Handbuch für die Praxis bei den Gerichten sowie für den Anwalts- und Notariatsdienst [4., vollst. neubearb. Aufl. Reprint 2020] 9783112384480, 9783112384473

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Handbuch für die Praxis bei den Gerichten sowie für den Anwalts- und Notariatsdienst [4., vollst. neubearb. Aufl. Reprint 2020]
 9783112384480, 9783112384473

Table of contents :
Vorwort
Systematisches Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Berichtigungen und Nachträge
Der gerichtliche Urkundsbeamte
I. Der gerichtliche Dienst
A. Freiwillige Gerichtsbarkeit
a) Vormundschafts- und Nachlatzwesen
b) Beeidigungen
c) Grundbuchwesen. Zuständigkeit des Grundbuchamts
d) Öffentliche Register. Zuständigkeit
B. Streitige Gerichtsbarkeit
C. Das Zwangsvollstreckungsverfahren
D. Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
E. Das Konkursverfahren
F. Die Vergleichsordnung zur Abwendung des Konkurses
G. Das Strafverfahren
II. Der Anwalts-Dienst
III. Der Notariats-Dienst
Alphabetisches Register

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Handbuch für die

Praxis bei üen Gerichten sowie für den

Anwalts- und Notariats-tenst. Unter Vorführung praktischer Fälle mit richterlichen Beschlüssen, mit Erläuterungen und Anmerkungen, sowie Anfügung der gesetzlichen Bestimmungen und mini­ steriellen Entschließungen sowie der Gebührennormen

Herausgegeben von

Hans Kößler/ Rechnungsrat in München

4. vollständig nettbearbeitete Auflage.

1 928 München, Berlin, Leipzig

0. Schweitzer Verlag (Hrthur Sellier)

Druck von Dr. F. P. Datterer L Cie., Freising-München

Vorwort. Die vorliegende vierte Auflage hat infolge der auf allen Gebieten zutage getretenen neuen Gesetze und Ge­ setzesänderungen eine vollständige Umarbeitung er­ fahren müssen. Die richterlichen Beschlüsse und Verfügungen wurden den einzelnen Anträgen angepaßt, um dadurch auch dem Richterbeamten formelle Arbeiten zu erleichtern. Es ist daher dieses Werk nicht nur für Referendare und Justizanwärter zur Einarbeitung in den Dienst, sondern auch für die gesamte gerichtliche Tätigkeit, für die Prüfungen und den Anwalts- und Notariatsdienst bestimmt. Das alphabetische Sachregister ist wegen der Fülle des gebotenen Stoffes ausführlichst gehalten, es wird die sofortige Auffindung der Materien erleichtern und die Brauchbarkeit des Buches wesentlich erhöhen. Möge sich nun dieses neue Werk derselben Beliebtheit und desselben Wohlwollens erfreuen wie alle früheren Auf­ lagen. Sollten sich aber bei der Fülle des Materials und dem schwierigen, der steten Umgestaltung und Wandelbarkeit

unterworfenen Arbeitsgebiete Beanstandungen oder Verbes­ serungen ergeben, so gebe ich mich der Hoffnung hin, daß mir diesbezügliche Vorschläge nicht vorenthalten werden.

München, im Januar 1928.

Hans Kötzler.

Systematisches Inhaltsverzeichnis. Vorwort................................................................ I n Halts Verzeichnis Abkürzungen.................................................. . Berichtigungen und Nachträge Der gerichtliche Urkundsbeamte

I. Der gerichtliche Dienst A. Freiwillige Gerichtsbarkeit .... a) Bormundschafts- und Nachlaßwesen . . . b) Beeidigungen c) Grundbuchwesen d) Öffentliche Register L. Streitige Gerichtsbarkeit C. Das Zwangsvollstreckungsverfahren D. Zwangsversteigerung und Zwangsver­ waltung F. Das Konkursverfahren F. Die Vergleichsordnung zur Abwendung des Konkurses 0. Das Strafverfahren

II. Der Anwaltr-Dienp III. Der Notarlatr-Dienft Alphabetisches Sa chregister

Hl IV V VI Vil 1— 33— 267— 280— 359— 434— 637—

914 433 266 279 358 433 636 708

709— 755 756 - 786 797— 836 837— 914 915— 954 955—1018 1019 — 1060

Abkürzungen. AGG. — Arbeitsgerichtsgesetz. AG. = Ausführungsgesetz. Bd. = Band. Bek. — Bekanntmachung. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BGemO. — Bayer. Gemeindeordnung von 1869. DB. f. GB. — Dienstesvorschriften für Gerichtsvollzieher. EG. — Einführungsgesetz. ENG. -- Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen. FE. — Fürsorge-Erziehung. FG. = Forstgesetz. FME. — Entschließung des Finanzministeriums. GA. f. Gerschr. der AG. = Geschäftsanweisungen für Gerichtsschreiber der Amtsgerichte. GA. f. GB. — Geschäftsanweisungen für Gerichtsvollzieher. GBO. = Grundbuch-Ordnung. GFG. (FGG.) Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit. GKG. — Reichs-Gerichts-Koflengesetz. GO. f. Not. — Geschäftsordnung für die Notariate. GebO. f. GB. — Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher. GBBl. — Gesetz- und Verordnungsblatt. GVG. — Reichs-Gerichts-Verfassungsgesetz. HGB. — Handelsgesetzbuch. JMBek. = Justizministerialbekanntmachung. JMBl. — Justizministerialblatt. Jnstr. (I.) = Instruktion. JAG. — Jugendamtsgesetz. IMG. — Jugendwohlfahrtsgesetz. KostG. — bayer. Kostengesetz. KO. — Reichs-Konkursordnung. NachlG. — Nachlaß-Gesetz. NachlO. — Nachlaß-Ordnung. NotGO. = Notariatsgebühren-Ordnung. NolGes. —- bayer. Notariatsgesetz. RAGO. (GO. f. RA.) — Rechtsanwalts-Gebührenordnung. RAO. — Rechtsanwaltsordnung. RGU. — Urteil des Reichsgerichts. RGBl. = Reichsgesetz-Blatt. RStPO. — Reichs-Strafprozeßordnung. StempG. — Stempelgesetz.

VI StGB. — Reichs-Strafgesetzbuch. VO. — Verordnung. WO. = Wechselordnung. ZPO. — Reichs-Zivilprozeßordnung. ZVG. — Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung.

Berichtigungen und Nachträge. 12: statt „Sekretariats-Assistent" ist zu lesen: „Gerichtsassistent". 19 u 21: statt „außerehelich" muß es heißen „unehelich". 21: statt „Kalendervierteljahr" ist zu lesen: Lebensvierteljahr". 549: statt „Erstattung" ist zu lesen: im Titel — „Gestattung". 552: statt „Eintrag" ist zu lesen: „Antrag" auf Eintragung. 604: statt „Einwirkung" ist zu lesen im Titel „Erwirkung". 679: ausgenommen, in „öffentlicher Sitzung" ist zu lesen: „in nicht öffentlicher Sitzung". S. 680, 682: desgleichen zu lesen: „in nicht öffentlicher Sitzung".

S. S. S. S. S. S. S.

NB. DieAnmerkungenzudeneinzelnenProtokollen stehen zuweilen auch auf den zunächst vorhergehenden Seiten.

Der gerichtliche Urkundsbeamte. Durch Gesetz vom 9. Juli 1927 wurde das Gerichtsver­ fassungsgesetz dahin abgeändert, daß statt „Gerichtsschreiberei" die Überschrift lautet: „Geschäftsstelle" sowie daß das Wort Gerichtsschreiber durch „Urkundsbeamter der Geschäfts­ stelle" oder „Protokollführer" ersetzt wird. Dgl. 8 153 Satz 1 @'13®.; RGBl. 1924 I S. 299, Ar,. 1 mit 4 Ges. vom 9. Juli 1927 RGBl. Teil I Nr. 29 6. 175.

Die in den Gesetzen und Verordnungen geregelten Auf­ gaben der Gerichte werden erledigt durch den Richter und den Urkundsbeamten. Während dem Richter die Entschei­ dung obliegt, hat der Urkundsbeamte alle diejenigen Ge­ schäfte selbständig zu erledigen, die feststellender oder beurkundender Art sind. Hierunter fällt in erster Linie der Verkehr zwischen den Rechtsuchenden und dem Gerichte, den der Urkundsbeamte als Berater und Hilfsorgan kostenlos zu vermitteln hat.

Der Urkundsbeamte ist sonach die Seele des Ganzen; er nimmt entgegen alle Klagen, Güteanträge, Armenrechtsnnd Kostenfestsetzungsgesuche sowie alle Erklärungen im Pro­ zeßverfahren ; außerdem die Revisionsanträge und Revisions­ begründungen, die sonst nur durch einen Rechtsanwalt ein­ gereicht werden können. Neben dieser wichtigen Tätigkeit im Parteiverkehr, obliegt dem Urkundsbeamten die Anordnung der Ladungen und Zustellungen, wobei die Form- und Fristvorschriften genau zu beachten sind, ferners die Erteilung von Rechts­ kraftzeugnissen, die eine genaue Prüfung der Zulässigkeit der Rechtsmittel und des Ablaufs deren Fristen in sich schließt, weiters die Erteilung der Vollstreckungsklauseln, auf Grund deren in Zivilsachen die Zwangsvollstreckung und in Strafsachen die Strafvollstreckung erfolgt.

VIII Dem Urkundsbeamten obliegen die Entscheidungen über die Kostenfestsetzungsanträge, über Anträge auf Fest­ setzung der einem freigesprochenen Angeschuldigtcn aus der Staatskasse zu erstattenden Auslagen, ferner über die An­ träge auf Vollstreckbarkeitserklärung der Zahlungsbefehle die Festsetzung und Anweisung der Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen; er ist zuständig für die gerichtliche Beglau­ bigung von Unterschriften und Handzeichen, die nach Ge­ setzesvorschrift sonst nur durch einen Notar erfolgen kann. Eine wesentliche Erweiterung der Geschäftsaufgabe des Urkundsbeamten besteht ferner in der Erledigung richter­ licher Entscheidungen wie Erlassung der Zahlungs­ befehle, der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, der Beschlüsse auf Einstellung der Zwangsvollstreckung, der ge­ samten Strafvollstreckung mit Ausnahme der Entscheidungen über Strafaufschub und Unterbrechung. Außerdem erledigt der Urkundsbeamte selbständig in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Grundbuch- und Vormund­ schaftssachen, einen großen Teil aller richterlichen Amts­ geschäfte, so daß dessen Tätigkeit und Verantwortung in keiner Weise zu unterschätzen ist. Schließlich kann der Ur­ kundsbeamte Vorverhandlungen beim Mieteinigungsamt abhalten und Augenscheine einnehmen.

I. Der gerichtliche Dienst.

Kühler, Handbuch für die Praxis.

4. Aufl.

1

Druck von Dr. F. P. Datieret L Cie., Freising-München

A.

Freiwillige Gerichtsbarkeit. a) Vormundschaft*- und Nachlahwesen. I. Sachliche Anständigkeit der Gerichte. In Bayern kommen, da die Geschäfte des Grundbuch­ amts den Amtsgerichten übertragen sind, als Behörden der freiwilligen Rechtspflege nur Gerichte und Notare in Betracht. Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte ist für die An­ gelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit teils durch Reichsrecht, teils durch Landesgesetzgebung geregelt. So­ weit landesrechtliche Angelegenheiten den Behörden der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugewiesen sind, wird die sach­ liche Zuständigkeit von der Landesgesetzgebung bestimmt. In der freiwilligen Rechtspflege ist die erstinstanzielle Zuständigkeit die der Amtsgerichte. Zur amtsgerichtlichen Zuständigkeit gehört insbesondere die Übertragung der Handelsregisterführung und aller dem Registergericht zukommenden Geschäfte. Die Amtsgerichte sind neben den Notaren zuständig für die Beurkundung von Vereinbarungen zwischen dem Vater eines unehelichen Kindes und diesem, über den Unterhalt für die Zukunft oder über eine an Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung, sowie für die Be­ urkundung einer Vereinbarung zwischen dem Vater eines unehelichen Kindes und der Mutter über die der Mutter aus der Beiwohnung und der Entbindung entstandenen Ansprüche, soferne diese Vereinbarung mit der Verein­ barung über den Unterhalt des Kindes in derselben Urkunde verbunden wird.

4 Nicht zuständig sind die Amtsgerichte für die Be­ urkundungen, welche nach den Vorschriften der Reichsgesetze durch ein Gericht oder einen Notar zu bewirken sind, sowie für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift oder eines Handzeichens. Zur Zuständigkeit der Landgerichte gehören, soweit nicht andere Bestimmungen getroffen sind, alle Angelegenheiten, für welche früher die Bezirksgerichte in erster Instanz zuständig waren. Ein Mitglied eines Familienrats kann gegen seinen Willen nur durch das Landgericht entlassen werden. Als Beschwerdegericht ist das Landgericht in reichs­ rechtlichen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für welche die allgemeinen Vorschriften des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit gelten, sowie in Angelegen­ heiten, für welche die Landesgesetze maßgebend sind, endlich für die Verhandlung und die Entscheidung über die Rechts­ mittel in der Angelegenheit, welche durch das Ausführungs­ gesetz zum RGVG. den Amtsgerichten zugewiesen sind, zuständig. - (FGG. 8 19 Abs. 2, AS. i. SBS. Art. 27, 28; BGB. § 1878 Abs. 2, AS. z. BGB. Art. 129. Hinsichtlich der den Amtsgerichten zugewiesenen Angelegenheiten vgl. Art. 8, 9, 15, AG. z. GVG. Wegen der Aufsichtsbeschwerde vgl. Art. 69, 70, 71, 72 AG. z. GDG. Über Vorstellungen und Monitorien entscheidet das Amtsgericht selb­ ständig.

Eine Zuständigkeit der Oberlandesgerichte ist in Bayern nur gegeben bei der Beschwerde gegen eine Ordnungs­ strafe wegen Ungebühr vor Gericht. (§§ 178, 180, 181 Abs. 1 182, 183 FGG.)

Dem bayerischen Obersten Landesgerichte ist die Ent­ scheidung über das Rechtsmittel der weiteren Be­ schwerde in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts­ barkeit zugewiesen (§ 28 FGG. Art. 42 Abs. III AG. z. GVG.). Das Oberste Landesgericht tritt zugleich für die Beschwerde gegen eine Verfügung des Landgerichts an Stelle des reichsrechtlich zuständigen Oberlandesgerichts (§ 64 FGG. Art. 40 Ws. III AG. z. GVG.). Auch gilt es im Sinne der §§ 5, 46 des FGG. als gemeinschaftliches oberes Gericht für alle Gerichte des Landes. Liegt aber

5 von den in Betracht kommenden Gerichten das eine in Bayern und das andere in einem anderen deutschm Lande, so wird das zuständige Gericht durch das Reichsgericht be­ stimmt (§§ 5, 46 FGG. Art. 42 Abs. III AG. z. GVG.). Über die weitere Beschwerde in Gebührensachen entscheidet ebenfalls das Oberste Landesgericht (Art. 43 Abs. II bayer. KostGes.). Eine Anfechtung der Entscheidungen des Obersten Landesgerichts als Beschwerdegericht findet nicht statt (Art. 129 AG. z. BGB.). Eine Verletzung der Vorschriften über die sachliche Zu­ ständigkeit hat die Nichtigkeit der von dem unzustän­ digen Gerichte vorgenommenen Amtshandlung zur Folge. Die inländische Gerichtsbarkeit erstreckt sich nicht auf die Angelegenheiten derjenigen Personen, die das Recht der Exterritorialität genießen. Exterritorial sind die Chefs und Mitglieder der bei dem Deutschm Reiche oder einem deutschen Lande beglaubigten Missionen, ferner deren Familienglieder, Geschäftspersonal und Bedimstete, welche nicht Dmtsche sind.

Für Anträge utti) Erklärungen zu Protokoll des Ge­ richtsschreibers gilt folgendes: Nach § 11 des FGG. können Anträge und Erklärungen zu Protokoll des Gerichtsschreibers des zustän­ digen Gerichts oder des Gerichtsschreibers eines Amts­ gerichts erfolgen. Regelmäßig können vom GerSchr. ent­ gegengenommen toerben alle Erklärungen, die gegenüber dem Gerichte abzugeben sind z. B. §§ 2081 Abs. I, 2202 Abs. II, 2226, 2281 Abs. II BGB. Ausgenommen hie­ von sind die Fälle, in denen eine bestimmte Form, nämlich öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben ist, z. B. §§ 1342, 1491, 1492, 1597, 1599, 1662, 1945, 1955, 1956 (Aus­ schlagung einer Erbschaft), 2198, 2199; hier ist erforderlich Erklärung vor dem Richter oder Beglaubigung durch einen Notar. Niemals können vom GerSchr. entgegengmommen wer­ den die Erklärungen, die vor dem Richter abzugeben sind.

Mündliche Erklärungen vor dem Richter selbst sind überall da zulässig, wo nicht das Gesetz ausdrücklich nur Schriftform oder Erklärung zu Protokoll des Gerichts­ schreibers vorgeschrieben hat; z. B. § 21 Abs. II FGGOb nun der Richter eine Erklärung selbst entgegenneh­ men oder aber den Erklärenden an den Gerichtsschreiber verweisen will, liegt in seinem Ermessen. Häufig liegt es im Interesse des Verfahrens, wenn der Richter den Antrag oder die Erklärung der Partei selbst entgegennimmt. Über die Erklärung macht dann der Richter entsprechenden Akten­ vermerk oder nimmt unter Zuziehung eines Protokoll­ führers diese Erklärung entgegen. Für formfteie Erklä­ rungen ist die Benützung des Fernsprechers möglich. Die Befugnis der Beteiligten, ihre Erklärungen vor dem Gerichtsschreiber abzugeben, entspricht der Ver­ pflichtung des Gerichtsschreibers, diese Erklärungen ent­ gegenzunehmen und zu protokollieren. Diese Verpflichtung besteht aber nicht für den Gerichtsschreiber eines ande­ ren Amtsgerichts, soweit nach Sondervorschriften nur der Gerichtsschreiber eines bestimmten Gerichts zur Ent­ gegennahme der Erklärung berufen ist. Die Erfüllung dieser Pflicht kann nur im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde er­ zwungen werden (§§ 128, 147, 159, 161, 21 Abs. 2, 29 Abs. 1 FGG.); in diesen Fällen kann ausnahmsweise die Er­ klärung nur zu Gerichtsschreiberprotokoll des z u st ä n digen Gerichts abgegeben werden. Über die Form und den Inhalt des vom Gerichts­ schreiber aufzunehmenden Protokolls bestehen keine beson­ deren Vorschriften; man muß erkennen, daß es sich um die Niederschrift einer in amtlicher Eigenschaft aufgenommenen Erklärung handelt. Dieses Protokoll soll enthalten: An­ gabe von Ort und Zeit, Bezeichnung des Erklärenden, der persönlich vor dem Gerichtsschreiber zu erscheinen hat, sowie die Beurkundung, daß das Protokoll dem Antragsteller vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt und von ihm durch Unterschrift genehmigt wurde. Der sachliche Inhalt der Niederschrift muß vom Gerichtsschreiber selbst abgefaßt sein;

es würde nicht genügen, daß z. B. der Gerichtsschreiber ein Schriftstück des Beteiligten nur mit Eingangs- und Schluß­ worten eines Protokolls versieht oder auf eine solche Schrift bezug nimmt, oder sich die Erklärung von den Beteiligten diktieren läßt. Bei der Erklärungsabgabe ist lediglich erforderlich die Unterschrift des Gerichtsschreibers, nicht die des Beteiligten, weil die Unterschrift des Beteiligten eben durch die amtliche Erklärung des Gerichtsschreibers, daß diese niedergeschrie­ benen Erklärungen von ihm herrühren, ersetzt wird. Für die landesrechtlich zuständigen anderen als gericht­ lichen Behörden ist § 11 des FGG. nicht anwendbar. Vgl. § 194 Abs. 3 FGG.

II. örtliche Zuständigkeit. Die örtliche Zuständigkeit ist eine verschiedene; ist nach besonderen Vorschriften der Wohnsitz maßgebend, so kommen die §§ 7—11 des BGB. und die §§ 36, 40, 43, 45, 47, 66, 73, 99 des FGG. zur Anwendung. In Angelegenheiten von Deutschen, welche das Recht der Exterritorialität genießen, sowie von Beamten des Reiches oder eines Landes, welche int Auslande angestellt sind, gelten hinsichtlich des Wohnsitzes dieser Personen die Vorschriften des § 15 der ZPO. Hienach behalten dieselben in Ansehung des Gerichts­ standes den Wohnsitz, den sie zuletzt im Heimatstaate hatten; in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes gilt die Haupt­ stadt des Heimatstaates als ihr Wohnsitz; ist die Haupt­ stadt in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Verordnung bestimmt. Gehört ein Deut­ scher einem deutschen Lande nicht an, so gilt als sein Wohn­ sitz die Stadt Berlin und zwar bei Reichsbeamten der Be­ zirk des Amtsgerichts Berlin-Mitte bzw. des Landger. I Berlin (§ 21 R.-Beamtengesetz); im übrigen wird der Bezirk durch allgemeine Verordnung bestimmt. Auf Wahlkonsuln

8

finden diese Vorschriften keine Anwendung (§ 15 Abs. II ZPO.)Unter mehreren örtlich zuständigen Gerichten gebührt ohne Rücksicht darauf, welches Gericht etwa früher um die Behandlung der Sache angegangen wurde, demjenigen der Vorzug, welches zuerst zeitlich in der Sache tätig gewesen ist. Eine mehrfache örtliche Zuständigkeit ist durch einen mehrfachen Wohnsitz einer Person möglich. Was als Tätigkeit in der Sache anzusehen ist, richtet sich nach der Natur des einzelnen Falles; Vorerhebungen zur Feststellung der Zuständigkeit bilden keine Tätigkeit in der Sache. Erhält ein Gericht davon Kenntnis, daß ein anderes sachlich und örtlich zuständiges Gericht bereits früher in der Sache tätig war, so hat es sofort seine Tätig­ keit einzustellen. Besteht jedoch Streit oder Ungewißheit darüber, wel­ ches von mehreren Gerichten örtlich zuständig ist, so wird das zuständige Gericht durch das gemeinschaftliche obere Gericht bestimmt. Zuständig ist daher für die Bestimmung des örtlich zu­ ständigen Gerichts bei den Amtsgerichten int Bezirke des nämlichen Landgerichts das letztere, bei Amtsgerichten im Bezirke verschiedener in Bayern gelegener Ober­ landesgerichte das bayerische Oberste Landesgericht, bei Amtsgerichten verschiedener Länder das Reichsgericht. Gegen die Entscheidung des Gerichts, welches seine Zu­ ständigkeit oder Unzuständigkeit ausspricht, ist Beschwerde zulässig. Eine Anfechtung der Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts findet nicht statt; eine Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit hat keine Un­ wirksamkeit der von dem unzuständigen Richter vorge­ nommenen Handlungen zur Folge. Eine Vereinbarung der Zuständigkeit eines an sich unzuständigen Gerichts ist mit Ausnahme der Fälle des § 164 FGG.in der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeschlossen. (3®@. 88 3,4, 5,7,18,164,199 Abs. 2, GB®. 88 18—21, AG. j. BGB Art. 129.)

9 Für die Vormundschaft ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Mündel zu der Zeit, zu welcher die Anordnung der Vormundschaft erforderlich wird, seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohn­ sitzes seinen Aufenthalt hat. Wird die Anordnung einer Vormundschaft über Ge­ schwister erforderlich, die in den Bezirken verschiedener Vormundschaftsgerichte ihren Wohnsitz oder ihren Aufent­ halt haben, so ist, wenn für einen der Mündel schon eine Vormundschaft anhängig ist, das für diese zuständige Gericht, andernfalls dasjenige Gericht, in dessen Bezirke der jüngste Mündel seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt hat- für alle Geschwister maßgebend. Ist der Mündel ein Deutscher und hat er im Jnlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Gericht zustän­ dig, in dessen Bezirke der Mündel seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Gericht, falls der Mündel einem der Länder angehört, von der LandesjustizverwaltunL, andernfalls von dem Reichskanzler bestimmt. Für die Vormumdschaft über einen Minderjährigen,, dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Minderjährige aufgefunden wurde. (§ 36 Abs. I—III FGS).

Für die Pflegschaft über eine Leibesfru cht ist das Gericht zuständig, welches für die Vormundschaft zu­ ständig sein würde, falls das Kind zu der Zeit, zu welcher das Bedürfnis der Fürsorge hervortritt, geboren wäre. (8 40 3(8®.)

Für die Ergänzungspflegschaft ist, wenn keine Vormundschaft anhängig ist, das Gericht zuständig, das für die Vormundschaft zuständig wäre. (8 1909 BSB.: 88 37, 36 5®®.)

Für die Gebrechlichkeitspflegschaft ist das Ge­ richt zuständig, das zuständig wäre, wenn eine Vormund­ schaft einzuleiten wäre. (8 1910 BSB.: 88 38, 36, 37 FS®.)

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Für die Abwesenheitspflegschaft ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Abwesende seinen Wohnsitz hat. -,

außereheliche Kind Anna Huber, illeg. der ledigen Kellnerin Maria Huber von Pasing.

Es erschien:

Gegenwärtig: Maler Ober

Amtsrichter;

Sekretariatsassistent Müller

st. Gerichtsschreiber.

Verfügung. 1. Anlegung des Dormerkungsbogens. 2. Nachricht von der Bestellung an den Gemeindewaisenrat Pasing. 3. Wiedervorlage vor­ zumerken auf Januar 1928. München 4. Januar 1927. Maier.

(Dor- und Familiennamen, Stand od. Gewerbe, Religion, Wohnort, Wohnung des Vormundes, Gegenvormundes, Pflegers).

der Privatier Johann Merkl in München, Kapuzinerstratze Nr. 24/11 r. RG.

Der Erschienene ist dem Richter persönlich bekannt.

Die Persönlichkeit de. Erschienenen wurde durch die vorgezeigte Ladung sowie durch einen deutschen Reichspaß festgestellt. Der Erschienene soll als Vormund — Gegenvormund — Pfleger für das außerehe­

liche Kind der ledigen Kellnerin Maria Huber

von Pasing,

namens Anna Huber Bestellt tVCtbcit.

Der Bestellung steht, soviel ermittelt ist, keiner der in den §§ 1780—1784 BGB. bezeichneten Hinderungsgründe entgegen. Privatier Johann Merkl

wurde..... deshalb zu treuer und gewissen­ hafter Führung des Amtes als Vormund mittels Handschlags an Eidesstatt verpflichtet.

Eine Bestallung wurde ihm ausgehän­ digt, - soll ihm übersendet werden.- Er wurde.. darauf hingewiesen, daß die Bestallung bei der Beendigung des Amtes des Vormundes

13 — Gegenvormundes — Pflegers zurück­ gegeben werden muß. Hierauf wurden mit ihm die Verhältnifle de, Mündel, — Pflegling, durchgesprochen; «r wurde.... dabei über di» Pflichten und die Verantwortlichkeit, insbesondere über die Pflicht zur Einreichung des Verzeichnisses des Vermögens de, Mündel, — Pflegling« — zur Hinterlegung der Wertpapiere und zur Rechnungsadlegung belehrt und darauf hingewiesen, daß der Vormund dem Ge­ meindewaisenrat jeden Wechsel im Aufent­ halte des Mündels anzeigen muß. In Gegenwart der mitwirkenden Person.. wurde dieses Protokoll dem Beteiligten vor­ gelesen, von ihm genehmigt und eigenhändig unterschrieben. Johann MerKl.

(LS ) Maier, Oberamtsrichter.

Müller.

§ 1789 BGB. Der Vormund wird von dem Vormundschafts­ gerichte durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Vormundschaft bestellt. Die Verpflichtung soll mittelst Hand­ schlags an Eides Statt erfolgen. § 1792 BGB. Neben dem Vormunde kann ein Gegenvor­ mund bestellt werden. Ein Gegenvormund soll bestellt werden, wenn mit der Vor­ mundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden ist, es sei denn, daß die Verwaltung nicht erheblich oder daß die Vormundschaft von mehreren Vormündern gemeinschaftlich zu führen ist. Ist die Vormundschaft von mehreren Vormündern nicht ge­ meinschaftlich zu führen, so kann der eine Vormund zum Gegen­ vormunde des anderen bestellt werden. Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormundes finden die für die Berufung und Bestellung des Vormundes geltenden Vorschriften Anwendung. § 1915 BGB. Auf die Pflegschaft finden die für die Vormund­ schaft geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergibt. Die Bestellung eines Gegenvormundes ist nicht erforderlich. Der Vormund ist bei seiner Bestellung über seine Pflichten und seine Verantwortlichkeit, insbesondere über die Pflicht zur

14 Einreichung eines Verzeichnisses des Vermögens des Mündels, zur Hinterlegung der Wertpapiere des Mündels und zur Rech­ nungslegung zu belehren. Auch ist er darauf hinzuweisen, daß er dem Gemeindewaisenrat jeden Wechsel im Aufenthaltsorte des Mündels anzuzeigen hat. Über die Bestellung des Vormunds ist ein Protokoll auf­ zunehmen. Das Protokoll soll eine Angabe über den Hergang der Bestellung und über die Erteilung der vorgeschriebenen Belehrung wegen der Pflichten der Verantwortlichkeit, der Pflicht zur Ein­ reichung des Verzeichnisses des Vermögens des Mündels, zur Hinterlegung der Wertpapiere des Mündels und zur Rechnungs­ legung enthalten. Auch sind etwaige besondere Bestimmungen über die Beschränkung der Bertretungsbefugnis, die Verteilung der Füh­ rung der Vormundschaft unter mehrere Vormünder sowie der etwaige Vorbehalt der künftigen Entlassung des Vormundes in dem Protokoll anzugeben. Auf dem Protokoll ist die Benachrichtigung des Gemeinde­ waisenrats zu vermerken. Gebühren: Bei Vormundschaften ist von dem Mündel­ vermögen, auf welches sich die Vormundschaft erstreckt, bis zu 20 000 Mk. auf je 500 Mk., für die folgenden 300000 Mk. auf je 400 Mk., von da an auf je 300 Mk. 1 Mk. zu erheben. Für die Berechnung ist der reine Vermögens stand bei Beendigung der Vormundschaft maßgebend. Die Gebühr kommt nicht zur Erhebung, wenn das Mündelvermögen unter 3000 Mk. ist. Außerdem ist vom Mündelvermögen, auf das sich die Vor­ mundschaft erstreckt, bis zu 20000 Mk. auf je 500 Mk., für die fol­ genden 300000 Mk. auf je 400 Mk., von da an auf je 300 Mk. eine Jahresgebühr von 10 Pfg. zu erheben, wobei das angefangene Kalenderjahr am Anfänge der Vormundschaft voll gerechnet, das angefangene Kalenderjahr am Schlüsse der Vormundschaft nicht berücksichtigt wird. Bei der Vermögensberechnung kommen die Schulden in Ab­ zug; ist das Mündelvermögen unter 3000 Mk., so besteht Ge­ bührenfreiheit. Können bei Minderjährigen die Gebühren nach vormundschafts­ gerichtlichem Ermessen nicht aus den nach Bestreitung des Unter­ halts und der Erziehung verbleibenden Rentenüberschüssen gedeckt werden, bleiben sie bis zur Volljährigkeit oder früheren Bor­ mundschaftsbeendigung gestundet. Vgl. Art. 72, 73, 74 bayr. KostG.

15

2.

ErNLnm- iiber die Ablehnung der über««h»e einer vormnndschast

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

München, tlM 27. Juli 1927.

München.

Bor dem unterfertigten Gerichtsschreiber

erscheint heute btt

Kaufmann Michael Fischer ÖOtt

Pasing, Maiftraße 10 Und erklärt T

Ausweislich der hiemit übergebenen Ladung vom 14. gatt 1927 bin ich als Vor­

mund für °°n Pasing

bie Joseph Mllllerschen Fahrlkarbeiteratinber

in Aussicht genommen und auf vor das Zimmer Nr. 42 geladen,

Mlttwach ben 10. August 1927, vormittags 10 Uhr

Amtsgericht

München,

um als Vormund bestellt zu werden.

Ich lehne jedoch gemäß § 1786 Abs. 1 Ziff. 2 des BGB. die Übernahme der Vor­ mundschaft ab, da ich am i. Sn« 1927 bereits das 60. Lebensjahr vollendet habe, — 0 d e r: da ich selbst mehr als vier minderjährige eheliche Kinder habe, — da ich durch Krankheit verhindert bin, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu führen, — da ich schon mehr als eine Vormundschaft führe. —-

Ich übergebe

zum Nachweise

hiefür:

meinen Geburt«- und Taufschein vom 1. Su(i 1867 (Bescheini­ gung der hiesigen Polizeibehörde, Familienstandszeugnis, ärzt­ liches Gutachten vom 10. Juni 1927, zwei Vormundschaft«-

beitottungen) und bitte, von meiner Person als Vormund Umgang zu nehmen. Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben: Michael

Fischer.

Bogner, Sekretär.

16

Die Übernahme der Vormundschaft kann ablehnen: eine Frau mit 2 und mehr schulpflichtigen Kindern; wer das 60. Lebensjahr vollendet hat- wer mehr als 4 minderjährige eheliche Kinder hat; — ein von einem anderen an Kindes Statt angenommenes Kind wird nicht gerechnet; — wer durch Krankheit oder durch Gebrechen verhindert ist, die Vormundschaft ordnungsmäßig zu führen; wer wegen Entfernung seines Wohnsitzes von dem Sitze des Bormund­ schaftsgerichts die Vormundschaft nicht ohne besondere Belästigung führen kann; wer zur Sicherheitsleistung angehalten wird; wer mit einem anderen zur gemeinschaftlichen Führung der Vormund­ schaft bestellt werden soll; wer mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt. Die Vormundschaft oder Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als eine; die Führung von zwei Gegenvor­ mundschaften steht der Führung einer Vormundschaft gleich. Wer die Übernahme der Vormundschaft ohne Grund ab­ lehnt, ist, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt, für den Scha­ den verantwortlich, der dem Mündel dadurch entsteht, daß sich die Bestellung des Vormundes verzögert. Erklärt das Vormundschaftsgericht die Ablehnung für unbe­ gründet, so hat der Ablehnende, unbeschadet der ihm zustehenden Rechtsmittel, die Vormundschaft auf Erfordern des Bormund­ schaftsgerichts vorläufig zu übernehmen. Wegen des Ablehnungsrechtes behufs Übernahme der Vormundschaft vgl. § 1786 BGB., bei Beamten oder Religionsdienern ist bet Übernahme einer Vormundschaft vor dem Derpflichtunastermine die Erlaubnis der Dienstbehörde nachzusuchen. Angehörige der Wehrmacht (Offiziere, Soldaten, Militär­ beamte) haben ein wirkliches Ablehnungsrecht (BGB. § 1784, Wehrges. v. 23. März 1921 § 33).

Eine besondere Form für die Geltendmachung des Ab­ lehnungsrechtes hat das Bürgerliche Gesetzbuch nicht festgesetzt; dagegen ist es insofern befristet, als es vor der Bestellung bei dem Vormundschaftsgericht geltend gemacht werden muß — § 1786 Abs. II BGB. —. Das Bormundschaftsgericht kann auch aus ungerechtfertigter Ablehnung seitens des Ausgewählten Anlaß nehmen, denselben als nicht geeignet (§ 1779 Ws. 2) zu betrachten und deshalb seine Bestellung zweckmäßig unterlassen. Bezüglich der Ladung des in Aussicht genommenen Dormundes, Gegenvormundes oder Pflegers zur Verpflichtung siehe Form. I 3MBl. 1900 S. 217.

17

3

Antrag aus Entscheidung -ei einer Meinungsver­ schiedenheit zwischen mehreren Vormünder«.

Gerichtsschreiberei

München, CHU 10. Juli

1927.

des Amtsgerichts München.

Vor dem Gerichtsschreiber erscheint heute der Kaufmann Simon Nschrr 00N Pasing, Maistraße 10,

sich durch das Bestallungsbuch ausweisend, und erklärt: Der Kaufmann Philipp Moser in München, Arndtstr. 2/o Beschluß.

I. In ic. wird auf An­ trag des X. von D gemäß §1797 Abs. 1 des DGB. bestimmt, daß das am 1. Aug. c. von den Ehegatten Steiner zurückzu­ zahlende Hypothek­ kapitalzu 10000RM. in 8°/oigen mündel­ sicheren bayerischen Gold - Pfandbriefen anzulegen sei. II. Mitteilung hievon an Vormund undGegenvormund gegen Nach­ weis. III. Wtedervorlage in 2 Monaten. München, am........ 1927.

Stern, Amtsrichter.

und ich sind gemeinschaftlich zu Vormün­ dern des minderjährigen Prioatierssohnes Hans Gruber In Pasing bestellt.

Zum Vermögen des Mündels gehört auch eine auf dem Anwesen Hs.-Nr. 42 an der Planeggerstraße in Pasing eingetragene, mit 4°/o verzinsliche Darlehensforde­ rung zu 10000 RM., welche am 1. August l. 2s. zurückbezahlt wird.

Schuldner dieser Forderung

sind

di«

Baumeisterseheleute Johann und Maria Steiner in Pasing: die Forderung ist im Hypothekenbuche für die Steuergemeinde Pasing Band II Blatt 24 S. 42 eingetragen.

Der Mitvormund verlangt nun, daß für dieses Geld wieder eine Hypothek erworben wird, Mährend ich für

die Anlegung in 8/o1gen Gold-Pfandbriefen

der

Bayerischen Dereinsbank München bin, weil ich die Anlegung von Mündelgeld in Wertpapieren für zweckmäßiger und sicherer erachte, als die hypothekarische Ausleihe. Außerdem müssen nächstens für den Mündel ohnehin Barbestände wegen dessen weiterer Ausbildung flüssig gemacht werden.

Ich stelle daher gemäß § 1797 des BGB. an das Vormundschaftsgericht den Antrag:

„über die vorliegende Meinungsver­ schiedenheit zwischen dem Mitvormund Philipp M-s«r und mir zu entscheiden." Borgelesen, genehmigt, unterschrieben. Simon Fischer.

Hurt, Sekretär. K ö ß l e r, Handbuch für die Praxis.

4. Ausl.

18 § 1797 BGB. Mehrere Vormünder führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Bei einer Meinungsverschiedenheit entschei­ det das Vormundschaftsgericht, sofern nicht bei der Bestellung ein Anderes bestimmt wird. Das Vormundschaftsgericht kann die Führung der Vormund­ schaft unter mehrere Vormünder nach bestimmten Wirkungskreisen verteilen. Innerhalb des ihm überwiesenen Wirkungskreises führt dann jeder Vormund die Vormundschaft selbständig. Bestimmungen, die der Vater oder die Mutter für die Ent­ scheidung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den von ihnen benannten Vormündern und für die Verteilung der Geschäfte un­ ter diese nach Maßgabe des § 1777 BGB. getroffen hat, sind von dem Vormundschaftsgerichte zu befolgen, sofern nicht ihre Befol­ gung das Interesse des Mündels gefährden würde. Vgl. § 1629 BGB. über den Antrag auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Vater, dem die Sorge für die Person, und einem Pfleger, dem die Sorge für das Vermö­ gen des Kindes zusteht. Die Zuständigkeit bemißt sich nach § 35 FGG. (sachlich) und 8 36 FGG. (örtlich).

19

4.

Antrag ter ÄintSroutter auf Einleitung ter Lsrmuudschast. München,

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts München.

am 24. Mai 1927.

Vor dem unterfertigten Gerichtsschreiber erscheint Henle die ledige, volljährige Kellnerin Barbara Müller

ÖOlt

Pasing, Schrollstrab« 4/11,

dem

Unterfertigten persönlich bekannt, und erklärt: Ich habe am l. April 19r? in München Maro24/i. r. außerehelich ein Kind geboren, welches auf den Namen „Anton,«" getauft wurde. stratze

Als natürlichen Vater desselben bezeichne ich den . Schenbbellner Sebastian Huber in Ramerodorf, H,.-Nr. 23.

Da bis jetzt eine Vormundschaft für mein Kind nicht eingeleitet wurde, stelle ich an das Amtsgericht München dessen Zuständig­ keit als Vormundschaftsgericht gemäß § 36 des FGGes. durch den Umstand begründet ist, daß ich und damit das Mündel in Pasing meinen Wohnsitz habe, den An t r ag:

„Das Amtsgericht wolle in vorbe­ zeichneter Sache die Vormundschaft ein­ leiten". Als Vormund für mein Kind bringe ich

den

Malermeister

Gottfried

Maistraße 3, meinen Bruder, tlt

Müller in München.

Vorschlag.

Schließlich bemerke ich noch, daß sich das Kind zur Zeit bei der Milchhündlerin Anna Dandl in Pasing, Gernerstraße 2, in Wart und Pflege befindet. Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben. Barbara Müller. Huber, ObersekretLr.

20 Für die Vormundschaft ist dasjenige Gericht zuständig, in des­ sen Bezirke der Mündel zu der Zeit, zu welcher die Anordnung der Vormundschaft erforderlich wird, seinen Wohnsitz oder in Er­ mangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat. Wird die Anordnung einer Vormundschaft über Geschwister erfor­ derlich, die in den Bezirken verschiedener Bormundschaftsgerichte ihren Wohnsitz oder ihren Aufenthalt haben, so ist, wenn für einen der Mündel schon eine Vormundschaft anhängig ist, das für diese zuständige Gericht, andernfalls dasjenige Gericht, in dessen Be­ zirke der jüngste Mündel seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt hat, für alle Geschwister maßgebend. Für die Vormundschaft über einen Minderjährigen, dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, (Findelkind) ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Minderjährige aufgefunden wurde. - 8 36 FGG. Vgl. 88 1773—1908 BGB., über Wohnsitz 88 7—11 BGB. Die einmal begründete Zuständigkeit wird durch Umstände, welche nach Einleitung der Vormundschaft eintreten, nicht auf­ gehoben. Ein anderes Gericht kann nur nach 8 46 FGG. zur Füh­ rung der Vormundschaft berufen werden; d. h. aus wichtigen Gründen kann die Vormundschaft mit Zustimmung des Vormunds an ein anderes Gericht abgegeben werden, wenn dieses Gericht sich zur Übernahme der Vormundschaft bereit erklärt.

21

s.

verhaMimg zwischen Later and Matter eines ««ehelichen KindeS.

V. V. 52/ 1927.

(Form VI.)

Amtsgericht München.

München, beit

4. Januar 1927.

Protokoll in Sachen: Vormundschaft über Ad-m m-in», außereheliches Kind der volljährigen, Ursula Meiner von Pasing.

Gegenwärtig: Maier,

Lber-Amtsrichter. Sekretär Hartl,

Gerichtsschreiber.

ledigen Taglöhnerin

Es erschienen: 1.

di« Älnbemulltr, bi« lebige, volljährig« Taglöhnerin

Ursula Mainer von Pasing,

2. Joseph Schubert, von Weich«.

Bräugehilfe,

ledig und volljährig

Di« Erschienene uttui« Mai,«« ist dem Rich­ ter p«rsönuch bekannt.

Die Persönlichkeit d«» Bräug«hiif«» Schubert wurde durch seinen Militärpaß festgestellt. ®te

2os«ph

Kindesmutter Ursula Mainer Ctstttlt *

Ich habe am 12. D«z«mb«r 19r« in Pasing un­ ehelich ein Kind namens MamMai»«« geboren, dessen natürlicher Vater der Bräug«hiif« Johann Echuberl ist.

Gegen den unehelichen Vater werden folgende Ansprüche erhoben: 1. Anerkennung der Vaterschaft;

2. die Gewährung des der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalts an das Kind; als Unterhalt soll dem Kinde von seiner Geburt bis zur Vollendung des sechzehnten Lebensjahres eine im voraus am 1. eines jeden Kalenderoi.rt.ij-h««, fällige Geldrente von »i.ri«ljährlichsoRM.-mitW»rt«nn.unzig RM.- entrichtet werden. An rück-

22 ständigen Beträgen werden verlangt die Alimente vom 12. Dezember 1926 bis 1. Januar 1927 mit 18 RM. — achtzehn RM.

überdies soll der uneheliche Vater ver­ pflichtet sein, das Schul-und Lehrgeld, sowie die h-iben Krankheits- und Beer­ digungskosten, falls das Kind während der bezeichneten Zeit erkranken oder sterben sollte, zu tragen.

3. Die Kosten der Entbindung im Betrage von so RM. — dreißig «M. 4. Die Kosten des Unterhalts der Mutter für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung,da» ist für die Zelt eom 12. Dejtmber 1926 dl» in«. 20. Januar 1927 im

Betrage

V0N 70 RM.

— mit Worten — siebzig RM.

5. Alspersönliche Entschädigung der Mutter für die Ansprüche aus der BeiwohNUNg wird znniichst eine bestimmte Enmm« nicht verlangt, die Kindesmutter behält sich aber Hierwegen ihre Ansprüche vor.

Dräugehilfe Joseph Schubert

von Weichs

klärt:

Ich erkenne an, der Vater des von der Taglöhnerin

Ursula

Mainer

am

12. Dezember

1927

geborenen unehelichen Kindes namens Ad-m Mainer zu sein und als solcher gesetzlich ver­ pflichtet zu sein, für das Kind den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt zu gewähren.

Ich

verpflichte

mich

zu sämtlichen vorstehend

von mir verlangten Leistungen, oder zur Bezahlung eines jährlichen Unterhaltsbeitrages von 360 RM. — dreihundertsechzig RM. — von der Geburt des Kindes bis zur Vollendung des sechzehnten Lebensjahres in vierteljährigen Geldraten zu neunzig RM., ferner zur Tragung des Schul- und Lehrgeldes, sowie der Krank­ heits- und Beerdigungskosten, falls das Kind während der bezeichneten Zeit erkranken oder sterben sollte, endlich zur Bestreitung der Entbindungskosten zu dreißig RM.

23 und zur Begleichung der Kosten be» Unterhalts der Mu 11e r für die erstensechs Wochen nach der Entbindung im Betrage non siebzig Mark.

Wegen der Erfüllung dieser Verbind­ lichkeit unterwerfe ich mich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde.

Die Kindesmutter erklärt sodann: Ich nehme diese Erklärung und das Zahlungsversprechen vorbehaltlich der Ge­ nehmigung des Vormundes an und bitte um die Genehmigung des Vormundschafts­ gerichts. Zugleich beantragen die Erschiene­ nen, daß die Anerkennung der Vaterschaft im standesamtlichen Geburtsregister ver­ merkt werde.

Das Kind befindet sich in Pflege bei dem Ökonomen Peter Sauer in Starnberg, einem Ver­ wandten der Mutter; es ist in genügender Weise für besten Wohl gesorgt; ich werde, falls eine Änderung der Derhaltniffe eintritt, dem Dormundschaftsgerichte bzw. dem Waisen­ rate Mitteilung erstatten.

Als Vormund bringt die Mutter in Vorschlag ben Privatier Joseph Merkl in München, Kapuzinerstraße Nr. 27/11 r. RG.

In Gegenwart der mitwirkenden Per­ sonen wurde dieses Protokoll den Beteiligten vorgelesen, von ifjiten genehmigt und eigen­ händig unterschrieben. Ursula Mainer. Joseph Schubert.

Verfügung.

I. Mitteilung vom Vaterschaftsbekenntnisse an das Standes­ amt Pasing. II. Vormerkung zur Erholung des Erziehungsberichts für das Jahr 1929. (L. 8.)

Maier, Oberamtsrichter.

Hartl, Sekretär.

24 Eine Vereinbarung zwischen dem Vater und dem Kinde über den Unterhalt für die Zukunft oder über eine an Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung bedarf der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Ein unentgeltlicher Verzicht auf den Unterhalt für die Zu­ kunft D nichtig. — § 1714 BGB. — Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbin­ dung sowie die Kosten des Unterhalts für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung weitere Aufwendungen notwendig werden, auch die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen. Den gewöhnlichen Betrag der zu ersetzenden Kosten kann die Mutter ohne Rücksicht auf den wirklichen Aufwand verlangen. Der Anspruch steht der Mutter auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder wenn das Kind tot geboren ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren. Die Verjährung be­ ginnt mit dem Ablaufe von sechs Wochen nach der Geburt des Kindes. — § 1715 BGB. — Erscheinen im Termine die Mutter und der uneheliche Vater, so ist über die Ansprüche der Mutter und des Kindes mit dem unehelichen Vater zu verhandeln und hierüber ein Protokoll aufzunehmen.

Zu Nr. 6. Es ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß bei der Entgegennahme der Erklärungen der Kindsmutter deren Alter erhoben wird, da die Kindsmutter, wenn sie minderjährig ist, eines gesetzlichen Vertreters bedarf. Zur Einleitung der Vormundschaft über ein außereheliches Kind ist das Gericht des Wohnsitzes der außerehelichen Mutter zuständig, was im allgemeinen nicht bloß für bayerische Staats­ angehörige, sondern auch für andere Deutsche gilt, sowie für Aus­ länder, soweit über solche gemäß Art. 23 EGzBGB. überhaupt Vormundschaft angeordnet werden kann. Ist kein Wohnsitz vor­ handen, so ist das Gericht des Aufenthaltsortes zuständig. Durch Änderung des Wohnsitzes der außerehelichen Mutter wird die einmal begründete Zuständigkeit nicht berührt. In besonderen Fällen können Zweckmäßigkeitsgründe für die Bestimmung des zuständigen Gerichts maßgebend sein, weshalb die Vormundschaft dann von einem anderen Gerichte übernommen und fortgeführt wird. Erscheint der uneheliche Vater nicht, so ist zu Protokoll zu erheben, welche Ansprüche die Mutter und das Kind gegen den Vater geltend machen.

25

6. Lerhandlimg mit der Mutter eine» unehelichen Kindes. (Form. Via.)

V. B. 52/1927. Amtsgericht

München,

den

20. Februar

1927.

München.

Protokoll in Sachen: Vormundschaft über Johann Dauer, uneheliches Kind der ledigen, volljährigen Köchin Gegenwärtig:

Mathilde Bauer U0N

Pasing.

Maier,

Ober-Amtsrichter; Referendar Klein,

Gerichtsschreiber.

Es erschein« auf Ladung: die Kindes­ mutter Mathilde Bauer, ledig«, volljährige Köchin in Pasing, wohnhaft Freibadstraße Nr. 4/11. Die Erschienene ist dem Richter nicht be­ kannt. Die Persönlichkeit wird durch Dorzetgung der Ladung festgestellt.

Die

Mathilde Bauer

erklärt:

Ich habe am lö. Januar 1927 in Pasing unehelich ein Kind namens Johann Bauer ge­ boren, dessen Vater der Buchhalter Eugen Müller in München, Eluirastraß« 27/11 r. ist. Gegen den unehelichen Vater werden folgende Ansprüche erhoben:

1. Anerkennung der Vaterschaft; 2. die Gewährung des der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalts an das Kind; als Unterhalt soll dem Kinde von seiner Geburt bis zur Vollendung des sechzehnten Lebensjahres eine im voraus am ersten jedes Kalender»ierteu-hr» fällige Geld« rente von -««rteljährlich neunzig» entrichtet werden. Ueberdies soll der uneheliche Vater ver­ pflichtet sein, das ganze Schul- und Lehrgeld, sowie die ganzen KleidUNgskosteN, die ganzen

26

Krankheits- und Beerdigungskosten, falls das Kind während der bezeichneten Zeit erkranken oder sterben sollte, zu tragen; 3. die Kosten der Entbindung im Be­ trage von fünfotg 9tm. zu zahlen; 4. die Kosten des Unterhalts der Mutter für die ersten sechs Wochen nach der Ent­ bindung im Betrage von stetig «m. zu leisten; 5. als persönliche Entschädigung der Mutter für die Ansprüche aus der Bei­ wohnung ben Betrag non fünfhundert RM. jU bkstreiten. Unterwerfung unter die sofortige Zwangs­ vollstreckung wegen Erfüllung dieser Ver­ bindlichkeiten wird verlangt. Ich beantrage, daß die seinerzeitige An­ erkennung der Vaterschaft im standesamt­ lichen Geburtsregister vermerkt wird.

Das Kind befindet sich in Pflege bei den Eltern der Kindsmutter, den Bauerseheleuten Joseph und Anna Bauer in Planegg; ks ftHlb M bet katholischen

Religion erzogen. Als Vormund bringe ich in Vorschlag den verheirateten Oekonomen Joseph Brunner Schützenstraße Nr. 4.

in Pasing,

Ich bin bayerisch« Staatsangehörige und Pasing wohnhaft. In Gegenwart der mitwirkenden Person wurde dieses Protokoll vorgelesen, von ihr genehmigt und eigenhändig unterschrieben.

in

Mathilde Bauer.

Amtsgericht. (£. S.)

Mai«.

Klein.

27

7.

Prst-ksll über >nl BaterschislSbekeuutitiS des AiadeSvaterS. (Form. VIII.)

B. B. 142/1927.

Amtsgericht

München, bett

1. März 1927.

München.

Pr-t-koll in Gegenwärtig: Maier,

Ober-Amtsrichter. Referendar Hurt,

st. Gerichtsschreiber.

Sachen: Vormundschaft über Johann uneheliches Kind der ledigen, volljährigen

Bauer,

Köchin Mathilde Bauer

Es erschien halter Eugen Müller

t)Otl

Pasing.

auf Ladung der ledige, volljährige Buch­

Nl)N

München,

wohnhaft

Elvira-

straße Nr. 27/11 r. D-r

Erschienene ist dem Richter nicht be­

kannt.

Die Persönlichkeit de- Erschienenen wurde daher durch dessen Milttärpaß sowie die Ladung festgestellt.

5D(?t Buchhalter Eugen Müller erklärt (Ulf 93c* kanntgabe des Akteninhalts: Ich erkenne an, der Vater des von der Köchin Mathilde Dauer oo» Pasing NM

15. Januar 1927

unehelichen Kindes, namens zu sein, und deshalb verpflichtet zu sein, für das Kind den der Lebens­ stellung der Mutter entsprechenden Unter­ halt zu gewähren. geborenen

Johann Bauer

Ich verpflichte mich zu sämtlichen im Protokolle vom u. F-bru-r 1927 von mir ver­ langten Leistungen und zwar dem Kinde «an seiner Geburt bis zur Vollendung seines sechzehnten Lebensjahres als Unterhalt eine im voraus zu entrichtende Geldrente von neunzig RM. vierteljährlich, die rückständigen Beiträge mit dreißig RM. bis 1. März 1927, die künftig fällig werdenden am 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober jeden Jahres, das (halbe) Schul- und Lehrgeld sowie die Krankheit«- und Beerdigungskosten zu bezahlen, ferner fünfzig RM. Ent-

28 bindungskosten und siebzig RM. Sechswochenkosten für die Kindesmutter zu bestreiten.

Wegen der Erfüllung der Verbindlich­ teilen unterwerfe ich mich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. In Gegenwart der mitwirkenden Person wurde diese» Protokoll vorgelesen, von ihr genehmigt und eigenhändig unterschrieben. Eugen Müller, Buchhalter.

Amtsgericht. (L. 8.)

Maier.

Hurt.

Der uneheliche Vater ist über die Ansprüche des Kindes zu vernehmen; zur Ladung dient das Formular VII. Das Formu­ lar VIII dient als Muster für das mit dem unehelichen Vater in diesem Falle aufzunehmende Protokoll. Wer seine Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkennt, kann sich nicht darauf berufen, daß ein anderer der Mutter innerhalb der Empfängniszeit bei­ gewohnt habe. — § 1718 BGB. — Die Anerkennung hat den Verlust der Einrede der mehreren Beiwohner zur Folge. Eine Vereinbarung zwischen dem Vater und dem Kinde über den Unterhalt für die Zukunft oder über eine an Stelle des Unter­ halts zu gewährende Abfindung bedarf der Genehmigung des Bormundschaftsgerichts. Ein unentgeltlicher Verzicht auf den Unterhalt für die Zu­ kunft ist nichtig. — § 1714 BGB. — Im Falle der Anerkennung der Vaterschaft ist zu veranlassen, daß ein Beteiligter, z. B. der Vormund oder die Mutter bean­ tragt, die Feststellung der Abstammung gemäß § 26 des Personen­ standsgesetzes am Rande der über den Geburtsfall vorgenommenen Eintragung zu vermerken. Die Mitteilung an den Standesbeamten geschieht unter Ver­ wendung von Form. IX. JMBl. 1900 S. 237. Die Anerkennung der Vaterschaft kann nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen angefochten werden, z. B. wegen Irrtums des Anerkennenden über das Datum des Beischlafaktes. — Vgl. §§ 119, 123 BGB. —.

29

8. Berhandlimg mit der R«tter und dem Vormund eines uneheliche« Kindes. München,

V. V. 142/1927.

ben

14. Februar 1927.

Amtsgericht München.

Protokoll betr. die Vormundschaft über Johann B-uer, un­ eheliches Kind der ledigen volljährigen Köchin Mathilde Bauer t)OH Pasing.

Gegenwärtig:

Es finden sich ein:

Maier,

1. Kindesmutter: Malhilde Bauer, ledige Köchin, 29 Jahre alt, katholisch, wohnhaft in Pasing, Fretbadstraße 4/11, verfügungsfähig.

Ober-Amtsrichter. Sekretär Geist,

Gerichtsschreiber.

2. als SSorniUUb: Joseph Brunner, Ökonom, verheiratet, 40 Jahre alt, katholisch, wohnhaft in Pasing, Schlltzenstraße 4, verfügungsfähig.

Die Persönlichkeit der Erschienenen wird festgestellt in Ansehung der Kindesmutter durch die vorgezeigte Ladung, in Ansehung des Vormunds durch eine unterm 2. Januar 1927 ausgestellte Jagdkarte. Ökonom Joseph Brunner von Pasing foH als

munb für Johann bestellt werden.

Bauer, geboren am 15. Januar 1927

Der Bestellung steht, soviel ermittelt ist, keiner der in den §§ 1780 bis 1784 des BGB. bezeichneten Hinderungsgründe ent­ gegen. Joseph Brunner wurde deshalb zu treuer und gewissenhafter Führung des Amtes mittelst Handschlages an Eidesstatt ver­ pflichtet. Eine Bestallung wurde ihm ausgehändigt — soll ihm übersendet werden. — Derselbe wurde darauf hingewiesen, daß die Bestallung bei der Beendigung des Amtes des Vor­ mundes zurückgegeben werden muß.

30

Hierauf wurden mit ihm die Verhältnisse de»Mündel, durchgesprochen; «wurde dabei über seine Pflichten und seine Verantwort­ lichkeit, insbesondere über die Pflicht zur Einreichung desVerzeichnisses desBermögens b« Mündel», zur Hinterlegung der Wert­ papiere und zur Rechnungslegung belehrt und darauf hingewiesen, daß der Vormund dem Gemeindewaisenrat jeden Wechsel im Aufenthalt des Mündels anzeigen muß. Als Vater des Kindes wird von der Kindesmutter der ledig«, volljährige Buchhalter Engen Müller in München, Elviraftraße Nr. 27/11 r. bezeichnet.

Gegen ihn werden von der Kindesmutter und dem Vormund folgende Ansprüche er­ hoben : 1. Anerkennung der Vaterschaft; L.Gewährung des der Lebensstel­ lung der Mutter entsprechenden Unter­ haltes an das Kind; als Unterhalt soll dem Kinde von seiner Geburt bis zur Vollendung des sechzehnten Lebensjahres eine im voraus am ersten jedes Kalender­ vierteljahre, fällige Geldrente von vierteljährlich neunzig RM. entrichtet werden. An rückständigen Beträgen werden verlangt dreißig 3. Bezahlung des halben Schul- und Lehrgeldes, sowie der Krankheits- und Beerdigungskost en, falls das Kind während der bezeichneten Zeit erkranken oder sterben sollte; 4. Bezahlung der Kosten der Entbindung int Betrage von sünszig 5. Bezahlung der Kosten des Unter­ halts der Mutter für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung im Betrage von siebzig RM.;

31 6. Alspersönliche Entschädigung der Mutter für die Ansprüche aus der Beiwvhnnng werben zunächst Anforderungen nicht gestellt doch wird auf solche auch nicht verzichtet.

Wenn Eugen Müller die Vaterschaft zu dem Kinde anerkennt und sich zur Erfüllung aller vorstehend von ihm beanspruchten Leistungen verpflichtet, nehmen die Erschie­ nenen das allenfallsige Vaterschaftsbekennt­ nis und Zahlungsversprechen im Voraus an und verzichten auf Mitteilung der Ge­ nehmigung des Vormundschaftsgerichtes.

Die Erschienenen beantragen, daß das Vaterschaftsbekenntnis im standesamtlichen Geburtsregister eingetragen wird. Das Kind ist da«h»uscher Religion und be­ findet sich in Pflege bei ben eitern der Kinde,mutter, den Dauerseheleuten Joseph und Anna Dauer in Planegg und ist in genügender Weise für dessen Wohl gesorgt.

In Gegenwart der mitwirkenden Per­ sonen wurde dieses Protokoll den Betei­ ligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben. Mathilde Dauer.

Joseph Brunner.

Amtsgericht. (L. S.)

«Dinier.

Seist.

Vorausgesetzt wird, daß der Vater der Kindesmutter die Über­ nahme der Vormundschaft abgelehnt hat. Ein Beamter oder Religionsdiener, der nach den Lan­ desgesetzen zur Übernahme der Vormundschaft einer besonderen Erlaubnis bedarf, soll nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubnis als Vormund aufgestellt werden. Doch wäre die Bestellung auch ohne Erlaubnis gültig; § 1784 BGB. Über die Berufung zur Vormundschaft vgl. § 1776 BGB., über die Bedeutung der Be­ rufung § 1778 BGB., über die übernahmepflicht § 1785 BGB. Für die Bestallung des Vormundes wird 1 Mk. Gebühr erhoben, wenn das Mündelvermögen 3000 Mk. oder mehr beträgt (Art. 81 bahr. MostGes.).

32

Übereinkommen bei außerehelicher Vaterschaft.

9. B. B.

München, beit

142/1927.

16. Februar 1927.

Amtsgericht München.

Protokoll betr. die Vormundschaft über Johann sauer. Uneheliches Kind der ledigen, vollsöhrlgen Köchin Mathilde Dauer

Gegenwärtig: Maier,

Ober-Amtsrichter. Referendar Gürtel,

Gerichtsschreiber.

ÜOtt Pasing.

Es finden sich ein:

1. Kindesmutter:

Maihilde Bauer, ledige Köchin, 29 Jahre alt, katholisch, wohnhaft in Pasing, Freibadftratze Nr. 4/11, verfügungsfähig.

2. Kindesvater:

Eugen Müller, lediger Buchhalter,

30 Jahre alt, protestantisch, wohnhaft in München, Elvirastraße Nr. 27/11 r., verfügungsfähig.

3. Sormitnb: Derfügung.

1. Mitteilung des Daterschaftsbekenntnisies an das Standesamt. 2. Mitteilung an den Gemeindewaisenrat.

3. Dormerkungsbogen.

4. Offizialbetrieb für Februar 1929 (Er­ ziehungsbericht).

München, 20. Febr. 1927. Maier.

Joseph

Brunner,

Ökonom,

ver­

heiratet, katholisch, wohnhaft in Pasing, Schützenstraße Nr. 4, verfügungsfähig.

Die Persönlichkeit der Erschienenen wurde festgestellt durch Sachkunde und durch den Besitz der Ladung. Ökonom Joseph Brunner

foß als ÄvrMUNd für das von der Mathilde Bauer am 15. Januar 1927 unehelich geborene Kind Johann Bauer bestellt werden. Der Bestallung steht, soviel ermittelt ist, keiner der in den §§ 1780 bis 1784 des BGB. bezeichneten Hinderungsgründe ent­ gegen. Ökonom Joseph Brunner Wurde deshalb )N treuer und gewissenhafter Führung desAmtes mittelst Handschlages an Eidesstatt ver­

pflichtet.

Eine Bestallung wurde ihm ausgehändigt — soll ihm übersendet werden. — Derselbe wurde darauf hingewiesen, daß die Be-

33

stallung bei der Beendigung des Amtes des Vormundes zurückgegeben werden muß. Hierauf wurden mit ihm die Verhältnisse de« Mündel, durchgesprochen; «wurde dabei über fei« Pflichten und feine Verantwort­ lichkeit, insbesondere über die Pflicht zur Einreichung des Verzeichnisses des Ver­ mögens de, Mündel,, zur Hinterlegung der Wertpapiere und zur Rechnungslegung be­ lehrt und darauf hingewiesen, daß der Vor­ mund dem Gemeindewaisenrat jeden Wechsel imAufenthaltede, Mündel, anzuzeigen habe. Als Vater des Kindes wird von der Kindesmutter der miterschienene »n^aiter Eugen Müller in München bezeichnet.

Gegen ihn werden von der Kindes­ mutter und dem Vormunde folgende An­ sprüche erhoben: 1. Anerkennung derVaterschaft; 2. die Gewährung des der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalts ait das Kind; als Unterhalt soll dem Kinde von seiner Geburt bis zur Vollen­ dung des sechzehnten Lebensjahres eine im Voraus am ersten jeden Kalender»««ieljahre, fällige Geldrente von jährlich zweihundert RM. entrichtet werden. An rückständigen Beträgen werden verlangt ,wan,>, RM; 3. Bezahlung des halten Schul- und Lehrgeldes, sowie der ganzen Krankheits- und Beerdigungskosten, falls das Kind während der bezeichneten Zeit erkranken oder sterben sollte; 4. Bezahlung der Kosten der Entbin­ dung im Betrage von dreißig «M.; 5. Bezahlung der Kosten des Unter­ haltes der Mutter für die ersten sechs K ö ß l e r, Handbuch für die Praxis.

4. Aufl.

Z

34

Wochen nach der Entbindung im Betrage von

achtzig RM.

6. Als persönliche Entschädigung der Mutter für die Ansprüche aus der Beiwohnung dreihundert RM. ffinbeeeotet Eugen Müller erklärt!

Ich erkenne die Vaterschaft zu vorbe­ zeichnetem Kinde an und verpflichte mich zur Erfüllung der sämtlichen vorstehend von mir verlangten Leistungen mit A «»nähme der persönlichen

Entschädigung der Mutter für die Ansprüche

aus der Beiwohnung zu dreihundert RM.

Wegen der Erfüllung dieser Verbind­ lichkeiten unterwerfe ich mich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. Der Vormund und die Kindesmutter nehmen das Vaterschaftsbekenntnis und Zahlungsversprechen des Kinde»«-,er-Eug«« Müller an und beantragen die Genehmigung der Vereinbarung durch das Vormundschafts­ gericht, welche den Beteiligten sofort er­ öffnet wurde. Die Eintragung des Vaterschaftsbekennt­ nisses im standesamtlichen Geburtsregister wird von den Erschienenen beantragt. Das Kind ist katholischer Religion und befindet sich in Pflege bei dem Bruder der Kinde»mutter, dem Ökonomen Joseph Bauer in Planegg und ist

in genügender Weise für besten Wohl gesorgt.

In Gegenwart der mitwirkenden Per­ sonen wurde dieses Protokoll den Betei­ ligten vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhändig unterschrieben. Mathilde Bauer.

Eugen Müller. Joseph Brunner.

Amtsgericht. (L. S.)

M-irr.

»Urtel.

35

Daß die Amtsgerichte zur Aufnahme der öffentlichen Urkunde, in welcher die Vaterschaft anerkannt wird, zuständig sind, ist im § 167 Abs. 2 des FGG. bestimmt. Nach Art. 15 Abs. 2 des AG. z. GVG. in der Fassung des Art. 167 des AG. z. BGB. sind die Amtsgerichte — nicht nur das Vormundschaftsgericht — neben den Notaren auch zuständig für die Beurkundung von Verein­ barungen zwischen dem Vater eines unehelichen Kindes und diesem über den Unterhalt für die Zukunft oder über eine an Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung, sowie für die Beurkundung einer Vereinbarung zwischen dem Vater eines unehelichen Kindes und der Mutter über die der Mutter aus der Beiwohnung und der Entbindung entstandenen Ansprüche, sofern diese Vereinbarung mit der Vereinbarung über den Unterhalt des Kindes in derselben Urkunde verbunden wird. Die Zwangsvollstreckung ist aus einer solchen Vereinbarung nur möglich, wenn der Schuldner sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Das Gericht wird daher darauf hinzuwirken haben, daß der uneheliche Vater die Unterwersungserklärung abgibt. Zur Beurkundung der im vorstehenden Absätze bezeichneten Vereinbarungen genügt es, wenn zunächst der Antrag und sodann die Annahme des Antrags von einem Gerichte beurkundet wird. Die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Verein­ barung ist also z. B. möglich, wenn die Mutter und der Vormund vor dem Bormundschaftsgerichte, der Vater aber vor einem er­ suchten Gerichte die Erklärungen abgegeben haben. Vgl. 88 1718, 1720, 128 BGB., § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. JMBl. 1900 S. 186, 187. Regelmäßig werden alle 2 Jahre vom Vormundschaftsgerichte von den Vormündern Erziehungsberichte eingefordert; der Bericht soll Aufschluß über den Aufenthalt, den Unterhalt, die Verpflegung, die Aufführung, den Schulbesuch und die Gesund­ heit des Mündels erteilen. In vielen Fällen ergibt sich hierbei die Legitimierung des Kindes durch Ehelickmng der Eltern, welche seitens der Standesämter oftmals nicht rechtzeitig mitgeteilt wird. Die Mitteilung der Anerkennung der Vaterschaft an das Standesamt erfolgt durch das Gericht nach Form. IX des Vor­ mundschaftswesens. Vgl. JMBl. 1900 S. 237.

36

10.

Einvernahme des Kindsvaters bei teilweiser ZnstimmnngSerklärnng.

B. B. 142/1927.

München, den 3. Mürz 1927.

Amtsgericht München.

Protakoll betr. die Vormundschaft über 2-han» B-u«, Uneheliches Kind

der kbigen,

volljährigen Köchin

Mathilde Bauer VOU Pasing.

Gegenwärtig: Maier,

Ober-Amtsrichter. Eekr. Schütz,

Gerichtsschreiber.

@8 erscheint

auf

Ladung der

ledige, volljährige

Buchhalter Eugen Müller ÜOlt München, wohnhaft Eloira-

straße Nr. 27/11 r.

Der Erschienene ist dem Richter... bekannt. Der Buchhalter Eugen Müller

erklärt

auf

S3e
mit dem Anträge

erkennen: I. Es wird festgestellt, daß das Eigentum

an der

II. Die

Nähmaschine

dem Kläger zusteht.

Beklagte» haben

die

Kosten

des

Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Vorgelesen,

genehmigt, unterzeichnet. Johann Wieser.

Herz, Sekretär.

561 Hauptintervention: Wer eine Sache oder ein Recht, worüber zwischen anderen ein Rechtsstreit anhängig ist, für sich beansprucht, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits Klage gegen beide Parteien erheben (§ 64 ZPO.). Nach rechtskräftiger Entscheidung Widerspruchsklage nach § 771 ZPO. Aussetzung des Hauptprozesses bei der Hauptintervention: §8 65, 148, 252 ZPO.; auch Verbindung beider Prozesse möglich: § 147 ZPO. Vollmacht: § 82 ZPO. Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen: § 103 GVG. Zustellung der Klage an die Prozeßbevollmächtigten des Haupt­ prozesses: § 186 ZPO. Gebühren: wie im ordentlichen Prozeßverfahren.

Kößler, Handbuch für die Praxis.

4. Ausl.

36

562

255.

Ne-eu-Juterveutiorr.

Aktenzeichen

A.

Baunach,

20/27.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

ÜM

1. Februar

In Sachen Münster Franz, Kaufmann in Burg, Kläger,

Daunach.

gegen Auer Egid, Schneider daselbst,

Beklagte»,

wegen

Forderung, erscheint Wieser Joseph, händler in Baunach UNd erklärt:

a) wenn der Nebeninter­

venient dem Kläger beitritt.

1927.

Unter­

Kläger hat gegen Beklagte» wegen Klage (Ulf Zahlung eines KaufschillingO

Forderung,

von 300 RM. für geliefert- Stoffe gestellt.

Beklagter be­

zahlt jedoch nicht und behauptet, die Stoffe wären schadhaft gewesen. Für die Vermittelung des Kaufgeschäftes steht mir vom Kläger eine Provision von 50 RM. zu; Kläger ver­

weigert mir auch Zahlung dieser Provision, bis er das Geld

vom Beklagten erhalten hat.

b) wenn der Nebeninter­ venient dem Beklag­

ten beitritt.

Ich trete, da ich am Ausgange dieses Rechtsstreites ein rechtliches Interesse habe, gemäß § 66 ZPO. dem Kläger als Neben­ intervenient bei. Da Beklagter in Güte nicht bezahlte, hat Kläger, da ich

mich für die Schuld des Beklagten verbürgt hatte, mir von der aus dem Verkaufe des Anwesens Hs.-Nr. 10 in Burg vertragsmäßig zustehenden Provision von 600 RM.

300 RM, abgezogen.

Die Schuld ist also bereits vollständig

getilgt.

Ich trete, da ich am Ausgange des Rechtsstreites ein rechtliches Interesse habe, dem Beklagten als Nebenintervenient bei.

Beweismittel:

Abrechnung, Lid.

Vorgclesen, genehmigt, unterzeichnet. Joseph Wieser.

Herz, Sekretär.

Wer ein rechtliches Interesse daran hat, daß in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. Die

563

Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung desselben auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels erfolgen (§ 66 ZPO.). Der Neben­ intervenient muß den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in wel­ cher sich dieser zur Zeit seines Beitritts befindet (§ 67 ZPO.). Der Beitritt der Nebenintervention erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes, der zu enthalten hat: die Bezeichnung der Par­ teien und des Rechtsstreits, die bestimmte Angabe des Interesses, welches der Nebenintervenient hat, die Erklärung des Beitritts (§ 70 ZPO.). Ter Nebenintervenient ist nicht der gesetzliche Vertreter der Hauptpartei, sondern deren Gehilfe, aber kraft eigenen Rechts und mit der Folge, daß seine prozessualen Schritte nach § 67 ZPO. geradeso wirken, wie wenn sie die Hauptpartei selbst vorgenommen hätte. Im Amtsgerichtsprozeß erfolgt der Beitritt durch schriftliche Einreichung bei Gericht oder durch Erklärung zu Protokoll des Gerichtsschreibers (§ 496 Abs. II ZPO.). Im Landgerichtsprozeß besteht Anwaltszwang (§ 78 ZPO.). Der Schriftsatz muß beiden Parteien zugestellt werden. Kosten: § 101 ZPO.

564

256. Antrag auf Zurückweisung der Nebeu-Juterveutiou. Aktenzeichen

Baunach, UM 10. Februar 1927.

20/27.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Baunach.

In Sachen Münster Franz, Kaufmann in Burg, Kläger,

gegen Auer Egid, Schneider daselbst, Beklagten,

wegen

Forderung,

Unterhändler

erscheint

Joseph Wieser

Kläger ist

und erklärt:

dem

Beklagten

als

Nebenintervenient beigetreten. Die Bürgschaft des Intervenienten besteht nicht mehr; Wieser erklärte mir, er könne für Beklagten keine Bürgschaft

leisten, worauf ich ihm erwiderte, ich werde dann mit Be­ klagtem schon allein fertig.

Unrichtig ist, daß ich dem Joseph

Wieser 300 RM. an einer Provision wegen der Schuld des Beklagten abzog; der Abzug erfolgte, weil das verkaufte

Anwesen um einen geringeren Kaufschilling veräußert wurde,

als vereinbart war.

Ich stelle gemäß § 71 ZPO. den An­ trag: „die Intervention zurückzuweisen und den Nebenintervenienten in die Kosten zu verurteilen." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben: Franz Münster.

Herr, Sekretär.

über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach vorgängiger mündlicher Verhandlung unter den Par­ teien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebeninter­ venient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht. Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt. Solange die Unzulässigkeit der Intervention nicht rechtskräftig ausgesprochen, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen (§ 71 ZPO.). Glaubhaftmachung: § 294 ZPO. Kein Bersäumnisurteil gegen den nicht erschienenen Neben­ intervenienten bei Erscheinen der Hauptpartei. Gebühren: Gerichtsgebühr nur dann, wenn durch Zwischen­ urteil über die Zulässigkeit entschieden ist und zwar volle Urteils­ gebühr (§ 20 Ziff. 3 GKG.); Anwaltsgebühr 3/10 (§§ 23 Zisf. 1, 29 Ziff. 2 RAGO.).

565

257.

Streitverkündung.

Aktenzeichen A. 39/27.

München, UM 10. Februar 1927.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

Sachen Bauer Franz, Ökonom in Pasing, Kläger,

gegen

München.

Fischer Christian, Gütler in Föhring, Beklagten,

wegen Wandelung, erscheint Beklagter und erklärt: Der Ökonom Franz Bauer hat gegen mich bei hiesigem Gerichte Klage auf Wandelung bezüglich des ihm verkauften Pferdes erhoben,

weil es an Dampf leidet

Verhandlungs-Termin steht an auf 23. Februar 1927 vormittags 10 Uhr. Ich nehme Bezug auf die betreffenden Prozeßakten. Ich habe das betreffende Pferd 3 Tage vor dem Ver­ kaufe an Kläger Franz Bauer ÜVN deM Ökonomen Joseph Müller in Pasing als völlig fehlerfrei für 600 Mk. gekauft

und den Kaufpreis bezahlt.

Da Joseph Müller mir für die Schadlos­ haltung haftet, so verkünde ich >hm gemäß 88 72 ff. ZPO. hiermit den Streit. Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Christian Fischer.

Schroll, Obersekretär.

Streitverkündung §§ 72 mit 74, 841 ZPO. Die Streitverkündung bezweckt, daß eine dritte, am Prozesse selbst nicht beteiligte Person seitens einer Partei von dem Bestehen eines Rechtsstreites benachrichtigt wird, um dem ev. Ersatzpflich­ tigen in der vielleicht gegen diesen zu erhebenden Klage die Einrede des nicht richtig geführten Prozesses abzuschneiden. Im Anwaltsprozesse unterliegt der Schriftsatz dem Anwalts­ zwang, beim Amtsgericht kann die Streitverkündung schriftlich oder zu Gerichtsschreiberprotokoll erklärt werden (§ 496 Abs. II ZPO.). Über die Wirkungen der Streitverkündung vgl. BGB. §§ 485 (Biehmangel), 478 ff. (Mängel verkaufter Sachen), 639 (Werkver­ trag) sowie die §§ 545, 1042, 1166, 209, 215, 942 BGB.

566

L58. Streitverkündung de- Beklagten an dm Dritten. Aktenzeichen A. 24/27.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts München.

München,

NM

15. Februar 1927.

In Sachen Schroll Heinrich, Kaufmann in Pasing,Maistr. 4/0, Kläger,

gegen Miiller Ernst, Kaufmann in Fdhring,

Beklagte«,

wegen Forderung, erscheint heute der Beklagte und erklär« unter Übergabe der Klageschrift: Am 3. Februar l. 2s. wurde ich von dem Kaufmann Heinrich Schroll in Pasing auf Bezahlung von 200 RM. verklagt.

Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits ist aus Montag, den 27. Februar 1927 bei dem Amtsgericht München angesetzt.

Diese Forderung nimmt ein Dritter, nämlich der Gastwirt Joseph Ernst in Pasing, für sich in Anspruch; derselbe hat mir bereits Er­ klärung in Form -«liegenden Brief«, zukommen lassen.

Ich beabsichtige, den Betrag der Forde­ rung zugunsten der streitenden Gläubiger, nämlich des Klägers und des Dritten unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme zu hinterlegen und dann meine Entlassung aus dem Rechtsstreite zu beantragen. Ich verkünde gemäß § 75 ZPO. dem Dritten, Gastwirt Joseph Ernst In P-fing, hiermit den Streit.

Vorgelesen, genehmigt, unterzeichnet. Ernst Müller.

Kohler, Obersekretär.

-

567



Voraussetzung und Wirkung: § 75 ZPO. Die Zulässigkeit des Beitritts des Dritten hängt nicht vom Nachweis eines rechtlichen Interesses ab. Zu hinterlegen ist nicht nur der Betrag der Hauptforderung, sondern auch der der Neben­ forderung. Vgl. 88 372, 376, 378, 1171 Abs. 3 BGB. Es bedarf des Eintritts in eine mündliche Verhandlung, in welcher Kläger, Beklagter und der Dritte anwesend sein müssen. Gebühren: Gerichtsgebühr ist die volle Urteilsgebühr für das über die Entlassung ergehende Urteil (8 20 Ziff. 3 GKG); ebenso volle Anwaltsgebühr, aber nur einmal in jeder Instanz (88 25, 29 Abs. I RAGO.).

568

259.

Eintritt des Dritten in dm Rechtsstreit.

Aktenzeichen A. 24/27.

München,

(XlJt

19. Februar 1927.

Gerichtsschreiberei

3° Sstdjen

des Amtsgerichts

Schroll Heinrich, Kaufmann In Pasing, Malstr. 4/0, Kläger,

gegen

Munch'".

Müller Ernst, Kaufmann in Führing, Beklagten,

wegen Forderung, erscheint vor dem Gerichtsschreider der Gastwirt Joseph Ernst in Pasing, und erklär«: Der Beklagt. Müller hat mir, btt ich die geltend gemachte Forderung für mich in Anspruch nahm, mit Schriftsatz vom 15. Februar 1927 den Streit verkündet und mitgeteilt, daß er den Forderungsbetrag zu de» «mger, «ad meinen Gunsten unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegen und seine Ent­ lassung aus dem Rechtsstreite beantragen werde. Ich nehme die von dem Kaufmann Heinrich Schroll eingeklagte Forderung zu 200 RM. für mich in Anspruch und trete hiermit in den Rechtsstreit ein; die von dem Kläger geltend gemachte Forderung zu 200 RM. steht mir zu, weil Klüger der Püchter meine» Geschäftes war, den Pachtschilling nicht bezahlte und die For­

derung aus dem Verkaufe meines Eigentums herrührte.

Ich werde gemäß § 75 ZPO. bean­ tragen, zu erkennen: I. Es wird festgestellt, daß die von Kläger eingeklagte Forderung mir zusteht;

II. Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits

zu tragen. Vorgelesen, genehmigt, unterzeichnet: Fosef Ernst. Köhler, ObersekretLr.



569

-

Ist der Kläger mit der Entlassung des Beklagten aus dem Rechtsstreit einverstanden, so ist ein Urteil nicht erforderlich; wider­ spricht er, so ist die Entlassung nach vorgängiger mündlicher Ver­ handlung unter den drei Beteiligten durch Urteil auszusprechen; dies ist ein Zwischenurteil, wenn der Antrag auf Entlassung ver­ worfen, ein Endurteil, wenn die Entlassung ausgesprochen wird. Nach Rechtskraft des Endurteils wird der Rechtsstreit zwischen den streitenden Gläubigern allein fortgesetzt; in diesem Endurteil muß ausgesprochen werden, daß der Obsiegende berechtigt ist, den von dem ausgeschiedenen Beklagten hinterlegten Betrag zu erheben. Der Streit zwischen den Gläubigern ist ein Feststellungsstreit, obgleich keine Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO. vorliegt. Gebühren: des Gerichts volle Gebühr als Urteilsgebühr nach § 20 Ziff. 3 GKG.; des Anwalts volle Gebühr, aber in jeder Instanz nur einmal. §§ 25, 29 Abs. I RAGO.

570

Benennung des rechten Besitzers.

260. Aktenzeichen

A.

90/27.

München,

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

Qm 20. Februar 1927.

In Sachen

München.

Narr Heinrich, Kaufmann in Pasing, Maiftraß« 2,

ülägct,

gegen Verfügung: I. Termin zur münd­

lichen

Verhandlung auf

wird

Montag,

den 25. Februar 1927, vormittags 10 Uhr, im Sitzungszimmer Nr. 2

dahier anbe­

raumt. II. Die

Einlassungs­

frist wird auf 2 Tage abgekürzt. München, am 21. Fe­

bruar 1927. Amtsgericht.

Huber.

Murr Ferdinand, Gastwirt in FLhring,

wegen erklär«:

Heran,,-de,

erschein»

der

Beklagten,

Beklagt«

und

Kläger hak mich, als den Besitzer eine, Klaviers, auf Herausgabe verklagt. Ich besitze diese Sache auf Grund eines Rechtsver­ hältnisses, vermöge dessen ich einem Dritten, dem Rentier Gottstied Schulz in Föhrlng, gegen­

über aus Zeit als Nießbraucher (Pfandgliiublger, Mieter, D-rwahrer) zum Besitze berechtigt (ver­ pflichtet) bin. Ich verkünde daher dem Dritten, nämlich dem Rentier Gattfried Schulz, hiermit den Streit und lade ihn, indem ich ihn durch Mitteilung dieses Schriftsatzes an Kläger diesem benenne, zur Erklärung hier­ über vor das Amtsgericht München vor welchem die Hauptsache schwebt, zu dem Verhand­ lungstermin. Die Lage des Hauptprozesses ist folgende: usw.

Ich verweigere nun, bis diese Erklärung erfolgt ist, bzw. bis zum Schlüsse des Termins, in welchem sich d« Benannte zu erklären hat, gemäß § 76 Abs. I ZPO. die Verhandlung zur Hauptsache.

oder:

Ich stelle den Antrag auf Aussetzung und bitte Termin hierauf vor dem Termin

571 der Hauptsache, der auf 2». setru« 19n be­ reits dahier ansteht, anzusetzen und geeig­ netenfalls die Einlassungsfrist entsprechend abzukürzen. Vorgelesen, genehmigt, unterzeichnet. Ferdinand Murr. Köhler, Obersekretär.

Eine besondere Art der Streitverkündung ist die Benennung des rechten Besitzers; ihre Voraussetzungen und Wirkungen sind in § 76 geregelt. Das BGB. unterscheidet hinsichtlich des Besitzes „unmittel­ baren" und „mittelbaren" Besitz. Wer nämlich eine Sache in seiner tatsächlichen Gewalt hat, ist der Besitzer der Sache in unmittel­ barem Besitze; besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfand­ gläubiger, Pächter, Mieter, Frachtführer oder Kommissionär, so ist er selbst unmittelbarer, der andere aber (Vermieter usw.) mittel­ barer Besitzer (§ 868 BGB.). Gebühren: des Gerichts volle Urteilsgebühr für das er­ gehende Urteil nach § 20 Ziff. 3 GKG.; des Anwalts volle Ge­ bühr, jedoch nur einmal in jeder Instanz. (§§ 25,29 Abs. IRAGO.)

572

26t.

ErHLrmrg de« Benannte».

Aktenzeichen A. 90/27.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts München.

München,

llM 26. Februar

1927.

In Sachen Narr Heinrich, Kaufmann in Pasing, Maistr. 2,

SlttßCt,

gegen Murr Ferdinand, Gastwirt in Führiug,

Beklagte»,

wegen Herauagabe, erschein« heute vor dem Gerichtsschreiber der Privatier Gottfried Schul, in Fdhring und erklärt: Beklagter hat behauptet, daß er diejenige Sache, als deren Besitzer « verklagt ist, auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im § 868 BGB. bezeichneten Art besitze und hat mir als dem mittelbaren Besitzer durch den am 25. Februar If. 3e. zugestellten Schriftsatz den Streit verkündet und mich dem Kläger benannt. Ich erkenne die Behauptung des Be­ klagten als richtig an, übernehme mit seiner Zustimmung an dessen Stelle den Prozeß.

Die Zustimmung des Beklagten ist durch Schriftsatz vom 20. Februar if. 3». erteilt. Eine Zustimmung des Klägers ist durch Schriftsatz vom 24. Februar if. 3». erteilt —nicht erforderlich, da derselbe keine Ansprüche macht, welche unabhängig davon sind, daß der Beklagte auf Grund eines Rechtver­ hältnisses aus § 868 BGB. besitze. — Ich stelle gemäß §76 ZPO. denAntrag: „die Klage kostenfällig abzuweisen." Vorgelesen, genehmigt, unterzeichnet. Gottfried Schulz.

Köhler, Obersekretür.

Wird die Behauptung des Beklagten von dem Benannten als richtig anerkannt, so ist dieser berechtigt, mit Zustimmung des Beklagten an dessen Stelle den Prozeß zu übernehmen. Die Zustimmung des Klägers ist nur insoweit erforderlich, als derselbe Ansprüche geltend macht, welche unabhängig davon sind, daß der Besagte eine Sache auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im § 76 Abs. I ZPO. bezeichneten Art besitzt (§ 76 Abs. III ZPO.). Gebühren: Wie bei Nr. 259.

573

262. Antrag des Beklagten auf Entbindung von der Klage. Aktenzeichen A. 90/27.

München, lUN 28. Februar 1927.

Gerichtsschreiherei des Amtsgerichts

In Sachen

München.

Narr Heinrich, Kaufmann in Pasing, Maistraße 2, Kläger,

Verfügung:

Murr Ferdinand, Gastwirt in Föhring, SBeftogtCn,

Zur Gerichtsschreiberei zur Zu­ stellung des Antrages an den Kläger und den Benannten.

wegen Herausgabe, erscheint« vor dem Gerichts­ schreiber der Beklagte Ferdinand Murr und erklär«:

gegen

München, am 29. Fe­ bruar 1927. Amtsgericht. Huber.

In vorstehender Sache hat Streitver­ kündung an den Rentier Gottfried Schulz in Föhring, welcher gemäß § 868 BGB. mittelbarer Besitzerist, durch die am 25. sedru-r 1927 erfolgte Zustellung des Schriftsatzes vom 20. F«br. 1927 stattgefunden.

Der Benannte, G°««sri-d soranfd)lag; Erklärung des Schuldners, Zeugen.

Vorgelesen, genehmigt, unterzeichnet. Heinrich Frisch. Letter, Sekretär.

Erfüllt Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist Gläubiger vom Prozeßgericht I. Instanz auf Antrag zu er­ mächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen (§ 887 Abs. I ZPO.). Kann jedoch eine Handlung durch einen Dritten nicht vor­ genommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozeßgericht I. In­ stanz zu erkennen, daß Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Geldstrafen oder durch Haft anzuhalten sei. Das Höchstmaß der Geldstrafe ist unbeschränkt (§ 888 Abs. I ZPO.). Handelt Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen, oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläu­ bigers vom Prozeßgericht I. Instanz zu einer Geldstrafe oder zur Haft bis zu 6 Monaten zu verurteilen. Die Gesamthaftstrafe darf 2 Jahre nicht übersteigen. Das Höchstmaß der Geldstrafe ist un­ beschränkt. Der Verurteilung muß eine Strafandrohung voraus­ gehen, welche, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteile nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozeßgericht I. Instanz erlassen wird (§ 890 Abs. I, II ZPO.). Diese zu erlassenden Entscheidungen können ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen; vor der Entscheidung ist der Schuldner zu hören (§ 891 ZPO.). Gegen den Beschluß erfolgt sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO.). Das Verfahren wird als Anhängsel des Prozesses erachtet, daher erfolgt kein neuer Registereintrag. Gebühren: Gerichtsgebühr 1/2 (§ 33 Ziff. 4 GKG.), Anwaltsgebühr 3/10 (§ 23 Ziff. 18 RAGO.), vgl. im übrigen des Näheren §§ 33 und 34 RAGO.

606

282,

Avsgebot zum Zwecke der TodeserNärnng.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

München, UM 10. März 1927.

München.

Verfügung:

Vor dem Gerichtsschreiber erscheint

I. Bekanntmachung. heute: die Reisendensfta« Marie Weber, geborene Das Amtsgericht . . . . er- Müller von Pasing, Und erklärt: läßt folgendes Aufgebot: Die M. W. von P. hat Mein Ehemann, der Reisende Johann Weber von als Ehefrau den Antrag ge­ stellt, den verschollenen Rei­ Pasing, welche» ausweislich des übergebe­ senden Johann Weber von Nürnberg, zuletzt wohnhaft in nen Geburtszeugnisses des katholischen n, für tot zu erklären, Pfarramts P-stng am ». 3»tu« lsgo in erschollene wird daher aufgefordert, sich spätestens P-flng geboren ist, verließ am 2. Oktober in dem auf Mittwoch, den 7. Oktober 1927, nachmittags 1916 unseren damaligen gemeinsamen Wohnsitz in Pasings 3 Uhr, von dem unterfertig­ um für seine Firma, das Elektrizitätswerk SchuckertL Co., ten Gerichte, Zimmer Nr. 3 eine Geschäftsreise nach Odeffa anzutreten. anberaumten Ausgebotster­ mine zu melden, widrigen­ Die letzte Nachricht von ihm, welche falls die Todeserklärung er­ folgen wird. mir zugekommen ist, erhielt ich am Ferner ergeht die Auf­ forderung an alle, welche 23. Dezember 1916 in Form eilte» Briefe», da­ Auskunft über Leben oderTod des Verschollenen zu erteilen tiert „Obeffa ben 10. Dezember 1916.“ vermögen, spätestens im AufSeit dieser Zeit ist mein Monn verschol­ ?ebotstermine dem Gerichte lnzeige zu machen. len. Weder ich, noch -nie Anmerkungen zu Nr. 284. Der unbekannte Gläubiger kann auch dann ausgeschlossen werden, wenn der Eigen­ tümer zur Befriedigung des Gläubigers oder zur Kündigung be­ rechtigt ist und den Betrag der Forderung für den Gläubiger unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt. Hinterlegung von Zinsen ist nur nötig, wenn der Zinssatz im Grundbuch ein­ getragen ist (§ 1171 Abs. I BGB ). Mit der Erlassung des Ausschlußurteils gilt der Gläubiger als befriedigt (§ 1171 Abs. II BGB.). Zuständigkeit: § 23 GVG., § 983 ZPO. Bei einer Gesamthypothek und Lage der Grundstücke in ver­ schiedenen Gerichtsbezirken muß gemäß § 36 Abs. IV ZPO. um Be­ stimmung des zuständigen Gerichts nachgesucht werden. Eigentümer antragsberechtigt (§ 984 ZPO.). Öffentliche Bekanntmachung: Art. 31 AG. z. ZPO. Aufgebotsfrist 6 Wochen (§ 950 ZPO.). Gebühren: des Gerichts i/2 (§8) nach § 33 Ziff. 6 GKG., Berechnung des Streitgegenstandswerts § 11 GKG.,- des Anwalts je 3/io für die in § 40 RAGO. angegebenen Tätigkeiten.

615

286. Avfgebyt zu« Zwecke der Ansschlietznug einer Grundstückseigentümers München,

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts München.

SM 1. Mal

1933.

Es erschein» vor dem Gerichtsschreiber der Pensionist Johann Müller von Pasing, Apfelallee Nr. 3

und erklär«:

Laut Urkunde des Notariats München i Verfügung: I. Bekanntmachung. vom 6. Februar 1902 habe ich von dem Privatier Das Amtsgericht ............. erläßt folaendes Aufge­ Heinrich Schroll itt Pasing dessen Billa Hs.-Nr. 3 an bot: Der Ä. M. von P. hat für beit Kaufpreis von das Aufgebot zum Zwecke der Apfelallee der Ausschließung de» Eigen­ 12000 N3N. ermorden, ohne daß in der Urkunde tümers des Grundstücks PlNr. 46 der Steuergemeinde die einzelnen Parzellen angegeben wurden. Weichs beantragt. Bei der am 1. MLr, 1902 vorgenommenen Der bisherige Eigentümer Privatier Heinrich Schroll Auflassung sind als zur 95111« gehörig nur in Pasing, der im Grund­ die im Grundbuche für Pasing, Band 11, buche für Weichs, Band I, Blatt 6 eingetragen ist, ist am Blatt 35 eingetragenen Grundstücke für ... gestorben,feineRechtsnachfolger find nicht bekannt, sie mich aufbelassen und auf meinen Namen werden aufgefordert, ihre umgeschrieben worden. znrDill- gehrte jedoch Rechte spätestens in dem auf Mittwoch, den 14. November noch das in der angrenzenden Steuergemeinde Weichs gelegene und im Grundbuche für Weichs, Band I, Blatt 6 1933, vormittags 10 Uhr vor dem unterfertigten Gerichte eingetragene Grundstück Pl.-Nr. 46 — 0,210 ha Wiese. Die Auflassung dieses Grundstücks, im Zimmer Nr. 3 anberaumten Aufgebotstermin anzu­ melden, widrigenfalls feine welches noch auf den Namen des Heinrich Ausschließung erfolgen wird. II. Zur Gerichtsschrei- Schroll steht, ist beiderseits übersehen worden. berei zur öffentlichen Be­ Eine Eintragung im Grundbuche bei kanntmachung des Aufgebot» a) durch Anheftung an die diesem Grundstück hat seit dieser Zeit nicht Gertchtstafel, stattgefunden; dasselbe befindet sich seit dem b) durch einmalige Ein­ rückung in das Amts­ 2. Februar 19o2 in meinem ungestörten Besitz. blatt, sowie zur Zu­ Der Privatier Heinrich Schroll ist bereits stellung an Antrag­ steller. im Jahre 1915 gestorben, dessen Erben München, am 3. Mai 1933. Amtsgericht. waren nicht zu ermitteln. Burger.

Zur Glaubhaftmachung meiner An­ gaben beziehe ich mich auf die übergebene Urkunde und das hiesige Grundbuch. Ferner übergebe ich eine Bestätigung

der Sleuergemrindr Pasing,

Aktenzeichen

E.

V0M 10. Februar 1933

Über mein Grundvermögen, das ich über 30 Jahre besitze, sowie eine Sterbe­ urkunde de, Heinrich Schroll.

616

Gemäß §§ 977 ff. ZPO., § 927 BGB. stelle ich an das Amtsgericht München den Antrag: „Das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung de, Heinrich Schroll und seiner Rechtrnachfolger als Eigentümers des Grundstücks Pl.-Nr. 4« der Steuergemeinde Weich, einzuleiten, sowie Ausschlußurteil zu erlassen."

Der Wert des Grundstücks auf 4oo RM. angegeben.

wird

Vorgelesen, genehmigt, unterzeichnet. Johann Müller.

Meier, Obersekrelär.

Dieses Verfahren setzt voraus, daß sich das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen als des grundbuchmäßigen Eigentümers befindet. Der Eigentümer eines Grundstücks kann, wenn das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist, im Wege des Auf­ gebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden. Die Besitzzeit wird in gleicher Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Ist der Eigentümer im Grund­ buch eingetragen, so ist das Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er gestorben oder verschollen ist und eine Eintragung in das Grund­ buch, die der Zustimmung des Eigentümers bedurfte, seit 30 Jahren nicht erfolgt ist (§ 927 BGB.). Die Ausgebotsfrist beträgt mindestens 6 Wochen seit der Ein­ rückung in das Amtsblatt (§ 950 ZPO.). Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist, und zwar das Amtsgericht (§ 23 GBG. und § 978 ZPO.). Antragsberechtigt ist derjenige, welcher das Grundstück seit der im § 927 BGB. bestimmten Zeit von 30 Jahren im Eigenbesitze hat (§ 927 ZPO.). Der Antragsteller hat die zur Begründung des An­ trags erforderlichen Tatsachen vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu machen (§§ 980, 294 ZPO.). In dem Aufgebot ist der bisherige Eigentümer auszufordern, sein Recht spätestens im Aufgebotstermin anzumelden, widrigen­ falls seine Ausschließung erfolgen werde (§ 981 ZPO.). Öffentliche Bekanntmachung: Art. 31 AG. z. ZPO., § 981 ZPO. Gebühren: des Gerichts i/2 (§ 33 Ziff.6GKG.); des Anwalts je 3/io (§40 RAGO.).

617

287. Aufgebot zum Zwecke -er Krastloserklärung eines Wechsels. Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

München,

tlM

1. Suni 1927.

München

Beschmutz: I. Das Amtsgericht . . . . erläßt folgendes Aufgebot: Der Kaufmann Johann Müller in Pasing Hal das Aufgebot des angeblich verloren gegangenen am 15. Mai 1927 fällig gewesenen Wechsels, dd. Pasing, am 1. März 1927 über 800 RM., der von ihm auf den Kaufmann Johann Kern in Pasing gezogen und von diesem anaenommen worden ist, beantragt. Der Inhaber des Wechsels wird aufgefordert, spätestens in dem auf Mittwoch, den 3. Februar 1928nachmittags3Uhr,im Zimmer

Vor dem Gerichtsschreiber er­ scheint heute der Kaufmann Johann Müller oon Pasing, Maistraße 6 und erklärt: In meinem Besitze befand sich ein am 1. Mürz 1927 von mir ausgestellter aus den Kaufmann Johann Kern in Pasing gezogener und von diesem akzeptierter Prima-Wechsel über soo RM., der in Pasing zahlbar und am IS. Mai 1927 zur Zahlung fällig war. Ich über­ reiche Abschrift des Wechsels sowie die Protesturkunde.

Nr. 3 anberaumten Aufgebots­ termin feine Rechte anzumelden und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls deren Kraftloser­ klärung erfolgen wird. II.Zur Gerichtsschreiberei zur öffentlichen Bekanntmachung des Aufgebots a) Durch Anheftung an die Gertchtstafel(und im Lokale der Börse) während 14 Tagen; b) durch Einrückung in den DeutschenReichsanzeiger und in das Amtsblatt je 3mal mit zweimonatigen Zwischen­ räumen.

e) Zustellung an den Antrag­ steller. d)zur Kostenbehandlung. München, am 3. Juni 1927. Amtsgericht Burger.

Aktenzeichen E. 413/27.

Der Wechsel ist am is. Mai 19a? infolge eines Windstoßes durch das Fenster meines zu ebener Erde gelegenen Bureaus in die benach­

barten Anlagen geweht worden und war trotz eif­ rigen Suchens

sowie Ausschreibung

im Pasinger

Anzeiger nicht mehr aufzufinden.

oder: Der Wechsel wurde mir bei einem Einbruch ge­

stohlen, der Dieb in der Person des Maurers Her­

bert ermittelt, der den Wechsel vernichtet hat.

Dieses wird in der übergebenen Bescheinigung meine» Buchhalters Friedrich Werner dahier bestätigt. Indem ich mich zur Versicherung der Wahrheit meiner Angaben an Eides Statt erbiete, stelle ich gern Art. 73 WO., §§ 1003 ff. ZP

618

an das Amtsgericht München als dem Gerichte des Zahlungsortes den Antrag: „Das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Krastloserklärung des Wechsels einzuleiten sowie „Aus­ schlußurteil zu erlassen." Vorgelesen,genehmigt, unterschrieben: Johann Müller.

Meier, Obersekretär.

Der Eigentümer eines abhanden gekommenen Wechsels kann dessen Amortisation bei dem Gerichte des Zahlungsortes bean­ tragen. Nach Einleitung des Amortisationsverfahrens kann der­ selbe vom Akzeptanten Zahlung fordern, wenn er bis zur Amorti­ sation des Wechsels Sicherheit bestellt. Ohne eine solche Sicher­ heitsleistung ist er nur die Deposition der aus dem Akzepte schul­ digen Summe bei Gericht oder bei einer anderen zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt zu fordern berechtigt. Zuständig für das Aufgebotsverfahren ist das Gericht des Er­ füllungsortes und zwar das Amtsgericht (§ 23 GBG., § 1005 ZPO.). Zur Antragsbegründung gehört nach § 1007 ZPO. Beibringung einer Abschrift der verlorenen Urkunde (Wechselkopie nach Art. 70 WO.) oder Mitteilung des wesentlichen Inhalts; Glaubhaftmachung des Verlustes und der Tatsachen, welche eine Berechtigung be­ gründen, das Aufgebotsverfahren zu beantragen; das Erbieten die Wahrheit der Angaben eidlich zu versichern. Nur vom Akzeptanten und nicht vom Regreßschuldner kann der Wechseleigentümer vor und nach der Amortisation Zahlung fordern (§ 1007 ZPO.). Mindestens 6 Monate Aufgebotsfrist: §§ 950, 1015 ZPO. Öffentliche Bekanntmachung: §§ 1008, 1009 ZPO. Ablehnung des Antrags auf Bersahrenseinleitung durch Be­ schluß: § 947 ZPO.; hiergegen einfache Beschwerde zulässig: § 567 ZPO. Gebühren: des Gerichts i/2 (§8) nach § 33 Ziff. 6 GKG.; Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes § 11 GKG.; des Anwalts je 3/io für die in § 40 RAGO. bezeichneten Tätigkeiten.

619

288. Aufgebot zum Zwecke der Kraftloserklärung von Schuldverschreibungen ans de« Inhaber. (Wertpapieren.) Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

München,

UM

21. Juli

1927.

München.

Beschluß. I. Das Amtsgericht . . . . erläßt folgendes Aufgebot: Der Kaufmann Georg Huber von Pasing hat das Aufgebot des angeblich ge­

stohlenen auf den Inhaber lautenden 3l/io/oigen Pfand­ briefs der Pasinger Boden­ kreditbank in Pasing lit. E. Ser. 20 Nr. 46373 über 1000 NM. beantragt.

Vor dem Gerichtsschreiber erscheint heute ♦ der Kaufmann Georg Huber oon Pasing, Dahnstraße 2

UNd

erklärt:

Am io. Februar 1927 kaufte ich laut an­ liegender Note bei Bankier Goldstern, dahier einen auf den Inhaber lautenden 3^/, 0/o igeN Pfandbrief der bank in Pasing looo RM.

lit.

e

Pasinger Bodenkredit­

Ser. 2o Nr. 46373 über

Ich übergebe hiermit gemäß § 1007 Ziff. 1 ZPO. Zeugnis der Ausstellerin; hiernach umfaßte der Der Inhaber dieses Pfand­ zuletzt ausgegebene Zinsscheinbogen die je halbjährig briefes wird aufgefordert, spätestens in dem auf Mitt­ fälligen Zinsschetne vom 1. Januar 1925 bis 1. Juli woch den 8. Juli 1928 nach­ 1927; der neu auszugebende Zinsscheinbogen mit dem mittags 3 Uhr, im Zimmer ersten am 1. Januar 1928 fälligen Zinsschein liegt noch Nr. 3 des unterfertigten Ge­ richts anberaumtenAufgebots- bei der Dank. termin seine Rechte anzumel­ Am 28. Mai 1927 tVUtbC meine Ladenkasse er­ den und den Pfandbrief vor­ brochen und der fragliche Pfandbrief nebst Zins- und zulegen, widrigenfalls dessen Kraftloserklärung erfolgen Erneuerungsscheinen gestohlen. (Den Pfandbrief habe wird. II. Zur Gerichtsschrei­ ich am 28. Mai 1927 mit meiner Brieftasche verloren berei zur öffentlichen Be­ — versehentlich mit alten Papieren verbrannt). kanntmachung des Aufgebots: a) Durch Anheftung an die über die Wahrheit dieser Behaup­ Gerichtstafel (und im Lokale der Börse) wäh­ tungen erbiete ich mich zur Versicherung rend 14 Tagen. an Eides Statt. b) Durch einmalige Ein­ rückung in den Deut­ Ich stelle daher'gemäß §§ 1003 ff. ZPO. schen Reichsanzeiger. c) Durch Einrückung in an das Amtsgericht Münq«. den Antrag: das Amtsblatt je 2 mal mit zweimonatigen Zwi­ „Das Aufgebotsverfahren zum schenräumen. 6) Z u st e l l u n g an den Zwecke der Kraftloserklärung des Anttagsteller. e) Zur Kostenbehandlung. bezeichneten Pfandbriefes einzuleiten

ein

München, 23. Juli 1927.

Amtsgericht.

Burger. Aktenzeichen E.

414/27.

und Ausschlußurteil zu erlassen."

Ich nehme davon Kenntnis, daß ich vor Erlaß des Ausschlußurteils noch ein

620 — Zeugnis der ausstellenden Bank nach § 1010 Abs. 2 ZPO. beizubringen habe. Vorgelesen, genehmigt, unterzeichnet. Georg Huber.

Meier, Obersekretär.

Eine abhanden gekommene oder vernichtete Schuldverschreibung auf den Inhaber kann, wenn nicht in der Urkunde das Gegenteil bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Ausgenommen sind Zins-, Renten- und Gewinnanteil­ scheine sowie die auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuld­ verschreibungen. Der Aussteller ist verpflichtet, dem bisherigen In­ haber auf Verlangen die zur Erwirkung des Aufgebots oder der Zahlungssperre erforderliche Auskunft zu erteilen und die erforder­ lichen Zeugnisse auszustellen. Die Kosten der Zeugnisse hat der bisherige Inhaber zu tragen und vorzuschießen (§ 799 BGB.). In Bayern ist für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung bei Schuldverschreibungen des bayerischen Staates das Amtsgericht, bei welchem die Staatsschuldentilgungsanstalt ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, bei Schuldverschreibungen, die von einer dem bayerischen Staate angehörenden Körperschaft, Stif­ tung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes aufgestellt sind, das Amtsgericht, bei welchem die Körperschaft, Stiftung oder Anstalt ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich zuständig (Art. 29 AG. z. ZPO.). Ist eine Schuldverschreibung auf den Inhaber für kraftlos erklärt, so kann derjenige, welcher das Ausschlußurteil erwirkt hat, von dem Aussteller, unbeschadet der Befugnis, den Anspruch aus der Urkunde geltend zu machen, die Erteilung einer neuen Schuld­ verschreibung aus den Inhaber an Stelle der für kraftlos erklärten verlangen. Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen (§ 800 BGB.). Öffentliche Bekanntmachung: § 1008 ZPO., Art. 30 bayr. AG. z.ZPO. mit 81024 ZPO. Vgl. im übrigen Anmerkung zu Nr. 285, jedoch Aufgebotsfrist mindestens 3 Monate (Art. 30 AG.z.ZPO.). Gebühren: des Gerichts 1/2 (§8) nach § 33 Ziff. 6 GKG., des Anwalts je 3/io nach § 40 RAGO. Streitgegenstandswert: § 11 GKG.

621

289. Aufgebot zum Zwecke der Ausschlietznug tum Nachlatz­ gläubigern. Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

München, QM 10. Juli 1927.

München.

Verfügung. I. Bekanntmachung. Das Amtsgericht............. erläßt fol­ Vor dem Gerichtsschreiber er­ gendes Aufgebot: Der Kaufmann Heinrich Schroll scheint heute der Kaufmann Heinrich Schroll in Pasing hat das Aufgebots­ verfahren zum Zwecke der Aus­ in Pasing und erklärt: schließung von Nachlaßgläubigern beantragt. Am 1. April 1927 ist mein Bruder, der Die Nachlaßgläubiger werden aufgefordert, ihre Forderungen Lehrer Joseph Schroll in Oberföhring, seinem gegen den Nachlaß des am 1. April d. 3s. verstorbenen Lehrers Joseph letzten Wohnorte, ledigen Standes Schroll in Oberföhring spätestens in dem auf Mittwoch, den 28. De­ und ohne Testament gestorben. zember 1927, nachmittags 3 Uhr im Zimmer Nr. 3 des unter­ Als gesetzliche Erben des Verlebten fertigten Gerichts anberaumten Termin bei diesem Gerichte an­ kommen in Betracht: zumelden. Die Anmeldung hat die Angabe des Gegenstandes und 1. ich Heinrich Schroll, des Grundes der Forderung zu enthalten; urkundliche Beweis­ 2. meine Schwester, die ledige Verkäuferin stücke sind in Urschrift oder in Abschrift beizufügen. Nachlaß­ Johanna Schroll in Milbertshofen. gläubiger, welche sich nicht mel­ den, können unbeschadet desRechts, Wir haben die Erbschaft angenom­ vor den Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen men und bereits ein Nachlaßinventar und Auflagen berücksichtigt zu wer­ den, von dem Erben nur insoweit beim Amtsgerichte Munch«», dem zu­ Befriedigung verlangen, als sich nach Befriedigung der nicht aus­ ständigen Nachlaßgericht, eingereicht. geschlossenen Gläubiger noch ein Dies ergeben die N-chiah-Akten — Überschuß ergibt. Auch haftet ihnen gegenüber jeder Erbe nach N R. 200/27 — auf welche ich mich der Teilung des Nachlasses nur für den seinem Erbteil entsprechen­ beziehe. den Teil der Verbindlichkeit. Die Gläubiger aus Pflichtteilsrechten, Die Eröffnung des Nachlaßkon­ Vermächtnissen und Auflagen, so­ wie die Gläubiger, denen der Erbe kurses ist nicht beantragt. unbeschränkt hastet, werden durch das Aufgebot nicht betroffen, II. Zur Gerichtsschrei' Indem ich ein Verzeichnis der 6 er et zur Zustellung an die

Aktenzeichen E. 419/27.

bekannten Nachlaßgläubiger mit An­ gabe ihres Wohnorts hiermit über­ gebe, stelle ich als Miterbe sAlleinerbe,

622 bekannten Gläubiger durch Auf­ gabe zur Post, sowie zur öffent­ lichen Bekanntmachung a) durch Anheftung an die Gerichtstafel, b) durch Einrückung in den Deutschen Reichsanzeiger, c) durch zweimalige Einrückung in das Amtsblatt, sowie 6) zur Zust e llun g an den Antragsteller. UL Zur Kostenbehand­ lung, wobei der Wert de» Gegenstandes auf 3000 RM. fest­ gesetzt wird.

Amtsgericht. Bürger.

Nacherbe,

Testamentsvollstrecker,

Nachlatzpfleger,

gemäß §§ 989 ff. ZPO. an das Amtsgericht München den An­ trag:

Erdsch-ft-tLufer)

„Das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung der Nachlaßgläubiger bezüglich des Nachlasses meine, Bruders Joseph Schroll t)0lt Oberföhring

(die

Nachlatzgläubiger

im

Wege des Aufgebotsverfahren» zur Anmeldung ihrer Forderungen aufzufordern) etnjUlcitcn,

sowie Ausschlußurteil zu erlassen." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Heinrich Schroll.

Meier, Obersekretär.

Die Nachlaßgläubiger können im Wege des Aufgebotsversahrens zur Anmeldung ihrer Forderungen aufgefordert werden (§ 1970 BGB ). Die Aufforderung verschafft dem Erben eine zuverlässige Übersicht über den Nachlaßstand und schützt ihn vor der Haftung mit seinem eigenen Vermögen (§ 1973 BGB.). Zuständig für das Aufgebotsverfahren ist das Amtsgericht, dem die Verrichtungen des Nachlaßgerichts obliegen. Sind diese Verrichtungen einer anderen Behörde als einem Amtsgericht über­ tragen, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Nachlaßbehörde ihren Sitz hat (§ 990 ZPO ). Antragsberechtigt ist jeder Erbe, sofern er nicht für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Zu dem Anträge sind auch ein Nachlaßpfleger und ein Testamentsvollstrecker berechtigt, wenn ihnen die Verwaltung des Nachlasses zusteht. Der Erbe und der Testamentsvollstrecker können den Antrag erst nach Annahme der Erbschaft stellen (§ 991 ZPO.). Dem Antrag ist ein Verzeichnis der bekannten Nachlatzgläubiger mit Angabe ihres Wohnorts beizufügen, damit die Zustellung des Aufgebots an sie von Amts wegen erfolgen kann (§§ 992, 994 Abs. II ZPO.). Gebühren: des Gerichts y2 (§8) nach §33 Ziff. 6 GKG.; des Anwalts je 3/io für die in § 40 RAGO. angegebenen Tätig­ keiten; Streitgegenstandswert: § 11 GKG.

623

290.

Aufgebot eine» Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuld-Briese».

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

München, am 20. August

1927.

München.

Vor dem Gerichtsschreiber erschein« heute: Verfügung: I. Bekanntma­ chung. Der Gläubiger .... Schuldner . . . . in . . . hat das Aufgebot des Hypothekenbriefes vom .... über .... für ihn ... . eingetratragen mit. . °/o verzins­ lichen .... Forderung von . . RM. beantragt Der Inhaber dieser Urkunde wird aufgefor­ dert, spätestens in dem auf Mittwoch, den 2. Ja­ nuar 1928 nachmittag» 3 Uhr im Zimmer Nr. 8 des unterfertigten Ge­ richts anberaumten Auf­ gebotstermin feineNechte anzumelden und die Ur­ kunde vorzulegen, wid­ rigenfalls die Kraftlos­ erklärung derselben er­ folgen wird. II. Zur Gerichtsfchreiberei zur öffent­ lichen Bekanntmachung. a) durch Anheftung an die Gerichtstafel, b) durch zweimalige Einrückung in da» Amtsblatt sowie zur Zustellung an Antragsteller.

München, 21. Aug. 1927.

Amtsgericht. Burger.

Aktenzeichen E. 420/27.

st) der Gläubiger: Gastwirt von Pasing UUd

Johann

Hofmann,

erklärt:

Die auf den Namen de» Ökonomen Peter in Pasing im Grundbuche für Pasing, Band n, Blatt 30 eingetragenen Grundstücke sind in Abt. III unter Nr. « mit einer Briefhypothek von 500 RM. für mich belastet. Der über diese Hypothek erteilte Hypotheken­ brief ist mir seinerzeit ausgehändigt worden. Die Hypothek ist am 1. J»»i 19z? von Pe«-r Rot« bezahlt worden, die Löschung im Grund­ buchs konnte jedoch nicht erfolgen, w-u ich den Hypothekenbrief verloren habe. Droh eingehender Nachforschungen konnte ich ihn nicht er­ mitteln. Rott

b) ber Schuldner: P«t»rR°t«,üKon-min Pasin, und erklär«: Auf meinem Grundstücke H».-«r.« in P-stn, ist in der III. Abteilung unter Nr. s ein mit 5°/o verzinsliches Darlehen zu sooRM. für den Gastwirt Johan» Hofmann in Pasing einge­ tragen. über diese Hypothek ist ein H,po«h«K freier Hand gegen Barzahlung an sub«rarbeiter Johann Heß in München um 200 RM. Ver­ kauft. Klee

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Heß.

München, (L. 8.)

QM

16. August

1926.

Hoch, Dollstreckungssekretär.

Voraussetzungen des freihändigen Verkaufs: §§ 820, 821 ZPO.; § 122 GA. f. GB. Verfahren hiebei: §§ 123, 124 GA. f. GB. Inhalt des Protokolls: §§ 79, 125 GA. f. GB. Gebühren: des Gerichtsvollziehers nach § 7 GVGO. bis 100 M einschl. 5 v. 100, vom Mehrbeträge bis 300 M einschl. 3 v. 100, vom Mehrbeträge bis zu 1000 M 2 v. 100, vom Mehr­ beträge bis 5000 Mh. 100, von dem Mehrbeträge i/2 v. 100, mindestens jedoch 1 3WH.

697

887. Übernahme von Sache« zum Zwecke der Verwert««bei Angehörige» der Wehrmacht. Aktenzeichen

D.-R. Nr. 2040.

In Sachen Huber Johanna. Köchin von Dachau, (SläuBujCrtn,

gegen Maier Ernst, Wachtmeister, Schuldner,

Vormerkung:

Gläubiger (. . .-Dertreter)mündlich(briefttch) durch Zustellung (Über­ sendung) einer Abschrift nebigen Protokolls von der Übernahme verstän­ digt. Am 19 . .

Kostenberechnung. Übernahme.. RM.. Pf. Reise .. . (Entf...Lm) Transport.. ... Porti Abschrift (.. Seiten) Sa. ..RM.. Pf-

wegen Forderung, wurde auf Ersuchen des Amtsgerichts Dachau durch das Wehrkreis­ kommando vii wegen der gläubig-rischen Forde­ rung zu 3oo RM. sowie der Kosten zu «o RM. und der der Zwangsvollstreckung bei Schuldner gepfändet. Auf Antrag de» Gläubigerin sollen die Pfandobjekte versteigert werden, weshalb ich mich zur Übernahme der Pfandgegen­ stände in das Dienstgebäude des Wehr­ kreiskommandos vii begab, woselbst ich dessen Chef, Oberst Hirt antraf, dem ich meine Beauftragung anzeigte und den ich sodann um Übergabe der Pfandobjekte er­ suchte. Ich habe die gepfändeten Sachen mit dem über die Pfändung aufgenommenen Protokoll (Verzeichnis) verglichen, m», da sämtliche

Stück«

vorhanden

waren,

hierauf

gegen

Empfangsbestätigung nachstehende Pfand­ objekte übernommen: Nr.

Bezeichnung der übernommenen

Gegenstände

Ungef ährer We rt

1

eine neue Zivil-Montur

60

!Psr —

2

ein goldener Siegelring usw.

40



RM.



698



Diese Pfandobjekte wurden i» die gerichtlich. Pfandkammer eingeschafft.

Zur Versteigerung derselben wurde Ter­ min auf Freitag, döN 18. August 1927,

-«mittags io Uhr, in

der Pfandkammer aNgeseht.

Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben. Hirt, Oberst.

München, am 10. August

(L. S.)

1927.

Hoch, Dollstreckungssekretiir.

Gegen einen Angehörigen der Wehrmacht darf die Zwangs­ vollstreckung erst beginnen, nachdem von derselben die vorgesetzte Militärbehörde Anzeige erhalten hat (§ 752 ZPO.). Wenn bei der Zwangsvollstreckung gegen einen Soldaten eine Pfändung in einer Kaserne oder in einem anderen militärischen Dienstgebäude durch die von dem Vollstreckungsgericht ersuchte Militärbehörde vorgenommen worden ist, so werden die gepfän­ deten Gegenstände einem von dem Gläubiger beauftragten Gerichts­ vollzieher übergeben. Der Gerichtsvollzieher hat sich die vollstreck­ bare Urkunde aushändigen zu lassen und nach der Anweisung des Vollstreckungsgerichts entweder die Aufforderung der Militärbehörde zur Übernahme der gepfändeten Sachen abzuwarten oder derselben seine Beauftragung anzuzeigen. Bei der Übernahme der gepfän­ deten Sachen hat der Gerichtsvollzieher dieselben mit dem über die Pfändung aufgenommenen Protokoll oder Verzeichnisse zu ver­ gleichen und die etwa fehlenden oder beschädigten Stücke zu ver­ zeichnen (§ 790 ZPO.; § 145 GA. f. GB.). § 752 ZPO. hat auch dann Geltung, wenn in das einge­ brachte Gut der Ehefrau des zur Duldung verurteilten Ange­ hörigen der Wehrmacht vollstreckt werden soll. Wurde eine Anzeige nicht erstattet, ist die Zwangsvollstreckung, unzulässig und die Zwangsmaßnahme nichtig.

699

338.

Protokoll über die Uebernahme von Sachen durch den Gerichtsvollzieher zur Verwertung.

Aktenzeichen D.-N. Nr. 800.

In Sachen Huber Joseph, Privatier in München, Gläubiger,

gegen Maler Em«, Schneider In München, Schuldner,

Vormerkung: I. Schuldner . . . Ab­

schrift des Protokolls zu­ gestellt (durch die Post

übersendet): II. Gläubiger (.. -Ver­

treter)

mündlich (brief­

lich) durch Übersendung

einer

Abschrift

dieses

Protokolls von der Über­ nahme usw. verständigt.

Am................. 19 . . .

wegen Forderung, wurde durch das Vollstrekkungsgericht, Amtsgericht München auf Grund des dem Schuldner am io. August 1926 zugeflelllen Endurteils des Amts-Gerichts München vom 3. August 1926 zugunsten der gläubigerischen Forderung von eso RM. sowie der Kosten Pfändungsbeschluß erlassen, daß das den Gegenstand der Forderung

bildende Büffet

Qlt

mich, als den vom Gläubiger bezeichneten Gerichtsvollzieher herauszugeben sei. Im Besitze dieser vollstreckbaren Urkunde und des am 8. August 1926 zugestellten Pfän­ dungsbeschlusses begab ich mich im Auftrage de- Gläubiger- hieher in die Wohnung de» Drittschuldner- vbonomen Joseph Mirl, um die Übernahme der gepfändeten Gegenstände zu bewirken. Ich traf niad)au,*Sd)UlbnCT, I. InSachen usw.wegen Zwangs­ verwaltung wird auf den vom Gläubigerteil gestellten Antrag toegeit Zwang «Verwaltung, crjcfjeiltt feilte vom ... auf Grund de . in . . . de» Gläubiger und erklär«: vollstreckbarer Ausfertigung vom ... vorgelegten, mildem Nachweis Laut der hiermit übergebenen voll­ rechtsfürmlicher Zustellung vom . . versehen . . . des . . . wegen streckbaren Ausfertigung des rechts­

kräftigen urttu» des Amtsgerichts vom 20. November 1926 mit Zu­ stellungsnachweis vom 20. November 1926 — der Urkunde des Notariats München i V0M 10. Dezember 1926 — GRNv. 4 — habe ich vom Schuldner 2so ZBG.). Stadtmagistrat für öffentliche Lasten (§ 10 Ziff. 3 1. c.). Kaminkehrerlöhne (§ 44 1. c. mit Art. 23 AG. z. ZBG.). 4°/o Zinsen aus 10000 RM. vom 1. Januar bis 1. Juli 1927 (§ 10 Ziff. 4 mit § 12 und § 13 1. c.). 4% Zinsen aus 10000 RM. vom 1. Juli bis 1. August 1927 (§ 13 und 56 ZBG.). 4°/o Zinsen aus 10000 RM. vom 1. bis 15. August 1927 (§ 47 1. c.). 4 °/o Zinsen aus 2000 RM. vom 1. Oktober 1926 bis 1. April 1927 (§ 10 Ziff. 4 ZBG.). 4 °/o Zinsen aus 2000 RM. vom 1. April bis 1. August 1927. 4 °/o Zinsen aus 2000 RM. vom 1. bis 15. August 1927.

637 37 Dieser Betrag ist vom Notar zunächst anzusetzen, weil mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß Bersteigerungstermin und Termin des Zuschlags nicht zusammenfallen, weshalb Zinsen vom 1. bis 15. August 1927 aus den Kapitalien zu 10000 und 2000 RM. gemäß § 47 ZBG. im Mindestgebot vorerst zu berücksichtigen waren. Nun wurde aber angenommen, daß, was der Notar bei Berech­ nung des geringsten Gebots noch nicht wissen konnte, Berste igerungsund Zuschlagsbeschlußtermin zusammenfallen. Da die wieder kehrenden Leistungen in das Mindestgebot endgültig erst einsetzbar sind, wenn der Tag, an welchem der Zuschlagsbeschluß erging, feststeht, anderer­ seits im Beispiel aber der Zuschlag bereits am 1. August 1927 erteilt wurde, so ist hier der bar zu bezahlende Teil des geringsten Gebots nur : —

637 RM. 37 Pf. 18 „ 41 „ d. h. (15 RM. 34 Pf. + 3 RM. 07 Pf. 618 RM. 96 Pf. (Bar-Mindestgebot).

DaS gesamte Mindestgebot beträgt definitiv 12 000 RM. + 618 RM. 96 Pf. = 12618 RM. 96 Pf.

742

III. Das Bargebot, d. h. der im Verteilungstermin bar zu bezahlende Teil des Meistgebots berechnet sich, wie folgt:

618 RM. 96 Pf.

5 381 RM. 04 Pf.

Von bestehen bleibenden Rechten (kraft Gesetzes) sind Zinsen nur bis zum Zuschlag, von freiwillig liegen gelassenen (8 91' ZVG. und er­ löschenden Rechten, bis zum Verteilungstermin zu berechnen, d. h. der bar zu bezahlende Teil des geringsten Gebots ist bestimmt zur Deckung der Kosten, sowie der im 8 10 Nr. 1 bis 3 und im 8 12 Nr. 1, 2 ZVG. bezeichneten Ansprüche. Der das geringste Gebot übersteigende Betrag des Meistgebots (12000 RM. + 6000 RM.) — 12618,96 RM. = 5381,04 RM.

6 000 RM. — Pf. Bar-Meistgebot. IV. Berteilungsmasse. Zu verteilen ist, was nach dem Ergebnisse der Versteigerung zu zahlen ist, also das Barmeistgebot samt 4% Zinsen hieraus vom Ta^ der^^uschlagserteilung bis zum Tage der Verteilung. er 1927 auf der hiesigen Notariatskanzlei zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt.

747

ZDS.: § 124.

§ 127.

88 116, 117.

Hierauf wurde nach Anhörung der an­ wesenden Beteiligten der dem Protokoll als Anlage beigefügte Teilungsplan aufgestellt und über diesen sofort verhandelt. Da von den Beteiligten ein Widerspruch gegen den Plan nicht erhoben worden ist, wurde dessen Ausführung verfügt. Dagegen wurde gegen den Teilungsplan Widerspruch erhoben von dem Ökonomen Paul Hohensln »on Bruck mit Erklärung vom 12. Mal 1927. Die Beteiligten wurden zur Erklärung über den Widerspruch aufgefordert. Da eine Einigung hinsichtlich des Wider­ spruchs nicht zu erwarten, war der Plan wie folgt zu ergänzen: oder: Da eine Einigung unter den Be­ teiligten nicht zustande kam, wurde ihnen eröffnet, daß der Teilungsplan, insoweit er durch den Widerspruch nicht betroffen wird, ausgeführt werde und daß du wider­ sprechenden Gläubiger den Widerspruch nach § 878 ZPO. durch Klage zu verfolgen haben. Auf den vorgelegten Urkunden wurden (gemäß § 127 ZVG.) folgende Vermerke eingetragen: Hierauf wurde zur Ausführung des Teilungsplanes geschritten: a) D« Ersteher Hai bar hinterlegt . . . RM. .. Pf. In Ansehung dieses Be­ trages erhalten Zahlung bzw. Erhebungs­ anweisungen auf die Hinterlegungsstelle, soweit anwesend, folgende Berechtigte: (folgen deren Namen.)

88 >24, 120.

Im übrigen wird die Auszahlung durch die Hinterlegungsstelle mittelst Postüber­ sendung angeordnet; zurückbehalten wur­ den : (folgen die Beträge.)

748

Sonach sind ausgewiesen: . . . . Die Anwesenden quittieren durch Unter­ schrift über den Empfang der Barbeträge bzw. Erhebungsanweisungen. b) Für die unter .... übertragenen Forderungen gegen de» «rtian« ist die Ein­ tragung folgender Sicherungshypotheken zu veranlassen. c) Der vom Hypothekengläubiger vorgelegte Brief zu ... . wurde vernichtet. Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben.

(L. 8.)

Hauser, Notar.

Die Verhandlung im Berteilungstermin ist in einem Protokoll niederzulegen §§ 159 ff. ZPO. Ter Notar entfaltet in Ansehung der Verteilung eine hauptsächlich beurkundende und verwaltende Tätigkeit, welche mit Beschwerde bzw. mit Widerspruch anfechtbar ist. In dem Protokoll ist nach Aufführung der Erschienenen, nach Feststellung der Berteilungsmasse unter Abzug der Kosten des Ver­ fahrens, sowie nach Konstatierung, daß die Frist des § 106 Satz 2 ZBG. bezüglich des Teilungsplanes eingehalten wurde, zu unter­ scheiden: Wird von den Beteiligten ein Widerspruch nicht erhoben, so ist sofort die Ausführung des Berteilungsplanes zu verfügen; wird aber von einer Seite Widerspruch erhoben, so werden bie Beteiligten zur Erklärung über den Widerspruch aufgefordert. Kommt eine Einigung über den Widerspruch nicht zustande, so ist den Beteiligten zu eröffnen, daß der Teilungsplan insoweit, als er durch den Widerspruch nicht betroffen wird, ausgeführt werde und daß der widersprechende Gläubiger den Widerspruch gemäß § 878 ZPO. durch Klage zu verfolgen habe. Teilungsplan in der Zwangsversteigerung: Änderung § 159, Anfertigung § 106, Ausführung durch Zahlung §§ 115, 116, 117 durch Übertragung §§ 118, 137, 139, 141; Aufnahme der An­ sprüche §§ 113, 114, 121; Behandlung dinglicher Rechte im Ber­ teilungstermin § 119; Ersatzverteilung §§ 122—125; Niederlegung des Teilungsplanes § 106; Verhandlung über den Teilungsplan § 115; Widerspruch § 125.

749

360.

Antrag uns Ermächtigung zu» Aufgebot

Aktenzeichen H. 41/27.

Dachau,

ÜM 24. Mai 1927.

Notariat

In Sachen

Dachau.

Dinkel Franz, Oetanam in Dachau, Gläubiger,

gegen Schwinn Michael,

Beschluß: I. Sn Sachen usw. wird streichcr hier, erschein» heute der Konkursgläu­ biger Ma; Edler van hier Und erklär»: In dem am 3». Mai 19» dahier abgehal­ tenen Prüfungstermin wurde meine ange­ meldete Forderung im Betrage von 300 RM. bestritten; es wurden nur 100 RM. festgestellt. Ich habe auf Feststellung meiner Forde­ rung zu 300 RM. inzwischen geklagt und übergebe rechtskräftiges Urteil des Amts­ gerichts Berchtesgaden VvM I. Juli c. Ich stelle daher gemäß § 146 KO. den Antrag: „Nunmehr meine Forderung im »allen Betrage festzustellen und die Konkurs­ tabelle dementsprechend zu berichtigen." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben.

Huber.

Max Söler. Fischer, Sekretär.

Werden die Anmeldungen vervollständigt oder geändert, so ist die Tabelle entsprechend zu ergänzen oder zu berichtigen. Wird der Anspruch auf ein Vorrecht oder auf ein besseres Vorrecht nachträg­ lich geltend gemacht oder zurückgenommen, so ist die Forderung dem­ gemäß anderweit einzutragen und an ihrer bisherigen Stelle zu löschen (88 189ff. GA. f. GerSchr. d. AG., §§ 146, 73, 164 Abs.2KO.). Die absagende Partei hat die Berichtigung der Konkurstabelle zu bewirken; die hierauf erwachsenen Kosten sind Masseschulden nach § 59 Ziff. 3 KO. Wegen der Wirkung des Feststellungsprozesses vgl. § 147 KO.

785

383. Liuwendmt- gegen da» zur Vornahme einer AbschlagSverteilnng ausgestellte Verzeichnis. Berchtesgaden, QHl

K.R. 1/29.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

1. 3unt 1929.

In dem Konkursverfahren Über das Vermögen bee Kaufmann»

Eduard öftreidjer V0N Berchtesgaden. kls(helUt hkUtk der

und erklär«: Meine Wechselforderung zu 200 RM., welche ich gegen Gemeinschuldner habe, ist im Prüfungstermin festgestellt worden. Bei Aufstellung des Verzeichnisses der bei einer Abschlagsverteilung zu berück­ sichtigenden Forderungen wurde ich jedoch übergangen. Der Konkursverwalter hat die unter­ lassene Aufnahme in das Verzeichnis dadurch begründet, daß meine Wechselfordcrung Kaufmann Philipp Ker» een hier

A. Verfügung. Der Antrag ist dem Herrn Konkursverwalter zur Er­ klärung binnen 1 Woche oorzulegen.

8. Deschluß.

I. 3n Sachen usw. wird auf die Einwendung des............. gegen das uom Verwalter zur Abschlagsoerteilung nieder­ gelegte Verzeichnis der zu be­ rücksichtigenden Forderungen . . . angeordnet, daß die For­ derung des . . in Höhe von . . . RM. berücksichtigt und das Verzeichnis demgemäß berichtigt wird. Gründe usw. II. Zur Gerlchtsschreiberei zur Zustellung des Beschlusses:

a) an Konkursverwalter, b) an Antragsteller. III. Der Beschluß ist auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen und der Tag der Ntederlegung darauf zu ver­ merken. Berchtesgaden, am ... 19 ..

Amtsgericht. Huber.

von dem mithastenden Wechselschuldner 3ohann Schober getilgt worden sei.

Indem ich hiergegen Einwendungen erhebe, stelle ich gemäß § 158 KO. den Antrag: „Das Verzeichnis dahin abzu­ ändern, daß meine Forderung mit roo RM. zu berücksichtigen sei."

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben: Philipp Kern.

Fischer, Sekretär.

Bei einer Abschlagsverteilung sind Einwendungen gegen das Verzeichnis bis zum Ablaufe einer Woche nach dem Ende der Ausschlußfrist bei dem Konlursgerichte zu erheben (§ 158 Abs. I KO.). Das Gericht entscheidet über die Einwendungen. Die eine Be­ richtigung anordnende Entscheidung ist auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen. Die Beschwerdefrist beginnt mit dem Tage, an wel­ chem die Niederlegung der Entscheidung erfolgt ist (§ 158 Abs. II KO.). Köhler, Handbuch für die Praxis.

4. Aust.

50

786

Antrag ans Schlutzverteilrmg.

384. K.R. 1/29.

Berchtesgaden,

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden. Beschluß. 3n usw. wird auf den vom Kon­ kursverwalter am . . . gestellten Antrag die Vornahme der Schluß­ verteilung gemäß §162 KO. geneh­ migt und Schlußtermin auf..1929 . . Uhr im Geschäftszimmer Nr... anberaumt, an welchem auch Be­ schlußfassung über die Ansprüche der Mitglieder des Gläubigeraus­ schusses sowie die Festsetzung der Auslagen und Vergütung des Konkursverwalters stattfindet. II. S ch r e i b e n an den Konkurs­ verwalter gegen Empfangschetn. III. Zur Gerichtsschreiberei zur Bekanntmachung des Schluß­ termins : a in den bekannten Blättern, b) an den Gemeinschuldner.

Berchtesgaden am ... .

Amtsgericht. Huber.

19 . .

llM 10. Mai 1929.

In dem Konkursverfahren Über das Vermögen de, Kaufmann* Edu­ ard Östreich« hier, erschein« der Konkurs­ verwalter Joseph 2gl dahier UNd erklär«: Der Gläubigerausschuß hat die Schlußrechnung geprüft und sich (im wesentlichen) mit derselben einverstanden erklärt. Ich Übergebe bcitjet

die Schlußrechnung nebst Belegen und

den Bemerkungen

des

Gläubigerausschusses

sowie das aufgestellte Schlußverzeich­ nis zu den Akten und stelle, nachdem die Verwertung der Masse beendigt ist, gemäß §§ 161, 162 KO. den Antrag: „Die Schlußverteilung zu ge­ nehmigen und den Schlußtermin anzusetzen." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben: Joseph 2gl. Fischer, Sekretär.

Ist die Masse verwertet und auf Antrag des Verwalters mit Zustimmung des Gläubigerausschusses vom Gerichte die Vornahme der Schlußverteilung genehmigt, so hinterlegt der Verwalter das Schlußverzeichnis der Forderungen auf der Gerichtsschreiberei und beantragt die Anberaumung des Schlußtermins zur Abnahme der Schlußrechnung, zur Erhebung der Einwendungen gegen das Schluß­ verzeichnis und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Vermögensstücke. Das Schreiben an den Kon­ kursverwalter lautet: „Auf Ihren Antrag wurde die Vor­ nahme der Schlußverteilung genehmigt und Schlußtermin auf .... anberaumt. Es liegt Ihnen ob, für rechtzeitige Niederlegung des Schlußverzeichnisses und der Schlußrechnung aus der Gerichtsschrei­ berei (§ 86 KO.), für den Erlaß der Bekanntmachung (§ 151 KO.) sowie die Zurückbehaltung der Anteile gemäß §§ 168, 169 KO. Sorge zu tragen, auch den Nachweis der Beobachtung dieser Vor­ schriften am anberaumten Termine in Vorlage zu bringen, in welchem auch die Festsetzung Ihrer Vergütung und Auslagen statt­ findet." 88 161, 162 KO.

787

Protoksll beim Schlußtermin.

385. K.R.

1/29.

Amtsgericht Berchtesgaden.

Gegenwärtig: Ober-Amtsrichter Huber als Richter, Sekretär Fischer als Gerichtsschreiber. Beschluß: I. Das Konkursverfahren über das Vermögen des ... in . . . wird nach erfolgter Abhaltung desSchlußtermins, nachdem Schlußrechnung gestellt und Schlußverteilung nach Maßgabe beider statt­ fand und die Belege hierfür sämtlich vorliegen, in An­ wendung des § 163 KO. als durch Schlußverteilung be­ endet aufgehoben. I. Zur Gerichtsschrei­ berei zur Vormerkung der Aufhebung und zur weiteren Amtshandlung, insbesondere: 1. öffentlichen Bekannt­ machung: a) im Amtsblatt, b) im Reichsanzeiger. 2. Zur Zustellung an die bekannten Gläubiger und Schuldner. 3. Zur Mitteilung des Beschluffes: a) an das Oberpostamt, b) an das Registerami, c) an den Stadtmagistrat, di an das Grundbuchamt, e) an das Dormundschastsgericht, 1) an die Dienstbehörde des Gemeinschuldners, g) an Gemeinschuldner, b) an Konkursverwalter. 4. Ausfertigung der Zähl­ karte. IP. Zur Kostenbehand­ lung.

Berchtesgaden, am... 19..

Amtsgericht. Huber.

Protokoll ausgenommen bei dem Amtsgericht. Berchtesgaden, am 10. Juni

1929.

In dem Konkursverfahren

über das Vermögen de- Kaufmann- Eduard üstreicher -an hier, fanden sich zum heutigen rechtswirksam bekanntgegebenenS chlußtermin ein: a) der Konkursverwalter s9t, b)

der Gemeinschuldncr Eduard

Östreich«'

in Person,

c) die Mitglieder des Gläubigeraus­ schusses: 1. Kaufmann Frisch, i 2. Handelsmann Michel, k dahier,

3. Rentier Moriz,

|

d) folgende Gläubiger Vertreter:

bzw.

deren

1. Joseph Müller in Reichenhall usw.

Das Stimmrecht ist für die festge­ stellten Forderungen unter Nr. 1-20 und für die streitigen Forderungen unter Nr. 22, 26, 29 gemäß Entscheidung vom 1. 3uni c. unbestritten. Gläubiger Remmele beansprucht für den mutmaßlichen Ausfall seiner Forderung von 2000 RM. ein Stimm­

recht.

Der Konkursverwalter widerspricht.

entschied im Sinne des Verwalters.

Das Gericht

(§ 95 KO.)

Der Konkursverwalter übergab die Bestallung sowie den Nachweis der Be­ kanntmachung nach § 151 KO. zu den Akten und erklärte, daß Anteile gemäß §§ 168,169 KO. »ich« zurückbehalten und 50*

788

an

unverwertbaren Bermögensstücken vorhanden fei. Es wurde der Ablauf der Ausschluß­ frist, sowie die rechtzeitige Riederlegung des Schlußverzeichnisses und der Schlußrechnung konstatiert. Einwendungen gegen diese Schriftstücke wurden nicht er­ hoben. nicht» mehr

oder: Gegen die Schlußrechnung wurden Einwendungen in ter Weise er­ hoben : daß der Verwalter die Warenvorräte an Zigarren au» freier Hand verkaufte, während durch Versteigerung

ein höherer Derkaufprei» erzielt worden wäre. E» wurde dem EtnwendungsfUhrer eröffnet, daß solche Einwendungen im Prozetzwege auszutragen sind.

E» wurden die nach dem allgemeinen Prüfungatermin

angemeldeten Forderungen geprüft und da» Ergebnis in

die Tabelle eingetragen.

Die Vergütung des Konkursver­ walters wird auf loo RM., dessen Aus­ lagen werden auf so RM. oo Pfg. fest­ gesetzt, die Honorare der Gläubiger­ ausschußmitglieder hemmen, nachdem dieselben darauf verzichtet haben, nicht in Ansatz.

Nachträglich erkannte der Konkurs­ verwalter noch folgende Forderungen an: Etwaige Erübrigungen aus den für noch entstehende Gerichtskosten und für die Auslagen bei Ausführung der Schluß­ verteilung zurückbehaltenen Beträgen werden der Vergütung des Verwalters zugeschlagen. Die Erschienenen entfernten sich vor Abschluß des Protokolls.

789 Ter Schlußtermin, welcher nicht unter 3 Wochen und nicht über 1 Monat hinaus anzuberaumen ist, wird vom Gerichte be­ stimmt. Die Vorschriften des § 158 Abs. 2 KO. finden auf die Schlußverteilung Anwendung (§ 162 KO.). Die Bekanntmachung des Schlußtermins lautet: „Das Amts­ gericht ... hat mit Beschluß vom ... in dem Konkursverfahren über das Vermögen de... auf den vom Konkursverwalter ... am ... gestellten Antrag die Vornahme der Schlußverteilung genehmigt und zur Abnahme der Schlußrechnung, zur Erhebung von Ein­ wendungen gegen das Schlußverzeichnis und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Bermögensstücke Schluß­ termin auf ... dahier anberaumt, wozu alle Beteiligten hiemit ge­ laden werden. (An diesem Termin findet auch die Beschlußfassung über die Ansprüche der Mitglieder des Gläubigerausschusses statt.) Schlußverzeichnis und Schlußrechnung nebst Belegen und Bemer­ kungen des Gläubigerausschusses sind auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht niedergelegt." Beim Schlußtermin wird wie bei jeder anderen Gläubiger­ versammlung verfahren, auf ihn finden die Bestimmungen der §§ 93—99 KO. volle Anwendung. Nach Abhaltung des Schlußtermins beschließt das Gericht die Aufhebung des Konkursverfahrens (§ 163 KO.). Eine Anfechtung des Aufhebungsbeschlusses findet nicht statt (§ 163 KO.). Ter Beschluß und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu machen. Die Vorschriften der §§ 111 Abs. 2, 112, 113 KO. finden entsprechende Anwendung (§ 163 Abs. I, II KO.). Durch die Aufhebung des Konkursverfahrens erhält der Ge­ meinschuldner die ihm als Folge der Konkurseröffnung entzogene Berfügungsbefugnis (§ 6 KO.) wieder zurück. Wegen der beim Vollzüge der Schlußverteilung zurückbehal­ tenen Beträge und der später zurückfließenden oder ermittelten Massebestandteile vgl. § 166 KO. Gebühren: Für die Durchführung des Konkursver­ fahrens dreifache Gebühr; sie ermäßigt sich auf Vi, wenn das Ver­ fahren vor Ablauf der Anmeldefrist, und auf die zweifache Gebühr, wenn das Verfahren nach diesem Zeitpunkt gemäß §§ 202, 204 der KO. eingestellt wird. Ist das Verfahren auf Antrag des Ge­ meinschuldners eröffnet worden, so kommt 1/2 der Gebühr zur An­ rechnung (§ 42 GKG ).

790

386. K.K. 1/29. Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

SwangSvergleich-vorfchlaBerchtesgaden, beit 1. Juni

19o2.

In dem Konkursverfahren

über das Vermögen de» Kaufmann» Eduard Oft« reifer »an hier, erscheint der Gemeinschuldner Berchtesgaden. und erklär«: Nach Inhalt der Konkursakten betragen die Forderungen der nicht berechtigten Konkursgläubiger «. 30000 RM.; da die zur Verfügung. Verteilung voraussichtlich verfügbare Masse I. Ein Fall des § 175 KO. liegt nicht vor. nur 10000 RM. betragen wird, würden II. Zur Gerichtsschreibereizur Mit­ auf die nicht bevorrechtigten Konkursgläu­ teilung je einer Abschrift biger etwa 3o°/o entfallen. des Antrags: a) an Konkursverwalter, Ich mache folgenden Zwangsvergleichs­ b) an die Gläubigerausschuß-Mitglieder vorschlag: zur ErklärungsabDie nicht bevorrechtigten Konkursgläu­ aabe innerhalb einer Woche. biger erhalten«0/0 ihrer Forderungengegen III. Wtedervorlage in Verzicht auf den Rest, und zwar: einer Woche. Berchtesgaden, am.. 19.. a) 10 °/o sofort nach Rechtskraft des Ver­ Amtsgericht. gleichs, Huber. d) z Raten zu je io°/o je am 1.3«tt, 1. August und 1. September 1929. Gemeindeamtlich beglaubigte Bürgschaftserklärung des Fabrikanten Iofepü Müller hier, welcher für Bezahlung der sub b genannten Raten die Bürgschaft al» Selbstschuldner und Selbstzahler übernommen hat, übergebe ich.

Die bevorrechtigten Forderungen, Masse­ kosten und Masseschulden sind durch den in Händen des Verwalters befindlichen Betrag von etwa iS» RM. hinreichend gedeckt. — Gemäß §§ 173 ff. KO. stelle ich den Antrag: „Termin zur Abstimmung anzube­ raumen." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Eduard Ostreiche?. Fischer, Sekretär.

791 Wird der Bergleichsvorschlag nicht zurückgewiesen, so hat der Gläubigerausschuß (oder falls ein solcher nicht aufgestellt ist, der Verwalter) sich über die Annehmbarkeit des Vorschlags zu äußern (§ 177 Abs. I KO.). Der Vorschlag und diese Erklärung sind auf der Gerichts­ schreiberei niederzulegen (§ 178 KO.). Der Termin ist nicht über 1 Monat hinaus anzuberaumen (§ 179 KO.). Die öffentliche Be­ kanntmachung lautet: „Das Amtsgericht ... hat mit Beschluß vom ... in dem Konkursverfahren über das Vermögen de ... zur Beratung und Abstimmung über den Zwangsvergleichsvorschlag de. Gemeinschuldner . . Termin auf .... anberaumt. Zwangsver­ gleichsvorschlag und Gutachten des Konkursverwalters (Erklärung des Gläubigerausschusses) sind auf der Gerichtsschreiberei zur Ein­ sicht der Beteiligten niedergelegt." Zum Termine sind die nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger, welche angemeldet haben, unter Mitteilung des Vergleichsvorschlags und des Ergebnisses der Erklärung des Gläubigerausschusses (bzw. des Verwalters) besonders zu laden (§ 179 Abs. I Satz 2 KO.). Die Anwaltsgebühr ist, wenn der Anwalt den Gemeinschuldner vertritt, aus der Aktivmasse zu berechnen; vertritt er einen Gläu­ biger, erhält er die Gebühr aus der Forderung bzw. Zwangsver­ gleichsquote (§ 59 RAGO.). Der Rechtsanwalt erhält lo/io (§ 9) besonders für die Tätig­ keit im Zwangsvergleichsverfahren nach § 56 Zisf. 2 RAGO.; dabei ist zu berücksichtigen, daß der Rechtsanwalt, der nur mit diesen Tätigkeiten betraut ist, nur diese Gebühren erhält; ist er jedoch allgemein mit der Vertretung beauftragt, so erhält er diese 10/10* Gebühr neben der Gebühr des §55 RAGO. zu 6/10 bzw. 4/ioVgl. §§ 189, 230 Abs. II, 236 KO., § 43 GKG.

Zu Nr. 387. Voraussetzungen für den Antrag eines Gläubigers auf Ver­ werfung eines Zwangsvergleichs: § 188 Abs. I KO. Der Antrag ist nur zuzulassen, wenn die behaupteten Tatsachen glaubhaft gemacht werden (§ 188 Abs. II KO.). Demnach ist 'der Vergleich auf Antrag eines nicht bevorrechtigten Konkursgläubigers, welcher stimmberechtigt war oder seine Forderung glaubhaft macht, zu verwerfen: wenn der Vergleich durch Begünstigung eines Gläubigers oder sonst in unlauterer Weise zustande gebracht ist; oder wenn der Vergleich dem gemein­ samen Interesse der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger wider­ spricht. Der Antrag muß auch bei der Verhandlung über die Be­ stätigung des Zwangsvergleichs noch mündlich gestellt werden.

792

387. Antrag auf Verwerfung des ZwangSbergleichs Berchtesgaden, flöt 10. 3uni 1929.

K.R. 1/29.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

In dem Konkursverfahren Über das Vermögen de, Kaufmann. Eduard

üftrelcher hier, erscheint Kaufmann Ignaz Huber »an Frei-

i-fffng und erklär«: Am 1. b,. sm«, hat Gemeinschuldner einen Zwangsvergleichsvorschlag eingebracht; die dargelegten Gründe zu diesem Vorschlag sind jedoch nicht stichhaltig. Gemeinschuldner hat dem Hauptgläubiger Johann Moser in Reichenhall für den Fall seiner Zustimmung zum Zwangs­ vergleich nach Ablauf eine» Jahres die Bezahlung weitererlO°/o versprochen; der von dem Gemeinschuldner vorgeschobene Bürge, dessen Schwager Fabrikant Joseph Müller, ist kein zahlungsfähiaer Mann; derselbe steht selbst nicht gut, ist in mehrere größere Prozesse verwickelt und bietet keineswegs Gewähr für die übernommenen Derbindlichkeiten.

Es ist sonach der Vergleich durch Ver­ zustande gebracht worden und widerspricht dem gemeinsamen

sprechen und Begünstigung auf unlautere Weise

Interesse der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger.

Ich stelle daher

unter Vorlage

ein»

Briefes des Gemeinschuldners, aus dem die Begünstigung des Gläubigers Moser Ctfjcöt,

als

nicht

rechtigter, stimmberechtigter Konkursgläu­ biger — nachdem ich meine Forderung glaubhaft gemacht habe gemäß § 188 KO. — den Antrag: „den von de« Gemeinschuldner vor­ geschlagenen Zwangsvergleich zu ver­ werfen." De« Antragsteller wurde eröffnet, eine mündliche Wiederholung dieses Antrags im Vergleichs­

termine geboten ist.

Borgelesen, genehmigt, unterschrieben. Fgnaz Hober. Fischer, Sekretär.

793

Protokoll iw 3wa»gSvergleichS-Terwi«.

S88.

K.K. 1/29.

Protoksll ausgenommen bei dem Amtsgericht.

Amtsgericht Berchtesgaden.

Berchtesgaden,

NM

1. Juli

1929.

Gegenwärtig:

In dem Konkursverfahren

Ober-Amtsrichter

über das Vermögen de. 6bu«b Östreich«' bah,er, fanden sich zum heutigen rechtswirksam bekannt gegebenen ZwangSvergleichstermin ein: a) der Konkursverwalter ggi d°hi«r, b) der Gemeinschuldner Lbu-rb Öftre,cher ft>

Huber

als Richter,

Sekretär

Fischer,

als Gerichts­ schreiber.

Person,

c) die Mitglieder des Gläubigeraus­ schusses, d) folgende Gläubiger bzw. ihre Vertreter: 1. 3-seph Pebuei mit einer Forderung von 2ooo RM., 2. 2,na» Mendel mit einer Forderung von looo RM. usw.

Beschluß. I. In Sachen usw. wird der Zwangsvergleich ge­ richtlich bestätigt, da die beiden gesetzlichen Mehr­ heiten erreicht und Derwerfungsgründe weder gerichtsbekannt noch vor­ gebracht find.

(§§ 184—188 KO.). II. Zur Gerichts­ schreiberei. III. Zur Kostenbehandlung. Berchtesgaden, den.. 19.

Hierauf wurden die Stimmrechte, soweit erforderlich, erörtert und das Ergebnis in die beigeheftete Stimmliste und die Tabelle eingetragen.

Amtsgericht.

Huber.

bei Genehmigung des Zwangs­

A.

vergleichs: Sodann wurde festgestellt, daß bi« säm,lichen

Forderungen

im

Prüfungstermin

festgestellt wurden, weshalb

alle

vom

31. Mai c.

obengenannten Konkurs­

gläubiger stimmberechtigt erscheinen; — die anwesenden Stimmberechtigten..............beziffern

sohin die Mehrheit .... betragen, ferner daß die stimm­

berechtigten Forderungen insgesamt . . . RM. . . Pfg. aus­ machen, sohin drei Viertel . . . RM. . . Pfg.

794

Hierauf wurde über den Vergleichsvor­ schlag verhandelt, den semeinschuidner wieder­ holte. Der Verwalter erörterte die Sach­ lage und sprach sich für die Annahme des Vergleiches aus; der Gläubigerausschuß schloß sich den Anträgen des Verwalters an. Der wesentliche Inhalt des Vergleichs wurde bekannt gegeben, und das Ergebnis sofort in die beigeheftete Stimmliste ein­ getragen. Hiernach haben abgestimmt: mit „Ja" 14 Anwesende mit 20000 RM. so Pf. n „Nein 6 ff ff 8000 „ 12 ff

während 2ooo RM. zs Pf. stimmberechtigte Forderungen nicht vertreten waren. Erinne­ rungen im Sinne des § 184 Abs. 2 KO. wurden nicht vorgebracht. Beschluß. I. In Sachen usw. wird der oom Gemeinschuldner vorgeschlagene Zwangs­ vergleich hiermit ver­ worfen. (88 186, 187, 188 KO.). II. Zur Gerichts­ chreiberei. III. Zur Kostenbe Handlung.

Berchtesgaden,am.. 19.. Amtsgericht. Huber.

L. beiBerwerfung des Zwangsvergleichs:

Es wurde sodann zur Abstimmung über den Vergleich geschritten; es stimmten

a) für den Vergleich die Gläubiger Nr. i, 3,4,7,9,n-2o usw. mit einer Summe von 19000 RM., b) gegen den Vergleich die Gläubiger Nr. 2, s, e, 8, io mit einer Summe von 21000RM. Der Zwangsvergleich wurde sohin nicht angenommen; weitere Erklärungen seitens der Beteiligten wurden nicht abgegeben. Hierauf wurde sofort seitens des Gerichts der anliegende die Genehmigung — Berwersung — des Zwangsvergleichs aussprechende Be­ schluß erlassen und verkündet.

Die Erschienenen entfernten sich Abschluß des Protokolls. (L. 8.)

Huber.

vor

Fischer.

795 Gründe zu a: der von Gemeinschuldner offerierte Vergleichs­ vorschlag fand Annahme. Die Mehrzahl der im Bergleichstermin anwesenden stimmberechtigten Gläubiger hat dem Vergleiche aus­ drücklich zugestimmt. Die Gläubiger, der Verwalter und der Gläubigerausschuß wurden mit ihren Anträgen gehört (die Gesamt­ summe der Forderungen der zustimmenden Gläubiger betrug s/4 der Gesamtsumme aller zum Stimmen berechtigenden Forderungen). Verwerfungsgründe sind nicht bekannt, auch nicht vorgebracht worden. Gründe zu b: Die für das Verfahren und den Abschluß des Vergleichs gegebenen Vorschriften wurden nicht beobachtet und das Fehlende konnte nicht ergänzt werden. Der Fall der Unzulässigkeit des Zwangsvergleichs ist nachträglich eingetreten, indem usw. Die Bekanntmachung lautet: „Das Amtsgericht............... hat mit Beschluß vom das über das Vermögen de. . . er­ öffnete Konkursverfahren als durch rechtskräftige Bestätigung des Zwangsvergleichs beendigt, aufgehoben."

Zu Nr. 389. Die Mitteilung an Konkursgläubiger lautet: „Im Konkursverfahren über das Vermögen de... hat der Gemeinschuldner die Anstellung des Verfahrens gemäß §202 KO. beantragt. Dies wird den Konkursgläubigern mit dem Bemerken bekanntgegeben, daß die Aufhebung des Konkursverfahrens zu er­ folgen hat, wenn nicht innerhalb 1 Woche Widerspruch gegen den Antrag erhoben wird. Die zustimmenden Erklärungen der Konkurs­ gläubiger sind auf der Gerichts sch reib er ei zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt." Nach Ablauf dieser Frist sind der Verwalter und der Ge­ meinschuldner und der etwa widersprechende Gläubiger zu hören; der Richter hat zu diesem Zwecke einen Hörtermin anzusetzen. Nach Anhörung vorgenannter Personen beschließt das Gericht über die Aufhebung. Beschluß und öffentliche Bekanntmachung lauten: „Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom Heutigen das am ... über das Vermögen des ... eröffnete Konkursverfahren mit Zustimmung der Konkursgläubiger eingestellt." Der Schlußtermin fällt natürlich weg, doch ist eine Abrechnung zwischen Verwalter und Gemeinschuldner zu verlangen. — Tie Einstellung mangels Masse erfolgt ohne besonderen Antrag, wohl zweckmäßig nach Bericht des Verwalters. Der Be­ schluß und die öffentliche Bekanntmachung lauten: „Tas Amtsgericht hat mit Beschluß vom das über das Vermögen des ... am ... eröffnete Konkursverfahren mangels einer den Kosten des Verfahrens entsprechenden Konkurs­ masse eingestellt. —

796

389. Antrag auf Einstellung des Koukursversahrert». K.R. 1/29. Berchtesgaden, GUI 30. Juli 1929.

Gerichtsschreiberei deS Amtsgerichts Berchtesgaden. Verfügung. I. Ersuchen an die Expedi­ tionen der Amtsblätter um 3nserierung: „In dem Konkursver­ fahren über das Vermögen de.... hat der Gemeinschuldner einen

Antrag auf Einstellung de» Kon­ kursverfahrens gestellt. Dieser Antrag und die zustimmenden Er­ klärungen der Konkursgläubiger find auf der Gerichtsschreiberei niedergelegt. II. Aufforderung an Ver­ walter und Gemeinschuldner zur Erklärung über den Einstellungs­ antrag innerhalb . . . Tagen. UI. Zur Gericht« schreibe re 1 zum Vollzug. Berchtesgaden, am ... 19 . .

In dem Konkursverfahren

das Vermögen de, Kaufmann*. hier, erschein« bet meinschuldner und erklär«:

über

Eduard Ostreicher

Ich übergebe die Zustimmungs­ erklärungen aller Konkursgläubiger, welche Forderungen angemcldet haben, (oder falls die Anmeldefrist noch nicht adgelaufen ist: 3ch übergebe die Zustimmungserklärungen aller

bekannten ©laubig«) Ultb stelle geMÜst § 202 KO. den Antrag:

„Das Konkursverfahren einzu­ stellen."

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben.

Amtsgericht. Huber.

Eduard Ostreicher. Fischer, Sekretär.

Termin zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters ist auf............. anberaumt; die Schlußrechnung ist spätestens 3 Tage vor diesem Termine auf der Gerichtsschreiberei niedergelegt." Die Einstellung ist im Reichsanzeiger, der Schlußrechnungs­ termin im Amtsblatte zu veröffentlichen. §§ 202—206 KO. Vor der Einstellung soll die Gläubigerversammlung gehört werden, § 204 Abs. II KO.

F.

Die Vergleichsordnung zur Abwendung des Konkurses. Sachliche and örtliche Zuständigkeit der Gerichte. Die Amtsgerichte sind zuständig für den Vergleich zur Abwendung des Konkurses; es kommt als zuständiges Gericht dasjenige Amtsgericht in Frage, bei dem bezw. in dessen Bezirke sonst die Eröffnung des Konkursverfahrens stattzufinden hätte, das heißt, bei dem der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung und zwar seine Hauptniederlassung, oder in Ermangelung einer solchen seinen allgemeinen Ge­ richtsstand hat. Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt dasjenige, bei welchem zuerst die Eröffnung des Verfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus. Gesetz über den Vergleich zur Abwendung des Konkurse» vom 5. 3uü 1927. (RGBl. 1927 6. 139) § 1, §§ 12—18, 21 ZPO., §§ 71, 214, 238 KO.

798

390« Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens. K B. 2/1927.

Berchtesgaden, flltt

15. Oktober 1927,

Vergleichs-Ordnung.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Vor dem Gerichtsschreiber erscheint heute btr Kaufmann Johann Wernhard, Alleininhaber der Firma I. Wernhard, in Berchtesgaden, Locksteinstraße Nr. 16

und

erklärt: Beschluß. I. Schreiben an die zuständige amtliche Be­ rufsvertretung . . .

In Sachen............. ist über den Antrag de . die zuständige amtliche Be­ rufsvertretung des Han­ dels (Handwerks, Land­ wirtschaft) zu hören. Insbesondere wird daher die Vertretung er­ sucht, sich über den An­ trag unverzüglich, spä­ testens jedoch vor Ablauf 1 Woche darüber zu äußern, ob im gegebenen Falle die Voraussetzun­ gen für ein Vergleichs­ verfahren als vorliegend erachtet werden. Eine bestimmte Bertrauensperson kann gleichzeitig benannt wer­ den. II. Schuldner. ... ist zu hören. III. Als Sachverstän­ diger ist Herr.. in . ein­ zuvernehmen. IV. Termin wird an­ beraumt auf . . . 19 . . V. Zur Gerichts­ schreiberei zur La­

Ich errichtete im Herbste 1922 dahier eine Schreinerei, welche ich

allmählich vergrößerte und konnte die Früchte

meiner rastlosen Tätigkeit im Jahre 1923 in der Eröffnung

des Möbelgeschäftes Firma F. Wernhard dahier ernten. Die Firma ist handelsgerichtlich eingetragen und erreichte

in den

letzten Jahren

eine hohe Blüte mit bedeutendem

Umsätze.

Trotz alledem mußte ich am 10. Oktober 1927 meine Zahlungen einstellen, weil ich durch die wirtschaftlichen Folgen der Nachkriegs­ zeit und die dadurch hervorgerufene Kredit­ not nicht mehr imstande bin, meinen lau­ fenden Verbindlichkeiten nachzukommen unb insbesondere die demnächst fälligen Wechsel einzulüsen.

Außerdem ist zu befürchten, daß dem­ nächst wegen unbestrittener Forderungen Klagen kommen, sowie daß Pfändungen erfolgen, wodurch gerade die nachsichtigen Gläubiger benachteiligt würden.

Die Zahlungsunfähigkeit kann, wie ich bestimmt hoffe, in nächster Zeit wieder be­ hoben werden, umsomehr, wenn ein Teil meiner Geschäftsaußenstände eingeht.

übergebenen Erklärung des geht her­ vor, daß dieser die Bürgschaft für die Erfüllung des Vergleichs bis zur Höhe von 40 °/o der Gesamtforderungen über­ nimmt. Aus

der

Srotzbausmann, Adolf Lutz in Bad Reichenhall

dung des Schuldners und des Sachverständigen zu obigem Termine.

. . . ., am . . . 19 . . Amtsgericht. Schulz.

799

Mehr als die Hälfte der beteiligten Gläu­ biger, welche zugleich mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der von dem Vergleiche betroffenen Forderungen darstellen, sind mit der Eröffnung eines Vergleichsver­ fahrens einverstanden. Die gegenwärtige Finanzlage ergibt sich aus der Übersicht meines Vermögensstandes. Gleichzeitig erkläre ich, daß innerhalb des letzten Jahres vor diesem Anträge zwischen mir, meiner Ehegattin vor oder während der Ehe, meinen und meiner Ehefrau Verwandten auf- und absteigender Linie, meinen oder meiner Ehegattin vollund halbbürtigen Geschwistern oder den Ehegatten einer dieser Personen eine Ver­ mögensauseinandersetzung nicht stattgefun­ denhat, und daß ich Verfügungen über Ver­ mögensgegenstände innerhalb des letzten Jahres zugunsten einer dieser Personen nicht vorgenommen habe. Ich füge weiters an, daß innerhalb der letzten 5 Jahre vor dem heutigen An­ träge im Inlands weder eine Geschäfts­ aufsicht, ein Konkurs- oder Vergleichs­ verfahren zur Konkursabwendung über mein Vermögen rechtskräftig eröffnet noch die Eröffnung eines dieser Verfahren mangels Masse rechtskräftig abgelehnt wurde. Außerdem füge ich an, daß innerhalb der letzten 5 Jahre von mir der Offen­ barungseid nach § 807 ZPO. weder ge­ leistet noch gegen mich zur Erzwingung des Offenbarungseides die Haft angeordnet wurde. Die Richtigkeit dieser Angaben versichere ich an Eidesstatt.

800

Ich bin geboren am ir. D-,.mb-r lSes jU Traunstein.

Ich bin zahlungsunfähig geworden, hoffe aber, den Konkurs durch einen Vergleich mit meinen Gläubigern abwenden zu können auf Grund des hiermit gleichzeitig über­ gebenen Bergleichsvorschlags. Weiters übergebe ich: 1. ein Verzeichnis meiner Gläubiger, 2. ein Verzeichnis meiner Schuldner, unter Angabe der einzelnen For­ derungen und Schulden, 3. eine Übersicht meines Vermögens­ standes, 4. die schriftliche Erklärung der Mehr­ heit der an dem Verfahren beteiligten Gläubiger, daß sie mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens einverstan­ den sind, 5. die Bürgschaftserklärung de, Gr°tz»°u,menne Lutz, welcher für die Erfüllung des Vergleichs Sicherheit durch Bürg­ schaft leistet, und erkläre mich bereit, jederzeit den Offen­ barungseid zu leisten. Unter Hinweis auf die dargelegten Ver­ hältnisse stelle ich nun gemäß §§ 1, 6, 15 ff. des Ges. über den Vergleich zur Ab­ wendung des Konkurses an das Amtsgericht den Antrag: „das Vergleichsverfahren über meine Firma 3. Wernhard aNzUVldneN."

Als Vertrauensperson bringe ich den Kaufmann Johann Gruner

in Berchtesgaden

Ul

Vor­

schlag nnd bitte um seine Bestellung. Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Wernhard. Müller, Ober-Inspektor.

801 Ein Schuldner, der zahlungsunfähig geworden ist, kann zur Abwendung des Konkurses bei dem für die Eröffnung des Konkursverfahrens zuständigen Gerichte die Eröffnung eines ge­ richtlichen Vergleichsverfahrens beantragen. Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens kann auch im Falle der Überschuldung beantragt werden, wenn das Konkursverfahren im Falle der Überschuldung eröffnet werden könnte. Ist gegen den Schuldner ein Antrag auf Eröffnung des Kon­ kursverfahrens gestellt worden, so kann der Schuldner bei seiner nach § 105 Abs. 2, 3 der KO. vorgeschriebenen Anhörung die Er­ öffnung des Vergleichsverfahrens beantragen. Der Antrag kann von jeder physischen wie juristischen Person gestellt werden; auch über einen Nachlaß ist das Vergleichsver­ fahren zulässig, ebenso über einen nicht eingetragenen Verein. Zahlungsunfähig ist ein Schuldner, wenn er seine Zahlungen bzw. die Erfüllung der gegen ihn bestehenden fälligen Verbindlich­ keiten eingestellt hat. Ob im einzelnen Falle Zahlungsunfähigkeit anzunehmen ist, richtet sich nach den einzelnen Umständen. Zah­ lungsunfähigkeit ist sicher dann anzunehmen, wenn z. B. Akzepte zu Protest gehen, wenn Zahlungsaufträge nicht eingelöst werden und wenn gegen den Schuldner wegen unbestrittener Forderungen Klagen ergehen. Der Antrag um Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichs­ verfahrens wird regelmäßig vom Schuldner, seinem gesetzlichen Ver­ treter oder Bevollmächtigten gestellt; von einem Gläubiger kann er nicht gestellt werden. Ter Antrag ist entweder schriftlich einzureichen oder zu Pro­ tokoll des Gerichtsschreibers oder des Richters selbst zu erklären. Stellt der Schuldner den Antrag, so ist die Erledigung eines be­ reits vorliegenden oder später einlaufenden Konkursantrages aus­ zusetzen. über den Konkursantrag ist erst zu entscheiden, wenn der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens abgelehnt, der Ver­ gleich nicht bestätigt wird oder das Verfahren eingestellt wurde. Wird der Vergleich perfekt, ist der gestellte Konkursantrag ein­ fach hinfällig. §§ 31, 69 Abs. 3 BerglO. An dem Vergleichsverfahren beteiligt und vom Vergleiche be­ troffen werden diejenigen Gläubiger, welche nicht bevorrech­ tigte Konkursgläubiger wären, wenn statt des Vergleichsver­ fahrens das Konkursverfahren eröffnet worden wäre, sonach jene Gläubiger, deren Forderungen zur Zeit der Eröffnung des Ver­ fahrens bereits bestanden, gleichgültig, ob sie bedingt oder betagt find. Gläubiger von später entstandenen Forderungen sind vom Vergleiche ausgeschlossen und ohne Stimmrecht. Kößler, Handbuch für die Praxis.

4. Aufl.

51

802 Wenn bevorrechtigte Gläubiger bei der Realisierung ihrer For­ derungen einen Ausfall erleiden, weil die zu Gebote stehenden Be­ stände zur vollen Befriedigung nicht reichen, so sind sie wegen ihres Anspruches auf Schadensersatz am Vergleichsverfahren wie ab­ sonderungsberechtigte Gläubiger beteiligt. Gläubiger, deren Ansprüche auf einem gegenseitigen Vertrage beruhen, der zur Zeit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens vom Schuldner und vom andern Teile noch nicht oder noch nicht voll­ ständig erfüllt ist, sind an dem Verfahren nicht beteiligt. §§ 4, 30, 28, 29 Abs. 2 VerglO. Vor der Entscheidung über den Antrag hat das Gericht un­ beschadet seiner Verpflichtung nach § 9 VerglO., wenn der Schuld­ ner Handels- oder Gewerbetreibender oder Landwirt ist, die zu­ ständige amtliche Berufsvertretung des Handels (In­ dustrie), Handwerks (Gewerbes) oder der Landwirtschaft zu hörenDie Berufsvertretung hat sich über den Antrag unverzüglich, spä­ testens jedoch vor Ablauf 1 Woche zu äußern; sie kann eine Bertrauensperson benennen. Das Gericht ist jedoch an einen derartigen Vorschlag nicht gebunden. Vgl. § 20 VerglO. Gebühren: a) des Gerichts: Für das Vergleichsverfahren werden 10/10 (§ 8 RGKG.) er­ hoben. Die Gebühr ermäßigt sich auf die Hälfte, wenn das Ver­ fahren sich ohne Anberaumung eines Bergleichstermins erledigt. Bei Überleitung des Vergleichsverfahrens in das Konkursver­ fahren (§ 82 VerglO.) wird die im Vergleichsverfahren entstandene Gebühr auf die im § 42 RGKG. bestimmte dreifache Gebühr an­ gerechnet. Wird bei Beendigung des Vergleichsverfahrens die Eröffnung des Konkursverfahrens abgelehnt, so wird die Gebühr des § 41 GKG. (die Hälfte der Gebühr des § 8 GKG.) nicht erhoben. Vgl. 8 48 a RGKG. Die Gebühren werden nach dem Werte der Aktiva zur Zeit der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens er­ hoben. übersteigt der Wert der Aktiva den Gesamtbetrag der For­ derungen der am Verfahren beteiligten Gläubiger, so ist der letztere maßgebend. §48b GKG. Im Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses wird die Gebühr mit Stellung des Antrages fällig, durch den das Ver­ fahren bedingt ist- soweit die Gebühr eine Entscheidung oder son­ stige gerichtliche Handlung voraussetzt, wird sie mit dieser fällig. Schuldner der Gebühren und Auslagen ist der Bergleichs­ schuldner (§8 99 VerglO., 88 74 Abs. 1, 78 a RGKG ). Die Kosten­ berechnung erfolgt demnach nach der geringeren Masse.

803 b) des Anwalts: Der Rechtsanwalt erhält für die Tätigkeit im Vergleichsver­ fahren zur Abwendung des Konkurses die Sätze des § 9 RAGO. b es anders nach § 56 RAGO. Auf die Gebühren im Vergleichsverfahren zur Anwendung des Konkurses finden die Vorschriften der §§ 9, 11, 12 entsprechende Anwendung (§ 53 RAGO ). Tie Gebühr verringert sich um die Hälfte, wenn sich die Vertretung vor dem Bergleichstermin erledigt. Die Gebühren werden bei der Vertretung des Schuldners nach dem Aktivbetrage, bei der Vertretung eines Gläubigers nach dem Werte der Forderung unter entsprechender Anwendung des § 148 KO. berechnet. Tie Gebühren des § 58 RAGO. zu 3/io im Falle der Be­ schwerde gegen den Beschluß über Bestätigung eines Zwangsver­ gleichs (88 189, 230 Abs. II, 236 KO.) werden, wenn der Auf­ trag von dem Gemeinschuldner erteilt ist, nach dem Betrage der Aktivmasse (§ 43 GKG.) berechnet. Ist der Auftrag von einem Konkursgläubiger erteilt, so wird die Gebühr im Falle der Beschwerde gegen den Beschluß über die Bestätigung eines Zwangsvergleichs nach dem Werte der Forderung des Gläubigers berechnet (§ 59 RAM).). Vgl. 88 23, 41, 48 b RGKG., 8 61 a Abs. I und III RAGO., 8 148 KO.

5t*

804

391.

Vergleichsvorschlag. Berchtesgaden, slttt 10. Oktober 1927.

Der unterfertigte Inhaber der Firma in Berchtesgaden fichlägt hiermit feinen Gläubigern den Abschluß folgenden 3. Wernhard, Möbelfabrik

Vergleichs zur Abwendung des Konkurses sowohl über das Vermögen der Firma als auch über sein eigenes Vermögen vor: I. Gläubiger, deren Forderungen weniger als 300 RM. betragen, oder auf diesen Betrag ermäßigt werden, erhalten volle Befriedigung und erfolgt die Zahlung innkrhalb 2 Monaten nach Bestätigung des Ver­ gleichs. II. Alle übrigen am Verfahren betei­ ligten Gläubiger erhalten von dem ®t»B= Kaufmann Aböls Lutz in Bad RkichenhaU 40 °/o ihrer Forderungen zahlbar in folgenden Raten: Die erste Nate am.......................................................

1927

III. Der unterfertigte Johann Wernhmrd ver­ pflichtet sich außerdem persönlich, den am Verfahren beteiligten Gläubigern eine weitere Rate von s °/o bis zum 1. Du« 19ro zu bezahlen. IV. Die Erfüllung dieses Vergleiches wird folgendermaßen sichergestellt: a) durch selbstschuldnerische Bürgschaft des GraßKaufmanns Adolf Lutz IH Bad Reichenhall, Haupitstr. Nr. 10,

805 b) Durch Eintragung einer Hypothek auf dem dem Kauf­

mann Johann Wernhard gehörigen in Dad Reichenhall ge­ legenen Grundstücke Pl.-Rr. 46—0932 ha Gmainerstraßr.

V. Auf die Forderungen gelangen gleich­ zeitig mit den Raten die auf sie treffenden 3 "/eigen Zinsen von der Fälligkeit bis zum Tage der Eröffnung deS Vergleichs­ verfahrens zur Auszahlung. Firma 3. Wernhard.

Johann Wernhard, Inhaber.

Nach dem Gesetze muß bereits im Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens schon ein bestimmter Vergleichsvorschlag ge­ macht sein. Anträge, denen ein bestimmter Vorschlag fehlt, unter­ liegen der sofortigen Ablehnung. Ter Bergleichsvorschlag kann jeden Inhalt haben, der mit dem Begriff eines Vergleichs vereinbar ist; er kann einen teilweisen Er­ laß der vom Verfahren betroffenen Forderungen Vorschlägen oder eine Stundung oder beides vereinbaren; er kann auch darin be­ stehen, daß der Schuldner sein Vermögen oder Teile desselben zum Zwecke der Liquidation und Verteilung unter die vom Verfahren betroffenen Gläubiger diesen überläßt. Ter Vergleich muß aber, wenn ein teilweiser Erlaß der For­ derungen angestrebt wird, mindestens 30 0/0 als Bergleichsquote ge­ währen. Ter Bergleichseröffnungsantrag muß sich gleichzeitig auch darüber auslassen, ob und in welcher Weise eine Sicherstellung des Vergleichs erfolgen soll, wenn die Gewährung von Sicherheits­ leistungen auch kein unbedingtes Erfordernis ist.

806

SlSnbiger-Berzeichms.

892.

Verzeichnis der Gläubiger. A. Bom Verfahren betroffene Gläubiger.

K

Rame und Beruf

Wohnort

Be­ trag RM.

Bemerkung

Gegenstand

I. Unbestrittene Forderungen. i

Lammers Johann,

Hallthurm'

3000 Warenberechnung

Kaufmann

2 3

4

Hülzl Johann

Berchtesgaden

Wernhard Elise,

M

500 Wechselforderung Darlehen Ehefrau de» Firmen600 Inhaber»

geb. Hirsch Wernhard Gustav,

1000

Bruder de» Firmen-

Inhaber»

Lehrer

n. Bestrittene Forderungen. 1 I Bopp Anion, Ökonom I

Winkl

I 1000 I

Entschädigung

I Prozeß beim Land­ gericht Traunstein

204,27 A.

|

B. Bom Verfahren nicht betroffene Gläubiger. I. Unbestrittene Forderungen. 1 2

Huber Ernst, Ökonom Berchtesgaden München

Fa. Freundlich

2000 2000

Hyp.-Forderung Holzforderung

Teilweise Lieferung

aus schwebenden

Abschlüssen

3

Herz August, Meister Berchtesgaden

4 5

Finanzamt Krankenkasse

500

Löhne

2000 120

Steuerrückstände

Bevorrechtigte For­

derungen

..

Kassebeiträge

..

n. Bestrittene Forderungen. 1

Hahn Gebr., Holz­

Bischofswiesen

1000 20 RM. Stämme

2

Winkler Eugen, Ver­ treter

Geschästsabschluß bestritten

firma

500

Gehalt

fristlos entlassen, strengte Klage an

807

Schuldner-Verzeichnis.

393.

Verzeichnis der Schuldner.

£

Name und Beruf

Wohnort

Be­ trag

Bemerkungen

Gegenstand

NM.

I. Unbestrittene Forderungen. Jobst Johann,

2

Händler Gebr. Hauff Fa.

i

Meyer August,

Prien

800

Rosenheim

3000

Möbellieferung

Teilweise unein­ bringlich

II. Bestrittene Forderungen. Schreiner

Gmundbrücke

1000

Warenlieferung

Prozeß schwebt, weil

wegen Transport­

beschädigungen Ware

fügung

zur

Ver­ gestellt

wurde

Die Bermögensübersicht, welche beim Antrag zu über­ geben ist, teilt sich in die Übersicht des Geschäftsvermögens und in die Übersicht des Privat vermögens. Zum Geschäftsvermögen zählen: Aktiva: Grundbesitz, Warenlager, Geschäftsaußenstände, Geschäfts­ inventar für Kontor- und Ladeneinrichtung usw., Kassenbestände nebst Bank- und Postscheck-Einlagen, Wechselforderungen. Passiva: Geschäftsausfälle, Uneinbringliche Forderungen, Ge­ schäfts- und Kapitaleinlagen. Zum Privatvermögen zählen: Aktiva: Grundstücke, Hypotheken, Darlehensforderungen, Wert­ papiere, Spareinlagen, Wohnungsinventar, Wertsachen, Schmuck­ sachen. Passiva: Privatschulden, Alimentationsverbindlichkeiten.

LS4. Beschlich über die kröffmmgde» BerftleichSverfahreuS K. R. 2/27.

Berchtesgaden,

UM

19. Oktober 1927.

(Dergleichs-Derf.)

Im Vergleichsverfahren über das Amtsgericht.

Verwögen

Berchtesgaden.

Berchtesgaden,

Verfügung. I. An die Gerichtsschrei­ berei: a) Zur öffentlichen Bekannt­ machung des Eröffnungsbeschlufles und Vergleichs­ termins, b) zur öffentlichen Bekannt­ machung des Namens der Dertrauensperfon, c) aur Mitteilung des Namens der Dertrauensperfon an Schuldner und die beteilig­ ten Gläubiger, d) zur Mitteilung an die Be­ rufsvertretung. II. A u s f e r t i g u n g der ur­ kundlichen Bescheinigung über die Bestellung an die Vertrauens­ person 3. G. in B. III. Ladung zum Der gleichstermin a) de» Schuldners, b) der aus dem Gläubigerverzeichnis ersichtlichen an dem Verfahren beteiligten Gläu­ biger, c) der Dertrauensperfon unter Hinweis darauf, daß der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens nebst Anlagen und das Ergebnis der weiteren Ermittlungen auf der Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Beteiligten niedergelegt sind. IV. Statistik.

V. Kostenberechnung. ..................... am .... 19 . .

Amtsrichter.

der

Firma

3.

Wernhard

Locksteinstratze Nr. 16



M In--

Haber 3ohann Wernhard von dort erlä^l das Amtsgericht Berchtesgaden auf Antrag des Firmen-3nhabers heute den 19. Oktober 1927, vormittags io Uhr, 2o Minuten, folgenden

Beschluß. I. Es wird zur Abwendung des Konkurses das Vergleichsverfahren eröffnet. II. Termin zur Verhandlung über den Vergleichsvorschlag (Stimm­ recht der Forderungen der im Ver­ fahren beteiligten Gläubiger) wird anberaumt auf Mo««-,, den 2. 1927, vormittags 10 Uhr im Zimmer Nr. 10 des Amtsgerichts dahier. III. Als Dertrauensperfon wird beftellt: Johann ®rantr, Konsmann in Berchttogadni, Nonnihal-Straßk Nr. 1«. IV. Es wird ein GläubigerAusschuß aus r Personen bestellt, bestehend aus: 1. Kaufmann 3ohann Hölzl in Berchtesgaden, Ronnthal Nr. 40, 2. Ernst Bopp, Schreinermeister in Echellenberg, Hs.-Nr. 12,

3. Fridolin Kaiser, Baumeister in Salzburg.

Amtsgericht. Milllrr.

809

Die öffentlichen Bekanntmachungen erfolgen durch mindestens einmalige Einrückung in das zur Veröffentlichung amt­ licher Bekanntmachungen des Gerichts bestimmte Blatt; die Ein­ rückung kann auszugsweise geschehen. Tie Bekanntmachung gilt als bewirkt mit Ablauf des 2. Tages nach der Ausgabe des die Ein­ rückung oder die 1. Einrückung enthaltenden Blattes. Tie Bekanntmachung ist auszugsweise in den Deutschen Reichsanzeiger einzurücken; auch kann das Gericht weitere Bekannt­ machungen anordnen. Die öffentliche Bekanntmachung ist vorgeschrieben für den Er­ öffnungsbeschluß, ersten Vergleichstermin, Namen der Vertrauens­ person, für die Anordnung und Aufstellung eines allgemeinen Beräußerungsverbotes, die Aufhebung eines Verfahrens nach Bestäti­ gung eines Vergleichs sowie für alle den Vergleich verwerfenden oder das Verfahren einstellende Beschlüsse, wenn nicht zugleich Kon­ kurseröffnung erfolgt. Tie öffentliche Bekanntmachung gilt als Zustellung an alle Beteiligte, auch wenn besondere Zustellung vorgeschrieben ist. Der Schuldner ist dabei mit genauer Anschrift und Bezeichnung seines Geschäftszweiges anzugeben. Vgl. 88 27 Ws. 1, 42, 52 Abs. 2, 58 Ws. 2, 62 Abs. 1, 72 Ws. 1, 81 VerglO. Tie Ladung braucht nicht durch Z u st e l l u n g zu erfolgen, son­ dern kann durch Aufgabe zur Post geschehen. Tie Mitteilung des Vergleichsvorschlages durch das Gerüht ist nicht vorgeschrieben.

810

ASL.Unmeldmtg der Forderung eines beteiligten Gläubigers. K. R. 2/27.

Berchtesgaden,

QHt 8. November

1927.

(Dergleichs-Derf.)

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Verfügung.

An die Gerichts-

fchreiberei

zur

Berichtigung des Gläu-

biger-Derzeichniffes.

am . . 19 . .

Amtsrichter. Herb.

In Sachen des Vergleichsverfahrens über das Ver­ mögen der Firma 3. Wernhard IN Berchtesgaden er­ scheint heute vor dem Gerichtsschreiber der Gläubiger Ernst Bopp, Schloffermeister in Salzburg, Bahnhof-Straße Hs.-Nr. 24 und erklärt: Ich habe gegen die obenbezeichnete Firm­ eine Forderung von eoo RM. für gelieferte Patentschlösser.

Diese meine Forderung ist jedoch in das Gläubiger-Verzeichnis nicht — nur mit einem zu geringen Betrage — ausgenom­ men worden. Diese Forderung ist entstanden, weil ich der schuldnerischen Firma diese Schlösser auf vorherige Bestellung am 15. September c. gegen einmonatliches Ziel geliefert habe, bis heute aber eine Zahlung nicht erhielt.

/ Unter Vorlage eines von der Schuldnerin ./ urschriftlich anerkannten Rechnungsaus' zages melde ich gemäß § 60 VerglOrd. diese meine Forderung hiermit an und stelle den Antrag: „Diese Forderung zu eoo RM. bei der Abstimmung nach Maßgabe des § 62 VerglOrd. zu berücksichtigen und das Gläubigerverzeichnis zu berichtigen."

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Ernst Bopp. Müller, Ober-Inspektor.

Ein am Verfahren beteiligter Gläubiger, dessen Forderung in das Gläubigerverzeichnis nicht ausgenommen ist, wird bei der Mstimmung nach Maßgabe des § 62 VerglO. berücksichtigt, wenn



811



er seine Forderung bis zum Beginn der Abstimmung über den Bergleichsvorschlag schriftlich oder zu Protokoll desGerichtsschreibers anmeldet. Die Anmeldung hat den Betrag und den Grund der For­ derung zu enthalten; urkundliche Beweisstücke, z. B. Wechsel, sind in Urschrift oder Abschrift der Anmeldung beizufügen und im Ber­ gleichstermine vorzulegen. Ter Gerichtsschreiber hat das Gläubigerverzeichnis nach den Anmeldungen zu berichtigen. Bgl. §§ 60, 16 Ws. I Nr. 1, 17, 62 VerglO. Darnach können bis zur Abstimmung Forderungen, die im Gläubigerverzeichnis nicht oder mit einem zu geringen Betrage ausgenommen sind, nachträg­ lich angemeldet oder ergänzt werden. Die Anmeldung kann auch in das über den Bergleichstermin zu errichtende Gerichts-Protokoll ausgenommen werden.

812

3S6. Gesuch um Ermächtigung zur Ablehnung der

Vertragserfüllung. K.K. 2/27. (Dergleichs-Derf.)

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Verfügung. I. Wird Termin auf den .... 19 . . dahier anberaumt.

II. An die Gerichtsf ch r e i b e r e i zur Ladung: a) der Dertrauensperfon Johann Gruner, hier,

b) des Dertragsgegners Johann Hölzl, hier. . ., am . . . . 19 . . Amtsrichter.

Beschluß. I. Sn Sachen usw. wird dem Anträge des Schuldners . . . . in . . . vom . . 19 . . nach Anhörung der Dertrauensperson und des Dertragsgegners stattgegeben und der Schuldner ermächtigt, die (weitere) Erfüllung des Ver­ trages vom . . . abzulehnen.

Berchtesgaden,

tlM 30. Oktober

1927.

In Sachen Vergleichsverfahren über das Vermögen de» Rrm- 3. W»»hard in B«rcht»gai>en erscheint heute der 3nh°b«r Kaufmann Johann Wrrnhard, Lockstein-Straße Nl.16 und erklärt:

Am 19. Oktober 1927 wurde durch diesgerichtlichen Beschluß das Vergleichs­ verfahren eröffnet. Der Eröffnungs­ beschluß wurde am 26. oweber 1927 öffent­ lich bekannt gemacht. Es beftefjt nun mit bet Holzhandlung Firma Johann Hölzl M Berchtesgaden Cltt ßCgcltfcitißet Vertrag über H°i,ueferun,, vom 1. M-i 1927, der von der schuldnerischen Firma und dem anderen Teile noch nicht (vollständig) erfüllt ist.

Nachdem die (weitere) Erfüllung des Vertrages das Zustandekommen oder II. Zur Ger ich ts schrei­ be re 1 zur Ausfertigung und die Ausführbarkeit des Vergleiches ge­ Zustellung des Beschlusses an fährden würde und die Ablehnung der die Beteiligten. dem anderen Teile keinen III. Zur Kostenberechnung. Erfüllung , v ........ ' -m 19 • • unverhältnismäßiqen Schaden bringt, Amtorichter. j ' •— ' • - ich aber mit Ermächtigung des Gerichts die (weitere) Erfüllung dieses Vertrages ablehnen kann, stelle ich gemäß §§ 28, 27 VerglOrd. an das Amtsgericht den Antrag:

„mich zu ermächtigen, daß ich die

813 (weitere) Erfüllung des Vertragevom 1. M-> 1927 ablehne." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Wernhard.

Der Gerichtsschreiber: ________________

Müller, Ober-Inspektor.

Mit Ermächtigung des Gerichts kann sich sowohl der Schuld­ ner als auch der andere Vertragsteil vom noch nicht erfüllten Ver­ trage losmache,i. Seitens des Gerichts ist zu prüfen, ob die Auf­ rechterhaltung des Vertrages, zu dessen Kündigung die Ermächti­ gung eingeholt wird, den Schuldner derart belastet, daß die Ber­ gleichsunmöglichkeit eintreten würde. Auf Miet- und Pacht­ verträge, bei denen Schuldner Vermieter oder Verpächter ist, aus Dienstverträge, bei denen Schuldner der zur Dienstleistung Ver­ pflichtete ist, finden die Vorschriften des § 28 der VerglO. keine Anwendung. Auf Miet- und Pachtverträge, bei denen Schuldner Mieter oder Pächter ist und der Miet- oder Pachtgegenstand ihm vor Er­ öffnung des Verfahrens überlassen wurde, sowie auf Dienstver­ träge, bei denen er der Tienstberechtigte ist, findet § 28 mit fol­ genden Maßgaben Anwendung: An Stelle der Befugnis zur Ablehnung der Erfüllung oder weiteren Erfüllung tritt die Befugnis, das Vertragsverhältnis ohne Rücksicht auf vereinbarte Vertragsdauer unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Bei Mietverträgen über Grundstücke oder Räume kann nur Schuldner kündigen. Wird ein Miet- oder Pachtvertrag vorzeitig gekündigt, kann das dem Vermieter oder Verpächter nach §§ 559, 581, 585 BGB zustehende Pfandrecht für einen infolge der vorzeitigen Beendigung des Vertrags erwachsenden Schadensersatzanspruch nicht geltend gemacht werden. Der Vermieter kann dem Schuldner nicht kündigen, wohl aber der Verpächter. Auch der dem Schuldner zur Leistung von Dien­ sten Verpflichtete kann die Ermächtigung zur Kündigung beantra­ gen, indem er behauptet, daß er mit Rücksicht auf die unsicheren Verhältnisse des Schuldners gezwungen ist, sich um eine ander­ weitige Stellung umzuschauen und sich so vom Vertrage lossagen. Unberührt bleibt ein vorzeitiges gesetzliches oder vertragliches Kün­ digungsrecht. Wird die Erfüllung oder weitere Erfüllung eines gegenseiti­ gen Vertrages nach § 28 VerglO. abgelehnt, oder ein Miet-, Pacht­ oder Dienstvertrag nach § 29 Abs. II vorzeitig gekündigt, kann der Bertragsgegner des Schuldners Schadensersatz wegen Nichterfül­ lung verlangen. Er ist mit seinem Ersatzanspruch am Vergleichs­ verfahren beteiligt und wird vom Vergleich betroffen.

814

897. Antrag eines beteiligten Gläubigers ans Verwerfung des Vergleichs. K. R. 2/27. (Dergleichs-Derf.)

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Verfügung. I. Ladung des N. N. in B. auf............. , den ... 19 . . mit der Auflage zur Glaub­ haftmachung feines Antrags Unterlagen und Nachweise vorzulegen. II. Zur Gerichtsschrei­ berei ....................... , am . . . 19 . . Amtsrichter.

Berchtesgaden, llM

20. November 1927.

In dem Vergleichsverfahren über das Vermögen der s»ma 3. Wemh-ri» in Berchtttgod«» erscheint heute vor dem Gerichtsschreiber d« Gläubiger «-usm-n» Ernst Hubrr in Berchtesgaden, Lo.ftrln-Straße Hs.-Nr. 16 und erklärt:

Am 19. Nooemdrr 192? wurde das ge­ richtlich durchgeführtc Vergleichsver­ fahren durch Annahme eines Vergleiches, nach welchem die Gläubiger mit so"/» äbgefunden wurden, beendet.

Nachdem aber erwiesenermaßen dieser Vergleich auf unlautere Weise, insbeBrschiutz. sondere durch Begünstigung mehrerer ift' dab'd^D.rgV oam Gläubiger zustande gebracht worden ist, . . . unlautere Begünstig»»-

bo diese Gläubiger mit 5O«/o insgeheim abgefunden

nachdem weiters der fragliche Vergleich dem gemeinsamen Interesse sq'usie-^n"di. ULK der beteiligten Gläubiger widerspricht, so in. Kostenberechnung. stelle ich gemäß § 68 Abs. II VerglOrd. ................. em • • •19 • • an das Amtsgericht D»rchi.»,d»n den Amtsrichter. Antrag: HK?MÜ »r-

worden find,

roorf‘"-

„Den mit so0/» angenommenen Vergleich zu verwerfen." Vorgelesen, genehmigt, unterzeichnet. Ernst Huber.

Müller, Oberinspektor.



816



Vgl. 88 68 Ws. II, 79 ff. VerglO. Die Verwerfungsgründe setzen den Antrag eines beteiligten Gläubigers voraus. Ter Vergleich ist ohne Antrag zu ver­ werfen, wenn die gegebenen Vorschriften in wesentlichen Punkten nicht beobachtet wurden, wenn der Schuldner flüchtig ist, oder wenn gegen ihn Untersuchung wegen betrügerischen Bankrotts anhängig ist oder Hierwegen bereits ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Der Vergleich muß allen von ihm betroffenen Gläubigern gleiche Rechte gewähren, jedes bevorzugende Abkommen mit einzelnen Gläubigern ist nach 8 5 VerglO. nichtig. Heimliche be­ sondere Zuwendungen an einzelne Gläubiger bringen den Vergleich zum Scheitern, abgesehen davon, daß auch eine strafbare Handlung nach 8 96 VerglO. vorliegt. Die Einstellung des Verfahrens ist zulässig bis zur Verkün­ dung des Bestätigungsbeschlusses.

816

398. Antrag des Schuldners ans Einstellung des BergleichsversahrenS. K. R.

2/27.

Berchtesgaden,

tlM

24. Oktober 1927.

(Vergleichs-Verfahren.)

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

D e s ch l u tz. I. 3n usw. wird das Vergleichs­ verfahren eingestellt, nachdem Schuldner seinen Antrag zurück­ genommen hat. Die Kosten hat der Schuldner zu tragen. §§ 79, 80, 81, 12, 69 Abs. 2 u. 3 Dergl.Ord. § 91 ZPO. II. Zur Gerichtsschreiber ei a) zur Zustellung des Be­ schlusses: 1. an den Schuldner, 2. an die Dertrauensperson, 3. an die beteiligten Gläu­ biger. b) zur öffentlichen Be­ kanntmachung durch einmalige Einrückung in den Münchener Neuesten Nach­ richten und auszugsweisen Bekanntmachung im Deut­ schen Reichs anzeiger.

III. Statistik.

IV. Kostenberechnung. ........................

am..............19 . .

In dem Vergleichsverfahren

über das Vermögen bet strm« g. W-rnhard in Berchtesgaden erscheint vor dem Gerichtsschreiber derSirm«n-gnh-bng«h-nn Wernhard, dahier, Lockstcln-Straße Nr. 16 und erklärt: Am 19. Oltober 1927 wurde auf meinen Antrag vom is. b». ant», vom Amtsgerichte Berchtesgaden wegen Zahs lungsunfähigteit der Firm- g. Wernhard das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet. Nachdem es mir inzwischen möglich wurde, mit sämtlichen Gläubigern außergerichtlich abzuhandeln «»d durch Beihilfe eines Verwandten sämtliche Gläubiger zu befriedigen, nehme ich meinen Antrag vom is. Oktober 1927 hiermit zurück und stelle gemäߧ79 VerglOrd. den Antrag:

„Das Vergleichsverfahren, das über meine Firm- verhängt wurde, einzustellen."

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Wernhard. Müller, Oberinspektor.

Tas Vergleichsverfahren ist einzustellen nach § 79 VerglO. Wird das Verfahren eingestellt, ist zugleich über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden. Für diese Entscheidung gilt der

817 Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens als Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens, der nicht zurückgenommen wer­ den kann. Die Entscheidung über die Einstellung des Vergleichs­ verfahrens und die Entscheidung über die Eröffnung des Konkurs­ verfahrens werden erst mit der Rechtskraft wirksam. Der Beschluß, durch den das Vergleichsverfahren eingestellt wird, ist, wenn der Konkurs nicht eröffnet wird, nach Rechts­ kraft dem Schuldner, der Bertrauensperson und jedem an dem Verfahren beteiligten Gläubiger zuzustellen und nach Maßgabe des § 12 öffentlich bekannt zu machen. Die Vorschriften des § 69 Abs. II, III VglO. finden entsprechende Anwendung.

Köhler, Handbuch für die Praxis.

4. Aust.

52

818

899. Antrag des Schuldners ans einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. K.R. 2/27. Berchtesgaden,

(DerglDerf.)

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Beschluß. I.

In

usw.

Sachen

werden die Zwangsvoll­ streckungen gegen .... für die Dauer des Ver­

gleichsverfahrens einst­ weilen eingestellt und die angesetzten Dersteigerungstermine

hoben. II. Zur

aufge­

Gerichts­

schreiberei zur Zu­ stellung des Beschlusses an die Beteiligten.

III. Kostenberechnung. ..............

am ... 19 . .

ÜM

18. Oktober

1927.

In dem Vergleichsverfahren

über das Vermögen de» sum- 3. W«nh-» in Berchtesgaden, Inhaber Johann Wernhard vvn dort, erscheint heute vor dem Gerichtsschreiber der Schuldner . . . und erklärt: Wie aus übergebener Bescheinigung der Gerichtsschreiberei ersichtlich, ist am ls-otiowr 1927 das Vergleichsverfahren über meine Firma eröffnet worden. Seit 15. Oiitoder 1927 wurden die Zahlungen eingestellt. Von feiten folgender Gläubiger: 1. Jakob Herber, Privatier in Salzburg,

2. Johann Bopp, Kaufmann in Reichenhall, 3. Ernst Kern, Schlossermetster in Berchtesgaden

wurden auf Grund der inzwischen er­ wirkten Urteile bereits Zwangsvollstreckun­ gen vorgenommen. Die Abschriften der Pfändungsprotokolle werden übergeben.

Dollstreckungsgericht.

Da diese Vollstreckungen binnen 30 Tagen vor Stellung des Antrages auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens er­ folgten, sind die Gläubiger an dem Ver­ fahren beteiligt und nicht vom Vergleiche betroffen. Nach § 33 BerglOrd. sind die zur Zeit der Eröffnung des Vergleichsverfah­ rens anhängigen Zwangsvollstreckungen für die Dauer des Verfahrens einstweilen einzustellen, ohne daß es einer gerichtlichen Verfügung bedarf.

819 Gerichtsvollzieher Schuster in Berchtesgaden hat aber die Aufhebung der von ihm anberaumten Termine zur Zwanasverfteigerung verweigert, weil er nicht wisse, ob die Pfändungsglaubiger nicht etwa zu den am Vergleichsverfahren nicht beteiligten Gläubigern gehören. Das ist nicht der Sall. Die Gläubiger sind in dem Verzeichnis der am Verfahren beteiligten Gläubiger angegeben.

Gemäß § 8 Abs. II VerglOrd. stelle ich daher den Antrag: „Die Zwangsvollstreckungen auf die Dauer des Vergleichsverfahrens einst­ weilen einzustellen." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Wernhard. Müller, Ober-Inspektor.

Zwangsvollstreckungen, die zur Zeit der Eröffnung des Ver­ gleichsverfahrens zugunsten eines an ihm beteiligten Gläubigers gegen den Schuldner anhängig sind, sind für die Dauer des Ver­ fahrens einstweilen einzustellen. Tas gleiche gilt für Zwangsvoll­ streckungen zugunsten solcher Gläubiger, die nur deshalb an dem Vergleichsverfahren nicht beteiligt sind, weil ihre Ansprüche nach § 63 KO. im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden können. Die einstweilige Einstellung nach § 33 Abs. I der VerglO. ist nicht vom Bergleichsrichter, sondern von dem Vollstreckungsrich­ ter anzuordnen. Tie endgültige Einstellung und die Auf­ hebung der Bollstreckungsmaßnahme nach Eröffnung des Vergleichs­ verfahrens beschließt das Vergleichsgericht. Die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen wird insbeson­ dere dann erfolgen müssen, wenn eine Verfügung über die gepfän­ deten Gegenstände zur Aufrechthaltung eines geordneten Geschäfts­ betriebes, an dem auch sämtliche Gläubiger ein Interesse haben, dringend notwendig erscheint. Unzulässig ist die Anstellung, wenn die Zwangsvollstreckungen erfolgt sind für bevorrechtigte Gläubiger und diesen gesetzlich gleich­ gestellte Personen, oder für Gläubiger, deren Vollstreckungsmaß­ nahmen mehr als 1 Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens erfolgt sind. Außerdem ist auch der Gerichtsvollzieher beim Nachweise, daß die Eröffnung des Vergleichsverfahrens erfolgt ist und die gläubigerische Forderung vom Verfahren betroffen wird, auch ohne be­ sondere Anordnung des Vollstreckungsgerichts in der Lage, die Zwangsvollstreckung einstweilen zu unterlassen und den Versteige­ rungstermin aufzuheben. Zur Zwangsvollstreckung gehört auch der Arrestvollzug oder eine einstweilige Verfügung. Vgl. 88 3, 33 Ms. I, 34 VerglO.

820

400.

Antrag der BertraneuSperfou auf endgültige Ein­ stellung der TwangSvollstreckung. Berchtesgaden, tlM 18. November 1927.

K.R. 2/1927. (Dgl. Derf.)

In Sachen Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Verfügung. I. 3n Sachen usw. werden die Zwangsvoll­ streckungen gegen . . . . endgültig eingestellt und die bisherigen Doll­ streckungsmaßnahmen bzw. die angesetzten Derstetgerungstermine auf­ gehoben. II. Zur Gerichtsfchreiberei zur Zu­ stellung des Beschlusses an die Beteiligten. III. Kostenberechnung.

............. . am . . . . 19 ..

Amtsgericht.

Vergleichsverfahren über das Vermögen de» $irmo 3. Wernhard in Berchtesgaden, Firmeninhaber 3°h-nn Wernhard von dort, erscheint heute vor dem Gerichtsschreiber die gericht­ lich bestellte Bertrauensperson Ka»fn,>n>3h-»n Gruner ttl Berchtesgaden

11116 erklärt 1

Die nachfolgenden Gläubiger: 1. Eugen Christ, Kaufmann in Bischofswiesen usw.

haben vor Stellung des Antrags auf Er­ öffnung des Vergleichsverfahrens Zwangs­ vollstreckungen betätigt. Pfändungsproto­ kolle werden übergeben, nach denen wegen der in Frage stehenden Forderungen bereits ein Teil des

Warenlager»

bet Schuldnerin gepfändet wurde.

Schuldnerin benötigt aber dringend zur Fortführung des

Geschäftes diese Warenbestände und das Derfügungsrecht über

Außerdem ist es im Interesse aller im Vergleichsverfahren beteiligten Gläu­ biger, zu welchen auch die besagten Pfän­ dungsgläubiger gehören, daß der Geschäfts­ betrieb nicht beeinträchtigt und Schuldnerin die Kaufsgeschäfte erledigen kann.

dieselben.

Die Pfändungen sind auch, wenn es nicht zum Vergleiche, sondern zum Kon­ kurse kommen sollte, nach § 84 der VerglO. für die Gläubiger unwirksam. Ich stelle daher als bestellte Vertrauens­ person gemäß § 33 Abs. II der VerglO. an das Amtsgericht Berch«-»«-»-» den Antrag:

821 „Die Zwangsvollstreckungen end­ gültig einzustellen und die Voll­ streckungsmaßnahmen aufzuheben."

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben: Johann Gruner.

Müller, Ober-Inspektor.

Tas Vergleichsgericht kann die endgültige Einstellung und die Aufhebung der Vollstreckungsmaßregeln auf Antrag der Ver­ trauensperson anordnen, wenn die Verfügung über den von der Vollstreckung betroffenen Gegenstand im Interesse der an dem Vergleichsverfahren beteiligten Gläubiger geboten ist. Tie Einstellung ist unzulässig, wenn die Zwangsvollstreckungen für bevorrechtigte Gläubiger und diesen gesetzlich gleichgestellte Gläubiger, welche vom Verfahren gar nicht betroffen sind, er­ folgt sind. Hat ein Gläubiger später als am 30. Tage vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens durch Zwangs­ vollstreckung eine Sicherung oder Befriedigung erlangt, so wird, so­ fern die Voraussetzungen des § 3 Abs. II oder III zutreffen, mit der Eröffnung des Konkursverfahrens diese Sicherung unwirksam und ist das zur Befriedigung Erlangte nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszu­ geben.

822

401. Antrag des Schuldners auf Bestellung eine» GlinbigerauSfchnffeS. K.R. 2/1927. (Dgl. Drrf.)

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Berchtesgaden, llM 24. Oktober 1927.

In dem Vergleichsverfahren

über das Vermögen der sirm. 3. W«n,h«d in Drrchtr,,»i>.« erscheint heute vor dem Gerichts­ schreiber Johann Wenchard, Kaufmann hier, et* Inhaber der schnldxertsche» Firma Und

erklärt •

Nachdem der besondere Umfang deS schuldnerischen Unternehmens die Bestellung eines Gläubigerausschusses geboten er­ scheinen läßt, stelle ich gemäß § 48 der BerglO. an das Amtsgericht B»rchte*,aden, als Vergleichsgericht, den Antrag:

»Zur Unterstützung und Überwachung der Vertrauensperson aus der Zahl der am Vergleichsverfahren beteiligten Gläubiger oder ihrer Vertreter einen Gläubigerausschuß zu bestellen." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Wernhard. Müller, Ober-Inspektor.

Tas Gericht kann zur Unterstützung und Überwachung der Vertrauensperson aus der Zahl der am Vergleichsverfahren beteiligten Gläubiger oder ihrer Vertreter einen Gläubigerausschuß bestellen, wenn der besondere Umfang des Unternehmens des Schuld­ ners dies geboten erscheinen läßt. ~ Ein Gläubigerausschuß ist zu bestellen, wenn der Schuldner selbst oder die im § 16 Abs. I Nr. 4 bezeichnete Gläubigermehr­ heit oder aber die Bertrauensperson selbst es beantragen. Tas Gericht kann die Bestellung zum Mitglied des Aus­ schusses jederzeit widerrufen; es ist an die Zahl der vorgeschlage-



823

-

neu Mitglieder nicht gebunden; es kann diese erhöhen oder be­ schränken, wenn hiefür besondere Gründe vorliegen. Die Mitglie­ der des Ausschusses sind für die Erfüllung ihrer Pflichten dem Schuldner und den an dem Vergleichsverfahren beteiligten Gläu­ bigern verantwortlich. Ein Beschluß des Ausschusses ist gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlußfassung teilgenommen hat und der Be­ schluß mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt wurde. Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind berechtigt, die Bücher und Geschäftspapiere des Schuldners und der Vertrauens­ person einzusehen und Aufklärung über hierbei sich ergebende Fra­ gen zu verlangen. Tie Mitglieder des Gläubigerausschusses haben Anspruch auf Erstattung ihrer baren Auslagen nicht aber auf Vergütung für ihre Tätigkeit. Vgl. §§ 48, 49, 50 Abs. II, 67 Abs. II VerglO.

824

402. Sofortige Beschwerde wegen Ablehnung der Eröffnung des Vergleichsverfahrens und gegen die Entscheidung über Verwerfung des Vergleichs nnd Eröffnung des Konkurs­ verfahrens. K.B. 2/27.

Berchtesgaden,

Qltt 4. November

1927.

(Dergl.-Derf.)

In Sachen Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Vergleichsverfahren über das Vermögen der Firma 3. Wernhard,

Möbelfabrik in Berchtesgaden,

erscheint heute vor dem Gerichtsschreiber der 3nhater der schuldnerischen Firma, Kaufmann Johann

Wernhard dahier.

Verfügung. I. Wird

Antrag

mit

den Akten dem Land­ gerichte Traunstein hier­

mit in Vorlage gebracht. II. Aktenversendung ist

vorzumerken. ............. .

am ... 19 . .

Amtsgericht. Schulz.

Und

erklärtI

Durch Beschluß des Amtsgerichts Berchieagadeu V0M 30. Oktober 19z7 WUlde s a) Die Eröffnung des Vergleichsver­ fahrens abgelehnt und das Konkurs­ verfahren eröffnet. Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens wurde zu Unrecht abgelehnt. Gegen diese Entscheidung lege ich hiermit gemäß § 24 VerglOrd. die sofortige Beschwerde ein. b) Der Vergleich verworfen und das Konkursverfahren eröffnet. Der Vergleich wurde zu Unrecht ver­ worfen. Gegen diese Entscheidung lege ich hiermit gemäß § 71 VerglOrd. die sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung füge ich an: usw. Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Wernhard.

Müller, Ober-Inspektor.

825 Zu a: Wird die Eröffnung des Vergleichsverfahrens abge­ lehnt, so ist zugleich über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden. Beide Entscheidungen können im gleichen Be­ schlusse erfolgen. Für diese Entscheidung gilt der Antrag auf Er­ öffnung des Vergleichsverfahrens als Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens, der nicht zurückgenommen werden kann. Gegen die Entscheidung über die Konkurseröffnung steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Solange die Entscheidung auf Ablehnung des Vergleichsver­ fahrens noch nicht ergangen ist, ist die Rücknahme des Antrages auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens zulässig. Mit der Be­ schwerde kann auch geltend gemacht werden, daß die Eröffnung des Vergleichsverfahrens zu Unrecht abgelehnt worden sei. Zu b: Wird der Vergleich verworfen, so ist zugleich über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden. Für diese Ent­ scheidung gilt der Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens als Antrag auf Konkurseröffnung, der nicht zurückgenommen wer­ den kann. Gegen die Entscheidung über die Konkurseröffnung steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Mit ihr kann geltend gemacht werden, daß der Vergleich zu Unrecht verworfen worden sei. Die Entscheidung, die den Vergleich verwirft, und die Ent­ scheidung über die Konkurseröffnung werden erst mit der Rechts­ kraft wirksam. Gebühren: Für das Verfahren in der Beschwerdeinstanz wird nach § 48 c RGKG. nur die halbe Gebühr (§ 8) erhobenVgl. § 38 Ms. II GKG.

826

408, Antrag eines beteiligten Gläubigers nm Anordnung von verfüguugsbeschranknngen gegen Schuldner. K.R. 2/27.

Berchtesgaden,

UM 30. Oktober 1927.

(Dergl.-Derf.)

Gerichtsschreiberei der Amtsgerichts Berchtesgaden. Beschluß. I. Einholung der Äußerung der Berufsvertretung. II. Wird an den Schuldner ein allgemeines Beräußerungsverbot erlassen — wird dem Schuldner die Verfügung über einzelne Dermögensgegenstände — verboten. III. Dieses Beräußerungsverbot ist in das Grundbuch einzutragen.

In dem Vergleichsverfahren über das Vermögen der sinn« 3. W.n>. Hard in Derchte»gad»n erscheint heute vor dem Gerichtsschreiber d« an dem Verfahren nachgewiesenermaßen be­ teiligte Gläubiger 3-hann ©aftroirt in ®main und erklärt: Durch Mitteilung de» Privatiers Ernst Baumann

in Winkl erfuhr ich, daß der Inhaber der schuld­ nerischen

Firma

in

letzter Woche ein wertvolles

Buffet an den Hotelier Max Kern in Reichenhall

IV. Ersuchen an das Grund­ buchamt. V. Zur Gerichtsfchreiberci -ur öffentlichen Bekanntmachung

verkaufte und diese Lieferung geheim betätigte, sowie

a) im Amtsblatte b) auszugsweise im Deutschen Reichsanzeiger

$ur Sicherung nun der gläubigerischen Forderungen stelle ich daher gemäß § 50 VerglO. an das Ber­ gleichsgericht den Antrag:

c) an den Schuldner d) an die Schuldner Schuldners.

des

VI. Zur Kostenberechnung. ...........................

am .... 19 . .

vormittags 11 Uhr. Amtsgericht.

von bestehenden Außenständen verschiedene Beträge

durch seine Ehefrau einkassieren ließ.

„an den Schuldner (strm«) ein allgemeines Veräußerungsverbot zu erlassen." Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Winkler.

Müller, Oberinspektor.

Bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens hat das Gericht zu prüfen, ob und welche Verfügungsbeschränkungen dem Schuldner aufzuerlegen sind. Das Gericht kann jederzeit während des Ver­ fahrens von Amtswegen oder auf Antrag der Bertrauensperson, eines Mitglieds des Gläubigerausschusses oder eines an dem Ver­ fahren beteiligten Gläubigers Berfügungsbeschränkungen anordnen. In den meisten Fällen wird das Gericht vor der Entscheidung die Äußerung der Berufsvertretung einholen.

827

Die Verfügungsbeschränkungen können darin bestehen, -aß an den Schuldner ein allgemeines Veräußerungs­ verbot erlassen wird oder daß dem Schuldner die Verfügung über einzelne Bermögensgegenstände verboten wird; durch die erstere Maßnahme wird jede geschäftliche Tätigkeit des Schuldners unterbunden. Dieses allgemeine Veräußerungsverbot ist in das Grundbuch einzutragen bei den Grundstücken, als deren Eigentümer der Schuldner im Grundbuch eingetragen ist; ferner bei den für den Schuldner eingetragenen Rechten an Grundstücken oder an einge­ tragenen Rechten, wenn nach der Art des Rechtes und den obwal­ tenden Umständen bei Unterlassung der Eintragung eine Beein­ trächtigung der an dem Vergleichsverfahren beteiligten Gläubiger zu besorgen ist. Das Vergleichsgericht hat, soweit ihm solche Grundstücke oder Rechte bekannt sind, das Grundbuchamt von Amts wegen um die Eintragung zu ersuchen; die Eintragung kann auch von der Bertrauensperson beantragt werden. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner während des Bestehens des allgemeinen Veräußerungsverbots ein Grundstück, ein Recht •an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Rechte er­ wirbt. Diese Eintragungen sind gebührenfrei. Tas allgemeine Veräußerungsverbot hat die Wirkung, daß Verfügungen, die der Schuldner nach seinem Erlaß über sein Ver­ mögen trifft, den am Vergleichsverfahren beteiligten Gläubigern gegenüber unwirksam sind; das Verbot der Verfügung über ein­ zelne Bermögensgegenstände hat die Wirkung, daß die Verfügung über den Gegenstand den am Vergleichsverfahren beteiligten Gläu­ bigern gegenüber unwirksam ist. Ist dem Schuldner die Verfügung über einen Anspruch, ins­ besondere die Einziehung einer Forderung verboten worden, so ist -as Verbot auch dem Verpflichteten zuzustellen und hat ihm das Gericht die Leistung an den Schuldner zu verbieten. Eine angeordnete Verfügungsbeschränkung ist aufzuheben, wenn für sie kein Bedürfnis mehr besteht. Die Aufhebung ist in derselben Weise zuzustetten, öffentlich be­ kanntzumachen und in das Grundbuch einzutragen, wie die An­ ordnung. Wenn die Bertrauensperson die Zustimmung erteilt, kann der Schuldner trotz Verfügungsverbots seine Verfügungen treffen. Bezüglich des allg. Veräußerungs-Verb, siehe §§ 25, 51, 52, 53, 54 BerglO.; bezügl. der Verfügungsbeschränkungen §§50, 51, 56, 57, 58 BerglO.; bezügl. des Verbots der Verfügung über ein­ zelne Bermögensgegenstände §§ 51, 55 BerglO. Vgl. §§ 11, 12, 52 Abs. II, 53, 55 Abs. III VerglO.; §§ 892, 893, 135 Abs. II BGB.

828

404. Sofortige Beschwerde Wege« Festsetzung der Gebühre» »ttb Auslagen sowie wegen OrdnungSstrase-Berhäng««gegen die Vertraueuspersou. K.R. 2/1927.

Berchtesgaden, UM 28. November 1927.

(Dgl. Ders.)

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Berchtesgaden.

Verfügung zu a.

I. Zur Abhelfung der Beschwerde besteht kein Anlaß. II. Wird der Antrag mit den Akten dem Land­ gericht Traunstein hiermit in Vorlage ge­ bracht. III. Aktenversendung ist vorzumerken. . . .

am . ... 19..

Amtsgericht als Dergletchsgericht.

Verfügung zu b. I. Ladung der Dertrauensperfon zur Ein­ vernahme auf 30. No­ vember 1927, vormittag« 10 Uhr. II. Zur Gerichtsschreibere 1 zur Ladung.

. . . ., am . .. . 19 .. Amtsgericht.

In Sachen

Vergleichsverfahren über das Vermögen der Firma 3. Wernhard in Berchtesgaden erscheint heute vor dem Gerichtsschreiber die Ver­ trauensperfon Johann Gruner, Konfmann hier, Und erklärt:

a) Mit diesgerichtlichem Beschluß vom 1927 hat das Vergleichsgericht Dercht-og-den als Vergütung für meine Ge­ schäftsführung mir nur einen Betrag von iso RM. genehmigt und als Erstattung meiner angemessenen Barauslagen einen Betrag von iso RM. zugewiesen. Nachdem diese Beträge in keiner Weise mit meiner Arbeitsleistung und meinen Geschäftsreisen durch Autobenützung im Einklänge stehen, ich beanspruche als Auslagen-Ersatz einen Betrag von mindestens 3oo RM. und als Entschädigung für die umfangreiche geleistete Arbeit eine Ver­ gütung von mindestens eoo RM., lege ich hiermit gegen diese Vergütungsfestsetzungen gemäß § 46 VerglO. sofortige Be­ schwerde ein. 25. November

b) Mit Beschluß des Vergleichsgerichts vom 17. «Roeember 1927 wurde ich, weil ich versäumte die Sistierung der Zwangsvollstreckungen recht-

mit einer von loo RM. belegt.

ieiHg ,a Maugen

Ordnungsstrafe

829 Beschlub. I. In usw. wird die festgesetzte Ordnungs­ strafe hiermit wieder auf­ gehoben, nachdem die Bertrauensperson nach­ gewiesen hat, daß sie ein Verschulden ihrerseits nicht trifft. II. Zur Gerichtsschreiberei zur Zu­ stellung. . . . ., am . . .. 19 . Amtsgericht.

2ch war damals geschäftlich verreist und erhielt von der

Schuldnerin hierüber keine spezielle Mitteilung, so daß ich über die Anberaumung des Dersteigerungstermins leider nicht

im Bilde war.

Nachdem mich in meiner Eigenschaft als Bertrauensperson an der Unterlassung nicht die mindeste Schuld trifft, was ich dem Gerichte bereits mitgeteilt Habe, lege ich hiermit gegen die Festsetzung dieser Ord­ nungsstrafe gemäß § 45 VerglO. sofortige Beschwerde ein.

Borgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Gruner.

Müller, Ober-Inspektor.

Die Bertrauensperson kann vom Schuldner die Erstattung angemessener barer Auslagen und angemessene Vergütung für ihre Geschäftsführung verlangen. Die Höhe der Auslagen und der Vergütung setzt das Vergleichsgericht fest. Gegen den Beschluß findet sofortige Beschwerde statt. Das Vergleichsgericht kann der Beschwerde abhelfen. Bare Auslagen kann die Vertrauensperson auch ohne gericht­ liche Festsetzung sich erstatten lassen. Die Bertrauensperson steht unter gerichtlicher Aussicht. Das Gericht kann gegen sie Ordnungsstrafen bis zu 1000 M festsetzen und sie aus wichtigen Gründen ihres Amtes entlassen. Wichtiger Grund liegt vor, wenn der Gläubigerausschuß oder die Mehrheit der Gläubigerversammlung die Entlassung beantragt. Vor der Entscheidung ist die Bertrauensperson zu hören, welcher gegen Festsetzung einer Ordnungsstrafe sofortige Beschwerde zusteht. Das Vergleichsgericht kann dieser Beschwerde abhelfen. Vgl. §§ 46, 45, 16 Abs. I Nr. 4 VerglO. Gebühren: des Gerichts 5/io 88 48e, 38 Abs. II GKG.; des Anwalts 3/io der in den §§ 13—17 RAGO. bestimmten Gebühren für die Vertretung in der Beschwerdeinstanz. Die Gebühren werden bei der Vertretung des Schuldners nach dem Betrage der Aktiven (8 48b GKG.) und bei der Ver­ tretung eines Gläubigers nach dem Werte der Forderung unter entsprechender Anwendung des § 148 KO. berechnet (§§ 41 Mr. 1, 61 a RAGO.).

830

405. Protokoll über die Verhandlung i« Vergleichstermin. K.R.

2/1927.

Berchtesgaden, ÜM 28. November

1927.

(Dergl. Derf.)

Protokoll. Amtsgericht Berchtesgaden.

Gegenwärtig: Oberamtsrichter Aretin

als Richter, Oberfekretär Hurtig

als Gerichts­ schreiber.

In Sachen Vergleichsverfahren über das Vermögen der Firma 3. Wernhard, Berchtesgaden, In­ haber Saufmann Johann Wernhard dortselbst, waren bei Aufruf der Sache im heutigen Vergleichs­ termin erschienen: 1. Der Schuldner: Kaufmann Iahanri Wernhard in Berchtesgaden in Person,

2. der Rechtsbeistand,

Iustizrai Dr. Heinz Meyer

in München,

3. die Vertrauensperson:

Kaufmann Johann

Gruner in Berchtesgaden, Marktstratze 4,

4. die Mitglieder ausschusses :

des

Gläubigeraus­

a) Kaufmann Johann Hölzl in Berchtesgaden, b) Schreinermeister Ernst Bopp in Schellenberg,

c) Baumeister Fridolin Kaiser in Salzberg,

5.

die nachbenannten Gläubiger, Gläubigervertreter:

bzw.

a) Josef Hirsch, Brauer in Hallthurn, b) Eduard Klug, Holzhändler in Gmain,

c) Alois Laus, Kaufmann in Wiesen, d) Heinrich Ambros, Baumeister in Ach usw.

Sodann kam zur Verlesung der Ver­ gleichsvorschlag V0M 24. Olitober 1927. Auf Veranlassung des Gläubigers sofef Hirt, Gasthofbesitzcrs ist Stauben leistete der Schuld­ ner den Offenbarungseid dahin, daß « nach bestem Wissen fein Vermögen und feine Ver­ bindlichkeiten so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei und zwar sowohl in feiner Eigenschaft als Inhaber de, Firma als auch für sich persönlich.

831

Die Vertrauensperson v-h-nn Grün« legte sodann vor: notarielle Ausfertigung der Verhandlung vom ,9. Rooember 1927, Nr. 300 des Notariats München », inhaltlich dessen der Schuldner IosefWernhard zugunsten der Dertraaenrperson

Johann Gruner auf Grundstück Pl.-Rr. 486 — 4,231 lia —

Grundbuch Berchtesgaden Bd. 10 Blatt 234 die Eintragung

einer Grundschuld von 20000 RM. bewilligte und beantragte, auch dieses Grundstück der sofortigen Zwangsvollstreckung zu

unterwerfen.

Herr Gruner als Vertrauensperson erklärte, daß er sofort nach Bestätigung des Ver­ gleichs auf Grund dieser Urkunde die Eintragung der Grundschuld beantragen werde.

Die Vertrauensperson übergab ferners notariell beglaubigte Bürgschaftserklärung des Grobkaufmann» Adolf Lutz in Bad Reichenhall, Bahnhofstraße 66, nach welcher dieser 4O°/o der Gesamtforderungen übernommen hat.

An der Hand des Gläubiger-Verzeich­ nisses wurden sodann die Forderungen der am Vergleichsverfahren beteiligten Gläu­ biger besprochen, wobei unter Eintragung in das Verzeichnis diejenigen Forderungen festgestellt wurden, gegen welche ein Wider­ spruch nicht erhoben wurde. Weiters wurden diejenigen Forderungen erörtert, bei welchen ein Widerspruch er­ hoben wurde und festgelegt, ob und zu welchem Betrage ein Stimmrecht gewährt werden soll. Bei den Forderungen nachfolgender Gläubiger 1. Kurt März, Schuhmacher in Roding, usw.

kam über die Gewährung eines Stimm­ rechts zwischen dem Schuldner, den er­ schienenen Gläubigern und der Vertrauens­ person ein Übereinkommen dahin zustande, daß das Stimmrecht für diese Forderungen folgendermaßen festgesetzt wurde:

832 1. Andreas Müller, Ökonom in Winkl usw.

Dementsprechend wurde die Gewährung des Stimmrechts in dieser Höhe im Gläubigerverzeichnis eingetragen. Für die nachfolgend verzeichneten Forde­ rungen kam über die Gewährung des Stimm­ rechts zwischen den Beteiligten eine Eini­ gung nicht zustande. 1. Martin Beilhack, Fabrikant in Rosenheim, usw.

Es wurde sodann vom Gericht folgender Beschluß erlassen und verkündet: Für die Forderung des Gläubigers Beilhack wird ein

Stimmrecht in Höhe von 1500 RM. gewährt. währung des Stimmrechts für

den

Die Ge­

Gläubiger Anton

Multerer, Schlosser in Freilassing, wird abgelehnt,

worauf das Stimmrecht sofort im Gläubiger­ verzeichnis festgestellt wurde.

Hierauf wurde zur Abstimmung über den Vergleichsvorschlag geschritten. Die im Gläubigerverzeichnis aufge­ nommenen Forderungen wurden verlesen und das Abstimmungsergebnis bei den ein­ zelnen Forderungen im Verzeichnis ein­ getragen. Als Abstimmungsergebnis wurde sodann festgestellt, daß 70 Gläubiger mit Forde­ rungen von eo 000 sm für den Vergleich ge­ stimmt haben. Darunter befinden sich 10 Gläubiger mit insgesamt 4000 sm, welche nach dem Vergleichsvorschlag volle oder erhöhte Befriedigung erhalten sollen, da Forderungen bis zu 300 RM. oder Forderungen, die auf 300 RM. ermäßigt werden, in voller Höhe befriedigt werden.

Konstatiert wird, daß

He Mehrzahl der diesen

Gläubigern gegenüber zurückgesetzten Gläubiger dieser Fest­ setzung zugestimmt hat und daß die Forderungen der zurück­

gesetzten Gläubiger mehr als •/< der Gesamtsumme betragen

833

Es wurden gehört: a) der Schuldner, b) die Vertrauensperson, c) der Gläubiger-Ausschuß. Dieselben beantragten sodann in völliger Übereinstimmung, diesen Vergleich zu be­ stätigen.

Nachdem Anträge von keiner Seite mehr gestellt worden waren, wurde hierauf der anliegende Beschluß über die Bestätigung des Vergleiches verkündet. Vorgelesen und genehmigt.

Amtsgericht Aretin, Oberamtsrichter.

Berchtergade». Hurtig, OberseKretär.

Im Bergleichstermine wird über den Vergleichsvorschlag ver­ handelt, das Stimmrecht der Forderungen, soweit es bestritten wird, festgestellt und abgestimmt. Die am Vergleichsverfahren nicht beteiligten Gläubiger­ rönnen im Vergleichstermin erscheinen und sind auf ihren An­ trag zu hören. (§ 59 VerglO.) Die Forderungen der am Verfahren beteiligten Gläubiger wer­ den an der Hand des berichtigten Gläubigerverzeichnisses erörtert; der Schuldner hat sich über sie zu erklären; sie sind im Verzeich­ nis in aufzunehmen, auch wenn ausländische Währung in Frage kommt. Soweit gegen eine Forderung weder der Schuldner noch ein beteiligter Gläubiger noch die Bertrauensperson Widerspruch er­ hebt, gilt sie als stimmberechtigt. Soweit widersprochen wird, ist zu erörtern, ob und zu welchem Betrag ein Stimmrecht ge­ währt werden soll. Einigen sich der Schuldner, die im Termin er­ schienenen, am Vergleichsverfahren beteiligten Gläubiger und die Vertrauensperson nicht, so entscheidet das Gericht. Es kann seine Entscheidung auf Antrag des Schuldners, eines im Termin erschie­ nenen, am Verfahren beteiligten Gläubigers oder dec Vertrauens­ person bis zum Beginn der Abstimmung über den Vergleichsvor­ schlag ändern. Die Wirkung der Entscheidung beschränkt sich auf die Frage des Stimmrechts. In gleicher Weise entscheidet das Gericht, ob und zu welchem Betrag aufschiebend bedingte Forderungen sowie Forderungen, für Kühler, Handbuch für die Praxis.

4. Aufl.

53

834

die abgesonderte Befriedigung beanfprucht wird, zum Stimmen berechtigen. Ter Gerichtsschreiber hat nach der Erörterung einer jeden Forderung das Ergebnis in das Gläubiger-Verzeichnis ein­ zutragen. Soweit gegen eine Forderung weder der Schuldner noch ein an dem Verfahren beteiligter Gläubiger noch die Vertrauensperson Widerspruch erhoben hat, ist in d.em Verzeichnis zu vermerken, daß die Forderung anerkannt ist. (§ 62 VerglO.) Zum Abschluß eines Vergleichs ist erforderlich, daß 1. die Mehrheit der stimmberechtigten Gläubiger dem Vergleiche zustimmt und 2. die Gesamtsumme der Forderungen der z u stimmenden Gläu­ biger mindestens s/4 der Forderungen der stimmberechtigten Gläubiger beträgt. Die Mehrheiten berechnen sich nach dem berichtigten Gläu­ bigerverzeichnisse. Lautet der Vergleichsvorschlag auf einen ziffernmäßig bestimm­ ten teilweisen Erlaß von Forderungen und gewährt er den Gläubigern nicht mindestens die Hälfte ihrer Forderungen, so muß die erforderliche Gesamtsumme der Forderungen der zu­ stimmenden Gläubiger mindestens 4/s der Forderungen der stimm­ berechtigten Gläubiger betragen. Soll der Vergleich nur auf Stundung bis zur Dauer von längstens 1 Jahr nach der Bestätigung, allein oder in Verbindung mit einem Erlasse von Zinsen für die Dauer der Stundung, gehen, so genügt es, wenn die erforderliche Gesamtsumme mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen der stimmberechtigten Gläubiger beträgt. Bei der Berechnung der Mehrheiten bleibt der Ehegatte des Schuldners außer Betracht, wenn er für den Vergleich gestimmt hat. Das gleiche gilt von dem, dem der Ehegatte des Schuldners nach der Eröffnung des Vergleichsverfahrens oder in dem letzten Jahre vorher eine Forderung gegen den Schuldner abgetreten hat, soweit das Stimmrecht auf der abgetretenen Forderung beruht. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Ehegatte zu der Abtretung durch Gesetz oder durch einen Vertrag verpflich­ tet war, der früher als ein Jahr vor der Eröffnung des Ver­ gleichsverfahrens geschlossen worden ist. Ein Gläubiger kann dem Vergleichsvorschlag auch schriftlich zu­ stimmen; die Erklärung ist nur zu berücksichtigen, wenn sie dem Gericht bis zum Schlüsse der Abstimmung zugegangen ist; die Zu­ stimmung zur Eröffnung des Vergleichsverfahrens genügt als Zu­ stimmung des Vorschlags nicht. Der Bergleichstermin kann auf Antrag von 3/4 der erschienenen, am Verfahren beteiligten Gläu­ biger vertagt werden, wenn zu erwarten ist, daß der neue Ter­ min zu einem Vergleich führen wird. Ter Termin kann ferner ver-

835 tagt werden, wenn der Schuldner sich in ihm zulässigerweise hat vertreten lassen und die Leistung des Osfenbarungseides verlangt wird. Der neue Termin soll nicht über 2 Wochen hinaus an­ beraumt werden. Der Schuldner hat im Bergleichstermine per­ sönlich zu erscheinen. Unentschuldbares Ausbleiben wird regel­ mäßig einen Grund für die Einstellung des Verfahrens abgeben. Er darf sich nur vertreten lassen, wenn er glaubhaft macht, daß ihn besondere Gründe am 'Erscheinen verhindern. Auf Verlangen eines am Verfahren beteiligten Gläubigers hat der Schuldner im Bergleichstermine den Offenbarungseid zu leisten. Vgl. §§ 61 mit 66 VerglO.

Zu Nr. 406. Der angenommene Vergleich bedarf der Bestätigung des Ge­ richts. Das Gericht hat vor der Bestätigung den Schuldner, die Ver­ trauensperfon und den Gläubigerausschuß zu hören. Die Entscheidung über die Bestätigung ist in dem Bergleichs­ termin oder in einem alsbald zu bestimmenden, nicht über 1 Woche hinaus anzusetzenden Termine zu verkünden. Mit Verkündung des Beschlusses über die Vergleichsbestäti­ gung ist der Vergleich rechtswirksam, ein Beschwerderecht besteht nicht. Ein besonderer Verkündungstermin wird nur selten anzube­ raumen sein; etwa dann, wenn Zweifel bestehen, ob die erforder­ lichen Mehrheiten erreicht und die Errechnungen vom Gerichte noch nachzuprüfen sind. Der Vergleich ist zu verwerfen, wenn die für den Inhalt und den Abschluß des Vergleichs gegebenen Vorschriften sowie die Vorschriften über das nach der Eröffnung zu beobachtende weitere Verfahren in einem wesentlichen Punkte nicht beobachtet worden sind und das Fehlende nicht ergänzt werden kann; ferners wenn Schuldner flüchtig ist oder sich verborgen hält, wenn gegen ihn eine gerichtliche Untersuchung oder ein Wiederaufnahmeverfahren wegen betrügerischen Bankrotts anhängig ist, oder wenn sich er­ gibt, daß er wegen betrügerischen Bankrotts rechtskräftig ver­ urteilt worden ist. Auf Antrag eines beteiligten Gläubigers ist der Ver­ gleich zu verwerfen, wenn er unlauter, insbesondere durch Begün­ stigung eines Gläubigers zustande gebracht worden ist, oder dem gemeinsamen Interesse der beteiligten Gläubiger widerspricht. Wird der Vergleich bestätigt, ist das Verfahren aufzuheben und die Aufhebung öffentlich bekannt zu machen. Vgl. 88 67 ff. VerglO.

836

406. Gerichtsbeschluß über die Bestätigung des vergleich». K.R.

2/1927.

Berchtesgaden, GUI 28. November 1927.

(DerglDerf.)

Amtsgericht Berchtesgaden.

Verfügung. I. Zur Gerichtsschreiberetzur öffent­ lichen Bekanntmachung a) durch einmalige Ein­ rückung in dasAmtsblatt. b) durch auszugsweise Einrückung der Be­ kanntmachung im Deutschen Reichsanzeiger. II. Kostenrechnung. III. Statistik. , am . . . IS . .

Amtsrichter.

In Sachen Vergleichsverfahren über das Vermögen der Firma 3. Wernhard in Berchtesgaden, Firmeninhaber Johann Wernharb van bett wird folgender Beschluß erlassen: I. Der aus dem Vergleichsvorschlag der Schuldnerin vom is. Oktober 1927 sich er­ gebende Vergleich wird hiermit gerichtlich bestätigt, nachdem die im Bergleichstermine vom 28. November 1927 bic Mehrheit der stimm­ berechtigten Gläubiger, deren Forderungen mehr als s/< der Forderungen aller am Verfahren beteiligten Gläubiger betrugen, für den Vergleich gestimmt haben. Außerdem sind auch für die nach § 5 Abs. II BerglOrd. erfolgte bevorzugte Be­ friedigung von Gläubigern mit Forderungen bis zu 300 RM. oder von solchen Gläu­ bigern, die ihre Forderungen auf 300 RM. ermäßigten, die erforderlichen Mehrheiten vorhanden, weshalb die ungleiche Behand­ lung dieser Gläubiger zuzulassen war. II. Gründe zur Verwerfung dieses Ver­ gleiches bestehen nicht und wurden nicht vorgebracht. III. Das Vergleichsverfahren wird hier­ mit aufgehoben. §§ 5 Abs. II, 6, 68, 69 VerglOrd. Amtsgericht eetttteigebtn. Schulz, Oberamtsrichter.

Ge

Das Strafverfahren. Sachliche Zuständigkeit der Gerichte. Die Amtsgerichte sind zuständig für: 1. Übertretungen; 2. Vergehen; 3. folgende Verbrechen: a) die Verbrechen, die mit Gefängnis oder Festungs­ haft oder mit Zuchthaus von höchstens 10 Jahren allein oder in Verbindung mit anderen Strafen oder mit Neben­ folgen bedroht sind, soweit für sie nicht das Reichsgericht zuständig ist; ausgenommen sind Verbrechen des Meineids in den Fällen der §§ 153 bis 155 RStGB. b) die Verbrechen des Widerstandes nach § 119, der Falschmünzerei in den Fällen der §§ 146, 147, 149, der Notzucht im Falle des § 177, des Rückfalldiebstahls im Falle des § 244, des Raubes nach §§ 249, 250, des räuberischen Diebstahls und der räuberischen Erpressung nach §§ 252 und 255, wenn die Strafe aus den §§ 249, 250 zu entnehmen ist, der Rückfallhehlerei nach § 261 Abs. 1 und der schweren Körperverletzuug im Amte nach § 340 Abs. II RStGB. c) die Verbrechen des militärischen Diebstahls nach § 138 Abs. 2 MStGB., des betrügerischen Bankerotts in den Fällen der §§ 239, 244 KO. und der Unterschlagung fremder Wertpapiere in den Fällen der §§ 11, 12 Abs. 2 Nr. 2 des Ges. betreffend die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Wertpapiere vom 5. Juli 1896. § 24

am i. -m-r» 19». 3. Der Gerichts­ In der heutigen Sitzung wurden die für schreiber das Geschäftsjahr 19» ausgelosten und Klein. heute zum ersten Male zur Dienstleistung einberufenen Schöffen 1. Wilhelm Gerngroß, Ökonom von Langenaltheim, 2. Michael Fischer, Baumeister von Treuchtlingen,

nach § 51 GVG. beeidigt. Amtsrichter Friedrich.

Gerichtsschreiber Klein.

Die Beeidigung der Schöffen erfolgt bei ihrer ersten Dienst­ leistung in öffentlicher Sitzung; sie gilt für die Dauer des Ge­ schäftsjahres. Der Vorsitzende richtet an die zu Beeidigenden die Worte: „Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Schöffen getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben", worauf jeder Schöffe einzeln mit erhobener Rechten die Worte spricht: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe." Fähigkeit und Berufung zum Schöffenamt GVG. §§ 31—34, 52, Ablehnung und Berufung durch den Schöffen GVG. 88 35, 53. Verhinderung des Schöffen GVG. 8 54. Über die Ausschließung oder Ablehnung eines Schöffen ent­ scheidet der Vorsitzende; in der großen Strafkammer entscheiden die richterlichen Mitglieder (8 31 Abs. H StPO.).

844

408. Die Ha«PtverhaM«n- vor dem SchSffeugerichte. Form. 46.

Anz.-Derz. 112/27.

Protokoll Gegenwärtig: geführt 1. Der Ober-Amts­ in der öffentlichen Sitzung des Schöffen­ richter Friedrich, gerichts bei dem Amtsgerichte P»e«he,m am als Vorsitzender. Dien.tag, den l. März 1927. 2................................ Zur heutigen Hauptverhandlung in dem als zweiter Amts­ richter. Strafverfahren gegen Mai« Johan«, lediger Ha«»» knecht itt Pappenheim wegen Urkundenfälschung und 3. Die Schössen: a) Gerngroß Wilhelm, Ökonom in Pap­ penheim, b) Fischer Martin, Baumeister in Treuchtlingen

beeidigt nach § 51 GVG. laut geson­ derten Protokolls

Anderem ....

erschient««) bei Aufruf der Sache Angeklagte . . . persönlich, weil

der

verhaftet (aus der Untersuchungshaft vorgeführt) § 217 StPO., ferner» Rechtsanwalt Dr. Schmitt von Eichstätt Verteidiger. (Nichteinhaltung der Ladungsfrist § 228 StPO ).

als

Die vorgeladenen Zeugen (und Sachverständigen> wurden aufgerufen Ich heiße Johann Maier, bin geboren am 1. Dezember

1870, Sohn der Maurerseheleute Johann und Marie Maier,

letztere geborene Huber, lediger Hausknecht in Pappenheim,

ohne Vermögen, zuletzt bei Hotelbesitzer Dinkelmaier, dahier in Stellung, zur Zeit wegen dieser Sache in Untersuchungs­

haft (8 249 StPO.).

845 Der Vorsitzende stellte fest, Angeklagte »ich, vorbestraft ist.

daß

der

Ausschluß der Öffentlichkeit (§ 172 GDG).

Hierauf wurde der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens vom 20. Februar 1927 verlesen — die Anklage vom Vertreter der Staatsanwaltschaft mündlich vorgetragen — der Strafbefehl vom io. Februar 1927 verlesen und bekanntgegeben, daß gegen ihn rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist. . Hausknecht von Pappenheim,

wegen Diebstahl, in der . . . öffentlichen Sitzung vom I. Msrz 1929 an der teilgenommen haben: 1. Amt-richier Friedrich als Vorfitzendek,

2 3.

als zweiter Amtsrichter, a) (Serngrab Wilhelm, Ökonom in Langenaltheim,

b) Fischer Michael, Banmeister in Treuchtlingen, als Schöffen, 4. ii. Staatsanwalt Streng als Beamter der Staatsanwaltschaft, 5. Sekretiir Klein als Gerichtsschreiber, auf Grund der Hauptverhandlung zu Recht wie folgt: Roth Sustao, geb. am 28. Juli 1878 in München, ledig, Maler in Pappenheim, z. 3t. in Untersuchungs­ haft daselbst, ist schuldig eines Vergehens des Diebstahl» und wird hiewegen in eine Gefängnisstrafe von 3 Zähren, von welcher 2 Monate durch die erlittene Untersuchungs­ haft als verbüßt erklärt werden, sowie zur Tragung der Kosten des Verfahren» und der Strafvollstreckung verurteilt. Gründe: Durch das Geständnis des Angeklagten steht fest, daß er am 22. Januar 1929, als er Malerarbeiten in der Villa des Kommerzienrates Isidor Fett In Pappenheim ausführte, ein Bild von Rembrandt aus seinem Rahmen nahm, zusammenrollte und fich damit entfernte in der Absicht, das Bild, von dem ihm bekannt war, daß es einen Wert von mindestens 200 000 RM. habe, ins Ausland zu verkaufen. Er weigert sich, anzugeben, wohin er das Bild gebracht hat. Der Angeklagte ist demnach überführt, eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht, sich dieselbe rechtswidrig zuzueignen, weggenommen zu haben. Er war daher eines Vergehens des Diebstahl» gemäß § 242 RStGB. schuldig zu sprechen. 3m Strafmaß kam zugunsten des Angeklagten in Frage sein strafloses Vorleben und sein Geständnis, straferschwerend dagegen fiel ins Gewicht der hohe Wert des Gestohlenen, die Frechheit der Tat, insbesondere aber die hartnäckige Verweigerung der Rückerstattung. In Berücksichtigung all dieser Umstände erschien eine Gefängnis­ strafe von 3 Jahren als schuldangemessen. Die Anrechnung der Untersuchungshaft erfolgte gemäß § 60 RStGB. Kosten: §§ 464, 465 StGB. Friedrich,

Amtsrichter.

Die Urteile müssen längstens binnen 1 Woche nach der Ver­ kündung schriftlich abgefaßt und von den Berufsrichtern, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben, unterzeichnet sein. Die Begrün­ dung des Urteils kann auch in das Protokoll ausgenommen werden (§ 295 Abs. I u. II StPO.). Für den Inhalt der Urteile ist § 267 StPO, maßgebend. An­ leitung für die Abfassung der Urteile, Bek. vom 9. Sept. 1907, JMBl. S. 242, 245. Vgl. Bek. vom 13. Jan. 1926, JMBl. 1926 S. 28 § 64.

849

410.

Unterwerfung unter das Urteil.

Anz.-Derz. 20/27.

Gerichlsschreiberei des Amtsgerichts

Pappenhtim, OUt 5. März 1929.

v-rmittags io Uhr w Minuten.

Pappenheim.

In der Strafsache gegen Maier Johann, led. Hausknecht von Pappenheim, Diebstahl», wurde der Angeklagte Johann aus der Haft vorgeführt; derselbe erklärte:

wegen Maier

Ich verzichte auf Einlegung eines Rechts­ mittels gegen das am i. Mr, 192» gegen mich wegen Diebstahl» vom hiesigen Schiiffen-Gerichte erlassene und verkündete Urteil und unter­ werfe mich diesem Urteil. Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Johann Maier. Schroll, Sekretär.

Der nicht auf freiem Fuße befindliche Beschuldigte kann die Erklärungen, welche sich auf Rechtsmittel beziehen, zu Protokoll des Gerichtsschreibers desjenigen Gerichts geben, in dessen Gefäng­ nis er sich befindet, und falls das Gefängnis kein gerichtliches ist, desjenigen Amtsgerichts, in dessen Bezirk das Gefängnis liegt. Zur Wahrung einer Frist genügt es, wenn innerhalb derselben das Protokoll ausgenommen wird (§ 299 StPO.). Die zulässigen Rechts­ mittel gegen gerichtliche Entscheidungen stehen sowohl der Staats­ anwaltschaft wie dem Beschuldigten zu (§ 296 StPO.). Gesetzliche Vertreter eines Beschuldigten, desgleichen der Ehemann einer be­ schuldigten Frau können binnen der für den Beschuldigten laufenden Frist selbständig von den zulässigen Rechtsmitteln Gebrauch machen (§ 298 StPO.). Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels kann auch vor Ab­ lauf der Frist zur Einlegung desselben wirksam erfolgen (§ 302 StPO.). Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann jedoch ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden; auch der Verteidiger bedarf zur Zurück­ nahme der ausdrücklichen Ermächtigung (§§ 296, 302 StPO.), über die dem Privatkläger und Nebenkläger zustehenden Rechtsmittel s. §§ 390, 397, 401 StPO. 54 Köhler, Handbuch für die Praxis. 4. Aufl.

— 850

-

Vielfach werden sofort nach Verkündung des Urteils die Er­ klärungen des Angeklagten in bezug auf Rechtsmittel entgegen­ genommen und sind dann im Sitzungsprotokolle zu beurkunden. Diese Erklärung ist für die Vollstreckung des Urteils von besonderem Werte (§ 449 StPO.). Bei Verhafteten ist der Zeitpunkt (Stunde und Minute) der Unterwerfungserklärung in das Protokoll auszunehmen, da von diesem Zeitpunkt an die Strafzeit zu berechnen ist.

Zu Nr. 411. Wenn der Strafbefehl wegen einer Übertretung ausschließlich auf Geldstrafe lautet, ist das nach § 412 RStPO. ergangene Urteil, wodurch der Einspruch ohne Beweisaufnahme verworfen wurde, nicht mit Berufung anfechtbar, sondern nur mit Revision (Beschluß des Ferienstrafsenats des Obersten Landesgerichts vom 31. Juli 1926, abgedruckt in der Deutschen Richterzeitung 18. Jahrgang, Heft 10 vom 15. Dez. 1926).

851

411. Protokoll über Hauptverhaudlung bei Verwerfung des Einspruchs. Anz.-Derz. 291/1929.

Form. 49.

Gegenwärtig:

1. Amtsrichter Friedrich als Vorsitzender, 2. a)......................... b)......................... als Schössen beeidigt nach §51 GVG. laut gesondertem Proto­ koll vom................ 3. Dr. Groß II. Staats­ anwalt, als Beam­ ter der Staats­ anwaltschaft. 4. OberseKretür Hübsch alsGerichtsschreiber. Zeugen- und Sachververständigen Gebühren 12.50 RM. . . .

Verfügung: I. Das Urteil ist mit Rechtsmtttelbelehrung an Angeklagten zuzustellen. II. Wiedervorlage mit Einlauf,sonst nach Rechts­ kraft des Urteils.

, am . . . 19. . Amtsrichter.

Protokoll geführt in der .... öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Pappenheim — des Schöffenge­ richts bei dem Amtsgerichte P-pp«nheim am Dienstag, den 1. Mürz 1929. Zur Hauptverhandlung in dem Straf­ verfahren gegen Maier Johann, leb. Dienstknecht In Pappenheim,

toegctl Ruhestörung,

war . . nach Ablauf der Sache der An­ geklagte weder erschienen noch vertreten, noch — genügend — entschuldigt. Der Vorsitzende stellt fest, daß der An­ geklagte gegen den Strafbefehl des Amts­ gerichts P-ppenheim vom 11. Januar 1929 Ein­ spruch erhoben ha» und daß ihm die Ladung zur heutigen Hauptverhandlung unter Hin­ weis auf die Vorschrift des § 412 StPO, am 19. Februar 1929 richtig zugestellt worden ist.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte, den Einspruch durch Urteil zu verwerfen und die Verpflichtung de, An­ geklagten zur Tagung der Kosten des Ver­ fahrens auszusprechen. Dem erschienen«» Zeug«» und Sachver­ ständigen wurde eröffnet, daß er — sie — nicht vernommen werb«.

852 Der Vorsitzende verkündete — nach ge­ heimer Beratung des Gerichts — durch Verlesung der Urteilsformel und nachfol­ gender Mitteilung der Gründe folgendes Urteil: Der Einspruch de, Angeklagten s-h-nn Mater von Pappenhelm gkgkN dkN Strafbefehl des Amtsgerichts Pappenheim vom 11. Jamia 1929 wird verworfen. Der Angeklagte hüt die Kosten des Ver­ fahrens zu tragen. Gründe: Der Angeklagte Hai gegen den Straf­ befehl des Amtsgerichts P»pp«»h,im vom li. Januar 1929 richtig Einspruch erhoben und ist — sind — nach der Zustellungs­ urkunde Nr. 129/20 V0M 19. Februar 1929 JUt heutigen Hauptverhandlung richtig geladen worden. Er — Sie — ist ohne — genügende Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht durch einen mit schriftlicher Vollmacht ver­ sehenen Verteidiger vertreten. Der Einspruch ist deshalb nach § 412 StPO, ohne Beweisaufnahme zu verwerfen. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 465 StPO.

Amtsrichter Friedrich.

Gerichtsschreiber Hübsch.

853

412. Verhandlung, wenn keine schriftliche Anklage er­ haben wnrde.

Pratakall

Anz.-Verz. 30/27.

Gegenwärtig: 1. Der Amtsrichter

geführt in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts zu P-ppmh«im am r. MSr, 1927. In heutiger öffentlicher Sitzung wurde als Beschuldigter «u» d« Has« vorgeführt Sebastian Kolb, lediger Kaminkehrer an» München;

der­

Friedrich,

selbe gab. Über seine persönlichen Verhältnisse 2. Der Amtsanwalt vernommen, an: ZalinsKa, 3. der Gerichts­ schreiber Mühlbauer.

Sebastian Kolb, geboren am 10. März 1892 zu Bergen,

Bezirksamt Traunstein, Sohn der Bauerseheleute Joseph und

Brigitte Kolb, letztere geborne Kipf, ledig, Kaminkehrer, ohne

Vorstrafen und ohne Vermögen, seit 20. Februar l. 3s. autzer Arbeit, seit 1. März 1927 nachmittags 3 Uhr in dieser Sache in Untersuchungshaft.

Hierauf erhob der Amtsanwalt die An­ klage dahin, daß der Angeklagte hinreichend verdüchtig erscheint, am 1. März l. 3s. in Niederheim gebettelt zu haben.

Der Angeklagte wurde befragt, ob er auf die Beschuldigung etwas erwidern wolle. Er erklärte: 34 gebe zu, am l. Marz 1927 hier gebettelt zu haben, weil ich in größter Not war.

Darauf stellte der Amtsanwalt den An­ trag : Den Angeklagten einer Übertretung de» Bettel» für schuldig zu erkennen in eine Haftstrafe von 1 Tag sowie in

die Kosten zu verurteilen. Der gegen nichts einzuwenden. der Untersuchungshaft.

Angeklagte

hat

hier-

Derselbe bittet um Anrechnung

Der Amtsrichter verkündet hierauf fol­ gendes Urteil: Sebastian Kolb, geb. am 10. März 1892, lediger Kaminkehrer von Bergen, ist schuldig einer Übertre­ tung des Bettels und wird hierwegen unter Anrechnung der

bereits erlittenen Untersuchungshaft, in eine Haftstrafe von einem Tage sowie in die Kosten des Verfahrens und der

Strafvollstreckung verurteilt. (L. 8.) Friedrich.

§ 212 StPO. Halbe Gerichtsgebühr (§ 54 GKG.).

Mühlbauer.

854

413. Hnnptverhandlnng vor dem Amtsgerichte, wen« der Angeklagte vom Erscheine« entbnnde«. Anz.-Derz. 149/1929.

Protokoll geführt in der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Pappenheim,

Gegenwärtig: 1. der Amtsrichter

am

Dienstag,

den 1.

Mürz

1929.

Zur heutigen Hauptverhandlung in dem als Vorsitzender, Strafverfahren gegen 2. der Beamte der Münch Franz, Kaminkehrer in München, tVCQCU Über­ Staatsanwaltschaft tretung der Gewerbe-Ordnung, tVClt Tlttsf) Sluftllf III. Staatsanwalt Dr. der Sache der Angeklagte nicht erschienen. Groß

Stern,

Der Vorsitzende stellte fest, daß der 3. der Gerichts­ schreiber : OberseK- Angeklagte auf seinen Antrag gemäß § 233 retür Alt. StPO, wegen weiter Entfernung seines Aufenthaltsortes von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden und durch das Amtsgericht Munch«» vernommen wurde. (§ 233 Abs. II StPO.). Auch der Zeuge, Gendarmerie-Wachtmeister Franz Scharf

war nicht erschienen.

Der Vorsitzende stellte fest, d°r bet zenge Scharf inzwischen nach Kaufbeuren versetzt worden ist und

besten kommtstarische Vernehmung durch das dortige Amts­

gericht gemäß § 223 Abs. II StPO, angeordnet worden ist.

Die persönlichen Verhältnisse de, An­ geklagten wurden aus den Akten festgestellt, wie folgt: Münch Franz, geboren am 12. Dezember 1898 in München, Sohn der Schreinermeisterseheleute Franz und Ursula Münch,

geborene Kranz, lediger Kaminkehrer in München.

Sodann stellte der Vorsitzende fest, daß die Strafliste de, Angeklagten teinen Eintrag enthält.

Hierauf verlas der Vorsitzende den Straf­ befehl vom 11. Dezember 1928 und stellte weiters

855 fest, daß d«r Angeklagte gegen diesen Strafbefehl form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat. Sodann verlas der Vorsitzende das Protokoll des Amtsgericht, München vom 12. Ja­ nuar 1929 über die Kommissarische Dernehmung de, An­ geklagten und seine Angaben auf die er bei seiner Vernehmung Bezug genommen hatte. (§ 233 StPO.).

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ver­ kündete sodann der Vorsitzende folgenden

Beschluß. Es ist das Protokoll des Amtsgerichts V0M 18. Januar 1929 Übet die kvMmissarische Vernehmung de, Zeugen Fran, Schars zu verlesen, da die Gründe, die zur Anordnung der kommissarischen Verneh­ mung de, Zeugen führten, noch fortbestehen. (8 251 Abs. 2 und 3 StPO.). Kausbenren

Das Protokoll wurde verlesen und fest­ gestellt, daß der Zeuge vor seiner Ver­ nehmung gesetzlich beeidigt wurde. Sodann wurde die Beweisaufnahme ge­ schlossen. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte be» Angeklagte» wegen ein« ae«= tretung der Gewerbeordnung zur Geldstrafe von zehn Reichs­ mark, ersatzweise 2 Tage Haft sowie zur Kostentragung zu verurteilen.

Hierauf verkündete der Vorsitzende unter mündlicher Bekanntgabe der Gründe fol­ gendes Urteil: Münch Franz, geboren am 12. Dezember 1896 in München, ledig, Kaminkehrer in München ist schuldig einer Übertretung der Gewerbe-Ordnung und wird hiewegen zur Geldstrafe

856 von fünf Reichsmark, ersatzweise einen Tag Haft, sowie zur Tragung der Kosten des Verfahrens und der Strafvollstreckung verurteilt.

Es wurde öffentlich verhandelt. Der Amtsrichter (L. 8.)

Groß.

Der Gerichtsschreiber: Alt.

Das in Abwesenheit verkündete Urteil ist dem Angeklagten ge­ mäß § 35 RStPO. zuzustellen. Vgl. auch §§ 65 ff. der Dienstvor­ schriften für Strafsachen. Im vorliegenden Falle ist der Angeklagte über das ihm zustehende Rechtsmittel der Revision zu belehren, wie folgt: Das Urteil kann mit der Revision, aber nicht mit der Berufung angefochten werden (StPO. §§ 313, 334). Die Revision muß binnen einer Woche nach der Zustellung des Urteils zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder schriftlich eingelegt werden (§ 341 StPO.). Sie ist spätestens binnen einer weiteren Woche nach Ablauf der Einlegungsfrist oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil noch nicht zu­ gestellt war, nach dessen Zustellung zu rechtfertigen. Dies kann nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeich­ neten Schrift oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers geschehen (§§ 344, 345 StPO.). Eine von dem Angeklagten selbst gefertigte Schrift genügt nicht. Aus der Begründung der Revision muß her­ vorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Die Erklärungen find bei dem Gerichte, dessen Urteil ange­ fochten wird, anzubringen. Nur wenn der Verurteilte nicht auf freiem Fuße ist, genügt es zur Wahrung der Fristen, wenn die Er­ klärungen innerhalb der Fristen zu Protokoll des Gerichtsschreibers des Gerichts abgegeben werden, in dessen Gefängnis sich der Ver­ urteilte befindet, und, fatts das Gefängnis kein gerichtliches ist, des Amtsgerichts, in dessen Bezirk das Gefängnis liegt (§ 299 StPO.).

857

414. Hau-tverhandlvug in der Berufungsinstanz vor der grotze« Strafkammer.

Protokoll

Anz.-Berz. 30/29.

geführt in der . . . öffentlichen Sitzung der Gegenwärtig: n. Strafkammer des Landgerichts erstatt 1. der Vorsitzende: als Berufungsgericht am Mittwoch, den LandgerichtsdireKtor Herb,

13.

März

19».

Zur gegenwärtigen Hauptverhandlung 2. die Landgerichts­ räte: über die in der Strafsache gegen Arm stw., a) Fischer,

Dienstknecht von Monheim, tPCgClt Körperverletzung tJOttl

b) Wolf,

eingelegte Berufung gegen das Ur­ teil des Schöffengerichts Monheim vom 10. Februar 1929 war nach Aufruf der Sache der An­ geklagte mit seinem Derteidiger Rechtsanwalt Bam­ berger »an hier erschienen. Die vorgeladenen Zeugen und der Sachnerftändig- wurden aufgerufen, über die Bedeu­ tung des Eides und die strafrechtlichen Folgen des Meineides belehrt und sodann in das Zeugenzimmer entlassen. (§«>) ebenso

3. die Schöffen: a)

Gruber

Michael,

Kaufmann hier,

b) Müller Fritz, Tech­ niker hier,

beeidigt nach § 51 GVG. laut geson­ dertem Protokoll V0M 5. Januar 1929.

4. der ii. Staats­ anwalt: Müller, 5. der Gerichtsschrei­ ber : Klei«.

Angeklagten

die vom Verteidiger unmittelbar geladenen und Held.

Zeugen Müller

Berichterstatter, Landgerichtsrat hielt einen Vortrag über die Er­ gebnisse des bisherigen Verfahrens. Das Urteil erster Instanz wurde verlesen. (32a, 325) Der

Rscher,

Weiter wurde verlesen das Dernehmungsprotokoll vom 3. Januar 1929 und die Strafliste des Angeklagten.

Sodann wurde der Angeklagte ver­ nommen. (373) Er erklärte: 34 heiße Friedrich Arm, geboren am 10. März 1882, Sohn der Bauersehe­ leute Friedrich und Kunigunde Arm, letztere geborene Kern, lediger Dienstknecht in Monheim.

Bei der Verhandlung vor der kleinen Strafkammer besteht das Gericht nur aus dem Vorsitzenden und 2 Schöffen. § 74 GVG. Zuständig für Berufung gegen Urteile des Amtsrichters ist die kleine Strafkammer, gegen Urteile des Schöffengerichts die große Strafkammer des Landgerichts (§§ 74, 76 GVG ).

858 Derselbe wurde befragt, ob er noch etwas auf die Be­ schuldigung erwidern wolle (324).

Hierauf wurden die Zeugen einzeln vor­ gerufen (§59) und, nachdem sie mit dem Gegen­ stände der Untersuchung und der Person des Angeklagten bekannt gemacht waren, in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen vernommen wie folgt: 1. Zeuge Müller: nach Leistung des Zeugeneides. (62,63)

Heinrich Müller, 30 Jahre alt, verh. Ökonom von Monheim, die übrigen allgemeinen Fragen verneinend, (68) Ich habe gesehen, wie der Angeklagte vom Dienstknecht Gebhard am kritischen Abende, den 20. Dezember v. Is., als er das Gasthaus zum Dinkelmaler in Monheim verlassen wollte, eine Ohrfeige erhielt. Daraufhin gab der Angeklagte dem Gebhard mit dem Stock einen Schlag auf den Kopf, und als dieser gegen den Angeklagten das Messer zog, gab letzterer dem Gebhard noch mehrere Hiebe mit seinem Stocke, einem sog. Totschläger, auf den Kopf, daß Gebhard zusammenstürzte und vollständig bewußtlos vom Platze getragen werden mußte. Gebhard erhielt zwei klaffende Wunden.

Zur Aufklärung von Widersprüchen mit früheren Aus­ sagen wurde verlesen das Protokoll des Amtsgerichts Eich­ stätt vom 6. Febr. 1929. (252 Abs. 1.) 2. Zeuge Held: nach Leistung des Zeugeneides. Gustav Held, 28 Jahre alt, lediger Dienstknecht von Heidenheim, die übrigen allgemeinen Fragen verneinend. Zeuge Y wurde darüber belehrt, daß er die Auskunft über solche Fragen, welche durch wahrheitsgetreue Beant­ wortung gegen ihn eine strafrechtliche Untersuchung veranlaffen könnten, verweigern könne. (52, 53, 55, 56 StPO.) Hierauf stellte der Verteidiger den Antrag, die vom Angeklagten zu Gericht gebrachten Zeugen: — Folgen die Namen — darüber zu vernehmen, daß usw. Der Staatsanwalt erklärte, er habe hiegegen vorläufig nichts zu erinnern, obschon ihm die oorgeführten Entlastungszeugen vorher (222) nicht benannt worden seien; er behalte sich weitere Anträge vor. Zeugin X über das Recht der Zeugnisverweigerung be­ lehrt, erklärte, daß sie sich vernehmen laffe. Es wurde hierauf sofort Gerichtsbeschluß gefaßt und vom Vorsitzenden verkündet: Die Zeuain X, Stiefschwester des Angeklagten ist wegen des Derwanotschaftsverhältniffes zum Angeklagten (57) unbe­ eidigt zu vernehmen. Die Vorschrift des § 257 StPO, wurde beobachtet.

Darauf erklärte der Vorsitzende die Be­ weisaufnahme für geschlossen und erhielten der Staatsanwalt und der Angeklagte unt> dessen Verteidiger zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort: (326 etqso.) Der Staatsanwalt deantlügte die Berufung al» unbegründet zu verwerfen unter Uberbürdung der Kosten auf den Angeklagten.

859 Verteidiger bCQIltrQßtC

die Berufung für be­

gründet zu erkennen und den Angeklagten freizusprechen, auch demselben die notwendigen Auslagen einschließlich der gesetzlichen Entschädigung für die vorgeführten Entlastungs­ zeugen aus der Staatskasse zu erstatten.

Der Angeklagte, d« Verteidiger, hatten das letzte Wort. 026.) D« Angeklagte, befragt, ob er selbst noch etwas zur Verteidigung vorzubringen habe, erklärte: verneinte dieses, (bat, daß ihm die bisher erlittene Untersuchungshaft ganz oder teilweise ange­ rechnet werde.) (258.)

Nach geheimer Beratung des Gerichts verkündete der Vorsitzende folgendes Urteil: Die Berufung wird verworfen; bk Kosten fallen dem Angeklagten zur Last. Die Urteilsgründe wurden ihrem wesentlichen Inhalt nach mündlich mitgeteilt. (L. 8.) Herb. Klein.

Auf die Vorbereitung der Hauptverhandlung finden die Vor­ schriften der §§ 214, 216—224 StPO. Anwendung. In der Ladung ist der Angeklagte auf die Folgen des Ausbleibens ausdrücklich hinzuweisen. Die Ladung der in erster Instanz vernommenen Zeu­ gen und Sachverständigen kann nur dann unterbleiben, wenn deren wiederholte Vernehmung zur Aufklärung der Sache nicht erforder­ lich erscheint; neue Beweismittel sind zulässig. Bei der Auswahl der zu ladenden Zeugen und Sachverständigen ist auf die von dem Angeklagten zur Rechtfertigung der Berufung benannten Personen Rücksicht zu nehmen. Nachdem die Hauptverhandlung nach Vorschrift des § 243 Abs. I StPO, begonnen hat, hält ein Berichterstatter in Abwesenheit der Zeugen einen Vortrag über die Ergebnisse des bisherigen Ver­ fahrens. Das Urteil erster Instanz ist stets zu verlesen. Sodann erfolgt die Vernehmung des Angeklagten und die Beweisaufnahme (§ 324 StPO.). Bei der Berichterstattung und der Beweisaufnahme können Schriftstücke verlesen werden; Protokolle über Aussagen der in der Hauptverhandlung erster Instanz vernommenen Zeugen und Sach­ verständigen dürfen, abgesehen von den Fällen der §§ 251, 253 StPO, ohne die Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des An­ geklagten nicht verlesen werden, wenn die wiederholte Vorladung der Zeugen oder Sachverständigen erfolgt ist oder von dem An­ geklagten rechtzeitig vor der Hauptverhandlung beantragt worden war (§ 325 StPO.). Anträge des Staatsanwalts, Verteidigers und Angeklagten: § 326 StPO.

860

*15. Antrag ans Richtvollstreckung einer ««gewandelten Geldstrafe. D-ch-u, ÜM

An,-Der,. 125/29.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

1. Mai 1929.

In der Strafsache

gegen

Dachau.

wegen

Werner Philipp, Dienstknecht ttl D-ch-n, . Betrngp, erscheint der Dienftknech« Philipp

und erklärt " Durch Urteil des Amtsgerichts D-ch-n vom is.März 1929 wurde ich wegen eines Vergehens de, B-ir-g, an Stelle einer ver­ wirkten Gefängnisstrafe von 10 Tagen zu einer Geldstrafe von so RM. verurteilt. Von dieser Strafe habe ich bis jetzt so RM. abgezahlt. Werner non hier

Infolge langer Arbeitslosigkeit und Krankheit meiner

Ehest-- bin ich leider nicht in der Lage den Rest mit 20 RM. zu bezahlen. Da ich noch nicht vorbestraft bi», bitte ich von der Voll­ streckung der Ersatzfreiheitsstrafe von «Tagen G-fLngni- abzusehen. Sollte jedoch dieses mein Gesuch abge­ lehnt werden, so bitte ich mir die Rest­ zahlung auf 3 Monate zu stunden. Ich hoffe, bis dahin wieder Arbeit ge­ funden zu haben, um dann den noch schuldigen Rest bezahlen zu können. Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Philipp Werner.

Schroll, Inspektor.

Nach Anhörung der Staatsanwaltschaft kann das Gericht an­ ordnen, daß die Vollstreckung der kurzen Freiheitsstrafe unterbleibt, wenn der Verurteilte ohne sein Verschulden außerstande ist, die Geldstrafe zu zahlen oder durch freie Arbeit zu tilgen (§ 494 StPO.; § 8 b. Ges. vom 21. Dez. 1921, RGBl. 1921 S. 1604).

861

Havptverhandlimg vor de« Schwurgericht.

41«.

Protokoll

Anz.Derz. 66/29.

geführt in der öffentlichen Sitzung des Schwurgerichts bei dem Landgerichte Gegenwärtig: 1. der Vorsitzende:

München I

QM Freitag, bett 5. März 1929.

Landgerichtsdirektor Lindner,

2. die Beisitzer: a) Landgerichtsrat Verlach,

b) Landgerichtsrat Werner,

Zur gegenwärtigen Hauptverhandlung in der Strafsache gegen Schnell Fritz, Schuhmacher von Pasing, zurzeit in Untersuchungshaft, wegen Raub», war . . nach Aufruf der Sache b« Angeklagte erschienen, bzw. -u,

3. die Geschworenen, bet Untersuchung»-«?« vorgefiihrt. Als t)OH welche laut geson­ derten Protokolls wegen bestellter Verteidiger hatte sich vom 5. März 1929

beeidigt wurden, a) Kaufmann Amber­

ger Franz in Mün­ chen,

b) Privatier

Baier

Georg in Pasing,

c) Brauer FischerLud-

Amts Rechte­

anwalt Dr. Wassermann non München kingefUNdkN,

(Pflichtverteidigung § 140 StPO.)

Durch Befragung wurde festgestellt, daß bei keinem der Richter und Geschworenen ein Ausschließungsgrund nach §§ 22, 31, 32 der RStPO. vorliegt.

Di« erschienenen Zeugen und der Sach­ verständige . wurden aufgerufen, mit der Alois in Trudertng, Person de» Angeklagten und dem Gegen­ e) Ökonom König Ernst in Planegg, stände der Untersuchung bekannt gemacht, f) Händler Pfeiffer sowie über die Bedeutung des Eides und Joseph in Freising, die strafrechtlichen Folgen der Verletzung 4. der Staatsanwalt: der Eidespflicht belehrt. roig in Starnberg,

d) Gastwirt Hermann

vr.Recher,». Staats­

anwalt,

5. der Gerichtsschrei­ ber: Bornschein,

tor.

Inspek­

Di« Zeuge« wurde» aus dem Sitzungs­ saals entlassen. Der Sachverständige blieb mit allseitiger Zustimmung an­

wesend.

Die persönlichen Verhältnisse de, An­ geklagten wurden erhoben, wie im Eröff­ nungsbeschlusse festgestellt: Schnell Fritz, geboren am 10. August 1874 zu Wildenwart, Amtsgerichts Prien, außerehelicher Sohn der ledigen Tag-

862 löhnerin Anna Schnell in Wildenwart; die Mutter ist

ge­

storben; ledig, vorbestraft.

Der Vorsitzende stellte sodann die Vor­ strafen de, Angeklagten aus der Straf­ liste fest. Diese Feststellung wurde seitens de, An­ geklagten als ... . richtig anerkannt. Der Eröffnungsbeschluß vom l.sebm« 19rv wurde vom Vorsitzenden verlesen. Der Angeklagte. wollte. auf die Be­ schuldigung erwidern und erklärte . sich zur Sache: 3ch habe mich Keiner strafbaren Handlung schuldig ge­

macht; ich habe vielmehr die bei der Haussuchung vorge­ fundenen Gegenstände, welche von jenem Raubüberfall her­ rühren sollen, von einem Hausierer, den ich nicht näher Kenne,

gekauft und auf diese Weise bin ich in den Verdacht ge­ kommen, selbst den Raub ausgeführt zu haben.

Du Zeuge» wurde» einzeln vorgerufen, und der Sachverständige. wurde vernommen, und zwar zunächst zur Person, wie folgt, sodann zur Sache:

1. Zeuge,

gesetzlich beeidigt,

Wilhelm Winter, 30 Jahre alt, lediger Schutzmann in Pasing, die übrigen allgemeinen Fragen verneinend. Zur Sache: —

2.

Zeuge, gesetzlich beeidigt,

Hubert Müller, 40 Jahre alt, lediger Kassenbote

dahier, die übrigen allgemeinen Fragen verneinend. Zur Sache: —

3. Zeuge, Johann Schnell, verheirateter Kutscher in Pasing,

Bruder des Angeklagten.

Derselbe wurde über das ihm nach § 52 Ziff. 3 StPO, zustehende Recht der Zeugnisoerweigerung belehrt, worauf er

erklärte: Ich laste mich vernehmen.

Der Zeuge wurde sodann gemäß § 58 Abs. 1 StPO, zu­ nächst unbeeidigt vernommen. Zur Sache: —

4. Zeuge, Anastasia

Schwarz,

Taglöhnersfrau

in

Pasing,

Schwester des Angeklagten, erklärt nach Belehrung über das

863 ihr nach § 52 Ziff. 3 StPO, zustehende Recht der Zeugnis­

verweigerung : Ich lasse mich nicht vernehmen.

Die Zeugin wurde sodann mit allseitiger Zustimmung

entlassen. Der Staatsanwalt stellte sodann Antrag auf Beeidigung

des Zeugen Johann Schnell. auch der Angeklagte

erhoben

Sowohl der Verteidiger als hiegegen

keine Erinnerung.

Der Zeuge wurde gemäß § 58 StPO, belehrt, worauf er er­

klärte, daß er bereit sei, seine Aussage zu beeidigen.

Er

wurde sodann, nachdem er erklärt hatte, daß er an seiner

Aussage nichts mehr zu berichttgen habe, gesetzlich beeidigt. Sodann wurde der Sachverständige vorgerufen, der unter Berufung auf den von ihm allgemein geleisteten Sach­

verständigeneid (§ 79 Abs. 2 StPO.) vernommen wurde, wie folgt:

Zur Person: —

Dr. Hermann Merkel, 51 Jahre alt, verheirateter Unioersitätsprofessor, Landgerichtsarzt dahier, die übrigen allge­ meinen Fragen verneinend. Zur Sache: --

Die Vorschriften wurden beachtet.

des

§ 257

StPO,

Die Beweisaufnahme wurde geschlossen. Der Staatsanwalt beantragte, de» An­ geklagte» wegen eines Verbrechens de« Rande, (§ 249 StPO.) unter Versagung mildernder Umstände zur

Zuchthausstrafe von zwei Jahren sowie zur Kostentragung zu verurteilen, ferner auf die erkannte Strafe ein Monat der

Untersuchungshaft anzuerkennen, Haftdauer anzuordnen und

dem Angeklagten die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren abzuerkennen.

Der Verteidiger beantragte, dem AngeklagteU mildernde Umstände nicht zu »«sagen und aus eine

möglichst geringe Strafe zu erkennen und von der Aber­ kennung der Ehrenrechte abzusehen.

D« Angeklagte. wurde. befragt, ob « selbst noch etwas zur Verteidigung anzu­ führen habe ., worauf « erklärte: Ich schließe mich den Anträgen meines Ver­ teidigers an. D« Angeklagte. hatte. das letzte Wort.

864

Nach geheimer Beratung wurde nach­ stehendes Urteil verkündet, dessen Gründe durch mündliche Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts er­ öffnet wurden. Friedrich Schnell, geboren am 10. August 1874 in Wilden­ wart, ledig, Schuhmacher, seit 4. Januar 1929 in dieser Sache in Untersuchungshaft, ist schuldig

eine» Verbrechen» de» Raubes und wird Hierwegen unter Versagung mildernder Umstände zur

Zuchthausstrafe von einem Jahr, sowie zur Tragung der Kosten des Strafverfahrens und der Strafvollstreckung verurteilt. Auf die erkannte Strafe wird ein Monat der erlittenen Untersuchungshaft angerechnet. III. Haftfortdauer wird angeordnet. IV. Dem Angeklagten werden die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von fünf Jahren aberkannt. Der Angeklagte, Verteidiger und Staatsanwalt verzich­ teten nachmittag» 1 Uhr 30 Minuten auf das Rechtsmittel der Revision. Es wurde Annahmebefehl erteilt.

Es wurde öffentlich verhandelt.

«nj.Perz. 66/1929.

Landgericht. Schwurgericht.

Der Vorsitzende:

Der Gerichtsschreiber:

Lindner.

Bornschetn.

Annahmebefehl. Schnell Friedrich, leb. Schuhmacher ÜOU Pasing, jUP5

zeit in Untersuchungshaft, ist behufs Voll­ zugs einer Zuchthaus-Strafe V0N einem Jahr abzüglich ein Monat Untersuchungshaft — tVCßClt Raubes

mit Strafbeginn vom 5. Msr, 19rs, nachmittags i Uhr so Minuten in Haft zu behalten. München, SM 5. Miir,

1929.

Der Vorsitzende: Lindner, Landgerichtsdirektor.

865

417. Antrag nnt Bewilligung einer Bewährungsfrist (Begnadigung). Anz.-Derz. 130/1929.

Gerichtsschreiberei deS Amtsgerichts Moosburg.

Verfügung. I.

Die

Strafvoll­

streckung wird ausgesetzt. II. Mit den Akten an den Herrn Amtsanwalt zur wetteren zu­ ständigen Behandlung. , am . . . 19 . .

Moosburg, Qm 20. April 1929.

In der Strafsache OegeN Müller Eugen, Taglöhner Moosburg,

M

Langenhart

bei

wegen Diebstahl« erscheint heute vor dem unterfertigten Gerichtsschreiber d« T-gibhn-r Eugen Müller von Langenhart und erklärt : Ich wurde durch Urteil des Schöffen­ gerichts Moo»bnrg V0M 10. Februar 1929 — Strafbefehl des Amtsgerichts M°°«burg vom l«.M«r, 1929 wegen Diebstahl, in eine Gefängnis — Haff — Strafe von 1 Monat und in die Kasten oerurteilt. Dieses Urteil hat die Rechtskraft beschnitten. Ich stelle nun gemäß § 456 StPO, den Antrag: „Die Vollstreckung dieser Strafe auszusetzen und mir für die Strafe Bewährungsfrist zu bewilligen." Dieses Gesuch begründe ich damit, daß ich zur Zeit in der Schweiger'scheu Lederfabrik einen gut­ bezahlten Arbeitsposten gefunden und der mir auch für die

Zukunft den Unterhalt für meine O köpfige Familie gewähr­ leistet.

Ich

bin noch nicht bestraft und ließ mich zu dem

fraglichen Diebstahl nur aus Not und Arbeitslosigkeit von

meinem Komplizen Huber verleiten. Ein Schaden ist dem Geschädigten nicht erwachsen, da ich

demselben die gestohlenen Gegenstände wieder zurückgab. Da ich mich stets eines völlig ungetrübten Leumunds

erfreute, wird mein Ersuchen, mir Bewährungsfrist zuzu­

billigen, sicherlich berechtigt erscheinen, umsomehr als ich durch die Vollstreckung der Freiheitsstrafe, meine Arbeitsstelle wieder verlieren müßte und meine Familie neuerdings ihres Er­

nährers beraubt würde.

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Eugen Müller. Moosbichler, Inspektor. Kößler, Handbuch für die Praxis.

4. Aust.

65

-

866

-

Tie hierauf einzuleitenden Maßnahmen sind folgende Re­ cherchen: , am.........19 .. An die Polizeidirektion — den Stadtrat — die Gendarmerie- — Haupt- — Station. Ich ersuche um Erhebung über die Richtigkeit der im Gesuche gemachten Angaben, über die Leumunds-, Familien-, Erwerbs- und Bermögensverhältnisse de. Bittsteller ..., sowie darüber, wie sich d.. selbe seit der Verurteilung geführt hat, ferner ob de. Ver­ urteilten durch die sofortige Strafvollstreckung erhebliche außer­ halb des Strafzwecks liegende Nachteile erwachsen, wenn ja, welcher Art dieselben sind, und wie hoch ein etwa eintretender Schaden zu veranschlagen ist. Bis zu welchem Tage wird Strafaufschub erbeten? Wann und zu welchen Terminen sollen die Teilzahlungen geleistet werden? Der Amtsanwalt. Die Rückäußerung der ersuchten Behörde würde beispielsweise lauten: Nach den gepflogenen Erhebungen ist als feststehend zu er­ achten, daß sich Gesuchsteller ... bis zu seiner Verfehlung des besten Ansehens erfreute. Durch die lange Krankheit seiner Ehefrau sowie durch die Arbeitslosigkeit kam Gesuchsteller ... in größte Not, weshalb er seinerzeit auch schon die entbehrlichsten Hausratgegen­ stände veräußern mußte. In der Schweigerschen Lederfabrik ist Bittsteller in sicherem Arbeitsverhältnis, und besteht die Wahrscheinlichkeit, daß er, wenn er die einmonatige Freiheitsstrafe verbüßen muß, auch seiner jetzigen Arbeitsstelle wieder verlustig geht. Die arbeitgebende Firma ist nach eingezogenen Erkundigungen mit der Führung und Arbeitsleistung des Gesuchstellers zufrieden. Der Stadtrat. Sodann mit den Akten zum rechnungsführenden Herrn Ober­ sekretär zur Äußerung. Der Amtsanwalt.

Vormerkung. I. a) Tag ber Entscheidung und Vollstreckbarkeit: b) Strafe: c) Ende der erbetenen Frist: d) bei Teilzahlungen Beträge und Termine: II. Mit Akten — Beilagen dem Herrn I. Staatsanwalt am Landgericht ... — dem Amtsgerichte . . . vorgelegt. Der Amtsanwalt.

867

I. II. III. IV. V.

Verfügung. Genehmigt — abgelehnt — nach Antrag des Staatsanwalts. Zustellung der Verfügung. Zur Kostenberechnung. Akten zu den Kosten — Strafvollzugsakten. Sammelakten Herrn Amtsanwalt zurück. Amtsgericht, Schöffengericht.

Die Strafvollstreckung erfolgt nach § 451 StPO, durch die Staatsanwaltschaft auf Grund einer von dem Gerichtsschreiber zu erteilenden, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen, beglaubigten Abschrift der Urteilsformel. Den Amtsanwälten steht die Strafvollstreckung nur insoweit zu, als die Landesjustizverwal­ tung sie ihnen übertragen hat. Für die zur Zuständigkeit der Amtsgerichte gehörigen Sachen kann durch Anordnung der Landesjustizverwaltung die Strafvoll­ streckung den Amtsrichtern übertragen werden. Diese Befugnis wurde durch das Gesetz zur Entlastung der Gerichte vom 11. März 1921 — RGBl. S. 233 — erweitert. Die LandesJustBerw. wurden ermächtigt, die Strafvollstreckungen mit Ausnahme der Entschei­ dungen über Aufschub und Unterbrechung der Strafvollstreckung sowie der richterlichen Entscheidungen gemäß §§ 458—462 StPO. Gerichtsschreibern, Amtsanwälten oder bei der Staatsanwaltschaft hierfür zu bestellenden Beamten zu übertragen. In den Ländern haben das Begnadigungsrecht die Landes­ regierungen, die für die geringeren Straftaten ihr Recht den Justiz­ verwaltungen übertragen haben. Neuerdings haben die Landes­ regierungen die Begnadigung in gewissen engeren Grenzen den Gerichten überlassen. Aus dem Begnadigungsrecht ist auch die Strafaussetzung unter Bewilligung einer Bewährungsfrist hervor­ gegangen, sogenannter Strafaufschub auf Wohlverhalten. Vgl. JMBek. v. 5. März 1922 JMBl. S. 67; v. 14. Juni 1924 JMBl. S. 89.

*18.

Antrag ans Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshast.

Anz.Derz. 146/1929.

Freising, tllN 19. Mürz 1929.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Freising.

In der Strafsache gegen

den Ausgeher Ferdinand Schmied

von Freising,

Wegen Diebstahl« erscheint heute vor dem unter­ fertigten Gerichtsschreiber t>« Beschuldigte Verfügung.

Dorgelegt der Staats­ anwaltschaft beim Land­

gericht München II. am .... 19 .. Der Gerichtsschreiber.

Ferdinand Schmied von Freising Und

erklärt I

Ich wurde am 12. Februar 1929 als eine, verdächtig verhaftet und in das Amtsgerichtsgefängnis d-hi« eingeliefert.

Diebstahl«

Nachdem sich meine Unschuld erwiesen, wurde ich am s. Mär, 1929 durch Gerichts­ beschluß außer Verfolgung gesetzt und aus der Untersuchungshaft entlassen. Gleichzeitig hat das Gericht beschlossen, daß die Staatskasse zur Entschädigung meiner Person für erlittene Untersuchungs­ haft verpflichtet sei. Dieser Beschluß wurde mir am o.M«r, 1929 zugestellt; ich übergebe Ausfertigung dieses Beschlusses nebst Zustellungsurkunde hiermit zu den Akten. Ich verlange nun­ mehr für die unschuldig erlittene Unter­ suchungshaft eine Entschädigung. Als Entschädigung verlange ich für die Zeit vom 12. Februar bi« 5. März 1929 bett Betrag von 300 RM. Dieser Betrag ist sicherlich an­ gemessen, da ich während dieser Seit auch meinen Monat«gehalt von 300 RM. einbüßte. Außerdem büßte ich auch durch

869 diese Verhaftung meinen Kredit ein; es ist heute noch nicht ganz sicher, ob ich meine frühere Stellung wieder erhalte usw.

(Es folgen dann hier noch die genauen Angaben der Tat­

sachen, die zur Begründung der Höhe der geforderten Ent­ schädigungssumme dienen.)

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben: Ferdinand Schmied. Brunner, Ober-Inspektor.

Bezüglich der Entschädigung für unschuldig erlittene Unter­ suchungshaft vgl. Reichsgesetz vom 14. Juli 1904 und 17. Aug. 1920 (RGBl. 1904 S. 321 und 1920 S. 1585). Antragsberechtigt ist der im Strafverfahren Freigesprochene oder durch Beschluß des Gerichts außer Verfolgung Gesetzte dann, wenn das Verfahren die Unschuld des Verhafteten ergeben oder wenn dargetan ist, daß gegen ihn ein begründeter Verdacht nicht vorliegt und durch besonderen Gerichtsbeschluß die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung festgestellt ist (§ 1 Abs. I Ges. v. 14. Juli 1904).

Antragsberechtigt ist auch derjenige, demgegenüber der Ver­ haftete kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war, z. B. die Ehefrau (§ 1 Abs. II 1. c.). Der Entschädigungsanspruch ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Verhaftete die Untersuchungshaft vorsätzlich herbeigeführt oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet hat (§ 2 Abs. I 1. c.). Die Versäumung der Einlegung eines Rechtsmittels ist nach dem Gesetze jedoch hier nicht als Fahrlässigkeit zu erachten (§ 2 Abs. I 1. c.). Über die Fälle, in denen der Anspruch ausgeschlossen werden kann, vgl. § 2 Abs. II 1. c.

Das Gesuch ist einzureichen bei der Staatsanwaltschaft desjenigen Landgerichts, in dessen Bezirk das Verfahren in erster Instanz anhängig war und zwar binnen sechs Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Entschädigungspflicht der Staats­ kasse (§ 6 Abs. I 1. c.). Gegen die Entscheidung ist binnen drei Monaten die Klage gegen den Fiskus bei dem Landgericht zulässig, in dessen Bezirk der Beschluß erlassen ist (§ 6 Abs. III des EntschG.).

Ähnlick sind geregelt die Entschädigungsansprüche unschuldig Verurteilter nach Reichsgesetz vom 20. Mai 1898, die dann im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen wurden (RGBl. 1898 S. 345).

-

870



Personen, welche im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes mit einer ge­ ringeren Strafe belegt werden, können Entschädigung aus der Staatskasse verlangen, wenn die früher erkannte Strafe ganz oder teilweise gegen sie vollstreckt worden ist. Tas Wiederaufnahmeverfahren muß die Unschuld des Ver­ urteilten bezüglich der ihm zur Last gelegten Tat oder b^üglich eines die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes begründenden Umstandes ergeben oder doch dargetan haben, daß ein begründeter Verdacht gegen den Angeklagten nicht mehr vorliegt.

871

419.

tzinlegm»- der Berufung und Revision.

Anz.-Derz. Prtoatklage-

R«iche»hall,

«M 14. April

Reg. 66/29.

1929.

In der Gerichtsschreiberei des Amts-Gerichts Reichenhall.

Siras- (Prioatklage-)Sache

gegen den ledige» Dienstknecht Joseph Huber oan Reichenhall, wegen Diebstahl», erschein« heute vor dem unterfertigten Gerichtsschreiber der Besch«»,,«. Joseph Huber von Pledlng (aus der Has« oorgesllhrt) und erklär«: Gegen das Urteil des Schöffengerichts des Amtsgerichls Re«ch.nh-ll (der Strafkammer des Landgerichts Eichst««», — des Schwur­ gerichts bei dem Landgerichte Münch«» i) vom 10. April 1929, welches wegen Vergehen» de» Dieb­ stahl, gegen mich eine G«s«»g»i,-Strafe von gehn Tagen unter gleichzeitiger Verurteilung in die Kosten des Verfahrens und Strafvollzugs (Msspruch, [CßC lch

hiermit Berufung (Revision) zur s«rasK-mmer des Landgerichts Traunstein (zum Obersten Landesgericht — Reichsgericht) ein.

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben: (L 8.)

Joseph Huber. Hermann, Sekretär.

Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt, so hat nach Ablauf der Frist zur Rechtfertigung der Gerichtsschreiber ohne Rücksicht darauf, ob eine Rechtfertigung stattgefunden hat oder nicht, die Akten der Staatsanwaltschaft vorzulegen (§ 320 StPO.). In Forstrügesachen sind beglaubigte Abschriften der Strafliste des Forstfrevlers zu fertigen und werden die Akten gegen Rückgabe dem betreffenden Forstamte übermacht. Die Berufung muß bei dem Gerichte I. Instanz binnen 1 Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll des Gerichts­ schreibers oder schriftlich eingelegt werden. Im letzteren Falle hat der Gerichtsschreiber auf dem Schriftstücke den Tag des Eingangs zu vermerken und die Akten dem Amtsrichter vorzulegen. Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten statt­ gefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung (§ 314 StPO.). Vgl. 88 296, 303, 312, 313, 341, 345 StPO. Anwaltsgebühr 21 (§69 RAGO.). Vgl. §§ 70 ff. RAM.

872

420. Protokoll über die Lerhandlnng am Oberste» LaadeSgerichte. Anz.-Derz. 86/29.

Protokoll

geführt in der öffentlichen Sitzung des Strafsenats des Obersten Landesgerichts München am Mo-t-g, den n.MLr, 19». Herd. Zur gegenwärtigen Hauptverhandlung 2. Die Oberstlandes­ gerichtsräte: in der Strafsache gegen B«t lebiger Gegenwärtig: 1. Der Vorsitzende: Senatspräsident

a) Knorr, b) Hirsch,

Kommis von München, tDCßClt

Übertretung

straßenpoli-

war zur Verhandlung über 3. der Oberstaats­ die von dem Angeklagten gegen das Urteil anwalt: Weber, 4. der Gerichts­ der Strafkammer des Landgerichts München i> schreiber: Flurer. vom 26. Sebru-r 19» eingelegte Revision der Angeklagte persönlich mit seinem Verteidiger Rechte­ zeilich« Vorschriften,

anwalt Fischer von München

erschienen.

Der Berichterstatter hielt den Vortrag. (Platz für die Erwähnung der Verlesung

von Schrift­

stücken u. dgl. § 273 Abs. 1 StPO.).

Die Staatsanwaltschaft, d» Angeklagte und der Verteidiger wurden mit ihren Aus­ führungen gehört. Die Staatsanwaltschaft beantragte Derwerfung der Revision. Der Angeklagte — b« Verteidiger — beantragtes Die Aufhebung der Urteile der Unter-ericht«. Der Angeklagte — der Verteidiger — hatte das letzte Wort. D» Angeklagte, befragt, ob er selbst noch etwas zur Verteidigung vorzubringen habe, erklärte: nicht,. Es wurde das Urteil nach erfolgter Be­ ratung dahin verkündet:

„$>ie von dem Angeklagten Bart gegen das Urteil der Strafkammer des Landgerichts München II vom 26. Februar 1929 eingelegte Revision wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten zu tragen." Die Urteilsgründe wurden mündlich mitgeteilt. (L. S,)

Herd.

Flurer.

873

421. Protokoll über die Verhandlung am Reichsgerichte.

Protokoll

Anz.-Derz. 42/29.

geführt in der öffentlichen Sitzung des ». Gegenwärtig: Strafsenats des Reichsgerichts. 1. als Richter: Vor­ sitzender

Senats-Präfibent Meyer.

die

Reichsgerichts­ räte:

Ceipaig, am

1. April

1929.

In der Strafsache gegen

M-riin Lied, ledigen Dienstknecht von Berg,

wegen Brandstiftung, erschien zur Verhandlung über die von dem Angeklagten gegen das c) Treutner, Urteil des Schwurgerichts zu Met vom ci)*Freund, 29. März i. 2,. eingelegte Revision nach Auf­ 2. als Beamter der ruf der Sache *. niemand, (der Angeklagte in Person Staats-Anwalt­ a) Michel, b) Hirsch,

schaft:

3.

Reichs-Anwalt. Fischer.

als Gerichts­ schreiber : RGer.-Insp. Kern.

mit seinem Verteidiger Iustizrat Herr).

Der Berichterstatter, Reichsgerichtsrat hielt den Vortrag. Der Reichsanwalt (der Angeklagte und der Verteidiger) wurden mit ihren Aus­ führungen gehört. Der Reichsanwalt beantragte: Die Permer-

Treutner,

fung der Revision und die Verurteilung des Angeklagten in die Kosten. Der Angeklagte — der Verteidiger — beantragte: Nach erfolgter Beratung wurde das Urteil dahin verkündet: „Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Schwurgerichts zu Kastel vom 20. Mürz 1929 wird verworfen und werden dem Beschwerdeführer die Kosten des Rechts­ mittels auferlegt," Die Urteilsgründe wurden mündlich mitgeteilt." (L. 8.) Meyer. Kern.

Für Verhandlung und Entscheidung über die Revision gegen Urteile des Amtsrichters und der kleinen Strafkammer ist regel­ mäßig ein Strafsenat des Obersten Landesgerichts zuständig. § 121 GBG., § 9 EG.z.GVG., Art. 42 AG.z.GVG. mit § 355 Abs.2StPO. Das Reichsgericht ist als Revisionsgericht zuständig, wenn ein Urteil des Schwurgerichts oder der großen Strafkammer, letzterenfalls wenn in 1. Instanz das erweiterte Schöffengericht entschieden hat, angefochten und die Revision nicht ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird. 88 29 Abs. II, 135, 121 Nr. 1 c u. d GBG.

874

422.

Begründ»«- eines NevifiouSantrageS._ _ _ _ _ _

Anz.-Dcrz. 48/29.

Gericht-schreiberei des Landgerichts Straubing.

Straubing, ÜM

1. April

1929.

In der Strafsache gegkN die lebige Händlerin Ba rbara SchmittVON Bogen,

wegen Diebstahl,, erschien die aus der Haft vorgeführte Angeklagte und erklärt: Ich begründe die am 25. M«r, 1929 eingelegte Re­ vision wie folgt: Das Urteil enthält die Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren, da der Hauptbelastungszeuge Alois Dimpfl beeidigt wurde, trotzdem er erst 15 Jahre alt ist. Eine weitere Rechtsnorm ist dadurch verletzt, daß das Gericht wegen Erbrechens einer Kassette schweren Diebstahl nach § 243 RStGD. angenommen hat. 3d) habe die ganze Kassette samt Inhalt gestohlen und sie erst zu Hause erbrochen e» liegt also einfacher Diebstahl gem. § 242 RStGD. vor.

Ich stelle daher gemäß § 337 ff. StPO, den Antrag: „Dao angefochtene Urteil mit den demselben zugrunde lie­ genden Feststellungen aufzuheben."

Borgelesen, genehmigt, unterschrieben. Barbara Schmitt.

---------------------------

Ernst, Sekretär.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe; das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet ist (§ 337 StPO.). Revisionseinlegung: § 341 StPO. Revisionsanträge und ihre Begründung: § 344 Abs. I StPO. Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen einer weiteren Woche nach Ablauf der Frist zur Rechtsmittelein­ legung anzubringen. Dies kann seitens des Angeklagten nur zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder durch den Verteidiger oder durch einen Rechtsanwalt geschehen (§ 345 StPO.). Bei einem Verhafteten ist die Frist gewahrt, wenn das Pro­ tokoll innerhalb der Frist ausgenommen wird (§ 299 StPO.). Die Begründung muß angeben, ob eine Anfechtung wegen Ver­ letzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Ver­ letzung einer anderen Rechtsnorm erfolgt (§ 344 Abs. II StPO.). Gebühren: Tie Sätze des § 52 GKG. werden für die Be­ rufungsinstanz sowie für die Revisionsinstanz erhoben, wenn in der Instanz eine Hauptverhandlung stattgefunden hat (§ 55 GKG.). Anwaltsgebühr Vio der Sätze des § 63 RAGO. (§ 68 Abs. I Ziff. 2 RAGO.). Vgl. auch §§ 69, 71 RAGO.

875

423. Protokoll über die Bernehamttg von Beschuldigte« ««d Zeuge«. Anz.-Derz. 401/29.

Amtsgericht Dachau.

Form. 11.

Protokoll ausgenommen bei dem Amtsgerichte D-ch-«.

Ermittlungsrichter.

Dachau,

Gegenwärtig: der Amtsrichter

am 16. April

In dem Ermittlungsverfahren gegen

1929.

T-,li>hu«r

Friedrich Windtsch von Dachau,

Huber,

der stellv. Gerichts­ wegen Diebstahl» wurde ber Beschuldigte, aus der Hast vorgeführt und gemäß § 136 schreiber.

StPO, vernommen, wie folgt: Zur Person: Friedrich Windisch,

Horn.

»erheira-

teter Taglöhner, geboren am 10. Oktober 1882 zu Regenstauf, Bezirksamt Stadtamhof, Sohn der Kutscherseheleute Johann und Marie Windisch von Regenstauf, die Mutter ist ge­

storben; bestraft wurde ich wegen Unterschlagung im Jahre

1924 vom Schöffengericht München mit 8 Tagen Gefängnis usw.

Verfügung:

Mit Anzeige an den Herrn 1. Staatsanwalt

am Landgerichte Mün­ chen II in Erledigung des

Ersuchens

vom.............

19 . . . Dachau, am .... 19.. Amtsgericht.

Der Haftbefehl des ... . vom .... wurde de. Vorgeführten vor- nach-mittags . . Uhr . . Min. durch Vorlesen eröffnet. D .. Vorgeführte wurde über die Zu­ lässigkeit einer Beschwerde gegen den Haft­ befehl belehrt. Zur Sache erklärt b« Beschuldigte: Ich stelle die mir zur Last gelegte strafbare Handlung

in Abrede usw.

Huber.

(133 ff. StPO.).

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Der Beschuldigte verweigert ohne Angabe eines Grundes

die Unterschrift.

Deschuldigte(r) wurde in Hast zurückgeführt.

Zeugengebühren . RM.

Auslagen für

. .

Zeugenladung . .

D . . Zeuge. wurde. von dem Gegen­ stände der Vernehmung in Kenntnis ge­ setzt, zur Wahrheitsangabe ermahnt und vernommen, wie folgt: Isidor Widmann, Fabrikant in Dachan usw. (L S.)

Huber.

Horn.

876

424.

Privattltge Wege« Beleidigung. Eanbeberg,

(Illt 20. Mürz

1929"

in 300/29.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts

Bor dem Gerichtsschreiber erschein»: Mühl Albert, Schuhmacher von Landsberg,

Landsberg.

und erhebt gegen Futter Anna, leb. volljährige Krämerstochter von da,

wegen sBeietMgung folgende Privatklage

mit

Strafantrag:

Do^chußregisterNr*30. 8n

Am 29. Februar c. äußerte die Anna Futter in der Gastwirtschaft des Albert Herr dahier in Gegenwart mehrerer Gäste: »Der Schuster Mühl gibt's jetzt nobel feit er die Leut so gemein betrügt."

33ctüci3niittcl ♦

Die Zeugen: Kellnerin Anna Knorr ;

Aufseher Karl Stark, Qkonom Ignaz Herz, alle hier. Anna Futter, hat durch diese unwahre Äußerung (H-nblung) in Beziehung auf mich eine Tatsache behauptet, die geeignet ist, mich verächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.

Gemäß §§ 185, 186 StGB, erhebe ich gegen Anna Sutter Privatklage, stelle Straf­ antrag, und beantrage Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem AG. Landsberg wegen eines Vergehens der Beleidigung.

Aber die erfolglos versuchte Sühne überreiche ich anliegende Bescheinigung, oso s«Po.> Ich erlege einen Gebührenvorschuß von io RM., sowie einen Auslagenvorschuß von 8 RM. (83, 84 SKS. Ausland« § 85 SKS .)

Vorgelesen genehmigt, unterschrieben. Albrrt Mühl.

Schroll, Sekretär.

Gebühren: des Gerichts nach §§ 59, 60 Abs. II, 63, 49 bis 52, 55, 56; des Anwalts für Anfertigung einer Privatklage: 20 Wfl (§§ 73 Abs. H, 67 RAGO.).

877

425.

Privatllage Wege« Körperverletzung.

Privatklage-Neg.400/29.

Landsberg, llM 21. März

1929.

Gerichtsschreiberei

des Amtsgerichts Landberg.

Vor dem Gerichtsschreiber erschein«: Bauer Marie, volljährige Köchin in Landsberg,

und erhebt gegen

Armenregister Nr. 80.

Ertl Max, Gasthofbesitzer von Landsberg,

wegen

Körpervrrlrtzung

folgende Privatklage

mit Strafantrag:

Am 10. März c. wollte ich meiner Freundin, der Kassierin Huber helfen und entnahm aus dem im Gastzimmer des An­

geklagten befindlichen Geschirrschranke eine Partie Gläser, welche mir entfielen; darüber aufgebracht, versetzte mir Max Ertl eine Ohrfeige, daß mir das Gesicht anschwoll und ich

heftige Schmerzen verspürte.

Beweismittel:

Die

Zeugen:

Schenkkellner

Jos.

Huber, Taglöhnerin Karoline Schuster, sämtliche bet Ertl bedienstet.

Der Privatbeklagte hat mich vorsätzlich körperlich mißhandelt und sich eines Ver­ gehens der vorsätzlichen leichten Körper­ verletzung schuldig gemacht (§§ 223, 231, 61 RStGB.). Ich erhebe daher gemäß § 223 StGB. § 374 StPO, gegen M-r Er« Privatklage und stelle Strafantrag. Ich beantrage gegen M-r et« das Hauptverfahren vor dem Amtsgerichte L--d,»et, zu eröffnen. über die erfolglos versuchte Sühne überreiche ich anliegende Bescheinigung. Auf Grund des übergebenen Zeugnisses bitte ich um Bewilligung des Armenrechts. Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Marie Bauer. Schroll, Sekretär.

§ 25 Abs. I Nr. 2a GBG.

878

426. Erklärung auf erhobene Privalklage «it Widerklage. Privatklage Reg. 300/29.

Gerichtsschreibere des Amtsgerichts Landsberg.

Landsberg, lUN 30. März 1929.

In der Privatklagesache Mühl Albert, Schuhmacher in Landsberg,

gegen Futter Anna, Krämerstochter von da,

wegen Beleidigung, erschein« und erklär«:

die

Beschuldigte

Am 22. Februar 1. 3s. befand ich mich mit dem Privat­ kläger in der Herr schen Gastwirtschaft dahier, woselbst wir eine Auseinandersetzung hatten. Ich habe die der Privatkla ge zugrunde liegenden Äußerungen wohl gebraucht; aber erst, als Privatkläger vom Nebentisch zu mir herüberrtef: „O je, die Futter-Hur ist auch da l“ Ich bin nämlich Mutter eines außerehelichen Kinde».

Wegen des vom Privatkläger gegen mich gebrauchten Ausdruckes erhebe ich gegen denselben Widerklage wegen eines Vergehens der Lffenttichen Beleidigung gemäß 88 185, 200 RStGB. Ich stelle gemäß 8 383 StPO, den Antrag: „Die Klage gegen mich zurückzuweisen, eventl. das Hauptverfahren auch gegen Albert Mühl wegen Beleidigung zu eröffnen." Als weitere Zeugen des Vorfalls be­ nenne ich: a) die Dienstmagd Magdalena Schroll dahier, b) die Schuhmachersfrau Elise Neuner daselbst.

Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben: Anna Futter.

Schiller, Sekretär.

Ist die Privatklage vorschriftsmäßig erhoben, so teilt das Ge­ richt dieselbe dem Beschuldigten unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung und der Staatsanwaltschaft zur Kenntnisnahme mit (§ 382 StPO.). Nach Eingang der Erklärung des Beschuldigten oder Ablauf der Frist entscheidet das Gericht darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder die Klage zurückzuweisen sei (§ 383 StPO.). Der Widerkläger schuldet keinen Gebührenvorschuß (§ 83 GKG.).

879

Antrag ans Sicherheitsleistung.

427.

Privatkla ge-Reg.450/29.

Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Landsberg.

Landsberg, Qttl 10. April 1929.

In der Privatklagesache Maurer Friedrich, Kaufmann in Prag, vertreten von Rechts­ anwalt Hieber in Landsberg,

gegen Huber Ernst, Kaufmann in Landsberg,

Beschluß. I. In usw. wird auf Antrag de« X. zur Sicher­ heit der diesem erwachsen­ den Kosten dem Kläger aufgegeben, binnen . . . Wochen den Betrag von . . RM. zu hinterlegen, widrigenfalls die Klage für zurückgenommen er­ klärt wird.

II. Zur Gerichts­ schreiberei zur Zu­ stellung an die Parteien.

Landsberg, am... 19 .. Amtsgericht. Murr.

wegen Beleidigung, erschein» Ernst Huber und erklär«: Privatkläger hat gegen mich unterm 1. April c.

durch Rechtnanwalt Hieber dahier

Privat-

klage erhoben ohne eine Sicherheit zu leisten. Gemäß § 379 StPO, stelle ich daher zu meiner Schadloshaltung den Antrag: „Privatkläger zur Leistung einer Sicherheit wegen der mir voraussichtlich erwachsenden Kosten aufzufordern. Wird eine Sicherheit binnen 2 Wochen nicht geleistet, so beantrage ich, die erhobene Privatklage kostenfällig zurückzuweisen." Borgelesen, genehmigt, unterschrieben: Ernst Huber.

Schroll, Sekretär.

Privatkläger hat für die der Staatskasse und dem Beschuldigten voraussichtlich erwachsenden Kosten unter denselben Voraussetzungen Sicherheit zu leisten, unter welchen in bürgerlichen Rechtsstreitig­ keiten der Kläger auf Verlangen des Beklagten Sicherheit wegen der Prozeßkosten zu leisten hat (§ 379 Abs. I StPO.). Der zu erlassende Beschluß ist dem Antragsteller bzw. der Gegenpartei oder dessen Anwalt zuzustellen. Vgl. §§ 379, 471 StPO., § 83 GKG. Dienstvorschriften für Strafsachen vom 13. Jan. 1926 § 52 (JMBl. S. 23). Ter Gerichts sch reib er bewirkt die Ladungen: 1. des Privat­ klägers mit Form. 38, und, wenn sein persönliches Erscheinen an­ geordnet ist, mit Form. 39; 2. des Angeklagten mit Form. 40, und, wenn sein persönliches Erscheinen angeordnet ist, mit Form. 41; 3. der Zeugen mit Form. 42; 4. der Sachverständigen mit Form. 43; 5. des Vertreters des Privatklägers und des Verteidigers mit Form. 44.



880



4S8. Protokoll über Hauptverhaudlung -ei Zurücknahme

der Privatklage. Privatblage-Reg 318/29. Form. 51.

Gegenwärtig:

1.

Protokoll

Oberamtsrichter Schuster

geführt

als Amtsrichter, 2.

Oberinspektor Schneider

in der . . . öffentlichen Sitzung des

Amtsgerichts

als Gerichtsschreiber: tlM

Dienstag,

beit

e-nd,b.rg 15. März 1929.

Zeugen- und Sachverständigeng^bühren

Zur Hauptverhandlung in der Privatklagesache de» Privatiers Heinrich Müller in Landsberg, gegen Kaufmann Richard Huber dahier tVCgCTl Beleidi-

grnig erschien . . nach Aufruf der Sache. . . er Angeklagte Richard Hnder,

Der Privatkläger . . war . . weder er­ schienen noch durch einen Rechtsanwalt vertreten und auch nicht — genügend — entschuldigt.

Dem erschienenen Zeugen . . und Sach­ verständigen wurde eröffnet, daß er — sie — nicht vernommen werde. Der Amtsrichter verkündete folgenden Beschluß:

I. Das Verfahren wird eingestellt. II. D-r Privatkläger .. ha« die Kosten des Verfahrens zu tragen und die dem Ange­ klagten erwachsenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

881 Gründe:

Privatkläger ... ist — sind — nach der Zustellungsurkunde Nr. iw vom 3. M«r, 1929 zur heutigen Hauptverhand­ lung über die von ihm erhobene Privat­ klage richtig geladen worden. Er — Sie — ist — sind — in dem Termin ohne — genügende — Entschuldigung ausge­ blieben und auch nicht durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Rechts­ anwalt vertreten. D«r

Die Privatklage gilt daher nach § 391 Abs. 2 StPO, als zurückgenommen. Die Entscheidung über die Kosten de8 Verfahrens beruht auf § 471 StPO.

Amtsrichter. Schuster, Oberamtsrichter.

Gerichtsschreiber. Schneider.

Als Zurücknahme gilt es im Verfahren I. und, soweit der An­ geklagte Berufung eingelegt hat, im Verfahren II. Instanz, wenn Privatkläger in der Hauptverhandlung weder erscheint, noch durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, oder in der Hauptverhandlung oder einem anderen Termin ausbleibt, obwohl das Gericht sein persönliches Erscheinen angeordnet hatte oder eine Frist nicht ein­ hält, welche ihm unter Androhung der Einstellung des Verfahrens gesetzt war (§ 391 Ws. II StPO.). Diese Bestimmung ist nicht anwendbar, wenn der Privatklager oder sein Vertreter sich vorzeitig entfernt (§ 378 StPO.); die Ver­ handlung wird dann ohne sie zu Ende geführt oder das Erscheinen des Privatklägers angeordnet.

Kötzl er, Handbuch für die Praxis.

4. Aust.

56

882

429. Protokoll über die Hanptverhonblung bei Pribatklage. PrivatKlage-Reg. Nr. 341/28.

Form. 60.

Protokoll

Gegenwärtig: 1. Oberamtsrichter Poller

als Amtsrichter, 2.

Obersekretär

Auf­

als GerichtSschreiber.

des

geführt in der . . öffentlichen Sitzung Amtsgerichts D-q-u am Di«n»tag den

24. Stbruor 1928.

schläger

Zeugen- und Sachver­

ständigengebühren : . . . NM. . . Pfg.

Zur Hauptverhandlung in der Privat­ klagefache de» Mai« Christian, Kaufmann in Dach»», gegen

Wild Joseph, Ausgeher in Dachau,

lvegkN

De-

lridigung erschien«» . nach Aufruf der Sache: 1. für den Privatkläger, Rechtsanwalt Porch in Dachau,

2.

der

Angeklagte

in Person mit dem Rechtsan­

walt DolK in München.

D«r vorgeladene . Zeuge . und Sach­ verständige . . wurde . aufgerufen, mit dem Gegenstände des Verfahrens und der Person de, Angeklagten bekannt gemacht und in angemessener Weise auf die Be­ deutung des Eides und darauf hingewiesen, daß der Eid sich auch auf die Beantwortung von Fragen über seine — Person und sonstigen Fragen nach § 68 StPO, bezieht. D«r Zeuge . wurde . sodann aus dem Sitzungssaal entlassen. über die persönlichen Verhältnisse ver­ nommen, erklärte der Angeklagte: 3