieren. Insbesondere sollen Zielformulierungen vollständig, realistisch und möglichst präzise, d. h. operational formuliert sein. Ziele ergeben sich nicht automatisch, sie müssen vielmehr methodisch und kreativ aus den Ergebnissen der Analyse und Diagnose abgeleitet werden. Nachdem die qualitativen und quantitativen Inhalte der Ziele bestimmt sind, wird eine Zielhierarchie aufgebaut, die den Zusammenhang und die Wichtigkeit der jeweiligen Ziele berücksichtigt. Damit Prioritäten gesetzt werden können, ist zwischen Muss-, Kann- und Wunschzielen zu unterscheiden. Die Erfüllung von Musszielen ist zwingend vorgeschrieben, bei Kannzielen wird eine möglichst gute Erreichung angestrebt und Wunschziele haben die geringste Priorität. Die Kann- und Wunschziele bilden den Ansatzpunkt für den Kriterienplan der späteren Bewertung. Den Abschluss des Schritts Zielformulierung bildet die Zielentscheidung. Damit wird als verbindliche Grundlage für die weitere Arbeit festgelegt, was unter welchen Randbedingungen unbedingt erreicht werden muss. Dabei ist der Detaillierungs- und Konkretisierungsgrad der jeweiligen Ziele von der Projektphase abhängig, in der man sich gerade befindet.

Abb. 13: Die 3.1.3.4

Zielformulierung

Lösungssuche

Lösungssuche dient zur Erarbeitung von Lösungsvarianten, aufbauend auf Analyse, Diagnose und Zielformulierung. Zweck der Lösungssuche als konstruktivem Schritt ist es, Lösungsprinzipien bzw. Varianten zu erarbeiten. Dabei muss der Konkretisiemngsgrad der einzelnen Die

-

2.

Prqjektstrukturierung

279

Varianten soweit detailliert sein, damit beim Vergleich dieser Lösungen eine Bewertung möglich ist. Für diesen Teilschritt sind vor allem Kreativitätstechniken von

Bedeutung.

Weiterhin dient die Lösungssuche der kritischen Prüfung der Lösungsvarianten. Insbesondere wird der Zielerreichungsgrad, die Tauglichkeit und die Zweckmäßigkeit der jeweiligen Lösung überprüft. Mit zunehmender Konkretisierung einer Lösung wird dieser Analyseschritt natürlich immer aufwändiger. Einerseits bietet die Lösungssuche eine Vorselektion, indem weniger gute Lösungen bereits ausgeschieden werden und andererseits dient sie zur gezielten Verbesserung von Lösungsentwürfen. Damit schafft die Lösungssuche die Voraussetzung für die Bewertung einer Lösung im folgenden Schritt.

Abb. 14: Die 3.1.3.5

Lösungssuche

Lösungsauswahl

In der Lösungsauswahl werden die verbleibenden Lösungsaltemativen systematisch bewertet und die am besten Geeignete ausgewählt. Zur Bewertung sind nur solche Lösungen zugelassen, die alle Mussziele erfüllen! Die beste Alternative ist meist nicht unmittelbar ersichtlich, weil häufig Lösungen mit sehr unterschiedlichen Merkmalen und Ausprägungen vorliegen. Zunächst werden aus den bei der Zielformulierung erarbeiteten Kann- bzw. Wunschzielen sowie den eventuell bei der Lösungssuche zusätzlich festgestellten Eigenschaften und

Konsequenzen die zur Bewertung erforderlichen Kriterien endgültig festgelegt. Mit verschiedenen Techniken wird eine Vergleichbarkeit hergestellt und dann die Güte der einzelnen Lösungen bewertet. Dabei ist zu beachten, dass diese Methoden die Entscheidung in keinem Fall ersetzen. Vielmehr wird durch sie die Entscheidungssituation transparent gemacht. Mittels der oben genannten Methodik wird erzwungen, sich über seine Wertmaßstäbe Gedanken zu machen und diese zu strukturieren. Durch die damit

III.

280

Projektplanung

verbundene Reduktion von Irrationalität und Willkür als Maßstab sind die Chancen für qualitativ bessere Entscheidungen erhöht.

Abb. 15: Die Lösungsauswahl 3.1.3.6

Ausführungsplanung

Ausführungsplanung dient als konkrete Grundlage für die organisatorische Umsetzung einer ausgewählten Lösung. Erst wenn die ausgewählte Lösung in die Praxis umgesetzt wird, ändert sich die mit einem Problem behaftete Ausgangssituation. Dazu bedarf es einer Planung, welche festlegt, wer, was, bis wann durchführen wird. Die Planung der unterschiedlichen Aufgabenpakete und Aktivitäten ist gegebenenfalls wieder Anstoß, den Problemlösungszyklus erneut zu durchlaufen.

Die

Abb. 16: Die Ausführungsplanung

2.

Projektstrukturierung

281

3.1.4 Die Variantenbildung Für fast jedes Problem existieren mehrere Lösungsmöglichkeiten. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die erstbeste Lösung für eine Fragestellung die jeweils optimale Lösung darstellt. Deshalb dient das Prinzip der Variantenbildung dazu, sich zunächst auf einer hohen Betrachtungsstufe einen möglichst umfassenden Überblick aller denkbaren Lösungsgrundsätze zu verschaffen. Unter Beachtung des Top-Down-Ansatzes gilt die Variantenbildung natürlich auch für die nächst tieferen Betrachtungsstufen. Damit die Variantenvielfalt aber nicht zu stark ansteigt und somit praktisch nicht mehr bewältigbar wäre, muss die stufenweise Variantengenerierung gleichzeitig mit einer Variantenreduktion einhergehen. Dazu muss eine Entscheidung für die erfolgversprechendste Variante getroffen werden. Und zwar nachdem für das jeweilige Problem verschiedene grundsätzlich denkbare Lösungsprinzipien überlegt und soweit strukturiert sind, dass sich ein grobes Bild über die Voraussetzungen und Konsequenzen ergibt. Die Notwendigkeit der stufenweisen Lösungsauswahl bringt es allerdings mit sich, dass Entscheidungen aufgrund unvollständiger Einsicht in Details bzw. mangelnder Information zu treffen sind. Trotz bester Qualifikation der an der Planung Beteiligten besteht dabei die Gefahr, dass der eingeschlagene Weg sich nachträglich als nicht realisierbar erweist. Dann bleibt nichts anderes übrig, als im Planungsablauf auf eine höhere Stufe zurückzukehren und die Lösung in einer anderen Richtung zu suchen. Das mit dieser Vorgehensweise eingegangene Risiko ist aber relativ gering, da die Alternative darin bestünde eine Entscheidung erst dann zu treffen, wenn alle Lösungsmöglichkeiten über alle Konkretisierungsstufen in allen Varianten ausgearbeitet wären. Wegen des damit verbundenen Arbeits- und Zeitaufwandes ist letzterer Weg praktisch nicht gangbar. Problem | Varianten

von

Lösungsprinzipien Varianten

von

Gesamtkonzepten Varianten

von

Detailkonzepten

Abb. 17: Die

Variantenbildung

282

3.2

III.

Projektplanung

Zusammenfassung

generelle Methodik verfugt über eine Vielfalt von Techniken zur Planung und Strukturierung eines Projektes. Die einzelnen Methoden können je nach Problemstellung einzeln angewendet werden, oft bietet sich aber auch eine sinnvolle Ergänzung untereinander an. Beispielsweise ist die Methode des Problemlösungszyklus vielfältig einsetzbar. Sie kann einerseits vollständig oder auch nur teilweise eingesetzt werden, um beispielsweise eine Entscheidungsfindung zu fördern. Andererseits kann der Zyklus als unterstützende Technik in anderen Methoden eingesetzt werden, wie es die Die

nachstehende Grafik veranschaulicht.

Abb. 18:

Integration verschiedener Methoden

Wie eingangs bereits erwähnt, sind die Komponenten Methodik, Systemgestaltung und Projektmanagement in einem ganzheitlichen Ansatz zu verstehen. Vor diesem Hintergrund wird im Anschluss sowohl auf die Systemgestaltung mit ihrer inhaltlich-fachlichen Dimension, als auch auf Teile des Projektmanagements im Hinblick auf personelle und organisatorische Aspekte eingegangen. 4.1

Geschäftsprozessorganisation

4.1.1

Einführung

Eine allgemein anerkannte Definition der Geschäftsprozessorganisation (GPO) existiert weder in der betriebswirtschaftlichen Literatur, den Unternehmen noch

2.

Projektstrukturierung

283

in Beratungsuntemehmen. Auch sind die in heutigen Organisationsprojekten verwendeten Methoden meist keine Neuentwicklungen, sondern basieren auf in den letzten 20 Jahren entwickelten Ansätzen. Vor diesem Hintergrund ist es hier das Ziel, verständlich zu machen, was grundsätzlich unter GPO zu verstehen ist. Hierzu bedarf es zunächst einmal einer begrifflichen Klärung und der Festlegung der Ziele, die mit ihr verfolgt werden. Im Anschluss hieran wird mit Bezug zum Phasenmodell: Vorstudie, Gesamtkonzeption, Detailkonzeption, Realisierung und Einführung die prinzipielle Vorgehensweise erläutert. Der Schwerpunkt der weiteren Ausführungen liegt auf den in der Vorstudie anfallenden Aufgaben. Erläutert wird die Abfolge von der Analyse der Unternehmenssituation über die Betrachtung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen bis hin zur Festlegung der zu verfolgenden Ziele bei der Lösungsfindung. Die im Anschluss an die Vorstudie folgenden Konzeptionsphasen werden überwiegend von der Kreativität des Projektteams bestimmt und können daher nicht mit dem Detaillierungsgrad, wie er der Vorstudie gewidmet wurde, beschrieben werden. 4.1.2

Definition, Charakteristika und Ziele

Geschäftsprozess: "Unter einem Geschäftsprozess versteht man eine Abfolge umfassender Aufgabenfelder in einem

Unternehmen, die ablauforientiert betrachtet werden und sich als Folge von Tätigkeiten mit messbarem Input und messbarem Output beschreiben lassen. Sie dienen direkt dazu, Kundenbedürfnisse zu erfüllen. Geschäftsprozesse können ausschließlich innerhalb des betrachteten Unternehmens ablaufen, aber auch über dessen Grenzen hinausgehen (z. B. durch Einbeziehung von Zulieferern)." Zentrale Begriffe sind: "ablauforientierte Betrachtungsweise", "Messbarkeit der erbrachten Leistung" sowie "Kundenbedürfnisse". Man unterscheidet drei grundsätzliche Arten von Geschäftsprozessen, die Primärprozesse, die Sekundärprozesse und die Tertiärprozesse. Im allgemeinen haben Unternehmen mehrere Primär-, Sekundär- und Tertiärprozesse. Primärprozesse zeichnen sich durch eine direkte Verbindung zum Markt des Unternehmens aus. Damit ist gemeint, dass der externe Kunde sowohl Anstoß und Auftraggeber für alle nachfolgenden Aktivitäten im Unternehmen, als auch Empfänger der durch den Prozess erstellten Leistung ist. Durch den direkten Marktkontakt sind die Geschäftsprozesse die zentrale Säule des Unternehmenserfolgs: Ihre Leistungen werden vom Markt nachgefragt und sind damit direkt wert-

schöpfend.

III.

284

Projektplanung

Demgegenüber laufen Sekundärprozesse innerhalb des betrachteten Unternehmens ab. Der interne Kunde ist Anstoß und Empfänger der Leistung. Die Leistung ist auf die untemehmenseigenen Interessen ausgerichtet und erfolgt somit losgelöst von marktseitigen Bedürfnissen. Die Tertiärprozesse sind reine Unterstützungsprozesse. Einen Überblick über diesen Sachverhalt vermittelt die nachfolgende Abbildung. Sie zeigt den Zuliefercharakter der Sekundärprozesse für die Primärprozesse. Sekundärprozesse zur

Bedarfs-

Absatz- und

ermittlung

Progran Planung

Primärprozesme zur

Realisierung

der Martdeistung

(..Auftragsabwicklung)

I

Innovation

Bedarfs-

ermittlung

Bedarfs-

ermittlung

Qual it a t s sich e r u ng

Anfragen,

Angebots bearbeitung

Vorplanung \ Anfragen, auf Baugrup-Y Angebotspenebene / bearbeitung

Anfrage (An-\ Auftragsgebot / Rahmenvertrag

Produktentwicklung

Strategieentwicklung

\bearbeitung

/Ersatzteillagei

Beschaffung^

Fertigung

^

Konfektionie-

Rechnungstellung und

Lager Wirtschaft (Logistik)

ig^

Fertigung \ Konfektonie-\ Rechnung\ rung, VersandV stallung und

Lagerwirtschart (Logistik)

7 Buchung

Rechnung-

stellung und

Buchung

| P«r«on«tptBrturig^>

E

Abb. 19: Primär-, Sekundär- und Tertiärprozesse in Unternehmen Im Zuge der GPO erfolgt eine konsequent kundenorientierte Ausrichtung des betrachteten Unternehmens. Als ganzheitliches Konzept umfasst sie das Überdenken und Neugestalten der Geschäftsprozesse und der mit ihnen verbundenen Aufbauorganisation, der Ablauforganisation bis hin zu einzelnen Arbeitsabläufen und Arbeitsschritten. Somit wird an den Bedürfnissen der Geschäftsprozesse orientiert u. U. das gesamte Unternehmen überdacht und neugestaltet. Dabei ist es das Ziel, erhebliche Verbesserungen in den Leistungsgrößen Zeit, Kosten und Qualität zu realisieren. Die Leistungsgrößen orientieren sich an den marktseitigen Kundenbedürfnissen, was eine Voraussetzung für den langfristigen Unternehmenserfolg ist. Und da sich die direkt wertschöpfenden Primärprozesse über die direkte Verbindung zum Markt definieren, wird deutlich, dass sie der wichtigste Ansatzpunkt für die kundenorientierte Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten sind. Wenn also Kundenorientierung einer der zentralen Begriffe bei allen anstehenden Optimierungsaktivitäten ist, dann lassen sich hieraus vier Kernfragen für die GPO ableiten:

2.

Prqjektstrukturierung

285

Wie kann der interne und externe Kundennutzen erhöht werden? Wie kann die Bearbeitungszeit reduziert werden? Wie können die Bearbeitungskosten reduziert werden? Welche Bearbeitungsqualität ist angemessen? Diese

Kernfragen verweisen unmittelbar auf die bereits angesprochenen Leistungsgrößen Zeit, Kosten und Qualität: Zeiteffekte bedeuten vor allem beschleunigte Durchlaufzeiten, z. B. durch den Abbau von Liegezeiten, die Verringerung von Bearbeitungszeiten oder durch die Reduktion von Schnittstellen. Kosteneffekte erreicht man z. B. durch eine Reorganisation der Bearbeitungsabläufe und -inhalte, sowie durch eine reduzierte Bearbeitungskomplexität und damit reduzierten Aufwand. Qualitätseffekte entstehen durch das Abschneiden von Überqualität bzw. die Konzentration auf tatsächliche Kundenbedürfnisse, die Verringerung von Nacharbeiten und durch eine Reduktion des Ausschusses. Qualität ist jedoch immer das, was der Kunde darunter versteht. Generell muss zwischen dem Produkt selbst sowie den begleitenden Bedingungen (Lieferzeit, Lieferservice usw.) unterschieden werden. Eine Qualitätssteigerung kann demzufolge in einer höheren Leistungskonstanz in der Zeit liegen, d. h. eine Leistung weist im Zeitablauf weniger Schwankungen auf oder in einer Leistungssteigerung, d. h. nicht das gleiche, sondern ein Mehr wird angestrebt. Die Kundenzufriedenheit wird im Wesentlichen durch die drei Dimensionen Kosten, Zeit und Qualität bestimmt. Um den Grad der Leistungserbringung sichtbar zu machen, ist zunächst Transparenz hinsichtlich der bestehenden Prozessstrukturen sowie der Prozessleistungen herzustellen. Kosten

Zeit

Qualität

kostengünstig

rechtzeitig

fehlerfrei

kosten reduzieren

reduzieren

reduzieren

Fehler

Kundenzufriedenheit / Kundennutzen

Abb. 20:

Leistungsgrößen als Basis der Kundenzufriedenheit

III.

286

4.1.3

Projektplanung

Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren

Erfolg oder Misserfolg eines Organisationsprojekts können durch die nachstehenden Faktoren maßgeblich beeinflusst werden. Man muss sich vor Augen fuhren, dass Organisationsprojekte mit tiefen Einschnitten auf persönlicher und fachlicher Ebene für die beteiligten Menschen verbunden sind. Dies verlangt von Seiten des gesamten Projektteams neben der fachlichen Qualifikation auch ein großes Maß an Sensibilität für die Sorgen und Ängste der Beschäftigten des betrachteten Unternehmens.

Erfolgsfaktoren: Engagement und Führung durch die Unternehmensleitung Vorgabe einer kommunizierten und akzeptierten Unternehmensvision Fortschrittliche Informationspolitik Ganzheitliches Projektmanagement Frühe Projekterfolge Realistische Ziele und Erwartungen Permanente Integration und Sensibilisierung der beteiligten Mitarbeiter Ausreichendes Budget Betrachtung von strategischen Primärprozessen •

Misserfolgsfaktoren: Fokus auf Kostenreduzierung Technologische Ansätze anstelle von strategischen und organisatorischen Zu viele Leistungssteigerungsprogramme parallel Saturiertes Unternehmen ohne Leidensdruck Unzureichende Einbindung von DV-Experten Unzureichende Methodik

2.

5.

Projektmanagement

5.1

Einführung

Prqjektstrukturierung

287

Komplex der Projektstrukturierung entfallen auf das Projektmanagements (PM) u.a. die Aufgaben der Planung, der Steuerung und der Kontrolle der Tätigkeiten innerhalb des Projektes. Zum Verständnis werden nachfolgend die fünf Bestandteile Im

des PM kurz beschrieben. Die personelle Komponente Sie definiert die Besetzung der Projektorganisation mit den entsprechenden Projektmitarbeitern und grenzt deren Verantwortung, Befugnisse und Aufgaben ab. Die

psychologische Komponente

Sie befasst sich mit den zwischenmenschlichen Beziehungen und deren Auswirkungen auf die Projektarbeit, bzw. durch welche Maßnahmen diese positiv beeinflusst werden kann. Die institutionelle Komponente Sie erläutert die zu wählende Organisationsform für ein Projekt sowie deren Vor- und Nachteile. Die funktionale Komponente Sie beinhaltet die operative Vorgehensweise und bildet den Rahmen für die Planung, die Steuerung und die Kontrolle. Die instrumenteile Komponente Sie legt die zu nutzenden Methoden und Techniken fest.

Abb. 21:

Komponenten des Projektmanagements

Im Rahmen der Projektstrukturierung kommen insbesondere die personelle und die institutionelle Komponente zum Tragen, so dass auf diese in den folgenden Abschnitten näher eingegangen wird.

III.

288

5.2

Die

Projektplanung

personelle Komponente

Projektorganisation setzt sich aus mehreren Instanzen zusammen, die im folgenden kurz beschrieben werden. Für die an Projekten beteiligten Mitarbeiter, die Teil der Projektorganisation sind, ergeben sich je nach Zugehörigkeit zu diesen Die

Instanzen verschiedene Rollen.

5.2.1 Der Auftraggeber Der Auftraggeber weist die Projektplanung und Durchführung formell an und besitzt die entsprechende Ressourcenkompetenz. Er gibt die grundsätzlichen Pro-

jektziele vor. 5.2.2 Der

Lenkungsausschuss

Lenkungsausschuss ist ein Gremium, das für den Auftraggeber die Überwachung und Förderung des Projektes übernimmt. Er trägt sowohl für die Einrichtung der Projektorganisation als auch für die Bewilligung der personellen, finanziellen und sachlichen Mittel die Verantwortung. Zu seinen Aufgaben gehört femer die Koordination und Bewertung des Projektes und die Ernennung des Projektleiters. Weiterhin vertritt er das Projekt vor dem Unternehmen, unterstützt das Projektmarketing und vermittelt bei Interessenkonflikten zwischen dem Projekt und den übigen Organisationseinheiten im Unternehmen. Der Lenkungsausschuss... setzt sich aus Managern der oberen Führungsebene zusammen, ist Entscheidungs- und Steuerungsgremium im Rahmen des Projektes, wird regelmäßig meilensteinorientiert über den Projektverlauf informiert, bindet den Vorstand in das Projekt ein und sorgt für eine fortlaufende Abstimmung, sorgt für eine frühzeitige und durchgängige Informationspolitik, übt durch eigene Identifikation mit den Projektzielen eine wesentliche Der

Vorbildfunktion aus, wirkt hemmenden Widerständen entgegen.

2.

5.2.3 Das

Projektstrukturierung

289

Projektteam

Projektteam ist die ausführende Einheit des Projektes. Es Projektleitung, den Teilprojektleitern und den Projektmitarbeitern. Das

5.2.4 Die

besteht

aus

der

Projektleitung

Die Projektleitung hat die Aufgabe, in Zusammenarbeit mit den Teilprojektleitern und den verschiedenen vom Projekt berührten Organisationseinheiten die Projektabwicklung sicher zu stellen. Dabei sind die Anforderungen des Projektauftrags hinsichtlich Zeit, Kosten und Qualität zu erfüllen. Die Projektleitung... ist zu 100% vom Tagesgeschäft zu befreien, ist verantwortlich für: die Projektplanung (Kosten, Termine, Aufgaben, Ressourcen), die Projektsteuerung, die Projektinformation (Berichterstattung, Dokumentation), das Projektergebnis (Zielerreichung mit angemessenem Einsatz von Personal, Budget und Ressourcen) sorgt für die Einhaltung der Termine, hat ein Mitspracherecht bei der Formulierung der Projektziele und der

Rahmenbedingungen, notwendigen

hat Zugriff auf alle

innerbetrieblichen

Informationen,

5.2.5 Der Teilprojektleiter Die Ebene der Teilprojektleiter wird nur in großen Projekten besetzt. Ihre Hauptaufgabe ist die Koordination der Aufgaben der ihnen zugeordneten Projektmitarbeiter. Der Teilprojektleiter... ist für das Projekt zu 80% freigestellt, hat ein persönliches Interesse an der Veränderung, motiviert sein Team, delegiert Arbeitsaufgaben an seine Teammitglieder, trägt die Ergebnisverantwortung für die Aufgabe innerhalb seines Teams, ist für die Dokumentation der Ergebnisse innerhalb seines Teams veran-

wortlich,

III.

290

Projektplanung

zieht die Experten für spezielle Aufgabengebiete hinzu, stellt durch Abstimmung mit dem Projektleiter einen

reibungslosen

Projektverlauf sicher, sorgt mit dem Projektleiter für die Einhaltung der vereinbarten Projekt-

methodik, berichtet an den Projektleiter, koordiniert Besprechungstermine, wehrt bürokratische Hindemisse ab. 5.2.6 Der Projektmitarbeiter

Projektmitarbeiter sind die ausführende Ebene. Sie bearbeiten die anstehenden Aufgaben. Der Projektmitarbeiter... ist zu 80% für die Projektarbeit freigestellt, ist der eigentliche "Ideenlieferant" und "Neugestalter", ist Insider und kennt die Anforderungen aus dem Tagesgeschäft, ist von den neuen Funktionen und Abläufen überzeugt. Die

5.2.7 Die

Experten

Experten haben die Aufgabe, dem Projektteam ihr Wissen bei speziellen Fragestellungen aus ihrem Fachbereich zur Verfügung zu stellen. Sie sind nicht ständig in die Projektorganisation integriert, sondern werden nur bei Bedarf hinzuDie

gezogen. Die nachfolgende Grafik gibt einen Bestandteile einer Projektorganisation.

Überblick über die Institutionen und

2.

Projektstrukturierung

291

Abb. 22: Bestandteile einer Projektorganisation 5.3

Die Institutionelle

Komponente

In institutioneller Hinsicht bedient man sich häufig der Matrix-Projektorganisation. Ihr Grundprinzip beruht auf der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Stammorganisation und der Projektorganisation. Die Projektmitarbeiter bleiben dis-

ihren Linienvorgesetzten unterstellt, werden aber temporär (während der Dauer des Projektes) in das Projektteam delegiert. Im Rahmen und Umfang dieser Abordnung ist der Projektleiter für sie zuständig und auch verantwortlich. Diese Organisationsform zeichnet sich durch hohe Flexibilität aus. Sie lässt sowohl die Projektarbeit, als auch das Tagesgeschäft der Mitarbeiter zu. Diese Doppelbelastung führt jedoch auch zu einer eingeschränkten Leistung. Weiterhin besteht die Gefahr von Kompetenzkonflikten zwischen den Linienvorgesetzten und der Projektleitung. Von daher wird der Verantwortungsbereich zu Projektbeginn abgegrenzt und der Freistellungsgrad des einzelnen Mitarbeiters festgelegt. Die Kompetenz und die Verantwortung des Projektleiters wird anhand der "Sieben W's" (siehe Abbildung) beschrieben.

ziplinarisch

III.

292

Projektplanung Reine

Zur

Projektorganisation

Nutzung der Vorteile der Reinen Projektorganisation Projektkoordination wird als Mischform die

und der

Matrix-Projektorganisation eingesetzt.

ä c o n

Dabei sind unterschiedliche Variationen

möglich.

Entscheidend Ist der Einfluß des

Projektleiters auf die sieben W's und damit seine

Kompetenz und Verantwortung.

/ ttsr

Die Sieben W's Was Wann

ÜJ

Wer

Aufgabeninhalt Zeitpunkte, -dauern, -folgen personelle Arbeitszuordnung

Wie Wo

Ort

Womit Sachmittel, Art und Menge Warum Aufgabenverständis

Projektkoordination

Abb. 23: 5.3.1

Kompetenzen der Projektleitung oder die Sieben W*s

Vorgehensweise zur Festlegung einer Projektorganisation

Beginn eines Projektes wird der Lenkungsausschuss und die Projektleitung festgelegt. Der Lenkungsausschuss besteht aus Führungskräften des Unternehmens. Bei der Auswahl der Projektleitung ist darauf zu achten, dass sie neben der fachlichen Kompetenz auch Führungsqualitäten aufweist. Nachdem die Projektleitung die sachlichen Aufgaben geplant und daraus die fachlichen Anforderungen abgeleitet hat, werden die Projektteams festgelegt. Diese bestehen aus Mitarbeitern der Stammorganisation und werden ggf. durch externe Spezialisten ergänzt. Letztere haben die Aufgabe, das gesamte Projektteam fachlich und methodisch derart zu beraten, dass dieses in der Lage ist Entscheidungen vorzubereiten. Entscheidend für den Projekterfolg ist die Eingliederung der Mitarbeiter der Stammorganisation in die Projektorganisation. In der Regel werden sie nicht vollständig aus dem Tagesgeschäft herausgelöst, sondern stehen dem Projekt in bestimmten Zeitabschnitten komplett zur Verfügung. Zu

2.

293

Prqjektstrukturierung

Auftraggeber

Lenkungs-

ausschuss

Projektleitung Projektleitung

Teilprojektierter

Teifpro]ekt-

Teilprojekt-

leiter

Teamlerter/ Prozesslreiber

Beratungs-

leiter

Teamleiter/ Prozesstreiber

Projektteam

Teil projekt-

1

Teilprojektleiter

Teamlerter/ Prozesstreiber

Projektteam

2

Festlegung einer Projektorganisation

Nach diesem ausschnittsweisen Prqjektstrukturierung wird in dem planung näher betrachtet.

6.

ieiter

Teamlerter/ Prozesstreiber

partner

Abb. 24:

Teilproiekt-

ierter

Überblick über Umfang und Aufwand der

folgenden Kapitel das Thema der Projektablauf-

Literaturhinweis

Richartz, Kurpicz (2001): Richartz, Dirk; Kurpicz, Bernhard: Ganzheitliches

Projektmanagement als Mittel erweiterte Auflage, Berlin

zur

Organisationsgestaltung,

2. überarbeitete und

3.

3.

Projektablaufplanung

Projektablaufplanung von

Mey Mark Meyer Inhaltsverzeichnis

1.

Projektablaufplanung im Projektmanagement-Kontext 1.1 Zielsetzung der Projektablaufplanung 1.2 Projektstrukturplanung und Projektablaufplanung 1.3 Fristen, Termine, Ressourcen 1.4

2.

3.

4.

Projektphasen in der Projektablaufplanung Elemente der Projektablaufplanung 2.1 Vorgänge 2.2 Ereignisse 2.3 Anordnungsbeziehungen 2.3.1 Typen von Anordnungsbeziehungen 2.3.2 Zeitabstände in Anordnungsbeziehungen Darstellungsformen der Projektablaufplanung 3.1 Netzplan 3.1.1 Ereignisknoten-Netzplan 3.1.2 Vorgangspfeil-Netzplan 3.1.3 Vorgangsknoten-Netzplan 3.1.4 Entscheidungsnetzpläne 3.2 Balkenplan 3.3 Tabellarische Darstellung Praktische Aspekte der Projektablaufplanung 4.1 Vorgangseinteilung und Entwickung von Anordnungsbeziehungen

295

III.

296

Projektplanung

4.2 Teilnetz-Technik 4.3 4.4 5.

Standard-Ablaufpläne Softwaregestützte Ablaufplanung

Literaturverzeichnis

Autorenbeschreibung Mey Mark Meyer Mey Mark Meyer studierte Bauingenieurwesen an der Universität Hannover und war anschließend als Projektsteuerer am Standort Hamburg der Assmann Beraten+Planen GmbH, einer bundesweit vertretenen Ingenieurgesellschaft, tätig. Heute ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Projektmanagement und Wirtschaftsinformatik der Universität Bremen beschäftigt. Neben seiner Forschung auf dem Gebiet der Softwareunterstützung im Projektmanagement ist er dort mit der Betreuung von Lehrveranstaltungen des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen befasst. Darüber hinaus berät er Unternehmen der Bauwirtschaft im Themenkomplex Projektmanagement und PM-Software.

3.

Projektablaufplanung

297

Im Rahmen der

Projektablaufplanung wird das Projekt in einzelne Vorgänge und unterteilt und die Abhängigkeiten zwischen diesen Vorgängen beschrieEreignisse ben. Die Ablaufplanung steht dabei im direkten Zusammenhang mit anderen Aufgaben der Projektplanung, die Planungsergebnisse dienen als Grundlage für die Projektsteuerung. Die Elemente der Ablaufplanung sowie die möglichen Darstellungsformen werden im Rahmen dieses Beitrags umrissen und um Aspekte der praktischen Anwendung erweitert. 1.

Projektablaufplanung im Projektmanagement-Kontext

Die Projektablaufplanung ist im Zusammenhang mit den weiteren Planungsaufgaben innerhalb eines Projekts zu betrachten. Als "Weiterentwicklung" des Projektstrukturplans sollte sie auch die Phaseneinteilung des Projekts berücksichtigen. Die Planung der Termine, Ressourcen und Kosten erfolgt auf Basis der Ablaufplanung, beeinflusst diese jedoch gleichzeitig in einem Wechselspiel. 1.1

Zielsetzung der Projektablaufplanung

Die Ablaufplanung soll dem Planenden bzw. dem Planungsteam einen Überblick über organisatorische und technische Zusammenhänge innerhalb eines Projekts verschaffen. Hierzu wird das Projekt in einzelne Tätigkeiten zerlegt und diese entsprechend den logischen Abhängigkeiten zwischen ihnen und unter Berücksichtigung externer Vorgaben geordnet (vgl. Daub 1994, S. 17). Im Zuge der Ablaufplanung werden in einer frühen Projektphase klare Aussagen bezüglich folgender Punkte gewonnen (vgl. Rackelmann 1999, S. 522ff): Welche Abhängigkeiten bestehen zwischen den Vorgängen? Ist ein Vorgang Voraussetzung für einen anderen Vorgang und/oder hängt er selbst von weiteren Vorgängen ab? Welche Vorgänge können parallel abgewickelt werden, welche sind unabhängig voneinander? Müssen zwischen den Vorgängen feste Zeitabstände eingehalten werden? Welche Schnittstellen bestehen zwischen Teilprojekten bzw. Arbeitspaketen des Projektstrukturplans?

298

1.2

III.

Projektplanung

Projektstrukturplanung und Projektablaufplanung

Projektstrukturplan (PSP) liegt für die Ablaufplanung bereits eine Zerlegung des Projekts in kleinere Einheiten vor. Die Unterteilung eines komplexen Projekts in mehrere überschaubare Bestandteile ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Projektabwicklung (vgl. Platz 1994, S. 2). Der Projektstrukturplan ist zumeist gemischt-orientiert gegliedert. Diese Gliederung bietet noch keinerlei Auskunft über den Ablauf des Projekts. Die so gegliederten Arbeitspakete enthalten jedoch die Leistungsbeschreibung des Projekts und damit die Grundlage für die Ermittlung der in der Ablaufplanung zu betrachtenden Vorgänge. Für eine vollständige Erfassung aller Vorgänge des Projekts ist es demnach erforderlich, dass der Projektstrukturplan das Projekt vollständig abbildet (vgl. Groh/Gutsch 1982, S. 13). Durch Detaillierung der Arbeitspakete lassen sich einzelne Vorgänge identifizieren, die den in Abschnitt 2.1 genannten Anforderungen genügen. Umgekehrt liefert die Ablaufplanung zusätzliche Details zu den im Rahmen der Arbeitspaketbeschreibung zu dokumentierenden Schnittstellen (vgl. Heeg/Frieß 1999, S. 508). Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 1 dargestellt. Mit dem

PSP

Ablaufolan 6 2 2 h-

5.1

6.1

5.2

6.2

5.3 Arbeitspaket

6.2.3 H 6.2.4

32

'

VorgiiriL' "i

6.2.5

6.2.1

I Schnittstelle 5.3-6.2 ist in beiden Arbeits-

|

t—

'

r

i 5.3.1 I

534

||

paketbeschreibungen zu

dokumentieren.

3 3

Abb. 1:

Zusammenhang

zwischen PSP und

Ablaufplanung (nach

Rackelmann

1999). In Sonderfällen kann bei einzelnen Arbeitspaketen des Projektstrukturplans auf eine weitere Detaillierung verzichtet werden. Ebenso können mehrere Arbeitspakete zu einem einzigen Vorgang verdichtet werden, dies ist beispielsweise für die Grobplanung unter Umständen sinnvoll (vgl. Rackelmann, 1999 S. 524f).

Atemzug erwähnt (vgl. Patzak/Rattay 1998; Madauss 2000; Rackelmann 1999). Im Zuge der Terminplanung können für die Vorgänge des Ablaufplans Vorgangsdauern ermittelt werden, hieraus ergibt sich in Verbindung mit der kalendarischen Festlegung der Terminplan. Dieser Vorgang wird die Planung des Projektablaufs in vielen Fällen ebenso erheblich beeinflussen wie die Verplanung knapper Ressourcen und die Vorgangskosten. Die innerhalb der Ablaufplanung gefundenen Beschränkungen für einzelne Vorgänge und Ereignisse werden daher im weiteren Verlauf der Planung durch Beschränkungen aus der Terminplanung, der Zuordnung von Ressourcen und der Kostenplanung (Mittelabfluss) ergänzt. Diese zusätzlichen Beschränkungen können ihrerseits eine Veränderung der bisherigen Ablaufplanung notwendig machen. Damit stellt die Ablaufplanung nicht nur die Basis für die weitere Planung dar, sie wird auch durch die Ergebnisse dieser Planungen in einem iterativen Prozess beeinflusst. 1.4

Projektphasen in der Projektablaufplanung

Eine vorhandene Einteilung des Projekts in Projektphasen bietet eine erste Orientierung für den Projektablauf. Die Arbeitspakete des Projektstrukturplans und die daraus resultierenden Vorgänge der Ablaufplanung können einer oder mehreren Projektphasen zugeordnet werden. Oftmals wird allerdings in den ersten Phasen des Projekts noch kein ausreichender Erkenntnisstand erreicht sein, um die Aktivitäten der letzten Phasen detailliert zu planen. Aus diesem Grund werden diese Aktivitäten zunächst nur sehr grob geplant und im weiteren Projektfortschritt detailliert. Der Phasenübergang ist ein wichtiges Ereignis im Projektablauf. An dieser Stelle wird über den Projektfortgang bzw. -abbruch entschieden oder das weitere Vorgehen detaillierter betrachtet und dem bisherigen Projektverlauf angepasst. Sofern sich auch Änderungen in der Zusammensetzung des Projektteams ergeben, sind neue Teammitglieder in das Projekt einzuführen und Kenntnisse ausscheidender Mitglieder zu dokumentieren. Der Übergang zwischen zwei Phasen sollte daher auch in der Ablaufplanung als ein besonderes Ereignis ("Meilenstein", vgl. Abschnitt 2.2) berücksichtigt werden (vgl. Hoehne 1999, S. 238ff).

300

2.

III.

Projektplanung

Elemente der Projektablaufplanung

Um die Aufgaben der Ablaufplanung erfüllen zu können, sind nur wenige Ablaufelemente erforderlich. Dabei handelt es sich um Elemente "zur Beschreibung von

Sachverhalten (Zustände, Geschehen, Abhängigkeiten) eines Ablaufs" (DIN 699001, S. 3). Bei der in der Praxis weit verbreiteten vorgangsorientierten Planung des Ablaufs wird das Projekt in einzelne Tätigkeiten (Vorgänge) zerlegt. Mit dem Beginn oder Ende der Vorgänge sind entsprechende Ereignisse verbunden. Die zwischen den einzelnen Vorgängen bestehenden Abhängigkeiten werden als Anordnungsbeziehungen bezeichnet. Aus ihnen ergibt sich die Reihenfolge der Vorgänge. Die ereignisorientierte Ablaufplanung betrachtet dagegen ausschließlich Ereignisse und ihre Reihenfolge. Die Projektablaufplanung ist untrennbar mit dem Begriff der "Netzplantechnik" verbunden. Auch dann, wenn die Ablaufplanung ohne die Verwendung von Netzplänen erfolgt, kommen die Elemente der Netzplantechnik zumindest implizit zur Anwendung. Selbst die Aufstellung einer geordneten Vorgangsliste für ein Kleinprojekt verlangt vom Ersteller beispielsweise grundlegende Überlegungen zu Anordnungsbeziehungen, wenngleich diese der fertigen Liste nicht entnommen werden können. Die im Rahmen der Ablaufplanung benötigten Begrifflichkeiten sind in der DIN 69900 Teil 1 definiert. 2.1

Ein

Vorgänge

Vorgang ist ein "Ablaufelement, das ein bestimmtes Geschehen beschreibt." (DIN 69900-1, S. 3). Im Rahmen der Ablaufplanung wird synonym auch von "Aktivitäten" oder "Tätigkeiten" gesprochen. Jeder Vorgang besitzt einen Vorgänger, der ihm durch logische Abhängigkeiten unmittelbar vorgeordnet ist, sowie einen ihm unmittelbar nachgeordneten Nachfolger. Fehlt entweder der Vorgänger oder der Nachfolger, so handelt es sich um einen Start- oder Endvorgang. Anfang und Ende eines Vorgangs müssen definiert sein. Die Vorgänge sind detailliert zu beschreiben, damit alle Projektbeteiligten ein identisches Verständnis von der zu erledigen Aufgabe haben (vgl. PMI 2000, S. 68). Bei der in Abschnitt 1.2 beschriebenen Detaillierung des Projektstrukturplans zur Ermittlung der Vorgänge eines Projekts ist im Hinblick auf die weiteren Schritte der Projektplanung und -Steuerung darauf zu achten, dass die einzelnen Vorgänge folgende Eigenschaften aufweisen, ansonsten ist ggf. weiter zu unterteilen (vgl. Patzak/Rattay 1998, S. 178; Groh/Gutsch 1982, S. 12f; Rackelmann 1999 S. 533):

3.

Projektablaufplanung

301

Kontinuität: Die Durchführung des Vorgangs ist ohne Unterbrechung möglich. Ressourcenbedarf: Für die Durchführung des Vorgangs ist die Bereitstellung von Einsatzmitteln (Ressourcen) erforderlich, dieser Ressourceneinsatz sollte über die Vorgangsdauer möglichst gleichmäßig erfolgen können. Messbarkeit: Der Fortschritt bei der Erledigung des Vorgangs lässt sich durch eine klare Kenngröße beurteilen. Insbesondere können Anfang und Ende des Vorgangs inhaltlich klar bestimmt werden. Linearität: Zwischen der Vorgangsdauer und dem Arbeitsfortschritt besteht ein proportionaler Zusammenhang. Verantwortlichkeit: Jeder Vorgang sollte eindeutig einer verantwortlichen Person zuzuordnen sein. 2.2

Ereignisse

Ein Ereignis ist ein "Ablaufelement, das das Eintreten eines bestimmten Zustandes beschreibt" (DIN 69900-1 S. 3). Da ein Ereignis unmittelbar mit der Erfüllung einer bestimmten Bedingung eintritt, kann es grundsätzlich keine Dauer besitzen. Ein Ereignis kann aber von seinem Eintreten an längerfristig Bestand haben ("Brücke

fertig gestellt"). Ereignisse, die im Projektablauf eine besondere Bedeutung aufweisen, werden als "Schlüsselereignisse" oder "Meilensteine" bezeichnet (z.B. "Abnahme Rohbau"). Diese Meilensteine können im Rahmen der Darstellung der Ablaufplanung gesondert hervorgehoben werden und dienen in Form verdichteter Übersichten häufig als Berichts- und Steuerungsmittel für die Unternehmensleitung (vgl. Groh/Gutsch 1982, S. 71 und Lock 1997, S. 181). Ein Anwendungsbeispiel für die Nutzung von Meilensteinen ist die Meilenstein-Trendanalyse, die in knapper Form Auskunft über den Projektfortschritt gibt (vgl. Burghardt 2000, S. 334ff). Anfang und Ende eines Vorgangs sind immer auch Ereignisse im Projektablauf. 2.3

Anordnungsbeziehungen

Mit den vorstehend beschriebenen Vorgängen und Ereignissen lassen sich die Zustände und das Geschehen innerhalb eines Projekts beschreiben. Für die Anordnung der Vorgänge und Ereignisse in der logischen Reihenfolge ist die Möglichkeit zur Formulierung der Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Vorgängen und Ereignissen erforderlich.

III.

302

Projektplanung

Dies erfolgt in der Ablaufplanung mittels "Anordnungsbeziehungen", unter denen nach DIN eine "Quantifizierbare Abhängigkeit zwischen Ereignissen oder Vorgängen" (DIN 69900-1, S. 4) zu verstehen ist. Anordnungsbeziehungen beschreiben ausschließlich die logischen zumeist technischen Abhängigkeiten. Die im weiteren Verlauf der Planung einzubindenden Randbedingungen (z.B. knappe Ressourcen) werden bei der Festlegung von Anordnungsbeziehungen nicht berücksichtigt. Zwischen einzelnen Vorgängen können mehrere Anordnungsbeziehungen gleichzeitig bestehen, ein Vorgang kann insbesondere mehrere Nachfolger oder Vorgänger besitzen. -

-

2.3.1

Typen von Anordnungsbeziehungen

Bei den Anordnungsbeziehungen wird zwischen vier Typen unterschieden, die Anfang und Ende der beiden beteiligten Vorgänge miteinander in Beziehung setzen und sich aus den daraus möglichen Kombinationen ergeben: Normalfolge, Anfangsfolge, Endfolge und Sprungfolge.

Normalfolge Die häufigste Abhängigkeit zwischen zwei Vorgängen besteht darin, dass der Nachfolger erst beginnen kann, wenn der Vorgänger abgeschlossen ist. In diesem Fall besteht die Anordnungsbeziehung zwischen dem Ende des Vorgängers und dem Anfang seines Nachfolgers. Diese Situation wird konsequenterweise als Normalfolge bezeichnet (Kurzzeichen nach DIN: "NF"). Vorgänger

NF

Nachfolger

Beispiel: Mit der Kellersohle eines Hauses kann erst nach Abschluss des Bodenaushubs begonnen werden.

Bodenaushub Keller

Abb. 2:

Normalfolge

3.

Projektablaufplanung

303

Abbildung 2 stellt diesen Sachverhalt sowohl in der DIN-Notation eines Vorgangsknoten-Netzplans als auch in einer an die Darstellung eines vernetzten Balkenplans angelehnten Form dar. Auf beide Darstellungsformen wird im weiteren Verlauf dieses Beitrags noch detaillierter eingegangen. Anfangsfolge Bei einer Anfangsfolge (Kurzzeichen "AF") besteht die Anordnungsbeziehung zwischen den Anfängen der beiden beteiligten Vorgänge. Dies ist wie in Abbildung 3 gezeigt beispielsweise dann der Fall, wenn ein Vorgang erst beginnen kann, nachdem sein Vorgänger ebenfalls begonnen wurde. -

-

Vorgänger

AF

Nachfolger

Beispiel: Der Bodenaushub kann erst nach Beginn der Grundwasserabsenkung beginnen.

j_Grundwasserabsenkung

;r

'



"

Bodenaushub

Abb. 3: Anfangsfolge Die beiden Vorgänge in Abbildung 3 laufen parallel, dennoch ist der Vorgang "Bodenaushub" Nachfolger des Vorgangs "Grundwasserabsenkung". Die Bezeichnungen "Vorgänger" und "Nachfolger" ergeben sich aus der logischen Anordnung der Vorgänge und nicht aufgrund des zeitlichen Ablaufs.

Endfolge Bei einer Endfolge (Kurzzeichen "EF") besteht die Anordnungsbeziehung zwischen den Enden der beteiligten Vorgänge. Kann beispielsweise ein Nachfolger erst beendet werden, nachdem auch sein Vorgänger beendet wurde, so ist dies als Endfolge

darstellbar (Abbildung 4).

III.

304

Vorgänger

Projektplanung EF

Nachfolger

Beispiel: Die Schlussreinigung des Gebäudes kann erst beendet werden, wenn der Teppich komplett verlegt wurde.

Teppiehleger

_

y

Schlussreimgung !

III!! __

Abb. 4:

Endfolge

Sprungfolge Als Sprungfolge (Kurzzeichen "SF") wird eine Anordnungsbeziehung bezeichnet, die den Anfang des Vorgängers mit dem Ende des Nachfolgers verbindet.

Vorgänger

SF

Nachfolger

Beispiel: Die Grundwasserabsenkung kann erst beendet werden, wenn mit den Wänden im l.OG begonnen wird, da erst dann aus-

reichend Gewicht ein Aufschwimmen des Bauwerks verhindert. ;

r

\\\.. \| Grundwasserabsenkung Abb. 5:

|

Wände l.OG :

j

:

;

\ :

Sprungfolge

Sprungfolgen werden in der Ablaufplanung selten verwendet, da sie sich zumeist durch andere Anordnungsbeziehungen ersetzen lassen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die gewählte Anordnungsbeziehung den realen Sachverhalt möglichst gut darstellt. Das Beispiel in Abbildung 5 ließe sich durch eine Endfolge ersetzen: Mit der Fertigstellung der Decke über dem EG kann die Absenkung enden.

3.

305

Projektablaufplaniing

2.3.2 Zeitabstände in Anordnungsbeziehungen Bei den bislang angeführten Beispielen zu den einzelnen Anordnungsbeziehungen wurde stets von einem unmittelbaren Zusammenhang ausgegangen. Bei der Darstellung von Anordnungsbeziehungen sind jedoch mitunter zeitliche Abstände zu berücksichtigen: Nach dem Betonieren einer Decke kann beispielsweise erst einen Tag später mit den Wänden des darüber liegenden Geschosses begonnen werden, da der Beton zunächst härten muss. Dieser Tag könnte als Vorgang berücksichtigt werden. Ein solcher Vorgang hätte nur eine Hilfsfunktion, würde die weitere Planung verkomplizieren und den in Abschnitt 2.1 genannten Anforderungen nicht gerecht werden. Statt dessen wird die Anordnungsbeziehung mit einem Zeitabstand von mindestens einem Tag versehen (Abbildung 6). AF

Vorgänger

(MINZ=lTag)

-

Nachfolger

Beispiel: Frühestens einen Tag nach Fertigstellung der Decke über dem EG kann mit den Wänden im OG begonnen werden. Decke über EG

Li

p-r-,—{Mag

:

Wände LOG

Abb. 6:

Normalfolge mit (positivem) Zeitabstand

Grundsätzlich lassen sich Zeitabstände in allen Anordnungsbeziehungen auf zwei Arten angeben (vgl. DIN 69900-1, S. 5): Minimale Zeitabstände (MINZ) dürfen nicht unterschritten werden, Maximale Zeitabstände (MAXZ) dürfen nicht überschritten werden

Nachfolgende Vorgänge, die durch minimale (maximale) Zeitabstände festgelegt sind, können gegebenenfalls auch später (früher) beginnen. Für eine Normalfolge lässt sich dies an folgenden Beispielen verdeutlichen: Mit den Wänden des Obergeschosses kann frühestens einen Tag nach Betonieren der Decke des Erdgeschosses begonnen werden (MINZ =1 Tag). Mit der Bebauung eines Grundstücks muss auf Grund behördlicher Auflagen spätestens ein Jahr nach dem Erwerb begonnen werden (MAXZ 1 Jahr). =

III.

306

Projektplanung

Eine detaillierte Behandlung der möglichen Kombinationen von minimalen und maximalen Zeitabständen bei den einzelnen Anordnungsbeziehungen findet sich bei Rackelmann (Rackelmann 1999, S. 536ff). 3.

Darstellungsformen der Projektablaufplanung

Sowohl während des Prozesses der Ablaufplanung als auch im weiteren Projektplanungsverlauf ist es notwendig, die Ergebnisse der Projektablaufplanung anderen Projektbeteiligten mitzuteilen. Die Darstellung der Ergebnisse der Ablaufplanung lässt sich zudem um Informationen zu Terminen, Kosten und Ressourcen ergänzen und im späteren Projektablauf auch zu Steuerungszwecken nutzen. Bei den Darstellungsformen können die folgenden Formen als am häufigsten verbreitet genannt werden:

Netzpläne (Ereignisknoten, Vorgangspfeil, Vorgangsknoten) Balkenpläne Terminlisten Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Varianten

möglich (beispielsweise

Zeit-

Weg-Diagramm). 3.1

Netzplan

Netzpläne stellen den Projektablauf mittels Knoten dar,

die durch Pfeile miteinander verbunden werden. Die Knoten können entweder Ereignisse oder Vorgänge repräsentieren und werden zumeist als Rechtecke gezeichnet. Die Pfeile stehen für Vorgänge oder Anordnungsbeziehungen. Aus den damit möglichen Kombinationen haben sich drei verbreitete Typen von Netzplänen herauskristallisiert, die hinsichtlich ihrer Betrachtungsweise des Projektablaufs entweder als ereignisorientiert (Ereignisknoten-Netzplan) oder vorgangsorientiert (Vorgangspfeil- und Vorgangsknoten-Netzplan) einzustufen sind. Die Darstellung von Netzplänen ist in DIN 69900 Teil 2 genormt, in der Praxis finden sich auch bedingt durch die Verbreitung entsprechender Softwarepakete unterschiedliche, jedoch nur leicht abweichende Darstellungsformen. Netzpläne werden so dargestellt, dass die Hauptrichtung von den Start- zu den Endknoten von links nach rechts verläuft. Das Verstehen eines als Netzplan dargestellten Ablaufs erfordert einige Übung, insbesondere auf der Ausführungsebene kann diese in der Regel nicht vorausgesetzt -

-

3.

307

Projektablautplanung

werden. Umfangreiche Netzpläne sind nicht mehr in handhabbaren Formaten auszudrucken und zu bearbeiten, hier schafft die in Abschnitt 3.4.2 beschriebene Teilnetztechnik Abhilfe. 3.1.1

Ereignisknoten-Netzplan

Ereignisknoten-Netzplänen (DIN-Kurzzeichen "EKN") stellen die Knoten Ereignisse dar, mit den Pfeilen zwischen den Ereignisknoten werden die Anordnungsbeziehungen dargestellt (Abbildung 7). Da Ereignisse definitionsgemäß keine Dauer aufweisen, sind Anfang und Ende eines Ereignisses identisch. Somit ist die Betrachtung unterschiedlicher Anordnungsbeziehungen nicht möglich. Bei

Rampe I angeschüttet

I

0

Baustelle

Brücke

eingerichtet

eingehoben Rampe 2 angeschüttet

Abb. 7:

Widerlager fertig

>

Widerlager; fertig

Brücke C

abgenommen!

Ereignisknoten-Netzplan

Die im Projektablauf vorhandenen Vorgänge werden nicht dargestellt, statt dessen können die Anfangs- oder Endereignisse als Knoten gezeichnet werden. Zeitabstände zwischen den Ereignissen werden an den Pfeilen notiert. Diese Zeitabstände beinhalten sowohl die Dauern der zwischen den Ereignissen liegenden Vorgänge als auch eventuelle technisch erforderliche Abstände (vgl. Abschnitt 2.3.2). Das Fehlen von Informationen zu den Vorgängen des Projekts führt dazu, dass EKN für die Planung und Steuerung von Projekten kaum geeignet sind und ihre Verwendung entsprechend selten ist (vgl. Rackelmann 1999, S. 529; Müller 1994, S. 9). Eine bekannte Variante der Ereignisknoten-Netzpläne ist die "Program Evaluation and Review Technique" (PERT), die bereits Ende der 50er Jahre in den USA entwickelt wurde. Aufgrund der wenigen Informationen, die sich in einem Ereignisknoten-Netzplan darstellen lassen, eignet sich dieser in frühen Phasen des Projekts, in denen die Informationen noch nicht vorliegen oder in den Fällen, in denen bewusst auf Informationen verzichtet werden soll. Dies kann beispielsweise bei verdichteten Berichten an die Unternehmensleitung sinnvoll sein (vgl. Groh/Gutsch 1982, S. 17).

III.

308

3.1.2

Projektplanung

Vorgangspfeil-Netzplan

Vorgangspfeil-Netzpläne (Kurzzeichen "VPN") stellen die Vorgänge als Verbindungspfeile zwischen den Knoten dar, die Knoten selbst repräsentieren die Ereignisse. Anders als bei einem Ereignisknoten-Netzplan erfolgt die Betrachtung des Projektablaufs in diesem Fall vorgangsorientiert, die Anfangs- und Endereignisse eines jeden Vorgangs spielen eine untergeordnete Rolle (vgl. Müller 1994, S. 10). Bei Vorgangspfeil-Netzplänen folgt jeder Vorgang unmittelbar auf den Vorgänger, es existieren damit ausschließlich Normalfolgen ohne Zeitabstand. Widerlager

i herstellen

Baustelle einrichten

©

Brücke einhängen

I-1

,

I-1

.

i-1

I_1 I Abnahme

jBiiicke 2

Widerlager. 2 herstellen*' I_I

I-1

Abb. 8:

S

Vorgangspfeil-Netzplan

Bei der Verwendung von VPNs ergibt sich dann ein Problem, wenn ein Vorgang von mehreren Vorgängern abhängig ist. In diesem Fall müssen Scheinvorgänge als Sonderfall (Darstellung als gestrichelter Pfeil) eingefügt werden, wie Abbildung 8 zeigt: Die Höhenjustierung des zweiten Widerlagers kann erst erfolgen, nachdem das erste Widerlager fertig gestellt wurde. Zur Darstellung dieses Umstands muss ein Scheinvorgang eingeführt werden, dessen Ausfuhrungsdauer gleich Null ist. Scheinvorgänge mindern die Übersichtlichkeit und sollten daher möglichst sparsam verwendet werden, zur Verdeutlichung der Netzplan-Struktur kann es dennoch sinnvoll sein, zusätzliche nicht zwingend notwendige Scheinvorgänge einzufügen (vgl. Altrogge 1994, S. 18ff). Prominentester Vertreter der Vorgangspfeil-Netzpläne ist die "Critical Path Method" (CPM), die ebenso wie PERT in den USA der 50er Jahre entwickelt -

-

wurde.

3.

3.1.3

Projektablaufplanung

309

Vorgangsknoten-Netzplan

Vorgangsknoten-Netzpläne (VKN) stellen heute die am häufigsten verwendete Form von Netzplänen dar. Die betrachteten Vorgänge werden als Knoten dargestellt, während die Pfeile zwischen den Knoten die Anordnungsbeziehungen repräsentieren. Durch diese Notation ist die Nutzung sämtlicher im Abschnitt 2.3.1 dargestellten Anordnungsbeziehungen mit den in Abschnitt 2.3.2 beschriebenen Zeitabständen möglich. Damit wird dem Planer eine hohe Flexibilität ermöglicht und die Planung kann mit hoher Realitätsnähe erfolgen (vgl. Müller 1994, S. 13). Die Verwendung von Scheinvorgängen ist nicht erforderlich. Durch eine Endfolge ist in Abbildung 9 gewährleistet, dass die Herstellung des Widerlagers 2 erst mit der nach der Herstellung des Widerlagers 1 möglichen Justierung endet. Rampe

0220

0210 1 anschütten

Widerlager 1 herstellen

OlOO Baustelle einrichten

0400 Brücke einheben

0320

0310

Widerlager 2

Rampe 2 anschüuen

Abb.: 9:

herstellen

0500

Vorgangsknoten-Netzplan

Darstellung von Meilensteinen muss auf speziell gekennzeichnete Vorgänge zurück gegriffen werden (z.B. Dauer 0), da Ereignisse grundsätzlich im VKN nicht dargestellt werden. Durch Herausfiitern der Meilensteine lässt sich später ein Meilenstein-Netzplan gewinnen, der als Ereignisknoten-Netzplan eine verkürzte Übersicht der wesentlichen Projektereignisse bietet (vgl. Burghardt 2000, S. 256f). Die erste auf einem VKN basierende Netzplan-Methode war die "Metra-PotenzialMethode" (MPM), die kurz nach PERT in Frankreich entwickelt wurde. Zur

=

3.1.4

Entscheidungsnetzpläne

Bei den bislang behandelten Netzplänen handelt es sich ausschließlich um deterministische Netzpläne, bei denen der Ablauf fest vorgegeben ist. Bestehen starke Unsicherheiten hinsichtlich des Ablaufs, können durch Entscheidungsnetzpläne stochastische Projektabläufe abgebildet werden. In diesen Plänen treten zusätzlich zu den beschriebenen Elementen der Ablaufplanung noch Entscheidungsknoten und -

III.

310

Projektplanung

mit einer entsprechenden Symbolik in der Darstellung auf. Diese Elemente bieten eine Verzweigungsmöglichkeit im Projektablauf und damit die Möglichkeit, unterschiedliche Handlungsaltemativen zu berücksichtigen. Auf diese Netzpläne wird an dieser Stelle nicht weiter eingegangen. Angaben dazu finden sich bei Rackelmann (Rackelmann 1999, S. 5311) und Burghardt (Burghardt 2000, S. 219f) sowie zu Ansätzen der Wirtschaftsinformatik sehr detailliert bei Rittgen

Ereignisse

(Rittgen 1998). 3.2

Balkenplan

Balkenpläne sind im direkten Zusammenhang mit der Terminplanung zu betrachten, da die Darstellung im Zusammenhang mit einer horizontal verlaufenden, kalendarischen Zeitachse erfolgt. Die Darstellung als Balkenplan kann aus der Darstellung eines Vorgangsknoten-Netzplans gedanklich abgeleitet werden, indem die Vorgänge in Reihen untereinander angeordnet werden. Die Vorgangsknoten werden dann als Balken horizontal so in der entsprechenden Vorgangszeile angeordnet, dass aus dem Anfang und Ende des Balkens die entsprechenden Termine an der Zeitskala abgelesen werden können. Die Darstellung als Balkenplan wird zumeist durch eine kombinierte, links neben dem Balkenplan angeordnete Vorgangsliste ergänzt, welche die Vorgangsbezeichnungen sowie ggf. weitere Informationen enthält (Abbildung 10). 13

14

|

April [ 16

15

|

17

|

Mai Juni Juli I j 18 1 19 | 20 | 21 I 22 | 23 j 24 j 25 [ 26 27 28 29 30

Brückenbauwerk C

Baustelle einrichten

Rampe

1

Rampe 2

Widerlager 1 Widerlager 2 Brücke einheben

Rampen angleichen F ahrbahnübergange

9

Abnahme

Abb. 10: Vernetzter Balkenplan

Vorgänge können zu Sammelvorgängen zusammen gefasst werden. Diese Sammelvorgänge stellen keine selbstständige Vorgänge dar, sondern dienen der

Mehrere

3.

Projektablaufplanung

311

übersichtlicheren Darstellung des Plans und sind aus den Anfangs- und Endzeitpunkten der in ihnen enthaltenen Vorgänge abgeleitet ("Brückenbauwerk C"). Für verdichtete Auswertungen kann der Balkenplan verkürzt werden, so dass nur die

Sammelvorgänge ausgegeben werden. sich weitere Projektinformationen

Durch die Zeitskala des

Balkenplans lassen beispielsweise Kostenganglinien oder Ressourcenbedarf- übersichtlich unterhalb des Balkenplans darstellen. Ein wesentlicher Nachteil von Balkenplänen aus Sicht der Ablaufplanung ist, dass in ihnen keinerlei Informationen über die Anordnungsbeziehungen enthalten sind. Die bei der Erstellung eines Balkenplans getroffenen Annahmen über Anordnungsbeziehungen sind für den Betrachter daher nicht mehr erkennbar. Bei Änderungen im Projektablauf ergibt sich folglich ein höherer Aktualisierungsaufwand. Für die Kommunikation innerhalb des Projekts, insbesondere mit den ausführenden Stellen, und die Darstellung des Projekts nach außen ist der Balkenplan jedoch aufgrund seiner Übersichtlichkeit ein geeignetes Mittel (vgl. Patzak/Rattay 1998, S. 171f; Müller 1994, S. 23). Vernetzter Balkenplan Der Versuch, Balkenpläne

-

dem Mangel der fehlenden Darstellung von Anordnungsbeziehungen zu befreien, führte zur Darstellungsform des vernetzten Balkenplans sowie zu den grafischen Netzplänen über der Zeitachse und der Transplantechnik (vgl. Müller 1994, S. 25). In der Praxis ist von diesen Darstellungsformen fast ausschließlich der vernetzte Balkenplan zu finden. Im vernetzten Balkenplan werden Anordnungsbeziehungen als Pfeile zwischen den Anfangs- und Endpunkten der Balken gezeichnet (Abbildung 11). Diese Darstellungsform ist intuitiv erfassbar, wird jedoch bei größeren Projekten schnell unübersichtlich. Da Sammelvorgänge nicht in die Anordnungsbeziehungen einbezogen werden sollten, geht bei der verdichteten Darstellung der Sammelvorgänge die Anordnungs-Information verloren, womit sich ein nicht vernetzter Balkenplan von

ergibt. 3.3

Tabellarische

Darstellung

In der tabellarischen Darstellung lassen sich die Informationen zu den einzelnen Vorgängen zeilenweise darstellen. Neben der Vorgangsnummer, der Vorgangsbezeichnung und den Fertigstellungsterminen können weitere Informationen wie die Benennung des Vorgangsverantwortlichen zweckmäßig sein. Bei Aufnahme entsprechender Spalten für die Anordnungsbeziehungen zum

III.

312

Projektplanung

Vorgangsvorgänger kann auch diese Information durch Angabe der Vorgängernummer und der Art der Anordnungsbeziehung ("Nr. 7 NF MINZ +3Tage") dargestellt werden in diesem Fall empfiehlt sich jedoch die Erstellung eines Netzplans bzw. eines vernetzten Balkenplans. Gängige Softwarepakete können problemlos zwischen tabellarischer und grafischer Darstellung umschalten. -

4.

Praktische Aspekte der Projektablaufplanung

In den vorstehenden Abschnitten wurde der Zusammenhang zwischen der Ablaufplanung und anderen Aufgaben und Methoden des Projektmanagements dargestellt

sowie das grundlegende Rüstzeug für die Ablaufplanung anhand von Beispielen beschrieben. Abschließend sollen in diesem Abschnitt einige spezielle Verfahrensweisen der Ablaufplanung beschrieben werden. 4.1

Vorgangseinteilung und Entwicklung von Anordnungsbeziehungen

Die direkte Erstellung eines Ablaufplans ist in der Regel nur Planem mit großer Erfahrung in entsprechenden Projekten möglich. Um zu einer soliden Grundlage für die Ablaufplanung zu gelangen, sollte diese bereits während des frühen Planungs-

prozesses mit sämtlichen betroffenen Projektbeteiligten diskutiert werden. Diese Diskussion kann in Einzelgesprächen oder Projektworkshops erfolgen. In einem ersten Schritt werden die Vorgänge mit den zusätzlich bekannten Informationen in einer Liste zusammengetragen. Die beteiligten Projektmitarbeiter sollten befugt sein, Vereinbarungen für ihre Abteilungen zu treffen, um dem Ablaufplan ausreichende Verbindlichkeit zu verleihen (vgl. Rackelmann 1999, S. 559f; Lock 1997, S.

173f). Entwicklung der Anordnungsbeziehungen kann entweder vom Projektbeginn ("Wofür ist dieser Vorgang Voraussetzung?") oder vom Projektende ("Was muss für diesen Vorgang erfüllt sein?") ausgegangen werden. Letzteres ist besonders dann sinnvoll, wenn ein aus dem Ruder gelaufenes Projekt wieder strukturiert werden muss (vgl. Lock 1997, S. 183ff). Auch die Anordnungsbeziehungen werden in die Vorgangsliste eingetragen. Zur raschen Identifizierung werden die Vorgänge nummeriert. "Sprechende" Nummerierungen beinhalten z.B. die Arbeitspaket-Nummer (vgl. Abbildung 1). Sie sind leicht zu merken und ermöglichen eine rasche Zuordnung der Vorgänge nach unterschiedlichsten Kriterien. Bei Veränderungen der Vorgangszuordnung wird jedoch unter Umständen eine Neunummerierung erforderlich aus diesem Grund Für die

-

3.

Projektablaufplanung

313

sollte eine möglichst konstante Grundlage für die Nummerierung gewählt werden (vgl. Groh/Gutsch 1982, S. 13). Aus der so gewonnenen ausführlichen Vorgangsliste kann die Ablaufplanung in einer beliebigen Darstellungsform entwickelt werden. 4.2

Teilnetz-Technik

Auf die Problematik der Übersichtlichkeit einer

Ablaufplanung wurde bereits bei der Besprechung der Darstellungsformen eingegangen. Für umfangreiche Projekte wird die Ablaufplanung demnach unabhängig von der Darstellungsform schnell unübersichtlich. Durch Aufteilung des Gesamtnetzplans in einzelne Teilnetzpläne lassen sich komplexe Projekte in mehreren überschaubaren Bestandteilen planen. Die Teilnetzpläne folgen in ihrer Gliederung zweckmäßigerweise dem Projektstrukturplan und können von den verantwortlichen Projektbeteiligten parallel und unabhängig voneinander erstellt werden bei der Integration der Teilnetze in den Gesamtnetzplan ist jedoch der korrekten Berücksichtigung der vorhandenen Abhängigkeiten große Aufmerksamkeit zu widmen. Die Schnittstellen zum Gesamtnetzplan und damit zu anderen Teilnetzplänen müssen dargestellt und dokumentiert werden (vgl. Rackelmann 1999, S. 560; Lock 1997, S. 179). Der Gesamtnetzplan weist resultierend aus der Zusammensetzung aus mehreren Teilplänen bereits eine Strukturierung auf, die die spätere Detaillierung und Verdichtung des Plans vereinfacht. Ihm kommt in seiner Funktion als übergreifendes Planungsinstrument die Aufgabe zu, zunächst realisierbare Planungsvorgaben für die einzelnen Teilnetzpläne zu liefern, die den Zielsetzungen des Gesamtprojekts entsprechen. Umgekehrt sind die aus den Teilnetzplänen resultierenden Änderungsanforderungen zu berücksichtigen. Die Teilnetzpläne sind dabei so auszugestalten, dass im weiteren Projektablauf auftretende Störungen möglichst weitgehend innerhalb eines Teilnetzes bearbeitet werden können (vgl. analog Sauer 2001, S. 19). -

4.3

Standard-Ablaufpläne

Wenngleich sich ein Projekt definitionsgemäß durch die Einmaligkeit seiner Bedingungen überhaupt erst als ein Projekt qualifiziert, lassen sich in vielen Unternehmen gleichartige Typen von Projekten identifizieren. Für diese Projekttypen können Standard-Ablaufpläne als Vorlagen für neue Projekte entwickelt werden. In ihnen kann das gesammelte Wissen einzelner Projektbeteiligter als organisationales

III.

314

Projektplanung

Wissen verankert werden und steht dem Unternehmen so unabhängig von Einzelpersonen zur Verfügung. Hierfür ist die sorgfältige Dokumentation der Pläne insbesondere der eventuell in ihnen enthaltenen Anordnungsbeziehungen erforderlich (vgl. Schindler 2001, S.88ff).

-

-

Erstellung einer Ablaufplanung für ein neues Projekt auf Basis von Standardplänen erfolgt durch Anpassen des Standardplans an die individuellen Erfordernisse des Projekts: Zusätzliche, nur im aktuellen Projekt vorkommende Tätigkeiten werden dem standardisierten Ablaufplan hinzugefügt, nicht erforderliche Vorgänge werden aus dem Standardplan entfernt. Die

in der Literatur mitunter von Standard-Netzplänen die Rede ist (vgl. Rackelmann 1999, S. 561; Burghardt 2000, S. 257f), bietet sich diese Technik auch bei (vernetzten) Balkenplänen und Terminlisten an. Entscheidend ist, dass durch Standard-Ablaufpläne der Planungsprozess rationalisiert werden kann. In Verbindung mit der in Abschnitt 5.3 beschriebenen Teilnetz-Technik können Ablaufpläne schnell und effizient aus standardisierten Modulen zusammengesetzt und für das konkrete Projekt angepasst werden (vgl. Müller 1994, S. 54ff).

Wenngleich

4.4

Softwaregestützte Ablaufplanung

softwaregestützte Ablaufplanung stehen heute zahlreiche Produkte zur Verfügung. Die zu Grunde liegende Netzplantechnik bot sich infolge Ihres algorithmischen Aufbaus schon früh für die Umsetzung auf Großrechnern an. Mit der Einführung des PCs erlebte die Netzplantechnik eine Renaissance und eine verstärkte Nutzung auch bei kleineren Projekten (vgl. Dworatschek, Hayek 1992). Heutige Softwarepakete unterstützen neben den Funktionen zur Ablauf- und Terminplanung, dem Ressourcenmanagement und der Kostenplanung auch die Projektsteuerung sowie zunehmend die Team-Kommunikation. Eine mit Hilfe eines solchen Pakets erstellte Ablaufplanung stellt damit die Basisinformation für die weitere Bearbeitung des Projekts dar. Oftmals unterstützt ein Produkt nicht alle Anordnungsbeziehungen, so ist beispielsweise die Vorgabe maximaler und minimaler Zeitabstände häufig nicht möglich. Dies ist ggf. bereits bei der Identifikation von Anordnungsbeziehungen zu beachFür die

ten.

Bereits die reine

Nutzung

von

PM-Software als

"Zeichenprogramm",

das

aus

3.

Projektablaufplanung

315

Vorgangslisten mit Terminangaben schnell Balkenpläne erstellt, bringt gegenüber der Vorgangsliste im Tabellenkalkulationsprogramm oder der Textverarbeitung erhebliche Vorteile. Bei Nutzung der dargestellten Möglichkeiten zur Vernetzung von Vorgängen werden diese Vorteile erheblich vergrößert. In Verbindung mit EDVgestützten Standardablaufplänen und der Teilnetztechnik wird die computergestützinsbesondere im Hinblick auf die darauf aufbauende te Ablaufplanung Projektplanung, -Steuerung und Dokumentation oft bereits schon bei kleineren Projekten interessant. -

-

5.

Literatur

Altrogge (1994): Altrogge, Günter: Netzplantechnik, 2. Auflage, München Burghardt (2000): Burghardt, Manfred: Projektmanagement, Leitfaden für die Planung, Überwachung und Steuerung von Entwicklungsprojekten, 5. Auflage, Erlangen/München Daub (1994): Daub, Anke: Ablaufplanung, Modellbildung, Kapazitätsbestimmung und Unsicherheit, Bergisch-Gladbach Dworatschek/Hayek (1992): Dworatschek, Sebastian / Hayek, Assad: Marktspiegel Projektmanagement Software: Kriterienkatalog und Leistungsprofile, 3. Auflage, Köln Groh/Gutsch (1982): Groh, Helmut / Gutsch, Roland W. (Hrsg.): Netzplantechnik, 3. Auflage, Düsseldorf Heeg/Frieß (1999): Heeg, Franz-Josef / Frieß, Peter Michael: Projektstrukturierung, in: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (Hrsg.): Projektmanagement Fachmann, Band 2, 5. Auflage, Eschborn, S.493-518 Hoehne (1999): Hoehne, Joachim: Projektphasen und -lebenszyklus, in: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (Hrsg.): Projektmanagement Fachmann, Band 1,5. Auflage, Eschborn, S.217-248 Lock (1997): Lock, Dennis: Projektmanagement, Wien Madauss (2000): Madauss, Bernd J.: Handbuch Projektmanagement, 6. Auflage, Stuttgart Müller (1994): Müller, Dietrich: Methoden der Ablauf- und Terminplanung von Projekten, in: Schelle, Heinz et. al., Projekte erfolgreich managen, LoseblattSammlung, Stand 09/2001, Köln Patzak/Rattay (1998): Patzak, Gerold / Rattay, Günter: Projekt Management, Leitfaden zum Management von Projekten, Projektportfolios und projektorientierten Unternehmen, 3. Auflage, Wien -

-

III.

316

Projektplanung

(1994): Platz, Jochen: Projekt- und Projektstrukturpläne als Basis Projektplanung, in: Schelle, Heinz et. al., Projekte erfolgreich managen, Loseblatt-Sammlung, Stand 09/2001, Köln PMI (2000): PMI Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge, Pennsylvania Rackelmann (1999): Rackelmann, Günter: Ablauf- und Terminmanagement, in: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (Hrsg.): Projektmanagement Fachmann, Band 2, 5. Auflage, Eschborn, S.519-572 Rittgen (1998): Rittgen, Peter: Prozeßtheorie der Ablaufplanung, Algebraische Modellierung von Prozessen, Ressourcenrestriktionen und Zeit, Stuttgart/ Leipzig Sauer (2001): Sauer, Jürgen: Koordinierte Ablaufplanung auf mehreren Ebenen in: KI Künstliche Intelligenz, 02/2001, S. 18-24, Bremen Schindler (2001): Schindler, Martin: Wissensmanagement in der Projektabwicklung, 2. Auflage, Lohmar / Köln Platz

-

-

-

Normen:

DIN 69900-1: DIN 69900 Teil 1: Projektwirtschaft, Netzplantechnik, Begriffe DIN 69900-2: DIN 69900 Teil 2: Projektwirtschaft, Netzplantechnik, Darstellungstechnik

4.

4.

Planung der Projektzielbereiche

Planung der Projektzielbereiche: Termine, Ressourcen, Qualität von

Norbert Nüchter Inhaltsverzeichnis

6.

Projektterminziele Was macht die Bedeutung der Planung für den Projekterfolg aus? Zeitplanung und Terminplanung Ressourcenplanung Qualitätsplanung Projektplanung als Herzstück des Projekterfolges

7.

Literaturhinweis

1. 2.

3. 4.

5.

317

318

III.

Projektplanung

Autorenbeschreibung Nach der Ausbildung zum Speditionskaufmann und dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Hannover, Lüneburg und Hagen war Norbert P. Nüchter als freier Trainer und Berater in den Bereichen Controlling und Logistik für Unternehmen und Bildungsträger tätig. Parallel dazu absolvierte er eine Ausbildung zum Heilpraktiker sowie ein Studium der Sozialpsychologie und Philosophie. Norbert P. Nüchter ist in verschiedenen Prüfungsausschüssen der Industrie- und Handelskammer Hannover-Hildesheim sowie überregional beim Deutschen Industrie- und Handelstag und im Landesfachausschuss für die Beschlussfassung von Prüfungsaufgaben für die bundesweit einheitliche Controllerausbildung tätig. Er veröffentlichte verschiedene Fachaufsätze und Fachbücher in den Bereichen Controlling und Sozialpsychologie. Seit 1998 hält Herr Nüchter Lehraufträge an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Hannover in den Fächern Kommunikation, Präsentation und Projektmanagement.

4.

1.

Planung der Projektzielbereiche

319

Projektterminziele

Beispiele für Projektterminziele sind die Jungfernfahrt eines Schiffes, die Eröffnung eines Kaufhauses, die Vorstellung eines Prototyps, die Einführung einer Software oder die Übernahme einer betrieblichen Organisation. Alle diese Projektziele sind an das Projektziel Termin gebunden. Oft steht hinter der Pflicht zur Erfüllung, also dem Erreichen des gewünschten Zielzustandes, die Vereinbarung mit dem internen oder externen Kunden, der die Produktion wieder aufnehmen will, die Plätze für die Jungfemfahrt verkauft hat, den geplanten Umsatz in seinem Kaufhaus machen möchte oder einfach vereinbarungsgemäß eine Vertragsstrafe in Form einer Konventionalstrafe fordern kann, wenn das Projekt sich verzögert. Abgesehen von den monetären Folgen haben Terminüberschreitungen in Projekten aber noch weitere gravierende Folgen. Es dauert meist eine ganze Weile, um am Markt deutlich machen zu können, wie zuverlässig das eigene Team planen und durchfuhren kann; meist geht es sehr schnell, dass es sich herumspricht, wenn jemand Projekttermine nicht einhält. Das gleiche gilt für die Projektqualität oder die erwartete Produktqualität. Eine ungenaue und unvollständige Planung führt oft zu "quick and dirty"- Lösungen, die dann den formulierten Qualitätsansprüchen keinesfalls mehr entsprechen können. Beide Zielgrößen hängen wesentlich von der dritten Planungsgröße Ressourcen ab. Durch den Einsatz von mehr als den geplanten Ressourcen können oft sowohl qualitative Mängel als auch Terminüberschreitungen vermieden werden, allerdings nur zu dem Preis der Ressourcenüberschreitung. 2.

Was macht die

Bedeutung der Planung für den Projekterfolg aus?

Die

Planung von Projekten stellt die entscheidende Tätigkeit im Projektprozess dar. Nur eine exakte Planung kann sicher stellen, dass die Projektziele auch erreicht werden können. Das bedeutet, dass die Zielbereiche Termine, Ressourcen und Qualität von dem Gesamtziel des Projektes abhängen. Dadurch entsteht ein Zielkonflikt. Das Projektergebnis soll mit gegebenen Ressourcen termingerecht in der vereinbarten Qualität abgeliefert werden. Dabei soll die gewählte Funktionalität oder Qualität, je nach Projektauftrag, "maximal" sein. Die Kosten, die im Wesentlichen von dem Ressourcenverbrauch abhängen, sollen "minimal" sein und dabei soll das Projekt zum frühest möglichen Zeitpunkt, also termingerecht fertig werden. Dabei hängen die Kernbedingungen von den Bedingungen ab, die das Projektumfeld bilden.

III.

320

Projektplanung

FUNKTIONALITÄT (Ergebnis)

KOSTEN (Aufwand)

Abb. 1: Das

TERMINE (Dauer)

magische Dreieck des Projektmanagements

Es ist leicht nachvollziehbar, dass eine Verkürzung der Zeit als Schlüsselgröße, eine Vorverlegung der Termine also, ebenso die Kosten erhöhen würde, wie die Erhöhung der Qualität. Die Verringerung des Kostenwinkels würde zu einer Verschlechterung der Qualität und zur Nichteinhaltung der Termine führen. Der Ausgleich kann jeweils nur über die dispositive Masse der Ressourcen erfolgen, was dann aber wiederum zu einer Erhöhung der Kosten führen müsste. Die Aufgabe der Projektzielbereichsplanung liegt nun darin, die einzelnen Komponenten so aufeinander abzustimmen, dass das magische Dreieck im Gleichgewicht bleibt, also alle Anforderungen in gleichem Maße Berücksichtigung finden und die geplanten Ressourcen eingehalten werden können. Dazu ist die Abstimmung der Einzelpläne, also des Zeitplanes, des Ressourcenplanes und der Qualitätsanforderungen notwendig. Das Projekt wird in seiner Struktur aus dem Projektstrukturplan (PSP) in einzelne Teilprojekte und die sich daraus ergebenden Aufgaben, die Arbeitspakete, zergliedert, so dass sich jedem Arbeitspaket eine bestimmte Ressource zuordnen lässt. Die bei der Zuordnung verwendete Technik ist die Netzplantechnik.

4.

Planung der Projektzielbereiche

321

PROJEKT 0

(Gesamtaufgabe)

£ TEILPROJEKT 2

TEILPROJEKT 1

I Teilauf-

Igabe

11

Teilauf-

Teilauf-

Teilauf-

Teilauf-

,gabe

gabe

gabe 21

gabe 22

AfCertspaket 121

12|

13]

Arbertspaket 122

Art«*spake1 222

CD

1=1 —

Abb. 2:

Zusammenhang zwischen Projekt Struktur Plan und Netzplan

Die Schlüsselgröße für die Termin-, Ressourcen- und Qualitätsplanung ist also die Zeit. Sie hängt von der Projektstruktur ab und bildet die Steuerungsgröße für den Ressourceneinsatz und die Zielerreichung. Jedes Arbeitspaket bedeutet einen bestimmten vorgegebenen Zeitverbrauch und die Summe aller Zeitverbräuche bildet den Projektendtermin. 3.

Zeitplanung und Terminplanung

die einzelnen Vorgänge, die zur Projekterfüllung notwendig sind, in einem festen zeitlichen Ablauf fest. Dabei werden Aktivitäten, die von anderen Aktivitäten abhängen, in der Reihenfolge angeordnet, in der sie, unter Berücksichtigung ihrer Abhängigkeiten als Arbeitspakete bearbeitet werden können. Die Abhängigkeiten stellen deshalb eine zentrale Termingröße dar, weil sie den eigentlichen Ablauf im Projekt bestimmen. So kann eine Kellerdecke nur dann gegossen werden, wenn sich darunter ein Keller befindet. Die Zeitplanung findet

Die

Zeitplanung legt

322

unter

III.

Berücksichtigung

der

Projektplanung

gegenseitigen Abhängigkeiten

und der

vorgesehenen

Termine statt. Projekte stehen unter dem Primat der Einmaligkeit, so dass die Hauptschwierigkeit darin besteht, die unterschiedlichen Zeitbedarfe zu schätzen. Dabei können gezielte Fragen in der Planungsphase helfen, die Unsicherheit zu verringern. Herbert Kargl schlägt folgende Fragestellung vor und bezieht sich dabei auf das Spiralmodell nach Boehm, De Grace und Stahl. Welche Zeit wird das Projekt beanspruchen? Welche Arbeitspakete oder Aktivitäten bestimmen die Projektzeit? Wann müssen Arbeitspakete oder Aktivitäten beginnen und wann enden? Welche Wirkung haben zeitliche Verschiebungen? Welche Ressourcen werden wann und wie lange beansprucht? Welche Kosten werden wann anfallen? Welche Zusatzkosten fallen bei einer Verkürzung oder Verlängerung der Pro-

jektlaufzeit an? Die Komplexität dieser Fragestellung deutet an, wie sehr die einzelnen Planungsteile von Projekten ineinander verbunden sind und jede Veränderung in einem Teilbereich Veränderungen in fast allen anderen Projektzielbereichen zur Folge haben. Für die Zeit- und Terminplanung ist es wichtig, eine möglichst vollständige Projektstruktur abzubilden. Der Projektstrukturplan hilft die oben gestellten Fragen zu beantworten und bildet den Ablaufrahmen für die zeitliche Abfolge der einzelnen Aktivitäten. Es wäre fatal zu glauben, jemand könne die Zeit- und Terminplanung autark durchführen. Um das richtige Gefühl für die Schätzung der Zeiten zu erhalten beginnt man die Planung der Termine auf der Grundlage der Arbeitspakete. Jedes einzelne Arbeitspaket ist dabei hinsichtlich seiner voraussichtlichen Dauer zu schätzen. Weil die Schätzung eine hohe Ungenauigkeit beinhaltet, müssen, soweit möglich, Fachleute für die Planung herangezogen werden. Sind Programmierungen durchzuführen, fragt man einen erfahrenen Programmierer, sind bauliche Maßnahmen notwendig, fragt man einen Handwerker u.s.w. Eine weitere wichtige Quelle für die Terminplanung in Projekten sind fertiggestellte Projekte, die ausreichend dokumentiert worden sind. Der Vergleich lässt dann vernünftige Rückschlüsse auf die zu erwartende Dauer des Arbeitspaketes zu. Diese Ableitung von Aktivitätsdauem ist allerdings nicht unproblematisch, weil Projekte eben immer etwas neues sind und die einfache Übertragung von Aktivitätsdauem

4.

Planung der Projektzielbereiche

323

auf zukünftige Arbeitspakete, die unter neuen und anderen Bedingungen zu erbringen sind, häufig zu Planungsfehlern führt. Neben den Quellen für die Zeitberechnung spielt in der Entwicklung von DVProjekten die Einführung einer Erfahrungsdatenbank eine überragende Rolle. Dadurch soll das einmal gewonnene Know-How der Unternehmung für alle zukünftigen Projekte gespeichert und jederzeit abrufbereit gehalten werden. Eine solche Erfahrungsdatenbank kann selbstverständlich in allen Unternehmungen, die über eine entsprechende Technik verfugen und in jeder Branche eingeführt werden. Eine Erfahrungsdatenbank soll die folgenden Informationen enthalten:

Projektname Projektziel «

Projektkurzbeschreibung Geschätzter Gesamtaufwand in Arbeitstagen und Funktionen Abweichungen hinsichtlich

Arbeitstagen Kosten Endtermin Kunde

Projektteam Nutzenerwartung Angewandte Methoden Worin lagen die Hauptprobleme während der Projektarbeit? Aus den Informationen über den geschätzten Aufwand an Arbeitstagen und den festgestellten Abweichungen kann nicht nur die zu erwartende Dauer geschätzt, sondern auch das Fehlerrisiko ermittelt werden. Die wesentliche Determinante der Zeit-/ Terminplanung ist aber die Frage nach den zur Verfügung stehenden Kapazitäten und einzusetzenden Ressourcen. Jede Teilaufgabe kann umso schneller abgewickelt werden, je mehr Ressourcen und Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Beide Voraussetzungen gehören aber zu den knappen Mitteln, mit denen ein Betrieb wirtschaften, also haushalten muss. Es ist deshalb unrealistisch, davon auszugehen, dass die geforderten oder benötigten Ressourcen jederzeit im gewünschten Umfang zur Verfügung stehen. Vielmehr beeinflusst die Verfügbarkeit von Maschinenkapazitäten und Personalressourcen die Zeitplanung nachhaltig und damit auch die Terminplanung. Deshalb ist für jedes Arbeitspaket einzeln die Verfügbarkeit der notwendigen Ressource zu planen. Soweit es sich um Ressourcen innerhalb der Unternehmung handelt, sind zeitliche

324

III.

Projektplanung

Absprachen mit den Verantwortlichen zu treffen und soweit es sich um externe Auftragnehmer handelt, sind eindeutige Absprachen über die Verfügbarkeit zu treffen. Nachdem alle Zeiten für alle Aktivitäten und Arbeitspakete festgestellt worden sind, werden sie entsprechend dem Projektstrukturplan in eine logische Reihenfolge gebracht. Dabei ist zu beachten, dass es meist eine ganze Reihe von Aktivitätsbündeln gibt, die parallel zueinander abgearbeitet werden können. Diese Parallelvorgänge wirken zeitsparend hinsichtlich der Termine der einzelnen Aktivitäten und des Endtermines des Projektes. Erst die Addition der einzelnen Aktivitätszeiten und die Erfüllung des Projektstrukturplanes im Projektziel gibt den tatsächlichen Zeitbedarf und den endgültigen Terminplan an. Der Terminplan wird dann sinnvoll in einen Netzplan übertragen, der den Verlauf des Projektes übersichtlich verdeutlicht, die einzelnen Dauern der Aktivitäten anzeigt und einen Überblick über das Gesamtprojekt gestattet. In den Netzplan werden Meilensteine eingefügt, die wesentliche, übergebbare und messbare Projektteilergebnisse repräsentieren. Diese Teilergebnisse stellen zeitlich und terminlich wichtige Abschnittsenden innerhalb des Projektes dar und lassen im Verlauf des Projektes Entscheidungen über den weiteren Fortgang des Projektes zu. Die Meilensteine bilden somit Termine, die den Terminplan in seinen einzelnen Abschnitten abbilden und für seine Einhaltung von evidenter Bedeutung sind. Die Abbildung dieser Zusammenhänge in einem Balkendiagramm ermöglicht die komplette Übersicht über die zeitlichen Verläufe des Projektes und die festgelegten Termine. Das Balkendiagramm zeigt die einzelnen Arbeitspakete, den Meilenstein, Abgabetermin und die Folge und Dauern der einzelnen Arbeitspakete, ihre Verknüpfungen und Abhängigkeiten vor der Probeproduktion. Außerdem wird der Gesamtüberblick über das Projekt vermittelt.

4.

Planung der Projektzielbereiche

325

Beispiel eines Balkendiagramms zur Zeit-/ und Terminplanung von Projekten

Abb. 3:

4.

Ressourcenplanung

Ebenfalls erkennbar wird die Zuordnung der Ressourcen zu den einzelnen Arbeitspaketen. Um den zeitlichen Verlauf des Projektes einhalten zu können, müssen die jeweils benötigten Ressourcen, seien es Personalressourcen, Materialressourcen oder Maschinenressourcen zur Verfügung gestellt werden können. Die Projektmitarbeiter stellen in der Regel die wichtigste Ressource dar. In engerem Zusammenhang mit der Festlegung des Personalvolumens ist die oben beschriebene Ermittlung des Projektendtermins zu sehen. Beide Planungen sollten parallel ablaufen, weil sie direkt voneinander abhängig sind. Der Personalaufwand errechnet sich aus der Abzahl der Mitarbeiter und dem Zeitraum, den sie zur

Verfügung stehen: Personalaufwand

=

Anzahl der Mitarbeiter X Anzahl der

Tage

ihres Einsat-

zes.

Die beiden Faktoren Anzahl der Mitarbeiter und Anzahl der Einsatztage sind nur in engen Grenzen substituierbar. Die Wahl der Kombination der beiden Faktoren hängt von dem Zielsystem, also der Projektstruktur und den begleitenden Untemehmungszielen ab. Die zu berücksichtigenden Ziele können:

III.

326

Projektplanung

Anzahl Mitarbeiter

4

+

A

C D

3 B

E

i:

Abb. 4:

13

14

15

16

Woche

Ressourcenplanungfür ein Arbeitspaket (Mitarbeitergebirge)

Geringe Projektlaufzeit Verzicht auf externe Mitarbeiter Auslastung eigener Mitarbeiter Einsatz eines schlagkräftigen Projektteams Geringer oder kein Personalwechsel während einer Phase

Vermeidung von Einarbeitungsproblemen sein. Betrachtet man das Gesamtprojekt bei der Kapazitätsplanung, so ergeben sich für die einzelnen Arbeitspakete regelmäßig unterschiedliche Kapazitätsbedarfe. Die graphische Darstellung des Personaleinsatzes bezeichnet man als Mitarbeitergebirge. Dabei gilt es zu beachten, dass es sich innerhalb einer Darstellung immer um gleichartige Ressourcen handelt, also um gleichartige Qualifikationen der Mitarbeiter, die durch die Blockbildung unterschieden werden und dem zeitlichen Verlauf zugeordnet werden können. Soweit der Terminplan dies zulässt, kann man durch eine zeitliche Verschiebung der einzelnen Arbeitspakete eine gleichmäßige Kapazitätsauslastung erreichen. Die Buchstaben A-F in der obigen Grafik können sowohl bestimmte Mitarbeiter und ihre zeitlichen Zuordnung, als auch bestimmte Mitarbeiterqualifikationen oder bestimmte Funktionen repräsentieren. Der entscheidende Vorteil dieser Darstellung liegt in der Übersichtlichkeit der Darstellung und der Ablesbarkeit der jeweils benö-

4.

Planung der Projektzielbereiche

327

tigten Kapazitäten. Erfolgt die Zuordnung der Personalressourcen auf der Grundlage des Mitarbeitergebirges (Kapazitätsplanung) und der Arbeitspakete, so wird eine direkte Zuordnung der Mitarbeiter zu den Einsatzzeiten und Aufgaben möglich. Für jede Ressource wird deshalb zunächst die genaue Verfügbarkeit festgelegt und dann die Zuordnung zu den jeweiligen Arbeitspaketen vorgenommen. Dazu erhält jede Ressource einen eigenen Kalender, der Daten, wie den Mitarbeiterurlaub, Fortbildungsmaßnahmen oder Wartungsausfälle bei Maschinen beinhaltet. Solche Zeiträume werden als nicht verfügbare Zeiten in den Kalender eingetragen. Es lassen sich aber nicht alle Funktionen, die für die Erfüllung eines Projektes notwendig sind, in Arbeitspaketen beschreiben. Funktionen wie beispielsweise die Projektleitung, die Projektdokumentation, die Projektabstimmung oder die Ressourcenbeschaffung gehören zu den dauerhaften Aufgaben im Projekt und sind zeitlich und terminlich nicht einzelnen Projektphasen oder Projektabschnitten zugeordnet. Um diese Aufwände im Mitarbeitereinsatzplan richtig zu berücksichtigen, müssen die Kapazitäten der einzelnen Mitarbeiter und sonstigen Ressourcen um diese Zeiten bereinigt werden. Ein Projektleiter, der auch im Projekt mitarbeitet benötigt für die Projektleitung einen bestimmten zeitlichen Aufwand, der wiederum nicht auf bestimmte Zeiteinheiten oder Termine beschränkt werden kann. Der Projektleiter hat eine Gesamtverfügbarkeit von 220 Arbeitstagen im Jahr. Der Aufwand für die Projektleitung beträgt 50 Tage oder 23 %.

Tag

Mitarbeiter

02.05... Schulze Weber Nüchter

Einsatzort Büro Baustelle

Planungs-

Einsatz als Koordinator

Einsatzzeit 8 Stunden Versuchsleiter 4 Stunden 10 Stunden Einsatzpia-

_büro_nung_ 03.05..._

04.05..._ 05.05-_

06.05..._ 09.05-_ 10.05...

Abb. 5: Arbeitskräftebedarfsplan

328

III.

Projektplanung

Für die Mitarbeit im Projekt bleiben also 170 Tage oder 77 % verfügbar. Das bedeutet, dass der Projektleiter arbeitstäglich nur 77 % zur Verfügung stehen kann. Soll der Projektleiter nun ein Arbeitspaket von 10 Tagen Arbeitsaufwand übernehmen, so würde dies eine Ressourcenbelastung von 10 / 0,77 oder 13 Tagen bedeuten. Wegen der geringeren Verfügbarkeit sind im Terminplan also nicht 10, sondern 13 Tage anzusetzen. Auf diese Weise entsteht eine Interdependenz zwischen dem Terminplan und dem

Ressourcenplan. Der Ressourcenplan kann aber auch in den Netzplan integriert werden. Die meisten Projektplanungs- und Steuerungsprogramme bieten die Möglichkeit alle Ressourcen, also die Zeit, die Personalressourcen, die Materialressourcen, die Hilfsmittel und die Kosten und Erlöse im Rahmen eines Planungsszenariums abzubilden. Zu den einfachen Techniken gehört die Listentechnik. Dabei werden die jeweils benötigten Ressourcen exakt in eine Übersichtsliste eingetragen, so dass eine Zuordnung direkt zu den Terminen und den einzelnen Verfügbarkeiten der Ressourcen hergestellt werden kann. Unterschieden werden die Terminliste, die eine, um die Angabe der benötigten Ressourcen erweiterte, Aktivitätenliste ist und der Arbeitskräftebedarfsplan. Diese Liste enthält die Ressourceneinheiten pro Teilperiode oder Zeitintervall und den jeweiligen Einsatzort. Beim Kapazitätsauslastungsdiagramm handelt es sich um eine graphische Darstellung des Arbeitskräftebedarfsplanes. Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Betrachtung vom Frühesten Anfangszeitpunkt (FA) oder vom Spätesten Anfangszeitpunkt (SA) aus betrachtet wird. Durch die unterschiedliche Betrachtungen aus der Vorwärts- bzw. Rückwärtskalkulation ergeben sich unterschiedliche Belastungsspitzen. Starke Einsatzspitzen sind häufig mit erhöhten Kosten verbunden, so dass jede Projektleitung bemüht sein wird, eine möglichst gleichmäßige Auslastung der Ressourcen zu gewährleisten. Ein dazu notwendiger Kapazitätsausgleich kann beispielsweise dadurch geschaffen werden, dass nicht kritische Vorgänge zu einem späteren Zeitpunkt als dem frühesten Anfangszeitpunkt gestartet werden. Jeder andere Ressourcenausgleich durch Glättung oder Optimierung hat entweder einen höheren Ressourcenaufwand oder eine Terminverschiebung zur Folge. Ein Ressourcenausgleich kann beispielsweise durch die Fremdvergabe von Aufträgen, Personalverschiebung oder Einstellung von neuen Mitarbeitern, durch Überstunden oder Sonderschichten bewirkt werden. Alle diese Maßnahmen führen jedoch zu erhöhten Kosten.

4.

Planung der Projektzielbereiche

329

Eine möglichst genaue Planung der benötigten Ressourcen und deren exakte zeitliche Zuordnung zu den Einsatzterminen und den Einsatzzeiten bietet die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Projektdurchführung. 5.

Qualitätsplanung

Die Ressource

Qualität ist zunächst die vom internen oder externen Kunden für das Projektziel empfundene Qualität des zu entwickelnden Produktes, die Qualität der zu erbringenden Leistung, die sich in ihrer Wirkung oder in ihrem Ergebnis zeigt. Dabei hängt die Qualität eines Projektzieles vor allem von der Zielvereinbarung zwischen dem Projektdurchführer und dem jeweiligen Kunden ab. Ziele

aus

Anwendersicht

Was der Anwender erhält

Abb. 6:

Qualitätsstörung durch Kommunikationsfehler bei der Zielformulierung

Um eine ausreichende Qualität für das Projektziel zu erreichen, muss sichergestellt werden, dass die wirklichen Ziele des Auftraggebers auch berücksichtigt werden. Dennoch kann es vorkommen, dass der Auftraggeber mit den Ergebnissen nicht zufrieden ist, obwohl alle Termin-, Ressourcen- und Kostenpläne eingehalten worden sind und alle vom Anwender genannten Wünsche berücksichtigt worden sind. Oft werden bereits am Anfang eines Projektes Anforderungen übersehen, die dann in der Qualitätsplanung nicht berücksichtigt werden können, jedoch für die Lösung des Anwenderproblems von entscheidender Bedeutung sind. Zu den wichtigsten Qualitätsmängeln gehören die Nichtberücksichtigung von: Versteckten Anforderungen aus bisher genutzten Lösungen, die darin enthalten

waren

III.

330

Sogenannte

selbstverständliche

Projektplanung

Funktionen, die ohne Anforderung

erwartet

werden

Verborgene Wünsche des Anwenders Gesetze oder sonstige Vorschriften, die

im

Projekt berücksichtigt

werden

müssen.

Es reicht also in der Regel nicht aus, nur das zu realisieren, was der Anwender will. Um die gewünschte Qualität sicher zu stellen, muss für die Qualitätsplanung in Erfahrung gebracht werden, welche impliziten Ziele der Anwender verfolgt. Dazu gehören beispielsweise Planungsfragen danach, zur Lösung welchen Problems das Projekt verlangt wird oder welche Geschäftsziele oder persönlichen Ziele mit dem Projekt erreicht werden sollen. Um das tatsächliche Projektziel und damit die richtige Projektqualität erreichen zu

können, müssen die Projektkreise möglichst deckungsgleich übereinander gebracht werden. Um eine eindeutige Qualitätsbeschreibung zu erhalten, müssen die folgenden •

Fragen in der Planungsphase beantwortet werden: Was soll erreicht werden? Was muss minimal und was soll maximal erreicht werden? Welche sind die Prioritäten der Projektqualitätsziele?

Die Sicht des Kunden bestimmt also die notwendigen Erfolgsmaßstäbe. Dabei geben oftmals verblüffend einfache Kategorien Auskunft über die Projektleistung. Die Produkt- oder Leistungsqualität, die Projektkosten und die Projekttermintreue können solche Kategorien sein. Es bleiben aber immer die individuellen Kategorien der jeweils zu erbringenden Projektleistung für den Projekterfolg bestimmend. Volkswagen hat solche Projektkriterien für die Optimierung von Qualität, Kosten und Terminen aufgestellt, um den Anforderungen im anspruchvoller werdenden Automobilmarkt begegnen zu können.

4.

Planung der Projektzielbereiche

Abb. 7: Innovative Instrumente zur Optimierung von Die

331

Qualität, Kosten und Terminen

dargestellten Zusammenhänge stellen eine Weiterentwicklung des weiter oben dargestellten magischen Dreiecks dar, nur dass in das Zentrum der Überlegungen die Kundenorientierung gerückt worden ist, während im klassischen Projektmanagement die Ressourcen im Zentrum als disponible Masse stehen. Die Verkürzungsbemühungen der Innovationszeiten dieses Schemas können auch für das Projektmanagement, also als Ziel für die innovative Qualitätsverbesserung direkt angewendet werden, während die Anpassung der Kostenstruktur durch das Target Costing nur bedingt anwendbar sein dürfte, weil diese Form des Kostenmanagements eine kontinuierliche Fertigung voraussetzt. Dennoch ist der Zusammenhang mit der Qualität von Produkten und Projekten unübersehbar. Wie bei einer herzustellenden Serie ist der Kunde auch im Projekt lediglich bereit, für eine bestimmte Qualität zu bezahlen, so dass dieses Kriterium maßgeblich für den Projektumfang und die anzustrebende Qualität des Projektergebnisses ist. Das zu übernehmende Kernstück der dargestellten Handlungsübersicht bildet der Qualitätsanspruch des Kunden, der auch für die Durchführung von Projekten mit der Methode des Total Quality Management (TQM) realisiert werden kann. Dazu ist es allerdings notwendig, die Projekthäufigkeit in der Unternehmung festzustellen, damit daraus die Entscheidung getroffen werden kann, ob sich die Einführung des TQM-Systems lohnt.

III.

332

In der DIN EN ISO 8402 heißt

Projektplanung

es zum

TQM:

TQM ist eine auf der Mitwirkung aller ihrer Mitglieder beruhende Führungsmethode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt stellt und durch Zufriedenstellung der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und für die Gesellschaft zielt. TQM zielt auf eine optimale Bedürfnisbefriedigung der internen und externen Kunden und erfordert einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Das bedeutet für die Planungsgenauigkeit eine ständige Verbesserung durch Verbesserung der Qualität der Projektergebnisse, die zu einem großen Teil von Erfahrungen und deren Auswertungen abhängt. TQM ist ein System, dass versucht das magische Dreieck von Kosten, Zeit und Qualität zu optimieren. Sehr nahe kommt die TQMPhilosophie dem Projekt-Qualitäts-Management mit dem Ziel der Sicherung und Verbesserung der inhaltlichen Qualität. Dadurch wird TQM und damit die Projektqualität zu einer zentralen Managementaufgabe. Ziele wie Termineinhaltung und Wirtschaftlichkeit konkurrieren jedoch häufig mit den Qualitätszielen von Projekten. Wird die Qualität vernachlässigt, so ergibt sich zwar kurzfristig ein Vorteil, z.B. bei der Programmierung von Software bzw. Anwenderprogrammen, dem Testen von Programmen und Programmteilen und bei der Wartung, wenn auf die Umsetzung der Qualitätsressourcen verzichtet wird. Später machen sich die Maßnahmen zur verdeckten Reduzierung der Qualität um so stärker bemerkbar. Wie auch die TQM-Systeme verlangt die Qualitätssicherung die Definition und Einhaltung der Qualitätsanforderungen in Projekten. Verantwortlich sind alle Mitarbeiter, besonders aber die Projektleiter und das Management. Bei Anwenderprogrammen gelten als herausragende Qualitätsziele die Zuverlässigkeit, die Robustheit und Wartungsfreundlichkeit der Programme. Diese Qualitätsziele lassen sich auf die meisten Projektziele und Projektprodukte direkt übertragen. Ziele der Qualitätssicherung sind vor allem:

Fehlervermeidung Fehler-(früh) erkennung Beseitigung von Fehlem und Fehlerursachen Vermeidung von Fehlerauswirkungen nach außen Risiko- und Kostenminimierung. Was aber bedeutet nun die Planung der Qualität im Rahmen des Projektmanagements? Es ist das Ziel, eine bestimmte Qualität, also einen vom Kunden wahrgenommenen und gewünschten Qualitätszustand herzustellen. Dazu gehört einerseits

4.

Planung der Prqjektzielbereiche

333

die Festlegung der Qualitätsziele der Unternehmung und andererseits der daraus und aus dem Kundenauftrag abgeleiteten Qualitätsziele für das jeweilige Projekt. Die Festlegung der Qualitätsziele der Unternehmung erfolgt im Rahmen der Qualitätssicherungssysteme ISO 9000 ff. Die Planung der Qualität für ein Projekt kann durch ein Anforderungsprofil erreicht werden (Kunde, Betrieb). Das Hauptziel der Qualitätsplanung ist die Abstimmung der unterschiedlichen Qualitätsmerkmale und der sich daraus ergebenden Qualitätsansprüche in der Weise, dass einerseits die Leistungsfähigkeit des eigenen Betriebes nicht überfordert wird, was sich in Termin- und Ressourcenengpässen niederschlagen würde und damit die Kosten des Projektes unnötig erhöhen würde. Andererseits müssen die Kundenanforderungen so weitgehend befriedigt werden, dass eine größtmögliche Kundenzufriedenheit erreicht werden kann, denn gerade bei der Projektarbeit ist nur der Kunde zufrieden, der wiederkommt und seine guten Erfahrungen anderen berichtet. Qualitätsplanung formuliert die Qualitätsstandards, sowie alle Maßnahmen und organisatorischen Regelungen, die Qualitätssicherung in allen Projektphasen gewährleisten. Der Qualitätsplan beschreibt alle Kunden- und Umfeldanforderungen an die Ergebnis- und Prozessqualität, die die Zusammenarbeit mit dem Umfeld betreffen. Ein Qualitätsplan lässt sich in folgenden Schritten entwickeln: Identifikation von Qualitätskriterien Entwicklung von Meßsystemen, um die Qualitätskriterien messbar zu machen Definition der Organisation der Qualitätssicherung durch Verantwortlichkeiten und Termine Abstimmung im Projektteam mit den Entscheidungsträgem Abstimmung mit dem Kunden und dem betroffenen Umfeld.

Qualitätsplanung lässt sich eben nur mit dem Betrieb, mit dem Kunden und mit dem Umfeld gemeinsam realisieren. 6.

Projektplanung als Herzstück des Projekterfolges

Wie diese Ausführungen gezeigt haben stellt die Planung für das Projekt den Teil des Projektmanagements dar, der den Erfolg des Projektes sozusagen vorherbestimmt. Ist die Planung des Projektes ernst genommen worden und sind die Teilpläne peinlich genau aufeinander abgestimmt worden, dann steht der reibungslosen Durchführung des Projektes nichts entscheidendes mehr im Wege. Allerdings

III.

334

müssen für den

Projektplanung

Erfolg die geplanten Vorgänge und Arbeitspakete führt und die Planungsdaten eingehalten werden.

exakt

durchge-

7. Literaturhinweis

Classen,U., Hilbert,H. (1995) Qualität, Kosten und Termine: in Steinle, Bruch, Lawa (Hrsg) Projektmanagement, FAZ-Wirtschaftsbücher, Frankfurt/M. Feyhl, A. W., Feyhl, E., (1996) Management und Controlling von Softwareprojekten, Gabler; Wiesbaden Kargl, Herbert, (2000), Management und Controlling in IT-Projekten, Oldenbourg, München/Wien

Litke, H.-D., (1991), Projektmanagement: Methoden, Techniken, Verhaltensweisen. Hanser, München/Wien

Rattay,G, (1996) Projektplanung Poeschel, Stuttgart

in

Eschenbach, R. (Hrsg.), Controlling, Schäfer-

5. Projektbudgetierung

5.

335

Projektbudgetierung von

Dipl.-Kfm. Joachim

Sandt

Inhaltsverzeichnis

Management Summary 1. Projektbudgetierung Grundlagen, Besonderheiten und Voraussetzungen 1.1 Was ist Budgetierung? 1.2 Projektbudgetierung 1.3 Voraussetzungen für Projektbudgetierung was muss vorher schon erledigt sein? 2. Aufstellen der Projektbudgets 2.1 Gesamtbudget versus Einzelbudgets 2.2 Aufgliederung eines Projektbudgets 2.2.1 Variable und fixe Projektkosten 2.2.2 Projektkostenarten 2.2.3 Aufgliederungsmatrix der Projektkosten 2.3 Ermittlung der Einzelbudgets 2.4 Budgetsimulation 3. Tätigkeiten nach Erstellung des Projektbudgets 3.1 Abweichungsanalyse 3.2 Korrektive Maßnahmen oder Anpassungen 4. (Fehl-)Verhalten bei der Projektbudgetierung 4.1 "Stille Budgetreserven" 4.2 "Kosmetik" bei Abweichungen -

-

III.

336

5.

Zusammenfassung und Fazit

6.

Literaturhinweis

Projektplanung

Auto ren hinweise

Nach seinem Betriebswirtschaftsstudium in Deutschland und den USA arbeitete Dipl.-Kfm. Joachim Sandt drei Jahre als Unternehmensberater bei der CTcon GmbH Consulting & Training im Controlling. Schwerpunkte seiner Tätigkeit waren Projekte zu den Themen Kennzahlensysteme, Geschäftsprozessoptimierung, Prozesskostenrechnung und Kundenerfolgsrechnung. Seit 1999 ist Joachim Sandt wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Controlling und Telekommunikation an der Wissenschaftliche Hochschule für Untemehmensführung (WHU) in Vallendar bei Koblenz und promoviert dort zum Einsatz von Kennzahlensystemen in der Unternehmenssteuerung. Darüber hinaus ist er selbstständiger Unternehmensberater und Trainer. Als Trainer ist er im Bereich Management und Controlling sowohl in In-House-Schulungen (z.B. für RWE AG, Deutsche Telekom AG DEVK AG) als auch in offenen Seminaren tätig (z.B. Management Circle). E-Mail: [email protected]. -

5.Projektbudgetierung

337

Management Summary Die Projektbudgetierung ist ein wichtiges Element zur Steuerung eines Projektes. Im Rahmen der Projektbudgetierung werden für ein Projekt ein Gesamtbudget und Einzelbudgets aufgestellt, kontrolliert und evtl. angepasst. Die Projektbudgetierung ist Teil der Projektplanung und spezifiziert den Projektplan hinsichtlich notwendiger Ressourcen. Diese werden analog zu einer Prozesskostenrechnung gemäß Projektplan für einzelne Maßnahme und evtl. noch detaillierter für Aktivitäten budgetiert. Die Budgets enthalten mengen-, aber vor allem wertmäßige Größen. Im Gegenstromverfahren werden Bottom Up-aggregierte Budgets mit einem Top Down vorgegebenen Budget abgeglichen und angepasst. Die Unterscheidung der Budgets in variable und fixe Budgetkosten einerseits und Budgetkostenarten andererseits führt zu wichtigen Schlussfolgerungen für das Projektmanagement: Eine Umwandlung fixer in variable Projektkosten erhöht die Flexibilität im Laufe des Projekts, Schwerpunkte bei Projektkostenarten weisen auf bedeutende Steuerungsaspekte im Projekt hin. Budgetsimulationen in der Phase der Aufstellung der Budgets sensibilisieren für mögliche ungünstige Entwicklungen. Der Soll-IstVergleich bzw. die Abweichungsanalyse ist ein zentraler Punkt der Budgetierung. Idealerweise sollte er konstruktiv zum Lernen fuhren. Verhaltensaspekte wie Bildung "stiller Budgetreserven" und "Kosmetik" der Abweichungen konterkarieren aber das große Potenzial der Budgetierung und müssen von der Projektleitung proaktiv angegangen und verhindert werden. 1.

Projektbudgetierung

-

Grundlagen,

Besonderheiten und

Voraussetz-

ungen 1.1

Was ist

Budgetierung?

Der Begriff Budget ist historisch im Rahmen der staatlichen Etatplanung entstanden. Er bezeichnete ursprünglich die Zusammenfassung und Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben öffentlicher Köperschaften im Sinne eines Finanzplanes (Dambrowski 1986, S. 18). Seit den zwanziger Jahren wird der Begriff auch in der Untemehmenspraxis verwendet. In der Regel versteht man unter Budgets wertmäßige Plangrößen (z.B. Einzahlungen/Auszahlungen, Einnahmen/ Ausgaben, Aufwendungen/Erträge oder Kosten/Erlöse). Neben wertmäßigen Budgetgrößen gibt es aber auch Mengenbudgets (z.B. Absatz-, Produktionsmengenbudgets, Mitarbeiter-, Tagebudgets). Sie spielen insbesondere für die kurzfristige

III.

338

Projektplanung

Feinsteuerung eine Rolle bei relativ stabilen Preisen der jeweiligen Ressourcen. Die Budgetierung bezeichnet den Prozess der Erstellung, Verabschiedung und Kontrolle der Budgets sowie eventuelle Anpassungen. Ziel der Budgetierung ist die Ausrichtung nachgeordneter Instanzen bzw. Entscheidungsträger auf die Zielsetzung des Unternehmens. Beipielsweise erstellt ein Automobilhersteller ein Gesamtkostenbudget für eine Modellreihe. Im Rahmen des Gesamtkostenbudgets werden Einzelbudgets für Organisationseinheiten wie Forschung und Entwicklung, Produktion, Marketing und Vertrieb aufgestellt. Diese Einzelbudgets werden jeweils weiterdifferenziert. Das Gesamtkostenbudget ist dabei das übergeordnete Budget. Mit den Einzelbudgets werden die verschiedenen Organisationseinheiten koordiniert. Die Budgetierung erfüllt im wesentlichen eine Koordinationsfunktion. Dabei sind die Budgets bereichs-, nicht aktionsbezogen. Die Planung und Durchführung der einzelnen Aktionen liegt im Entscheidungsspielraum des Budgetverantwortlichen. Dadurch haben Budgets im Gegensatz zur konkreten Maßnahmenplanung eine höhere Motivationswirkung. Absatzbudget

I Umsatzbudget

Produktionsbudget

Vertriebssbudget

Materialbudget

Beschaffungsbudget

Verwaltungsbudget

Fertigungsbudget Forschungs- und Entwicklungsbudget

Budgetierte Erfolgsrechnung

Abb. 1: Grobstruktur eines

Investitionssbudget

Budgetierte Bilanz

Zahlungsmittelbudget

Budgetsystems (in Anlehnung an Prehm 1995,

S.

199).

Bei dem angeführten Beispiel wird die Nähe der Budgetierung zur Planung deutlich. Budgetierung ist Teil der Planung, der durch (überwiegend) wertmäßige Größen und eine hohe Verbindlichkeit durch die Zuordnung von Budgets zu

5.Projektbudgetierung

339

Organisationseinheiten bestimmt ist. Im Rahmen von Einzelbudgtes können aber auch wie erwähnt Mengenbudgets verwendet werden. Die Budgetierung ist ein Instrument der operativen Planung. Abbildung 1 illustriert ein Budgetsystem. Es spiegelt den Budgetierungsprozess wieder. Ausgangspunkt ist dabei das Absatzbudget, aus dem Einzelbudgets abgelei-

-

tet

1.2

werden.

Projektbudgetierung

Im Rahmen der

Projektbudgetierung werden für ein Projekt ein Gesamtbudget und Einzelbudgets aufgestellt, kontrolliert und evtl. angepasst. Die Projektbudgetierung ist Teil der Projektplanung. Die allgemeinen Ziele des Projektes und evtl. Qualitätsund Terminvorgaben als Nebenbedingungen, der sogenannte (gewünschte) Output des Projektes, sind definiert. Daran schließt sich die Budgetierung an. Sie ist daher inputorientiert und beantwortet die Frage, welche und wie viele Ressourcen notwendig sind, um die Projektziele unter den Nebenbedingungen Qualität und Zeit zu erreichen? Ressourcen sind dabei z.B. Mitarbeiter oder Maschinen. Werden diese Ressourcen bewertet, spricht man von Kosten. Projektbudgetierung bezieht sich somit zum überwiegenden Teil auf Kostenbudgets. 1.3

Voraussetzungen erledigt sein?

für

Projektbudgetierung

-

was

muss

vorher schon

Die Projektbudgetierung ist wie bereits erwähnt Teil der Projektplanung. Bevor ein Projekt budgetiert werden kann, müssen vorher einige Vorarbeiten geleistet werden. Selbstverständlich werden im Rahmen der Projektplanung zunächst die Ziele des Projekts definiert und die entsprechenden Qualitäts- und Terminanforderungen. Für die Budgetierung ist es weiterhin als Voraussetzung notwendig, dass die Projektmaßnahmen, die zur Zielerreichung führen, festgelegt sind. Die Projektmaßnahmen werden in einen Projektplan eingestellt. Die sich darauf aufbauende Budgetierung ist dann im Wesentlichen eine detaillierte Ressourcen- und Kostenplanung. Demzufolge ist die Projektbudgetierung eine weitergehende Spezifizierung der Projektplanung hinsichtlich notwendiger Ressourcen. Im Folgenden werden die einzelnen Phasen der Projektbudgetierung dargestellt. -

-

III.

340

2.

Projektplanung

Aufstellen der Projektbudgets

In diesem

Kapitel wird das Aufstellen der Projektbudgets beschrieben. Nach der Abgrenzung von Gesamt- und Einzelbudgets werden Aufgliederungsmöglichkeiten eines Projektbudgets dargestellt. Danach wird gezeigt, wie Einzelbudgets bestimmt werden können. Die Verknüpfung der Budgets mit dem Projektplan stellt dabei den bedeutsamsten Schritt beim Aufstellen der Projektbudgets dar. Abschließend wird gezeigt, dass Budgetsimulationen wichtige Erkenntnisse liefern. In einer Budgetsimulation können verschiedene Szenarien durchgespielt und die Schlussfolgerungen in den endgültigen Budgets berücksichtigt werden 2.1

Gesamtbudget versus Einzelbudgets

Gesamtbudget eines Projekts stellt die Gesamtkosten dar. Das Gesamtbudget kann wiederum in Einzelbudgets aufgegliedert werden. Zu Beginn der Projektbudgetierung kann man zwei Ausganssituationen unterscheiden: das Gesamtbudget steht fest und darf nicht verändert werden, das Gesamtbudget steht nicht fest und wird im Rahmen der Budgetierung Das

ermittelt. In der ersten Situation ist im Rahmen der Projektplanung das Gesamtbudget bereits festgelegt worden. Das ist häufig dann der Fall, wenn ein Gesamtbudget unter keinen Umständen überschritten werden darf. Beispielsweise werden für eine Imagekampagne 2 Millionen DM bewilligt. Das Ziel ist die Verbesserung des Unternehmensimages im laufenden Jahr. Die Aufteilung des Gesamtbudgets auf Einzelbudgets obliegt dem Projektleiter, wobei die Höhe des Gesamtbudgets nicht veränderbar ist. Dieser Ansatz ist ein Top Down-Verfahren. Es wird nicht nur bei begrenzten Finanzmitteln angewendet, sondern auch, um gewisse Zielbudgets zu realisieren: Man möchte eine Budgetobergrenze setzen. Diese Vorgehensweise ist analog zum sogenannten Target Costing für ein Produkt, wo Zielkosten und deren Aufteilung auf Produktkomponenten aufgrund von Marktforschungsergebnissen und Renditeerwartungen festgelegt werden (Rosier 1996). Steht das Gesamtbudget zu Beginn der Budgetierung nicht fest und wird analytisch durch Aufstellen von Einzelbudgets ermittelt, spricht man von einem Bottom UpVerfahren: Für die einzelnen Projektmaßnahmen werden Budgets ermittelt und anschließend aggregiert. Mit diesem Verfahren werden das Wissen und die Erfahrung der beteiligten Organisationseinheiten im Gegensatz zu einem reinen -

5Projektbudgetierung

341

Top Down-Verfahren einbezogen. Das sogenannte Gegenstromverfahren ist eine Verbindung aus Top Down- und Bottom Up-Verfahren. Ausgehend von einem Top Down-Gesamtbudget werden Einzelbudgets abgeleitet. In einem Bottom Up-Prozess werden von den jeweiligen Organisationseinheiten analytisch die Einzelbudgets erstellt und wiederum aggregiert. In der Regel kommt es dann zu Abweichungen zwischen Top Down-Gesamtbudget und Bottom Up-aggregiertem Gesamtbudget. Jetzt werden in einem Anpassungsprozess die einzelnen Budgets erneut überprüft und modifiziert. Damit wird im Gegenstromverfahren zum einen ein (Ziel-)Gesamtbudget aufgestellt. Gleichzeitig wird aber zum anderen das Wissen der verschiedenen Projektbeteiligten hinsichtlich der notwendigen Ressourcen und Kosten für das Projekt einbezogen und expliziert. Durch das Bottom Up-Verfahren werden darüber hinaus die Projektbeteiligten bei der Budgetermittlung einbezogen. Für die Einhaltung der Budgets im Projektverlauf hat das aus Akzeptanz- und Motivationsgründen eine hohe Bedeutung: Es besteht eine höhere Akzeptanz für Budgets, an deren Erstellung man selbst beteiligt war, als an Budgets, die von einem Dritten vorgegeben wurden. -

2.2

Aufgliederung eines Projektbudgets

Das

Projektbudget stellt Projekt(-kosten-)budget

wie kann

-

eingangs erläutert man grundsätzlich

ein Kostenbudget dar. Dieses nach zwei Kategorien aufglie-

-

dern: die Unterscheidung nach variablen und fixen Projektkosten, die Unterscheidung nach Projektkostenarten, im Wesentlichen Sach und Kapitalkosten. 2.2.1 Variable und fixe

Personal-,

Projektkosten

Variable Projektkosten fallen nur bei Durchführung geplanter Projektmaßnahmen an. Werden die Maßnahmen nicht durchgeführt, entstehen auch keine Projektkosten. Im Gegensatz dazu stehen die Projektfixkosten, die unabhängig von der Durchführung der Projektmaßnahmen anfallen. Deyhle verwendet für die Unterscheidung variabler und fixer Kosten die anschaulichen Termini "Produktkosten" und "Strukturkosten" (Deyhle 1997a, S. 108). Die Unterscheidung in variable und fixe Projektkosten ist deshalb von Bedeutung, weil im Rahmen der laufenden Projektsteuerung die fixen Projektkosten nicht (mehr) beeinflussbar sind. Lediglich die variablen Projektkosten sind noch beein-

342

III.

Projektplanung

flussbar, indem Projektmaßnahmen modifiziert oder nicht durchgeführt werden.

Überlegung,

ob Projektkosten variabel oder fix sind, sollte im Rahmen der Budgetierung bestimmt werden. Der Projektleitung wird dadurch bewusst, wo Stellhebel für Budgetanpassungen im laufenden Geschäft bestehen. Darüber hinaus wird die Projektleitung sensibilisiert für die fixen, im laufenden Projekt nicht mehr Die

Projektkosten. Die Überlegungen können zu entsprechenden Änderungen führen, z.B. durch entsprechende Kündigungsfristen von Büroräumen, Leasing anstatt Kauf von Maschinen. Die Umwandlung fixer in variable Projektkosten erhöht die Flexibilität im laufenden Projetkgeschäft bei notwendigen Budgetanpassungen. beeinflussbaren

2.2.2

Projektkostenarten

Im Rahmen der Budgetierung ist auch eine Unterscheidung der Projektkostenarten hilfreich. Eine Grobgliederung gemäß der elementaren Einsatzfaktoren unterscheidet die Kostenarten Personal-, Sach- und Kapital(-projekt-)kosten. Personalkosten sind die Kosten für Mitarbeiter des eigenen Unternehmens. Sachkosten fallen für alle von außen bezogenen Produkte und Dienstleistungen an, z.B. Büromaterialien,

Zeitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma. Kapitalkosten entstehen bei dem Einsatz von Betriebsmitteln als Abschreibungen und Zinsen. Die Personal- und Sachkosten haben dabei ein Mengen- und ein Wertgerüst. Z.B. werden für ein Softwareprojekt 20 Personal Computer benötigt. Dies stellt das Mengengerüst dar. Der Preis für die Monatsmiete eines PC kostet 1 000 DM und ist das Preisgerüst. Die Aufgliederung des Projekt(-kosten-)budgets nach diesen Kostenarten zeigt der Projektleitung, wo die Kostenschwerpunkte liegen. Das hängt natürlich von der Projektart ab: Ein Hochbauprojekt erfordert einen deutlich höheren Kapitalkostenanteil als ein Softwareprojekt, in dem ein Software-Programm erstellt wird. Letzteres ist gekennzeichnet durch einen hohen Personalkostenanteil.

angemietete

343

5.Projektbudgetierung

2.2.3

Aufgliederungsmatrix der Projektkosten

Gemäß der oben beschriebenen Aufgliederung der Projekt(-kosten-)budgets kann die in Abbildung 2 dargestellte Matrix aufgestellt werden.

Variable



Pe rso n a I p ro j e kt kosten

Sachprojektkosten

Projektkosten

Fixe

Untemehmenseigene Projektmitarbeiter, die bei Bedarf eingesetzt und nur dafür abgerechnet werden

Projektkosten

Unternehmenseigene Projektmitarbeiter, die für die gesamte Dauer des Projektes frei gestellt worden sind

Mitarbeiter einer

Unternehmensberater, der für das

Zeitarbeitsfirma, die nach tatsächlichem (variablem) Einsatz eingesetzt und abgerechnet

gesamte Projekt das Projektmanagement übernimmt

werden

Kapitalprojektkosten

Stundensätze für Maschinen, z.B. Baukräne, die im Unternehmen auch anderweitig eingesetzt werden



Spezialmaschinen, die ausschließlich für das Projekt angeschafft werden

Abb. 2: Aufgliederungsmatrix der Projekt(-budget-)kosten mit Beispielen Die Aufgliederung gemäß der Matrix hilft zum einen, den fixen Projektkostenanteil zu bestimmen. Dies kann ggf. dazu fuhren, fixe Projektkosten in variable umzuwandeln, um dadurch den Handlungsspielraum im laufenden Projekt zu erhöhen. Zum anderen macht die Unterteilung in die Kostenarten klar, wo die Kostenschwerpunkte liegen und welche Kostenart schwerpunktmäßig gesteuert werden muss. Die Steuerung eines Projektes mit hohem Sachkostenanteil, z.B. Bauherrenprojekte, verlangt tendenziell eher ein gutes "Lieferantenmanagement". Ein Projekt mit hohem Personalkostenanteil erfordert Schwerpunkte bei der Mitarbeiterführung. Eine in der Kostenrechnung noch übliche Unterteilung in Einzelkosten und Gemeinkosten ist im Rahmen der Projektbudgetierung nicht zweckmäßig. Alle im Laufe des Projektes entstehenden Kosten werden dem Projekt zugeordnet und sind

demzufolge Projekteinzelkosten.

III.

344

2.3

Projektplanung

Ermittlung der Einzelbudgets

vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Aufgliederungsmöglichkeiten der Projektbudgtes sind wichtig als Orientierungs- und Entscheidungshilfe. Im nächsten Schritt können vor dem Hintergrund dieser Differenzierung die Einzelbudgets

Die im

ermittelt werden. Das sind wie beschrieben die verschiedenen Ressourcenverbräuche bzw. die Projektkosten. Dabei plant man zunächst die Mengenbudgets. Im nächsten Schritt werden die jeweiligen Preise ermittelt. Mengenbudgets und Preise ergeben die Projektbudgets. Grundlage für die Einzelbudgets ist ein weitgehend differenzierter Projektplan. In dem Projektplan sind die einzelnen Phasen eines Projektes aufgeführt. Die einzelnen Phasen enthalten die zur Erreichung der Projektziele erforderlichen Projektmaßnahmen. Die Projektmaßnahmen sind Zurechnungsobjekt der Budgets und damit Budgetkostenträger: Jeder Maßnahme wird ein Budget zugeordnet. Die Projektbudgetierung gleicht daher der Prozesskostenrechnung, wobei die Projektstruktur die Prozesstruktur darstellt (Horväth/Mayer 1989). Die Projektphasen sind die Hauptprozesse, die Projektmaßnahmen die Prozesse. Die Projektmaßnahmen können durch Aktivitäten weiter differenziert werden. Für jede Projektmaßnahme (und evtl. sogar für einzelne Aktivitäten) wird ein Einzelbudget erstellt. Dabei sollten die im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Differenzierungsmöglichkeiten der Budgets durchgeführt werden, d.h. jedes Budget einer Projektmaßnahme sollte unerschieden werden nach variablen und fixen Budgetkosten sowie Personal-, Sach- und Kapitalkostenbudgets. Diese weitergehende Differenzierung des Projektplanes im Rahmen der Budgetierung führt ggf. dazu, dass Projektmaßnahmen angepasst oder verfeinert werden. Die Budgetierung erfüllt damit eine wichtige Funktion, indem sie eventuell bisher nicht beachtete Aspekte beleuchtet und den Projektplan weiter spezifiziert. Die Ermittlung der Sach- und Kapitalprojektkosten ist in der Regel wenig problematisch. Durch Marktpreisvergleiche kann man die entsprechenden Kosten bzw. Budgets sehr gut ermitteln. Für die Berechnung der Kapitalkosten sind weiterhin der Verzinsungsfaktor und die Nutzungsdauer der Kapitalgüter zu bestimmen. Die Budgetierung der Personalkostenbudgets erfolgt wiederum in zwei Schritten: -

-

Mengengerüstplanung und Preisermittlung. Im Rahmen der Preisermittlung sollten Mitarbeitergruppen nach Gehalts- und Lohngruppen unterschieden werden. Dafür bilden die entsprechenden Vergütungsund Tarifgruppen der Unternehmen die Basis. Ggf. kann man bei geringen Gehaltsund Lohnunterschieden Gruppen aggregieren. In einer Preisliste werden die

5. Projektbudgetierung

345

der jeweiligen Gruppen festgehalten. Diese sind in der Regel relativ stabil, da sich Änderungen der Gehälter und Löhne nicht kurzfristig ergeben, sondern Gegenstand von Tarifverhandlungen sind. Wichtig bei der Erstellung der Tabellen ist es, alle Gehalts- und Lohnbestandteile miteinzubeziehen. Des Weiteren sollte die Vergütungstabelle die Gehälter und Löhne der jeweiligen Gruppen je Tag und sogar je Stunde ausweisen. Die Vergütungstabelle ist damit nutzbar für Budgetierungen im Laufe des Projektes. Hinzuweisen ist auch darauf, dass diese Vergütungstabelle zentral erstellt und gepflegt werden sollte. Das gewährleistet im Rahmen des Projektes eine einheitliche Bewertung des Personaleinsatzes. Eine selbstverständliche, aber in großen Projekten nicht immer beachtete Verhaltensweise! Ist das Preisgerüst für die Personalkostenbudgets ermittelt, muss das Mengengerüst aufgestellt werden. Hierbei sollten die Projektmaßnahmen Grundlage sein (siehe oben). Dabei können die Mengenbudgets bis auf die Ebene einzelner Mitarbeiter und sogar auf Stundenbasis budgetiert werden. Im laufenden Projekt können diese Zeitbudgets den Istmengen gegenübergestellt werden. Dazu müssen die Projektmitarbeiter ihre verbrauchten Zeiteinheiten für die verschiedenen Projektmaßnahmen aufschreiben. Das kann wie erwähnt bis auf Stundenbasis differenziert werden. In Unternehmensberatungen, in denen Projektarbeit das tägliche Geschäft ist, wird genau dieses gemacht. Die Berater füllen am Ende des Tages einen Einsatzbogen aus. Oft werden in 0,25 Tage-Einheiten einzelne Projektmaßnahmen "bebucht" (das entspricht bei acht Arbeitstunden pro Tag zwei Stunden). Der dafür notwendige Erhebungsaufwand für jeden einzelnen Mitarbeiter beträgt wenige Minuten je Tag. Auf der Gegenseite entsteht durch die genaue und zeitnahe Erfassung der Nutzen einer genauen Isterfassung, die den Budgetgrößen als Basis für eine aussagekräftige Abweichungsanalyse gegenübergestellt werden kann. Abbildung 3 zeigt einen auf Basis des Projektplans erstellten Erfassungsbogen für die Projektmitarbeiter.

Vergütungen

-

-

III.

346

Projektplanung

/ Mitarbeite rz\ I Mitarbeiter y"\

/ Mitarbeiter x\ PmjcklpUn 1 Bestehendes

I

2

I

3

I

4

I

5

I

6

I

7

I

8

I

9

I lOl III i:l

13 I 14 | 15 | 16 | 17 | 18 I

19l 20] 21 I

22 I 23 [ 24 I 25 I

261 27 I

28 I 2V> [ 30

System vollständig abbilden

2 Kundenzufriedenhett mit jetzigem

System

e

Konzept erstellen 1

2 3 4

5 6 7

Kundenanfnrdetungim

im

neues

System ermitteln

Siillprivessc definieren

Grobkonzept erstdien Abstimmung mit Lenkungsausschuss Modifilustion Grobkonzept

Feinkmzept erstellen Feinkiatzept mit Abteilungen abstimmen

Femkmzepl mit Lenkunusausschuss abstimmen C Implcmcnticniim 1 Prototypen in einer Abteilung Implementieren 2 Testlsuf durchfuhren H

i

Anpassung Prototypen

System in allen Abteilungen implementieren 3 Mitarbeiter der Abteilungen schulen_

4

Abb. 3:

Zeiterfassungsbogen für Projektbudgetierung und -Kontrolle

Mit DV-Programmen ist die genaue Personalressourcenerfassung zudem einfach zu verwalten. Einfache, selbst erstellte Lösungen mit Hilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen wie z.B. MS-Excel bieten ein sehr schlankes und effektives Instrument der Projektsteuerung. Weitergehend spezifizierte Lösungen können im Intranet über Groupware wie z.B. Lotus Notes realisiert werden. Für die Budgetierung aller Projektkostenarten sollte die Detaillierung natürlich auch hier einem ABC-analytischen Ansatz folgen: Je höher der Anteil der jeweiligen Budgets, desto detaillierter die Planung. Das bereits erwähnte Projektbeispiel, in dem eine Software mit überwiegend eigenen Programmierern erstellt wird, erfordert eine genau Personalkostenbudgetierung. Die oben beschriebenen Zeiterfassungen je Projektmaßnahme sind in diesem Fall gerechtfertigt. In dem Projektbeispiel des Bauprojektes mit nur begrenzten eigenen Personalressourcen liegt der Fokus hingegen auf den Sachkostenbudgts. Die eigenen eingesetzen Personalressourcen dienen hier in erster Linie der Koordination der "eingekauften" Leistungen, die Sachkostenbudgets darstellen. Diese müssen genauestens budgetiert und deren Abweichungen analysiert werden. Die Ausführungen zu der Ermittlung der Einzelbudgets und das Gegenstromverfahren als Verknüpfung von Top Down- und Bottom Up-Verfahren zeigen, dass die Projektbudgetierung ein Prozess ist, in dem mehrmals Budgets aufgestellt werden. Der Budgetierungsprozess hat iterativen Charakter: Einzelbudgets werden aufgestellt, zu einem Gesamtbudget aggregiert, dieses wird mit einem vorher festgelegten Top Down-Budget verglichen, die (in der Regel auftauchenden) Abweichungen werden diskutiert und neue Einzelbudgets werden in Abstimmung mit den jeweiligen Betroffenen erstellt.

347

5 .Projektbudgetierung

2.4

Budgetsimulation

vorhergehenden Abschnitten wurde dargestellt, wie ein Projektbudget und die jeweiligen Einzelbudgets aufgestellt werden. Damit sind die Tätigkeiten im Rahmen der Budgeterstellung vor Projektbeginn jedoch noch nicht abgeschlossen. Im Laufe eines Projektes können Veränderungen eintreten, die nicht mit den Annahmen bei der Projektbudgetierung übereinstimmen, insbesondere bei länger laufenden Projekten, die sich über mehrere Jahre erstrecken. Beispielsweise war 1998 nicht unmittelbar absehbar, dass sich die Kraftstoffpreise durch Öko-Steuer und Weltmarktentwicklung derart erhöhen. Sind in einem von 1997 bis 2001 laufenden Projekt die Sachkostenbudgets für Kraftstoffe aufgrund umfangreicher eigener Transporttätigkeiten anteilsmäßig hoch, allerdings mit den Kraftstoffpreisen von 1998 budgetiert, kommt es zu erheblichen Budgetüberschreitungen. Um diese Überraschungen zu vermeiden, sollte für die größten Budgetkostenarten eine Budgetsimulation durchgeführt werden. In dem o.g. Beispiel hätte man die Budgetierung mit einem höheren Kraftstoffpreis durchgeführt. Ist das Projekt bei diesem "Maximalpreis" für Kraftstoff immer noch erfolgreich durchführbar? Der entscheidende Vorteil von Budgetsimulationen liegt nicht nur in der Sensibilisierung für Abweichungsmöglichkeiten und deren Folgen für das Projektbudget, sondern vor allem darin, dass entsprechende Maßnahmen und Vorkehrungen im Vorfeld für ein "ungünstiges" Szenario bereits geplant werden können. Tritt das Szenario ein, kann der Projektleiter schnell handeln. Oft zeichnet sich ein In den

bestimmtes Szenario im Vorfeld ab und tritt nicht überraschend "von heute auf morgen" ein. Bei dem aufgeführten Beispiel war die Einführung der Ökosteuer Monate vorher bekannt. In der anglo-amerikanischen Literatur werden diese Szenariorechnungen und Simulationen mit entsprechender Maßnahmenplanung "contingency planning" genannt: Planen für Eventualfälle. Für jedes Projektbudget sollte daher ein Minimalbudget und ein Maximalbudget geplant werden, in denen Unter- bzw. Obergrenzen für bedeutende Mengen, z.B. eingesetzte Mitarbeitertage, und Preise durchkalkuliert werden. Zusätzlich sind für die Szenarien Maßnahmen vorzubereiten. In dem aufgeführten Beispiel hätte es nahe gelegen, bei entspechender Budgetsensitivität gegenüber ansteigenden Kraftstoffpreisen entweder das Preisrisiko abzusichern (Festpreisvereinbarung mit Kraftstofflieferanten) oder wenn ersteres nich durchsetzbar ist alternative Transportmöglichkeiten zu betrachten, z.B. Schienenverkehr. Wie bei der Differenzierung der Einzelbudgets, sollte der Fokus bei der Budgetsimulation auf den bedeutendsten Budgetkostenarten liegen. -

-

III.

348

3.

Projektplanung

Tätigkeiten nach Erstellung des Projektbudgets

In dem vorhergehenden Kapitel wurde die Erstellung des Projektbudgets beschrieben. In diesem werden nun Tätigkeiten dargestellt, die nach der Budgetermittlung wichtig sind. Das sind zum einen die Abweichungsanalyse und zum anderen die Frage nach korrektiven Maßnahmen oder Anpassungen als Konsequenz der

Abweichungsanalysen. 3.1

Abweichungsanalyse

Abweichungsanalyse werden die tatsächlich eingesetzten Ressourcen bzw. die angefallenen Kosten, sogenannte Istkosten, den budgetierten gegenübergestellt. Neben der Abweichungsanalyse wird auch der Terminus Soll-Ist-Vergleich verwendet. Dabei unterscheidet man Mengenabweichungen und Preisabweichungen. Beispielsweise sind bei einem Projekt, in dem ein Software-Programm für einen internen Kunden erstellt wird, insgesamt 150 Manntage budgetiert, davon 20 Tage für die Erstellung des Pflichtenheftes. Die Isterfassung zeigt aber, dass für diese Maßnahme bereits 28 Tage eingesetzt wurden, ohne dass das Pflichtenheft fertig ist. Schätzungsweise werden noch weitere 10 Manntage zur Beendigung der Maßnahme benötigt. Die Mengenabweichung zum ursprünglichen Budget für die Erstellung des Pflichtenheftes beträgt demzufolge voraussichtlich 18 Tage. Die Mengenabweichung wird auch Beschäftigungsabweichung genannt. Die Frage, die sich nun stellt, ist: Warum ist die (Mengen-)Abweichung entstanden? Hier zeigt sich der Vorteil, die Projektmitarbeiter bei der Ermittlung der Budgets beteiligt zu haben. Sie haben mitgewirkt und können nun nicht behaupten, die Budgets seien unrealistisch gewesen. Zunächst sollte man jedoch prüfen, ob keine Erfassungsmängel oder Fehlbuchungen vorliegen. Sind zudem die Personalkosten gestiegen, kommt es in dem beschriebenem Beispiel zusätzlich zu einer Preisabweichung. Es bestehen nun zwei Möglichkeiten: Zum einen kann die Preisabweichung für die budgetierten Mengen, zum anderen kann die Preisabweichung für die Ist-Mengen errechnet werden. Im ersten Fall spricht man von einer (reinen) Preisabweichung, im zweiten Fall von einer PreisMengen-Abweichung. Wichtig für das Gesamtbudget ist es, die Abweichungen aller Einzelbudgets in möglichst kleinen Zeiteinheiten zu kontrollieren. Budgetabweichungen lassen sich so frühzeitig erkennen und entsprechende Handlungsspielräume sind noch vorhanden. Abbildung 4 macht den Unterschied von kurzzeitiger Budgetkontrolle bzw. In der

5Projektbudgetierung

349

in

Abweichungsanalyse im Gegensatz

zur

Abweichungsanalyse

Abständen sichtbar: Im ersten Fall kann

man

noch entscheidend gegensteuern.

Projekrverlauf mit Abweichungsanalysen in größeren Abständen Abweichung

größeren

Projekrverlauf mit Abweichungsanalysen in kürzeren Abstanden

Projektziel

Projektziel

Projektstart

Projektstart

Abb. 4:

Projektverlauf bei unterschiedlich häufig durchgeführten Abweichungsanalysen (in Anlehung an Kraus/Westermann 1998, S.58)

3.2

Korrektive Maßnahmen oder Anpassungen

Führt die Abweichungsanalyse zu bedeutenden Abweichungen, müssen korrektive Maßnahmen oder Anpassungen der Budgets vorgenommen werden. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die möglichen Handlungsalternativen bei Budgetabwei-

chungen. Rationalisierung der Leistungserstellung

J Ablauforganisatorische Maßnahmen Stnikturorgani satori sehe Maßnahmen_

Korrektive Maßnahmen (bei unverändertem

Gesamtbudget)

pH Reduzierung der Leistung

Budget abweichung

Leistungen einstellen Umfang reduzieren

L-1

Qualität reduzieren

(Gesamt-)

Budgetanpassung

Abb. 5:

Handlungsalternativen bei Budgetabweichungen (in Anlehnung an Blazek 1983, S. 186)

III.

350

Projektplanung

Grundsätzlich ergeben sich bei einer Budgetabweichung zwei Handlungsalternativen. Das Gesamtbudget wird nachträglich angepasst, d.h. erhöht. Die ursprünglichen Budgets wurden überschritten. Man "schießt Geld nach". Eine nicht sehr populäre Handlungsalternative, unangenehm vor allem für die Projektleitung. Eine Erhöhung des Budgets ist vor allem dann ratsam, wenn Termin- und Qualitätsanforderungen auf keinen Fall über- bzw. unterschritten werden dürfen. Ggf. können vertraglich vereinbarte Konventionalstrafe sehr empfindlich sein. Im Rahmen der Abweichungsanalyse ist auf jeden Fall zu klären, worin die Ursache der Budgetabweichung liegt. War die ursprüngliche Budgetierung zu unrealistisch? Liegt die Ursache für die Abweichung in der Art und Weise der Durchführung von Maßnahmen? Führt man in kurzen Zeitabständen Abweichungsanalysen durch, erkennt man Budgetüberschreitungen frühzeitig und hat ggf. noch Handlungsspielraum für die zweite grundsätzliche Handlungsalternative, korrektive Maßnahmen. Diese können zum einen darin bestehen, die Leistungen effizienter durchzuführen, entweder durch ablauf- oder durch strukturorganisatorische Maßnahmen. Ist dies nicht mehr möglich, kann man bei unverändertem Gesamtbudget die vereinbarte Leistung reduzieren. Diese Leistungseinschränkung ist natürlich häufig nicht ohne weiteres

möglich aufgrund vertraglicher Regelungen. 4.

(Fehl-)Verhalten bei der Projektbudgetierung

Neben den rein inhaltlich-sachlichen Aspekten bei der Projektbudgetierung sind selbstverständlich auch Aspekte des menschlichen Verhaltens zu berücksichtigen. In der Projektpraxis sind vor allem zwei überwiegend dysfunktionale Phänomene häufig zu beobachten: Bildung "stiller Budgetreserven" und "Kosmetik" bei Abweichungen. Ersteres bezieht sich auf die Phase der Budgeterstellung, letzteres Phänomen auf die Phase der Abweichungsanalyse. -

4.1

"Stille

-

Budgetreserven"

Bei dem Aufstellen der Budgets im Gegenstromverfahren wissen viele Beteiligte, dass die im Bottom Up-Verfahren aufgestellten Budgets nach Aggregation mit dem Top Down-Gesamtbudget in der Regel nach unten angepasst werden. Oftmals wird dabei das "Rasenmäherprinzip" angewendet: Alle Einzelbudgets werden einheitlich um einen bestimmten Prozentsatz gekürzt. Diejenigen, die ihre Einzelbudgets realistisch und eng budgetiert haben, sind dann gegenüber denjenigen benachteiligt,

5

Projektbudgetierung

351

die den "Rasenmäher" vorhersehend "stille" (Budget-)Reserven eingebaut haben. Zukünftig wird auch der "realistische" Projektbeteiligte dazu übergehen, Reserven einzubauen, um bei Kürzungen nicht "bestraft" zu werden. Baut jeder Beteiligte bei der Projektbudgetierung Reserven ein, ergibt sich bei der Aggregation ein deutlich überhöhtes Gesamtbudget. Die Verantwortlichen, denen das Bottom Up-verdichtete Gesamtbudget vorgelegt wird, ahnen im Laufe der Zeit natürlich, dass Reserven eingebaut sind. Die negative Konsequenz ist dabei, dass diese Verantwortlichen keine Informationen über die tatsächlichen Verhältnisse der beteiligten Einheiten erhalten. Über die Höhe der Budgetierungen können sie nur Mutmaßungen anstellen. Zudem stellt sich die Frage, inwieweit die Höhe der Reserven für alle Einheiten gleich ist oder stark variiert, was wiederum die Einschätzung der Leistungsfähigkeit einzelner Bereiche erschwert. Eine weitere negative Konsequenz kann darin bestehen, dass aufgrund eines durch Reserven stark überhöhten Gesamtbudgets ein Projekt fallen gelassen wird. Die Differenz zwischen Bottom Up ermitteltem und Top Down vorgelegtem Gesamtbudget ist so groß, dass eine entsprechende Reduzierung der Einzelbudgets als unerreichbar eingeschätzt wird. Neben den aufgeführten negativen Konsequenzen gibt es auch eine positive Folge der "stillen Budgetreserven" (im englischen spricht man von budgetary slack). Die Reserve oder Überkapazität erhöht die Flexibilität. Allerdings mit den oben beschriebenen Gefahren. -

-

4.2

"Kosmetik" bei Abweichungen

Ergibt ein Soll-Ist-Vergleich negative Abweichungen, ergeben sich natürlich oft "unangenehme" Fragen für den Budgetverantwortlichen. Eine Budgetabweichung an sich ist zunächst einmal nicht schlecht oder gut. Für die Beurteilung ist eine Abweichungsanalyse erforderlich. In der Praxis herrscht aber oft eine "rustikale" Reaktion auf Budgetabweichungen. Negative werden kritisiert, bei positiven Budgetabweichungen werden mehr Aufgaben zugewiesen oder Ressourcen abgezogen. Die Budgetverantwortlichen ziehen daraus natürlich ihre Konsequenzen, wie bei dem Einbau von Budgetreserven. Eine Handlungskonsquenz ist eine "Kosmetik" bei der Erfassung der Ist-Mengen bzw. Ist-Kosten. Beispielsweise werden in dem angeführten Software-Projekt die detaillierten Zeiterfassungen der Projektmitarbeiter von dem Budgetverantwortlichen oder von den Zeitaufschreibenden "angepasst". Detaillierte Zeitaufschreibungen decken oftmals Ineffizienzen auf. Arbeitszeitverteilung und Wichtigkeit der Aufgaben stehen häufig nicht in -

-

einem angemessenen Verhältnis zueinander. Oft verwendet

man

für nicht

III.

352

Projeklplanung

unmittelbar wertschaffende oder unbedeutende Aufgaben relativ viel Zeit. Die Budgetverantwortlichen wollen die oben dargestellten Konsequenzen bei Budgetabweichungen verhindern, die zeitaufschreibenden Projektmitarbeiter evtl. Leerzeiten bzw. Ineffizienzen verdecken. Daher werden Zeitaufschreibungen angepasst. Die Aussagekraft der Soll-Ist-Vergleiche und der Abweichungsanalysen werden dadurch erheblich eingeschränkt. Auf den unteren Ebenen liegen die Informationen zwar vor. Neben dem offiziellen Budget wird ein "Schattenbudget" zur Steuerung erstellt. Hier ist die Projektleitung gefragt: Budgetabweichungen müssen sachlich analysiert und diskutiert werden. Zudem muss deutlich gemacht werden, dass die Budgets ein zentrales Steuerungsinstrument sind, auch für die Selbststeuerung der Einzelbudgetverantwortlichen. Abweichungen sollten deshalb nicht "kaschiert", sondern aufgedeckt werden ohne unmittelbare negative Sanktionen befürchten zu müssen. Die Abweichungsanalyse bedeutet im Wesentlichen Lernen. Dieses Lernen wird durch "Kosmetik" erschwert oder sogar unmöglich gemacht. -

5.

Zusammenfassung und Fazit

Budgets vor Projektbeginn und laufende Soll-Ist-Vergleiche bzw. Abweichungsanalysen im Laufe des Projektes sind ein bedeutendes Steuerungselement im Rahmen des Projektmanagements. Beim Aufstellen des Budgets können durch die Differenzierung der Projektkosten und durch Budgetsimulationen entscheidende Weichen für den Projekterfolg gestellt sowie mögliche Risiken entdeckt und reduziert werden. Eine sachliche, nicht durch politisches Verhalten geprägte und regelmäßig durchgeführte Abweichungsanalyse ermöglicht Lernen und zeigt entsprechende Handlungsmöglichkeiten auf. Für das erfolgreiche Aufstellen der Budgets und die Abweichungsanalyse sollten allerdings die in Abbildung 6 aufgeführten Hinweise beachtet werden. Das Aufstellen der

5Projektbudgetierung

Gebote fUr die Budgeterstellung Herausfordernde und erreichbare

Gebote für die Abweichungsanalyse

Budgets

Abweichungsanalyse bedeutet Lernen

Die Budgets sollten herausfordernd und erreichbar sein. Viel zu hohe und viel zu niedrige Budgets sind

Die Abweichungsanalyse ist Lernen über Fehl- oder nicht vorhergesehene Entwicklungen. Sie dürfen keine Schuldzuweisungen sein. Es kommt darauf an,

nicht motivierend.

Nur ein

wie es weitergeht.

Budget pro Bereich

Für einen Bereich kann

ein Budget geben. Existiert zusätzlich ein „Schattenbudget, wird weder das eine noch das andere ernst genommen.

Ziel: Die

353

es nur

Abweichungsanalyse zuerst für Budgetverantwortlichen

Die Ergebnisse der Abweichungsanalyse sind zuerst für den Budgetverantwortlichen bestimmt. Er ist verantwortlich und für die operative Steuerung

Budgeterreichung, nicht Abweichung nicht eine günstige

Erreichung, Abweichung ist das Ziel. Ansonsten werden „stille Budgetreserven" und bei „Kosmetik" gebildet Abweichungen

zuständig.

angewendet.

Information der

Projektleitung bei

Überschreitung von Toleranzgrenzen

Partizipation

Die Projektleitung wird nur dann informiert, wenn die Abweichungen festgelegte Toleranzwerte überschreiten.

Diejenigen, die das Budget erfüllen sollen, müssen bei dessen Erstellung beteiligt sein. Damit bringen sie ihr Wissen und ihre Erfahrung ein und werden motiviert.

Abb. 6: Gebote für Budgeterstellung und Abweichungsanalyse (in Anlehung an Deyhle 1997, S. 72 f.) Die Berücksichtigung dieser Hinweise im Rahmen der Projektbudgetierung ermöglicht ein effektives und effizientes Projektmanagement. 6.

Literaturhinweis

Blazek

(1983): Blazek, Alfred: Projektcontrolling. Denken und Handeln in Projekten zur Verwirklichung der Selbstkontrolle, Gauting 1983. Busse von Cölbe (1989): Busse von Cölbe, Walter: Budgetierung und Planung, in:

Szyperski, Norbert (Hrsg.): Handwörterbuch der Planung, Stuttgart, Sp. 182. Dambrowski (1986):

176-

Dambrowski, Jürgen: Budgetierungssysteme in der deutschen

Untemehmenspraxis, Darmstadt. Deyhle (1997a): Deyhle, Albrecht: Management- & Controlling Brevier, Band 1, Manager & Controller im Team, 7. neubearbeitete Auflage, Wörthsee-Etterschlag. Deyhle (1997b): Deyhle, Albrecht: Management- & Controlling Brevier, Band 2, Ziele sind Zahlen, 7. neubearbeitete Auflage, Wörthsee-Etterschlag. Horväth/Mayer (1989): Horväth, Peter/Mayer, Reinhold: Prozeßkostenrechnung. Der neue Weg zu mehr Kostentransparenz und wirkungsvolleren Unternehmensstrategien, in: Controlling, 1. Jg. (1989), Heft 4, S. 214-219. ,

,

354

III.

Projektplanung

Kraus/Westermann (1998): Kraus, Georg/Westermann, Reinhold: Projektmanagement mit System: Organisation, Methoden, Steuerung, 3., erweiterte Auflage, Wiesbaden 1998. Prehm (1995): Prehm, Hans-Jürgen: ZP-Stichwort: Budgetierung, in: Zeitschrift für Planung, Nr. 6, S. 197-200. Rosier (1996): Rosier, Frank: Target Costing in der Automobilindustrie, Wiesbaden. Weber (1999): Weber, Jürgen: Einführung in das Controlling, 8. Auflage, Stuttgart 1999.

6.

6.

Projektauslösung

Projektauslösung von

Dr. Achim Schmetz Inhaltsverzeichnis

5.

Einführung in die Projektauslösung 1.1 Fragestellung und Ausgangssituation 1.2 Begriffsdefinition: "Projektauslösung" Projektauslösung im Phasenmodell 2.1 Projektauslösung als Abschluss der Planungsphase 2.2 Projektauslösung als Startprogramm der Durchführungsphase 2.3 Projektauslösung als organisatorischer Geschäftsprozess Sichtweisen der Projektbeteiligten und -betroffenen 3.1 Geschäftsleitung und Auftraggeber 3.2 Projektleiter und Projektteam 3.3 Projektbetroffene (firmenintern/firmenextern) 3.3.1 Firmeninterne Projektbetroffene 3.3.2 Firmenexterne Projektbetroffene Strategien und Erfolgskriterien der Projektauslösung 4.1 Projektpromotion und Präsentation 4.2 Führungs- und Kommunikationsprozesse 4.3 Veränderungsprozesse Zusammenfassung

6.

Literaturhinweise

1.

2.

3.

4.

355

III.

356

Projektplanung

Autorenbeschreibung Dr. Achim

Schmetz, TACAS, Stockmattenweg 3, 79114 Freiburg. Herr Dr. Achim

Schmetz promovierte 1988 am Max-Planck-Institut für Biochemie in München. Anschliessend war er als Qualitätskontrollleiter in der Arzneimittelherstellung der Ciba-Geigy AG in Basel tätig. Ab 1993 leitete er die Bereiche Koordination, Ausbildung und Dokumentation in der pharmazeutischen Qualitätssicherung. Hierbei übernahm er u.a. die Projektleitung von zahlreichen bereichsübergreifenden Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Als Trainingsmanager war er seit 1997 verantwortlich für die Führungsausbildung in der Novartis Pharma AG in Basel. In Freiburg i. Br. gründete er nach 10-jähriger, internationaler Industrie-erfahrung das unabhängige Trainings- und Beratungsunternehmen TACAS für Projekt- und Qualitätsmanagement in der Pharmazeutischen Industrie.

6.

1.

Projektauslösung

357

Einführung in die Projektauslösung

Die

Projektauslösung ist ein markanter Meilenstein im Phasenverlauf erfolgreicher Projekte. Es ist für alle Beteiligten und Betroffenen eines Projektes ausserordentlich wichtig, die Bedeutung der Projektauslösung zu verstehen und praktisch umzusetzen.

1.1

Fragestellung und Ausgangssituation

Projektinitialisierung (siehe Kap. II) und Projektplanung (siehe Kap. III) erfolgreich abgeschlossen, so wird über die Projektdurchführung entschieden. Entscheidungsinstanzen sind in der Regel der Auftrageber, das Steuerungsgremium oder die Geschäftsleitung selbst. Nach positivem Entscheid, der auf jeden Fall schriftlich erfolgen soll, wird das Projekt in der Durchführungsphase (siehe Kap. IV) praktisch umgesetzt und zum Abschluss (siehe Kap. V) gebracht. Folgende Aufgaben sind für eine erfolgreiche Projektauslösung erfolgreich abzuIst die

schliessen:

Projektentscheidung, Entscheidungsverfahren, Projektauftrag, Projektbegründung,

Änderungsmanagement, Projektstart zur Durchführungsphase. 1.2

Begriffsdefinition: "Projektauslösung"

Wie ist der Begriff "Projektauslösung" zu verstehen und wie wird er in das Phasenmodell des Projektmanagements eingeordnet? Zunächst besteht der Begriff aus zwei Teilwörtern, die zunächst getrennt betrachtet werden: Erster Teil: "Projekt -" und zweiter Teil: "- auslösung". Ein Projekt ist ein zielgerichtetes Vorhaben mit eindeutigem Ende und Abschluss. Dies erscheint auf den ersten Blick trivial. Die praktische Erfahrung lehrt sowohl im alltäglichen als auch im beruflichen Umfeld, dass Anfang und Ende oftmals Undefiniert, wenn nicht sogar diffus sind. Wie soll aus Projekten gelernt, die Ergebnisqualität beurteilt und die Wertschöpfung betriebswirtschaftlich gemessen werden, wenn noch nicht einmal Anfang und Ende des Vorhabens eindeutig bestimmt sind?

358

III.

Projektplanung

Folglich ist es besonders wichtig, den zweiten Teil: "- auslösung" in einen eindeutigen zeitlichen Zusammenhang innerhalb des Phasenmodells Projektmanagement zu stellen. Hierzu werden folgende Vorgehensweisen vorgeschlagen: Zunächst sehr einfach: Durch einen kurzen Blick auf die Gliederung des vorliegenden Buches über "Projektmanagement" wird unmittelbar offensichtlich, dass das Kapitel "Projektauslösung" ungefähr in der Mitte des Buches angesiedelt ist. Vorausgegangen sind wichtige Start-, Vorbereitungs- und Planungsphasen des Projektes, danach befindet sich unmittelbar das Hauptkapitel "Projektdurchführung". Folgende Fragen lassen sich ableiten, die beantwortet werden sollen: Ist die Reihenfolge der Kapitel in der Zeitabfolge der Phasen richtig? Warum wird erst mitten im Projekt erst so spät etwas ausgelöst? -

Was heisst auslösen und

wer

löst

was

-

mit welchem Ziel aus?

2.

Projektauslösung im Phasenmodell

2.1

Projektauslösung als Abschluss der Planungsphase

Der

erfolgreiche Projektmanager erkennt, dass vor der "Projektauslösung" die wichtigen Phasen der Projektvorbereitung und Planung stattfinden müssen, um ein hohes Erfolgspotential des Projektes zu gewährleisten. Oft werden diese Phasen, die der Projektauslösung vorausgehen etwas lässig als "Papierphasen" oder "Sandkastenspiele" bezeichnet und es wird Ihnen unberechtigt nur geringe Bedeutung beigemessen. Dies wäre jedoch eine unverzeihliche Todsünde, da die effiziente Bearbeitung dieser Phasen zu mehr als 50 % zum erfolgreichen Projektabschluss beitragen. Oder anders ausgedrückt, ob am Schluss Sekt oder Selters getrunken wird, ist bereits jetzt, d.h. vor der Projektauslösung entschieden. Quintessenz: Vor der Projektauslösung sind die Vorbereitungs- und Planungsphasen, wie in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben, in der Praxis umzusetzen und erfolgreich abzuschliessen. Kurz, der kategorische Imperativ des Projektmanagements lautet: "Löse nur das aus, was du sorgfältig geplant hast!"

6.

2.2

Projektauslösung

359

Projektauslösung als Startprogramm der Durchführungsphase

Nach der Projektauslösung findet phasengerecht die Projektdurchführung mit dem definierten Projektabschluss statt. Die Projektauslösung ist demnach nicht mit dem Projektstart ("Kick off') zu verwechseln (siehe Kap. 11.10). Mit der Projektauslösung wird die praktische Implementierung, d.h. Durchführungsphase, in der Finnenumgebung gestartet. Das Projektteam tritt nunmehr in die Öffentlichkeit, oder bildlich gesprochen: Der Vorhang fällt; das Publikum schaut kritisch zu, ja agiert mit. Es werden konkrete Handlungen gemäss Projektstrukturplan durchgeführt; aus dem "Sandkastenspiel" Projektplan wird nun Ernst mit allen Konsequenzen. In der Regel entstehen infolge der Projektauslösung umfangreiche Kosten, da Aufgaben an interne oder externe Bezugspersonen delegiert werden: Die Material-, Produkt- und Personalflüsse werden konkret in Gang gesetzt; Veränderungen oder Neuerungen werden für alle Beteiligten und Betroffenen unmittelbar relevant oder zumindest sichtbar. 2.3

Projektauslösung als organisatorischer Geschäftsprozess

Die Projektauslösung ist Teil des gesamten organisatorischen Geschäftsprozesses und sollte deswegen bewusst, zeitgerecht und vollständig durchgeführt werden. Da die Ressourcen zur Projektdurchführung in der Regel begrenzt sind, können nicht alle wünschenswerten Projekte gleichzeitig und in vollem Umfang umgesetzt und zu einem erfolgreichen Projektabschluss gebracht werden. Für die geplanten Projekte ist deswegen zu entscheiden, ob sie entweder

a) b) c)

durchzuführen, zurückzustellen oder endgültig abzulehnen sind.

Auf keinen Fall sollten ausgelöste Projekte unterschwellig weiterlaufen oder mit unterschiedlichen Aktivitätsphasen und Pausen unkontrolliert dahinvegetieren, um schliesslich im Sande zu verlaufen. Da Projekte wegen ihres in der Regel innovativen und bereichsübergreifenden Charakters von herausragender Bedeutung für die Zukunft des Unternehmens sind, muss die Projektentscheidung aufgrund von anerkannten Entscheidungskriterien und Verfahren von einem hochrangigen, kompetenten Entscheidungsgremium getroffen werden; hierbei sind alle betroffenen Manager soweit als möglich

III.

360

Projektplanung

einzubeziehen. Die Entscheidungsverfahren unterstützen den Entschluss zur Projektauslösung und erhöhen dessen Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit, vor allem, falls Konflikte und unerwartete Hindernisse auftreten. Die Verwendung von Entscheidungsverfahren, die als Controlling-Verfahren insbesondere bei Grossprojekten wiederholt werden können, gründet sich auf folgende Kernpunkte: Ermittlung des voraussichtlichen Projekterfolges, Vergleichbarkeit verschiedener Projekte, Standardisierte Verfahren zur Projektbeurteilung, Rationale Entscheidung als Ersatz für Gefühls- oder "Aus-dem-Bauch"-Ent-

-

scheidungen, Nachprüfbare Kriterien

für

Entscheidungsinstanzen.

Folgende Entscheidungsverfahren haben sich in Abhängigkeit von der Art und Grösse der anstehenden Projekte bewährt und sollten in Erwägung gezogen werden (vgl. Steinbuch 2000, S. 198 ff.): Kostenvergleichsrechnung, Kosten-Nutzen-Analyse, Entscheidungsbilanz, Entscheidungsbaumverfahren, Portfolioanalyse, Nutzwertanalyse. •

3.

Sichtweisen der Projektbeteiligten und -betroffenen

An der

Projektauslösung sind unterschiedliche Mitarbeitergruppen mit verschiedenen Erfahrungshintergründen und Interessen beteiligt. Die Sichtweisen der Projektbeteiligten (aktive Projektteilnehmer) und Projektbetroffenen (passive Projektteilnehmer) müssen unterschiedlich behandelt werden. Im Rahmen der Projektauslösung sind in der Regel folgende Instanzen in Abhäng-

igkeit vom Umfang und Stellenwert des Projektes sowie der Grösse und Rechtsform beteiligt:

des Unternehmens

Aufsichtsrat,

Geschäftsleitung, Fachabteilungen, Betriebsrat, Stabsstellen,

Projektausschüsse und/oder Arbeitskreise,

6.

Projektauslösung

361

Unternehmen und/oder Berater, externe Behörden und/oder Organisationen. externe

3.1

Geschäftsleitung und Auftraggeber

Geschäftsleitung oder der Auftraggeber als "verlängerter Arm" der Geschäftsleitung müssen einen formalisierten und schriftlichen Projektauftrag erteilen. In grösseren Unternehmen dient oft ein Steuerungsgremium oder Projektlenkungsausschuss (vgl. Kap. II. 10) als Auftrags- und Kontrollinstanz. Der formale und schriftliche Projektauftrag sollte auf Grundlage der Projektplanung vollständig abgefasst sein. Folgende inhaltliche Kernpunkte sollten unbedingt berücksichtig werden: Definition und Abgrenzung des Projektauftrages, Anlass, Begründung und Zielsetzung des Projektauftrages, Ressourcen des Projektauftrages (Personal, Budgets, Räumlichkeiten, Ausrüstung, Materialien), Obligatorische und empfohlene Bedingungen des Projektauftrages, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten für die Folgephasen (Projektdurchführung und Projektabschluss). Die



sollte nicht nur "hinter dem Projekt stehen" (d.h. dies könnte bedeuten, sich bei Konflikten zu verstecken), sondern aktiv und kontinuierlich in Zusammenarbeit mit dem Projektleiter und dem beteiligten Management am "Projektkarren ziehen". Der Auftraggeber sollte darauf achten, dass das Projekt mit den übergeordneten Unternehmenszielen in Einklang steht und keine Widersprüche mit der Untemehmenskultur entstehen bzw. diese rechtzeitig ausgeräumt werden (vgl. Kap. 4.3. Veränderungsprozesse). Inwieweit Untemehmenskulturen und Managementstrategien lediglich aktuelle Lippenbekenntnisse ("Trend-Surfen") sind oder gelebte Verhaltenspraktiken darstellen, entlarvt tiefgründig und aufschlussreich (Shapiro 1996, insbesondere Kap. 5, S. 81ffi). Der

3.2

Auftraggeber

Projektleiter und Projektteam

Projektleiter und sein Projektteam sollten während und nach der Projektauslösung eine sehr hohe Kompetenz haben, neue Kontakte zu knüpfen und zu pflegen; dies sollte aufgrund der knappen Zeitressourcen ausserordentlich effizient, sowohl auf der sachlichen als auch auf der emotionalen Interaktionsebene, erfolgen (vgl. Der

III.

362

Projektplanung

Langmaak et al. 1993). Praktische Erfahrungen, wie im Prqjektmanagement "Netzwerk-Fähigkeiten" ("Networking") umgesetzt werden, d.h. wie Kontakte hergestellt, gepflegt, gehalten und genutzt werden, gehören in den Werkzeugkasten jedes Projektmanagers (vgl. Mackay 1997). Die zehn Gebote der Beziehungspflege (nach Mackay 1999; S. 300) lauten: 1. ) Du sollst nicht unterstellen, dass hinter dem Posten mit imposantem Titel zugleich die Macht steht. 2. ) Du sollst Augenfälligkeit nicht mit Glaubwürdigkeit verwechseln weder bei -

3. )

dir noch bei anderen. Du sollst vermeiden, ein Schnorrer

zu

sein

(oder auch ein Ganove oder eine

Nervensäge). 4. ) 5. ) 6. ) 7. ) 8. )

9. ) 10. )

Du sollst anderen nie das Neinsagen abnehmen. Du sollst dich für erwiesene Gefälligkeiten erkenntlich zeigen. Du sollst zwischen deinem Beziehungsnetz und dem deiner Firma unterschei-

den. Du sollst dich nicht drücken und einen Anruf umgehend beantworten. Wenn du etwas nicht weisst oder dir nicht sicher bist, frage deine Kunden und deine Bekannten. Du sollst als Geschäftsmann (hier "Projektbeteiligter", der Autor) »die persönliche Note« zu deinem Wahlspruch machen. Du sollst den Zeitgeist erfassen, und wenn er sich ändert, erfasse ihn wieder.

Geht jedoch die Individualität und Kreativität unter einem vorgetäuschten Teamgeist zugrunde, so ist die Teamentwicklung mit zahlreichen Stolpersteinen versehen und durchaus kritisch zu sehen, wie (Kellner 1997) prägnant ausführt. 3.3

Projektbetroffene (firmenintern/firmenextern)

Die Ergebnisse der unmittelbar auf die

Projektplanung wirken sich nach der Projektauslösung Projektbetroffenen aus. Da sich Führungsstrukturen und Kommunikationsprozesse firmenextern und firmenintern in der Regel signifikant unterscheiden, ist es sinnvoll diese getrennt zu betrachten.

6.

3.3.1 Firmeninterne

Projektauslösung

363

Projektbetroffene

Für Mitarbeiter und

Führungskräfte können sich durch Auswirkungen ergeben: Arbeitsplatzveränderungen, Personal Wechsel, Werte- und Bewusstseinswandel, Organisatorische und Hierarchieänderungen, Kompetenz- und Qualifikationsverbesserungen.

ein

Projekt

zahlreiche

In der Phase der

Projektauslösung sollte das Ausmass der positiven und negativen Auswirkungen sorgfältig betrachtet werden. Nach der Projektauslösung sollten folgende negative Auswirkungen bei den Projektbetroffenen vermieden werden: Nachlassende Motivation und abnehmende Leistungsbereitschaft Innere Kündigung und Dienst nach Vorschrift, Festhalten an überholten Regeln und Organisationsstrukturen, Aufbau von Anpassungswiderständen und Konflikten. Vertiefte und übersichtliche Informationen zur Arbeits- und Organisationspsychologie findet man in (Wiswede 1995). Weitere Einzelheiten werden im Kap. 7.4 erörtert.

3.3.2 Firmenexterne Projektbetroffene Soll das Projekt von externen Fachkräften (z.B. Beratungs- und Auftragsfirmen) bearbeitet werden, d.h. ganz oder teilweise fremdvergeben werden ("Outsourcing"), sollten vor oder zumindest während der Projektauslösung Vertrags Verhandlungen stattfinden und Angebote eingeholt werden. Die externe Vergabe erfordert in der Regel die Lösung folgender Aufgaben:

Ermittlung der benötigten Fachkräfte: Es muss ermittelt werden, welche externen Fachkräfte geeignet sind. Folgende Kriterien sollten berücksichtigt werden: Qualifikation, Kapazität, Projekterfahrung, Referenzen, Kostenumfang, Flexibilität, Vertragstreue, Firmenkultur (z.B. Führung und Kommunikation).

Übereinstimmung

mit der

III.

364

Prqjektplanung

Projektinformation und Projektpräsentation: Potenzielle Projektübemehmer müssen ausführlich und kompetent über das geplante Projekt informiert werden. Über einen firmeninternen Ansprechpartner sollte für sie die Möglichkeit bestehen zusätzliche Informationen einzuholen und das Projekt kritisch zu hinterfragen. Um einen geeigneten Partner ausfindig zu machen, werden externe Fachkräfte eingeladen, um ihre Projektvorstellungen zu präsentieren; die firmeninterne Entscheidungsträger sollten anwesend sein. Angebote und Vertragsverhandlungen Die Angebotserstellung erfolgt aufgrund eines detaillierten Pflichtenheftes des auftraggebenden Unternehmens, in dem das Projekt durchgeführt werden soll. Die auftragnehmende Firma erstellt ein Lastenheft. Auf dieser Grundlage wird in der Regel ein Vertrag erarbeitet, der im Stadium der Projektauslösung zumindest als Entwurf vorliegen sollte. Für die praktische Arbeit findet der Projektleiter Musterverträge von Unternehmensberatungen z.B. in (Hummel et al. 1998). 4.

Strategien und Erfolgskriterien der Projektauslösung

4.1

Projektpromotion und Präsentation

Während der Phasen der Projektinitialisierung und Planung sind im wesentlichen nur der Projektleiter mit seinem Team und der Auftraggeber in das Projekt involviert. Die erfolgreiche Projektauslösung nach der Planungsphase setzt folgendes für die bevorstehende Projektdurchführung voraus: das Projekt muss allen Beteiligten und Betroffenen bekannt gemacht werden, alle Beteiligten müssen koordiniert aktiviert werden können, mögliche Widerstände und Konflikte müssen zügig beseitigt werden können, der Projekterfolg muss im Interesse der Beteiligten liegen, die Ressourcen müssen plangerecht abrufbar sein, Projektanforderungen und -ziele dürfen anderen Anforderungen nicht -

zuwiderlaufen, die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch müssen über die Schnittstellen (vgl. Töpfer 1996) gewährleistet sein.

Projekte

müssen wie Produkte und

Dienstleistungen professionell lich vermarktet werden (vgl. Greber 1998).

und kontinuier-

6.

Ein wesentlicher

Kernpunkt gende Projektpräsentation

der an

365

Projektauslösung

erfolgreichen Projektauslösung die Projektbeteiligten und -

ist eine überzeubetroffenen als

Adressaten. Projekte können im Rahmen der Projektpromotion auf folgende Art werden: Einreichung und Verteilung schriftlicher Unterlagen, Präsentation im Rahmen einer Vortragsveranstaltung, Ausstellungs- oder Informationsstand, Etablierte Informationsorgane des Unternehmens (z.B. Intranet, E-Mail, Hauszeitung, Schwarze Bretter), Seminar, Arbeitskreis oder Workshop.

vorgestellt

Die genannten Präsentationsverfahren haben Vor- und Nachteile: Auf schriftliche Unterlagen insbesondere für den Auftraggeber und die Projektteilnehmer sollte auf keinen Fall verzichtet werden. Die Unterlagen sollten nach dem "ZwiebelmodeH", d.h. vom allgemeinen zum besonderen übersichtlich und adressatengerecht gestaltet sein. Die Präsentation im Rahmen eines interaktiven Vortrags empfiehlt sich bei kleinerem und festgelegtem Adressatenkreis. Mit Ausstellungs- und Informationsständen können neue oder weiter entferntere Adressaten sowie potenzielle Kunden angesprochen werden; das gleiche gilt für die beispielhaft genannten etablierten Informationsorgane des Unternehmens. Bei letzteren ist auf besonders ansprechende Aufmachung zu achten, die Feedbacks der Ansprechpartner provoziert und weckt Interesse bei den Betroffenen. Workshops bieten sich bei sehr innovativen Projekten an, die Ideen- und Kreativitätspotenziale (vgl. Natten et al. 1988) ausschöpfen sollen. Die Art der Projektpromotion und -Präsentation sollte von den Projektinitiatoren sorgfältig auf die vorhandene Unternehmenskultur abgestimmt sein. Hierzu sollten Erfahrungsressourcen im Unternehmen hinsichtlich der bereits abgeschlossenen Projekten detailliert recherchiert, ausgewertet und professionell umgesetzt werden. Neue Projekte müssen sich bei der Projektauslösung deutlich von der alltäglichen Informationsflut abheben, um erkannt und beachtet zu werden; auch während der Projektfolgephasen sind ein adressatengerechtes und kontinuierliches Projektmarketing für den erfolgreichen Abschluss unabdingbar. Während der Projektauslösung ist die erfolgreiche Projektpromotion und -Präsentation eine wesentliche, obwohl oft unterschätzte Führungsaufgabe, die in der praktischen Umsetzung als Einflussmanagement verstanden werden kann (vgl. Zuker 1996). In der Praxis benötigen jedoch sowohl der Projektleiter, als auch die

III.

366

Projektplanung

Projektbeteiligten konkrete Vorschläge, wie gend präsentiert werden können (Will 1997). 4.2

Inhalte

kurz, prägnant und überzeu-

Führungs- und Kommunikationsprozesse

Projektmanagement sollen die funktionalen Führungsstrukturen an Bedeutung gewinnen, während die etablierte, hierarchische Führungsorganisation, die in der Regel in Organigrammen und Stellenbeschreibungen niedergelegt ist, in den Hintergrund tritt. Folgende Führungsfunktionen sind in der Projektauslösung zu Im

unterscheiden: Planer: Planer führen Recherchen

durch, analysieren Schwachstellen, entwerfen und

Planer sind der Projektleiter und das Projektteam, die durch externe Berater unterstützt werden können. Entscheider: Entscheider lösen das Projekt aufgrund der Informationen der Projektplanung gemäss festgelegter Entscheidungskriterien durch einen formalen, schriftlichen Projektauftrag aus. Entscheider sind in der Regel die Geschäftsleitung oder in Delegation der Projektauftraggeber bzw. das Steuerungsgremium. Der Entscheider formuliert Vorgaben, Ziele, Termine, Budgets und gibt die Ressourcen für die Projektdurchführung frei, fällt Zwischen und Abschluss-

dokumentieren

Konzepte.

-

-

-

entscheidungen. Beteiligte: Beteiligte wirken

unmittelbar an der Planung und Umsetzung des Projektes mit und erweitem somit das Projektteam in einzelnen Stufen oder Phasen des Projektes, oft sind dies interne oder externe Experten, die für Teillösungen herangezogen oder konsultiert werden. Zunächst Beteiligte können durch Aufnahme in das Projektteam auch zu Planem werden. Betroffene: Betroffene sind die Benutzer, die mit den späteren Projektergebnissen arbeiten. Ihnen sollte in jedem Fall ausreichendes Mitspracherecht (z.B. Betriebsrat, Mitarbeiterorganisationen) eingeräumt werden. Aus den Betroffenen können somit Beteiligte werden; die Übergange sind demnach fliessend. Dienstleister: Insbesondere bei grösseren Projekten sollten für spezielle Aufgabenstellungen professionelle Dienstleistungsorganisationen herangezogen werden. In der Projektstufe "Projektauslösung" kann z.B. die Vermarktung des Projektes von

6.

Projektauslösung

367

internen oder externen Fachstellen im Service übernommen werden. Andere Dienstleistungen, die oftmals durch Dienstleister ausgeführt werden, sind z.B. Schulung, Methodenunterstützung, EDV-Interaktionen, Dokumentation, Con-

trolling, Abrechnungen, Qualitätsmanagement. Die beschriebenen funktionalen, projektabhängigen Führungsstrukturen und -prozesse treten nach der Projektauslösung unmittelbar als sogenannte Sekundärorganisation in Aktion. Es kommt infolgedessen oft zu Konflikten mit der bestehenden hierarchisch strakturierten Primärorganisation, die sich in erster Linie auf die Tagesgeschäfte, d.h. die tradierten Geschäftsprozesse, konzentriert. In der Praxis haben der Projektleiter und sein Projektteam die Verantwortung über die Entscheidung effizienter und situationsadäquater Führungsinstrumente zu treffen; sie sollten vom Auftraggeber vor dem Hintergrund der unternehmensspezifischen Organisationsstruktur während der Durchführungsphase ständig und ausreichend Unterstützung finden (siehe Kap. IIS). In der Projektauslösung sollten sich der Auftraggeber und der Projektleiter bewusst sein, dass aufgrund der genannten sekundären Führungsorganisation das Management der Kommunikationsprozesse im Hinblick auf unterschwellige oder offensichtliche Konflikte besonders beachtet werden muss (vgl. Krüger 1995). Als Grundlagen- und Standardsysteme für die Etablierung von optimalen Kommunikationsprozessen eignen sich: WIN-WIN-Strategie (Gordon 1995), das Havard-Konzept (Fisher et. al 1996) und das psychologisch fundierte Kommunikationsmodell nach (Schulz von Thun 1996a, 1996b, 1998). Im Hinblick auf die Kommunikationsprozesse insbesondere im Konfliktmanagement stellt (Toelstede 1997) sein hilfreiches und praxisorientiertes Modell K.E.R.Z.E. als Erfolgsformel für Verhandlungen vor: K. Kommunikationsebenen unterscheiden Mensch und Sache trennen, E. Erwartungen der Verhandlungspartner erkennen und einbeziehen, Reellen Nutzen und reale Vorteile für alle Beteiligten erzielen R. =

-

=

=

Z.

=

E.

=

(WIN-WIN-Strategie), Zweckmässige und zielorientierte Alternativen erarbeiten und aufzeigen, Entscheidung (Handlung) herbeiführen und Ergebniskontrolle durchführen.

III.

368

Hieraus lässt sich für alle

Projektplanung

Projektbeteiligten ableiten:

Besondere Aufmerksamkeit ist auch den etablierten, vertikalen Kommunikationsprozessen in der Hierarchie, (z.B. Vorgesetzter-Mitarbeiter) zu widmen (Sau! 1995), da diese aufgrund ihrer tradierten Vorbelastung oft den innovativen und bereichsübergreifenden Projektzielsetzungen zuwiderlaufen. 4.3

Veränderungsprozesse

Nach der Projektauslösung werden im Rahmen der Projektdurchführung oft zahlund weitreiche Änderungen im Unternehmen durchgeführt. Die geplanten Änderungen müssen effizient umgesetzt bzw. durchgesetzt werden; ausserdem sollen sie im Unternehmen zukünftig gängige, gelebte Praxis werden, d.h. keine "Eintagsfliege" oder gar "lästige Pflichtübung" sein. Bei Änderungsprozessen sollten folgende Verfahren vermieden werden: einseitige Anweisungen, Anordnungen und Befehle, das Schaffen von Tatsachen ohne vorangegangene Information und Begrün-

dung, das

Übergehen von Meinungen und Verhaltensweisen von Mitarbeitern und

Führungskräften, Verbreitung und Vertiefung von Ängsten, Unsicherheiten und Gerüchten (vgl. Freimuth 1999). die

Gegen die aktiven oder passiven Widerstände von Mitarbeitern und Führungskräften können Projekte nur selten erfolgreich durchgeführt werden. Die Aufgabe des Änderungsmanagements besteht in der Erkennung, Analyse, Verarbeitung und Überwindung der genannten Anpassungswiderstände. Das Änderungsmanagement ist deswegen schwierig, weil die zu überwindenden Anpassungswiderstände nicht auf fach- und sachlichen Gründen beruhen, sondern oft dem sozialen und emotionalen Interaktionsumfeld entstammen Um die Zustimmung und Unterstützung bei der Projektauslösung durch alle betroffenen Mitarbeiter zu erreichen sind folgende Kernpunkte beachtenswert: nur

.

Gezielte Motivation der Mitarbeiter für die bevorstehende Projektdurchführung (vgl. Lanz 1998), Aktive Mitarbeit möglichst aller Projektbetroffenen, Überzeugende und zielorientierte Projektbegründung im Rahmen der Unter-

nehmenskultur,

6.

«

Projektauslösung

369

Weitgehende und adressatengerechte Information der Mitarbeiter, Schulung unter aktiver Beteiligung der Projektbetroffenen (Interaktiver Vortrag, Workshops etc.), Sammlung von praktischen Erfahrungen in Pilotprojekten oder Frühphasen des Projektes, Berufliche Anerkennung und Entwicklungsmöglichkeiten der Projektbeteiligten.

Einführung neuer Geschäftsabläufe, Ausrüstungen etc. bewährt sich oft die Etablierung eines Pilotprojektes. Hierbei werden Neuerungen den Mitarbeitern nicht aufgedrängt. Stattdessen werden die Mitarbeiter in einer Testphase aktiv in den Optimierungs- und EntScheidungsprozesse einbezogen, so dass Änderungs- und Verbesserungsvorschläge frühzeitig einbezogen werden können. Als weitere Grundlage für ein erfolgreiches Veränderungsmanagement können die Projektbeteiligten auf das Konzept von Beckhard/Harris zurückgreifen (vgl. Steinbuch 2000, S. 23 Iff.), das auf folgenden Kernpunkten beruht: 1. ) Information (Alle Projektbeteiligten und -betroffenen adressatengerecht in Praxistipp:

Zur

Kenntnis 2. ) 3. ) 4. ) 5. )

setzen)

Fortbildung und Umschulung (Know-how, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln), Unfreezing (Bewusstsein schaffen, dass Änderungen notwendig sind), Moving (Durch Mitwirkung am Projekt Motivation erhöhen), Refreezing (Das Projektergebnis als Zustand des Notwendigen und Selbstverständlichen überführen).

Änderungsmanagement

ist als Teil einer umfassenden Organisationsentwikklung zu betrachten. Es muss das Projekt über die gesamte Dauer begleiten. Das erfolgreiche Änderungsmanagement ist eine wesentliche Kemaufgabe im Rahmen eines optimalen Projektablaufes und sollte bei der Projektauslösung vertieft betrachtet werden. Die Projektverantwortlichen, d.h. insbesondere Auftrageber und Projektleiter sollten sowohl zur Steuerung von Veränderungsprozessen im Hinblick auf das Alltagsverhalten, als auch zur Beachtung der ungeschriebenen Gesetze im Unternehmen deren Hintergründe kennen (Scott-Morgan 1995) und in ein kompetentes und nachhaltiges Change-Management einfliessen lassen (Reiss et al. 1997; Böning et al 1996). Das

370

5.

III.

Projektplanung

Zusammenfassung

Projektauslösung ist ein bedeutender Meilenstein im Phasenmodell eines erfolgreichen Projektmanagements, sie schliesst die Phase der Projektplanung ab und eröffnet die Phase der Projektdurchführung: es erfolgt der Übergang von "Papierübungen" und "Sandkastenspielen" auf die "Bühne der UnternehmenspraDie

xis" mit zahlreichen Interaktionen. Durch Erweiterung der Aktionen auf zusätzliche firmeninterne und -externe Projektbeteiligte und -betroffene sind deren Sichtweisen auf der Grundlage der jeweiligen Erfahrungshintergründe recherchierend zu erkennen und interaktiv einzubeziehen. Die Erteilung eines Projektauftrages durch den Auftraggeber beruht auf der Entscheidung, ob ein Projekt durchgeführt, verschoben oder endgültig ablehnt wird; hierzu sind rationale und nachvollziehbare Entscheidungsverfahren notwendig. Nach einem umfassenden, schriftlichen Projektauftrag muss das zu implementierende Projekt professionell und kontinuierlich vermarktet werden. Als bedeutende Strategien und Erfolgskriterien für eine nachhaltige Projektauslösung ist effizientes und zielorientiertes Management der Führungs-, Kommunikations- und Veränderungsprozesse im Rahmen der Untemehmenskultur erforderlich. 6.

Literaturhinweise

Nützliche Arbeitshilfen für die Praxis (z. B. Formulare, Checklisten, Tabellarische Übersichten, Flussdiagramme), die auch auf CD-Rom beigelegt sind können die Projektbeteiligten entlasten (Klose 1999). Die folgenden Literaturquellen sind nach Ihrer Relevanz für die Praxis ausgewählt worden: Böning et al. (1996): Böning. Uwe et al.: Veränderungsmanagement auf dem Prüfstand; Eine Zwischenbilanz aus der Unternehmenspraxis, Freiburg i. Br. Fisher et al. (1996): Fisher, Roger et al.: Das Havard-Konzept, Sachgerecht verhandeln erfolgreich verhandeln, 15. Aufl., Frankfurt a.M. Freimuth (1999): Freimuth, Joachim (Hrsg.): Die Angst der Manager, Göttingen. Gordon (1995): Gordon, Thomas: Managerkonferenz, Effektives Führungstraining, 13. Aufl., München. Greber, (1998): Greber, Thomas: Marketing für Kleinunternehmer, Freiberufler und Selbstständige, Wie Sie sich und Ihr Business erfolgreich vermarkten, Landsberg a. Lech. ,

-

6.

Projektauslösung

371

Hummel et. al.

(1998): Hummel, Thomas R. et al.: Erfolgsfaktor Unternehmensberatung; Auswahl, Zusammenarbeit, Kosten, Köln Kellner (1997): Kellner, Hedwig: Die Teamlüge, Von der Kunst, den eigenen Weg

gehen, Frankfurt a. Main. Klose (1999): Klose, Burkhard: Projektabwicklung, Arbeitshilfen, Projektanalyse. Fallbeispiele, Checklisten; Wien, Frankfurt. Krüger (1995): Krüger, Wilfried: Projektmanagement und Führung; in: Kieser Alfred et al. (Hrsg.): Handwörterbuch der Führung, Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre X, Spalte 1780-1793, 2. Aufl., Stuttgart. Langmaack et al. (1993): Langmaack et al.: Wie die Gruppe laufen lernt. Anregungen zum Planen und Leiten von Gruppen. Ein praktisches Lehrbuch, zu

Weinheim.

(1998): Lanz, Arnold: Das Schwarz-Weiss-Buch der Mitarbeiter-Motivation, CH-8802 Kilchberg. Mackay (1997): Mackay, Harvey: Networking, Das Buch über die Kunst Beziehungen aufzubauen und zu nutzen, Düsseldorf, München. Nutten et al. (1988): Nutten, Ingeborg, et al.: Die anonymen Kreativen, Instrumente einer innovationsorientierten Untemehmenskultur, Wiesbaden. Reiss et al. (1997): Reiss, Michael et al.: Change Management, Programme, Projekte und Prozesse, Schriften für Führungskräfte Band 31, Stuttgart. Saul (1995): Saul, Siegmar: Führen durch Kommunikation, Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, 2. Aufl. Weinheim, Basel. Schulz von Thun (1996a): Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden Band 1, Störungen und Klärungen, 560-604 Tsd., Hamburg. Schulz von Thun (1996b): Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden Band 2, Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung 2, 245-264 Tsd., Hamburg. Schulz von Thun (1998): Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden Band 3, Das » Innere Team « und die situationsgerechte Kommunikation, Hamburg. Scott-Morgan (1995): Scott-Morgan, Peter: Die heimlichen Spielregeln, Die Macht der ungeschriebenen Gesetze im Unternehmen, 3. Aufl., Frankfurt a.M., New Lanz

York.

Shapiro (1996): Shapiro, Eileen: Trendsurfen in der Chefetage, Unternehmensführung jenseits der Management-Moden, Frankfurt a. M., New-York. Steinbuch (2000): Steinbuch, Pitter A. (Hrsg.): Moderne Organisation für Praxis und Studium, Projektorganisation und Projektmanagement, 2. Aufl., Ludwigshafen. Töpfer (1996): Töpfer, Armin: Schnittstellenmanagement in Projekten, in: Streich

III.

372

Projektplanung

K.(Hrsg.): Projektmanagement, Prozesse und Praxisfelder; Schriften für Führungskräfte Band 29, Stuttgart. Walter (1999): Walter, Henry: Handbuch Führung, Der Werkzeugkasten für Vorgesetzte, Symptome Ursachen Probleme; Frankfurt a.M., New-York. Will (1997): Will, Hermann: Mini-Handbuch, Vortrag und Präsentation, Für Ihren

Richard

-

-

nächsten Auftritt vor Publikum, 2. Aufl. Weinheim, Basel. Wiswede (1995): Wiswede, Günter: Arbeits- und Organisationspsychologie (Kap. 2.1, S. 182-264) in: Wiswede, Günter, Einführung in die Wirtschaftspsychologie, München, Basel. Zuker (1996): Zuker, Elaina: Einflussnahme die sieben Wege zum Erfolg, Kommunikation und Managementpraxis, Thun. -

IV.

IV. 1. 2.

3.

Projektdurchführung

373

Projektkontrolle

Projektkontrolle._. Projektsteuerung. Eskalationsmanagement in Projekten.

375 393 413

1. Projektkontrolle

1.

Projektkontrolle von

Norbert P. Nüchter Inhaltsverzeichnis

6.

Projektkontrolle für den Projekterfolg so wichtig ist Soll-/Ist-Vergleich Projektstatusbericht Projektstatusbewertung Problemstatusbewertung Meilenstein Trend Analyse (MTA)

7.

Kostenkontrolle

8.

Abschlusskontrolle

9.

Literaturhinweis

1. 2.

3. 4. 5.

Warum

376

IV.

Projektdurchführung

Autorenbeschreibung Nach der Ausbildung zum Speditionskaufmann und dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Hannover, Lüneburg und Hagen war Norbert P. Nüchter als freier Trainer und Berater in den Bereichen Controlling und Logistik für Unternehmen und Bildungsträger tätig. Parallel dazu absolvierte er eine Ausbildung zum Heilpraktiker sowie ein Studium der Sozialpsychologie und Philosophie. Norbert P. Nüchter ist in verschiedenen Prüfungsausschüssen der Industrie- und Handelskammer Hannover-Hildesheim sowie überregional beim Deutschen Industrie- und Handelstag und im Landesfachausschuss für die Beschlussfassung von Prüfungsaufgaben für die bundesweit einheitliche Controllerausbildung tätig. Er veröffentlichte verschiedene Fachaufsätze und Fachbücher in den Bereichen Controlling und Sozialpsychologie. Seit 1998 hält Herr Nüchter Lehraufträge an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Hannover in den Fächern Kommunikation, Präsentation und Projektmanagement.

I.

Prqjektkontrolle

377

Nach einer ausführlichen und umfassenden Planung sollte bei der Durchführung von Projekten eigentlich nichts mehr "schief" gehen. Aber wie alle wissen ist der Störfall im Betrieb der Normalfall. Damit ist nicht gemeint, dass etwa jemand ein Projekt wissentlich behindert, Fehler macht oder es gar sabotiert. Ganz im Gegenteil; auch wenn alle Beteiligten an dem Projekt orientiert mitarbeiten, engagiert und konzentriert bei der Sache sind, kommt es doch immer wieder zu Abweichungen im Verhältnis zum ursprünglichen Projektplan. 1.

Warum

Projektkontrolle für den Projekterfolg so wichtig ist.

Um Abweichungen frühzeitig erkennen zu können und deren Folgen so gering wie möglich zu halten oder sogar ganz abzuwenden, bedarf es der Projektkontrolle. Sie ist das Mittel zur frühzeitigen Erkennung von Differenzen zwischen dem Plan und dem eintretenden Ist. Die Kontrolle soll also zunächst zeigen, ob es Abweichungen gibt. Damit dient sie der Abweichungserkennung. Sie ist die Grundlage für die Feststellung, ob durch die Abweichung Handlungsbedarf entstanden ist oder nicht. Manche Abweichungen sind nämlich feststellbar, aber ohne größere Bedeutung für den weiteren Projektverlauf und das Erreichen des Projektzieles. Andere Abweichungen hingegen können nicht nur den Projektablauf behindern oder verzögern, sondern das Projektziel, besser die Gesamtheit der Projektziele beeinträchtigen und

gefährden. Projektkontrollen beziehen sich auf die Durchführungsphase des Projektes. Das bedeutet, dass jede Kontrolle ein reales Ergebnis des tatsächlichen Tuns und Handelns im Rahmen der Projektabwicklung abbildet. Eine Störung im Projektverlauf schlägt sich in den Kosten, der Qualität oder Zeit, also den Terminen nieder. Die Aufgabe der Projektkontrolle besteht nun darin, die Abweichung an sich, aber auch die Ursachen für die Abweichung offen zu legen, damit in dem sich anschließenden Steuerungsprozess Maßnahmen ergriffen werden können, um das Projektziel doch noch zu erreichen. Weil sich Ressourcen, Termine, Qualität und Kosten gegenseitig beeinflussen, muss damit gerechnet werden, dass eine Abweichung bei nur einer dieser Größen Einfluss auf mindestens eine, meistens aber auf zwei der anderen Einflussgrößen hat. Bei der Projektkontrolle werden die Soll-Vorgaben der Planung mit den erreichten Ist-Werten der Realisierungsphase verglichen. Im Controlling gibt es einen Satz der besagt, dass jede Zahl im Controlling, die keine Aktivität in der Unternehmung auslöst, sinnlos ist. Das Gleiche gilt für die Zahlen im Rahmen der Projektsteuerung. Die Ergebnisse

IV.

378

Projektdurchführung

der Projektkontrolle sollen direkt zu Gegensteuerungsmaßnahmen führen. Dadurch sollen Planabweichungen der Projektgegenstände Funktionen, Teilprojekte oder Teilprodukte, Teilergebnisse und Projektteilergebnisse oder Projektergebnisse, Qualität, Kosten und Aufwendungen korrigiert werden. Alle notwendigen Maßnahmen werden in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Bedeutung für das Projekt vom Projektteam, dem Projektleiter oder den zugeordneten Gremien entschieden. Termin-, Kosten-, Kapazitäts- und Ressourcenplanung sind Zielgrößen, die sich gegenseitig beeinflussen und häufig im Konflikt zueinander stehen. Zur Bewältigung der Konflikte müssen oft Entscheidungen auf höherer Ebene getroffen werden, beispielsweise im Lenkungsausschuss. Da die Zielgrößen in der Regel in ihrer Disponierbarkeit beschränkt sind, ist es die Aufgabe des Projektmanagements, sie zu optimieren. Um Krisenentscheidungen auf Grund von Zielkonflikten zu vermeiden oder Zielkonflikte zu bewältigen, bedarf es differenzierter, problemlösungsorientierter Methoden und Verhaltensmöglichkeiten. Der Zusammenhang kann durch den Projektmanagement-Regelkreis verdeutlicht werden. SOLL

Projektplanung

Projektkontrolle SOLl/IST-Vergleich

Projektsteuerung (PL. Gremien)

Vorgaben

r^S (

Maßnahmen

1

r— Berichtswesen

nrn y> Projektdefinition

_

Abb. 1:

^>

_

Realisierung

^

Projektschluß

^

Projektmanagement-Regelkreis

Regelkreis greifen Projektplanung, Projektkontrolle und ProjektsteueDie Planungsdaten gehen als Soll-Vorgaben in den Projektineinander. rung eng verlauf der Realisierungsphase ein. Die Realisierung liefert die Ist-Daten über das Berichtswesen. Auf der Grundlage des Soll-/Ist-Daten-Vergleichs wird im Rahmen der Projektkontrolle festgestellt, ob es zu Abweichungen gekommen ist oder kommen wird. Die In diesem

1.

Projektkontrolle

379

Bedeutung dieser Vergleiche und damit der Projektkontrolle wird dadurch sichtbar, dass sich aus den Kontrollergebnissen direkt Maßnahmen ableiten, die dazu führen sollen, das Projekt wieder in den Plan zurück zu holen. Noch gravierender wird der Einschnitt, wenn die Abweichungen unüberwindbar geworden sind. In einem solchen Fall kann es sogar notwendig sein, die Projektplanungsdaten an die veränderte Situation anzupassen. Soweit die Daten aber im Rahmen der tolerierbaren Abweichungen liegen oder sogar keine Abweichungen aufweisen, kann das Projektzeit-, qualitäts- und zielgerecht abgeschlossen werde. Die Ergebnisse der Projektkontrollen werden in den Projektstatussitzungen in regelmäßigen Abständen präsentiert. Damit Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet werden können, müssen folgende Fragen beantwortet werden: Was ist passiert? Wann ist es passiert? Wo ist es passiert? Wie ist es passiert? Warum ist es passiert? Wer war daran beteiligt? -

Bei der letzten Frage geht es allerdings nicht um Schuldzuweisungen, sondern um die Zuordnung des Problems zur Sicherstellungen der bestmöglichen Behebung. Die Aufgaben de Projektkontrolle bestehen im Wesentlichen darin: Den Projektstatus zu erfassen. Den Projektstatus zu berichten. Den Projektstatus zu bewerten. Diese drei Ziele dienen der Ausrichtung der Projektkontrolle am Projektfortschritt und helfen die Projektkontrolle von der Projektsteuerung klar und eindeutig abzugrenzen und die Aufgaben der Projektkontrolle zu definieren. 2.

SollTIst-Vergleich

SolWIst-Vergleich ist eine in der allgemeinen Betriebswirtschaft und im Controlling häufig angewandte Kontrollmethode, die es erlaubt mit exakten Messungen der erfassten Realwerte (Ist) an den vorgegebenen Richtwerten (Soll) den Projektfortschritt abzugleichen. Zu diesem Zweck wird häufig ein Aufgabenstatusformular oder ein Projektfortschrittsbericht verfasst. Der

IV.

380

Projektdurchführung

Aufgabenstatusformular Projekt: Kunde: Mitarbeiter: Datum: Status: Bericht: Soll-/Ist-Vergleich neu Planungsdaten Soll-Ast-Vergleich Aufgaben/Vorgänge Plan Rest Status Beginn Ist Status Ist Aufgabe 4 8 12 Materialfluss begonnen Tg. plan 26.02. Tg. Tg.

Plan

-

Ende 18.03

Prüfen Materialwork- noch

2

Tg.

OTg.

2

Tg.

nicht

shop

ver-

22.02. 04.03.

06.03

scho-

Planen

ben

Materialflussmodell

begonnen

5

Tg.

2

Tg.

3

Tg.

verlän- 8

Tg.

2 Tg.

6 Tg.

gert

entwerfen

Materialfluss- noch nicht 14 Tg.

OTg.

14

Tg.

ver-

system

scho-

einfuhren

ben

04.05. 20.05.

26.06

Materialfluss überwachen Materialfluss kontrollieren etc.

Tab. 1:

Aufgabenstatusformular

Ein solcher Aufgabenstatusbericht kann sowohl nach Dauern, als auch nach Anfangs- und Endterminen aufgebaut sein. Die entscheidende Struktur erhalten Berichtsformulare immer durch die aktuelle und notwendige Fragestruktur, die zu den Daten fuhrt, die als Zielgrößen den Verlauf des Projektes nachhaltig beeinflussen. 3.

Projektstatusberichte

jeweiligen Projektstatusberichte werden in Projektsitzungen präsentiert. Projektsitzungen sind ein wesentliches Instrument der Projektsteuerung, aber auch der Projektkontrolle. Sie dienen dem Projektabgleich ebenso wie der Früherkennung von Soll-/Ist-Abweichungen und Störungen im Projektverlauf. Weil Projektsitzungen sehr aufwendig sind, sollten sie immer mit schriftlichen Statusberichten und Soll-/Ist-Berichten kombiniert durchgeführt werden. Um zu effizienten Projektsitzungen zu kommen ist es notwendig, die Zeit- und Die

1.

Projektkontrolle

381

Kostenaufwendungen für das Projekt mindestens einmal wöchentlich zu erfassen, zu überprüfen und den Projektplänen und Projektberichten zuzuordnen. Je nach Größe des Projektes übernimmt diese Aufgaben der Projektleiter, das Projektbüro oder diejenige Person, die jeweils mit der Projektteilaufgabe betraut ist. In jedem Fall muss sicher gestellt werden, dass jedes Teammitglied einmal wöchentlich ein aktualisiertes Aufgabenstatusformular erhält. Auf dieser Grundlage werden die Inhalte der Projektsitzungen als Kontrollorgan gestaltet. In der Vorbereitung der Projektsitzung muss sichergestellt werden können, dass alle Informationen korrekt sind und die berechneten Daten keine Fehler aufweisen. Mit der Zeit sollte sich Sicherheit darüber einstellen, dass jedes Teammitglied jede Woche einen korrekten Bericht vorlegt. Aus den Berichten kann sich ergeben: dass eine Person zu viele Aufgaben hat, dass eine Person neben ihren Aufgaben noch einige Stunden Zeit übrig hat, dass Teammitglieder Aufgaben nicht vollständig erledigen, dass Teammitglieder Schwierigkeiten mit bestimmten Aufgaben haben, dass Start- oder Endtermine nicht eingehalten werden, Abweichungen oft erst kurz vor dem Ablauf des Endtermins berichtet werden, dass eine Person Arbeiten erledigt, mit denen sie nicht betraut ist, dass eine Person Arbeiten erledigt, die nicht zum Projekt gehören, dass Ausgaben getätigt werden die in der Höhe nicht der Planung entsprechen, dass Ausgaben auf das Projekt verbucht werden, die damit nichts zu tun

haben, dass Teammitglieder die noch benötigte Zeit falsch einschätzen, dass bestimmte Muster zu beobachten sind, wie: bestimmte Mitarbeiter überschreiten immer wieder die Termine, bestimmte Aufgabentypen erfordern immer mehr als die geschätzte Zeit, bei sämtlichen Aufgaben wird ein bestimmtes Subsystem überzogen. Es ist

wichtig, dass alle Abweichungen und Ursachen mit den Teammitgliedern offen besprochen werden. Dadurch wird den Teammitgliedem bewusst, welche Bedeutung die Kontrolle und Projektsteuerung für den Projekterfolg haben. Sollten die Projektbesprechungen am Anfang noch wöchentlich stattfinden, so können sie später im Verlauf des Projektes auf größere Intervalle ausgedehnt werden, ohne das die Projektqualität darunter leidet. Die ständig zu diskutierenden Projektdaten sind:

IV.

382

Projektdurchführung

Stunden, die während der jeweiligen Woche daran gearbeitet wurde, die Anzahl der Stunden, die bis zur vollständigen Erledigung der Arbeit noch notwendig sein wird, die Frage, ob die als erledigt gemeldeten Aufgaben vollständig durchgeführt worden sind, ob alle anfallenden Kosten abgerechnet worden sind, ob es Abweichungen gegenüber dem Zeitplan gegeben hat, ob es Abweichungen gegenüber dem Terminplan gegeben hat, ob es Abweichungen hinsichtlich der Qualität gibt.

die Anzahl der

Abweichungen Auswirkungen auf den Projektplan und die kann auf Grund der ausführlichen Unterlagen, Informationen Projektziele haben, und Daten in der Projektsitzung ermittelt werden. Dazu kann es erforderlich sein, die Daten durch Hochrechnen auf die zukünftige Entwicklung zu bestimmen. Die Länge und Komplexität dieser Prozesse hängt von der Größe und Komplexität des Projektes ab. Bei großen Projekten, mit mehrschichtigen Zeitplänen und Budgets können auch mehrere Managementebenen beteiligt sein. Damit die Projektsitzungen und die Projektstatusberichte zu Erfolgen werden, ist es empfehlenswert, alle Berichte persönlich Korrektur zu lesen. Außerdem sollen alle Berichte rechtzeitig an die entsprechenden Personen ausgehändigt werden. Es ist oft nicht leicht, Wahrheit und Dichtung der Projektstatusberichte auseinander zu halten. Dennoch es ist erfolgversprechender, die Situation positiv darzustellen, so dass Lösungen präsentiert werden und nicht Probleme. Erfolgt die Präsentation des Projektstatusberichts beim oder zusammen mit dem Kunden, soll der Bericht Professionalität zeigen und nicht zu Verunsicherung führen. Ob und inwieweit

4.

Projektstatusbewertung

Letztlich dient der Projektstatusbericht der Abschätzung, ob ein Projekt termin-, kosten-, zeit- und ressourcengerecht abgewickelt werden kann. Die für die Bewertung des Projektstatus notwendigen Grundlagen können den folgenden Fakten entnommen werden.:

Projektpläne (Projektstrukturplan, Netzplan, Zeitplan, Kostenplan etc.) Sämtliche Aufgabenstatusformulare Statusberichte der Teammitglieder Vorhergehende Projektstatusberichte

1.

Projektkontrolle

383

Berichte über offene Punkte oder Liste der offenen Punkte Berichte und Listen über Änderungen und Probleme bei der Projektdurchführung

Auf den verschiedenen Projektebenen werden die Bewertungen des Projektstatus unterschiedlich vorgenommen. So stehen auf der Aufgabenebene die Fragen nach: dem termingerechten Beginn der Arbeiten, dem termingerechten Abschluss der Arbeiten, im Mittelpunkt des Interesses. Auf der Teammitgliedebene werden die Kontrollen an den Terminen der einzelnen Vorgänge festgemacht. Bewährt hat sich auch der Vergleich eines Teammitgliedes mit anderen Teammitgliedern. Auf der Projektebene bietet sich die Analyse von Abweichungen an. Abweichungen sind grundsätzlich weder gut noch schlecht. Primär sind sie Informationen, die zu bestimmten Fragen führen, auf die es gilt, Antworten zu finden. Die wichtigsten Methoden sind die Trendanalysen, aus denen sich der weitere Verlauf des Projektes prognostizieren lässt. 5.

Problemstatusbewertung

Probleme müssen nicht nur als einzelne Erscheinungen, sondern auch als Ganzes betrachtet werden. Dadurch können sie als Ganzes in ihren Auswirkungen auf das Gesamtprojekt bewertet werden. Der Problemstatus kann an Hand einiger Fragen festgestellt werden: Werden Probleme dort wo sie auftreten schnell erkannt? Wo immer im Projekt dies nicht der Fall ist, lohnt es sich herauszufinden, warum Probleme nicht schnell erkannt werden. Es könnte beispielsweise sein, dass die Teammitglieder sich mit den Symptomen befassen, anstatt nach den Ursachen zu forschen. Ein solches Verhalten hat oft ihre Ursache in der Befürchtung der Teammitglieder, für die Probleme verantwortlich gemacht zu werden. Werden Probleme nur langsam gelöst? Es kommt besonders bei großen Projekten häufiger vor, dass die Lösungsprozesse bei auftretenden Problemen zu komplex sind, als das sie sofort erfasst und bewäl-

IV.

384

Projektdurchführung

tigt werden könnten. Dann ist es ratsam, die einzelnen Teammitglieder dazu aufzufordern, sich eigenständig um Punkte zu kümmern, bei denen eine Beteiligung des Managements nicht nötig ist. Tauchen bestimmte Probleme erneut auf? Wenn dies der Fall ist, dann liegt es meistens daran, dass die erste Lösung nicht ausreichend war. Eventuell wurde die Lösung auch nicht konsequent zu Ende geführt oder es gab Kommunikationsstörungen, die eine nachhaltige Problemlösung

verhinderten. Können die Probleme

von

den

Projektteams überhaupt gelöst werden?

Häufig ist das nicht der Fall, wenn verschiedene Lösungsansätze nicht gewünschten Erfolg führen. Dann muss eventuell der Plan geändert werden. 6.

Meilenstein Trend

zum

Analyse (MTA)

Meilensteine sind gemäß DIN 69901 Ereignisse von besonderer Bedeutung. Jede einzelne Phase im Projektphasenplan endet mit mindestens einem Meilenstein. Meilensteine bilden die Entscheidungsgrundlage für den Beginn der Folgephase. Darüber hinaus können aber auch andere wichtige Ereignisse im Projektverlauf als Meilensteine ausgewiesen werden. Meilensteine sind Zeitpunkte, zu denen ein konkretes geplantes Ergebnis festgestellt werden soll. Alle Meilensteine werden als Fertigstellungstermine in der Projektplanungsphase ermittelt und festgestellt. Meilensteine sind: ein definiertes Sachergebnis, das auch Meilensteininhalt genannt werden kann, ein Teilziel des Projektes, am Ende einer Projektphase dass wesentlich für das Projekt, •

vollständig übergebbar, im Voraus geplant, klar definiert und eindeutig

festgelegt ist.

1.

-

1,1

1,2

1,3

385

Projektkontrolle

Berichts-Zeitpunkte-* 1,4

1,5

1,6

1,7

1,8

1,9

1,10

I I J I i I I I I 1

CD C

'E

c

Abb. 2:

Beispiel einer Meilenstein

Trend Analyse

ermöglichen die Entscheidung über das weitere Vorgehen im Projekt und sind Entscheidungsgrundlage für die Entscheidungen über die Folgephasen des Projektes. Ihr erfolgreicher Abschluss ist die Voraussetzung für die Fortführung des Projektes mit dem nächstfolgenden Teilprojekt, dem nachfolgenden Arbeitspaket oder der nachfolgenden Projektphase. Die darin formulierten Ziele (Meilensteininhalte) müssen so konkret formuliert sein, dass die Ergebnisse im Sinne eines Staffellaufes an die nächste Projektgruppe als vollständiges Zwischenergebnis übergeben werden können. Um die Meilensteine zu überwachen bietet sich die Durchführung einer Meilenstein-Trend-Analyse an. Die Meilenstein-Trend-Analyse ist ein Verfahren, das auf Teilzielen bzw. Teilprojekten oder Projektphasen beruht und dadurch eine reduzierte Übersicht über die Planentwicklung gibt. Sie ermöglicht die Vorschau auf das Projektende. Die Darstellung erfolgt in einem Dreiecksraster, das der Abbildung der Meilensteintermine und der Berichtszeitpunkte entspricht. Die Berichtszeitpunkte entsprechen den Terminen für die Projektstatussitzungen. Jedes Team führt zum Berichtszeitpunkt, zusammen mit dem Projektleiter, eine Schätzung für alle Meilensteine durch, die auf dem aktuellen Projektstand und den bekannten und geplanten Sie die

IV.

386

Projektdurchführung

beruht. Die geschätzten Termine werde in die Grafik eingetragen, wodurch eine Kurve entsteht, die den Trend der Terminentwicklung auf-

Rahmenbedingungen zeigt.

Ein horizontaler Verlauf der Kurve zeigt an, dass die geplanten Termine wahrscheinlich eingehalten werden (Sechseck). Steigt die Kurve hingegen an, dann ist mit Terminüberschreitungen zu rechnen (Dreieck). Wenn die Kurve fällt, dann werden die geplanten Termine voraussichtlich unterschritten (Raute). Wenn ein Meilenstein erreicht worden ist, endet die Kurve auf der diagonalen Seite des Dreiecks. Die Ursachen und Auswirkungen von Terminabweichungen werden im beiliegenden Meilensteinstatusbericht erläutert. Zum späteren Zeitpunkt enthalten die Berichtsblätter dann auch noch die Maßnahmen, die zur Korrektur des jeweiligen Verlaufs vorgesehen worden sind. Die Meilenstein-Trend-Analyse bildet eine weitere Grundlage für den Projektstatusbericht und die Projektstatussitzung. 7.

Kostenkontrolle

Die geplanten Kosten werden den tatsächlich angefallenen Kosten gegenübergestellt. Dabei sollte die Bezugsgröße möglichst klein gehalten werden. Gut geeignet sind die geplanten Arbeitspakete, weil sie eine genaue und verursachungsgerechte Kostenanalyse ermöglichen. Ursachen für Kostenabweichungen können: externe Einflüsse, wie Preissteigerungen, Änderung der Bezugsquellen etc. eine insgesamt oder in Teilbereichen zu optimistische Planung eine ungenaue, nicht alle Kostenfaktoren berücksichtigende Kostenplanung falsche oder unvollständige Basiswerte als Kosteninformation oder zusätzliche Anforderungen durch den Auftraggeber sein. MitarbeiterStunden

üsy jPlan| 200 _L

100 -L

Arbeits-

pakete

Abb. 3: Kostenkontrolle: Mitarbeiterstunden pro Arbeitspaket

1.

387

Projektkontrolle

Im Rahmen der Kostenkontrolle ist es besonders wichtig, dass mögliche Ursachen für Kostensteigerungen gefunden und mögliche Kostensenkungspotenziale ermittelt werden, weil sonst kaum Alternativen zu einer Budgeterhöhung oder Einschränkungen in der Qualität bestehen. Zur genauen Verfolgung der Kostenentwicklung ist es notwendig, bei Abschluss jedes Arbeitspaketes einen Soll-/Ist-Vergleich der Kosten durchzuführen, um Abweichungen frühzeitig zu erkennen und einen Überblick über den Gesamtkostenverlauf zu behalten. Einen Überblick über den Kostenverlauf liefert ein kumulierter Soll-/Ist-Vergleich. Dabei werden die ermittelten Soll- oder Plan-Werte den Ist-Werten als jeweils kumulierte Kurve den Bezugsgrößen des Sachfortschritts gegenübergestellt. Bezüglich der Kontrollfunktion des Managements ist die Verwendung der Zeit als Bezugsgröße nur sehr bedingt zu nutzen; besser ist die Messung entlang des Sachfortschritts. Eine positive Planabweichung könnte zu einem bestimmten Zeitpunkt gemessen bedeuten, dass sich das Projekt, gemessen am Sachfortschritt, gegenüber den Planwerten erheblich im Verzug befindet. Kumulierte Kurven entlang des Sachfortschritts erfordern eine intensive Vorbereitung in der Planung. Neben der Kostenverteilung müssen die Arbeitspakete in eine Sachfortschrittskontrolle überfuhrt werden. Die Skalierung erfolgt von 0 % bis 100 %. Als Grundlage kann der geschätzte Arbeitsaufwand in Mitarbeiterstunden eingesetzt werden. Dabei müssen qualitative Anforderungen, wie der Schwierigkeitsgrad einer Aktivität oder die Wahrscheinlichkeit eines Vorgangserfolges in die Planung und Kontrolle mit einfließen. Kosten

(DM)

25%

50%

Sachfortschritt

Abb. 4: Kumulierte Kosten-/Sachfortschritts-Kurve Aus dem Vergleich der kumulierten Kostenkurve lassen sich Trends ablesen, die bei vorsichtiger Betrachtung Hinweise auf die Gesamtkostensituation am Ende des

IV.

388

Projektdurchführung

Projektes geben. Werden signifikante Abweichungen beobachtet, soll der Kostendarstellung die Ursache der Abweichung hinzugefügt werden. Wenn jedoch der Leistungsumfang des Projektes während der Projektlaufzeit erweitert wird, muss zunächst eine erneute Kostenplanung mit den veränderten Daten durchgeführt werden, bevor die Werte gemessen oder beurteilt werden können. Eine Alternative zu der differenzierten Projektkontrolle bildet die integrierte Überwachung der Projektzielgrößen Kosten, Leistungen und Termine. Der besondere Vorteil liegt in der Möglichkeit zur ergebnisorientierten Projektsteuerung. Mit ihr lassen sich die hier formulierten Ansprüche an eine effiziente Projektkontrolle und die Forderung nach der Einleitung von Steuerungsmaßnahmen erfüllen. Am Anfang einer mitlaufenden oder begleitenden Kontrolle steht die lückenlose Erfassung der Kosten, Termine und Leistungen. Neben den bereits angeregten Soll-/IstVergleichen für einzelne Projektteilaufgaben und einzelne Projektparameter erlangt die integrierte Planfortschrittskontrolle von Kosten, Leistungen und Terminen besondere Bedeutung. Sie kann nicht nur als vergangenheitsorientierte Kontrollfunktion eingerichtet, sondern auch als Soll-Wird-Kontrolle durchgeführt werden. Eine mitlaufende Kontrolle ermöglicht zu verschiedenen Zeiten des Projektablaufs eine Gegenüberstellung von Ist-Kosten und Ist-Leistung, von SollKosten und Soll-Leistung sowie von Soll-Kosten und Ist-Leistung. Kosten

Prohnosizierte

KosteKabweichung

Zeit Kontroll-

zeitpunkt

Abb. 5:

Geplantes' Prognostizierte Projektende Terminabweichung

Integrierte, mitlaufende Kontrolle von Kosten, Leistungen und Terminen

1.

Projektkontrolle

389

Die Abbildung zeigt die Verläufe von Soll-Kosten bei Soll- und Ist-Leistung sowie die tatsächlich angefallenen Kosten. Sie bilden die Grundlage für die Ermittlung von Kosten- und Terminabweichungen. Probleme bereitet dabei häufig die Ermittlung der Soll-Kosten bezogen auf die Ist-Leistung, die als Earned Value oder Arbeitswert bezeichnet werden. Um die Soll-Kosten bezogen auf die Ist-Leistung zu ermitteln, müssen die einzelnen Arbeitspakete, die angefangen worden sind, aber noch nicht abgeschlossen werden konnten, hinsichtlich ihres Fertigstellungsgrades geschätzt werden. Der Spezifizierung der Abweichungen in Verbrauchs- und Kostenabweichungen sollte sich eine detaillierte Ursachenanalyse anschließen. Durch die Prognose der voraussichtlich noch anfallenden Kosten und Zeiten bis zur Projektfertigstellung lassen sich die voraussichtlichen Gesamtkosten des Projektes ermitteln und eine Terminabweichung bei der Fertigstellung voraussagen. Neben meilenstein- und entscheidungszeitpunktbezogenen Fortschrittskontrollen sind insbesondere bei strategischen Projekten Prämissenkontrollen und eine permanente strategische Überwachung durchzuführen. In eher technisch orientierten Projekten, wie beispielsweise Bauprojekten, wird der Bearbeitungsstand in regelmäßigen Abständen bezüglich der Termine und des Arbeitsfortschritts von einem Terminingenieur ermittelt; dann wird der ermittelte Bearbeitungsstand in ein System übertragen. Der Bearbeitungsstand kann durch Schwärzung von Doppelbalken dargestellt werden.

IV.

390

Projektdurchführung

SD Microsoft Project Projektplan Newsletter Sommer 2002.mpp -

^]

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y S3 # Gl % GS

«

Abbildung

die Projektorganisation, das Projektmanagement, die untemehmensspezifische Projektmanagement-Systematik, die Linienorganisation, der Markt/der Kunde. Wichtig ist, die Diskussion anhand von konkret erlebten Situationen aus dem Projekt zu führen.

1. Abschluss

Die kritischen Soll-lst-

Vergleich

443

Erfolgsfaktoren

Projekterfolge Projektmisserfolge

Ursachen

Projektorganisation Projektlenkung Projektleitung Zusammenarbeit im Team

Projektmanagement Projektdefinition

Projektmanagement Systematik

..Moving Targets" Ressourcen

Linienorganisation

Projektplanung

Markt / Kunde

Schnittstellenmanagement Kompetenzen

und Qualifikation

kritische

Abb. 4: Die kritischen

Erfolgsfaktoren

Erfolgsfaktoren

So lässt sich einfacher ein gemeinsames Verständnis unter den Beteiligten finden. Die kritischen Erfolgsfaktoren werden ermittelt, indem die Ursachen von Erfolgen und Misserfolgen ausgewertet werden. Es wird jeweils analysiert, welche dieser Ursachen für den Gesamterfolg des Projektes von großer Wichtigkeit gewesen sind. Beispiele hierfür können sein: Zielveränderungen während des Projektverlaufs, Methodenkompetenz des Projektleiters,

Änderungen personeller Ressourcen, richtige (oder auch falsche) Problemlösungsansätze, funktionierendes Delegationsprinzip, Widerstände bei der Umsetzung von Problemlösungen, Kommunikation der relevanten

Informationen,

...

.

444

4.4

V.

Know-How und

In der

Projektabschluss

Erfahrungen

"althergebrachten Stabs- Linienorganisation fand und findet Wissens- und Erfahrungstransfer in der Regel "entlang der Linie" statt. Das heißt, die in bestimmten Aufgaben- und Problemstellungen gemachten Erfahrungen und das aufgebaute Wissen vergrößerte die Macht der Experten. Diese wurden aufgrund des Expertentums befördert zu Abteilungs- und Bereichsleitern und die aufgebaute Expertise verblieb im jeweiligen Bereich. Laut Definition ist das Projekt nur eine zeitlich befristete Organisationsform. Die im Projekt gesammelte Erfahrung und das aufgebaute Wissen wird mit dem Zurückgehen der Teammitglieder in die Organisation oder in ein anderes Projekt zersplittert und ist damit nahezu unbrauchbar für das Unternehmen. Die Kunst besteht nun darin, die gesammelten Erfahrungen und das aufgebaute Wissen so zu konservieren, dass sie dem Unternehmen nachhaltig nützlich sind (siehe auch Kapitel VI.l). In diesem Teil der Abschlussbesprechung werden die Projektergebnisse wie auch die kritischen Erfolgsfaktoren zweigeteilt in die allgemeingültigen und projektspezifischen (siehe hierzu auch Abbildung 5). Die besondere

"

Herausforderung besteht nun darin, die allgemeingültigen Aussagen formulieren, dass sie für nachfolgende Projekte nutzbar sind. Das lässt sich nicht immer während der Besprechung realisieren. Dann muss dies im Nachgang von einer kleinen Expertengruppe bearbeitet werden. so zu

445

1. Abschluss

Know-How und

Erfahrungen kritische

Projektergebnisse

Erfolgsfaktoren

i

1

projektspezifisch

projektspezifisch

allgemeingültig

allgemeingültig

Projekt-

dokumentation

ProjektmanagementSystematik Wissensdatenbank

Abb. 5: Know-How und Erfahrungen

Projektergebnisse und Erfolgsfaktoren werden in der Projektdokumentation aufgenommen (siehe hierzu Kapitel 1.5). Die allgemeingültigen Aussagen müssen der Organisation in geeigneter Weise zur Verfügung gestellt werden. Eine Möglichkeit, dies zu tun, besteht in der Realisierung einer Wissensdatenbank, in der nach definierten Begriffen Wissen und Erfahrungen aus dem Projekt abgelegt und hinterher abgerufen werden können. Die Informationen zu unternehmensinternen Systemen, wie zum Beispiel dem Projektmanagementsystem, müssen an die Verantwortlichen weitergeleitet werden, um gegebenenfalls diese Systeme anzupassen und zu verbessern. Als Beispiele seien hier die Ergänzung von Checklisten genannt oder aber die Ergänzung von Standardarbeitspaketen für spezifische Projektkategorien. Wenn eine ausreichende Anzahl von Projekten in der beschriebenen Weise vorgeht, liegen Erfahrungsdaten vor und stellen so ein hervorragendes Mittel dar, aus dem man Wissen abrufen kann. Beispiele hiefür sind: erfolgreiche und nicht erfolgreiche Lösungsstrategien für vergleichbare Probleme (technische, organisatorische, menschliche, ...), eingesetzte Methoden und Werkzeuge bei bestimmten Problemstellungen, Projektteambesetzungen (bestimmte Funktionen) für ähnliche Projektkategorien, Aufwand, Dauer und Kosten sowie Nutzen von ähnlichen Projekten Alle

«

...

.

446

4.5

V.

Die

Projektabschluss

Entlastung von Projektleiter und -team

alle Ergebnisse vorliegen, freigegeben und an die Organisation weitergegeben sowie die Erfahrungen dokumentiert und kommuniziert sind, ist das Projekt bis auf die Abschlussdokumentation beendet. Als letzter Schritt schließt sich hieran die Entlastung von Projektleiter und -team. Der Moderator bittet die Anwesenden des Lenkungsausschusses um diesen formalen Akt. Mit dieser Entlastung ist das konkrete Projekt und seine Organisation aufgelöst; die Mitglieder sind nun wieder frei für neue Aufgaben in ihren Bereichen oder in anderen Projekten. Über den formalen Akt hinaus kann dieser Schritt für jeden einzelnen, speziell für den Projektleiter, etwas besonderes bedeuten: Erfolgreiche Projektarbeit trägt wesentlich zur Motivation der daran Beteiligten bei, da der persönliche Anteil des Erfolges direkt nachvollziehbar ist. Je nach unternehmensspezifischer Projektmanagement-Systematik beinhaltet der Akt der Entlastung auch die Anerkennung von monetären oder nichtmonetären Nachdem

nun

Zuwendungen aufgrund erfolgreicher Projektarbeit. 5.

Die Abschlussdokumentation

Eine

systematische und standardisierte Projektdokumentation, die in der Projektmanagement-Systematik definiert ist, stellt alle wesentlichen Informationen zum Projekt dar. In vielen Fällen wird sie aus nachvollziehbaren Gründen vernachlässigt, was jedoch dazu führt, dass in Nachfolgeprojekten ähnliche Erfahrungen wiederholt werden (müssen), Wissen neu aufgebaut wird, am Ende "das Rad neu erfunden" wird. Es entsteht also Mehrfacharbeit, die die so dringend benötigten Ressourcen zusätzlich belastet. Die Projektdokumentation beinhaltet Informationen zu der Projektinitiierung, der Projektorganisation (Lenkungsgremium, Leitung,

Team), (-) der Projekt-

(Ziele, Leistungsversprechen, Arbeitspakete, Meilensteine) und Projektergebnissen (nach Leistungsversprechen, Meilensteinen und Arbeitspaketen sortiert). Dazu kommen beim Abschluss des Projektes (-) die Endergebnisse, der Soll-Ist-Vergleich und die kritischen Erfolgsfaktoren. definition den

1. Abschluss

6.

447

Zusammenfassung

Während des

Projektes werden Erfahrungen und Wissen innerhalb der Projektorganisation aufgebaut. Der Projektabschluss dient dazu, sich mit den beteiligten Funktionen diese gesammelten Erfahrungen und das angereicherte Wissen bewusst zu machen und in geeigneter Weise zu dokumentieren. Darüber hinaus werden die beteiligten Funktionen, wie Projektleiter und -team aus ihrer Verantwortung entlassen und stehen nun der Unternehmensorganisation für neue Aufgaben zur Verfügung. 7.

Literaturhinweise

Block (1981): Block, Peter: Flawless Consulting, A Guide to Getting Your Expertise Used, San Diego Schürt (2000): Schürt, Peter: Wissensmanagement, Mehrwert durch Wissen, Nutzenpotenziale ermitteln, den Wissenstransfer organisieren, Niedernhausen Roß (1992): Roß, Dieter: Grundfragen industrieller Forschungsstrategien: Planung/ Selbstorganisation/Evolution, Manuskript der Universität Marburg

VI.

VI. 1. Die Rolle 2.

3.

Spezielle Aspekte des PJM

Spezielle Aspekte des PJM

Wissensmanagement in Projekten._ Internationale Projektarbeit. EDV-Einsatz im Projektmanagement. von

449

451 469 493

1. Die Rolle

1. Die Rolle von

von

Wissensmanagement in Projekten

Wissensmanagement in Projekten von

Dr. Heike Sanden Inhaltsverzeichnis

Die Rolle

4.

Wissensmanagement in Unternehmen Anforderungen an Wissensmanagement in Projekten 2.1 Wissensarten in Projekten 2.2 Wissensphasen in Projekten Wissensmanagement in Projektphasen 3.1 Klärungsphase 3.2 Einarbeitungsphase 3.3 Um setzungsphase 3.4 Evaluationsphase Wissensmanagement: Konsequenzen für Projekte

5.

Literaturhinweis

1. 2.

3.

von

451

452

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

Autorenbeschreibung Dr. Heike Sanden, Im Winkel 7, 38179 Schwülper, email: [email protected] Dr. Heike Sanden (Jg. 1966), studierte Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Organisation und Marketing an den Universitäten Paderborn, Stanford (USA) und Sevilla (Spanien) mit dem Abschluß als Diplom-Kauffrau 1994. Zuvor absolvierte sie eine Lehre zur Industriekauffrau bei einem Automobilzulieferer. Nach dem Studium war sie 6 Jahre in einer Personal- und Unternehmensberatung in der Funktion der Leiterin Projektkoordination tätig. Seit Anfang 2000 ist sie als Referentin Personalentwicklung zuständig für die FührungskräfteEntwicklung in einem Konzern der Nahrungsmittelindustrie. Sie promovierte 2001 extern zum Dr. rer. pol. über das Thema Wissensmanagement.

1. Die Rolle

1.

Die Rolle

von

von

Wissensmanagement in Projekten

453

Wissensmanagement in Unternehmen

Unternehmen leben heute in einem dynamischen Umfeld. Dieses Unternehmensumfeld verlangt einen permanenten Wandel. Überleben wird das Unternehmen, das es versteht, Chancen zu erkennen und wahrzunehmen, das eine Organisation mit einem Maximum an Flexibilität und Produktivität entwickeln kann, und durch Anpassung, permanentes Lernen und vorausschauende Unternehmenssteuerung bereit ist, sich dem dynamischen Umfeld zu stellen. Dies erfordert den gezielten Umgang mit dem aktuellen Wissen des Unternehmens sowie darüber hinaus den ständigen Aufbau und die Integration von neuem Wissen. Die Bedeutung von Wissen als strategischer Produktionsfaktor wächst. Immer mehr deutsche Unternehmen erkennen gegenwärtig die Bedeutung des Themas Wissensmanagement. In einer Studie von 34 der größten deutschen Unternehmen gaben 80% der Unternehmen an, dass sie sich derzeit bereits mit Wissensmanagement befassen und über 88% der befragten Großunternehmen vertraten die Auffassung, dass die Ressource Wissen im Vergleich zu heute innerhalb der nächsten drei Jahre wesentlich an Bedeutung für die Wertschöpfüng des Unternehmens zunehmen wird. Dennoch: Im internationalen Vergleich liegen die deutschen Unternehmen beim Thema Wissensmanagement zurück. Ein weltweites Ranking der Most Admired Knowledge Enterprises listet als bestes deutsches Unternehmen Siemens auf Rang 18, welches Wissensmanagement in den unterschiedlichen Firmenbereichen einsetzt (vgl. Davenport/Probst 2000) Wissen als Produktionsfaktor soll in Unternehmen zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der richtigen Qualität vorhanden sein. Vergleicht man Wissen mit den herkömmlichen materiellen Ressourcen, so ergeben sich erhebliche Diskrepanzen in der Eigenschaft der Ressource, die Konsequenzen im Umgang mit Wissen haben. Wissen veraltet, kann simultan besessen werden und dehnt sich aus, indem man es nutzt. Derzeit sehen sich Unternehmen im Umgang mit Wissen folgenden

Schwierigkeiten ausgesetzt (vgl. Bullinger et al.1997): keine systematische Nutzung von Wissen aufgrund Transparenz,

von

fehlender

fehlende Plattformen zum zielorientierten Wissensaustausch, fehlende Methoden für den Transfer von individuellem Expertenwissen zu untemehmensweit verfügbarem Wissen, Wissen wird unabhängig voneinander mehrfach aufgebaut, Wissen ist nicht greifbar, weil es unzureichend dokumentiert ist, nicht schnell genug lokalisiert wird und verstreut ist.

454

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

Um Unternehmen den effizienten Einsatz von Wissen zu ermöglichen, muss Wissen "gemanagt" werden. Darunter sollen alle Maßnahmen verstanden werden, die den Umgang mit Wissen in Unternehmen auf individueller, Gruppen- und organisationaler Ebene systematisieren und so Wissen für den Unternehmenserfolg nutzbar machen. Das Managen von Wissen sollte sich dabei sowohl auf Aufgaben und Funktionen beziehen, die auf Dauer angelegt sind, als auch auf befristete Aufgaben in Projekten.

2.

Anforderungen an Wissensmanagement in Projekten

Projektmanagement hat sich als Methode und Führungsform in Unternehmen bewährt. Projekte werden in Organisationen durchgeführt, um in kurzer Zeit innovative Aufgaben zu bewältigen. Dies bedeutet, dass Wissen für das Unternehmen oder für einen Teilbereich aufgebaut wird. Mit Hilfe dieses Wissens können dann die anstehenden Aufgaben bewältigt werden. Das Management von Wissen ist deshalb ein Erfolgsfaktor für das Projekt, dem in der Vergangenheit jedoch wenig Beachtung geschenkt worden ist. Darüber hinaus leistet die Arbeit des Projektteams einen Beitrag für das Wissensmanagement in den Unternehmen. Wissensmanagement in Zusammenhang mit Projekten kann dementsprechend von zwei Seiten betrachtet werden. Zum einen kann der Einsatz von Projekten als ein Baustein für das Wissensmanagement im gesamten Unternehmen betrachtet (externe Sichtweise) werden, zum anderen gilt es den Umgang mit Wissen innerhalb des Projektes (interne Sichtweise) zu betrachten. Projekte als ein Baustein des Wissensmanagements des Unternehmens Die Strukturen von Unternehmen sind meistens nicht optimal für den Einsatz von Wissensmanagement gestaltet. Die historisch gewachsenen Unternehmen weisen zumeist Strukturen auf, die das Wissensmanagement nicht vernetzen bzw. sogar behindern können. Bereichsdenken ohne Austausch auf der gleichen Ebene, viele Hierarchiestufen und der Gedanke "Wissen ist Macht" sind Barrieren des Wissensmanagements. Grundsätzlich gilt es, für das Wissensmanagement Strukturen aufzubauen, die es ermöglichen, Wissen zu entwickeln und weiterzuleiten. Gefragt sind hier flexible Strukturen mit wenigen Hierarchiestufen, die auch hierarchieübergreifenden Austausch zulassen. Eine Möglichkeit zum Aufbau von interessen- und themengeleiteten Wissensstrukturen bietet die Projektgruppe.

1. Die Rolle

von

Wissensmanagement in Projekten

Zusammenhang von Wissen Projekten

Projektmanagement

als ein Baustein des bereichs- oder unternehmensweiten

455

und

Wissensmanagement im Projekt

Wissensmanagements

Abb. 1: Wissen und Projekt

Projektgruppen ermöglichen parallel zur bestehenden Hierarchie die Erfüllung von komplexen Aufgaben, für deren Erfüllung die formalen Strukturen zu langsam, schwerfällig oder innovationsfeindlich sind. Wechselnde Projektteams und Projektmitglieder führen zu einem Austausch von Wissen im Unternehmen. Dabei greifen sie durch den Verbrauch von deren Ressourcen auf die bestehenden Strukturen zu. Wichtig für das Projektteam ist die Klärung der organisatorischen Einbindung, wie z. B. die Eingliederung der Teammitglieder nach Auflösung des Projektes. Durch den gezielten Einsatz der ehemaligen ProjektgruppenMitglieder wird das Wissen des Projektes schnell in die Organisation getragen. Die Teammitglieder des Projektes arbeiten so als Multiplikatoren in dem Unternehmen. Des weiteren ist die Integration des erarbeiteten Wissens in das Unternehmen sicher zu stellen. In Hinblick auf das Wissensmanagement des gesamten Unternehmens bieten Projektgruppen folgende Vorteile: Es treffen unterschiedliche Personen, Sichtweisen und Wissen aufeinander, die in dem Unternehmen zumeist sonst nicht zusammenarbeiten. Es kommt so zu einem Wissensaustausch und zu einer Wissensergänzung untereinander. Es kommt in der Regel zu einem schnelleren Aufbau von Wissen, als es in der festgelegten Unternehmensstruktur sonst möglich wäre. Das erworbene Wissen des Projektteams kann in kurzer Zeit zu einer Lösung von Aufgaben führen und der gesamten Organisation zur Verfügung gestellt werden.

VI.

456

Spezielle Aspekte des PJM

Die Projektarbeit bringt in Bezug auf das Wissensmanagement jedoch auch einige Gefahren mit sich. Ein mögliches Risiko eines Teams ist die hohe Identitätsentwicklung der Teammitglieder zu ihrem Projektteam. Dies kann den Wissensaustausch zu anderen Projekten, Teams oder ganzen Untemehmensbereichen behindern. Mögliche Abhilfe für eine solche Grenzziehung des Projektteams kann die Vereinbarung von einigen gemeinsamen Aufgaben mit anderen Teams darstellen. Darüber hinaus kann direkt bei Beginn des Projektes der Transfer des aufgebauten Wissens in die Organisation als ein Ziel mit formuliert werden.

Wissensmanagement innerhalb des Projektes Beim Wissensmanagement innerhalb der Projektgruppe geht es um die Systematisierung von Wissen im Projekt. Durch die räumliche Nähe der Mitglieder in einer neu geschaffenen Struktur ohne Hierarchien und verfestigte Arbeitswege kann der Wissensaustausch optimal gestaltet und gefördert werden. Dort wo eine räumliche Nähe nicht gewährleistet werden kann, müssen andere Plattformen durch Informationstechnologien geschaffen werden, die den Austausch des Wissens gewährleisten können. Sollen Projektteams erfolgreich arbeiten, so sind einige grundsätzliche Dinge zu berücksichtigen. Projektgruppen benötigen einige Zeit, um ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln und leistungsfähig zu werden. Erst dann wird ein offener Wissensaustausch der Projektgruppen-Mitglieder stattfinden. Darüber hinaus ist die zeitliche Begrenztheit des Projektes von Wichtigkeit, da kein Team auf Dauer innovativ bleiben und in schneller Zeit neues Wissen aufbauen wird. Neben den Rahmenbedingungen für das Projektteam, die das Wissensmanagement erleichtem sollen, ist von Beginn des Projektes an eine Dokumentation für das erarbeitete Wissen aufzubauen, damit das Projektteam jederzeit auf erarbeitete Inhalte zurückgreifen kann und die gemachten Erfahrungen der Organisation zur Verfügung gestellt werden kann. Der Aufbau des Wissensmanagements in Projekten kann nach unterschiedlichen Systematisierungen vorgenommen werden. Möglichkeiten bieten sich in der Unterscheidung nach Wissensarten oder nach Wissensphasen (vgl. Sanden 2001).

2.1

Wissensarten in

Projekten

Eine differenzierte Betrachtung von Wissen gewährleistet, dass eine möglichst vollständige Dokumentation im Projekt sichergestellt wird oder von Projektbeginn an gezielt Methoden ausgewählt werden können, um die gewünschten Wissensarten

1. Die Rolle

von

Wissensmanagement in Projekten

457

die Projektaufgabe zu lösen. Auch bei der Auswahl der Projektmitglieder ist eine differenzierte Betrachtung von Wissen hilfreich. Wissen kann dabei unterschieden werden nach folgenden Kriterien (vgl. Abb. 2):

aufzubauen und

um so

Träger

Kapitalisierbarkeit •

Managementfähigkeit •







Personales Wissen Strukturelles Wissen







Erfahrungswissen Verfahrenswissen

4 Zeit •



Artikulierbarkeit

Arten des Wissens

Fachwissen



Individuelles Wissen Kollektives Wissen Organisationales Wissen

• •

Explizites Wissen Implizites Wissen

% Ort

Historisches Wissen Aktuelles Wissen Zukünftiges Wissen





Inneres Wissen

Äußeres Wissen

Abb. 2: Arten des Wissens

Träger: Individuelles, kollektives und organisationales Wissen, Artikulierbarkeit: Implizites und explizites Wissen, Ort: Inneres und äußeres Wissen, Zeit: Historisches, aktuelles und zukünftiges Wissen, Managementfähigkeit: Fach-, Erfahrungs-, Verfahrenswissen, Kapitalisierbarkeit: Personales und strukturelles Wissen. Individuelles, kollektives

organisationales Wissen Individuelles Wissen sind die Fertigkeiten eines Individuums, die das aufgabenbezogene Wissen und das darauf basierende Leistungsvermögen betrachteten und die Fähigkeiten, die Kompetenz, die eine Person unabhängig von seinem Aufgabenfeld besitzt. Vor allem bei der Auswahl der Projektmitglieder wird der Fokus zunächst auf das individuelle Wissen gerichtet, um so eine Projektgruppe zusammenzusetzen, die sich durch unterschiedliche Fertigkeiten und Fähigkeiten ergänzt. Arbeitet die Projektgruppe schließlich gemeinsam an der gestellten und

458

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

entsteht kollektives Wissen. Dies ist Wissen, das durch den Austausch von Wissen und Informationen innerhalb einer begrenzten Anzahl von Personen entsteht. Wird das erarbeitete Wissen z. B. als ein neues einer Gruppe Produktionsverfahren der Organisation zur Verfügung gestellt, so entsteht organisationales Wissen. Organisationales Wissen ist nicht personengebundenes Wissen, das

Aufgabe,

-

-

in Form von z. B. Standardverfahren, berichten in Unternehmen vorliegt.

Leitlinien, Arbeitsprozessberichten, Projekt-

Implizites und explizites Wissen Je nachdem, ob wir unser Wissen in Worte fassen können oder zunächst nicht, unterscheidet man nach dem implizitem und explizitem Wissen. Explizites Wissen ist Wissen, welches in formaler Sprache artikulierbar und beschreibbar ist. Unter implizitem Wissen soll persönliches, kontextspezifisches Wissen verstanden werden, das nur schwer in formaler Sprache kommunizierbar ist, wie beispielsweise mentale Modelle oder handwerkliches Geschick oder Fähigkeiten. Inneres und äußeres Wissen Nicht jedes Wissen ist intern im Unternehmen vorhanden. Oftmals werden zusätzlich externe Experten wie z. B. Berater eingekauft, um deren Wissen bei gemeinsamen Projekten mit Mitarbeitern des Unternehmens einzusetzen. Dementsprechend versteht man unter internem Wissen das Wissen, welches im Unternehmen vorhanden ist, externes Wissen hingegen ist außerhalb der Organisation vorhanden.

Historisches, aktuelles und zukünftiges Wissen In jedem Unternehmen gibt es Wissen, welches nicht mehr in Gebrauch ist, dass

jedoch durch die gemachten Erfahrungen nach wie vor dokumentiert oder auch in den Köpfen der Mitarbeiter vorhanden ist, wie z. B. der Umgang mit einem veralteten Computersystem. Hierbei handelt es sich um historisches Wissen. Daneben gibt es aktuelles Wissen, welches in Gebrauch ist, wie das aktuelle Computerprogramm. Hierbei handelt es sich um Wissen, welches heute zum Erfolg des Unternehmens genutzt wird. Wird in einem Projekt nun ein neues Computerprogramm entwickelt, handelt es sich um zukünftiges Wissen, welches aufgebaut werden soll. Fachwissen, Erfahrungswissen und Verfahrenswissen Zur Lösung von spezifischen Aufgaben im Projekt benötigen wir Fachwissen. Soll eine neue Maschine gebaut werden, so wird Fachwissen des Ingenieurs benötigt, soll hingegen ein neues Computerprogramm entwickelt werden, ist das Fachwissen

1. Die Rolle

von

Wissensmanagement in Projekten

459

des Informatikers gefragt. Bei Fachwissen handelt es sich um inhaltliches Wissen, welches zur Lösung von Aufgaben dient. Verfahrenswissen hingegen ist Wissen, welches zur Steuerung von Prozessen benötigt wird. Beim Aufbau von Fertigungsstraßen wird es nicht mehr ausreichen, Fachwissen über eine Maschine einzusetzen, hingegen muss der gesamte Fertigungsprozess betrachtet werden. Erfahrungswissen ist Wissen, welches aus den Interaktionen mit der Umwelt und den daraus gemachten Erfahrungen entsteht. Die Wissensarten Fach-, Verfahrensund Erfahrenswissen spielen insbesondere bei der Auswahl der Projektmitglieder eine große Rolle. Bei einer optimalen Zusammensetzung aus Erfahrungen, Fachwissen und Verfahrenswissen z. B. in Bezug auf Projektmanagement kann es gelingen, ein heterogenes Team zusammenzusetzen, dass sich in ihrem Wissen ergänzt. Personales und Strukturelles Wissen Nicht jedes Wissen steht dem Unternehmen dauerhaft zur Verfügung, da es Wissen gibt, welches unmittelbar an einen Mitarbeiter gebunden ist und welches verloren geht, wenn dieser das Unternehmen verlässt. Hierbei handelt es sich um personales Wissen. Strukturelles Wissen hingegen steht dem Unternehmen auch nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters zur Verfügung, z. B. in Form von Patenten, Computerprogrammen oder Dokumenten. 2.2

Wissensphasen in Projekten

Neben der differenzierten Betrachtung von Wissensarten stellen Wissensphasen eine Möglichkeit zur Systematisierung der Wissensdokumentation dar. Hierbei lassen sich folgende Phasen unterscheiden (vgl. Abb. 3):

Wissensziele, Wissensidentifikation,

Wissensgeneration, Wissensverteilung, Wissensnutzung, Wissensbewahrung, Wissensbewertung.

460

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

Abb. 3: Phasen des Wissens Wissensziele Bei der Formulierung von Wissenszielen handelt es sich um die Festsetzung von Wissenszielen, die im Rahmen des Wissensmanagements oder des Projektes erreicht werden sollen. Ein Wissensziel kann dabei die Erstellung des neuen Logistiksystems für das Unternehmen sein oder der Aufbau einer neuen Vertriebsstruktur. Wissensidentifikation Die Wissensidentifikation befasst sich mit dem Aufspüren und der Ausweisung von internem Wissen. Nachdem das Ziel des Projektes festgelegt wurde, ist zu klären welches Wissen (vgl. Wissensarten) woher zu bekommen ist. Zunächst ist innerhalb der Projektgruppe zu klären, welches Wissen jedes Projektmitglied mitbringt. Darüber hinaus ist zu klären, welches Wissen bereits im Unternehmen vorhanden ist. Oftmals gibt es in den Unternehmen viele Experten, jedoch ist nicht auf den ersten Blick transparent, welcher Mitarbeiter welches Wissen mitbringt. Hier ist zunächst ein Identifizieren des vorhandenen Wissens in der Organisation vorzunehmen.

Wissensgenerierung Unter Wissensgenerierung

wird der Aufbau von Wissen innerhalb des Unternehoder die Aufnahme von außerhalb verstanden. Bezogen auf Projekte bedeutet dies nach der Klärung welche Projektmitglieder welches Wissen besitzen und welches Wissen in dem Unternehmen vorhanden ist, gezielt das Wissen aufzubauen, welches benötigt wird. Ist dies in kurzer Zeit nicht möglich, kann externes Wissen z. B. durch Berater eingekauft werden. mens

1 Die Rolle

von

Wissensmanagement in Projekten

461

Wissensverteilung Wissensverteilung versteht die Verteilung von Wissen innerhalb des Unternehmens in der Form, in der es benötigt wird, das heißt an dem richtigen Ort, in der gewünschten Qualität und zur richtigen Zeit. In Projekten bedeutet dies vor allem das Einhalten von Meilensteinen und Projektzwischen- und Abschlussberichten an Projektgremien, aber auch die Erarbeitung von Teilergebnissen durch das einzelne Projektgruppenmitglied.

Wissensnutzung Unter Wissensnutzung wird die Anwendung des erarbeiteten Wissens zum Nutzen des Unternehmens verstanden. Ist in einem Projekt eine Aufgabe erarbeitet und neues Wissen aufgebaut worden, so ist dies ein wenig erfolgversprechender Ansatz, wenn das erarbeitete Wissen nicht eingesetzt und genutzt wird. Deshalb ist bereits im Projekt auf die Praktikabilität der Projektergebnisse zu achten und durch den ständigen Austausch mit dem Unternehmen die spätere Anwendung zu sichern.

Wissensbewahrung Wissensbewahrung beschäftigt sich mit der Speicherung des erworbenen Wissens. Die in den Projekten gemachten Erfahrungen, z. B. mit dem Projektmanagement, den eingesetzten Methoden während des Projektes, der Umgang des Unternehmens mit der Projektgruppe sowie die Ergebnisse der Projektaufgabe sind zu dokumentieren und zu speichern, damit bei weiteren Projekten oder einer Weiterarbeit an dem Projektergebnis auf diese zurückgegriffen werden kann. Wissensbewertung Unter Wissensbewertung soll die Messung des Erfolgs der Wissensziele verstanden werden. Hier geht es dämm zu bewerten, ob die zu Beginn des Projektes gesetzten und formulierten Ziele erreicht wurden. Neben der Messung des Erfolgs ist die kritische Betrachtung der Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren des Projektes von hoher Wichtigkeit für das Projektteam und das Projektmanagement des Unternehmens. Die geschilderten Systematisierungsmöglichkeiten nach Wissensarten und Wissensphasen betrachten das Projektmanagement aus einem neuen Blickwinkel. Projekte ermöglichen neben der Bearbeitung von zeitlich begrenzten innovativen Aufgaben die Möglichkeit für den Einsatz zur Förderung von Wissensmanagement im Unternehmen. Gleichzeitig führt der systematisierte Umgang mit Wissen in Projekten das Wissensmanagement in Projekten zu einem differenzierten Bild des Projektes. Dies kann zum Erfolg von Projekten beitragen. Nachfolgend zeigt ein -

-

462

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

Anwendungsbeispiel die Möglichkeiten des gemeinsamen Einsatzes von Wissensund Projektmanagement. Anwendungsbeispiel: Projektmanagement als ein Baustein zur Förderung des untemehmensweiten Wissensmanagements: Urgent Project Teams bei Sharp (vgl. Seufert/Seufert 1998, S. 81 f.) Sharp wurde 1912 als kleines metallverarbeitendes Unternehmen in Tokio gegründet. Seit der Gründung steht Sharp in dem Ruf, permanent neue Produkte hervorzubringen. Bestand des Organisationsmodells bei Sharp sind sogenannte "Urgent Project Teams", die für strategische Entwicklungsprojekte gebildet werden. Die Projekte sind dabei unabhängig von der hierarchischen FuE-Struktur. Jede Division kann sogenannte Dringlichkeitsprojekte einreichen, die von der allgemeinen Technologiekonferenz, an der der Präsident, die Fachgebietsleiter und die Labormanager teilnehmen, beurteilt werden. Projekte, die als dringlich eingestuft werden, erhalten für eine maximale Projektlaufzeit von 18 Monaten einen nahezu unbeschränkten Zugriff auf Ressourcen des gesamten Unternehmens mit dem Ziel, in kurzen Zeitspannen qualitativ hochwertige Entwicklungen zu erreichen. Dabei werden i.d.R. cross-funktionale Teams gebildet, um möglichst schnell Wissen aus verschiedenen Bereichen zu mobilisieren und zu vernetzen. Um den Wissensaustausch zwischen den Spezialisten verschiedener Funktionen und Bereiche zu erleichtem, arbeiten die Urgent-Project-Teams zusammen mit einer sogenannten Corporate Design Group. Deren Aufgabe ist es, bei der Externalisierung von Wissen, z. B. durch die Visualisierung von Konzepten in Form von Bildern zu helfen. Diese Entwicklungen dienen den Mitgliedern des Urgent-Projekt-Teams wiederum als Grundlage für weitere Diskussionen. Der Einsatz eines Projektteams wie in dem Anwendungsbeispiel beschrieben ist vor allem für die Wissensgenerierung und die Wissensverteilung von Bedeutung. Experten aus verschiedenen Funktionsbereichen entwickeln im Fall von Sharp in kurzer Zeit durch die Einrichtung der Projektteams Neuerungen für das Unternehmen. Des weiteren werden hier vielerlei Wissensarten angesprochen. Durch den gemeinsamen Austausch der Teammitglieder wird das individuelle und kollektive -

-

gefördert, ebenso das implizite und explizite Wissen. Werden die Teamergebnisse, z. B. in Form von neuen Produkten in der Organisation bekannt, so wird ebenfalls das organisationale Wissen erweitert. Wissen

1. Die Rolle

3.

von

463

Wissensmanagement in Projekten

Wissensmanagement in Projektphasen

Bisher wurde der Fokus auf die Systematisierungsmöglichkeiten von Wissen in Projekten gelegt. Das Wissensmanagement in Projekten ist jedoch eingebunden in den Projektverlauf, der ebenfalls durch unterschiedliche Phasen gekennzeichnet ist. In diesen Phasen können jeweils unterschiedliche Wissensarten oder Wissensprozessschritte eine besondere Rolle spielen. Der Projektverlauf soll hier in 4 Phasen: Klärungsphase, Einarbeitungsphase, Umsetzungsphase sowie Evaluationsphase eingeteilt werden. 3.1

Klärungsphase

In der Klärungsphase steht zunächst die gemeinsame Erkenntnis im Vordergrund, dass eine Aufgabe aufgrund der Dringlichkeit oder dem hohen Innovationscharakter im Projekt gelöst werden soll. Nachdem der Beschluss für ein Projekt zumeist durch das Top-Management- gefasst worden ist, gilt es zunächst, das Projekt von vornherein in die Untemehmensorganisation optimal einzubinden. Dies gilt sowohl für die strukturelle Einbindung (vgl. Sanden 1996), als auch für die Berücksichtigung der bestehenden Unterstützungsstrukturen von Seiten des Top-Managements. Durch die Einbindung eines Machtpromotors aus dem Top-Management kann eine -

Sichtweise berücksichtigt werden und Barrieren im Unternehmen überwunden werden. Darüber hinaus sollte ein Fachpromotor, der hohe Fachkenntnisse in das Projekt einfließen lassen kann, benannt werden. Er kann als Projektmitglied arbeiten oder sich auch in einem Steuerungsgremium außerhalb des Projektes befinden. In einem weiteren Schritt ist nun das Projektteam zusammenzusetzen. In der Klärungsphase gilt es zunächst, ein Wissensziel von Seiten des Top-Managements zu formulieren: Welches Wissen soll im Rahmen des Projektes aufgebaut werden, damit die formulierte Aufgabe durch das Projektteam gelöst werden kann. In einem weiteren Schritt sind die Projektgruppenmitglieder zu bestimmen. Hier ist darüber nachzudenken, welche Wissensarten durch das Projekt aufgebaut werden sollen, um darauf aufbauend die Mitarbeiter auszuwählen: Handelt es sich eher um einen Prozeß (Verfahrenswissen) oder um einen Inhalt (Fachwissen), sollen bisherige Erfahrungen mit aufgenommen werden (Erfahrungswissen) oder geht es darum, einen innovativen Prozess oder ein innovatives Produkt zu entwickeln, also eher dämm, zukünftiges Wissen aufzubauen, beispielsweise durch den Einsatz junger, innovativer Mitarbeiter. Den jeweiligen Anforderungen entsprechend sind die Mitarbeiter auszuwählen. In vielen Unternehmen herrscht

übergeordnete

VI.

464

Spezielle Aspekte des PJM

keine Transparenz, welcher Mitarbeiter welches Wissen mitbringt. Hier ist zunächst eine Wissensidentifikation vorzunehmen. Findet sich innerhalb des Unternehmens nicht das gewünschte Wissen, so ist darüber nachzudenken, externe Berater mit einzubinden und somit externes Wissen einzukaufen.

jedoch

3.2

Einarbeitungsphase

In der Einarbeitungsphase geht es zunächst darum, eine Ist-Analyse der Situation zu erfassen. Dabei sind Faktoren beispielsweise die Kultur im Unternehmen, zu verfolgenden Unternehmensstrategien und -ziele, zu erwartende Barrieren gegen das Projekt genauso wichtig wie die fachliche Ausgangssituation des Projektes. Ist die grundsätzliche Ausgangssituation geklärt, muß eine Definition der Ziele stattfinden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Ziele eindeutig und messbar definiert werden. Im Anschluss daran ist die Organisation des Projektes vorzunehmen. Im Projektteam sind zumeist Fachleute aller betroffenen Abteilungen, die sich in die Gestaltung des Projektes mit einbringen können. Der Projektleiter, der zumeist vom Top-Management benannt wird, sollte in der Regel ein hohes Ansehen haben und als Experte den Projektmanagement-Prozess optimal steuern können. Darüber hinaus sind die Tennine für die Projektsitzung und des Entscheiderkreises zu organisieren. Ein weiterer wichtiger Punkt der Einarbeitungsphase ist die Bildung des Teams. In der Einarbeitungsphase sind Wissensziele und die Wissensidentifikation von vorrangiger Bedeutung. Zunächst muss das Projektteam klären, welches Ziel das Projekt verfolgt bzw. welches Wissensziel erreicht werden soll. Es geht dämm, die Rahmenbedingungen des Projektes zu identifizieren. Darüber hinaus soll geklärt werden, welches Projektmitglied welches Wissen besitzt. Dieses Wissen

kann vielfältige Wissensarten beinhalten: Erfahrungen aus anderen Projekten oder der Arbeit in dem Unternehmen (Erfahrungswissen), Wissen über eingesetzte Methoden und Verfahren (Verfahrenswissen), fachliches Wissen, explizites Wissen sowie Fertigkeiten, die nicht auf den ersten Blick artikuliert werden (implizites Wissen). Eine genaue Identifizierung des Wissens der Projektmitglieder erleichtert später die Zusammenarbeit bzw. die Aufgabenverteilung im Projekt. 3.3

Umsetzungsphase

Sind die Rahmenbedingungen und Ziele des Projektes abgesteckt, kommt das Projekt in die Umsetzungsphase. Hierbei geht es zunächst um die Auswahl und den Einsatz der Methoden des Projektmanagements. Auszuwählen sind Methoden,

I. Die Rolle

von

Wissensmanagement in Projekten

465

welche die Akzeptanz der Projektmitglieder finden, die den zeitlichen Aspekt und einen angemessenen Aufwand und den Wissensstand der Teilnehmer berücksichtigen. Die gewählten Methoden müssen darüber hinaus gut zur Erledigung der Projektaufgabe passen. Im Anschluss daran sind die Methoden zur Erarbeitung der Projektaufgabe einzusetzen. Ein wichtiger Punkt der Umsetzungsphase ist die laufende Dokumen-tation des Prozesses und der Ergebnisse sowie die Planung der Umsetzung in die Praxis. In der Umsetzungsphase steht der Wissensaufbau, die Wissensnutzung und die Wissensbewahrung im Vordergrund. Der Wissensaufbau geschieht durch den Austausch des Wissens der Projektmitglieder und durch die Erarbeitung der Ergebnisse. Durch die Diskussion wird gleichzeitig das vorhandene Wissen der einzelnen Teammitglieder genutzt und gegebenenfalls kann aus implizitem Wissen explizites Wissen entstehen bzw. aus individuellem Wissen kollektives Wissen werden. Aufgebaut und genutzt werden können dabei die unterschiedlichsten Arten von Wissen, je nach Projektaufgabe. Durch die permanente Dokumentation der Ergebnisse wird das Wissen bewahrt und kann so wiederum anderen Mitarbeitern in dem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Werden die Ergebnisse aus dem Projekt in die Organisation implementiert, stehen die Wissensnutzung und -Verteilung im Vordergrund. 3.4

Evaluationsphase

Evaluationsphase sollen die Ergebnisse des Projektes sowie der Prozess der Projektarbeit überprüft werden. Dies findet zunächst einmal zum Abschluss des Projektes statt. Möglichkeiten zur Beurteilung sind der Austausch mit anderen Projektleitem sowie die Beurteilung durch das Steuerungsgremium. Neben der abschließenden Evaluation sollte bereits während des Projektes eine Evaluation stattfinden, um bei Abweichungen beispielsweise vom geplanten Zeit- oder Kostenrahmen oder auch organisatorischen Mängeln im Projekt früh genug korrigierend eingreifen zu können. Bei der Evaluationsphase steht zunächst die Wissensbewertung im Fokus. Überprüft werden soll, ob die formulierten Ziele des Projektes und die Wissensziele erreicht worden sind. Eine weitere Evaluation sollte bezüglich des Projektmanagements stattfinden. Zu hinterfragen sind beispielsweise die eingesetzten Methoden oder der Umgang der Projektmitglieder untereinander. Dies führt zum Aufbau von Erfahrungswissen für die Organisation. Neben der Wissensbewertung ist die Wissensbewahrung ein wichtiges Element der Evaluationsphase. Die Ergebnisse und die gemachten Erfahrungen im Projektmanagementprozess können dokumentiert

In der

466

und

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

So kann es durch ein Projekt Wissen kollektives oder individuellem sogar organisationales Wissen gelingen, entstehen zu lassen. Bei einer ausführlichen Dokumentation geht auch das Wissen der Projektmitglieder beim Verlassen des Unternehmens nicht verloren: Aus personalem Wissen kann so strukturelles Wissen für das Unternehmen entstehen. an neue

Projektgruppen weitergegeben werden.

aus

4.

Wissensmanagement: Konsequenzen für Projekte

Die vorherigen Ausführungen zeigen Projektmanagement aus einem neuen Blickwinkel. Hier standen 2 Aspekte im Vordergrund. Zum einen wurde Wissensmanagement in Projekten beschrieben, zum anderen wurde die Möglichkeit von Projektmanagement als eine Methode zur Förderung des Wissensmanagements in Unternehmen dargestellt. Da Projektmanagement in Unternehmen in erster Linie zur Lösung von innovativen und zeitkritischen Aufgaben eingesetzt wird, ist der Einsatz einer reinen Betrachtung der Wissensmanagement-Perspektive im Projektmanagement nicht realistisch. Gut anwendbar ist hingegen die Erweiterung des klassischen Projektmanagements um diese Perspektive, insbesondere zu Beginn und zum Ende eines Projektes.

Wissensorientierte Kultur

Verhaltens-

bedingt

-

-

Unterstützung durch das Top Management Klarheit in Vision und Sprache

-

Motivationshilfen

-

Probleme mit der Unternehmens kultur

Delegation von Verantwortung -

Fehlendes Bewusstsein für -

Wissensmanagement

-

Verfahrens-

bedingt

-

-

-

-

-

Abb. 4:

IT Strukturen

Gute organisatorische und technische Infrastruktur

Ungeeignete

Wissensstrukturierung Prozessorientierung Multiple Kanäle für Wissens-

Transparenz Detailorientierung Zeitknappheit Fehlende

transfer

Kopplung an den wirtschaftlichen Nutzen

Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren für das Wissensmanagment in Projekten

1. Die Rolle

von

Wissensmanagement in Projekten

467

gibt es für das Wissensmanagement in Projekten und im Unternehmen einige Erfolgsfaktoren, die zum Gelingen beitragen (vgl. Abb. 4). Eine wissensorientierte Kultur mit einer positiven Einstellung von Mitarbeitern zum Wissen führt zu einem offenen Austausch des Wissens in Projekten. Die Unterstützung durch das Top-Management führt dazu, dass die benötigten Mittel und Infrastrukturen bereit gestellt werden. Grundsätzlich sollte eine organisatorische und technische Infrastruktur vorhanden sein, die den Wissensaustausch im Projekt und im Unternehmen fördert und unterstützt, so dass Wissen über multiple Kanäle verteilt werden kann. Betrachtet man Wissensmanagement, so sollte dies an der Gestaltung des ProjektmanagementProzesses ausgerichtet sein. Die Bereitschaft zum offenen Austausch von Wissen ist oft nicht selbstverständlich, deshalb sollten Mitarbeiter im Unternehmen oder im Projekt dazu motiviert werden. Eine klare und einheitliche Sprache im Umgang mit Wissen und Informationen führt zu einem zielgerichteten Lemprozess, da die Mitarbeiter das gleiche unter verwendeten Begriffen verstehen. Zwar ist Wissen schwer zu strukturieren, dennoch hilft eine gewisse Struktur das Management von Wissen auch im Projekt zu erleichtem. Die Erfolgsfaktoren des Wissensmanagements lassen sich auch im Rahmen eines Projektes erfolgreich einsetzen und führen zu einem differenzierterem Bild von Wissen in Projekten. Grundsätzlich

-

5.

-

Literaturhinweise

Bullinger, H.J.,Wörner, K, Prieto, Fakten,

J. 1997: Wissensmanagement heute. Daten, Trends. Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswissenschaft und

Organisation, Stuttgart Davenport, T, Probst, G, 2000: Knowledge Management Case Book. Siemens Best Practices, Berlin und Erlangen Dr. Jäger Management Beratung, 07/1999: Wissensmanagement im Personalmanagement Ergebnisse, Bedeutung und Erwartungen, Königstein im -

Taunus Sanden, FL, 1996:

Organisationsformen des Projektmanagements, in: Streich, R.K., Marquardt, M., Sanden, FL, Projektmanagement, Prozesse und Praxisfelder, Stuttgart, S. 140 149 Sanden, FL, 2001: Entwicklung eines Modells zur Implementierung von Wissensmanagement in Organisationen, unveröffentlichte Dissertation, Paderborn Seufert, A. /Seufert, S., 1998: Wissensgenerierung und transfer in Knowledge Networks, in io Management, Nr. 10, S. 76 84 -

-

-

2. Internationale

Projektarbeit

2. Internationale

Projektarbeit

von

Dr. Thor Möller und

Jenny Wiebusch

Inhaltsverzeichnis

1.

5.

Einführung Begriffsabgrenzung und -bestimmung 2.1 Internationalisierung und internationales Management 2.2 Internationale Projekte 2.3 Internationales Projektmanagement Besonderheiten internationaler Projektarbeit Beispiele für internationale Projektarbeit Zusammenfassung und Ausblick

6.

Literaturhinweise

2.

3. 4.

VI.

470

Spezielle Aspekte des PJM

Autorenbeschreibung Thor Möller studierte Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bremen und arbeitete als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Projektmanagement und Wirtschaftsinformatik (IPMI) an der Universität Bremen. Dort promovierte er zum Dr. rer.pol. mit dem Thema "Projektmanagement internationaler Joint Ventures in Mittel- und Osteuropa." Parallel dazu arbeitete er als freiberuflicher Unternehmensberater. Anschließend war er Abteilungsleiter für Betriebswirtschaft im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), bevor er als Berater und Projektleiter für nationale und internationale Projekte bei der UCB Umwelt Consult Berlin GmbH anfing. Thor Möller ist mehrfacher Buchautor und hat zahlreiche Artikel zum Projektmanagement publiziert. Als Dozent und Trainer für Betriebswirtschaft und insbesondere Projektmanagement ist er im In- und Ausland in Unternehmen, an Universitäten und Fachhochschulen aufgetreten. Desweiteren ist er Assessor für Projektmanagement der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement

(GPM).

Jenny Wiebusch studierte Wirtschaftswissenschaft

der Universität Bremen und arbeitet heute als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Projektmanagement und Wirtschaftsinformatik (IPMI) an der Universität Bremen. Dort promoviert sie zum Dr. rer. pol mit dem Thema "Existenzgründung." Die Tätigkeit am IPMI umfasst die Betreuung und Begleitung von Lehrveranstaltungen sowie die Mitarbeit an aktuellen Forschungsprojekten. Neben dem Bereich Existenzgründung ist das Themengebiet "Internationales Projektmanagement" ein zweiter Forschungsschwerpunkt. Zu dieser Thematik hat sie bereits in Zusammenarbeit mit anderen Autoren verschiedene Artikel publiziert. Begleitend dazu ist Jenny Wiebusch als Dozentin für Projektmanagement in verschiedenen Einrichtungen tätig. an

2. Internationale

1.

Projektarbeit

471

Einführung

Aufgrund einer Vielzahl

Gründen müssen sich Unternehmen heutzutage mehr und mehr international orientieren: Der enorme Kostendruck durch gesteigerte Wettbewerbsbedingungen erfordert u.a. meistens ein straffes Beschaffungswesen und kürzere Entwicklungszeiten, die z.B. durch eine gemeinsame Nutzung von neuen Technologien aus verschiedenen Ländern erfüllt werden können. Internationale Produktionskooperationen können ihre Produkte häufig günstiger und schneller in den Markt bringen oder es können gegenseitig die Vertriebsstrukturen zur internationalen Markterschließung genutzt werden. Ebenso sehen sich insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gezwungen, die Kosten und Risiken für einzelne Bereiche mit Kooperationspartnern, auch aus dem Ausland, zu teilen. Dies ist nur eine kleine Auswahl von wichtigen Gründen für eine Internationalisierung von Unternehmensaktivitäten. Durch die zunehmende Nutzung von Skalenerträgen und Synergieeffekten und die Steigerung von Marktanteilen können sie zum Teil erfüllt werden. Auch wenn dafür sicherlich nicht zwingend international gehandelt werden muss, so können in vielen Fällen internationale Aktivitäten effektiver sein als nationale. Zudem geben zunehmend vereinfachte Bedingungen einen Anreiz für grenzüberschreitendes Handeln. Durch die Bildung einheitlicher Wirtschaftsblöcke wie EU, NAFTA oder ASEAN etwa werden internationale Unternehmensaktivitäten erheblich vereinfacht und gefördert. Der Umfang internationaler Aktivitäten hat dementsprechend, sowohl auf Seiten der Unternehmen, als auch seitens von Institutionen, Organisationen oder Regierungen, in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Beispielsweise hat sich das Welthandelsvolumen von 1960 bis 1990 nominal versechsfacht (vgl. Perlitz 1993, S. 10). Zur Bewältigung der genannten Herausforderungen müssen zunehmend Projekte organisiert werden. Projektmanagement soll dabei eine möglichst effektive und effiziente Abwicklung der Projekte gewährleisten. Schnell werden dann Handlungsalternativen im internationalen Kontext analysiert. Somit werden seit Jahren immer mehr internationale Projekte bearbeitet und dieser Trend wird voraussichtlich auch noch viele Jahre andauern (vgl. Madauss 1994, S. 408 und Dworatschek 1998, S.l). Die zunehmende Bedeutung internationaler Projekte wird zusätzlich durch den Themenwandel im Projektmanagement bezüglich internationaler Projektarbeit unterstrichen. Diese Entwicklung ist auch aus den Tagungsbänden der 1PMA, PMI, GPM in den vergangenen Jahren (1980-1998) zu erkennen. Dort ist eine steigende Anzahl von Beiträgen zu internationalen Fragestellungen zu verzeichnen. Bei dem Deutschen Projektmanagement Forum 2000 der GPM in Frankfurt wurde z.B. das von

VI.

472

Spezielle Aspekte des PJM

Internationalisierung im Projektmanagement sogar als einer von vier Hauptthemenbereichen auserwählt (vgl. Ottmann/Grau 2000). Internationale Projekte sind einer größeren Vielfalt von Aspekten und ErfolgsThema

faktoren ausgesetzt als im reinen nationalen Umfeld. Dabei handelt es sich u.a. um unterschiedliche Sprachen und Währungen, verschiedenartige Geschäftspraktiken und besondere kulturelle, rechtliche und politische Rahmenbedingungen. Die Kenntnis dieser Eigenarten ist eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Durchführung eines internationalen Projektes. Die Praxis weist aber nach wie vor einen hohen Anteil an mäßig erfolgreichen und sogar gescheiterten Projekten auf (vgl. Möller 1998, S 5 ff.). Basierend auf einer Abgrenzung des Begriffs Internationale Projektarbeit werden deswegen im Folgenden Analysen von Besonderheiten und Beispiele Internationaler Projektarbeit dargestellt. Neben dem Anspruch dieses Artikels eines Beitrags zur theoretischen Aufarbeitung der genannten Zusammenhänge sollen vor allem auch viele Hinweise für die praktische Arbeit in internationalen Projekten gegeben werden. Der vorliegende Artikel behandelt das Thema internationale Projektarbeit. Fragen des internationalen Projektmanagements werden nur nebensächlich angesprochen. Bezüglich internationaler Projekte soll insbesondere nur auf deren kennzeichnende Merkmale und deren Ausprägungen eingegangen werden. Dabei wird nicht, wie es in einem größeren Rahmen sinnvoll erscheinen würde, zwischen den einzelnen Projektarten differenziert. 2.

Begriffsabgrenzung und -bestimmung

Trotz der Aktualität internationaler Wirtschaftsaktivitäten wird in der Literatur der Gegenstand der internationalen Projektarbeit bisher sehr uneinheitlich behandelt. Eine in sich geschlossene Auseinandersetzung mit der Thematik erfolgte bisher nicht. Ausgehend von Internationalisierung und internationalem Management erfolgt im Folgenden die Analyse der Begriffe internationales Projekt und internationales Projektmanagement. 2.1

Internationalisierung und internationales Management

Der Begriff ,international' kann beschrieben werden als "über den Rahmen eines Staates hinausgehend, nicht national begrenzt" (Brockhaus Deutsches Wörterbuch, 1996, Band 27, S. 1725). Internationales Management wäre demnach die Durchführung von Aufgaben im internationalen Umfeld in oder zwischen Organisationen

2. Internationale

Projektarbeit

473

durch das Management (institutioneller der Literatur wird In allerdings relativ frei über die Begriffe Managementbegriff). Internationalisierung, internationale Unternehmenstätigkeit und internationales Management verfugt. Der Begriff der Internationalisierung wird beispielsweise zur Beschreibung einer Vielzahl von Phänomenen herangezogen. "Das Spektrum der Betrachtungen reicht von bestimmten Formen des Markteintritts, [...] über Fragen der Führung ausländischer Tochterunternehmen, bis hin zur abstrakten Gleichsetzung von Internationalisierung und grenzüberschreitender Auslandstätigkeit" (Perlitz 1993, S. 7). Insgesamt wird vielfach erst bei institutioneller Grenzüberschreitung von internationaler Unternehmenstätigkeit gesprochen, das heißt, die Internationalisierung eines Unternehmens wird erst dann als gegeben angesehen, wenn institutionelle Einheiten des Unternehmens im Ausland errichtet werden (vgl. Dülfer, 1997, S. 8 und Fayerweather 1989, S. 926 ff. und Perlitz 1993, S. 8 ff). Nur funktionale Grenzüberschreitung, z.B. der Handel mit einem ausländischen Unternehmen, wird häufig nicht als internationale Unternehmenstätigkeit betrachtet. Da die Internationalisierung ein Phänomen ist, dass das Unternehmen als Ganzes umfasst, scheint es allerdings zweckmäßig, von "Internationaler Unternehmenstätigkeit" und dementsprechend von "Internationalem Management" immer dann zu sprechen, wenn Interaktionsbeziehungen angeknüpft werden, die über die eigenen Staatsgrenzen hinausreichen, und wenn dementsprechend die eigene Unternehmenstätigkeit in irgendeiner Weise grenzüberschreitend erfolgt" (vgl. Dülfer 1997, S. 8). Es stellt sich nun die Frage, ab welchem Grad des Auslandsengagements man von internationaler Tätigkeit bzw. internationalem Management sprechen kann. In Anlehnung an die obengenannte Definition von DÜLFER soll auch bei nur geringer Intensität der Grenzüberschreitung von internationaler Tätigkeit gesprochen werden. Denn schon der einfache Import ausländischer Güter führt beispielsweise dazu, dass die ausländische Ware mit allen damit zusammenhängenden Verständnisbarrieren von einem Ausländer gekauft werden muss. Somit ergibt sich bereits bei relativ ,einfachen' Transaktionen im internationalen Kontext ein relevanter Unterschied zu rein nationalen Aktivitäten. In der Literatur finden sich in diesem Zusammenhang weitere Begriffe, wie transnationale, multinationale oder globale Unternehmung. Auch die Abgrenzung dieser Begriffe ist nicht ganz eindeutig, teilweise werden sie synonym mit den oben beschriebenen Begriffen verwandt. Oft dienen sie aber auch der Umschreibung spezieller Konzepte international agierender Unternehmen (vgl. Perlitz 1993, S. 8).

(funktionaler Managementbegriff)

VI.

474

Spezielle Aspekte des PJM

Das Unternehmen Siemens AG ist ein gutes Beispiel für erfolgreiche Internationalisierung, auch wenn es in einer wesentlichen früheren Zeit unter vollkommen anderen Voraussetzungen mit der grenzüberschreitenden Arbeit begann. Vor über 150 Jahren hat Werner Siemens eine Werkstatt auf dem Hinterhof gegründet. Es ist heute mit 386 000 Mitarbeitern, wovon etwa 186 000 im Ausland beschäftigt sind, Deutschlands größter Arbeitgeber. Bereits in den ersten Jahren der Geschäftstätigkeit hat ein Rußland-Engagement das junge Unternehmen in seiner Existenz

gerettet. Nachdem die preußische Telegraphenverwaltung 1851 alle Aufträge

stor-

nierte, erhielt Werner Siemens einen Großauftrag aus Rußland, nämlich den Bau eines russischen Telegraphennetzes von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer. Weitere Engagements in Europa, später auch in Fernost (ab ca. 1870) und schließlich auf der ganzen Welt ließen die Bedeutung des Unternehmens schnell steigen und trotz erheblicher Rückschläge durch die beiden Weltkriege erfolgreich bestehen (vgl. Siemens AG 1997). 2.2

Internationale

Projekte

Internationale Projekte zeichnen sich durch im nationalen Umfeld nicht auftretende zusätzliche Merkmale aus. So sind beispielsweise Transaktionskosten bei grenzüberschreitenden Vorhaben wesentlich höher als bei Vorhaben auf nationaler Ebene, Risiken größer und oftmals schwieriger zu kalkulieren. Auch die Anforderungen an das Projektpersonal sind im internationalen Kontext höher. Aber auch der Begriff Jnternationales Projekt' wird in der gängigen Fachliteratur nicht eindeutig definiert. Im Wirtschaftslexikon wird ein internationales Projekt beispielsweise beschrieben als Vorhaben, an dem Partner aus mindestens zwei unterschiedlichen Ländern beteiligt sind (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, 1997, S. 1995). ROSENAU umschreibt ein internationales Projekt als nicht fundamental unterschiedlich zu nationalen Projekten und nennt als zusätzliche Attribute Probleme bezüglich Entfernungen, Sprache, Währung und ungewohnten Geschäftspraktiken (vgl. Rosenau 1981, S. 39). Der amerikanische Projektmangement-Verband (PMI) differenziert hier etwas genauer. Als Kennzeichen werden unterschiedliche Zeitzonen, nationale bzw. regionale Ferienregelungen, Reiseerfordernisse für Projektsitzungen, Logistik für Telekonferenzen und politische Differenzen genannt (vgl. PMI 1996, S.25). TURNER spricht im Zusammenhang -

-

mit internationalen Projekten von Projektpartnern aus mindestens zwei Ländern und unterstreicht das Vorkommen kultureller Unterschiede (Turner 1993, S. 499).

2. Internationale

Projektarbeit

475

Insgesamt wird deutlich, dass ein internationales Projekt von allen Autoren als unterschiedlich zu rein nationalen Projekten beschrieben wird. Unklar ist nur die Anzahl und Art der Unterschiede. Die folgende Begriffsbestimmung wurde für internationale Forschungs- und Entwicklungsprojekte entwickelt, soll aber hier (in etwas modifizierter Form) für alle Arten internationaler Projekte gelten, da sie eine weit gefaßte Interpretation des Begriffes ermöglicht. Basis für die folgenden Beschreibungen zum Themenbereich internationaler Projekte ist die Definition nach GERYBADZE. Demnach sind internationale Projekte "Vorhaben, bei denen die Projektakteure aus verschiedenen Ländern stammen und/oder die Projektaktivitäten unter Einsatz von strategischen Ressourcen aus mehreren Ländern grenzüberschreitend arbeitsteilig durchgeführt werden [...]" (Gerybadze/Meyer-Krahmer/ Reger 1997, S. 134). 2.3

Internationales

Projektmanagement

Modelle und Vorgehensweisen des Projektmanagements werden in nahezu allen Ländern angewendet. Jedes Land hat dabei seine typischen Eigenarten. In den letzten Jahren wurden verstärkt nationale Strukturen des Projektmanagements untersucht und daraus länderspezifische Speicher mit Grundlagenwissen zum Projektmanagement, sogenannte Bodies of Knowledge, erarbeitet (vgl. Motzel/ Pannenbäcker 1998, S. 54f). Diese Bodies of Knowledge werden zur Zeit in internationalen Gremien für Projektmanagement zusammengeführt zu einem sogenannten Global Body of Knowledge (vgl. Motzel/Pannenbäcker 1998, S. 54f). Diese Zusammenführung dient einerseits der Angleichung des allgemeinen Projektmanagements über Grenzen hinaus und damit der Schaffung einer einheitlichen Basis für die Zusammenarbeit in internationalen Projekten, z.B. Verwendung einheitlicher Begriffsbestimmungen etc. (vgl. Pannenbäcker 2001). Andererseits soll eine Sensibilisierung für andere Kulturen erfolgen und somit ein größeres Verständnis im Umgang miteinander geschaffen werden. Diese Bemühungen erleichtern die Arbeit in bilateralen, multinationalen und globalen Vorhaben. Sie beziehen sich allerdings wie oben erwähnt auf das ,Allgemeine Projektmanagement.' Die Bestimmung des Begriffs internationales Projektmanagemenf wird auch hier vernachlässigt. Vielfach wird zwischen den Begriffen internationales Projektmanagement', ,Management internationaler Projekte' und ,Internationales Management von Projekten' im Sinne von Projektmanagement als Funktion oder Projektmanagement als Institution differenziert. Hier soll allerdings keine terminologische Abgrenzung

VI.

476

vorgenommen werden. Alle drei Begriffe werden im synonym im Sinne von ,Management internationaler Projekte'

zwischen diesen

Folgenden

Spezielle Aspekte des PJM

Begriffen

verwendet. Zum Begriff des internationalen Projektmanagements existieren in der Literatur nur wenig konkrete Aussagen. Im allgemeinen wird von höheren Anforderungen an das Projektpersonal gesprochen (vgl. Perlitz 1993, S. 532 und Madauss 1994, S. 409), eindeutige Definitionen sind nicht zu finden. Eine der wenigen klaren Aussagen stammt von MADAUSS. Er beschreibt internationales Projektmanagement wie folgt: "Internationales Projektmanagement [...] führt zu einer Reihe von Erschwernissen, die der Projektleitung ein erhöhtes Maß an Managementkönnen abverlangt" und ist dementsprechend "eine Erweiterung der mehrdimensionalen Aufgabe und erhöht somit den Schwierigkeitsgrad" (Madauss 1994, S. 409). In Anlehnung an diese Definition soll internationales Projektmanagement hier verstanden werden als die klassischen Projektmanagementaufgaben, ergänzt um die im internationalen Bereich auftretenden Anforderungen. Die besonderen Anforderungen durch internationale Projektarbeit ergeben sich dabei aus den im Folgenden beschriebenen Charakteristika. 3.

Besonderheiten internationaler Projektarbeit

Internationale Projekte beinhalten in der Regel insgesamt einen erheblich höheren Koordinationsaufwand. Es entstehen höhere Transaktionskosten auf vielen Ebenen, Dauern von Aktivitäten verlängern sich, es kommen zusätzliche Risiken auf (z.B. Währungsrisiko, etc.) und vieles mehr. Grenzüberschreitende Projekte weisen also gegenüber nationalen Projekten viele zusätzliche Merkmale auf. Abb. 1 stellt verschiedene Bereiche mit Besonderheiten internationaler Projekte dar, die sich wiederum in viele einzelne Faktoren unterteilen lassen.

2. Internationale

Natürliche & technische Umweltfaktoren topographische Bedingungen •

Zeitzonen und Klima

Naturereignisse







Vorkommen natürlicher Ressourcen Technische Ausstattung Infrastruktur

Kulturelle Einflußfaktoren Kommunikation / Sprache Kulturell bedingtes Verständnis von PM Verhältnis zu Autorität und Verantwortung Arbeitseinstellung und Zeitvorstellung









Verhältnis



Unternehmenskultur

zu

Risiko

Projektarbeitn

477

Rechtliche und

politische Einflußfaktoren Relevante

Rechtsgebiete

Rechtsordnung und Rechtsverfolgung Geltung internationaler Abkommen

RechtsbewuStsein und Rechtssicherheit Politische Einflußfaktoren

Wirtschaftliche Einflußfaktoren Finanzierung •

Wirtschaftliche Stabilität Wirtschaftssysteme und Marktstrukturen Arbeitsmarktsituation •

Abb. 1: Zusätzliche Einflußfaktoren bei internationalen Projekten Der

Erfolg eines internationalen Projektes ist u.a. abhängig von der Kenntnis und Berücksichtigung der Einflußgrößen. Auf Basis der in Abbildung 1 dargestellten vier Merkmalsgruppen können beispielsweise Chancen und Risiken internationaler Projekte identifiziert werden. Sie können auch als Basis für die Entwicklung von Handlungsempfehlungen für Auswahlentscheidungen oder Projektbewertung herangezogen werden. Um die dargestellten Merkmale operationalisierbar zu machen, wurden am Institut für Projektmanagement und Wirtschaftsinformatik (IPMI) der Universität Bremen im Rahmen einer Diplomarbeit sogenannte Merkmalsprofile entwickelt. Sie ermöglichen dem Anwender die Skalierung der in der Abbildung 1 beschriebenen Merkmale und somit die Bewertung eines spezifischen Projektes (vgl. Wiebusch 1999).

478

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

_Kulturelle Einflussfaktoren_ •







Kenntnisse über Kultur, Gesellschaft und Religion des Gastlandes aneignen Geschichtliche und soziale Hintergründe des Ziellandes sowie Sitten und Gebräuche und besondere Lebensgewohnheiten kennenlernen Landessprache des Ziellandes durch gezieltes Sprachtraining erlernen, allgemeine und fachliche Sprachkenntnisse trainieren Sensitivität für andere Kulturen entwickeln Basiskenntnisse des Konfliktmanagements, insbesondere für interkulturelle Konflikte

erwerben_ _Umfeldfaktoren_ •











Kenntnisse der natürlichen und technischen Gegebenheiten im Gastland analysieren Bei mangelhafter Ausstattung mit Technologie Transfer der eigenen Technologie in das Gastland vorbereiten und durchführen Technologie einsetzen, die an die Gegebenheiten, z.B. Klima angepasst ist

Projektplanung (z.B. lange Transportwege) berücksichtigen_

Besondere Umfeldfaktoren bei der

Rechtliche und politische Einflussfaktoren Genaue Kenntnisse über das Gastlandrecht aneignen Unter Umständen Einsatz von Experten aus dem Gastland erwägen Kenntnis der politischen Situation erlernen, politische Vergangenheit des Landes

berücksichtigen •



Informationen über Rechtssicherheit und mögliche, informelle Verfahrensweisen einholen Genaue Übersetzung von Vertragstexten veranlassen_

_Wirtschaftliche Einflussfaktoren_ Kennmisse über die wirtschaftliche Situation aneignen •



Kennmisse über Besonderheiten bei der Abwicklung des wirtschaftlichen Verkehrs

aneignen



Informationen über Wechselkurse und Inflationsraten einholen Möglichkeit der Inanspruchnahme von Fördermitteln prüfen Landesspezifische Marktstrukturen berücksichtigen_

Übergreifende Anforderungen •





Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie prüfen Listening Skills (aktives und reflektierendes Zuhören beherrschen) erlernen Verhandlungsfahigkeit/-kompetenz verbessern Unter Umständen Dolmetscher einsetzen

Tab. 1:

Maßnahmen zur Berücksichtigung der Einflussfaktoren

2. Internationale

Projektarbeit

479

Tab. 1 stellt zusammenfassend Maßnahmen dar, die notwendig sind, um die zusätzlichen Einflussfaktoren in internationalen Projekten zu berücksichtigen. Einige der genannten Maßnahmen sollten generell als Vorbereitung internationaler Projektarbeit mit den entsprechenden Mitarbeitern durchgeführt werden. Ein genereller Schulungsplan für die Mitarbeiter kann hier im Vorfeld schon die entscheidenden Qualifikationen und Kompetenzen entwickeln, bevor die internationalen Projekte beginnen. Die übrigen sind eher projektbezogene Maßnahmen, dann nämlich, wenn es sich um landesspezifische Kenntnisse handelt. Die Methoden des Projektmanagements sind für die Abwicklung internationaler Vorhaben besonders geeignet. Bereits von Beginn an schaffen sie eine zusätzliche Verständigungsebene, die auch sprachliche und andere Barrieren zu überwinden helfen kann. Da Teamarbeit und Interdisziplinarität Kernelemente des Projektmanagements sind, ist der Einsatz von Methoden des Projektmanagements somit allein deswegen schon ein Erfolgsfaktor auch bei grenzüberschreitenden Projekten. Darüber hinaus bietet Projektmanagement eine Reihe von aufeinander abgestimmten Funktionen (sequentielle Funktionen und Querschnittsfunktionen), die besonders für die Planung Steuerung und Kontrolle der komplexen Zusammenhängen in internationalen Projekten geeignet sind. Ein internationales Projekt stellt, wie bereits erwähnt, erhöhte Anforderungen an das Projektpersonal. Für die erfolgreiche Planung und Durchführung eines internationalen Projektes müssen also besonders geeignete Mitarbeiter gefunden und gegebenenfalls ausgebildet werden. Verschiedene Weiterbildungsprogramme, wie der Kurs "Internationales Projektmanagement," ein gemeinsames Angebot vom Institut für Projektmanagement und Wirtschaftsinformatik (IPMI) und dem Haus der Technik (HdT) in Essen, bieten hier die Möglichkeit einer intensiven Einarbeitung in die Themenfelder der internationalen Projektarbeit. Die Zusammenarbeit in internationalen Projekten erfordert in den meisten Fällen besondere Formen der Zusammenarbeit und die Schaffung internationaler Projektteams. An dieser Stelle sollen exemplarisch zwei Beispiele für die Zusammenarbeit in internationalen Projekten genannt werden. Das erste Beispiel befasst sich, (bezogen auf das Organisationskonzept) mit einer Sonderform eines internationalen

Projektteams, sogenannten "integrierten" Projektteams. Mitglieder eines integrierten Projektteams rekrutieren sich aus den an einem internationalen Vorhaben beteiligten Firmen bzw. Organisationen. Integrierte Projektteams werden häufig dann gebildet, wenn für ein internationales Vorhaben (z.B. aus Wettbewerbsgründen) an der Spitze keine Firma als System- oder Leitfirma eingesetzt werden kann. Die beteiligten Firmen einigen sich in einem

VI.

480

Spezielle Aspekte des PJM

Fall, die Leitung und Verantwortung

ein selbstgeschaffenes übergeordnetes integriertes Projektteam zu übertragen, dem sie sich dann gemeinschaftlich unterstellen. Um dem integrierten Projektteam einen neutralen Systemcharakter zu geben, kann es desweiteren einer übergeordneten internationalen (gemeinsam gegründeten) Managementfirma unterstellt werden (vgl. Abb. 2).

solchen

an

Auftraggeber

Managementfirma Abgestellte M Firma B, C, D

von

A,

Teilhaber: -Firma A -Firma B -Firma C -Firma D

Unterauftragnehmer

Abb. 2:

Organisatorische Einordnung eines integrierten Projektteams (Madauss

1994, S. 899) Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf die Art und Weise der Zusammenarbeit. Räumliche und zeitliche Distanzen zwischen Mitgliedern eines internationalen Projektteams erfordern spezielle Formen der Zusammenarbeit. Muss beispielsweise ein Kunde in das Projekt integriert werden, kann ein Teil des Projektteams beim Kunden direkt arbeiten und über moderne Informations- und Kommunikationstechnologie den Kontakt zu den Teammitgliedern im eigenen Unternehmen halten. Auch räumliche Distanzen, die Einbindung externer Experten und zeitversetztes Arbeiten machen den Einsatz besonderer Formen der Teamarbeit notwendig. Mit Hilfe der sogenannten virtuellen Projektgruppen lassen sich unter Einsatz von moderner Informations- und Kommunikationstechnologie solche Distanzen überbrücken. Virtuelle Teams sind charakterisiert durch: Räumliche Trennung der Projektgruppe Zeitliche Unterschiede (bis hin zu Arbeit in verschiedenen Zeitzonen) Eventuell Angehörige unterschiedlicher Organisationen

2. Internationale

Projektarbeit

4SI

Ein virtuelles Projektteam kann sich beispielsweise wie in Abb. 3 dargestellt zusammensetzten. Hinsichtlich dieser Charakteristika ist die Arbeitsform des virtuellen Projektteams besonders für internationale Projekte geeignet. Bei der Zusammenarbeit über verschiedene Zeitzonen hinweg können Potenziale zur Zeitreduktion genutzt werden. Zeiteinsparungen können sich speziell bei F&E-Projekten durch eine Erhöhung der Tagesarbeitszeit, ohne Einführung von Schichtarbeit realisiert werden. Dazu werden Arbeitsergebnisse eines Projektteams am Abend an das Team in einer anderen Zeitzone gesandt. Dieses kann dann mit den Resultaten weiterarbeiten und seinerseits die Ergebnisse am Abend an das nachgelagerte Team senden.

Netzwerk" Unternehmen A

(USA)

T

(Japan) Projektleitung

T

Unternehmen B

Abb. 3: Virtuelles

Unternehmen C

(BRD)

Freier

Ingenieur (BRD)

Projektteam

Voraussetzung für die Zusammenarbeit in virtuellen Projektteams ist allerdings die Verfügbarkeit und Beherrschung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien. Einige für diese Art der Zusammenarbeit besonders geeignete Informations- und Kommunikationstechnologien sind: Virtuelle Konferenzen, Wissensdatenbanken, elektronisches Projekthandbuch, E-mail und Voice-Mail (vgl. Wurzer 2000a, S. 10/11). Um allerdings die Zusammenarbeit in einem internationalen Projektteam erfolgreich zu gestalten, müssen Mitarbeiter mit verschiedenen Sprachen, Verhaltensweisen und Gewohnheiten für eine gemeinsame Aufgabe zusammengebracht werden. Für das Management solcher internationaler Projektteams müssen unterschiedliche Aspekte berücksichtigt werden. Vorteile bietet die Möglichkeit, Teambeteiligte großzügig international zu rekrutieren. Außerdem können Teams nicht nur nach dem Persönlichkeitsprofil, sondern auch nach speziellen kulturellen Synergien zusammengestellt werden. Allerdings benötigen internationale Projektteams mehr

VI.

482

Zeit

Spezielle Aspekte des PJM

Kennenlernen als andere. Es gilt beispielsweise, Unterschiede bezüglich Weltwahrnehmung, verbaler und nonverbaler Sprache, typischen Denkmustern sowie Interessen, Normen und Verhaltensmustern offen gegenüberzutreten und diese zu akzeptieren. Wichtig ist es vor Projektbeginn gemeinsame "Spielregeln für den Umgang miteinander" im Team aufzustellen. Diese Regeln betreffen beispielsweise die Ziele und Werte, die ein Unternehmen bzw. das Projekt verfolgt, Maßnahmen für Konflikte und Konfliktbewältigung, Vermeidung von Missverständnissen, die Festlegung einer gemeinsamen Projektsprache etc. Folgende Tabelle stellt Profile von Mitarbeitern und Projektleiter für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in einem internationalen Team dar. zum

Profil des Projektleiters Sensitivität, Interesse und Toleranz für Mitarbeiter (auch aus anderen Kulturen), sowie emotionale Intelligenz

Fähigkeit in Dialogen, Konflikten Meetings zu moderieren Synergieeffekte durch internationale Besetzung erkennen und fördern In der Lage sein ein "Wir-Gefuhl" und

Verschiedenheiten zu erzeugen und Begeisterung zu wecken Wahl eines geeigneten und auf die Erfordernisse des Teams angepass-

trotz

ten

Projektmitarbeiter Respekt gegenüber anderen Kulturen und aufgeklärtes Verhalten gegenüber den anderen Teammitgliedern Kritisch mit eigenem Wissen umgeProfil des

hen und

Offenheit für neue Erschaffen kenntnisse Flexibilität Soziale Kompetenz Interesse und Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen so

Sprachkenntnisse

Führungsstils

Tab. 2: Anforderungsprofile von Projektleiter und Mitarbeitern eines internationalen Projektteams (vgl. Wurzer 2000b, S. Iff.) Eine empirische Studie mit dem Thema Management der interkulturellen Unterschiede in Projekten haben GRAU/PETER durchgeführt und die Ergebnisse publiziert. Dabei haben 72% der Befragten angegeben, dass interkulturellen Aspekten nicht genügend Bedeutung beigemessen wird. Typische Gründe dafür sind nach Angaben der Autoren u.a. die völlige Ignoranz, mangelnde Sensibilität, angeblich keine Zeit, etc. Aus diesen und weiteren Ergebnissen entwickeln sie phasenbezogene Maßnahmen für interkulturelle Projektarbeit (Grau/Peter 2000, S.

197ff).

2. Internationale

Projektarbeit

483

Informationen über einzelne Länder kann man in der Regel auf Informationsinstitutionen in Abb. 4 zurückgreifen. Grundsätzlich sind die Zielsetzungen dieser Institutionen zu beachten und damit deren Informations- und Beratungsauskünfte zu relativieren! Für

wichtige

Abb. 4:

Informationsinstitutionen bei internationalen Projekten

Des Weiteren bieten unterschiedliche nationale und internationale Fachverbände für Projektmanagement Unterstützungsmöglichkeiten. Die IPMA (International Projekt Management Association) ist beispielsweise ein Verbund von derzeit 28 nationalen

Projektmanagement-Vereinigungen mit über 30.000 Mitgliedern. Die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) ist die deutsche Vertretung. Sie wirkt durch verschiedene Mitglieder in Führungspositionen auf internationaler Ebene in der IPMA mit und sichert dadurch ihren Mitgliedern Wettbewerbschancen, auch über die politischen, sprachlichen und wirtschaftlichen Grenzen Deutschlands hinaus. Die IPMA und die verschiedenen nationalen Projektmanagement-Verbände können für die internationale Projektarbeit unterschiedliche Hilfestellungen leisten. Aktuelles und zentrales Informationsorgan der IPMA ist der quartalsweise erscheinende "Newsletter", der auch an alle GPM-Mitglieder versandt wird. GPMFirmenmitglieder erhalten zusätzlich alle zwei Monate die Fachzeitschrift international Journal of Project Management.' Auf Kongressen und Messen auf nationaler und internationaler Ebene kann u.a. ein intensiver Erfahrungsaustausch und eine Kontaktbörse stattfinden. Bei den nationa-

484

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

Vereinigungen besteht die Möglichkeit, Unterstützung bei Projekten in den jeweiligen Ländern abzufragen, es können beispielsweise Kontakte zu Experten im jeweiligen Gastland hergestellt werden. Nähere Informationen zu IPMA den nationalen Fachverbänden und anderen Projektmanagement Vereinigungen und deren Angeboten finden sich in der Tab. 3 angegebenen Adressen. len

Fachverband Deutsche Gesellschaft für Projekt-

Internetadresse

http://www.gpm-ipma.de

management International Project Management Association Verweise zu den nationalen PM-

http://www.ipma.ch/natassoc.htm

Vereinigungen Projektmanagement Institute (USA)

http ://www.pm i .org/

http://www.ipma.ch

Tab. 3: Internetadressen nationaler und internationaler Fachverbände der damit belegten, besonderen Bedeutung des Kulturmanagements bei internationalen Projekten und der in der Praxis häufig stark vernachlässigten Handhabung werden in Tab. 4 die drei Grundmuster des Kulturmanagements beschrieben und mitsamt ihren Vor- und Nachteilen aufgelistet. Die Tabelle ist weitestgehend selbsterklärend und wird daher im Text nicht weiter erläutert.

Aufgrund

2. Internationale

Kultur-Dominanz-Modell

Kultur-Kompromiß-

(Domestic-Management) Managementmodell d. Muttergesellschaft wird auf alle Tochtergesellschaften übertragen. Die kulturellen

Modell

Das

Standards des Gastlandes haben keinen Einfluss auf d. wirtschaftl, technische u

CQ

Projektarbeit

u.

soziale

Planung des

Unternehmens.

485

Kultur-Synergie-Modell

Mit interkulturellen Ähn-

Kultureller Pluralismus wird zugelassen. Es gibt lichkeiten versucht man einen maximalen Konsens keine direkte Steuerung der bei den Untemehmensricht- Kultur, jedoch wird genau linien und -praktiken aufzu- beobachtet anstatt zu mißachten. bauen. Zur Besetzung der ist man Führungspositionen

bemüht, einheimisches Personal einzusetzen.

Führungsposition werden vorwiegend mit Stammland-Personal besetzt.

Strukturelle Klarheit und Konsistenz, wirkt schlagu und ist in der Praxis 'S kräftig e deswegen am weitesten verbreitet.

Entsendung von entsprechenden Expatriots

Z

Gastland am besten. Es ent- und Unterschieden werden steht eine bessere genutzt. Eine erhöhte Identifikation der einheimi- Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter erhöht die schen Mitarbeiter.

qualifiFührungspersonal erweist sich als teuer. Ein im Gastland gestaltet sich häufiger Führungswechsel häufig schwierig. Es können ist zu erwarten. Loyalitätskonflikte mit dem Die

o

Führungspersonal kennt Synergien und Potenziale die Begebenheiten im aus kult. Gemeinsamkeiten Das

Die Akquisition

von

ziertem

Produktivität. Eine intensive

Sensibilisierung der (führenden) Mitarbeiter ist erforderlich, z.B. durch Schulung.

Verminderte Identifikation Stammhaus entstehen. und Motivation der einhei- Komplexe Probleme können mischen Mitarbeiter ist die häufig nur sehr schwerfällig gelöst werden. Folge.

Tab. 4: Drei Grundmuster des S. 273-276)

Kulturmanagements (in Anlehnung an Bosch 1997,

VI.

486

Spezielle Aspekte des PJM

Bedeutung ist zunächst der eigene Erkenntnisprozess der in Zusammenhänge Tab. 4 und die Sensibilisierung der Projektmitarbeiter dafür. Auf diese Weise können Konflikte im Vorfeld vermieden oder entstandene Konflikte gemindert oder sogar revidiert werden. Es können weiterhin Handlungsweisen der internationalen Partner vorhergesehen und kalkuliert werden. Eine im Vorfeld festgelegte Vorgehensweise kann zudem den Erfolg eines internationalen Projektes wesentlich beeinflussen. Von besonderer

4.

Beispiele für Internationale Projektarbeit

Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit sind in der Regel internationale Projekte. (Anm. d. Verfasser: Brancheninsider sprechen grundsätzlich von Entwicklungszusammenarbeit. Der in Deutschland dennoch stark geprägte Begriff der Entwicklungshilfe ist bereits seit vielen Jahren nicht mehr zeitgemäß.) Unabhängig davon, ob es sich um technische, finanzielle oder andere Zusammenarbeit handelt, wird im Rahmen von Projekten meistens von einem Geberland zu einem Nehmerland ein Transfer vorgenommen. Die organisatorischen Schwierigkeiten dieser bi- und multilateralen Projekte wurden bereits vor vielen Jahren u.a. von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) erkannt und bearbeitet. So entstand bereits in den 70er Jahren eine Anleitung der GTZ für Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit. Diese hatte bereits in ihren ersten Jahren ein hohes Niveau und wurde im Laufe der Jahre immer wieder verbessert, so dass mittlerweile ein hervorragendes Instrument, mit der Bezeichnung PCM Project Cycle Management, speziell für diese Projekte daraus entwickelt wurde (vgl. Möller 2000). Es ist unter den Internetseiten der GTZ unter www.gtz.de/pcm/ abrufbar. Die einzelnen Module sind zum Teil in mehreren Sprachen als Download ladbar. Die Gründung von Joint Ventures (Gemeinschaftsunternehmen) hat sich insbesondere in Mittel- und Osteuropa (MOE) als wichtige Vorgehensweise zur Erschließung neuer Produktionsstandorte und/oder Absatzmärkte erwiesen. Früher waren diese in MOE beispielsweise noch gesetzlich vorgegeben, heute wird diese Kooperationsform eher aus wirtschaftlichen Gründen gewählt. Sobald ein Joint Venture mit Partnern aus mindestens zwei Ländern intendiert ist, handelt es sich auch bei der Gründung um ein internationales Projekt. Der Anteil an erfolgreichen zu gescheiterten Joint Ventures ist allerdings recht gering. Während der Projektarbeit können für den Erfolg bzw. Mißerfolg von Joint Ventures die Weichen gestellt werden. Einer der wesentlichen Mißerfolgskriterien in diesen Projekten ist die ungenügende Beachtung oder sogar Mißachtung der unterschiedlichen Kulturen (vgl. Möller -

2. Internationale

Projektarbeit

487

1999, S.269). Weitere

typische Beispiele (vgl. Hoffmann/Vbnsild 1996, S. 197) für internationale

Projekte sind:

«

«

internationale Forschung und Entwicklung Programme der Europäischen Gemeinschaft Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit Internationale Baukonsortien Gründung von Tochterfirmen im Ausland Kooperationen mit ausländischen Firmen weitere Vorhaben der ost-west-europäischen Zusammenarbeit internationale Joint-Ventures

Ein konkretes Praxisbeispiel ist die Suche eines neuen internationalen Standortes für die Mercedes Benz AG für einen Produktionsort für die M-Klasse in Form eines internationalen Projektes. Strategischer Ausgangspunkt dieses Projektes war die Notwendigkeit der weltweiten Präsenz mit Produktionsstätten in mehreren Ländern. Zielsetzungen für den neuen Standort waren Marktnähe, wettbewerbsfähige Produktionskosten, Sicherung des Marktzutritts, Unabhängigkeit von Währungsschwankungen, ein funktionierendes Anbieter-Netzwerk und hervorragende unternehmerische Rahmenbedingungen. Begonnen wurde mit einer Machbarkeitsstudie im Frühjahr 1992, gefolgt vom Projektstart im Herbst des gleichen Jahres. Eine erste globale Studie mit einer Checkliste länderspezifischer Nutzwerte lieferte die Entscheidung für die USA. Nach einer Analyse von 50 Bundesstaaten blieben nach einer Reihe weiterer Auswahlverfahren drei mögliche Standorte übrig. Detaillierte Untersuchungen dieser drei Standorte führten letztendlich zu einer Entscheidung für Tuscaloosa in Alabama. Diese Auswahl erforderte einen großen Zeitaufwand und Finanzmittel. Diese Investitionen lieferten allerdings die Sicherheit für die Auswahl eines langfristig qualitativ guten Standortes. Besonders hervorzuheben ist die phasenorientierte Vbrgehensweise bei diesem Projekt. Eine Situationsanalyse des eigenen Unternehmens und darauf aufbauend klare Zielvorgaben waren der erste Schritt. Diese Informationen bildeten die Basis für die Planung des Vorhabens durch das Projektteam. Eine mehrstufige Bewertung der verschiedenen Standortalternativen schuf dann die Möglichkeit, einige Standorte zu favorisieren und andere zu verwerfen. Im Laufe des Prozesses waren dann nur noch genaue Analysen weniger Standorte notwendig. Auf diese Weise wählte die Mercedes Benz AG (mit Hilfe von projektorientierten Vorgehen) den am besten geeignetsten Standort aus. Bedenkt man die langfristigen Vorteile durch die

488

VI.

Spezielle Aspekte des PJM

strukturierte Standortwahl, so haben sich die Aufwendungen sicherlich schnell amortisiert (vgl. Renschier 1995). Ein weiteres Beispiel ist die Gründung eines Joint Ventures in Mittel- und Osteuropa. Die Firma Mann und Hummel hat ihre Kernkompetenz im Bereich der Filtertechnik für Verbrennungsmotoren und ist Zulieferer für die Automobilindustrie. Das Unternehmen unterhält weltweit verteilte Produktionsstätten. Eine strategische Option des Unternehmens war die Erzielung eines führenden Marktanteils in den osteuropäischen Ländern. Dazu wurde ein Standort mit großem Wachstumspotenzial und weitgehend westlichen Standards gesucht. Nach einer Voranalyse schieden eine Reihe von Ländern aus, so dass sich die anschließende Marktanalyse auf die damalige Tschechoslowakei, Polen und Ungarn konzentrierte. Neben einer Untersuchung von Kennzahlen zur Wachstumssituation wurden auch die Perspektiven der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung berücksichtigt. Parallel zur Länderanalyse wurde mit Hilfe von Fragebögen der Kontakt zu potenziellen Partnern hergestellt. Da Tschechien sowohl hinsichtlich Wachstumspotenzial, westlichen Standards und Perspektiven der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung die besten Voraussetzungen aufwies, wurde nach einer Machbarkeitsstudie ein Joint Venture mit einem tschechischen Partner gegründet. Bemerkenswert bei diesem Projekt war die Dauer der gesamten Aktivitäten. Von Beginn der Analyse bis zur Gründung des Joint Ventures vergingen 2,5 Jahre und danach noch ein halbes Jahr bis zum endgültigen vertraglichen Abschluss. Die sorgfältige und geduldige Vorgehensweise hat sich jedoch gelohnt. Das Verhältnis zwischen den beiden Gesellschaftern des Joint-Venture ist freundschaftlich und voll gegenseitigem Respekt (vgl. Witte 1995). 5.

Zusammenfassung und Ausblick

Internationale Vorhaben sind gekennzeichnet durch eine Vielzahl neuer, im nationalen Umfeld nicht vorhandener Einflussfaktoren. Insbesondere im Hinblick auf die prognostizierte Intensivierung länderübergreifender Vorhaben (vgl. Dworatschek 1998, S.l) wird die Notwendigkeit einer umfassenden Auseinandersetzung mit Fragestellungen internationaler Projektarbeit deutlich. Im Vergleich von nationalen und internationalen Projekten ist die Berücksichtigung der zusätzlichen Einflussfaktoren im internationalen Kontext unumgänglich für den Projekterfolg. Internationale Vorhaben erfordern beispielsweise einen hohen Kommunikationsaufwand und das gegenseitige Verständnis der Partner (vgl. Möller 1999, S.269). Über kulturelle Unterschiede hinaus muss mit einem im Gegensatz

2. Internationale

Projektarbeit

489

Heimatland veränderten natürlichen, rechtlich-politischen und wirtschaftlichen Umfeld umgegangen werden. Neben den herkömmlichen Methoden muss das Management von Projekten in diesem Zusammenhang also um einige Aspekte erweitert werden. Zusammenfassend ist die Beschäftigung mit internationalen, insbesondere wirtschaftlichen Aktivitäten aufgrund der sich in der heutigen Zeit ändernden Rahmenbedingungen für die Zukunft unumgänglich. In diesem Zusammenhang scheint vor allem die Auseinandersetzung mit Projekten und Projektmanagement in einem internationalen Umfeld besonders relevant, da das Projektmanagement durch seine Vielseitigkeit und "Breitbandigkeit" (Madauss 1994, S.VIII) eine geeignete Strategie zur Bewältigung der beispielhaft genannten, neuen Herausforderungen ist. zum

6.

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490

Spezielle Aspekte des PJM

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2. Internationale

Projektarbeit

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-

-

VI.

492

Spezielle Aspekte des PJM

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3. EDV Einsatz im

3. EDV Einsatz im

Projektmanagement

Projektmanagement von

Prof. Dr. Michael Bernecker Inhaltsverzeichnis

1.

Einführung

2.

Anforderungen an Projektmanagement-Software 2.1 Kommunikation über Projekte innerhalb der Orgamisation 2.2 Offene Plattform für Erweiterung und Anpassung an firmeninterne Standards 2.3 Schnittstelle 2.4

Mitglieder des Projektteams zugänglich

2.5 Marktführerschaft 2.6 Produktfamilie 2.7

3. 4.

Plattformübergreifend 2.8 Schulung und Support Alternative Softwareprodukte Projektbegleitung mit MS-Project 2000 4.1 Ein neues Projekt starten 4.2 Projektstrukturierung 4.3 Ablaufplanung 4.4 Zeitplanung 4.5 Ressourcenplanung 4.6 Kostenplanung 4.7 Netzpläne und Balkendiagramme 4.8 Projektsteuerung

VI.

494

Spezielle Aspekte des PJM

4.9 5.

Projektabschluss Barrieren der Implementierung

6.

Literaturhinweise

Autorenbeschreibung Prof. Dr. Michael Bernecker, geboren 1967, Diplom-Kaufmann, Externe Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Siegen, Marketingvorstand PGPA Werbeagentur AG, Lünen. Bernecker ist außerdem Professor für Marketing und Internationales Management an der FHDW Bergisch Gladbach.

3. EDV Einsatz im

1.

495

Projektmanagement

Einleitung

Projektmanagement ist ein Begriff mit Zukunft. Seit einigen Jahren steigt der Bedarf nach Projekten sowohl in Großunternehmen als auch in mittelständischen Unternehmen kontinuierlich an. Dafür bedarf es einer präzisen Planung und Steuerung sowie effizienter Controllingstrukturen. Mit fortschreitender, technischer Entwicklung und kontinuierlich sinkenden Hard- und Softwarekosten steigt damit auch die Relevanz und Bedeutung des dezentralen EDV-Einsatzes im Projektmanagement. Dieser Beitrag zeigt nach einer kurzen Einführung in die allgemeine Problematik, wie mit einem Standardsoftwarepaket Projekte in der Planungs-, Durchführungs- und Controllingphase unterstützt werden. Bei einem Projekt handelt es sich um eine sachlich und zeitlich begrenzte Aufgabe, die durch Zusammenarbeit mehrerer Funktionsbereiche eines Unternehmens gelöst werden. Die DIN Norm 69901 definiert ein Projekt wie folgt: "Ein Projekt ist ein Vorhaben, das im wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, z.B. spezielle, einmalige Zielvorgaben zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben projektspezifische Organisationen." In der Praxis ist die Durchdringung mittlerweile soweit, dass auch Sonderaufgaben, die von Linienfunktionen ausgeübt werden, als Projekte bezeichnet werden. Dies ist in der Regel nicht richtig. Überprüfen Sie daher zunächst die folgenden Punkte, um zu entscheiden, ob ein Projekt vorliegt:

Checkliste:

Projekt ja oder nein? JA

Ist die Aufgabenstellung zeitlich befristet? Ist der Einsatz von Kapitel, Personal und Zeit begrenzt? Lässt sich das Thema bezüglich Zeit, Qualität und Kosten von den Aufgaben der Fachstellen und Externen abgrenzen?_ Sind starke Einflussgrößen noch unbekannt? Handelt es sich um eine Problemlösung mit nennenswertem Risiko? Erfordert die Problemstellung in hohem Maße Veränderungen von bestehenden Abläufen? Müssen zur Lösung viele Stellen eingebunden werden?

NEIN

VI.

496

Spezielle Aspekte des PJM

JA I NEIN

Erfordert der Lösungsweg eine bereichsübergeifende Zusammenarbeit? Identifiziert sich der Auftraggeber mit der Idee? Sind die Nutzer des Projektergebnisses klar? Sind die Ziele mit Zuversicht erreichbar? Müssen viele Aufgaben parallel bearbeitet werden? Lassen sich Mitarbeiter nach Projektende reintegrieren? Je mehr Fragen Sie bejahen, desto sinnvoller ist ein Projekt. Je mehr Sie verneinen, um so sinnvoller ist es, die Aufgabenstellung im Fachbereich zu bearbeiten. Tab. 1: Checkliste: Projekt ja oder nein? (Quelle: Eckhardt, T.1998, S.141) In der Realität können Projekte unterschiedlich systematisiert werden. Faktische Merkmale erlauben eine Unterscheidung von Projekten nach dem:

Sachzielorientierte Projekte (Veränderung des Produkt-/Absatzprogramms) Prozessorientierte Projekte

Projektergebnis

_(Veränderung von Leistungs-ZVerwaltungsabläufen Private

Projektauftraggeber -

_

Projektauftragnehmer

Tab. 2:

Sach-/Dienstleistungsunternehmen

Öffentliche Sach-/Dienstleistungsunternehmen Nationale und internationale öffentliche Institutionen

Eigennutzungsprojekte (Auftraggeber Auftragnehmer) Fremdauftragsprojekte =

Projektarten

Generell weist Projektmanagement einige Vorteile auf, die den Einsatz begünstigen (Maddaus, B. J. 1994, S.18). Mögliche Delegation von Entscheidungen auf die problemrelevanten Ebenen Entlastung der Führungsebene Förderung der Zusammenarbeit (Teamarbeit) Effiziente Verfolgung von Sonderaufgaben

Projektmanagement ist allerdings keine Wunderwaffe. Sie werden es auch nicht schaffen, mit Projektmanagement unlösbare Aufgaben in den Griff zu bekommen, aber Sie werden bei einem realistischen Umgang die folgenden Vorteile realisieren

3. EDV Einsatz im

Projektmanagement

497

können:

Steigende Termintreue Weniger Belastung für die Mitarbeiter Größere Transparenz Deutliche Effizienzsteigerungen Lerneffekte für zukünftige Projekte 2.

Anforderungen an Projektmanagement-Software

Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Projektmanagement liegt im effektiven Informationsfluss wichtiger, erfolgskritischer Projektinformationen sowohl innerhalb des Projektteams, als auch abteilungsübergreifend und durch alle Managementebenen. Unverzichtbar ist dabei mittlerweile der Einsatz einer EDV-Lösung, die den Projektmitarbeitern während der einzelnen Projektphasen zur Verfügung steht, (vgl.

Felske, P.; Neuwinger, A., (1998), S.1155). Die Anforderungen, die eine solche Lösung erfüllen soll, sind umfangreich und zur Zeit von keiner Software in vollem

Umfang erfüllbar. Leichtere und effektivere Kommunikation über

Projekte

innerhalb der

Organisation. Offene Plattform für Erweiterung und Anpassung an firmeninterne Standards. Solide Scheduling-Engine, die den Bedürfnissen aller Benutzer entspricht. Zugänglichkeit für alle Mitglieder des Projektteams. Alternative Anforderungskataloge finden sich bei Felske/Neuwinger und Dworatschek (vgl. Felske, R; Neuwinger, A., (1998), S.1155; Dworatschek 1992). 2.1

Kommunikation über Projekte innerhalb der Organisation

Klare, eindeutige Kommunikation ist für den Erfolg eines jeden Projekts

aus-

schlaggebend. Projektmanagement-Software sollte den Projektmitarbeitern die Tools bieten, die sie benötigen, um alle Beteiligten über Aufgaben, Termine und über den allgemeinen Projektstatus auf dem Laufenden zu halten. Und da die wenigsten Menschen Projekte alleine planen und ausführen, geht der Trend bei der Projektmanagement-Software zum Ausbau der reinen Projektberichtswerkzeuge zu integrierten Lösungen, in die Kommunikationsfähigkeiten eingeschlossen werden, durch die die Teammitglieder an dem eigentlichen Projektmanagement-Vorgang mitwirken können. Die immer stärkere Präsenz von LAN (Local Area Network)

VI.

498

Spezielle Aspekte des PJM

und electronic mail bietet eine ideale neue Plattform, die von ProjektmanagementPaketen genutzt werden kann, um Lösungen für die kritische Kommunikationsdimension des Projektmanagements anzubieten. Dies ist eine der größten Chancen in der Kategorie Projektmanagement-Software. Verfügt das Programm über integrierte Berichtsfünktionen? Verfügt das Programm über grafische Berichtsfunktionen? Unterstützt das Programm mehrere Projektumgebungen? Ermöglicht das Programm die Teamkommunikation über die Projekte? Lässt sich die Software in das Kommunikationssystem einbetten? -

2.2

Offene Plattformen, die für Erweiterung und Anpassung ne Standards

an

firmeninter-

mehr zu einem gängigen immer mehr Unternehmen, diese Software als eine Komponente in ihre unternehmenskritischen Geschäftslösungen zu integrieren. Projektmanagement-Software sollte daher offen und zugänglich sein, so dass die Daten aus der Projektplanung mit anderen betrieblichen Systemen integriert werden können. Das betrifft beispielsweise Kostenabrechnungssysteme und andere spezielle Projektmanagement-Anwendungen. Außerdem sollte Projektplanungs-Software rundum flexibel sein, damit sie an die firmeninternen Standards angepasst werden kann, die von Unternehmen zu Unternehmen stark unterschiedlich sein können. Können Sie die Software so einstellen, dass sie genau so aussieht und funktioniert, wie Sie es wünschen? Enthält das Programm Werkzeuge, mit denen Sie Routineabläufe auf einfache Weise automatisieren können? (Makros) Enthält die Software eine zuverlässige Programmiersprache, mit der Sie maßgeschneiderte Lösungen für alle Ihre unternehmerischen Anforderungen erstellen können? (Programmierschnittstelle) Ist die Datenstruktur des Programms offen und dokumentiert, so dass Systementwickler Projektmanagement-Daten in unternehmensweite Systeme über nehmen können? (Oder speichert das Programm Projektdaten in proprietären Formaten, die anderen Anwendungen und/oder Systemen nicht zugänglich

Projektmanagement-Software sich immer Desktopwerkzeug entwickelt hat, beginnen nun auch Seitdem

sind?) (Offenes Dateiformat) Können Sie bei dem Programm Ihre Projektdateien weiten Datenbanken hinterlegen?

direkt in unternehmens-

3. EDV Einsatz im

2.3

Projektmanagement

499

Schnittstelle

In der Vergangenheit konzentrierte man sich bei der Auswahl einer Projektmanagement-Software in der Regel einzig und allein auf die Scheduling-Engine. Sie bildet auch weiterhin einen wichtigen Bestandteil einer solchen Untersuchung, verschmilzt aber immer mehr mit anderen Bestandteilen, je mehr der Markt für Projektmanagement-Software heranreift. Projektmanager untersuchen die Scheduling-Engine heute unter praxisnahen Aspekten die Praxis verlangt eine solide Scheduling-Engine, die für den Softwareanwender arbeitet und Teil einer Gesamtsoftwarelösung ist, die zu Ihrem Unternehmen passt. -

Bietet Ihnen das Produkt die Werkzeuge, die Sie brauchen, um Ihre Projektvorgänge schnell zu organisieren? Können Sie den Kalender auf Ihr Projekt zuschneiden? Unterstützt die Software unterschiedliche Beziehungen zwischen den

Vorgängen? Hilft Ihnen die Software dabei, den Status Ihrer Projekte über längere Zeit zu überwachen? Können Sie mehrere "Momentaufnahmen" Ihrer Planung speichern, damit Sie später darauf zugreifen und Vergleiche anstellen können? 2.4

Mitglieder des Projektteams zugänglich

Je mehr die Produktkategorie Projektmanagement-Software wächst, desto mehr Erstbenutzer finden sich unter den Anwendern. Diese Benutzer sind Leute, die sich sofort um ihre Planungen kümmern möchten, ohne vorher zunächst noch jede Menge Zeit in das Erwerben von Softwarekenntnissen investieren zu müssen. Es ist dabei auch von Bedeutung, dass die Software mit den Benutzern wachsen muss, je mehr Erfahrung die Benutzer mit der Software schon besitzen. Die Grundfunktionen sollten leicht zugänglich sein, aber daneben sollten auch ausgereifte Projektmanagement-Funktionen zur Verfügung stehen. Wie schnell können neue Benutzer mit den verschiedenen Paketen, die Sie prüfen, zügig arbeiten? Wie lange dauert es, bis ihnen Routinearbeiten leicht fallen? Ist die gehobene Funktionalität leicht zugänglich und bedienbar, wenn der Benutzer weitere Erfahrungen mit dem Produkt gesammelt hat? Wie leicht können fortgeschrittene Benutzer häufig anfallende ProjektmanagementAufgaben erledigen? Können sie das, was sie brauchen, finden, oder sind die Funktionen im Programm "vergraben"?

500

2.5

VI

Spezielle Aspekte des PJM

Marktführerschaft

Wenn Sie ein Projektmanagement-Paket auswählen, ist es für die Benutzer wichtig, dass Sie sich darin bestätigt fühlen, dass sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Statistiken, wie z.B. über den Marktanteil, Auszeichnungen und Meinungen der Kunden können als schlagender Beweis für die Marktführerschaft eines bestimmten Produktes innerhalb seiner Produktkategorie angesehen werden. Welche anderen Organisationen verwenden das Softwarepaket, das Sie gerade beurteilen? Wieviel Prozent der Leute, die im letzten Jahr Projektmanagement-Software geprüft und gekauft haben, haben sich für die Software entschieden, die Sie gerade in Erwägung ziehen? Welche Auszeichnungen hat das Programm erhalten? Wie viele Auszeichnungen wurden dem Programm verliehen? Ist das Produkt allgemein bekannt? Wie einfach ist es, Usergroups oder andere Informationsquellen zu dem Programm zu finden? Wer ist der Hersteller des Softwareprogramms? Ist der Hersteller ein anerkannter Marktführer dieser Branche? Wie oft bringt der Hersteller ein neues Release heraus, in dem die Wünsche der Kunden berücksichtigt sind? Welche anderen Produkte bietet das Unternehmen an? Kennt das Unternehmen die Bedürfnisse Ihrer Softwarebenutzer auch über die Grenzen der Projektmanagement Software hinaus? Welche Arten von technischem Support bietet der Hersteller nach dem Kauf?

2.6

Die

Produktfamilie

für ein Projektmanagement-Programm sollte nicht fallen, bevor man nicht sein Verhältnis zu anderen erhältlichen Softwareprogrammen vollständig erkannt hat. Bei der Prüfung des Produkts sollte auch berücksichtigt werden, wie gut das Projektmanagement-Programm zu den anderen, regelmäßig benutzten Desktopwerkzeugen passt. Ebenso ist auf die Anzahl und Vielfalt der Add-onProdukte zu achten, die für speziellere Anforderungen der Kunden zur Verfügung stehen. Wie steht es mit der Verfügbarkeit von Produkten, die speziell unter dem Aspekt der Integration mit dem von Ihnen untersuchten Produkt entwickelt wurden? Wie viele dieser Add-in-Produkte gibt es? Welche Funktionalität bieten diese Produkte?

Entscheidung

3. EDV Einsatz im

Projektmanagement

501

Wie gut ist die Projektmanagement-Software, die Sie gerade untersuchen, mit Ihren anderen Desktopanwendungen integrierbar? Können Sie ohne weiteres Projektinformationen an Ihre Textverarbeitung und Ihre Tabellenkalkulation weitergeben? Können Sie automatische Verknüpfungen erstellen, so dass die Daten in der Projektmanagement-Soffware und in anderen Anwendungen immer auf demselben Stand sind? Wie viele weitere Desktopanwendungen bieten dasselbe Aussehen und dieselbe Handhabung wie das Paket, das Sie gerade untersuchen? Vergleichen Sie die Menüs, Dialogfelder und Tastaturbelegung der ProjektmanagementWerkzeuge mit Ihren sonstigen Softwarestandards. Achten Sie besonders auf Bereiche, in denen verschiedene Anwendungen eine ähnliche Funktionalität bieten. 2.7

Plattformübergreifend

Wenige Organisationen haben eine bestimmte Rechnerplattform zu 100% als Unternehmensstandard eingeführt. Da Projektmanager Informationen innerhalb des gesamten Unternehmens weiterreichen und gemeinsam mit anderen nutzen müssen, ist es wichtig, dass die Projektmanagement-Software auf möglichst vielen Plattformen

2.8

läuft. Unterstützt die Software die wichtigsten Plattformen in Ihrer Organisation? Werden sämtliche relevanten Betriebssysteme unterstützt? Können Benutzer verschiedener Plattformen ihre Projektdateien untereinander austauschen, ohne dafür die Daten extra konvertieren zu müssen? Welche Schnittstellen stellt das Programm zur Verfügung?

Schulung und Support

Je umfassender Projektmanagement-Software eingesetzt wird, desto wichtiger wird es für die Softwareanbieter, den Kunden sachkundiges Supportpersonal und gute Schulungsunterlagen zu bieten. Außerdem sollten Kunden sich problemlos für Schulungsunterlagen, Bücher und Kurse von Drittanbietern entscheiden können, falls sie tiefergehende Informationen über ihr Produkt wünschen. Welche Art technischer Unterstützung ist von dem Softwarehersteller erhältlich? Gibt es verschiedene Kanäle, über die Unterstützung angefordert werden kann, und was kostet das? Versuchen Sie einmal, die Nummer des technischen Supports für das von Ihnen geprüfte Produkt anzurufen, und stellen Sie eine

VI.

502

Spezielle Aspekte des PJM

Fragen. Beachten Sie die Geschwindigkeit und die Korrektheit der Antworten, die Sie von jedem Anbieter erhalten. Sind Schulungen zu dem Produkt allgemein erhältlich? Wie viele in Ihrer Gegend ansässige Referenten halten Kurse zu diesem Produkt ab? Können Sie Unterlagen für autodidaktisches Lernen und Handbücher über Ihren örtlichen Buch- oder Computerhandel beziehen? Gibt es Usergroups, die sich mit dem Produkt befassen? Bietet der Händler bzw. der Hersteller auch Schulungen und Support an? Reihe

3.

von

Alternative

Softwareprodukte

Projektmanagement-Software ist relativ heterogen und falls man branchenspezifische Systeme beachtet sehr umfangreich. Die nachfolgende Tabelle zeigt einen Überblick zu den gängigsten Systeme, erhebt allerdings nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Der Markt für

-

-

Produkt ACOS Plusl Version 8.0

Project Scheduler 7.6 MS-Project 2000 Power

Project 5

Primavera

CS

Project

Project Planner P3

Hersteller /Vertrieb Thekrasoft GmbH Isaraustraße 31 D-85744 München Scitor GmbH Platter Straße 79 D-65232 Taunusstein Microsoft GmbH Edisonstraße 1 D-85716 Unterschleißheim Managern. & Software i. Bauwesen Liststr. 22 D-76185 Karlsruhe LNTECo GmbH Schillerstraße 2 D-84034 Landshut Crest Software Postfach 1403 D-25445 Quickborn Telefon +49(0)4106/653163

3. EDV Einsatz im

Prqjektmanagement

Produkt

Hersteller /Vertrieb

CA-SuperProject 4.0

Progrevo

503

Kaiserallee 121 D-76185 Karlsruhe

http ://www.progrevo .de Projectile

Information Desire Software GmbH M.I.P., Gebäude 71 D-66482 Zweibrücken

PlanView 5.2

Progrevo Kaiserallee 121 D-76185 Karlsruhe

http://www.progrevo.de Tab. 3: Alternative

Projektmanagement-Systeme

Unterstützung des Projektmanagements mit einem gängigen Softwaresystem zu dokumentieren, wird im folgenden das Programm Microsoft Project verwendet, da dieses über die größte Verbreitung verfügt. Diese Wahl soll allerdings keine Wertung sein, da je nach Einsatzzweck die Programme ihre Stärken und Schwächen unterschiedlich ausspielen. Daher sollte sich jeder Projektmanager selbst einen Eindruck über die Leistungsfähigkeit der einzelnen Programme verschaffen, zumal für die oben aufgeführten Programme von den Herstellern Demoprogramme zur Verfügung stehen. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die folgenden Internetadressen: http://www.microsoft.de Hier kann eine kostenlose 60 Tage-Testversion der aktuellen Version von MS-Project angefordert werden. http://www.managementsoftware.de Hier können etliche Programmübersichten und Kurzbeschreibungen aufgerufen werden. Einige Projektteams verzichten auch heute immer noch auf den Einsatz von professionellen Systemen und versuchen, die Projektverfolgung mit den klassischen Office-Paketen zu realisieren. Diese Lösung ist kurzfristig betrachtet eine sparsame Lösung, da die zusätzliche Anschaffung einer Software entfällt. Dafür entstehen langfristig kaum einzudämmende Kosten, weil mit nicht passender Software gearUm die

-

-

beitet wird.

VI.

504

4.

Spezielle Aspekte des PJM

Projektbegleitung mit MS-Project 2000

Anhand eines Beispielprojektes soll nun die Begleitung mit einem Softwarepaket dargestellt werden. Bei diesem Projekt handelt es sich um ein externes Beratungsprojekt zur Messung der Kundenzufriedenheit. Der Projektleiter möchte in diesem Fall den gesamten Projektablauf in MS-Project begleiten. Der Ablauf stellt sich theoretisch für ihn wie folgt dar:

Zielsetzung \

>

1

Projektstrukturplan

Anforderungen an das Projekt

Vorgangsliste

Ablaufplan

Bewerteter

Ablaufplan

Vorläufiger Netzplan Analyse- &

Korrektu rergebn isse

Endgültiger Netzplan

Projekt Abb. 1:

Projektablauf

sind zunächst die Ziele mit dem Auftraggeber zu verhandeln. Dabei sind die Dimensionen Sachaufgabe, Zeit und Kosten zu beachten. Das Ergebnis dieser Verhandlungsphase ist ein Pflichten- und Lastenheft. Für die Realisierung hat das Projektteam eine Vorgangsliste zu erstellen, um auf dieser Basis einen Ablaufplan zu konstruieren, der die zeitliche Abfolge der Vorgänge darstellt. Die Zuweisung von Ressourcen und Kosten führt zu einem bewerteten Ablaufplan, der nach Überarbeitungen zum endgültigen Netzplan wird. Während des Projektablaufes kann das Projektteam kontinuierlich die Istdaten mit den Sollwerten vergleichen. Modifikationen gehen dabei kontinuierlich in den Projektplan ein. Dieser Ablauf wird im folgenden mit MS-Project operationalisiert. Im

Projektmanagement

3. EDV Einsatz im

4.1

Ein

neues

Projektmanagement

505

Projekt starten

mit MS-Project anzulegen, rufen Sie nach dem Start von Projekt den Befehl Datei/Neu auf. Im erscheinenden Startdialog muss der Projektstart angegeben werden bzw. erfolgt die Berechnung der Termine zu einem festen

Um ein

neues

Projekt

Projektendtermin. Projekt-Info für "ProjektV

3

Anfangstermin:

| Mi 07.07.99

Endtermin:

I*

Berechnung vom:

|QQ3ZSS@S£&3l

:

07,07.99

OK

Abbrechen

I "\

Statistik,

Alle Vorgänge beginnen so früh wie möglich, Aktuelles Datum:

| Mi 07.07.99

Statusdatum:

jNV

Kalender:

Standard _

Abb. 2:

Projektinformationen

Zusätzlich sollten Sie die wichtigsten Einzelheiten des Projektes erfassen, die sogenannten Projektstammdaten lassen sich mit dem Befehl Datei/Eigenschaften/DateiInfo erfassen. Auf der Karteikarte Datei-Info sind der Projektname, der Projektleiter und die Bearbeiter zu erfassen.

VI.

506

Spezielle Aspekte des PJM

Eigenschaften von Ptojektl Allgemein Datei-Info Statists j Inha»

|

] Anpassen]

Titel:

Kundenzufriedenheitsanalyse

Thema:

| Ahlauf der Studie

Autor:

pipl.-Kfm. Michael Bernecker

Manager;

|m. Bernecker

Firma:

Kategorie:

Bernecker Training & Consulting

(Externes Beratungsprojekt

Stichwörter: Marketing,

|

Kommentar:

Vertrieb, Kundenzufriedenheit

Kritischer Kunde -

Auswertung zeitproblematisch

-

HyperlinkBasis:

I- Vorschaugrafik speichern OK

Abb. 3: 4.2

Abbrechen

Projektstammdaten

Projektstrukturierung

Zur Planung des Gesamtprojektes ist zunächst eine Strukturierung vorzunehmen. Die Zerlegung der Gesamtaufgabe eines Projektes kann nach der Top-Down- oder der Bottom-up-Methode erfolgen. Top-Down-PLanung: Im Rahmen der Top-Down-Planung sind zunächst die Hauptaufgaben oder -module zu strukturieren. Diese werden dann in weiteren Schritten aufgegliedert, so dass eine hierarchische Strukturierung erfolgt. Bottom-Up-Planung: Projektleiter, die nach der Bottom-Up-planung vorgehen, sammeln zunächst alle Einzeltätigkeiten bzw. Arbeitspakete und strukturieren diese anschließend um sie zu Gruppen und Hauptkomponenten zusammenzufassen. Das Ergebnis dieser Planungstätigkeit ist ein Projektstrukturplan (PSP), der eine Gliederung eines Projektes in Teilprojekte, Phasen und Aktivitäten ermöglicht. Mit einem Projektstrukturplan werden folgende Aufgaben verfolgt (vgl. Heeg, F.

J./Frieß,

P. M.:

S.495):

3. EDV Einsatz im

507

Projektmanagement

Ermittlung aller Aufgaben/Teilaufgaben, die zur erfolgreichen Projektabwicklung notwendig sind Aufbau einer entsprechenden Organisation Gliederung aller Planungsunterlagen Gliederung der Spezifikation Gliederung des Leistungsverzeichnisses und Ausschreibungs-unterlagen Auswertung und Vergleich von Angeboten Aufbau

von

Datenbanken

Schaffung von Transparenz im Projekt Vergabe von Arbeitspaketen an Unterauftragnehmer

Regel in Form eines Organigrammes dargestellt. der folgenden Abbildung stellt solch eine grafische Darstellung dar. Der PSP wird in der

Der PSP in

Kundenzufriedenheitsanalyse X

X

IST-ANALYSE

Analyseentwurf

Kundengespräch

k Delphi-Analyse Datenanalyse

X

Datenerfiebung

-Analysedesign

\- Zielkriterien Kennzahlendefinition

-

X

-

-

-

-

Sekundäranalyse Mitarbeiterbefragung VI— Primäranalyse Delphi-Analyse Critical Incident Technique Reklamation sportfolio Kano-Analyse

Abschlußbericht V- Dokumentation

|!—— Interpretation Handlungsempfehlungen

-

Abb. 4:

Projektstrukturplan

Grundsätzlich

gibt es in der Projektarbeit keinen richtigen oder falschen Projektstrukturplan. Er ist immer das Ergebnis der spezifischen Anforderungen und Einflussfaktoren. Die Projektzerlegung ist soweit zu betreiben, dass: die Verantwortung für deren Planung, Durchführung und Kontrolle klar zuge teilt werden kann, die Rückkoppelung über das Einhalten der vorgegebenen Parameter Leistung, Termine und Kosten deutlich wird, damit im Fall von Abweichungen korrigierende Maßnahmen getroffen werden können.

Programm MS-Project erlaubt allerdings nicht die Erfassung des grafischen Projektstrukturplanes, daher ist aus dem PSP eine Vorgangsliste zu erstellen, die Das

folgende Vorteile aufweist: Eindeutiges (kontrollierbares) Ergebnis Eindeutige Verantwortung Realistische Detaillierung (zum Planungszeitpunkt)

508



VI.

Spezielle Aspekte des PJM

Planbarer Aufwand Kontinuierliche Bearbeitung

Die einzelnen Arbeitsschritte, die während des Projektes erfolgen müssen, sind zunächst mit MS-Project zu erfassen. Unter Ansicht/Balkendiagramm (Gantt) muss die Standardansicht für ein Projekt aufgerufen werden. In dieser Ansicht ist im linken Bereich die Vorgangsliste zu finden und im rechten Bereich ein Balkendiagramm. In der Spalte Vorgangsname ist zunächst die Bezeichnung des einzelnen Vorganges zu erfassen. Nach der Bestätigung mit ENTER trägt MS-Project die Standarddauer von einem Tag und das aktuelle Datum für den Anfangstermin ein. Im Balkendiagramm wird der Vorgang durch einen Balken auf der gleichen Höhe von der Länge eins angezeigt. In MS-Project kann die Dauer eines Vorganges jederzeit mit einer Eingabe verändert werden. Aktivieren Sie das Feld Dauer des Vorganges, den Sie verändern möchten und geben Sie die Dauer gefolgt von der Einheit an. Als Einheiten lässt Projekt Arbeitswochen (w), -tage (t), -stunden (h) und -minuten (m) zu. Eine besondere Vorgangsart sind die sogenannten Meilensteine. Meilensteine haben eine Dauer von null und stellen daher Ereignisse oder Zustände und keine eigentlichen Tätigkeiten dar. Man spricht auch von Scheinvorgängen. Dies könnten zum Beispiel Zwischenabnahmen durch den Auftraggeber sein. (vgl. Bernecker, M. (1999d), S.86) Solche Scheinvorgänge sind im Projektplan nicht als Balken, sondern als Raute dargestellt.

3. EDV Einsatz im

Abb. 5:

Projektmanagement

509

Balkendiagramm

Häufig sind einzelne Vorgänge in Teilschritte zu zerlegen. Das Arbeitspaket Datenerhebung umfasst zum Beispiel die Sekundär- und die Primärforschung. Markieren Sie die Vorgänge, die einem anderen Vorgang unterzuordnen sind und wählen Sie die Schaltfläche "Tiefer stufen". Die markierten Vorgänge sind damit dem Sammelvorgang untergeordnet. Die gebildeten Untervorgänge können ein- bzw. ausgeblendet werden, indem Sie das Plus- bzw. Minuszeichen vor der Vbrgangsbezeichnung anklicken. 4.3

Ablaufplanung

Die einzelnen Vorgänge und Tätigkeiten in einem Projekt können in der Regel nicht alle gleichzeitig erfolgen. Daher sind sogenannte Vorgangsbeziehungen zu berücksichtigen. Es gibt bei der Datenerhebung zum Beispiel die Regel, dass Sekundärforschung immer vor der Primärforschung zu realisieren ist. Erfassen Sie daher beim Vorgang Sekundärforschung in der Spalte Vorgänger die Vorgangsnummer der Primärforschung. MS-Project verknüpft die Vorgänge sofort und ordnet im GanttDiagramm die Balken hintereinander an. Diese Standardverknüpfung ist eine söge-

VI.

510

Spezielle Aspekte des PJM

Normalfolge (EA Beziehung). Da MS-Project diesen Standardfall voraussieht, kann die Eingabe auf die reine Nummer des Vorgangs beschränkt sein. Andere Verknüpfungen sind EE, AA und AE Verknüpfungen. Erfassen Sie in diesen Fällen die Vorgangsnummer gefolgt von der Verknüpfungsart. Wenn zum Beispiel die Vorgänge 14 und 15 gleichzeitig anfangen sollen, dann erfassen Sie in der Zeile 15 die Vorgangsbeziehung 14AA. Eine der wichtigsten Techniken in der Projektplanung ist die richtige Verknüpfung der einzelnen Vorgänge. Das Programm stellt Ihnen folgende Verknüpfungsarten zur Verfügung (vgl. Rackelmann, G. (1998) S.535; Reinke, PL; Kuppinger, M.: (1998), S.73) Ende-Anfang (EA): Vorgang 2 kann erst anfangen, wenn Vorgang 1 beendet ist. Anfang-Anfang (AA): Vorgang 2 kann erst anfangen, wenn Vorgang 1 angefangen nannte

hat. Ende-Ende

(EE): Vorgang 2 kann erst enden, wenn Vorgang 1 beendet ist. Anfang-Ende (AE): Vorgang 2 kann erst enden, wenn Vorgang 1 angefangen hat. Falls Sie zwischen zwei Vorgängen Pufferzeiten benötigen, können Sie nach der Vorgangsbeziehung einen Zeitabstand eingeben. Beispiel: lEA+3t Drei Tage nach dem Ende von 1 fängt 2 an. 4.4

Zeitplanung

Balken wird von der Dauer des Vorganges beeinflusst. Diese müssen Sie zunächst im Rahmen der Aufwandsschätzung festlegen. Sie sollten dabei die Checkliste in der nachfolgenden Abbildung beachten:

Die

Länge des

CheckÜste: Projekt ja oder nein?

Projekt:.Proj.-Nr.: JA Bei der Aufwandsschätzung wurde zwischen Dauer und Aufwand unterschieden. Die Aufwandsschätzung ist soweit wie möglich realistisch. (Wie würde die Aufwandsschätzung aussehen, wenn es den Termindruck und die eingeschränkte Ressourcenverfügbakeit nicht gäbe?) Die Basis für die Aufwandsschätzung ist der Arbeitsumfang der vorher definierten Arbeitspakete. Die Schätzungen wurden durch kompetente Fachleute (oder den Einsatz anderer Methoden) bestätigt.

3. EDV Einsatz im

511

Projektmanagement

_JA

NEIN

Die Schätzungen wurden im Bewusstsein durchgeführt, dass die lineare Aufwandsverteilung (Aufwand Dauer x Personaleinsatz) nur eingeschränkt gültig ist. Der Aufwand für Projektmanagement wurde bei der Aufwandsschätzung mit berücksichtigt. Der Aufwand für Qualitätssicherung wurde bei der Aufwandsschätzung mit berücksichtigt. =

Die Dauer der einzelnen Vorgänge schätzen Sie dann auf der Basis Ihrer Erfahrungswerte und erfassen diese Werte in der Spalte Dauer. Beachten Sie dabei, dass diese Werte die Grundlage für Ihre Berechnungen darstellen und deterministischer Natur sind. Falls Sie mit alternativen Zeiträumen und Dauern arbeiten möchten, dann müssen sie eine PERT-Analyse durchführen, die ab der Version 98 von Project zur Verfügung steht. 4.5

Ressourcenplanung

Der nächste Schritt in der Projektplanung ist die Definition und Zuordnung von Ressourcen. Ressourcen sind zum Beispiel die einzelnen Mitarbeiter, Fremdfirmen oder technische Ausstattungsgegenstände. Rufen Sie die Ansicht Ressource/ Tabelle auf. In dieser Ansicht lassen sich unter anderem der Ressourcenname, ein Kürzel, der Stundensatz und die Zahlungsmodalitäten erfassen. Besondere Beachtung sollte dem Feld Max. Einh. gewährt werden. Falls Sie eine Halbtagskraft beschäftigen,

in diesem Feld der Wert 50% eingetragen werden. Eine Vollzeitkraft erhält 100% und falls Sie zum Beispiel mehrere Interviewer beschäftigen, muss der Wert über 100% liegen. muss

1

|Kürz

690.00 DM

13 690.00 OD

0.00 OM

1

78D40 DM

79040 OM

040 DM

6 300 40 OM

040 OM

6 30040

13

I 06.

IS Helmke

MJ|

j

M, Bef necK

5 640.00 OM

5 640.00 DM

0.00 OM

|| Assisten

10.6O0.00 DM

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040 DM

a

1.50040 OM

1

60040 DM

040 OM

3 00040 DM 430.00 oa 59 490.00 DM

040 DM

4:200.00 DM

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040 OM

11 200.00 DM

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040 OM

5 «0.00 DM

5.56040 OM

040 OM

0 00 DM

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