Das Handbuch der Geographie des Klaudios Ptolemaios, das kurz nach 150 n. Chr. in Alexandria verfasst wurde, ist eines d
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German Pages 487 [498] Year 2006
Table of contents :
Cover
Titel
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Überlieferung
1.1 Übersicht über die griechischen Handschriften der ptolemäischen Geographie (Renate Burri)
1.2 Stemma-Entwurf (Alfred Stückelberger/Florian Mittenhuber)
1.3 Der Codex Seragliensis GI 57 (Robert Fuchs/Doris Oltrogge)
1.4 Karten und Kartenüberlieferung (Florian Mittenhuber)
1.5 Aus der Werkstatt der Kopisten (Alfred Stückelberger)
2. Quellen und Kanon der Poleis episemoi
2.1 Zu den Quellen der Geographie (Alfred Stückelberger)
2.2 Κανὼν πόλεων ἐπισήμων/Kanon bedeutender Städte (griechisch – deutsch)
Einleitung (Alfred Stückelberger/Florian Mittenhuber/Lutz Koch)
Text, griechisch – deutsch (Lutz Koch/Florian Mittenhuber)
3. Messmethoden
3.1 Masse und Messungen (Alfred Stückelberger)
3.2 Falsche Breitenwerte und ihre Folgen (Florian Mittenhuber)
4. Geographisches Weltbild
4.1 Das Gesamtbild der Oikumene (Alfred Stückelberger)
4.2 Die Länderkarten Europas (Florian Mittenhuber
4.3 Die Länderkarten Afrikas (Klaus Geus/Florian Mittenhuber
4.4 Die Länderkarten Asiens (Gerhard Winkler/Florian Mittenhuber
4.5 Gross-Germanien (Friedrich E. Grünzweig)
4.6 Hydrologische Probleme im Raum des Kaspischen Meeres und des Aralsees:
a) Die Oxos-Route und die Iaxartes-Mündung (Helmut Humbach)
b) Zum Lauf des Oxos, ein Nachtrag (Celâl Şengör)
5. Wirkungsgeschichte
5.1 Wege der Überlieferung (Alfred Stückelberger)
5.2 Die Geographie des Ptolemaios in der arabischen Tradition (Florian Mittenhuber/Celâl Şengör)
5.3 Der lateinische Ptolemaios (Klaus Geus)
5.4 Die Drucke der Geographie des Ptolemaios in der Inkunabel- und Frühdruckzeit (1475–1533) (Doris Oltrogge)
5.5 Ptolemaios-Rezeption in der Kartographiegeschichte (Florian Mittenhuber/Thomas Klöti)
5.6 Die «Portraits» des Klaudios Ptolemaios (Robert Fuchs)
6. Sprachliches
6.1 Zu Sprache und Stil der Geographie des Ptolemaios (Alfred Stückelberger)
6.2 Geographisches Begriffslexikon (Judith Hindermann)
7. Bibliographischer Anhang
7.1 Ptolemaios: Forscher und Forschung (Gerhard Winkler)
7.2 Ausgewählte bibliographische Angaben zur Geographie des Ptolemaios (Forschungsstelle)
8. Indices
8.1 Stellenregister
8.2 Personenindex
8.3 Sachindex
9. Bibliographische Nachträge
Backcover
In thematisch geschlossenen Einzelbeiträgen verschiedener Autorinnen und Autoren werden die wichtigsten heute in der Forschung diskutierten Problemkreise erörtert, wobei vielfältige Aspekte aus unterschiedlichen Disziplinen zur Geltung kommen. Insbesondere werden folgende Themenbereiche je mit mehreren Beiträgen erläutert: – – – – –
handschriftliche Überlieferung und Kartentradition Quellen der Geographie und Kanon bedeutender Städte Masse und Messmethoden geographisches Weltbild verschiedene Facetten der Wirkungsgeschichte im abendländischen und islamischen Kulturbereich – sprachliche und stilistische Eigentümlichkeiten Der ganze, mit zahlreichen Illustrationen, Graphiken und farbigen Tafeln ausgestattete Band wird abgerundet durch ein geographisches Begriffslexikon, ein ausführliches Literaturverzeichnis und verschiedene Indices.
I S B N 978-3-7965-2581-0
Schwabe Verlag Basel www. schwabe.ch
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783796 525810
Ptolemaios
Der Ergänzungsband zum Handbuch der Geographie ist Bestandteil der Gesamtausgabe des geographischen Werkes des Klaudios Ptolemaios und bildet zusammen mit der 2006 erschienenen Textausgabe eine Einheit. Er enthält die zum Verständnis des Werkes unabdingbaren Erläuterungen. Zudem ist ihm eine Ausgabe einer weiteren geographischen Schrift des Ptolemaios, des sog. Kanons bedeutender Städte, beigegeben.
Handbuch der Geographie
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Ergänzungsband
Ptolemaios Handbuch der Geographie Ergänzungsband mit einer Edition des Kanons bedeutender Städte
Herausgegeben von Alfred Stückelberger und Florian Mittenhuber
Das eBook ist seitenidentisch mit der gedruckten Ausgabe und erlaubt Volltextsuche. Zudem sind Inhaltsverzeichnis und Überschriften verlinkt.
Klaudios Ptolemaios Handbuch der Geographie Ergänzungsband mit einer Edition des Kanons bedeutender Städte
Herausgegeben von Alfred Stückelberger und Florian Mittenhuber unter Mitarbeit von Renate Burri, Robert Fuchs, Klaus Geus, Friedrich E. Grünzweig, Judith Hindermann, Helmut Humbach, Thomas Klöti, Lutz Koch, Doris Oltrogge, Heiner Rohner, Celâl S¸engör, Gerhard Winkler
Schwabe Verlag Basel
Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und der UniBern Forschungsstiftung
Vorsatz vorne: Cod. Vaticanus Urbinas Latinus 277, fol. 72v/73r (Weltkarte in der 1. Projektion), 1472. Vorsatz hinten: Ulmer Ptolemaios-Druck von 1482 (Weltkarte in der 2. Projektion). © 2009 by Schwabe AG, Verlag, Basel Umschlaggestaltung unter Verwendung eines Motivs aus dem Ulmer Ptolemaios-Druck von 1482 Gesamtherstellung: Schwabe AG, Muttenz/Basel ISBN Printausgabe 978-3-7965-2581-0 ISBN eBook (PDF) 978-3-7965-3702-8 www.schwabe.ch
Inhaltsverzeichnis 1. Überlieferung 1.1 Übersicht über die griechischen Handschriften der ptolemäischen Geographie (Renate Burri) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Stemma-Entwurf (Alfred Stückelberger/Florian Mittenhuber) . . . . . . 1.3 Der Codex Seragliensis GI 57 (Robert Fuchs/Doris Oltrogge) . . . . . . 1.4 Karten und Kartenüberlieferung (Florian Mittenhuber) . . . . . . . . . . . 1.5 Aus der Werkstatt der Kopisten (Alfred Stückelberger) . . . . . . . . . . . 2. Quellen und Kanon der Poleis episemoi 2.1 Zu den Quellen der Geographie (Alfred Stückelberger) . . . . . . . . . . . 2.2 Kan∆n pÒlevn §pisÆmvn/Kanon bedeutender Städte (griechisch – deutsch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung (Alfred Stückelberger/Florian Mittenhuber/Lutz Koch) . . Text, griechisch – deutsch (Lutz Koch/Florian Mittenhuber) . . . . . . .
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3. Messmethoden 3.1 Masse und Messungen (Alfred Stückelberger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 3.2 Falsche Breitenwerte und ihre Folgen (Florian Mittenhuber) . . . . . . 245 4.
Geographisches Weltbild 4.1 Das Gesamtbild der Oikumene (Alfred Stückelberger) . . . . . . . . . . . 4.2 Die Länderkarten Europas (Florian Mittenhuber) . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Länderkarten Afrikas (Klaus Geus/Florian Mittenhuber) . . . . . . 4.4 Die Länderkarten Asiens (Gerhard Winkler/Florian Mittenhuber) . . 4.5 Gross-Germanien (Friedrich E. Grünzweig) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Hydrologische Probleme im Raum des Kaspischen Meeres und des Aralsees: a) Die Oxos-Route und die Iaxartes-Mündung (Helmut Humbach) . b) Zum Lauf des Oxos, ein Nachtrag (Celâl S¸engör) . . . . . . . . . . . . . 5. Wirkungsgeschichte 5.1 Wege der Überlieferung (Alfred Stückelberger) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Die Geographie des Ptolemaios in der arabischen Tradition (Florian Mittenhuber/Celâl S¸engör) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Der lateinische Ptolemaios (Klaus Geus) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Die Drucke der Geographie des Ptolemaios in der Inkunabelund Frühdruckzeit (1475–1533) (Doris Oltrogge) . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Ptolemaios-Rezeption in der Kartographiegeschichte (Florian Mittenhuber/Thomas Klöti) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Die «Portraits» des Klaudios Ptolemaios (Robert Fuchs) . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
6. Sprachliches 6.1 Zu Sprache und Stil der Geographie des Ptolemaios (Alfred Stückelberger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 6.2 Geographisches Begriffslexikon (Judith Hindermann) . . . . . . . . . . . 440 7. Bibliographischer Anhang 7.1 Ptolemaios: Forscher und Forschung (Gerhard Winkler) . . . . . . . . . 454 7.2 Ausgewählte bibliographische Angaben zur Geographie des Ptolemaios (Forschungsstelle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 8. Indices 8.1 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 8.2 Personenindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 8.3 Sachindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 9. Bibliographische Nachträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489
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Vorwort
Es gehörte von allem Anfang an zum Konzept unserer Neuausgabe der ptolemäischen Geographie, auf einen fortlaufenden Kommentar zu verzichten, der angesichts der über 8000 Toponyme zwangsläufig ins Uferlose hätte abgleiten müssen. Statt dessen sollten in dem nun vorliegenden Ergänzungsband die wichtigsten Problemkreise wie Textüberlieferung, Kartentradition, Quellenanalyse, Messmethoden, Weltbild, Wirkungsgeschichte, Sprache und Stil in thematisch geschlossenen, übersichtlichen Beiträgen erörtert werden, in der Annahme, dass sich so der künftige Benützer der Ausgabe leichter über die wesentlichen heute in der Forschung diskutierten Fragen werde orientieren können, als wenn sie in einem nach einzelnen Lemmata gegliederten Kommentar versteckt sind. Im Bestreben, die einzelnen Beiträge abgerundet und in sich verständlich zu machen, sind gelegentliche Überschneidungen und Wiederholungen in Kauf genommen worden. Die Autorinnen und Autoren haben sich bemüht, die im Werk des Ptolemaios überlieferten Sachverhalte fachgerecht zu analysieren und aus dem historischen Umfeld heraus zu erklären, verzichten aber auf weit ausgreifende, spektakuläre Hypothesen. Das Herausgeberteam benützte die Gelegenheit, im Zusammenhang mit der Quellenfrage auch die andere, auf eine Tabelle reduzierte und nur in Spuren fassbare geographische Schrift des Ptolemaios, den sog. Kanon bedeutender Städte/ Kan∆n pÒlevn §pisÆmvn, erstmals im eigentlichen Sinn des Wortes zu edieren. Trotz des Bemühens, das geographische Werk des Ptolemaios möglichst von allen Seiten zu beleuchten, sind sich die Herausgeber der Lückenhaftigkeit des Unterfangens bewusst, mussten doch zahlreiche erklärungsbedürftige Einzelheiten unberücksichtigt bleiben. Der Ergänzungsband versteht sich daher nicht als etwas Abschliessendes, sondern vielmehr als Ausgangspunkt für weitere Forschungen und Diskussionen. Die Vielseitigkeit der angesprochenen Problemkreise setzte auch eine Vielzahl von Mitarbeitenden voraus. Dabei brachte es der komplexe Inhalt und der schwer überschaubare Umfang der ptolemäischen Geographie mit sich, dass im Ergänzungsband mehrheitlich Mitarbeitende zu Worte kamen, die bereits an der Textausgabe beteiligt und somit mit der Materie vertraut waren: Renate Burri (Bern), Robert Fuchs (Köln), Klaus Geus (Berlin), Judith Hindermann (Bern/ Basel), Helmut Humbach (Mainz), Lutz Koch (Hamburg), Florian Mittenhuber (Bern), Gerhard Winkler (Linz). Für bestimmte Aufgaben konnten ausserdem verschiedene Spezialisten gewonnen werden: Friedrich E. Grünzweig (Wien) für die Beschreibung Grossgermaniens, Thomas Klöti (Bern) für die Kartentradition, Doris Oltrogge (Köln) für Zusammenstellung der frühen Druckausgaben, Celâl S¸engör (Istanbul) für die arabische Tradition. Heiner Rohner (Mathematiker, Bern) hat die Erstellung zahlreicher Graphiken sowie die EDV-Betreuung übernommen. All diesen Mitarbeitenden, die zum überwiegenden Teil ehrenamtlich gearbeitet haben, sei hier unser verbindlicher Dank ausgesprochen. 7
Vorwort
Für verschiedene hilfreiche Hinweise, Ratschläge und Dienstleistungen zu Dank verpflichtet sind wir ferner dem Co-Leiter der Ptolemaios-Forschungsstelle, Gerd Graßhoff (Bern), sowie Bärbel Kramer (Trier), Gotthard Strohmaier (Berlin), Anne Tihon (Louvain), Rudolf Wachter (Basel) und Susanne Ziegler (Darmstadt). Ein weiterer Dank gebührt den Handschriftenbibliotheken und anderen Institutionen, die Filmmaterial zur Verfügung gestellt, Publikationsrechte zum Abdruck von Abbildungen gewährt oder andere Dienstleistungen erbracht haben: dem Topkapı-Palace-Museum in Istanbul, der Biblioteca Apostolica Vaticana in Rom, der Biblioteca Nazionale Marciana in Venedig, der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz, der Bibliothèque Nationale in Paris, der Zentralbibliothek in Bern, dem Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften in Frankfurt. Ein besonderer Dank gilt den Institutionen, die das Projekt gefördert haben: dem Institut für Klassische Philologie der Universität Bern, das der PtolemaiosForschungsstelle die Infrastruktur zur Verfügung gestellt hat, sowie dem Schweizerischen Nationalfonds, der UniBern Forschungsstiftung und der Phil.-hist. Fakultät der Universität Bern, welche die Drucklegung mit namhaften Druckkostenzuschüssen ermöglicht haben. Zu grossem Dank verpflichtet sind wir schliesslich dem Verlagshaus Schwabe AG Basel, das nach dem Textband nun auch die Publikation des Ergänzungsbandes mit der gewohnten Sorgfalt besorgt hat. Bern, 20. Januar 2009
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Für die Projektleitung: Alfred Stückelberger
1. Überlieferung 1.1 Übersicht über die griechischen Handschriften der ptolemäischen Geographie (Renate Burri) 1.2 Stemma-Entwurf (Alfred Stückelberger/Florian Mittenhuber) 1.3 Der Codex Seragliensis GI 57 (Robert Fuchs/Doris Oltrogge) 1.4 Karten und Kartenüberlieferung (Florian Mittenhuber) 1.5 Aus der Werkstatt der Kopisten (Alfred Stückelberger)
1.1 Übersicht über die griechischen Handschriften der ptolemäischen Geographie Renate Burri Die insgesamt 53 heute bekannten, die Geographie ganz oder teilweise enthaltenden griechischen Handschriften stammen aus dem 13.–16. Jh. und sind ausschliesslich in Minuskeln geschrieben. In der Textüberlieferung lassen sich zwei Rezensionen unterscheiden: Die J-Rezension, rein vertreten allein durch den Vaticanus Graecus 191 (Sigle X, s.u. Nr. 5), und die V-Rezension mit ihren prominentesten Vertretern Vaticanus Urbinas Graecus 82 (U, Nr. 1) und Constantinopolitanus Seragliensis GI 57 (K, Nr. 2). 16 Handschriften enthalten Karten, davon folgen 11 der A-Redaktion mit 26 Länderkarten und 5 der B-Redaktion mit 64 Länderkarten.1 Für die Konstituierung des Textes und der Karten sind nur wenige Handschriften relevant. Primär sind dies die unserer Textausgabe zugrunde liegenden 5 Leithandschriften UKVRX (Codices primarii, Nr. 1–5); sie entstanden allesamt um 1300, ausser dem in das beginnende 14. Jh. datierten Venetus Marcianus Graecus Z. 516 (= 904) (R). Unter den Codices secunda rii verdienen für die Erschliessung des Textes der Vaticanus Palatinus Graecus 388 (A, Nr. 6), der Oxoniensis Arch. Selden. B. 46 (N, Nr. 13), der Florentinus Laurentianus Pluteus 28.49 (O, Nr. 14) und der Vaticanus Palatinus Graecus 314 (Z, Nr. 15) Erwähnung. Erste Aufzählungen griechischer Handschriften der ptolemäischen Geogra phie finden sich in der Textausgabe von Friedrich Wilhelm Wilberg aus den Jahren 1838–1845 und in der 1843–1845 erschienenen Edition von Carl Friedrich August Nobbe.2 Wilberg konzentrierte sich im Wesentlichen auf 7 Parisini und die beiden Palatini A und Z. Nobbe nannte etwa 20 Handschriften, ebenfalls vornehmlich Parisini, jedoch nun auch X, noch nicht aber U. Einen ersten umfassenden Überblick über die Geographie-Handschriften gab Karl Müller in einer Vorarbeit zu seiner Textausgabe von 1883–1901.3 Unter den dort aufgeführten 42 Handschriften ist zwar auch der Urbinas (U); da ihn Müller jedoch nicht einsehen konnte, erscheint er im 38 Handschriften umfassenden Index Codicum der Textausgabe nicht mehr. Für seine Teilausgabe der Geographie von 1923 beschränkte sich Otto Cuntz von insgesamt 47 aufgezählten Handschriften auf 7 Leithandschriften, unter ihnen neben X, dem er grosses Gewicht beimass, nun auch U, noch nicht aber den erst 1927 wiederentdeckten Seragliensis GI 57 (K).4 1 2
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Zu den Kartenhandschriften vgl. unten Kap. 1.4 Karten und Kartenüberlieferung. Claudii Ptolemaei Geographiae libri octo, ed. F.G. Wilberg/C.H.F. Grashof (Essen 1838–1845) (erschienen sind nur Geogr. 1–6). – Claudii Ptolemaei Geographia, ed. C.F.A. Nobbe (Leipzig 1843–1845; ND ibid. 1881/1887, Hildesheim u.a. 1966/1990). Vorarbeit: K. Müller, Rapports sur les manuscrits de la Géographie de Ptolémée, in: Archives des missions scientifiques et littéraires, 2° série, 4 (1867) 279–298. – Textausgabe: Clau dii Ptolemaei Geographia, ed. C. Müller/C.Th. Fischer (Paris 1883–1901) (erschienen sind nur Geogr. 1–5). O. Cuntz, Die Geographie des Ptolemaeus: Galliae, Germania, Raetia, Noricum, Pannoniae, Illyricum, Italia. Handschriften, Text und Untersuchung (Berlin 1923).
R. Burri
1.1 Griechische Handschriften
Cuntz zu verdanken ist die Erkenntnis, dass sich die Überlieferung nur in die beiden Textrezensionen V und J spaltet (bei ihm RW- und X-Klasse). Bis heute grundlegende Beiträge zur handschriftlichen Überlieferung der Geographie leisteten Joseph Fischer mit seiner breit abgestützten Faksimile-Ausgabe des Urbinas (U) von 1932 und Paul Schnabel, der in seiner Monographie von 1938 insgesamt 51 Handschriften beschreibt, die er in Textfamilien und Textgruppen unterteilt.5 Auf Schnabels Werk beruhen auch die heute gebräuchlichen und hier verwendeten Handschriften-Siglen (jeweils in Klammern hinter der Handschriftenbezeichnung angegeben). Die folgende Übersicht resultiert aus den genannten Zusammenstellungen und eigenen – noch nicht abgeschlossenen – Untersuchungen. Dabei haben sich entgegen anderweitiger Angaben6 die Handschrift Bononiensis Bibliothecae Universitatis 2280 (Sigle g, s.u. Nr. 19) und der in der gängigen Sekundärliteratur unter Romanus Monasterii Sancti Gregorii 15 (n) zitierte Codex als nicht verschollen herausgestellt: Erstere befindet sich gemäss Auskunft der Biblioteca Universitaria di Bologna regulär und in ausgezeichnetem Erhaltungszustand an Ort und Stelle, letzterer wurde mit der heutigen Handschrift Chicago (Illinois), The Newberry Library, Ayer MS 743 (s.u. Nr. 20) identifiziert.7 Die Liste konnte erweitert werden um die Handschrift Athos, Mone Iberon 126 (Nr. 18). Hier nicht mit in die Liste aufgenommen wurde dagegen der Parisinus Graecus 2399, der nicht eigentlich einen Auszug aus Geographie 8, sondern einen Vorstufentext dazu enthält.8 Mehrere Handschriften wurden von mir oder weiteren Projektmitgliedern vor Ort eingesehen und im Falle des Seragliensis GI 57 (K) fotografisch neu dokumentiert.9 In der folgenden Liste werden zuerst die Codices primarii genannt, daran schliessen sich die Codices secundarii, alphabetisch geordnet nach ihren Siglen, sowie die übrigen Handschriften, die alphabetisch nach dem Ort ihrer Aufbewahrung gegeben werden. Auf eine Zuordnung der Handschriften zu einzelnen Familien und Gruppen, wie sie Schnabel vorgeschlagen hat,10 wird hier angesichts der vielen Unsicherheiten verzichtet. Für eine Grobunterscheidung der Überlieferungsstränge sei auf den nachfolgenden Stemma-Entwurf verwiesen. 5
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J. Fischer, Claudii Ptolemaei Geographiae Codex Urbinas graecus 82, Codices e Vaticanis selecti quam simillime expressi 19, I: Textus, II: Tabulae geographicae; Tomus prodromus: De Clau dii Ptolemaei vita operibus geographia, praesertim eiusque fatis, I: Commentatio, II: Tabulae geographicae LXXXIII graecae – arabicae – latinae e codicibus LIII selectae (Leiden 1932). – P. Schnabel, Text und Karten des Ptolemäus, Quellen und Forschungen zur Geschichte der Geographie und Völkerkunde 2, herausgegeben von Albert Herrmann (Leipzig 1938). Cuntz a.O. (oben Anm. 4) 31 und 36, Schnabel a.O. (oben Anm. 5) 32. Vgl. E. Mioni, I manoscritti greci di S. Michele di Murano, in: Italia medioevale e umanistica 1 (1958) 330. Dort wird die inzwischen rekatalogisierte Handschrift noch mit ihrer alten Nummer 39 zitiert. Es handelt sich um die ÖEkyesiw t«n pinãkvn t∞w ofikoum°nhw, vgl. dazu P. Schnabel, Die Entste hungsgeschichte des kartographischen Erdbildes des Klaudios Ptolemaios, in: Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse (1930) 229– 232 und 242 sowie Id. a.O. (oben Anm. 5), Text und Karten 33. Zum Cod. Seragliensis vgl. unten Kap. 1.3. Vgl. Schnabel a.O. (oben Anm. 5) 5–37.
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Kap. 1. Überlieferung
1. Codices primarii (Handschriften, auf welchen die Textausgabe zur Hauptsache basiert) 1) Vaticanus Urbinas Graecus 82 (U) Konstantinopel, um 1300, Pergament, 575 418 mm, 111 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und 26 Länderkarten in Buch 8. Gehörte dem florentinischen Kaufmann und Humanisten Palla Strozzi (1372–1462), der die Handschrift seinen Söhnen vererbte; später im Besitz des Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino. (Eingesehen im Dezember 2002; zur Faksimileausgabe vgl. Anm. 5). 2) Constantinopolitanus Seragliensis GI 57 (K) Konstantinopel, um 1300, Pergament, 572 422 mm, 122 Bl.,11 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der modifizierten Kegelprojektion nach Buch 7 und 26 Länderkarten in Buch 8. Einzige griechische Handschrift mit einer Weltkarte nach der modifizierten Kegelprojektion. Geschrieben von zwei Händen. Teilweise stark beschädigt. (Im Januar 2003 und Juli 2004 vom Projektteam eingesehen und fotografisch dokumentiert). 3) Vaticanus Graecus 177 (V) Konstantinopel, um 1300, Papier ohne Wasserzeichen, 240 160 mm, 240 Bl., 1 Kolumne. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Gehörte gemäss Exlibris dem Maximos Planudes12 und später einem gewissen Andronikos Oinaiotes. (Eingesehen im Mai 2003; digitalisiert einsehbar unter www.philoscience. unibe.ch/ptolemaios). 4) Venetus Marcianus Graecus Z. 516 (= 904) (R) 14. Jh. (Anfang), Papier, 307 223 mm, 208 Bl. Wissenschaftliche Sammelhandschrift; (f. 5r–138r, 1 Kolumne) Ptolemaios, Geographie (Anfang fehlend, inc. 1,1,6 deiknÊnai ka‹ tåw y°seiw) mit 22 ganzen und 2 halben Länderkarten nach Buch 8 (es fehlen Afrika-Karte 4, Asien-Karte 1 östliche Hälfte, Asien-Karte 2, Asien-Karte 3 westliche Hälfte). Gemäss Subskription geschrieben von einem gewissen Andreas Teluntas, Sohn des Phrangos aus Nauplion (Peloponnes). Gehörte Kardinal Bessarion. (Eingesehen im Februar 2004 und April 2007; digitalisiert einsehbar unter www.philoscience.unibe.ch/ptolemaios).
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Nicht eingerechnet die Dublette von fol. 7; vgl. dazu unten Kap. 1.3, Anm. 3. Zur Planudes-Redaktion vgl. unten Kap. 5.1, Abschnitt 2.
R. Burri
1.1 Griechische Handschriften
5) Vaticanus Graecus 191 (X) Konstantinopel, um 1300, Papier ohne Wasserzeichen, 340 250 mm, 397 Bl. Astronomisch-mathematisch-geographische Sammelhandschrift; (f. 128v–169v; Geogr. 1: 1–2 Kolumnen, Geogr. 2–8: 4 Kolumnen) Ptolemaios, Geographie ohne Karten, gemäss Nachtrag jedoch beruhend auf einer Vorlage mit 27 Länderkarten.13 Einziger reiner Vertreter der J-Rezension. Die Geographie wurde von drei Kopisten geschrieben, die letzten beiden liessen die Gradangaben weg (sie fehlen ab f. 157r, Kolumne 1, Zeile 3 bzw. ab Geogr. 5,13,16 Sigua). (Eingesehen im Mai 2003; digitalisiert einsehbar unter www.philoscience. unibe.ch/ptolemaios).
2. Codices secundarii (Handschriften, die für die Textausgabe fallweise herangezogen wurden) 6) Vaticanus Palatinus Graecus 388 (A) Konstantinopel, 15. Jh. (1435–1437), Papier, 360 240 mm, 280 Bl., 1 Kolumne. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Mittel- und Schlussteil des Textes umgestellt: (f. 1v–47r) Geogr. 1,1–2,7; (f. 48r–150r) Geogr. 5,14–8,30; (f. 152r–280v) Geogr. 2,8–5,13. Gemäss Subskription geschrieben vom Notarios Dukas für Kardinal Johannes Stojkovic von Ragusa. Vorlage zur griechischen Editio princeps von 1533 des Erasmus von Rotterdam. Die Handschrift gelangte um 1560 in die pfalzgräfliche Bibliothek in Heidelberg und 1623 mit den übrigen Palatini in die päpstliche Bibliothek nach Rom. (Eingesehen im Mai 2003; digitalisiert einsehbar unter www.philoscience. unibe.ch/ptolemaios). 7) Florentinus Laurentianus Pluteus 28.38 (B) 15. Jh., Pergament, 240 160 mm, 177 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. 8) Parisinus Suppl. gr. 119 (C) 14. Jh. (erstes Drittel), Papier, 211 155 mm, 232 Bl., 1 Kolumne. Ptolemaios, Geographie (Anfang fehlend, inc. 1,1,2 kay’ ßkaston e‰dow §pishmot°rvn) ohne Karten. Gehörte Guillaume Pellicier, der 1539–1542 Botschafter des französischen Königs François I. in Venedig war. Pelliciers Handschriftensammlung gelangte in den Besitz des jesuitischen Collège de Clermont in Paris. Nach der Aufhebung des Ordens wurde die Sammlung der Jesuiten von Clermont von dem holländischen Gelehrten Gerard Meerman (1722–1771) erworben. Dieser machte 1765 den Paris. Suppl. gr. 119 zusammen mit weiteren Handschriften dem König von Frankreich zum Geschenk. 13
Vgl. dazu unten S. 38.
13
Kap. 1. Überlieferung
9) Parisinus Graecus 1402 (D) Florenz, 15. Jh. (zweite Hälfte), Pergament, 600 420 mm, 72 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie (Buch 8 lückenhaft) mit unvollständigem Atlasteil (vorhanden sind eine nicht vollendete Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und die Europa-Karten 1–4 in Buch 8, wobei Europa-Karten 2–4 nicht vollendet). Geschrieben von Ioannes Skutariotes. (Eingesehen im Februar 2005). 10) Parisinus Graecus 1403 (E) 15. Jh. (Ende), Papier, 280 190 mm, 225 Bl., 1 Kolumne. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Gemäss Subskription geschrieben von Michael Apostoles. 11) Fragmentum Fabricianum: Fabricianus Bibliothecae Universitatis Hauniensis 23,2° (F) Konstantinopel, um 1300, Pergament, 550 410 mm, 2 Bl. (= 1 Bifolium), 2 Kolumnen. Fragment, enthaltend Ptolemaios, Geographie 8,5 und 8,8,3–7 (inc. ≤ d¢ N¤kaia) mit Europa-Karte 2 östliche Hälfte, Europa-Karte 5 östliche Hälfte und Europa-Karte 6 westliche Hälfte. Kopist identisch mit zweiter Hand des Constantinopolitanus Seragliensis GI 57 (K, s.o. Nr. 2). Das Fragment gehörte zur Handschriftensammlung des Holsteiner Philologen Marquard Gude (1635–1689), aus dessen Nachlass es sich der Hamburger Philologe und Theologe Johann Albert Fabricius (1668–1736) erwarb. 1770 gelangte die Handschriftensammlung des Fabricius in den Besitz der Universitätsbibliothek Kopenhagen, die seit 1938 zu der dortigen Königlichen Bibliothek gehört. 12) Athous Vatopedinus 655 / Londiniensis Additional 19391 / Parisinus Suppl. gr. 443A (L = LA + LL + LP) Konstantinopel (?), 13./14. Jh., Pergament, 370 270 mm, 324 Bl., 1 Kolumne; Abschrift des Vaticanus Urbinas Graecus 82 (U, s.o. Nr. 1). Geographische Sammelhandschrift; (LA f. 1r–54v, LL f. 14r–21v) Ptolemaios, Geographie (8,26–30 fehlend) mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und 24 ganzen sowie 2 halben Länderkarten in Buch 8 (es fehlen Asien-Karte 6 östliche Hälfte und Asien-Karte 7 westliche Hälfte). Die Weltkarte steht auf dem Kopf; einige Länderkarten sind nicht fertiggestellt. Bei seinem Besuch der Athos-Klöster 1841 für das französische Unterrichtsministerium nahm der Grieche Minas Minoides 7 Blätter der in Vatopedi aufbewahrten geographischen Sammelhandschrift mit; diese wurden 1864 von der Bibliothèque nationale de France erworben (LP). Konstantinos Simonides stahl 1852 weitere 21 Blätter der Handschrift und verkaufte sie ein Jahr später an das Britische Museum, von wo sie in die British Library gelangten (LL). Aufgrund von Fotos, die der russische Staatsrat Peter von Sevastjanov von den auf dem 14
R. Burri
1.1 Griechische Handschriften
Athos verbliebenen Blättern gemacht hatte (LA), kam 1867 in Paris ein erstes Faksimile der Handschrift heraus.14 Eine neue Faksimile-Ausgabe bietet nun die ganze Geographie.15 13) Oxoniensis Archivi Seldeniani B. 46 (Seldenianus 41, Summary Catalogue 3376) (N) Konstantinopel, 14. Jh., Papier ohne Wasserzeichen, 252 160 mm, 274 Bl., 1 Kolumne. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Von Maximos Planudes und Demetrios Triklinios benutzt; gelangte gemäss Schlussschrift mit Metrophanes III., dem zweifachen Patriarchen von Konstantinopel (1565–1572, 1579–1580), in das von ihm gegründete Dreifaltigkeitskloster auf der Insel Chalki (heute Heybeli) im Marmarameer; 1659 mit der Handschriftensammlung des John Selden in die Bodleian Library überführt. 14) Florentinus Laurentianus Pluteus 28.49 (O) Konstantinopel (?), 14. Jh., Pergament, 335 260 mm, 111 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und 64 Länderkarten in den Büchern 2–7. Hauptvertreter der Redaktion mit 64 Länderkarten (B-Redaktion). (Eingesehen im Februar 2004). 15) Vaticanus Palatinus Graecus 314 (Z) Kreta, 15. Jh. (zweite Hälfte), Papier, 280 190 mm, 224 Bl., 1 Kolumne. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Gemäss Subskription geschrieben von Michael Apostoles. (Eingesehen im Mai 2003). 16) Londiniensis Codex Burney 111 (v) 14./15. Jh. (Text) bzw. 15. Jh. (Karten), Pergament, 435 310 mm, 115 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und 65 Länderkarten in den Büchern 2–7 (von Asien-Karte 12 [Taprobane] Doppel vorhanden).
14
15
V. Langlois, Géographie de Ptolémée. Reproduction photolithographique du manuscrit grec du monastère de Vatopédi au Mont Athos, exécutée d’après les clichés obtenus sous la direction de M. Pierre de Séwastianoff, et précédée d’une introduction historique sur le Mont Athos, les monastères et les dépôts littéraires de la presqu’île sainte (Paris 1867). Claudius Ptolemaeus, Geographia, Codex 655 of the Holy Great Monastery of Vatopaidi on Mount Athos, Introductory texts: S.N. Kadas, L. Navari; Palaeographic transcription of texts: A. Tselikas (Alimos 1999[?]).
15
Kap. 1. Überlieferung
3. Übrige Codices der Geographie (Handschriften ohne Relevanz für die Textrezension) 17) Athos, Mone Dionysiou 175 (ohne Sigle) 13. Jh., Papier ohne Wasserzeichen, 264 Bl. Dogmatische Sammelhandschrift; (f. 1r–3v: 15. Jh., Papier) Ptolemaios, kurze Fragmente aus den Büchern 1, 7 und 8 der Geographie. 18) Athos, Mone Iberon 126 (ohne Sigle) 15. Jh., Papier, 94 Bl. Geographisch-astronomisch-theologische Sammelhandschrift; (f. 1r–2v) Ptolemaios, Geographie 5,14,1–15,8 und 8,20,1. 19) Bononiensis Bibliothecae Universitatis 2280 (g) Italien, 1528/1529, Papier, 330 230 mm, 318 Bl. Wissenschaftliche Sammelhandschrift; (f. 1r–168r) Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Gemäss den Subskriptionen kopiert von Valeriano Albini (so u.a. die Geo graphie) und einer zweiten Hand, die einem gewissen Fulgenzio zugeordnet wird. 20) Chicago (Illinois), The Newberry Library, Ayer MS 743 (n) Venedig, 15. Jh., Papier, 400 280 mm, 144 Bl., olim Venetus Monasterii Sancti Michaelis 15 / Romanus Monasterii Sancti Gregorii 15. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. 21) Constantinopolitanus Seragliensis 27 (c) 14./15. Jh. (Wende), Papier, 401 289 mm, 106 Bl., 2 Kolumnen. Geographische Handschrift; (f. 1r–88r) Ptolemaios, Geographie (Anfang fehlend, inc. 2,3) mit 63 Länderkarten in den Büchern 2–7 (es fehlt die EuropaKarte 24 [Peloponnes]) und 4 Kontinentkarten.16 22) Cremonensis Bibliothecae Graecus 160 (u) 15. Jh., Papier. (f. 132r–150r) Ptolemaios, theoretische Teile der Geographie.17 23) Florentinus Laurentianus Conventuum Suppressorum 626 (d) Italien, 15. Jh., Pergament, 595 440 mm, 104 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und 26 Länderkarten in Buch 8. 16 17
16
Vgl. dazu unten S. 40. Es sind dies in dieser Handschrift und in den weiteren, die nur die theoretischen Teile der Geo graphie enthalten, die Kapitel Geogr. 1,1–2,1; 7,5; 8,1–2. In dieser Handschrift hier kommen ausserdem Geogr. 7,6,7 und 8,29 dazu.
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1.1 Griechische Handschriften
24) Florentinus Laurentianus Pluteus 28.9 (S) 15. Jh. (Mitte), Papier, 290 220 mm, 132 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. 25) Florentinus Laurentianus Pluteus 28.42 (P) Italien (?), 19.05.1445, Papier, 290 210 mm, 147 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Gemäss Subskription kopiert von einem gewissen Demetrios, identifiziert mit Demetrios Kykandyles. 26) Lugdunensis Batavorum Vossianus Graecus F. 1 (z) Italien, 16. Jh., Papier, 545 425 mm, 30 Bl. Atlas mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion und 26 Länderkarten nach Ptolemaios. 27) Mediolanensis Ambrosianus Graecus 581 = N 289 sup. (h) 15. Jh. (Ende), Papier, ca. 240 170 mm, 162 Bl. Mathematisch-geographisch-astronomische Sammelhandschrift; (f. 41r–76v) Ptolemaios, theoretische Teile der Geographie. 28) Mediolanensis Ambrosianus Graecus 997 = D 527 inf. (s) 14.–15. Jh., Papier, 408 285 mm, 117 Bl. Geographische Sammelhandschrift; (f. 3r–101r, 2 Kolumnen) Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7, 64 Länderkarten in den Büchern 2–7 und 4 Kontinentkarten. 29) Oxoniensis Archivi Seldeniani B. 45 (Seldenianus 40, Summary Catalogue 3375) (o) Buda (?), 1482, Papier/Pergament, 290 180 mm, 176 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Gemäss Subskription geschrieben von Ioannes Athesinos = Johannes Rosenperger im Auftrag des deutschen Humanisten Konrad Celtis. 30) Oxoniensis Laudianus Graecus 52 (q) Venedig, 16. Jh., Papier, 330 210 mm, 83 Bl. Geographische Sammelhandschrift; (f. 33r–80r) Ptolemaios, theoretische Teile der Geographie. Gemäss Subskription geschrieben von Antonius Episcopopulus im April 1568 im Benediktinerkloster S. Giorgio Maggiore (Venedig). 31) Parisinus Coislinianus 173 (r) Konstantinopel (?), 14. Jh., 298 220 mm, 312 Bl. Wissenschaftliche Sammelhandschrift; (f. 112r–147r) Ptolemaios, theoretische Teile der Geographie. 17
Kap. 1. Überlieferung
Teile und Randnotizen der Handschrift, darunter diejenigen zu den Geogra phie-Exzerpten, von Nikephoros Gregoras. 32) Parisinus Coislinianus 337 (f) Lavra-Kloster (Athos), 14./15. Jh. (Wende), Papier, 232 158 mm, 278 Bl. Ptolemaios-Handschrift; (f. 1v–265v) Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Gehörte gemäss Besitzvermerk dem Lavra-Kloster auf dem Athos. 33) Parisinus Graecus 1401 (a) 15./16. Jh. (Wende), Pergament, 588 437 mm, 101 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und 26 Länderkarten in Buch 8. 34) Parisinus Graecus 1404 (b) 15. Jh., Papier, 300 220 mm, 175 Bl. Ptolemaios, Geographie 1–7,5 ohne Karten. 35) Parisinus Graecus 1407 (l) 1438, Papier, 270 190 mm, 215 Bl. Geographische Sammelhandschrift; (f. 1v, 203r–215r) Ptolemaios, Geogra phie 3,16 (Peloponnes) und Ausschnitt aus Buch 8. 36) Parisinus Graecus 1411 (ohne Sigle) 16. Jh. (erste Hälfte), Papier, 200 130 mm, 585 Bl. Geographische Sammelhandschrift; (f. 567r–585v [?]) Ptolemaios, Geogra phie 3,16 (Peloponnes) und Ausschnitt aus Buch 8. Geschrieben von Konstantinos Mesobotes. 37) Parisinus Graecus 2027 (ohne Sigle) 29.03.1449, Papier, 200 140 mm, 235 Bl. Philosophisch-moralisch-naturwissenschaftliche Sammelhandschrift; (f. 119r– 121v) Ptolemaios, Geographie 1,22–23,3. Gemäss Subskription geschrieben von Ioannes Symeonakes. 38) Parisinus Graecus 2423 (G) um 1300, Papier ohne Wasserzeichen, 250 160 mm, 158 Bl. Wissenschaftliche Sammelhandschrift; (f. 118r–135r, 1 Kolumne) Ptolemaios, Ausschnitte aus der Geographie (1,7,1–1,24,7; 2,6,53 bis Inhaltsübersicht Buch 3, expl. Yrãkhn ka‹ XersÒnhson). 39) Parisinus Suppl. gr. 673 (k) Konstantinopel (?), 15. Jh. (Mitte/zweite Hälfte), Papier ohne Wasserzeichen, 28 Bl. 18
R. Burri
1.1 Griechische Handschriften
Sammelhandschrift; (f. 11r–28v) Ptolemaios, Exzerpte aus Büchern 1 und 7 der Geographie. Geographie-Exzerpte kopiert von Matthaios Kamariotes. 40) Parmensis Palatinus 9 (H) Kreta (?), 15. Jh. (drittes Viertel), 293 210 mm, 228 Bl. Geographische Sammelhandschrift; (f. 1r–202v) Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Gemäss Subskriptionen geschrieben von Antonios Damilas und Michael Apostoles; die Geographie hat Damilas kopiert. 41) Scorialensis Graecus V I 1 (w) Carpi (bei Modena), 1523, 435 292 mm, 203 Bl. Ptolemaios-Handschrift; (f. 119r–182r) Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Geschrieben von Donatos Bonturellios. 42) Vaticanus Barberinianus Graecus 163 (x) Florenz, 15. Jh. (zweite Hälfte), Pergament, 217 156 mm, 233 Bl., 1 Kolumne. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Kopiert von Ioannes Skutariotes. 43) Vaticanus Graecus 176 (Q) 14. Jh., Papier, 270 173 mm, 193 Bl. Wissenschaftliche Sammelhandschrift; (f. 1r–26r) Ptolemaios, theoretische Teile der Geographie. 44) Vaticanus Graecus 178 (W) 14. Jh., Papier, 183 125 mm, 216 Bl. Wissenschaftliche Sammelhandschrift; (f. 1r–131v, 161r–165r) Ptolemaios, Geographie (lückenhaft: 1–7,4,13; 8,3–28) ohne Karten. 45) Vaticanus Graecus 193 (y) 15. Jh., Papier, 292 210 mm, 181 Bl. Mathematische Sammelhandschrift; (f. 168r–175v) Ptolemaios, theoretische Teile der Geographie. 46) Vaticanus Ottobonianus Graecus 67 (ohne Sigle) 1435/1436, Papier, 300 210 mm, 333 Bl. Sammelhandschrift; (f. 206r–207v) Ptolemaios, Geographie 3,16 (Peloponnes). Handschrift zum Teil kopiert von Petros Mpuas (nicht aber das GeographieExzerpt) im Auftrag des Georgios Palaiologos Kantakuzenos.
19
Kap. 1. Überlieferung
47) Vaticanus Palatinus Graecus 261 (ohne Sigle) Papier, 15. Jh., 309 Bl. Sammelhandschrift; (f. 305r–307v) Ptolemaios, Geographie 8,29. Gehörte gemäss Besitzvermerk dem aus Kreta stammenden Kopisten Markos Musuros. 48) Vaticanus Reginae Graecus 82 (e) 16. Jh. (erste Hälfte), Papier, 330 220 mm, 166 Bl. Ptolemaios, Geographie ohne Karten. Geschrieben von Michael Rosaitos. 49) Vaticanus Urbinas Graecus 80 (j) 14./15. Jh., Papier, 290 200 mm, 279 Bl. Sammelhandschrift; (f. 36r–90r) Ptolemaios, Kompendium der Geographie. Geographie-Kompendium nebst anderen Teilen der Handschrift kopiert von Ioannes Chortasmenos. 50) Vaticanus Urbinas Graecus 83 (t) 15. Jh. (Ende), Papier, 410 290 mm, 118 Bl. Geographische Sammelhandschrift; (f. 20r–109a r) Ptolemaios, Geographie (lückenhaft) mit 64 Länderkarten in den Büchern 2–7 und 4 Kontinentkarten. 51) Venetus Marcianus Graecus Z. 388 (= 333) (p) Italien, 15. Jh. (Mitte), Pergament, 583 437 mm, 104 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und 26 Länderkarten in Buch 8. Kopiert von Ioannes Rhosos. Auftragswerk und Besitz Kardinals Bessarion. (Eingesehen im März 2007). 52) Venetus Marcianus Graecus II, 103 (= 1312) (ohne Sigle) 16. Jh., Papier, 216 158 mm, 284 Bl., 1 Kolumne. Werke des Pachomios Rhusanos, Ausschnitte aus Werken anderer Autoren; (f. 278r–281v) Ptolemaios, Geographie 3,15–16 (exzerpiert). Geschrieben von Pachomios Rhusanos. (Eingesehen im März 2007). 53) Vindobonensis historicus Graecus 1 (m) Florenz (?), 31.10.1454, Pergament, 600 440 mm, 99 Bl., 2 Kolumnen. Ptolemaios, Geographie mit Weltkarte in der einfachen Kegelprojektion nach Buch 7 und 26 Länderkarten in Buch 8. Gemäss Subskription kopiert von Ioannes Skutariotes, Karten angefertigt durch Cyriacus von Ancona.
20
1.2 Stemma-Entwurf1 Alfred Stückelberger/Florian Mittenhuber
1. Zur Geschichte der Klassifizierung der Handschriften2 Den ersten Versuch, die Geographie-Handschriften zu gruppieren, unternahm der durch seine Editionen bekannte Geographiehistoriker Karl Müller in seiner Untersuchung von 1867.3 Er unterschied bereits eine ‘Asiatische Gruppe’ (die Handschriften mit 64 Länderkarten) und eine ‘Byzantinische Gruppe’ (die Handschriften, die auf dem Konzept der 26 Länderkarten beruhen). Er erkannte auch schon die ausserhalb der beiden Gruppen stehende Sonderstellung von X; leider waren ihm aber die Handschriften UK und F noch nicht zugänglich. Einen detaillierteren Versuch einer Einordnung der Geographie-Handschriften unternahm Otto Cuntz 1923 im Vorwort zu seiner Teilausgabe der Geographie.4 Er erkannte die zwei verschiedenen – später von Paul Schnabel V und J genannten – Rezensionen. Da ihm aber der erst 1927 wiederentdeckte Cod. Seragliensis GI 57 (K) noch nicht bekannt sein konnte und damit auch die besondere Bedeutung der Schwesterhandschrift Cod. Vat. Urb. Graec. 82 (U) verborgen blieb, liess er sich zu verschiedenen Schlussfolgerungen verleiten, die Schnabel ausführlich widerlegt.5 In seinem 1932 erschienenen monumentalen Werk zum Codex Vaticanus Urbinas Greacus 82 geht Joseph Fischer ausführlich auf die Klassifizierung der Handschriften ein, wobei bei ihm, durch den Skopus seines Werkes bedingt, die Kartenhandschriften im Vordergrund standen. Er unterscheidet eine A-Redaktion mit 26 Länderkarten (sie entspricht der byzantinischen Gruppe Müllers) und eine B-Redaktion mit 64 Länderkarten (sie entspricht der asiatischen Gruppe Müllers). Dass er den Urbinas, mit dem er sich sein ganzes Leben hindurch beschäftigt hatte, höher einschätzte als den Seragliensis, der erst kurz vorher entdeckt wurde, ist nachvollziehbar. Den Cod. X bewertet er recht abschätzig. Die bis heute umfassendste und immer noch grundsätzlich gültige Beschreibung und Klassifizierung von Geographie-Handschriften, auf der die folgende 1
4 5 2 3
Wichtigste Literatur zu Stemma-Entwürfen: Immer noch massgebend: P. Schnabel, Text und Karten des Ptolemäus (Leipzig 1938). Aus neuerer Zeit: A. Diller, De Ptolemaei Geographiae codicibus editionibusque (Praefatio zum Nachdruck der Ausgabe von Nobbe [Hildesheim 1966]) V–XV; ders., The Oldest Manuscripts of Ptolemaic Maps, in: Transactions and Proceedings of the American Philol. Assoc. 71 (1940) 62–67; G. Schmidt, Die Nebenüberlieferung des 6. Buches der Geographie des Ptolemaios (Wiesbaden 1999) 14. Ältere Entwürfe: K. Müller, Rapports sur les manuscrits de la Géographie de Ptolémée, in: Archives des missions scientifiques et littéraires, 2. Serie 4 (1867) bes. 286; O. Cuntz, Die Geographie des Ptolemaeus: Galliae, Germania, Raetia, Noricum, Pannoniae, Illyricum, Italia. Handschriften, Text und Untersuchung (Berlin 1923) 1–37; J. Fischer, De Claudii Ptolemaei vita operibus geographia praesertim eiusque fatis, Tomus prodromus I (Leiden 1932). Vgl. dazu Schnabel a.O. (obige Anm.) 38–46. Vgl. oben Anm. 1. Vgl. oben Anm. 1. Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 39–41.
21
Kap. 1. Überlieferung
Stemma-Skizze beruht, verdanken wir der Untersuchung Paul Schnabels.6 Durch weitergehende Analysen können wohl da und dort Modifikationen angebracht, Querbezüge nachgewiesen oder weitere Zwischenglieder erschlossen werden,7 für eine grobe Übersicht über die Abhängigkeitsverhältnisse, und zwar von Text und Karten, hat sich aber Schnabels Ansatz bewährt.
2. Stemma-Skizze Dem Versuch, die Abhängigkeitsverhältnisse der Geographie-Handschriften graphisch darzustellen, haften verschiedene Unsicherheitsfaktoren an: Die früum 160 n.Chr.
Autograph des Ptolemaios Archetyp WK + 26 Länderkarten
Ω-Rezension Agathodaimon-Redaktion ?
3./4.Jh.
Ξ-Rezension
Anf. 3. Jh.: Pap. Rylands Nr. 522 Agathodaimon-Subscriptio (Alexandria)
erschlossen
391: Zerstörung des Serapeions in Alexandria
5./6.Jh.
Δ-Vorlage (Majuskel) Planudes-Vorlage?
Strabon-Palimpsest Vat. Graec. 2306+2061A 5. /6. Jh.: Exzerpte in den GGM um 560: Cassiodor-Testimonium (Kloster Vivarium, Kalabrien)
Π –Vorlage (Majuskel)
8./9.Jh.
um 830: Aufkommen der byzant. Minuskelschrift
um 950: Al-Masudi-Testimonium (Ägypten)
1300
(F) K U
(G) N
V
erhalten
C L
1400
1500
a
W
D
EZ
1295: Planudes-Testimonium (Brief und Gedicht) Planudes-Redaktion in Konstantinopel
O s v
d m
X
R
BS A
Ende 14. Jh.: erste gr. Hss. gelangen nach Italien 1401-1406: lateinische Übersetzung des Jacopo Angelo (Cosmographia) um 1470: Bessarion bringt Cod. R nach Venedig 1475: Editio princeps des lateinischen Textes 1533: Editio princeps des griechischen Textes (Erasmus von Rotterdam)
1600
6
7
22
Vgl. oben Anm. 1. Infolge der schweren Erkrankung Schnabels wurde die Drucklegung von Albert Herrmann besorgt, der auch die zwei Übersichten S. 120f. hinzufügte. Vgl. das differenzierte Stemma-Schema bei G. Schmidt a.O. (oben Anm. 1) 14.
A. Stückelberger/F. Mittenhuber
1.2 Stemma-Entwurf
heren Überlieferungsstufen lassen sich nur mutmasslich datieren; vom ursprünglichen Bestand an Handschriften ist nur eine zufällige Auswahl erhalten; bei den Kopiervorgängen sind nachweislich oft verschiedene (heute meist verlorene) Handschriften herangezogen worden. Daher soll hier lediglich ein grobes Schema der wesentlichen Überlieferungsstränge entworfen werden, das nur die wichtigsten Handschriften umfasst und auf die Verzeichnung möglicher Zwischenglieder und Querbezüge weitgehend verzichtet.
3. Erläuterungen 3.1 V- und J-Rezension Bereits in einer sehr frühen Phase hat sich die Überlieferung in eine V- und J-Rezension aufgespalten, wobei von letzterer der Cod. Vaticanus Graecus 191 (X) als einziger reiner Vertreter erhalten ist. Diese Aufspaltung manifestiert sich schon im Pap. Rylands Nr. 522 (Anfang 3. Jh. n. Chr.), einem Fragment des Kanons bedeutender Städte, das bereits eine Reihe von X-Varianten belegt.8 Die V-Rezension ist allem Anschein nach – so wird man aus der hier fast durchwegs bezeugten Agathodaimon-Subscriptio schliessen dürfen – mit der Redaktion des Agathodaimon von Alexandria in Verbindung zu bringen.9 Die zwei Überlieferungsstränge gehen allerdings auf denselben Archetypus zurück, wie u.a. eine Untersuchung der über zweihundert Majuskelfehler bei Toponymen im Orts katalog beweist: Im 2. Buch steht beispielsweise bei solchen Majuskelverschreibungen 53 die V-Rezension geschlossen X gegenüber und nur 1 UKX gegen VRA, wobei die als richtig erachteten Lesarten sich annähernd gleichmässig auf beide Gruppen verteilen.10 Während die Ortsnamen beider Gruppen offensichtlich auf denselben Archetypus zurückgehen, ist die J-Rezension einer umfassenden Überarbeitung der Koordinaten unterzogen worden: Die Hs. X weist im Ortskatalog Geogr. 2,2,1 bis 5,13,16 (hier brechen die Koordinaten bekanntlich ab)11 etwa 1300 von der V-Rezension abweichende Koordinatenangaben auf,12 die ein anderes, in sich durchaus stimmiges Bild ergeben und nicht durch simple Abschreibefehler erklärt werden können.13 3.2 Die Aufspaltung der V-Rezension in eine D-Gruppe und eine P-Gruppe Innerhalb der V-Rezension hat Schnabel zwei sich deutlich unterscheidende Gruppen von Handschriften erkannt, die je unter sich nahe verwandt sind.14
8 9
12 10 11
13 14
Vgl. dazu unten Kap. 2.2, S. 143f. Zur Agathodaimon-Subscriptio vgl. unten Kap. 5.1, Abschnitt 1. Zu den Majuskelfehlern ausführlicher unten Kap. 1.5, Abschnitt 3.1. Vgl. oben Kap. 1.1, Cod. Nr. 5. Nicht gerechnet sind etwa zwei Dutzend Majuskelverschreibungen und einige weitere offensichtliche Fehler, die nicht der J-Rezension, sondern dem Abschreiber von X anzulasten sind. In unserer Textausgabe sind diese Varianten in den Apparat verbannt, während die Koordinatenangaben, die als zur Rezension gehörend erachtet wurden, im Text in ( ) angeführt sind. Ausführlicher dazu unten Kap. 1.4, Abschnitt 3. Dazu Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 47f.
23
Kap. 1. Überlieferung
Diese Aufteilung geht allem Anschein nach auf die Spätantike zurück. Allerdings ist die Zuordnung der späteren Abschriften des 14./15. Jahrhunderts, bei denen mit verschiedenen Querbezügen zu rechnen ist, nicht mehr so eindeutig: a) D-Gruppe (hauptsächliche Vertreter) Zu dieser Gruppe gehören zunächst die zur sog. Planudes-Redaktion zählenden Handschriften15 U Vaticanus Urbinas Graecus 82 K Constantinopolitanus Seragliensis GI 57 F Fragmentum Fabricianum [= Hauniensis Graecus 23,2°] Ferner werden u.a. folgende Abschriften zu dieser Gruppe gerechnet: L Athous Vatopedinus 655 (Abschrift von U) d Florentinus Laurentianus Graecus Conv. Suppr. 626 (Abschrift von U) D Parisinus Graecus 1402 (geht auf U zurück) m Vindobonensis historicus Graecus 1 (geht auf U zurück) a Parisinus Graecus 1401 (geht auf U zurück) G Parisinus Graecus 2423 (G) N Oxoniensis Archivi Seldeniani B. 46 [ehem. Seld. 41] b) P-Gruppe (hauptsächliche Vertreter) V Vaticanus Graecus 177 R Venetus Marcianus Graecus Z. 516 (= 904) Ferner werden u.a. folgende Abschriften zu dieser Gruppe gerechnet: C Parisinus Supplementum Graecum 119 W Vaticanus Graecus 178 Z Vaticanus Palatinus Graecus 314 E Parisinus Graecus 1403 3.3 Die Redaktion mit 64 Länderkarten Neben dem von Ptolemaios, Geogr. 8,2,1 ausdrücklich festgelegten Konzept mit 26 im 8. Buch integrierten Länderkarten ist im 14. Jahrhundert eine tiefgreifende Neugestaltung der Geographie geschaffen worden,16 bei welcher der ursprüngliche Bestand auf 64 Länderkarten aufgeteilt wurde, die in den Ortskatalog Buch 2–7 eingefügt sind.17 Zudem wird auch eine sorgfältige redaktionelle Arbeit am Text sichtbar, bei der Inkonsequenzen der handschriftlichen Vorlagen korrigiert und Informationen aus anderen Quellen verwertet wurden. Der älteste Vertreter dieser Redaktion ist O Florentinus Laurentianus Pluteus 28.49
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Dazu unten Kap. 5.1, Abschnitt 2. Fischer a.O. (oben Anm. 1) 212 und Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 15 vermuten auch hier ‘einen ins Altertum zurückreichenden Ursprung’, wofür es allerdings keine Anhaltspunkte gibt; so urteilt auch Diller a.O. (oben Anm. 1) XIV. Ausführlicher dazu unten Kap. 1.4, Abschnitt 2.3.1b.
A. Stückelberger/F. Mittenhuber
1.2 Stemma-Entwurf
Von dieser Handschrift stammen weitere Abschriften der Redaktion mit 64 Länderkarten ab: v Londiniensis Codex Burney 111 (Abschrift von O) s Mediolanensis Ambrosianus Graecus 997 [= D inf. 527] (Abschrift von O) 3.4 Die Mischhandschriften Die sogenannten Mischhandschriften verdanken ihren Namen dem Bestreben der Kopisten, auffällige Fehler in den Vorlagen durch Beizug anderer Handschriften zu korrigieren, wobei auch heute verlorene Vertreter aus den beiden grossen Rezensionen berücksichtigt wurden.18 Besonders bedeutsam ist es, wenn in einer Mischhandschrift der Beizug einer noch vollständigen Handschrift der J-Rezension nachgewiesen werden kann, wie dies der Fall ist bei A Vaticanus Palatinus Graecus 388 Der Codex, der später die Grundlage für die Editio princeps des Erasmus bildete, wurde um 1435–1437 in Byzanz geschrieben.19 Da in X, dem einzigen heute erhaltenen Vertreter der J-Rezension, die Koordinaten ab Geogr. 5,13,16 abbrechen, ist der Codex A für die Rekonstruktion der verlorenen X-Koordinaten von Bedeutung. Ebenfalls zu den Mischhandschriften gerechnet werden können die oben erwähnte Handschrift O Florentinus Laurentianus Pluteus 28.49, die ebenfalls Angaben aus der J-Rezension verarbeitet hat, sowie die kartenlosen Handschriften B Florentinus Laurentianus Pluteus 28.38 S Florentinus Laurentianus Pluteus 28.9 Bei den letzteren handelt es sich um Abschriften von einer heute verlorenen Vorlage, welche Jacopo Angeli da Scarperia bei seiner lateinischen Übersetzung als Vorlage gedient hat.20 Bei einem grossen Teil vor allem der späteren Handschriften aus der zweiten Hälfte des 15. und des 16. Jahrhunderts, bei denen man mit Korrekturen der Humanisten oder bereits mit Einflüssen der ersten Drucke zu rechnen hat, ist eine Einordnung in ein Stemma kaum mehr möglich.
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Vgl. dazu unten Kap. 1.5, Abschnitt 2.1. Zum Schicksal der Handschrift s. unten S. 333f. Vgl. dazu Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 19f. und unten Kap. 5.3, Abschnitt 1.
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1.3 Der Codex Seragliensis GI 57, eine kodikologische Beschreibung Robert Fuchs/Doris Oltrogge
Der Codex Seragliensis GI 57 gehört zu den ältesten erhaltenen Kopien der Geographie des Ptolemaios. Geschrieben wurde er wohl in Konstantinopel im späten 13. Jahrhundert. Nach jahrhundertelanger Vernachlässigung wurde er zusammen mit weiteren griechischen Handschriften 1927 in äusserst schlechtem Zustand von Adolf Deissmann im Topkapı Saray wiederentdeckt.1 Seit der Restaurierung der Karten durch Hugo Ibscher 1929 werden die Blätter in zwei Mappen in der Bibliothek des Topkapı-Museums aufbewahrt. Im Sommer 2004 wurde das Manuskript in Istanbul materialtechnisch untersucht. Dabei wurden die kodikologischen Daten aufgenommen, nicht oder schlecht lesbare Texte mit Hilfe der Bandpassfilter-Reflektographie sichtbar gemacht, die Farbmittel mit der zerstörungsfreien, portablen Vis-Spektroskopie analysiert und die Ausführung der Karten mit Reflektographietechniken, Streiflicht und Beobachtung unter der Stereolupe untersucht.2 Eine Restaurierung der Textseiten sowie erneute Sicherung der Karten ist in Vorbereitung.
1. Gesamtbeschreibung Die Handschrift besteht aus 123 Blättern3 aus Schafspergament sehr guter Qualität. Im Textteil (fol. 1–72) sind die Pergamente sehr fein und dünn, im Kartenteil (fol. 73–122) deutlich dicker. Die seltenen Nähte oder Löcher sind mit fein ausgeschärftem Pergament vor der Beschriftung überklebt bzw. geschlossen worden. Das Manuskript ist durch zwei unabhängige Feuchteschäden extrem geschädigt. Ein von den Vorderkanten des geschlossenen Buches ausgehender Pilzbefall (Chladisporum purpureum) hat die Seiten unterschiedlich stark purpurn verfärbt und zu Substanzverlusten an den Rändern geführt. Bei einem zweiten, wohl späteren Feuchteschaden lag das Buch offenbar mit dem Rücken längere Zeit im Wasser. Dadurch verfärbte sich das Pergament braun, verfaulte und wurde brüchig.4 Die erhaltenen Masse der einzelnen Blätter differieren daher 1
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Adolf Deissmann, Forschungen und Funde im Serai. Mit einem Verzeichnis der nicht-islami schen Handschriften im Topkapu Serai zu Istanbul (Berlin/Leipzig 1933). Zu den Untersuchungsmethoden vgl. Robert Fuchs/Doris Oltrogge, Neue Untersuchungen an mittelalterlichen Handschriften, in: Rhythmus und Saisonalität. Kongressakten des 5. Sympo siums des Mediävistenverbandes in Göttingen. Hrsg. von Peter Dilg, Gundolf Keil und DietzRüdiger Moser (Sigmaringen 1995) 327–345. In der modernen Foliierung ist das achte Blatt als fol. 7D gezählt, da der Text eine Dublette bildet. Entsprechend sind nur 122 Folia gezählt. Dies ist auf der Weltkarte fol. 73v/74r sehr gut zu beobachten. Der purpune Pilzbefall schwächte das Pergament von aussen bis an den Farbbereich der Karte. Dort verhinderten die chemischen Bestandteile der Farbmittel ein Ausbreiten der Mikroorganismen. Im Falz unten brach
R. Fuchs/D. Oltrogge
1.3 Codex Seragliensis GI 57
erheblich, einige Blätter messen nur mehr ca. 550 393 mm. Die Schnittkanten und Fälze sind nur vereinzelt erhalten.5 Demnach betrug die Höhe der Handschrift ursprünglich 572 mm,6 die Breite 422 mm.7 Die Bindung ist verloren, weitgehend sind auch die Fälze durch den Feuchteschaden zerstört, so dass nur noch zwei Doppelseiten zusammenhängen (fol. 50/53 und 51/52). Erhalten haben sich zudem drei ungezählte Schutzblätter aus Pergament am Beginn der Handschrift. Nach der Beschreibung Deissmanns lagen bei der Auffindung ab fol. 50 noch mehrere Lagen zusammen; demnach wäre die Handschrift aus Binionen, also Lagen von je zwei Doppelblättern zusammengesetzt gewesen.8 Dies kann allerdings nicht für das gesamte Manuskript gelten, da bei regelmässigen Binionen jeweils eine neue Lage mit Blatt 49 und Blatt 53, nicht aber mit Blatt 50 beginnen müsste. Nun ist ein Blatt, fol. 7, doppelt gezählt, da der Text eine Dublette ist und daher als nicht zugehörig gewertet wird. Nimmt man dieses Blatt als ursprünglichen Bestandteil der Handschrift, so erklärt sich der Lagenbeginn auf einem nach der heutigen, 1929 erstellten Zählung geraden Blatt. Bei regelmässigen Binionen wäre dann ein Lagenbeginn bei fol. 48 und 52 zu erwarten. Die Liniierung der Seiten deutet allerdings darauf hin, dass zumindest zu Beginn der Handschrift ein abweichendes Lagenschema vorlag. Der Text ist in zwei Spalten geschrieben (Abb. 1). Die Masse des Schriftraums variieren zwischen 402 und 449 mm für die Höhe sowie 302 mm und 324 mm für die Breite. Die Spaltenbreite schwankt zwischen 122 und 134 mm. Von fol. 8–71 ist jede Spalte durch je 17–18 Vertikallinien unterteilt,9 um ein Tabellenformat für den Eintrag der Koordinaten zu erhalten. Die Blindliniierung wurde seitenweise auf den Haarseiten ausgeführt, die Zeilen- und Vertikallinien sind sehr unregelmässig, teilweise schief und in wechselnden Abständen gezeichnet. Die Zeilenzahl schwankt zwischen 36 und 53. Zu Beginn der Handschrift entsprechen sich immer zwei Blätter (fol. 1/2, 3/4, 5/6, 7/7D),10 vermutlich umfassten hier die Lagen also nicht einen Binio, sondern jeweils nur ein Doppelblatt. Dieser Befund bestätigt auch die Zugehörigkeit der Textdublette fol. 7D zum ursprünglichen Bestand der Handschrift, wahrscheinlich als Teil des Doppelblattes fol. 7/7D. Mit fol. 8 beginnt nicht nur eine Gruppe von 45-zeiligen Seiten, sondern auch die Einführung des Tabellenformates. Möglicherweise wurde jetzt auch der Lagenumfang auf Binionen erweitert, denn bis fol. 23 folgen nun Blätter mit je 45 Zeilen. Auf fol. 24–75 beträgt die Zeilenzahl jeweils nur noch 41 oder
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ein grösserer Teil heraus, dessen Ränder braun und brüchig sind. Dieser Schaden wurde durch die Farbschicht nicht aufgehalten. Die Karten sind durch die Papieranfaserung verzogen und daher für die Rekonstruktion der ursprünglichen Blattgrössen nur bedingt heranzuziehen. Gemessen auf fol. 69, wo Kopf- und Fussschnitt, wenn auch fragmentarisch, noch gut erkennbar sind. Gemessen auf fol. 53, wo Falz und Vorderschnitt weitgehend erhalten sind. Deissmann a.O. (oben Anm. 1) 89. Die Abstände sind recht ungleichmässig, betragen aber meist ca. 9–10 mm. Fol. 1/2 jeweils 52 Zeilen, fol. 3/4 41 bzw. 40 Zeilen, fol. 5/6 36 und fol. 7/7D 53 Zeilen. Danach folgt eine Gruppe von Blättern mit 45 Zeilen.
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Kap. 1. Überlieferung
42, Ausnahmen sind fol. 25 und 26 sowie fol. 73 und 74 mit je 45 Zeilen – also vielleicht die inneren Doppelblätter der Binionen fol. 24–27 und fol. 72–75. Vor fol. 50 und 72 ist allerdings jeweils mindestens eine Lage aus nur einem Doppelblatt anzunehmen. Möglicherweise waren auch fol. 84 und 85 (je 41 Zeilen)11 und fol. 86–91 (je 40 Zeilen) ebenfalls nur als Doppelblätter eingebunden. Dagegen könnten fol. 76–83 (jeweils 53 Zeilen), fol. 92–119 (je 45 Zeilen) regelmässige Binionen gebildet haben. Ebenfalls 45 Zeilen weisen die drei letzten beschriebenen Seiten auf. Da hier allerdings weitgehend zweiseitige Karten unterzubringen waren, ist denkbar, dass auch diese jeweils auf ein Doppelblatt gemalt wurden, wie dies Ibscher rekonstruierte. Nur bei fol. 80–83 bot sich ein Binio an, da hier zunächst zwei einseitige Karten erforderlich waren (fol. 80r, 81r), denen dann zweiseitige Karten folgten. Das hypothetische Lagenschema bestünde demnach hauptsächlich aus Binionen für den Textteil und Doppelblättern für den Kartenteil. Die grossen Schwankungen im Layout auf den ersten Seiten deuten darauf hin, dass zu Beginn die Bögen jeweils ad hoc vorbereitet wurden. Dann ging man dazu über, dem Fortschritt der Schreibarbeit entsprechend immer eine kleine Anzahl von Blättern auf Vorrat zu liniieren. Das galt auch für die Blätter, die Karten aufnehmen sollten, obwohl hier nicht grundsätzlich auf den Rückseiten Texte vorgesehen waren.12 Die Schreiber haben weitgehend nicht auf den Linien geschrieben, in Einzelfällen kann sogar die Zeilenzahl der Schrift von der Liniierung abweichen.13 Der Text ist in griechischer Minuskel mit einer braunen Tinte, vermutlich einer ‘imperfekten’ Eisengallustinte14 geschrieben. Die Initialen, Versalien, Rubriken sowie das Kephalion auf fol. 1 sind mit einem rosa Farbmittel ausgeführt, das heute vielfach recht bräunlich wirkt. Vermutlich handelt es sich dabei um ein Brasilfarbmittel auf weissem Substrat; der Farbton mag ursprünglich deutlicher rotrosa gewesen sein. Mit diesem rosa Farbmittel sind auch die in den Text eingeschobenen Schemata15 ausgeführt, nachdem sie zunächst mit dem Zirkel konstruiert und mit einem Griffel vorgeritzt worden waren.
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Sicher gehören fol. 84 und 85 zu einem bis in den Falz erhaltenen Kartendoppelblatt, das allerdings bei der Restaurierung durch Ibscher getrennt wurde, um durch Papieranstückungen Italien zu einem Kartenpaar (fol. 83v/84r) zusammenzufügen. Fol. 85 wurde von ihm als Einzelblatt ergänzt. Allerdings ist immer mindestens eine Seite eines Doppelblattes beschrieben. Z.B. auf fol. 11: 45 Linien, aber 46 Schriftzeilen. Umgekehrt wurden selbstverständlich Linien freigelassen, wenn wie im Kartenteil nur wenig Text unterzubringen war. Zu den Zusammensetzungen von imperfekten Eisengallustinten s. Robert Fuchs, Der Tinten frass historischer Tinten und Tuschen – ein komplexes nie enden wollendes Problem, in: Tinten frassschäden und ihre Behandlung. Hrsg. von Gerhard Banik/Hartmut Weber (Werkhefte der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Serie A, Heft 10) (Stuttgart 1998) 37–76. Z.B. fol. 9v, 10r.
R. Fuchs/D. Oltrogge
1.3 Codex Seragliensis GI 57
Abb. 1: Beispiel einer Textseite aus dem Codex Seragliensis GI 57, fol. 33r: Teile aus dem Ortskatalog von Griechenland (Geogr. 3,15,20–3,16,5).
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Kap. 1. Überlieferung
2. Die Herstellung der Karten Die Malerei wurde im Streiflicht unter der Stereolupe genau untersucht, um das Vorgehen bei der Anlage und beim Kolorieren der Karten zu ermitteln. Eine wesentliche Frage war dabei, ob die Karten von einer anderen, älteren Vorlage abgepaust oder nachgezeichnet wurden. Beim Pausen müssten eingedrückte Linienkonturen oder Nadelstiche vorhanden sein. Derartige Pausspuren waren nirgends erkennbar. Vielmehr sind die Koordinaten entsprechend den Tabellen des Ptolemaios mit kleinen Kreuzchen oder Punkten auf den Karten eingetragen und auf dieser Grundlage die Grundzüge der Karten festgelegt. Allerdings lassen sich nicht alle Charakteristika der Karten aus den Koordinaten errechnen: So sind für die Ländergrenzen, die Flussläufe, teilweise auch die Küstenlinien nur wenige Messpunkte in den Tabellen angegeben. Ihr Verlauf auf den Karten des Seragliensis ähnelt aber sehr stark dem in der annähernd gleichzeitigen Kopie der Geographie, dem Codex Urbinas Graecus 82. Die Zeichner hatten also sehr wahrscheinlich auch bildliche Vorlagen, die sie allerdings nicht durch Pausen kopierten, sondern nur als visuelle Hilfen für die nicht ausmessbaren topographischen Charakteristika benutzten.16 Die Herstellung der Karten lässt sich demnach folgendermassen rekonstruieren: Zunächst wurde das Bildfeld abgemessen, dann die Grade am Aussenrand mit Hilfe eines Zirkels markiert und die Koordinaten mit einem Griffel schwach eingeritzt. Anschliessend wurde die Position der einzelnen Orte bestimmt und mit Kreuzchen oder Punkten mit Tinte gekennzeichnet. Flüsse, Küstenlinien und Ländergrenzen, bei denen der genaue Verlauf wichtig war, wurden mit brauner Tinte vorgezeichnet, bisweilen hat aber nur der harte Calamus, hier wohl eine Bronzefeder, einen Abdruck im Pergament hinterlassen. Die Gebirge sind offenbar nicht grundsätzlich und wenn, dann nur summarisch mit einem Griffel im Bereich der wenigen Vermessungspunkte vorgezeichnet.17 Auch die Städtebilder sind als braune Vorzeichnung nicht immer auszumachen, wesentlicher für ihre Positionierung war die punktförmige Einzeichnung der Koordinaten. Anschliessend wurden die Länder und Meere mit verschiedenen Farben koloriert, der Verlauf der Flüsse mit Blau ausgeführt, die Gebirge als grüne oder braungrüne wolkige Struktur aufgemalt sowie die Städte als Mauern mit Türmen eingezeichnet. Dann wurden die Koordinaten oftmals noch mit schwarzer Tinte wiederholt und die Namen mit derselben Tinte oder mit rosa Tusche aufgeschrieben. Abschliessend wurden Meridiane und Breitengrade mit Zinnober aufgezeichnet.
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Nach Florian Mittenhuber, Text- und Kartentradition in der Geographie des Klaudios Ptole maios (Diss. Univ. Bern 2009) 74–115, weisen die Weltkarten der beiden Handschriften bei den Koordinaten einzelne Abweichungen zwischen Text- und Kartenüberlieferung auf, die zusammen mit einigen Ergänzungen aus nachptolemäischen antiken Texten nahelegen, dass die Karten der byzantinischen Abschriften zumindest teilweise auf eine spätantike Überarbeitung zurückgehen. Die Besonderheiten der Länderkarten dagegen stimmen mit der in Seragliensis und Urbinas überlieferten Textredaktion überein; vgl. Mittenhuber a.O. 136–209. Erkennbar z.B. auf fol. 73v/74r (Weltkarte).
R. Fuchs/D. Oltrogge
1.3 Codex Seragliensis GI 57
3. Farbanalyse Die verwendeten Farbmittel wurden vor Ort mit einem transportablen Farbspektrometer (GRETAG SPM100) analysiert. Die meisten Farbmittel konnten damit bestimmt werden: Farbton Farbmittel rot Zinnober rotrosa Zinnober mit Weisspigment und Rotfarbstoff (Krapp?) rosa Rotfarbstoff (eventuell Brasilfarbmittel?) mit Weisspigment, besonders in der Rubrizierung häufig durch Alterung bräunlich geworden blau Azurit (übliches Blaupigment) blau Lapislazuli (sehr selten) grün Kupfergrünpigment, meist mit Weisspigment, in den Gebirgen mit Gelbocker gemischt gelb organischer Gelbfarbstoff mit Weisspigment, meist stark ausgeblichen braun braune Tinte (nur in figürlicher Darstellung der Winde und Tierkreiszeichen); als Länderfarbe: teils gealtertes Rosa (Brasilfarb stoff?), teils gealtertes organisches Gelb schwarz schwarze Tinte weiss Weisspigment, sowohl Kreide (FTIR) als auch Bleiweiss (EDX) Wie in modernen Atlanten wurden die einzelnen Länder der besseren Unterscheidbarkeit halber mit unterschiedlichen Farben koloriert, rotrosa, hellgrün, beige bzw. blassbraun und weiss. Meridiane und Grade sind mit Zinnober eingezeichnet. Die Gebirge sind mit dunklerem Grün gemalt, Städte mit hellem Rosa, die Gewässer schliesslich mit Blau. Für letzteres fand üblicherweise Azurit Verwendung, die Kolorierung der Meere auf der 1. Europakarte (fol. 76v/77r) wurde jedoch abweichend davon mit Lapislazuli ausgeführt, dem nur wenig Azurit beigemischt war. Die Flüsse dieser Karte sind wiederum mit reinem Azurit gemalt. Ein Grund für die nur vereinzelte Verwendung des Lapislazuli ist schwer erkennbar; zwar ist es denkbar, dass Lapislazuli in Byzanz wie im spätmittelalterlichen Europa deutlich teurer war als Azurit, doch erklärt dies nicht die Verwendung auf nur einer Karte – die nicht die erste ist – und nur für die Meere. Auch koloristische Gründe, z.B. die Unterscheidung von Meeren und Flüssen, können kaum angeführt werden, da auf den übrigen Blättern die Meere mit Azurit gestaltet wurden. Im Allgemeinen sind Lapislazuli und Azurit gebräuchliche Blaupigmente der byzantinischen Buchmalerei; auch die übrigen Farbmittel sind nicht ungewöhnlich. Aufgrund der starken Beschädigung der Farboberflächen mit Wasser war es nicht immer einfach, die Farbanalyse durchzuführen, zu sehr hatten sich die Farben zum Teil vermischt und ist Schmutz in die Oberfläche eingedrungen. Auch ist der organische Gelbfarbstoff so stark ausgeblichen, dass eine Identifizierung 31
Kap. 1. Überlieferung
mit der zerstörungsfreien Farbspektroskopie nicht möglich war. Auf einigen Seiten war auch nicht mehr zu klären, ob neben der gelblichen Länderfarbe noch eine zweite, eher rötliche verwendet war, die sich heute zu einem ähnlich blassen bräunlichen Beige verändert hat. Dagegen ist das kräftige Rotrosa, mit dem viele der Länder koloriert wurden, relativ stabil, es handelt sich um eine Mischung aus Zinnober, Weisspigment und einem Rotfarbstoff, vermutlich Krapp. Das hellere Rosa für die Städte, die Beschriftung der Karten und die Rubriken der Textseiten kann trotz der starken Ausbleichungen und der häufigen Verbräunung mit grosser Wahrscheinlichkeit als eine Mischung aus Brasilfarbstoff und Weisspigment bestimmt werden. Für Länder und Berge wurden verschiedene Kupfergrünpigmente verwendet, die sich mittels Farbmessung nicht eindeutig unterscheiden lassen. Für die Länderfarben wurde dieses Pigment mit Weisspigment gemischt, für die dunkleren Gebirge mit Gelbocker. Aufgrund der – gerade auch im Vergleich mit dem Azurit – recht hohen Stabilität gegenüber dem Wasserschaden ist zu vermuten, dass es sich bei dem Kupfergrünpigment überwiegend um Malachit handelt. Zwar ist an einigen Stellen die bekannte Kupfergrünwanderung durch das Pergament bis auf die Rückseite zu beobachten – typisch für lösliche Kupfergrünpigmente wie z.B. Kupferacetate; weitgehend zeigt sich dieser Schaden jedoch nicht, was auf den wasserunlöslichen basischen Malachit verweist. Die Untersuchung der Handschrift zeigte, dass der Schimmelpilz fast ausschliesslich die Textseiten befallen hatte. Die farbigen Karten waren nur bis zum Rand der Malereien angegriffen. Auch an Flächen, die beim oberflächlichen Betrachten nicht bemalt sind, zeigt sich dieses Phänomen. Doch die Betrachtung unter der Stereolupe zeigt, dass auch dort dünne Schichten von verfärbtem oder bewusst eingefärbtem Weisspigment angewendet wurden. Aus einer winzigen Probe, die mit der EDX-Analyse in Köln analysiert wurde, kann man erkennen, dass viel Bleiweiss verwendet wurde. Sowohl das bleihaltige Bleiweiss wie auch die kupferhaltigen Pigmente wie Azurit und Kupfergrünpigmente wirken biozid und verhinderten einen Schimmelbefall. Der Azurit hat sich wegen der jahrhundertelangen feuchten Lagerung teilweise zu grünen wasserlöslichen Kupferverbindungen umgewandelt und schlägt auf nahezu allen Blättern auf die Rückseiten durch. Dieser Prozess ist auch nach Ibschers Restaurierung fortgeschritten, wie grüne Verfärbungen auf den angestückten Papieren und jüngere Risse und Brüche in Azurit-Malflächen belegen. Da der Azuritfrass auch die Bindemittel angegriffen hat, sind in den blauen Malschichten besonders häufig lose Farbschollen zu beobachten. Das stabile grüne Kupfergrünpigment (Malachit) dagegen ist deutlich weniger geschädigt; es handelt sich offenbar um eine weitaus stabilere Kupferverbindung. Farbmaterialien der figürlichen Darstellungen der Tierkreiszeichen und der Winde: In der Weltkarte (fol. 73v/74r) sind auch die zwölf Winde in bester Zeichenmanier der Spätantike mit brauner Tinte und schwarzer Tusche gezeichnet. Die Tierkreiszeichen stellen kleine Malereien mit vielen Farben dar. Sie sind im Randbereich der Weltkarte untergebracht und daher durch den Schimmel stark beschädigt. Das Zeichen des Wassermanns gibt noch die hohe Qualität der spätantiken Tradition in der Malerei wieder. 32
R. Fuchs/D. Oltrogge
1.3 Codex Seragliensis GI 57
4. Schlussbeurteilung Aufgrund der vorliegenden Untersuchung ergibt sich, dass der Aufbau des Seragliensis GI 57, die verwendeten Beschreibstoffe und Farbpigmente gut zur Praxis eines qualifizierten byzantinischen Skriptoriums passen. Wieweit auch die Schwesterhandschriften, der Cod. Vaticanus Urbinas Graec. 82 (U) und das Fragmentum Fabricianum (F) demselben Skriptorium zugewiesen werden können, bleibt noch zu untersuchen.18
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Die geplante Untersuchung hat sich leider infolge der derzeitigen Unzugänglichkeit der vatikanischen Bestände verzögert.
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1.4 Karten und Kartenüberlieferung Florian Mittenhuber Die nachfolgende Untersuchung geht zunächst vom Erscheinungsbild der in den Handschriften überlieferten Karten aus. Dabei stehen die ältesten und besten Kartenhandschriften, die sogenannten codices primarii, im Vordergrund, von denen alle jüngeren Kartenhandschriften abhängen. Unter diesen hervorzuheben sind der Codex Seragliensis GI 57 (K) und der Codex Vaticanus Urbinas Graecus 82 (U, beide um 1300), welche die Vorgaben des Ptolemaios am besten umsetzen und an die sich denn auch die Umzeichnungen in unserer Textausgabe anlehnen. Im zweiten Teil soll versucht werden, aufgrund verschiedener Indizien in den Handschriften sowie unter Beizug externer Testimonien einen vertieften Einblick in die Kartentradition zu gewinnen.1
1. Die handschriftlich überlieferten Karten 1.1 Die griechischen Kartenhandschriften Von den insgesamt 53 erhaltenen griechischen Handschriften der Geographie2 sind lediglich 16 mit Karten ausgestattet.3 Die Kartensätze sind nicht immer vollständig und – besonders was die Umsetzung der ptolemäischen Angaben zur Konstruktion der Karten anbelangt – von unterschiedlicher Qualität. Generell lassen sich zwei Gruppen von Handschriften mit zwei unterschiedlichen Typen von Kartensätzen unterscheiden: Der erste Typ umfasst eine Weltkarte am Ende des 7. Buches und 26 Länderkarten im 8. Buch. Es ist dies der klassische Kartensatz, nach dem Ptolemaios das gesamte Werk konzipiert hat. Eine zweite Gruppe von Handschriften enthält ein erst im Spätmittelalter entstandenes Konzept mit einer Weltkarte und 64 Länderkarten, die in den Text der Bücher 2–7 integriert sind. 1
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Zum ganzen Thema ausführlich F. Mittenhuber, Text- und Kartentradition in der Geographie des Klaudios Ptolemaios. Eine Geschichte der Kartenüberlieferung vom ptolemäischen Original bis in die Renaissance, in: Bern Studies in the History and Philosophy of Science (Diss., Bern 2009); eine erste knappere Fassung ist 2005 auf CD-ROM erschienen. Eine ausführliche Übersicht über die griechischen Handschriften der ptolemäischen Geographie findet sich oben Kap. 1.1. – Bei P. Schnabel, Text und Karten des Ptolemäus (herausgegeben von A. Herrmann), in: Quellen und Forschungen zur Geschichte der Geographie und Völker kunde, Bd. 2 (Leipzig 1938) findet sich im Kapitel ‘Die Handschriften und Textfamilien der Geographie des Ptolemäus’ (5–37) eine detaillierte Auflistung und Beschreibung sämtlicher ihm bekannten Handschriften. Eine Zusammenstellung sämtlicher Hss. der Redaktion mit 26 Länderkarten (bei Fischer ARedaktion) gibt J. Fischer, Claudii Ptolemaei Geographiae Codex Urbinas Graecus 82 pho totypice depictus consilio et opera curatorum Bibliothecae Vaticanae. Tomus prodromus: De Claudii Ptolemaei vita operibus Geographia praesertim eiusque fatis. Pars prior: commentatio. (Leiden 1932) 219–289 sowie 515–524 und 551–554. Die Hss. der Redaktion mit 64 Länderkarten (bei Fischer B-Redaktion) werden l.c. 208–213 nur kurz erwähnt.
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Von den 16 erhaltenen griechischen Kartenhandschriften sind für die Kartentradition lediglich vier relevant: Es sind dies die in unserer Ausgabe zu den codices primarii gerechneten Handschriften UKR und das Bifolium F. Unter diesen sind die aufs engste miteinander verwandten, offensichtlich auf derselben Vorlage basierenden Handschriften U und K von entscheidender Bedeutung, da ihre Karten nicht nur sehr sorgfältig gezeichnet sind, sondern auch die von Ptolemaios im 8. Buch geforderten Proportionen berücksichtigen. Auf diesen zwei Handschriften beruhen wie erwähnt weitgehend die Kartenumzeichnungen unserer Ausgabe. Vom Codex F, der zur selben Gruppe gehört, ist nur ein Doppelblatt erhalten. Die Karten von R sind weniger sorgfältig gezeichnet und lassen die geforderten Proportionen ausser Acht.4 Für die Kartenüberlieferung ebenfalls relevant sind die zwei – ebenfalls zu den codices primarii gerechneten – kartenlosen Handschriften V und X, welche Scholien enthalten, die sich auf Karten in der entsprechenden Vorlage beziehen. Die übrigen 12 Kartenhandschriften (7 mit 26 Länderkarten, 5 mit 64 Länderkarten) gehen – direkt oder indirekt – auf die oben erwähnten Handschriften zurück und haben somit für die Kartenüberlieferung nur sekundäre Bedeutung (in unserer Ausgabe sind es die sog. codices secundarii); dies trifft auch für die erhaltenen lateinischen und arabischen Kartenhandschriften zu. 1.1.1 Übersicht über die griechischen Kartenhandschriften a) Redaktion mit 26 Länderkarten5 codices primarii mit Karten sind: U: Cod. Vaticanus Urbinas Graecus 82, um 1300, WK und 26 LK K: Cod. Constantinopolitanus Seragliensis GI 57, um 1300, WK und 26 LK F: Fragmentum Fabricianum: Fabricianus Bibliothecae Universitatis Hauniensis 23,2°, um 1300, 3 halbe LK6 R: Cod. Venetus Marcianus Graecus Z. 516 (= 904), Anfang 14. Jh., 22 ganze und 2 halbe LK kartenlose codices primarii, deren Vorlagen Karten enthalten haben, sind: X: Cod. Vaticanus Graecus 191, um 1300 V: Cod. Vaticanus Graecus 177, um 1300 codices secundarii mit Karten sind: L: Cod. Athous Vatopedinus 655/ Lodiniensis Additional 19391/ Parisinus Suppl. gr. 443A, Anfang 14. Jh., WK, 24 ganze und 2 halbe LK d: Cod. Florentinus Laurentianus Graecus Conv. Suppr. 626, Anfang 15. Jh., WK und 26 LK m: Cod. Vindobonensis Historicus Graecus 1, Mitte 15. Jh., WK und 26 LK a: Cod. Parisinus Graecus 1401, Ende 15. Jh., WK und 26 LK
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Vgl. dazu weiter unten Abschnitt 2.3. Die hier verwendeten Siglen entsprechen denjenigen von Schnabel a.O. (oben Anm. 2). Das nur aus einem Bifolium bestehende Fragmentum Fabricianum (F) wird hier mit Rücksicht auf seine grosse Bedeutung für die Kartentradition zu den codices primarii gerechnet.
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Kap. 1. Überlieferung
D: Cod. Parisinus Graecus 1402, Mitte 15. Jh., WK und 4 LK (meist unvollständig) p: Cod. Venetus Marcianus Graecus Z. 388 (= 333), Mitte 15. Jh., WK und 26 LK z: Cod. Lugdunensis Batavorum Vossianus Graecus F.1, Anfang 16. Jh., WK und 26 LK b) Redaktion mit 64 Länderkarten (alles codices secundarii) O: Cod. Florentinus Laurentianus Pluteus 28.49, Anfang 14. Jh., WK, 64 LK v: Cod. Londiniensis Codex Burney 111, Anfang 15. Jh., WK, 64 LK s: Cod. Mediolanensis Ambrosianus 997 = D 527 inf., Mitte 14. Jh., WK, 64 LK, 4 Kontinentkarten7 c: Cod. Constantinopolitanus Seragliensis 27, Anfang 15. Jh., 63 LK, 4 Kontinentkarten t: Cod. Vaticanus Urbinas Graecus 83, Ende 15. Jh., 63 LK, 4 Kontinentkarten kartenlos, aber auf Karten angelegt ist: A: Cod. Vaticanus Palatinus Graecus 388, Mitte 15. Jh. 1.1.2 Beschreibung der wichtigsten griechischen Kartenhandschriften a) Redaktion mit 26 Länderkarten Die Unterteilung der handschriftlichen Textüberlieferung der Geographie in eine V- und eine J-Rezension und die Aufteilung der ersteren in eine D-Gruppe und eine P-Gruppe hat auch für die Kartenüberlieferung Gültigkeit.8 Die Kartenhandschriften der codices primarii gehören folgenden Gruppen an: Zur D-Gruppe gehören die um 1300 entstandenen Pergamenthandschriften, welche auch die ältesten und wichtigsten Vertreter der V-Rezension bilden. Es sind dies: U: Cod. Vaticanus Urbinas Graecus 82. Pergament, um 1300. 575 418 mm. 111 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung. Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7 (fol. 60v/61r); 26 Länderkarten in die Kapitel 8,3–28 integriert (fol. 63v/64r–109r); Verkürzungsfaktor berücksichtigt. Sorgfältig und grosszügig angelegte Prachthandschrift, von J. Fischer eingehend untersucht und beschrieben.9 K: Cod. Constantinopolitanus Seragliensis GI 57. Pergament, um 1300. 572 422 mm. 122 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung. Weltkarte (modifizierte Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7 (fol. 73v/74r); 26 Länderkarten in die Kapitel 8,3–28 integriert (fol. 76v/77r–120r); Verkürzungsfaktor berücksichtigt. Sorgfältig und grosszügig angelegte Prachthand-
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9
36
Vgl. dazu unten Abschnitt 1.1.2b. Zu den zwei Rezensionen und den verwendeten Siglen vgl. Textband S. 30f. und 46f. sowie oben Kap. 1.2 Stemma-Entwurf. Vgl. dazu J. Fischer a.O. (oben Anm. 3), hier besonders das Faksimile, Pars prior: textus cum appendice critica Pii Franchi de Cavalieri (Leiden 1932).
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
schrift, erst 1927 von A. Deissmann10 wiederentdeckt und 1929 von H. Ibscher teilweise restauriert (Kartenteil). Im Januar 2003 und Juli 2004 vom Berner Projektteam zusammen mit R. Fuchs (Köln) eingehend untersucht und fotografiert.11 Eine vollständige Restaurierung und Konservierung ist im Gange. F: Fragmentum Fabricianum: Fabricianus Bibliothecae Universitatis Hauniensis 23,2°. Pergament, um 1300. 550 410 mm. Erhalten ist nur ein Doppelblatt (fol. 1r: Osthälfte der 2. Europakarte, fol. 1v: Text von Geogr. 8,5; [Lücke von einem Doppelblatt]; fol. 2r: Osthälfte der 5. Europakarte, darüber Text von Geogr. 8,8,3–7; fol. 2v: Westhälfte der 6. Europakarte). Zweikolumnenschreibung. Schrift (möglicherweise identisch mit der zweiten Hand von K) und Karten sind in ihrem Stil K sehr ähnlich, die zeichnerische Gestaltung der Karten ist aber nicht ganz so sorgfältig ausgeführt. Zur P-Gruppe gehört: R: Cod. Venetus Marcianus Graecus Z. 516 (=904). Papier, Anfang 14. Jh. 307 223 mm. 208 Blätter, Zweikolumnenschreibung. Schrift und Karten sind weniger sorgfältig, viele Korrekturen und Randnotizen. Sammelband, die Geographie steht auf fol. 5r–138r; es folgen Texte von Aelian und Heron. Verkürzungsfaktor nicht berücksichtigt. Das Anfangsblatt der Geographie ist verloren. Die Karten stehen alle zusammen am Ende von Buch 8 (fol. 116v/ 117r–138r), die Weltkarte sowie die 4. Afrikakarte, die Osthälfte der 1., die ganze 2. und die Westhälfte der 3. Asienkarte fehlen. Neben der 12. Asienkarte (fol. 138r) findet sich ein langes Scholion zur Längenverkürzung der Länderkarten.12 Ab fol. 138v folgen noch einige gerahmte Blätter, die offenbar auch für Karten gedacht waren.13 Kartenlose primarii, deren Vorlagen Karten enthalten haben, sind Folgende: V: Cod. Vaticanus Graecus 177. Papier, um 1300. 240 160 mm. 240 Blätter, enthält nur die Geographie. Einkolumnenschreibung, kartenlos, kalligraphische Buchschrift. Nach einer lateinischen Notiz14 auf fol. 1r früher im Besitz des Maximos (Planudes), später von einem gewissen Andronikos Oinaiotes gekauft. Besonders aufschlussreich sind zwei bisher unentdeckte Scholien am Anfang von Buch 8 (fol. 213r) bzw. am Ende des eigentlichen Textes der Geographie nach Geogr. 8,28 (fol. 237r), welche auf Karten in der Vorlage von V Bezug nehmen.15 10
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15
Vgl. dazu A. Deissmann, Forschungen und Funde im Serai, mit einem Verzeichnis der nichtisla mischen Handschriften im Topkapu Serai zu Istanbul (Berlin/Leipzig 1933). Dazu ausführlich oben Kap. 1.3. Vgl. dazu unten Abschnitt 4.2. Vgl. dazu E. Mioni, Le tavole aggiunte alla Geografia di Tolemeo nel Cod. Marc. Graec. 516, in: Studi Bizantini e Neogreci (1983) 57–67 sowie I. Furlan, Le illustrazioni alle opere di Tolomeo, Eliano ed Erone nel Marciano Gr. 516, in: Codici Greci Illustrati della Biblioteca Marciana, Bd. 4 (Padova 1981) 30–48. Claudii Ptolemei liber Geographie et est proprius domini maximi philosophi greci ac monachi in monacerio Chore in Constantinupli. Emptus a quodam Andronico Yneote. Zu Text und Übersetzung der beiden Scholien vgl. unten Abschnitt 4.2.
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Kap. 1. Überlieferung
X: Cod. Vaticanus Graecus 191 (einziger reiner Vertreter der J-Rezension). Papier, um 1300. 340 250 mm. 6 + 397 nummerierte und 10 unnummerierte Blätter. Sammelband, die Geographie steht auf fol. 128v–169v. Ursprünglich eine Einzelhandschrift, wohl im 15. Jh. mit anderen sieben Einzelhandschriften, welche vornehmlich mathematische und astronomische Werke enthalten, im jetzigen Codex vereinigt. Ein- und Zweikolumnenschreibung in Buch 1, Vierkolumnenschreibung in den Büchern 2–8; von drei verschiedenen Händen geschrieben.16 Überschriften und Initialen fehlen häufig. Ab fol. 157r (Geogr. 5,13,16), wo eine neue Hand einsetzt, fehlen sämtliche Koordinaten. Die Hs. ist kartenlos, aber auch sie bietet am Ende von Buch 8 (fol. 169v) ein Scholion, in welchem auf Karten in der Vorlage Bezug genommen wird.17 Der Redaktion mit 26 Länderkarten gehören 7 weitere Kartenhandschriften an, welche alle auf die Handschrift U zurückgehen und somit gewisse Merkmale wie die Kartenproportionen und gelegentlich Majuskelbeschriftung aus der Vorlage übernehmen. Sie sind daher zu den codices secundarii zu rechnen. Es sind dies die Handschriften: L: Cod. Athous Vatopedinus 655. Pergament, Anfang 14. Jh. 370 270 mm. 324 Blätter, wovon sich 296 noch auf dem Athos, 21 in London und 7 in Paris befinden.18 Sammelband, die Geographie steht auf 63 Blättern (54 auf dem Athos [fol. 1r–54v], 8 in London [fol. 14r–21v], 1 verloren), danach folgen verschiedene Texte der Geographi Graeci Minores sowie die Geographie Strabons. Einkolumnenschreibung, Abschrift von U. Weltkarte (einfache Kegelprojektion, die Karte steht auf dem Kopf) am Schluss von Buch 7; 26 Länderkarten (die Osthälfte der 6. und die Westhälfte der 7. Asienkarte sind verloren) in die Kapitel 8,3–28 integriert.19 Die Karten sind unsorgfältig gezeichnet und z.T. unfertig. d: Cod. Florentinus Laurentianus Graecus Conv. Suppr. 626. Pergament, Anfang 15. Jh. 595 440 mm. 104 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung, Abschrift von U. Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7; 26 Länderkarten in die Kapitel 8,3–28 integriert. Einige Karten (bes. Asien 12) zeigen den Einfluss italienischer Kartentechnik.20
Der Anfang von X (fol. 128r–129v und 135r–138v) stammt von einer späteren Hand des 14. Jh., welche offensichtlich damals schon vorhandene Lücken ergänzte. 17 Zu Text und Übersetzung des Scholions vgl. unten Abschnitt 4.2. Verschiedene der zahlreichen Scholien zum Text von Geogr. 7,5–7 (fol. 165r–166v) stehen offenbar in Zusammenhang mit den Weltkarten. 18 Der Londoner Teil trägt die Signatur Londiniensis Additional 19391, der Pariser Teil die Signa tur Parisinus Suppl. gr. 443A; vgl. oben Kap. 1.1, Nr. 12. 19 Die Weltkarte, die 1. Europakarte und die Westhälfte der 2. Europakarte befinden sich in London, die restlichen Karten auf dem Athos. 20 So sind die Meere mit Wellenschattierungen versehen, die Gebirge plastisch dargestellt und die Stadtvignetten als Burgen, Festungstürme etc. gezeichnet; vgl. dazu Fischer a.O. (oben Anm. 3) 266 und 269. Ähnliche Elemente weisen teilweise auch die auf d zurückgehenden Karten von m, p und z auf. 16
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
m: Cod. Vindobonensis Historicus Graecus 1. Pergament, Mitte 15. Jh. 600 440 mm. 99 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung, Abschrift von d, durch Ioannes Skutariotes am 31.10.1454 vollendet; die Karten sind von Cyriacus von Ancona gezeichnet.21 Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7; 26 Länderkarten in die Kapitel 8,3–28 integriert. a: Cod. Parisinus Graecus 1401. Pergament, Ende 15. Jh. 588 437 mm. 101 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung, Abschrift von m. Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7; 26 Länderkarten in die Kapitel 8,3–28 integriert. 19 der 26 Länderkarten wurden von der orthogonal-zylindrischen Projektion nach dem Vorbild der lateinischen Römer Druckausgabe von 1478 in die trapezförmige Projektion des Nicolaus Germanus umgeändert.22 Auf diesem Vorbild beruht auch die prachtvolle Gestaltung der Karten, die sich mit den in Einzelbäumen ausgeführten Wäldern oder der plastischen Gebirgszeichnung von den übrigen griechischen Kartenhandschriften wesentlich unterscheidet.23 D: Cod. Parisinus Graecus 1402. Pergament, Mitte 15. Jh. 600 420 mm. 72 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung; Schreiber Ioannes Skutariotes; wohl Abschrift von d, besonders in Buch 1, aber auch aus der J-Rezension kontaminiert. Unvollständige Weltkarte (einfache Kegelprojek tion) am Schluss von Buch 7. Die 26 Länderkarten sollten in die Kapitel 8,3– 28 integriert werden, es wurde aber nur die 1. Europakarte vollendet; die 2.–4. Europakarte wurden begonnen. p: Cod. Venetus Marcianus Graecus Z. 388 (= 333). Pergament, Mitte 15. Jh. 583 437 mm. 104 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung, Abschrift von V; die Karten sind aus einer der Abschriften von U abkopiert. Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7; 26 Länderkarten in die Kapitel 8,3–28 integriert (Asien 12 unfertig). z: Cod. Lugdunensis Batavorum Vossianus Graecus F. 1. Papier, Anfang 16. Jh. 545 425 mm. 30 Blätter, enthält nur die Karten der Geographie. Abschrift von d. Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7; 26 Länderkarten, wobei die Asienkarten durcheinander geraten sind. b) Redaktion mit 64 Länderkarten Neben der ursprünglichen Redaktion mit 26 Länderkarten ist im Spätmittelalter eine Neuredaktion mit 64 Länderkarten geschaffen worden, bei der die Länderkarten in den Ortskatalog der Bücher 2–7 integriert worden sind. Ihr gehören folgende Handschriften an:
Vgl. D. Harlfinger, Ptolemaios-Karten des Cyriacus von Ancona, in: Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums, 1. Reihe, Bd. 4 (1990) 225–236. 22 Vgl. dazu Fischer a.O. (oben Anm. 3) 249–251 sowie unten Abschnitt 2.4. 23 Zur zeichnerischen Gestaltung der lateinischen Karten, denen viele Elemente im Codex a nachempfunden sind, vgl. unten Abschnitt 2.4. 21
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Kap. 1. Überlieferung
O: Cod. Florentinus Laurentianus Pluteus 28.49. Pergament, Anfang 14. Jh. 335 260 mm. 111 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung, sorgfältig ausgeführt, teilweise eigene Textgestaltung, ab Geogr. 7,5 andere Hand. 64 Länderkarten im Ortskatalog, Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7 (fol. 98v/99r). v: Londiniensis Codex Burney 111. Pergament, Anfang 15. Jh. 435 310 mm. 115 Blätter, enthält nur die Geographie. Zweikolumnenschreibung, Abschrift von O. 64 Länderkarten im Ortskatalog, allerdings jeweils zwei, drei oder noch mehr Karten auf speziellen ‘Kartenseiten’ zusammengestellt; Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7. Auf fol. 1 findet sich eine zweite Taprobanekarte (Asien 12) aus einer anderen Handschrift. s: Cod. Mediolanensis Ambrosianus Graecus 997 = D 527 inf. Pergament, Mitte 14. Jh. 408 285 mm. 117 Blätter, enthält bis fol. 101r die Geographie; danach folgt ab fol. 102r die Periegese des Dionysios von Alexandria. Zweikolumnenschreibung, Abschrift von O. 64 Länderkarten im Ortskatalog, Weltkarte (einfache Kegelprojektion) am Schluss von Buch 7. Am Ende von Buch 6 (fol. 93v) sind vier Übersichtskarten neu gezeichnet worden,24 eine für Europa, eine für Afrika sowie je eine für Nord- und Südasien. c: Cod. Constantinopolitanus Seragliensis 27. Papier, Anfang 15. Jh. 401 289 mm. 106 Blätter, unvollständig. Auf die Geographie (Geogr. 2,3–Ende) folgt ab fol. 89r die Periegese des Dionysios. Zweikolumnenschreibung, Abschrift von s. 63 Länderkarten (Peloponnes fehlt) im Ortskatalog, Weltkarte fehlt. Die vier Übersichtskarten sind vorhanden. t: Cod. Vaticanus Urbinas Graecus 83. Papier, Ende 15. Jh. 410 290 mm. 118 Blätter. Enthält die Geographie (fol. 20r–109r); davor steht die Periegese des Dionysios. Zweikolumnenschreibung, Abschrift von c. 64 Länderkarten im Ortskatalog, Weltkarte fehlt. Die vier Übersichtskarten sind vorhanden. Kartenlos, aber auf Karten angelegt ist: A: Cod. Vaticanus Palatinus Graecus 388. Papier, Mitte 15. Jh. 360 240 mm. 280 Blätter, enthält nur die Geographie. Einkolumnenschreibung. Die in den Jahren 1435–37 von einem Notarios Dukas für den Kardinal Johannes Stojkovic von Ragusa angefertigte Handschrift ist in drei Teile zerfallen und wurde beim Einbinden in Unordnung gebracht. Der erste Teil bietet den Anfang des Textes (Geogr. 1,1–2,7; fol. 1–47); darauf folgt der Schlussteil des Werkes (Geogr. 5,14–8,30; fol. 48–151); der letzte Teil der Handschrift enthält den Mittelteil der Geographie (Geogr. 2,8–5,13; fol. 152–280). Einkolumnenschreibung. Die Handschrift ist kartenlos; es sind aber leere Seiten ausgespart, die offenbar einmal Karten aufnehmen sollten – und zwar 64 Länderkarten, wie sich aus der Verteilung der Leerseiten ergibt. So wie die leeren Seiten aber in der Handschrift verteilt sind (häufig bleiben das recto und das folgende verso frei), könnten grossflächige oder doppelseitige Karten unmöglich untergebracht werden. Dass diese Übersichtskarten eine Neuschöpfung von s sind, zeigt ein von Fischer a.O. (oben Anm. 3) 105 abgedrucktes Scholion; vgl. dazu auch Schnabel a.O. (oben Anm. 2) 17–18.
24
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
1.2 Lateinische und arabische Kartenhandschriften 1.2.1 Lateinische Kartenhandschriften Von den insgesamt 86 erhaltenen lateinischen Handschriften der Geographie25 sind knapp die Hälfte mit Karten ausgestattet. Wie bei den griechischen Kartenhandschriften sind Qualität und Erhaltungszustand unterschiedlich. Grob lassen sich die lateinischen Kartenhandschriften nach Fischer in sechs Gruppen einteilen:26 a) Handschriften des Palla Strozzi, Francesco di Lapacino und Domenico di Lionardo Boninsegni und deren Kopien (L1–14 und 39),27 b) Handschriften des Nicolaus Germanus und deren Kopien (L15–26), c) Handschriften des Pietro del Massaio und deren Kopien (L27–30), d) Handschriften des Francesco Berlinghieri und deren Kopien (L31–34), e) Handschriften des Henricus Martellus Germanus und deren Kopien (L35– 36), f) Handschriften unbekannter Autoren (L37–38 und 40). Im Wesentlichen ist jeweils der klassisch ptolemäische Kartensatz von einer Weltkarte und 26 Länderkarten enthalten; die Redaktion mit 64 Länderkarten scheint auf die lateinische Kartentradition keinen Einfluss ausgeübt zu haben. Als Neuerung gegenüber den griechischen Kartenhandschriften ist den lateinischen Exemplaren öfters eine Anzahl moderner Karten (sog. tabulae novae bzw. modernae) und z.T. sogar ein Set von Städtebildern beigefügt: Es sind dies in den Handschriften des Donnus (= Dominus) Nicolaus Germanus drei moderne Karten von Spanien und Italien sowie eine Nordlandkarte28 (zweite Rezension); später kommen noch Karten von Gallien und dem Heiligen Land dazu (dritte Rezension).29 In einigen Handschriften von Pietro del Massaio finden sich sieben moderne Karten von Spanien, Gallien, Italien, Etrurien, der Peloponnes, Skandinavien sowie Ägypten mit Äthiopien; dazu kommen neun Städtebilder von Mailand, Venedig, Florenz, Rom, Konstantinopel, Damaskus, Jerusalem, Kairo und Alexandria.30 Eine vollständige Übersicht über die lateinischen Handschriften findet sich unten Kap. 5.3, Abschnitt 2. 26 Vgl. dazu Fischer a.O. (oben Anm. 3) 213–219. Die Karten der verschiedenen Handschriften werden l.c. 290–415 sowie 524–530 ausführlich besprochen. 27 Die Zählung (L1–L40) ist von Fischer übernommen. 28 Von grösster Bedeutung ist die auf einer Vorlage des Claudius Clavus beruhende Nordlandkarte im von Kardinal Fillastre in Auftrag gegebenen Cod. Nanceianus Latinus 441 aus dem Jahre 1427. Es ist dies die erste tabula nova in einer Abschrift der Geographie. Vgl. dazu Fischer a.O. (oben Anm. 3) 303–306. 29 Handschriften, die z.T. auf dem Ulmer Ptolemäus von 1482 beruhen, bieten einige dieser Karten ebenfalls, nämlich der Cod. Parisinus Latinus 4804 (Spanien, Gallien, Nordlandkarte und Heiliges Land) und der Cod. Zeitzianus Latinus Hist. fol. 497 (Spanien, Italien, Nordlandkarte, Pyrenäen, Radkarte von Andreas Walsperger). 30 Cod. Urbinas Latinus 277 bietet dazu die Stadt Volaterra, Cod. Parisinus Latinus 4802 die Stadt Andernopoli. 25
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Kap. 1. Überlieferung
Die Handschriften des Francesco Berlinghieri bieten vier moderne Karten von Spanien, Gallien, Italien und Palästina, jeweils nach den ptolemäischen Karten. Alle Karten (auch die ptolemäischen) sind nicht in Buch 8 eingereiht, sondern am Ende der jeweiligen Bücher des Ortskataloges. Der Cod. Magliab. Cl. XIII, 16 von Henricus Martellus Germanus schliess lich bietet zwölf moderne Karten, nämlich von den Britischen Inseln, Spanien, Gallien, Deutschland, Nordeuropa, Italien, sodann auf einem Blatt die Inseln Sardinien, Sizilien, Korsika und Zypern, ferner je eine Karte des Balkans, von Kreta, Kleinasien und Palästina. Diese Karten folgen in der Regel wieder auf die entsprechenden ptolemäischen Länderkarten; am Schluss findet sich zudem eine moderne Seekarte. 1.2.2 Arabische Kartenhandschriften Obwohl in der arabischen Kartographie von Anfang an eine ptolemäische Tradition erkennbar ist,31 ist lediglich eine einzige arabische Übersetzung der ptolemäischen Geographie erhalten. Es ist dies der: Cod. Constantinopolitanus Arabicus (= Ayasofya) 2610.32 Papier, geschrieben 1465. 390 290 mm. 239 Seiten, enthält nur die Geographie. Weist sowohl Karten aus der Redaktion mit 26 wie aus der Redaktion mit 64 Länderkarten auf; möglicherweise nach den Vorbildern K und s angefertigt.33 Seite 1f. enthält die auf einem separaten Pergamentblatt gezeichnete Weltkarte in modifizierter Kegelprojektion (die einzige neben K!). Auf den Seiten 25–32 finden sich die aus Cod. s bekannten 4 Übersichtskarten der Erdteile. Die Länderkarten sind in den Text der Bücher 2–7 integriert. Der gesamte Text des 8. Buches fehlt, mit Ausnahme der Länderliste von Geogr. 8,29, die (wie in X) ans Ende des 7. Buches gestellt ist. Alle Karten (WK und LK) sind nach arabischer Sitte gesüdet und weisen in der Zeichnung arabische Elemente auf.34
Vgl. dazu unten Abschnitt 4.3 sowie ausführlich unten Kap. 5.2 Die Geographie des Ptolemaios in der arabischen Tradition. 32 Die Hs. wurde von uns anlässlich der Campagne im Juli 2004 in Istanbul untersucht, die Ptolemaios-Forschungsstelle besitzt seitdem eine CD-ROM mit Farbaufnahmen von ihr; eine ausführliche Beschreibung findet sich unten Kap. 5.2, Abschnitt 8. Vgl. dazu Fischer a.O. (oben Anm. 3) 523–524 sowie F. Sezgin, Claudios Ptolemaios Geography, Arabic Translation (1465 AD). Reprint of the Facsimile edition of the Ms. Ayasofya 2610 (Frankfurt 1987) 30. 33 Die Hs. wurde sicher in Istanbul angefertigt, wie die Auszeichnung der Stadt sowie die Einzeichnung der Prinzeninseln und des Goldenen Horns (beide im Text der Geographie nicht genannt) belegen. 34 Auf der Karte von Arabien ist z.B. die Kaaba als schwarzer Block eingezeichnet; die Vignetten tragen öfters Kuppeln und Minarette. 31
42
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
2. Das Erscheinungsbild der Karten 2.1 Gesamtkonzept zur Kartenzeichnung Vorausgeschickt sei ein kurzer Blick auf die generellen Angaben zum Gesamtkonzept der Kartenzeichnung: Die kartenspezifischen Angaben werden jeweils in einer katagraphe und in einer hypographe vermittelt, wobei die beiden Teile nicht immer unmittelbar aufeinander folgen, einander aber ergänzen:35 So wird die katagraphe von Geogr. 1,23f., in welcher Ptolemaios eine genaue Konstruktionsanleitung zur Anfertigung der Weltkarten in zwei verschiedenen Kegelprojektionen gibt (sog. 1. und 2. ptolemäische Projektion), durch die hypographe von Geogr. 7,5 ergänzt, einer summarischen Beschreibung der Grenzen der Oikumene und der zugehörigen Parallelkreise mit anschliessender Weltkarte. Im darauf folgenden Kapitel (7,6) findet sich eine katagraphe zur Konstruktion einer Armillarsphäre mit eingeschlossener Erdkugel (WK 3. Projektion), welche durch die hypographe von Geogr. 7,7 mit anschliessender Weltkarte ergänzt wird. Dasselbe System wird bei den Länderkarten verwendet: Der katagraphe von Geogr. 8,1, in welcher eine Aufteilung in mehrere Karten und die Beibehaltung der Zylinderprojektion gerechtfertigt wird,36 entspricht die allgemeine hypographe von Geogr. 8,2. Ptolemaios teilt hier die Oikumene in insgesamt 26 Länderkarten auf, wovon 10 Teilkarten auf Europa, 4 auf Afrika und 12 auf Asien entfallen. Sodann schliessen sich die speziellen hypographai an, die für jede einzelne Länderkarte am Anfang des jeweiligen Abschnittes von Geogr. 8,3–28 genannt sind. Darin werden für jede Karte zunächst deren Kontinentzugehörigkeit und Ordnungszahl sowie die von ihr umfassten Kernländer gegeben, ausserdem das ungefähre Verhältnis der durch die Kartenmitte führenden Parallele zum Meridian – der sogenannte Verkürzungsfaktor37 – sowie die angrenzenden Länder oder umliegenden Meere. Mit dem Wort katagraphe wird also das eigentliche Erstellen (Niederschreiben, Eintragen) von Karten – das eigentliche ‘Mapping’ – bezeichnet, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um eine technische Skizze oder um eine eigentliche Karte handelt. Das Wort hypographe hingegen bezeichnet die verbale Anleitung zur Ausführung der katagraphe. In den folgenden Abschnitten soll – unterteilt in Weltkarten und Länderkarten – das Erscheinungsbild der jeweiligen Karten vorgestellt werden, insbesondere die technischen Angaben am Kartenrand und das eigentliche Kartenbild. Dabei stehen aus den angeführten Gründen die zwei Kartenhandschriften U und K im Vordergrund; die übrigen Kartenhandschriften – vor allem R und O – werden bei Bedarf zum Vergleich herangezogen.
37 35 36
Vgl. Textband, Einleitung S. 25. Vgl. dazu unten Abschnitt 2.3.1. Vgl. dazu unten Abschnitt 2.3.1.
43
Kap. 1. Überlieferung
2.2 Das Erscheinungsbild der Weltkarten 2.2.1 Technische Angaben der Weltkarten Fast alle erhaltenen Weltkarten sind in der 1. ptolemäischen Projektion ausgeführt, d.h. in einer einfachen Kegelprojektion mit geradlinigen Meridianen; die Weltkarte von K hingegen weist als einzige der griechischen Handschriften eine modifizierte Kegelprojektion mit gekrümmten Meridianen (2. ptolemäische Projektion) auf.38 Die Weltkarte in der 3. Projektion – eine Armillarsphären darstellung, die Geogr. 7,6f. beschrieben wird – ist leider verloren.39 Die Weltkarten aller Handschriften sind doppelseitig angelegt und weisen beim 90. Längengrad einen Mittelstreifen ohne Einträge auf. Das Gradnetz ist meist sorgfältig mit mechanischen Hilfsmitteln konstruiert.40 Die Parallelen und Meridiane sind durch feine schwarze Linien dargestellt. Es finden sich jeweils 36 Meridiane im Abstand von je fünf Grad, deren Längen am oberen und unteren Rand der Karten angegeben sind, sowie 24 vom Äquator aus gezählte Parallelkreise (21 gegen Norden, 2 gegen Süden sowie der Äquator). Die Position dieser Parallelkreise richtet sich nach der Dauer des längsten Tages auf der betreffenden geographischen Breite und stimmt mit den Angaben des entsprechenden Textes in der katagraphe von Geogr. 1,23 überein.41 Am linken Rand der Karten finden sich erklärende Angaben zu den Parallelkreisen: die einfachste Form nennt die Nummer des Parallelkreises und die Dauer des längsten Tages, z.B.: 10. Parallelkreis, längster Tag 14h 30ʹ.42 Bei einigen Parallelkreisen ist vor der Stundenzahl noch ein Referenzort eingeschoben, z.B. beim 10. Parallelkreis der Zusatz ‘geht durch Rhodos’. Bei diesen zugesetzten Referenzorten ist zu unterscheiden zwischen den ursprünglichen, die in allen Handschriften im Text von Geogr. 1,23 stehen, und den später hinzugesetzten, die einzig im Text von V1 und A sowie auf den Karten erscheinen. Die ursprünglichen Zusätze bezeichnen die Orte der Referenzparallelen durch Thule, Rhodos, Syene, Meroë, den Äquator und den Gegenkreis von Meroë, und sind somit unerlässlich für die Konstruktion der Weltkarten. Sie werden in den verschiedenen katagraphai und hypographai (Geogr. 1,24 und 7,5–7) immer wieder genannt. Neben diesen Referenzparallelen ist auf den Weltkarten jeweils noch deren Länge in Stadien angegeben, und zwar jeweils mit dem relativen Verhältnis des entsprechenden Parallelkreises zum Äquator. Die Länge der auf 36° N
38
39
42 40 41
44
Die Weltkarten von U und K sind abgebildet auf den Tafeln 2 und 3. – In R fehlt die Weltkarte, im Fragment F sind nur einige Europakarten enthalten. In den übrigen griechischen Kartenhandschriften fehlt die WK lediglich im Cod. Constantinopolitanus Seragliensis 27 (c) und im Cod. Vaticanus Urbinas Graecus 83 (t). In einer späten lateinischen Handschrift, dem Codex Parisinus Latinus 4801 (fol. 74r), ist diese Armillarsphärendarstellung rekonstruiert. Solche Hilfsmittel werden in Geogr. 1,24 verschiedentlich genannt. Vgl. dazu unten Kap. 3.1, Abschnitt 2.2. Diese Angaben stehen auf der Weltkarte von O auf der rechten Seite, dafür ist auf der linken Seite die Breitenangabe des jeweiligen Parallelkreises in Graden angegeben.
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
gelegenen Parallele durch Rhodos beispielsweise wird nach Geogr. 7,5,15 mit 72 812 Stadien angegeben.43 Die späteren Zusätze von Referenzorten zu den Parallelkreisen durch den Borysthenes, den mittleren Pontos, den Hellespont, Alexandria sowie das Zimtland haben mit den Referenzparallelen nichts zu tun und sind somit für die Konstruktion der Weltkarten überflüssig. Ihre Erwähnung hängt mit den sieben Klimata zusammen, die auf den erhaltenen Karten unterhalb der Dauer des längsten Tages auf dem entsprechenden Parallelkreis ebenfalls verzeichnet sind. Es handelt sich bei diesen Klimata um Zonen gleicher geographischer Breite, mit einer Ausdehnung von einer halben Stunde Tageslängendifferenz. Allerdings ist das sonst kanonische Konzept der sieben Klimata bei Ptolemaios nicht belegt44 und erweist sich somit als späterer Zusatz. Parallelkreis Nr. 21 15 14 12 10 8 6 4 0 1 Süd 2 Süd
längster Tag 20h 16h 15h 30ʹ 15h 14h 30ʹ 14h 13h 30ʹ 13h 12h 12h 30ʹ 13h
Referenzort Klima Thule Borysthenes* 7 Mitte Pontos* 6 Hellespont* 5 Rhodos 4 Alexandria* 3 Syene 2 Meroë 1 Äquator Zimtland* Anti-Meroë
Länge in Stadien 40 854
72 812 82 336 86 333 90 000 86 333
Tabelle 1: Die am Rande der Weltkarten verzeichneten technischen Angaben (* = spätere Zusätze)
Am rechten Rand der Weltkarte finden sich auf allen erhaltenen Exemplaren die zwölf Tierkreiszeichen mit stilisierter Sonne in sorgfältig ausgeführter, farbiger Zeichnung. Die Darstellungen ähneln sich in verblüffender Weise und zeigen typisch spätantike Züge; z.B. sind alle Figuren – wie in den Sternbild-
43
44
90 000 cos 36° = 72 812; die Berechnungsmethode wird weiter unten bei den Angaben zum Verkürzungsfaktor ausführlich erläutert. – Die Handschriften der D-Gruppe überliefern den verstümmelten Wert von ‘annähernd 72 000’ Stadien. Der Begriff klima wird in der Geographie nur l.c. 1,15,5–8; 1,17,2 bei der Auseinandersetzung mit Marinos sowie l.c. 5,9,16 und 7,5,15 als allgemeine Bezeichnung für die nördlichsten Regionen der Erde erwähnt. Die Einteilung der Städte Germaniens in vier durch Parallelkreise begrenzte Klimazonen (l.c. 2,11,27–30) hat mit den sieben Klimata ebenfalls nichts zu tun (es wären die Klimata 7–10). Ähnlich wird der Begriff auch im Almagest (Synt. 1,5) verwendet: Wo die Parallelkreise numerisch exakt bestimmt sind (Synt. 2,6 und 2,13), kommt das Wort klima nicht vor (allerdings sind die Tabellen von Synt. 2,13 nach den sieben Klimata gegliedert). – Zur Klimafrage allgemein vgl. E. Honigmann, Die sieben Klimata und die Poleis episemoi. Eine Untersuchung zur Geschichte der Geographie und Astrologie im Altertum und Mittelalter (Heidelberg 1929) 4–24 und 55–60; zur Verwendung im Almagest vgl. G. Toomer, Ptolemy’s Almagest (London 1984) 19.
45
Kap. 1. Überlieferung
miniaturen des sog. Aratus Leidensis aus dem 9. Jh.,45 der eindeutig auf einer spätantiken Vorlage beruht – nackt dargestellt. Die Tierkreiszeichen sind meist doppelreihig zwischen den beiden Wendekreisen von 23° 50ʹ südlicher Breite bis 23° 50ʹ nördlicher Breite angeordnet, wie es dem Durchlauf der Sonne durch die Sternbilder des Zodiakos entspricht. Die Zeichen sind mit ihren griechischen Namen beschriftet; auf einigen Karten stehen zudem noch die ägyptischen und lateinischen Monatsnamen. Eine ähnliche Tabelle der Monatsnamen in den drei Sprachen sowie der Deklinationsänderung der Sonne im Verlauf der Monate findet sich in den meisten Handschriften der V-Rezension im Anschluss an die Länderliste in Geogr. 8,29.46 Sie hat mit dieser allerdings nichts zu tun, sondern gehört – wie die unmittelbar vorangehende Sonnenstandstabelle – ursprünglich zur hypographe von Geogr. 7,7 und somit eigentlich zur Weltkarte in der 3. Projektion. Um das Kartenbild herum sind zwölf Windköpfe drapiert, welche die verschiedenen Himmelsrichtungen symbolisieren. Die Namen der Winde entsprechen denjenigen der zwölfstrahligen Windrose des Timosthenes von Rhodos,47 den Ptolemaios in Geogr. 1,15 als Gewährsmann namentlich erwähnt; in ihr kommt auf alle 30° ein Wind. Dabei decken sich diese Winde weitgehend mit den vier Hauptrichtungen Nord, Ost, Süd, West sowie den Richtungen auf die Polarbzw. Wendekreise hin. Nun sagt Ptolemaios ausdrücklich, dass «die Bezeichnungen der Winde entsprechend den Markierungen auf der Armillarsphäre bei den fünf genannten Parallelkreisen und den Polen eingetragen werden sollen» (Geogr. 7,6,15). Diese Angaben stimmen jedoch nur für eine in einer Armillarsphäre eingeschlossene Erdkugel mit Blickebene auf den Parallelkreis durch Syene (23° 50ʹ N). Wird nun dieses für die Armillarsphäre entworfene System auf eine nach der ersten oder zweiten Projektion entworfene Weltkarte übertragen, werden nur noch die räumliche Anordnung der Winde, nicht aber die Himmelsrichtungen gewahrt. Dies zeigt, dass die Windnamen ursprünglich zu einer Karte der 3. Projektion – eben einer Armillarsphärendarstellung – gehörten, wie dies ja der eben zitierte Text verlangt.48 Aus dieser Vorlage sind die Windköpfe, nach Verlust der Weltkarte der 3. Projektion, auf die Karten der 1. und 2. Projektion gelangt. Daraus ergibt sich, dass alle erhaltenen Weltkarten auf dieselbe überarbeitete Version der ptolemäischen Weltkarten zurückgehen, welche auf die Wiedergabe der anspruchsvollen 3. Projektion verzichtete.
Cod. Vossianus Leidensis Latinus Q 79; vgl. die Faksimileausgabe von B. Bischoff/B. Eastwood, Faksimile-Verlag (Luzern 1987). 46 Geogr. 8,29,31a, Textband S. 916f. 47 Zu den Himmelsrichtungen und der Windrose vgl. unten Kap. 3.1, Abschnitt 1.7. 48 Aus diesem Grunde sind die Winde in den Karten des Textbandes (S. 748–751) – entgegen der handschriftlichen Tradition – auf die Armillarsphärendarstellung (S. 765) übertragen worden. 45
46
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Abb. 1 und 2: Tierkreiszeichen (Zwillinge) und Windkopf (Libonotos) auf der Weltkarte von K (fol. 73v/74r)
2.2.2 Kartenbild der Weltkarten Was die Farbgebung auf den Weltkarten anbelangt, ist das Meer stets in Blau gehalten;49 bei den Ländern werden jeweils höchstens vier Farben verwendet, womit sich die einzelnen Länder in jeder denkbaren geometrischen Anordnung scheiden lassen. In der Regel entspricht die Verteilung der Farben auf den Karten der verschiedenen Handschriften einander,50 was auf eine Abstammung von einer gemeinsamen Vorlage hindeutet. Die Ländergrenzen sind auf den Karten aller Primärhandschriften durch rote Linien gekennzeichnet. Bei den topographischen Strukturen wie Gebirgen, Flüssen oder Inseln wurde, wie zu erwarten, auf den Weltkarten eine Auswahl getroffen, d.h., es sind nur die bedeutendsten verzeichnet. Bei den Inseln sind dies – nebst den Inseln, die als eigenes Land behandelt werden – meist prominente Inseln des Mittelmeeres sowie Inseln, die eine besondere Bedeutung für die ptolemäische Oikumene haben, z.B. die Insulae Fortunatae auf dem Nullmeridian oder die Insel Thule als nördliche Begrenzung der Oikumene. Bei den meistens grün dargestellten Gebirgen sind in erster Linie Gebirgszüge verzeichnet, welche Ländergrenzen oder Quellgebirge bedeutender Flüsse bilden. Von den mit blauen Linien dargestellten Flüssen sind nur die grossen Ströme mit ihren Nebenflüssen eingetragen. Die Länder und Meere der Weltkarten sind meist grossflächig und im Mittelmeerraum recht differenziert beschriftet, wobei in K die kalligraphische Majuskelbeschriftung der Vorlage noch erhalten ist, während sie in U durch die
Auf einigen lateinischen Weltkarten, z.B. dem Codex Vaticanus Urbinas Latinus 277 (fol. 72v/73r), ist das Rote Meer seinem (neuzeitlichen) Namen gemäss rot koloriert. 50 So sind beispielsweise die Länder mit grüner Färbung in U auf den Karten von K meistens in Rot gehalten. 49
47
Kap. 1. Überlieferung
gebräuchlichere Minuskelschrift ersetzt ist.51 Schliesslich finden sich auf den verschiedenen Weltkarten noch einige wenige Einträge anderer Gattungen: Einträge wie das Kap Rhapton oder das Kap Prason sind insofern verständlich, als sie für die Lage der südlichen Parallelkreise grosse Bedeutung haben; die Nennung von Alexandria und Byzanz dürfte mit dem jeweiligen Entstehungsort der Karten zusammenhängen. Allgemein lässt sich festhalten, dass die Auswahl der Einträge auf den Karten der verschiedenen Handschriften recht unterschiedlich ist, wobei die Weltkarte von K – mit Ausnahme von Innerafrika – tendenziell das detaillierteste Bild bietet. 2.3 Das Erscheinungsbild der Länderkarten52 2.3.1 Technische Angaben der Länderkarten Fast alle erhaltenen Kartenhandschriften weisen das ptolemäische Konzept mit 26 Länderkarten auf, aufgeteilt in 10 Europakarten, 4 Afrikakarten und 12 Asienkarten, das von Ptolemaios in der allgemeinen hyopgraphe von Geogr. 8,2 dargelegt wird.53 In UKF sind die Karten am ursprünglichen Platz jeweils nach den speziellen hypographai (Geogr. 8,3–28) eingereiht; d.h., auf die entsprechende Liste der ‘bedeutenden Städte’ folgt die zugehörige Karte.54 Alle drei Handschriften enthielten ursprünglich den vollständigen Satz von 26 Länderkarten. Während in U und K sämtliche 26 Karten noch vorhanden sind, finden sich auf dem einzig erhaltenen Doppelblatt des Codex F nur noch die Osthälften der 2. und 5. sowie die Westhälfte der 6. Europakarte.55 In R stehen die Länderkarten vereint am Schluss des 8. Buches; allerdings fehlen heute zwei ganze und zwei halbe Karten: eine Notiz auf der 3. Afrikakarte gibt Aufschluss über die Hintergründe dieses Verlustes in der damals noch vollständigen Vorlage.56 In Geogr. 8,1 skizziert Ptolemaios ausführlich sein Konzept, mehrere Teilkarten mit verschiedenen Massstäben zu entwerfen, was für die gesamte geographische Literatur der Antike singulär ist.57 Seine Vorgänger seien aufgrund der unterschiedlichen Dichte der vorgesehenen Eintragungen oftmals gezwungen gewesen, ihre Karten bis zur Unkenntlichkeit zu verzerren, weil sie sämtliche geographischen Eintragungen auf einer einzigen Karte unterbringen wollten.58 Auf den Länderkarten von UKF hingegen ist die Beschriftung der Kernländer und Meere durchwegs in Majuskelschrift ausgeführt; mehr dazu unten Abschnitt 2.3.2a und b sowie 4.1. 52 Vgl. Tafeln 1, 4–6 und 8. 53 Vgl. dazu oben Abschnitt 2.1. 54 Diese Anordnung wurde im Textband übernommen (S. 774–907). 55 Vgl. oben Abschnitt 1.1.2a. 56 Ausführlich dazu unten Abschnitt 4.2. 57 In Geogr. 1,16,1 spricht Ptolemaios zwar von Provinzgrenzen bei Marinos; es geht jedoch nicht klar hervor, ob damit ein Text oder verschiedene Teilkarten gemeint sind. 58 Man denke hier beispielsweise an Karten wie die heute auf 11 Pergamentblättern erhaltene Tabula Peutingeriana, auf deren Archetyp die Konturen dem vorhandenen Platz auf der Papyrusrolle angepasst waren. Eine andere Möglichkeit, die Relation der geographischen Gegebenheiten zu wahren, wäre freilich, die Karte zu vergrössern, bis für alle Eintragungen genügend Platz zur Verfügung steht. Nach Strabo (2,5,10) wäre dafür jedoch eine Karte von sieben Fuss Länge erforderlich. 51
48
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Laut Ptolemaios können diese Fehler jedoch vermieden werden, indem man mehrere Karten entwerfe, wobei man für ortsreichere Gebiete Karten mit einem grösseren Massstab, für Gebiete mit wenigen Eintragungen Karten mit einem kleineren Massstab wähle.59 Bei einem als konstant angenommenen Kartenformat ergeben sich dadurch unterschiedliche Grössenverhältnisse der Koordinatenraster; hier einige Beispiele:
7. Europakarte
1. Asienkarte
5. Asienkarte
6. Asienkarte 4. Afrikakarte
Abb. 3: Vergleich der Maschenweite der Gradraster auf verschiedenen Länderkarten (Ausschnitt 6° 6°)
Im Gegensatz zu den in Kegelprojektion entworfenen Weltkarten behält Ptolemaios bei den Länderkarten die orthogonal-zylindrische Projektion bei,60 weil bei den kleineren Ausschnitten der Karten die Verzerrungen nicht allzu gross würden, sofern das richtige Verhältnis der Mittelparallele gegenüber dem Meridian gewahrt werde (Geogr. 2,1,10 und 8,1,6f.). Da die Länge der Parallelkreise gegenüber den Meridianen mit zunehmender geographischer Breite in einer Kosinusfunktion abnimmt, ist es allerdings bei der orthogonal-zylindrischen Projektion entscheidend, dass die Längengrade im richtigen Verhältnis zu den Breitengraden verkürzt sind; dabei ist die Verkürzung umso stärker, je nördlicher der Kartenausschnitt liegt. Die folgende Abbildung zeigt drei Beispiele von in der orthogonal-zylindrischen Projektion entworfenen Gradnetzen mit unterschiedlicher Verkürzung der Längengrade:61
Dieses System, die Oikumene in verschiedene Teilkarten mit unterschiedlichen Massstäben aufzuteilen, ist neben der Einführung eines einheitlichen Koordinatensystems die zweite revolutionäre Erfindung des Ptolemaios; zum Begriff ‘Massstab’ vgl. Textband, Einleitung, Anm. 67. 60 Diese Projektionsmethode war in der Antike verbreitet (Eratosthenes, Marinos). Sie wurde – in Anlehnung an die ptolemäischen Länderkarten – auch in der frühen Neuzeit häufig verwendet; man spricht in diesem Zusammenhang meist von rechtwinkligen Plattkarten. 61 Zur Verkürzung der Längengrade vgl. unten Kap. 3.1, Abschnitt 3. 59
49
Kap. 1. Überlieferung
Verkürzungsfaktor 1
Verkürzungsfaktor 0.75
Verkürzungsfaktor 0.55
Abb. 4: Längenverkürzung der Gradnetze auf verschiedenen Länderkarten
Ptolemaios gibt nun in Geogr. 8,3–28 für jede einzelne Länderkarte den sogenannten Verkürzungsfaktor für die Mittelparallele an; rechnet man die Werte nach, zeigt sich eine erstaunliche Präzision: Karte Ausdehnung W–O in ° Ausdehnung S–N in ° Verkürzungs- cos f der Verhältnis (nach Geogr. 8,30) (nach Geogr. 8,30) faktor (nach Mittelparallele Kartenbreite : Geogr. 8,3–28) (nachgerechnet) Kartenhöhe Eur. 1 7° 40ʹ– 33° = 25° 20ʹ Eur. 2 2° 30ʹ– 20° 30ʹ = 18° Eur. 3 15°– 29° 30ʹ = 14° 30ʹ Eur. 4 27° 30ʹ– 46° = 18° 30ʹ Eur. 5 29° 30ʹ– 47° = 17° 30ʹ Eur. 6 27° 30ʹ– 43° = 15° 30ʹ Eur. 7 29° 20ʹ– 40° = 10° 40ʹ Eur. 8 42° 30ʹ– 72° 30ʹ = 30° Eur. 9 42° 30ʹ– 57° 30ʹ = 15° Eur. 10 44° 10ʹ– 55° 50ʹ = 11° 40ʹ Afr. 1 5°– 27° 50ʹ = 22° 50ʹ Afr. 2 26°– 47° = 21° Afr. 3 46° 45ʹ– 65° = 18° 15ʹ Afr. 4 0°– 85° = 85° Asia 1 55°– 72° 45ʹ = 17° 45ʹ Asia 2 60°– 87° 30ʹ = 27° 30ʹ Asia 3 70° 30ʹ– 87° 30ʹ = 17° Asia 4 63° 30ʹ– 80° 30ʹ = 17° Asia 5 75° 30ʹ– 101° 30ʹ = 26° Asia 6 65°– 104° = 39° Asia 7 79°– 145° = 66° Asia 8 140°– 180° = 40° Asia 9 101°– 119° 30ʹ = 18° 30ʹ Asia 10 109°– 148° 30ʹ = 39° 30ʹ Asia 11 134° 30ʹ– 180° = 45° 30ʹ Asia 12 116° – 135° = 19°
51° 30ʹ – 63° = 11° 30ʹ 11/20 = 0,55 36°– 46° 45ʹ = 10° 45ʹ 3/4 = 0,75 42°– 54° = 12° 2/3 = 0,667 46° 20ʹ–59° 30ʹ = 13° 10ʹ 3/5 = 0,60 41°– 48° = 7° 43/60 = 0,717 37° 50ʹ– 45° 15ʹ = 7° 25ʹ 3/4 = 0,75 35° 30ʹ– 39° 45ʹ = 4° 15ʹ 4/5 = 0,8 46° 40ʹ– 63° = 16° 20ʹ 11/20 = 0,55 40° 40ʹ– 48° 30ʹ = 7° 50ʹ 43/60 = 0,717 34°– 42° 20ʹ = 8° 20ʹ 7/9 = 0,778 26°– 36° = 10° 13/15 = 0,867 25°– 34° 40ʹ = 9° 40ʹ 13/15 = 0,867 23°– 32° = 9° 53/60 = 0,883 16° 25ʹ S – 37° = 53° 25ʹ 1 35°– 44° 45ʹ = 9° 45ʹ 3/4 = 0,75 46°40ʹ– 63° = 16° 40ʹ 7/12 = 0,583 38°– 47° 30ʹ = 9° 30ʹ 11/15 = 0,733 28° 30ʹ– 38° 30ʹ = 10° 5/6 = 0,833 29°– 43° 20ʹ = 14° 20ʹ 4/5 = 0,80 9°– 31° = 22° 11/12 = 0,916 35°– 63° = 28° 2/3 = 0,666 35°– 63° = 28° 2/3 = 0,666 17°– 39° = 22° 13/15 = 0,866 11°– 39° = 28° 11/12 = 0,916 9° S – 37° = 46° 1 6° 30ʹ S – 13° 20ʹ = 19° 50ʹ 1
(57°) = 0,545 (41°) = 0,754 (48°) = 0,669 (53°) = 0,602 (44,5°) = 0,713 (41,5°) = 0,749 (37,5°) = 0,793 (56,5°) = 0,552 (44,5°) = 0,713 (38°) = 0,788 (31°) = 0,857 (30°) = 0,866 (27,5°) = 0,887 (10°) = 0,985 (40°) = 0,766 (55°) = 0,573 (43°) = 0,731 (33,5°) = 0,833 (36°) = 0,809 (20°) = 0,939 (49°) = 0,656 (49°) = 0,656 (28°) = 0,882 (25°) = 0,906 (14°) = 0,970 (3,5°) = 0,998
1,21 : 1 1,26 : 1 0,81 : 1 0,84 : 1 1,78 : 1 1,57 : 1 2,01 : 1 1,01 : 1 1,37 : 1 1,09 : 1 1,99 : 1 1,88 : 1 1,79 : 1 1,59 : 1 1,37 : 1 0,99 : 1 1,31 : 1 1,42 : 1 1,45 : 1 1,63 : 1 1,57 : 1 0,95 : 1 0,73 : 1 1,22 : 1 0,99 : 1 0,96 : 1
Tabelle 2: Übersicht über die Kartenränder und Verkürzungsfaktoren der 26 Länderkarten
50
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Die Konstruktion der handschriftlichen Karten ist in UK(F) genau nach den Vorgaben des 8. Buches ausgeführt worden; allerdings zeigen die Karten der verschiedenen Handschriften bei der technischen Ausführung z.T. bedeutende Unterschiede. Dies rührt zum Teil daher, dass wichtige Angaben zum Zeichnen der Karten in den speziellen hypographai von Geogr. 8,3–28 fehlen: So werden für jede Karte zwar Angaben zum Verkürzungsfaktor gemacht, nicht aber zu den Kartenrändern, zur Mittelparallele oder zum Kartenformat. Das Kartenformat dagegen, d.h. das Verhältnis Kartenbreite : Kartenhöhe,62 musste erst aus den Kartenrändern und dem Verkürzungsfaktor ermittelt werden. Es erreicht auf den Karten Werte zwischen 0,73 : 1 (Asien 9) und 2,01 : 1 (Europa 7). Während die Karten üblicherweise auf zwei Seiten verteilt gezeichnet sind, finden sich insgesamt fünf einseitige Karten (Europa 3 und 4, Asien 8, 9 und 12). Angesichts der vielfältigen Unterschiede in der technischen Ausführung der Länderkarten empfiehlt es sich, die Beschreibung in die einzelnen Gruppen von Kartentypen zu unterteilen; es sind dies von der Redaktion mit 26 Länderkarten die Handschriftengruppe UKF (D-Gruppe) und die zur P-Gruppe gehörige Handschrift R sowie von der jüngeren Redaktion mit 64 Länderkarten die Handschrift O. a) Redaktion mit 26 Länderkarten Die technischen Eintragungen auf den Karten in UK(F) sind im Wesentlichen dieselben wie auf den Weltkarten, also mit roter Farbe gezeichnete Parallelkreise nach der Dauer des längsten Tages und Meridiane im 5°-Abstand; die zugehörigen Beschriftungen stehen in der Regel am rechten Rand der Karten. Zusätzlich sind die Karten auf allen vier Seiten mit einer sorgfältig mit Lineal gezogenen Randleiste versehen, in welcher die einzelnen Längen- und Breitengrade gezählt werden; je nach Grösse des Kartenausschnittes weist diese Randleiste eine feinere Unterteilung auf. Die Kartenränder stimmen zwar in groben Zügen mit den in Geogr. 8,30 gemachten Angaben überein; allerdings sind die Kartenausschnitte in der Regel etwas grösser gezeichnet.63 Auf den Länderkarten von R fehlen die Meridiane und Parallelkreise gänzlich; hingegen sind am rechten Rand der Karten die Nummern der Parallelkreise zusammen mit der Dauer des längsten Tages angegeben. Die Eintragungen zu den Parallelkreisen sind offenbar nicht nach den Angaben von Geogr. 1,23 gemacht worden, sind sie doch häufig ungenau oder sogar falsch.64 Auch die Karten von R sind auf allen vier Seiten mit einer, allerdings nur roh gezogenen Randlinie versehen, in welcher die einzelnen Längen- und Breitengrade gezählt werden; wie die Karten insgesamt, erscheinen auch die Ränder der Karten nicht so sorgfältig gezogen wie in UK(F). Um Missverständnissen vorzubeugen: Mit der Breite einer Karte ist deren W-O-Ausdehnung (in mm oder Längengraden) gemeint, mit der Höhe einer Karte deren N-S-Ausdehnung (in mm oder Breitengraden). 63 Zu Geogr. 8,30 vgl. unten Abschnitt 4.2. 64 Es macht den Eindruck, dass der Zeichner die zum betreffenden Kartenausschnitt gehörenden Eintragungen einfach über den ganzen Rand hin verteilt hat, ohne den Zusammenhang zwischen der Nummer des Parallelkreises und der Dauer des längsten Tages zu verstehen. 62
51
Kap. 1. Überlieferung
Abb. 5 und 6: Randleiste bzw. -linie mit Gradangaben in den Handschriften K (links) und R (rechts)
Der augenfälligste und gravierendste Unterschied der Karten von R gegenüber den Karten von UK(F) besteht darin, dass in R die in Geogr. 8,3–28 angegebenen Verkürzungsfaktoren nicht berücksichtigt sind und die Karten dabei die vorgeschriebenen Proportionen verloren haben. Hierzu ein Vergleich der Kartenformate der ersten fünf Europakarten in den Handschriften U und K sowie in R: Karte
Verhältnis von Kartenbreite und Kartenhöhe (Ränder nach Geogr. 8,30, Verkürzungsfaktor nach Geogr. 8,3–28 berücksichtigt)
Verhältnis von Kartenbreite und Kartenhöhe in U und K gemessen
Verhältnis von Kartenbreite und Kartenhöhe in R gemessen
Eur. 1 Eur. 2 Eur. 3 Eur. 4 Eur. 5
1,212 : 1 1,256 : 1 0,806 : 1 0,843 : 1 1,792 : 1
1,296 : 1 UK 1,290 : 1 U; 1,300 : 1 K 0,807 : 1 U; 0,782 : 1 K 0,819 : 1 U; 0,844 : 1 K 1,792 : 1 U; 1,791 : 1 K
1,37 : 1 1,43 : 1 1,43 : 1 1,40 : 1 1,32 : 1
Tabelle 3: Proportionen der ersten fünf Europakarten in den Handschriften UK und R
Die Tabelle zeigt eine auffällige Übereinstimmung zwischen den theoretischen und den gemessenen Werten beim Format der Karten von U und K. Weil die Verkürzung der Längengrade nach Geogr. 8,3–28 berücksichtigt ist, sind die Karten dieser Handschriften zweifellos nach den Angaben des 8. Buches entworfen worden. In der Handschrift R hingegen sind die Angaben zu den Verkürzungsfaktoren von Geogr. 8,3–28 offenbar nicht mehr verstanden worden: Wie das auffällig sich wiederholende Format der einzelnen Karten von R, das die Längenverkürzung nicht berücksichtigt, zeigt, wurden die Karten dieser Handschrift einfach dem durch das Format der Doppelseite vorgegebenen Rahmen angepasst,65 was eine ungehörige Verzerrung der Karten zur Folge hat. Dieser Befund sei in der Gegenüberstellung der nach den ptolemäischen Angaben einseitigen Karte von Gallien (3. Europakarte) in K und der ‘unproportionalen’ doppelseitigen Karte in R veranschaulicht:
Dieser Befund wird dadurch bestätigt, dass die auf die 12. Asienkarte folgenden leeren Doppelseiten ebenfalls mit Rahmen versehen sind, welche dieselben Dimensionen aufweisen wie bei den übrigen Karten.
65
52
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Abb. 7 und 8: Proportionen der 3. Europakarte in den Handschriften K (fol. 80r) und R (fol. 118v/119r)
b) Redaktion mit 64 Länderkarten Der Codex O (= Florentinus Laurentianus Pluteus 28.49) und dessen Abschriften enthalten anstelle der 26 Länderkarten 64 kleinere Karten, welche in der Regel ein bis zwei, in wenigen Fällen auch drei oder vier Länder umfassen. Die Karten sind im Gegensatz zu den anderen Handschriften nicht im 8. Buch eingereiht, sondern im Ortskatalog der Bücher 2–7, jeweils im Anschluss an die Beschreibung des betreffenden Landes.66 Die Länderkarten der Redaktion mit 64 Länderkarten sind ebenfalls in der orthogonal-zylindrischen Projektion entworfen und in der Länge verkürzt. Auch die Parallelen und Meridiane sowie die Randleisten gleichen denen der Redaktion mit 26 Länderkarten. Bestand 64 LK
W-Rand
O-Rand
S-Rand
N-Rand
Entspr. 26 LK
Hibernia Albion Hispania Baetica Hispania Lusitania Hispania Tarraconensis Keltogalatia Aquitania Keltogalatia Lugdunensis Gallia Belgica Keltogalatia Narbonensis Germania Megale Raetia et Vindelicia/Noricum
7° 30ʹ 17° (10°) 4° 2° 3° 45ʹ 14° 30ʹ 15° 20° 18° 30ʹ 26° 30ʹ 29°
18° 40ʹ 33° 12° 15ʹ 9° 30ʹ 20° 30ʹ 20° 30ʹ 25° 15ʹ 30° 29° 30ʹ 46° 30ʹ 38° 10ʹ
57° 52° 35° 15ʹ 37° 37° 42° 45ʹ 45° 45° 42° 46° 40ʹ 45°
62° 63° 39° 30ʹ 42° 47° 48° 45ʹ 52° 54° 15ʹ 46° 59° 30ʹ 47° 30ʹ
1. Europakarte 1. Europakarte 2. Europakarte 2. Europakarte 2. Europakarte 3. Europakarte 3. Europakarte 3. Europakarte 3. Europakarte 4. Europakarte 5. Europakarte
66
Enthält eine Karte mehrere Länder, folgt sie am Schluss des letzten behandelten Landes. Bisweilen ist die Karte jedoch bereits nach dem ersten Land eingefügt; in diesem Falle steht am Schluss der Beschreibung der übrigen Länder ein Vermerk, wie z.B. tÚ NvrikÚn prodiegrãfyh metå ÑRait¤aw ka‹ OÈindelk¤aw (sic) §fÉ •n‹ p¤naki (Noricum wurde vorher zusammen mit Rätien und Vindelikien auf einer Karte gezeichnet [fol. 25r]).
53
Kap. 1. Überlieferung
Bestand 64 LK Pannonia Superior/ Pannonia Inferior Illyricum Italia/Corsica Sardinia Sicilia Sarmatia Europaea Tauris Iazyges/ Dacia/ Moesia Superior/ Moesia Inferior Thracia/ Chersonnesos Macedonia Epirus Achaia Peloponnesos Creta Mauretania Tingitana Mauretania Caesariensis Africa Cyrene Marmarica/ Libya/ Aegyptus Libya Interior Aethiopia infra Aegyptum Aethiopia Interior Pontus et Bithynia Asia Propria/ Lycia Galatia/ Pamphylia Cappadocia/ Armenia Minor/ Cilicia Sarmatia Asiatica Colchis/ Iberia Albania Armenia Magna Cyprus Syria/ Palaestina Arabia Petraea Mesopotamia Arabia Deserta/ Babylonia Assyria Media Susiane Persis Parthia/ Carmania Deserta Arabia Felix
54
W-Rand 35° 30ʹ
O-Rand 45° 30ʹ
S-Rand 44°
N-Rand 48°
Entspr. 26 LK 5. Europakarte
36° 15ʹ 27° 29° 15ʹ 35° 45ʹ 42° 30ʹ 59° 42° 30ʹ
47° 15ʹ 44° 33° 15ʹ 40° 15ʹ 72° (30ʹ) 65° 57° 30ʹ
40° 45ʹ 37° 40ʹ 35° 15ʹ 35° 30ʹ 47° 46° 15ʹ 41°
45° 30ʹ 45° 40ʹ 39° 45ʹ 39° 30ʹ 63° 49° 49°
5. Europakarte 6. Europakarte 7. Europakarte 7. Europakarte 8. Europakarte 8. Europakarte 9. Europakarte
48° 45ʹ 44° 10ʹ 43° 15ʹ 48° 47° 50° 45ʹ 4° 30ʹ 11° 26° 46° 30ʹ 51°
56° 15ʹ 52° 30ʹ 49° 15ʹ 55° 50ʹ 52° 55ʹ 57° 12° 26° 30ʹ 47° 52° 66°
40° 30ʹ 38° (15ʹ) 36° 25ʹ 35° (50ʹ) 34° 15ʹ 33° 50ʹ 26° 26° 25° 24° 40ʹ 22° 30ʹ
45° 42° 20ʹ 39° 25ʹ 38° 30ʹ 37° 35ʹ 36° 36° 36° 35° 32° 30ʹ 32°
9. Europakarte 10. Europakarte 10. Europakarte 10. Europakarte 10. Europakarte 10. Europakarte 1. Afrikakarte 1. Afrikakarte 2. Afrikakarte 3. Afrikakarte 3. Afrikakarte
0°
52°
3° 30ʹ S
27°
4. Afrikakarte
50° 0° 55° 54° 30ʹ 60° 30ʹ 63° 50ʹ
86° 82° 61° 15ʹ 62° 30ʹ 65° 15ʹ 72° 45ʹ
16° 25ʹ S 16° 25ʹ S 40° 30ʹ 35° 35° (40ʹ) 36°
24° 8° 44° 42° 30ʹ 44° 40ʹ 45°
4. Afrikakarte 4. Afrikakarte 1. Asienkarte 1. Asienkarte 1. Asienkarte 1. Asienkarte
61° 69° 45ʹ 76° 70° 45ʹ 63° 45ʹ 64° 15ʹ 63° 15ʹ 71° 30ʹ 69° 45ʹ
91° 77° 86° (30ʹ) 80° 40ʹ 70° 72° (45ʹ) 70° 30ʹ 80° 80° 45ʹ
46° 44° 30ʹ 44° (20ʹ) 37° 45ʹ 34° 30° 40ʹ 28° (15ʹ) 33° 20ʹ 28° 45ʹ
63° 47° 30ʹ 47° (15ʹ) 45° 15ʹ 37° 38° 31° (50ʹ) 38° 30ʹ 36°
2. Asienkarte 3. Asienkarte 3. Asienkarte 3. Asienkarte 4. Asienkarte 4. Asienkarte 4. Asienkarte 4. Asienkarte 4. Asienkarte
34° 34° 30ʹ 29° 20ʹ 28° 40ʹ 29° 30ʹ
40° 43° 30ʹ 36° 36° 39° 15ʹ
5. Asienkarte 5. Asienkarte 5. Asienkarte 5. Asienkarte 5. Asienkarte
8°
30° 30ʹ
6. Asienkarte
75° 30ʹ 79° 79° 83° 30ʹ 93° 30ʹ 65°
84° 94° 20ʹ 85° 94° 30ʹ 101° 30ʹ 95°
F. Mittenhuber
Bestand 64 LK Carmania Hyrcania/ Margiane Bactriana/ Sogdiane Saces Scythia intra Imaum Scythia extra Imaum Serica Aria/ Paropanisades/ Drangiane/ Arachosia Gedrosia India intra Gangem India extra Gangem/ Sinae Taprobane
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
W-Rand 91° 93° 103° 120° 85° 135° 147° 101°
O-Rand 105° 112° 30ʹ 126° 149° 140° 160° 180° 119° (30ʹ)
S-Rand 17° 38° 40ʹ 38° 40ʹ 34° 42° 34° 36° (30ʹ) 28°
N-Rand 31° 30ʹ 44° 20ʹ 49° 20ʹ 50° 63° 63° 63° 39°
Entspr. 26 LK 6. Asienkarte 7. Asienkarte 7. Asienkarte 7. Asienkarte 8. Asienkarte 8. Asienkarte 8. Asienkarte 9. Asienkarte
101° 109° 134° (30ʹ) 116°
119° 149° 180° 135°
17° 11° 9° S ca. 7° S
28° 39° 37° ca. 13° N
9. Asienkarte 10. Asienkarte 11. Asienkarte 12. Asienkarte
Tabelle 4: Übersicht über Einteilung und Ränder der 64 Länderkarten sowie deren Verhältnis zu den 26 Länderkarten
Die Karten von O weisen auf allen vier Seiten eine sorgfältig mit Lineal gezogene rote oder hellbraune Randlinie auf; die Längen- und Breitengrade werden ausserhalb der Linie gezählt. Die dazu verwendeten Farben und die Grad unterteilungen lehnen sich an die Karten der D-Gruppe an. Die rot gezeichneten Meridiane und Parallelkreise haben dieselben Positionen wie auf der Weltkarte von O und im Text von Geogr. 1,23, der hier der J-Rezension folgt.67 Bei der Beschriftung der Parallelkreise auf den Karten von O lässt sich nur schwer ein System erkennen: Im Allgemeinen ist die Nummer des Parallelkreises am linken Kartenrand, die Dauer des längsten Tages am rechten Rand verzeichnet; Stadienangaben und Klimata fehlen weitgehend. Auf knapp der Hälfte der Karten ist die Beschriftung aus Platzgründen jeweils am rechten oder linken Kartenrand angebracht. Insgesamt erscheint in O die Trennung zwischen dem eigentlichen Kartenbild mit seinen topographischen Eintragungen und dem Randbereich mit seinen technischen Angaben konsequenter durchgeführt als in den übrigen Handschriften. Eine wichtige Frage ist nun, ob die 64 Länderkarten in ihrer Aufteilung und Konstruktion durch simple Teilung der D-Karten entstanden sein können.68 Der Verkürzungsfaktor der entsprechenden Karten von O müsste in diesem Fall für jede der einzelnen Teilkarten derselbe sein,69 obwohl letztere verschiedene Mittelparallelen aufweisen. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie die folgende Tabelle zeigt:
67
68
69
Der 7. Parallelkreis ist durchweg falsch auf 27° 40ʹ statt auf 27° 10ʹ eingezeichnet, der 16. richtig auf 51° 30ʹ. Vgl. dazu Schnabel a.O. (oben Anm. 2) 15. Dies wäre auch bei einer Zeichnung aufgrund des Textes von Geogr. 8,3–8 der Fall.
55
Kap. 1. Überlieferung
Karte in O (Teile der 2.–5. Europakarte in UK)
Verkürzungsfaktor (nach Geogr. 8,3–8)
cos f der Mittelparallele Verkürzungsfaktor der O-Karte der O-Karte (nachgerechnet)
Hispania Baetica (2. EK) Hispania Lusitania (2. EK) Hispania Tarraconensis (2. EK) Gallia Aquitania (3. EK) Gallia Lugdunensis (3. EK) Gallia Belgica (3. EK) Gallia Narbonensis (3. EK) Germania Megale (4. EK) Raetia et Vindelicia, Noricum (5. EK) Pannonia Superior et Inferior (5. EK) Illyricum (5. EK)
3/4 = 0,75 3/4 = 0,75 3/4 = 0,75 2/3 = 0,667 2/3 = 0,667 2/3 = 0,667 2/3 = 0,667 3/5 = 0,60 43/60 = 0,717
37,375° = 0,795 39,5° = 0,772 42° = 0,743 45,75° = 0,698 48,5° = 0,663 49,625° = 0,648 44° = 0,719 53,083° = 0,601 46,25° = 0,692
0,800 0,763 0,740 0,693 0,667 0,662 0,704 0,609 0,681
43/60 = 0,717
46°
= 0,695
0,697
43/60 = 0,717
43°
= 0,731
0,728
Tabelle 5: Vergleich zwischen den theoretischen und tatsächlichen Verkürzungen der 2.–5. Europakarte von O
Die Tabelle zeigt eine so gute Übereinstimmung zwischen den nachgerechneten Werten der verschiedenen Mittelparallelen und dem zugehörigen Kartenausschnitt, dass an einer eigenständigen Konstruktion der 64 Länderkarten nicht gezweifelt werden kann. Offenbar hatte sich der Redaktor von O von allem Anfang an zu einer Neuredaktion der ptolemäischen Geographie entschlossen, bei der die Karten in den Ortskatalog der Bücher 2–7 integriert werden sollten – möglicherweise, weil man von den grossformatigen Folianten auf ein kleineres
Abb. 9: Gedrosienkarte von O (fol. 86v) mit Überschneidung von Text und Karte
56
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Format wechseln wollte. Zu diesem Zweck musste der Platzbedarf von Text und Karten vorgängig geklärt werden, d.h., die Kartenränder wurden aus den Maxima und Minima der Koordinaten bestimmt und der Verkürzungsfaktor aus diesen berechnet. Damit liess sich das Kartenformat bzw. der Platzbedarf der Karte eruieren. Ein starkes Indiz für dieses Vorgehen liefert die Karte von Gedrosien, auf der das Land überhaupt nicht in den vorgegebenen Rahmen passt, sondern im Norden weit in den darüber stehenden Text hineinragt. Der Fehler ist offenbar dadurch entstanden, dass dem Redaktor von O der betreffende Punkt im Text entgangen ist, der sich bezeichnenderweise nicht in der Grenzbeschreibung von Gedrosien (Geogr. 6,21,1f.), sondern viel weiter vorne in der Grenzbeschreibung der Wüste Karmanien findet (Geogr. 6,6,1). Somit musste sich zwangsläufig ein falsches Kartenformat ergeben. Eine solche Überschneidung hätte man jedoch beim Kopieren einer fertigen Kartenvorlage zweifellos vermieden. 2.3.2 Kartenbild der Länderkarten Auf den ptolemäischen Karten lassen sich vier Kategorien von Objekten unterscheiden: flächige Objekte wie Länder und Meere, Gebirge, Inseln usw.; linienförmige Objekte wie Küstenlinien, Flussläufe, Grenzen usw.; punktförmige Objekte wie Städte, kleine Inseln, Einzelberge, Flussmündungen usw.; Objekte, die nicht durch Koordinaten bestimmt sind, wie Völker usw. Was die zeichnerische Gestaltung des Kartenbildes der Länderkarten betrifft, bestehen z.T. grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Handschriften und Handschriftengruppen. Es würde den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen, sämtliche Details eingehend zu beschreiben, weshalb hier lediglich ein summarischer Überblick über die Gestaltung der Karten in den codices primarii gegeben wird.70 Der Übersichtlichkeit halber wird der summarische Überblick nach Gattungen getrennt, und zwar in: a) Länder, b) Meere, c) Küsten und Inseln, d) Flüsse, e) Gebirge, f) Städte sowie g) Völker. Im Abschnitt Übereinstimmungen und Differenzen zwischen Text und Karten71 soll dann ein besonderes Augenmerk auf Details gelegt werden, die so nicht aus dem Text hergeleitet werden können und somit Belege für eine eigenständige Kartentradition bilden. a) Länder Die einzelnen Länder sind auf den Länderkarten von UK(F) durch Farben voneinander geschieden und weisen exakt dieselbe Färbung auf wie auf der jeweiligen Weltkarte.72 Die Kernländer sind detailliert ausgeführt, die angrenzenden Länder nur angedeutet.73 Auch auf den R-Karten sind die einzelnen Länder durch verschiedene Farben voneinander geschieden, und zwar durch Blassbraun, ein 70
71
72
73
Eine detaillierte Beschreibung der ersten fünf Europakarten in den codices primarii gibt Mittenhuber a.O. (oben Anm. 1). Vgl. dazu unten Abschnitt 3.1. Eine Ausnahme bilden die ersten fünf Europakarten von U, bei welchen sämtliche der eingefärbten Länder in einem Farbton gehalten sind, der von rötlichbraun ins gelblichbraun spielt. Die einzige Ausnahme bildet Hyrkanien, das in K sowohl auf der 5. als auch auf der 7. Asienkarte, in U hingegen richtig nur auf der 7. Asienkarte detailliert ausgeführt wurde.
57
Kap. 1. Überlieferung
helleres blasses Braun, Hellblau und selten Blassrot.74 Die Farbverteilung und zeichnerische Gestaltung unterscheidet sich allerdings deutlich von den Karten von UK(F). Die Farbverteilung bei den Kern- und angrenzenden Ländern ist auf den verschiedenen Karten von R inkonsequent, sind doch gelegentlich die angrenzenden Länder eingefärbt, während die Kernländer häufig nicht koloriert sind. Auf den Länderkarten von O sind die Länder überhaupt nicht koloriert, ausser dass die Kernländer durch einen blassgelben Saum von den angrenzenden Ländern geschieden sind. Auf einigen Karten von O sind, wie auch in R, auch die angrenzenden Länder teilweise oder vollständig ausgeführt. Offenbar sollte die Angabe der wichtigsten Konturen und Städte der angrenzenden Länder der geographischen Orientierung dienen, was auf den kleineren Ausschnitten der Karten von O durchaus Sinn macht und gegenüber den Karten der D-Gruppe einen Gewinn an Information darstellt. Die Grenzen auf den Karten von UK(F) und O werden durch eine feine rote Linie, auf den Karten von R hingegen durch eine feine schwarze Linie markiert. Während die Abgrenzung der Länder auf den Karten der erstgenannten Handschriften meist sauber ist und mit dem überlieferten Text übereinstimmt, sind die Grenzlinien in R oftmals nachlässig gezogen oder fehlen sogar. Zudem stimmt hier häufig der Verlauf der Provinzgrenzen nicht, und die Länder weisen eine systemwidrige Färbung auf.75 Sämtliche Namen der Kernländer stehen auf den Karten von UK(F) und O im Nominativ und sind in Majuskelschrift eingetragen, ebenso (allerdings in kleinerer Schrift) wichtige im Text behandelte Teilgebiete. Die Namen der angrenzenden Länder stehen auf den Karten aller Handschriften im Genitiv (xx meros) und sind mit Minuskeln beschriftet. Die Namen der Kernländer auf den R-Karten stehen wie auf den Karten von UK(F) im Nominativ, sind aber in schwarzer Minuskelschrift eingetragen, und zwar oftmals in Einzelbuchstaben oder -silben quer über die gesamte Fläche eines Landes. Dieses System zeichnet sich allerdings erst ab der 4. Europakarte deutlicher ab, auf den ersten drei Karten treten Ländernamen z.T. mehrfach auf. Offenbar wurde für die Zeichnung der Karten der Text des Ortskataloges durchgelesen und jedes Mal, wenn ein Name vorkam, dieser in die Karte übertragen. b) Meere Die Meere sind auf den Länderkarten von UK(F) kräftig blau koloriert, auf den Karten von R ist die blaue Farbe blasser. Eine Kolorierung der Meere fehlt dagegen auf den Länderkarten von O; ähnlich wie bei den Ländern findet sich lediglich um die Küsten und Inseln ein kräftig blauer Saum. Bei der Beschriftung der Meere kommt auf den Karten von UK(F) dasselbe System zur Anwendung wie bei den Ländern: Die grossen, für die jeweilige Ein Vergleich der Länderfärbung mit der Weltkarte lässt sich nicht anstellen, da diese in R fehlt. 75 Vermutlich wurden auf den R-Karten zunächst die Punkte der durch Koordinaten gegebenen Orte und die Städtenamen eingetragen und in einem zweiten Schritt – möglicherweise von einem kartographisch unqualifizierten Miniator – die übrigen Strukturen gemalt. 74
58
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Karte wichtigen Meere sind wie die Kernländer mit Majuskeln beschriftet, hinzu kommen in kleinerer Majuskelschrift wichtige Meeresteile. Angrenzende Meeresteile erscheinen im Genitiv, auf den Karten von U in der Regel in Minuskelschrift, auf den Karten von K und F hingegen in Majuskelschrift. Auf den Karten von R sind sämtliche Meere in Minuskelschrift verzeichnet, welche sich in der Schriftgrösse von den übrigen Eintragungen kaum abhebt; die angrenzenden Meeresteile stehen wiederum im Genitiv. Die Beschriftung der Meere ist auf den Karten von O nach einem ähnlichen System durchgeführt wie bei den Ländern: Wichtige Meere stehen jeweils im Nominativ, angrenzende Meeresteile hingegen erscheinen im Genitiv. Die Mehrzahl der Meeresnamen ist in Minuskelschrift geschrieben. c) Küsten und Inseln Die Küstenpunkte sind auf den Karten von UK(F) und O mit kleinen schwarzen, jeweils durch kleine Bogen miteinander verbundenen Punkten bezeichnet. Liegen die durch Koordinaten bestimmten Punkte weiter auseinander, blieb die Zeichnung des genauen Küstenverlaufes der Phantasie des Zeichners überlassen. Auf den R-Karten sind die durch die Küstenpunkte bestimmten Konturen durch roh gezeichnete Wellenlinien miteinander verbunden; die Zeichnung unterscheidet sich deutlich von den Karten von UK(F). Auf den Karten von O hingegen lassen sich Parallelen zur Zeichnung der Karten von U ausmachen, allerdings sind hier die verschiedenen Vorgebirge in der Regel durch Gebirgsfärbung hervorgehoben. Die Inseln sind auf den Karten von UK(F) und O jeweils mit xx nesos bezeichnet, wobei die Beschriftung aus Platzgründen jeweils neben den oder teilweise quer über die Inseln hinweg angebracht ist. Finden sich auf einem Kartenausschnitt Inseln angrenzender Länder, sind diese eingezeichnet, aber nicht benannt. Die im Text genannte Zahl der Inseln ist jeweils genau eingehalten, wobei die Zahl in der Regel nicht mehr explizit genannt wird, wenn sie auf einen Blick erfasst werden kann.
Abb. 10 und 11: Die Insel Gades und die Strasse von Gibraltar auf der 2. Europakarte von U (fol. 65v) und O (fol. 14r)
59
Kap. 1. Überlieferung
d) Flüsse Die Flüsse sind auf den Länderkarten sämtlicher Handschriften als dicke blaue Linien eingezeichnet, die ihrerseits mit einer doppelten feinen schwarzen Linie vorgezeichnet wurden.76 Sie sind in der Regel ein einziges Mal im Nominativ (xx potamos) an einer beliebigen Stelle entlang des Flusslaufes beschriftet. Auf den Karten von UK(F) und O entspringen die bedeutenderen Flüsse aus einem Gebirge, auch wenn dies im Text der Geographie nicht explizit so verlangt wird.77 Während auf den Karten der eben genannten Handschriften in der Regel nur die bedeutenderen Flüsse aus einem Gebirge entspringen,78 erhält auf den R-Karten jeder noch so kleine Fluss sein eigenes Quellgebirge. Der genaue Verlauf des Flusses ist auf den Karten von UK(F) in erster Linie durch zeichnerische Überlegungen bestimmt.79 Dies lässt sich besonders schön aus den pannonischen Städten ersehen, die gleichermassen ungefähr 5ʹ–10ʹ abseits der Donau eingezeichnet sind; zudem ist der Flusslauf bei einigen von ihnen jeweils kunstvoll um die Vignette herumgezogen worden. Im Unterschied zu den D-Karten tragen die Grenzflüsse auf den Karten von O einen blauen Saum an der Aussenseite der Kernländer; zudem werden die Flussläufe auf einigen Karten über den Kartenrand hinaus weitergezogen. Der Grund dafür ist wohl im Bemühen des Zeichners zu sehen, die durch die kleineren Kartenausschnitte bedingte verminderte geographische Orientierung mittels Zusatzinformationen in den angrenzenden Ländern zu kompensieren.
Abb. 12–14: Die Donaukrümmungen in Pannonien auf der 5. Europakarte von K (fol. 82r), R (fol. 121r) und O (fol. 25v)
Dies lässt sich auf der 5. Europakarte von F besonders gut erkennen, da dort die blaue Farbe an einigen Stellen abgeplatzt ist. 77 Vgl. dazu das Beispiel zu einem namenlosen Gebirge in Spanien, unten Abschnitt 4.1. 78 D.h. diejenigen Flüsse, deren Quellgebiete im Text durch Koordinaten definiert sind. 79 Bei Ptolemaios wird eine Zuordnung von Orten zu Flüssen im Text nur bei Grenzflüssen gemacht. Ist dies im Text unterlassen, finden sich die Orte auf den Karten oftmals weitab der Flüsse, wie beispielsweise das am Anas/Guadiana gelegene Augusta Emerita/Merida (Geogr. 2,5,8). 76
60
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
e) Gebirge Die Gebirgszüge sind auf den Karten sämtlicher Handschriften in der Regel als dicke balkenähnliche, die Einzelberge als runde Gebilde ohne jede Andeutung einer Erhöhung gezeichnet. Ihre Farbe ist auf den Karten der D-Gruppe grün, ausser bei den ersten fünf Europakarten von U und auf den letzten drei Asienkarten von K, wo eine bräunliche Färbung vorherrscht. Auf den Karten von R dominiert ein blasses Braun, welches z.T. auch für die Länderfärbung verwendet wurde; deshalb sind die Gebirge auf einigen Karten nur schwer zu erkennen. Die Farbe der Gebirge auf den Karten von O ist ebenfalls blassbraun, teilweise sind die Gebirge schwarz vorschraffiert oder punktiert. Auf den Karten von U und K, nicht aber von F, sind die Gebirge öfters durch mit hellerem Grün gezeichnete Flächen verbunden. Die Waldgebiete (hyle, drymos) auf der 1. und 4. Europakarte sowie die verschiedenen in Afrika und Asien genannten Bergländer (oreinai) weisen ebenfalls Gebirgsfärbung auf. Manchmal werden auch auf den Karten von R und O Gebirge durch hellere Flächen verbunden, wobei sie dann häufig die Funktion von Quellgebirgen haben. Dies geschieht in O allerdings in weit geringerem Ausmass als auf den Karten von UK(F) und R. Als Besonderheiten verzeichnen die R-Karten die bereits erwähnten Quellgebirge der Flüsse; auf den Karten von O sind, wie erwähnt, bisweilen auch die Vorgebirge eingefärbt. Dies hat zur Folge, dass die Gesamtzahl der Gebirge auf den Karten von R und O weit grösser ist als auf den Karten der übrigen Handschriften.
Abb. 15 und 16: Darstellung der Pyrenäen auf der 2. Europakarte von K (fol. 79r) und R (fol. 118r)
f) Städte Auf den Karten von UK(F) sind die Städte durch weisse, rechteckige Felder dargestellt, in denen jeweils der Name der Stadt angebracht ist. Diese sogenannten Stadtvignetten gibt es in zwei Varianten: Die ‘bedeutenden Städte’ (poleis episemoi) haben grosse Vignetten mit drei zinnenbesetzten Türmen, weisen eine 61
Kap. 1. Überlieferung
doppelte Grundlinie auf und sind durch ein Lokalisationskreuz markiert. Die übrigen Städte haben kleinere Vignetten ohne Türme, sind am oberen Rand jedoch ebenfalls mit Zinnen versehen und durch einen einfachen Lokalisationspunkt gekennzeichnet.80 Codex
U
K
F
R
O
bedeutende Stadt
normale Stadt
Abb. 17: Vignetten von ‘bedeutenden’ und ‘normalen’ Städten auf den Karten von U, K, F, R und O
Einige Städte sind sowohl im Text wie auf den Karten durch Zusätze, wie z.B. metropolis, koloneia u.a. näher charakterisiert. Legionslager81 tragen z.T. fälschlicherweise eine eigene Stadtvignette; die meisten sind jedoch auf den Karten nicht mehr als Legionslager erkennbar. In einigen wenigen Fällen finden wir für sakrale Bauwerke wie Heiligtümer (hiera) und Altäre (bomoi) andere Symbole, z.B. einen Kreis mit einem Punkt oder kleine Miniaturen. Ferner finden sich, besonders auf den Karten von U, einige Nachträge, so z.B. die Vignette der Stadt Paris (Parrese), die bereits mit ihrem richtigen antiken Namen Lutetia auf der Karte verzeichnet ist. Ein besonders interessantes Phänomen sind Vertauschungen oder Verschiebungen einzelner Vignetten, die teilweise auf Verschreibung von Koordinaten, teilweise auf Platzprobleme auf den Karten zurückzuführen sind.82 Hier sind auf den Karten von U andere Vignetten betroffen als auf den Karten von K und F. Auf den R-Karten sind die Städte ebenfalls durch rechteckige, mit einzelnen Zinnen versehene Vignetten dargestellt. Diese Vignetten sind teilweise blassbraun, hellblau oder selten blassrot eingefärbt, also ebenfalls in den Länderfarben. Die Grösse der Stadtvignetten wird auf sämtlichen R-Karten einzig durch
80
81
82
62
J. Fischer vermutet in seinen Beiträgen Die Stadtzeichen auf den Ptolemaioskarten, in: Kartographische und schulgeographische Zeitschrift 7 (1918) 49–52, sowie im Tomus prodromus, a.O. (oben Anm. 3) 143–146, dass die Städte ursprünglich in drei Klassen unterschieden worden seien (‘bedeutende’, ‘zweitrangige’ und ‘drittrangige’ Städte), wie dies in drei kurzen Abschnitten am Ende der Inhaltsübersichten der Bücher 2, 4 und 5 in den Handschriften der V-Rezension gemacht wird (mehr dazu unten Abschnitt 4.2). Fischer sucht dies anhand von ausgewählten Beispielen in Text und Karten von U nachzuweisen; seine Ausführungen halten aber einer genaueren Überprüfung (auch von K) nicht stand. Legionslager finden sich in Britannien, in den Provinzen Tarraconensis, Gallia Belgica, Pannonia Superior, Moesia Superior und Inferior, Africa Minor, in Syrien und in Arabia Petraea. Vgl. dazu Mittenhuber a.O. (oben Anm. 1).
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
den vorhandenen Platz bestimmt, eine Unterscheidung in ‘normale’ und ‘bedeutende’ Städte (poleis episemoi) ist nicht erkennbar. Die Städtenamen stehen in der Regel über der entsprechenden Vignette. Auf einigen Karten, z.B. auf der 2. Europakarte, konnte der Zeichner die Städtenamen wegen der Dichte der Eintragungen nicht mehr unterbringen. Er setzte deshalb neben die Vignette als Platzhalter eine Markierung, die er am Kartenrand mit dem entsprechenden Städtenamen wiederholte.83 Spezifizierende Zusätze sind auf den R-Karten meistens dem Text entsprechend verzeichnet. Die Legionsbezeichnungen sind öfters ebenfalls eingetragen, allerdings am falschen Ort oder teilweise verstümmelt. In Einzelfällen finden wir auch auf den R-Karten für bestimmte Bauwerke andere Symbole; so sind die pyr goi leukoi (= Weisse Türme) auf der 2. Europakarte als zwei Türme gezeichnet oder das Heiligtum der Venus auf der 3. Europakarte wie ein Siegertreppchen. Ferner scheinen einige Städte in einer Art See gezeichnet zu sein, der wohl die Bezeichnung hydata (= Bad) symbolisieren soll. Infolge der teilweise unsorgfältigen Zeichnung der R-Karten findet sich vor allem auf dicht beschriebenen Karten eine Reihe von Ungenauigkeiten und Fehlern, die aus dem oben erwähnten Gebrauch von Platzhaltern resultieren. Öfters stimmen zwar die Positionen der Städte, die Vignetten kommen aber durch fehlerhaft gezeichnete Grenzverläufe in die falsche Provinz zu liegen. Die Stadtvignetten auf den Karten von O sind in derselben Weise ausgeführt wie auf den Karten von UK(F), ausser dass sie mit roter Farbe gezeichnet und nicht grundiert sind. Es kommen wiederum zwei Varianten vor: Die grossen Vignetten der ‘bedeutenden Städte’ (poleis episemoi) tragen drei (selten mehr) Türme mit Zinnen, weisen eine doppelte Grundlinie auf und sind durch einen Lokalisationspunkt markiert. Die kleineren Vignetten der übrigen Städte tragen keine Türme, sind am oberen Rand mit Zinnen versehen und durch einen Lokalisationspunkt gekennzeichnet. Der Name der Stadt ist jeweils schwarz über den Zinnen eingetragen. Auch im Text von O sind einige Städte durch Zusätze näher bestimmt. Die Legionslager sind, mit Ausnahme derjenigen auf dem Gebiet der Gallia Belgica, nicht verzeichnet. Sakrale Bauwerke wie Heiligtümer (hiera) und Altäre (bomoi) sind auf den Karten von O in den meisten Fällen durch kunstvolle Zeichnungen mit einem oder zwei Türmchen dargestellt. Das Phänomen der Vignettenvertauschungen existiert – wenn auch in geringem Ausmass – auch auf den Karten von O, es sind jedoch andere Städte betroffen als auf den Karten der D-Gruppe. Eine Besonderheit findet sich auf der Karte der Baetica: hier ist die Stadt Tartessos verzeichnet, die im ptolemäischen Text nicht vorkommt und vermutlich aus der Periegese des Dionysios (V. 337) übernommen wurde. g) Völker Die Namen der Völker sind auf den Karten von UK(F) mit roter Farbe verzeichnet, die jedoch oftmals stark verblichen und kaum mehr lesbar ist. Vor jedem Namen findet sich auf manchen Karten ein Symbol, beispielsweise ein 83
So auch auf den Karten Europa 6, 8 und 10, Afrika 3 sowie Asia 1, 4 und 10.
63
Kap. 1. Überlieferung
Halbmond, ein Herzchen oder drei Punkte. Dasselbe Symbol kehrt in den Stadtvignetten wieder und bezeichnet die Volkszugehörigkeit der jeweiligen Stadt. Dieses System ist in all jenen Ländern angewandt, wo die Städte nach ihrer Volkszugehörigkeit getrennt aufgeführt werden.84 Auf einigen Karten finden sich Unstimmigkeiten wie missverstandene Doppelnamen oder eine fehlerhafte Ansetzung der Völker zueinander, welche durch Fehlinterpretationen des Textes zu erklären sind. Auf den R-Karten sind die Völkernamen mit derselben schwarzen Farbe verzeichnet wie die übrigen Eintragungen; die Völkersymbole, wie sie auf den Karten der übrigen Handschriften vorkommen, fehlen. Zwar weisen viele Toponyme sowohl vor, wie auch hinter dem Namen Symbole auf, welche jedoch inkonsequent gesetzt worden sind und sich auch bei Länder-, Meeres- und sogar Inselnamen finden. Die Karten von R weisen eine Reihe von weiteren Unstimmigkeiten auf: So ist die Ansetzung der einzelnen Völker aus Platzgründen teilweise willkürlich oder die Völkernamen fehlen ganz. Häufig finden sich auch Mehrfacheinträge, weil der entsprechende Name öfters im Text vorkommt. Weitere Fehler sind durch ungenaue Zeichnung der topographischen Strukturen oder durch Sonderfehler des Textes von R zu erklären. Auf den Karten von O sind die Völkernamen mit kräftigem Rot eingetragen und deshalb im Allgemeinen gut lesbar. Dasselbe gilt für die Völkersymbole, die sich in den entsprechenden Ländern vor jedem Völkernamen und in den Stadtvignetten finden. Bezüglich der genannten Unstimmigkeiten lässt sich feststellen, dass die Fehler, welche die anderen Kartenhandschriften in der Positionierung aufweisen, in O oft korrigiert worden sind; zudem sind auf der 5. Europakarte zwei Völker (Hylleioi und Boulimeis) eingearbeitet, die nicht aus Ptolemaios, sondern wieder aus der Periegese des Dionysios (V. 386f.) stammen.85 2.4 Das Erscheinungsbild der Karten in den lateinischen Handschriften Wie oben erwähnt, enthalten alle lateinischen Handschriften den klassisch ptolemäischen Kartensatz von einer Weltkarte und 26 Länderkarten, z.B. der berühmte Cod. Vaticanus Urbinas Latinus 277. Sowohl bei der Weltkarte als auch bei den Länderkarten weisen einige der lateinischen Handschriften jedoch grundlegende Unterschiede in der Projektion auf. Die Entstehung dieser Karten ist eng mit dem in Florenz wirkenden Humanisten und Kartographen Nicolaus Germanus verbunden: Wie sich aus seinen Widmungen an den Fürsten Borso von Este (z.B. im Cod. Estensis Latinus 463) und an Papst Paul II. (z.B. im Cod. Urbinas Latinus 274) ersehen lässt, propagiert Nicolaus Germanus eine Verbesserung der Projektion für die Länderkarten, indem er nicht die Mittelparallele der entsprechenden Karte adäquat verkürzt, sondern diejenigen des oberen und unteren Kartenrandes: Es entsteht so eine trapezförmige Karte in einer Art Kegelprojektion, ähnlich wie sie Ptolemaios für die Weltkarten verwendet. Der
84
85
64
Karten mit Völkersymbolen sind: Europa 1 (Britannien), Europa 2 (Spanien), Europa 3 (Gallien), Europa 6 (Italien), Europa 10 (Griechenland), Asia 1 (Kleinasien), Asia 4 (Syrien) sowie Asia 10 und 11 (Indien). Vgl. oben S. 63.
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Fortschritt gegenüber den ptolemäischen Plattkarten besteht also darin, dass statt nur einem (dem mittleren) nun zwei Parallelkreise im richtigen Verhältnis verkürzt sind, wodurch die Karte vor allem in den unteren und oberen Regionen geringere Verzerrungen aufweist. Die Projektion weist aber auch Nachteile auf: Weil die Meridiane nicht mehr parallel verlaufen, sondern zum Pol hin konvergieren, wird zwar eine grössere Annäherung an die kugelförmige Erdoberfläche erreicht, allerdings ist nur noch der mittlere Meridian längentreu. Ausserdem werden die mittleren Breiten des Gebietes bei Karten mit grosser Breitenausdehnung etwas zusammengedrückt. Für die so entstehende trapezförmige Karte hat sich der irreführende Begriff der sog. Donis-Projektion eingebürgert.86 Diese von Germanus erfundene Projektion hat die Kartographie der folgenden hundert Jahre massgeblich geprägt: Alle nach seiner Methode hergestellten Karten weisen nun die charakteristische Trapezform auf, während die übrigen, nicht auf Germanus beruhenden Karten in der von Ptolemaios propagierten orthogonalen Zylinderprojektion ausgeführt sind. Eine Überprüfung der Karten im Cod. Neapolitanus VF 32, der allgemein auf Germanus zurückgeführt wird,87 ergab, dass die Neigungswinkel der Karten in mittleren Lagen gut zu den sich aus den Kartenrändern ergebenden theoretischen Winkeln stimmen; hier könnte den Karten sehr wohl eine Konstruktion zugrunde liegen. In tiefen Breiten sind die Karten jedoch in der Regel zu stark, in hohen Breiten zu wenig verkürzt: Die Neigungswinkel stimmen um bis zu 5° nicht mit den theoretischen Winkeln überein. Noch grösser sind die Unterschiede bei der 4. Afrikakarte (+9°) und der 11. Asienkarte (+6°), die im Süden über den Äquator hinaus reichen.88 Hierzu einige Beispiele: 31°
9°
32°
63°
35°
23°
6. Asienkarte: zu stark verkürzt
3. Afrikakarte: richtig verkürzt
8. Asienkarte: zu wenig verkürzt
Abb. 18: Theoretische und tatsächliche Verkürzung der Parallelkreise auf den GermanusKarten
Der Bezeichnung Donis, die sich z.B. in der Ulmer Ausgabe von 1482 findet, ist eine Verlesung von Donnus, als Kurzform für Dominus, die Bezeichnung eines Geistlichen; in der Vorlage des Druckes, dem Cod. Wolfeggianus Latinus 9818 heisst es eindeutig Donnus. Dazu ausführlich Fischer a.O. (oben Anm. 3) 344f. 87 Vgl. dazu die Faksimileausgabe von L. Pagani, Ptolemäus Cosmographia. Das Weltbild der An tike (Stuttgart 1990); besonders S. 10. 88 Die südlichen Abschnitte sind nicht mit der ihnen eigenen Verkürzung konstruiert, sondern symmetrisch zum jeweiligen nördlichen Abschnitt. Deshalb erscheint der Knick am Äquator noch markanter. 86
65
Kap. 1. Überlieferung
Nicolaus Germanus entwickelte seine Karten stets weiter, wobei er mit zunehmender Erfahrung immer freier mit den ptolemäischen Vorbildern umging. Insgesamt lassen sich drei verschiedene Redaktionen erkennen: In allen Redaktionen sind die Länderkarten in der trapezförmigen Projektion gezeichnet. Unterschiede ergeben sich aber bei der Zeichnung der Weltkarten, beim Kartenbestand sowie beim Inhalt der Karten. Die Vertreter der ersten Redaktion (ca. 1460–1466) zeigen die Weltkarte noch in der einfacheren Kegelprojektion mit geradlinigen Meridianen (1. ptolemäische Projektion). In der zweiten (ca. 1466–1468) und dritten Redaktion (ca. 1468–1475)89 jedoch entwirft Nicolaus Germanus die Weltkarte in der modifizierten Kegelprojektion mit gekrümmten Meridianen (2. ptolemäische Projektion) – sei es, dass er sie nach den Angaben des Ptolemaios neu entworfen oder dass ihm eine heute verlorene Weltkarte in der Art des Codex Seragliensis GI 57 (K) als Vorbild gedient hat. Diese Kartenform hatte einigen Einfluss auf die Zeichnung der späteren lateinischen Kartenhandschriften: Neben den handschriftlichen Karten des Nicolaus Germanus sind auch die Karten im Cod. Wilton-Huntington H. M. 1902 (Pietro del Massaio) und im Cod. Vaticanus Latinus 7289 (wohl Henricus Martellus Germanus) in dieser Projektion entworfen. Von entscheidender Bedeutung für die Geschichte der ptolemäischen Karten in den frühen Drucken schliesslich war die Tatsache, dass die Ulmer Ausgabe von 1482 auf dem Cod. Wolfeggianus Latinus 9818 basiert, welcher der dritten Redaktion von Nicolaus Germanus angehört.90 Während die älteren lateinischen handschriftlichen Karten in der zeichnerischen Gestaltung den griechischen Vorbildern relativ nahe stehen, zeigen die jüngeren einige charakteristische Unterschiede, die im Folgenden nur summarisch wiedergegeben werden sollen:91 Wie in den griechischen sind auch auf den lateinischen Weltkarten praktisch ausnahmslos die Winde und Tierkreiszeichen am Rande der Karten dargestellt; in einigen Karten (v.a. des Nicolaus Germanus) sind ferner der Äquator, der nördliche Wendekreis sowie der Zodiacus hervorgehoben. Die Angaben zu den einzelnen Parallelkreisen finden sich – wie auf den griechischen Vorbildern – bei sämtlichen lateinischen Weltkarten auf der rechten Seite bzw. bei den Länderkarten auf der linken Seite. Die Gradzählung in den Randleisten der lateinischen Karten ist in der Regel weniger fein als beispielsweise in UKF: Meist werden nur die ganzen Grade gezählt, wobei die Zahlen – durchwegs in arabischen Ziffern – in der Mitte stehen. Deutlich aufwändiger hingegen ist üblicherweise die künstlerische Ausstattung der Kartenränder. Ein Charakteristikum der lateinischen Weltkarten von Nicolaus Germanus und seinen Nach-
Das untrüglichste Merkmal zur Unterscheidung bietet die Erweiterung der ptolemäischen Oikumene gegen Norden: Für die Darstellung der nördlichen Regionen gibt es zwei Typen: Typ A (zweite Redaktion) verzeichnet Grönland – wie in der Clavuskarte – westlich von Skandinavien, Typ B (dritte Redaktion) hingegen fälschlicherweise nördlich davon. 90 Dazu ausführlich Fischer a.O. (oben Anm. 3) 358–364. – Die Rezeption der ptolemäischen Karten in den frühen Drucken wird unten in Kap. 5.5 ausführlich dargelegt. 91 Für detaillierte Angaben zu den einzelnen Handschriften und ihren Karten sei auf die sehr reichhaltigen Ausführungen Fischers, a.O. (oben Anm. 3) 290–415, verwiesen. 89
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
folgern ist schliesslich die Tatsache, dass immer mehr Gebirge und Flüsse ins Kartenbild übernommen werden. Auf den Länderkarten sind die Meere, Seen und Flüsse in der Regel in Blau gehalten, das Rote Meer erscheint teilweise rot; ab und zu sind für die Meeresfärbung auch andere Farben, z.B. gelb oder violett, verwendet worden, was für unseren Geschmack bisweilen etwas seltsam anmutet. Vereinzelt findet sich – wie auch in den griechischen Handschriften d, m, p und z – eine Wellenschattierung der Meere. Die einzelnen Länder sind meist in Weiss gehalten; eine Unterteilung durch Farben, wie es in den Karten von UKF oder R geschieht, wird in den lateinischen Karten nur selten gemacht. Allerdings sind auch hier die Grenzen öfters durch rote Linien markiert. Die Gebirge sind häufig braun gehalten, ihre Konturen mittels Schattierung plastisch gezeichnet; es entsteht ein wenig der Eindruck von ‘Maulwurfshügeln’. Die Wälder auf der 1. und 4. Europakarte werden nicht selten durch eine Ansammlung von Bäumen dargestellt.92 Die Städte sind nur auf den ältesten lateinischen Karten durch Vignetten dargestellt; in den späteren Handschriften sind sie häufig durch mehr oder weniger prachtvoll gestaltete Kreise (Karten des Nicolaus Germanus) oder Dreiecke (Karten des Pietro del Massaio) ersetzt, die nicht selten in Silber- und Goldfarben ausgeführt sind; die Unterscheidung von ‘bedeutenden’ und ‘gewöhnlichen’ Städten hingegen ist beibehalten. Auf den Karten des Francesco Berlinghieri sind die Stadtvignetten nach Art der mittelalterlichen Seekarten mit Türmen etc. versehen; eine Unterscheidung von ‘bedeutenden’ und ‘gewöhnlichen’ Städten fehlt. Eine von Nicolaus Germanus wieder eingeführte Strukturierung des Kartenbildes ist schliesslich die Abteilung der Völker mittels einer Linie von roten Punkten, die sich aus der Textstruktur des Ortskataloges der Geographie ergibt; es ist dies das Äquivalent zu den Völkersymbolen in den Vignetten von UKF, die man auf den Karten fast sämtlicher lateinischer Handschriften vergebens sucht.
3. Die Überlieferung der handschriftlichen Karten Bei einer Kartenzeichnung handelt es sich im weiteren Sinne um eine Umsetzung eines Textes in ein Bild. Wenn im entsprechenden Text die Vorgaben gemacht werden und die dazugehörenden Karten noch vorhanden sind, lassen sich Text und Karten gegenseitig überprüfen. Da nun bei den erhaltenen Karten der Geo graphie eine lange Tradition vorausgegangen ist und bei jedem Kopiervorgang Fehler entstehen konnten, lassen sich aufgrund von Gemeinsamkeiten und Unterschieden Hinweise auf die Überlieferungsgeschichte der Karten gewinnen. Diese sind in zweierlei Hinsicht relevant: Einerseits belegen – auch fehlerhafte – Übereinstimmungen zwischen Text und Karten eine Zeichnung der entsprechenden Karte aufgrund des Textes der jeweiligen Handschrift; umgekehrt belegen Gemeinsamkeiten der Karten untereinander, insbesondere wenn sie sich nicht aus dem Text ableiten lassen, eine weiter zurückreichende Kartentradition. Für 92
Ähnliche Darstellungen zeigt als einzige griechische Kartenhandschrift der Codex Parisinus Graecus 1401 (a); vgl. dazu oben Abschnitt 1.1.2a.
67
Kap. 1. Überlieferung
die Untersuchung der Überlieferungsgeschichte der ptolemäischen Karten sind drei Gruppen von Einträgen relevant: Beschriftung, Koordinateneinträge sowie zeichnerische Merkmale.93 Bei den Beschriftungen treten in den Handschriften zahlreiche unterschiedliche Fehlertypen auf; die wichtigsten seien hier kurz angeführt:94 – Majuskelfehler (ÉAond¤nion statt Lond¤nion; G¤pa statt G¤gia etc.), – Minuskelfehler (Boun¤tion statt Moun¤tion; ÉEloukt¤vn statt ÉElouht¤vn etc.), – Falsche Trennung (Dekãntai statt d¢ Kãntai; Lhr≈nh statt Lhr∆ n∞sow etc.), – Fehlende Initialen (§diolãnion statt Mediolãnion; koÊmigkon statt ÉAkoÊmigkon etc.), – Falsche Endungen (Lakon¤mourgon statt Lakon¤mourgi etc.), – Silbenvertauschungen (ÉIoustoÊla statt OÈistoÊla; Menral¤a statt Menlar¤a etc.). All diese Fehlertypen gehorchen in der Regel denselben Überlieferungsgesetzen wie ein ‘normaler’ Text und haben in den seltensten Fällen einen Einfluss auf das Kartenbild. Auf die zahlreichen Differenzen der Eigennamen in Text und Karten der verschiedenen Handschriften, die auf einfache Abschreibefehler zurückzuführen sind, soll deshalb nur insofern eingegangen werden, als sie für das Verhältnis zwischen Text und Karten der jeweiligen Handschriften oder Handschriftengruppen relevant sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn sich anhand von Majuskel- bzw. Minuskelverschreibungen eine zeitliche Einordnung der Fehler vornehmen lässt oder wenn die Schreibweise von komplexeren Karteneinträgen auf eine gemeinsame Vorlage verweist. Bei den Koordinatenangaben des Ortskataloges, die infolge des griechischen Zahlensystems besonders fehleranfällig sind,95 treten in den Handschriften vor allem drei Fehlertypen auf: – Majuskelfehler (MA° statt MD°; 41° statt 44°) – Verwechslung von ganzen Zahlen und Brüchen (kg° statt k° gʹ; 23° statt 20° 20ʹ) – Auslassung oder Doppelung von Zahlzeichen (mg° goʹ statt m° goʹ; 43° 40ʹ statt 40° 40ʹ) So unbedeutend diese Unterschiede paläographisch auch erscheinen mögen, können sie umgesetzt auf Karten enorme Auswirkungen haben, die je nach Position des betroffenen Punktes recht unterschiedlich sind: Isolierte Koordinatenfehler mit einfach zu erklärenden Textverderbnissen sind bei der Kartenzeichnung relativ leicht zu erkennen – beispielsweise wenn ein Ort ‘ins Wasser fällt’ – und wurden auf den Karten meist korrigiert. Koordinaten jedoch, welche
93 94
95
68
Belege dafür werden unten in Abschnitt 4.1 angeführt. Zu typischen Fehlern in der Textüberlieferung ausführlich unten Kap. 1.5 sowie Mittenhuber a.O. (oben Anm. 1). Zu den Zahlzeichen vgl. unten Kap. 3.1, Abschnitt 1.1; Textband, Einleitung S. 40, sowie Mittenhuber a.O. (oben Anm. 1).
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
in Zusammenhang mit anderen Punkten stehen, wie z.B. Grenzpunkte, haben häufig ein gestörtes Kartenbild verursacht. Wertvolle Belege für die Überlieferungsgeschichte der Karten liefern häufig Korrekturen früher Textverderbnisse, welche ein gestörtes Kartenbild verursachten und unterschiedlich korrigiert wurden. Was die zeichnerischen Merkmale anbelangt, ist zu beachten, dass der Schreiber des Textes und der Zeichner der Karte vermutlich in den seltensten Fällen ein und dieselbe Person waren.96 Somit kann die Ausführung der Karten je nach Sachverständnis des jeweiligen Zeichners völlig unterschiedlich ausfallen, obwohl dieselben textlichen Grundlagen vorhanden sind. Diese Merkmale liefern ebenfalls häufig wertvolle Hinweise zur Geschichte der Kartenüberlieferung. 3.1 Übereinstimmungen und Differenzen zwischen Text und Karten 3.1.1 Übereinstimmungen zwischen Text und Karten Erwartungsgemäss stimmen die Karten weitgehend mit dem Text überein; es finden sich aber auch immer wieder charakteristische Differenzen zwischen Text und Karten. Die einzelnen Übereinstimmungen und Differenzen seien im Folgenden für die verschiedenen Handschriften und Handschriftengruppen dargelegt. Bei den technischen Angaben auf den Karten von UK(F) ergibt sich folgender Befund: Die Meridiane und Parallelkreise sind nach den Angaben von Geogr. 1,23 in die Welt- und Länderkarten eingetragen worden und weisen überall dieselben Fehler auf wie der entsprechende Text von U und K. Die im Text von Geogr. 1,23 vorhandenen Fehler bei den Gradangaben des 7. und 16. Parallelkreises (27° 30ʹ statt richtig 27° 10ʹ bzw. 51° statt richtig 51° 30ʹ) finden sich ebenfalls auf den Karten wieder, ebenso die gerundete Stadienzahl der Parallele durch Rhodos (72 000 statt korrekt 72 812 Stadien).97 Aufgrund der eben genannten Gemeinsamkeiten folgt, dass der gemeinsame Archetyp der Welt- und Länderkarten von UK(F) nach einem Text der D-Gruppe entworfen wurde und die heute erhaltenen Karten auf diese gemeinsame Kartenvorlage zurückgehen. Auf den Karten von UK(F) finden sich einige für die Kartenzeichnung an sich sinnlose oder überflüssige Beschriftungen, die wörtlich aus der Textvorlage übernommen wurden, z.B. in der 2. Europakarte aus Geogr. 2,6,78 der Eintrag Balliar¤dew n∞soi dÊo afl ka‹ GumnÆsiai •llhnist¤ (die zwei Balearischen Inseln, auf griechisch Gymnesiai genannt). Weitere Einträge sind falsch aus einem miss Zwei bekannte Zeichner von Ptolemaioskarten sind Agathodaimon (dazu unten Abschnitt 4.2) sowie Cyriacus von Ancona (oben Anm. 21). Literarisch belegt ist die Arbeitsteilung von Schreiber und Zeichner z.B. in einem Epigramm, welches sich am Schluss der spätantiken Schrift Divisio orbis terrarum findet (V. 8 = Anthol. Lat. I,1, cap. 724,8 [Ed. Riese/Buechler 1906]). 97 Die durch Berechnung ermittelten genauen Stadienwerte werden im Text von Geogr. 7,5,15 gegeben; hier weist der Text von U und K denselben Fehler auf wie die Weltkarten. In Geogr. 1,14,10 hingegen findet sich ein gerundeter Wert für die Rhodosparallele von 72 000 Stadien, der vermutlich nach der Näherung von 400 Stadien pro Grad auf der 36°-Parallele (Geogr. 1,11,2f.) ermittelt ist. 96
69
Kap. 1. Überlieferung
verstandenen Kontext übernommen worden; so heisst z.B. in der 4. Europakarte eine Bergkette im Südwesten von Germanien Sarmatikå ˆrh ka‹ tå ÖAlpia (Sarmatische Berge, auch Alpen ), was dem überlieferten Text von Geogr. 2,11,7 entspricht, in dem die beiden Gebirge unmittelbar hintereinander genannt werden. Berücksichtigt man jedoch die Koordinaten der beiden Gebirge, wird sogleich klar, dass die Sarmatischen Berge (l.c. 2,11,6) viel weiter im Osten liegen. Ein ähnliches Missverständnis zeigt sich beim falsch aus Geogr. 2,11,26 übernommenen Völkernamen Protoi Sidones (‘die ersten Sidonen’ statt richtig: ‘ als erste die Sidonen’). Diese Beispiele belegen also, dass sich der Zeichner äusserst genau an die textliche Vorlage gehalten hat und die Karten von U und K, da sie alle diese Fehler gemeinsam aufweisen, auf diese gemeinsame Kartenvorlage zurückgehen. Bei den Koordinaten zeichnen sich Text und Karten von UK(F) durch eine bemerkenswerte Überlieferungstreue der Zahlen aus: über 95% Übereinstimmung.98 Signifikant häufig im Vergleich zu den anderen Handschriften sind Verwechslungen von ganzen Zahlen und Brüchen in den Texten von U und K, wobei es sich in der Regel um Küstenpunkte oder Binnenstädte handelt. Bei der Insel Thule z.B. liegt die Mitte der Insel nach den überlieferten Koordinaten von U und K bei lg° = 33° Länge, d.h. mehr als 1° weiter östlich als das östliche Ende der Insel (la° goʹ = 31° 40ʹ Länge). Dieser Textfehler wurde auf den meisten Karten genau so umgesetzt, was eine seltsam verzerrte Form der Insel zur Folge hat, bei der die Konturen nicht mehr dem Text entsprechen: der Mittelpunkt der Insel liegt an ihrem östlichen Rand, während sich das eigentliche Ostende mitten auf der Nordküste befindet. Da es sich hier um eine falsche Aufteilung von Graden und Minuten handelt, lassen sich durch eine paläographisch einfache Korrektur des Längenwertes von lg° = 33° in l° gʹ = 30° 20ʹ die richtigen Konturen der Insel wiederherstellen.
Abb. 19 und 20: Die Insel Thule auf der 1. Europakarte von K (fol. 77r) und korrigierte Umzeichnung
Die Karten von R stimmen ebenfalls weitgehend mit dem Text von R überein; allfällige Differenzen beruhen meist auf unsorgfältiger Zeichnung oder Unverständnis des Kartenzeichners. So fehlen, wie erwähnt, die Meridiane und Parallelkreise ganz; die am rechten Rand der Karten eingetragenen Beschriftungen der Parallelkreise sind oft ungenau oder falsch. Dass der Zeichner der R-Karten Zur Überlieferungstreue bei den Koordinaten im Text der verschiedenen Handschriften vgl. Textband, Einleitung S. 40.
98
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
den Sinn dieser Eintragungen nicht verstanden hat, zeigt sich am Beispiel der südlichen Parallelkreise auf den letzten beiden Asienkarten: Auf der 11. Asienkarte ist am Rand der Äquator bezeichnet, obwohl die Breitenangabe direkt von 1° Nord zu 1° Süd springt; am Rande der 12. Asienkarte sind ein zweiter und ein dritter südlicher Parallelkreis angegeben, obwohl die Karte gar nicht so weit südlich reicht und von einem dritten südlichen Parallelkreis im Text der Geo graphie gar nie die Rede ist. Im Übrigen zeigen die R-Karten aber auch viele Gemeinsamkeiten mit den Karten von UK(F), z.B. die verschiedenen Zusätze der Referenzorte und der sieben Klimata.99 Weil sich diese im Text von R nicht finden, ist dies ein Indiz für eine Kartenvorlage aus der D-Gruppe. Dass die Karten von R auf einem R-Text beruhen, belegen Sonderfehler, die nur in R überliefert sind; so fehlen auf der 2. Europakarte die Städte Iuliobriga und Morika, weil der Abschreiber beim vorangehenden Kamarika die Koordinaten von Morika eingetragen hat, was im entsprechenden Text (Geogr. 2,6,51) eine Lücke verursacht hat. Weil nun auf der Karte Kamarika die Position von Morika einnimmt und die übrigen Städte fehlen, kann die entsprechende Karte nur nach dieser Textvorlage erstellt sein. Aufgrund eines weiteren Sonderfehlers des R-Textes, wo der Name der Kimbrischen Halbinsel im Ortskatalog des Textes (Geogr. 2,11,1) falsch zwischen die Mündungen des Visurgios und des Albis gerutscht ist, sind die kimbrischen Völker auf den R-Karten an der entsprechenden Stelle eingetragen. Weitere Belege, dass sich der Zeichner äusserst genau an die textliche Vorlage gehalten hat, sind – ähnlich wie in UK(F) – zahlreiche scheinbar sinnlose Eintragungen wie to metaxy (die Mitte), prote ektrope (erste Abzweigung ) usw. Die Textvorlage wurde vom Kartenzeichner oft missverstanden, was sich deutlich daran zeigt, dass im Text mehrfach genannte Toponyme auch auf den Karten mehrfach eingetragen sind. Die Überlieferungstreue der Koordinaten in R ist ausgesprochen schlecht: Hier weisen fast 50% der Koordinaten Differenzen zwischen Text und Karten auf. Aufgrund der bereits festgestellten geringeren Qualität der Karten von R kann die überwiegende Mehrzahl durch ungenaue Zeichnung der Stadtvignetten und Küstenkonturen erklärt werden. Die restlichen Varianten weisen jedoch eigene Charakteristika auf: Es fehlen z.B. die für UK(F) typischen Vignettenvertauschungen und Verwechslungen von ganzen Zahlen und Brüchen; dafür findet sich eine Reihe von Fehlern, die mit der Textvorlage von R zu tun haben. In der sorgfältig gearbeiteten Handschrift O hingegen ist die Übereinstimmung zwischen Text und Karten noch grösser als bei den anderen Handschriften. Die Meridiane und Parallelkreise der Karten sind exakt nach den Angaben von Geogr. 1,23 eingetragen worden und weisen dieselben Fehler auf wie der Text von O, der hier zur J-Rezension tritt. Dies zeigt sich daran, dass der 7. Parallelkreis zwar falsch auf 27° 40ʹ (statt richtig auf 27° 10ʹ), aber nicht auf 27° 30ʹ wie in der D-Gruppe angesetzt ist; zudem bietet O im Gegensatz zu UK zum 16. Parallelkreis die richtige Gradangabe von 51° 30ʹ. Obwohl die Karten von O 99
Auch diese Eintragungen sind z.T. falsch; Stadienzahlen finden sich auf den Karten von R keine, mit Ausnahme einer aus der J-Rezension stammenden Angabe zur Länge der Thuleparallele auf der 1. Europakarte.
71
Kap. 1. Überlieferung
eher durch eine Vorlage der J-Rezension beeinflusst sind, dürfte auch eine Kartenvorlage der D-Gruppe berücksichtigt worden sein. Somit erweist sich O also auch bei den technischen Angaben der Karten als Mischhandschrift. Die Namenseinträge stimmen stets mit dem Text von O, nicht aber mit denjenigen der Karten von U überein. Auch finden sich immer wieder Spuren einer Vorlage aus der J-Rezension, was abermals zeigt, dass im Text von O beide Rezensionen berücksichtigt wurden. Überdies finden sich einige wenige Belege, wo in Text und Karten von O andere Quellen, konkret Dionysios Periegetes, verarbeitet wurden. Alle diese Fälle belegen eindeutig die Zeichnung der Karten nach dem Text von O. Dementsprechend ist auch die Überlieferungstreue der Koordinaten ausgezeichnet: über 95% Übereinstimmung. Bei den wenigen Unstimmigkeiten gehen die Varianten in der Regel mit den Handschriften der V-Rezension zusammen, bisweilen aber auch mit X, oder stehen für sich allein. Die speziellen Fehler der Texte von U und K teilen sie nie, ebenso nicht die Vignettenvertauschungen von K und F. Eigene Varianten bieten Text und Karten von O, wenn es sich um eine alte Textverderbnis handelt, welche unterschiedlich korrigiert wurde. Somit ergibt sich das Bild eines aus beiden Rezensionen zusammengesetzten und durchredigierten Textes, der genau so in den Karten umgesetzt wurde. Auf den Karten von O ist also deutlich zu erkennen, dass der Redaktor von O die Karten sorgfältig nach dem Text von O gestaltet hat, wobei auch Informationen aus anderen Quellen verarbeitet sowie Inkonsequenzen der Vorlagen korrigiert wurden. Dies zeigt sich besonders eindrücklich an der Zeichnung der gallischen Gebirge, wo der Redaktor von O eine alte Koordinatenverderbnis so korrigiert, dass auch die betroffenen Städte und Völker wieder ihre richtige Position erhalten. Der Redaktor von O hat offenbar ebenfalls versucht, die durch die kleineren Kartenausschnitte bedingte verminderte geographische Orientierung mittels Zusatzinformationen in den angrenzenden Ländern zu kompensieren. Dies setzt einerseits eine Vorlage mit grösseren Kartenausschnitten voraus, andererseits aber auch ein beträchtliches kartographisches Verständnis des Zeichners. Ein anschauliches Beispiel für die unterschiedliche Umsetzung einer sehr frühen Textverderbnis auf den handschriftlichen Karten findet sich im Landes inneren von Gallien, wo der überlieferte Text der Binnengebirge Kemmena oros/ Cevennen (Geogr. 2,8,4) und Iurassos/Jura (l.c. 2,9,6) eine konsistente Zeichnung der Karten verunmöglicht hat. Auf den Karten von U und K zieht sich das Cevennen-Gebirge von den Pyrenäen nach Norden bis zur Quelle des Liger/der Loire, knickt dort gegen Nordosten ab und verläuft bis zur Grenze von Gallia Belgica, wo es nahtlos in den Iurassos übergeht. Im Text des Ortskataloges jedoch werden die Cevennen lediglich als Einzelberg im Süden der Provinz Lugdunensis genannt, wobei die Koordinaten eine frühe Verderbnis erfahren haben (kg° statt k° gʹ; 23° statt 20° 20ʹ), sodass das Gebirge auf den Karten aufgrund seiner unmöglichen Position eine ungeheure flächige Ausdehnung bekam.100 Ein anderer typischer Abschreibefehler zeigt sich am Beispiel der Sequana/Seine, von welcher im Text (Geogr. 2,8,3) der verschiedenen Handschriften nur die Mitte genannt wird, nicht aber
100
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Abb. 21 und 22: Die gallischen Binnengebirge auf der 3. Europakarte von U (fol. 67r) und K (fol. 80r)
Auf der Karte von R gleicht die Zeichnung mit den verbundenen Gebirgen auf den ersten Blick derjenigen der Karten von U und K, bei genauerem Hinsehen stellt sich aber heraus, dass hier die Cevennen als schmaler Gebirgszug dargestellt sind. Zudem wurde der Gebirgszug anstelle der fehlenden Grenzlinie zwischen den Provinzen Lugdunensis und Narbonensis vom Zeichner der Karten als Grenze angesehen und die Provinzen entsprechend eingefärbt. Dadurch gelangten jedoch einige zur Lugdunensis gehörigen Städte und Völker auf das Gebiet der Narbonensis, was sich mit dem überlieferten Text nicht vereinbaren lässt. Da die Cevennen auch im Text von R als Einzelberg im Süden der Provinz Lugdunensis genannt werden und somit dieselben Koordinaten aufweisen wie in den anderen Handschriften, auf den Karten jedoch anders gezeichnet sind, zeigt dies, dass sie nicht von einer Kartenvorlage der D-Gruppe abstammen können. Auf den Karten von O ist der Abschnitt vom Grenzpunkt an den Pyrenäen bis zur Quelle der Loire kein Gebirge, sondern wie im Text genannt eine einfache Grenzlinie, an welcher ein namenloses Bergland angedeutet ist. Von dort verläuft eine weitere einfache Grenzlinie bis zum Grenzpunkt von Gallia Belgica, der Lugdunensis und der Narbonensis, und führt weiter zum O-Ende von Gallia Belgica am Adulagebirge. Die Cevennen und der Jura sind als Ein-
deren Quellen. Bei bedeutenden Flüssen gibt Ptolemaios nebst ihrer Mündung jedoch stets auch ihre Quellen und gegebenenfalls noch weitere Punkte am Flusslauf an. Offensichtlich sind also die Koordinaten der Mitte und die Angabe der Quellen im Text ausgefallen, weil der Abschreiber eine Zeile übersprungen hat. Ein Blick auf die Karten von U und K bestätigt nun die Vermutung, dass sich die im Text genannten Koordinaten auf die Quellen beziehen müssen: Es ist weiter südlich einfach kein Platz mehr für den Oberlauf des Flusses. Anders als auf den Karten von U und K findet sich auf der entsprechenden Karte von R der kartographisch sinnlose Eintrag to metaxy (die Mitte); danach verläuft die Seine weiter nach Süden bis zu ihrer Quelle. An dieser Quelle entspringt ein kurzer namenloser Fluss, der in die zur Rhone entwässernde Saône mündet. Es entsteht somit der falsche Eindruck eines zusammenhängenden Flusssystems. Der Grund dafür sind die Grenzlinien der Provinzen Lugdunensis und Belgica, welche vom Zeichner irrtümlicherweise als Flüsse ausgeführt wurden.
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Kap. 1. Überlieferung
zelberge im Innern der jeweiligen Provinzen gezeichnet, was genau dem Text von O entspricht. Der Fehler der anderen Kartenhandschriften ist in O also mit dem kleinen Eingriff behoben worden, statt einem Gebirgszug einen Einzelberg zu zeichnen. Der Zeichner der Karten von O muss den Text also bis ins letzte Detail verstanden haben, denn sonst hätte er seine Vorlage bedenkenlos kopiert und wäre nicht in der Lage gewesen, gegebenenfalls korrigierend einzugreifen.
Abb. 23 und 24: Die gallischen Binnengebirge auf der 3. Europakarte von R (fol. 118v/ 119r) und O (fol. 20r)
3.1.2 Differenzen zwischen Text und Karten Trotz der augenfälligen, an sich zu erwartenden weitgehenden Übereinstimmung zwischen Text und Karten, zeigen sich in den Handschriften zahlreiche gemeinsame Differenzen zwischen Text und Karten, die nur durch eine selbständige Kartentradition erklärt werden können. Dabei sind in Bezug auf die Kartentradition die Fälle von besonderer Bedeutung, bei denen sich auf den Karten bessere Lesarten erhalten haben, die in den Texten des Ortskataloges verdorben sind. Von Bedeutung ist zunächst, dass die Karten von UK(F)101 viele Textfehler ihrer Handschriften vermeiden und gegenüber diesen gemeinsam oft bessere Lesarten bieten.102 Offenbar wurden die Karten von den jüngsten Fehlern der Textüberlieferung weniger stark beeinträchtigt und weisen somit eine eigene, weiter zurückreichende Tradition auf. Solche Beispiele für korrekte Lesarten von Eigennamen finden sich auf den Karten in stattlicher Zahl:103 – Minuskelfehler: Helvetier (2,11,10): ÉElouht¤vn UtKKtFtX, ÉEloukt¤vn UVRA Ekbatana (6,2,14): ÉEkbãtana UtX, ÉAkbãtana V Da die Karten von R und O, wie im vorigen Abschnitt (3.1.1) gezeigt, lediglich von ihren jeweiligen Textvorlagen kopiert wurden, sind ihre Differenzen als Belege für eine selbständige Kartentradition nicht relevant. 102 Die Richtigkeit einer Lesart der Karten ist wahrscheinlich, wenn sie mit dem Text der Handschrift X übereinstimmt oder wenn sie bei einem anderen Toponym gleichen Namens (z.B. einem gleichlautenden Gebirge) einheitlich belegt ist. 103 Natürlich gibt es umgekehrt auch zahlreiche Belege, wo die Karten gemeinsam eine schlechtere Lesart als die Texte aufweisen; diese Fälle können hier ausser Acht gelassen werden, da sie nur die Abstammung von einem gemeinsamen Archetyp zeigen. Zum ganzen Komplex vgl. Fischer a.O. (oben Anm. 3) 136–158 (Belege für U 139–143). 101
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
– Falsche Trennung: Caesaraugusta (2,6,63): KaisaraugoÊsta UtKKtFt, Ka¤sar AÈgoÊsta u.ä. VX – Fehlende Initialen: Mediolanum (2,7,7): Mediolãnion UtKtX, §diolãnion U Aspithra (7,3,5): ÉAsp¤yra UtKKtX, sp¤yra U (vgl. ÉAspiyãraw pot. 7,3,2) – Falsche Endungen: Sapphar (6,7,41): Sãpfar UtKKt, Sãpfara XA, Sãpfa UVR – Silbenvertauschungen: Pityousen (2,6,77): PituoËsai UtKKtFt, PutioËsai U – Ausfall oder Doppelung von Buchstaben: Noviodunum (2,15,4): NoouiÒdounon UtKtX, Noou¤dounon V Gordyene (5,13,20): GorduhnÆ UtKtX, GordhnÆ V (vgl. Gordua›a ˆrh 5,13,5) Kerretaner (2,6,69): Kerroitano¤ UtKKtFt, Kerrhtano¤ X, Keritano¤ U – unterschiedliche Quantitäten der Silben: Dorias (2,5,1 et alibi): Dor¤ou UtKtX, Dvr¤ou V – Iotazismen: Skandia (2,11,35): Skand¤a UtKtX, Skande¤a V Bei den Koordinaten der Orte bieten die Karten ebenfalls öfters die richtige Position. Hier einige Beispiele für Koordinatenfehler des Ortskataloges, die sich nicht auf die Karten ausgewirkt haben: – Trisanton-Mündung (2,3,4): kg° (23°) falsch statt k° gʹ (20° 20ʹ) UKX, aber richtig UtKt – Segobriga (2,6,58): m° goʹ (40° 40ʹ) falsch statt mg° goʹ (43° 40ʹ) U, aber richtig Ut – Sigarra (2,6,64): md° (44°) falsch statt m° dʹ (40° 15ʹ) U, aber richtig Ut – Arba (2,16,13): mb° goʹ (42° 40ʹ) falsch statt mg° goʹ (43° 40ʹ) K, aber richtig Kt – Mündung eines Flusses in den Ganges (7,2,9): lg° (33°) falsch statt l° gʹ (30° 20ʹ) UK, aber richtig UtKt Ein charakteristisches Beispiel bei der Lage der Völker, die im Ortskatalog lediglich in Relation zu den übrigen Völkern angegeben wird, ist die Verwechslung von hyper (oberhalb, nördlich) und hypo (unterhalb, südlich): Auch hier geben die Karten nicht selten die richtige Lösung – oft in Übereinstimmung mit dem Text der Handschrift X –, was insofern von Bedeutung ist, als damit eindeutig eine Verderbnis der Texte von U und K nachgewiesen ist, die aber von den Karten nicht übernommen wurde. Beispiele: – Geogr. 2,3,13: richtig ÍpÚ X und entsprechend UtKt, statt Íp¢r V – Geogr. 2,11,22: richtig ÍpÚ KX und entsprechend UtKt, statt Íp¢r UVRA Weil in diesen Fällen häufig Koordinaten derselben Orte betroffen sind und einerseits Text von U und K sowie andererseits Karten von U und K zusammengehen, muss geschlossen werden, dass sowohl Text wie Karten beider Handschriften unabhängig voneinander auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen. 75
Kap. 1. Überlieferung
4. Belege für eine in die Antike zurückreichende Kartentradition In den Handschriften finden sich zahlreiche Indizien, die eine weit zurückreichende, sicher vorplanudeische Kartentradition belegen. So zeigen die Karten in einigen Fällen verschiedene Gemeinsamkeiten untereinander, die sich nicht aus dem Text ableiten lassen und nur durch eine bis zu einem gewissen Grade selbständige Kartentradition erklärt werden können. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Fälle, in denen die Karten ein Mehr an Information bieten, das in den Textpartien verloren ging. Dazu kommen gemeinsame zeichnerische Merkmale, die so nicht aus dem Text erschlossen werden konnten. Ausserdem finden sich mehrere Scholieneinträge, die auf Karten in der jeweiligen Vorlage Bezug nehmen. Diese Belege werden schliesslich gestützt durch mehrere externe Testimonien zu ptolemäischen Karten aus der Spätantike und dem Mittelalter. 4.1. Belege in den überlieferten Karten Einen Beleg für eine gemeinsame Kartentradition bildet zunächst die fast völlige Übereinstimmung bei der Farbgebung der Länder auf den Karten von UKF (= D-Gruppe), die allerdings lediglich auf eine gemeinsame Vorlage verweist, aber keine weiteren Schlüsse zulässt. Besonders aussagekräftig hingegen sind auf den Karten von UK(F) die kalligraphisch anspruchsvollen Majuskelbeschriftungen der grossen Strukturen wie Länder, Meere usw., die oft bis hin zur Anordnung und zu den Ligaturen identisch sind. Da die Majuskelschrift zur Zeit des Planudes längst ausser Mode gekommen war, lässt sich dieser Befund nur durch eine in Majuskeln geschriebene, d.h. wohl spätantike Vorlage erklären.
Abb. 25 und 26: Beispiel einer Majuskelbeschriftung auf der 7. Europakarte von U (fol. 74r) und K (fol. 85r)
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Auch die Zeichnung der Stadtvignetten ist auf sämtlichen Karten von UK(F) jeweils sehr ähnlich; es werden, wie erwähnt,104 zwei Arten von Vignetten unterschieden. Neben Lokalisationspunkt und Name tragen diese Vignetten auf den Karten aller drei Handschriften in einigen Ländern zusätzliche Symbole, welche die Volkszugehörigkeit bestimmen; diese Symbole stimmen bis auf wenige Ausnahmen miteinander überein. Weil sich diese Symbole auf allen entsprechenden Karten von UK(F) finden, obwohl im Text der Geographie davon nie die Rede ist, müssen sie auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgehen, der einzig in der Kartentradition bewahrt wurde. Weil zudem praktisch ausnahmslos dieselben Symbole verwendet werden, müssen die Karten auf dieselbe Vorlage zurückgehen. Diese Völkersymbole finden sich zwar auch im Text und auf den Karten von O, allerdings mit gewissen Abweichungen: So fehlen die Symbole in einigen Provinzen, umgekehrt sind sie bei einigen Provinzen auch im Text von O eingetragen; ausserdem weisen einige Karten von O eigene Ländersymbole auf, welche auf den D-Karten fehlen. Es ist zu vermuten, dass der Redaktor von O das System mit den Völkersymbolen aus verschiedenen Kartenvorlagen übernommen hat, wobei die eine der V-Rezension, die andere wohl der J-Rezension angehörte.105 Einen weiteren Beleg für eine eigene Kartentradition bieten Gemeinsamkeiten bei der Küstenzeichnung, die sich nicht aus dem Text erschliessen lassen: Liegen die durch Koordinaten bestimmten Punkte weiter auseinander, blieb die Zeichnung des genauen Küstenverlaufes dem Ermessen des Zeichners überlassen. Die Halbinsel der Novanten im Norden von Britannien z.B. ist auf den Kar-
Abb. 27 und 28: Küstenverlauf der Halbinsel der Novanten auf der 1. Europakarte von U (fol. 63v) und K (fol. 76v)
Vgl. oben Abschnitt 2.3.2f. Dieser Befund ist insofern interessant, weil durch den mehr oder weniger identischen Fundus an Völkersymbolen erwiesen wäre, dass sich die beiden Rezensionen im Verlaufe ihrer Überlieferung – zumindest was die zeichnerischen Elemente betrifft – gar nicht so weit voneinander entfernt haben, wie das oftmals angenommen wird.
104 105
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Kap. 1. Überlieferung
ten von U und K in genau derselben Weise gezeichnet, obwohl in Geogr. 2,3,1f. nur die Koordinatenpunkte der Abravannus-Mündung, des Kaps der Novanten und des Golfes von Rerigonium fix bestimmt sind. Wären diese drei Punkte direkt verbunden, würde sich ein spitzwinkliges Dreieck ergeben. Der hier abgebildete, praktisch identische Küstenverlauf der Karten von U und K belegt also eindeutig eine gemeinsame Vorlage.106 In dieselbe Richtung führt eine Besonderheit bei Flussläufen, wo die Karten von von UK(F) Gemeinsamkeiten zeigen, die sich aus dem überlieferten Text ebenfalls nicht erschliessen lassen. So weisen die spanischen Flüsse Anas und Baetis auf den Karten von U und K bei 4° 10ʹ/38° 15ʹ bzw. bei 4° 10ʹ/38° 05ʹ jeweils eine markante Krümmung nach Osten auf, während die im Text genannte Krümmung bei 6° 20ʹ/39° (Geogr. 2,4,3) quasi inexistent ist.107 Die auf den Karten von U und K eingezeichneten Krümmungen finden sich auf den R-Karten nicht, dafür die im Text genannte Krümmung bei 6° 20ʹ/39°. In O weist die Karte der Baetica die auf den Karten von U und K verzeichneten Krümmungen auf, während die im Text genannte Biegung fehlt. Auf der Karte von Lusitanien ist es gerade umgekehrt. Somit bestätigt sich das im vorigen Kapitel gewonnene Bild, dass die Karten von U und K auf eine gemeinsame textunabhängige Vorlage zurückgehen, während die Karten von R und O nach ihren jeweiligen Textvorlagen gestaltet wurden. Die Karten von U und K weisen, wie erwähnt,108 die gemeinsame Tendenz auf, Gebirge miteinander zu verbinden und zumindest die bedeutenderen Flüsse aus ihnen entspringen zu lassen. Zwar fallen die von Ptolemaios genannten Flussquellen tatsächlich häufig mit Endpunkten von Gebirgen zusammen, allerdings gehen die Karten noch viel weiter. Besonders deutlich wird dies an einem im Text nicht genannten Quellgebirge auf der 2. Europakarte, aus dem die Flüsse Dorias und Tagos entspringen: Dieses namenlose Gebirge, das nicht zum ursprünglichen Bestand der Geographie gehört, ist auf den Karten von UKF in exakt derselben Weise ausgeführt und muss somit in der gemeinsamen Vorlage bereits vorhanden gewesen sein. Auch auf der Tarraconensiskarte von O taucht das Gebirge auf, wenn auch in etwas anderer Ausführung; auf der Karte von R hingegen fehlt es. Dies zeigt wiederum, dass der Zeichner der O-Karten zumindest eine Vorlage aus der D-Gruppe verwendet hat, während sich der Zeichner von R ausschliesslich an die Textvorlage gehalten hat. Von besonderem Interesse sind in den Karten von UK(F) überlieferte Details, die nicht nur allfällige Vorlieben des Kartenzeichners der Vorlage zum Ausdruck bringen, sondern ein Mehr an Information bieten und reale Sachverhalte aus der Antike dokumentieren, die in den Texten verloren sind und die somit auf eine in die Antike zurückreichende Kartentradition hinweisen. So sind etwa Ähnliches lässt sich bei der zeichnerischen Gestaltung der hypothetischen Landbrücke, welche Afrika und Südostasien am Südrand der Oikumene verbindet, auf den Weltkarten von U und K feststellen. 107 Ähnliche Fälle finden sich z.B. beim Dorias, der ebenfalls solche Biegungen aufweist, obwohl im Text keine einzige Biegung erwähnt ist, oder bei der Zeichnung der komplexen Strukturen der grossen Deltas von Donau, Nil, Indus und Ganges. 108 Vgl. oben Abschnitt 2.3.2e. 106
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Abb. 29 und 30: Das namenlose Gebirge in Spanien auf der 2. Europakarte von U (fol. 65v/66r) und F (fol. 1r)
die Städte Panormos und Ikonion in der Aufzählung der ‘bedeutenden Städte’ in Geogr 8,9,4 bzw. 8,17,35 ausgefallen, auf den Karten aber – in Übereinstimmung mit der Kanonliste – mit der Signatur als polis episemos gekennzeichnet. Den vermutlich wertvollsten Beleg für ein solches Mehr an Information und somit für eine eigenständige Kartenüberlieferung bilden die zwei Mündungen der genannten Flüsse Anas und Baetis, die auf den Karten sämtlicher Handschriften verzeichnet sind. Im Text (Geogr. 2,4,3 bzw. 5) wird jedoch immer nur explizit die ‘östliche’ Mündung angeführt, während die zu erwartende ‘westliche’ Mündung fehlt.109 Verantwortlich hierfür ist zweifellos ein Zeilensprung in einem sehr frühen Stadium der Überlieferung. Da die zwei Mündungen des Anas und Baetis in der geographischen Literatur der Antike kanonisch sind,110 liegt der Schluss nahe, dass die Karten hier das Richtige bieten und somit einen älteren Stand bewahrt haben. Da die westlichen Mündungen auch in der Handschrift X ausgefallen sind, muss der Textfehler bereits vor der Aufspaltung in die beiden grossen Textrezensionen der Geographie, also um etwa 200 n. Chr. entstanden sein.111 Bestätigt wird dieser Umstand durch die Tatsache, dass bei Markianos von Herakleia (4./5. Jh.), der in seinem Werk Beschreibung des äusseren Meeres die Geographie des Ptolemaios exzerpiert112 – und zwar in
Vgl. dazu Textband S. 159f., Anm. 41f. sowie krit. App. S. 158f. Strabo 3,1,9 (Anas und Baetis); Avienus, Or. Mar. 208 (Anas) bzw. 288f. (Baetis); Mela 3,5 (Baetis). 111 Vgl. oben Kap. 1.2 sowie unten Kap. 2.2, Abschnitt 2.1 zum Pap. Rylands 522. 112 Vgl. dazu C. Müller, Marciani periplus maris exteri, in: Geographi Graeci Minores (GGM), Bd. 1 (Paris 21882) 515–562. 109 110
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Kap. 1. Überlieferung
der Weise, dass er die ptolemäischen Koordinatenangaben in Stadiendistanzen umsetzt113 –, derselbe Fehler auch erscheint.
Abb. 31 und 32: Die Mündungen der Flüsse Anas und Baetis auf der 2. Europakarte von U (fol. 65v) und K (fol. 78v)
Abb. 33 und 34: Die Mündungen der Flüsse Anas und Baetis auf der 2. Europakarte von R (fol. 117v) und O (fol. 14r)
Überblickt man die eben vorgeführten Befunde, lässt sich Folgendes festhalten: Abgesehen von den zeichnerischen Evidenzen für eine eigenständige Kartenüberlieferung gibt es auch eindeutige inhaltliche Belege für eine getrennte Kartenüberlieferung, nämlich dann, wenn der Text einen offensichtlichen Fehler aufweist, den die Karten nicht haben. Besonders schöne Beispiele sind die im vorigen Abschnitt beschriebenen Verhältnisse in Gallien oder die gemeinsame 113
Ein Vergleich mit den Handschriften der Geographie zeigt deutlich, dass Markian dabei eine Hs. der J-Rezension benutzt hat; daraus geht allerdings nicht hervor, ob Markian seine Distanzen vorwiegend aufgrund von Kartenmessungen gewonnen oder nach dem Text berechnet hat.
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Küstenzeichnung im Norden von Britannien, die jedoch immer nur auf einen gemeinsamen Archetyp der entsprechenden Handschriftengruppe verweisen. Bei den zwei Mündungen der Flüsse Anas und Baetis hingegen, die sich auf sämtlichen Karten finden, während im Text aller Handschriften immer nur die östliche Mündung angeführt wird, lassen sich Rückschlüsse auf eine weiter zurückreichende Kartentradition ziehen, die jedenfalls vor die Aufspaltung in eine J- und in eine V-Rezension zurückgeht. 4.2 Handschrifteninterne verbale Hinweise Neben den angeführten gestalterischen Elementen auf den Karten finden sich auch verschiedene Scholien in den Handschriften, die auf eine weiter zurückreichende Kartentradition hinweisen. Es handelt sich hierbei meist um erklärende Randeinträge der Kopisten, in denen auf Karten in der entsprechenden Vorlage Bezug genommen wird. Der bedeutendste Hinweis ist wohl die sog. Agathodaimon-Subscriptio,114 die sich am Schluss des Textes in den Handschriften der V-Rezension (und O), nicht aber in X findet. ÉEk t«n Klaud¤ou Ptolema¤ou gevgrafik«n bibl¤vn Ùkt∆ tØn ofikoum°nhn pçsan ÉAgayÚw Da¤mvn ÉAlejandreÁw mhxanikÚw ÍpetÊpvsa. «Auf Grundlage der acht Bücher der Geographie des Klaudios Ptolemaios habe ich, der Ingenieur Agathodaimon aus Alexandria, die gesamte Oikumene zeichnerisch dargestellt.» Aus der Subscriptio geht hervor, dass ein gewisser Agathodaimon in Alexandria, offenbar ein Spezialist für eine so anspruchsvolle Aufgabe, eine Redigierung der ptolemäischen Karten durchgeführt hat, und zwar – wie aus dem Text hervorgeht – von der Weltkarte und sämtlichen Länderkarten.115 Aufgrund des Fehlens der Notiz in X dürfte diese Redaktionsarbeit mit der Abspaltung der V-Rezension in Verbindung gebracht werden und bildet möglicherweise sogar deren Ursprung. Über den Zeitpunkt dieser Neuredaktion lassen sich keine klaren Aussagen machen, da der Name Agathodaimon sonst kaum belegt ist;116 doch dürfte er wegen des zunehmenden Verfalls der wissenschaftlichen Einrichtungen in Alexandria kaum nach dem 4. Jahrhundert anzusetzen sein. Die Neuredaktion dürfte mit der im 4. Jh. n. Chr. beginnenden Umschrift der Papyrusrollen in Pergamentkodizes in Zusammenhang stehen; dazu passt, dass Subskriptionen seit dem Ende des 4. Jahrhunderts belegt sind.117 Zu Agathodaimon vgl. unten Kap. 1.5, S. 109f. und Kap. 5,1, S. 321f. sowie Textband, Einl. Anm. 72 und S. 920f, textkrit. App. 115 Agathodaimon spricht ausdrücklich von ‘allen acht Büchern der Geographie’. Die Aussage Fischers, a.O. (oben Anm. 3) 118f., Agathodaimon habe nur die Weltkarte gezeichnet, ist deshalb ungerechtfertigt. 116 Eine Zusammenstellung der belegten Namen gibt R. Ganschinietz, Agathodaimon, in: RE Suppl. 3 (1918) 58f. 117 In einer Soranus-Handschrift (Cod. Parisinus Graecus 2153, fol. 218v; vgl. Stückelberger, Bild und Wort, S. 92f.) hat ein zweifellos antiker Spezialist für gynäkologische Zeichnungen (gynai keios hypozographos) subskribiert. 114
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Kap. 1. Überlieferung
Im Folgenden seien weitere für die Kartentradition relevante Scholien aus den Handschriften X, V und R kurz angeführt: In der Handschrift X findet sich nach Geogr. 8,28 folgendes Scholion (fol. 169v):118 ÉEntaËya k˚ p¤nakew (sic) katãssei, §n aÈtª d¢ tª katagrafª kz: tÚn går i p¤naka t∞w EÈr≈phw efiw dÊo diaire›, efiw ßna m¢n tãssvn tØn Makaidon¤an, efiw d¢ ßteron ÖHpeiron ka‹ ÉAxa¤an ka‹ PelopÒnhson ka‹ KrÆthn ka‹ EÎboian. «Hier verzeichnet er 26 Karten; in der Zeichnung selbst sind es jedoch 27. Die 10. Europakarte teilt er nämlich in zwei Karten: Auf die eine setzt er Makedonien, auf die andere Epirus, Achaia, die Peloponnes, Kreta und Euböa.» Offenbar hat der Kartenzeichner die 10. Europakarte angesichts der besonders zahlreichen Eintragungen und der dadurch bedingten Platzknappheit aufgeteilt. Somit muss die Vorlage 27 Länderkarten aufgewiesen haben, womit gleichzeitig erwiesen ist, dass mindestens ein Vertreter der J-Rezension einmal Karten enthielt, und zwar – wie in der V-Rezension – 26 Länderkarten. Wie sich aus der Stellung des Scholions am Ende des Textes der Geographie ergibt, waren diese Länderkarten im Unterschied zu den Vertretern der D-Gruppe offenbar – wie in R – alle zusammen am Ende des 8. Buches eingereiht, was ihren Verlust leichter erklären würde. Auch die kartenlose Handschrift V bietet am Anfang des 8. Buches sowie am Ende des eigentlichen Textes der Geographie nach Kapitel 8,28 zwei Randscholien, welche sich auf Karten in der Vorlage beziehen. Das erste Scholion (fol. 213r) lautet: ÉEntaËya katagrãfetai ı p¤naj ı peri°xvn ˜lhn tØn ofikoum°nhn, meyÉ ˘n grãfetai taËta ßvw toË Åı pr«tow p¤naj t∞w EÈr≈phw’. E‰ta grãfetai §ke›no (ein Wort unleserlich) •pom°nou toË p¤nakow metå toË Åı deÊterow p¤naj’. «An dieser Stelle ist (sc. in der Vorlage) die Weltkarte verzeichnet, nach welcher der vorliegende Text (d.i. Geogr. 8,1–3) geschrieben ist bis zur Überschrift ‘1. Karte Europas’. Dann wird das dortige (Lücke, gemeint ist Geogr. 8,4) geschrieben, gefolgt von einer Karte in Verbindung mit der Überschrift ‘2. Karte ’.» Das zweite Scholion (fol. 237r) lautet: TaËta Ùfe¤lei graf∞nai metå tÚn teleuta›on p¤naka. «Folgendes muss nach der letzten Karte (d.i. die 12. Asienkarte) geschrieben werden.» Die beiden Scholien belegen also nicht nur, dass in der Vorlage von V eine Weltkarte und 26 Länderkarten vorhanden waren, sondern auch, dass diese in der gleichen Weise angeordnet waren wie in den Handschriften der D-Gruppe.
118
Vgl. Textband S. 904f.
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Im Codex R fehlen die 4. Afrikakarte sowie die Osthälfte der 1., die ganze 2. und die Westhälfte der 3. Asienkarte. Da auf die Westhälfte der 1. unmittelbar die Osthälfte der 3. Asienkarte folgt (fol. 129v/130r), ist zu vermuten, dass die dazwischen liegenden Kartenteile sich auf einem Blatt befanden, welches herausgerissen wurde oder ausgefallen ist. Das Fehlen der 4. Afrikakarte hingegen ist auf diese Weise nicht zu erklären, da die angrenzenden Karten ja vorhanden sind. Es findet sich jedoch unterhalb der 3. Afrikakarte (fol. 129r) folgende Notiz: GÊrison tÚn pr«ton p¤naka t∞w ÉAs¤aw ka‹ eÍrÆseiw tÚn t°tarton p¤naka t∞w LibÊhw, §pe‹ diå tØn smikrÒthta t«n moir«n ka‹ tØn stenÒthta toË teÊxouw §t°yh §ãsai …w ¶xei. «Drehe die 1. Asienkarte um und du wirst die 4. Afrikakarte finden, da wegen der Kleinheit des Gradrasters und der Dichte der Eintragungen bestimmt wurde, sie so zu lassen, wie sie ist.» Offenbar befand sich also im Codex, auf den sich das Scholion bezieht, die 4. Afrikakarte auf der Rückseite der 1. Asienkarte. Sie wurde unverändert aus der Vorlage entnommen (§t°yh §ãsai …w ¶xei) und in den Codex eingefügt, wohl weil der Zeichner mit der dicht beschriebenen Karte überfordert war. Es ist ferner zu vermuten, dass man sich erst zu dieser Massnahme entschloss, als die 1. Asienkarte bereits auf der Rückseite der 3. Afrikakarte begonnen oder bereits vollendet war. Jedenfalls wurde die 4. Afrikakarte gemäss dem Scholion nach der 1. Asienkarte eingefügt, also genau dort, wo heute das Blatt mit der 2. Asienkarte fehlt. Möglicherweise wurde diese dabei überklebt oder beschädigt, worauf das Blatt wieder entfernt wurde, um den Schaden zu beheben (oder weil der frühere Besitzer die Karte zurückforderte). Das Blatt wurde jedenfalls nie wieder eingesetzt. Weil aber der Codex R an dieser Stelle völlig unversehrt ist, kann sich das Scholion nicht auf die Verhältnisse in R selbst beziehen, sondern muss bereits in der Vorlage von R gestanden haben und sich auf die Vorvorlage beziehen. Möglicherweise hatte diese Vorvorlage ein grösseres Format als die Vorlage, was die Schwierigkeiten des Zeichners bei Karten mit vielen Eintragungen (und damit auch das Fehlen der Weltkarte) erklären würde. Jedenfalls ergibt sich aus diesen Überlegungen die wichtige Feststellung, dass sich die R-Karten mindestens zwei Glieder zurück verfolgen lassen. Ein weiterer wichtiger verbaler Hinweis findet sich in den Handschriften der V-Rezension am Schluss der Inhaltsübersichten der Bücher 2, 4 und 5,119 also jeweils am Anfang der Beschreibung eines neuen Kontinentes: PeriorismÒw, ékrvtÆria, n∞soi, potam«n paray°seiw, paral¤ou perigrafÆ, pelag«n ÙnÒmata, ˆrh, potamo¤, l¤mnai, §parxi«n ÙnÒmata, x«rai µ ¶ynh, §pigrafa¤, §pigrãmmata, §p¤shmoi pÒleiw, deÊterai pÒleiw, tr¤tai pÒleiw. «Umriss, Landspitzen, Inseln, Beischriften der Flüsse, Einzeichnung der Küstenlinie, Namen der Meere, Berge, Flüsse, Seen, Namen der Provinzen, 119
Vgl. dazu Textband S. 136f., 380f. und 478f.
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Kap. 1. Überlieferung
Regionen oder Völker, Vignetten, Beschriftung , bedeutende Städte, zweitrangige Städte, drittrangige Städte.» Wie sich aus den aufgezählten Begriffen ersehen lässt, handelt es sich hier vermutlich um spätantike Anweisungen an einen Zeichner, wie und in welcher Reihenfolge die Beschriftung der Länderkarten zu geschehen habe.120 Die Anweisungen werden erst verständlich, wenn man den Prozess der Kartenzeichnung nachzuvollziehen versucht. Unter dieser Voraussetzung könnte man die Anweisungen vielleicht folgendermassen lesen: «Man beginnt mit dem Umriss der Länder (d.h. deren Grenzen). Danach erfolgen an der Küste die Beschriftung der Landspitzen und Inseln sowie die Beischriften der Flüsse (an den Mündungen). Diese Phase wird durch die Einzeichnung der Küstenlinie sowie die Beschriftung der Meere abgeschlossen. In einem nächsten Schritt erfolgt die Beschriftung des Landesinnern, nämlich der Berge, der Flüsse und der Seen; danach folgen die Namen der Provinzen sowie die Regionen oder Völker. Zum Schluss werden die Stadtvignetten gezeichnet und beschriftet, wobei eine Unterteilung in bedeutende Städte, zweitrangige Städte und drittrangige Städte121 vorgenommen wird.» Die Abfolge der einzelnen Arbeitsschritte entspricht im Wesentlichen der Gliederung der Länderbeschreibungen im Ortskatalog der Geographie: Zunächst werden die Umrisse des jeweiligen Landes beschrieben, danach die Küste und am Schluss das Landesinnere. Wenn sich der Kartenzeichner also an die hier gegebene Anleitung hält, kann er den Text der einzelnen Länder mehr oder weniger sukzessive ‘abarbeiten’. Die hier gegebenen Anweisungen decken allerdings nur die letzten Arbeitsschritte (d.h. die Beschriftung und Fertigstellung der Karte) ab; während die vorhergehenden Phasen der Kartenzeichnung122 nicht erwähnt sind: Konstruktion der Karten nach den Angaben des 8. Buches, Übertragen der Koordinatenpunkte aus dem Ortskatalog ins Gradraster der Karte, Anbringen der Vorzeichnungen,123 Einfärben der grossflächigen Strukturen wie Länder oder Meere. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die ersten Arbeitsschritte (die andere Kompetenzen erfordern) von anderen Personen ausgeführt wurden. Die offenbar als ‘Beschriftungsanleitung’ aufzufassende Textstelle ist vermutlich in einem frühen Stadium der Überlieferung irrtümlich in die Inhaltsübersicht der Bücher 2, 4 und 5 hineingerutscht. Nebst diesen direkten Bezügen auf Karten in heute verlorenen Vorlagen finden sich in den erhaltenen Handschriften weitere nicht genau datierbare indirekte Hinweise; sie sind in der Regel am Schluss des eigentlichen Textes der Geogra phie überliefert (8,29f.) und wurden von uns als ‘nachptolemäische Zusätze’ bezeichnet:124
So schon O. Cuntz, Die Geographie des Ptolemaeus: Galliae, Germania, Raetia, Noricum, Pan noniae, Illyricum, Italia. Handschriften, Text und Untersuchung (Berlin 1923), besonders S. 7. 121 Zur hier gemachten Unterscheidung der Städte vgl. oben Anm. 80. 122 Zu den einzelnen Schritten der Kartenherstellung in der Hs. K vgl. oben Kap. 1.3. 123 Die feinen schwarzen Linien der Vorzeichnung sind auf den Karten der D-Gruppe oftmals noch gut sichtbar. 124 Vgl. Textband S. 908ff. 120
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Geogr. 8,29 bietet in der V-Rezension eine Liste mit 94 Ländern – 34 in Europa, 12 in Afrika und 48 in Asien. Dieselbe Liste ist auch in einer J-Fassung überliefert; sie steht in der Handschrift X am Ende von Geogr. 7,6. In O steht sie zwar nach Geogr. 8,29, bietet jedoch den Text der J-Fassung; zudem sind in O – wenn auch stark verdorben – jeweils die Koordinaten des ungefähren Mittelpunktes des jeweiligen Landes angegeben.125 Auf den Karten hingegen werden nur 84 Länder durch verschiedene Färbung unterschieden; es sind dies genau diejenigen 84 Länder, welche im Ortskatalog der Bücher 2–7 eine Umrissbeschreibung (periorismos) aufweisen, nämlich 32 in Europa, 8 in Afrika und 44 in Asien, woraus sich ergibt, dass es sich hier um den ursprünglichen Bestand handelt.126 Da ferner die Ländernamen der Karten nicht aus der Länderliste von Geogr. 8,29 stammen können, müssen sie auf einer eigenen Kartentradition beruhen, die älter ist und vor die Trennung der V- und J-Rezension zurückreicht.127 Vielmehr dürften die Länderlisten dieses Kapitels von einer Weltkarte abgelesen worden sein, vermutlich aus dem Bedürfnis heraus, eine Art Index zu den Weltkarten zu erstellen. Dies geschah vermutlich im Zuge der Aufteilung in die V- und J-Rezension, bei der die Listen ihre heutige Gestalt und Position innerhalb des Werkes erhielten. Mit der Kartenzeichnung in Zusammenhang steht das nur in den Handschriften der V-Rezension überlieferte Verzeichnis der Kartenränder in Geogr. 8,30, in welchem für jede der 26 Länderkarten die Begrenzungen sowie ihre Ausdehnung in Länge und Breite angeführt werden. Der Sinn dieser Zusammenstellung bestand offensichtlich darin, dem Kartenzeichner die Mühe zu ersparen, die Kartenränder aufgrund der Maxima und Minima der Koordinaten im Ortskatalog zu bestimmen und anhand dieser Werte die Mittelparallele zu definieren; es sind dies Angaben zum Zeichnen der Karten, die in den speziellen hypographai von Geogr. 8,3–28 fehlen. Die Ränder der Karten von UK(F) stimmen in groben Zügen mit den in Geogr. 8,30 gemachten Angaben überein; allerdings sind die Kartenausschnitte, sofern sie abweichen, stets etwas grösser gezeichnet.128 Die Tatsache, dass die Kartenausschnitte teilweise nicht mit dem Text von Reste dieser Angaben finden sich in den Handschriften der P-Gruppe auch am Schluss des Prologes zum Ortskatalog (Geogr. 2,1,11f.). 126 In dieselbe Richtung führen handschrifteninterne Hinweise, die sich indirekt aus den Inhaltsverzeichnissen der einzelnen Bücher und aus den Kapitelüberschriften im Text des Ortskataloges ergeben. Beide gehören nicht zum ursprünglichen Bestand der ptolemäischen Geographie, sondern sind das Produkt verschiedener späterer buchtechnischer Erweiterungen, wobei offensichtlich verschiedene Zwischentitel als Kapitelüberschriften interpretiert wurden, was die grössere Zahl der Länder erklärt: Klein-Armenien z.B. erscheint im Text vieler Handschriften als eigenes Kapitel, obwohl es keine Umrissbeschreibung aufweist; vgl. zu diesem Themenkomplex besonders A. Diller, Lists of provinces in Ptolemy’s Geography, in: Classical Philology 34 (1939) 228–238. 127 Hierfür spricht auch die Tatsache, dass die Beschriftung überwiegend in Majuskelschrift erfolgt ist; vgl. dazu oben Abschnitt 4.1. 128 In R ist die Übereinstimmung total, da die Karten ja nach den Angaben von Geogr. 8,30 entworfen wurden; in der Handschrift O, die ja eine abweichende Redaktion mit 64 Länderkarten aufweist und bei den Nachträgen der J-Rezension folgt, ist das Kapitel logischerweise nicht vorhanden. – Vgl. oben Abschnitt 2.3.1. 125
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Kap. 1. Überlieferung
Geogr. 8,30 übereinstimmen, zeigt also, dass die Überlieferung der Karten ab einem gewissen Zeitpunkt unabhängig davon erfolgt sein muss. Von den angeführten handschrifteninternen Hinweisen belegen somit einige lediglich eine unmittelbar vorangehende Kartenvorlage. Andere setzen Kartenvorlagen voraus, die vor die Aufspaltung der V-Rezension in die D- bzw. in die P-Gruppe, also sicher in vorplanudeische Zeit, zurückgehen. Die der V-Gruppe und X gemeinsamen Hinweise gehen sogar vor die Aufspaltung in die zwei Hauptstränge V und J zurück, die nach dem Zeugnis des Pap. Rylands 522129 vor dem 3. Jahrhundert n. Chr. anzusetzen ist. Man wird somit von den handschriftlichen Befunden her mit Kartenvorlagen rechnen müssen, die in die Spätantike zurückreichen, was auch die Majuskel-Kartenbeschriftungen, die sich in U und K erhalten haben, zu bestätigen scheinen. Dass Planudes die wieder entdeckte Handschrift als eine «uralte, die ungezählte Jahre verborgen war»130 bezeichnet, passt dazu bestens. 4.3 Externe Testimonien für Karten Neben den angeführten handschrifteninternen Belegen gibt es ausserptolemäische Testimonien, welche den Befund einer weit in die Antike zurückreichenden Kartentradition bestätigen. Einige wenige nehmen ausdrücklich auf ptolemäische Karten Bezug, andere lassen auf die Benützung von Karten schliessen. Wie sich aus ihrer relativ geringen Zahl ersehen lässt, fand die ptolemäische Geographie offenbar bereits in der Spätantike keine weite Verbreitung. Dies dürfte zum einen am anspruchsvollen Charakter des Werkes liegen, das erhebliche Spezialkenntnisse voraussetzt; zum anderen aber spielte sicher auch die Tatsache eine Rolle, dass die darin enthaltenen grossformatigen Karten nur sehr aufwändig und dementsprechend teuer zu kopieren waren.131 Die verschiedenen Testimonien sowie allgemeine Erwähnungen von ptolemäischen Karten in vorplanudeischer Zeit seien im Folgenden zusammengestellt: Ein erstes Zeugnis für die Kenntnis von ptolemäischen Karten in der Spätantike findet sich beim römischen Historiker Ammianus Marcellinus (4. Jh.), der bei den geographischen Exkursen über die Länder am Pontus (Res gestae 22,8,1– 48) und über Persien (l.c. 23,6,1–88) offensichtlich Ptolemaios benützt hat.132 Von besonderem Interesse ist nun, dass die Reihenfolge der von Ammian behandelten Länder in Persien genau derjenigen entspricht, wie sie sich im 8. Buch der Geographie sowie in der Länderliste (Geogr. 8,29) der J-Rezension, nicht aber im Ortskatalog des 6. Buches sowie in den Inhaltsübersichten und der Länderliste der V-Rezension findet. Dieser Befund ist in zweierlei Hinsicht wichtig: Zum einen wird bestätigt, dass die Trennung in die beiden grossen Rezensionen zur Zum Pap. Rylands 522 vgl. unten Kap. 2.2, Abschnitt 2.1. Planudes-Gedicht Vv. 28f.: mehr dazu weiter unten sowie Kap. 5.1, Abschnitt 2. 131 Man denke z.B. nur an die Tatsache, dass rein die Bereitstellung des Pergamentes für die jeweils ca. 120 Folioseiten umfassenden Handschriften UKF eine mittlere Schafherde erforderte. 132 Die Kenntnis der ptolemäischen Geographie kann wohl trotz der Argumente, die Polaschek gegen Mommsen vorbringt, vorausgesetzt werden; vgl. dazu unten Kap. 5.1, Anm. 15. 129 130
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Abfassungszeit von Ammians Res gestae bereits erfolgt war; zum anderen lässt sich aus der Tatsache, dass verschiedene Richtungsangaben des Ammian nur aus der Benutzung einer Kartenvorlage verständlich sind,133 folgern, dass die Kartentradition vor Ammian zurückreicht.134 Als Beleg für die Kenntnis der Geographie des Ptolemaios darf wohl auch die Tatsache gewertet werden, dass Markianos von Herakleia (4./5. Jh.) explizit die «Geographie des göttlichsten und weisesten Ptolemaios», als Quelle erwähnt.135 Ein besonders bedeutsames lateinisches Zeugnis, welches direkt auf ptolemäische Karten anspielt, wird zu Recht immer wieder angeführt, nämlich ein Abschnitt in den Institutiones des Cassiodor (um 560), in welchem dieser seinen Mönchen die Lektüre der Geographie empfiehlt: Tum, si vos notitiae nobilis cura inflammaverit, habetis Ptolemaei codicem, qui sic omnia loca evidenter expressit, ut eum cunctarum regionum paene incolam fuisse iudicetis. Eoque fit, ut uno loco positi, sicut monachos decet, animo per curratis, quod aliquorum136 peregrinatio plurimo labore collegit. «Wenn euch dann das edle Interesse an der Kenntnis (der Geographie) ergriffen hat, habt ihr den Band des Ptolemaios zur Hand, welcher sämtliche Orte so anschaulich dargestellt hat, dass man den Eindruck erhält, er sei beinahe überall zu Hause gewesen. Daher könnt ihr an einem Ort sesshaft, wie es sich für Mönche gehört, im Geiste durcheilen, was die mühseligen Reisen anderer (an Wissen) zusammengetragen haben.» (Cassiod. Inst. 1,25). Wenn man sich vor Augen führt, dass der Text des Ortskataloges grösstenteils aus höchst unanschaulichen Listen von topographischen Namen mit Koordinaten besteht, fällt es schwer zu glauben, dass Cassiodor hierfür den Ausdruck omnia loca evidenter expressit gebraucht. Für Kartendarstellungen ist der Ausdruck jedoch treffend gewählt. Das Zeugnis kann sich somit nur auf ein Exemplar – eindeutig in Codex-Form – der ptolemäischen Geographie beziehen, welches Karten enthielt. In zwei kleinen Schriften der Geographi Graeci Minores (GGM) finden sich weitere wertvolle Belege für eine durchgehende, bis in die Spätantike zurückreichende Kartentradition, welche bis anhin jedoch kaum beachtet wurden: Es sind dies die anonymen byzantinischen Schriften Diagnosis und Hypotyposis, welche bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zu Unrecht dem Agathemeros zugesprochen wurden.
Dazu ausführlich Fischer a.O. (oben Anm. 3) 485–487. Dies deckt sich mit der im vorigen Abschnitt (4.2) gemachten Feststellung, dass die Karten von den verschiedenen buchtechnischen Zusätzen wie den Inhaltsübersichten oder der Länderliste unbeeinflusst sind. 135 Vgl. dazu Fischer a.O. (oben Anm. 3) 447–450 sowie M.G. Schmidt, Die Nebenüberlieferung des 6. Buches der Geographie des Ptolemaios (Wiesbaden 1999), besonders S. 41–52. 136 So die Ausgaben: Wahrscheinlich wäre jedoch aliorum zu lesen. 133 134
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Kap. 1. Überlieferung
Die Diagnosis137 ist ein Lehrstück der Kugelgeographie, welches sich vor allem an der ptolemäischen Geographie orientiert und in ihrem zweiten Teil die Liste der Parallelkreise (Geogr. 1,23) exzerpiert. Die Bedeutung der Schrift liegt weniger in ihrer Originalität, sondern in ihrer Funktion als wichtiger Textzeuge für die Überlieferungsgeschichte der ptolemäischen Karten: Da die Liste der Parallelkreise in der Diagnosis dieselben Zahlen für die Längen der Referenzparallelen gibt wie die Weltkarten der D-Gruppe138 und die nur auf den Karten verzeichneten sieben Klimata ebenfalls genannt werden, bildet die gemeinsame Vorlage dieser Weltkarten einen terminus post quem für die Abfassungszeit der Diagnosis.139 Die Hypotyposis140 ist eine Zusammenstellung von verschiedenen geographischen Angaben zur Oikumene, ihren Meeren und Kontinenten sowie deren topo- und ethnographischen Gegebenheiten. Sie trägt die typischen Züge einer spätantiken Epitome, in welcher das damals greifbare Material kompiliert wurde, namentlich aus Strabon und Ptolemaios. In §5–25 gibt der anonyme Verfasser der Hypotyposis eine detaillierte Schilderung der einzelnen Länder und Völker der Erdteile, die ziemlich exakt der Einteilung der ptolemäischen Geo graphie folgt. Dass dem Verfasser dabei offensichtlich eine bildliche Darstellung vor Augen gelegen hat, ergibt sich aus Bezeichnungen, die ohne eine bildliche Vorlage kaum verständlich sind, wie z.B. «auf dem Meridian, der die Länge des Kaspischen Meeres halbiert» (§19) oder «Skythien, welches am Anfang nicht sehr breit ist, im Osten jedoch sehr und beinahe an Indien angrenzen würde» (§19). Ein weiteres Indiz dafür, dass dem Verfasser der Hypotyposis eine ptolemäische Weltkarte vorgelegen hat, liefern Angaben über die Längen- und Breitenausdehnung der wichtigsten Meere am Ende der Abhandlung, deren Masse in Stadien zunächst nach Ptolemaios (§40–44), dann nach Strabon (§47–53) gegeben werden.141 Die in §47 gegebenen Masse des Mittelmeeres sind direkt aus Strabons Geographika (2,4,3) exzerpiert und stimmen exakt mit den dort gegebenen Stadienmassen überein. Die in §40 genannten ptolemäischen Masse hingegen können nur von einer Weltkarte abgemessen worden sein, und zwar aus folgendem Grund: Rechnet man die ptolemäischen Gradwerte nach dem C. Müller, Anonymi Geographia in sphaera intelligenda, in: Geographi Graeci Minores (GGM), Bd. 2 (Paris 21882) 488–493; F. Mittenhuber, Anonymi Diagnosis, in: H. J. Gehrke (Hrsg.) FGrHist V. Die Geographen (erscheint voraussichtlich 2009 im Verlag Brill, Leiden). 138 Bei der Parallele durch Rhodos beispielsweise steht auf den D-Karten die Zahl von ‘annähernd 72 000’ Stadien; vgl. dazu oben Abschnitt 2.2.1. 139 Allerdings ist die Abfassungszeit der Diagnosis umstritten: In Frage kommt die Zeit zwischen dem 5./6. Jh. und der Wiederentdeckung einer Handschrift der ptolemäischen Geographie mit Karten durch Maximos Planudes um 1295. Die frühe Datierung der Kartenvorlage wird v.a. durch Fischer a.O. (oben Anm. 3) 436–442 und Schnabel a.O. (oben Anm. 2) 47–54 vertreten, die späte Datierung durch A. Diller, The anonymus Diagnosis of Ptolemaic Geography, in: Classical Studies in honor of William Abbott Oldfather (1943) 39–49. 140 C. Müller, Anonymi Geographia compendiaria, in: Geographi Graeci Minores (GGM), Bd. 2 (Paris 21882) 494–509; F. Mittenhuber, Anonymi Hypotyposis, in: H. J. Gehrke (Hrsg.) FGrHist V. Die Geographen (erscheint voraussichtlich 2009 im Verlag Brill, Leiden). 141 Dieser Befund wird durch die Schreibweise der geographischen Namen gestützt, welche mit der ptolemäischen bzw. der strabonischen exakt übereinstimmt. 137
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Geogr. 1,7,1 explizit genannten Verhältnis von 1° = 500 Stadien in Stadienwerte um, stellt sich heraus, dass die Längenangaben nur dann passen, wenn man die Längenverkürzung auf dem entsprechenden Breitengrad berücksichtigt.142 Diese Befunde zur Hypotyposis sind deshalb interessant, weil der älteste Textzeuge, der Codex Vaticanus Palatinus Graecus 398, aus dem 9. Jh. stammt und somit vier Jahrhunderte älter ist als die ältesten erhaltenen ptolemäischen Kartenhandschriften.143 Nach unten lässt sich die Abfassungszeit der Hypotyposis durch ein fast wörtliches Markian-Zitat in §36144 noch weiter eingrenzen: Daraus ergibt sich, wie bei der Diagnosis, eine Abfassungszeit zwischen dem 4./5. und 9. Jahrhundert.145 Es finden sich also einige direkte und indirekte Zeugnisse, die das Vorhandensein von spätantiken ptolemäischen Geographie-Codices mit Karten zwischen dem ausgehenden 4. und dem beginnenden 6. Jahrhundert bezeugen. Diese sporadischen Erwähnungen passen gut zur Tatsache, dass zur selben Zeit – konkret: dem ausgehenden 5. bzw. beginnenden 6. Jahrhundert – ein grosses Interesse an der Epitomierung und Abschrift geographischer Werke sichtbar ist: Das Corpus der Geographi Graeci Minores geht auf diese Zeit zurück,146 aber auch Reste eines Strabon-Palimpsests sind aus dieser Zeit erhalten.147 Es ist deshalb am wahrscheinlichsten, dass in dieser Zeit diejenige Handschrift kopiert wurde, in welcher wir den Archetyp der D-Gruppe (UKF und deren Abschriften) sehen. Dass die ‘uralte Handschrift’, die Planudes bei ihrer Wiederentdeckung so enthusiastisch preist, just aus dieser Zeit stammen könnte, würde hervorragend ins Bild passen. Ein weiteres wichtiges Testimonium für das Vorhandensein von ptolemäischen Karten im arabischen Kulturkreis148 stammt aus dem Umfeld des Kali Ähnlich urteilt bereits E. Polaschek, Ptolemaios (Geograph), in: RE Suppl. 10 (1965) 680–833, besonders 800–805. 143 Die ersten 5 Quaternionen der Handschrift (u.a. auch mit der Hypotyposis) sind verloren; dass die Hypotyposis aber im Palatinus enthalten war, ist durch eine Inhaltsübersicht im Codex Athous Vatopedinus 655 (L) aus dem 14. Jh. gesichert. Ihr Inhalt lässt sich somit grösstenteils mit Hilfe des Vatopedi rekonstruieren, welcher noch vor diesem Verlust kopiert wurde. 144 ..., ¶nya mãlistã §sti tÚ stenÒtaton t∞w ±pe¤rou ka‹ die›rgon tÚ mØ sunãcai tØn kayÉ ≤mçw yãlassan; cf. Marc. Per. 1,9. …, ¶nya mãlistã §stin, …, ka‹ tÚ stenÒtaton t∞w ±pe¤rou ka‹ die›rgon tÚ mØ sunãcai tØn kay’ ≤mçw yãlassan. 145 Diese Datierung wird weiter gestützt durch offensichtliche Textfehler in einem Passus der Hypotyposis (§23), die einem Abschreiber unterlaufen sein müssen, dem keine Karte mehr vorgelegen hat. Da der Schreiber des Cod. Athous Vatopedinus 655 (L) die im selben Codex enthaltenen Karten der ptolemäischen Geographie ja zur Verfügung hatte, kommt diese Möglichkeit kaum in Frage. Somit ist der Fehler mindestens bereits bei der Abschrift des Cod. Vaticanus Palatinus Graecus 398 passiert, was bedeutet, dass die Abfassungszeit des Archetyps der Hypotyposis noch weiter zurückreicht. Da im 7./8. Jahrhundert die Voraussetzungen für eine kompilatorische Arbeit kaum günstig gewesen sein dürften, führt dies wieder auf eine wahrscheinliche Abfassungszeit der Hypotyposis im 5./6. Jahrhundert. 146 Vgl. dazu D. Marcotte, Les Géographes Grecs, Vol. 1 (Paris 2000), Einleitung. 147 Vgl. dazu W. Aly, De Strabonis codice rescripto, cuius reliquiae in codicibus Vaticanis Vat. Gr. 2306 et 2061A servatae sunt (Rom 1956). 148 Zur Überlieferung der ptolemäischen Geographie im arabischen Raum ausführlich unten Kap. 5.2. 142
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Kap. 1. Überlieferung
fen al-Ma’mÙn (reg. 813–833), an dessen Hofe zahlreiche wissenschaftliche und philosophische Schriften aus dem Griechischen ins Arabische übersetzt wurden. Unter den – möglicherweise über syrische Zwischenstufen – vermittelten Werken befanden sich zweifellos die astronomischen Schriften des Ptolemaios, aber auch die Geographie. Diese Übersetzungen der Geographie dürften sich zunächst auf die Texte beschränkt haben; daneben sind aber offenbar auch ptolemäische Karten bekannt geworden. Dies ergibt sich aus einer Bemerkung des arabischen Polyhistors al-MasÝÙdÐ zur von Ma’mÙn in Auftrag gegebenen Weltkarte, die «schöner als ihre Vorgänger, nämlich die Geographie des Ptolemaios und die Geographie des Marinos und anderer» (Al-MasÝÙdÐ, KitÁb al-tanbÐh wal-ishrÁf; übers. von G. Strohmaier)149 gewesen sein soll. Während die erwähnte Bemerkung erst auf das Vorhandensein von ptolemäischen Karten schliessen lässt, wird im ca. 950 in Ägypten verfassten Sammelwerk MurÙj adh-dhahab (Goldwiesen) die Bekanntschaft mit einem Ptolemaios-Atlas vollends deutlich. Al-MasÝÙdÐ hebt hier die Farbenfülle der Karten explizit hervor und verweist dabei ausdrücklich auf die für Araber schwer zu lesenden griechischen Beschriftungen: «Ptolemaios erwähnt in dem Buch, das als Geographie bekannt ist, die Beschreibung der Erde, ihrer Städte und Gebirge und was auf ihr ist an Meeren, Inseln, Flüssen und Quellen. Er beschreibt die bewohnten Städte und die besiedelten Orte und dass ihre Zahl 4530 Städte zu seiner Zeit seien, und er nennt eine jede Stadt in einem jeden Klima. Er erwähnt in diesem Buch die Farben der Berge der Welt, die roten, die gelben, die grünen und die andersfarbigen, und dass ihre Zahl etwas mehr als 200 Berge seien. ... Alle diese Meere sind in dem Buch Geographie mit verschiedenen Farben gezeichnet und in unterschiedlich geformten Ausmassen dargestellt. ... Jedoch sind ihre Namen in diesem Buch griechisch und schwer zu verstehen.» (Al-MasÝÙdÐ, MurÙj adh-dhahab wa-ma ÝÁdin al-jawhar 1,182f.; übers. von G. Strohmaier).150 Das ausführlichste und untrüglichste Testimonium für die Kartenüberlieferung stellt schliesslich das Gedicht des byzantinischen Gelehrten Maximos Planudes (ca. 1255–1305) dar, in welchem er die Wiederentdeckung einer uralten, prachtvollen Geographie-Handschrift preist, «die ungezählte Jahre verborgen war».151 Planudes ist in seiner langen philologischen Karriere zweifellos mit zahlreichen kostbaren Handschriften in Berührung gekommen. Aus seiner Begeisterung lässt sich vermuten, dass es sich hier um ein ganz besonderes Exemplar gehandelt hat, das offensichtlich Karten enthielt und – wie die bereits erwähnte Verwendung der Majuskelschrift auf den Karten von UKF nahe legt – vermutlich aus Ed. M. J. de Goeje [= Bibliotheca Geographorum Arabicorum 8] (Leiden 1894) 33. – Siehe auch B. Carra de Vaux, Livre de l’avertissement 53 (Paris 1896). 150 Ed. M. M. QumaiÎa, Teil 1 (Beirut 1986) 86f.; vgl. auch F. Sezgin, in: Mathematische Geogra phie und Kartographie im Islam und ihr Fortleben im Abendland, Geschichte des arabischen Schrifttums, 12 Bde. (Frankfurt a.M. 2000), hier Bd. 10, 76. 151 Ausführliche Besprechung unten Kap. 5.1, Abschnitt 2. 149
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
der Zeit reger Beschäftigung mit geographischen Werken im 5./6. Jh. stammte. Es ist gut möglich, dass die Handschrift aus Ägypten kam, wo die ptolemäische Kartentradition ja auch im arabischen Kulturbereich Spuren hinterlassen hat.
5. Rekonstruktion der Stufen der Kartenüberlieferung Es bleibt zum Schluss, sich aus den gewonnenen Erkenntnissen ein Bild der gesamten Überlieferung der ptolemäischen Karten zu machen: Auf den ersten Blick scheinen die engen Beziehungen zwischen Text und Karten zu zeigen, dass die jeweilige Karte nach dem entsprechenden Text gezeichnet ist. Dies ist der Fall, wenn die Textfehler sich auf den Karten widerspiegeln, wie es durchwegs in R und O geschieht sowie manchmal auch in UK(F), z.B. beim missverstandenen Völkernamen Protoi Sidones oder der fehlerhaften Umsetzung der Koordinaten der Insel Thule. Wenn die Karten jedoch gemeinsame Charakteristika zeigen, die nicht aus den Texten abgeleitet werden können – wie es öfters in den Karten von UK(F) der Fall ist –, ist eine Abstammung von einem gemeinsamen Archetyp offensichtlich. Hierfür konnten folgende Belege aus den Karten von UK(F) als Beispiele angeführt werden: identische Länderfärbung, gleiche Völkersymbole oder gemeinsame Zeichnung von Stadtvignetten, Küsten-, Gebirgs- oder Flussverläufen. Überdies weisen die Karten von UK(F) gemeinsame Merkmale auf, die nicht nur die Neigung des Zeichners des Archetyps zum Ausdruck bringen, sondern zusätzliche Informationen bieten, welche reale antike Gegebenheiten repräsentieren, die heute in den Texten verloren gegangen sind. Diese Merkmale belegen also, dass die Kopie des Archetyps der erhaltenen Karten in einer Stufe der Überlieferung erfolgt ist, welche von derjenigen des Textarchetyps unabhängig ist. Speziell aussagekräftig sind hier diejenigen Fälle, in denen die Karten von UK(F) bei den Namen und Koordinaten gemeinsam mit X eine bessere Lesart gegenüber dem überlieferten Text bieten, z.B. bei der unterschiedlichen Ansetzung von Völkern in Schottland und Germanien, beim namenlosen Gebirge in Spanien oder bei der doppelten Mündung der Flüsse Anas und Baetis. Die hier zugrunde liegenden Textfehler – welche die Karten eben nicht haben – gehen offenbar sogar vor die wohl in die Spätantike anzusetzende Aufspaltung in die zwei Hauptstränge V und J zurück. Besonders schön lässt sich dies bei den eben genannten Mündungen der Flüsse Anas und Baetis zeigen, wo die Karten von den Fehlern sämtlicher Texte unberührt sind und sich dank eines Kanon-Papyrus ein terminus ante quem (um 200 n. Chr.) für den Textfehler gewinnen lässt.152 Weiter weisen zahlreiche handschrifteninterne verbale Hinweise auf das Vorhandensein von Karten in heute verlorenen Vorlagen hin, wie z.B. das Scholion in der Handschrift R. Besonders aussagekräftig ist hierbei die Tatsache, dass sich solche Hinweise auch in kartenlosen Handschriften wie V und X – ja überhaupt in sämtlichen Primärhandschriften finden: Es ist dies ein starker Hinweis, dass Handschriften mit Karten in der vorplanudeischen Überlieferungsgeschichte der ptolemäischen Geographie nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel gewesen 152
Vgl. oben Abschnitt 4.1.
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Kap. 1. Überlieferung
sind. Dass diese Kartentradition mindestens bis in die Spätantike zurückreicht, zeigt sich auf den Karten von U und K – neben den erwähnten Belegen – ferner an den typisch spätantiken zeichnerischen Darstellungen wie z.B. der Winde und Tierkreiszeichen sowie nicht zuletzt an der zu Planudes’ Zeiten völlig ungebräuchlichen Verwendung der Majuskelschrift für die Beschriftungen der Länder und Meere. Auch von den externen Testimonien her lässt sich die Überlieferungsgeschichte der Geographie über Agathodaimon, Cassiodor, al-MasÝÙdÐ u.a. von der Antike her bis ins Mittelalter hinein verfolgen: Alle diese Hinweise deuten darauf hin, dass – ähnlich wie bei der Sternbilder-Überlieferung des Almagest153 – eine letztlich bis auf Ptolemaios zurückreichende durchgehende Kartentradition existiert. Die da und dort vertretene Auffassung, bei den Ptolemaios-Karten handle es sich um Neurekonstruktionen aus byzantinischer Zeit,154 widerspricht klar den vorgeführten Fakten. Damit ist auch die noch rigorosere Behauptung, das geographische Werk des Ptolemaios habe überhaupt nicht über Karten verfügt,155 unhaltbar geworden.156 Es bleibt zum Schluss, sich aus den gewonnenen Erkenntnissen bezüglich der Archetypen und der jüngeren Überlieferungsgeschichte der verschiedenen Kartengruppen ein Bild von der gesamten Überlieferung der ptolemäischen Karten zu machen: Das ptolemäische Original enthielt den gesamten Kartensatz mit 3 Weltkarten und 26 Länderkarten. Bei einer ersten Überarbeitung ging die 3. Weltkarte verloren und es schlichen sich erste Fehler ein, nämlich solche, die sich sowohl in der V- wie in der J-Rezension finden. Gleichzeitig oder wenig später muss dann die Aufteilung in die V- und J-Rezension erfolgt sein, in deren Zuge bei Bei der Überlieferung der Sternbildzeichnungen zum Fixsternkatalog des Almagest sind die Zwischenglieder aus dem früheren Mittelalter erhalten, so in der Germanicus-Handschrift Cod. Vossianus Leidensis Latinus Q 79 (ca. 840 n. Chr.), welche sich in den astrothetischen Einträgen exakt an den Fixsternkatalog des Ptolemaios anlehnt (auch hier waren die Zuordnungen von Sternpositionen an einzelne Stellen der Figur ohne zeichnerische Umsetzung nicht zu realisieren), sowie im Cod. Bodleianus Marsh. 144 (um 1009 n. Chr.), einer arabischen asSufi-Handschrift mit astrothetischen Sternbildminiaturen nach dem Almagest; vgl. zum ganzen Thema A. Stückelberger, Sterngloben und Sternkarten. Zur wissenschaftlichen Bedeutung des Leidener Aratus, in: Museum Helveticum 47 (1990) 70–81. 154 So z.B. D. Harley/J. Woodward, The History of Cartography, Bd. 1 (Chicago 1987) 266–275; G. Aujac, Claude Ptolémée, astronome, astrologue, géographe (Paris 1993) 165–172, sowie neustens L. J. Berggren/A. Jones, Ptolemy’s Geography. An Annotated Translation of the Theo retical Chapters (Princeton 2000) 45–50; die These einer byzantinischen Neurekonstruktion der Karten durch Planudes nach dem Vorbild arabischer Karten vertritt F. Sezgin a.O. (oben Anm. 150). 155 So. z.B. L. Bagrow, The origin of Ptolemy’s Geography, in: Geografiska Annaler 27 (Stockholm 1945) 318–387. Eine Übersicht über die verschiedenen älteren Auffassungen über die Existenz von ptolemäischen Karten im Original gibt O. A.W. Dilke, Greek and Roman maps (London 1985) 207, Anm. 28. 156 Abgesehen von den angeführten Tatbeständen ist es im Übrigen schlicht nicht möglich, die Koordinaten etwa bei einem komplizierteren Küsten- oder Flussverlauf ohne zeichnerische Umsetzung in stimmiger Abfolge der Daten aufzulisten; das jedenfalls hat die Erfahrung unserer langjährigen Arbeit mit Ptolemaios-Karten ergeben. 153
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
einer der beiden Rezensionen nicht nur die Koordinaten und Namen des Textes revidiert, sondern auch einige Umstellungen im Text vorgenommen wurden. Damit in Zusammenhang stehen dürften die verschiedenen nachptolemäischen Zusätze, namentlich die in je einer V- und in einer J-Fassung überlieferte Länderliste von Geogr. 8,29, das Verzeichnis der Kartenränder in Geogr. 8,30 sowie die verschiedenen ‘buchtechnischen’ Beigaben wie Inhaltsverzeichnisse und Kapitelüberschriften. Die Abspaltung der V-Rezension dürfte aufgrund der viel diskutierten Unterschrift am Ende des Werkes in Zusammenhang mit Agathodaimon stehen und somit in Alexandria erfolgt sein. Aufgrund eines Vergleiches mit anderen Autoren, welche eine Vorlage der einen oder der anderen Rezension für ihre Werke benutzt haben, müssen die genannten Überarbeitungen noch vor dem 4. Jahrhundert stattgefunden haben und stehen möglicherweise in Zusammenhang mit der damals einsetzenden Umschrift der antiken Werke von Papyrusrollen auf Pergamentcodices. Hinsichtlich der Aufspaltung in weitere Handschriften bzw. -gruppen (D-Karten, R-Karten, Karten von O) ergibt sich folgendes Bild: Der Kartenhyparchetyp entstand jeweils im Zuge einer grundlegenden Überarbeitung bzw. Neukonzeption der ptolemäischen Geographie, welche aus unterschiedlicher Motivation, nach verschiedenen Vorlagen und nicht zuletzt mit unterschiedlichem Können erfolgte. Immer jedoch wurden die Texteinträge auf den Karten vorwiegend nach dem neu bearbeiteten Text gemacht, während man sich bei der zeichnerischen Ausführung der Karten in erster Linie der Kartenvorlage bediente. In der weiteren Überlieferung der Karten von UK(F) bzw. R ist dann nicht mehr eine grundlegende Überarbeitung, sondern lediglich ein mehr oder weniger ‘normaler’ Kopiervorgang erfolgt: In diesem Falle wurde der Text jeweils von der Textvorlage abkopiert, die Karten hingegen von der Kartenvorlage. Diese Überarbeitungen lassen sich zeitlich folgendermassen umreissen: Im 5. oder 6. Jahrhundert ist – möglicherweise bereits in Konstantinopel – eine weitere Überarbeitung der V-Rezension erfolgt, aus der die Archetypen der D-Gruppe und vermutlich auch der P-Gruppe hervorgegangen sind. Der Zeitpunkt dieser zweiten Überarbeitung fällt mit der grossangelegten Epitomierung und Abschrift geographischer Werke zusammen, die sich beispielsweise im Corpus der Geographi Graeci Minores, aber auch in der Strabon-Überlieferung manifestiert. Zu Beginn des 9. Jahrhunderts setzte in der Textüberlieferung allgemein der Übergang von der Majuskel- in die Minuskelschrift ein: Spätestens dann dürfte der Archetyp der R-Karten entstanden sein, und zwar nach einem R-Text und einer heute verlorenen grossformatigen Kartenvorlage. Allerdings scheint in dieser Zeit – nach dem Bücherkatalog des Photius zu schliessen, in dem zwar der Almagest, nicht aber die Geographie erwähnt ist – zumindest in Konstantinopel kein Exemplar der Geographie existiert zu haben.157 Dies änderte sich erst mit der Wiederentdeckung des ‘uralten’ Exemplars durch Planudes, welches der Planudes-Redaktion Ende des 13. Jahrhunderts zugrunde liegt und auf das offenbar die heute erhaltenen Handschriften UKF zurückgehen. Während die – v.a. aufgrund der Weltkarte in der zweiten Projek157
Dazu ausführlich unten Kap. 5.1, Abschnitt 1.
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Kap. 1. Überlieferung
tion – an sich kostbarere Handschrift K offenbar keinen allzu grossen Einfluss auf die weitere Überlieferung der Geographie ausgeübt hat, wurde der Codex U fleissig kopiert; auf ihn gehen die meisten der erhaltenen späteren Handschriften zurück. Bei der Handschrift U handelt es sich vermutlich – nebst einer heute verlorenen Kartenvorlage aus der J-Rezension – auch um das Vorbild der im 14. Jahrhundert entstandenen Handschrift O, in welcher eine komplette Neuredaktion der ptolemäischen Geographie sichtbar wird und die den Ursprung der Redaktion mit einer Weltkarte und 64 Länderkarten bildet.
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F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Tafel 1 Cod. Marcianus Graecus 516, fol. 129r (3. Afrikakarte: Ägypten), Anfang 14. Jh.
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Kap. 1. Überlieferung
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Tafel 2
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1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Cod. Vaticanus Urbinas Graecus 82, fol. 60v/61r (Weltkarte in der 1. Projektion), um 1300.
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Kap. 1. Überlieferung
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Tafel 3
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1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Cod. Seragliensis GI 57, fol. 73v/74r (Weltkarte in der 2. Projektion), um 1300.
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Kap. 1. Überlieferung
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Tafel 4
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1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Cod. Vat. Urb. Graec. 82, fol. 65v/66r (2. Europakarte: Iberische Halbinsel), um 1300.
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Kap. 1. Überlieferung
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Tafel 5
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1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Cod. Seragliensis GI 57, fol. 76v/77r (1. Europakarte: Britische Inseln), um 1300.
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Kap. 1. Überlieferung
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Tafel 6
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1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Cod. Seragliensis GI 57, fol. 108v/109r (5. Asienkarte: Medien, Persien), um 1300.
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Kap. 1. Überlieferung
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Tafel 7
F. Mittenhuber
1.4 Karten und Kartenüberlieferung
Cod. Neapolitanus VF 32, fol. 99v/100r (4. Afrikakarte: Nordafrika), 1466.
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Kap. 1. Überlieferung
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Tafel 8
Cod. Florentinus Laurentianus 28.49, fol. 20r (Karte der Gallia Lugdunensis), Anfang 14. Jh.
1.5 Aus der Werkstatt der Kopisten Alfred Stückelberger
1. Phasen der Kopierarbeiten Aus der langjährigen Beschäftigung mit Ptolemaios-Handschriften hat sich eine Reihe von Beobachtungen ergeben, welche einen Einblick vermitteln in das praktische Schaffen der Kopisten. Im Folgenden sollen einige ausgewählte Beispiele vorgeführt werden, welche die Mühen und Nöte der Abschreiber, die vielfältigen Fehlerquellen, aber auch die Anstrengungen, solche Fehler zu vermeiden, illustrieren. Im Vordergrund der Betrachtung stehen die Leithandschriften unserer Ausgabe,1 unter ihnen besonders die beiden Karten-Handschriften Vaticanus Urbinas Graecus 82 (U) und Seragliensis GI 57 (K) sowie der kartenlose Cod. Vaticanus Graecus 191 (X); gelegentlich werden weitere Handschriften herangezogen. Bei zahlreichen der hier vorgebrachten Beobachtungen bestätigt sich die andernorts ausführlicher begründete Unterscheidung einer V-Rezension (UKVRA) und einer J-Rezension (X).2 Die Kopisten, deren mühevoller Arbeit wir die Kenntnis der Geographie verdanken, sowie die Skriptorien, in welchen sie gearbeitet haben, bleiben gros senteils anonym, abgesehen etwa vom alexandrinischen Kartenzeichner Agathodaimon3 und einigen späten Kopisten des 14./15. Jahrhunderts.4 Immerhin ist der Schreiber des Cod. K kein Unbekannter, stammt doch von seiner Hand auch, wie A. Diller nachgewiesen hat, der Strabon-Codex Parisinus Graec. 1393 (ebenfalls Ende 13. Jh.).5 Die erste Phase der Kopiertätigkeit spielte sich erwartungsgemäss am Wirkungsort des Ptolemaios in Alexandria ab, wie die oben erwähnte Agathodaimon-Subscriptio lehrt: Auf Grundlage der acht Bücher der Geographie des Klaudios Ptolemaios habe ich, der Ingenieur (mechanikos) Agathodaimon aus Alexandria, die gesamte Oikumene zeichnerisch dargestellt.6 Dieser sonst nicht bekannte alexandrinische mechanikos Agathodaimon ist anscheinend verantwortlich für die Erstellung der Karten, auf die offenbar alle in unseren Hand
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Für die Handschriften-Übersicht und deren Siglen vgl. oben das Kap. 1.1 Übersicht über die griechischen Handschriften der ptolemäischen Geographie; vgl auch den Conspectus siglorum im Textband S. 46. Zu den zwei Rezensionen s. oben Kap. 1.2 Stemma-Entwurf. Dazu gleich unten. Der Cod. Venetus Marcianus Graec. Z. 516 (R) aus dem 14. Jh. stammt von der Hand eines Andreas Teluntas aus Nauplia. Den Cod. Vaticanus Palatinus Graec. 388 (A) hat ein Dukas im Auftrag des Johannes von Ragusa geschrieben (vgl. oben Kap. 1.1, Nr. 6). Die prächtige Kartenhandschrift Vindobonensis Hist. Graec. 1 (m) von 1454 ist von Joannes Skutariotes (Text) und Cyriacus von Ancona (Karten) kopiert worden (vgl. D. Harlfinger, Ptolemaios-Karten des Cyriacus von Ancona, in: Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums, 1.R. Bd. 4 [1990] 225–236). Dazu A. Diller, The Textual Tradition of Strabo’s Geography (Amsterdam 1975) 70f.; 89ff. Vgl. dazu Textband S. 920f.; ferner unten Kap. 5.1, Abschnitt 1.
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Kap. 1. Überlieferung
schriften erhaltenen Karten zurückgehen. Zeitlich lässt sich diese Redaktion nur ungefähr erschliessen; sie dürfte im Zuge der im 4. Jahrhundert weitherum einsetzenden Umschrift der Papyrusrollen in Pergamentkodizes erfolgt sein. Jedenfalls gehört sie noch in die Spätantike, da nach der Zerstörung des Palastbezirkes durch Zenobia (270 n. Chr.) oder gar nach der Zerstörung des Serapeions durch Theophilos (391 n. Chr.) eine derart anspruchsvolle Arbeit kaum mehr wahrscheinlich ist. Eine Datierung vor 400 n. Chr. dürfte somit angebracht sein. Die Handschriften dieser (spät-)antiken Epoche, die sich bei Ptolemaios nicht und bei den anderen griechischen Autoren nur in den seltensten Fällen erhalten haben, sind in Majuskelschrift geschrieben,7 die in den späteren erhaltenen Ptolemaios-Handschriften in zahlreichen Majuskelfehlern und in den Majuskelbeschriftungen auf den Karten ihre Spuren hinterlassen hat.8 Die zweite Phase der Kopierarbeit, welche in der Übertragung der MajuskelHandschriften in die Minuskelschrift bestand, nahm in Konstantinopel (bzw. Byzanz) ihren Anfang. Dort begann man – nach einer kulturgeschichtlich armseligen Zwischenzeit – zu Beginn des 9. Jh. n. Chr. mit der eigens dazu geschaffenen Buchschrift der byzantinischen Minuskel mit grossem Eifer die noch aufzutreibenden Majuskelvorlagen abzuschreiben.9 Allerdings scheint die Geographie des Ptolemaios von dieser ersten Phase der Transkription noch nicht erfasst worden zu sein; im Bücherkatalog des Photius, des Patriarchen von Konstantinopel (858–876 / 877–886), ist jedenfalls unter den 386 genannten Prosawerken zwar der Almagest, nicht aber die Geographie des Ptolemaios aufgeführt.10 Die Transkription in die Minuskelschrift ist offenbar erst anlässlich der sog. Redaktion des Planudes (ca. 1255–1305) Ende des 13. Jh. erfolgt, als eine uralte, prachtvolle Geographie-Handschrift in Konstantinopel auftauchte, die «ungezählte Jahre verborgen war». Aus dieser Zeit stammen denn auch die ältesten erhaltenen Geographie-Handschriften. Es versteht sich von selbst, dass bei diesen wiederholten Abschreibevorgängen eines so schwierigen, den Kopisten kaum verständlichen Textes zahlreiche Fehler passierten und dass man sich umgekehrt mit verschiedenen Hilfsmitteln bemühte, solche Fehler zu korrigieren. So weist etwa der Cod. U nach den Angaben von Cavalieri mehr als 2000 Korrekturen verschiedener Hände auf,12 während die Schwesterhandschrift, der Cod. K, von solchen Überarbeitungen weitgehend frei geblieben ist. 11
So etwa – abgesehen von Bibelhss. – der Cod. Vindobonensis Med. Graec. 1, der sog. WienerDioskurides von 512 n. Chr., oder der Strabon-Palimpsest aus dem Ende des 5. Jahrhunderts (s. unten S. 323). 8 Dazu gleich unten. 9 Die älteste datierte Handschrift in byzantinischer Minuskel, der Cod. Petropolitanus Graec. 219, stammt aus dem Jahr 835; vgl. dazu unten S. 324. 10 Phot. Bibl. Cod. 181: vgl. unten S. 324. 11 Zur Planudes-Redaktion s. unten Kap. 5.1, Abschnitt 2. 12 Zusammengestellt von P. Franchi de’ Cavalieri, in der Faksimile-Ausgabe von J. Fischer, Clau dii Ptolemaei Geographiae Codex Urbinas Graecus 82 (Leiden 1932) 1, pars prior, Appendix critica. 7
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A. Stückelberger
1.5 Werkstatt der Kopisten
Von der Zuverlässigkeit der Kopierarbeit etwa bei der besonders fehleranfälligen Übertragung der Koordinatenangaben kann man sich ein Bild machen, wenn man die zwei eng miteinander verwandten, offenbar auf derselben Vorlage basierenden Hss. U und K statistisch überprüft: Bei den 2386 Längen- und Breitenangaben im 2. Buch weichen K und U nur in etwa 60 Fällen voneinander ab, die meist recht leicht zu erklären sind.13 Das heisst, dass in jeder Handschrift durchschnittlich je 30mal bzw. in knapp 1,5% aller Fälle eine Koordinatenangabe abweichend aus der Vorlage übertragen wurde, was von einer beachtlichen Konstanz in der Tradition der Koordinaten zeugt.
2. Zusätze und Lücken 2.1 Randglossen und Korrekturen Von den Schwierigkeiten, mit welchen die Abschreiber zu kämpfen hatten, aber auch von der Mühe, die sich Kopisten und Korrektoren nahmen, um einen sinnvollen Text zu erhalten, zeugen die ungezählten Korrekturen im Text und die kleinen Randglossen an den Blatträndern, die sich in den meisten Handschriften finden. Es handelt sich dabei – im Gegensatz zu den eigentlichen Scholien – meist um kleinere, stichwortartige Bemerkungen oder Korrekturen, die mit der mittelalterlichen Kopierarbeit im Zusammenhang stehen und die meist jeweils nur in einer, bisweilen in zwei nahe miteinander verwandten Handschriften stehen. An einigen Stellen ist ausdrücklich von einem Kopisten (oder Korrektor) bezeugt, dass Vergleichshandschriften herangezogen wurden: So ist in U und K an der gleich unten ausführlicher zitierten Stelle Geogr. 1,24,18 von ßtera ént¤grafa/anderen Abschriften die Rede, welche ein anderes Konstruktionselement nennen. In Geogr. 1,8,4 schreiben RA fälschlich pariståw tåw ... , wozu der Korrektor von A am Rande richtig notiert; g°graptai §n êllƒ mÒnaw pare‹w tåw ... /in einer anderen Vorlage heisst es mÒnaw pare‹w tåw ... . In R fol. 104r werden zu Geogr. 8,5,1ff. gleich achtmal am Rande mit g°graptai ka‹ êllvw ... / anderswo heisst es ... u.ä. Koordinatenkorrekturen aus anderen Handschriften angemerkt. Gelegentlich ist ein Kopist unsicher, ob eine Randbemerkung seiner Vorlage zum Text gehört. So ist etwa in Geogr. 1,24,18 in U und K irrtümlich eine Randglosse im Text angeführt, die offenbar bereits in deren Vorlage hineingerutscht war: ka‹ dØ prosekbalÒntew tØn §pÉaÈt∞w tØn HL . Ein Korrektor von K, dem diese Stelle offenbar suspekt vorkam, hat dann Teile des Zusatzes getilgt.14 2.2 Scholien Neben den genannten kleineren, meist mittelalterlichen Randglossen sind eine Reihe umfangreichere, ausformulierte Scholien erhalten, die in ganzen Hand13
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Es handelt sich meist um Verwechslung von Zahlziffern oder ‘Verrutschen’ von Zeilen; bisweilen steht die Abweichung im Zusammenhang mit dem betreffenden Karteneintrag. Ähnlich etwa Geogr. 2,15,1 und 2,16,4: vgl. dazu den textkrit. App. im Textband.
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Kap. 1. Überlieferung
schriftengruppen, bisweilen sogar in allen Leithandschriften belegt sind und die somit viel älter, in einigen Fällen sogar eindeutig spätantik sind. – Das bedeutendste Scholion ist die oben bereits erwähnte AgathodaimonSubscriptio. – Im 1. Buch finden sich in den Hss. U und K (dort nicht immer lesbar) 10 z.T. recht umfangreiche Scholien, von denen mehrere auch in A und anderen Hss. belegt sind; vier von diesen hat Nobbe in seine Textausgabe übernommen.15 Es handelt sich dabei meist um durchaus sachkundige Erklärungen etwa zum Begriff skiotheron in Geogr. 1,3,1 (schol. 2 bei Nobbe) oder zu den Konstruktionsanleitungen in 1,3,1ff. und 1,24,3ff. (schol. 3 und 4 bei Nobbe), die zweifellos auf (spät-)antikes Wissen zurückgehen.16 – Am Schluss des 8. Buches sind in den Hss. verschiedene aufschlussreiche Zusätze angebracht, die von einer beeindruckenden Sachkenntnis zeugen, wie sie in den auf die Spätantike folgenden Jahrhunderten kaum mehr anzutreffen ist. Nobbe hat sie teils als Text, teils als Fussnote abgedruckt (S. 247, 260) und in unserer Ausgabe sind sie alle als Scholien eingestuft (Geogr. 8,25,14; 8,29,30/31/31a/31b):17 a) Am Schluss der Beschreibung der 9. Karte Asiens Geogr. 8,25,14 steht in der Handschriften-Gruppe V eine präzisierende Bemerkung zur Lage von Arbis (Textband S. 888). b) Unmittelbar im Anschluss an die Länderliste Geogr. 8,29,1–29 findet sich in der Handschriften-Gruppe V und – richtiger platziert – nach 7,7,4 in X ein bedeutsames Scholion zur Beschriftung der Armillarsphäre (8,29,30/31, Textband S. 914f.), das von Beischriften ausserhalb des Tierkreises an der Armillar sphäre spricht und somit eine zeichnerische Darstellung der 3. ptolemäischen Projektion in der Vorlage voraussetzt.18 c) Die zwei anderen angeführten Scholien, die nur in der HandschriftenGruppe V überliefert sind, setzen erhebliche astronomische bzw. mathematische Kenntnisse voraus: Die sog. Sonnenstandstabelle (Geogr. 8,29,31a, Textband S. 916f.), welche die Deklination der Sonne (= Bogen zwischen Ekliptik und Äquator) im Laufe des Jahres angibt, basiert auf der Deklinationstabelle im Almagest 1,14f. Die auf 8,3,1 bezogene durchaus stimmige Erläuterung zum Verkürzungsfaktor bei der ersten Europakarte (8,29,31b, Textband S. 916f.) setzt das Verständnis der von Ptolemaios im 8. Buch vor-
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Schol. 1 ed. Nobbe S.3; schol. 2 S. 6, schol. 3 S. 9, schol. 4 S. 48. Da die Auswahl der Scholien bei Nobbe recht willkürlich erscheint und anderseits eine Berücksichtigung aller Scholien sämtlicher Handschriften ins Uferlose geführt hätte, ist in unserer Ausgabe auf eine Berücksichtigung der Scholien meist verzichtet worden; statt dessen sei auf Cavalieri (a.O. oben Anm. 12) verwiesen, der alle Scholien von U vollständig umgeschrieben hat. In schol. 3 Nobbe wird anlässlich der kenntnisreichen Erklärung der Geogr. 1,3,1ff. vorgeführten Berechnungsmethode namentlich auf den im Mittelalter kaum zugänglichen Hipparch Bezug genommen. Ein nur in R eingefügtes Scholion zu Geogr. 8,30,26 (Textband S. 920) wurde in den Apparat verwiesen. Vgl. dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 2.2.1.
A. Stückelberger
1.5 Werkstatt der Kopisten
gegebenen Längengrad-Proportionen voraus, die der Scholiast, wie er selber sagt, nicht aufgrund blosser Vermutungen, sondern durch Ausprobieren exakt ermittelt habe. 2.3 Homoioteleuton-Fehler Eine bekannte Fehlerart manifestiert sich in den sog. Homoioteleuton-Lücken; sie besteht darin, dass bei zwei nahe hintereinander folgenden (fast) identischen Wortgruppen der Abschreiber – unter Auslassung der dazwischen liegenden Zeile(n) – gleich zur zweiten Wortfolge überspringt. Solche Fälle, die für die Rekonstruktion der Abhängigkeitsverhältnisse aufschlussreich sein können, kommen in U und K gleich mehrfach vor: – Im Text des 1. Buches findet sich in den beiden Hss. U und K eine übereinstimmende längere typische Homoioteleuton-Lücke, die somit auf die Vorlage zurückgeht: Geogr. 1,24,17: ı éfor¤zvn tÚ nÒtion p°raw diå YoÊlhw t∞w nÆsou p¤ptvn. Die Lücke ist in U von zweiter Hand ergänzt worden. – Nur in K kommen – neben einigen kleineren – im 1. Buch zwei weitere grössere Homoioteleuton-Lücken von mehreren Zeilen vor: Geogr. 1,7,4 mo¤raw ia° ka‹ dÊo p°mpta. Ka‹ to›w m¢n ... . – Geogr. 1,14,9 toË diå t«n Makãrvn NÆsvn mikr“ pl°on t«n §p‹ tÚ aÈtÚ roz°.19 Die offensichtlich durch gleichlautende Wortfolgen verursachten Lücken von jeweils 2 oder 4 Zeilen lassen auf eine Kolumnenbreite der Vorlage von etwa 30 Buchstaben schliessen, was gut zum Schriftspiegel einer Majuskelhandschrift passen würde. Es ergibt sich ferner, dass U, der diese Lücken nicht aufweist, nicht aus K abgeschrieben sein kann. 20 2.4 Hinweise auf Kartenvorlagen Von besonderer Bedeutung sind die verschiedenen Einträge in den Handschriften, die – abgesehen von der Agathodaimon-Subcriptio – von Kartenvorlagen sprechen. Sie sind im vorangehenden Kapitel21 ausführlich besprochen worden und hier lediglich nochmals kurz aufgelistet: – Scholion zur Armillarsphären-Projektion Geogr. 8,29,30.31 in VX (Textband S. 914f.). 19
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Die Anzahl der fehlenden Lettern kann nur annähernd bestimmt werden, da über Abkürzungen und Schreibweise der Zahlen in der Vorlage Unklarheit herrscht. Umgekehrt kann K, der bisweilen den vollständigeren Text aufweist (z.B. Geogr. 1,7,2), nicht von U abgeschrieben sein. – Ferner kann K nicht die Vorlage für die arabische Übersetzung von 1465 im Cod. Constantinopolitanus Arabicus (= Ayasofya) 2610 gewesen sein, wie man auch schon vermutet hat, da hier der Text vollständig ist. Vgl. oben Kap. 1.4, Abschnitt 4.2.
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Kap. 1. Überlieferung
– Scholion nach Geogr. 8,28,5 in X fol. 169v (Textband S. 904, textkrit. App.). – Scholion zu Geogr. 8,30,26 in R fol. 129r (Textband S. 920, textkrit. App.). – Vorspann zu Buch 2, 4 und 5: Anweisungen zur Kartenbeschriftung (Textband S. 136, 380 u. 478).
3. Verwechslung und Auslassung von einzelnen Buchstaben Abgesehen von in der Textüberlieferung allgemein verbreitet auftretenden Varianten wie Doppelkonsonanten, Silbenvertauschungen, Iotazismen u.dgl. sind folgende Fehlerquellen in der Geographie-Überlieferung von Bedeutung: 3.1 Majuskelfehler Anlass zu zahlreichen Verschreibungen hat der Umstand ergeben, dass mehrere Buchstaben oder Buchstabengruppen der Majuskelschrift leicht verwechselt werden konnten. Insbesondere sind folgende Buchstaben der spätantiken Unzialschrift verwechslungsanfällig: DAL, P TT TI, YOEC, TGI, NH, NM, RB u.a. Während in fortlaufendem Text die richtige Lesart sich aus dem Sinnzusammenhang meist erschliessen liess, bereiteten den Kopisten die ihnen nichtssagenden Koordinatenangaben und Toponyme grosse Schwierigkeiten. Die hier festzustellenden Verwechslungen konnten bei der Transkription von der Majuskel- in die Minuskelschrift, durchaus aber auch schon in früheren Abschreibevorgängen (von Majuskel zu Majuskel) aufgetreten sein. Damit man sich vom Ausmass dieser Majuskelfehler ein Bild machen kann – im Ganzen haben wir mehrere Hundert festgestellt –, sind hier die typischen Fälle in den Leithandschriften aus dem 2. Buch zusammengestellt: Majuskelfehler im 2. Buch Stelle Ptol. Geogr. 1. Koordinaten 2,2,2 2,2,8 2,3,23 2,6,67 2,7,19 2,10,16 2,11,27 2,15,8 2,16,1
als richtig erachtete Lesart
als falsch erachtete Lesart
Verwechslung
IA V ID V ND V MG V IY UK MD X LD V MD V MA V
IG X IA X NA X MA X IH RA, (K X) MG V LA X MA X MD X
A>G D>A A>D G>A Y>H D>G D>A D>A A>D
Nagnçtai V LemannÒniow X Gaggan«n V
Magnçtai X LelaannÒniow V ÉIaggan«n X
N>M M>LA G>I
Statistik: 7 V gegen X 1 UK gegen RA (X) 1 X gegen V 2. Toponyme 2,2,5 2,3,1 2,3,3
114
1.5 Werkstatt der Kopisten
A. Stückelberger
Stelle Ptol. Geogr. 2,3,6 2,3,6 2,3,7 2,3,20 2,3,27 2,3,28 2,3,31 2,4,5 2,4,6 2,4,13 2,6,4 2,6,14 2,6,15 2,6,21 2,6,29 2,6,35 2,6,38 2,6,50 2,6,50 2,6,50 2,6,50 2,6,53 2,6,57 2,6,57 2,6,64 2,6,67 2,6,67 2,6,68 2,6,71 2,7,1 u. a. St. 2,7,2 2,7,2 2,7,16f. 2,8,6 2,9,3.9 2,9,15 2,9,17 2,10,14 2,11,1 2,11,4 2,11,14 2,11,18 2,11,23 2,11,28 2,11,29 2,11,30 2,12,5 2,13,3 2,13,3 2,14,3 2,14,5 2,15,6
als richtig erachtete Lesart Metar¤w V TamÆsa coni. Müller ÑRerigÒnion X ÑRãte X Lond¤nion UKX DoboËnoi V Skit¤w X Afistouar¤a coni. Müller Poin«n V ÉIll¤pa X Nab¤ou V SoÊkrvnow V Diãnion X ÉIdoub°da X G¤gia V PetauÒnion V Gigourr«n X ÉAou¤a X Segont¤a X G°lla V Seg¤sama X SegisamÒnkoulon X ÉEtel°sta V Titoulk¤a X D°rtosa codd. sec. nn. Nemantour¤sta V Kãskonton X ÉIl°rghtew X Seb°ndounon V BelgikÆ codd. sec. nn. ÉAtoÊriow V Sigmãtiow X Gãbaloi coni. Müller DariÒriton X TaboÊda V OÈ°terra X ÉArgentÒraton X ÉAouenni≈n coni. Müller ÖAlbiow V OÈãdou V Sidhno¤ V LoËgoi X Xãttai V Loug¤dounon X ÑRedintoÊnion V OÎsbion V ÉOktÒdouron X ÖAgounton V ÖIdounon V OÈindÒbona corr. Müller L°ntoudon V Serb¤tion X
als falsch erachtete Lesart Megar¤w X ÉIamÆsa vel. sim. codd. ÑRetigÒnion V ÑRãge V ÉAond¤nion VRA LogoËnoi X ÖOkitiw vel ÖOkhtiw V Listouar¤a VX ÉItun«n X La¤pa V Nar¤ou X BoÊkrvnow X Liãnion UKRA Gdoub°da UKRA G¤pa X PepauÒnion X ÉHgourr«n V Lou¤a V Sepont¤a V P°lla X Set¤sama V SetisamÒnkoulon V Stel°sta X Tituak¤a V L°rtosa VX Memantour¤sta X Bãskonton V ÉIl°rthtew V Seb°llounon X BeltikÆ VX ÉAcoÊriow X E‡gmanow V Tãbaloi VX DariÒrigon V TaboÊla X OÈ°gerra V ÉArgentÒragon V Louenni≈n V, Loau- X Lãbiow X OȤldou X Efilino¤ X LoËtoi V Lãttai X Lout¤dounon V ÑRedingoÊnion X OÈ°bion X ÉEktÒdouron V ÉAgoÊhton X ÉIlounon X OÈiliÒbona V, ÉIoul-X L°ntoulon X S°rbinon V
Verwechslung T>G T>I R>T T>G L>A D>L S>O A>L P>IT ILL>LA B>R S>B* D>L I>G GI>P T>P GI>H A>L G>P G>P G>T G>T E>S L>A D>L N>M K>B G>T ND>LL G>T T>C* S>E, TI>N G>T T>G D>L T>G T>G A>L A>L A>L SID>EIL, G>T X>L G>T T>G S>E O>E N>H D>L ND>LI D>L TI>N
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Kap. 1. Überlieferung
Stelle Ptol. Geogr. 2,15,8 2,16,5 2,16,9 2,16,12 2,16,12 2,16,12
als richtig erachtete Lesart Sall¤w V LissÒw V Ted¤aston V Salvniãna V X¤nna V Efiminãkion V
als falsch erachtete Lesart Sald¤w X A‡ssow X Tel¤asson X Galvniãna X K¤nna X Ofiminãkion X
Verwechslung L>D L>A D>L S>G X>K* E>O
Statistik: 30 V gegen X 23 X gegen V 1 UKX gegen VRA 7 coni. oder codd. sec. gegen VX *) nicht eindeutig durch Majuskelverschreibung verursachte Fehler.
Der Befund hinsichtlich der Majuskelfehler ist in den anderen Büchern des Ortskataloges ähnlich. Die angeführte Statistik, die man nicht überbewerten darf,22 zeigt hinsichtlich der als richtig erachteten Lesarten grosso modo ein Gleichgewicht zwischen den Handschriften der V- und der J-Rezension; das leichte Übergewicht der Handschriften-Gruppe V gegenüber X dürfte auf die methodischen Grundsätze unserer Edition zurückzuführen sein.23 Auffallend ist dagegen, dass bis auf ganz wenige Ausnahmen jeweils die ganze V-Gruppe dem Cod. X gegenübersteht, d.h. dass die Majuskelverschreibungen grösstenteils mit der Aufspaltung in eine V- und eine J-Rezension zu tun haben – und somit recht weit zurückreichen – und nur ausnahmsweise dem letzten Kopiervorgang von der Majuskel in die Minuskel anzulasten sind. 3.2 Falsche Trennung Ebenfalls mit der Majuskelschrift, in der gewöhnlich keine Worttrennungen gemacht werden, hängen etliche Trennfehler zusammen, d.h. Fälle, in denen der Kopist den Ortsnamen nicht genau vom vorangehenden Wort zu trennen verstand. Hier einige gelegentlich noch mit weiteren Versehen verbundene Beispiele: Stelle Ptol. Geogr.
Verschreibung
statt richtig
2,3,12 2,5,5 3,3,1 3,3,6 3,4,3
d¢ Kãntai UKX Påj ÉIoul¤a X t∞w SkÊrnou X ÍfÉ oÓw ÉAlkitano¤ X Yerma¤mera X
Dekãntai VRA tabb. ÉAjioul¤a V t∞w KÊrnou V ÍfÉ oÓw Salkitano¤ V Yerma‹ ÑIm°rai V
22
23
116
Angesichts des Umstandes, dass es sich nicht in jedem Fall zweifelsfrei um eine Majuskelverschreibung handelt – man kann sich da und dort auch eine andere Fehlerursache vorstellen –, kann die Statistik nur Tendenzen andeuten. In unserer Ausgabe wurde in Zweifelsfällen die V-Variante bevorzugt.
1.5 Werkstatt der Kopisten
A. Stückelberger
3.3 Verstümmelte Namen-Anfänge Eine weitere Fehlerquelle hängt damit zusammen, dass man in besonders anspruchsvollen Abschriften die Initialen für den Rubrikator auszusparen pflegte und dieser aus irgendwelchen Gründen nicht mehr dazu kam, die fehlenden Initialen einzusetzen. So weisen besonders X, aber auch andere Handschriften zahlreiche Ortsnamen mit verstümmeltem oder auch falsch ergänztem Anfang auf: Stelle Ptol. Geogr.
verfälschter Anfang
2,3,12 3,2,3 3,3,5 3,3,5 5,2,19 5,2,20 5,2,27 5,4,8 5,4,10 5,5,6
M°rtai X Katt¤ou X Serrebãntion X B¤ssvnow V ÉAlbãkh X Bãdhssow A Spelthno¤ U ÉOrosolog¤a V Bizhno¤ vel. sim. codd. Pis¤nda codd.
statt richtig Sm°rtai V ÉAtt¤ou V ÉErrebãntion V Lib¤svnow X Salbãk˙ V ÉAdhssÒw VX Pelthno¤ KRX ÑRosolog¤a X ÉObizhno¤ Müller sec. Plin. ÉIs¤nda coni. Ramsay
3.4 Minuskelfehler Auch die Minuskelbuchstaben konnten mitunter verwechselt werden, so besonders b>u, au>ob, h>k, m>u, o>r, ss>st; Minuskelverschreibungen sind innerhalb der beiden Textrezensionen allerdings seltener als Majuskelverschreibungen, da aus zeitlichen Gründen den Leithandschriften nur wenige Minuskel-Kopiervorgänge vorausgegangen sein können. Hier einige Beispiele: Stelle Ptol. Geogr. 2,2,12 2,11,27 2,14,4 2,16,9 3,4,13 3,5,22 3,11,7 5,13,17
als richtig erachtete Lesart Monãoida V Boun¤tion V OÈinoundr¤a V Ted¤aston V N°hton X SaÊaroi UVRX ÜEbron X Sagauãna V
als falsch erachtete Lesart
Verwechslung
Monar¤na X Moun¤tion X ÉAbioundr¤a X Ted¤asson X N°kton V Sãbaroi K EÔron V (sed supra ÜEb- ) Sagabãna X
o>r b>m ou>ab st>ss h>k u>b b>u u>b
3.5 Zeilenvertauschungen und -auslassungen24 Aus leicht verständlichen Gründen sind beim Abschreiben der Ortslisten im Katalogteil auch zahlreiche Vertauschungen oder Auslassungen von Zeilen vorgekommen. Auch hier stehen meist die V-Version und die X-Version einander gegenüber; somit gehen auch diese Diskrepanzen meist bis zur Aufspaltung in 24
Ausführliches Material dazu im textkrit. Apparat.
117
Kap. 1. Überlieferung
die zwei Rezensionen zurück. So fehlen etwa im 3. Buch in X ein Grenzpunkt (3,5,4), ein Karpaten-Punkt (3,5,6), die Kiabros-Einmündung (3,8,2), der Berg Athos (3,13,11), der Chelonitische Golf (3,16,6), die Stadt Astron (3,16,11); umgekehrt sind von V (in Text und Karten) weggelassen und nur in X belegt Misenum (3,1,6), Sulci (3,3,3), Bithia (3,3,3), Makella (3,4,14), Arkobarada (3,8,6), Breites Kap (3,11,2), Rhiaia (3,13,16), Berta (3,13,35), Appollonia (3,17,6), Leukas (3,14,12). Gelegentlich sind solche Lücken, die auch nur einzelne Handschriften betreffen können,25 von einem Korrektor ergänzt, wie z.B. 3,4,16, wo in K die fehlende Hephaistos-Insel/Vulcano am Rand nachgetragen ist. Das Ausmass solcher fehlenden Zeilen (d.h. durch Koordinaten bestimmte Orte) im Ortskatalog hält sich in Grenzen: Nach unserer Zählung stehen in Buch 2–7 etwa 40 nur in V belegten (oder in X ausgefallenen) Orten26 etwa 35 nur in X belegte Orte gegenüber, womit auch hier – ähnlich wie bei den Majuskel fehlern – das Verhältnis zwischen den zwei Rezensionen einigermassen ausgewogen ist. Ebenso häufig sind Vertauschungen in der Reihenfolge der Orte wie z.B. Geogr. 3,1,30: Vicetia – Belunum – Acelum – Opitergium in V, und Belunum – Vicetia – Opiterpon – Ocelum in X. Dabei braucht es sich nicht immer um ein Versehen des Kopisten zu handeln; häufig dürften verschiedene Abgaben über die Reihenfolge der Orte in den Quellen (besonders bei Küstenbeschreibungen) die Ursache gewesen sein. 3.6 Zahlenverwechslungen Beim Abschreiben der Koordinatenziffern bestand – abgesehen von den oben angeführten Majuskelverschreibungen27 – noch eine weitere Verwechslungsmöglichkeit: Da sich ganze Zahlen (mit Hochstrich gekennzeichnet) und Brüche (mit Akzentstrich gekennzeichnet) im Schriftbild nur geringfügig unterscheiden, konnten sie leicht verlesen werden: So wird etwa 2,3,32 bei der Insel Thule in den meisten Hss. eine Länge von lg° (= 33°) angegeben statt richtig l° gʹ (= 30 1/3°).28 Ähnlich liegt der Fall in 3,2,3 bei der Casalus-Bucht, wo V und einige weitere Hss. eine Breite von mg° ibʹ (= 43 1/12°) angeben statt richtig m° gibʹ (= 40 5/12°). Derartige Verwechslungen lassen sich meist mit Hilfe der Kartenzeichnung korrigieren.
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Auffallend zahlreich sind Zeilenverluste in V. Nicht mitgezählt sind zahlreiche in X systematisch weggelassene Wiederholungen von bereits genannten (…w e‡rhtai) Grenzpunkten. S. oben Abschnitt 3.1. So durch Geogr. 8,3,3 bestätigt; vgl. oben Kap. 1.4, Abschnitt 3.1.1.
A. Stückelberger
1.5 Werkstatt der Kopisten
4. Schlussbemerkung Die vielfältigen Fehlerquellen, die hier vorgeführt wurden, erwecken zunächst den Eindruck von einem desolaten Zustand der Überlieferung. Wenn dem doch nicht ganz so ist, hängt dies damit zusammen, dass sich die Fehler, die meist nur in einzelnen Handschriften oder Handschriftengruppen auftreten, zum grossen Teil unter Beizug anderer Handschriften korrigieren lassen. Der fortlaufende, in sich stimmige Text ist bis auf eine einzige Stelle im 1. Buch gesichert.29 Bei der Evaluation von divergierenden Koordinatenangaben helfen oft die überlieferten Karten.30 Bei den Ortsnamen lässt sich die reiche ausserptolemäische Überlieferung zum Vergleich heranziehen; bei den nur bei Ptolemaios überlieferten Ortsnamen, den sog. topographischen hapax legomena, bleibt allerdings eine Unsicherheit bestehen, die sich nicht aus der Welt schaffen lässt.
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Geogr. 1,15,5: vgl. Textausgabe, textkrit. App. und Anm. z. St. Ausführlicher dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 3.1.2.
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2. Quellen und Kanon der Poleis episemoi 2.1 Zu den Quellen der Geographie (Alfred Stückelberger) 2.2 Kan∆n pÒlevn §pisÆmvn/Kanon bedeutender Städte – Einleitung (Alfred Stückelberger/Florian Mittenhuber/ Lutz Koch) – Text, griechisch–deutsch (Lutz Koch/Florian Mittenhuber)
2.1 Zu den Quellen der Geographie Alfred Stückelberger Angesichts der Fülle von Angaben, die in der Geographie, der wohl grössten Datensammlung der Antike, verarbeitet sind, drängt sich von selbst die Frage auf, woher sich Ptolemaios dieses Datenmaterial beschaffen konnte. Er selber macht dazu verschiedene Angaben, die im Folgenden geprüft und in ein weiteres Umfeld hineingestellt werden sollen.1 Es hängt mit dem Stil der handbuchartigen Lehrschrift zusammen, dass Ptolemaios verhältnismässig selten und nur dort Quellen namentlich anführt, wo er in ausführlichen Erörterungen sich kritisch mit den Aussagen anderer auseinandersetzt, nämlich im 1. Buch, während Quellenangaben in den tabellenartigen Partien des Ortskataloges in den Büchern 2–7 einen Fremdkörper gebildet hätten. Im Folgenden soll, unter Ausnützung aller werkimmanenten Hinweise, versucht werden, vor allem die Gattungen von Quellen zu erhellen, die Ptolemaios zur Verfügung standen. Was für spezifische Quellen für einzelne Regionen von ihm herangezogen worden sind, wird wohl nur in Einzelfällen mittels einer sorgfältigen Detailanalyse der Daten zu eruieren sein.2
1. Die historia periodike/Reiseberichtliteratur Die wohl wichtigste, immer wieder genannte Quelle besteht in der Masse von historiai, d.h. von Reiseberichten, Küsten- oder Wegbeschreibungen aller Art, die Ptolemaios unter dem Sammelbegriff historia periodike/Reiseberichtliteratur zusammenfasst.3 Bereits um 500 v. Chr. hatte Hekataios von Milet eine zumindest in Fragmenten erhaltene Periodos tes ges bzw. einen Periplus verfasst, d.h. eine Küstenbeschreibung des Mittelmeerraumes, die – von Gibraltar ausgehend – über Spanien, Italien, Griechenland, Pontos, Kleinasien, Syrien, Ägypten, Nord afrika wieder zu den Säulen des Herakles zurückkehrt.4 Damit war eine – eher populäre – Literaturgattung begründet, die sich über Artemidor (1. Jh. v. Chr.), Pomponius Mela (1. Jh. n. Chr.), Dionysios Periegetes (Anf. 2. Jh. n. Chr.) u.a. bis in die Spätantike hinein grosser Beliebtheit erfreute.5 Unter Alexander dem Grossen, der einen ganzen Stab von Wissenschaftlern mit sich führte,6 wurde anlässlich seines Indienfeldzuges der Gesichtskreis weit über den Mittelmeerraum hinaus erweitert; erhalten hat sich die detaillierte Küstenbeschreibung des Flottenadmirals Nearchos, der 325 v. Chr. mit seiner 1
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Zum ganzen Thema vgl. bes. E. Polaschek, Ptolemaios als Geograph, in: RE Suppl. 10 (1965) 753–764; eine knappe Übersicht über die Quellen findet sich oben im Textband S. 16ff. Eine solche Detailanalyse für den Raum Kleinasien ist am Karman Center in Bern im Gang. Vgl. etwa Geogr. 1,2,2; 1,4 tit.; 1,9,1; plur. historiai l.c. 1,5,2; 1,6,1; 7,7,4 u.a.St. Fragmente gesammelt bei F. Jacoby, FGrHist. 1, Frg. 36–372. Vgl. auch die verschiedenen Periploi in den GGM. Plin. Nat.hist. 6,61 nennt namentlich in Alexanders Gefolge die itinerum mensores/Wegmesser Diognetos und Baeton.
A. Stückelberger
2.1 Zu den Quellen der Geographie
Flotte von der Indusmündung in den Persischen Golf zurückfuhr.7 In dieselbe Zeit hinein gehört auch der Bericht des Pytheas von Marseille über seine Erkundungsreise über Gibraltar hinaus der Atlantikküste entlang bis nach Schottland, der Eratosthenes vorgelegen hat.8 Unter den ptolemäischen Königen wurden dann – so bestätigen antike Zeugnisse – offenbar systematisch solche Reiseberichte (hypomnemata) gesammelt, an welchen sie im Hinblick auf den Fernhandel besonderes Interesse hatten.9 Diese in ihrer Form anspruchslosen, ab und zu recht unpräzisen ‘Primärquellen’ waren ganz auf die praktischen Bedürfnisse des See- oder Landverkehrs ausgerichtet.10 Mit dem Periplus Maris Erythraei, einem nautischen Handbuch aus dem 1. Jh. n. Chr., das die Handelsroute entlang der ostafrikanischen Küste und dann weiter bis nach Indien beschreibt, hat uns ein unbekannter griechischer Kaufmann ein Beispiel einer solchen Seeroutenbeschreibung hinterlassen.11 Von der mindestens so alten Gattung der Itinerare, der Landroutenbeschreibungen, sind erst aus späterer Zeit Beispiele erhalten, so das Itinerarium provinciarum Antonini Augusti (Anf. 3. Jh. n. Chr., nach älterer Vorlage) und das Itinerarium Burdigalense sive Hierosolytanum (Beschreibung einer Pilgerfahrt von Bordeaux nach Jerusalem aus dem Jahr 333 n. Chr.).12 Für Ptolemaios waren vor allem die Seeroutenbeschreibungen von Interesse, kommt doch im ganzen Ortskatalog den Küstenbeschreibungen primäre Bedeutung zu, während die Landroutenbeschreibungen eher zurücktreten; bezeichnenderweise sind im ganzen Werk keine Strassen verzeichnet. Zu solchen ‘Primärquellen’ der Gattung der historia periodike sind folgende meist weiter nicht bekannte Dokumentarberichte zu rechnen, die wohl grösstenteils bereits Marinos gesammelt hatte und die Ptolemaios – oft unter Zitierung des originalen Wortlautes – im 1. Buch erwähnt: – der mindestens 3 Bücher umfassende Bericht des Diodoros von Samos über Indienfahrten; zitiert wird eine Sternbeobachtung (Geogr. 1,7,6); – der Bericht des Diogenes, eines ‘Indien-Fahrers’, der bei seiner Rückfahrt von Indien, als er in die Gegend der Aromata/Kap Guardafui gelangte, vom Nordwind nach Süden abgetrieben wurde und in die Gegend des Kap Rhapton (wohl bei Daressalam) geriet (l.c. 1,9,1); 7 8
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Vgl. Arrian, Indica 20–41. Fragmente gesammelt bei S. Bianchetti, Pitea di Massalia, L’Oceano (Pisa 1998); zur Benützung durch Eratosthenes vgl. Strabo 1,4,3ff. Vgl. dazu Geminus, Introd. 16,23: «Die Erforschung (flstor¤a) dieser Gegenden (sc. südlich des Wendekreises) liegt schriftlich in einer von den Königen von Alexandria geprüften Fassung (énag°graptai ... §jhtasm°nh) vor»; Strabo 2,1,5: «Dies alles hält Eratosthenes für bezeugt von Leuten, die an diesen Orten gewesen sind, da er auf viele Berichte (ÍpomnÆmata pollã) stiess, die er in reicher Zahl in der Bibliothek (von Alexandria) zur Verfügung hatte»; Strabo 17,1,5: «An solchen Nachrichten (von Expeditionen ins Zimtland) waren die ptolemäischen Könige, insbesondere (Ptolemaios) Philadelphos (283–247) sehr interessiert.» Mehrfach wird die Zuverlässigkeit solcher Berichte von Ptolemaios oder schon von Marinos kritisiert: vgl. Geogr. 1,11,8. Ediert von L. Casson, The Periplus Maris Erythraei (Princeton 1989). Vgl. O. Cuntz/J. Schnetz, Itineraria Romana, 2 Bde. (Leipzig 1928/1940, Nachdruck Stuttgart 1990).
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Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
– der Bericht des Theophilos, eines ‘Azania-(Äthiopien-)Fahrers’, der mit dem Südwind von Rhapta/Daressalam nach den Aromata/Kap Guardafui fuhr (l.c. 1,9,1ff.; 1,14,4); – der Bericht des Dioskoros über die Fahrt entlang der ostafrikanischen Küste von Rhapta nach Kap Prason/Kap Delgado (l.c. 1,9,4); – die Anametresis/Streckenmessung des Maës Titianos, eines makedonischen Kaufmanns, über den Streckenabschnitt der Seidenstrasse vom EuphratÜbergang bei Hierapolis/Membidj über den Steinernen Turm/Taschkurgan bis nach Sera Metropolis/Xi’an; Maës Titianos hatte die Route zwar nicht selber bereist, aber sich von Händlern die nötigen Informationen verschafft (l.c. 1,11,7); – der Bericht des Alexandros über die Fahrt um die Goldene Chersones/Malaiische Halbinsel nach Kattigara in S-China (l.c. 1,14,1); – der offenbar ganz unzuverlässige Bericht des Philemon über die West-OstAusdehnung Irlands (l.c. 1,11,8); – das umfangreiche Seefahrt-Handbuch Peri limenon/Über Häfen des Timos thenes von Rhodos (um 250 v. Chr.), des Flottenkommandanten unter Ptolemaios II. Philadelphos (l.c. 1,15,2.4); das einzige Werk dieser Gattung, das auch ausserhalb von Ptolemaios bezeugt ist.13 Zu dieser Gattung der historia periodike wird man auch die zwei im 1. Buch erwähnten Berichte über Expeditionen römischer Heere ins Innere Afrikas rechnen dürfen: – den Bericht der Septimius Flaccus über einen dreimonatigen Marsch nach Süden über die Garamanten hinaus zu den Äthiopen in Zentralafrika (l.c. 1,8,5; 1,10,2); – den Bericht des Julius Maternus über eine Reise von Leptis Magna/Lebda über Garama/Djerma bis Agisymba in Zentralafrika (l.c. 1,8,5; 1,10,2). Man muss davon ausgehen, dass es sich bei diesen namentlich genannten Schriften nur um eine kleine, mehr oder weniger zufällige Auswahl des ganzen Bestandes an Dokumentationsmaterial handelt, das zur Verfügung stand. Bedeutsam ist, dass sich Ptolemaios – abgesehen von dem bereits von Marinos gesammelten Material – gelegentlich ausdrücklich auch auf neueste, d.h. nachmarinische Erkundungsergebnisse beruft: ta hypo ton kath’ hemas historethenta/‘das von unseren Zeitgenossen Erforschte’ (1,17 tit.); ta nyn historumena/‘heutige Erkundungen’ (1,17,1). Die Schwierigkeit bei der Auswertung dieser historia periodike bestand darin, dass sie für einen ganz anderen, eben praktischen Zweck geschaffen war und zwar gewissenhaft über die Reihenfolge der Stationen und mit der Angabe von Tagesmärschen bzw. -fahrten approximativ über die Streckenintervalle Auskunft gab, über die grossräumigen Proportionen und besonders über die Himmelsrichtungen aber wenig aussagen konnte; Positionsangaben oder gar Koordinatenzah-
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Vgl. Strabo 2,1,40; 9,3,10; Plin. Nat. hist. 6.183; von dem 10 Bücher umfassenden Werk sind etwa 40 Fragmente erhalten.
A. Stückelberger
2.1 Zu den Quellen der Geographie
len waren darin nicht enthalten. Das macht sich z.B. bei der Gestaltung der nordafrikanischen Küste bemerkbar, bei welcher von West-Mauretanien bis Pelusion in Ost-Ägypten geflissentlich gegen 200 Örtlichkeiten genannt werden, die ganze Küstenlinie mit der Bucht der Grossen Syrte jedoch erheblich verzeichnet ist.14
2. Die astronomisch-geographische Fachliteratur Ganz anders geartet ist die damals vorhandene, höchst anspruchsvolle und an ein völlig anderes Zielpublikum gerichtete astronomisch-geographische Fachliteratur. Es stellt sich die Frage, wieweit Ptolemaios auch diese Literatur herangezogen hat. Das grundlegende, nur in Fragmenten auf uns gekommene geographische Werk des Eratosthenes (ca. 276–194 v. Chr.), die Diorthosis tes geographias,15 muss ihm zumindest durch die Kritik des Hipparch bekannt gewesen sein; es hat allerdings in der Geographie kaum Spuren hinterlassen.16 Das ist weiter nicht verwunderlich, wäre es doch weder für seine neuen Projektionsmethoden im 1. Buch noch für die Koordinatenangaben im Ortskatalog hilfreich gewesen; immerhin hätte man erwarten können, dass Ptolemaios im Zusammenhang mit seiner abweichenden Vorstellung vom Erdumfang auf die berühmte Berechnung des Eratosthenes eingegangen wäre (Geogr. 1,7,1; 1,11,2). Der wissenschaftlich hochstehendste unter den Gewährsleuten des Ptolemaios ist zweifellos Hipparch von Nikaia (ca. 160–125 v. Chr.), der sich vor allem durch seine astronomischen Messungen und Berechnungen einen Namen gemacht hat. Er hat zwar kein geschlossenes geographisches Konzept entworfen, hat sich aber in der nur fragmentarisch erhaltenen Schrift Entgeg nung auf Eratosthenes kritisch mit diesem auseinandergesetzt.17 Im Almagest wird Hipparch gegen hundertmal erwähnt; in der Geographie wird er zweimal – bezeichnenderweise im Zusammenhang mit astronomischen Beobachtungen – genannt: in Geogr. 1,7,4 geht es um die Sichtbarkeit des Sternes aUMi; in l.c. 1,4,2 wird Bezug genommen auf die exarmata/Polhöhen, «die uns Hipparch bei einigen Städten, und zwar im Vergleich zur riesigen Zahl von Orten, die auf einer Erdkarte eingetragen werden sollten, nur bei ganz wenigen, überliefert hat».18 Diese Aussage ist insofern von Bedeutung, als sie beweist, dass sich Hipparch intensiv mit der Ermittlung von Breitenangaben befasst und Ptolemaios offenbar zahlreiche hipparchische Werte übernommen hat: Die Parallelkreis-Listen im Almagest 2,6 und in der Geographie 1,23 gehen
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Dazu besonders unten Kap. 3.2, Abschnitt 1 (Karthago). Fragmentsammlung von H. Berger, Die geographischen Fragmente des Eratosthenes (Leipzig 1880; Nachdruck Amsterdam 1964). Dass Eratosthenes, der mehrere Jahrzehnte Bibliothekar in Alexandria war, dem Ptolemaios bekannt sein musste, darf vorausgesetzt werden; er wird von ihm im Almagest 1,12 p. 68 Heib. genannt. Zu – allerdings recht ungesicherten – Spuren des Eratosthenes bei Ptolemaios vgl. Honigmann a.O. (unten Anm. 25) 1784. Fragmentsammlung von D.R. Dicks, The Geographical Fragments of Hipparchus (London 1960). Vgl. dazu unten Kap. 3.1, Abschnitt 2.1.
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Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
auf die Klimatabelle des Hipparch zurück, die bei Strabon erhalten ist.19 Auch die geniale Methode der Längenberechnung mit Hilfe von Mondfinsternisbeobachtungen, die Geogr. 1,4,2 nur kurz erwähnt wird, verdankt Ptolemaios nach dem Zeugnis Strabons dem Hipparch.20 Die übrigen bedeutenden vorptolemäischen Werke der geographischen Fachliteratur wie die geographische Übersicht am Schluss der Historien des Polybios (um 120 v. Chr.), die Geographika des Strabon (Anf. 1. Jh. n. Chr.) oder gar die geographischen Bücher des Plinius (Nat.hist. 3–6; um 77 n. Chr.), die ohnehin für die spezifischen Ziele seiner Geographie nicht viel hätten beitragen können, waren Ptolemaios kaum bekannt.21 Eine besondere Stellung unter der Fachliteratur nimmt der weiter unten ausführlicher zu besprechende Kanon poleon episemon/Kanon bedeutender Städte ein,22 ein vor allem im Hinblick auf astronomische Beobachtungen erstelltes Verzeichnis von – soweit möglich – astronomisch bestimmten Orten, an welchem Hipparch entscheidend mitgearbeitet hat und das für Ptolemaios sowohl beim Ortskatalog wie auch bei der Kartenzeichnung von fundamentaler Bedeutung war. Der Katalog umfasst ca. 360 Städte,23 die in der Beschreibung der 26 Länderkarten (Geogr. 8,3–28) aufgelistet werden. Darunter befinden sich besonders in den westlichen und nördlichen Teilen des Imperiums, aber auch in Nordafrika zahlreiche erst in römischer Zeit gegründete Koloniestädte,24 was auf eine erhebliche Erweiterung des Kataloges in nachhipparchischer Zeit schliessen lässt.
3. Marinos von Tyros25 Der unmittelbare Vorläufer und bedeutendste ‘Materiallieferant’ der Geo graphie ist zweifellos Marinos von Tyros, von welchem wir allerdings nur das wissen, was Ptolemaios in seiner Kritik über ihn aussagt.26 Er wird von ihm als hystatos ton kath’ hemas/‘jüngster (Vorläufer) in unserem Zeitalter’ bezeichnet (Geogr. 1,6,1), dürfte aber zur Zeit der Abfassung der Geographie schon 19
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Strabo 2,5,35–42; Strabon hat die Gradwerte in Stadienmasse umgerechnet; vgl. dazu D. Shche glov, Hipparchus’ Table of Climata and Ptolemy’s Geography, in: Orbis Terrarum 9 (im Druck). Vgl. Strabo 1,1,12; zur Längenberechnung s. unten Kap. 3.1, Abschnitt 2.3. So urteilt hinsichtlich Strabon auch E. Honigmann, Strabon von Amaseia, in: RE 2.R. 4,1(1931) 151: «Sie (die Geographie Strabons) ist nachweislich bei Ptolemaios nicht benutzt, verständlich bei einem Fachgeographen gegenüber der Kulturgeographie Strabons.» Ausführlich dazu unten Kap. 2.2 Kanon der bedeutenden Städte. Zur genauen Anzahl vgl. unten S. 143. In Spanien etwa Hispalis, Augusta Emerita, Asturica Augusta, Caesaraugusta, Norba Caesarina; in Frankreich Burdigala, Augustodunum, Lugdunum, Gesoriacum, Nemausus; in Östreich/Ungarn/Serbien etwa Augusta Vindelicorum, Iulium Carnicum, Poetovio, Emona, Mursa, Sirmium, Iader; in Nordafrika Tingis Caesarea, Zulil, Lix, Cartennae, Saldae, Zucchabbar, Tubuscutu u.a. Zu Marinos vgl. bes. E. Honigmann, Marinos von Tyros, in: RE 14 (1930) 1767–1796. Die wenigen Aussagen über Marinos bei al-MasÝÙdÐ (gest. 956 n. Chr.) in seinem Werk Kitab alTanbih wal-israf sind alle aus Ptolemaios abgeleitet; vgl. Honigmann a.O. (obige Anm.) 1794f.
A. Stückelberger
2.1 Zu den Quellen der Geographie
geraume Zeit gestorben sein (l.c. 1,17,1) und somit in der ersten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. gelebt haben. Marinos war im Hinblick auf die Geographie in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Erstens sammelte er nach dem Zeugnis des Ptolemaios mit grossem Eifer Dokumentarmaterial «und ist dabei – abgesehen von den schon vorher bekannten – offensichtlich auf mehrere weitere Berichte (historiai) gestossen und hat sozusagen alle Berichte seiner Vorgänger mit Sorgfalt studiert» (Geogr. 1,6,1). Ihm verdankt Ptolemaios, der mehr an der wissenschaftlichen Auswertung als am Aufstöbern von Reiseberichten interessiert war, den überwiegenden Teil des oben vorgeführten umfangreichen Dokumentarmaterials, abgesehen von den erwähnten nachmarinischen Zeugnissen. Zweitens hatte Marinos, der sich offenbar über Jahrzehnte mit geographischen Problemen befasste, eine Reihe von Schriften (syntaxeis) verfasst, die in mehreren Ausgaben (ekdoseon ... pleionon ouson: l.c. 1,6,1)27 vorlagen: Seine mehrfach überarbeitete Hauptschrift bestand in einer diorthosis tou geographi kou pinakos/Berichtigung der Erdkarte (l.c. 1,6,1), die zweifellos neben einer Karte auch Text enthielt. Daneben erwähnt Ptolemaios mehr summarisch mehrere weitere hypomneseis/Traktate und syntaxeis/Abhandlungen (l.c.1,15,1). Zu diesen gehören zweifellos he ton parallelon ekthesis/Die Übersicht über die Paral lelkreise sowie he ton mesembrinon anagraphe/Die Zusammenstellung der Meri diane (l.c. 1,18,4),28 worunter Verzeichnisse zu verstehen sind, die Orte gleicher geographischer Breite (sog. Klimatabellen) auflisten bzw. einander gegenüberliegende (antikeimenoi: l.c. 1,4,2), d.h. auf demselben Meridian liegende Orte nennen. Eine besondere Leistung des Marinos bestand zweifellos in einem den neuesten Erkenntnissen angepassten Entwurf einer Weltkarte (geographikos pinax), an der er ebenfalls lange arbeitete und deren letzte Fassung (teleuteia ekdosis) er nicht mehr ausführen konnte (l.c. 1,17,1).29 Ptolemaios billigt ihm zu, das Problem, eine Kugeloberfläche proportionsgerecht auf eine Ebene zu übertragen «mit ungewöhnlicher Sachkenntnis» angegangen, ohne es allerdings gelöst zu haben: «Denn er machte all die Linien, welche Parallelkreise und Meridiankreise darstellen, zu Geraden und zeichnete, wie die meisten anderen (Kartographen), sogar die Meridianlinien als Parallelen» (l.c. 1,20,4), d.h. er verwendete, im Gegensatz zu den neuen Projektionsmethoden des Ptolemaios, noch immer die schon von Eratosthenes entworfene rechtwinklige Zylinderprojektion.30 Mit diesem Marinos setzt sich Ptolemaios in seiner theoretischen Einleitung ausführlich auseinander (Geogr. 1,6–17). Einerseits nimmt er kritisch Stellung zu den von Marinos zitierten Reiseberichten und versucht, aus den angeführten Tagesreisestrecken verlässlichere Distanzangaben zu ermitteln und die von ihm 27 28
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Vgl. Geogr. 1,6,2 teleuteia syntaxis/letzte Fassung. Vgl. auch Geogr. 1,15,1. Bei all diesen Formulierungen, die nur knapp den Schriftinhalt nennen, braucht es sich nicht um eigentliche Buchtitel zu handeln. Rekonstruktionsversuch bei Honigmann a.O. (oben Anm. 25) 1785. Der Argumentation Honigmanns a.O. (oben Anm. 25) 1770f., dass Ptolemaios gar keine Marinos-Karte gesehen habe, kann ich nicht folgen.
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Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
weit überschätzten Dimensionen der Oikumene zu verkürzen.31 Anderseits kritisiert er aber auch das ganze geographische Schrifttum des Marinos selber wegen seiner Unübersichtlichkeit (to diesparmenon) und seiner schwierigen Verwendbarkeit (to dyschreston: l.c. 1,18,3):32 «Denn separat sind an einem Ort, wenn’s gut geht, nur die Breiten zu finden wie etwa in der Übersicht über die Parallelkreise, an einem anderen Ort nur die Längen wie etwa in der Zusammenstellung der Meridiane; zudem sind in den meisten Fällen nicht die gleichen Orte in den beiden Aufstellungen angeführt, sondern bei den einen nur die Breitenangaben, bei den andern nur die Längenangaben.» (Geogr. 1,18,4). In der Tat musste dem Ptolemaios, der mit seinem Ortskatalog eine neue, vorbildlich übersichtliche Anordnung der Daten schaffte, die Aufsplitterung der – zudem nicht einmal vollständigen – Ortspositionen in verschiedene Listen mit Breitenangaben bzw. Längenangaben höchst unzweckmässig vorkommen. Dass Ptolemaios in vielfacher Weise dem Marinos verpflichtet ist, bleibt unbestritten. Uneinig ist man sich aber in der Forschung, in welchem Ausmass er von ihm abhängig ist. Früher war man geneigt, in Ptolemaios eher einen Epigonen zu sehen, der im Wesentlichen das marinische Werk übernommen und lediglich einige nötige Korrekturen angebracht hat;33 man konnte sich dabei auf seine Aussage stützen, «Wir wollen die durch sein (des Marinos) ganzes Werk hindurchgehende Grundansicht (ten gnomen ... ten di’ holes tes syntaxeos) wahren, abgesehen von Einzelheiten, die der Berichtigung bedürfen» (l.c. 1,19,1). Heute tendiert man eher dazu, in Marinos den – unbestritten bedeutendsten – ‘Materialliferanten’ zu sehen und die besonderen, gegenüber Marinos grundlegenden Neuerungen des Ptolemaios mehr zu gewichten: – neue Projektionsmethoden für die Weltkarten, – Einführung von Länderkarten mit unterschiedlichen Massstäben,34 – durchgehende Verwendung eines einheitlichen Koordinatensystems, – Neugestaltung des Ortskataloges mit Koordinatenangaben. Man wird sich daher dem Urteil eines ausgewiesenen Marinos-Kenners anschliessen dürfen, «dass Ptolemaios als mathematischer Geograph und Astronom wirklich ebenso hoch über Marinos steht wie Strabon unter Poseidonios».35
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Vgl. dazu ausführlicher unten Kap. 4.1 Gesamtbild der Oikumene. Ähnlich wird Geogr. 1,17,1 to polychoun kai kechorismenon ton syntaxeon/«die Unübersichtlichkeit und die Aufsplitterung der Schriften» kritisiert. So vor allem H. Berger, Geschichte der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen 4 (Leipzig 2 1903) 645f. Zum Problem der verschiedenen Massstäbe s. oben Textband, Einl. Anm. 67, und oben Kap. 1.4 S. 49. Honigmann a.O. (oben Anm. 25) 1772.
A. Stückelberger
2.1 Zu den Quellen der Geographie
4. Dokumente der römischen Verwaltung Eine weitere Quelle, aus welcher Ptolemaios Informationen gewinnen konnte, war das Aktenmaterial der römischen Provinzverwaltung in Alexandria, zu dem er – so lassen zahlreiche Angaben in der Geographie erkennen – dank den Beziehungen seiner Familie zu römischen Beamten und seinem Status als römischer Bürger offensichtlich Zugang hatte.36 Es gehört zu den besonderen Leistungen des Augustus, dass er eine hocheffiziente Reichsverwaltung aufgebaut hat, die von seinen Nachfolgern erheblich erweitert wurde und die z.T. noch Jahrhunderte überdauern sollte. Mit Volkszählungen, Steuerlisten, Städte- und Provinzverzeichnissen, Grundbüchern und Plänen aller Art suchte man sich einen Überblick über die verschiedensten Lebensbereiche zu verschaffen und das ganze Imperium gewissermassen zu ‘inventarisieren’.37 Augustus selber hinterliess neben seinen Res gestae nach dem Zeugnis Suetons ein Breviarium totius imperii, einen Lagebericht über das ganze Imperium, in welchem er eine Übersicht über alle Truppenstandorte und eine Bilanz der Staatskasse und der Steuereinnahmen festhielt.38 Ferner geht nach dem Zeugnis des Plinius auf ihn die Descriptio Italiae totius in regiones XI zurück, eine Einteilung Italiens in 11 Regionen,39 die allerdings so in der entsprechenden Beschreibung bei Ptolemaios Geogr. 3,1 nicht zur Geltung kommt. Im Hinblick auf geographische Belange von grundlegender Bedeutung ist die Chorographia des M. Vipsanius Agrippa, des Schwiegersohns des Augu stus.40 Es bestand aus den Commentarii, einem umfangreichen, durch zahlreiche Fragmente bekannten Distanzenverzeichnis, sowie aus einer kartographischen Darstellung, mit welcher er in einer Säulenhalle «den ganzen Erdkreis der Stadt öffentlich darstellen wollte»;41 das Vorhaben wurde dann nach seinem frühen Tod (12 v. Chr.) von Augustus in der nach ihm benannten Porticus Vipsania zur Vollendung gebracht. Das Werk hat offensichtlich die spätere römische Geographie-Literatur in hohem Masse beeinflusst. Weiter von Interesse sind Verzeichnisse wie die Divisio orbis terrarum oder die Dimensuratio provinciarum, die in spätantiken Fassungen erhalten sind,
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Zum römischen Bürgerrecht des Ptolemaios vgl. oben Textband S. 9. Ausgezeichnete Zusammenstellung bei C. Nicolet, L’inventaire du monde, Géographie et po litique aux origines de l’Empire romain (Paris 1988, 21996); vgl. auch F.M. Ausbüttel, Die Ver waltung des römischen Kaiserreiches, von der Herrschaft des Augustus bis zum Niedergang des Weströmischen Reiches (Darmstadt 1998). Suet. Augustus-Vita 101,4. Plin. Nat.hist. 3,46. Fragmente der Chorographia des Agrippa zusammengestellt von A. Riese, GLM 1–8. Vgl. auch A. Klotz, Die geographischen commentarii des Agrippa und ihre Überreste, in: Klio 24 (1931) 38–58 und 386–466. So Plin. Nat.hist 3,17: orbem terrarum urbi spectandum propositurus; vgl. dazu Nicolet a.O. (oben Anm. 37) 146ff.; anders interpretiert die Stelle K. Brodersen, Terra cognita, Studien zur römischen Raumerfassung (Hildesheim 1995) 268ff., der statt einer Karte eine Inschrift vermutet.
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Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
deren Wurzeln aber teilweise bis zur Agrippa-Karte zurückreichen,42 ferner der Liber coloniarum, ein ausführliches Städteverzeichnis, das nach dem Zeugnis des Corpus Agrimensorum auf den augusteischen Feldmesser Balbus zurückgeht.43 Besondere Beachtung verdienen ferner die Reichsitinerare, d.h. Strassenverzeichnisse, die sowohl in Textform (itineraria perscripta/adnotata) wie auch in Kartenform (itineraria picta) vorlagen;44 von den letzteren kann man sich dank der mittelalterlichen, aber auf antiker Vorlage basierenden Tabula Peutingeriana eine gute Vorstellung machen.45 Zu dieser Gattung von Dokumentation gehören auch die verschiedenen Formae/Pläne, die zwar mehr zur Chorographie/Regionalkunde zu zählen sind und dem Geographen weniger dienten: Die bedeutendsten sind die Forma urbis Romae, der in Fragmenten erhaltene marmorne Stadtplan von Rom,46 sowie der Kataster von Orange, der die infolge der Koloniegründung angeordnete Parzellierung kartographisch festhält.47 Etwas anders geartet und vor allem grossräumiger angelegt muss die dem Nero überbrachte Forma Aethiopiae gewesen sein.48 Derartiges Aktenmaterial der römischen Verwaltung dürfte – wenn auch nicht im gleichen Umfang wie in der Reichsmetropole – auch in der Provinzhauptstadt Alexandria vorhanden gewesen sein und somit dem Ptolemaios zur Verfügung gestanden haben. Freilich ist damit zu rechnen, dass ausserhalb von Rom die Dokumente nicht immer dem neuesten Stand entsprachen. Im Spezial-
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Ediert von A. Riese, GLM 9–14 und 15–20; die Texte basieren auf der Agrippa-Karte; vgl. Nicolet a.O. (oben Anm. 37) 148. Corp. Agrimensorum, Liber coloniarum ed. F. Blume/K. Lachmann/A. Rudorff, Die Schriften der römischen Feldmesser Bd. 1 (Berlin 1848, Nachdruck Hildesheim 1967) 209–262; l.c. 239: [huic addendas mensuras] ... et Balbi mensoris, qui temporibus Augusti omnium provinciarum et formas civitatum et mensuras compertas in commentariis contulit. («Zu ergänzen sind auch die Messungen ... des Feldmessers Balbus, der in der Zeit des Augustus in seinen Aufzeichnungen die Pläne und Ausmasse der Städte aller Provinzen aufgrund seiner Nachforschungen zusammengetragen hat.»). Vgl. dazu Vegetius, Epitoma rei militaris 3,6 p. 75 ed. Wille (nach Frontinus, 1. Jh. n. Chr.): Pri mum itineraria omnium regionum, in quibus bellum geritur, plenissima debet habere perscripta, ita ut locorum intervalla non solum passuum numero sed etiam viarum qualitate perdiscat, com pendia, deverticula, montes, flumina descripta consideret, usque eo, ut sollertiores duces itinera ria provinciarum, in quibus necessitas gerebatur, non tantum adnotata, sed etiam picta habuisse firmentur. («Als erstes muss der Heerführer über ausführliche schriftliche Strassenverzeichnisse aller Gegenden, in welchen Krieg geführt wird, verfügen, damit er aus ihnen nicht nur die Distanzen zwischen den Ortschaften, sondern auch die Beschaffenheit der Strassen erkennen kann. Ferner müssen darin auch die Abkürzungen, Seitenwege, Berge und Flussläufe zuverlässig beschrieben sein. Ganz besonders umsichtige Heerführer gingen so weit, dass sie sich offenbar von den Provinzen, in welchen sie ihre Funktion ausübten, nicht nur verbale Strassenverzeichnisse, sondern auch eigentliche Karten verschafften.»). Vgl. die Faksimile-Ausgabe mit Kommentarband von E. Weber (Graz 1976). Ausführliche Dokumentation mit Text- und Tafelband von G. Carettoni/A. Colini/L. Cozza/G. Gatti, La pianta marmorea di Roma antica, 2 Bde. (Rom 1955/60). Vgl. A. Piganiol, Les documents cadastraux de la Colonie Romaine d’Orange, in: Gallia Suppl. 16 (Paris 1962). Nach den Berechnungen von Piganiol (a.O., S. 141) umfasst das kartierte Gelände ein Territorium von etwa 19 44 km. Dazu gleich unten.
A. Stückelberger
2.1 Zu den Quellen der Geographie
fall von Ägypten ist zudem davon auszugehen, dass noch Dokumente der hochentwickelten Administration des Ptolemäerreiches vorhanden waren, welche die römische Verwaltung übernehmen konnte.49 Ohne dass man im Einzelnen genau wird sagen können, welche spezifischen Dokumente Ptolemaios verwertet hat, lassen sich doch aus den Angaben des Ortskataloges ermitteln, was für Arten von Quellen ihm offensichtlich von dieser Seite zur Verfügung standen. Es sind im Wesentlichen die folgenden: – Aus einem Dokument vom Typ einer Dimensuratio provinciarum müssen die lagegerechten Beschreibungen der Provinzen mit ihren Umrissen und allfälligen Unterteilungen stammen. – Einem Legionsverzeichnis, wie man es aus einer Inschrift aus Rom kennt,50 entstammen die Lokalisierungen von 21 Legionen (von etwa 30);51 dass man hier keine Vollständigkeit erwarten durfte, leuchtet ein. Für die Datierung der Geographie bieten Truppenverlegungen aus hadrianischer Zeit (117–138 n. Chr.) einige Anhaltspunkte: Die Legio VI Victrix hatte ihr Standlager ab etwa 122 n. Chr. in Eboracum/York (Geogr. 2,3,17); die Legio IV Flavia Felix bezog etwa zur selben Zeit ihr Standlager in Singidunum/Belgrad (l.c. 3,9,3).52 – Ebenfalls einem militärischen Verzeichnis sind die Namen der strategiai/ Präfekturen entnommen, die in Thrakien (Geogr. 3,11,8–10), in Kappadokien (l.c. 5,6,12–18) und Klein-Armenien (l.c. 5,7,7–12) angeführt werden. Es handelt sich dabei um militärische Verwaltungsbezirke, die einem Präfekten unterstellt sind. – Ferner sind 71 römische Koloniestädte erwähnt, die einem Liber coloniarum entnommen sein dürften;53 bezeichnenderweise wird überall der lateinische Ausdruck kolonia (bzw. koloneia)/colonia verwendet, nicht der griechische Ausdruck apoikia.54 Auch hier ist es aufschlussreich, die jüngsten, wiederum aus hadrianischer Zeit stammenden Angaben zu ermitteln: die Colonia Aelia Mursa/Osijek (l.c. 2,15,8) wurde um 133 n. Chr. gegründet; die Stadt Jerusalem, «welche jetzt Aelia Capitolina genannt wird» (l.c. 5,16,8), wurde nach 135 n. Chr. zur Kolonie erklärt. Umgekehrt sind Städte, die unter Marc Aurel (161–180 n. Chr.) in den Status einer Kolonie erhoben wurden, hier noch
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Die Aufteilung Ägyptens in nomoi/Verwaltungsbezirke, welche die Gliederung für die ganze Beschreibung des Nillandes Geogr. 4,5 beherrscht, geht sogar über die ptolemäische in die pharaonische Zeit zurück. Fragmente von einem Legionsverzeichnis aus Rom in CIL 6,3492 (um etwa 150 n. Chr.). Nach der V-Rezension, wo die nur in X genannte Legio IV Flavia in Geogr. 3,9,3 fehlt, sind es nur 20 Legionen. Zur Verwendung von einem Legionsverzeichnis äussert sich kritisch Polaschek a.O. (oben Anm. 1) 760–62. Vgl. dazu den ausführlichen Artikel von E. Kornemann. Coloniae, in: RE 4 (1901) 511–588. – Bis auf 4 Städte in Nordafrika und 1 Stadt in Etrurien sind alle identifizierbar. In den Res gestae Divi Augusti z.B. steht im griech. Text für colonia regelmässig apoikia (etwa l.c. 3 und 28).
131
Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
nicht als solche gekennzeichnet, wie etwa Edessa/Urfa (l.c. 5,18,10) oder Karrhai/Harran (l.c. 5,18,12).55 – Es kommen ferner bei den Ortsbezeichnungen – auch in der griechischsprachigen Reichshälfte – verschiedene Latinismen vor,56 die nur durch römische Quellen zu erklären sind: abgesehen von der oben erwähnten regelmässig verwendeten Bezeichnung kolvn¤a/colonia etwa ÑRhg¤a/Regia für Fürstensitze in Irland (l.c. 2,2,10), SphloÊgka/Spelunca (Höhle) als Ortsbezeichnung in Syrien (l.c. 5,15,17), Skab¤vsa Laod¤keia/Scabiosa (aussätziges) Laodikeia ebenfalls in Syrien (l.c. 5,15,20), PÒrtow Mãgnow/Portus Magnus (Grosser Hafen) in Andalusien und Algerien (l.c. 2,4,7; 4,2,2), lãkkoi/lacus (See) in Ägypten (l.c. 4,5,20); häufig begegnet die Bezeichnung FÒrow (statt §mpÒrion) für Forum (l.c. 2,6,43ff.; 2,10,17; 3,1,37.50 u.a. St. m.).
5. Akribesteroi pinakes/Detailkarten Für die ganze Diskussion um die Kartenüberlieferung von hoher Bedeutung ist die Aussage des Ptolemaios, dass er für seine Berichtigung des geographischen Weltbildes neben der historia ton entynchanonton/Berichterstattung von Ortskundigen auch akribesteroi pinakes/detailliertere Karten verwendet habe (Geogr. 1,19,1). Gerne wüssten wir etwas genauer, was man sich etwa unter diesen Detailkarten vorzustellen hat, deren Existenz Ptolemaios hier als etwas ganz Selbstverständliches voraussetzt. Mit Sicherheit lässt sich nur sagen, dass es sich – im Gegensatz zur Weltkarte – um Einzelkarten handeln muss, die nur begrenzte Regionen umfassten.57 Damit man sich eine etwas bessere Vorstellung machen kann, sollen einige Zeugnisse zu römischen Karten aus der antiken Literatur vorgeführt werden. Dabei handelt es sich häufig, wie bei der Agrippa-Karte, um an öffentlichen Gebäuden plakativ angebrachte und darum besonders wahrgenommene Abbildungen von Kartenvorlagen, von denen weiter nichts mehr erhalten ist:58 – Im Jahr 174 v. Chr. liess Tiberius Sempronius Gracchus im Tempel der Mater Matuta eine Sardiniae insulae forma/Sardinienkarte anbringen, wohl der älteste Beleg einer Karte im römischen Bereich (Liv. 41,28,8ff.). – Eine im Tellus-Tempel in Rom «an die Wand gemalte Italienkarte, in die sich die Betrachter vertieft hätten» (... spectantes in pariete pictam Italiam), erwähnt Varro zu Beginn seiner Res rusticae (1,2,1; Mitte 1. Jh. v. Chr.).
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Wenn man eine gewisse Verzögerung der ‘Datenübermittlung’ nach Alexandria berücksichtigt, kommt man auch hier – wie andernorts aus anderen Gründen – auf eine Datierung der Geographie um 150 n. Chr. Zu den Latinismen s. unten S. 436. Bei den schlecht proportionierten Karten anonymer Kartographen, die Ptolemaios Geogr. 8,1,2 kritisiert, handelt es sich wohl um Weltkarten. Kritische Bewertung der Belegstellen bei Brodersen a.O. (oben Anm. 41) 152ff.
A. Stückelberger
2.1 Zu den Quellen der Geographie
Um eigentliche Karten oder Kartenskizzen dürfte es sich bei folgenden Beispielen handeln: – Im Zusammenhang mit der Klärung der Bezeichnungen ‘Kaukasische’ bzw. ‘Kaspische Pforten’ spricht Plinius von «gezeichneten Lageplänen, die hierher geschickt wurden» und die er offensichtlich zu Gesicht bekommen hat (situs depicti et inde missi: Nat.hist. 6,40). – Bei der Forma Aethiopiae, die nach dem Zeugnis des Plinius dem Nero überbracht wurde, handelte es sich offenbar um eine recht grossräumige Karte, die nach seinen Angaben das Gebiet am oberen Nillauf von Syene bis Meroë umfasste und sogar Angaben über Palmenbestände enthielt (Nat.hist. 12,19).59 – Zu solchen Detailkarten dürften auch die oben erwähnten von Vegetius genannten itineraria picta gehören.60 – Vitruv spricht von Flussquellen, «die auf Weltkarten gezeichnet und in Beschreibungen verzeichnet sind» und die er ebenfalls aus eigener Anschauung kennt (quae orbis [orbe edd.] terrarum chorographiis picta itemque scripta … inveniuntur: De arch. 8,2,6).61 – Dass Detailkarten – freilich nicht zur praktischen Verwendung in der Verwaltung – auch in geographische Schriften integriert werden konnten, zeigt der neugefundene Artemidor-Papyrus (1. Jh. n. Chr.), welcher neben einer Küstenbeschreibung der Iberischen Halbinsel auch eine dazugehörende (noch unfertige) Kartenskizze enthält.62 Die nicht eben zahlreichen, aber doch vorhandenen Zeugnisse erlauben den naheliegenden Schluss, dass Karten nicht alltäglich im Gebrauch waren, in der römischen Verwaltung jedoch etwa zur Disposition der Truppen, zur Registrierung der Ressourcen, zum Unterhalt des Strassennetzes, zum Betrieb der Reichspost u.a.m. unentbehrlich waren und offenbar auch interessierten Gelehrten wie Vitruv, Plinius und eben auch Ptolemaios zur Verfügung standen.
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Plinius Nat.hist. 6,184 berichtet auch von Streckenmessungen, welche exploratores/Kundschafter Neros in dieser Region ausgeführt hätten. Vgl. dazu das Vegetius-Zitat, oben Anm. 44. Vgl. auch Strabo 2,5,17, wo ein chorographikos pinax erwähnt wird; in beiden Fällen könnte es sich allerdings auch um eine Weltkarte handeln. Zum Artemidor-Papyrus ausführlicher unten Kap. 5.1, Abschnitt 1.
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2.2 Kan∆n pÒlevn §pisÆmvn/ Kanon bedeutender Städte (griechisch – deutsch) Einleitung Alfred Stückelberger/Florian Mittenhuber/Lutz Koch Zu den wichtigsten Quellen des Ptolemaios gehört der sog. Kanon der Poleis epi semoi/Kanon bedeutender Städte: Es handelt sich dabei um ein Verzeichnis von soweit als möglich astronomisch bestimmten Orten, dessen Grundstock mindestens bis Hipparch zurückreicht und das später – auch in nachptolemäischer Zeit – immer wieder ergänzt wurde.1 Das Verzeichnis diente ursprünglich vor allem als Hilfsmittel für astronomische Beobachtungen, für welche die Kenntnis der geographischen Breite des Beobachtungsstandortes von ausschlaggebender Bedeutung war, während die – ohnehin nur schwer zu bestimmende2 – geographische Länge von untergeordnetem Interesse war.
1. Vorstufen Die Bestimmung der geographischen Breite eines Ortes lässt sich mit verschiedenen Methoden durchführen,3 z.B. direkt durch die Bestimmung der Polhöhe mittels Gnomon-Messungen oder anhand der Sichtbarkeit von Fixsternen, oder indirekt durch die Bestimmung des Verhältnisses zwischen längstem und kürzestem Tag bzw. der Dauer des längsten Tages. Den ältesten Beleg für die Breitenbestimmung durch Gnomon-Messung liefert Pytheas von Marseille (Ende 4. Jh. v. Chr.), der Byzanz (fälschlicherweise) auf demselben Parallelkreis ansetzt wie Marseille.4 In der Folgezeit sind dann offenbar Listen von Gnomon-Messungen angelegt worden, von denen sich etwa bei Vitruv Spuren finden.5 Neben der Gnomon-Messung ist vor der Einführung eines einheitlichen Koordinaten 1
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Grundlegend zum ganzen Thema: E. Honigmann, Die sieben Klimata und die poleis epi semoi. Eine Untersuchung zur Geschichte der Geographie und Astrologie im Altertum und Mittelalter (Heidelberg 1929), bes. 62–78 und 193–224 (= Transkription der Listen im Cod. Vaticanus Graec. 1291 und im Cod. Leidensis Graec. 78); vgl. ferner: P. Schnabel, Die Entstehungsgeschichte des kartographischen Erdbildes des Klaudios Pto lemaios, in: Sitzungsberichte der preussischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse 14 (Berlin 1930) 214–250; E. Polaschek, Ptolemaios (Geograph), in: RE Suppl. 10 (1965) 681–692; B.L. van der Waerden, Klaudios Ptolemaios (Nr. 66), in: RE 23,2 (1959) 1823–1827; A. Tihon, Les tables faciles de Ptolémée dans les manuscrits en onciale (IXe– Xe siècles), in: Revue d’Histoire des Textes 22 (1992) 47–87; M.G. Schmidt, Die Nebenüberliefe rung des 6. Buches der Geographie des Ptolemaios (Wiesbaden 1999) 208–255. Dazu unten Kap. 3.1, Abschnitt 2.3. Ausführlicher dazu unten Kap. 3.1, Abschnitt 2.1 und 2.2. Vgl. bes. Strabo 2,5,8; (Pytheas, Frg. Bianchetti 8b); leider überliefert Strabon keine Zahlenwerte. – Zur falschen Breite von Byzanz vgl. unten Kap. 3.2, Abschnitt 2. Vitruv, De arch. 9,7,1: dazu unten S. 230f.
2.2 Kanon bedeutender Städte
A. Stückelberger/F. Mittenhuber/L. Koch
systems in Graden durch Ptolemaios vor allem die Dauer des längsten Tages das allgemein verwendete Standardmass zur Definition der geographischen Breite eines Ortes geworden. Mit der Zunahme verfügbarer Breitendaten6 stellte sich dann das Bedürfnis nach einer Systematisierung ein: Dabei war es naheliegend, die auf gleicher geographischer Breite liegenden Orte in einem System von so genannten Klimata zusammenzustellen. 1.1 Die Klimata7 Der Begriff klima (lat. inclinatio) bedeutet in astronomischem Kontext zunächst nichts anderes als die ‘Neigung’ der Erdachse. Auf den geographischen Kontext übertragen ergibt sich daraus natürlicherweise, dass Orte, in denen die Sonnenstrahlen mit demselben Neigungswinkel einfallen, im selben Klima – und somit auf gleicher geographischer Breite – liegen. Der Begründer der Lehre von den Klimata war vermutlich Eratosthenes v. Kyrene (276–194 v. Chr.).8 Bei seinen Klimata handelt es sich offenbar um schmale Breitenstriche von höchstens 400 Stadien Breite, die sämtlich innerhalb der Oikumene liegen, aber untereinander nicht zusammenhängen. Da die Klimata von Anfang an mit der Siebenzahl verknüpft sind und die Landstriche um Meroë (Dauer des längsten Tages 13h) bzw. um die Mündung des Borysthenes (längster Tag 16h) als die äussersten bewohnbaren Landstriche galten, musste sich notwendigerweise eine Anordnung von sieben Klimata ergeben, bei der die Dauer des längsten Tages im nächst höheren (nördlicheren) Klima jeweils um eine halbe Stunde zunimmt. Den sieben Klimata des Eratosthenes sind üblicherweise folgende Orte und Tageslängen zugeordnet:9 Klimata
Referenzort
längster Tag
1. Klima 2. Klima 3. Klima 4. Klima 5. Klima 6. Klima 7. Klima
Meroë Syene Alexandria Rhodos Hellespont Mitte Pontos Borysthenes-Mündung
13h 13h 30ʹ 14h 14h 30ʹ 15h 15h 30ʹ 16h
Tabelle 1: Übersicht über die sieben Klimata des Eratosthenes
Nach Eratosthenes entwickelte sich die Lehre von den sieben Klimata in verschiedene Richtungen. Bei Poseidonios v. Apameia (ca. 135–50 v. Chr) erscheinen die Klimata nicht mehr als schmale Breitenstriche von höchstens 400 Stadien 6
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Da die oben geschilderten Methoden gewisse astronomische Kenntnisse voraussetzen, ist es nicht erstaunlich, dass exakte Messungen nicht in grosser Zahl vorlagen. Aus diesem Grunde war man für Regionen, wo keine derartigen Messungen zur Verfügung standen, gezwungen, sich mit terrestrisch gewonnenen Daten, z.B. Richtungsangaben aus Reiseberichten oder klimatischen Analogieschlüssen, zu behelfen (vgl. dazu S. 241ff.). Vgl. dazu Honigmann a.O. (oben Anm. 1) 4ff. sowie Neugebauer, HAMA (1975) 725ff. Dazu ausführlich Honigmann a.O. (oben Anm. 1) 10–24. Vgl. dazu bes. Strabo 2,5,34–43.
135
Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
Breite, sondern als aneinanderstossende ‘Zonen’,10 wobei versucht wird, jeden Ort in der entsprechenden Klimazone unterzubringen. Diese Praxis weist starke Parallelen zu einer Klimalehre auf, wie sie sich in der griechischen Astrologie findet.11 Auf diese beiden Ausrichtungen soll hier nicht näher eingegangen werden, da sie für die ptolemäische Geographie12 und die Poleis episemoi nur eine untergeordnete Rolle spielen. 1.2 Die Breitentabellen (Parallelkreise) bei Hipparch und seinen Nachfolgern Eine entscheidende Grundlage für den ptolemäischen Kanon der Poleis epise moi bildet die von Hipparch (ca. 194–120 v. Chr.) begründete Lehre von den Parallelkreisen, die in gewisser Weise auf den Klimata aufbaut.13 Hipparch ersetzte das System der eratosthenischen Klimastreifen durch ein die geographische Breite eines Ortes weit genauer definierendes System, bei dem die Lage eines Ortes durch die Dauer des längsten Tages auf einem bestimmten Breitenkreis (Parallelkreis) exakt bestimmt ist.14 Aus einem längeren Abschnitt bei Strabon (2,5,34–43) ergibt sich ungefähr folgendes Bild der hipparchischen Breitenkreise: 15 Ort
längster Tag
Abstand vom Äquator in Stadien15
Äquator Zimtküste Meroë Syene Unterägypten Alexandria Karthago Tyros Mitte Rhodos
12h 12h 45ʹ 13h 13h 30ʹ 14h
14h 15ʹ 14h 30ʹ
0 8 800 11 800 16 800 21 400 21 800 22 700 23 400 25 400
Klima
1 2 3
4
Diese innerhalb der Oikumene liegenden Klimazonen haben nichts zu tun mit der Einteilung der Erde in die fünf grossen Erdzonen (2 arktische Zonen, 2 gemässigte Zonen, 1 äquatoriale Zone), wie sie etwa Ovid, Met. 1,45ff. anführt. 11 Letztlich auf eine solche Quelle gehen die sieben circuli in der Klimatafel des Plinius (Nat. hist. 6,211–219) zurück; mit den klassischen sieben Klimata haben sie kaum etwas zu tun. Zu den in astrologischem Kontext stehenden sieben Klimata vgl. Honigmann a.O. (oben Anm. 1) 31–50 sowie Neugebauer, HAMA (1975) 725–733. 12 Der Begriff klima wird in der Geographie nur 1,15,5–8 und 1,17,2 bei der Auseinandersetzung mit Marinos sowie l.c. 5,9,16 und 7,5,15 als allgemeine Bezeichnung für die nördlichsten Regionen der Erde erwähnt; die Einteilung der Binnenstädte Germaniens (l.c. 2,11,27–30) in vier Klimazonen wurde vielleicht von Marinos übernommen. Auf den Karten der erhaltenen Handschriften hingegen sind die sieben Klimata (als vermutlich nachptolemäische Zusätze) verzeichnet; vgl. dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 2.2.1. 13 Zum ganzen Thema vgl. bes. D. Shcheglov, Hipparchus’ Table of Climata and Ptolemy’s Geo graphie, in: Orbis Terrarum 9 (in Druck). 14 Die Lage einzelner Orte scheint auch bereits in Graden angegeben worden zu sein, z.B. diejenige der Städte Rhodos 36° und Athen 37° oder des Hellespont 41° (Hipp. Comm. in Arati phaen. 1,11,7f.; 1,3,6f.). 15 Hipparch verwendet den von Eratosthenes ermittelten Erdumfang von 252 000 Stadien, bei dem 1° = 700 Stadien ausmacht. 10
136
2.2 Kanon bedeutender Städte
A. Stückelberger/F. Mittenhuber/L. Koch
Ort
längster Tag
Abstand vom Äquator in Stadien15
Klima
Alexandria Troas Byzanz Mitte Pontos Borysthenes-M. Nördl. Maiotis Ierne Thule
15h 15h 15ʹ 15h 30ʹ 16h 17h 18h 24h
28 800 30 300 31 700 34 100 36 600 39 400 46 400
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Tabelle 2: Übersicht über die hipparchischen Breitenkreise
Im Vergleich zu den sieben Klimata des Eratosthenes fällt zunächst auf, dass Hipparch die Oikumene im Norden und Süden beträchtlich erweitert, wobei die Lage der ausserhalb der Klimata liegenden Orte meist rechnerisch bestimmt sein dürfte. Einen entscheidenden Fortschritt erzielte Hipparch bei der Lage von Alexandria, das er 400 Stadien nördlich der Breite ansetzt, auf welcher die Dauer des längsten Tages genau 14h beträgt: Die geringe Abweichung gegenüber dem heutigen Wert ist nur durch exakte Messungen zu erklären. Allerdings beging Hipparch auch verhängnisvolle Fehler, z.B. bei der falschen Ansetzung von Karthago16 oder bei der (von Pytheas übernommenen) irrtümlichen Ansetzung von Byzanz auf demselben Parallelkreis wie Marseille.17 Diese hipparchische Breitentabelle ist offenbar von Ptolemaios verwendet worden, der sich ausdrücklich auf sie beruft: «Nun hat uns aber einzig Hipparch bei einigen Städten, und zwar im Vergleich zur riesigen Zahl von Orten, die auf einer Erdkarte eingetragen werden sollten, nur bei ganz wenigen, die Polhöhen überliefert und die auf den gleichen Breitenkreisen liegenden Siedlungen» (Geogr. 1,4,2).18 Wenn man nun die von Ptolemaios in Synt. 2,6 und in Geogr. 1,23 genannten Referenzorte für die jeweiligen Parallelkreise mit den für Hipparch verbürgten Angaben bei Strabon vergleicht, zeigt sich eine verblüffende Übereinstimmung, wobei Ptolemaios allerdings auch die hipparchischen Irrtümer übernommen hat.19 Die folgenden Beispiele mögen dies belegen: – bei Ptolemaios geht der 14h-Parallelkreis ebenfalls durch Unterägypten; – die Lage von Alexandria und Karthago entspricht genau derjenigen des Hipparch;20
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17 18 19
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Hierfür ist das bei Strabo 2,5,38 zitierte falsche Gnomon-Schattenverhältnis von 11 : 7 verantwortlich, das einer Breite von 32° 28ʹ (statt richtig 36° 55ʹ) entspricht; dazu unten Kap. 3.2, Abschnitt 1. Pytheas, Frg. Bianchetti 8b (s. oben Anm. 4); dazu unten Kap. 3.2, Abschnitt 2. Hipparch ist in Geogr. 1,7,4 auch als Beobachter von Breitenangaben genannt. Zu den daraus resultierenden falschen Breitenwerten ausführlich unten Kap. 3.2, wo die genannten Übereinstimmungen zwischen Hipparch und Ptolemaios auch visualisiert sind (Abb. 1). Wenn man mit 1° = 700 Stadien rechnet; Ptolemaios verwendet jedoch die Gleichung 1° = 500 Stadien (Geogr. 1,7,1). Die scheinbare Unvereinbarkeit lässt sich durch die stadienunabhängige Verwendung von Gnomon-Werten erklären.
137
Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
– Byzanz liegt bei ihm ebenfalls auf demselben Breitenkreis wie Marseille; – Hipparch nennt auf dem Parallelkreis durch Syene eine ‘sandige und wasserlose’ (diammos kai ... xera – Strabo 2,5,37) Region; fast exakt denselben Ausdruck verwendet auch Ptolemaios (diammos kai abrochos – Geogr. 4,5,26; 4,7,34). 1.3 Die Meridianlisten des Marinos Für die Längenangaben lagen weniger Informationen vor. Die geographische Länge war im Hinblick auf astronomische Beobachtungen weniger wichtig und zudem viel schwieriger zu bestimmen.21 Innerhalb des Mittelmeerraumes liessen sich etwa dank der Beobachtung von Windrichtungen durch die Seefahrer Orte bestimmen, die ‘einander gegenüberliegen’, somit also etwa auf demselben Meridian anzusiedeln sind. Solche Verzeichnisse von topoi antikeimenoi/‘gegen überliegenden Orten’ sind von den Nachfolgern Hipparchs angelegt worden, wie Ptolemaios Geogr. 1,4,2 bezeugt. Man darf davon ausgehen, dass es sich bei der ausdrücklich für Marinos bezeugten Schrift he ton mesembrinon anagraphe/ Die Zusammenstellung der Meridiane (Geogr. 1,18,4) um ein solches Verzeichnis von Orten gleicher geographischer Länge handelte. Als Bezugspunkt dürfte, wie später bei Ptolemaios im 8. Buch der Geographie, Alexandria gedient haben; die Verlegung des Nullmeridians durch die Insulae Fortunatae/Kanarischen Inseln hat erst Ptolemaios vollzogen (Geogr. 1,11,1 u.a.St.).
2. Der ptolemäische Kanon der Poleis episemoi 22 2.1 Einleitung, Überlieferung Auf sein Vorhaben eines Kataloges der Poleis episemoi verweist Ptolemaios an einer bekannten Stelle seines astronomischen Hauptwerkes. Nachdem er am Schluss des 2. Buches der Syntaxis mathematica in einer Tabelle die Zenitabstände der 12 Tierkreisbilder in den verschiedenen Breitenzonen aufgelistet hat, sagt er: «An den nötigen Unterlagen fehlt jetzt nur noch die Feststellung der geographischen Lage der bedeutenden Städte (éj¤vn pÒlevn) jeder Provinz nach Länge (m∞kow) und Breite (plãtow) zur Berechnung der für ihren Horizont eintretenden Himmelserscheinungen. Die Tabelle mit den hierauf bezüglichen Angaben werden wir aber erst als Anhang eines besonderen geographischen Werkes veröffentlichen, und zwar im engen Anschluss an die Forschungen der Männer, die sich ganz besonders durch wissenschaftliche Leistungen um dieses Gebiet verdient gemacht haben. Dieses Verzeichnis soll die nötigen Angaben enthalten, wieviele Grade (mo¤raw) jede Stadt auf 21 22
138
Zu den Längenbestimmungen s. unten Kap. 3.1, Abschnitt 2.3. Zum ganzen Thema ausführlich F. Mittenhuber/L. Koch, Der handschriftliche Bestand des pto lemäischen Kanons bedeutender Städte und sein Verhältnis zur Geographie, in: Museum Helveticum 66 (2009) 29–57.
A. Stückelberger/F. Mittenhuber/L. Koch
2.2 Kanon bedeutender Städte
dem durch sie gehenden Meridian vom Äquator entfernt ist, und wieviele Grade dieser Meridian von dem durch Alexandria gezogenen nach Osten oder Westen entfernt ist.» (Synt. 2,13 p. 188 Heib.).23 Ein solches hier angekündigtes Verzeichnis von bedeutenden Städten ist in zwei Fassungen erhalten, die allerdings gewisse Unstimmigkeiten und Spuren späterer Bearbeitungen aufweisen und daher den ursprünglichen ptolemäischen Bestand nur bedingt eruieren lassen: a) ein in der Geographie 8,3–28 in die Beschreibungen der einzelnen Länderkarten integriertes Verzeichnis der Poleis episemoi, in welchem die Ortslagen in Stundenwerten angegeben werden; b) ein als selbständige Liste der Poleis episemoi innerhalb der Procheiroi kano nes überliefertes Verzeichnis, in welchem die Lagen der Orte wie im Orts katalog der Geographie (Bücher 2–7) in Koordinaten verzeichnet sind. a) Verzeichnis der Poleis episemoi im 8. Buch der Geographie Im 8. Buch der Geographie sind in den Kap. 3–28 bei der Beschreibung der einzelnen Länder insgesamt 35824 Poleis diasemoi bzw. episemoi/‘bedeutende Städte’25 aufgelistet, von denen nach der Auffassung der Buchbearbeitenden unserer Ausgabe 277 sicher oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu identifizieren sind.26 Die betreffenden Städte sind auf den handschriftlichen Karten besonders markiert27 und selbstverständlich auch im Ortskatalog in den Büchern 2–7 angeführt. Auffallend ist aber, dass in der Liste des 8. Buches – entgegen der Ankündigung an der erwähnten Syntaxis-Stelle – die Längen und Breiten nicht in Graden, sondern in dem überkommenen Format der Stundenwerte angegeben sind, die Längen mit dem Stundenwinkel der Entfernung von Alexandria (1h = 15°), die Breiten nach der Dauer des längsten Tages, wie man das in den oben besprochenen Breitenund Längentabellen getan hat. Es kommt hinzu, dass hier der Nullmeridian durch Alexandria gezogen wird und nicht, wie später im Ortskatalog, durch die Insulae Fortunatae, und dass dieser Nullmeridian in Geogr. 8,15,10 runde 4 Stunden (= 60°) von Alexandria entfernt ist, während die Stelle im Ortskatalog (Geogr. 4,5,9) für diese Entfernung einen differenzierteren Wert von 60° 30ʹ (= 4h 2min) 23
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Übersetzt in Anlehnung an K. Manitius, Des Claudius Ptolemäus Handbuch der Astronomie, 2 Bde. (Leipzig 1912/13, Nachdruck 1963) 1,129. Nicht eingerechnet sind 2 nur auf den Karten als polis episemos bezeichnete Orte, die bei der im Vorspann zu Buch 8 (Textband S. 767) angegebenen Zahl von 360 Städten offenbar mitgezählt wurden. Ebenfalls nicht eingerechnet sind 9 aus dem Kanon zu ergänzende Orte, die im 8. Buch fehlen, sowie 6 in den beiden Textrezensionen unterschiedlich überlieferte Dubletten (vgl. unten Anm. 41). Die Bezeichnungen variieren etwas, bedeuten aber dasselbe: An der oben angeführten Synta xis-Stelle heissen sie noch êjioi pÒleiw/axioi poleis, in der Geographie im 8. Buch meist pÒleiw diãshmoi/poleis diasemoi (13mal), daneben aber auch pÒleiw §p¤shmoi/poleis episemoi (Geogr. 8,3,4) bzw. §pishmÒterai/episemoterai (l.c. 1,19,2); im Kanon werden sie regelmässig pÒleiw §p¤shmoi/poleis episemoi genannt (s.u.). Innerhalb des Römischen Reiches sind es 219 von 221 Städten (98,6%), ausserhalb des Römischen Reiches 58 von 137 Städten (42,3%). Dazu oben Kap. 1.4, S. 61ff.
139
Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
angibt. Man hat aus solchen und anderen Beobachtungen auf eine ältere Abfassungszeit des 8. Buches der Geographie geschlossen.28 Nun finden sich aber bei den Angaben der Tageslängen im 8. Buch ungewöhnliche ‘ultrapräzise’ Stundenangaben wie 1⁄9 h, 1⁄15 h, 1⁄20 h, 1⁄90 h,29 die kaum messbare Stundenbruchteile voraussetzen, sowie zahlreiche präzisierende – allerdings nummerisch nicht fassbare – Angaben wie ¶ggista (annähernd) und ka¤ ti (gut). Man kann daraus keinen anderen Schluss ziehen, als dass die heute vorhandenen Stundenangaben nachträglich aus den Koordinaten des Ortskataloges errechnet wurden.30 Ptolemaios bestätigt dies ausdrücklich in Geogr. 8,2,1 « ... die Polhöhen der ‘bedeutenden Städte’ der jeweiligen Länder, umgerechnet in die Dauer des längsten Tages». Warum Ptolemaios die Koordinatenangaben durch das archaisch anmutende System der weit weniger transparenten Tageslängen ersetzt hat, bleibt ungeklärt.31 b) Das Verzeichnis der Poleis episemoi in den Procheiroi kanones In den Procheiroi kanones/den Handtafeln/Handy tables, die in zahlreichen Tabellen meist astronomischen Inhaltes dem Sternkundigen das nötige Rüstzeug an Daten liefern sollten,32 sind eine ortsbezogene und eine zeitbezogene Liste an den Anfang gestellt. Die Letztere, die sog. Regentenliste, die mit dem Regierungsantritt des babylonischen Königs Nabonassar am 26. Februar 747 v. Chr. beginnt33 und über die ptolemäischen Könige und die römischen Kaiser bis in 28
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So schon Berger, Geschichte der wissenschaftlichen Erdkunde der Griechen, 4. Abt. (Leipzig 1893) 152; Honigmann a.O. (oben Anm. 1) 64ff.; Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 225.242: Er begründet die frühere Abfassungszeit ‘der Urform des Kanons’ u.a. damit, dass im Kanon noch keine Städte südlich des Äquators genannt seien. So z.B. Geogr. 8,24,6. Vergleichbare Umrechnungen nimmt Ptolemaios in seiner Breitentabelle Synt. 2,6 vor, wo in umgekehrter Richtung von runden Stundenwerten auf ‘überpräzise’, mit dieser Genauigkeit jedenfalls nicht messbare Gradangaben und Schattenlängen geschlossen wird; vgl. dazu unten Kap. 3.1, Abschnitt 2.2. Denkbar ist, dass die ursprüngliche Kanonliste – ähnlich wie die Synt. 2,6 angeführte Breitenübersicht neben den Gradwerten und der Dauer des längsten Tages jeweils auch die (zweifellos errechnete) Gnomon-Schattenlänge angibt – sowohl Koordinatenangaben und Stundenwerte umfasste und dann im 8. Buch nur die für den Astronomen aussagekräftigeren Stundenwerte angegeben wurden, während die ‘abstrakteren’ Koordinatenangaben im Ortskatalog übernommen wurden; vgl. dazu auch Polaschek a.O. (oben Anm. 1) 686ff. Zu den Procheiroi kanones s. Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 221–229; B.L. van der Waerden a.O. (oben Anm. 1) 1823–72; W.D. Stahlman, The astronomical tables of Codex Vaticanus grae cus 1291 [ohne poleis episemoi] (Diss. Brown University 1960); O. Neugebauer, HAMA, Bd. 2 (Berlin 1975) 972ff. Eine 21 Überschriften umfassende Inhaltsübersicht bei J.L. Heiberg, Clau dii Ptolemaei opera, Bd. 2: Opera astronomica minora (Leipzig 1907) CXCf.; die dort 159ff. folgende Textausgabe umfasst allerdings nur die Einleitung des Ptolemaios, ohne Tabellen. Die Ausgabe von Nicolas B. Halma, Commentaire de Théon d’Alexandrie sur le livre III de l’Almageste de Ptolémée. Tables manuelles des mouvements des astres. Traduit pour la première fois sur les manuscrits de la Bibliothèque du Roi, 3 Bde. (Paris 1822–1825) ist textkritisch unzuverlässig. Eine umfassende Ausgabe der noch nie kritisch edierten Tafeln ist z.Zt. bei Anne Tihon (Université de Louvain) in Bearbeitung. Eine hilfreiche vorläufige Übersicht über die Anordnung der Tafeln in den Handschriften bei ders. a.O. (oben Anm. 1) 52–70. Das Datum ist Synt. 3,7 p. 54 Heib. ausdrücklich erwähnt.
A. Stückelberger/F. Mittenhuber/L. Koch
2.2 Kanon bedeutender Städte
byzantinische Zeit fortgeführt worden ist, sollte die Grundlage für die Datierungen abgeben.34 Ganz am Anfang der Sammlung stand als proton kanonion der Kanon der Poleis episemoi, welcher im Hinblick auf astronomische Beobachtungen die geographischen Positionen der Beobachtungsstandorte (oikeseis) angeben sollte. In seiner Einleitung dazu sagt Ptolemaios: Peri°xousi d¢ ofl m¢n pr«toi kanÒnew t∞w kayÉ ≤mçw ofikoum°nhw §pishmot°rvn pÒlevn tåw katå m∞kow ka‹ plãtow §poxãw. (Ptol., Tab. manuales 1 p. 159 Heib.). «Die erste Liste umfasst die bedeutenderen Städte der von uns bewohnten Oikumene mit Angabe der (geographischen) Länge und Breite.» (Ptol., Handtafeln 1). Ähnlich äussert sich der spätantike Mathematiker Theon von Alexandria (4. Jh. n. Chr.), der ausführliche Kommentare zu den Procheiroi kanones verfasste:35 ÉEkt¤yetai oÔn [Ptolema›ow] efiw toËto pr«ton kanÒnion per¤exon t«n t∞w kayÉ ≤mçw boreiot°raw ofikoum°nhw §pishmot°rvn pÒlevn tåw Ùnomas¤aw, paraye‹w aÈta›w §k t∞w suntetagm°nhw aÈt“ gevgrafik∞w pragmate¤aw §p‹ m¢n toË pr≈tou selid¤ou tåw katå m∞kow aÈt«n §poxãw, §p‹ d¢ toË deut°rou tåw katå plãtow. (Theo Alex., Comment. ampl. in tab. man.1; ed. Tihon p. 95). «Er [sc. Ptolemaios] legt nun dazu eine erste Liste (proton kanonion) vor, welche die Namen der bedeutenderen Städte der nördlichen von uns bewohnten Oikumene umfasst; dazu setzt er aus dem von ihm verfassten geographischen Werk in die erste Spalte die Längenangaben, in die zweite die Breitenangaben.» (Theon von Alexandria, Grösserer Kommentar zu den Handtafeln 1). Dieser Kanon der Poleis episemoi ist in zahlreichen Handschriften erhalten, von denen allerdings für eine Textredaktion nur wenige massgebend sind;36 es sind dies in erster Linie drei Unzialcodices aus dem 9. Jahrhundert: – Cod. Leidensis (Lugdunensis) Graecus 78 (L*): Unzialhandschrift, um 820, enthält innerhalb der Procheiroi kanones auf fol. 66r–73v den Kanon der 34
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36
Grundlegend dazu H. Usener, Fasti Theonis Alexandrini, in: Monumenta Germaniae Historica, Auctores antiquissimi, Bd. 13 (Berlin 1898) 359–381. Bedeutsam hinsichtlich der Abfassungszeit der später fortgesetzten Regentenliste ist ein Scholion im Cod. Leidensis 78 fol. 64v zum Namen des Kaisers Antoninus Pius (reg. 138–161 n. Chr.): §p‹ toÊtou kan«na (sic) ¶gracen Ptvlema¤vw (sic); vgl. dazu Usener a.O. 361 und Honigmann a.O. (oben Anm. 1) 72, welche die Notiz dem Pappos (Ende 3. Jh. n. Chr.) zuschreiben. Der Kommentar ist in zwei Fassungen erhalten: A. Tihon, Le ‘Petit commentaire’ de Théon d’Alexandrie aux tables faciles de Ptolémée (Città del Vaticano 1978); A. Tihon, Le ‘Grand commentaire’ de Théon d’Alexandrie aux tables faciles de Ptolémée, Livre I ff. (Città del Vaticano 1985ff.). Zur handschriftlichen Überlieferung der Poleis episemoi s. bes. P. Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 221–225; ferner H. Usener a.O. (oben Anm. 33) 363–365; E. Honigmann a.O (oben Anm. 1) 73ff., 193 und 209; F. Boll, Beiträge zur Überlieferungsgeschichte der griechischen Astrologie und Astronomie, in: Sitzungsberichte der bayerischen Akademie der Wissenschaften Phil.-hist. Klasse (1899,1), bes. 112–138 zum Cod. Vatic. Graec. 1291; M.G. Schmidt a.O. (oben Anm. 1) 209ff.; eine eingehende Untersuchung der Unzialkodizes bei A. Tihon a.O. (oben Anm. 1).
141
Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
Poleis episemoi. Tabellenartig in zwei Spalten mit drei Kolumnen (Städte namen, Länge, Breite) angeordnet. Die Reihenfolge, die sich eng an diejenige im 8. Buch der Geographie anlehnt, ist durch Blattversetzung gestört (fol. 68 gehört hinter fol. 70) und durch ein falsch eingebundenes Blatt mit astronomischen Tabellen (fol. 71) unterbrochen; es fehlen die Städte Griechenlands und Westafrikas (Kan. 10,1–12,1) sowie von Indien und Ostasien (Kan. 23,2–26), was jeweils ca. 1 Folium entspricht; dafür sind auf fol. 72v/73r die Städte von Antiocheia bis Arabias emporion (Kan. 18,2–20,1) doppelt angeführt – entspricht wiederum ca. 1 Folium. Der Codex enthält ausserhalb der Tabellenränder zahlreiche aus dem Ortskatalog der Geographie interpolierte, ebenfalls durch Koordinaten bestimmte zusätzliche Städte. Von Honigmann a.O. 209–224 transkribiert. – Cod. Vaticanus Graecus 1291 (V*): Pergamenthandschrift in Kleinfolioformat (28 20 cm), um 820 in sorgfältiger Unziale geschrieben, enthält auf 95 Folien die Procheiroi kanones, darunter auf fol. 17v–21v den Kanon der Poleis episemoi, in drei Spalten angeordnet (Städtenamen, Länge, Breite); ähnlich aufgebaut wie der Cod. Leidensis. Einzig vollständige, kaum durch Interpolationen erweiterte, aber mit zahlreichen Fehlern behaftete Handschrift mit mehreren Umstellungen in der Reihenfolge;37 im Anschluss an die eigentliche Liste (fol. 17v–21r) folgt von erster Hand eine Reihe von Nachträgen (fol. 21r–21v). Die Hs. ist offenbar sehr früh nach Italien gekommen und hat keine Abschriften. Von Honigmann a.O. 193–208 transkribiert. – Cod. Florentinus Laurentianus Graecus 28.26 (F*): Unzialhandschrift, Ende 9. Jh., in der aber die ursprüngliche Fassung des Kanons der Poleis episemoi verlorengegangen und auf fol. 51–54 durch eine Fassung in Minuskelschrift aus dem 14. Jahrhundert ersetzt worden ist (f*). In dieser Liste fehlen die Städte des Inneren Afrika sowie von Kleinasien und Sarmatien (Kan. 14,1– 16,8); dies entspricht ca. 2 Folia. Die Hs. f* ist nicht sehr sorgfältig geschrieben und enthält zahlreiche Interpolationen aus dem Ortskatalog der Geo graphie. Nach Schnabel geht ‘die grosse Masse der jungen Handschriften auf Kopien des Florentinus zurück.’38 – In einem vierten Unzialcodex der Procheiroi kanones, dem Cod. Venetus Marcianus Graecus 331 (M*; ebenfalls aus dem 9. Jh.), ist vom Kanon der Poleis episemoi nur ein einziges Blatt (fol. 1r/v) erhalten.39 Es zeigt in ungestörter Reihenfolge die Städte im Bereich der Britischen Inseln bis Moesia Inferior (Kan. 1,1–9,4), mit Ausnahme von Dakien (Kan. 9,2) auf und weist keinerlei Marginalien oder Einschübe auf. Zu den Handschriften kommt ein unscheinbares, für die Überlieferungsgeschichte jedoch bedeutsames, wohl aus Fayum stammendes Papyrusfragment hinzu: 37
38 39
142
Honigmann a.O. (oben Anm. 1) 78 zählt ein Mehr von 17 und ein Weniger von 3 Städten; zur Reihenfolge vgl. Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 223f. und Mittenhuber a.O. (oben Anm. 22) 35f. Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 223. Tihon a.O. (oben Anm. 1) 57 und 67.
A. Stückelberger/F. Mittenhuber/L. Koch
2.2 Kanon bedeutender Städte
– Pap. Rylands Nr. 522 (P*, Anf. 3. Jh. n. Chr.; der einzige bis anhin gefundene Ptolemaios-Papyrus geographischen Inhalts):40 Er enthält in 50 meist bruchstückhaften Zeilen Angaben aus dem Bereich der 2.–6. Europakarte: Erhalten sind in der linken Spalte Reste der Koordinatenangaben zu den Städten der Tarraconensis und der vier gallischen Provinzen (Kan. 2,3–4,1 tit.); die rechte Spalte enthält fast vollständig die Städtenamen der beiden Pannonien, von Illyrien, Italien und Korsika (Kan. 5,4–6,2) sowie Reste der Koordinatenangaben im Bereich der illyrischen Städte. Der Papyrus führt mit Pisa (Geogr. 3,1,48) und Praeneste (l.c. 3,1,61) bereits einige aus dem Ortskatalog übernommene, über den ursprünglichen Bestand des Kanons hinausgehende Städte an und weist zudem bei den Koordinatenangaben eine Reihe von X-Varianten auf. Er stellt somit ein schönes Zeugnis dar für frühe geographiekundliche Aktivitäten im Heimatland des Ptolemaios und beweist zudem die frühe Aufspaltung der Überlieferung der Geographie in eine Vund eine J-Rezension. Aufgrund der Überlieferung ergibt sich im Kanon ein Grundbestand von 367 Orten; dieser geht somit etwas über den im 8. Buch der Geographie überlieferten Bestand von 358 Poleis episemoi hinaus.41 Dazu kommen noch 150 in der späteren Tradition hinzugesetzte Orte, die sämtlich dem Ortskatalog der Geographie entnommen sind.42 Die meisten dieser Zusätze betreffen – soweit sich aus dem vielfach defekten Zustand der Hss. ersehen lässt – bezeichnenderweise den östlichen Mittelmeerraum, d.h. den griechisch orientierten Kulturbereich, während aus dem lateinisch orientierten Westen kaum Ergänzungen zu verzeichnen sind. Eine Musterung der Koordinaten des Kanons ergibt meist eine recht gute Übereinstimmung mit denjenigen der Geographie, wobei die Übereinstimmung mit dem Ortskatalog grösser ist als mit dem 8. Buch: Nur ein knappes Dutzend oft korrupter Kanonwerte des Grundbestandes weichen erheblich von den in der Geographie überlieferten ab.43 Ferner zeigen sich im Kanon deutliche Einflüsse der J-Rezension: So sind alle 12 Städte, die in der Geographie in der V-Rezension ausgefallen und nur durch die Hss. XAZ belegt sind, im Grundbestand des Kanons angeführt. Zudem liegen von den gut 200 Fällen,44 in welchen die Hs. X im 8. Buch deutlich andere Längen- oder Breitenwerte anführt als die V-Rezension, in etwa 90 Fällen (bzw. 45%) die X-Koordinaten näher bei den Kanonwerten. 40
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Vgl. Catalogue of the Greek and Latin Papyri in the John Rylands Library 3, ed. C. H. Roberts (Manchester 1938) 142–146 + Plate 4. Beim Kanon gehören folgende 9 im Text der Hs. V* überlieferte Städte mit zum Grundbestand: Arelate, Carnuntum, Regium Iulium, Apollonia, Amastris, Anemurion, Tyros, Sebaste, Parsis. Nicht mit eingerechnet sind die zwei nur auf den Karten der Geographie als Poleis epi semoi bezeichneten Städte Panormos und Ikonion. Die Kanon-Handschriften weisen ausserdem einige Merkmale auf, die direkt aus einer Kartenvorlage übernommen zu sein scheinen, z.B. einzelne Ländernamen mit Koordinatenangaben. Jeweils in den Anmerkungen zur Übersetzung vermerkt. Gelegentlich sind diese Werte jedoch plausibler, so z.B. bei Auzakia (Kan. 22,1). Nicht eingerechnet die 73 Fälle, in denen eine offensichtlich korrupte X-Variante in unserer Ausgabe in den Apparat versetzt worden ist.
143
Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
Auf das Ganze gesehen, ist der Grundbestand des Kanons strukturell mit dem 8. Buch der Geographie verwandt und steht in engem Verhältnis zur J-Rezension; das Datenmaterial steht jedoch dem Ortskatalog näher. Im Kanon ist keine Datentransformation aus dem 8. Buch erfolgt; vielmehr bildet der Kanon einen vorgängig erstellten Grundstock von Daten, der in den Ortskatalog sowie – in umgerechneter Form – in das 8. Buch der Geographie eingeflossen ist. Die zahlreichen unterschiedlich angeordneten Ergänzungen in der handschriftlichen Überlieferung, die bereits im Pap. Rylands 522 fassbar sind, spiegeln die Benutzung und Weiterführung der Kanonlisten seit frühesten Zeiten wider. Im Gegensatz dazu ist der Bestand an Orten im 8. Buch der Geographie vergleichsweise konstant und seine Struktur infolgedessen intakt geblieben.
Abb. 1: Der Papyrus Rylands No. 522 (Anf. 3. Jh. n. Chr.): Kanon bedeutender Städte 2,3–6,2 (Tarraconensis – Korsika); vgl. oben Anm. 40.
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A. Stückelberger/F. Mittenhuber/L. Koch
2.2 Kanon bedeutender Städte
Abb. 2: Seite aus dem Cod. Vat. Graec. 1291 (um 820), fol. 18v: Kanon bedeutender Städte 4,1–10,1 (Germanien – Makedonien).
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Kap. 2 Quellen und Kanon der Poleis episemoi
2.2 Text des Kanons der Poleis episemoi Die besondere Bedeutung des Kanons der Poleis episemoi besteht darin, dass hier eine weitgehend selbständige, von der späteren Tradition der Geogra phie unabhängige Überlieferung vorliegt. Dieser Kanon weist – abgesehen von den offenbar schon früh erfolgten Nachträgen – weitgehend denselben Bestand an Städten auf wie das 8. Buch der Geographie. Er unterscheidet sich aber wesentlich von dieser Liste durch den Umstand, dass alle Längenund Breitenangaben – wie in der oben zitierten Syntaxis-Stelle 2,13 angekündigt – in Graden verzeichnet sind. Es drängt sich daher von selbst auf, diese ‘moderneren’ Angaben mit den Stundenwerten im 8. Buch der Geographie zu vergleichen. Die vorliegende Textausgabe des Kanons der Poleis episemoi stützt sich vornehmlich auf die beiden vollständigsten Unzialcodices, auf den mit zahlreichen Zusätzen versehenen Leidensis Graecus 78 (L*) und den nicht interpolierten, aber z.T. weniger zuverlässigen Vaticanus Graecus 1291 (V*), die allgemein als die bedeutendsten anerkannt sind und bereits von Honigmann transkribiert wurden.45 Vielfach herangezogen werden die Minuskelersatzblätter des Florentinus Laurentianus Graecus 28.26 (f*), die offensichtlich auf einer qualitätvollen Vorlage basieren, sowie das einzig erhaltene Blatt des Cod. Venetus Marcianus Graecus 331 (M*). Für Kan. 2,3–6,2 bietet der Pap. Rylands 522 einige beachtenswerte Koordinaten-Varianten und Zusätze. Anders als es Honigmann getan hat, der die beiden Codices V* und L* getrennt transkribiert hat, sei hier aber versucht, unter Ausnützung der handschriftlichen Tradition einerseits den Urbestand des ptolemäischen Kanons herauszuarbeiten, und anderseits auch die frühen, auf einer Auswertung des Ortskataloges basierenden Zusätze zu dokumentieren. Dabei drängte sich eine Gegenüberstellung zu den im 8. Buch der Geographie angeführten Poleis epise moi auf. Da sich die Verzeichnisse des 8. Buches und des selbständigen Kanons in der Überlieferung wechselseitig beeinflusst haben und zudem die Reihenfolge der Städte im Kanon vielfach gestört ist, lässt sich allerdings ein ursprünglicher Zustand des Kanons nur mit Vorbehalt rekonstruieren.
45
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Vgl. Honigmann a.O. (oben Anm. 1) 193–224.
Kan∆n pÒlevn §pisÆmvn / Kanon bedeutender Städte Griechisch–Deutsch Herausgegeben von Lutz Koch/Florian Mittenhuber unter Mitarbeit von Alfred Stückelberger
Kan∆n pÒlevn §pisÆmvn Zum griechischen Text Die Überlieferung des Kanons der Poleis episemoi ist in den hier zu Grunde gelegten Unzialkodizes, die anhand von Mikrofilmen neu kollationiert wurden, sowohl in der Anordnung wie auch in der Schreibweise der Namen und Koordinaten ungleich viel stärker verderbt als die entsprechenden Angaben in den bedeutend jüngeren Handschriften des 8. Buches der Geographie. Vermengung von Städten mit Ländernamen, unsinnige Zahlenkombinationen, bis zur Unkenntlichkeit verunstaltete Namen u.a. zeugen von einem geringen Verständnis der Abschreiber sowie von unsauberen und bereits konfusen Vorlagen. Die Reihenfolge der Orte ist in den Handschriften durch Blattversetzungen (z.T. bereits in der Vorlage), durch Wiederholungen, Zeilenvertauschungen, Zusätze oder Auslassungen vielfach gestört; sie lässt sich jedoch für einen in allen Handschriften vorhandenen Grundbestand rekonstruieren. Im Folgenden wird die Reihenfolge dieses Grundbestandes von rund 360 Orten als Ordnungsprinzip zu Grunde gelegt. Abweichungen zum fast identisch strukturierten 8. Buch der Geographie werden speziell angemerkt. Darüber hinaus verzeichnen die Handschriften des Kanons rund 150 spätere Zusätze, v.a. in L* und f*, aber auch in P* sowie in einer Reihe von Nachträgen am Ende von V*. Diese werden jeweils am Schluss des jeweiligen Landes gemeinsam, und zwar in der Reihenfolge des Ortskataloges der Geographie angeführt und durch die entsprechenden Siglen markiert. Die orthographisch (meist durch Majuskelfehler) oft verunstalteten Namen, die aber bisweilen richtige Bestandteile erkennen lassen, wurden – soweit dies unter Beizug anderer Quellen möglich war – korrigiert. Gänzlich verderbte, nicht korrigierbare Namen(-bruchstücke) werden ohne Akzentuierung wiedergegeben. Bei den Koordinaten weisen die Handschriften zahlreiche Differenzen auf. In der vorliegenden Ausgabe wurden die sicher auszumachenden, offensichtlich durch Verwechslung von Majuskeln oder Grad- und Bruchangaben verfälschten Angaben im Text korrigiert. In den übrigen Fällen wurde der überlieferte Text belassen; in unentschiedenen Fällen wurde der Lesart der von uns mehr gewichteten Leithandschrift L* der Vorzug gegeben. In den Partien, die in L* entfallen, musste der Text auf Basis von V* und f* hergestellt werden. M* und P* sind vollständig berücksichtigt, f* wird nur subsidiär herangezogen, um die Überlieferung der Hauptzeugen zu stützen; allerdings sind die nur in f* enthaltenen Zusätze zum Bestand des Kanons sämtlich angeführt. Die Städteliste des 8. Buches der Geographie wurde weitgehend aus unserer Textausgabe übernommen. Allerdings ist in den Fällen, in welchen dort der Text korrigiert wurde, hier der ursprüngliche Text beibehalten worden.
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Kanon bedeutender Städte Zur Übersetzung Die Überlieferung des Kanons der Poleis episemoi ist ausserordentlich korrupt. Die Reihenfolge der Orte ist z.T sehr unterschiedlich; die Namen und die Zahlen sind durch Majuskelverwechslungen, Auslassungen und Vertauschungen vielfach gestört, lassen aber oft richtige Bestandteile erkennen. In der vorliegenden Übersetzung sind die Städtenamen in Anlehnung an den griechischen Text transkribiert; dort wurden – soweit als möglich – die offensichtlichsten in den Handschriften überlieferten Fehler korrigiert. Bei den oft sehr divergierenden Koordinatenangaben wurden die plausibelsten in den Text gesetzt. Die Gradangaben, die im griechischen Text aus ganzen Zahlen und Brüchen bestehen, wurden – wie auch sonst in unserer Textausgabe – in Grade und Minuten umgesetzt. In den Hss. L*, M* und f*, aber auch in P* sowie am Ende von V* sind zahlreiche, nicht zum Grundbestand des Kanons gehörende Städte aus dem Ortskatalog der Geographie übernommen worden; diese späteren Zusätze sind von uns in der ersten Spalte mit den entsprechenden Siglen markiert worden. Zum Vergleich wurden in der mittleren Spalte die Angaben der Städteliste des 8. Buches der Geographie angeführt. Dabei wurden die im 8. Buch fehlenden, aber zum Grundbestand gehörenden Orte in < > ergänzt; die nicht zum Grundbestand gehörenden Orte hingegen sind durch [ ] gekennzeichnet. Bei den späteren Zusätzen des Kanons wurden in [ ] die entsprechenden Orte des Ortskataloges hinzugesetzt. Da die im 8. Buch angeführten Breiten- und Längenangaben (Dauer des längsten Tages für die Breite; Stundenwinkel der Entfernung von Alexandria nach W oder O für die Länge) recht unübersichtlich sind, wurden sie – um Vergleichungen zu erleichtern – in Grade umgerechnet. Dabei ist bei den Längen angaben zu beachten, dass für die Entfernung Alexandrias vom Nullmeridian durch die Insulae Fortunatae nach Geogr. 8,15,10 ein runder Wert von 4 h = 60° angesetzt wird, während nach dem Ortskatalog Geogr. 4,5,9 Alexandria eine Länge von 60° 30ʹ aufweist, was einem Stundenwinkel von 4 1⁄30 h entsprechen würde; dabei rechnet X meist mit einer Länge von Alexandria von 60° 30ʹ (vgl. die Variantendiskussion zum 8. Buch, Textband S. 44). Bei den hinzugesetzten Breitenkoordinaten muss man sich bewusst sein, dass es sich um Rückrechnungswerte aus Stundenwerten handelt, die ihrerseits aus Koordinatenangaben errechnet wurden (dazu oben S. 140), was zu einer Akkumulation von Rundungsdifferenzen führt. Dazu kommt, dass die vielen präzisierenden Zugaben engista/annähernd (‹) und kai ti/gut (›) numerisch unbestimmt sind. Da nun die Breitenwerte in Abhängigkeit von der Tageslänge in tiefen Breitenlagen in einer sehr steilen Kurve zunehmen, haben minime Rundungsdifferenzen bei der Rückrechnung auf Gradwerte unverhältnismässig grosse Abweichungen (bis zu 1 ⁄2°) zur Folge. Um einen möglichst vollständigen Vergleich zu ermöglichen, wurden schliess lich in der rechten Spalte die Koordinaten aus dem Ortskatalog Geogr. 2,2–7,4 hinzugesetzt. 149
Kap. 2.2 Kanon bedeutender Städte
Conspectus siglorum Canon urbium insignium
Urbes insignes Geographiae libri VIII
L* = Cod. Leidensis 78, fol. 66r–74v V* = Cod. Vaticanus Graecus 1291, fol. 17v–21v M* = Cod. Venetus Marcianus Graecus 331, fol. 1r/v f* = Cod. Florent. Laurentianus 28.26, fol. 51r–54v P* = Pap. Rylands 522 (saec. III) < > his uncis addenda indicantur [ ] his uncis secludenda indicantur V*L*f* urbs: sic urbes in codicibus quibusdam posterius additae indicantur
U = Cod. Vaticanus Urbinas Graecus 82 K = Cod. Seragliensis GI 57 V = Cod. Vaticanus Graecus 177 R = Cod. Venetus Marcianus Graecus Z. 516 X = Cod. Vaticanus Graecus 191 A = Cod. Vaticanus Palatinus Graecus 388 ( ) his uncis codicis X lectiones indicantur [ ] his uncis codicum secundariorum urbes indicantur ‹ = ¶ggista › = ka¤ ti - = distat in occasum
Scholium ad usum canonis1 ÖIsyÉ ˜ti tÚ m¢n m∞kow §n t“ Dutik“ ÉVkean“ …w prÚw énato, tÚ d¢ plãtow toË fishmerinoË kÊklou …w prÚw tåw êrktouw: ≤ d¢ katagrafØ ka‹ toË mÆkouw ka‹ toË plãtouw moir«n dhlo› posÒth: ˜sai oÔn pÒleiw §n t“ mÆk ple¤ouw éf¤sta mo¤ énatolik≈tera¤ efisin ka‹ ˜sai ∏tton éf¤sta dutik≈ efisin.
1
scholium supra columnas adscripsit L*: om. V*M*f*, sed integrum praebet Cod. Parisinus 2399 ex L* descriptus
150
Conspectus siglorum
Verzeichnis der Signaturen Kanon bedeutender Städte
Bedeutende Städte im 8. Buch der Geographie
wichtigste zu Grunde gelegte Unzialhandschriften aus dem 9. Jh. L* Cod. Leidensis 78 V* Cod. Vaticanus Graecus 1291 M* Cod. Marcianus Graecus 331 (1 Blatt) f* Cod. Florent. Laurentianus 28.26 (Ersatzblätter aus dem 14. Jh.) P* Pap. Rylands 522 (3. Jh. n. Chr.) in < > Ergänzungen in [ ] fremde Elemente hochgestellte Siglen bezeichnen spätere Zusätze der Handschriften, z.B.: L* Tamia
Textgrundlage wie in der neuen Ptolemaios-Edition V Hss. U, K,V, R X, A J-Rezension mit Überarbeitungen in ( ) abweichende X-Werte in < > zum Grundbestand gehörende Ergänzungen in [ ] nicht zum Grundbestand gehörende Orte in [ ] im Kanon angeführte, aus dem Ortskatalog (Geogr. 2,2–7,4) übernommene Zusätze ‹ annähernd › gut (Präzisierungen in den V-Hss.)
Scholium zur Benutzung der Liste1 Zum Verständnis: Die Länge wird von den Inseln der Seligen/Kanarischen Inseln im Westlichen Ozean beginnend nach Osten gezählt, die Breite vom Äquator nach Norden. Die nachfolgende Aufstellung zeigt die jeweilige Anzahl der Längen- und Breitengrade; hinsichtlich der Länge liegen Städte mit höheren Gradwerten weiter östlich, solche mit geringeren Gradwerten weiter westlich.
Das Scholium ist nur in der Handschrift L* überliefert.
1
151
Kanon bedeutender Städte1,1–1,3
Titulus Kan∆n pÒlevn §pisÆmvn
Gevgrafik∞w ÍfhgÆsevw bibl¤on hʹ Kef. gʹ–khʹ
Europae tabula I EÈr≈phw1
1
Brett2
m∞kow
plãtow
8,3 Pr«tow p¤naj t∞w EÈr≈phw: distat horae Brettanika‹ n∞soi ab Alex. diei solst.
l°
jg°
8,3,3 YoÊlh n∞sow
ny° Ldʹ
8,3,4 t∞w ÉIouern¤aw nÆsou ÑRa¤ba -g eʹ
nh° gʹ6
ÉIouern¤w
1,3 ÉAlou¤vnow nÆsou Bretta PtervtÚn stratÒpedon7 kz° dʹ KatouraktÒnion k°
ny° gʹ nh°
8,3,6 t∞w ÉAlou¤vnow nÆsou PtervtÚn stratÒpedon -b ˚ʹ KatouraktÒnion -b goʹ
ih Lʹ ih
ÉEbÒrakon Lond¤nion8 DoËmna n∞sow9 OÎhktiw10 n∞sow L* Tam¤a L* OȤnnvn (i.e. OÈinnooÊion)
k° k° l° iy° gʹ ke° iz° Lʹ
nz° gʹ nd° ja° nb° gʹ ny° gʹ ng°
ÉEbÒrakon Lond¤nion DoËmna n∞sow OÎhktiw n∞sow
iz Lgʹ iz iy i˚ goʹ
L*
KamoulÒdonon
ka°
ne°
L*
NoiÒmatow (i.e. NoiÒmagow)
iy° Ldʹ ng°
1,1 YoÊlh n∞sow3
4
1,2 ÉIouerne¤aw nÆsou Bretta ÑRa¤ba ib°
ÉIerne¤w5
ia°
-b
k ih Lʹ (ih Libʹ)
-g dʹ (-g eiʹ) ih
-b goʹ -b goʹ -b -b goʹ
EÈr≈ph ˜lhw V* 2 sic L*, qui provincias et in marg. indicat: om. V*M*f* 3 …r k in marg. L* 4 ÉIouerne¤aw nÆsou m°shw ia°/nh° gʹ V* 5 sic V*: ÉIaerniw et iam supra aerniw L* 6 nh° V*; cf. ad Geogr. 8,3,3sq. 7 stratÒp L*, unde et straton V* 8 LindÒnion V*M*f* 9 j°: …r iy in marg. L* 10 sic V*M*: OȤkth L*f* 1
152
Europa, 1. Karte
Titel Kanon bedeutender Städte (Teil der Procheiroi kanones)
Bedeutende Städte im 8. Buch der Geographie Kap. 3–28
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 2,2–7,4
Städteliste Geogr. 8,3
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 2,2–3
Europa, 1. Karte Kanonliste
1. Britannien
Länge Breite
8,3: 1. Karte Europas: Britische Inseln
Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
1,1 Insel Thule
30° 63°
8,3,3 Insel Thule
30°
62° 57ʹ
30° 20ʹ 63°
59° 32ʹ (59° 46ʹ) 57° 59ʹ
12°
59° 45ʹ
11°
58° 10ʹ
27° 30ʹ
59° 32ʹ
20°
57° 59ʹ
27° 15ʹ 59° 20ʹ 20° 58°
20°
57° 24ʹ3
1,2 auf Hibernia, einer britischen Insel 12° 59° 45ʹ Raeba Hibernis
11°
58° 20ʹ
1,3 auf Albion, einer britischen Insel Pteroton stratopedon 27° 15ʹ 59° 20ʹ 20° 58° Katuraktonion Eborakon Londinion Insel Dumna Insel Vektis L* Tamia L* Vinnovion
20° 57° 20ʹ 20° 54° 30° 61° 19° 20ʹ 52° 20ʹ 25° 59° 20ʹ 17° 30ʹ 53°
8,3,4 auf der Insel Hibernia 12° Raeba2 Hibernis 8,3,6 auf der Insel Albion Pinnata Castra Cataractonium/ Catterick Eboracum/York Londinium/London Insel Dumna/Lewis Insel Vectis/Wight [Tamia 2,3,13] [Vinovia/Binchester 2,3,16]
11° 15ʹ (11°)
20° 54° 30°
60° 52ʹ
20°
52° 22ʹ
20° 57° 20ʹ 20° 54° 30° 61° (20ʹ) 19° 20ʹ 52° 20ʹ 25° 59° 20ʹ 17° 30ʹ 58° (50ʹ) 21° (15ʹ) 55°
L*
Kamulodonon
21° 55°
L*
Noiomagos
19° 45ʹ 53°
2
Geogr. 8,3,4–9 ordnet die Städte anders: Hibernis – Raeba – Londinion – Eboracum – Cataractonium – Pinnata Castra. Der Ort ist nur in der Handschrift A als bedeutende Stadt aufgeführt.
3
[Camulodunum/ Colchester 2,3,22] [Noviomagus/Chichester 2,3,28]
19° 45ʹ 53° 25ʹ (10ʹ)
153
Kanon bedeutender Städte2,1–2,3
Europae tabula II 2
m∞kow
plãtow
2,1 Lousitan¤aw ÑIspan¤aw1 AÈgoÊsta ÉHmer¤ta N«rba Kaisãreia2
h° z° Lgʹ
ly° Lʹ ly° Lgibʹ3
8,4,3 t∞w Lousitan¤aw AÈgoÊsta ÉHmer¤ta N«rba Kaisãreia
2,2 Baitik∞w ÑIspan¤aw4 ÜIspaliw5
z° dʹ
lz° Lgʹ6
8,4,4 t∞w Baitik∞w ÑIspan¤aw ÜIspaliw -g Lʹ (-g Lkʹ)
y° gʹ h° Lgʹ ih° Lʹ
lh° gʹ7 lz° Lʹ8 (vacat)
KordÊbh L* Malãxh (i.e. Mãlaka) L* PtÊosa n∞sow
2,3 Tarrakvnhs¤aw ÑIspan¤aw9 ÉAstoÊrika AÈgoÊsta y° Lʹ Karxhd∆n N°a11 ib° dʹ
8,4 DeÊterow p¤naj t∞w EÈr≈phw: ÑIspan¤a pçsa §n tris‹n §parx¤aiw
KordÊbh
distat horae ab Alex. diei solst.
-g Lʹ -g Lʹ
id Lgʹ ‹ id Lgibʹ (id Lgibʹ) id goʹ
-g gieʹ (-g gibʹ) id goʹ
md°10 lz° Lgibʹ12
8,4,5 t∞w Tarrakvnhs¤aw ÑIspan¤aw ÉAstoÊrika AÈgoÊsta -g gieʹ N°a Karxhd≈n -g ˚ʹ (-g eʹ)
‹ ie gibʹ id goʹ
Tarrãkvn13
i˚° gʹ
m° goʹ14
Tarrãkvn
-b Lgibʹ (-g)
‹ ie
Kloun¤a
ia°
mb°
Kloun¤a
-g dʹ (-g gʹ)
ie hʹ
Kaisãreia AÈgoÊsta15 Gãdeira17 n∞sow
id° Lʹ e° Lʹ18
ma° Lʹ l˚° ˚ʹ19
KaisaraugoÊsta16 Gãdeira n∞sow
-g ieʹ -g goʹ
ie ibʹ id Lʹ
ly° Lʹ (scil. ad Emeritam) add. L* 2 N«rba Ka¤sarow V*M* 3 z° Leʹ/ly° Libʹ V* 4 z° dʹ/lz° Lgʹ (scil. ad Hispalin) add. L* 5 ispane V* 6 lz° igʹ hic L*, sed cf. supra ad Baeticam; z° Ldʹ V*, z° Lʹ M* 7 lh° ibʹ V*M*f*; etiam BourloÊbh y° gʹ/lh° Lʹ habet L* 8 sic scripsi: lh° Lʹ L* 9 Tarrakvn¤aw L* 10 hic incipit P* 11 N°a om. M*f* 12 lz° Libʹ V*, lz° Ldʹ M* 13 Katarrak«n L* 14 m° gʹ V* 15 AÈgoÊstou L* 16 Kaisãreia AÈgoÊsta VRXA 17 sic f*: Gãdhra V*M*, Gãdira L* 18 e° ˚ʹ M* 19 l˚° Lʹ V* 1
154
Europa, 2. Karte
Europa, 2. Karte Kanonliste
2
Städteliste Geogr. 8,4
Länge Breite
8,4: 2. Karte Europas: Gesamtes Spanien in drei Provinzen
2,1 in Hispania Lusitania 8° Augusta Emerita Norba Kaisareia 7° 50ʹ
39° 30ʹ 39° 55ʹ
8,4,3 in Lusitanien Augusta Emerita/Mérida4 Norba Caesarina/Cáceres
2,2 in Hispania Baetica Hispalis 7° 15ʹ
37° 50ʹ
8,4,4 in Hispania Baetica Hispalis/Sevilla
Kordybe Malaka L* Insel Pityusa L*
9° 20ʹ 38° 20ʹ 8° 50ʹ 37° 30ʹ 18° 30ʹ fehlt
Corduba/Córdoba [Malaca/Málaga 2,4,7] [Pityussae/Pityusen 2,6,77]
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 2,4–6 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
7° 30ʹ 7° 30ʹ
39° 20ʹ ‹ 40° 7ʹ (40° 7ʹ)
8° 39° 30ʹ 7° 50ʹ 39° 55ʹ
7° 30ʹ (7° 15ʹ) 9° (9° 15ʹ)
37° 43ʹ
7° 15ʹ 37° 50ʹ
37° 43ʹ
9° 20ʹ 38° 05ʹ 8° 50ʹ 37° 30ʹ (10ʹ)
2,3 in Hispania Tarraconensis Asturika Augusta 9° 30ʹ 44° Karchedon Nea 12° 15ʹ 37° 55ʹ
8,4,5 in Hispania Tarraconensis Asturica Augusta/Astorga 9° Carthago Nova/Cartagena 12° 30ʹ
‹ 44° 22ʹ 37° 43ʹ
9° 30ʹ 44° 12° 15ʹ 37° 55ʹ
Tarrakon
16° 20ʹ 40° 40ʹ
Tarraco/Tarragona
‹ 40° 52ʹ
16° 20ʹ 40° 40ʹ
Klunia
11° 42°
Clunia/Peñalba de Castro
Kaisareia Augusta Insel Gadeira
14° 30ʹ 41° 30ʹ 5° 30ʹ 36° 10ʹ
Caesaraugusta/Zaragoza Insel Gades/Cádiz6
4 5
6
(12° 30ʹ)5 16° 15ʹ (15° 30ʹ) 11° 15ʹ (10° 30ʹ) 14°
41° 58ʹ
11° 42°
41° 37ʹ
5°
36° 1ʹ
14° 15ʹ 41° 30ʹ 5° 10ʹ 36° 10ʹ (40ʹ)
Die Reihenfolge der Städte Lusitaniens ist in Geogr. 8,4,3 vertauscht. Hier und in weiteren Fällen sind im griechischen Text in V und in X unterschiedliche Längenwerte überliefert, die aber in der Umrechnung (Länge von Alexandria in V = 60°, in X = 60° 30ʹ) zu denselben Werten führen. Die eigentlich zur Provinz Baetica gehörende Insel wird in Geogr. 8,4,5 und im Kanon ganz am Schluss der spanischen Städte angeführt.
155
Kanon bedeutender Städte3,1–3,4
Europae tabula III 3
m∞kow
3,1 Gall¤aw ÉAkouitan¤aw Mediolãnow Bourd¤gala2
iz° goʹ1 m˚° Ldʹ ih°3 me° Lʹ4
8,5,3 t∞w ÉAkouitan¤aw Keltogalat¤aw Mediolãnion -b Lgʹ Bourd¤gala -b Lgʹ
3,2 Lougdounhs¤aw5 AÈgoustÒdounow
kg° gʹ6
m˚° ˚ʹ
8,5,5 t∞w Lougdounhs¤aw Gall¤aw AÈgoustÒdounon -b gibʹ (-b Lʹ) ie Ldʹ (ie goʹ)
LoÊgdounon7
kg° dʹ
me° gʹ8
LoÊgdounon
plãtow
9
‹ -b Lʹ (-b Lʹ)
ie Ldʹ ie Lʹ
ie goʹ (ie Lʹ)
10
3,3 Belgik∞w Gall¤aw
GhsoriakÒn11
kb° Lʹ
DourokÒtoron13
kg° Ldʹ mh° Lʹ14
ng° Lʹ12
3,4 Narbvnhs¤aw16 Massal¤a17
kd° Lʹ
mg° ibʹ18
Narb≈n ÉAr°laton19 OȤenna20 N°mausow
ka° Lʹ kb° Ldʹ kg° kb°
mg° dʹ mg° gʹ me° md° Lʹ21
L*
FÒrow ÉIoÊliow
k˚° ˚ʹ
mb° Ldʹ
L*
Beterra¤ (i.e. Baitira¤) ka° Lʹ22 mg° Lʹ OÈelent¤a (i.e. OÈalent¤a) kg° md° gʹ23
L*
8,5 Tr¤tow p¤naj t∞w distat horae EÈr≈phw: ab Alex. diei solst. Gãllia §n t°trasin §parx¤aiw
8,5,6 t∞w Belgik∞w Gall¤aw [ÉOrigiakÒn -b Lʹ (GhsoriakÒn -b Lʹ DourokÒttoron15
i˚ Lʹ] i˚ Lgʹ)
-b gibʹ (-b Lʹ) i˚
8,5,7 t∞w Narbvnhs¤aw Keltogalat¤aw Massal¤a -b gibʹ (-b gieʹ) ie dʹ Narb≈n
-b Libʹ (-b Lʹ) ie dʹ
OȤenna N°mausow
-b dʹ (-b Lʹ) ie Lʹ -b Lʹ ‹ ie Lʹ (ie gibʹ)
1 iz° eʹ V*, iz° gʹ f* 2 Boud¤gala V*, Boug¤dala M* 3 ih° dʹ M* 4 m˚° Lʹ V*, m˚° gʹ f* 5 ih°/me° dʹ (scil. iterum ad Burdigalam) add. L*; LougdoÊnhsow V* 6 kg° L˚ʹ M* 7 LoÊgdounow V* 8 my° gʹ V* 9 sic M*: Keltik∞w L*, Beltik∞se V* 10 correximus: cf. ad Geogr. 2,7,1 11 GhsorgiakÒn M* 12 ng° gʹ V*M*f* 13 Dirok°rtoron V*, DourokÒrtoron M*; kl z in marg. add. L* 14 kg° dʹ/mh° gʹ V*, kg° ˚ʹ/mh° ibʹ M* 15 sic correximus sec. Geogr. 2,9,12: DourokÒttouron V, ÑRodokÒtgoron X 16 ellie p add. V*, fort. pro •ll‹w p (scil. ad Massiliam); cf. ad Geogr. 2,10,8 17 sic M*f*: Messal¤a L*, Nassal¤a V*; Tr¤korou vel ÉAgrikvr add. L*V*, fort. pro TrikÒrvn, quam gentem Plin. Nat.hist. 3,34 notat prope Massiliam; pÒliw •llhnikÆ add. f* 18 kd° gʹ/mg° dʹ V* 19 sic V*: ÉAr°latow et similia L*M*f* 20 sic M*: OȤerna L*, ÉIoÊerna V*, OȤaina f* 21 me° Lʹ V* 22 sic scripsi: ka° eʹ f* 23 ma° gʹ falso pro md° gʹ f*
156
Europa, 3. Karte
Europa, 3. Karte Kanonliste
3
Städteliste Geogr. 8,5
Länge Breite
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 2,7–10
8,5: 3. Karte Europas: Gallien in vier Provinzen
Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
3,1 in Gallia Aquitania Mediolanos 17° 40ʹ 46° 45ʹ 18° 45° 30ʹ Burdigala
8,5,3 in Gallia Aquitania Mediolanum/Saintes Burdigala/Bordeaux
17° 30ʹ 46° 50ʹ 17° 30ʹ 45°
17° 40ʹ 46° 45ʹ 18° 45°
3,2 in Lugdunensis Augustodunos 23° 20ʹ 46° 10ʹ
8,5,5 in Gallia Lugdunensis 23° 45ʹ (23°) 46° 50ʹ Augustodunum/Autun
23° 40ʹ 46° 30ʹ
Lugdunon
23° 15ʹ 45° 20ʹ
3,3 in Gallia Belgica Gesoriakon
22° 30ʹ 53° 30ʹ
Durokotoron
23° 45ʹ 48° 30ʹ
Lugdunum/Lyon 8,5,6 in Gallia Belgica [Origiacum (Gesoriacum/ Boulogne-sur-Mer Durocortorum/Reims
(46° 14ʹ) › 22° 30ʹ (23°) 46° 14ʹ (45°) 22° 30ʹ 22° 30ʹ
23° 45ʹ (23°) 48° 31ʹ
3,4 in Narbonensis Massalia 24° 30ʹ 43° 05ʹ
8,5,7 in Gallia Narbonensis 23° 45ʹ Massilia/Marseille
Narbon Arelaton Vienna Nemausos
21° 30ʹ 43° 15ʹ 22° 45ʹ 43° 20ʹ 23° 45° 22° 44° 30ʹ
Narbo/Narbonne 8 Vienna/Viennes Nemausus/Nîmes [Forum Iulium/ Fréjus 2,10,8] [Baeterrae/Béziers 2,10,9] [Valentia/Valence 2,10,12]
L*
Phoros Iulios
26° 10ʹ 42° 45ʹ
L*
Baitirai Valentia
21° 30ʹ 43° 30ʹ 23° 44° 20ʹ
L*
7 8 9
51° 29ʹ]7 53° 13ʹ)
43° 1ʹ (24° 30ʹ) 21° 15ʹ (23°) 43° 1ʹ
23° 15ʹ 45° 50ʹ 22° 51° 22° 45ʹ 53° 30ʹ 23° 45ʹ 48° 30ʹ 24° 30ʹ 43° 05ʹ
21° 43° 22° 45ʹ 43° 20ʹ 26° 15ʹ (23°) 45° 23°9 45° 22° 30ʹ ‹ 45° (44° 22ʹ) 22° 44° 30ʹ 26° 30ʹ 42° 45ʹ 21° 30ʹ 43° 30ʹ (15ʹ) 23° 44° 20ʹ (30ʹ)
Nur in den Handschriften der V-Rezension anstelle von Gesoriacum überliefert; vgl. dazu Geogr. 2,9,7 und 8,5,6. Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch. So der X-Wert in Geogr. 2,10,11 und 8,5,7, der durch den Kanon bestätigt wird; V hat hier den falschen Wert 26°, der sich auf Geogr. 8,5,7 ausgewirkt hat.
157
Kanon bedeutender Städte4,1–5,3
Europae tabula IV 4
m∞kow
plãtow
4,1 German¤aw1 ÉAmeis¤a2 Loupp¤a ÉEbourÒdounon4 Skand¤a n∞sow7
la° Lʹ ld° Ldʹ ly° md° Lʹ
na° Lʹ nb° Ldʹ3 mh° nh°
5
m∞kow
plãtow
5,1 ÑRait¤aw ka‹ OÈindelk8 Brigãntion9
l°
m˚°
8,6 T°tartow p¤naj t∞w EÈr≈phw: Megãlh German¤a
8,6,3 §n aÈtª ÉAmis¤a Loupp¤a ÉEbourÒdounon5 Skand¤a n∞sow
distat horae ab Alex. diei solst.
‹ -b -a goʹ (-a Ldʹ) -a gibʹ6 -a (-a ieʹ)
i˚ Lʹ i˚ Lgʹ (i˚ Libʹ) ie Lgibʹ ih
Europae tabula V 8,7 P°mptow p¤naj t∞w EÈr≈phw: ÑRait¤a ka‹ OÈindelik¤a, NvrikÒn, Pannon¤ai ênv ka‹ kãtv, ÉIllur‹w pçsa
lb° Lʹ11 m˚° gʹ
8,7,3 t∞w ÑRait¤aw Brigãntion 8,7,4 t∞w OÈindelk¤aw AÈgoÊsta OÈindelik«n
5,2 NvrikoË ÉArelãth ÉIoÊlion Kãrnikon14
le° mz° ld° Lʹ15 me° dʹ16
8,7,5 toË NvrikoË ÉArelãth12 ÉIoÊlion Kãrnikon
5,3 Pannon¤aw t∞w ênv17 PotooÊion18
lh° gʹ
me° Lʹ19
AÈgoÊsta OÈendelik«n10
Skarbant¤a21 ÖHmvna23
ly° Lʹ l˚°
mz°22 me° gʹ24
KarnoËnion25
ly°
mz°
distat horae ab Alex. diei solst.
-b
ie goʹ
-a Lgʹ
‹ ie Ldʹ (ie goʹ)
-a goʹ (-a goieʹ) ie Ldʹ13 -a goʹ (-a goieʹ) › ie Lʹ (ie Lʹ)
8,7,6 Pannon¤aw t∞w ênv PotÒbion20 -a Lʹ Skarbant¤a -a gʹ (-a gieʹ) ÖHmvna -a Lieʹ (-a goʹ)
ie Libʹ (ie Lieʹ) ie Lgʹ › ie Lʹ
ld° ˚ʹ/na° ˚ʹ (scil. ad Amisiam) add. L*; oliw (i.e. ˜lhw) add. V* 2 ÖAmisa L*M* 3 ld° Lʹ/nb° dʹ V*; Loug¤dia ly° Lʹ/ nb° dʹ M*, fort. pro Lugidunum (Geogr. 2,11,28). 4 ÉEbourÒdounow L* 5 sic correximus sec. Geogr. 2,11,30: ÑRobÒdounon V, ÑRoboÊdounon X 6 sic A: -a gʹ V, -b gʹ falso X 7 œr ih in marg. add. L* 8 ka‹ OÈindelk¤aw om. V* 9 Bringãntion L* 10 restitui sec. L* (ÉAgoÊsta OÈendielk«) et Geogr. 2,12,8 X: AÈgoustalik«n V*, ÉAgoÊsta Ofindelk¤a M*, ÉAgoÊsta Bindelk«n f* 11 sic V*: lb° ˚ʹ L*M*f* 12 sic correximus sec. Geogr. 2,13,3 X: ÉAredãth V, ÉAritlãth X 13 sic A: ie Lgʹ codd. cet. 14 sic f*: ÉIoÊnion Kãrnikon L*, ÉIoÊlion Karn¤kou V*, ÉIoÊlion Kãrnion M* 15 ld° ˚ʹ M* 16 m° Ldʹ V* 17 lz° gʹ/mz° dʹ add. L*; cf. infra ad Poetovium 18 sic V*: PoetooÊnion et similia L*M*f* 19 sic L*: lz° ˚ʹ/mz° dʹ V*, lz° L˚ʹ/ me° Lʹ M*, lz° gʹ/me° dʹ f*; Pasãbion lz° gʹ/mz° dʹ alibi inserit L*, PepooÊnvn lz° gʹ/mz° hic etiam f* 20 sic correximus sec. Geogr. 2,14,4 X: PataoÊion V, PetouoÊion X 21 Karbant¤a P*M* 22 me° dʹ V* 23 pÒliw add. M*f* 24 me° dʹ M*f*; lineam om. L* 25 sic V*: KarnoËnton M*, KarnoËntow f*; lineam om. L* 1
158
Europa, 4. Karte / Europa, 5. Karte
Europa, 4. Karte Kanonliste
4
Städteliste Geogr. 8,6
Länge Breite
4,1 in Germanien Ameisia 31° 30ʹ 51° 30ʹ Luppia 34° 45ʹ 52° 45ʹ 39° 48° Eburodunon Insel Skandia 44° 30ʹ 58°
8,6: 4. Karte Europas: Gross-Germanien
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 2,11 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,6,3 in Germanien › 30° Amisia 35° (34° 15ʹ) Luppia 38° 45ʹ Eburodunum10 45° (44° 30ʹ) Insel Scandia
51° 29ʹ 53° 13ʹ (51° 56ʹ) 47° 58ʹ 57° 59ʹ
Länge Breite
31° 30ʹ 51° 34° 30ʹ 52° 45ʹ 39° 48° 44° 30ʹ 58°11
Europa, 5. Karte Kanonliste
5
Städteliste Geogr. 8,7
Länge Breite
5,1 in Raetien und Vindelikien 30° 46° Brigantion Augusta der Vindelikier 5,2 in Norikon Arelate Iulion Karnikon
32° 30ʹ 46° 20ʹ
35° 47° 34° 30ʹ 45° 15ʹ
8,7: 5. Karte Europas: Raetien und Vindelikien, Noricum, Pannonia Superior und Inferior, ganz Illyrien
8,7,3 in Raetien Brigantium/Bregenz 8,7,4 in Vindelikien Augusta Vindelicorum/ Augsburg 8,7,5 in Noricum Arelape/Pöchlarn Iulium Carnicum/Zuglio
5,3 in Pannonia Superior Potovion 38° 20ʹ 45° 30ʹ
8,7,6 in Pannonia Superior Poetovio/Ptuj
Skarbantia Emona
39° 30ʹ 47° 36° 45° 20ʹ
Scarbantia/Sopron Emona/Ljubljana
Karnunion
39° 47°
12
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 2,12–16
Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
30°
46° 14ʹ
30° 46°
32° 30ʹ
‹ 46° 50ʹ (46° 14ʹ)
32° 30ʹ
46° 20ʹ
35° (34° 30ʹ) 46° 50ʹ 35° 47° 35° › 45° (45°) 34° 30ʹ 45° 15ʹ 37° 30ʹ 45° 38ʹ (45° 28ʹ) 40° (39° 30ʹ) 47° 24ʹ 36° 30ʹ › 45° (35° 30ʹ)
37° 40ʹ 45° 30ʹ (38° 20ʹ) 39° 30ʹ 47° 36° 30ʹ 45° 20ʹ 39° 47°
Die Handschriften schreiben hier Robodounon u.ä. Von der Insel Skandia sind Geogr. 2,11,34 nur vier Eckpunkte überliefert; die hier angeführten Koordinaten beziehen sich auf die ungefähre Mitte der Insel. 12 Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch. 10 11
159
Kanon bedeutender Städte5,4–5,5
5
m∞kow
plãtow
5,4 Pannon¤aw t∞w kãtv Serb¤tion1
ma° gʹ2
me° dʹ3
Mours¤a4 L* Moursãlla S¤rmion
f*
mg° Lʹ me° Ldʹ mg° Lʹ m˚°5 md° Ldʹ6 me°
K¤bala
md°
distat horae ab Alex. diei solst.
8,7,7 Pannon¤aw t∞w kãtv Serb¤tion -a ˚ʹ (-a eieʹ)
ie Ldʹ
(Mours¤a [Mours°la S¤rmion
-a hʹ -a ˚ʹ -a (-a ieʹ)
ie Libʹ) ie Lhʹ] ie Lʹ
ie gʹ ie dʹ ‹ ie gibʹ (ie gibʹ) ‹ ie dʹ (ie ˚ʹ)
me° Lʹ
7
5,5 ÉIllur¤dow x≈r ÉIãder8 Sal«nai Sidr«na11
8,7 P°mptow p¤naj t∞w EÈr≈phw: ÑRait¤a ka‹ OÈindelik¤a, NvrikÒn, Pannon¤ai ênv ka‹ kãtv, ÉIllur‹w pçsa
mb° mg° Ldʹ9 mg° Lʹ mg° ˚ʹ10 mg° Lʹ12 md° Lʹ
8,7,8 t∞w ÉIllur¤dow ÉIãdera (ÉIãder) Sal«nai Sidr«na (Sidrvn¤a)
Nar«na13
md° ˚ʹ
mb° gʹ14
Nar«na
-a -a -a -a
kard«na n∞sow15
ma° Lʹ
mg° Lʹ
Skard«na n∞sow
-a dʹ (-a eieʹ)
L* M*f*
md° gʹ
mb° gʹ
[Narj«n] ÉEp¤daurow
eʹ hʹ hʹ ieʹ
ie gʹ
Seb¤tion P* 2 ma° Ldʹ M* 3 me° gʹ V*f* 4 sic V*: MoÊrseia P*, MÒrsa M*, MoÊrsa f*; lineam om. L* 5 cf. ad Geogr. 8,7,7 6 md° Lgʹ V*, md° Lʹ P*M*; kl ˚ in marg. add. L* 7 ÉIllur¤dow Dalma V*M*, ÉIllur¤dow Libourn¤aw Dalmat¤aw f* 8 sic L*P*: ÉIÒder V*, ÉIãdera M*f* 9 mg° gʹ P* 10 m˚° gʹ V*, mg° goʹ P* 11 sic V*: Siar≈na L*, SÊdrvn P* 12 md° Lʹ V* 13 Narb≈n V*, Narb«na M* 14 md° gʹ/mb° Ldʹ V*M* 15 sic V*: Skardvnhs¤a L*, Sard«na n∞sow P* 1
160
Europa, 5. Karte
Kanonliste
5
Städteliste Geogr. 8,7
Länge Breite
5,4 in Pannonia Inferior Serbition 41° 20ʹ 45° 15ʹ13 Mursia L* Mursalla Sirmion f*
Kibala
43° 30ʹ 45° 45ʹ 43° 30ʹ 46° 44° 45ʹ 45° 44°
45° 30ʹ
8,7: 5. Karte Europas: Raetien und Vindelikien, Noricum, Pannonia Superior und Inferior, ganz Illyrien
8,7,7 in Pannonia Inferior Servitium/Bosanska Gradiška (Mursa/Osijek [Mursella/Petrijevci Sirmium/Sremska Mitrovica [Cibalae/Vinkovci 2,15,7]
5,5 in der Region Illyrien 42° 43° 45ʹ Iader Salonai 43° 30ʹ 43° 10ʹ Sidrona 43° 30ʹ 44° 30ʹ
8,7,8 in Illyrien Iader/Zadar Salonai/Solin15 Sidrona
Narona
44° 10ʹ 42° 20ʹ
Narona/Vid
Insel Skardona
41° 30ʹ 43° 30ʹ
Insel Scardona
44° 20ʹ 42° 20ʹ
[Epidaurum/Cavtat 2,16,5]
L* M*f*
Epidauros
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 2,12–16
Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
42° 30ʹ 46° 50ʹ (41° 30ʹ) 43° 38ʹ 45° 38ʹ)14 43° 45° 56ʹ] 45° (44° 30ʹ) 45°
42° 20ʹ 46° 30ʹ (41° 20ʹ) (45° 15ʹ) 43° 30ʹ 45° 45ʹ 43° 46° 44° 50ʹ 45°
42° 43° 8ʹ 43° 8ʹ 44° 41° 15ʹ (41° 30ʹ)
43° 42ʹ 43° 1ʹ ‹ 44° 22ʹ (44° 22ʹ) ‹ 43° 1ʹ (42° 20ʹ) 43° 42ʹ
43°
45° 30ʹ
42° 43° 20ʹ 43° 30ʹ
43° 45ʹ 43° 10ʹ 44° 10ʹ
44° 20ʹ
42° 45ʹ
40° 40ʹ
43° 40ʹ16
44° 40ʹ
42° 20ʹ
Die Koordinaten des Kanons werden in Geogr. 2,15,6 auch von der Hs. X überliefert. Die Stadt Mursa ist als bedeutende Stadt nur in X belegt; alternativ verzeichnet A die Stadt Mursella. 15 Die Reihenfolge von Sidrona und Salonai ist in Geogr. 8,7,8 vertauscht. 16 Koordinaten der Stadt Arba/Rab; zur Insel Scardona vgl. Geogr. 2,16,13. 13 14
161
Kanon bedeutender Städte6,1–6,2
Europae tabula VI 6
m∞kow
plãtow
6,1 ÉItal¤aw N¤kaia Massalivt«n1
kh°
mg° gibʹ2
8,8,3 §n tª ÉItal¤& N¤kaia Massalivt«n
-b hʹ
ie dʹ
Tarrake›nai
lz° Ldʹ3
ma° dʹ
Tarrak›nai
-a Lʹ
ie ieʹ (ie ibʹ)
Neãpoliw ÑRÆgeion ÉIoÊlion
m° ly° Lgʹ
m° gdʹ lh°4
Neãpoliw
-a gʹ
id Lgibʹ
Tãraw5 Brent°sion
ma° Lʹ mb° Lʹ
m° ly° Lgʹ6
(Tãraw -a eieʹ Brend°sion (Brent°sion) -a ˚ʹ (-a eʹ)
ÉAgk≈n7 ÑRãbenna
l˚° Lʹ ld° gʹ9
mg° gʹ8 md°
ÉAgk≈n ÑRãbenna
-a Lieʹ (-a Lʹ) ie gʹ -a goʹ (-a goieʹ) ‹ ie gibʹ (ie gibʹ)
ÉAkulh¤a
ld°
me°
ÉAkoulh¤a
-a Ldʹ (-a goʹ) ie Lʹ
ÑR≈mh
l˚° gʹ
ma° Lgʹ10
bas¤leion ÑR≈mh
-a Lhʹ
ie ibʹ
Beneb°ntow11
ma°
ma° gʹ
Beneou°nton12
-a dʹ (-a eieʹ)
‹ ie ibʹ (ie ibʹ)
KapÊh
m°
ma° gʹ
KapÊh
-a gʹ
ie ibʹ
L* M*P*
lg° ˚ʹ lz° ˚ʹ
mb° Ldʹ13 ma° gʹ15
la° Lʹ
m° ibʹ18
8,8,7 t∞w KÊrnou nÆsou ÉAler¤a
‹ -b (-b)
id Lgibʹ
la° gʹ
m° goʹ20
MarianÆ
‹ -b (-b)
‹ ie
L* M*P*
Pe›sai PrÆnestow14
6,2 KÊrnou nÆsou16 ÉAler¤a17
MarianÆ19
8,8 ÜEktow p¤naj t∞w EÈr≈phw: ÉItal¤a ˜lh ka‹ KÊrnow n∞sow
distat horae ab Alex. diei solst.
id Lgibʹ) id Lgʹ
1 correxi: N¤keia Passali≈t L*, Ne¤keia V*, N¤keia M*, Nikot°rai ÉArik¤a P* 2 mg° ibʹ V*M* 3 lz° gʹ V*, lz° Lʹ P* 4 lh° dʹ M*f* 5 Tãrraw L* 6 ly° gʹ V*f* 7 ÉAlk≈n L*, ÉAkk≈n V* 8 mg° L˚ʹ M* 9 ld° L˚ʹ M* 10 ma° gʹ V*, ma° L˚ʹ M*; …r ie in marg. add. L* 11 sic V*: Beneb°ndon ante correcturam L*, OÈen°bendow M*, Menou°ntow P* 12 sic correximus sec. Geogr. 3,1,67: OÈen°bentow et similia codd. 13 sic f*: lg° eʹ/md° Ldʹ L* 14 sic P*: Pr°nestow M*, P°testow et similia codd. cet. 15 ma° gibʹ M*, ma° Ldʹ f*; Praeneste et Pisam post Aquileiam inserit P* 16 KurnÆsou V*; post hanc lineam KÊrnow m°/my° Lgʹ et similia inserunt V*M* 17 pÒliw add. V*f*; Kurnoualeria L* 18 m° gʹ V* 19 MarnianÆ V* 20 m° gʹ L*; hic desinit P*
162
Europa, 6. Karte
Europa, 6. Karte Kanonliste
6
Länge Breite
6,1 in Italien Nikaia der Massalioten Tarrakeinai
28°
43° 25ʹ
37° 45ʹ 41° 15ʹ
Städteliste Geogr. 8,8
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 3,1–2
8,8: 6. Karte Europas: Werte des 8. Buches, Ganz Italien und die Insel Korsika umgerechnet in Grade
Länge Breite
8,8,3 in Italien Nicaea der Massalioten/ Nizza Tarracinae/Terracina
Neapolis Rhegeion Iulion
40° 40° 35ʹ 39° 50ʹ 38°
Taras Brentesion
41° 30ʹ 40° 42° 30ʹ 39° 50ʹ
Neapolis/Neapel 17 (Taras/Tarent Brundisium/Brindisi
Ankon Rabenna
36° 30ʹ 43° 20ʹ 34° 20ʹ 44°
Ancona/Ancona Ravenna/Ravenna
Akyleia
34° 45°
Aquileia/Aquileia
Roma
36° 20ʹ 41° 50ʹ
Benebentos
41°
41° 20ʹ
Roma/Rom, kaiserliche Residenzstadt18 Beneventum/Benevento
Kapye
40°
41° 20ʹ
L*M*P* L*M*P*
Peisai Prenestos
33° 10ʹ 42° 45ʹ 37° 10ʹ 41° 20ʹ
Capua/S. Maria Capua Vetere [Pisae/Pisa 3,1,48] [Praeneste/Palestrina 3,1,61]
28° 8ʹ
43° 1ʹ
28°
43° 25ʹ
37° 30ʹ 40°
41° 28ʹ (41° 37ʹ) 40° 7ʹ
37° 45ʹ
41° 15ʹ
40° 39° 50ʹ
40° 30ʹ 38° 15ʹ
41° 30ʹ 42° 30ʹ (42° 30ʹ) 36° 30ʹ (38°) 35° (34° 30ʹ) 33° 45ʹ (35° 30ʹ) 35° 38ʹ
40° 7ʹ) 39° 20ʹ
42° 10ʹ 40° 42° 30ʹ 39° 40ʹ
43° 42ʹ ‹ 44° 22ʹ (44° 22ʹ) 45°
36° 30ʹ 43° 40ʹ 34° 40ʹ 44°
41° 37ʹ
36° 40ʹ
41° 40ʹ
‹ 41° 37ʹ (41° 37ʹ) 41° 37ʹ
41°
41° 20ʹ
40°
41° 10ʹ
33° 30ʹ 37° 30ʹ
42° 45ʹ 41° 55ʹ
41° 15ʹ (41° 30ʹ) 40°
34° 45°
6,2 auf der Insel Kyrnos Aleria 31° 30ʹ 40° 05ʹ
8,8,7 auf der Insel Kyrnos/Korsika › 30° Aleria/Aleria
31° 30ʹ
40° 05ʹ
Mariane
Mariana/La Canonica
31° 20ʹ
40° 40ʹ
31° 20ʹ 40° 40ʹ
40° 7ʹ (30° 30ʹ)19 › 30° (30° 30ʹ) ‹ 40° 52ʹ
Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch. Rom wird in Geogr. 8,8,3 an die Spitze der Städte Italiens gestellt. 19 Die Längenwerte von Aleria und Mariana sind möglicherweise korrupt; vgl. zu Geogr. 8,8,7. 17 18
163
Kanon bedeutender Städte7,1–7,2
Europae tabula VII 7
m∞kow
plãtow
7,1 SardoËw1 nÆsou
8,9 ÜEbdomow p¤naj t∞w EÈr≈phw: Sard∆ ka‹ Sikel¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
SÒlkoi2 Kãraliw4
l° Lgʹ lb° Lʹ
le° gʹ3 l˚°
8,9,3 t∞w SardoËw nÆsou [SousaleÒw -a Lgieʹ id Libʹ] (SÒlkoi -b id Lʹ) Kãraliw -a Lgʹ (-a Lglʹ) id Lʹ
PÊrgow Lib¤svnow5
l° dʹ6
lh° Lgʹ
PÊrgow Lib¤svnow
‹ -b (-b)
id Ldʹ
Gourdoul‹w7 N°a
l° gʹ8
lz° Lgʹ
Gouroul‹w N°a
-a Lghʹ (-b)
id Lhʹ (id goʹ)
L*
l° gʹ l° Lgʹ
l˚° Lʹ9 le° Lgibʹ10
7,2 Sikel¤aw LilÊbaion Surãkousai11
lz° ly° Lʹ
l˚° lz°
8,9,4 t∞w Sikel¤aw LilÊbaion Surãkousai
MessÆnh KentoÊripai12 Seg°sta
ly° Lʹ lh° Lʹ lz° ibʹ13
lh° gʹ lz° Lgʹ l˚° Lʹ
MessÆnh KentoÊripai Seg°sta
-a -a -a -a -a
Katãnh L* M*f* Pãnormow f* Yermhma›ra (i.e. Yerma‹ ÑImera›ai) L* ÉAkrãgaw
ly° Lgibʹ lz° gibʹ14 lz° lz° lz° gibʹ lz° dʹ
Katãnh
-a gieʹ
f*
ÖOyaka (i.e. ÉOya¤a) PoÊpoulon pÒliw
lh° Lʹ
Lieʹ gieʹ gieʹ ghʹ Lieʹ
id Lʹ id Lhʹ (id Libʹ) id Ldʹ id goʹ › id Lʹ (id Lʹ) id goʹ
l˚°
Sãrdou L* 2sic f*: Siourako¤ L*, SÒrboi V*, SÒlkoi limÆn M* 3 sic L*, fort. pro le° Lgʹ: lb° gʹ/le° goʹ V*, l° Lgʹ/le° Lgʹ M* 4 Skarall¤w V* 5 sic M*f*: LibiÊsonow L*, Afib¤svnow V* 6 ld° gʹ L*f* 7 Goudoul¤w V* 8 sic f*: lg° pro l° gʹ L*V*, ld° M* 9 sic scripsi: l˚° iʹ L* 10 sic scripsi: l˚° gʹ/lg° ibʹ f* 11 SurakoÊsion L*, in marg. …r id Libʹ 12 correxi: Kentour¤nai L*V*, Kentour¤ppa et similia M*f* 13 lz° gʹ V* 14 lineam om. V* 1
164
Europa, 7. Karte
Europa, 7. Karte Kanonliste
7
Städteliste Geogr. 8,9
Länge Breite
7,1 auf der Insel Sardinien
8,9: 7. Karte Europas: Sardinien und Sizilien
30° 50ʹ 35° 20ʹ 32° 30ʹ 36°
Pyrgos Libisonos
30° 15ʹ
38° 50ʹ
Gurdulis Nea
30° 20ʹ
37° 50ʹ
Turris Libisonis/ Porto Torres Gurulis Nova/Cuglieri
30° 20ʹ 30° 50ʹ
36° 30ʹ 35° 55ʹ
[Osaea (Othaea) 3,3,2] [Pupulum 3,3,3]
f*
Othaia Stadt Pupulum
7,2 auf Sizilien Lilybaion 37° 36° Syrakusai 39° 30ʹ 37° 38° 20ʹ 37° 50ʹ 36° 30ʹ
Messene Kenturipai Segesta
39° 30ʹ 38° 30ʹ 37° 05ʹ
Katane Panormos f* Thermai Himeraiai L* Akragas
39° 55ʹ 37° 25ʹ 37° 37° 37° 25ʹ 37° 15ʹ
L* M*f*
38° 30ʹ 36°
Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,9,3 auf der Insel Sardinien 31° 30ʹ [Susaleos 30° 30ʹ (Sulci/S. Antioco 32° 30ʹ Caralis/Cagliari
Solkoi Karalis
L*
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 3,3–4
(32° 30ʹ) › 30° 38° 32ʹ (30° 30ʹ) 30° 38ʹ 37° 18ʹ (30° 30ʹ) (37° 43ʹ)
8,9,4 auf Sizilien 36° 30ʹ Lilybaion/Marsala 39° Syrakusai/Syrakus Messene/Messina Kenturipa/Centuripe Segesta/Segesta Katane/Catania 22 [Thermai Himeraiai/ Termini Imerese 3,4,3] [Akragas/Agrigento 3,4,14]
36° 53ʹ]20 36° 1ʹ) 36° 1ʹ
39° 38° 8ʹ 36° 30ʹ 39°
36° 1ʹ 37° 18ʹ (36° 53ʹ) 38° 32ʹ 37° 43ʹ › 36° 1ʹ (36° 1ʹ) 37° 43ʹ21
Länge Breite
31° 55ʹ 36° 40ʹ 30° 45ʹ 35° 50ʹ 32° 30ʹ 36° 30° 15ʹ
38° 50ʹ
30° 30ʹ
37° 20ʹ
30° 30ʹ 30° 50ʹ
36° 30ʹ 35° 55ʹ
37° 36° 39° 30ʹ 37° 15ʹ 39° 30ʹ 38° 30ʹ 37° 10ʹ
38° 30ʹ 37° 45ʹ 36° 30ʹ
39° 35ʹ 37° 40ʹ 37° 37° 37° 05ʹ 37° 15ʹ 38° 30ʹ
36° 40ʹ
Anstelle des in der V-Rezension angeführten Dorfes Susaleos zeichnet die J-Rezension die Stadt Sulci als bedeutend aus; vgl. dazu Geogr. 3,3,3 und 8,9,3. 21 In der J-Rezension nicht genannt. 22 Fehlt im 8. Buch, gehört jedoch gemäss Kartensignatur zum Grundbestand. 20
165
Kanon bedeutender Städte8,1–9,3
Europae tabula VIII 8
m∞kow
plãtow
8,1 Sarmat¤aw t∞w §n EÈr≈p˙ Tamurãkh NaÊaron1 ÉOlb¤a[n] ≤ ka‹ Borusyen¤w
ny° gʹ nh° Lʹ nz°
mh° Lʹ n° my°
8,10,3 §n tª Sarmat¤& Tamurãkh NaÊaron ÉOlb¤a ≤ ka‹ Borusyen¤w
-ieʹ -hʹ -eʹ
i˚ i˚ dʹ2 i˚ ibʹ
jg° gʹ4 jd°
mz° gʹ mz° Libʹ6
8,10,4 t∞w Taurik∞w XersonÆsou Yeodos¤a Pantikãpaia
eʹ dʹ
ie Lgʹ ie Lgibʹ
8,2 Taurik∞w XersonÆsou3 Yeodos¤a Pantikãpaia5 L* Maivt¤dow l¤mnhw L* Pary°nion7
8,10 ÖOgdoow p¤naj t∞w EÈr≈phw: Sarmat¤a §n aÈtª ka‹ TaurikØ XersÒnhsow
distat horae ab Alex. diei solst.
jg° Ldʹ mh° dʹ7
Europae tabula IX 9
m∞kow
plãtow
9,1 ÉIazÊgvn Metanast«n8 BÒrmanon9
mg° goʹ
mh° dʹ10
Pãrk
mg° Lʹ
mz° gʹ11
9,2 Dak¤aw Sal›nai ZarmizegeyoËsa13
my° dʹ mz° Lgʹ
mz° ˚ʹ12 me° gʹ14
my°
mz° goʹ15
my°
mg° gʹ
mh° Lʹ
mb° Lʹ
L*f*
L*f*
Patruss
9,3 Mus¤aw t∞w ênv ÑRatiar¤a16
SkoËpoi17
8,11 ÖEnatow p¤naj t∞w EÈr≈phw: ÉIãzugai Metanãstai, Dãkia, Mus¤ai ênv ka‹ kãtv, Yrñkh, XersÒnhsow
8,11,3 t«n ÉIazÊgvn BÒrmanon
8,11,4 t∞w Dak¤aw Sal›nai Zarmizeg°yousa tÚ bas¤leion
distat horae ab Alex. diei solst.
-a ibʹ (-a hʹ) ‹ i˚ (i˚)
-goieʹ -Lgʹ
ie Lgʹ ie Lʹ
8,11,5 Mus¤aw t∞w ênv ÑRaitiar¤a
-Ldʹ (-goʹ)
ie dʹ
SkoËpoi
-Ldʹ
ie ˚ʹ
kl z in marg. add. L* 2 sic XA: i˚ gʹ V 3 TaurÒskaw XerronÆs ante correcturam L*, Kersonh V* 4 ja° gʹ V* Pontikãpoia V* 6 sic L*, fort. pro mz° Lgibʹ: mz° Lgʹ V*, mz° Ldʹ f* 7 Parthenium manu rec. in marg. inserit L* 8 meta lasgvn V* 9 Borbãnvn ante correcturam L* 10 m˚° gʹ/mh° dʹ V* 11 Parcam et Patruissam manu rec. in marg. inserit L*; cf. infra ad 9,2 12 me° dʹ/mz° Lʹ V*; urbes Daciae om. M* 13 ZarmeizeyoËsa V* 14 mz° Lʹ L* 15 Tiarkai µ Patrussa mg°Lʹ/mz° gʹ habet f*; cf. supra 9,1 (Parca) 16 ÑRaitar¤a L* 17 reskoupoi mh° mutile V* 1 5
166
Europa, 8. Karte / Europa, 9. Karte
Europa, 8. Karte Kanonliste
8
Städteliste Geogr. 8,10
Länge Breite
8,10: 8. Karte Europas: Sarmatien und Taurische Chersones
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 3,5–6 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,1 im Europäischen Sarmatien Tamyrake 59° 20ʹ 48° 30ʹ Nauaron 58° 30ʹ 50° Olbia bzw. 57° 49° Borysthenis
8,10,3 im Sarmatien 59° Tamyrake 58° 8ʹ Navaron 57° Olbia bzw. Borysthenis/ Parutino
8,2 auf der Taurischen Chersones Theodosia 63° 20ʹ 47° 20ʹ 64° 47° 35ʹ Pantikapaia L* an der Maiotis-See L* Parthenion 63° 45ʹ 48° 15ʹ
8,10,4 auf der Taurischen Chersones 63° 47° 24ʹ Theodosia/Feodosija 63° 45ʹ 47° 58ʹ Pantikapaia/Kertsch
Länge Breite
59° 20ʹ 48° 30ʹ 58° 30ʹ 50° 57° 49°
48° 31ʹ 50° 3ʹ 49° 2ʹ
63° 20ʹ 64°
47° 20ʹ 47° 55ʹ
63° 30ʹ 48° 30ʹ (45ʹ) (15ʹ)
[Parthenion/Sinjagino 3,6,4]
Europa, 9. Karte Kanonliste
9
Städteliste Geogr. 8,11
Länge Breite
9,1 bei den Ausgewanderten Iazygen Bormanon 43° 40ʹ 48° 15ʹ
8,11: 9. Karte Europas: Ausgewanderte Iazygen, Dakien, Moesia Superior und Inferior, Thrakien, Chersones
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 3,7–12 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,11,3 bei den Iazygen 43° 45ʹ ‹ 48° 31ʹ Bormanon (43° 38ʹ)
L*f*
Parka
9,2 in Dakien Salinai Zarmizegethusa L*f*
Patryissa
43° 30ʹ 47° 20ʹ
49°
9,3 in Moesia Superior Raitiaria 49° Skupoi
23
[Parka 3,7,2]
47° 40ʹ
8,11,4 in Dakien Salinai Sarmizegetusa Regia/ Hunedoara [Patruissa 3,8,7]
43° 20ʹ
8,11,5 in Moesia Superior Raitiaria/Arcar
49° 15ʹ 47° 10ʹ 47° 50ʹ 45° 20ʹ
48° 30ʹ 42° 30ʹ
(48° 31ʹ)
Scupi/Skopje
49° 47° 24ʹ 47° 30ʹ 45°
48° 45ʹ (50° 30ʹ) 48° 45ʹ
43° 1ʹ 42° 20ʹ
23
Länge Breite
43° 40ʹ
48° 15ʹ
43° 30ʹ
47° 40ʹ
49° 15ʹ 47° 50ʹ
47° 10ʹ 45° 15ʹ
49°
47° 20ʹ
49°
43° 20ʹ
48° 30ʹ
42° 30ʹ
Fehlt in X.
167
Kanon bedeutender Städte9,4–9,6
9
m∞kow
9,4 Mus¤aw t∞w kãtv ÉOdussÒw O‰skow3
nd° Lgʹ1 me°2 na°4 md°
plãtow
8,11 ÖEnatow p¤naj t∞w EÈr≈phw: ÉIãzugai Metanãstai, Dãkia, Mus¤ai ênv ka‹ kãtv, Yrñkh, XersÒnhsow
distat horae ab Alex. diei solst.
8,11,6 Mus¤aw t∞w kãtv ÉOdhssÒw O‰skow
-gʹ ie Lʹ -Libʹ (-Lhʹ) ie dhʹ
ne° gʹ ng° dʹ
m˚° Lʹ me° dʹ
9,5 Yrñkhw A‰now ÉApollvn¤a Buzãntion P°rinyow NikÒpoliw ≤ per‹ N°sson10
ng° ˚ʹ6 nd° Lgʹ n˚° nd° Lgʹ n° Ldʹ
ma° Lʹ md° dʹ7 mg° ibʹ8 mb° gʹ9 mb° gʹ11
8,11,7 t∞w Yrñkhw A‰now ÉApollvn¤a Buzãntion P°rinyow NikÒpoliw
-ghʹ -gʹ (-gieʹ) -dʹ -gʹ (-gieʹ) -Lieʹ (-goʹ)
ie ie ie ie ie
Lusimax¤a
nd° ˚ʹ
ma° Lʹ12
Lusimax¤a
-gieʹ
ie ibʹ (ie hʹ)
ProikÒnhsow
ne° ˚ʹ13
ma° Lgʹ14
ProikÒnhsow
‹ -gʹ
ie hʹ
L*f*
nb° ˚ʹ nd° Lʹ15
ma° Ldʹ md° Lʹ
nb° Lʹ
mg° Ldʹ
L*f*
L*f*
f*
PeÊkh n∞sow DourÒstoron5
L*f*
ÖAbdhra ÉArxiãlalow (i. e. ÉAgx¤alow) L*f* NikÒpoliw per‹ AÂmon L*f*
ibʹ gibʹ dʹ ˚ʹ ˚ʹ
FilippÒpoliw ≤ kur¤vw16 nb° Lʹ ÉAdranoÊpoliw L*f* TraianÒpoliw ng° L*f* Yãsow n∞sow na° Lʹ
mb° Lʹ ma° gʹ
nb° Lʹ
ma° dʹ
9,6 XersonÆsou ÉEllioËw
nd° Lʹ
m° Ldʹ17
8,11,9 t∞w XersonÆsou ÉElaioËw
-gʹ (-gieʹ)
ie
ShstÒw
ng° Lgʹ
ma° dʹ18
ShstÒw
-gʹ
ie kʹ (ie ibʹ)
L*f*
nd° gdʹ
ma° gʹ
Samoyrñkh n∞sow
Ko›la
mg°
md° pro nd° L*, na° Lgʹ V* 2 hic desinit M* 3 Triball«n add. f* 4 na° Lʹ V*, unde m° Lʹ f* 5 sic L*: DourostÒlow f* 6 ng° dʹ V*f* 7 md° Ldʹ V* 8 n˚° dʹ/mg° gʹ V* 9 nd° Lʹ V*, qui hic et rudimentum Neãpoliw sine numeris habet 10 sic f*: NikÒpoliw ÉHhpe¤r L*, NikoÊpoliw V* 11 nb° Lʹ/mg° Ldʹ L* (ad Nicopolin sub Haemone sitam pertinent); cf. infra ad loc. 12 nd° gʹ/ma° Lʹ V* 13 sic V*f*, fort. pro ne° Lʹ 14 lineam om. L* 15 nd° Ldʹ f* 16 sic f*: om. L* 17 me° dʹ pro m° Ldʹ V*f*; lineam om. L* 18 lineam om. L* 1
168
Europa, 9. Karte
Kanonliste
9
Städteliste Geogr. 8,11
Länge Breite
9,4 in Moesia Inferior Odyssos 54° 50ʹ 45° Oiskos 51° 44° f*
Insel Peuke Durostoron
L*f*
9,5 in Thrakien Ainos Apollonia Byzantion Perinthos Nikopolis am Nessos Lysimachia Proikonesos L*f* L*f*
Abdera Anchialos
[Insel Peuke 3,10,2] [Durostorum/Silistra 3,10,10]
53° 10ʹ 54° 50ʹ 56° 54° 50ʹ 50° 45ʹ
8,11,7 in Thrakien Ainos/Enez Apollonia/Sozopol Byzanz/Istanbul Perinthos/Marmara Ereilisi Nikopolis/Goce Delcev
41° 30ʹ 44° 15ʹ 43° 05ʹ 42° 20ʹ 42° 20ʹ
54° 10ʹ 41° 30ʹ
Lysimachia/Baklaburnu
55° 10ʹ 41° 50ʹ
Proikonesos/Marmara-Insel
52° 10ʹ 41° 45ʹ 54° 30ʹ 44° 30ʹ
[Abdera/Avdira 3,11,2] [Anchialos/Pomorie 3,11,4]
Nikopolis 52° 30ʹ 43° 45ʹ am Haimon L*f* Philippopolis 52° 30ʹ 43° bzw. Adrianupolis L*f* Traianopolis 53° 42° 30ʹ L*f* Insel Thasos 51° 30ʹ 41° 20ʹ Insel Samothrake
52° 30ʹ 41° 15ʹ
9,6 auf der Chersones Ellius 54° 30ʹ 40° 45ʹ Sestos L*f*
Koila
8,11,6 in Moesia Inferior Odessus/Varna Oescus/Gigen
55° 20ʹ 46° 30ʹ 53° 15ʹ 45° 15ʹ
L*f*
L*f*
8,11: 9. Karte Europas: Ausgewanderte Iazygen, Dakien, Moesia Superior und Inferior, Thrakien, Chersones
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 3,7–12 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
55° 45° 51° 15ʹ 44° 2ʹ (51° 8ʹ)
54° 50ʹ 45° 51° 44°
53° 8ʹ 55° (54° 30ʹ) 56° 15ʹ 55° (54° 30ʹ) 51° 30ʹ (50° 39ʹ) 54° › 55°
55° 20ʹ 53° 15ʹ
46° 30ʹ 45° 15ʹ
41° 37ʹ 44° 22ʹ 43° 1ʹ 42° 20ʹ 42° 20ʹ
53° 10ʹ 54° 50ʹ 56° 54° 50ʹ 51° 45ʹ
41° 30ʹ 44° 20ʹ 43° 05ʹ 42° 20ʹ 42° 20ʹ
41° 37ʹ (41° 58ʹ) 41° 58ʹ
54° 10ʹ
41° 30ʹ
[Nikopolis am Haimos/ Nikiup 3,11,11] [Philippopolis/Plovdiv bzw. Adrianopolis/Edirne 3,11,12] [Traianopolis/Lutros 3,11,13] [Thasos/Thassos 3,11,14]
8,11,9 auf der Chersones 55° Elaius/Alçitepe Sestos/Yalikavat
54° 35ʹ 41° 20ʹ
[Koila/bei Eceabat 3,12,4]
52° 30ʹ
43° 30ʹ
52° 30ʹ
42° 45ʹ
53° 42° 15ʹ 51° 45ʹ 41° 30ʹ (30ʹ) (20ʹ) 52° 30ʹ 41° 15ʹ
[Samothrake/Samothrake 3,11,14]
53° 50ʹ 41° 15ʹ
55° 30ʹ 42° (41° 50ʹ) 52° 10ʹ 41° 45ʹ 54° 45ʹ 44° 30ʹ
(54° 30ʹ) 55°
40° 52ʹ
54° 30ʹ
40° 45ʹ
41° 19ʹ (41° 37ʹ)
54° 55ʹ
41° 15ʹ
54° 55ʹ 41°
169
Kanon bedeutender Städte10,1–10,2
Europae tabula X 101
m∞kow
plãtow
10,1 Makedon¤aw Durrãkion Yessalon¤kh ÉAmf¤poliw ÑHrãkleia
me° my° Lgʹ2 n° my° ˚ʹ5
m° gdʹ m° gʹ3 ma° Lʹ4 ma° gʹ
ÖEdessa P°lla
mh° Ldʹ m° gʹ my° gʹ m° gʹ6
Lãrissa Pelãsgvn
n°
ly° ˚ʹ7
Kasãndria
na° gʹ8
L∞mnow n∞sow
nb° Lʹ
ÉApollvn¤a10
me° ibʹ11 m° ˚ʹ
f*
my° Lʹ
ly° dʹ
f* D¤ow (i.e. D›on) f* FilippÒpoliw (i.e. F¤lippoi) 10,2 ÉHpe¤rou12 NikÒpoliw
my° Lʹ n° Ldʹ
ly° L˚ʹ ma° †gLʹ
mz° gʹ
ÉAmbrak¤a
8,12 D°katow ka‹ teleuta›ow p¤naj t∞w EÈr≈phw: Makedon¤a, ÖHpeirow, ÉAxa¤a, PelopÒnnhsow, KrÆth, EÎboia
8,12,3 §n tª Makedon¤& Durrãxion (Dourrãkion) Yessalon¤kh ÉAmf¤poliw ÑHrãkleia
distat horae ab Alex. diei solst.
-a -goʹ (-goieʹ) -goʹ (-goieʹ) -Lgʹ (-gohʹ)
ie id Lgibʹ ie ibʹ ‹ ie
Lãrissa
-gohʹ ‹ -Ldʹ (-goieʹ) -goʹ (-goieʹ)
id Lgiʹ ‹ id Lgibʹ (id Lgʹ) ‹ id Lgʹ (id Ldʹ)
m°
Kasãndreia
-Libʹ (-Lhʹ)
id Lgieʹ
m° Lʹ9
L∞mnow n∞sow
-Lʹ (-Llʹ)
ie
lz° gʹ13
8,12,12 t∞w ÉHpe¤rou NikÒpoliw
-Lgʹ (-goeʹ)
id goʹ (id Lhʹ)
mh°
lh° gʹ
ÉAmprak¤a
‹ -Lgʹ
id Leʹ (id Ldʹ)
KorkÊrh n∞sow
me° gʹ
lz° Lgʹ14
KorkÊra n∞sow
-a
id goʹ (id Lhʹ)
Kefalhn¤a n∞sow15
mz° gʹ
lz° gʹ16
Kefalhn¤a n∞sow
-Lgʹ (-goyʹ)
id Libʹ
V*f*
f*
KassiÒph
me° ibʹ
lh° dʹ
f*
ÉAdrianoÊpoliw
me° gʹ
ly°17
PÊdna
ÖArgow ÉAmfiloxikÒn mh° gʹ
ÖEdessa P°lla
lh° gʹ
1 urbes huius tabulae om. L* 2 sic V*: me° Lgʹ f* 3 sic f*: ma° gʹ V* 4 md° pro ma° V* 5 mb° ˚ʹ f* 6 my° gʹ/m° ibʹ f* 7 sic f*: ly°/ly° gʹ V* 8 na° ibʹ f* 9 md° Lʹ L*; Lemnum inter Thraciae urbes enumerant L*f* 10 ÉApoklvn¤a V* 11 me° dʹ V* 12 restitui: ÉHpie¤rou V*, om. f* 13 mz° gibʹ f* 14 lz° Lgibʹ f* 15 n∞sow om. V* 16 mz° goʹ/lz° L˚ʹ f* 17 Epirota Adrianopolis deest in Geogr.
170
Europa, 10. Karte
Europa, 10. Karte Kanonliste
Städteliste Geogr. 8,12
10
Länge Breite
10,1 in Makedonien Dyrrhakion Thessalonike Amphipolis Herakleia
45° 49° 50ʹ 50° 49° 10ʹ
Edessa Pella
48° 45ʹ 40° 20ʹ 49° 20ʹ 40° 20ʹ
Larissa der Pelasger 50°
40° 35ʹ 40° 20ʹ 41° 30ʹ 41° 20ʹ
39° 10ʹ
8,12: 10. und letzte Karte Europas: Makedonien, Epeiros, Achaia, Peloponnes, Kreta, Euboia
8,12,3 in Makedonien Dyrrhachion/Durrës Thessalonike/Thessaloniki Amphipolis/Amphipolis Herakleia/Bitola Edessa/Edessa Pella/Palea Pella Larissa/Larisa
Kasandria
51° 20ʹ 40°
Kasandreia/Nea Potidea
Insel Lemnos
52° 30ʹ 40° 30ʹ
Insel Lemnos/Lemnos
Apollonia
45° 05ʹ 40° 10ʹ
26
f*
Pydna
49° 30ʹ 39° 15ʹ
f*
Dion Philippoi
10,2 in Epeiros Nikopolis
[Pydna/Makrigialos 3,13,15] 49° 30ʹ 39° 40ʹ [Dion/Malathria 3,13,15] 50° 45ʹ 41° †50ʹ [Philippoi/Krinides 3,13,31] 8,12,12 in Epeiros 47° 20ʹ 37° 20ʹ Nikopolis/Preveza
Ambrakia
48°
Insel Korkyra
45° 20ʹ 37° 50ʹ
Insel Korkyra/Korfu
Insel Kephalenia
47° 20ʹ 37° 20ʹ
Insel Kephallenia/ Kefallinia [Amphilochisches Argos/ Ag. Ioannis 3,14,9] [Kassiope/ Kassiopi 3,14,11]
f*
38° 20ʹ
Amphilochisches 48° 20ʹ 38° 20ʹ Argos f* Kassiope 45° 05ʹ 38° 15ʹ V*f*
f*
Adrianupolis
Ambrakia/Arta
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 3,13–17 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
45° 40° 52ʹ 50° (49° 30ʹ) 40° 7ʹ 50° (49° 30ʹ) 41° 37ʹ 47° 30ʹ 40° 52ʹ (48° 38ʹ) 48° 38ʹ 40° 16ʹ24 › 48° 45ʹ ‹ 40° 7ʹ (49° 30ʹ) (39° 30ʹ) 50° (49° 30ʹ) ‹ 39° 20ʹ (38° 32ʹ) 51° 15ʹ 39° 58ʹ (51° 8ʹ) 52° 30ʹ 40° 52ʹ (52° 30ʹ)
45° 49° 50ʹ 50° 47° 40ʹ
40° 50ʹ 40° 20ʹ 41° 30ʹ 40° 40ʹ
48° 45ʹ 49° 20ʹ
40° 20ʹ 40° 05ʹ
50°
39° 10ʹ
51° 05ʹ 40° 52° 20ʹ
40° 55ʹ25
45° 05ʹ
40° 10ʹ
49° 40ʹ
39° 45ʹ
50° 39° 35ʹ 50° 45ʹ 41° 45ʹ (55ʹ) 47° 30ʹ (47° 30ʹ) › 47° 30ʹ 45° 47° 30ʹ (48° 50ʹ)
37° 43ʹ (37° 18ʹ) 38° 3ʹ (38° 32ʹ) 37° 43ʹ (37° 18ʹ) 36° 53ʹ
47° 35ʹ
37° 55ʹ
48°
38° 20ʹ
45° 40ʹ 37° 45ʹ (55ʹ) 47° 40ʹ 37° 10ʹ 48° 20ʹ
38° 30ʹ
45° 05ʹ
38° 15ʹ
45° 20ʹ 39°27
Nur in A genannt. Koordinaten der Stadt Myrina/Marina auf Lemnos (Geogr. 3,13,47). 26 Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch. 27 Ein Adrianupolis in Epirus existiert nicht; möglicherweise Verwechslung mit dem thrakischen Adrianupolis/Edirne (Geogr. 3,11,12). 24 25
171
Kanon bedeutender Städte10,3–10,6
101
m∞kow
10,3 ÉAxa¤aw Y∞bai Boivt¤ai M°gara ÉAy∞nai
nb° gʹ lz° gʹ2 nb° lz° gʹ3 nb° L˚ʹ4 lz° dʹ
plãtow
8,12 D°katow ka‹ teleuta›ow p¤naj t∞w EÈr≈phw: Makedon¤a, ÖHpeirow, ÉAxa¤a, PelopÒnnhsow, KrÆth, EÎboia
distat horae ab Alex. diei solst.
8,11,16 t∞w ÉAxa¤aw Boivt¤ai Y∞bai M°gara ÉAy∞nai
-Lʹ -Llʹ (Lieʹ) -Lʹ
id goʹ id Lhʹ id Lhʹ (id Libʹ)
my° Lʹ
lz° Libʹ
Delfo¤ D∞low n∞sow T∞now n∞sow
n° ne° gibʹ ne° ibʹ
lz° gʹ lz° ibʹ lz° dʹ
10,4 PeloponnÆsou Mess¤nh KÒrinyow T°gea ÖArgow
my° dʹ na° dʹ my° Lgʹ na° gʹ
le° dʹ l˚° Lgʹ5 l˚° gʹ6 l˚° dʹ
8,12,19 t∞w PeloponnÆsou MessÆnh KÒrinyow T°gea ÖArgow
-goieʹ -Lhʹ -Leʹ -Lhʹ
id gibʹ id Libʹ › id Lʹ (id Lʹ) › id Lʹ (id Lʹ)
Lakeda¤mvn
n° dʹ
le° dʹ
Lakeda¤mvn
-goʹ
‹ id Lʹ (id Lʹ)
V*L*f*
my° my° na° mz° gʹ9
l˚° Lgʹ7 l˚° gibʹ8 l˚° Lgʹ l˚°
ng° Lʹ nd° Lʹ
lh° lz° gʹ11
8,12,24 t∞w EÈbo¤aw Xalk¤w Kãrustow
-Lʹ -glʹ (-gieʹ)
id goʹ id goʹ (id Lhʹ)
ng° Lʹ
lh° gʹ
nd° dʹ nd° Ldʹ ne° gʹ
ld° gʹ13 le° Lʹ14 le° dʹ15
8,12,25 t∞w KrÆthw GÒrtuna KnvssÒw
-gieʹ (-gibʹ) -gʹ (-gieʹ)
id gʹ (id dhʹ) id gʹ (id gibʹ)
f*
V*f* f* f*
NaÊpaktow
Pãtrai âHliw V*f* Siku≈n f* Strofãdew n∞soi V*f*
10,5 EÈbo¤aw Xalk¤w Kãrustow10
f*
ÉVreÒw
10,6 KrÆthw12 GÒrtuna KnvssÒw V*f* [E]‡natow
V*f*
ÑIerå PÊdna
ne° dʹ
le° Lʹ
V*f*
M∞low n∞sow
nd°
le° Lʹ
urbes huius tabulae om. L* 2 lz° Lgʹ f* 3 lz° gibʹ f* 4 nb° Ldʹ f* 5 l˚° L˚ʹ f* 6 ny° falso pro my° V*, l˚° Lgibʹ f* 7 l˚° Lʹ L*, qui Patras inter Syriae urbes enumerat 8 l˚° Lgʹ V* 9 sic scripsi: me° gʹ f* 10 Kãrussoi V* 11 lz° Lʹ f* 12 Kr¤thw V* 13 ld° igʹ f*, fort. pro ld° Lgʹ 14 nd° Lgʹ/le° ˚ʹ f* 15 cf. Geogr. 3,17,4 (ÖItanow) 1
172
Europa, 10. Karte
Kanonliste
Städteliste Geogr. 8,12
10
Länge Breite
10,3 in Achaia Böotisches Theben Megara Athenai
52° 20ʹ 37° 20ʹ 52° 37° 20ʹ 52° 40ʹ 37° 15ʹ
8,12: 10. und letzte Karte Europas: Makedonien, Epeiros, Achaia, Peloponnes, Kreta, Euboia
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 3,13–17 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,11,16 in Achaia Böotisches Theben/Thivai 52° 30ʹ 52° (52°) Megara/Megara 52° 30ʹ Athenai/Athen
Naupaktos
49° 30ʹ 37° 35ʹ
Delphoi Insel Delos f* Insel Tenos
50° 37° 20ʹ 55° 25ʹ 37° 05ʹ 55° 05ʹ 37° 15ʹ
f*
V*f*
f*
10,4 auf der Peloponnes Messine 49° 15ʹ Korinthos 51° 15ʹ Tegea 49° 50ʹ Argos 51° 20ʹ
35° 15ʹ 36° 50ʹ 36° 20ʹ 36° 15ʹ
[Naupaktos/Navpaktos 3,15,3] [Delphi/Delphi 3,15,18] [Delos/Delos 3,15,28] [Tenos/Tinos 3,15,30] 8,12,19 auf der Peloponnes Messene/Mavromati Korinthos/Korinth Tegea/bei Episkopi Argos/Argos
Lakedaimon
50° 15ʹ 35° 15ʹ
Lakedaimon/Sparta
Patrai Elis V*f* Sikyon f* Strophaden-Inseln
49° 36° 50ʹ 49° 36° 25ʹ 51° 36° 50ʹ 47° 20ʹ 36°
[Patrai/Patras 3,16,5] [Elis/Palaiopolis 3,16,18] [Sikyon/Vasiliko 3,16,16] [Strophaden/Strofades 3,16,23]
V*L*f* V*f*
10,5 auf Euboia Chalkis 53° 30ʹ 38° Karystos 54° 30ʹ 37° 20ʹ Oreos
53° 30ʹ 38° 20ʹ
10,6 auf Kreta Gortyna 54° 15ʹ 34° 20ʹ Knossos 54° 45ʹ 35° 30ʹ V*f* Inatos28 55° 20ʹ 35° 15ʹ V*f*
V*f*
28
Hiera Pydna Insel Melos
55° 15ʹ 35° 30ʹ 54°
35° 30ʹ
52° 40ʹ 52° 52° 45ʹ
37° 50ʹ 37° 25ʹ 37° 15ʹ
49° 30ʹ
37° 35ʹ
50° 37° 40ʹ 55° 25ʹ 37° 20ʹ 55° 05ʹ 37° 30ʹ (25ʹ) 49° 50° 38ʹ 49° 30ʹ 50° 38ʹ 50°
35° 8ʹ 36° 53ʹ › 36° 1ʹ (36° 1ʹ) › 36° 1ʹ (36° 1ʹ) ‹ 36° 1ʹ (36° 1ʹ)
49° 15ʹ 51° 15ʹ 49° 50ʹ 51° 20ʹ
35° 15ʹ 36° 55ʹ 36° 20ʹ 36° 15ʹ
50° 15ʹ
35° 30ʹ
49° 36° 50ʹ 49° 36° 25ʹ 51° 36° 50ʹ 47° 20ʹ 36°
8,12,24 auf Euboia 52° 30ʹ Chalkis/Chalkis 54° 30ʹ Karystos/Karystos (54° 30ʹ)
f*
37° 43ʹ 37° 18ʹ 37° 18ʹ (36° 53ʹ)
Länge Breite
37° 43ʹ 37° 43ʹ (37° 18ʹ)
[Oreos/Orei 3,15,25] 8,12,25 auf Kreta 54° (54° 15ʹ) 34° 13ʹ (34° 40ʹ) Gortyna/Gortyn 55° (54° 30ʹ) 34° 13ʹ (35° 8ʹ) Knossos/Knossos [Itanos/Erimupolis (Kap Itanos/Akra Plaka) 3,17,4] [Hiera Petra (Hiera Pytna)/Ierapetra 3,17,4] [Melos/Milos 3,17,10]
53° 30ʹ 38° 54° 30ʹ 37° 40ʹ 53° 10ʹ 38° 25ʹ (30ʹ) (20ʹ) 54° 15ʹ 34° 50ʹ 54° 45ʹ 35° 55° 40ʹ 35° 15ʹ 55° 15ʹ
54°
35° 05ʹ (35°) 35° 30ʹ
Nach den überlieferten Koordinaten nicht Inatos, sondern das im selben Paragraphen etwas später genannte Itanos.
173
Kanon bedeutender Städte11,1–11,2
Libyae tabula I 111 LibÊhw2
m∞kow
11,1 Tigitan3 T¤ggiw ˚° Lʹ Zeil¤a ˚° gʹ5
plãtow
8,13 Pr«tow p¤naj t∞w LibÊhw: Mauritan¤ai TiggitanØ ka‹ Kaisarhns¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
le° Libʹ4 le° gʹ
8,13,3 §n tª Tiggitanª Mauritan¤& T¤ggiw -g Libʹ id Lʹ 6 id gibʹ (id Lʹ) -g Libʹ (-g Liʹ) Zil¤a (Zhl¤a)
L¤ja7
˚° dʹ
le° gʹ
L¤j
-g Lieʹ (-g Lʹ) id gʹ (id gibʹ)
OÈoloubol¤w
h° dʹ
lg° gʹ8
OÈoloubil¤w
‹ -g Lʹ (-g Lʹ) › id dʹ (id gʹ)
11,2 Mauritan¤aw Kaisarhns¤aw9 Kãrtina id° Lʹ
lg° gʹ10
8,13,7 t∞w Kaisarhns¤aw Mauritan¤aw Kãrtina -g › id dʹ (id gʹ)
ÉI∆l Kaisãria Sãld[in]ai11
iz° kb°
lg° gʹ lb° gʹ12
ÖOppido n°on13
i˚°
lb° gʹ
Zouxãbarri15 TouboÊsouptou
i˚° Lgʹ kg° Ldʹ
lb° gʹ la° gʹ
V*f*
ib°
ld° gʹ17
PÒrtow M°gaw16
ÉI∆l Kaisãreia Sãldai [ÉOpp¤dion (ÖOppidon n°on14
-b Lgieʹ id dʹ -b Lieʹ (-b Lʹ) id ˚ʹ id ibʹ] -b goieʹ -g id ˚ʹ)
Zouxãbarri TouboÊsouptow (ToubousoÊptou)
-b Lgieʹ id eʹ -b gibʹ (-b Lʹ) id hʹ
urbes Mauretaniae om. L* 2 LibÊh˚ Mauritan¤aw megãl et similia V*f* 3 sic f*: tigillow V* 4 sic f*: lb° V* ˚° Lʹ f* 6 correximus sec. Geogr. 4,1,13: Zhle¤ai V 7 kolvn¤a add. f* 8 lg° Lʹ f* 9 Kaisa mutile V* 10 lg° Ldʹ f* 11 sic f*: Sãrlai V* 12 lb° Lʹ f* 13 ÉOppidÒnidion f* 14 scripsimus sec. canonem: ÉOpp¤dion et similia sec. V hic XA 15 sic scripsi sec. f* (Zoux°beri): Zoulãbrai V* 16 PortÒmagnow f* et similiter Geogr. 4,2,2 17 lb° pro ib° V*; ld° iʹ pro ld° Lʹ f* 1 5
174
Afrika, 1. Karte
Afrika, 1. Karte Kanonliste
11 Libyen
Städteliste Geogr. 8,13
Länge Breite
8,13: 1. Karte Afrikas: Mauretania Tingitana und Caesariensis
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 4,1–2 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
11,1 in Tingitana Tingis 6° 30ʹ 35° 35ʹ Zeilia 6° 20ʹ 35° 20ʹ
8,13,3 in Mauretania Tingitana 6° 15ʹ Tingis/Tanger 6° 15ʹ Zulil/Asilah
Lixa
6° 15ʹ
35° 20ʹ
Lix/Larache
Volubilis
8° 15ʹ
33° 20ʹ
Volubilis/Walila
11,2 in Mauretania Caesariensis Kartina 14° 30ʹ 33° 20ʹ
Oppidon Neon
16°
Zuchabarri Tubusuptu
16° 50ʹ 32° 20ʹ 23° 45ʹ 31° 20ʹ 12°
[Portus Magnus/Arzew 4,2,2]
V*f*
29 30
Portos Megas
17° 22°
33° 20ʹ 32° 20ʹ 32° 20ʹ
34° 20ʹ
6° 30ʹ 6° 30ʹ
35° 55ʹ 35° 10ʹ
(6° 30ʹ)
35° 8ʹ (36° 1ʹ)
6° 30ʹ (8°) › 7° 30ʹ (7° 30ʹ)
34° 13ʹ (35° 8ʹ) › 33° 17ʹ (34° 13ʹ)
6° 45ʹ
34° 55ʹ
8° 15ʹ
33° 40ʹ
› 33° 17ʹ (34° 13ʹ) 33° 17ʹ
14° 30ʹ
33° 40ʹ
16° 30ʹ 21° 30ʹ (23°)
32° 20ʹ
19°
31° 21ʹ]29
15° 30ʹ
32° 20ʹ)30
17° 22° 19° 10ʹ 16°
33° 20ʹ 32° 30ʹ 31° 10ʹ 32° 40ʹ
16° 30ʹ
32° 43ʹ
23° 45ʹ (23°)
31° 50ʹ
16° 50ʹ 23° 45ʹ
32° 40ʹ 31° 20ʹ
12° 45ʹ
34° 30ʹ
8,13,7 in Mauretania Caesariensis 15° Cartennae/Ténès Iol Caesarea/Cherchell Saldae/Bougie [Oppidion (Oppidum Novum/ Ksar el-Kebir Zucchabbar/Miliana Tubusuctu/Tiklat
Iol Kaisaria Saldai
36° 1ʹ
Länge Breite
Nur in der V-Rezension überliefert. Die Koordinaten von XA beziehen sich auf die Position der bedeutenden Stadt Oppidum Novum; der Name ist allerdings dem nicht lokalisierbaren Ort Oppidion der V-Rezension angepasst.
175
Kanon bedeutender Städte12,1
Libyae tabula II 12
m∞kow
plãtow
8,14 DeÊterow p¤naj t∞w LibÊhw: ÉAfrikÆ
distat horae ab Alex. diei solst.
12,1 ÉAfrik∞w Yãbraka ÉItÊkh Karxhd≈n3 ÉAdroÊmhtow5 Megãlh L°ptiw K¤rta ÉIoul¤a8 S¤kka OÈener¤a10
la° dʹ lg° goʹ ld° Lgʹ l˚° goʹ mb° k˚° Lgʹ l° Lʹ
lb° gʹ1 lb° Ldʹ2 lb° goʹ4 lb° goʹ6 la° goʹ7 la° gʹ9 l° Lgʹ11
8,14,3 §n tª ÉAfrikª Yãbraka ÉItÊkh Karxhd≈n ÉAdroÊmhtow Megãlh L°ptiw K¤rta ÉIoul¤a S¤kka OÈener¤a
‹ -b (-b) -a Ldʹ -a goʹ (-a Ldʹ) -a Libʹ -a eʹ (-a dʹ) -b dʹ ‹ -b (-b)
id ˚ʹ id eʹ id eʹ id eʹ id hʹ id ibʹ › id (id ibʹ) id ibʹ id ibʹ id hʹ (id ˚ʹ)
BoÊla[w] ÑRhg¤a 12 OÎyina14 YÊsdrow
l° goʹ ld° dʹ lz° dʹ
la° Lʹ13 la° gʹ15 lb° ˚ʹ
BoÊlla ÑRhg¤a OÎyina YÊsdrow
‹ -b (-b) -a Ldʹ -a Lʹ
M∞nij n∞sow KÒssoura n∞sow
ly° Lʹ lz° gʹ16
la° gʹ ld° gʹ
id ibʹ -a gieʹ -a Lʹ (-a Lieʹ) id gʹ
Mel¤th n∞sow
lh° Ldʹ
ld° goʹ17
M∞nigj (M∞nij) n∞sow KÒssura (KÒssoura) n∞sow Mel¤th n∞sow
L*f*
lh° Ldʹ
ld° Libʹ
ÑHrakl°ouw flerÒn
-a ghʹ
id gʹ (id dhʹ)
lineam om. L* 2 Thabracae numeros hic iterat V* 3 KarxhdÒnvn L*, m°ga add. f* 4 lb° gʹ V*f* 5 ÉAdrãnhtow V* 6 l˚° gʹ/ly° gʹ V* 7 la° gʹ V*f* 8 Toulia L*, om. V*f* 9 sic V*f*: la° goʹ L* 10 sic scripsi: OÈern¤a L*, om. V*f* 11 l° Ldʹ V* 12 Boularg¤a V* 13 l° gʹ/la° dʹ V* 14 OÎina V* 15 la° ˚ʹ V* 16 lh° Ldʹ V* 17 correxi: la° goʹ pro ld° goʹ L*f*; lineam om. V* 1
176
Afrika, 2. Karte
Afrika, 2. Karte Kanonliste
12
Städteliste Geogr. 8,14
Länge Breite
12,1 in Africa Thabraka 31° 15ʹ 32° 20ʹ Ityke 33° 40ʹ 32° 45ʹ Karchedon 34° 50ʹ 32° 40ʹ Adrumetos 36° 40ʹ 32° 40ʹ Megale Leptis 42° 31° 40ʹ Kirta Iulia 26° 50ʹ 31° 20ʹ Sikka Veneria 30° 30ʹ 30° 50ʹ
8,14: 2. Karte Afrikas: Africa
8,14,3 in Africa Thabraka/Tabarka Utica/Henchir Bou Chateur Karchedon/Karthago Hadrumetum/Sousse Leptis Magna/Lebda Cirta Iulia/Constantine Sicca Veneria/El-Kef
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 4,3 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
› 30° (30° 30ʹ) 32° 20ʹ
31° 15ʹ 33° 40ʹ 34° 50ʹ 36° 40ʹ 42° 26° 50ʹ 30° 30ʹ
32° 20ʹ 32° 45ʹ 32° 40ʹ 32° 40ʹ 31° 40ʹ 31° 20ʹ 30° 50ʹ
30° 40ʹ 34° 15ʹ 37° 50ʹ
31° 30ʹ 31° 20ʹ 32° 10ʹ
33° 45ʹ
32° 43ʹ
35° (34° 15ʹ)
32° 43ʹ
36° 15ʹ
32° 43ʹ
42° (41° 45ʹ)
31° 50ʹ
26° 15ʹ
31° 21ʹ
› 30° (30° 30ʹ) › 30° 20ʹ (31° 30ʹ) › 30° (30° 30ʹ) 31° 21ʹ
Bulla Rhegia Uthina Thysdros
30° 40ʹ 31° 30ʹ 34° 15ʹ 31° 20ʹ 37° 15ʹ 32° 10ʹ
Insel Meninx Insel Kossura
39° 30ʹ 31° 20ʹ 37° 20ʹ 34° 20ʹ
Bulla Regia/Hammam Daradji 33° 45ʹ Uthina/Oudna 37° 30ʹ Thysdros/El-Djem 39° Insel Meninx/Djerba 37° 30ʹ (37°) Insel Kossura/Pantelleria
Insel Melite
38° 45ʹ 34° 40ʹ
Insel Melite/Malta
38° 45ʹ 34° 35ʹ
[Herakles-Heiligtum 4,3,47]
HeraklesHeiligtum
L*f*
38° 8ʹ
31° 21ʹ 31° 50ʹ (32° 20ʹ) 31° 21ʹ 34° 13ʹ 34° 13ʹ (34° 40ʹ)
39° 30ʹ 31° 20ʹ 37° 20ʹ (40ʹ) 34° 20 ʹ 38° 45ʹ
34° 40ʹ
38° 45ʹ 34° 05ʹ (35ʹ)
177
Kanon bedeutender Städte13,1–13,4
Libyae tabula III 13
m∞kow
plãtow
13,1 KurÆnhw1 Beren¤kh2
mz° Lgʹ
la° gʹ
mh° gʹ3 mh° ˚ʹ4 my° ibʹ n° ˚ʹ n°
la° la° la° la° la°
nb°
la° gʹ
nz° nd° Ldʹ
la° ˚ʹ la° dʹ13
j° Lʹ jg° Lʹ ja° Lgʹ
la° la° dʹ16 ky° Lgʹ17
j° Ldʹ jd° dʹ
la° ibʹ la° ˚ʹ
ÉArsinÒh [TeÊxeira Ptolema˝w6 ÉApollvn¤a KurÆnh pÒliw
13,2 LibÊvn Marmari[a]k∞w9 XersÒnhsow Megãlh10 13,3 LibÊhw ParaitÒnion11 V*L*f* Katãbaymow M°gaw12 13,4 t∞w kãtv AfigÊptou14 ÉAlejãndreia PhloÊsion M°mfıw
f*
Kãnvbow ÉOstrak¤nh
L*f*
gʹ gʹ]5 ˚ʹ7 Ldʹ8 gʹ
8,15 Tr¤tow p¤naj t∞w LibÊhw: KurhnaikØ ka‹ A‡guptow
distat horae ab Alex. diei solst.
8,15,3 §n tª Kurhnaikª Beren¤kh ≤ ka‹ ÑEsper¤dew
-Lgʹ
id ibʹ
ÉArsinÒh ≤ ka‹ TeÊxeira
-goieʹ
id ibʹ
Ptolema˝w ÉApollvn¤a KurÆnh
-Ldʹ -goʹ -goʹ
id ibʹ id hʹ id ibʹ
8,15,8 t∞w Marmarik∞w Megãlh XersÒnhsow
-Lieʹ
id hʹ
8,15,9 t∞w LibÊhw ParaitÒnion
-dʹ
id ibʹ
8,15,10 t∞w AfigÊptou ÉAlejãndreia PhloÊsion M°mfiw
[d]15 id ibʹ id ibʹ eʹ hʹ (ibʹ) ig Ldeʹ (id)
1 pentapÒl add. L*f* 2 Bern¤khw V* 3 sic V*: mh° Lgoʹ L*, fort. pro mh° Libʹ; cf. infra ad 14,2 (Meroë) 4 sic L*, fort. pro mh° Lʹ: mh° gʹ iterum V*, mh° Lʹ f* 5 tamquam alteram urbem post Cyrenen inserunt codd. 6 Ptelemaiow V* 7 my° gʹ/la° Lʹ V* 8 la° ˚ʹ V* 9 sic L*: AfigÊptou V*, AfigÊptou ˜lhw f* 10 Megãlh om. V* 11 ParatÒnion V* 12 M°gaw om. V* 13 na° gʹ/la° ˚ʹ V*f* 14 om. V*f* 15 scilicet distat quattuor horas ab Insulis Fortunatis 16 la° gʹ V* 17 j° Lgʹ/ky° igʹ (pro ky° Lgʹ) V*
178
Afrika, 3. Karte
Afrika, 3. Karte Kanonliste
Städteliste Geogr. 8,15
13
Länge Breite
13,1 in Kyrene Berenike
47° 50ʹ
31° 20ʹ
Arsinoë [Teucheira Ptolemaïs Apollonia Stadt Kyrene
48° 20ʹ 48° 10ʹ 49° 05ʹ 50° 10ʹ 50°
31° 20ʹ 31° 20ʹ]32 31° 10ʹ 31° 45ʹ 31° 20ʹ
8,15: 3. Karte Afrikas: Cyrenaica, Ägypten
8,15,3 in der Cyrenaica Berenike bzw. Hesperiden/ Bengazi Arsinoë bzw. Taucheira31/ Tokra Ptolemaïs/Tolmeta Apollonia/Susa Kyrene/Schahhat
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 4,4–5 Werte des 8. Buches, Länge Breite umgerechnet in Grade
47° 30ʹ
31° 21ʹ
47° 45ʹ 31° 20ʹ
49°
31° 21ʹ
48° 40ʹ 31° 20ʹ
48° 45ʹ
31° 21ʹ
50°
31° 50ʹ
50°
31° 21ʹ
49° 05ʹ 31° 10ʹ 50° 10ʹ 31° 40ʹ 50° 31° 20ʹ
51° 30ʹ
31° 50ʹ
52°
31° 21ʹ
57° 31° 10ʹ 54° 30ʹ 31° 15ʹ (45ʹ) 60° 30ʹ 31° 63° 20ʹ 31° 15ʹ 61° 50ʹ 29° 50ʹ
13,2 in der Marmarike der Libyer Chersonesos 52° 31° 20ʹ Megale
8,15,8 in der Marmarike Chersonesos Magna/ Ras et-Tin
13,3 in Libyen Paraitonion 57° V*L*f* Katabathmos 54° 45ʹ Megas
8,15,9 in Libyen33 Paraitonion/Marsa Matruch 56° 15ʹ [Katabathmos Megas/ Sollum 4,5,4]
31° 10ʹ 31° 15ʹ
13,4 in Unterägypten Alexandreia 60° 30ʹ 31° Pelusion 63° 30ʹ 31° 15ʹ Memphis 61° 50ʹ 29° 50ʹ f*
Kanobos Ostrakine
L*f*
60° 45ʹ 64° 15ʹ
31° 05ʹ 31° 10ʹ
8,15,10 in Ägypten Alexandreia/Alexandria Pelusion/Tell Farama Memphis/Memphis [Kanobos/Abukir 4,5,9] [Ostrakine/El-Filusiyat 4,5,12]
60°
31° 21ʹ
63°
31° 21ʹ
61° 52ʹ (61° 45ʹ)
29° 44ʹ (30° 20ʹ)
31° 40ʹ
60° 45ʹ 31° 05ʹ 64° 15ʹ 31° 50ʹ (10ʹ)
Die Zweitnamen Hesperiden bzw. Taucheira fehlen in X. In der Kanonüberlieferung wird Teucheira fälschlicherweise als eigener Ort nach der Stadt Kyrene angeführt. 33 Fehlt hier in X, dafür wird Libyen oben anstelle von Marmarike angeführt. 31 32
179
Kanon bedeutender Städte13,5
13
m∞kow
plãtow
8,15 Tr¤tow p¤naj t∞w LibÊhw: KurhnaikØ ka‹ A‡guptow
13,5 Yhba˝a‹ t«n ênv 1 Ptolema˛w ÑErmoË ja° Lgʹ
kz° ˚ʹ2
8,15,13 t∞w Yhba˝dow Ptolema˛w ÑErme¤ou
DiÒspoliw Megãlh
jb°
ke° Lʹ3
SoÆnh5
jb°6
ÉAmmvniakÆ ÖOasiw Megãlh MuÒsormow9 Beren¤kh11 f* ÉOjÊrigxow
f*
distat horae ab Alex. diei solst.
Megãlh DiospÒliw4
hʹ (ibʹ) hʹ (ibʹ)
ig gokʹ (ig Ldʹ) ig Lhʹ
kg° Lgʹ
SuÆnh (SoÆnh)
hʹ (ibʹ)
ig Lʹ
ne° Lʹ ny° Lgʹ jd° goʹ jd° goʹ jb° ˚ʹ
kh° ˚ʹ7 k˚° Lgibʹ8 kz° Lgʹ10 kg° Lgʹ12 kh° gibʹ
ÖAmmvn Megãlh ÖOasiw MuÚw ˜rmow Beren¤kh (Beren¤kh ≤ AfiyiopikÆ)
-gʹ -ieʹ dʹ dʹ
ig ig ig ig
Kun«n [≤ ênv]
jb°
kh° ˚ʹ
f*
ÑErmoÊpoliw Megãlh
ja° Lʹ
kh° gibʹ
f*
ÉAntinÒw
jb° ibʹ
kh° ˚ʹ
f*
ÉAnt°ou
jb° gʹ
kz° Lʹ
f*
PanÒw KoptÒw
jb° jd° Libʹ
kz° ke° gʹ
L*f*
ÑIerå Sukãminow
ja° Ldʹ13 kg° goʹ
L*f*
ÉAfrod¤thw n∞sow
je° dʹ
f*
Lgʹ goʹ Ldʹ Lʹ
ke°
sic L*: om. V*f* 2 jb°/ke° Lʹ V* 3 jb° Lʹ/kb° Lgʹ V* 4 scripsimus sec. Geogr. 4,5,73: DiÒspoliw codd. 5 kl b in marg. add. L* 6 jb° Lʹ V* 7 ne° Lgʹ/k˚° Ldʹ V* 8 ny°/k˚° Lʹ V* 9 MÊsormow V* 10 jd° ibʹ/kz° ˚ʹ L* 11 Bern¤kh V* 12 kh° Lgʹ V* 13 sic f*: j° Ldʹ L* 1
180
Afrika, 3. Karte
Kanonliste 13
Städteliste Geogr. 8,15 Länge Breite
13,5 in der Thebaïs und Oberägypten Ptolemaïs Hermu 61° 50ʹ 27° 10ʹ
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 4,4–5
8,15: 3. Karte Afrikas: Cyrenaica, Ägypten
Werte des 8. Buches, Länge Breite umgerechnet in Grade
61° 52ʹ 26° 45ʹ (61° 45ʹ) (27° 11ʹ)
61° 50ʹ 27° 10ʹ
61° 52ʹ (61° 45ʹ)
25° 31ʹ
62°
25° 30ʹ 23° 50ʹ
Diospolis Megale
62°
25° 30ʹ
8,15,3 in der Thebaïs Ptolemaïs Hermeiu/ El-Minshije Diospolis Megale/Theben
Soene
62°
23° 50ʹ
Syene/Assuan
61° 52ʹ (61° 45ʹ)
23° 48ʹ
62°
Ammoniake Oasis Megale Myosormos Berenike f* Oxyrhinchos
55° 30ʹ 59° 50ʹ 64° 40ʹ 64° 40ʹ 62° 10ʹ
28° 10ʹ 26° 55ʹ 27° 50ʹ 23° 50ʹ 28° 25ʹ
55°
28° 15ʹ
59°
26° 5ʹ
63° 45ʹ
27° 11ʹ
63° 45ʹ
23° 48ʹ
55° 30ʹ 28° 59° 30ʹ 26° 55ʹ 64° 30ʹ 27° 30ʹ 64° 05ʹ 23° 50ʹ 61° 40ʹ 28° 50ʹ
f*
Ammon/Siwa Grosse Oase/El-Charge Myos Hormos/Quseir Berenike/Bender el-Kebir [Oxyrhynchos/ El-Bahnasa 4,5,59] [Kynonpolis 4,5,59]
[Oberes] Kynonpolis f* Hermupolis Megale f* Antinoupolis
62°
28° 10ʹ
61° 30ʹ
28° 25ʹ
62° 05ʹ
28° 10ʹ
f*
Anteupolis
62° 20ʹ
27° 30ʹ
f*
Panopolis Koptos
62° 27° 64° 35ʹ 25° 20ʹ
f*
Hiera Sykaminos L*f* Insel der Aphrodite L*f*
61° 45ʹ
23° 40ʹ
65° 15ʹ 25°
[Hermupolis Megale/ Aschmunein 4,5,60] [Antinoupolis/ Sheik Abada 4,5,61] [Antaiupolis/ Qaw el-Kebir 4,5,71] [Panopolis/Achmim 4,5,72] [Koptos/Koptos 4,5,73] [Hiera Sykaminos/ Maharraqa 4,5,74 [Insel der Aphrodite 4,5,77]
62° 10ʹ 28° 40ʹ 61° 40ʹ 28° 25ʹ 62° 05ʹ 28° 10ʹ 62° 20ʹ 27° 40ʹ 62° 27° 20ʹ 62° 30ʹ 26° 10ʹ (26°) 61° 45ʹ 23° 40ʹ 65° (15ʹ) 25°
181
Kanon bedeutender Städte14,1–14,2
Libyae tabula IV 141
m∞kow
plãtow
14,1 t∞w §ntÚw LibÊhw2 AÈtolãlai3 ÉIãrziya5 YamodÒkna7 G¤r mhtrÒpoliw8 Garãmh trÒpoliw
i° i° kg° l˚° mg°
kg° Lgʹ4 ie° Lʹ6 iz° ih° ka° Lʹ9
0°
ib° Lʹ10
a° a° a° a° a° a°
i˚° Lʹ ie° dʹ id° dʹ ib° dʹ ia° id° gibʹ
L*
f*
f*
Makãrvn n∞soi ˚
ÉAprÒsitow n∞sow ÜHraw n∞sow f* Plouiãtika n∞sow f* Kaprar¤a n∞sow f* Kanar¤a n∞sow f* Pintouar¤a[nh] n∞sow
14,2 Afiyiop¤aw t∞w ÍpÚ [§n] A‡gupton11 Nãpata12 jg°13 k° dʹ MerÒh ja° Lʹ i˚° gibʹ14 Ptolema˛w ≤ t«n Yhr«n15 j˚° i˚° Lʹ16
8,16 T°tartow ka‹ teleuta›ow p¤naj t∞w LibÊhw: ÑH §ntÚw LibÊh, Afiyiop¤a ≤ ÍpÚ A‡gupton, ≤ §ntÚw Afiyiop¤a
8,16,3 §n tª §ntÚw LibÊ˙ AÈtolãlai ÉIãrzeiya (ÉIãrziya) YamondÒkana (Yamondãkanda) Ge¤ra Garãmh
distat horae ab Alex. diei solst.
-g gʹ -g gʹ -b Lʹ -a Lhʹ -a ˚ʹ
ig Lʹ ib Lgibʹ ig ig ibʹ ig gʹ (ig dʹ)
8,16,8 t∞w ÍpÚ A‡gupton Afiyiop¤aw Nãpata ˚ʹ MerÒh ieʹ Ptolema˛w ≤ t«n Yhr«n gieʹ
ig dʹ ig ig
ÉAdoul¤w (ÉAdoul¤) DÆrh (De¤rh)
ghʹ (gibʹ) a (godʹ)
ib goʹ ib goʹ (ib Libʹ)
ÉAdoul¤w17 De¤rh
jz° ia° goʹ od° Lʹ ia°18
MÒsulon êkron19
oy°
y°20
MÒsulon (MÒsulon êkron)
‹ a gʹ (a dʹ) › ib Lʹ (ib Lʹ)
ÉAr≈mata §mpÒrion
pg°
˚°21
ÉAr≈mata
a Lʹ
L*
L*
L*
XersÒnhsow Pan∆ k≈mh AÈjvm¤w
je° pb° je°
kb° e° ia°
L*
Dafn¤nh n∞sow
jh° dʹ ie° ˚ʹ
L*
L*
ÉAkany¤nh n∞sow ÖIsidow n∞sow
jh° Lʹ ie° o° †iz°
ib dhʹ (ib gʹ)
urbes huius tabulae om. f* 2 LibÊhw t∞w §ntÚw [§n] ÉEgÊpt confuse L*; cf. ad 14,2 3 AÈtolãla V* 4 kg° Lʹ L* Gãrzeiya V* 6 i˚° gʹ/ie° dʹ L*; cf. ad Geogr. 8,16,4; lineam priori anteponit L* 7 fyamounlokotuow V* 8 garpoliw V* 9 Sarametropoliw iisdem numeris add. L* 10 sic L* in marg.: om. V*f*, sed in fine canonis singillatim insulas enumerat f* 11 t∞w §nt AfigÊpt V* 12 ’Anãpata V* 13 j° gʹ pro jg° L*V* 14 i˚° ggoʹ V*, fort. pro i˚° gibʹ; cf. infra 15,2 (Smyrna, Myndos, Andriace) et 18,2 (Seleucia); kl a in marg. add. L* 15 ≤ t«n Yhr«n solum hic, infra rursus Ptolema˛w Yhb«n habet L* 16 o add. L*, fort. correcturae vestigium; je° Lʹ i˚° ggoʹ V*, fort. pro i˚° gibʹ; cf. supra ad Meroën 17 ÉAloul¤ V* 18 od° yʹ/i° goʹ V* 19 §mpÒrion V* 20 h° gʹ V* 21 ˚° Lʹ V* 1 5
182
Afrika, 4. Karte
Afrika, 4. Karte Kanonliste
14
Städteliste Geogr. 8,16
Länge Breite
8,16: 4. und letzte Karte Afrikas: Inneres Libyen, Äthiopien südlich von Ägypten, Inneres Äthiopien
14,1 im Inneren Libyen 10° 23° 50ʹ Autolalai 10° 15° 30ʹ Iarzitha 23° 17° Thamondokana Gira Metropolis 36° 18° Garame Metropolis 43° 21° 30ʹ
8,16,3 im Inneren Libyen Autolalai Iarzeitha (Iarzitha) Thamondokana Geira Garame/Djerma
sechs Inseln der Seligen f* Insel Aprositos f* Insel der Hera f* Insel Pluiatika f* Insel Kapraria f* Insel Kanaria f* Insel Pintuaria
[sechs Insulae Fortunatae/ Kanarische Inseln 4,6,34] [Aprositos 4,6,34] [Insel der Hera 4,6,34] [Pluvialia 4,6,34] [Kapraria 4,6,34] [Kanaria 4,6,34] [Centuria (Pintuaria) 4,6,34]
L*
0°
12° 30ʹ
1° 16° 30ʹ 1° 15° 15ʹ 1° 14° 15ʹ 1° 12° 15ʹ 1° 11° 1° 14° 25ʹ
14,2 in Äthiopien südlich von Ägypten Napata 63° 20° 15ʹ Meroë 61° 30ʹ 16° 25ʹ 66° 16° 30ʹ Ptolemaïs Theron 67° 11° 40ʹ 74° 30ʹ 11°
Kap Mosylon
79° 9°
Aromata, Handelsplatz L* Chersonesos L* Pano, ein Dorf L* Auxomis
83° 6°
Mosylon (Kap Mosylon)/ Ras Antarah Aromata/Kap Guardafui
65° 22° 82° 5° 65° 11°
[Chersonesos 4,7,5] [Pano, ein Dorf 4,7,11] [Auxume/Axum 4,7,25]
L*
Insel Daphnine
68° 15ʹ 15° 10ʹ
[Insel Daphnine 4,7,37]
L*
Insel Akanthine Insel der Isis
68° 30ʹ 15° 70° †17°34
[Insel Akanthine 4,7,37] [Insel der Isis 4,7,38]
34
Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
10°
23° 48ʹ
10°
15° 9ʹ
22° 30ʹ
16° 27ʹ
35° 38ʹ
17° 43ʹ
42° 30ʹ
21° 26ʹ (20° 13ʹ)
10° 23° 50ʹ 10° 15° 30ʹ 23° 17° 36° 18° 43° 21° 30ʹ
1° (0°) 16° 1° 15° 15ʹ 1° (0°) 14° 15ʹ 1° (0°) 12° 30ʹ 1° 11° 1° (0°) 10° 30ʹ
8,16,8 in Äthiopien südlich von Ägypten 20° 13ʹ Napata/am Gebel Barkal 62° 30ʹ 61° 16° 27ʹ Meroë/Meroë 66° 16° 27ʹ Ptolemaïs Theron/ Marsa Aqiq 66° 52ʹ (66° 45ʹ) 11° 9ʹ Adulis/Massawa 75° (74° 15ʹ) 11° 9ʹ Dere/am Ras Siyan
Adulis Deire
L*
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 4,4–8
‹ 80° (79° 15ʹ) 82° 30ʹ
(9° 47ʹ) › 8° 25ʹ (8° 25ʹ) 6° 20ʹ (5° 38ʹ)
63° 20° 15ʹ 61° 30ʹ 16° 25ʹ 66° 16° 25ʹ 67° 11° 20ʹ 74° 30ʹ 11° 79° 9° 83° 6° 65° 22° 82° 5° 65° 30ʹ 11° (65°) 68° 30ʹ 15° 20ʹ (15ʹ) 68° 30ʹ 15° 70° 11° 30ʹ
Korrupter Wert.
183
Kanon bedeutender Städte15,1–15,2
Asiae tabula I 15 ÉAs¤aw Megãlhw1
m∞kow
plãtow
15,1 Biyun¤aw Xalkhd≈n2 NikomÆdeia
n˚° gibʹ nz°
mg° ibʹ3 †md° Lʹ4
8,17,3 §n tª Biyun¤& Xalkhd≈n NikomÆdeia
-dʹ -˚ʹ (-dʹ)
ie dʹ ie ˚ʹ
ÉApãmeia
n˚° gʹ
ma° Lʹ5
ÉApãmeia
-˚ʹ (-dʹ)
ie hʹ (ie ibʹ)
ÑHrãkleia
ny°
mg° Lʹ
-iʹ
ie gʹ
N¤kaia6
nz°
ma° Libʹ7
ÑHrãkleia PÒntou (ÑHrãkleia) N¤kaia
-zʹ (-dʹ)
ie hʹ
ÖAmastriw
j° Lʹ
mg° Lʹ8
L*
ProËsa
nh° Lʹ
mb° Libʹ
L*
ÉIouliÒpoliw
8,17 Pr«tow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: PÒntow ka‹ Biyun¤a, ≤ fid¤vw ÉAs¤a, Luk¤a, Galat¤a, Pamful¤a, Kappadok¤a, Kilik¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
j° ˚ʹ
mb°
15,2 ÉAs¤aw Mikrçw9 KÊzikow ÉAlejãndreia Trvãw11
n˚° ne° gibʹ
ma° Lʹ10 m° goʹ12
8,17,8 t∞w fid¤vw ÉAs¤aw KÊzikow ÉAlejãndreia Trvãw
-dʹ -gʹ
ie ibʹ ‹ ie (ie)
P°rgamow
nz° gibʹ13
ly° Ldʹ
P°rgamow
-eʹ
id Ldhʹ (id Lgʹ)
SmÊrna ÖEfesow
nh° gibʹ nz° goʹ
lz° L˚ʹ14 lz° goʹ15
SmÊrna ÖEfesow
-hʹ (-iʹ) -˚ʹ (-eʹ)
id Ldʹ id goʹ
M¤lhtow
nh°
lz°16
M¤lhtow
-˚ʹ
id Libʹ (id goʹ)
Kn¤dow Sãrdeiw
n˚° dʹ nh° Lʹ
l˚°17 lh° dʹ18
Kn¤dow Sãrdeiw
-dʹ -hʹ
id Lʹ ‹ id Ldʹ (id Ldʹ)
Magnhs¤a ÉApãmeia KibvtÒw20
nh° Lʹ ja° ˚ʹ
lz° Lgʹ19 ly° ibʹ21
Magnhs¤a ÉApãmeia t∞w Frug¤aw
-hʹ ‹ oÈd°n
id goʹ id Ldʹ
K¤bura MutilÆnh n∞sow X›ow n∞sow
j° Lʹ22 ne° goʹ n˚° gʹ
K¤bura lh° Ldʹ ly° goʹ23 MutilÆnh24 lh° Lgibʹ25 X›ow
oÈd°n -gʹ -dʹ
id Ldʹ id Lgʹ id Ldʹ
urbes huius tabulae om. f* 2 Kalxhd≈n L* 3 n˚° gʹ/mg° gʹ V* 4 md° V*; md° fort. pro mb° 5 ma° gʹ V* 6 sic scripsi: Ne¤kea L*, N¤keia V* 7 ma° Ldʹ V* 8 ÖAmastra j°/mg° V*; ÖAmestrow j° Lʹ/lw° Lgʹ inter Syriae urbes iterat L*, ÖAmastraw (sine numeris) inter urbes additas exhibet V* 9 t∞w fid¤vw add. L* 10 sic scripsi sec. L* (m˚° pro n˚°): mg° dʹ V* 11 Trvãw om. V* 12 ne° gʹ/mg° dʹ V* 13 nz° Lgʹ V* 14 nz° ggoʹ (pro gibʹ)/ly° Ldʹ V*; cf. supra ad 14,2 (Meroë) 15 nz° gʹ/m° Lggoʹ (fort. pro lz° gibʹ) V* 16 sic V*: nz°/lh° falso L* 17 m˚° Lʹ V* 18 lh° Ldʹ V* 19 ny°/lh° V* 20ÉApam°a ≤ §n Frug¤& V* 21 ja° Lʹ/ly° goʹ V* 22 sic V*: j° L˚ʹ confuse L* 23 ne° gʹ/ly° gʹ V*; etiam M¤lhtow n∞sow (sic) ne° goʹ/ly° gʹ habet L* 24 correximus sec. canonem: MitulÆnh codd. 25lh° Lgʹ V* 1
184
Asien, 1. Karte
Asien, 1. Karte Kanonliste
Städteliste Geogr. 8,17
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,1–8
Werte des 8. Buches, 8,17: 1. Karte Asiens:35 Länge Breite Pontos und Bithynien, Eigentliches umgerechnet in Grade Asien, Lykien, Galatien, Pamphylien, Kappadokien, Kilikien
15 Gross-Asien
Länge Breite
15,1 in Bithynien Chalkedon Nikomedeia
8,17,3 in Bithynien Chalkedon/Kadiköy 56° 25ʹ 43° 05ʹ 57° †44° 30ʹ36 Nikomedeia/Izmit
Apameia
56° 20ʹ 41° 30ʹ
Herakleia
59°
Nikaia
57°
Amastris
60° 30ʹ 43° 30ʹ
37
L*
Prusa
58° 30ʹ 42° 35ʹ
L*
Iuliopolis
60° 10ʹ 42°
[Prusa am Hypios/ Konuralp 5,1,13] [Iuliopolis/Sarilar 5,1,14]
56° 05ʹ 43° 05ʹ 57° 20ʹ 42° 30ʹ
56° 15ʹ
43° 1ʹ
57° 30ʹ (56° 45ʹ)
42° 20ʹ
Apameia/Mudanya
57° 30ʹ (56° 45ʹ)
41° 58ʹ (41° 37ʹ)
56° 55ʹ 42°
43° 30ʹ
Herakleia am Pontos/Ereili
58° 30ʹ
43° 42ʹ
59°
43° 30ʹ
41° 35ʹ
Nikaia/Iznik
57° 51ʹ (56° 45ʹ)
41° 58ʹ
58°
42° 15ʹ
60° 30ʹ 43° 30ʹ (62° 30ʹ) 58° 30ʹ 42° 35ʹ 60° 10ʹ 42°
15,2 in Klein-Asien 56° 41° 30ʹ Kyzikos Alexandreia Troas 55° 25ʹ 40° 40ʹ
8,17,8 im Eigentlichen Asien 56° 15ʹ Kyzikos/Belkiz Alexandreia Troas/Eskistanbul 55°
‹ 40° 52ʹ (40° 52ʹ)
Pergamos
57° 25ʹ 39° 45ʹ
Pergamos/Bergama
57°
39° 44ʹ (39 20ʹ)
Smyrna Ephesos
58° 25ʹ 37° 40ʹ 57° 40ʹ 37° 40ʹ
Smyrna/Izmir Ephesos/Ephesus
58° 8ʹ (59°) 38° 32ʹ 57° 30ʹ (57° 30ʹ)
37° 43ʹ
Miletos
58° 37°38
Miletos/Balat
57° 30ʹ
36° 53ʹ (37° 43ʹ)
58° 37°
Knidos Sardeis
56° 15ʹ 36° 58° 30ʹ 38° 15ʹ
Knidos/Tekir Sardeis/Sart
56° 15ʹ
36° 1ʹ39
58° 8ʹ
‹ 38° 32ʹ (38° 32ʹ)
56° 15ʹ 36° 58° 40ʹ 38° 15ʹ
Magnesia Apameia Kibotos
58° 30ʹ 37° 50ʹ 61° 10ʹ 39° 05ʹ
58° 8ʹ
37° 43ʹ
› 60°
38° 32ʹ
Kibyra Insel Mytilene Insel Chios
60° 30ʹ 38° 45ʹ 55° 40ʹ 39° 40ʹ 56° 20ʹ 38° 55ʹ
Magnesia/Ortaklar Apameia in Phrygien/Dinar Kibyra/Gölhisar Mytilene/Mitilini Chios/Khios
60°
38° 32ʹ
55°
39° 20ʹ
56° 15ʹ
38° 32ʹ
41° 37ʹ
56° 41° 30ʹ 55° 25ʹ 40° 40ʹ 57° 25ʹ 39° 45ʹ 58° 25ʹ 38° 35ʹ 57° 40ʹ 37° 40ʹ
58° 30ʹ 37° 50ʹ 61° 10ʹ 38° 55ʹ 60° 10ʹ 38° 55ʹ 55° 40ʹ 39° 40ʹ 56° 20ʹ 38° 35ʹ (55ʹ)
In der 1. Asienkarte lassen die reinen Vertreter der V-Rezension, UVR, zahlreiche Orte aus; vgl. dazu die Angaben im entsprechenden Kapitel (Geogr. 8,17) der Textausgabe. 36 Korrupter Wert. 37 Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch. 38 Der alternative Breitenwert von L* (38°) wird im 8. Buch durch X favorisiert. 39 Fehlt in X. 35
185
Kanon bedeutender Städte15,2–15,3
15 ÉAs¤aw Megãlhw1
m∞kow
plãtow
8,17 Pr«tow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: PÒntow ka‹ Biyun¤a, ≤ fid¤vw ÉAs¤a, Luk¤a, Galat¤a, Pamful¤a, Kappadok¤a, Kilik¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
ÑRÒdow
-hʹ
id Lʹ
ÑRÒdow n∞sow L* Pãrion V*L* Lãmcakow4 L* ÖAbudow V*L* MÊndow V*L* Laod¤keia §p‹ LÊk
nh° goʹ ne° Ldʹ ne° gʹ ne° gʹ nz° goʹ ny° Ldʹ
l˚°2 ma° Lʹ3 ma° gibʹ5 ma° dʹ6 l˚° gibʹ7 lh° goʹ8
L*
nh° goʹ j°
m° goʹ lh° Lgʹ
V*L*
ne° gʹ nz° n˚° Lʹ
m° Ldʹ9 lz° Libʹ10 l˚° Lgʹ
j° Lʹ j° Lgʹ
l˚°11 l˚° gibʹ12
8,17,22 t∞w Luk¤aw Pãtara ÉAndriãkh
oÈd°n id Lʹ mikrÒn ti › id Lʹ (id Libʹ)
MÊra LimÊra
mikrÒn ti id Libʹ braxÊ id Libʹ
[TelmhsÒw
yʹ
Kot¤aion ÑIerãpoliw
V*L*
T°nedow Sãmow n∞sow K≈ n∞sow
V*L* L*
15,3 Luk¤aw Pãtara ÉAndriãkh
MÊra13 LimÊra
ja° ja° gibʹ
l˚° goʹ14 l˚° Libʹ15
V*L*
KaËnow TelmhssÒw L* Fashl¤w L* Tl≈
ny° ˚ʹ16 †j° ja° Lgʹ j° dʹ
l˚° †la°17 l˚° gibʹ l˚° gibʹ18
V*L*
j° dʹ
l˚° ibʹ19
L*
j° goʹ
l˚° godʹ20
V*
Jãnyow
SagalassÒw
id Lʹ]
1 urbes huius tabulae om. f* 2 nh° gʹ/lz° V*; kl d in marg. add. L* 3 lineam in marg. add. L* 4 Lãmcaka V* 5 n˚° gʹ/ ma° gLgoʹ confuse V*; cf. supra ad Ephesum 6 lineam in marg. add. L* 7 nz° gʹ/l˚° ggoʹ (pro gibʹ) V* 8 Sãrdiw §p‹ Luk¤aw (sic) ny° Ldʹ/lh° gʹ V*; etiam Laod¤keia Frug‹w Megãlhw ny° idʹ/li° gʹ habet L*; kl g in marg. add. L* 9 ne°/m° Lggʹ (fort. pro Lgibʹ) V* 10 l° Lggʹ V* 11 j° Lgʹ/l˚° gʹ V* 12 l˚° ggoʹ (pro gibʹ) V* 13 MÊrra L* 14 l˚° gʹ V* 15 lineam om. V* 16 sic correxi: ly° ˚ʹ falso pro ny° ˚ʹ L*, ly° Lʹ similiter V* 17 sic V*: om. L*, sed cf. infra Termessos (15,6) 18 Phaselin et Tlon in marg. add. L* 19 sic L*, qui etiam Jãnyow j° dʹ/l˚° ˚ʹ iterat; l˚° Lʹ V* 20 SaglagassÒw inter Paphlagoniae urbes inserit L*, qui hic in marg. exhibet SagalassÒw j° goʹ/l˚° gibʹ
186
Asien, 1. Karte
Kanonliste
Städteliste Geogr. 8,17
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,1–8
15 Gross-Asien
Länge Breite
Werte des 8. Buches, 8,17: 1. Karte Asiens:35 Länge Breite Pontos und Bithynien, Eigentliches umgerechnet in Grade Asien, Lykien, Galatien, Pamphylien, Kappadokien, Kilikien
Insel Rhodos L* Parion V*L* Lampsakos L* Abydos V*L* Myndos V*L* Laodikeia am Lykos L* Kotiaion V*L* Hierapolis
58° 40ʹ 36° 55° 45ʹ 41° 30ʹ 55° 20ʹ 41° 25ʹ 55° 20ʹ 41° 15ʹ 57° 40ʹ 36° 25ʹ 59° 45ʹ 38° 40ʹ 58° 40ʹ 40° 40ʹ 60° 38° 50ʹ
Rhodos/Rhodos [Parion/Kemer 5,2,2] [Lampsakos/Lapseki 5,2,2] [Abydos/Kap Nagara 5,2,3] [Myndos/Gümüslük 5,2,9] [Laodikeia am Lykos/ Eski Hisar 5,2,18] [Kotiaion/Kütahya 5,2,23] [Hierapolis/Pamukkale 5,2,26]
Tenedos Insel Samos L* Insel Kos
55° 20ʹ 40° 45ʹ 57° 37° 35ʹ 56° 30ʹ 36° 50ʹ
[Tenedos/Bozcaada 5,2,28] [Samos/Samos 5,2,30] [Kos/Kos 5,2,31]
15,3 in Lykien Patara Andriake
60° 30ʹ 36° 60° 50ʹ 36° 25ʹ
8,17,22 in Lykien Patara/Gelemih Andriake/Kale40
Myra Limyra
61° 36° 40ʹ 61° 25ʹ 36° 35ʹ
Myra/Demre Limyra/Turunçova
Kaunos Telmessos L* Phaselis L* Tlos
59° 10ʹ 36° †60° †31° 61° 50ʹ 36° 25ʹ 60° 15ʹ 36° 25ʹ
[Kaunos/Dalyan 5,2,12]42 [Telmessos/Fethiye [Phaselis/Tekirova 5,3,3] [Tlos/Düver 5,3,5]
Xanthos
60° 15ʹ 36° 05ʹ
[Xanthos/Kinik 5,3,5]
Sagalassos
60° 40ʹ 36° 55ʹ
[Sagalassos/Ailasun 5,3,6]44
V*L* V*L*
V*L* V*
V*L*
L*
58° 8ʹ
36° 1ʹ
58° 40ʹ 36° 55° 45ʹ 41° 30ʹ 55° 20ʹ 41° 25ʹ 55° 20ʹ 41° 15ʹ 57° 40ʹ 36° 25ʹ 59° 45ʹ 38° 40ʹ 58° 40ʹ 40° 40ʹ 60° 38° 15ʹ (55ʹ) 55° 40° 55ʹ 57° 37° 35ʹ 57° 36° 25ʹ
60°
36° 1ʹ
› 60°
› 36° 1ʹ (36° 53ʹ)
› 60°
36° 53ʹ
› 60° 30ʹ
36° 53ʹ41
62° 10ʹ
36° 1ʹ]43
60° 30ʹ 36° 60° 45ʹ 36° 25ʹ (50ʹ) 61° 36° 40ʹ 61° 25ʹ 36° 35ʹ (55ʹ) 59° 10ʹ 36° 60° 10ʹ 35° 55ʹ 61° 50ʹ 36° 25ʹ 60° (15ʹ) 36° 40ʹ (30ʹ) 60° 15ʹ 36° 10ʹ (15ʹ) 60° 40ʹ 36° 55ʹ
Die Orte Myra und Andriake werden Geogr. 8,17,23f. in umgekehrter Reihenfolge angeführt. Nur in A genannt. 42 Der Grenzort Kaunos wird Geogr. 5,2,12 noch zu Kleinasien gerechnet. 43 Zu Telmessos vgl. unten Termessos 15,6. 44 Vielleicht Verschreibung für Akalissos/Asar Deresi; vgl. zu Geogr. 5,3,6. 40 41
187
Kanon bedeutender Städte15,4–15,6
15 ÉAs¤aw Megãlhw1
m∞kow
plãtow
8,17 Pr«tow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: PÒntow ka‹ Biyun¤a, ≤ fid¤vw ÉAs¤a, Luk¤a, Galat¤a, Pamful¤a, Kappadok¤a, Kilik¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
15,4 Galat¤aw2 Paflagon¤aw Sin≈ph[w]3
jg° Lgʹ4
md°
Sin≈ph
dʹ
ie gʹ (ie dhʹ)
ÉAmisÒw ÖAgkura
je° jb° goʹ6
mg° ibʹ5 mb°
ÉAmisÒw ÖAgkura
gʹ ˚ʹ (hʹ)
ie dʹ ie hʹ (ie ˚ʹ)
G°rma7 PessinoËw V*L*f* ÉAb[i]≈nou te›xow L* Ga¤gra (i.e. Pl°gra)
ja° Lʹ ja° jb° jg°
mb° ma° Lʹ md°8 mg° gʹ
G°rma PessinoËw
mikrÒn ti ie hʹ mikrÒn ti ie ibʹ
L*
PomphÒpoliw
jb° Lʹ
mb° Ldʹ
L*
TaoÊin SoÊatra (i.e. Sauãtra) AÎstra (i.e. LÊstra) E‡sdura (i.e. ÖIsaura) Pãppa
jg° Libʹ jd° gʹ9 jd° jg° ibʹ jg° ibʹ
ma° gʹ ly° dʹ ly° lh° goʹ lh° Lgʹ
jb°
lh° Lʹ10
jb° Lʹ
ly° Lʹ11
15,6 t∞w Pamful¤aw P°rgh
ja° Lʹ
l˚° Lgʹ12
8,17,31 t∞w Pamful¤aw P°rgh
hʹ (ibʹ)
id Libʹ
S¤dh
jg° ibʹ
l˚° goʹ13
S¤dh
eʹ
› id Lʹ (id Lʹ)
ÖAspendow
jb° Ldʹ
l˚° Lgʹ
ÖAspendow
hʹ (˚ʹ)
id Libʹ
TermhssÒw14
jb° ˚ʹ
lz° dʹ
TermhssÒw
hʹ
id Lhʹ
L*
jb° dʹ
l˚° Lʹ15
L* L* L* L*
15,5 Peisid¤aw V*L* SeleÊkeia
V*L*
ÉAntiÒxeia
ÉAtall¤a
8,17,26 t∞w Galat¤aw
urbes huius tabulae om. f* 2 jg° Lgʹ/ld° add. L*, fort. ad Sinopam (ld° pro md°) 3 SinÆph V* 4 jg° Lʹ V* 5 m° goʹ V* 6 jy° gʹ V* 7 GermanikÒpoliw ja° ˚ʹ/mb° V*, qui etiam habet ÉHgantro¤w (i.e. µ §n êlloiw?) ja° Lʹ/mb° Lʹ 8 numeros hic om. L*; Abunoteichum etiam inter Syriae urbes exhibent L*f* 9 sic scripsi: ja° gʹ L* 10 ob°/lh° V* 11 jy° Lʹ/ ly° V* 12 ja° Ldʹ/l˚° gʹ V* 13 jg° Lgoʹ (fort. pro Libʹ)//l˚° Lgʹ V* 14 sic V*: TelmhsÒw L*; cf. supra 15,3 Telmessos 15 lineam in marg. add. L* 1
188
Asien, 1. Karte
Kanonliste
15 Gross-Asien
Städteliste Geogr. 8,17
Länge Breite
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,1–8
Werte des 8. Buches, 8,17: 1. Karte Asiens:35 Länge Breite Pontos und Bithynien, Eigentliches umgerechnet in Grade Asien, Lykien, Galatien, Pamphylien, Kappadokien, Kilikien
15,4 in Galatien in Paphlagonien Sinope
63° 50ʹ 44°
Sinope/Sinop
63° 45ʹ
43° 42ʹ (44° 2ʹ)
63° 50ʹ 44°
Amisos Ankyra
65° 43° 05ʹ 62° 40ʹ 42°
Amisos/Samsun Ankyra/Ankara
65°
43° 1ʹ
62° 30ʹ (62° 22ʹ)
41° 58ʹ (42° 20ʹ)
65° 43° 05ʹ 62° 40ʹ 42°
Germa Pessinus V*L*f* Abonuteichos L* Plegra
61° 30ʹ 42° 61° 41° 30ʹ 62° 44° 63° 43° 20ʹ
Germa/Babadat Pessinus/Ballihisar [Abunoteichos/Inebolu 5,4,2] [Plegra 5,4,5]
› 60°
41° 58ʹ
› 60°
41° 37ʹ
Pompeiopolis
62° 30ʹ 42° 45ʹ
[Pompeiopolis/Tahköprü 5,4,6]
62° 30ʹ 42° 15ʹ
Tavion Savatra L* Lystra L* Isaura L* Pappa
63° 35ʹ 41° 20ʹ 64° 20ʹ 39° 15ʹ 64° 39° 63° 05ʹ 38° 40ʹ 63° 05ʹ 38° 50ʹ
[Tavion/Nefezköy 5,4,9] [Savatra/Yailibayat 5,4,12] [Lystra/Hatunsaray 5,4,12] [Isaura/Zengibar Kalesi 5,4,12] [Pappa/Yunuslar 5,4,12]
63° 35ʹ 41° 40ʹ 64° 20ʹ 39° 15ʹ 64° 39° 63° 50ʹ 38° 40ʹ 63° 20ʹ 38° 55ʹ
15,5 in Pisidien V*L* Seleukeia
62°
62°
L*
L* L*
8,17,26 in Galatien
38° 30ʹ
Antiocheia
62° 30ʹ 39° 30ʹ
[Seleukeia in Pisidien/ bei Bayat 5,5,4] [Antiocheia /Yavlaç 5,5,4]45
15,6 in Pamphylien Perge
61° 30ʹ 36° 50ʹ
8,17,31 in Pamphylien Perge/Aksu46
Side
63° 05ʹ 36° 40ʹ
Aspendos
V*L*
61° 30ʹ 42° 61° 41° 30ʹ 62° 44° 62° 30ʹ 43° 30ʹ
38° 30ʹ
62° 30ʹ 38° 30ʹ
61° 52ʹ (61° 45ʹ)
36° 53ʹ
62° 15ʹ 36° 55ʹ
Side/Selimiye
63°
› 36° 1ʹ (36° 1ʹ)
63° 25ʹ 36° 40ʹ
62° 45ʹ 36° 50ʹ
Aspendos/Belkis
61° 52ʹ (63°)
36° 53ʹ
62° 15ʹ 36° 45ʹ
Termessos
62° 10ʹ 37° 15ʹ
Termessos/Termessos
61° 52ʹ
37° 18ʹ47
62° 10ʹ 37° 15ʹ
Atallia
62° 15ʹ 36° 30ʹ
[Attaleia/Antalya 5,5,2]
L*
62° 15ʹ 36° 30ʹ
Eine Dublette mit dem Namen Antiocheia in Pisidien mit den Koordinaten 62° 30ʹ/39° 15ʹ (38° 50ʹ) wird Geogr. 5,4,11 genannt. 46 Die Orte Perge und Side werden Geogr. 8,17,32f. in umgekehrter Reihenfolge angeführt. 47 An Stelle des pamphylischen Termessos verzeichnet X offenbar die lykische Stadt Telmessos; vgl. oben 15,3 sowie Geogr. 8,17,34. 45
189
Kanon bedeutender Städte15,7–15,8
15 ÉAs¤aw Megãlhw1
8,17 Pr«tow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: PÒntow ka‹ Biyun¤a, ≤ fid¤vw ÉAs¤a, Luk¤a, Galat¤a, Pamful¤a, Kappadok¤a, Kilik¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
m∞kow
plãtow
15,7 Kappadok¤aw2 TrapezoËw3 o° Lʹ KÒmana PontikÆ jz° Mãzaka ≤ ka‹ Kaisãreia5 j˚° Lʹ
mg° ibʹ4 ma° Lʹ ly° Lʹ
8,17,35 t∞w Kappadok¤aw TrapezoËw goʹ KÒmana ≤ PontikÆ ghʹ Mãzaka ≤ ka‹ Kaisãreia gieʹ
ie dʹ ie ibʹ id Lgʹ
KÒmana Kappadok¤aw6
jh°
lh°
KÒmana Kappadok¤aw
Lʹ
MelitinÆ
oa°
ly° Lʹ
MelithnÆ
Ldʹ (golʹ) id Lgʹ
NikÒpoliw
jy°
ma° goʹ7
Lieʹ
ie hʹ
Sãtala
jy° Lʹ
mb° ˚ʹ
Lhʹ
ie hʹ
V*L*f*
jy° gʹ je° Lʹ jd° Lgʹ jz° gʹ
mg° gʹ9 mb° lh° Ldʹ10 lz° Lʹ11
NikÒpoliw t∞w Mikrçw ÉArmen¤aw Sãtala t∞w Mikrçw ÉArmen¤aw
jd° gʹ13 jz° dʹ
l˚° Lgʹ l˚° goʹ15
dʹ ‹ Lʹ (Lʹ)
id Libʹ id Libʹ
jh° Lʹ
l˚° Lʹ
Lʹ
id Lieʹ (id Libʹ)
Lʹ Lʹ
id Libʹ id Libʹ
Farnak¤a8 ÉAmas¤a ÉIkÒnion MÒ[m]cou KrÆnh
V*L*f* L* L*
15,8 Kilik¤aw SelinoËw12 SÒloi ka‹ PompioÊpoliw14 MallÒw
TarsÒw ÖAdana ÉAnemoÊrion
jz° goʹ jh° dʹ je° ˚ʹ
l˚° gʹ17 l˚° Ldʹ l˚° Lgʹ18
L*
jy° jh° Ldʹ
l˚° Lʹ l˚° Ldʹ
L*
Afiga¤ Mocouest¤a
8,17,42 t∞w Kilik¤aw SelinoËw PomphioÊpoliw16 ≤ ka‹ SÒloi MallÒw TarsÒw ÖAdana
‹ id Ldʹ (id Ldʹ)
1 urbes huius tabulae om. f* 2 PÒntou Kappadok¤aw f* 3 TrapezoËsai V*; cf. Geogr. 5,6,11 4 oz°/mh° Lgoʹ (fort. pro Libʹ) V* 5 sic scripsi: Mãzaka ≤ Ka¤sarow L*, Nãzaka ≤ Kaisare¤aw V* 6 lineam in marg. add. L* 7 ma° gʹ V* 8 Fernhk¤a L* 9 Pharnaciam et Amasiam etiam inter Syriae urbes exhibent L*f*, iisdem numeris (jy° gʹ/mg° gʹ) sicut in Geogr. 5,6,5 10 sic correxi: lh° Laʹ pro lh° Ldʹ L* 11 lineam in marg. add. L* 12 SelinoË V* 13 jd° Lʹ V* 14 sic L*: SÒloipon PopomphliÒpoliw V* 15 l˚° gʹ V* 16 sic codd.: PomphiÒpoliw scripsimus in Geogr. 5,8,4, sec. Ut 17 sic L*, fort. pro l˚° Lgʹ: jz° gʹ V* 18 l˚° Lgoʹ (pro Libʹ) V*; cf. supra ad 13,1 (Arsinoë)
190
Asien, 1. Karte
Kanonliste
15 Gross-Asien
15,7 in Kappadokien Trapezus Komana in Pontos Mazaka bzw. Kaisareia Komana in Kappadokien Melitene
Städteliste Geogr. 8,17
Länge Breite
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,1–8
Werte des 8. Buches, 8,17: 1. Karte Asiens:35 Länge Breite Pontos und Bithynien, Eigentliches umgerechnet in Grade Asien, Lykien, Galatien, Pamphylien, Kappadokien, Kilikien
70° 30ʹ 43° 05ʹ 67° 41° 30ʹ 66° 30ʹ 39° 30ʹ
8,17,35 in Kappadokien 70° Trapezus/Trabzon 66° 52ʹ Komana in Pontos/Kiliçli Mazaka bzw. Kaisareia/Kayseri 66°
68° 38°
Komana in Kappadokien/Har
67° 30ʹ
‹ 38° 32ʹ (38° 32ʹ)
68° 38°
71°
39° 30ʹ
Melitene/Eskimalatya
71° 15ʹ (71°)
39° 20ʹ
71°
39° 30ʹ
Nikopolis
69°
41° 40ʹ
68° 30ʹ
41° 58ʹ
69°
41° 40ʹ
Satala
69° 30ʹ 42° 10ʹ
69° 22ʹ
41° 58ʹ
69° 30ʹ 42° 10ʹ
Pharnakia Amasia L* Ikonion L* Mopsukrene
69° 20ʹ 43° 20ʹ 65° 30ʹ 42° 64° 50ʹ 38° 45ʹ 67° 20ʹ 37° 30ʹ
Nikopolis in Klein-Armenien/ Yehilyayla Satala in Klein-Armenien/ Sadai [Pharnakia/Giresun 5,6,5] [Amaseia/Amasya 5,6,9] 48 [Mopsukrene/Kiritlar 5,7,7]
V*L*f* V*L*f*
15,8 in Kilikien Selinus Soloi bzw. Pompeiupolis Mallos Tarsos Adana Anemurion L* L*
48 49
Aigai Mopsuestia
64° 20ʹ 36° 50ʹ 67° 15ʹ 36° 40ʹ 68° 30ʹ 36° 30ʹ 67° 40ʹ 36° 20ʹ 68° 15ʹ 36° 45ʹ 65° 10ʹ 36° 50ʹ 69° 36° 30ʹ 68° 45ʹ 36° 45ʹ
8,17,42 in Kilikien Selinus/Gazipaha Pompeiupolis bzw. Soloi/ Viranhehir Mallos/Kiziltatha Tarsos/Tarsus Adana/Adana 49 [Aigai/Yumurtalik 5,8,4] [Mopsuestia/Yakapinar 5,8,7]
43° 1ʹ 41° 37ʹ 39° 20ʹ
70° 45ʹ 43° 05ʹ 67° 41° 30ʹ 66° 30ʹ 39° 30ʹ
69° 20ʹ 43° 05ʹ 65° 30ʹ 42° 64° 30ʹ 38° 45ʹ 67° 20ʹ 37° 45ʹ 64° 20ʹ 36° 45ʹ 67° 15ʹ 36° 40ʹ
63° 45ʹ
36° 53ʹ
‹ 67° 30ʹ (68°)
36° 53ʹ
67° 30ʹ
36° 42ʹ (36° 53ʹ)
68° 30ʹ 36° 30ʹ
67° 30ʹ
36° 53ʹ
67° 30ʹ
36° 53ʹ
67° 40ʹ 36° 50ʹ 68° 15ʹ 36° 45ʹ 65° 10ʹ 36° 50ʹ 69° 36° 30ʹ 68° 45ʹ 36° 50ʹ
Fehlt im 8. Buch, gehört jedoch gemäss Kartensignatur zum Grundbestand. Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch.
191
Kanon bedeutender Städte16,1–17,4
Asiae tabula II 16
m∞kow
16,1 Sarmat¤aw t∞w §n ÉAs¤& ÑErm≈nassa je° Ofinany¤a jy° goʹ2 TãnaÛw pÒliw jz° Turãmbh jy° goʹ NaÊbariw5 o°
plãtow
mz° Lʹ1 mz° dʹ nd° gʹ my° Lgʹ3 ne°
8,18 DeÊterow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: Sarmat¤a §n aÈtª
distat horae ab Alex. diei solst.
8,18,3 §n tª Sarmat¤& ÑErm≈nassa Ofinany¤a TãnaÛw Turãmbh NaÊbariw (NaÊariw)
gʹ ‹ goʹ giʹ ‹ goʹ goʹ
ie Lgʹ ‹ ie Lgʹ iz ˚ʹ (iz) i˚ eʹ4 iz dʹ
Asiae tabula III 17
m∞kow
plãtow
17,1 Kolx¤dow Dioskouriãw Fãsiw pÒliw
oa° ˚ʹ ob° Lʹ
m˚° Ldʹ md° Ldʹ
Neãpoliw
oa° Lʹ
me° dʹ6
17,2 ÉIbir¤aw7 ÉArtãnissa8
oe° goʹ
8,19 Tr¤tow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: Kolx¤w, ÉIbhr¤a, ÉAlban¤a, Megãlh ÉArmen¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
8,19,3 §n tª Kolx¤di Dioskouriãw Fãsiw
goieʹ ie Ldʹ Lgʹ (gohʹ) ie Lʹ
m˚°9
8,19,5 t∞w ÉIbhr¤aw ÉArtãnissa
a lʹ (a)
ie goʹ (ie Libʹ)
oe°
md° gʹ
ÉArmãktika
a
‹ ie Lʹ (ie gibʹ)
17,3 ÉAlban¤aw Gãrgara10 ÖAlbana ÖOsika L*f* T°leba13 pÒliw
oy° Lʹ pa° goʹ oz° Lʹ pe°
me° me° Lgʹ12 md° Lʹ mz°
8,19,7 t∞w ÉAlban¤aw Gãggara11 ÖAlbana ÖOsika
a dʹ a giʹ a hʹ
ie Lʹ ie goʹ ie ghʹ
17,4 ÉArmen¤aw Megãlhw ÉArtajãta14 Yvsp¤aw16
oh° od° gʹ
mb° goʹ15 ly° Lgʹ17
8,19,10 t∞w Megãlhw ÉArmen¤aw ÉArtajãta a ˚ʹ Yvsp¤a (Yvspãta) ‹ a (a)
ÉArt°mita
oh° goʹ
m° gʹ18
ÉArt°mita
a dʹ (a eʹ) id Lgibʹ
ÉArsamÒsata19 f* Tãla (i.e. Sãla) f* Kolx¤w
og° lh° gʹ og° gʹ md° gʹ †oa° Lʹ20 ly°
[ÉArmaour¤a (ÉArsamÒsata
a iʹ Lgʹ
L*f*
ÉArmãktika
ie ˚ʹ id Ldhʹ (id Lgibʹ)
‹ ie dʹ] id Ldʹ)
m° Ldʹ V* 2 jy° gʹ V* 3 jy° gʹ/mz° dʹ V* 4 sic A: i˚ gʹ codd. cet. 5 NoÊbariw V* 6 sic scripsi: m˚° dʹ L*f* 7 ÉHbhr¤aw L* 8 ÉArtãnhssa V* 9 oe° gʹ/me° V*, oe° gʹ/me° Lʹ f* 10 sic f*: Gãsgara L*, Ga¤tara V*, qui etiam habet T¤gara o˚°/ me° 11 sic A: Ga¤tara V, Gartãra X 12 me° Lgoʹ V*, fort. pro me° Libʹ; cf. supra ad 15, 8 (Anemurion) 13 sic f*: T°larbaw L* 14 ÖArtaja V* 15mb° gʹ V*f* 16 Y≈stia V* 17 m° Lgʹ f* 18 oh° ˚ʹ/(vacat) V*, oh° ˚ʹ/m° gʹ f* 19 ÉArsãnata V* 20 oa° Lʹ falso pro oe° Lʹ f* 1
192
Asien, 2. Karte / Asien, 3. Karte
Asien, 2. Karte Kanonliste 16
Städteliste Geogr. 8,18 Länge Breite
16,1 im Asiatischen Sarmatien 65° 47° 30ʹ Hermonassa Oinanthia 69° 40ʹ 47° 15ʹ 67° 54° 20ʹ Stadt Tanaïs Tyrambe 69° 40ʹ 49° 50ʹ 70° 55° Naubaris
8,18: 2. Karte Asiens: Sarmatien
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,9 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,18,3 im Sarmatien 65° Hermonassa/Akçaabat ‹ 70° Oinanthia/Gagra 66° 30ʹ Tanaïs/Nedvigovka ‹ 70° Tyrambe/Stanitsa Peresyp 70° Navaris/Rostov
47° 24ʹ ‹ 47° 24ʹ 54° 46ʹ (54°) 49° 45ʹ 55° 7ʹ
Länge Breite
65° 47° 30ʹ 69° 40ʹ 47° 15ʹ 67° 54° 40ʹ 69° 40ʹ 49° 50ʹ 70° 55°
Asien, 3. Karte Kanonliste
Städteliste Geogr. 8,19
17
Länge Breite
17,1 in Kolchis Dioskurias Stadt Phasis
71° 10ʹ 46° 45ʹ 72° 30ʹ 44° 45ʹ
8,19,3 in Kolchis Dioskurias/Sukhumi Phasis/Poti
Neapolis
71° 30ʹ 45° 15ʹ
[Neapolis 5,10,2]
17,2 in Iberien Artanissa
75° 40ʹ 46°
8,19,5 in Iberien Artanissa/Urbnisi
Armaktika
75°
Armaktika/Tsitsamuri
17,3 in Albanien Gargara Albana Osika L*f* Stadt Teleba
79° 30ʹ 45° 81° 40ʹ 45° 50ʹ 77° 30ʹ 44° 30ʹ 85° 47°
L*f*
44° 20ʹ
8,19: 3. Karte Asiens: Kolchis, Iberien, Albanien, Gross-Armenien
8,19,7 in Albanien Gangara/Baku Albana/Alvan Osika/Saki [Telaiba (Teleba) 5,12,2]
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,10–13 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
71°
71° 10ʹ 46° 45ʹ 72° 30ʹ 44° 45ʹ
46° 50ʹ
72° 30ʹ 45° (72° 22ʹ)
71° 30ʹ 45° 40ʹ 75° 30ʹ 46° 14ʹ (75° 30ʹ) (45° 38ʹ)
75° 40ʹ 46°
75°
75°
› 45° (44° 22ʹ)
78° 45ʹ 45° 81° 30ʹ
46° 14ʹ
76° 52ʹ
44° 41ʹ50
77° 30ʹ
42° 20ʹ
17,4 in Gross-Armenien Artaxata 78° 42° 40ʹ Thospias 74° 20ʹ 39° 50ʹ
8,19,10 in Gross-Armenien Artaxata/Artashat Thospia/Van
Artemita
78° 40ʹ 40° 20ʹ
Artemita/Edremit
78° 45ʹ 40° 7ʹ (78° 30ʹ) 76° 30ʹ
‹ 43° 1ʹ]51
73° 38° 20ʹ 73° 20ʹ 44° 20ʹ †71° 30ʹ 39°
[Armauria/Armavir (Arsamosata/Haraba [Sala 5,13,10] [Kolchis 5,13,19]
73°
38° 32ʹ)
Arsamosata f* Sala f* Kolchis
50 51
‹ 75° 39° 44ʹ (75° 30ʹ) (40° 7ʹ)
44° 45ʹ
79° 30ʹ 45° 81° 40ʹ 45° 50ʹ 77° 30ʹ 44° 45ʹ (45° 30ʹ) 85° 46° 40ʹ (47°) 78° 42° 40ʹ 74° 20ʹ 39° 50ʹ 78° 40ʹ 40° 20ʹ 76° 40ʹ 42° 45ʹ 73° 38° 20ʹ 73° 20ʹ 44° 20ʹ 75° 30ʹ 39°
Der Ort wird nur in A genannt. Fehlt in der J-Rezension, offenbar eine Dublette zum folgenden Arsamosata.
193
Kanon bedeutender Städte18,1–18,2
Asiae tabula IV 18
m∞kow
18,1 KÊprou nÆsou1 Pãfow2 ÉAmayoËw Salam¤w5
jd° gʹ le° ˚ʹ3 je° Ldʹ le°4 j˚° goʹ le° Lʹ6
plãtow
f*
ÉAfrod¤sion
j˚° Lʹ le° gʹ
f*
ÖAnv ÉAnem≈rion
je° ˚ʹ
l˚° Libʹ7
18,2 Sur¤aw Foin¤khw Laod¤keia TÊrow9 ÉAntiÒxeia ÑIerãpoliw ÉApãmeia
jh° Lʹ jz° jy° oa° dʹ o°
le° ibʹ8 lg° gʹ10 le° Lʹ l˚° dʹ ld° Ldʹ
Pãlmura ÑHlioÊpoliw Kaisãreia Paniãw DamaskÒw V*L*f* Seleuk¤a Pier¤aw
oa° Lʹ ld° jh° goʹ lg° goʹ11 jz° goʹ12 lg° jy° lg° jh° Lʹ le° Libʹ13
V*L*f*
jz° Lʹ jz° Lʹ oa° Lʹ †ja° gʹ jh° ˚ʹ je°
f*
Tr¤poliw BhrutÒw V*L*f* SamÒsata f* ÖEmessa V*L*f* ÖArka L*f* SkuyÒpoliw V*L*f*
8,20 T°tartow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: KÊprow, Sur¤a, ÉIouda¤a, ÉArab¤ai Petra¤a ka‹ ÖErhmow, Mesopotam¤a, Babulvn¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
8,20,3 t∞w KÊprou Pãfow ÉAmayoËw (ÉAmayoËsa) Salam¤w
dʹ gieʹ (gʹ) ghʹ (gieʹ)
id gibʹ (id Lʹ) ‹ id gibʹ ‹ id Lʹ (id Lʹ)
8,20,6 t∞w Sur¤aw Laod¤keia
Lieʹ (Lʹ)
id gibʹ
ÉAntiÒxeia ÑIerãpoliw ÉApãmeia Pãlmura ÑHlioÊpoliw Kaisãreia Paniãw DamaskÒw
Libʹ (Lieʹ) ‹ id Lʹ (id Lʹ) Ldʹ › id Lʹ (id Lʹ) goʹ (Lhʹ) ‹ id gibʹ (id gibʹ) Ldʹ ‹ id gʹ (id gʹ) Lieʹ (Lʹ) › id dʹ (id dʹ) Lʹ ‹ id dʹ (id dʹ) Libʹ (Lieʹ) ‹ id dʹ (id dʹ)
ld° gʹ lg° gʹ lz° Libʹ ld° ld° la° gʹ14
ÖAradow n∞sow ka‹ pÒliw jh° Lʹ ld° Lʹ
1 om. V* 2 N°a add. f* 3 ja° pro jd° L*; le° gʹ V* 4 je° gʹ/le° dʹ V* 5 Yalan¤w V*, qui hic falso ÉIsaur¤aw inserit 6 j˚° Ldʹ/ly° L˚ʹ V* 7 ad Ciliciae Anemurion pertinet; cf. Geogr. 5,8,3 8 lz° goʹ V* 9 n∞sow ka‹ pÒliw add. f* 10 lg° dʹ V* 11 jh° Lʹ/lg° gʹ V* 12 jz° gʹ V* 13 jh° Lgʹ/le° Lgoʹ V* pro le° Libʹ; cf. supra ad 14,2 (Meroë); le° Libʹ f* 14 vix sanum; cf. infra ad 18,3 (Sebaste); j˚° gʹ/lb° ibʹ f*
194
Asien, 4. Karte
Asien, 4. Karte Kanonliste
18
Städteliste Geogr. 8,20
Länge Breite
18,1 auf der Insel Zypern Paphos 64° 20ʹ 35° 10ʹ Amathus 65° 45ʹ 35° Salamis 66° 40ʹ 35° 30ʹ
8,20: 4. Karte Asiens: Zypern, Syrien, Iudaea, Arabia Petraea und Deserta, Mesopotamien, Babylonien
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,14–20 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,20,3 auf Zypern 63° 45ʹ 35° 8ʹ (36° 1ʹ) Paphos/Paphos 66° (65° 30ʹ) ‹ 35° 8ʹ Amathus/Limassol 66° 52ʹ ‹ 36° 1ʹ (36° 1ʹ) Salamis/Ammokhostos
Länge Breite
64° 20ʹ 35° 10ʹ 65° 45ʹ 35° 66° 40ʹ 35° 30ʹ
(66° 30ʹ) f*
Aphrodision
66° 30ʹ 35° 20ʹ
f*
Ano Anemorion52
65° 10ʹ 36° 35ʹ
18,2 im phönizischen Syrien Laodikeia 68° 30ʹ 35° 05ʹ 67° 33° 20ʹ Tyros 69° 35° 30ʹ Antiocheia Hierapolis 71° 15ʹ 36° 15ʹ 70° 34° 45ʹ Apameia
8,20,6 in Syrien Laodikeia/Latakia 53 Antiocheia/Antakya Hierapolis/Membidj Apameia/Qalaat el-Mudiq
Palmyra Heliupolis Kaisareia Panias Damaskos V*L*f* Seleukia Pierias V*L*f* Tripolis V*L*f* Berytos V*L*f* Samosata f* Emessa V*L*f* Arka L*f* Skythopolis
Palmyra/Tadmur Heliopolis/Baalbek Kaisareia Panias/Banias Damaskos/Damaskus [Seleukia von Pierien/ Kapisuyu 5,15,2] [Tripolis/Tarabulus 5,15,4] [Berytos/Beirut 5,15,5] [Samosata/Samsat 5,15,11] [Emisa/Homs 5,15,19] [Arka/Tell Arqa 5,15,21] [Skythopolis/ Beyt Shean 5,15,23] [Insel Arados/Ruad 5,15,27]
f*
Insel und Stadt Arados
71° 30ʹ 34° 68° 40ʹ 33° 40ʹ 67° 40ʹ 33° 69° 33° 68° 30ʹ 35° 35ʹ 67° 30ʹ 34° 20ʹ 67° 30ʹ 33° 20ʹ 71° 30ʹ 37° 35ʹ †61° 20ʹ 34° 68° 10ʹ 34° 65° 31° 20ʹ 68° 30ʹ 34° 30ʹ
66° 30ʹ 35° 40ʹ
[Aphrodision/ Kap Akanthu 5,14,4]
68° 30ʹ (68°) 35° 8ʹ 68° 45ʹ (69°) ‹ 36° 1ʹ (36° 1ʹ) 71° 15ʹ
› 36° 1ʹ (36° 1ʹ)
70° (69° 52ʹ) ‹ 35° 8ʹ (35° 8ʹ) 71° 15ʹ
‹ 34° 13ʹ (34° 13ʹ)
68° 30ʹ (68°) › 33° 17ʹ (33° 17ʹ) 67° 30ʹ
‹ 33° 17ʹ (33° 17ʹ)
68° 45ʹ (69°) ‹ 33° 17ʹ (33° 17ʹ)
68° 30ʹ 67° 69° 71° 15ʹ 70°
35° 05ʹ 33° 20ʹ 35° 30ʹ 36° 15ʹ 34° 45ʹ
71° 30ʹ 34° 68° 40ʹ 33° 40ʹ 67° 40ʹ 33° 69° 33° 68° 35ʹ 35° 35ʹ 67° 30ʹ 34° 20ʹ 67° 30ʹ 33° 40ʹ 71° 30ʹ 37° 55ʹ 69° 40ʹ 34° 68° 30ʹ 34° 67° 40ʹ 31° 50ʹ 68°
34° 30ʹ
Der in der Geographie nicht erwähnte Ort ‘Ano Anemorion’ dürfte über eine Art Glosse (‘oberhalb Anemurion’: Georgr. 5,3,8) in den Text gerutscht sein. 53 Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch. 52
195
Kanon bedeutender Städte18,3–18,5
18
m∞kow
plãtow
18,3 ÉIouda¤aw, Sur¤aw ka‹ Palaist¤nhw1
8,20 T°tartow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: KÊprow, Sur¤a, ÉIouda¤a, ÉArab¤ai Petra¤a ka‹ ÖErhmow, Mesopotam¤a, Babulvn¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
8,20,14 t∞w Palaist¤nhw ÉIouda¤aw
Kaisãreia Strãtvnow
j˚° dʹ
lb° Lʹ
Kaisãreia Strãtvnow
gieʹ
id ˚ʹ
ÉAskal≈n Tiberiãw SebastÆ Neãpoliw A‡lia Kapitvliãw7
je° jz° dʹ jz° Lgʹ j˚° Lgʹ j˚°
la° goʹ2 lb° ibʹ4 la° Lgʹ5 la° Lgʹ6 la° goʹ8
ÉAskal≈n Tiberiãw
gʹ (gibʹ) Lʹ
‹ id hʹ (id ˚ʹ)3 id ˚ʹ
18,4 ÉArab¤aw Petra¤aw P°tra
MÆdaba10 BÒstra
18,5 L*f* ÉArab¤aw ÉErÆmou13 f* Yãcakow
8,20,19 t∞w Petra¤aw ÉArab¤aw P°tra giʹ (gieʹ)
jh° Lʹ l° Ldʹ11 jh° Ldʹ la° Lʹ12
MÆdaba BÒstra
og° ˚ʹ
ÉArt°mita
ob° Ldʹ ky° ibʹ
f*
L*f*
f*
DoÊmaiya
ÖAlatta
Lieʹ (Lʹ) ‹ goʹ (Lʹ)
id hʹ ‹ id hʹ (id hʹ)
id (id hʹ) › id ibʹ (id ibʹ) › id ibʹ (id hʹ)
le° ibʹ
ob° Lʹ lb° Lʹ oe° goʹ lg° gʹ
L* L*
j˚° Ldʹ l° gʹ
KÒxh Bhgãnna
Neãpoliw gibʹ ÑIerousÒluma9 (A‡lia gieʹ Kapitvliåw ÑIerosÒluma)
oe° Lʹ
ky° goʹ14
oe° gʹ
ky° Lʹ
ÉIouda¤aw V* 2 la° gʹ V*f* 3 sic X: id iʹ rectius A 4 lb° gʹ V* 5 ld° Lgʹ pro la° Lgʹ L*, ld° Lʹ V*; fort. ad Scythopolin pertinet, cf. supra ad 18,2 6 ld° pro la° V*; urbes Neapolin, Aeliam Capitolinam et Sebasten varie ordinant codd. 7ÑIerosÒluma ≤ n A‡lia Kap[e]itvl¤[n]a f* 8 jg° Lʹ/la° Lʹ V*; jb° gʹ/la° gʹ f* 9 scripsimus sec. Geogr. 5,16,8: ÑIerousalÆm V 10 MÆlaba L* 11 lg° dʹ V* 12 la° L˚ʹ L*, la° Ldʹ f* 13 urbes Arabiae Desertae in marg. inserit L* 14 sic L*: oe°/ky° Lʹ f*; lineam om. V*, sed cf. infra 20,1 Dumaitha 1
196
Asien, 4. Karte
Kanonliste
18
Städteliste Geogr. 8,20
Länge Breite
18,3 in Iudaea, Syrien und Palaestina Kaisareia des 66° 15ʹ Straton Askalon 65° Tiberias 67° 15ʹ Sebaste 67° 50ʹ Neapolis 66° 50ʹ Ailia Kapitolias 66°
8,20: 4. Karte Asiens: Zypern, Syrien, Iudaea, Arabia Petraea und Deserta, Mesopotamien, Babylonien
32° 30ʹ 31° 40ʹ 32° 05ʹ 31° 50ʹ55 31° 50ʹ 31° 40ʹ
Kaisareia des Straton/ Qaisariye Askalon/Ashkelon Tiberias/Teveryah 56 Neapolis/Nablus Hierosolyma (Aelia Capitolina Hierosolyma)/ Jerusalem 8,20,19 in Arabia Petraea Petra/Wadi Musa
Medaba Bostra
Medaba/Madaba Bostra/Busra
68° 30ʹ 30° 45ʹ 68° 45ʹ 31° 30ʹ
18,5 L*f* in Arabia Deserta Thapsakos 73° 10ʹ 35° 05ʹ
f*
L*
f*
Koche Beganna
72° 30ʹ 32° 30ʹ 75° 40ʹ 33° 20ʹ
Artemita
72° 45ʹ 29° 05ʹ
L*f*
f*
Dumaitha
Alatta
Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
66°
66° 15ʹ 32° 30ʹ
8,20,14 in Palaestina Iudaea
18,4 in Arabia Petraia Petra 66° 45ʹ 30° 20ʹ
L*
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,14–20
75° 30ʹ 29° 40ʹ 75° 20ʹ 29° 30ʹ
[Thapsakos/ Qalaat ed-Dibse 5,19,3] [Choke (Koche) 5,19,5] [Rheganna (Beganna) 5,19,5] [Artemita/ Kasr Amera 5,19,7] [Dumetha/ Dumat el-Candal 5,19,7 [Alata/Aalem 5,19,7]
32° 20ʹ
65° (66° 45ʹ) ‹ 31° 50ʹ (32° 20ʹ) 67° 30ʹ
32° 20ʹ54
66° 15ʹ
31° 50ʹ57
66°
‹ 31° 50ʹ (31° 50ʹ)
66° 30ʹ (66° 30ʹ)
30° 20ʹ (31° 50ʹ)
68° 30ʹ (68°) › 31° 21ʹ (31° 21ʹ) ‹ 70° (68°)
› 31° 21ʹ (31° 50ʹ)
65° 67° 15ʹ 66° 40ʹ 66° 50ʹ 66°
31° 40ʹ 32° 05ʹ 32° 20ʹ 31° 50ʹ 31° 40ʹ
66° 45ʹ 30° 20ʹ 68° 30ʹ 30° 45ʹ 69° 45ʹ 31° 30ʹ 73° 30ʹ 35° 05ʹ 72° 30ʹ 32° 30ʹ 75° 40ʹ 33° 20ʹ 72° 15ʹ 30° 10ʹ
75° 30ʹ
29° 19ʹ]58
75°
29° 40ʹ
75° 40ʹ 29° 30ʹ
Nur in AZ genannt. Die Koordinaten von Sebaste und Skythopolis (18,2) wurden möglicherweise vertauscht. 56 Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch. 57 Die sonst nur in der J-Rezension aufgeführte Stadt wird auch auf einzelnen Karten der V-Rezension als bedeutend ausgezeichnet. 58 In Geogr. 8,22,3 unter den Städten von Arabia Felix angeführt; vgl. unten zu 20,1. 54 55
197
Kanon bedeutender Städte18,6–18,7
18
m∞kow
18,6 Mesopotam¤aw ÖEdessa1
ob° Lʹ lz° Lʹ
8,20,22 t∞w Mesopotam¤aw ÖEdessa
Lgʹ (Ldʹ) id Lhʹ (id goʹ)
plãtow
8,20 T°tartow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: KÊprow, Sur¤a, ÉIouda¤a, ÉArab¤ai Petra¤a ka‹ ÖErhmow, Mesopotam¤a, Babulvn¤a
distat horae ab Alex. diei solst.
N°ssibbiw2 NikhfÒrion Lãmbana
oe° Lʹ lz° Ldʹ og° ibʹ3 le° gʹ oz° Lgʹ l˚° gʹ
N¤sibiw NikhfÒrion Lãbbana (Lambãna)
a Lgʹ a ˚ʹ
id Lhʹ (id goʹ) › id gibʹ (id gibʹ) › id Lʹ (id Lʹ)
SeleÊkeia4
oy° ibʹ5 le° dʹ
SeleÊkeia
a dʹ
‹ id Lʹ (id Lʹ)
18,7 Babulvn¤aw Babul≈n BÒrsita6
oy° le° oh° Ldʹ ld° gʹ
8,20,27 t∞w Babulvn¤aw Babul≈n Bãrsita (BÒrsita)7
id gibʹ a dʹ ‹ a dʹ (a dʹ) id gʹ (id dʹ)
oh° Lʹ lb° goʹ8 p° la° ˚ʹ9 10 oy° gʹ ld°
ÉOrxÒh Terhd≈n
a eʹ (a ˚ʹ) › id ˚ʹ (id ˚ʹ) a gʹ ‹ id ibʹ (id ibʹ)
ÉOrxÒh Terhd≈n f* B¤lbh
A‡dessa L* 2 N°sebei V* 3 og° goʹ V* 4 ≤ meg¤sth add. f* 5 oy° Ldʹ V* 6 Bors¤pola V* 7 sic codd.: BÒrsippa in editione nostra scripsimus sec. Strab. 16,1,7 8 oh° ˚ʹ/lb° gʹ V* 9 sic V*f*: la° Lʹ L* 10 vix legibile 1
198
Asien, 4. Karte
Kanonliste
18
Städteliste Geogr. 8,20
Länge Breite
8,20: 4. Karte Asiens: Zypern, Syrien, Iudaea, Arabia Petraea und Deserta, Mesopotamien, Babylonien
18,6 in Mesopotamien Edessa 72° 30ʹ 37° 30ʹ
8,20,22 in Mesopotamien Edessa/Urfa
Nessibbis Nikephorion Lambana
75° 30ʹ 37° 45ʹ 73° 05ʹ 35° 20ʹ 77° 50ʹ 36° 20ʹ
Seleukeia
79° 05ʹ 35° 15ʹ
Nisibis/Nehibin Nikephorion/Raqqa Labbana (Lambana)/ Qalaat Sergat Seleukeia/Tell Omar
18,7 in Babylonien Babylon 79° 35° Borsita 78° 45ʹ 34° 20ʹ
8,20,27 in Babylonien Babylon/Hillah Borsippa/Birs Nimrud59
Orchoe Teredon f* Bilbe
Orchoë/Warka Teredon/Basra [Bible (Bilbe) 5,20,4]
59
78° 30ʹ 32° 40ʹ 80° 31° 10ʹ 79° 20ʹ 34°
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 5,14–20 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
72° 30ʹ (71° 45ʹ)
37° 18ʹ (37° 43ʹ)
72° 30ʹ 37° 30ʹ
75°
37° 18ʹ (37° 43ʹ)
72° 30ʹ
› 35° 8ʹ (35° 8ʹ)
77° 30ʹ
› 36° 1ʹ (36° 1ʹ)
75° 10ʹ 37° 30ʹ 73° 05ʹ 35° 20ʹ 77° 50ʹ 36° 30ʹ
78° 45ʹ
‹ 36° 1ʹ (36° 1ʹ)
79° 20ʹ 35° 40ʹ
78° 45ʹ
35° 8ʹ
‹ 78° 45ʹ (79° 15ʹ)
34° 13ʹ (33° 17ʹ)
79° 35° 78° 45ʹ 34° 20ʹ
78° (78°)
› 32° 20ʹ (32° 20ʹ)
80°
‹ 32° 20ʹ (32° 20ʹ)
78° 30ʹ 32° 40ʹ 80° 31° 10ʹ 79° 34°
Die Handschriften überliefern die Namensformen Barsita bzw. Borsita.
199
Kanon bedeutender Städte19,1–19,5
Asiae tabula V 19
m∞kow
plãtow
8,21 P°mptow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: ÉAssur¤a, SousianÆ, Mhd¤a, Pers¤w, Pary¤a, ÖErhmow Karman¤a
oh° p° p°
l˚° goʹ1 lz° dʹ le° Lʹ3
N›now ≤ ka‹ Nineu¤ ÖArbhla Kthsif≈n
a dʹ (a ˚ʹ) a gʹ a gʹ
19,2 Sousian∞w4 SoËsa Tars¤ana SpasinoË6 Xãraj
pd° pb° p° goʹ
ld° ˚ʹ5 lb° Lʹ la°7
8,21,5 t∞w Sousian∞w SoËsa Tars¤ana PasinoË Xãraj
a Libʹ (a Lieʹ) id gʹ ‹ a Lʹ id ˚ʹ a gʹ id ibʹ8
19,3 Mhde¤aw9 KurÒpoliw ÉEkbãtana
pe° Lʹ ph°
ma° Lʹ lz° Ldʹ10
8,21,8 t∞w Mhd¤aw KurÒpoliw ÉAkbãtana (ÉEkbãtana)
a goʹ a Lgʹ
ie id goʹ
ÉArsik¤a11 EÎrvpow
ph° qg° Lʹ
le° Ldʹ12 l˚° goʹ13
ÉArsak¤a EÎrvpow
a Lgʹ b dʹ (b eʹ)
id Libʹ (id Lʹ) id Libʹ
8,21,12 t∞w Pers¤dow ÖAjima
a Lgʹ (a Ldʹ) id gʹ (id dʹ)
19,1 ÉAssur¤aw
N›now ÖArbhla Kthsif≈n2
19,4 Pers¤dow ÖAjeimon14
distat horae ab Alex. diei solst.
8,21,3 §n tª ÉAssur¤&
pz° Ldʹ lg° Lʹ15
id Libʹ id Lhʹ ‹ id gibʹ (id Lʹ)
Pers°poliw16
qa°
lg° gʹ17
PersÒpoliw (Pers°poliw)
b ieʹ (b)
id dʹ (id gʹ)
Marrãsian18 TaÒkh
qb° Lʹ py°
ld° dʹ19 l° gʹ20
Marrãsion TaÒkh
b ˚ʹ ‹ b (a Lgʹ)
id gʹ id
19,5 Pary¤aw ÑEkatÒmpulon21 ÉAmbrvdãj
q˚° q˚°23
lz° Lgʹ22 lh°
8,21,16 t∞w Pary¤aw ÑEkatÒmpulow ÉAmbrvdãj (ÉAmbrãdaj)
b gieʹ (b gʹ) ‹ b gʹ (b goʹ)
id goʹ ‹ id Ldʹ (id goʹ)
q˚° qd° dʹ
ld° Lgʹ24 l˚°
ÉArtãkana
b gieʹ (b gʹ)
id dhʹ (id gibʹ)
ÉArtãkana L*f* ÉApãmeia
l˚° gʹ V*f* 2 ÉAthsif≈n V* 3 le° gʹ V* 4 Pousian∞w L* 5 ld° Lʹ V* 6 SpasianoË V* 7 pg° gʹ/ld° V*, pg°/la° f* 8 sic Z: lineam om. codd. cet. 9 Mhze¤aw V* 10 sic V*f*: lz° Lʹ L* 11 Sãrkia V* 12 sic V*: le° ibʹ L*, fort. pro l˚° ibʹ; l˚° Ldʹ f* 13 l˚° gʹ V*f* 14 ÖAmija V*, ÖAjima f* 15 m° gʹ V* 16 Mers°poliw V* 17 q° dʹ/ld° V*, q° dʹ/la° gʹ f* 18 sic V*f*: Parrãsion L* 19 ld° Lʹ V* 20 lg° gʹ V* 21 ÑEkatontãphxuw (sic) V* 22 lz° Lʹ V*, lz° gʹ f* 23 sic V*: r° [goʹ] gʹ L*; cf. Geogr. 6,17,5; sh tÚ m°sh (pro m°son) aÈtØ katå m∞kow in marg. L* 24 ld° Lʹ V*; lineam priori anteponit f* 1
200
Asien, 5. Karte
Asien, 5. Karte Kanonliste
19
Städteliste Geogr. 8,21
Länge Breite
8,21: 5. Karte Asiens: Assyrien, Susiane, Medien, Persis, Parthien, Wüste Karmanien
Ninos Arbela Ktesiphon
78° 80° 80°
Ninos bzw. Ninevi/Ninive60 Arbela/Erbil Ktesiphon/Al-MaÑaridh
19,2 in Susiane Susa Tarsiana Charax des Spasines
84° 34° 10ʹ 82° 32° 30ʹ 80° 40ʹ 31°
19,1 in Assyrien
Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
78° 45ʹ (78°) 36° 53ʹ
78° 36° 40ʹ 80° 37° 15ʹ 80° 35°
8,21,3 in Assyrien 36° 40ʹ 37° 15ʹ 35° 30ʹ
8,21,5 in Susiane Susa/Schusch Tarsiana Charax des Pasines/ Dschabul
19,3 in Medien Kyropolis Ekbatana
85° 30ʹ 41° 30ʹ 88° 37° 45ʹ
Arsikia Europos
88° 35° 45ʹ 93° 30ʹ 36° 40ʹ
8,21,8 in Medien Kyropolis Akbatana (Ekbatana)/ Hamadan Arsakia Europos
19,4 in Persis Axeimon
87° 45ʹ 33° 30ʹ
8,21,12 in Persis Axima
Persepolis
91°
Marrasian Taoke
92° 30ʹ 34° 15ʹ 89° 30° 20ʹ
Persopolis (Persepolis)/ Persepolis Marrasion Taoke
19,5 in Parthien Hekatompylon Ambrodax
96° 37° 50ʹ 96°62 38°
8,21,16 in Parthien Hekatompylos Ambrodax
Artakana Apameia
96° 34° 50ʹ 94° 15ʹ 36°
Artakana [Apameia 6,5,3]
L*f*
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 6,1–6
33° 20ʹ
80°
37° 18ʹ
80°
‹ 35° 8ʹ (36° 1ʹ)
83° 45ʹ (84°) 34° 13ʹ ‹ 82° 30ʹ
32° 20ʹ
80° 30ʹ
31° 21ʹ61
85°
40° 52ʹ
87° 30ʹ
37° 43ʹ
87° 30ʹ
36° 53ʹ (36° 1ʹ)
93° 45ʹ (93° 30ʹ)
36° 53ʹ
87° 30ʹ (86° 45ʹ)
34° 13ʹ (33° 17ʹ)
84° 34° 15ʹ 82° 32° 30ʹ 81° 40ʹ 31°
85° 30ʹ 41° 30ʹ 88° 37° 45ʹ 88° 36° 30ʹ 93° 40ʹ 36° 40ʹ
87° 45ʹ 33° 50ʹ
91° (90° 30ʹ) 33° 17ʹ (34 °13ʹ)
91°
92° 30ʹ
34° 13ʹ
‹ 90° (88°)
30° 20ʹ
92° 30ʹ 34° 30ʹ 89° 30° 20ʹ
96° (95° 30ʹ) 37° 43ʹ ‹ 95° (100° 30ʹ)
‹ 38° 32ʹ (37° 43ʹ)
96° (95° 30ʹ) 34° 40ʹ (35° 8ʹ)
33° 20ʹ
96° 37° 50ʹ 94° 30ʹ 38° 20ʹ 96° 34° 30ʹ 94° 15ʹ 36°
Der Zweitname fehlt in X. In der Geographie nur von der Sekundärhandschrift Z überliefert. 62 Die alternative Länge von L* (100° 20ʹ) passt zur X-Variante des 8. Buches. 60 61
201
Kanon bedeutender Städte20,1–20,3
Asiae tabula VI 20
m∞kow
plãtow
20,1 ÉArab¤aw EÈda¤monow DoÊmaiya
oe°
ky° gʹ1
8,22,3 §n tª EÈda¤moni ÉArab¤& (DoÊmaiya a
Bade∆ bas¤leion3
o°
k° dʹ
Bade≈
goʹ4
ig dʹ
PoÊdnou5 MoÊza §mpÒrion6 ÖOkhliw ÉArab¤aw §mpÒrion Kãnnh §mpÒrion8 G°rra10
ob° Lʹ od° Lʹ oe° p° pd°9 p°
i˚° Lʹ id°7 ib° ia° Lgʹ ib° kg° Lgʹ
PoÊdnou MoÊza ÖOkhliw ÉArab¤a (ÉArabÊa) Kãnh G°rra
Lgʹ (Ldʹ) ‹ a (a) a a gʹ a Liʹ (a Lieʹ) a gʹ
ig ib Lgʹ ib Ldʹ ib goʹ ib Ldʹ ‹ ig Lʹ (ig Lʹ)
Mãraba
o˚°
ih° gʹ
Mãraba11
a ieʹ (a)
ig hʹ
ÖOmanon12 §mpÒrion
pz° goʹ
iy° dʹ13
ÖOmanon
‹ a eʹ (a Ldʹ) ig ˚kʹ (ig dʹ)
M°nambiw Saubãya mhtrÒpoliw15
oe° Ldʹ14 i˚° Lʹ p° Lʹ16 i˚° Lʹ
M°nambiw Sãbbaya (Saubãya)
a kʹ (a) a hʹ (a gʹ)
SaoÊh17
o˚°
ig°
Sãpfara mhtrÒpoliw
oh°
id°
Dioskour¤aw n∞sow
p˚° goʹ18 h° Lʹ
Sarapiãdow19 n∞sow
qd°
iz° Lʹ20
~Samf¤rh21 n∞sow f* ÖArayow n∞sow
pa° gʹ qa° gʹ
kh° goʹ kd° gʹ
a ieʹ (a) ib Ldlʹ (ib Ldʹ) Sãpfara a Lglʹ (a Lʹ) ib Ldhʹ (ib Lgibʹ) 8,22,17 (t«n per‹ EÈda¤mona ÉArab¤an éjiologvt°rvn nÆsvn) n∞sow Dioskor¤douw a goʹ (a Ldʹ) ib goʹ (ib Lʹ) (DioskoÊraw) Sarapiãdow (Sarap¤dvnow) b djʹ (b dʹ) ‹ ig ibʹ (ig ibʹ) n∞sow (ÉApfãna a gieʹ ig Lgʹ)
20,3 Karman¤aw ÜArmouza
qg° Lʹ
kg° Lʹ22
Samudãkh Kãrmana bas¤leion24
qy° ˚ʹ r°
kb° goʹ23 ky°
Karm¤nna25 n∞sow
rb°
ih°
20,2
8,22 ÜEktow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: distat horae EÈda¤mvn ÉArab¤a ka‹ Karman¤a ab Alex. diei solst.
ig Lgibʹ)2
ig ig
Sãbh (SaÊh)
8,22,20 t∞w Karman¤aw ÜArmouza
b dkʹ (b gʹ)
Samidãkh Kãrmana (Kãrman) tÚ bas¤leion Kãrminna (Karman¤a) n∞sow
‹ b goʹ (b goʹ) ig gibʹ b goʹ ig Ldhʹ (ig Lgibʹ) b Ldkʹ (b Ldʹ) ‹ ig hʹ (ig hʹ)
‹ ig Lʹ (ig Lʹ)
1 sic V*: DoÊmaiya oe°/ky° goʹ L*; om. f*, sed cf. supra 18,5 Dumaitha 2 cf. Geogr. 8,22,3 3 sic f*: Badi≈ bas. L*, Bal°vn V* 4 sic X: gʹ falso codd. cet. 5 Koud¤ou V* 6 sic f*: enporsion L*, om. V* 7 ia° pro id° V* 8 Kãnnh om. V* 9 pa° pro pd° V* 10 T°rra V*; lineam priori anteponit f* 11 restitui sec. canonem et Geogr. 6,7,37 X: Mãra V, ÉAmarãba X 12 ÖOmana L* 13 pz° gʹ/iz° Ldʹ V* 14 og° Ldʹ V* 15 sic f*: Soubãya mhtr. L*; Saubãya solum V* 16 p° V*f* 17 SaÊbh bas¤leion V*, S¤nh bas¤leion f* 18 p˚° gʹ V*f* 19 Serap¤adow V* 20 sic V*f*: iz° L* 21 sic L*: Sãmfa V*, Sapfeir¤nh f* 22 qe° Lʹ/kg° Lgʹ V*f* 23 r°/kb° gʹ V* 24 sic correxi: Kãymana bas¤leion L*, Kãymana mhtrÒpliw V*f* 25 Kardãmiew V*
202
Asien, 6. Karte
Asien, 6. Karte Kanonliste
Städteliste Geogr. 8,22
20
Länge Breite
20,1 in Arabia Felix Dumaitha
75°
8,22: 6. Karte Asiens: Arabia Felix, Karmanien
8,22,3 in Arabia Felix 29° 20ʹ63 (Dumetha/ Dumat el-Candal 20° 15ʹ Badeo
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 6,7–8 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
75° 30ʹ
29° 19ʹ)
70°
20° 13ʹ
75° 70°
Badeo, Königsresidenz Pudnos Muza, Handelsplatz Okelis Arabiens Handelsplatz Kanne, Handelsplatz Gerra
70°
72° 30ʹ 16° 30ʹ 74° 30ʹ 14° 75° 12° 80° 11° 50ʹ 84° 12° 80° 23° 50ʹ
Pudnos Muza/Mauza64 Okelis Arabia/Aden Kane Gerra
72° 30ʹ (71° 45ʹ) 16° 27ʹ
Maraba
76°
18° 20ʹ
Omanon, Handelsplatz 87° 40ʹ65 19° 15ʹ
72° 30ʹ 16° 30ʹ 74° 30ʹ 14° 75° 12° 80° 11° 30ʹ 84° 12° 30ʹ 80° 23° 20ʹ
‹ 75° (75° 30ʹ)
13° 50ʹ
75°
12° 30ʹ
80°
11° 9ʹ
84° (84°)
12° 30ʹ
80°
‹ 23° 48ʹ (23° 48ʹ)
Mara (Amaraba)/ Marib Omanon
76° (75° 30ʹ)
18° 21ʹ
76°
‹ 78° (86° 45ʹ)
19° 44ʹ (20° 13ʹ)
77° 40ʹ 19° 20ʹ
75° 45ʹ (75° 30ʹ) 16° 27ʹ
76° (75° 30ʹ)
13° 2ʹ (12° 30ʹ)
76° 13°
88°67 (83°)
14° 29ʹ (15° 9ʹ)
78°
Menambis Saubatha Metropolis
75° 45ʹ 16° 30ʹ 80° 30ʹ66 16° 30ʹ
Saue
76° 13°
Menambis Sabbatha (Saubatha)/ Schabwa Sabe (Saue)
Sapphara Metropolis
78° 14°
Sapphara/Zafar
20,2
29° 40ʹ 20° 15ʹ
76° 52ʹ (80° 30ʹ) 16° 27ʹ
18° 20ʹ
75° 45ʹ 16° 30ʹ 77° 16° 30ʹ
14° 30ʹ
8,22,17 (wichtige Inseln um Arabia Felix)
Insel Dioskurias
86° 40ʹ 8° 30ʹ68
Insel des Dioskorides
85° (86° 45ʹ)
11° 9ʹ (8° 25ʹ)
86° 40ʹ 9° 30ʹ
Insel des Sarapias
94°
94° (94° 15ʹ)
‹ 17° 43ʹ (17° 43ʹ)
94°
Insel †Samphire Insel Arathos
81° 20ʹ 28° 40ʹ 91° 20ʹ 24° 20ʹ
Insel des Sarapias (Sarapidon) (Apphana [Arathos 6,7,47]
81° 30ʹ
28° 15ʹ)
81° 20ʹ 28° 40ʹ 91° 40ʹ 24° 40ʹ
20,3 in Karmanien Harmuza
93° 30ʹ69 23° 30ʹ
8,22,20 in Karmanien Harmuza/Hormus
f*
Samydake Karmana, Königsresidenz Insel Karminna
17° 30ʹ
99° 10ʹ 22° 40ʹ 100° 29° 102° 18°
Samydake Karmana/Kirman, Königsresidenz Insel Karminna
17° 30ʹ
94° 30ʹ (95° 30ʹ) ‹ 23° 48ʹ (23° 48ʹ)
94° 30ʹ 23° 30ʹ
‹ 100° (100° 30ʹ) 22° 38ʹ
99° 30ʹ 22° 40ʹ 100° 29°
100°
28° 47ʹ (29° 19ʹ)
102° (101° 45ʹ) ‹ 18° 21ʹ (18° 21ʹ)
102° 18°
Die Stadt wird von einigen Kanonhss. unter den Städten der Arabia Deserta angeführt; vgl. oben 18,5. Die Orte Muza, Okelis, Arabia, Kane und Gerra fehlen in UVR. 65 Der Kanonwert passt zur Länge von X und zum Geogr. 6,7,34 überlieferten Wert von A (87° 20ʹ). 66 Der Kanonwert passt zur Länge von X. 67 Die Längenwerte von V in Geogr. 6,7,41 und 8,22,16 sind korrupt. 68 Die Kanonwerte passen zu X und zum Geogr. 6,7,45 überlieferten Wert von A. 69 Die alternativen Längenwerte von V*f* passen zu X. – Geogr. 8,22,20–22 ordnet Karmana – Harmuza – Samydake. 63 64
203
Kanon bedeutender Städte21,1–21,5
Asiae tabula VII 21
m∞kow
21,1 ÑUrkan¤aw1 ÑUrkan¤a ÉAmaroÊa2
qh° Lgʹ m° qe°3 m°
21,2 Margian∞w4 ÉAntiÒxeia
r˚°
m° goʹ5
re° dʹ
ri°
Nisa¤a
21,3 Baktrian∞w Xatraxãrta7
plãtow
8,23 ÜEbdomow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: ÑUrkan¤a, MargianÆ, BaktrianÆ, Sogdiano¤, Sãkai, ≤ §ntÚw ÉImãou ˆrouw Skuy¤a
8,23,3 §n tª ÑUrkan¤& ÑUrkan¤a mhtrÒpoliw ÉAmaroËsa (ÉAmaroÊa)
distat horae ab Alex. diei solst.
b Lieʹ b gieʹ
id Lgibʹ id Ldhʹ (id Lgibʹ)
8,23,5 §n tª Margianª ÉAntiÒxeia
g ieʹ (g)
‹ ie (ie)
ly° gʹ6
Nisa¤a
g
ie yʹ (id Lgʹ)
md° ˚ʹ8
8,23,7 §n tª Baktrianª Xarrãxarta (Xatraxãrta)
‹ ie gibʹ (ie dhʹ) ie dhʹ ie id Lgʹ
rie° mg° Ldʹ10 ri˚° ma° rib° Lʹ ly° Ldʹ
Zariãspa11 Bãktra Marakãnda
g gʹ g goʹ g goieʹ (g goʹ) ‹ g Lʹ (g Lʹ)
21,4 Sogdian«n ÉOj¤ana
riz° Lʹ md° goʹ12
8,23,11 §n to›w Sogdiano›w ÉVje¤ana (ÉOj¤ana)
‹ g Lgʹ (g hʹ) ‹ ie Lʹ
MaroËka13
ri˚° Ldʹ mg° goʹ14
MaroËka
‹ g Lgʹ (g Ldʹ) ‹ ie gʹ (ie gʹ)
Dr°ca ÉAlejãndra ÉEsxãth
rk° rkb°
me°15 ma°
Dr°ca ÉEsxãth ÉAlejãndreia
d d hʹ
f*
ÉAlejãndreia ÉOjeiãnh
rig°
md° gʹ16
f*
Ùrein∞w êkron Komid«n rke°
mg°
f*
L¤yinow PÊrgow
rle°
mg°
21,5 Skuy¤aw ˜lhw 17 ÉAspab≈ta
rb°
md°
DaÊaba18
rd°
me°
Zariãspa9 Bãktra Marakãnda
8,23,15 §n tª §ntÚw ÉImãou ˆrouw Skuy¤& ÉAspab≈ta ‹ b Lgʹ (b Ldʹ) DaÊaba b Lgieʹ (g)
ie Lʹ ie
ie dhʹ (ie gibʹ) ie Lʹ
1 oirkaniaw L* 2 ÉAmaroËsa V* 3 q° V* 4 Marsian∞w V* 5 re°/m° gʹ V*, r˚°/m° gʹ f* 6 re° wʹ/ly° Lʹ V* 7 Xartarxãrtar V* 8 md° Lʹ V*f* 9 sic scripsi: Xariãspa L*V*, Zar¤spa f* 10 sic f*: rig°/mg° Lʹ L*, rie°/mg° gdʹ V* 11 sic scripsimus sec. Geogr. 6,11,7 X: Zar¤spa V, Zarãspa X 12 sic correximus: ma° pro md° L*; rz° gʹ/md° gʹ V*, rz° Lʹ/md° Lʹ f*; cf. ad Geogr. 8,23,11 13 MaroËta V* 14 ri˚° dʹ/m˚° gʹ V*; mg° gʹ f* 15 Drepsa – Oxiana – Maruka f* 16 ma° gʹ pro md° gʹ f* 17 ˜lhw om. V*f*; Scythias duas in unam provinciam contrahunt codd. 18 sic f*: Lãjaba L*, Dãjaba V*
204
Asien, 7. Karte
Asien, 7. Karte Kanonliste
21
Städteliste Geogr. 8,23
Länge Breite
8,23: 7. Karte Asiens: Hyrkanien, Margiane, Baktrien, Land der Sogdianer, Land der Saken, Skythien diesseits des Imaon-Gebirges
21,1 in Hyrkanien Hyrkania 98° 50ʹ 40° Amarua 95° 40°
8,23,3 in Hyrkanien Hyrkania Metropolis Amarusa (Amarua)
21,2 in Margiane Antiocheia
106°
8,23,5 in Margiane Antiocheia/Merv
Nisaia
105° 15ʹ 39° 20ʹ
Nisaia/Nisa
21,3 in Baktrien Chatracharta
110°
8,23,7 in Baktrien Charracharta (Chatracharta)
Zariaspa Baktra Marakanda
115° 43° 45ʹ 116° 41° 112° 30ʹ 39° 45ʹ
40° 40ʹ
44° 10ʹ
21,4 bei den Sogdianern Oxiana 117° 30ʹ71 44° 40ʹ
Zariaspa/Balch Baktra/Mazar-e Sharif Marakanda/Smarkand 8,23,11 bei den Sogdianern Oxeiana (Oxiana)
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 6,9–14 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
98° 30ʹ
40° 7ʹ
96°
39° 44ʹ (40° 7ʹ)
98° 30ʹ 40° 95° 40°
106° (105° 30ʹ) ‹ 40° 52ʹ (40° 52ʹ) 41° 51ʹ70 (39° 20ʹ)
105° 15ʹ 39° 10ʹ
110°
‹ 44° 22ʹ (44° 2ʹ)
110°
115°
44° 2ʹ
115° 44° 116° 41° 112° 39° 15ʹ
116° (115° 30ʹ) 40° 52ʹ ‹ 112° 30ʹ (112° 30ʹ)
39° 20ʹ
‹ 45° ‹ 43° 42ʹ (43° 42ʹ)
Maruka
‹ 117° 30ʹ (116° 45ʹ)
Drepsa Alexandreia Eschate f* Alexandreia Oxeiane f* Bergland der Komeden, Ausläufer72 f* Steinerner Turm
120° 45° 122° 41°
Drepsa Alexandreia Eschate/ Chodschent [Alexandreia Oxeiane 6,12,6]
120° 45° 40° 52ʹ
117° 15ʹ 43° 40ʹ 120° 45° 122° 41° 113°
44° 40ʹ
125° 43°
[Bergland der Komeden 6,13,2]
125° 43°
135° 43°
[Steinerner Turm/ Taschkurghan 6,13,2]
135° 43°
21,5 in ganz Skythien73 102° 44° Aspabota Dauaba
121° 52ʹ
44° 10ʹ
117° 30ʹ 44° 40ʹ
‹ 117° 30ʹ (107° 22ʹ)
116° 45ʹ 43° 40ʹ
44° 20ʹ
40° 40ʹ
105°
Maruka
113°
106°
104° 45°
8,23,15 in Skythien diesseits des Imaon-Gebirges ‹ 102° 30ʹ 44° 2ʹ Aspabota Dauaba
(101° 45ʹ)
(44° 22ʹ)
103° 30ʹ (105° 30ʹ)
45°
102° 44° 104° 45°
Korrupter Wert in V. Die alternativen Längenwerte von V*f* passen zu X. 72 Das Bergland der Komeden und der Steinerne Turm befinden sich im Land der Saken, welches jedoch weder im 8. Buch noch im Kanon erwähnt ist. 73 Die beiden Skythien werden in der Kanonüberlieferung zu einem Land zusammengefasst. 70 71
205
Kanon bedeutender Städte22,1–22,2
Asiae tabula VIII 22
m∞kow
plãtow
22,1
8,24 ÖOgdoow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: ÑH §ktÚw ÉImãou ˆrouw Skuy¤a ka‹ ShrikÆ
distat horae ab Alex. diei solst.
8,24,3 §n tª Skuy¤& tª §ktÚw ÉImãou ˆrouw ÉIsid∆n SkuytikÆ1 AÈzak¤a2
22,2 Shrik∞w4 ÉIsid∆n Shrik∞w5
rn° rnd° rjb°
mh° Lʹ my° goʹ3
ÉIsshd∆n ≤ SkuytikÆ AÈzak¤a
˚ e Liʹ (˚ dʹ)
me°
8,24,5 §n tª Shrikª ÉIsshd∆n ≤ ShrikÆ
‹ ˚ Lgʹ (˚ Ldʹ) ie Lʹ
Drvsãxh8 (Drvsãsxh)
‹ z ˚ʹ (z hqʹ)
ie ˚ʹ
i˚ ‹ i˚ dʹ (i˚ ˚ʹ)
Drvsãxh6
rjz° gʹ7 mb° Lʹ
ÉOttorokÒrra9
rje°
lz° dʹ10
ÉOttorokÒra (ÉOpokÒrra)
z (z qʹ)
‹ id goʹ (id Ldʹ)
S∞ra mhtrÒpoliw
roz° dʹ
lh° Libʹ11
mhtrÒpoliw S∞ra (ShrikØ mhtrÒpoliw)
z Lgʹ (z Ldʹ)
id Ldʹ
L*f*
rn˚°
na° goʹ
Dãmna
ÉIsid≈h Skuy¤aw V*; kl z in marg. L*; lineam priori (sc. Dauabae, 21,5) anteponunt V*f* 2 AÈjak¤a V* 3 me° gʹ V*, my° gʹ f* 4 sic f*: Sirhk¤w L*, Sirik¤w V* 5 yehrikh V* 6 sic V*: Drvsãkh L*f* 7 rjz° goʹ V* 8 correximus sec. Geogr. 6,16,7 V: Drvs¤xh hic V 9 sic V*: ÉOporÒkorra L*, ÉOtorokÒbra f* 10 lz° Lʹ V* 11 lg° Lgʹ V* 1
206
Asien, 8. Karte
Asien, 8. Karte Kanonliste
22
Städteliste Geogr. 8,24
Länge Breite
8,24: 8. Karte Asiens: Skythien jenseits des Imaon-Gebirges, Serike
22,1 Skythisches Isedon 150° 48° 30ʹ Auzakia 154°74 49° 40ʹ
Skythisches Issedon Auzakia
22,2 Serike Serisches Isedon
162° 45°
8,24,5 in der Serike Serisches Issedon
Drosache
167° 20ʹ 42° 30ʹ
Ottorokorra
165°
Sera Metropolis L*f*
74
Damna
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 6,15–16 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
8,24,3 in Skythien jenseits des Imaon-Gebirges 150°
48° 31ʹ
144° (154° 15ʹ) ‹ 50° 3ʹ (49° 33ʹ)
150° 144°
48° 30ʹ 49° 40ʹ
‹ 162° 30ʹ (161° 45ʹ) 45°
162° 45°
Drosache
‹ 167° 30ʹ (167° 33ʹ)
167° 40ʹ 42° 30ʹ
Ottorokora
165° (165° 40ʹ) ‹ 37° 43ʹ (38° 32ʹ)
165°
177° 15ʹ 38° 35ʹ
Sera Metropolis/Xiʹan
177° 30ʹ (176° 45ʹ)
177° 15ʹ 38° 35ʹ
156°
[Damna 6,16,6]
37° 15ʹ
51° 40ʹ
42° 20ʹ
38° 32ʹ
156°
Die Länge passt zu X; vgl. auch Geogr. 6,15,4.
207
37° 15ʹ
51° 40ʹ
Kanon bedeutender Städte23,1–23,5
Asiae tabula IX 231
m∞kow
plãtow
23,1 ÉAre¤aw2 Bitãja3 ÉAre¤a5 ÉAlejãndreia7
rg° goʹ4 re°6 ri°
lh° le° l˚°
rz° dʹ rh° gʹ †ry° Lʹ8
lh° dʹ le° Lʹ lz° gʹ
riz°
le° Lʹ
rih°
ld°
rih° Lʹ
lh° dʹ
ri° rh° dʹ13
lb° gʹ kh° Lʹ
ri°
l° dʹ14
23,4 ÉAraxvs¤aw ÉAlejãndreia ÉAraxvtÒw f* ÉAz«la f* F≈kaiw (i.e. F≈kliw)
rid° rih° rid° dʹ rih° Ldʹ16
la° l° gʹ lb° dʹ15 lb° ˚ʹ
23,5 Gedrvs¤aw17 KoËni
ri°
f*
Sifãrh S≈teira f* ZimÊra f*
23,2 Paropanisad«n9 Naulib¤w10
Kãboura11
f*
Parsiãna
23,3 Draggian∞w Profyas¤a ÉAriãsph
f*
8,25,3 §n tª ÉAre¤& Bitãja ÉAre¤a ÉAlejãndreia ≤ §n ÉAre¤& (ÉAlejãndreia)
8,25,6 t«n Paropanisad«n Naulib¤w
distat horae ab Alex. diei solst.
b Lgibʹ g g gʹ
id goʹ id gibʹ id Lʹ
g Lgʹ (g Ldʹ) ‹ id Lʹ (id Lʹ) g Lglʹ
id gibʹ (id gʹ)
8,25,8 t∞w Draggian∞w Profyas¤a ÉAriãsph
g gʹ g dʹ (g eʹ)
id ˚ʹ › ig Lgʹ
8,25,10 t∞w ÉAraxvs¤aw ÉAlejãndreia ÉAraxvtÒw
g Liʹ (g Lieʹ) id ibʹ g Lglʹ (g Lgʹ) id
kz°
8,25,12 t∞w Gedrvs¤aw KoËni
g gʹ (g eiʹ)
‹ ig Ldʹ (ig Ldʹ)
ÉArb¤w
g
‹ ig Lʹ (ig dʹ)
Mousãrna
g goʹ
ig Ldʹ
12
Farazãna
8,25 ÖEnatow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: ÉAre¤a, Paropanisãdai, DraggianÆ, ÉAraxvs¤a, Gedrvs¤a
Pãrsiw18 ÉArb¤w
r˚° Lʹ re° gʹ
kg° Lʹ k° ˚ʹ19
Mousãrna20 f* Kodãnh n∞sow
rie°21 rh°
kz° ˚ʹ iz°22
Kãboura (KaroÊa) ≤ ka‹ ÉOrtÒspana (ÉOrtÒspara)
plurimas huius tabulae urbes om. L* 2 om. L* 3 bhtariasaja mixtim L* 4 rg° gʹ V*, r˚° gʹ f* 5 poli˚ add. L* rie° V*, re° gʹ f* 7 ÉAlejejandreia L*; §n ÉAre¤& add. f* 8 ry° Lʹ falso pro rb° Lʹ f* 9 Paropanhssãdow L*, qui hic desinit 10 sic f*: om. V* 11 sic f*: Kãroura V* 12 sic f*: Drastian∞w V* 13 sic f*: rih° dʹ V* 14 ld° pro l° dʹ f* 15 sic scripsi: ib° dʹ f* 16 sic scripsi: rik° Ldʹ f* 17 sic f*: Gedvs¤aw V* 18 sic f*: Pers¤w V*; mhtrÒpoliw hic et infra saepius add. f* 19 sic f*: ÉArab¤w re° gʹ/kb° Lʹ V* 20 sic f*: Meusa¤na V* 21 sic f*: re° V* 22 sic correxi: rih°/kz° falso pro rh°/ iz° f* 1 6
208
Asien, 9. Karte
Asien, 9. Karte Kanonliste
23
Länge Breite
23,1 in Areia Bitaxa Areia Alexandreia
103° 40ʹ 38° 105° 35° 110° 36°
Siphare Soteira f* Zimyra
107° 15ʹ 38° 15ʹ 108° 20ʹ 35° 30ʹ †109° 30ʹ 37° 20ʹ
f* f*
23,2 bei den Paropanisaden77 117° 35° 30ʹ Naulibis Kabura f*
Parsiana
118° 34° 118° 30ʹ 38° 15ʹ
23,3 in Drangiane Prophthasia 110° 32° 20ʹ Ariaspe 108° 15ʹ 28° 30ʹ f*
Pharazana
23,4 in Arachosien Alexandreia Arachotos f* Azola f* Phoklis
110°
30° 15ʹ
114° 31° 118° 30° 20ʹ 114° 15ʹ 32° 15ʹ 118° 45ʹ 32° 10ʹ
Städteliste Geogr. 8,25
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 6,17–21
Werte des 8. Buches, 8,25: 9. Karte Asiens: Areia, Land der Paropanisa- umgerechnet in Grade den, Drangiane, Arachosien, Gedrosien
Länge Breite
8,25,3 in Areia Bitaxa75 Areia Alexandreia in Areia76/ Herat [Siphare 6,17,4] [Soteira 6,17,7] [Zimyra 6,17,8]
37° 43ʹ
105°
35° 8ʹ
110°
36° 1ʹ
Kabura bzw. Ortospana/ Kabul [Parsiana 6,18,4] 8,25,8 in der Drangiane Prophthasia Ariaspe
(116° 45ʹ)
‹ 36° 1ʹ (36° 1ʹ)
118°
35° 8ʹ (34° 13ʹ)
110°
32° 20ʹ
108° 45ʹ (108° 30ʹ)
› 28° 15ʹ
8,25,12 in Gedrosien Kuni
Parsis Arbis
106° 30ʹ 23° 30ʹ 105° 20ʹ 20° 10ʹ79
78 Arbis
Musarna Insel Kodane
115° 27° 10ʹ 108° 17°
Musarna [Kodane 6,21,6]
117°
35° 30ʹ
118° 35° 118° 30ʹ 38° 45ʹ 110° 32° 20ʹ 108° 40ʹ 28° 40ʹ 110° 30°
[Pharazana 6,19,5] 8,25,10 in Arachosien Alexandreia/Kandahar Arachotos [Ozola (Azola) 6,20,4] [Phoklis (Phokleis)/ Charsadda 6,20,4]
103° 40ʹ 38° 105° 35° 110° 36° 107° 15ʹ 38° 15ʹ 108° 40ʹ 35° 10ʹ 102° 30ʹ 33° 15ʹ
8,25,6 bei den Paropanisaden 117° 30ʹ Naulibis
23,5 in Gedrosien 110° 27° Kuni
f*
103° 45ʹ
114° (114°) 31° 21ʹ 118° (118°) 30° 20ʹ
110° (110°) ‹ 27° 11ʹ (27° 11ʹ) 105°
‹ 23° 48ʹ (20° 13ʹ)
115°
27° 11ʹ
114° 31° 118° 30° 20ʹ 114° 15ʹ 32° 15ʹ 118° 15ʹ 32° 10ʹ
110° 27° 106° 30ʹ 23° 30ʹ 105° 20ʹ 20° 30ʹ 115° 27° 30ʹ 107° 30ʹ 17°
Bitaxa und Areia werden Geogr. 8,25,3f. in umgekehrter Reihenfolge angeführt. Die Bezeichnung ‘in Areia’ fehlt in X. 77 Von hier an bis zum Schluss (26,1) fehlen die Städte in L*. 78 Gehört gemäss Kanonüberlieferung zum Grundbestand, fehlt aber im 8. Buch. 79 Der Breitenwert passt zu X; vgl. Geogr. 6,21,5 sowie 8,25,14 mit entsprechendem Scholion. – Arbis und Musarna sind Geogr. 8,25,3f. in umgekehrter Reihenfolge genannt. 75 76
209
Kanon bedeutender Städte24,1
Asiae tabula X 241
m∞kow
24,1 ÉIndik∞w t∞w §ntÚw S¤mulla3 Mouzir¤w Kabhr¤w PaloËra Kãspeira Bouk°fala PalibÒyra Pãtala Barbare› BarÊgaza[i]9 ÉOzhnÆ10 Ba¤yana ÑIppÒkoura KaroËra MÒloura P¤yunda ÖOyoura
Gãggou potamoË2 ri°4 id° Ldʹ riz° id° rky° gʹ ie° gʹ rl˚° gʹ ia° rkz° la° dʹ rke° Lʹ lg° rmg°5 l° gʹ6 rig° Lʹ kb° Lʹ7 rib° Lʹ ka°8 rig° dʹ iz° Lʹ riz° k° Lʹ11 riz° ih° ˚ʹ riy° Ldʹ iy°13 riy° i˚° gʹ rke° i˚° gʹ rle° ib° Lʹ14 rl° i˚° gʹ
plãtow
8,26 D°katow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: ÑH §ntÚw Gãggou toË potamoË ÉIndikÆ
8,26,3 §n aÈtª S¤mulla (ShmÊla) Mouzir¤w Xabhr¤w PaloËra Kãspeira Bouk°fala PalimbÒyra (PalibÒyra) Pãtala Barbare› (Barbar¤) BarÊgaza ÉOzhnÆ Ba¤yana ÑIppÒkoura KaroËra MÒdoura P¤tundra (Pint¤da) ÖOryoura
distat horae ab Alex. diei solst.
g gʹ g Lgʹ (g Ldʹ) d Libʹ e yʹ (e ieʹ) ‹ d Lʹ (d gibʹ) d glʹ (d gʹ) e Llʹ (e Lʹ) g Lʹ g Lkʹ (g Lʹ) g Lkʹ (g Lʹ) g Ldʹ12 ‹ g Lgʹ (g Ldʹ) ‹ d (d) g Lgiʹ (g Lgʹ) d gʹ e lʹ (e) d goʹ
‹ ib Lgibʹ ib Lgʹ ib Lgibʹ ib gonʹ (ib goʹ) ‹ id ibʹ (id ibʹ) ‹ id dʹ (id dʹ) ‹ ig Ldʹ (id) ‹ ig gʹ (ig gibʹ) ig gibʹ (ig gʹ) ‹ ig ibʹ (ig ibʹ) ‹ ig dʹ (ig dʹ) ‹ ig hʹ (ig hʹ) ig ˚ʹ ig ig ib Ldʹ ig
urbes huius tabulae om. L* 2 sic scripsi: Gãpou V*; t∞w §ntÚw Gãggou potamoË om. f* 3 SÆmulla V* 4 ri° Lʹ f* 5 sic f*: rm° V* 6 lz° gʹ falso pro kz° gʹ f* 7 rib° Lʹ/ka° f* 8 rig° Lʹ/kb° Lʹ f* 9 sic f*: BraÊgaza V* 10 bas¤leion hic et infra saepius add. f* 11 k° f* 12 sic X: d falso V 13 i˚° Lʹ f* 14 sic f*: id° hʹ V* 1
210
Asien, 10. Karte
Asien, 10. Karte Kanonliste
24
Städteliste Geogr. 8,26
Länge Breite
24,1 in Indien diesseits des Ganges 110° 14° 45ʹ Simylla 117° 14° Muziris Kaberis 129° 20ʹ 15° 20ʹ Palura 136° 20ʹ 11° 127° 31° 15ʹ Kaspeira Bukephala 125° 30ʹ 33° Palibothra 143° 30° 20ʹ80 Patala 113° 30ʹ 22° 30ʹ81 Barbarei 112° 30ʹ 21° Barygaza 113° 15ʹ 17° 30ʹ 117° 20° 30ʹ Ozene Baithana 117° 18° 10ʹ Hippokura 119° 45ʹ 19° 119° 16° 20ʹ Karura 125° 16° 20ʹ Molura 135° 12° 30ʹ Pithynda 130° 16° 20ʹ Othura
8,26: 10. Karte Asiens: Indien diesseits des Ganges
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 7,1 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,26,3 in Indien diesseits des Ganges 110° Simylla/Chaul 117° 30ʹ (116° 45ʹ) Muziris/Cranganur Chaberis/Tranquebar 128° 45ʹ 136° 40ʹ (136° 30ʹ) Palura ‹ 127° 30ʹ (126° 45ʹ) Kaspeira 125° 30ʹ (125° 30ʹ) Bukephala 143° (143°) Palimbothra/Patna 112° 30ʹ Patala 113° 15ʹ (113°) Barbarei 113° 15ʹ (113°) Barygaza/Bharucha 116° 45ʹ Ozene/Ujjain ‹ 117° 30ʹ (116° 45ʹ) Baithana/Paithan ‹ 120° (120° 30ʹ) Hippokura 119° (118°) Karura/Tirukkarur 125° Modura/Madurai 135° 30ʹ (135° 30ʹ) Pityndra (Pintida)82 130° Orthura/Uraiyar
‹ 15° 9ʹ 13° 50ʹ 15° 9ʹ 11° 28ʹ (11° 9ʹ) ‹ 31° 21ʹ (31° 21ʹ) ‹ 33° 17ʹ (33° 17ʹ) ‹ 27° 11ʹ (30° 20ʹ) ‹ 21° 26ʹ (22° 38ʹ) 22° 38ʹ (21° 26ʹ) ‹ 17° 43ʹ (17° 43ʹ) ‹ 20° 13ʹ (20° 13ʹ) ‹ 18° 21ʹ (18° 21ʹ) 18° 59ʹ 16° 27ʹ 16° 27ʹ 12° 30ʹ 16° 27ʹ
Länge Breite
110° 14° 45ʹ 117° 14° 128° 20ʹ 15° 45ʹ 136° 40ʹ 11° 30ʹ 127° 31° 15ʹ 125° 30ʹ 33° 143° 27° 112° 50ʹ 21° 113° 15ʹ 22° 30ʹ 113° 15ʹ 17° 20ʹ 117° 20° 117° 18° 10ʹ 119° 45ʹ 19° 10ʹ 119° 16° 20ʹ 125° 16° 20ʹ 135° 30ʹ 12° 30ʹ 130° 16° 20ʹ
Der korrupte Breitenwert findet auch in X (30° 20ʹ) eine Entsprechung. Die Breitenwerte von Patala und Barbarei sind auch in X vertauscht. 82 Pityndra und Orthura werden Geogr. 8,26,18f. in umgekehrter Reihenfolge angeführt. 80 81
211
Kanon bedeutender Städte25,1–25,2
Asiae tabula XI 251
m∞kow
25,1 ÉIndik∞w t∞w §ktÚw 2 Tãxvla3 rj° Zãbai rjh° gʹ
plãtow
8,27 ÑEnd°katow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: ÑH §ktÚw Gãggou ÉIndikÆ ka‹ S›nai
distat horae ab Alex. diei solst.
d° dʹ4 d° Ldʹ5
8,27,3 §n tª §ktÚw Gãggou ÉIndikª Tãkvla ˚ goʹ Zãbai z ejʹ (z eʹ)
ib dʹ › ib dʹ (ib dʹ)
kg° Lgʹ
Tvsale›
˚
‹ ig Lʹ (ig Lʹ)
Tosale›6
rn°
ToËgma
rnb° Lʹ k° dʹ
ToËgma
˚ ˚ʹ (˚ hʹ)
‹ ig gibʹ (ig dʹ)
Tr¤glufon7
rnd°
iz°
˚ djʹ (˚ dʹ)
‹ ig hʹ (ig)
Mar°oura8 ÑRandamarkÒtta9
rnh° rob°
ib° Lʹ kh°10
Tr¤glufon tÚ ka‹ Tr¤liggon (Tr¤luggon) Mar°oura ÑRandamarkÒtta
˚ Llʹ (˚ Lʹ) ib Ldʹ ‹ z Lʹ (z gibʹ) ‹ ig Lgʹ (ig Ldʹ)
ÉArgurç n∞sow ka‹ pÒliw
rjz°
h° Lʹ11
mhtrÒpoliw ÉArgur∞
z hqʹ
f*
Megãlou kÒlpou rog° ˜r[e]ion yerin ~kl
iz° gʹ
f*
SatÊrvn n∞soi
b° Lʹ12 8,27,11 §n to›w S¤naiw ÉAsp¤yra
z golʹ (z goʹ) ‹ ig (ig hʹ)
roa°
25,2 S¤nvn ÉAsp¤yra13
roe° Lʹ ih° dʹ
Ye›nai mhtrÒpoliw
rp°
ig°
Katt[e]¤gara
roz°15
h° Lʹ
Ye›nai14 (Y›nai) mhtrÒpoliw Katt¤gara
ib Lʹ
h
› ib Ldʹ (ib Lhʹ)
z Ldʹ
ib Lʹ
urbes huius tabulae om. L* 2 sic f*: om. V* 3 Tãkvma §mpÒrion f* 4 sic correxi: ld° pro d° dʹ f* 5 l° Ldʹ pro d° Ldʹ f*, qui Tacolam et Zabas inter Indiae citra Gangem urbes inserit 6 TosalÆ V* 7 sic f*: Tr¤lutron V* 8 sic f*: Mer°sira V* 9 sic scripsimus: ÑRandamarkÒpta f*, ÑRaindamãrtura V* 10 sic f*: ih° V* 11 sic scripsi: k° Lʹ pro h° Lʹ f* 12 sic scripsi: rod°/h° Lʹ f* 13 sic f*: ÉAep¤yra V* 14 S›nai scripsimus sec. Geogr. 7,3,6 U 15 sic f*: rpz° V* 1
212
Asien, 11. Karte
Asien, 11. Karte Kanonliste
25
Städteliste Geogr. 8,27
Länge Breite
8,27: 11. Karte Asiens: Indien jenseits des Ganges, Land der Sinen
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 7,2–3 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
Länge Breite
25,1 in Indien 160° 4° 15ʹ Tachola Zabai 168° 20ʹ 4° 45ʹ
8,27,3 in Indien jenseits des Ganges 160° Takola 168° 15ʹ Zabai (168° 30ʹ)
› 4° 14ʹ (4° 14ʹ)
Tosalei
150°
Tosalei/Dhauli
150°
‹ 23° 48ʹ (23° 48ʹ)
150°
Tugma
152° 30ʹ 20° 15ʹ
Tugma
152° 30ʹ (152° 22ʹ)
‹ 22° 38ʹ (20° 13ʹ)
152° 30ʹ 22° 15ʹ
Triglyphon
154° 17°83
154° (154° 15ʹ) ‹ 18° 21ʹ (16° 27ʹ)
154° 18°
Marëura Rhandamarkotta
158° 12° 30ʹ 172° 28°
Triglyphon bzw. Trilingon Marëura Rhandamarkotta
158° (158°)
12° 30ʹ
‹ 172° 30ʹ (171° 45ʹ)
‹ 28° 15ʹ (27° 11ʹ)
158° 12° 30ʹ 172° 28°
167°
8° 25ʹ S
Insel und Stadt 167° Argyra f* NO-Grenzpunkt 173° des Grossen Golfs f*
Inseln der Satyrn
171°
23° 50ʹ
8° 30ʹ84
Argyre Metropolis
17° 20ʹ
[Grenzpunkt des Grossen Golfs zu den Sinen 7,2,7] [Inseln der Satyrn 7,2,30]
2° 30ʹ
25,2 bei den Sinen Aspithra
175° 30ʹ 18° 15ʹ85
8,27,11 bei den Sinen Aspithra
Thinai Metropolis
180° 13°
Kattigara
177°
8° 30ʹ
4° 14ʹ
160° 4° 15ʹ 168° 20ʹ 4° 45ʹ 23° 20ʹ
167°
8° 30ʹ S
173°
17° 20ʹ
171°
2° 30ʹ S
175° 30ʹ (175° 30ʹ)
‹ 16° 27ʹ (18° 21ʹ)
175° 30ʹ 16° 15ʹ
Thinai86 Metropolis
180°
› 12° 30ʹ (10° 28ʹ)
180° 13°
Kattigara/bei Hanoi
176° 15ʹ
8° 25ʹ S
177°
8° 30ʹ S
Der Breitenwert passt besser zu X. In den Kanonhss. finden sich keine expliziten Hinweise, dass Argyre, die Inseln der Satyrn sowie Kattigara (25,2) auf der Südhalbkugel liegen. 85 Der Breitenwert passt zu X. 86 Eine alternative, aber nur schwach bezeugte Lesart ist ‘Sinai’. 83 84
213
Kanon bedeutender Städte26,1
Asiae tabula XII 261
m∞kow
plãtow
26,1 Taprobãnhw nÆsou2 Nagãdeiba Talãkvrei Maagramm«n mhtrÒpoliw4
rky°3 rk˚° rkz°
h° Lʹ ia° gʹ z° gʹ5
f*
urbes huius tabulae om. L* V*; cf. ad Geogr. 7,4,10
214
8,28,3 §n aÈtª Nagãdiba Talãkvri Maãgrammon mhtrÒpoliw
distat horae ab Alex. diei solst.
d Liʹ (d Lieʹ) ib Lʹ ib goʹ d gieʹ ‹ d Lʹ (d gibʹ) ib gibʹ
rka° Lʹ a°
Pras≈dhw kÒlpow
1
8,28 Dvd°katow ka‹ teleuta›ow p¤naj t∞w ÉAs¤aw: Taprobãnh n∞sow
sic f*: Taprobas¤nou ÉInidik∞w V*
2
sic f*: rkd° V*
3
sic f*: MaagrammÆ V*
4
sic f*: ig°
5
Asien, 12. Karte
Asien, 12. Karte Kanonliste
26
Städteliste Geogr. 8,28
Länge Breite
26,1 auf der Insel Taprobane 129° 8° 30ʹ Nagadeiba 126° 11° 20ʹ Talakorei 127° 7° 20ʹ Maagrammon Metropolis f* Prasodes-Golf 121° 30ʹ 1°
8,28: 12. und letzte Karte Asiens: Insel Taprobane
Koordinaten des Ortskataloges Geogr. 7,4 Werte des 8. Buches, umgerechnet in Grade
8,28,3 auf der Insel Taprobane 129° (129°) 8° 25ʹ Nagadeiba 126° 11° 9ʹ Talakori Maagrammon Metropolis/ ‹ 127° 30ʹ 7° 2ʹ (126° 45ʹ) Tissamaharama [Prasodes-Golf 7,4,4]
Länge Breite
129° 8° 30ʹ 126° 20ʹ 11° 40ʹ 127° 7° 20ʹ 121°
215
2°
3. Messmethoden 3.1 Masse und Messungen (Alfred Stückelberger) 3.2 Falsche Breitenwerte und ihre Folgen (Florian Mittenhuber)
3.1 Masse und Messungen Alfred Stückelberger
Vorbemerkungen Die vorliegende Untersuchung bemüht sich, möglichst vom vorhandenen Quellenmaterial auszugehen, insbesondere von den zahlreichen Aussagen des Ptolemaios selbst zu seinem Vorgehen sowie den zeitgenössischen Zeugnissen, und hält sich zurück mit weit ausgreifenden Hypothesen. Um die verschiedenen in der Geographie zur Geltung kommenden Messmethoden und Berechnungen zu verstehen und nachzuvollziehen, gilt es zunächst, sich die Grundlagen zu vergegenwärtigen, von denen Ptolemaios ausgeht. Man kennt zu seiner Zeit noch keine Gleichungen, keine Bruchstriche, ja nicht einmal Operationszeichen. Man wird daher zurückhaltend sein in der Verwendung heute geläufiger mathematischer Formeln und sich bemühen müssen, mit den Mitteln auszukommen, die Ptolemaios selber gebraucht hat. Neben der euklidischen Geometrie sind dies vor allem die Berechnungsmethoden, die er im Almagest (Syntaxis mathematica) vorlegt. Für die Geographie relevant sind hier in erster Linie die Sehnentafel (Synt. 1,10f.), die Tafeln der Sonnenstände (Synt. 1,14f.) und die Parallelkreisübersicht (Synt. 2,6). Man wird sich ferner vor Augen halten, dass Ptolemaios, bedingt durch seine intensiven astronomischen Forschungen, sein Hauptinteresse auf die Winkelmessungen am Himmel und die sich daraus ergebenden, immer sehr präzisen Berechnungen richtet (man denke nur an seinen Astrolab),1 während er sich bei den terrestrischen Streckenmessungen meistens auf ihm vorliegende Angaben verlässt, die er dann nach seinen Kriterien zu korrigieren sucht. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass Ptolemaios selber am Boden Streckenmessungen vorgenommen hat. Im Folgenden wird man des öftern dem Hipparch von Nikaia (um 160– 125 v. Chr.) begegnen, jenem «nicht hoch genug zu lobenden» Astronomen,2 der durch seine Präzisionsmessungen, die Entdeckung der Präzession des Äquinoktialpunktes und die erstmalige Erstellung eines Fixsternkataloges zu einem der berühmtesten Wissenschaftler der Antike geworden ist. Er hat zwar keine umfassenden Gesamtdarstellungen geschaffen, hat sich aber in mehreren, meist nur in Fragmenten erhaltenen Spezialschriften kritisch und korrigierend mit seinen Vorgän-
1
2
218
In Synt. 5,1 beschreibt Ptolemaios ausführlich das von ihm nach Hipparch nachgebaute, höchst komplizierte Astrolab-Gerät, das vor allem der Positionsbestimmung der Gestirne diente. Obwohl sich mit dem Gerät auch jederzeit die geographische Breite eines Ortes bestimmen liess, was aber einfacher und bequemer mit dem Gnomon geschehen konnte, dürfte es im geographischen Kontext wenig zur Anwendung gekommen sein. Zum ganzen Thema s.: A. Stückelberger, Der Astrolab des Ptolemaios, in: Antike Welt (1998,5) 377–383. So Plin. Nat.hist. 2,95: numquam satis laudatus.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
gern auseinandergesetzt.3 Diesem Hipparch ist Ptolemaios, der häufig ausdrücklich auf ihn Bezug nimmt,4 in vielfacher Weise verpflichtet: Von ihm hat er zahlreiche Messresultate übernommen, auf ihn geht die Methode der Längenberechnung zurück,5 ihm hat er die Konstruktion des eben erwähnten Astrolabs zu verdanken. Daraus aber eine Minderwertigkeit der Leistungen des Ptolemaios abzuleiten und in ihm geradezu einen ‘Plagiator’ oder gar ‘Fälscher’ zu sehen, wie dies mehrfach geschehen ist, geht freilich nicht an.6
1. Grundlagen7 1.1 Zahlzeichen In Ermangelung besonderer Zahlzeichen verwandten die Griechen Buch staben mit Zahlwerten. Ganze Zahlen werden gewöhnlich mit Hochstrich8 als Zahlen gekennzeichnet (a, b, g … für 1, 2, 3 … ), wobei die gebräuchlichen Buchstaben um einige seltene Zeichen (Stigma [˚] für 6, Koppa [q] für 90, Sampi [Q] für 900) ergänzt wurden. – Ein besonderes Zeichen für Null (o D, G > T u.a.12 Für den Ortskatalog der Geographie, wo die Koordinaten auf Zwölftelgrade genau angegeben werden, ergibt sich demnach folgendes Zahlengefüge, das bereits in den Papyri so belegt ist:13 Griechische Zahlen für Gradangaben und Bruchteile von Graden im Ortskatalog Gradangaben
Bruchteile von Graden
a° = 1° b° = 2° g° = 3° d° = 4° e° = 5° ˚° = 6° z° = 7° h° = 8° y° = 9° i° = 10° ia° = 11° usw.
ibʹ = 1⁄12° = 5ʹ ˚ʹ = 1⁄6° = 10ʹ dʹ = 1⁄4° = 15ʹ gʹ = 1⁄3° = 20ʹ Lʹ = 1⁄2° = 30ʹ goʹ = 2⁄3° = 40ʹ zusammengesetzte Brüche (ʹ nur 1 gesetzt) gibʹ = 1⁄3° + 1⁄12° = 25ʹ Libʹ = 1⁄2° + 1⁄12° = 35ʹ Ldʹ = 1⁄2° + 1⁄4° = 45ʹ Lgʹ = 1⁄2° + 1⁄3° = 50ʹ Lgibʹ = 1⁄2° + 1⁄3° + 1⁄12° = 55ʹ
k° = 20° l° = 30° m° = 40° n° = 50° j° = 60° o° = 70° p° = 80° q° = 90° r° = 100° s° = 200° t° = 300° tj° = 360°
In den Handschriften sind die ganzen Zahlen mit Hochstrich (--) gekennzeichnet, die Bruchteile mit Akzentstrich (ʹ); das hier verwendete Gradzeichen (°) ist modern. Das Bruchzeichen, das hier der Einfachheit halber bei den zusammengesetzten Brüchen nur 1 gesetzt wird, entspricht unserem Minutenzeichen.
9
10
11
12
13
220
Vgl. dessen Schrift Psephophoria kat’ Indous; eine Ziffer 0 ist allerdings bereits in der KanonListe im Cod. Marc. Graec. 331 fol. 1r (9. Jh.) mehrfach bezeugt. – Zur Planudes-Rezeption s. unten Kap. 5.1, Abschnitt 2. So im Cod. Vat. Graec. 191 (= X; um 1300) fol. 153r zu Geogr. 4,6,34 (Lage der Insulae For tunatae beim Nullmeridian); die meisten Hss. behelfen sich in solchen Fällen mit der Vokabel isemerinos (Äquator) oder einem a, das als 0 zu verstehen ist. Zum Problem der Verwechslung von Zahlzeichen s. die Variantendiskussion im Textband S. 40 und oben Kap. 1.4, Abschnitt 3.1.1 sowie Kap. 1.5, Abschnitt 3.1. Zum Problem der Verwechslung von Zahlzeichen s. die Variantendiskussion im Textband S. 40 und oben Kap. 1.4, Abschnitt 3.1.1 sowie Kap. 1.5, Abschnitt 3.1. So im Pap. Rylands 522 (Anf. 3. Jh.); vgl. oben Anm. 8.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
Angesichts des recht unübersichtlichen und zu zahlreichen Verwechslungen Anlass gebenden Zahlensystems sind im fortlaufenden Text im 1. und im 7. Buch etwa bei grossen Distanzangaben in den Handschriften die Zahlenwerte gerne in Worten ausgeschrieben. Erst in den lateinischen Ptolemaioshandschriften des 15. Jahrhunderts hat sich dann im Ortskatalog und in den Randleisten der Karten das arabische Ziffernsystem durchgesetzt. 1.2 Das Sexagesimalsystem Da das Rechnen mit einfachen, gegebenenfalls addierten Brüchen (moiriasmos) recht unpraktikabel und für präzisere Berechnungen in der Astronomie untauglich war, verwendet Ptolemaios im Almagest meist das letztlich auf die Babylonier zurückgehende Sexagesimalsystem (hexekontados tropos), das mit einer Art Positionssystem hochdifferenzierte Werte darzustellen vermag.14 Dabei werden Einheiten (Längen-, Winkel- oder Zeit-Einheiten) in Sechzigstel (hexekosta bzw. lepta) erster, zweiter, dritter … bis gegebenenfalls sechster (gelegentlich sogar achter) Unterordnung unterteilt: 1. lepta prota 2. lepta deutera 3. lepta trita 4. lepta tetarta 5. lepta pempta 6. lepta hekta
minutae = 1⁄601 secundae = 1⁄602 (tertiae) = 1⁄603 (quartae) = 1⁄604 (quintae) = 1⁄605 (sextae) = 1⁄606
Nach diesem System gibt Ptolemaios z.B. für die mittlere tägliche Bewegung der Sonne folgenden erstaunlich präzisen Betrag an (Synt. 4,3 p. 278 Heib.): 0° 59ʹ 8ʹʹ 17ʹʹʹ 13IV 12V 31VI 8 2 17 3 13 4 12 5 31 6 15 (= 0° + 59⁄601 + ⁄60 + ⁄60 + ⁄60 + ⁄60 + ⁄60 ) (umgerechnet = 0,9856293°; aktueller Wert = 0,9856473°). 1.3 Gradeinteilung Die Einteilung des Kreises in 360 Grade geht auf die babylonische Unterteilung des Tierkreises in 12 Sektoren zurück, wobei dort die ältesten Zeugnisse
14
15
Vgl. Synt. 1,10 p. 32 Heib.: «Im Allgemeinen werden wir die Zahlwerte nach dem Sexagesimalsystem (katå tÚn t∞w •jhkontãdow trÒpon) angeben, weil die Anwendung der Brüche unpraktisch ist (diå tÚ dÊsxrhston t«n moiriasm«n).» Zu den Bezeichnungen der Unterordnungen vgl. etwa Geminus Introd. 18,8 (1. Jh. v. Chr.), Proclus Hypotyposis 3,28 (5. Jh. n. Chr.). Zugrunde liegt der hipparchische Wert für die Jahreslänge von 3651⁄4 d – 1⁄300 d (vgl. Synt. 3,1 p. 207 Heib.)
221
Kap. 3 Messmethoden
allerdings verhältnismässig spät auftreten.16 Die älteste erhaltene Nennung von 360 moirai in der griechischen Literatur findet sich im Anaphorikos des Hypsikles (um 170 v. Chr.),17 doch war die Einteilung zweifellos schon vor ihm bekannt. Zur Zeit des Eratosthenes (3. Jh. v. Chr.) ist sie aber offenbar noch nicht gebräuchlich gewesen,18 dem Hipparch (um 150 v. Chr.) dagegen ist sie nach dem Zeugnis Strabons bereits geläufig.19 Ptolemaios verwendet im Almagest und in der Geographie regelmässig die 360°-Einteilung des Kreises, die er aber nicht als selbstverständlich voraussetzen kann und darum erklärt: «Um nicht bei jeder ähnlichen Beweisführung immer dasselbe wiederholen zu müssen, sei an dieser Stelle ein für allemal folgendes bemerkt: Wenn wir die Grössenbeträge von Bogen oder Sehnen in Graden (moirai) oder Teilen (tmemata) angeben, so meinen wir bei den Bogen solche Grade, wie der Kreis 360 enthält, und bei den Sehnen solche Teile, wie der Durchmesser des Kreises 120 hat.» (Synt. 1,14 p. 77 Heib.). Ähnlich präzisiert er in der Geographie des öftern «solche Teile, wie der Gross kreis 360 enthält».20 1.4 Längenmass-Einheiten (Stadionlänge und Erdumfang) Das im ganzen Werk der Geographie dominierende Längenmass ist das griechische Stadion. Nur zweimal wird in Zitaten aus Marinos die römische Meile genannt;21 für Distanzen ganz im Osten entlang der Seidenstrasse liegen – wieder von Marinos vermittelt – zwei Entfernungsangaben im persisch-ägyptischen Mass von Schoinen vor, die Ptolemaios mit dem Faktor 1 Schoinos = 30 Stadien umrechnet.22
16
17 18
19
22 20 21
222
Die Hauptmasse an astronomischen Keilschrifttäfelchen, die eine Einteilung in 360 Grade (Uš) voraussetzen, stammt aus seleukidischer Zeit (vgl. dazu O. Neugebauer, Astronomical Cunei form Texts, Bd. 1 [London 1955; Nachdruck New York 1983] 39f.; W. von Soden, Leistung und Grenze sumerischer und babylonischer Wissenschaft, in: Die Welt als Geschichte 2 [1936; Nachdruck Darmstadt 1965] bes. 534f.); die älteren Einheiten bestanden aus 1 Kuš (= Elle = 2,5°) = 24 Finger (spätbabyl., bzw. 30 Finger altbabyl.); 12 Kuš = 1 Ninda = 1 Tierkreiszeichen zu 30°; vgl. dazu G. Graßhoff, Normal Star Observations in Late Astronomical Babylonian Diaries, in: Ancient Astronomy and Celestial Divination, ed. N.M. Swerdlow (Cambridge 1999). Hypsikles Anaphorikos 55 (ed. De Falco S. 36). Die zur Berechnung des Erdumfangs entscheidende Winkeldifferenz zwischen Alexandria und Syene (dazu unten) gibt Eratosthenes jedenfalls nicht in Graden an. Allerdings setzt die Aufrundung des errechneten Wertes von 250 000 Stadien auf 252 000 Stadien (= 700 St. 360) eine solche Einteilung voraus, doch ist nicht sicher, ob diese Aufrundung bereits dem Eratosthenes zuzuschreiben ist; in der ausführlichsten Beschreibung der eratosthenischen Berechnungen bei Kleomedes De motu circulari 1,10,55 ist sie jedenfalls nicht genannt. Strabo 2,5,34 über Hipparch: «Wenn man den Grosskreis in 360 Teile (tmemata) einteilt, wird jeder Teil 700 Stadien umfassen.» Hipparch gibt auch Polhöhen (exarmata tou polou) in Graden an, etwa der Städte Rhodos 36° und Athen 37° (Hipp. Comm. in Arati phaen. 1,11,7f.) oder des Hellespontes 41° (l.c. 1,3,7). Geogr. 1,7,1; 1,11,2; 1,19,2; 7,5,12 u.a.St. Geogr. 1,15,6 und 1,15,9. Geogr. 1,11,4 und 1,12,3.8 (Strecke vom Euphratübergang zum Steinernen Turm).
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
Für alle weiteren Berechnungen entscheidend ist nun die Frage, welches Stadionmass dem Werk zugrunde liegt. Dabei hat man es mit der Schwierigkeit zu tun, dass im griechischen Einflussbereich – entsprechend der kleinteiligen Gliederung der griechischen Staatenwelt – zahlreiche verschiedene Stadionlängen gebräuchlich waren,23 während im zentralistisch organisierten Römerreich für das umfassende Strassennetz die sog. römische Meile (= mille passus = 1481,5 m) mehr oder weniger fest definiert war. Man wird somit korrekterweise nicht fragen können, welches Stadionmass Ptolemaios ‘verwendet’ habe, sondern welches Stadionmass seinen Quellen zugrunde liegt; dabei ist damit zu rechnen, dass nicht alle seine Quellen vom gleichen Stadionmass ausgehen. In der frühen Kaiserzeit beträgt nach dem Zeugnis Strabons und anderer in diesem Punkt jedenfalls ernstzunehmender Gewährsleute die Länge des allgemein gebräuchlichen Stadions 1⁄8 Meile = 185 m.24 In der ausführlichen Übersicht über Masseinheiten des Heron von Alexandria (1./2. Jh. n. Chr.) werden 71⁄2 Stadien pro Meile gerechnet, was eine Stadionlänge von 197,5 m ergibt.25 So oder so ist bei Ptolemaios jedenfalls mit einer deutlich grösseren Stadionlänge zu rechnen als bei Eratosthenes, wobei man wohl in der Regel vom 1⁄8-Meilen-Stadion ausgehen darf.26 Eratosthenes hatte seinerzeit einen Erdumfang von 250 000 bzw. 252 000 allerdings kürzeren Stadien errechnet und damit 700 Stadien pro 1° angenommen.27 Für die Umrechnung wird man am ehesten vom damals in Alexandria gebräuchlichen ägyptischen Stadion von 157,5 m ausgehen dürfen und erhält so eine Gradlänge von 110,25 km bzw. einen Erdumfang von etwa 39 690 km, einen Wert, der jedenfalls bis ins 17. Jh. nicht verbessert wurde. 28 Am Wert von 700 Stadien pro 1° haben später auch Hipparch und Strabon festgehalten.29
23
24
25
26
27
28
29
Vgl. dazu die Übersicht über die Stadionlängen von Lehmann-Haupt, Stadion, in: RE 2.R. 3 (1929)1961ff. Strabo 7,7,4: «Ich veranschlage, wie die meisten (…w ofl pollo¤), die Meile zu 8 Stadien.»; ähnlich Plin. Nat.hist. 2,247. Ein Stadion von 2⁄15-Meilen bezeichnet auch der namenlose Verfasser der Sylloge Tacticorum (etwa 10. Jh., beruht aber auf älteren Quellen) als «das heute vorherrschende (tÚ nËn §pikratoËn)»; vgl. ed. A. Dain (Paris 1938) 26. Das 1⁄8-Meilen-Stadion von 185 m passt jedenfalls recht gut zum 1993 aufgefundenen Stadiasmos von Patara (kurz vor 50 n. Chr.), in welchem bezeichnenderweise die – wohl aus Meilen umgerechneten – Stadienangaben mehrheitlich durch 8 teilbar sind. Vgl. dazu S. Hahin / M. Adak, Stadiasmus Patarensis, in: J. Nollé / S. Hahin (Hrsg.) Monographien zur Gephyra, Bd. 1 (Istanbul 2007). Die ganze Berechnungsmethode ist ausführlich beschrieben bei Kleomedes De motu circulari 1,10,53ff. (Wert von 250 000 Stadien); vgl. auch Strabo 2,5,34 (Wert von 252 000 Stadien); zum Problem der Aufrundung auf 252 000 Stadien s. oben Anm. 18. Vgl. dazu P.M. Fraser, Ptolemaic Alexandria (Oxford 1972) 1,414 und 2,599. Wählt man – als oberste Grenze – das 1⁄9-Meilen-Stadion von 165,4 m, das der Basisstrecke von Alexandria – Syene = 5000 Stadien am nächsten kommt, erhält man einen Erdumfang von 41 680 km. So oder so wurde der Wert erst von Jean Picard verbessert, der 1671 einen Erdumfang von 20 541 600 Toisen (= ca. 40 035 km) errechnet hat. Strabo 2,5,34.
223
Kap. 3 Messmethoden
Für die ganze spätere Geschichte noch bis zu Kolumbus folgenschwer30 war der Entscheid des Ptolemaios, einen deutlich kleineren Wert für den Längengrad bzw. für den Erdumfang anzusetzen. Er rechnet – in diesem Punkt ausdrücklich Marinos zustimmend – durchwegs mit einem Äquator-Längengrad von 500 Stadien, was 92,5 km (gerechnet mit dem 1⁄8-Meilen-Stadion), bzw. 98,75 km (gerechnet mit dem 2⁄15-Meilen-Stadion) entspricht.31 Das ergibt einen Erdumfang von 180 000 Stadien, welche – umgerechnet mit dem kleineren genannten Stadion – einen Umfang von 33 300 km ergeben, bzw. – umgerechnet mit dem grösseren – einen solchen von 35 550 km. So oder so ist der Wert jedenfalls erheblich zu gering (83,23% bzw. 88,86% des aktuellen Meridianumfangs von 40 008 km). Wenn man den ptolemäischen Erdumfang, der von einem wesentlich grösseren Stadion ausgeht, mit dem eratosthenischen in Beziehung setzen will, ergibt sich nicht, wie dies ab und zu bei ‘Entzerrungsversuchen’ vorausgesetzt wird, eine Relation von 500 : 700 bzw. von 5 : 7, sondern ein Verhältnis von 500 185 : 700 157,5 = 5 : 5,959 (oder gegebenenfalls von 500 197,5 : 700 157,5 = 5 : 5,582). Warum Ptolemaios dieser gravierenden Fehleinschätzung des Marinos folgt und ausdrücklich dazu noch bemerkt «dass 1 solcher Grad, von dem der Grosskreis 360 hat, auf der Erdoberfläche 500 Stadien einnimmt, was mit den anerkannten Messwerten übereinstimmt» (Geogr. 1,11,2), ist schwer zu erklären. Fest steht allerdings, dass schon geraume Zeit vor Marinos und Ptolemaios der stoische Philosoph und Naturwissenschaftler Poseidonios (1. Jh. v. Chr.) eine Erdumfangsberechnung angestellt hat, von welcher neben einem Wert von 240 000 Stadien auch ein solcher von 180 000 Stadien im Umlauf war.32 Dass sich Marinos und nach ihm Ptolemaios vom letzteren Wert haben leiten lassen, ist denkbar. Dazu kommt wohl bei Ptolemaios die oben angedeutete schwächere Gewichtung terrestrischer Messungen gegenüber astronomischen Bestimmungen. Die Fehleinschätzung hat zwangsläufig zu erheblichen Verzerrungen im ganzen Bild, das er von der Oikumene zeichnet, geführt.33
30
31
32
33
224
Kolumbus hat bekanntlich bei seinen Entdeckungsfahrten mit dem zu geringen ptolemäischen Erdumfang von 180 000 Stadien gerechnet, den er in der Historia rerum ubique gestarum des Silvius Piccolomini vorfand und mit einer eigenhändigen Randnotiz versieht: totum anbi tum noti orbis, scilicet 180 milibus (der ganze Umfang der bekannten Welt beträgt 180 000 Stadien); vgl. dazu A. Stückelberger, Kolumbus und die antiken Wissenschaften, in: Archiv für Kulturgeschichte 69 (1987) 335f. Geogr. 1,11,2; vgl. ferner Geogr. 7,5,12. In Geogr. 1,13,5ff. werden verschiedene MarinosDistanzen mit dem Faktor 1°= 500 Stadien in Grade umgerechnet. Nach Kleomedes De motu circulari 1,10,50–52 (= Poseidonios Fr. 202 Edelstein) hat Poseidonios die Höhe des Canopus (a Carinae) über dem Horizont in Rhodos und Alexandria gemessen (Differenz von 1⁄48 von 360°) und ist von der weit weniger genau bestimmbaren Basisstrecke zur See von Rhodos nach Alexandria ausgegangen und kommt, unter der Annahme von 5000 Stadien für diese Basisstrecke, zu einem Erdumfang von 240 000 Stadien. Anscheinend hat er dann auch ganz hypothetisch mit einem geringeren Wert der Basisstrecke gerechnet und ist dann, wie Strabo 2,2,2 berichtet, auf 180 000 Stadien gekommen. Zum ganzen Problem s. L. Edelstein / I.G. Kidd, Posidonius II, The Commentary (Cambridge 1988) 720–725. Dazu unten im Kap. 4.1 Geographisches Weltbild.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
1.5 Sehnentafel Für verschiedene in der Geographie zur Anwendung gekommenen Umrechnungen ist die Sehnentafel im Almagest (Synt. 1,10f.) von Bedeutung,34 so für die Bestimmung der geographischen Breite sowie für die Berechnung des Verkürzungsfaktors der Längengrade.35 In Synt. 1,10 führt Ptolemaios ausführlich die Berechnungsmethoden vor und verzeichnet anschliessend in Synt. 1,11 die Werte in einer Tabelle, in welcher in Halbgradschritten zu jedem Winkel die entsprechende Sehnenlänge (auf der Basis von einem Kreisradius von 60 partes) angegeben wird. Die Werte sind im Sexagesimalsystem mit zwei Unterordnungen (‘Minuten’ und ‘Sekunden’) verzeichnet, wobei für die Zwischenwerte der Grade die Interpolationswerte in Sechzigstel dazugesetzt sind: Aufbau der Sehnentafel Bogen in Graden des Zentriwinkels
Sehnenlänge (r = 60 partes)
Interpolationswerte für 1⁄60-Grade
⁄2° 1° 11⁄2° usw. bis 180°
0p 31ʹ 25ʹʹ 1p 2ʹ 50ʹʹ 1p 34ʹ 15ʹʹ
1ʹ 2ʹʹ 50ʹʹʹ 1ʹ 2ʹʹ 50ʹʹʹ 1ʹ 2ʹʹ 50ʹʹʹ
120p 00ʹ 00ʹʹ
0ʹ 0ʹʹ 00ʹʹʹ
1
Die Werte stellen eine Sinusfunktion dar, deren Kenntnis (und damit auch der Cosinusfunktion) somit für Ptolemaios im Prinzip vorauszusetzen ist, wenngleich er noch keinen Begriff dafür kennt und natürlich die uns gewohnte graphische Darstellung einer Sinuskurve noch nicht verwendet.36 Beispiele von Sehnenlängen in Korrelation zu Sinuswerten Zentriwinkel a
Sehnenlänge S nach Sehnentafel Sexagesimal = dezimal
S = sin 1⁄2 a (= f) 120
30° 60° 90° 120° 150° 180°
31p 3ʹ 30ʹʹ 60p 00ʹ 00ʹʹ 84p 51ʹ 10ʹʹ 103p 55ʹ 23ʹʹ 115p 54ʹ 40ʹʹ 120p 00ʹ 00ʹʹ
0,2588 0,5000 0,7071 0,8660 0,9659 1,0000
36 34 35
= 31,0499 = 60,0000 = 84,8499 = 103,9229 = 115,9110 = 120,0000
= sin 15° = sin 30° = sin 45° = sin 60° = sin 75° = sin 90°
Vgl. dazu auch O. Neugebauer, HAMA (oben Anm. 7), Bd. 2,736–746. Dazu unten Abschnitt 3. Die Tangensfunktion ist dagegen offenbar noch nicht verwendet worden.
225
Kap. 3 Messmethoden
Abb. 1: Veranschaulichung der Sehnentafel des Ptolemaios (Synt. 1,11): Die Werte der zu jedem Zentriwinkel a gegebenen Sehnenlängen entsprechen den Sinuswerten des dazugehörenden Peripheriewinkels 1⁄2 a (= f).
1.6 Deklinationstafel Im 8. Buch der Geographie gibt Ptolemaios bei der Aufzählung der zu jeder Karte gehörenden poleis episemoi / ‘bedeutenden Städte’ bei Orten, die auf oder zwischen den Wendekreisen liegen, zusätzlich die Zenitstände der Sonne an, d.h. die Entfernung (in Graden) vom Sommer- bzw. Winterwendepunkt, bei welcher die Sonne am betreffenden Ort im Zenit steht.37 Die für den Geographen an sich unerheblichen, für den Astronomen jedoch nicht uninteressanten Daten sind aus der Deklinationstabelle im Almagest (Synt. 1,14f.) abgeleitet. Dort verzeichnet Ptolemaios, vom Äquinoktialpunkt bis zum Solstitiumpunkt Grad für Grad dem Lauf der Sonne folgend (0° bis 90°), den Meridianbogen, der zwischen dem Äquator und der Sonne liegt (0° bis 23° 51ʹ 20ʹʹ = Ekliptikwert).
37
226
Vgl. Geogr. 8,2,1; 8,15/16 (Afrika, 3./4. Karte); 8,22 (Asien, 6. Karte); 8,25–28 (Asien, 9.–12. Karte). In Geogr. 8,29,31a werden in einer (später erstellten) Tabelle die Sonnenstände nach dem Jahreslauf aufgelistet.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
Abb. 2: Skizze zur Deklinationstafel der Ekliptik (Synt. 1,14f.) und zur Zenitstellung der Sonne im 8. Buch der Geographie. Beispiel: Syene (Geogr. 8,15,15) und Aromata (Geogr. 8,16,14).
1.7 Himmelsrichtungen und ‘Windrose’ Um die Himmelsrichtungen zu bezeichnen, verwendet Ptolemaios neben den allgemein gebräuchlichen vier Haupthimmelsrichtungen (arktos/Norden, ana tole/Osten, notos/Süden, dysis/Westen) gelegentlich auch differenziertere Richtungsbezeichnungen nach dem Sommer- bzw. Wintersonnenauf- oder -untergang: pros therinen bzw. cheimerinen anatolen bezeichnet ONO bzw. OSO, pros therinen bzw. cheimerinen dysin WNW bzw. WSW.38
38
Vgl. etwa Geogr. 1,13,5–9; 1,15,3.
227
Kap. 3 Messmethoden
Eine beliebte Unterteilung des Horizontkreises boten die Windrichtungen. Eratosthenes hatte nach dem Zeugnis Galens39 eine achtstrahlige Windrose40 verwendet, die im Turm der Winde in Athen in eindrücklicher Weise architektonisch umgesetzt wurde.41 Timosthenes von Rhodos (3. Jh. v. Chr.) dagegen entwarf eine zwölfstrahlige Windrose,42 die sich, abgesehen von wenigen Namensänderungen, eng an das von Aristoteles Meteor. 2,6,363a 21ff vorgelegte Schema anlehnt. Diese zwölfstrahlige Windrose setzt Ptolemaios in seiner Geographie voraus. Einzelne Winde werden im fortlaufenden Text genannt, so der Aparktias/Nordwind (1,4,2; 1,9,1f.; 1,15,10), der Apeliotes/Ostwind (1,13,4), Boreas/Nordnordostwind (1,13,1; 1,13,3), der Euros/Ostsüdostwind (1,13,5; 1,13,8), der Iapyx/Westnordwestwind (7,7,4), der Libonotos/Südsüdwestwind (1,15,5; 4,6,23); der Lips/Westsüdwestwind (1,8,7; 3,8,2); der Notos/Südwind (1,4,2; 1,8,7; 1,9,1f.; 1,14,1; 1,14,6), der Thraskias/ Nordnordwestwind (7,7,4). Alle zwölf Winde, inklusive die drei im fortlaufenden Text mehr zufällig nicht erwähnten (Kaikias, Euronotos, Zephyros), waren nach der ausdrücklichen Anweisung des Ptolemaios (7,6,15) bei der dritten Projektion der Weltkarte rund um die Oikumene herum angebracht.43 Von dort wurden sie dann – nicht dem ursprünglichen Konzept entsprechend – auf die anderen Weltkarten übertragen und sind so, auch nach dem Verlust der 3. Weltkartenprojektion, in den Handschriften – meist mit liebevoll phantasievollen Köpfen ausgestattet – erhalten geblieben.
Abb. 3: Windrose mit Zwölfereinteilung nach Timosthenes.
41 42 43 39 40
228
Galen In Hippocratis De rumoribus comm. (ed. Kühn 16,403). Der Ausdruck ‘Windrose’ ist nicht antik. Von Andronikos von Kyrrhos wohl gegen Ende des 2. Jh. v. Chr. erbaut. Vgl. Agathemeros 2,7 (GGM 2,473). Vgl. Textausgabe S. 765, ferner Kap. 1.4, Abschnitt 2.2.1.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
2. Astronomische Bestimmung der Daten44 Es gehört zu den besonderen Leistungen des Ptolemaios, dass er sich Rechenschaft gibt über die begrenzte Zuverlässigkeit terrestrischer Streckenmessungen und sich darum bemüht – in der Tradition des Eratosthenes und des Hipparch, aber anders als seine unmittelbaren Vorgänger Strabon und Marinos45 – für die Konzeption seines geographischen Weltbildes astronomisch gesicherte Daten heranzuziehen, welche gleichsam als ‘Grundpfeiler’ (themelioi: Geogr. 1,4,2) für die Kartenzeichnung dienen sollten: «Von besonderer Bedeutung für ein solches Vorgehen ist die Auswertung der Reiseberichterstattung, welche die reichhaltigste Erkenntnis liefert aus der Datenvermittlung von Leuten, die mit wissenschaftlichem Interesse einzelne Länder bereist haben. Ferner hat unsere Untersuchung und Datenvermittlung eine geometrische/erdvermessende und eine astronomische Komponente; eine geometrische, insofern sie durch blosse Vermessung der Distanzen die gegenseitige Lage der Orte aufzeigt, eine astronomische dagegen, insofern sie mittels Astrolabien und Schattenmessern (apo ton astrola bon kai skiotheron organon) Beobachtungen am Himmel macht. Dabei ist die astronomische Methode unabhängig und somit sicherer, die geometrische dagegen gröber und auf jene angewiesen.» (Geogr. 1,2,2). In Geogr. 1,4 gibt er klar den astronomisch bestimmten Daten den Vorzug, deutet aber auch die Schwierigkeit an, die sich aus der mangelnden Kompatibilität mit den terrestrisch gewonnenen Daten ergibt.46 2.1 Breitenbestimmung mit dem Gnomon Die geographische Breite konnte relativ einfach mit dem Gnomon (skiotheron)47 bestimmt werden: Bei Tag- und Nachtgleiche bilden beim Meridiandurchgang die einfallenden Sonnenstrahlen mit dem Gnomon den Breitenwinkel f. Einfacher als der Winkel an der Gnomon-Spitze war am Boden die Schattenlänge des Gnomons zu messen,48 wobei das Verhältnis von Schattenlänge zur Gnomon-Höhe dem Tangens des Breitewinkels f entspricht (vgl. Abb. 4). Allerdings hat man bei den Gnomon-Messungen einen systembedingten Fehler, über den man sich in der Antike kaum Rechenschaft gab, zu berücksichtigen, wird doch der Gnomon44
45
46
47
48
Zum ganzen Thema s. A. Stückelberger, Die geographische Ortsbestimmung und das Pro blem der synchronen Zeitmessung, in: Etudes de Lettres, Revue de la Faculté des Lettres de l’Université de Lausanne (1986) 87–102. Strabon geht recht verständnislos mit den ihm vorliegenden astronomischen Daten um, und auch Marinos wird in Geogr. 1,7,6ff. von Ptolemaios wegen seiner mangelhaften astronomischen Beobachtungen kritisiert; vgl. Geogr. 1,9,8 die Klage über das Fehlen von astronomischen Angaben im Süden. Dazu unten Abschnitt 4.2. Zur Bezeichnung des Gnomon als skiotheron organon (Schattenmesser) vgl. Geogr. 1,2,2 und 1,3,1. Man kannte allerdings auch die Skaphe, eine hohle Halbkugel mit Gnomon, in welcher die Gradwerte des Gnomon-Schattens direkt abgelesen werden konnten; freilich sind solche Instrumente relativ klein und lassen keine anspruchsvolleren Messungen zu.
229
Kap. 3 Messmethoden
Schatten nicht durch den Mittelpunkt der Sonne, sondern durch ihren oberen Rand bestimmt, weshalb gewöhnlich die gemessene geographische Breite um den halben Sonnendurchmesser = ca. 16ʹ zu gering ist.49 S om m
o uin
Äquinoktium 0°
j Äquator-
rso
lsti
tiu
m
titium
j
um kti
Wi
nte
beim
ersols
Äq
90° N
e
e
Gnomon
Sonnenstrahlen
Ebene
S
j: geographische Breite e: Ekliptik j
e
90°– j
N
Schattenlänge
Abb. 4: Bestimmung der geographischen Breite f mit der Messung des Gnomon-Schattens beim Meridiandurchgang der Sonne am Äquinoktium.
Solche Gnomon-Messungen sind schon längst vor Ptolemaios bekannt. Die wohl älteste, noch recht grobe Breitenbestimmung mit dem Gnomon dürfte Pytheas von Marseille (Ende 4. Jh. v. Chr.) vorgenommen haben, der nach dem Zeugnis Strabons Byzanz und Marseille (fälschlicherweise) auf dem gleichen Breitenkreis ansetzt.50 In der Folgezeit sind die vor allem für die astronomischen Beobachtungen relevanten Polhöhen bzw. Breitenwerte für zahlreiche Orte in Listen gesammelt worden. Auf Hipparch gehen die Angaben der Gnomon-Schattenlängen in der Aufzählung der Parallelkreise bei Strabon (2,5,34–43) zurück.51 Auf derselben Quelle basieren wohl auch die Schattenlängen-Angaben in der Übersicht der Parallelkreise des Plinius (Nat.hist. 6,212–218). Aus einem Verzeichnis von solchen Gnomon-Schattenlängen greift auch Vitruv (De arch. 9,7,1; um 25 v. Chr.) fünf Beispiele heraus, die in der folgenden Übersicht auf ihre Genauigkeit geprüft und mit den Angaben des Ptolemaios verglichen werden:
49
50
51
230
Vgl. dazu H. v. Mžik, Des Klaudios Ptolemaios Einführung in die darstellende Erdkunde, 1. Teil, in: Klotho 5 (Wien 1938) 22, Anm. 1. Strabo 1,4,4; 2,5,8 (an beiden Stellen sind keine Zahlenwerte überliefert); nach Strabon hat Hipparch ausdrücklich dieser sehr ungenauen Gleichsetzung (Byzanz liegt ca. 2° 20ʹ südlicher als Marseille) zugestimmt und so mit der falschen Ansetzung von Byzanz das Kartenbild bis zu Ptolemaios negativ beeinflusst, der beide Städte auf 43° 05ʹ ansetzt (aktuelle Breite von Byzanz 41°); vgl. dazu unten Kap. 3.2, Abschnitt 2. Genannt sind bei Strabo 2,5,38 die Werte für Alxandria (3 : 5) und Karthago (7 : 11); l.c. 2,5,41 für Byzanz (Solstitium-Schatten 41,8 : 120).
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
Vergleich von Gnomon-Messungen bei Vitruv und Gradangaben bei Ptolemaios Orte
Verhältnis von Schattenlänge zu Gnomon-Höhe nach Vitruv (= tan f)
= geogr. Breite nach Vitruv (umgerechnet)
geogr. Breite nach Ptolemaios
aktuelle Werte
Rom Athen Rhodos Tarent Alexandria
8 : 9 = 0,888 3 : 4 = 0,75 5 : 7 = 0,714 9 : 11 = 0,818 3 : 5 = 0,6
= 41° 40ʹ = 36° 52ʹ = 35° 35ʹ = 39° 20ʹ = 31° 0ʹ
41° 40ʹ 37° 15ʹ 36° 0ʹ 40° 0ʹ 31° 0ʹ
41° 55ʹ 37° 55ʹ 36° 20ʹ 40° 25ʹ 31° 12ʹ
Wenn man die Angaben vergleicht und dabei berücksichtigt, dass wegen des oben genannten systematischen Fehlers in der Regel zum antiken Wert 1⁄4° dazuzurechnen ist, stellt man eine erstaunlich hohe Präzision der vorliegenden Messungen fest, die freilich nicht bei allen Orten so erreicht wurde.52 Die Listen von Gnomon-Schattenlängen verzeichneten in der Regel das Schattenverhältnis in einem – meist etwas gerundeten – gemeinen Bruch. Eine besondere mathematische Aufgabe, die offenbar bereits Hipparch gelöst53 und dann Ptolemaios in grossem Stil angewendet hat, bestand darin, die überlieferten gemeinen Brüche in Gradangaben umzurechnen. Die Aufgabe liess sich – unabhängig von allen Stadionmassen – unter Heranziehung der auf einer Sinusfunktion basierenden Sehnentafel lösen, aus der sich die Gradwerte ermitteln liessen (die Tangensfunktion, welche die Aufgabe leichter lösen liesse, war, wie gesagt, noch nicht bekannt): Schattenlänge und Gnomon-Höhe lassen sich als Sehnen im Umkreis auffassen, der das von Gnomon und Schatten gebildete Dreieck umschliesst.
Abb. 5: Umrechnung von GnomonSchattenlängen in Grade: Die Schattenlänge zu f entspricht der Sehne von 2f in dem das Dreieck ABC umschreibenden Umkreis. (vgl. oben Abb. 1). Beispiel von Alexandria: 3 : 5 : 5,831 E = 61,739 : 102,898 : 120,0 partes; in der Sehnentafel findet man unter der Sehnenlänge 61° 48ʹ 17ʹʹ (= ca. 61,805) den Winkel 2f = 62°; somit f = 31°.
52 53
Dazu unten Abschnitt 4.2. Für Hipparch sind jedenfalls mehrere Breitenwertangaben in Graden aus seiner Klimatafel belegt: s. o. Anm. 19 und gleich unten.
231
Kap. 3 Messmethoden
Neben der Gnomon-Messung ist zur Breitenbestimmung auch die gleichwertige Messung der Polhöhe (exarma tou polou) gelegentlich zur Anwendung gekommen. So sind für Hipparch, der nach Geogr. 1,4,2 diese Methode anwandte, vereinzelte Polhöhenmessungen in Gradangaben bezeugt, nämlich für Rhodos, Athen und den Hellespont.54 Die eher für den Astronomen bedeutsame Methode kam aber in der Geographie nie in grösserem Umfang zur Anwendung. 2.2 Breitenbestimmung durch die Dauer des längsten Tages und Klimatabellen55 Die geographische Breite eines Ortes konnte ferner aus der Dauer des längsten Tages, die bekanntlich vom Äquator zum Polarkreis von 12h bis 24h zunimmt, ebenfalls sehr präzise abgeleitet werden. Die recht komplizierte Umrechnungsmethode der Tageslängen in Grade, die Ptolemaios Synt. 2,3 in einem eigenen Kapitel vorlegt, erforderte allerdings anspruchsvolle mathematische Kenntnisse (in moderner Form: -cos 1⁄2 Tagbogen = tan f × tan e). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass man diese Tageslängen, die in runden Intervallen von 1⁄4h, 1 ⁄2h oder 1h verzeichnet wurden, primär mit Hilfe der sphärischen Trigonometrie berechnete und – anders als bei den an Ort und Stelle vollzogenen Gnomon-Messungen – erst sekundär diesen Parallelkreisen bestimmte Referenzorte zuordnete.
Abb. 6: Skizze zur Bestimmung der geographischen Breite durch die Dauer des längsten Tages.
54
55
232
Vgl. dazu oben Anm. 19. Die Technik setzt bereits einen sicheren Umgang mit der Winkelmessung voraus und hat zudem mit der Schwierigkeit zu rechnen, dass sich – wie schon Hipparch festgestellt hat (Comm. in Arati phaen. 1,4,1 p. 30 Man.) – genau am Nordpol kein Stern befindet. Vgl. dazu auch F. Hopfner, Bestimmung der Polhöhe aus der Dauer des längsten Tages (Exkurs D), in: Mžik a.O. (oben Anm. 49) 90f.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
Eine erste systematische Zusammenstellung von solchen Tageslängen hat Hip parch in seiner Klima-Tabelle vorgelegt. Nach dem Zeugnis Strabons hat Hip parch vom Äquator bis zum Pol die klimata, d.h. die ‘Neigungen’/inclinationes56 der Erdachse bzw. die exarmata tou polou/Polhöhen für die einzelnen Breiten berechnet und in einer ausführlichen Tabelle zusammengestellt, von welcher Strabon leider nur einen Auszug überliefert (2,5,34–43).57 In dieser Tabelle hat Hipparch offenbar die Stundenwerte des längsten Tages auch in Gradangaben umgerechnet, von welchen einige wenige Werte erhalten sind.58 Die Tradition des Hipparch hat Ptolemaios mit seinen Parallelkreis-Tabellen fortgesetzt,59 in welchen er die geographischen Breiten in Abhängigkeit vom läng sten Tag anführt. Ein ausführliches Verzeichnis solcher Breitenangaben mit der Auflistung von 39 Parallelkreisen, die vor allem für die astronomischen Beobachtungen bedeutsam waren, legt Ptolemaios im Almagest (Synt. 2,6) vor, dort noch mit Angabe der (hier zweifellos errechneten, nicht gemessenen)60 Gnomon-Schatten; ein etwas kürzeres Verzeichnis von 21 (+ 2 südlichen) Parallelkreisen findet sich in der Geographie 1,23: 61 Verzeichnis der Parallelkreise im Almagest 2,6 und in der Geographie 1,23: Parallelkreis-Übersicht im Almagest 2,661 Nr. Längster Tag in h
geogr. Breite in Graden
Schatten- Referenzlänge z. ort Gnomon = 60 p
1 2 3 4 5 6 7 8
12h 12h 15ʹ 12h 30ʹ 12h 45ʹ 13h 13h 15ʹ 13h 30ʹ 13h 45ʹ
0° 4° 15ʹ 8° 25ʹ 12° 30ʹ 16° 27ʹ 20° 14ʹ 23° 51,3ʹ 27° 12ʹ
0p 4p 25ʹ 8p 50ʹ 13p 20ʹ 17p 45ʹ 22p 10ʹ 26p 30ʹ 30p** 50ʹ
9
14h
30° 22ʹ
35p 5ʹ
56 57
58
59
60
61
Äquator Taprobane Aualit. Kolpos Adulit. Kolpos Meroë Napata Syene Ptolemaïs Hermeiou Unterägypten
Parallelkreis-Übersicht in der Geographie 1,23 Nr. Längster Tag in h
geogr. Breite in Graden
Referenzort
Äquator
1 2 3 4 5 6 7
(12h) 12h 15ʹ 12h 30ʹ 12h 45ʹ 13h 13h 15ʹ 13h 30ʹ 13h 45ʹ
(0°) 4° 15ʹ 8° 25ʹ 12° 30ʹ 16° 25ʹ 20° 15ʹ 23° 50ʹ 27° 10ʹ
8
14h
30° 20ʹ
Meroë Syene [Alexandria]*
So übersetzt Vitruv De arch. 1,1,10 richtig den Begriff klima. Vgl. dazu bes. D. Shcheglov, Hipparchus’ Table of Climata and Ptolemy’s Geography, in: Orbis Terrarum 9 (im Druck). Vgl. oben Anm. 19. In welchem Umfang Hipparch die Stundenwerte in Gradangaben umgerechnet hat, ist unsicher: Ptolemaios spricht in Geogr. 1,4,2 von «nur wenigen Orten, bei denen Hipparch die Polhöhen überliefert hat». Die meisten hipparchischen Gradangaben hat Strabon dann in Stadienmasse umgesetzt. Nach Geogr. 1,15,5 hat auch bereits Marinos eine solche Klimatafel angelegt. Die mit realen Messungen damals kaum erreichbaren detaillierten Angaben von Bruchteilen von Graden und Schattenlängen in Synt. 2,6 sind offensichtlich errechnet. In der Geographie begnügt sich Ptolemaios mit einem Genaugkeitsanspruch von 5ʹ. Neben den hier verzeichneten Äquinoktialschatten gibt Ptolemaios in dieser Tabelle auch die Schattenlängen für den kürzesten und den längsten Tag an.
233
Kap. 3 Messmethoden
Parallelkreis-Übersicht im Almagest 2,661
Parallelkreis-Übersicht in der Geographie 1,23
Nr. Längster Tag in h
geogr. Breite in Graden
Schatten- Referenzlänge z. ort Gnomon = 60 p
Nr. Längster Tag in h
geogr. Breite in Graden
10 11 12 13
14h 15ʹ 14h 30ʹ 14h 45ʹ 15h
33° 18ʹ 36° 38° 35ʹ 40° 56ʹ
39p 30ʹ 43p 36ʹ 47p 50ʹ 52p 10ʹ
Phönizien, Mitte Rhodos Smyrna Hellespont
9 10 11 12
14h 15ʹ 14h 30ʹ 14h 45ʹ 15h
33° 20ʹ 36° 38° 35ʹ 40° 55ʹ
14 15
15h 15ʹ 15h 30ʹ
43° 4ʹ 45° 1ʹ
55p 55ʹ 60p
Massalia Pontos, Mitte
13 14
15h 15ʹ 15h 30ʹ
43° 5ʹ 45°
16 17
15h 45ʹ 16h
46° 51ʹ 48° 32ʹ
63p 55ʹ 67p 50ʹ
15
16h
48° 30ʹ
18
16h 15ʹ
50° 4ʹ
71p 40ʹ
19 20 21 22 23
16h 30ʹ 16h 45ʹ 17h 17h 15ʹ 17h 30ʹ
51° 30ʹ 52° 50ʹ 54° 1ʹ 55° 56°
75p 25ʹ 79p 5ʹ 82p 35ʹ 85p 40ʹ 88p 50ʹ
16
16h 30ʹ
51° 30ʹ
17
17h
54°
18
17h 30ʹ
56°
24
17h 45ʹ
57°
92p 25ʹ
25 26
18h 18h 30ʹ
58° 59° 30ʹ
96p –
19
18h
58°
27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38
19h 19h 30ʹ 20h 21h 22h 23h 24h 1 Monat 2 Monate 3 Monate 4 Monate 5 Monate
61° 62° 63° 64° 30ʹ 65° 30ʹ 66° 66° 8,6ʹ 67° 69° 30ʹ 73° 20ʹ 78° 20ʹ 84°
– – – – – – – – – – – –
Donauquellen BorysthenesMündung Maiotis-See, Mitte S-Britannia Rhein-Mündung Tanaïs-Mündung Briganten (GB) Grossbritannia, Mitte Katuraktonion (GB) S-Kleinbritannia Kleinbritannia, Mitte N-Kleinbritannia Ebudische Inseln Thule Skyth. Völker
20
19h
61°
21
20h
63°
Nordpol
Referenzort
Rhodos [Helles pont]* [Byzanz]* [Pontos, Mitte]* [Borysthenes]*
Thule
Parallelkreise südlich des Äquators 12h 30ʹ
– 8° 25ʹ
13h
– 16° 25ʹ
(Kap Rhapton/ Kattigara) AntiMeroë
* Die in eckigen Klammern stehenden Referenzorte, die sich in einigen Handschriften finden, sind spätere Zutaten. ** So richtig eine Hs. und Übers. Toomer; fälschlich 36p edd. Heiberg und Manitius.
234
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
2.3 Die Bestimmung der geographischen Länge mit Hilfe der Mondfinsternis beobachtung. Ungleich viel schwieriger war die Bestimmung der geographischen Länge, ein – vor allem für die Schifffahrt lebenswichtiges – Problem, das bis ins 18. Jh. nicht gelöst war, bis nämlich John Harrison 1759 eine so hochpräzise, auch auf Schiffen transportierbare Uhr konstruierte, mit welcher sich die geographische Länge bestimmen liess.62 Die heute einfach vorzunehmende Methode, nämlich die Zeitdifferenz des Meridiandurchgangs eines Himmelskörpers an zwei verschiedenen Orten zu messen und daraus den Längenabstand zu ermitteln, stand in der Antike nicht zur Verfügung, da man keine synchron laufenden Uhren kannte.63 Man verfügte über keine Uhr, mit der man hätte feststellen können, dass in Rom noch nicht Mittag ist, wenn in Athen die Sonne durch den Meridian geht; die allseits gebräuchlichen Sonnenuhren oder gegebenenfalls die nach diesen justierten Wasseruhren64 zeigten naturgemäss nur die jeweilige Ortszeit an. Ptolemaios setzt sich mit dieser Schwierigkeit ausdrücklich auseinander und erwähnt bei der Gelegenheit die ihm vertraute Methode, das Problem zu lösen: «Die meisten Entfernungen aber, und ganz besonders diejenigen nach Osten oder Westen, sind nur recht ungenau überliefert, nicht aus Leichtfertigkeit derjenigen, die sich mit deren Erforschung befassten, sondern wohl deswegen, weil die auf astronomischer Beobachtung beruhende Berechnung noch nicht geläufig war und weil man sich noch nicht die Mühe nahm, häufiger Mondfinsternisse aufzuzeichnen, die zum selben Zeitpunkt an verschiedenen Orten beobachtet wurden, wie diejenige, die zur fünften Nachtstunde in Arbela/Erbil und zur zweiten Nachtstunde in Karthago/Tunis eintrat:65 Daraus würde sich nämlich ergeben, wieviele Äquatorialgrade66 die Orte nach Osten oder Westen voneinander entfernt sind.» (Geogr. 1,4,2). Der geniale Gedanke, die Beobachtung von Mondfinsternissen für die Längenberechnung heranzuziehen, geht auf Hipparch zurück.67 Die Überlegung, dass der Beginn einer Mondfinsternis, der Zeitpunkt also, da der Mond in den Kernschatten der Erde eintritt, für alle Beobachtungsstandorte (annähernd) derselbe ist, aber je nach Standort zu einer anderen Ortszeit stattfindet, liess sich für die Berechnung der Längendifferenz heranziehen.68 64 62 63
65
66
67
68
Dazu Dava Sobel, Längengrad (Deutsch von M. Fienbork, 7. Aufl., Berlin 1997). Zum Problem der synchronen Zeitmessung s. A. Stückelberger, a.O. (oben Anm. 44). Für die Messung kleinerer Zeiteinheiten konnten Wasseruhren (hydrologia) verwendet werden; so erwähnt Kleomedes De motu circ. 2,1,12 eine Messung des Sonnendurchmessers mit Hilfe eines Hydrologions, welche 1⁄750 der Sonnenbahn (= 0,48°) ergeben habe. Gemeint ist die berühmte Mondfinsternis, welche Alexander der Grosse am 20. Sept. 331 v. Chr. auf seinem Feldzug bei Arbela unweit des Tigris erlebte (vgl. Arr. Anab. 3,7,6; Plin. Nat.hist. 2,180): dazu gleich unten. Im Griech. eigentlich ‘Zeiteinheiten’ (chronoi), wobei 1 Stunde 15 Äquatorialgraden entspricht. Vgl. Strabo 1,1,12.; ebenfalls erwähnt wird die Methode bei Theo Smyrnaeus p. 121,1f. Hill. So schon richtig in Synt. 4,1 festgehalten, im Unterschied zur Sonnenfinsternis, die nicht überall gleichzeitig eintritt.
235
Kap. 3 Messmethoden
Abb. 7: Beobachtung von Mondfinsternissen zur Längenberechnung. Beispiel: Wenn der Eintritt des Mondes in den Erdschatten bei A um 19.00h, bei B um 01.00h beobachtet wird, lässt die Zeitdifferenz von 6 Stunden auf eine Längendifferenz l von 6 15° = 90° schliessen.
Die Methode hatte allerdings die Schwierigkeit, dass nur ganz wenige an verschiedenen Orten gemachte Mondfinsternis-Beobachtungen zur Verfügung standen und die betreffenden Zeitangaben meist ganz grob (auf 1 Stunde genau) waren. Nach der oben genannten vielfach erwähnten Mondfinsternis, die das Heer Alexanders am 20. Sept. 331 v. Chr. auf einem Feldzug in Mesopotamien erlebte, sind die zwei Beobachtungsorte Arbela/Erbil und Karthago/Tunis 3h bzw. 45° von einander entfernt; tatsächlich beträgt die Längendifferenz nur 2h 14ʹ bzw. ca. 331⁄2°. Der fehlerhafte, überschätzte Wert hat im Ortskatalog seine Entsprechung, wo Karthago mit einer Länge von 34° 50ʹ (Geogr. 4,3,2) und Arbela mit einer Länge von 80° (Geogr. 6,1,5) angegeben wird, was einer Differenz von 45° 10ʹ entspricht. Genauere Werte für die Beobachtung derselben Finsternis bringt Plinius Nat. hist. 2,180, freilich ohne daraus eine Längenbestimmung abzuleiten: Nach ihm wurde die Mondfinsternis, die in Arbela zur 2. Nachtstunde eintrat, in Sizilien (Syrakus?) unmittelbar bei Sonnenuntergang, also 2 Stunden früher, beobachtet, was der tatsächlichen Zeit- bzw. Längendifferenz zu Arbela von 1h 54ʹ bzw. 281⁄2° weit besser entspricht. Im Almagest ist im Zusammenhang mit Längenberechnungen verschiedentlich von Beobachtungen von Mondfinsternissen, gelegentlich auch von Sternbedeckungen durch den Mond, die Rede: In Synt. 2,1 schliesst Ptolemaios aus der Tatsache, dass Beobachtungen derselben Mondfinsternis nie mehr als 12 Stunden auseinander liegen, dass die Oikumene höchstens 180 Längengrade umfasse. Auffallend ist, dass im Almagest oft genauere Längenberechnungen angeführt werden als später in der Geographie, wo sich überall die Tendenz der Längen236
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
verzerrung bemerkbar macht.69 So rechnet Ptolemaios im Almagest grundsätzlich mit einer Längendifferenz zwischen Babylon und Alexandria von 50ʹ bzw. 121⁄2° (Synt. 4,6; 4,9), während die Angaben im Ortskatalog der Geographie eine Längendifferenz von 181⁄2° ausmachen (richtig ca. 141⁄2°). Übersicht über einige astronomische Längenberechnungen70 Ereignis
Belegstelle
Beobachtungsorte
Längendifferenz
Längendiffe- Aktuelrenz nach dem ler Wert Ortskatalog
Mondfinsternis vom 20. Sept. 331 v. Chr.
Ptol. Geogr. 1,4,2
Arbela Karthago
3 h = 45°
45° 10ʹ
33 ° 30ʹ
Mondfinsternis vom 20. Sept. 331 v. Chr.
Plin. Nat. hist. Arbela 2,180 Sizilien (Syrakus ?)
2 h = 30°
40° 30ʹ
28° 30ʹ
Mondfinsternis vom 19. März 721 v. Chr.
Ptol. Synt. 4,6
Babylon Alexandria*
50ʹ = 12° 30ʹ
18° 30ʹ
14° 25ʹ
Mondfinsternis vom 8. März 720 v. Chr.
Ptol. Synt. 4,6; 4,9
Babylon Alexandria*
50ʹ = 12° 30ʹ
18° 30ʹ
14° 25ʹ
Mondfinsternis vom 1. Sept. 720 v. Chr.
Ptol. Synt. 4,6
Babylon Alexandria*
50ʹ = 12° 30ʹ
18° 30ʹ
14° 25ʹ
Mondfinsternis vom 19. Nov. 502 v. Chr.
Ptol. Synt. 4,9
Babylon Alexandria*
51ʹ = 12° 45ʹ
18° 30ʹ
14° 25ʹ
Sternbedeckung v. 29. Nov. 92 n. Chr.
Ptol. (Agrippa) Synt. 7,3
20ʹ = 5° Bithynien (Herakleia a.P.?) Alexandria
3° 10ʹ
1° 35ʹ
unbestimmte (Mond-)finsternisse
Cleom. Mot. circ. 1,8,41
Spanien, (Mitte?) 4h = ca. 60° Persien, (Mitte?)
ca. 75°
ca. 50°
* Für diese sehr alten Angaben aus Babylon lagen keine Beobachtungen aus Alexandria vor; die betreffenden Werte sind errechnet.
3. Verkürzung der Längengrade Für die Zeichnung der Länderkarten war es entscheidend, das richtige Verhältnis von Längengrad zu Breitengrad für die jeweilige Karte zu ermitteln. Die Längengrade verkürzen sich bekanntlich in zunehmendem Masse (genauer: in einer Cosinusfunktion) vom Äquator zum Pol. Ptolemaios gibt daher bei der Beschreibung der einzelnen Karten im 8. Buch bei jeder Karte den sog. Verkürzungsfaktor an, d.h. das Verhältnis von Längen- und Breitengrad, das dem Cosinus des Breitenwinkels f des Mittelparallelkreises entspricht. In den Kartendarstellungen der qualitätsvolleren Handschriften sind diese Proportionen durchaus berücksichtigt.71 69 70
71
Dazu unten Abschnitt 4.2. Eine auf Mondfinsternis-Beobachtungen basierende Längenberechnung zwischen Rom und Alexandria bei Hero, Dioptra 35 ist leider so verderbt überliefert, dass der Herausgeber (H. Schöne, Herons von Alexandria Vermessungslehre und Dioptra [Leipzig 1903] 302f.) auf eine Interpretation verzichtet. Dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 2.3.1.
237
Kap. 3 Messmethoden
Abb. 8: Der Längengrad L verkürzt sich vom Äquator zum Pol in einer Cosinusfunktion: Lf = LÄq × cos f. Die Berechnung kann wieder mit Hilfe der Sehnentafel vollzogen werden (vgl. Abb. 5).
Einige Beispiele mögen die Präzision der Berechnungen veranschaulichen: Beispiele von Verkürzungsfaktoren im 8. Buch72 Karte
Verkürzungsfaktor nach Geogr. 8
Cosinus f des mittleren Parallelkreises
Europa 1: Geogr. 8,3 Europa 2: Geogr. 8,4 Afrika 4: Geogr. 8,16 Asia 3: Geogr. 8,19
11 : 20 = 0,550 3 : 4 = 0,750 1 : 1 = 1,000 11 : 15 = 0,733
cos 57° cos 41° cos 10° cos 43°
= 0,545 = 0,754 = 0,985 = 0,731
Graphischer Vergleich der Proportionen von Längengrad und Breitengrad 1:1 1. Afrika-Karte
3:4 2. Europa-Karte
11:20 1. Europa-Karte
Die Verkürzungsfaktoren spielen auch in den im 1. Buch vorgeführten Berechnungen eine Rolle. So wird Geogr. 1,11,2 der Parallelkreis durch Rhodos (36°) zum Äquator im Verhältnis von 4 : 5 vorausgesetzt, bzw. mit einem Längengrad auf der Breite von Rhodos von 400 Stadien gerechnet, gegenüber einem Äquatorlängengrad von 500 Stadien; das hier angenommene Verhältnis von 4 : 5 = 0,800 entspricht recht genau dem tatsächlichen Wert von cos 36° = 0,809.
72
238
Eine vollständige Liste der Verkürzungsfaktoren findet sich oben Kap. 1.4, Tabelle 2.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
Anlässlich der Berechnung der Längenausdehnung der Oikumene in Geogr. 1,13f. werden verschiedene Längenangaben, die sich auf eine von der Ost-WestLinie abweichende Himmelsrichtung beziehen, mit der gleichen Methode auf den Parallelkreis reduziert: In Geogr. 1,13,6 wird eine Strecke von 6300 Stadien mit einer Südabweichung von 30° auf 5⁄6 = 5250 Stadien reduziert, was recht genau dem cos 30° = 0,866 entspricht.73
4. Koordinatennetz und Gewinnung der Koordinaten 4.1 Koordinatennetz Eine der grössten Leistungen des Ptolemaios besteht darin, dass er im Bereich der Geographie ein umfassendes Koordinatennetz eingeführt hat. Auch hier verdankt er wesentliche Anstösse dem Hipparch. Im Bereich der Astronomie hatte dieser für seinen Fixsternkatalog bereits ein Koordinatensystem verwendet, das Ptolemaios in seinem erweiterten Fixsternkatalog übernommen hat. Im Bereich der Geographie hatte Hipparch in seiner Klimata-Tabelle zumindest mehrere Werte in Grade umgerechnet.74 Aber erst Ptolemaios hat, als Pendant zu seinem Fixsternkatalog, einen umfassenden Ortskatalog mit Gradangaben geschaffen. Im Prinzip wird das im Almagest für die Positionsbestimmungen am Himmel verwendete System auf die Erde zurückprojiziert,75 womit auch die Nordorientierung des Koordinatenrasters ganz natürlich gegeben war. Das Konzept dazu hatte Ptole maios bereits im Almagest formuliert: «Jetzt fehlt nur noch die Feststellung der geographischen Lage der bedeutenden Städte jeder Provinz nach Länge und Breite. [...] Die Tabelle mit den betreffenden Angaben werden wir aber erst als Anhang eines besonderen geographischen Werkes veröffentlichen. [...] Dieses Verzeichnis soll die nötigen Angaben enthalten, wie viele Grade jede Stadt auf dem durch sie gehenden Meridian vom Äquator entfernt ist und wie viele Grade dieser Meridian von dem durch Alexandria gezogenen nach Osten oder Westen auf dem Äquator entfernt ist.» (Synt. 2,13). Allerdings sah sich Ptolemaios mit dem Problem konfrontiert, dass er sich die Angaben aus zahlreichen verschiedenen Listen zusammensuchen musste, die bald nur die Breitenwerte – so bei den Parallelkreislisten –, bald nur die Län genangaben – so in den Listen der topoi antikeimenoi/ ‘gegenüberliegenden Orte’76 – verzeichneten und die zudem die Werte in recht unpraktischen Stundenangaben des längsten Tages bzw. des Stundenwinkels enthielten:
73
74
75
76
Eine analoge Berechnung gleich anschliessend Geogr. 1,13,8 mit einer Reduktion von 2330 Stadien auf 1940 Stadien; vgl. auch l.c. 1,14,7, wo der Begriff enklisis/Neigungswinkel (= Abweichung von der O-W- bzw. N-S-Richtung) erwähnt wird. Vgl. dazu oben Abschnitt 2.2. Das äussert sich etwa darin, dass häufig von Orten ‘unter’ einem Parallelkreis oder Meridian gesprochen wird, wo wir heute ‘auf’ einem Parallelkreis bzw. Meridian sagen. Gemeint sind Orte, die – ganz ungefähr – auf demselben Meridian liegen.
239
Kap. 3 Messmethoden
«Denn separat sind an einem Ort, wenn es gut geht, nur die Breiten zu finden wie etwa in der Übersicht über die Parallelkreise, an einem anderen Ort nur die Längen wie etwa in der Zusammenstellung der Meridiane; zudem sind in den meisten Fällen nicht die gleichen Orte in den beiden Aufstellungen angeführt, sondern bei den einen nur die Breitenangaben, bei den andern nur die Längenangaben.» (Geogr. 1,18,4). In Geogr. 1,6,4 erklärt Ptolemaios die Bezeichnungen Länge/mekos und Breite/ platos. Für die Darstellung wählt er die Tabellenform/kanonia mit einzelnen Spalten/selides, die sich im Almagest bewährt hatte:77 «Deswegen haben wir auch die Gradangaben zu jedem Ort am äusseren Rand jeder Spalte (selis) in Tabellenform (kanonion tropos) hinzugesetzt, indem wir die Längengrade vor die Breitengrade setzten, damit die Möglichkeit besteht, wenn infolge weiterer Erforschung irgendwelche besseren Resultate anfallen sollten, diese in die leeren Zwischenräume der Spalten einzutragen.» (Geogr. 2,1,3). Während für die Zählung der Breitengrade der Äquator einen natürlichen Ausgangspunkt bildete, musste für die Längenbestimmung ein Nullmeridian festgelegt werden. Ursprünglich wurden die Längengrade von Alexandria aus nach Ost und West gezählt, wie die oben angeführte Almagest-Stelle zeigt und die Längenangaben im 8. Buch der Geographie noch beweisen. Erst in seinem endgültigen Konzept hat dann Ptolemaios aus rein praktischen Gründen den Nullmeridian an den Westrand der damals bekannten Welt versetzt, nämlich zu den Insulae Fortunatae/Kanarischen Inseln, die schon von den Phöniziern besiedelt und den Römern spätestens seit der Expedition Jubas II. (um 20 v. Chr.) sehr wohl vertraut waren.78 Da Ptolemaios die ganze Inselgruppe, die sich doch über eine Länge von fast 5°erstreckt, praktisch auf demselben Meridian ansetzt, wird man sich einen durch den Ostrand der Inselgruppe (d.h. durch Lanzarote oder Fuerteventura) gezogenen Nullmeridian vorstellen müssen. Bei der Längenbestimmung rechnet er in Geogr. 8,15,10 mit einem Abstand Alexandrias vom Nullmeridian von runden 4 Stunden (= 60°), in 7,5,13 sowie im Ortskatalog 4,5,9 dagegen mit einem differenzierteren Wert von 60° 30ʹ (= 4h 2min).
77 78
240
Vgl. Synt. 6,7 Finsternistabellen; Synt. 7,4ff. Fixsternkatalog. Belegstellen für den Nullmeridian durch die Insulae Fortunatae Geogr. 1,11,1; 1,12,11; 1,19,2; 1,22,4; 1,24,9; 7,5,14; 8,15,10; 8,27,12. – Die Inselgruppe wird auch von Plinius (Nat.hist. 6,200ff.) ausführlich beschrieben. Die in Geogr. 4,6,34 genannten Inseln (Makaron Nesoi/Insulae Fortunatae), unter denen eine Insel Kanaria erwähnt wird, sind mit der Breitenangabe 10°–16°N (statt richtig ca. 27°–29°N) freilich zu weit im Süden angesetzt. Umgekehrt ist die Längenerstreckung der Inselgruppe deutlich unterschätzt, die Ptolemaios praktisch auf demselben Meridian ansetzt, während Hierro (durch das noch bis ins 18. Jh. der Nullmeridian gezogen wurde) von Lanzarote etwa 4° 50ʹ entfernt ist. Vgl. dazu bes. A.S. Santana, T.A. Pereira u.a., El co nocimiento geográfico de la costa noroccidental de Africa en Plinio: la posición de las Canarias (Hildesheim 2002); vgl. auch Textband Einleitung, Anm. 38.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
4.2 Gewinnung der Koordinaten Ein besonders gewichtiges, viel diskutiertes Problem ist die Frage, wie Ptole maios zu seinen Koordinatenangaben gekommen ist. Es können dazu im Folgenden nur einige grundsätzliche Überlegungen angestellt werden. Für detailliertere Analysen sind Spezialuntersuchungen zu einzelnen Gebieten nötig, wie sie zurzeit am Karman Center in Bern angestellt werden.79 Im Ortskatalog werden – neben 1404 nur ungefähr lokalisierten Völker- und Landschaftsbezeichnungen – 6345 Örtlichkeiten der Oikumene mit Koordinaten angeführt, mit einem Genauigkeitsanspruch von 1⁄12° = 5 Bogenminuten. Es liegt auf der Hand, dass von diesen 12 690 Gradangaben nur die allerwenigsten astronomisch bestimmt sein können, dass sich also Ptolemaios, trotz seinem löblichen Unterfangen, sich möglichst auf astronomisch gesicherte Daten abzustützen, genötigt sah, weniger zuverlässige, aus Itinerarien, Seeroutenbeschreibungen und anderen derartigen Listen stammende Angaben zu verwenden.80 Das Problem, diese oft widersprüchlichen Angaben miteinander in Einklang zu bringen, wird an folgender Textstelle sichtbar: «Es wäre nämlich folgerichtig, dass einer, der nach diesen [astronomischen] Grundsätzen eine Weltkarte zeichnen will, zuerst die durch die sicheren Beobachtungen gewonnenen Punkte der Zeichnung wie Grundpfeiler (the melioi) zugrundelegt und die aus anderen Quellen gewonnenen Daten diesen anpasst, bis die gegenseitige Lage der Orte soweit als möglich mit den verlässlicheren, nach der ersten Methode gewonnenen Angaben in Einklang steht.» (Geogr. 1,4,2). Ptolemaios geht also von einem Grundraster von Fixpunkten (themelioi) aus, welche das Kartenbild in groben Zügen gestalten, in welches dann die anderen Angaben einzuordnen waren. Als solche Fixpunkte boten sich zunächst die poleis episemoi/‘bedeutenden Städte’81 an, die in einem mindestens bis Hipparch zurückreichenden Katalog gesammelt waren und die Ptolemaios im 8. Buch in jeder Länderkarten-Beschreibung erwähnt (es wird dort die Zahl von 360 poleis episemoi genannt).82 Doch selbst diese ca. 360 Städte sind nicht alle astronomisch bestimmt. Da dieser Kanon der poleis episemoi ursprünglich im Hinblick auf astronomische Beobachtungen erstellt wurde, für welche vor allem die Kenntnis der geographischen Breite wichtig war, während die geographische Länge eine untergeordnete Rolle spielte, sind die Breitenbestimmungen meist recht genau. Eine Überprüfung der Breitenangaben zahlreicher ‘bedeutender Städte’ innerhalb und ausserhalb des Römischen Reiches zeigt erwartungsgemäss eklatante Unterschiede in der Genauigkeit der Breitenangaben: 79
80
81
82
Gegenwärtig wird dort speziell der Raum Kleinasiens untersucht; genaueres unter: www.karmancenter.unibe.ch Ausführlicher dazu oben im Kap. 2.1 Zu den Quellen. Grundlegend dazu E. Honigmann, Die sieben Klimata und die poleis episemoi (Heidelberg 1929). Die Zahl von 360 poleis episemoi wird im Vorspann zum 8. Buch genannt; in Geogr. 8,3–28 werden dagegen nur 358 poleis episemoi angeführt. – Ausführlicher dazu oben im Kap. 2.2 Der Kanon der Poleis episemoi, Abschnitt 2.1a.
241
Kap. 3 Messmethoden
Überprüfung der Breitenangaben der poleis episemoi verschiedener Karten83 Karte, Gebiet Belegstelle
identifizierbare poleis episemoi (von total …)
poleis episemoi mit einer Abweichung von weniger als mehr als 1° 1° in %
durchschnittliche Abweichung in Bogenminuten
Gebiete innerhalb des Römischen Reiches mit recht genauer Breitenbestimmung 10 (von 10) 9 1 10% 26,7ʹa 2. Europa-Karte Spanien (B. 2,4–6) 3. Europa-Karte 10 (von 10) 9 1 10% 19,4ʹb Frankreich (B. 2,7–10) 3. Afrikakarte 10 (von 10) 8 2 20% 12,7ʹc Teil Ägypten (B. 4,5) 1. Asien-Karte 43 (von 43) 26 17d 39% 55,9ʹ Kleinasien (B. 5,1–8) Gebiete ausserhalb des Römischen Reiches mit deutlich ungenauerer Breitenbestimmung 8 (von 12) 1e 7 87% 172,5ʹ 4. Afrika-Karte inneres Afrika (B. 4,6f.) 4. Asien-Karte 9 (von 9) 4 5 44% 81,1ʹ Teil Mesopotamien, Babylonien (B. 5,18.20)f 6 (von 16) 1 5 83% 113ʹ 5. Asien-Karte Assyrien, Medien (B. 6,1–6) 7 (von 16) 2 5 57% 87ʹ 6. Asien-Karte Arabia Felix (B. 6,7f.) 10. Asien-Karte 10 (von 17) 0 10 100% 272ʹg Indien (B. 7,1) Ohne Asturica Augusta/Astorga im Landesinnern (Abw. 1° 35ʹ) b Ohne Gesoria cum/ Boulogne-sur-Mer (Abw. 2° 45ʹ). c Ohne die Ammon-Oase/Siwa und die Grosse Oase/ mässig häufigen AbEl-Charge in der Wüste (Abw. 1° 15ʹ bzw. 1° 25ʹ). d Die verhältnis weichungen von über 1° betreffen meist Städte im Norden von Kleinasien. e Einzig Meroë ist sehr genau bestimmt (16° 25ʹ statt richtig 16° 56ʹ). f Die Genauigkeit ist in den zum Imperium Romanum gehörenden Teilen derselben Karte ungleich viel besser. g Die auffallend fehlerhaften Werte sind die Folge der falschen Positionierung Indiens. a
Die Überprüfung der Breitenangaben bestätigt das erwartete Bild: Innerhalb des Römischen Reiches, wo fast alle poleis episemoi lokalisierbar sind, zeigt sich eine eindrückliche Genauigkeit der Breitenbestimmungen von einem durchschnittlichen Fehler von nur 12,7ʹ in Ägypten, dem Stammland des Ptolemaios, von 19,4ʹ in Frankreich oder 26,7ʹ in Spanien, eine Präzision, die – angesichts der praktischen Undurchführbarkeit von terrestrischen Streckenmessungen über so grosse, vom Meer unterbrochene Distanzen – nur mit astronomischen Messungen erreicht werden konnte. In Regionen ausserhalb des Imperium Romanum dagegen, etwa
83
242
Die Lokalisierungen beruhen weitgehend auf dem Barrington-Atlas. Nicht berücksichtigt ist der systematische Fehler von ca. –16ʹ (s. oben Abschnitt 2.1). Ausgeklammert worden sind bei den Durchschnittsberechnungen einige einmalige ‘Ausreisser’ mit einer Abweichung von einem Vielfachen des übrigen Durchschnittwertes, bei welchen ein durch bestimmte Umstände bedingter Fehler vorliegt; vgl. dazu unten Kap. 3.2 Falsche Breitenwerte.
A. Stückelberger
3.1 Masse und Messungen
im Innern Afrikas, in Mesopotamien, Indien und anderen Regionen, übersteigen die Abweichungen bis zum Zehnfachen der oben angeführten Werte. Hier lagen offensichtlich nur ausnahmsweise astronomisch bestimmte Werte vor. Ganz anders sieht es allerdings bei den Längenbestimmungen aus, für welche selbst bei den poleis episemoi nur in den allerwenigsten Fällen astronomische Angaben zur Verfügung standen. Zudem sind die meist ohnehin nur groben Werte, im Widerspruch zu den genaueren Angaben im Almagest,84 in der Geo graphie im Zusammenhang mit der Überdehnung des geographischen Weltbildes oft in die Länge verzerrt.85 Diese Verzerrung nimmt, wie die untenstehende Veranschaulichung deutlich macht, mit wachsender Entfernung nach Osten erheblich zu, weshalb es nicht möglich sein wird, mit einem einheitlichen ‘Entzerrungsfaktor’ das Problem der Längenverzerrung in den Griff zu bekommen. Für die überwiegende Anzahl von Koordinaten war Ptolemaios auf irgendwelLängenangaben nach Ptolemaios 60°
80°
100°
120°
0°
20° E
40° E
60° E 80° E effektive Längenwerte
160°
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10°W
140°
180°
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40°
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20°
Gibraltar
Insulae Fortunatae (Kanarische Inseln)
0°
100°E
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120° E
Abb. 9: Approximativer Vergleich der Längenangaben: Die Längenangaben sind ganz im Westen gestaucht, im Osten mit wachsender Entfernung zunehmend überdehnt.
che Reiseberichte, Routenbeschreibungen von Land- und Seewegen, Strassenverzeichnisse u.a. angewiesen, die er unter dem Sammelbegriff periodike historia (Geogr. 1,4 tit.) zusammenfasst; neben verbalen Berichten lagen ihm nach seinem eigenen Zeugnis zudem in bestimmten Fällen auch detailliertere Karten (akribesteroi pinakes: Geogr. 1,19,1) vor.86 Diese Unterlagen waren allerdings auf ganz andere, rein praktische Bedürfnisse ausgerichtet, waren doch für Händler und Heere vor allem die kleinräumigen Details wie die Reihenfolge der Stationen, die Marsch- oder Fahrzeiten oder allfällige Wegmarken wichtig, während die grossräumigen Proportionen, insbesondere die Himmelsrichtungen, eine untergeordnete Rolle spielten.87 Von der Schwierigkeit der Auswertung solcher Unterlagen zeugen die Kapitel Geogr. 1,7–14, in welchen Ptolemaios die von Marinos für den fernen Süden und Osten überlieferten Streckenangaben aus methodischen 86 87 84 85
Vgl. oben Abschnitt 2.3. Mehr dazu unten Kap. 4.1 Das geographische Weltbild. Ausführlicher dazu oben Kap. 2.1 Zu den Quellen. Man vergleiche dazu etwa die Tabula Peutingeriana.
243
Kap. 3 Messmethoden
Überlegungen jeweils mit einem bestimmten Faktor pauschal verkürzt.88 Er ist sich dabei bewusst, dass die verschiedenen Streckenangaben unterschiedliche Glaubwürdigkeit haben: «Bei den öfter bereisten Orten kann man davon ausgehen, dass die Gradangaben von Länge und Breite (moirographia mekous te kai platous) – dank der kontinuierlichen und in der Regel übereinstimmenden Übermittlung von Angaben – den tatsächlichen Werten sehr nahe kommen. Die Gradangaben von Orten aber, die nicht so häufig bereist werden, sind wegen der Seltenheit und Unüberprüfbarkeit der Berichte mindestens annäherungsweise zu bestimmen in Angleichung an Orte oder Umrisslinien, die sicher lokalisiert sind.» (Geogr. 2,1,2). Offenbar hat Ptolemaios die Orte nach den so aus der Reiseberichtliteratur oder gegebenenfalls aus Karten gewonnenen Angaben in das durch die oben genannten Fixpunkte vorgegebene Konzept eingeordnet. Dabei waren bei einem einigermassen gesicherten Küsten- oder Flussverlauf die einzelnen Orte, kannte man deren Abfolge und Entfernungen, recht gut zu plazieren, bei den binnenländischen Städten dagegen traten – wie er selber sagt – erhebliche Probleme auf: «Ferner kann man bei der Eintragung der Städte zwar die an der Küste gelegenen leichter einzeichnen, da bei ihnen (durch den Küstenverlauf) eine gewisse Anordnung gewahrt wird. Bei den binnenländischen Städten ist dies aber nicht mehr der Fall, da bei ihnen nirgends Angaben über ihre Lage untereinander oder gegenüber den Küstenstädten gemacht werden, ausser in wenigen Ausnahmefällen, bei welchen zufällig einmal die Länge, einmal die Breite zusätzlich bestimmt ist.» (Geogr. 1,18,6). Man darf sich somit das Vorgehen des Ptolemaios so vorstellen, dass er nach diesen Gesichtspunkten auf seinen durch die Fixpunkte grobstrukturierten Kartenentwürfen die einzelnen nicht astronomisch bestimmten Orte eingetragen und die entsprechenden Gradangaben den Kartenrändern, die über eine genaue Gradeinteilung verfügten, entnommen hat; ohne zeichnerische Umsetzung liessen sich jedenfalls etwa bei einem komplexen Küstenverlauf die einzelnen Orte nicht in stimmiger Anordnung in einer Tabelle auflisten. Dass er etwa all diese Gradangaben aus Wegstrecken im eigentlichen Sinn des Wortes umgerechnet hätte, ist dagegen höchst unwahrscheinlich. Bei allen Mängeln, welche diese Methode hatte, bedeutete sie doch gegenüber allem, was vor Ptolemaios vorhanden war, einen gewaltigen Fortschritt, den erst ab dem 9. Jh. n. Chr. arabische Wissenschaftler mit neuen Messungen weiterführten.89
88
89
244
Geogr. 1,12,1 wird eine siebenmonatige Reise von 36 200 Stadien auf die Hälfte = 18 100 St. reduziert; l.c. 1,13,1ff. wird jeweils ‘wegen den Unregelmässigkeiten’ 1⁄3 abgezogen. Dazu ausführlich Kap. 5.2 Arabische Überlieferung.
3.2 Falsche Breitenwerte und ihre Folgen Florian Mittenhuber
Bei der Vermittlung der theoretischen Grundlagen für die Zeichnung einer Weltkarte kommt Ptolemaios darauf zu sprechen, dass «den aus astronomischen Beobachtungen gewonnenen Daten gegenüber den Angaben aus Reiseberichten der Vorzug zu geben sei» (Geogr. 1,4 tit). Allerdings ergibt sich aus dem anschliessenden Text, dass das Datenmaterial für das gesamte Koordinaten system des Ortskataloges (Geogr. 2–7) – und somit natürlich auch für die Karten – letztlich nur auf wenigen ‘Grundpfeilern’ (themelioi) basiert: «Nun hat uns aber einzig Hipparch bei einigen Städten, und zwar im Vergleich zur riesigen Zahl von Orten, die auf einer Erdkarte eingetragen werden sollten, nur bei ganz wenigen, die Polhöhen (exarmata tou polou) überliefert und die auf den gleichen Breitenkreisen liegenden Siedlungen.1 … Es wäre nämlich folgerichtig, dass einer, der nach diesen Grundsätzen eine Weltkarte zeichnen will, zuerst die durch die sichereren Beobachtungen gewonnenen Punkte der Zeichnung wie Grundpfeiler (themelioi) zugrunde legt und die aus anderen Quellen gewonnenen Daten diesen anpasst, bis die gegenseitige Lage der Orte so weit als möglich mit den verlässlicheren, nach der ersten Methode gewonnenen Angaben im Einklang steht.» (Geogr. 1,4,2). Hierbei spielen die vom Astronomen Hipparch überlieferten Breitenwerte eine entscheidende Rolle. Fragmente einer solchen hipparchischen Breitenliste sind überliefert bei Strabon (2,5,34–43); sie decken sich fast vollständig mit den ptolemäischen Angaben. Obwohl diese Breitenwerte – im Gegensatz zu den Längen – in vielen Fällen erstaunlich genau sind, ist die Breite einiger bedeutender Orte im Vergleich zu den modernen Werten eklatant falsch. Im folgenden Beitrag soll versucht werden, das Zustandekommen dieser falschen Breitenwerte zu erklären und die Folgen für das ptolemäische Kartenbild aufzuzeigen. Die geographische Breite konnte nach den drei im vorangehenden Kapitel erläuterten Methoden bestimmt werden:2 Verbreitet und längst vor Hipparch bekannt war die Messung der Gnomon-Schattenlänge am Äquinoktium.3 Auf Hipparch selbst gehen die Angaben der Gnomon-Schattenlängen in der Aufzäh-
1
2 3
Im Folgenden wird auf sog. ‘Antikeimenoi’, d.h. auf gleichem Meridian liegende ‘gegenüberliegende’ Orte, verwiesen; es lässt jedoch kaum prüfen, wie diese für Marinos bezeugten Werte in die Geographie eingeflossen sind. Mit astronomischen Methoden gewonnene Längenwerte, von denen sich einige im Almagest finden, dürften in der Geographie noch seltener zur Anwendung gekommen sein. Die Frage der Bestimmung der Längenwerte wird deshalb hier ausgeklammert; vgl. dazu oben Kap. 3.1 Masse und Messungen, Abschnitt 2.3. Vgl. oben Kap. 3.1, Abschnitte 2.1 und 2.2. Ausführlich dazu oben Kap. 3.1, Abschnitt 2.1.
245
Kap. 3 Messmethoden
lung der Parallelkreise bei Strabon (2,5,34–43) zurück,4 daneben finden sich Auszüge aus solchen Verzeichnissen bei Vitruv (De arch. 9,7,1) sowie in einer Liste von Parallelkreisen bei Plinius (Nat.hist. 6,212–218). Ferner hat sich Hipparch nach dem Zeugnis in Geogr. 1,4,2 besonders mit den Polhöhen/exarmata tou polou befasst; einige Werte für Polhöhen in Graden finden sich in seinem Arat-Kommen tar, so für die Städte Rhodos (36°), Athen (37°) sowie den Hellespont (41°).5 Ebenfalls mit Hipparch zu tun hat auch die dritte Methode der Breitenbestimmung mit Hilfe der Messung der Dauer des längsten Tages (M),6 ein Mass, welches in der Folgezeit neben der Angabe von Gnomon-Verhältnissen zur Definition der geographischen Breite eines Ortes Standard wird – zumindest bis zur Einführung eines einheitlichen Koordinatensystems in Graden durch Ptolemaios. Bei Hipparch finden sich erstmals die verschiedenen Angaben nebeneinander: Dauer des längsten Tages, Gnomon-Schatten, Umrechnung in Gradwerte. Hipparch unterteilte die Dauer des längsten Tages in Intervalle von meist einer Viertelbzw. einer halben Stunde. Damit liessen sich Orte gleicher geographischer Breite sinnvoll zusammenfassen und zuordnen.7 Reste einer hipparchischen Breitenliste werden in der bereits erwähnten Aufzählung der Parallelkreise von Strabon überliefert (2,5,34–43). Vergleicht man nun die für Hipparch bezeugten Breitenwerte mit den ptolemäischen, zeigt sich eine weitgehende Übereinstimmung:
4
5
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246
Genannt sind bei Strabo 2,5,38 die Werte für Alexandria (3 : 5) und Karthago (7 : 11) sowie l.c. 2,5,41 für Byzanz (Solstitium-Schatten 414/5 : 120); die andernorts (1,4,4; 2,5,8) für Pytheas von Marseille (um 330 v. Chr.) zitierte Gnomon-Messung für Marseille ist unsicher (s.u. S. 249). Hipp. Comm. in Arati phaen. 1,11,7f. bzw. 1,3,6f. – Zur Verwendung von Gradangaben vgl. oben Kap. 3,1, Abschnitt 1.3 Gradeinteilung. Vgl. auch Neugebauer, HAMA (1975) 335f. Verwandt damit ist eine ältere vierte Methode zur Bestimmung der geographischen Breite, die darin besteht, dass das Verhältnis zwischen Tagbogen und Nachtbogen am längsten Tag (bzw. gleichbedeutend das Verhältnis zwischen längstem und kürzestem Tag) ermittelt wird. Die meist in recht einfachen ganzzahligen Verhältnissen angegebenen Werte sind allerdings wenig differenziert. Die Ursprünge dieser Methode liegen in der babylonischen Astronomie und wurden vermutlich bereits in vorhellenistischer Zeit in Griechenland bekannt: Den frü hesten Beleg überliefert uns Hipparch, Comm. in Arati phaen. 1,2,22; 1,3,5 (für ein von Eudoxos ermitteltes Verhältnis von 5 : 3 für eine nicht näher bestimmte Region in Griechenland); die Methode fand hier allerdings wenig Verbreitung. Eine andere Möglichkeit, Orte von annähernd gleicher geographischer Breite zu erfassen, ist das Anlegen von Listen von sog. Klimata; vgl. dazu oben Kap 2.2 Kanon bedeutender Städte, Einleitung.
F. Mittenhuber
3.2 Falsche Breitenwerte
Abb. 1: Für Hipparch bezeugte Breitenwerte, übertragen auf eine ptolemäische Weltkarte.
Besonders auffällig und folgenreich sind nun Fälle wie Karthago, Byzanz und Babylon, in welchen Ptolemaios offensichtlich fehlerhafte, von den modernen stark abweichende Werte von Hipparch übernommen hat, der sich seinerseits auf die ihm zugänglichen Quellen verlassen musste. Da Ptolemaios nach seinen eigenen Worten so vorgeht, dass er «zuerst die durch die sicheren (d.h. astronomischen) Beobachtungen gewonnenen Punkte der Zeichnung wie ‘Grundpfeiler’ (themelioi) zugrundelegt und die aus anderen Quellen gewonnenen Daten diesen anpasst» (Geogr. 1,4,2), mussten solche Fehler bei den ‘Grundpfeilern’ schwerwiegende Verzerrungen zur Folge haben. Dies lässt sich besonders deutlich an der Nordküste Afrikas, in Kleinasien oder in der Region von Babylon nachweisen; hierzu im Folgenden einige Beispiele:
1. Karthago/Tunis In der Aufzählung der hipparchischen Parallelkreise bezeugt Strabon die Gnomon-Verhältnisse von Karthago und Alexandria: «In den etwa 400 Stadien südlicheren Gegenden als die Parallele durch Alexandria und Kyrene, wo der längste Tag 14 Äquinoktialstunden hat, steht der Arkturus im Scheitel, nur wenig nach Süden abweichend. In Alexandria hat der Schattenzeiger (Gnomon) zum Äquinoktialschatten das Verhältnis wie 5 : 3. Jene aber (sc. die Gegenden mit M = 14h) liegen 1300 Stadien südlicher 247
Kap. 3 Messmethoden
als Karthago, wenn nämlich in Karthago der Schattenzeiger (Gnomon) zum Äquinoktialschatten das Verhältnis wie 11 : 7 hat. Diese Parallele nun geht auf der einen Seite durch Kyrene und die um 900 Stadien südlicher als Karthago gelegenen Gegenden. … In den Gegenden um Ptolemaïs in Phönizien, um Sidon und Tyros hat der längste Tag 14¼ Stunden der Tagesgleiche. Diese aber liegen etwa 1600 Stadien nördlicher als Alexandria und gegen 700 Stadien nördlicher als Karthago.» (l.c. 2,5,38f.). Die Zuordnung der Orte zu einer bestimmten geographischen Breite geschieht also zunächst dadurch, dass das allgemein gültige System mit den Äquinoktialstunden in Intervallen von Viertelstunden zugrunde gelegt wird. In dieses System werden die geographischen Breiten der Orte über den Abstand in Stadien auf einem angenommenen Grosskreis von 252 000 Stadien8 integriert. Zusätzlich werden für Alexandria und Karthago noch die Gnomon-Verhältnisse von 5 : 3 bzw. 11 : 7 gegeben. Während das Verhältnis für Alexandria umgerechnet eine Breite 30° 58ʹ ergibt und somit sehr gut mit dem heutigen Wert von 31° 12ʹ übereinstimmt,9 ergibt das Verhältnis für Karthago umgerechnet eine Breite von 32° 28ʹ, was im Vergleich zum aktuellen Wert von 36° 55ʹ eine Abweichung von fast 4½° ausmacht. Allerdings entspricht der umgerechnete Gnomon-Wert recht genau dem Wert von 32° 40ʹ, den Ptolemaios im Ortskatalog für Karthago (Geogr. 4,3,7) nennt; dasselbe gilt für Alexandria, für das Geogr. 4,5,8 eine Breite von 31° angegeben wird. Dazu passen die im 8. Buch der Geographie überlieferten Werte in Stunden von 141⁄12 h für Alexandria (Geogr. 8,15,10) bzw. 141⁄5 h für Karthago (l.c. 8,14,5) vortrefflich. Ptolemaios verwendet hier also offensichtlich die hipparchischen Werte – ein Befund, der sich bei einer Überprüfung der bei Strabon tradierten HipparchListe immer wieder bestätigt.10 Die ausserordentlich gute Übereinstimmung des Gnomon-Wertes für Alexandria lässt eine aktuelle Messung als wahrscheinlich erscheinen; für Karthago hingegen ist eine solche mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschliessen. Als Folge für das Kartenbild ergibt sich eine massive Verzeichnung der gesamten afrikanischen Nordküste,11 wobei besonders die falsche Orientierung der tunesischen Küste ins Auge fällt.12 Möglicherweise standen Ptolemaios nur Messungen für Ägypten, Kyrene sowie die Region um die Strasse von Gibraltar zur Verfügung, die allesamt relativ genaue Breiten aufweisen. Dazwischen hatte er nur den Wert für Karthago, der für die massiv falschen Breiten in dieser Region – und somit auch für die falsche Orientierung der tunesischen Küste – verantwortlich sein dürfte. Derselbe Fehler dürfte sich auch auf die nördlich gegenüberliegende
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248
Dass Hipparch den eratosthenischen Wert von 252 000 Stadien voraussetzt, wird u.a. von Strabon am Anfang der Liste explizit erwähnt (2,5,34). Dasselbe Verhälnis findet sich auch bei Vitruv (De arch. 9,7,1); einen schlechteren Wert von 7 : 4 gibt Plinius (Nat.hist. 6,212). – Zum bei antiken Gnomon-Messungen systembedingten Breitenfehler von +16ʹ s. oben Kap. 3.1, Abschnitt 2.1. Vgl. dazu oben die Karte in Abb. 1. Dazu ausführlich unten Kap. 4.3. Vgl. unten Abb. 2.
F. Mittenhuber
3.2 Falsche Breitenwerte
Insel Sardinien ausgewirkt haben, die im Gegensatz zu Sizilien (wo zumindest für Syrakus Breitenmessungen anzunehmen sind) ebenfalls um mehrere Grad nach Süden versetzt ist.
2. Byzanz/Istanbul Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Werten für Byzanz, für das Strabon folgende Angaben macht: «In der Umgebung von Byzanz dauert der längste Tag 15¼ Äquinoktialstunden, der Schattenzeiger aber hat bei der Sommersonnenwende zum Schatten das Verhältnis von 120 : 414⁄5.» (l.c. 2,5,41). Der Gnomon-Wert für Byzanz von 120 : 414⁄5 beim Sommersolstitium führt umgerechnet auf einen Wert von 43° 3ʹ, was gut 2° über der tatsächlichen geographischen Breite von 41° liegt. Hingegen stimmt der Wert wiederum hervorragend mit dem ptolemäischen Wert überein, der in Geogr. 3,11,5 mit 43° 5ʹ angegeben wird; noch besser ist die Übereinstimmung mit Synt. 2,6, wo Ptolemaios eine Übersicht von 39 Parallelkreisen mit der jeweiligen Dauer des längsten Tages sowie den entsprechenden Gnomon-Werten anführt.13 Hier beträgt die Breite des Parallelkreises durch Marseille, der mit demjenigen durch Byzanz gleichgesetzt wird, 43° 4ʹ.14 Die Gleichsetzung von Marseille und Byzanz lässt sich über Hipparch hinaus auf Pytheas zurückverfolgen. Strabon berichtet uns: «Der Parallelkreis durch Byzanz geht annähernd durch Marseille, wie Hipparch behauptet, im Vertrauen auf Pytheas: er sagt nämlich, dass in Byzanz der Gnomon dasselbe Verhältnis zum Schatten habe, den Pytheas für Marseille nennt.» (l.c. 2,5,8).15 Nach Strabon hat Hipparch also ausdrücklich dieser ungenauen Gleichsetzung zugestimmt. Im Gegensatz zu Strabon, der dieser Gleichsetzung misstraut, wird der Fehler des Hipparch von Ptolemaios übernommen: Marseille (Geogr. 2,10,8) und Byzanz (l.c. 3,11,5) liegen bei ihm beide auf 43° 5ʹ. Die Folge: Byzanz wird über 2° zu weit nördlich angesetzt – ein Fehler, der sich auf Thrakien und die gesamte Nordküste der kleinasiatischen Halbinsel auswirkt.16 Da Ptolemaios nun am Bosporus nicht vorbeikam, musste er den Fehler gegenüber dem Süden anders ausgleichen. Er tut dies über eine Drehung der Propontis.
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Zur Breitenbestimmung durch die Dauer des längsten Tages und entsprechenden Klima tabellen vgl. oben Kap. 3.1, Abschnitt 2.2. In diesen Tabellen sind alle Gnomon-Verhältnisse auf 60 partes homogenisiert; diesen zweifellos berechneten Werten liegt eine Art ‘Norm-Gnomon’ zu Grunde. Das bei Strabo bezeugte Verhältnis von 120 : 414⁄5 passt ausgezeichnet in dieses hipparchisch-ptolemäische System von Hexadezimalen und ihren Vielfachen, jedoch überhaupt nicht in die Tradition von relativ einfachen Zahlenverhältnissen für Gnomon-Werte. Es handelt sich hierbei offensichtlich nicht um einen gemessenen Wert, sondern vielmehr um einen nachträglich aus Stunden umgerechneten Norm-Gnomon-Wert. Der Wert stimmt mit der tatsächlichen Breite von Marseille (43° 17ʹ) sehr gut überein. Es würde sich hierbei um die älteste bezeugte Gnomon-Messung handeln; allerdings werden bei Strabon keine Zahlen genannt. Dazu ausführlich unten Kap. 4.2, Abschnitt 9 und 10, sowie unten Kap. 4.4, Abschnitt 1.
249
Kap. 3 Messmethoden
Abb. 2: Die Auswirkungen der Breitenfehler von Karthago und Byzanz werden deutlich, wenn man die ptolemäischen Küstenkonturen auf eine moderne Karte projiziert.
3. Babylon/Hillah Wieder anders liegt der Fall bei Babylon, für das in der Literatur üblicherweise kein Gnomon-Verhältnis überliefert ist, sondern ein Bogenverhältnis zwischen längstem und kürzestem Tag (M : m) von 3 : 2.17 Die Umrechnung führt – je nachdem, mit welcher Schiefe der Ekliptik gerechnet wird – auf einen Breitenwert zwischen 34° 45ʹ und 35°, was gegenüber der tatsächlichen Breite von 32° 32ʹ eine Differenz von annähernd 21⁄2 ° bedeutet. Auch hier passt der umgerechnete Wert wieder gut zu den Breiten der ptolemäischen Geographie von 35° (Geogr. 5,20,6) bzw. M = 145⁄12 h (l.c. 8,20,27). Daraus ist abzuleiten, dass Ptolemaios, vermutlich über Hipparch, wieder einen alten tradierten Wert verwendet, der offensichtlich nie überprüft wurde.18 Während die Breite von Babylon und der umliegenden Regionen massiv falsch ist, haben die ptolemäischen Orte am Mittellauf des Euphrat einen Breitenfehler von weniger als 1° – sei es, dass hier genauere Messungen vorgelegen haben, oder dass das Kartenbild auf römischen Itineraren beruht. Ähnliches lässt sich für das Mündungsgebiet des Flusses am Persischen Golf feststellen, wo der Breitenfehler ebenfalls unter 1° beträgt. Da Ptolemaios jedoch – gemäss seinem Vorsatz, astro
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Vgl. dazu Neugebauer, HAMA (1975) 366f.; ein Gnomon-Verhältnis von 35 : 24 ist überliefert bei Plinius (Nat.hist. 6,213), was auf einen Breitenwert von 34° 26ʹ führt. Wie sich aus den Tabellen des al-KhwÁrizmÐ ersehen lässt, wurde der falsche Breitenwert von den Arabern korrigiert; vgl. dazu unten Kap. 5.2, Abschnitt 5.
F. Mittenhuber
3.2 Falsche Breitenwerte
nomischen Messungen den Vorzug zu geben – am falschen Wert für Babylon festhält, ergibt sich für das Kartenbild die logische Folge, dass die grössten Verzerrungen in der Region von Babylon auftreten: Die gesamte Region bildet somit einen ‘erratischen Block’, der gegenüber dem Umland nach Norden verschoben ist, mit der Konsequenz, dass der Lauf des Euphrat eine markante Ausbuchtung gegen Norden erhält, die in Wahrheit nicht existiert.19
Abb. 3: Die Auswirkungen des Breitenfehlers von Babylon zeigen sich deutlich in der Ausbuchtung des Euphrat gegen Norden.
4. Ergebnis Wie die genannten Beispiele zeigen, enthalten paradoxerweise gerade die von Ptolemaios als am vertrauenswürdigsten erachteten, weil auf Basis astronomischer Messungen gewonnenen, Daten einige gravierende Fehler. Das Zustandekommen dieser Fehler erklärt sich in erster Linie durch die Tatsache, dass die wenigen überhaupt verfügbaren Werte von späteren Autoren offenbar kritiklos 19
Ausführlicher dazu unten Kap. 4.4, Abschnitt 4.
251
Kap. 3 Messmethoden
weitertradiert wurden, ohne sie einer Überprüfung zu unterziehen. Allerdings ist es nachvollziehbar, dass Ptolemaios, der wenig herumreiste und die ihm vorliegenden Angaben nur in der näheren Umgebung überprüfen konnte, sich bei weit entfernten Orten von falschen Angaben irreführen liess. Unglücklicherweise hatten diese Fehler für das ptolemäische Kartenbild weitreichende Folgen – aus wissenschaftshistorischer Sicht jedoch sind sie ein Glücksfall, denn so lassen sich zumindest Rückschlüsse auf die Genese der ptolemäischen Geographie ziehen. Die Untersuchung hat aber auch gezeigt, dass die Genese dieser Fehler und ihre Auswirkungen in jedem einzelnen Fall ermittelt werden müssen und dass es nicht möglich ist, mit einem ‘passenden’ Schlüssel den ganz verschieden gelagerten Irrtümern beizukommen.
252
4. Geographisches Weltbild 4.1 Das Gesamtbild der Oikumene (Alfred Stückelberger) 4.2 Die Länderkarten Europas (Florian Mittenhuber) 4.3 Die Länderkarten Afrikas (Klaus Geus/Florian Mittenhuber) 4.4 Die Länderkarten Asiens (Gerhard Winkler/ Florian Mittenhuber) 4.5 Gross-Germanien (Friedrich E. Grünzweig) 4.6 Hydrologische Probleme im Raum des Kaspischen Meeres und des Aralsees: a) Die Oxos-Route und die Iaxartes-Mündung (Helmut Humbach) b) Zum Lauf des Oxos, ein Nachtrag (Celâl S¸engör)
4.1 Das Gesamtbild der Oikumene Alfred Stückelberger
Den überwiegenden Teil des 1. Buches der Geographie verwendet Ptolemaios – in ständiger Auseinandersetzung mit Marinos von Tyros – dafür, ein Gesamtbild der ‘von uns bewohnten Oikumene’ zu gewinnen. Der schon von Aristoteles vorbereitete, bei Strabon und Ptolemaios geläufige Ausdruck he kath’ hemas oikumene/‘die uns betreffende Oikumene’1 lässt die Möglichkeit offen, dass es angesichts der fünf Zonen, in die man gewöhnlich die Erde einteilte,2 noch weitere bewohnbare Teile gebe. Vollständig ausgebildet ist diese Theorie bei Krates von Mallos (2. Jh. v. Chr.), der bei seiner Globusbeschreibung davon ausgeht, dass es neben den Synoikoi/Mitbewohnern in ‘unserer Oikumene’ auf der ‘Rückseite’ und ‘Unterseite’ der Erdkugel noch weitere, durch den Ozean getrennte Bewohner der Erde gebe, nämlich die sog. Perioikoi, die Antoikoi und die Antipodes.3 Diese Möglichkeit ist allerdings – wie sich gleich zeigen wird – bei Ptolemaios stark eingeschränkt worden. Um sich eine Vorstellung von den Neuerungen zu machen, die Ptolemaios am Bild dieser Oikumene anbringt, ist es unabdingbar, sich kurz die älteren Konzepte von den Dimensionen der ‘bewohnten Welt’ zu vergegenwärtigen.
1. Vorstufen des geographischen Weltbildes des Ptolemaios 1.1 Eratosthenes Es ist das Verdienst des Eratosthenes von Kyrene (ca. 276–194 v. Chr.), des bedeutenden Bibliothekars von Alexandria und Begründers der Geographie als Fachdisziplin, erstmals den Versuch gewagt zu haben, mittels astronomischmathematischer Überlegungen ein geographisches Weltbild zu entwerfen, das seit der Zeit der Hochklassik eine entscheidende Horizonterweiterung erfahren hatte: Dank dem Indienfeldzug Alexanders (327–325 v. Chr.) verfügte man über präzisere Kenntnisse über den Fernen Osten. Der Bericht des Pytheas von Marseille (um 330 v. Chr.) über seine Reise die Atlantikküste entlang bis über Britannien hinaus hatte Kunde gebracht von der Mitternachtssonne und der sagenhaften Insel Thule, die von nun an die nördliche Begrenzung der Oikumene bildet.4 Allerdings ist leider weder das geographische Werk (diorthosis tes geographias/
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≤ kayÉ ≤mçw ofikoum°nh: etwa Strabo 2,5,5; Ptol. Geogr. 1,2,2; 1,5,2; 7,5,1f. u.a. St.; vgl. Arist. Meteor. 363a 1 ≤ §ntaËya ofikoum°nh. Zur Fünf-Zonen-Theorie (2 Polarzonen, 2 gemässigte Zonen, 1 ‘verbrannte’ Äquatorzone) vgl. Arist. Meteor. 362a 32ff.; Strabo 2,2,2f.; 2,5,5 g∞ ... pentãzvnow. Vgl. Strabo 2,5,10ff.; Geminus Introd. 16,1; 16,27; Cic. Rep. 6,20. Fragmente gesammelt bei S. Bianchetti, Pitea di Massilia, L’Oceano (Pisa 1998); zu den Lokalisierungsversuchen der Insel Thule vgl. oben Textband S. 157, Anm. zu 2,3,32.
A. Stückelberger
4.1 Gesamtbild der Oikumene
Richtigstellung der Geographie) des Eratosthenes noch sein Entwurf einer Weltkarte (pinax tes oikumenes) erhalten, doch lässt sich sein Bild von der Oikumene aus den Fragmenten, insbesondere aus Strabon, in groben Zügen rekonstruieren.5 Ausgangspunkt ist seine erstaunlich genaue Erdumfangsberechnung von 250 000 Stadien (bzw. 252 000 St: somit 1° = 700 St.), welche – umgerechnet mit dem ägyptischen Stadion von 157,5 m – einen Erdumfang von 39 690 km ergeben.6 Für seine Weltkarte verwendet er eine Zylinderprojektion mit einem rechtwinkligen Koordinatensystem7 von Längen- und Breitengraden, die er in unregelmäs sigen Abständen durch bestimmte Referenzorte legt.8 Die Mittelparallele, den sog. Rhodos-Parallelkreis, welche die ganze Oikumene durchquert und noch bei Ptolemaios eine grosse Rolle spielt, legt er durch die Säulen des Herakles/Gibraltar – Meerenge von Sizilien – Südspitzen von Peloponnes und Attika – Rhodos – Golf von Issos – Taurosgebirge – Nordindien (Strabo 2,1,1). Den Hauptmeridian zieht er den Nillauf entlang von Meroë über Syene – Alexandria – Rhodos – Byzanz zum Borysthenes/Dnjepr. Zu diesen Hauptlinien zeichnet Eratosthenes in unregelmässigen Abständen verschiedene Parallelkreise (paralleloi) und Meridiane (mesembrinoi). Die südliche Begrenzung der Oikumene bildet nach ihm das Zimtland/NO-Somalia (ca. 12° N), die nördliche wird durch die von Pytheas von Marseille sog. Insel Thule auf dem Polarkreis (ca. 66° N) bestimmt; die West-OstAusdehnung erstreckt sich von der Westküste Spaniens (Kap Hieron) bis zur Ostküste Indiens. Daraus resultiert nach ihm eine Breitenausdehnung von 38 000 Stadien (bzw. ca. 54°) und eine Längenausdehnung der ganzen Oikumene von 77 800 Stadien (bzw. von ca. 140°; vgl. Strabo 1,4,2ff.).9 Was die Konturen der Erdteile betrifft, fällt die geringe südliche Ausdehnung von Libyen/Afrika auf, dessen hypothetische Küstenlinie von Gibraltar in leichtem Bogen direkt zum Zimtland geführt wird. Auch die Küstenlinie vom Persischen Golf über Indien zur Gangesmündung ist eigentümlich flach. Die nördlichen Teile von Europa und Asien denkt man sich – in alter Tradition – vom Ozean umflossen,10 in welchen das Kaspische Meer einmündet.11 Trotz all diesen Unzulänglichkeiten stellt aber die Weltkarte des Eratosthenes gegenüber älteren, noch
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Vgl. H. Berger, Die geographischen Fragmente des Eratosthenes (Leipzig 1880; Nachdruck Amsterdam 1964); K. Geus, Eratosthenes, in: Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Antike Bd. 2, Hrsg. W. Hübner (Stuttgart 2000) 75–92; ders. Eratosthenes von Kyrene (Habil. München 2002). Zu den möglichen Umrechnungen s. oben Kap. 3.1 Masse und Messungen, Abschnitt 1.4. Vgl. Strabo 2,5,16: eÈye›ai, a· t°mnousai prÚw Ùryåw éllÆlaw ... («Geraden, die sich rechtwinklig schneiden»). Zur Weltkarte des Eratosthenes vgl. bes. Strabo 1,4; 2,5. Strabon gibt ausschliesslich Stadienwerte an; die – von Eratosthenes noch nicht so verwendeten – Gradangaben ergeben sich aus der Umrechnung 1 Breitengrad = 700 Stadien, 1 Längengrad auf der Höhe von Rhodos = 4⁄5 von 700 = 560 Stadien. So Eratosthenes Frg. 2, A8 Berger (bei Strabo 1,3,13); vgl. Hekataios (5. Jh. v. Chr.) bei Herodot 4,36,2. Das Kaspische Meer mit dem Ozean verbunden: vgl. Strabo 2,5,18; 11,6,1.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
auf der Scheibenvorstellung basierenden Kartenentwürfen12 einen gewaltigen Fortschritt dar.
Abb.1: Skizze der Erdkarte des Eratosthenes, rekonstruiert nach Strabon (Zeichnung von F. Mittenhuber).
1.2 Hipparch Mit dem Erdbild des Eratosthenes hat sich ausführlich Hipparch von Nikaia (ca. 160–125 v. Chr.) auseinandergesetzt in seiner nur in Fragmenten erhaltenen Schrift Pros Eratosthenen antilogia/Entgegnung auf Eratosthenes,13 die aber kein geschlossenes geographisches Konzept beschrieb. Bedeutsam ist, dass er hier die geniale astronomische Methode zur Längenberechnung mit Hilfe von Mondfinsternisbeobachtungen vorgeschlagen hat, auf die später Ptolemaios zurückgreift.14 Offenbar auf Hipparch gehen auch die teilweise mit Gnomon-Schattenmessungen gewonnenen Breitenbestimmungen zurück, die Strabon 2,5,34–43 anführt; dabei hatte allerdings seine – angeblich auf Gnomon-Messungen beruhende – Fehleinschätzung, dass Byzanz auf demselben Breitengrad liegt wie Marseille (Strabo 1,4,4), gravierende Folgen.15
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Man denke etwa an die Karte des Hekataios von Milet (um 500 v. Chr.), die schon Herodot 4,36,2 kritisiert. Fragmentsammlung von D.R. Dicks, The Geographical Fragments of Hipparchus (London 1960). Dazu oben Kap. 3.1 Masse und Messungen, Abschnitt 2.3. Dazu oben Kap. 3.2, Abschnitt 2.
A. Stückelberger
4.1 Gesamtbild der Oikumene
1.3 Strabon Das von Eratosthenes entworfene Erdbild übernimmt – trotz seinen kritischen Bemerkungen – weitgehend der augusteische Gelehrte Strabon (64 v. Chr. – 20 n. Chr.) in seinem umfassenden geographischen Werk, das mehr zur historiographisch-ethnographischen Literatur zu zählen ist und keine eigenständigen geodätischen Beobachtungen enthält. Im Hinblick auf die ‘praktische Verwendbarkeit in der Verwaltung’16 interessieren ihn vor allem die tatsächlich zugänglichen Teile der Erde, während für ihn Vermutungen über unbekannte Regionen ausser Betracht fallen: «Der Geograph bemüht sich, die bekannten Teile der Oikumene zu beschreiben, die unbekannten aber lässt er beiseite, wie auch die ausserhalb (der bekannten Oikumene) liegenden Gebiete.» (l.c. 2,5,5).17 Nach Strabon befindet sich ‘die von uns bewohnte Oikumene’/he kath’ hemas oikumene auf einem Viertel/tetartemorion der Erdkugel18 und «ist – einer Insel gleich – rundum vom Meer umflossen.»19 Er ist überzeugt, «dass die Region um den Äquator und die ‘verbrannte Zone’ wegen der Hitze, die Region um den Pol aber wegen der Kälte unbewohnbar ist, die Region in der Mitte aber gemässigt und bewohnbar ist». (l.c. 2,3,1).20 Er reduziert daher gegenüber Eratosthenes die Breitenausdehnung der Oikumene:21 Die Südgrenze setzt er 3000 Stadien südl. von Meroë bzw. 8000 Stadien nördl. des Äquators an, die Nordgrenze zieht er durch die Insel Ierne/Irland (l.c. 2,5,8; 2,5,34f.).22 Den Westrand belässt er bei der Westküste Spaniens (l.c. 2,5,9; 2,5,14: Kap Hieron/Cabo de San Vicente); die ‘Inseln der Glückseligen’, von denen die Dichter ‘fabulierten’ und die, wie man heute wisse, ganz in der Nähe Mauretaniens lägen, gelten noch nicht als Westrand der Oikumene (l.c. 3,2,13). Im Osten endet die Oikumene mit dem ‘äussersten Ende Indiens’ (l.c. 2,5,9). Daraus ergibt sich nach Strabon eine Längenausdehnung von ca. 70 000 Stadien (bzw. ca. 100°) und eine Breitenausdehnung von weniger als 30 000 Stadien (bzw. ca. 43°). 1.4 Marinos von Tyros Mit Marinos von Tyros (Anf. 2. Jh. n. Chr.),23 dem unmittelbaren Vorläufer des Ptolemaios, den wir lediglich durch dessen Kritik in der Geographie kennen,
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Strabo 2,5,8: prÚw tåw ≤gemonikåw xre¤aw. Strabo 2,5,5: ı går gevgraf«n zhte› tå gn≈rima m°rh t∞w ofikoum°nhw efipe›n, tå dÉ êgnvsta §ò, kayãper ka‹ tå ¶jv aÈt∞w. Zur Vorstellung von vier Oikumenen s. oben Anm. 3. Strabo 2,5,5: §n yat°rƒ dØ t«n tetrapleÊrvn toÊtvn (sc. toË bore¤ou ≤misfair¤ou) fldrËsya¤ famen tØn kayÉ ≤mçw ofikoum°nhn, per¤kluston yalãtt˙ ka‹ §oiku›an nÆsƒ. Strabo 2,3,1: tå m¢n går prÚw t“ fishmerin“ ka‹ tª diakekaum°n˙ z≈n˙ diå kaËma éo¤khtã §sti, tå d¢ prÚw t“ pÒlƒ diå tÚ cËxow, tå d¢ m°sa tå eÎkrata ka‹ tå ofikÆsima. Zum Entwurf seiner Weltkarte vgl. bes. Strabo 2,5. In seiner ausführlichen Parallelkreis-Tafel (2,5,34–43) rechnet Strabon alle Gradangaben, die er von Hipparch übernommen hatte, in Stadien um (1° = 700 Stadien). Die Lebenszeit des Marinos ist nur ungefähr bekannt: Ptolemaios bezeichnet ihn Geogr. 1,6,1 als Zeitgenossen, der aber zur Zeit der Abfassung der Geographie offenbar bereits verstorben ist (Geogr. 1,17,1); vgl. auch E. Honigmann, Marinos von Tyros, in: RE 14 (1930) 1767–1796. Vgl. auch oben Kap. 2.1 Zu den Quellen, Abschnitt 3.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
erfährt das Bild, das man sich von der Oikumene machte und das er auf einer Weltkarte veranschaulichte,24 eine tiefgreifende Veränderung. Was Marinos veranlasst hat, einen gegenüber Eratosthenes erheblich kleineren Erdumfang von nur 180 000 (allerdings grösseren) Stadien (= ca. 33 300 km) vorauszusetzen und entsprechend mit einem Äquatorgrad von nur 500 Stadien zu rechnen (Ptol. Geogr. 1,7,1; 1,11,2), bleibt ungewiss;25 die folgenschwere Neuerung, die auch Ptolemaios übernimmt, hat sich jedenfalls gravierend auf sein Kartenbild ausgewirkt. Die Nordgrenze belässt er bei der Insel Thule, die nun auf 63° N angesetzt wird (l.c. 1,7,1); die Westgrenze bilden nun neu die seit der Expedition des Juba II. sehr wohl bekannten Insulae Fortunatae/Kanarischen Inseln,26 welchen von nun an die Funktion des Nullmeridians zukommt (l.c. 1,11,1f.). Eine gewaltige Erweiterung des Horizontes erfährt das Weltbild vor allem Richtung Süden und Osten. Aufgrund von Berichten eines Septimius Flaccus und eines Julius Maternus über monatelange Expeditionen römischer Heere über Garama/Djerma hinaus ins sog. Land Agisymba in Zentralafrika27 – beide Namen sind bei Strabon noch nicht genannt28 – setzt Marinos die südliche Begrenzung der Oikumene beim Winterwendekreis auf 24° S an (l.c. 1,7,1ff.; 1,8,1ff.). Bei aller Überschätzung der angegebenen Reisestrecken ist dabei wesentlich die Erkenntnis, dass – entgegen Strabons Beteuerungen – die Äquatorregion offenbar bewohnt ist und somit die Vorstellung von einer auf der südlichen Hemisphäre gelegenen Oikumene, die von der nördlichen durch den Ozean bzw. durch die ‘verbrannte Zone’ getrennt ist, hinfällig geworden ist. Die – unter dem Eindruck neuer Erkundungsberichte ebenfalls überschätzte – Erweiterung des Gesichtsfeldes nach Osten verdankt Marinos Berichten über Handelswege nach China. Er kennt offenbar eine Streckenbeschreibung der Seidenstrasse des Maës Titianos, eines makedonischen Kaufmanns, die über den Steinernen Turm/Taschkurghan nach Sera/Xi’an, der Hauptstadt der Serer (l.c. 1,11,4ff.) führt.29 Ferner sind ihm Beschreibungen von Seefahrten nach Kati gara im Land der Sinen bekannt (l.c. 1,13f.).30 Diese eindrucksvollen, allerdings wenig präzisen Berichte von monatelangen Reisen zu Wasser und zu Land veranlassten Marinos, mit einer Längenausdehnung der Oikumene von den Insulae Fortunatae bis nach Sera Metropolis bzw. Kattigara von 15 Stundenabschnitten bzw. 225° zu rechnen (l.c. 1,11,1).
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Vgl. Ptol. Geogr. 1,20,4.7; mehr dazu oben Kap. 2.1, Abschnitt 3. Vgl. dazu oben Kap. 3.1 Masse und Messungen, Abschnitt 1.4; ein nicht in allen Teilen überzeugender Erklärungsversuch bei Honigmann a.O. (oben Anm. 23) 1774ff. Zur Lokalisierung der Insulae Fortunatae, die schon von den Phöniziern besiedelt wurden und spätestens seit der Expedition des Juba II. (um 20 v. Chr.: dazu Plin. Nat. hist. 6,200ff.) den Römern bekannt waren, vgl. Textband, Einleitung, Anm. 38. Die Expeditionen der zwei weiter nicht bekannten römischen Offiziere dürften gegen Ende des 1. Jh. n. Chr. stattgefunden haben; vgl. dazu oben Kap. 2.1 Zu den Quellen, Abschnitt 1. Strabon nennt lediglich das weit im Süden gelegene Volk der Garamanten (2,5,33; 17,3,19.23). Zu den Lokalisierungen s. oben im Textband die Anm. zu Geogr. 6,13,2 und 6,16,18. – Die Seide ist in der Tat in augusteischer Zeit in Rom bekannt geworden: vgl. Hor. Epod. 8,15; Tac. Ann. 2,33,1 vestis serica. Vgl. Textband S. 91, Anm. 83.
(l.c. 1,11,1)
(l.c. 1,11,1ff.)
Thule 63° N
(l.c. 1,7,1; 2,3,32)
Agisymba Kap Prason, ‘Anti-Meroë’ 16° 25’ S
(Geogr. 1,10,1; 4,6,3; 4,8,2)
Ptolemaios Geographike hyphegesis (8 Bücher)
(l.c. 1,10,1)
ca. 80° 40 000 Stadien
(l.c. 1,7,2)
* Die Gradangaben in [ ] sind aus den Stadienangaben abgeleitet.
(l.c. 1,7,1)
30 000 Stadien [ca. 43°]* (l.c. 2,5,9) 43 500 Stadien 87° (l.c. 2,5,9.14) Sera Metropolis, Kattigara
(l.c. 2,5,8) Thule 63° N
Agisymba in Zentralafrika, südl. WK, 24°S (Ptol. Geogr. 1,7,1)
Zimtland, 3000 St. südl. Meroë (Strabo 2,5,34)
Insulae Fortunatae/ Sera MetroKanar. Inseln polis (l.c. 6,16,8) Hauptstadt der Sinen (l.c. 7,3,6) (l.c. 1,11,1ff.; (l.c. 1,11,1) 4,6,34)
Östliche Begrenzung Ostgrenze Indiens Ganges-M. (l.c. 1,4,5) Ostgrenze Indiens
Westliche Begrenzung Westküste Spaniens, Kap Hieron (l.c. 1,4,5) Westküste Spaniens, Kap Hieron (l.c. 2,5,9.14) Insulae Fortunatae/ Kanar. Inseln
Breitenausdehnung 38 000 Stadien [ca. 54°]* (l.c. 1,4,2)
Südliche Begrenzung Zimtland, 3400 St. südl. Meroë (Strabo 1,4,2)
Nördliche Begrenzung Thule Polarkreis [ca. 66° N]* (l.c. 1,4,2; 2,5,8) Ierne/Irland [ca. 54° N] *
Längenausdehnung der Oikumene W-O
Breitenausdehnung der Oikumene S-N
Marinos von Tyros (Fragmente bei Ptolemaios)
Eratosthenes Diorthosis tes geographias (Fragmente) Strabon Geographika (17 Bücher)
Autor Werk
Übersicht über die Vorstellungen von den Dimensionen der Oikumene Längenausdehnung 77 800 Stadien auf Rhodos-PK [ca. 140°]* (l.c. 1,4,5) 70 000 Stadien auf Rhodos-PK [ca. 100°]* (l.c. 2,5,9) 225° = 15 Stundenabschnitte 90 000 St. auf Rhodos-PK (l.c. 1,11,1) ca. 180° = 12 Stundenabschnitte 72 000 St. auf Rhodos-PK (90 000 St. am Äquator) (l.c. 1,14,10) 1° = 500 St zu ca. 185 m. (1° = 400 St. auf Rhodos-PK: l.c. 1,11,2) EU = 180 000 St.
EU = 180 000 St.
1° = 500 St. zu ca. 185 m
EU = 252 000 St. 1° = 700 St. zu ca. 157,5 m EU = 252 000 St.
1° = 700 St. zu ca. 157,5 m
Grundlagen: – Äquatorgrad – Stadionlänge – Erdumfang
A. Stückelberger 4.1 Gesamtbild der Oikumene
259
Kap. 4 Geographisches Weltbild
2. He kath’ hemas oikumene/‘Die von uns bewohnte Welt’ des Ptolemaios Schon bei einem flüchtigen Blick auf die Weltkarte des Ptolemaios, die – im Gegensatz zu den oben erwähnten nur durch Rekonstruktionen erschliessbaren Kartenentwürfen31 – in der handschriftlichen Tradition erhalten ist, gewahrt man eine auffällige Verzerrung in die Länge und eine deutliche Überdehnung nach Süden. Historisch betrachtet, ist es allerdings so, dass Ptolemaios die weit mehr überschätzten Dimensionen des Marinos von Tyros zwar gehörig, in den Augen des modernen Betrachters aber gleichwohl nicht rigoros genug, verkürzt hat, besteht doch der Grossteil des 1. Buches der Geographie (1,6–17) aus einer eingehenden Prüfung und Berichtigung der Angaben des Marinos. 2.1 Die Dimensionen der Oikumene Was die Nord-Süd-Ausdehnung betrifft, geht Ptolemaios wie Marinos von einer nördlichen Begrenzung der Oikumene durch die sagenumwobene Insel Thule auf 63° aus (Geogr. 1,7,1), die nicht sicher lokalisierbar ist, die aber angesichts der verhältnismässig grossen angenommenen Ausdehnung doch am ehesten mit einem nicht als Festland erkannten Teil Skandinaviens in Verbindung gebracht werden kann.32 Erhebliche Probleme bildete die Bestimmung der Südgrenze, für die offensichtlich keine zuverlässigen Angaben vorhanden waren: Zunächst weist Ptolemaios nach, dass keine der von Marinos angeführten Himmelsbeobachtungen einen Standort südlich des Äquators beweist (1,7,2ff.). Auch die übertriebenen Vorstellungen lehnt er ab, die sich Marinos von den Distanzen aufgrund von Berichten der zwei oben genannten römischen Heerführer Septimius Flaccus und Julius Maternus über monatelang dauernde Expeditionen ins Innere Afrikas machte, «nach Agisymba, einer Region der Äthiopen, wo die Nashörner sich treffen» (l.c. 1,8,5). Aufschlussreicher sind für Ptolemaios die Berichte der Seefahrer Diogenes und Theophilos entlang der Ostküste Afrikas nach Rhapta/Daressalam und Prason/Kap Delgado,33 wobei auch hier die angenommenen Tagesstrecken der Seefahrten reduziert werden mussten (l.c. 1,9,1ff.). Er kommt schliesslich zum Resultat, dass die südliche Begrenzung der Oikumene nicht südlicher sein könne als die Gegenbreite zu Meroë, der südlichsten genau bestimmten Ortschaft (16° 25ʹ N),34 nämlich bei 16° 25ʹ S, und setzt daher – immer noch in erheblicher Überschätzung der Distanzen – in deren Nähe den südlichsten ihm bekannten Punkt, nämlich das Kap Prason/Kap Delgado, bei 15° 30ʹ S an (statt richtig 11° S), wohl den einzigen einigermassen sicher bestimmbaren Ort südlich des Äquators. Dar
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Die anschaulichen in den Publikationen verbreiteten ‘Eratostheneskarten’ und ‘Strabonkarten’ täuschen leicht über die Tatsache hinweg, dass von diesen Karten nur die gröbsten Parameter erschliessbar sind und die oft recht differenziert dargestellten Küstenverläufe – wohl meist in Anlehnung an die Ptolemaioskarten – ohne handschriftliche Basis recht willkürlich gezeichnet sind. Zu den Lokalisierungsvorschlägen von Thule s. Textband S. 157, Anm. zu Geogr. 2,3,32. Zu den Lokalisierungen s. Textband S. 75, Anm. zu Geogr. 1,8,1ff. Die Lage von Meroë ist durch Ausgrabungen gesichert: 16° 56ʹ N; vgl. oben Textband S. 463, Anm. zu Geogr. 4,7,21.
A. Stückelberger
4.1 Gesamtbild der Oikumene
aus ergibt sich für Ptolemaios eine Breitenausdehnung der Oikumene von 79° 25ʹ oder rund 80° (l.c. 1,10,1). Noch erheblich schwieriger war es, verlässliche Angaben über die Längenausdehnung der Oikumene zu gewinnen.35 Den Nullmeridian, der nach einem älteren, noch im 8. Buch manifesten Konzept ursprünglich durch Alexandria ging,36 legt Ptolemaios durch die Insulae Fortunatae/Kanarischen Inseln (l.c. 1,12,12),37 die nach ihm fast alle auf demselben Meridian liegen und mit einer Breitenlage von 10 –16° N (statt richtig ca. 27–29° N) viel zu weit im Süden angesetzt sind (l.c. 4,6,34). Die Entfernung von Alexandria veranschlagt er auf 60° 30ʹ, tatsächlich sind es vom Ostrand der Inselgruppe (Lanzarote, Fuerteventura) bis zur ‘Hauptstadt von ganz Ägypten’ nur ca. 44° (l.c. 4,5,9). Bei der Distanz zwischen den Insulae Fortunatae und Hierapolis/Membidj vertraut er den angeblich durch Erfahrung gesicherten Stadienangaben des Marinos, die er in Grade umrechnet, und kommt wieder zu einem deutlich überschätzten Wert von 72° statt richtig ca. 52° (l.c. 1,12,12; cf.5,15,13). Noch unzuverlässiger waren die Routenbeschreibungen für den Fernen Osten, die mit der korrekten Auflistung der Stationen und der Angabe der Reisezeiten für Handelsleute zwar durchaus brauchbar, für den Geographen jedoch wegen der unpräzisen Richtungsangaben und der fehlenden Positionsbestimmungen schlecht auswertbar waren. Mit dem bereits von Marinos verwendeten, nur bei Ptolemaios skizzierten Routenbericht des Maës Titianos über eine sieben Monate dauernde Reise vom Euphrat über den Steinernen Turm/Taschkurghan nach der Metropolis der Serer/Xi’an38 liegt immerhin die älteste detailliertere Beschreibung der Seidenstrasse in der griechischen Literatur vor (l.c. 1,12,1ff.). Noch irreführender waren offenbar die Angaben eines weiter nicht bekannten Alexandros über Seereisen nach Kattigara im Golf der Sinen (l.c. 1,13f.): Die Route entlang von Indien zur Goldenen Chersones/Malaiischen Halbinsel lässt sich einigermassen nachvollziehen. Verhängnisvoll wirkte sich jedoch der Irrtum des Alexandros aus, dass die Route nach der Goldenen Chersones «nach Süden Front mache» (l.c. 1,14,1), was den weiteren Küstenverlauf völlig unrealistisch erscheinen lässt und dazu zwingt, den Zielhafen Kattigara (wohl im Raum von Hanoi) weit im Süden von Malaysia statt weiter nördlich anzusetzen. Damit ist auch die Erkenntnis verbaut, dass es sich bei den Serern, deren Hauptstadt Ausgangspunkt der Landroute war, und den Sinen, in deren Gebiet die Hafenstadt Kattigara lag, um dasselbe Volk der Chinesen handelte. Ptolemaios bemüht sich, diese Routenbeschreibungen zu überprüfen und – im Einzelnen nicht immer nach nachvollziehbaren Kriterien – die nötigen Verkürzungen vorzunehmen. Eine Nachprüfung einiger Längenangaben zeigt, dass die Werte ganz im Westen stark gestaucht sind, gegen Osten – trotz allen Verkür 37 38 35 36
Zum Problem der Längenberechnung s. oben Kap. 3.1 Masse und Messungen, Abschnitt 2.3. So auch Synt. 2,13. Zur Lokalisierung der Insulae Fortunatae s. Textband, Einleitung, Anm. 38. Hier und im Folgenden beruhen die Lokalisierungen – in Anbetracht der vollkommen unbrauchbaren Koordinatenangaben – auf der Funktion der genannten Orte als Etappenstationen, Ausgangsorte oder Zielorte von Handelsstrassen; Näheres dazu im Textband zu den einzelnen Orten.
261
Kap. 4 Geographisches Weltbild
zungsmassnahmen gegenüber Marinos – mit zunehmender Entfernung immer mehr überdehnt sind. Übersicht über einige Streckenabschnitte der West-Ost-Ausdehnung39 Streckenabschnitt
Längendifferenz Längendifferenz aktuell nach Ptolemaios
Fehler in Graden
Fehler in %
Insulae Fortunatae (Ostrand) – Gibraltar
7° 30ʹ
10°
–2° 30ʹ
ca. –34%
Insulae Fortunatae (Ostrand) – Alexandria
60° 30ʹ
46°
14,5°
ca. 24%
Alexandria – westl. Indusmündung westl. Indusmündung – Sera Metropolis/Xi’an
49° 50ʹ
36° 50ʹ
13°
ca. 26%
66° 55ʹ
41° 40ʹ
25° 15ʹ
ca. 38%
Aufgrund all dieser Korrekturen ermittelt Ptolemaios schliesslich eine Längenausdehnung der ganzen Oikumene von den Insulae Fortunatae bis zur Metropolis der Serer von 177° 15ʹ (l.c. 1,12,11), bzw. bis zur Hauptstadt der Sinen von 180°, d.h. eine Ausdehnung von 12 Stundenabschnitten bzw. von 72 000 Stadien auf dem Parallelkreis von Rhodos (l.c. 1,14,10).40 Man kann sich dabei des Eindrucks nicht verwehren, dass letztlich die apriorische Vorstellung, die Oikumene erstrecke sich über volle 180°, bei dieser Resultatfindung mitbestimmend gewesen ist. Offenbar hat ihn die im Almagest 2,1 angeführte Tatsache, dass Mondfinsternisbeobachtungen im äussersten Westen und äussersten Osten höchstens zwölf Stunden auseinander liegen, in dieser Meinung bestärkt.41 2.2 Die drei Erdteile und die terra incognita Die zu Beginn des 2. Buches skizzierte, das ganze geographische Werk beherrschende Disposition geht von einer Einteilung der Oikumene in die drei Erdteile Europa, Afrika, Asien aus (Geogr. 2,1,6f.). Damit stellt sich Ptolemaios in eine weit zurückreichende Tradition hinein, die mindestens bis auf Herodot im 5. Jh. v. Chr. zurückgeht42 und von da an – bis auf ganz wenige Ausnahmen43 – das ganze geographische Schrifttum der Antike beherrscht.44 Allerdings ist diese Einteilung
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Vgl. auch die Graphik ‘Approximativer Längenvergleich’ oben Kap. 3.1, Abb. 9. Nach der bekannten Umrechnung von 4⁄5 des halben Erdumfangs von 90 000 Stadien (vgl. Geogr. 1,11,2). Ptol. Synt. 2,1 p. 88. Heib. «Es treten dieselben Finsternisse, besonders aber die des Mondes, welche sowohl für die Bewohner des äussersten Ostens unserer Oikumene wie auch für die des äussersten Westens der Theorie nach zum selben Zeitpunkt sichtbar sind, höchstens zwölf Äquinoktialstunden früher oder später ein, ein Beweis dafür, dass dieses Viertel [der Erdkugel] an sich nur ein Intervall von zwölf Äquinoktialstunden umfasst.» Herodot 4,42,1 setzt diese Einteilung bereits als bekannt voraus. Nur selten ist eine Zweiteilung in Europa und Asien (+Afrika) belegt; so etwa bei Hekataios von Milet (vgl. RE 7, 2672f.) oder Isokrates Paneg. 179. Zum ganzen Thema s. A. Stückelberger, Das Europabild bei Ptolemaios, in: I. Baumgärtner/ H. Kugler (Hrsg.), Europa im Weltbild des Mittelalters: Kartographische Konzepte (Berlin 2008), 31–44.
A. Stückelberger
4.1 Gesamtbild der Oikumene
in drei Kontinente nicht selbstverständlich, entspricht sie doch keineswegs dem damaligen historischen Erfahrungsraum: Sowohl der griechische Kulturraum, der zunächst das Gebiet um die Ägäis, dann Teile der Schwarzmeerküste und Nord afrikas umfasste, wie später das noch viel weiterreichende Imperium Romanum setzten sich über alle Kontinentgrenzen hinweg. Dennoch haben in der Antike mindestens seit den Perserkriegen der Hellespont und der Bosporus, wo heute symbolträchtig die Europabrücke die zwei Kontinente verbindet, immer gewissermassen eine magische Grenze zwischen Europa und Asien dargestellt.45 Ptolemaios übernimmt die üblichen, weitgehend naturgegebenen Abgrenzungen der Kontinente untereinander: So ist Afrika durch die Strasse von Gibraltar von Europa und durch die Landenge von Suez von Asien abgegrenzt. Problematischer war dagegen die – heute mehr denn je aktuelle – Frage nach der Grenze zwischen Europa und Asien. Die eben erwähnte topographisch nachvollziehbare Abgrenzung durch den Hellespont und den Bosporus konnte man weiter nördlich durch den Kimmerischen Bosporus/die Strassse von Kertsch fortsetzen und dem Tanaïs/Don entlang weiterführen. Weiter nördlich aber, wo keine natürlichen Abgrenzungen mehr auszumachen waren, blieb Ptolemaios nichts anderes übrig, als die Grenze zwischen Europa und Asien einer sehr künstlichen Linie, nämlich den 64°-Meridian entlang laufen zu lassen (l.c. 2,1,6; 7,5,5; vgl. 8. Europakarte, 2. Asienkarte). Neu dagegen ist bei Ptolemaios das Gesamtbild, das er sich – wohl auch hier in Anlehnung an Marinos46 – von der Oikumene mit ihren drei Erdteilen macht. Sie bildet nicht mehr, wie noch bei Strabon, eine «rundum vom Meer umflossene Insel»,47 sondern sie ufert an ihren Rändern in die sog. terra incognita aus. Die oben vorgeführten, in sorgfältiger Abwägung ermittelten Begrenzungen stellen nicht einfach das Ende der Oikumene dar, sondern umschreiben vielmehr, wie weit die damalige Kenntnis dank der Ausnützung aller zur Verfügungen stehenden Quellen reicht. Als vorsichtiger Wissenschaftler rechnet Ptolemaios mit der Möglichkeit, dass darüber hinaus noch weitere, bis anhin unerforschte Gebiete existieren. Eine solche agnostos ge/terra incognita vermutet er im Süden Afrikas, im Norden Europas und Asiens sowie im Fernen Osten (l.c. 7,5,2). Damit ist die Vorstellung von den vier durch Meeresarme getrennten Oikumenen des Krates von Mallos endgültig aufgegeben:48 Mindestens im Süden Afrikas hat kein weiterer Kontinent Platz; wie es sich auf der ‘Rückseite’ der Erdkugel verhält, wo noch James Cook Ende des 18. Jh. im Auftrag der englischen Krone vergeblich einen Südkontinent suchte, darüber stellt Ptolemaios keine Spekulationen an. Mit der Annahme von unerforschten Teilen der Erde hängt auch die seltsame, so bei früheren Geographen nicht nachweisbare, von Ptolemaios wiederholt geäusserte Vorstellung zusammen, dass es auch im Südosten von Afrika eine terra 45
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Dem historischen Akt, wie Xerxes 480 v. Chr. mit seinem Riesenheer auf einer Schiffsbrücke den Hellespont überschreitet, wird bei Herodot (7,54,2; 7,56,1) sowie in den Persern des Aischylos (721ff.; 745f.) ein bedeutender Symbolgehalt zugemessen. Es ist heute infolge der kümmerlichen Quellenlage kaum mehr auszumachen, welche Neuerungen Ptolemaios Marinos verdankt und welche er selber gewonnen hat. S. oben Anm. 19. Vgl. oben Anm. 3.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
incognita gebe, die in der Art einer Landbrücke mit dem unbekannten Land im Fernen Osten verbunden sei und den Indischen Ozean somit zu einem Binnenmeer/pelagos mache (l.c. 7,3,6; 7,5,2). So ist denn auch auf den Weltkarten am unteren Rand ein ganz hypothetischer Landstreifen eingetragen. Was Ptolemaios zu diesem Irrtum veranlasst hat, ist schwer zu sagen; mit ein Grund dürfte die irrtümliche Routenbeschreibung des Alexandros gewesen sein, welche nach der Goldenen Chersones/Malaysia die Küste nach Süden statt nach Norden abbiegen lässt.49 Jedenfalls trägt seine Annahme einer Landbrücke den da und dort bereits vor ihm geäusserten Möglichkeiten einer Umsegelung Afrikas oder einer Westfahrt von Spanien nach Indien keine Rechnung.50 2.3 Die Provinzen und Satrapien und das Römische Imperium Auffällig und doch bezeichnend für den rein wissenschaftlichen Charakter des ganzen Werkes ist der Umstand, dass Ptolemaios den politischen Strukturen keinerlei Bedeutung zumisst. Der Begriff Imperium Romanum bzw. ein entsprechender griechischer Ausdruck51 kommt in der ganzen Geographie nicht vor. Aus den Beschreibungen der einzelnen Länder geht nicht hervor, ob sie zum Römischen Reich gehören oder nicht. Zwar halten sich die periorismoi/Grenzbeschreibungen der total 84 Länder52 – soweit sie innerhalb des Reiches liegen – weitestgehend an die aktuelle Provinzeinteilung, wobei innerhalb der Provinzen gelegentlich Unterteilungen berücksichtigt werden, begrifflich aber werden die Länder innerhalb und ausserhalb des Reiches meist unterschiedslos als eparchiai kai satrapeiai/‘Provinzen und (andere) Herrschaftsbereiche’ bezeichnet (Geogr. 2,1,8f.; 7,4,14; 8,29,1).53 Die Ausblendung imperialer Strukturen geht sogar so weit, dass etwa in der Beschreibung Britanniens, wo der nördliche, durch den Hadrianwall abgetrennte Teil nie zum Römischen Reich gehörte, die Küstenbeschreibung nahtlos vom einen zum anderen Teil übergeht (l.c. B. 2,3). Auch auf den überlieferten Karten werden die Aussengrenzen des Römischen Reiches in keiner Weise besonders hervorgehoben noch werden die eigentlichen Provinzen durch die Farbgebung von den übrigen Teilen irgendwie unterschieden.
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Dazu oben S. 261. Herodot (4,42) erwähnt einen – sehr umstrittenen – Bericht von einer Fahrt, welche phönizische Seeleute im Auftrag des ägyptischen Königs Necho vom Roten Meer um Afrika herum nach Ägypten ausgeführt hätten. Mit der Möglichkeit einer Afrika-Umsegelung wird auch Arr. Anab. 5,26,2; 7,1,2 gerechnet. Strabon (1,4,6) hält eine Westfahrt von Spanien nach Indien für möglich; vgl. auch Seneca Nat.quaest. 1, praef. 13. – Es gibt freilich keine Belege dafür, dass Ptolemaios Herodot, Strabon oder gar Seneca gekannt hätte. Es gibt im Griechischen keinen allgemein gültigen Ausdruck für den Begriff Imperium Ro manum: Der hegemoniale Aspekt tritt etwa in der Bezeichnung érxØ ÑRvma¤vn (Polyb. Hist. 1,1,5 u. öfter) oder ÑRvma¤vn ≤gemon¤a (etwa Augustus Res gestae 26f., Dion. Halic. Antiqu. 1,2) oder ≤ t«n ÑRvma¤vn §pikrãteia (Strabo 1,2,1) hervor, der territoriale Aspekt etwa in ≤ ÍpÚ ÑRvma¤oiw pçsa g∞ (etwa Res gestae 13). Zur Zahl von 84 Ländern vgl. oben Textband, Einleitung Anm. 59 sowie oben Kap. 1.4, S. 85. In den – wohl nachptolemäischen – Inhaltsübersichten zu Beginn der Bücher 2–7 wird für alle Länder (auch ausserhalb des Röm. Reiches) der Begriff eparchia/provincia verwendet.
A. Stückelberger
4.1 Gesamtbild der Oikumene
Dieser Verzicht auf die Darstellung imperialer Territoriumsverhältnisse54 ergibt sich aus dem Skopus der ganzen Geographie, der einzig auf die physikalische Gestalt der Oikumene mit ihrer Besiedlung ausgerichtet ist. Dabei mochten die oft durch natürliche Gegebenheiten vorgezeichneten Umrisse der einzelnen Länder beständiger erscheinen als die sich dauernd ändernden Grenzen des Römischen Imperiums. 2.4 Weitere Besonderheiten der ptolemäischen Oikumene55 Als moderner Betrachter hat man es leicht, mit einem aktuellen Atlas vor Augen die ptolemäische Weltkarte zu kritisieren und auf ihr eine Reihe weiterer Unstimmigkeiten oder Irrtümer aufzuspüren. Besonders an den Rändern der Oikumene sind aus heutiger Sicht eine Reihe von Fehleinschätzungen auszumachen, so z.B.: – Im Nordwesten sind etwa die Britischen Inseln erheblich zu weit nördlich angesetzt; Schottland ist – wohl infolge davon – seltsam nach Osten abgedreht. – Im Nordosten fallen die überdimensionierten Ausmasse der Maiotis/des Asowschen Meeres auf sowie die misslichen Proportionen des Kaspischen Meeres. – Im Süden sind die Insulae Fortunatae/Kanarischen Inseln (10–16° N statt ca. 27–29° N), die Quellseen des Nil (6° bzw. 7° S statt ca. 2° N)56 oder das Kap Prason/Kap Delgado (15° 30ʹ S statt 11° S) um etwa 5° bis 10° zu weit südlich angesetzt. – Im Osten liegt die in Wahrheit weit nach Süden sich erstreckende Westküste Indiens seltsam ‘flach’, während die südlich davon liegende Insel Taprobane/ Sri Lanka viel zu gross gezeichnet ist. Aber auch im Innern des Römischen Reiches, wo man zuverlässigere Kenntnisse erwarten würde, treten da und dort erhebliche Fehleinschätzungen auf: – Byzanz ist – seit Hipparch – mit 43° 5ʹ statt 41° erheblich zu weit nördlich angesetzt,57 was sich offensichtlich auf den zu weit nördlich gezeichneten Nord rand von Kleinasien ausgewirkt hat. – Karthago liegt mit 32° 40ʹ statt 36° 50ʹ viel zu weit im Süden, was den Verlauf der nordafrikanischen Küste erheblich beeinträchtigt. – Sardinien (Südspitze bei Nora bei 35° 25ʹ statt bei 39°) wird auf gleicher Höhe plaziert wie das seltsam nach Süden gedrehte Sizilien. So viel zu einigen aus heutiger Sicht besonders auffälligen Fehleinschätzungen. Man kann allerdings den Leistungen des Ptolemaios nur dann gerecht werden, wenn man diese ‘Fehler’ aus dem historischen Kontext des damaligen Wissenstandes beurteilt. Dann wird man feststellen, dass das Bild, das er von der 56 54 55
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Dazu gehört auch der Verzicht auf die Registrierung des ganzen römischen Strassennetzes. Ausführlich dazu unten Kap. 4.2–4.4. In den nur vom Hörensagen bekannten Quellseen des Nil (vgl. Geogr. 4,7,24) darf man mit einiger Zuversicht den Viktoria-See (nördl. Ausfluss ca. 0° 30ʹ N) und den Albert-See (nördl. Ausfluss ca. 2° 10ʹ N) vermuten. Dazu ausführlich oben Kap. 3.2 Falsche Breitenwerte und ihre Folgen.
265
Kap. 4 Geographisches Weltbild
Oikumene aufgrund aller ihm zur Verfügung stehenden Mitteln entwirft, allen Mängeln zum Trotz alles Bisherige an Realitätsgehalt weit übertrifft und später – denkt man etwa an die mittelalterlichen Scheibenkarten von Hereford oder Ebstorf – jahrhundertelang nicht verbessert wurde.
Abb. 2: Visualisierung der Differenzen zwischen modernen und ptolemäischen Koordinaten: Auf den beiden in Zylinderprojektion (Standardparallelkreis 36°) dargestellten Kartenausschnitten sind etwa 200 lokalisierbare Fixpunkte (Poleis episemoi, markante Küstenpunkte und Flussmündungen) verzeichnet. Die Überlagerung ist so gewählt, dass die geographische Länge von Alexandria in der modernen und in der ptolemäischen Karte zur Deckung gebracht wurde. Die Pfeile visualisieren die Differenz zwischen ptolemäischen und modernen Koordinaten, wobei die Pfeilspitzen auf die ptolemäische Koordinate weisen. (Zeichnung: F. Mittenhuber, S. Polla, E. Rinner).
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Visualisierung der Differenzen zwischen ptolemäischen und modernen Koordinaten
A. Stückelberger 4.1 Gesamtbild der Oikumene
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4.2 Die Länderkarten Europas Florian Mittenhuber
Wir machen es uns zur Aufgabe, die einzelnen Länderkarten Europas auf ihre Stimmigkeit hin zu überprüfen, in der Meinung, dass der hohe Realitätsbezug der ptolemäischen Karten – anders als etwa bei der Tabula Peutingeriana1 oder bei christlichen Rundkarten – eine Konfrontation mit modernen Karten aushält. Wenn dabei vor allem aus heutiger Sicht die Unstimmigkeiten angeführt werden, darf man freilich nicht die innovatorische Leistung des ptolemäischen Kartenwerkes als Ganzes aus den Augen verlieren, das mit seiner Fülle von richtig erkannten Sachverhalten alles Bisherige übertroffen hat und noch über Jahrhunderte unerreicht bleiben sollte. Es versteht sich von selbst, dass die im vorangehenden Kapitel dargelegten Längenverzerrungen und Breitenverschiebungen sich auf die Gestaltung der Länderkarten ausgewirkt haben, wobei sich die Überdehnungen in Länge und Breite gegenseitig beeinflussen können. Ein Vergleich zwischen den ptolemäischen und den modernen Längenangaben ist problematisch, da sie unterschiedliche Ausgangsmeridiane aufweisen und die ptolemäische Oikumene – allerdings in unterschiedlichem Ausmass – stark überdehnt ist. Daher werden für die einzelnen Regionen nur ungefähre Längenvergleiche angegeben. Ein Vergleich der geographischen Breiten hingegen ist leichter durchzuführen, da die ptolemäische Breitenzählung der heutigen entspricht.2 Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Breitenverschiebung einer Region durch eine Streckung in der Länge abgeschwächt wird, während sie umgekehrt durch eine Stauchung der Länge verstärkt wird. Kurz zusammengefasst, ergibt sich für Europa bei Ptolemaios folgendes Bild:3 Im Bereich des Mittelmeeres und den angrenzenden Regionen stimmen die geographischen Breiten im Vergleich zu den tatsächlichen Werten allgemein recht gut; die Breiten liegen tendenziell etwas zu tief, die Differenz beträgt meist weniger als 1°, mit Ausnahme der Region um die Peloponnes, wo der Breitenfehler über 1° beträgt. Am auffälligsten ist jedoch eine ‘Zunge’, auf welcher sämtliche Regionen bei Ptolemaios massiv nach Süden verschoben sind. Die Verschiebung steht in Zusammenhang mit der grob falsch beurteilten Nordküste von Afrika,4 wo der Breitenfehler an der Algerischen Küste –5° beträgt; sie setzt sich unter Abschwächung gegen Norden fort, sodass Sardinien noch durchschnittlich um 3°, Korsika um 2° und Oberitalien und der Alpenraum um 1° zu tiefe Breiten aufweisen.
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K. Miller, Weltkarte des Castorius, genannt die Peutingersche Tafel (Ravensburg 1888, Nachdruck Stuttgart 1962); Faksimile-Ausgabe mit Kommentarband, ed. E. Weber (Graz 1976). Die den ptolemäischen Gradwerten zu Grunde liegende Methode, die geographische Breite durch die Dauer des längsten Tages bzw. durch Gnomon-Werte darzustellen, führt heute zu denselben Ergebnissen. Vgl. dazu die entsprechende Karte der Breitendifferenzen, oben Kap. 4.1, Abb. 2. Ausführlich dazu oben Kap. 3.2 Falsche Breitenwerte, Abschnitt 1.
F. Mittenhuber
4.2 Die Länderkarten Europas
Umgekehrt sind die ptolemäischen Breiten auf der Iberischen Halbinsel, in Mitteleuropa sowie auf der östlichen Balkanhalbinsel tendenziell zu hoch, wobei sich die Verschiebung mit zunehmender Distanz von der vorher genannten ‘Zunge’ verstärkt: So liegen die Orte auf der Atlantikseite der Iberischen Halbinsel und in Gallien, in Germanien, am Unterlauf der Donau sowie in der Region von Thrakien und der Propontis/dem Marmara-Meer um ca. 1° zu weit im Norden. An der Nordküste von Spanien, der Region um den Britischen Kanal, in der Nord- und Ostsee sowie im gesamten Schwarzen Meer sind die Orte generell sogar um 2° oder mehr nach Norden verschoben. Auf den Britischen Inseln sowie in der Region von Sarmatien und der Maiotis/dem Asowschen Meer nimmt die Verschiebung überproportional zu; hier summiert sich der Breitenfehler bis auf +7°. Im Folgenden werden die einzelnen Karten im Hinblick auf ihre Umrisse und Ausmasse, ihre geographische Orientierung sowie ihre Lage in Bezug zu den angrenzenden Regionen beurteilt. Daran schliesst sich eine Beschreibung der topographischen Strukturen (Flüsse, Berge, Inseln u.dgl.) an; zuletzt folgen einige Bemerkungen zur Besiedlung.
1. Europakarte: Britische Inseln Umrisse, Orientierung und Ausmasse des südlichen Britannien stimmen mit den aktuellen Verhältnissen recht gut überein:5 Cornwall und Wales sind klar erkennbar, ebenso zeigt die Ostküste einen realistischen Verlauf. Britannien liegt als Ganzes richtig zum südlich anschliessenden Gallien, ist allerdings um durchschnittlich 2°–3° zu weit nach Norden verschoben. Diese für antike Verhältnisse gute Darstellung ändert sich nördlich des Hadrian-Walls: Das ptolemäische Schottland wird nördlich dieser Linie um ca. 90° gegen Osten abgeknickt,6 was in unseren Augen ein seltsames Bild der Insel ergibt und eine zu grosse Längenausdehnung (20° statt nur 8°) von Britannien verursacht.7 Die Umrisse und Ausmasse sowie die geographische Orientierung von Irland sind im Wesentlichen ebenfalls richtig wiedergegeben; allerdings ist die Insel gegenüber Britannien zusätzlich um mehr als 2° nach Norden versetzt, womit sich der Breitenfehler auf bis zu +6° summiert. Die Nordküste der Insel kommt somit auf die gleiche Breite wie die Nordküste des abgeknickten Schottlands zu liegen. Die Drehung von Schottland wiederum hat Unstimmigkeiten bei der Darstellung der Inseln in der Irischen See zur Folge: Die Insel Mona/Anglesey ist weit von der Küste Britanniens entrückt, und die Insel Monarina/Man liegt in der Nähe der Ebuden/Inneren Hebriden. Die Hebriden selbst werden auseinandergerissen und liegen bei Ptolemaios sowohl vor der Irischen Nordküste, wie auch vor dem NO-
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Vgl. Tafel 5, S. 102f. Eine detaillierte Darstellung der Drehverhältnisse liefert der – allerdings nicht in allen Teilen überzeugende – Artikel von A. Strang, Explaining Ptolemy’s Roman Britain, in: Britannia 28 (1997) 1–30. Offenbar liegt hier ein ähnliches Bild vor wie bei den römischen Geographen, die Britannien stets als liegendes Dreieck beschreiben, welches sich entlang der Küste von Gallien und Germanien weit nach Osten erstreckt (Caes. BG 5,13; Mela 3,50; Plin. Nat.hist. 4,102).
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
Ende von Britannien. Die Orkney-Inseln passen relativ zur Nordspitze Britanniens recht gut, ausserdem reduziert sich der Breitenfehler wegen der Drehung von Schottland wieder auf ca. +2°. Nördlich davon, mit einer Breite von 63° am Nord rand der ptolemäischen Oikumene, liegt die sagenhafte Insel Thule.8 Sowohl auf Irland wie in Britannien finden sich keine Gebirge; immerhin wird der Kaledonische Wald in Schottland genannt.9 Bei den Gewässern ist das Fehlen der grossen Flüsse Themse und Severn bemerkenswert, die im Text lediglich als Ästuare10 aufgeführt werden und somit auf den Karten ohne Flussläufe erscheinen. Was die Besiedlung betrifft, scheint dem Ptolemaios in Britannien relativ detailliertes Material11 vorgelegen zu haben, so dass er die Orte sogar den einzelnen Völkern zuordnen kann. In Irland und Schottland hingegen sind die Angaben begreiflicherweise nur sehr vage; hier können nur wenige der ca. 30 genannten Orte mit Sicherheit identifiziert werden.
2. Europakarte: Iberische Halbinsel Die Karte der Iberischen Halbinsel mit der seit Augustus kanonischen Einteilung in die drei Provinzen Baetica, Tarraconensis und Lusitania (um 16 v. Chr.) ist eine der am besten gezeichneten Länderkarten:12 Küstenumrisse und Ausmasse sowie ihre geographische Orientierung sind im Vergleich zu den aktuellen Verhältnissen verblüffend gut getroffen. Auffällige Differenzen sind lediglich im weit in den Atlantik vorspringenden Heiligen Kap/Cabo de San Vicente im Südwesten sowie in der grossen Ausbuchtung des Aquitanischen Ozeans/der Biskaya im Nordosten erkennbar. Weitere Unstimmigkeiten finden sich an der SO-Küste, namentlich an der Costa Blanca, wo die Abfolge der Küstenpunkte durcheinander geraten ist.13 Die Iberische Halbinsel ist korrekt durch die Pyrenäen an Gallien angebunden, allerdings weist das Gebirge bei Ptolemaios im westlichen Teil eine nicht vorhandene NW-SO-Orientierung auf, mit einem weit in die Biskaya vorspringenden Kap.14 Die geographischen Breiten sind bei Ptolemaios an der Mittelmeerküste tendenziell etwas zu tief; im Landesinnern hingegen ergeben sich 8
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Die Insel kann allenfalls von der Lage her mit den heutigen Shetland-Inseln identifiziert werden; plausibel wäre angesichts der Grösse aber auch die Region der Trondheimer Bucht in Mittelnorwegen; vgl. Textband S. 157, Anm. 39. Ptolemaios verwendet für Gebirgsregionen neben der üblichen Bezeichnung oros/Berg gelegentlich auch die Begriffe drymos bzw. hyle/Wald (Geogr. 2,3 bzw. 2,11) und oreine/Bergland (Geogr. 5,9; 5,17; 5,19f.; 6,9f. und 7,2); vgl. dazu unten Kap. 6.2 Geographisches Begriffslexikon 3.4. Ästuare werden fast ausschliesslich auf den Britischen Inseln genannt (Geogr. 2,3,1ff.); vgl. dazu unten Kap. 6.2 Geographisches Begriffslexikon 3.3. Dieses Material dürfte aus der römischen Administration stammen, wie die Erwähnung eines Heerlagers (Pteroton Stratopedon/Pinnata Castra) in Kaledonien nahe legt; allerdings erstaunt dann das weitgehende Fehlen von Legionslagern im südlichen Britannien. Ob Ptolemaios auch den Agricola des Tacitus gekannt hat, ist umstritten. Vgl. Tafel 4, S. 100f. Vgl. dazu Textband S. 163, Anm. 52, sowie S. 177, Anm. 96. Die N-S-Orientierung, die sich bei vielen früheren Geographen findet (Strabo 3,1,3; Mela 2,85), ist bei Ptolemaios jedoch bereits stark gemildert.
F. Mittenhuber
4.2 Die Länderkarten Europas
mit zunehmendem Abstand vom Mittelmeer zu hohe Breiten. Die Orte an der Atlantikküste und im nördlichen Spanien liegen meist um 1°, an der Biskaya sogar um ca. 2° zu weit nördlich. Die Längenausdehnung ist mit ca. 15° (statt ca. 12°) im Vergleich zu den übrigen Regionen, welche in der Regel um ca. 30% überdehnt sind, erstaunlich korrekt. Alle grossen Ströme der Iberischen Halbinsel sind in ihrer ungefähren Lage und Orientierung richtig dargestellt, beim Verlauf der Flüsse im Landesinnern bestehen jedoch einige Unsicherheiten. So reicht der Minius/Miño tendenziell zu weit nach Osten, während die Quelle des Iberus/Ebro eher zu wenig westlich liegt. Die Iberischen Gebirge stimmen einigermassen, allerdings handelt es sich in Wahrheit eher um Hochländer und nicht um Gebirgszüge, wie Ptolemaios suggeriert; auffällig ist jedoch das Fehlen des Mons Solorius/der Sierra Nevada in Andalusien, dem höchsten Gebirge Spaniens.15 Die Balearischen Inseln im Mittelmeer sind vollständig aufgeführt, allerdings liegen Ebusus/Ibiza und Ophiussa/Formentera – wohl in Zusammenhang mit den genannten Unstimmigkeiten an der SOKüste – zu weit südlich. Sämtliche Inseln im Atlantik liegen bei Ptolemaios viel zu weit im Meer draussen; es handelt es bei ihnen in Wahrheit meist nur um kleine küstennahe Inselchen oder Klippen. Einen Spezialfall bilden die Kassiteriden, die sagenhaften Zinninseln, die von vielen antiken Autoren irrtümlich vor die NWKüste Spaniens versetzt werden.16 Auch auf der Iberischen Halbinsel werden sämtliche Städte der drei Provinzen einzelnen Regionen oder Völkern zugeordnet, allerdings mit grossen regionalen Unterschieden; während in der Baetica bis zu 30 Städte auf ein Volk kommen, wird im Nordwesten der Tarraconensis öfters nur eine einzige Stadt einem Volk zugeordnet. Die relative Lage der einzelnen Orte zueinander ist im Grossen und Ganzen stimmig, auch wenn einzelne Orte in der falschen Provinz genannt oder doppelt aufgeführt werden. Auffällig ist jedoch, dass die ethnound topographischen Angaben häufig nicht miteinander kompatibel sind, z.B. die Lage von Städten und Flüssen. Dies gilt jedoch nicht nur für die Iberische Halbinsel, sondern für die gesamte ptolemäische Geographie.
3. Europakarte: Gallien Die geographische Orientierung von Gallien ist im Wesentlichen korrekt dargestellt, ebenso die Lage zwischen den Pyrenäen im Südwesten, dem Gallischen Meer/Golfe du Lion im Süden, den Alpen und dem Rhein im Osten sowie dem Britannischen Ozean/dem Kanal im Norden. Bei Umriss und Ausmass bestehen jedoch wiederum grosse Differenzen zwischen der relativ korrekten Darstellung am Mittelmeer und der recht fehlerhaften Darstellung am Atlantik: Hier ist, bedingt durch die weit vorspringenden Pyrenäen, eine weitere grosse Ausbuchtung der Biskaya entstanden, die in Realität nicht existiert. Die charakteristische Landspitze der Bretagne ist zwar auch bei Ptolemaios klar erkennbar, tritt aber 15 16
Das Gebirge wird Plin. Nat.hist. 3,6 genannt. Es handelt sich vermutlich um die sagenhaften Zinnvorkommen in Devon und Cornwall in SW-England; vgl. dazu den Textband S. 197, Anm. 148.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
nicht stark hervor. Auch in Gallien weisen die verschiedenen Regionen unterschiedlich präzise Werte in der geographischen Breite auf: Während die Orte in den südlichen und östlichen Teilen eher zu tief liegen, sind die Orte entlang der Atlantikküste um ca. 1°, am Kanal sogar um 2° zu weit nach Norden verschoben. Besonders auffällig ist eine Region von zu tiefen Breiten, die sich von SO her weit nach Zentralfrankreich hineinzieht.17 Die sonst bei Ptolemaios übliche Längenverzerrung ist in diesem Raum nicht vorhanden. Die orographischen Verhältnisse sind weitgehend korrekt dargestellt, mit Ausnahme des Cebenna-/Cevennen-Gebirges, das zu weit im Norden liegt. Der Jura ist vorhanden, die Silva Vosagus/Vogesen hingegen nicht.18 Die hydrographischen Verhältnisse entsprechen ebenfalls weitgehend der Realität, auch wenn im Osten einige Unsicherheiten bestehen: Der grösste Irrtum findet sich bei den Rhonezuflüssen Arar/Saône und Dubis/Doubs, die bei Ptolemaios beide in den Alpen statt im Jura entspringen.19 Weitere Umstimmigkeiten finden sich im Einzugsgebiet des Rheins,20 dessen Unterlauf bei Ptolemaios nicht nach Westen abbiegt. Öfters sind Flüsse nicht nach ihrer wahren Grösse ausgewählt: So wird die an sich unbedeutende Obrinca/der Vinxtbach, die Grenze zwischen Germania Superior und Germania Inferior, als einziger Zufluss des Rheins genannt, während weit bedeutendere Flüsse wie z.B. die Mosel fehlen. Gallien mit seinen korrekt positionierten, auf die Neuordnung durch Augustus von 27 v. Chr. zurückgehenden vier Provinzen weist wiederum eine durchgehende Zuordnung der Städte zu ihren Völkern auf. Obwohl auch hier einzelne Orte oder Völker in den falschen Provinzen genannt werden, ist dennoch die relative Lage der einzelnen Orte zueinander ziemlich korrekt wiedergegeben. Augenfällig ist der – im Verhältnis zu anderen Regionen – starke Bezug auf militärische Einrichtungen im rechtsrheinischen Germanien, wo diverse Legionen genannt sind.
4. Europakarte: Gross-Germanien21 Die Lage von Gross-Germanien, das sich zwischen dem Rhein im Westen, der Donau im Süden und der Weichsel im Osten sowie Nord- und Ostsee im Norden erstreckt, ist korrekt wiedergegeben, ebenso seine geographische Orientierung. Die Umrisse der nördlichen Küste sind für den damaligen Kenntnisstand erstaunlich detailliert, allerdings ist die Kimbrische Halbinsel/Dänemark um 45° nach Osten gekippt und weist eine zu grosse Ausdehnung auf. An der Ostseeküste verläuft die Küste zunächst in Ost-Richtung weiter und krümmt sich dann in Sarmatien in Richtung Norden zur terra incognita am Nordrand der ptolemäischen Welt. In der Ostsee werden von Ptolemaios drei kleine und eine grosse
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Es sind dies Ausläufer der oben genannten ‘Zunge’ mit massiv zu tiefen Breiten, die sich von Nordafrika über Sardinien und Korsika nach Mitteleuropa zieht. Das Gebirge wird Plin. Nat.hist. 3,6 genannt. Der Fehler findet sich auch bei Strabo (4,1,11). Die Lage des Adula-Gebirges, aus dem der Rhein entspringt, wird gleich unten bei der 5. Europakarte behandelt. Zu Germanien ausführlich unten Kap. 4.5.
F. Mittenhuber
4.2 Die Länderkarten Europas
Insel mit dem Namen Skandia genannt: Es handelt sich dabei offensichtlich um die dänischen Ostseeinseln und Südskandinavien, das während der gesamten Antike für eine Insel gehalten wurde.22 Die Längenausdehnung von Gross-Germanien ist mit ca. 17° (statt ca. 12°) deutlich zu hoch. Die Verzerrungen in der geographischen Breite lassen sich aufgrund der nur spärlich lokalisierbaren Orte nur schwer abschätzen; tendenziell sind die Breiten der südlichen Regionen einigermassen stimmig, in den nördlichen jedoch um 1° im Landesinnern bzw. um 2° an der Küste zu hoch. Die bedeutenden Flüsse Germaniens sind zumindest im westlichen und südlichen Teil des Landes bekannt und in ihrer Lage richtig dargestellt. Eine Ausnahme bilden die grossen Rheinzuflüsse, z.B. Neckar und Main, die – ähnlich wie die Mosel in Gallien – fehlen.23 Bemerkenswert ist die Nennung von zwei Quellflüssen der Weichsel. Die orographische Darstellung ist weniger realistisch: Alle germanischen Mittelgebirge sind zu weit nördlich eingezeichnet, z.B. das AbnobaGebirge/der Schwarzwald. Besonders auffällig ist ein «den Alpen gleichnamiges Gebirge» (Geogr. 2,11,7) nördlich der Donau-Quellen, das in der Wirklichkeit nicht exisiert. Ptolemaios scheint also keine genaue Kenntnis des Germanischen Binnenlandes besessen zu haben, was auch die zusätzliche Nennung einiger ‘Wälder’ wie der Hercynia Silva belegt, die in der Antike lange Zeit ein Sammelbegriff für die weitgehend unbekannten germanischen Mittelgebirge war.24 Anders als bei den vorher genannten Ländern werden die Orte und Völker Germaniens getrennt aufgelistet. Die 76 genannten Völker werden systematisch beschrieben: Nebst der Einordnung der grossen Völker in den geographischen Grossraum (Geogr. 2,11,15) erfolgt eine feinere Aufzählung der kleineren Stämme in Regionen (l.c. 2,11,8–14.16–26). Die 94 Orte werden – ganz unptolemäisch – in vier von Norden nach Süden verlaufende Breitenzonen (sog. Klimata) eingeteilt.25 Es fällt auf, dass einige der wenigen mit Sicherheit lokalisierbaren Orte auf der rechten Seite des Rheins liegen, also eigentlich gar nicht in Gross-Germanien, sondern in der Gallien zugeordneten Provinz Germania Superior. Einige der Ortsnamen stehen unverkennbar in Zusammenhang mit bei Ptolemaios nicht genannten Flüssen, z.B. Luppia (vom Fluss Luppia/Lippe), Menosgada (Moenus/Main) oder Alcimoennis (Alcmona/Altmühl). Weiter finden sich auch Namen in Zusammenhang mit historischen Ereignissen, z.B. die Tropaea Drusi, oder wirtschaftsgeographische Angaben, z.B. die Eisengruben südlich der Quaden. Solche Erwähnungen finden sich bei Ptolemaios – im Gegensatz zu den übrigen antiken Geographen – nur in den meist unbekannten Regionen am Rande der Welt.26
Die Erkenntnis, dass Skandinavien keine Insel ist, ist literarisch erstmals bei Adam v. Bremen im 11. Jahrhundert belegt. 23 Die Flüsse werden auch bei den anderen Geographen nicht genannt, dafür bei den Historikern: Mosella (Tac. Ann. 13,53); Moenus (Amm. 17,1,6); Nicer (Amm. 28,2,1). 24 Vgl. dazu Textband S. 225ff., Anm. 225–227. 25 Möglicherweise stammt diese Einteilung noch von Marinos; dazu vgl. Textband S. 231, Anm. 241. 26 Vgl. dazu die Bemerkungen des Ptolemaios, Textband S. 141. 22
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
5. Europakarte: Alpenraum und östliche Adria Die gesamte Region des nördlichen und östlichen Alpenraumes mit den Provinzen Rätien und Vindelikien, Noricum und dem seit 106 n. Chr. zweigeteilten Pannonien sowie der östlichen Adria mit der Provinz Illyricum ist in Lage und Orientierung weitgehend richtig wiedergegeben; die Region ist allerdings in der Länge stark überdehnt (ca. 25° statt 20°). Was die geographischen Breiten betrifft, sind auch in dieser Region die Auswirkungen der eingangs erwähnten, von Afrika ausgehenden ‘Zunge’ mit zu tiefen Breiten zu spüren: Die Breiten der im Westen gelegenen Orte sind (wie in Oberitalien) sämtlich um über 1° zu tief. Gegen Osten nimmt der Breitenfehler kontinuierlich ab und verschwindet in der Provinz Pannonia Inferior ganz; in Illyricum weisen die Orte wiederum eher zu tiefe Werte auf. Die Umrisse der östlichen Adriaküste sind, mit Ausnahme der Halbinsel von Istrien, die praktisch nicht hervortritt, gut getroffen, auch wenn die ganze Adria auffällig ‘flach’ liegt.27 Die illyrischen Inseln weisen einige Unstimmigkeiten auf, so wird z.B. eine ‘bedeutende Insel’ Scardona genannt, die in Wahrheit aus mehreren kleinen Inseln besteht.28 Im Norden wird die Region durch die Donau begrenzt, deren Verlauf im Wesentlichen korrekt dargestellt ist. Bemerkenswert sind die zahlreichen Krümmungspunkte des Flusses, die im Text explizit angeführt werden. Die wesentlichen Zuflüsse der Donau werden – im Gegensatz zu denjenigen des Rheins – genannt und sind in der Abfolge stimmig. Bei den orographischen Verhältnissen gibt es einige Schwierigkeiten: Der Alpenbogen ist insgesamt einigermassen korrekt eingetragen, die einzelnen Abschnitte stimmen aber nicht zusammen. So sind die Alpes Graiae bzw. die Alpes Poeninae in der Region des Aostatales viel zu weit nach Osten versetzt, während das Ocra-Gebirge/die Julischen Alpen zu weit im Westen liegt und an erstere anschliesst. Da somit für die dazwischenliegenden Regionen kein Platz mehr blieb, musste das Adula-Gebirge als Ausbuchtung nach Norden gezeichnet werden. Schuld an diesen Fehlern sind vermutlich die in der Antike kaum gangbaren Alpen, weshalb die Positionen der nördlich und südlich gelegenen Orte nicht abgeglichen werden konnten. Diese Inkompatibilität der einzelnen Regionen wirkt sich besonders auf die Darstellung der heutigen Schweiz aus: Da sich das Adula-Gebirge mit den Rheinquellen gewissermassen zwischen die West- und Ostschweiz ‘quetscht’, kommt die politisch zu den ‘Alpes Graiae’ gehörige Region um Octodurum/Martigny viel zu weit nach Osten in die Region der Lechquellen im heutigen Vorarlberg zu liegen. Ähnliche Verschiebungen sind auch in Pannonien zu beobachten, wo die Orte nördlich der Alpen tendenziell nach Westen versetzt sind. Auch hier werden einige Legionen genannt, die der Sicherung der römischen Nordgrenze dienten. Auf eine Zuordnung der – in der Regel gut bekannten – Orte zu ihren Völkern wird in den hier beschriebenen Regionen verzichtet.
Zum Problem der Längenüberdehnung und der damit zusammenhängenden W-O-Orientierung der Region vgl. gleich unten die 6. Europakarte. 28 Vgl. dazu Textband S. 255, Anm. 312. 27
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4.2 Die Länderkarten Europas
6. Europakarte: Italien29 Die Lage Italiens ist korrekt, und auch die Umrisse des klar erkennbaren itali schen Stiefels sind recht gut wiedergegeben; für die Orientierung gilt jedoch, wie oben erwähnt, dasselbe wie für die Adria: Die Längenüberdehnung der gesamten Region (ca. 15° statt 10°) sorgt dafür, dass Mittelitalien auffällig ‘flach’ erscheint.30 Östlich des Meridians durch Neapel knickt der Stiefel nach Süden ab, sodass Süditalien eher zu ‘steil’ dargestellt ist. Die geographischen Breiten fallen erwartungsgemäss an der Ligurischen Küste und in Oberitalien generell mehr als 1° zu tief aus, weil sich hier die ‘Zunge’ der von Afrika ausgehenden zu tiefen Breiten besonders bemerkbar macht. Die zu tiefen Breiten Oberitaliens werden in Mittelitalien jedoch ausgeglichen, indem die Region in der Länge gestreckt wird. In Süditalien – die Stiefelspitze ist hier etwas breit geraten, wodurch der Golf von Tarent zu einer engen Bucht wird – macht sich der umgekehrte Effekt bemerkbar: Weil die Region in der Länge gestaucht wird, nehmen die Breitenfehler wieder zu. Der genau N-S-orientierte Absatz des Stiefels reicht deshalb um ca. 1° zu weit nach Süden. An der Adria tritt der markante Vorsprung des Garganus Mons/Monte Gargano bei Ptolemaios kaum hervor, und die nördlich anschliessende Küste ist wiederum zu ‘flach’, besonders im Bereich der Po-Mündung. Dadurch wird die nördliche Adria zu einer in W-O-Richtung verlaufenden schmalen Bucht. Was die Flüsse und Gebirge betrifft, sticht der sich über den gesamten Stiefel erstreckende Apennin ins Auge, der die natürliche Wasserscheide des Landes bildet. Seine Lage und die von ihm her kommenden Flüsse sind recht realistisch wiedergegeben. Ganz anders liegen die Verhältnisse im Einzugsgebiet des Po: Hier fehlen die wichtigen Flüsse Ticinus/Ticino, Addua/Adda oder Atesis/ Etsch.31 Genannt werden einige Seen und Flüsse, deren Darstellung aber oft nicht der Realität entspricht: So entspringt der Po z.B. im Lacus Larius/Comer See, der seinerseits aber an den Westalpen liegt. Die oben erwähnten, durch die Alpen bedingten Schwierigkeiten finden somit im Süden ihre Fortsetzung. Im dicht besiedelten und gut bekannten Italien werden erwartungsgemäss sehr viele, meist identifizierbare Orte angeführt, die wiederum einzelnen Völkern oder Regionen zugeordnet sind. Grobe Fehler in der relativen Lage der Orte und Völker zueinander sind selten und können z.T. mit Fehlern in der handschriftlichen Überlieferung erklärt werden.32 Eine Ausnahme bildet Ober italien, wo sich die bereits erwähnten Schwierigkeiten mit den Alpen auch auf die Position der Orte auswirken. Auch hier weisen die Orte keinen Bezug zu den
Die zu dieser Karte gehörende Insel Korsika wird unten in Zusammenhang mit Sardinien und Sizilien besprochen. 30 Vermutlich hängt dies mit der Längenverzerrung des gesamten Mittelmeeres zusammen, welche durch die Streckung der afrikanischen Nordküste bedingt ist. 31 Plin. Nat.hist. 3,118.121; u.a.m. 32 Neapel, das nach den Koordinaten der V-Rezension auf einer schmalen, in der Realität nicht vorhandenen Halbinsel liegt, erhält nach den Koordinaten der J-Rezension eine stimmigere Position. 29
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
topographischen Strukturen auf; so liegt z.B. der Ort Comum/Como weitab vom Lacus Larius/Comer See. Die grösseren italischen Mittelmeerinseln sind verzeichnet, allerdings fehlen zwischen Italien und Korsika die Inseln Oglasa/Montecristo und Igilium/Giglio.33 Dafür wird die Insel Elba unter dem lateinischen Namen Ilva bzw. dem griechischen Namen Aithalia gleich zweimal genannt. Wie üblich sind die Inseln nicht in ihren wahren Proportionen dargestellt, so dass v.a. die kleinen Inseln im Golf von Neapel bedeutender erscheinen als sie sind. Etwas verwirrlich ist schliesslich die Bezeichnung ‘Adriatisches Meer’ bei Ptolemaios: Es handelt sich hierbei um einen Teil des Ionischen Meeres, der bei anderen antiken Geographen Sikulisches oder Ausonisches Meer heisst; mit der Adria hat dieses Meer jedoch nichts zu tun.34
7. Europakarte: Korsika, Sardinien und Sizilien Die beiden Mittelmeerinseln Korsika (6. Europakarte) und Sardinien sind in ihrer Orientierung, gegenseitigen Lage und ihren Umrissen35 einigermassen richtig wiedergegeben, nicht aber in Relation zum italischen Festland und Sizilien: Sardinien liegt ungefähr auf der Breite von Sizilien.36 Hauptverantwortlich für diesen groben Fehler ist die Tatsache, dass Sardinien und Korsika von den massiv zu tiefen Breiten der Algerischen Küste (–5°),37 die sich entlang des Meridians nach Norden fortsetzen, am stärksten betroffen sind. Durch die zu grosse Breitenausdehnung der Inseln (fast 6° statt 4°) sowie durch die Längenverzerrung des italischen Stiefels wird der Fehler gegen Norden hin jedoch etwas ausgeglichen: Sardinien liegt durchschnittlich noch ca. 3°, Korsika noch ca. 2° zu tief. Sizilien ist korrekt an der Spitze des Stiefels gelegen und klar als Dreieck erkennbar,38 obwohl auch hier der Effekt des von Afrika ausgehenden Breitenfehlers zu spüren ist: Während die Breiten im Osten der Insel einigermassen stimmen, nimmt der Fehler gegen Westen markant zu und summiert sich schliesslich auf fast –2°. Dies hat Auswirkungen auf die Gestalt der Insel: Ptolemaios zeichnet die NW-Spitze im SW der Insel, wodurch Teile der Nordküste als Westküste erscheinen. Bedeutende Flüsse sind – der Realität entsprechend – keine verzeichnet, ebenso – mit Ausnahme des Ätna auf Sizilien – nur wenige bedeutende Gebirge. Auf allen drei Inseln werden auch im Landesinnern zahlreiche Orte und Völker genannt. Korsika hat keine umliegenden Inseln, wohl aber Sardinien; diese sind bei Ptolemaios jedoch z.T. etwas weit vom Festland weggerückt. Um Sizilien stimmt die Lage der vorgelagerten Inseln besser: Man erkennt die ägadischen Inseln im Westen und die äolischen Inseln im Norden. Westlich von Ustica verzeichnet Ptolemaios die (nicht existente) Insel des Aiolos: Der Hintergrund dieses Versehens Plin. Nat.hist. 3,80f.; Mela 2,122. Vgl. dazu Textband S. 263ff., Anm. 11 und 12. 35 Die Küste Südsardiniens erhält nach den Koordinaten der J-Rezension ein weit plausibleres Bild. 36 Die falsche Ansetzung von Südsardinien und Südsizilien auf der Breite von 36° lässt sich über die gesamte antike geographische Literatur bis zu Eratosthenes zurückverfolgen. 37 Die Gründe werden oben Kap. 3.2, Abschnitt 1 genannt. 38 Vgl. den antiken Namen ‘Trinacria’ (Strabo 6,2,1; Plin. Nat.hist. 3,86ff.; u.a.m.). 33 34
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4.2 Die Länderkarten Europas
liegt vermutlich darin, dass Aiolos, der Beherrscher der Winde, seinen mythischen Sitz auf den äolischen Inseln hatte.39 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die heute zum italischen Küstenschelf gerechneten Inseln wie Lampedusa, Kossyra/Pantelleria sowie Malta von Ptolemaios auf der 2. Afrikakarte verzeichnet sind.40
8. Europakarte: Osteuropa und Krim Das Europäische Sarmatien erstreckt sich von der Vistula/Weichsel im Westen bis zum Tanaïs/Don im Osten sowie dem nördlichen Ozean/der Ostsee im Norden bis zu den Karpaten, dem Tyras/Dnjestr und der nördlichen Schwarzmeerküste sowie der Maiotis-See/dem Asowschen Meer im Süden. Die Lage und Orientierung der Region sind in den südlichen Teilen korrekt, ebenso die Umrisse der Bucht von Odessa und der Halbinsel Krim. Im ohnehin kaum bekannten Norden jedoch sind die Unstimmigkeiten gewaltig; so reicht der Sarmatische Ozean41 viel zu weit nach Osten, bis ungefähr zum Meridian, der auch durch die Halbinsel Krim geht. Trotzdem ist die Längenausdehnung der gesamten Region nicht stark überschätzt. Die geographische Breite lässt sich aufgrund der wenigen lokalisierbaren Orte im Binnenland nur schwer überprüfen; sie ist in den westlichen und südlichen Regionen tendenziell um mindestens 2° zu hoch; bei der Maiotis-See, die während der gesamten Antike in ihren Dimensionen weit überschätzt wurde,42 summiert sich der Breitenfehler an ihrem Nordende sogar bis auf ca. +7°. Diese Unsicherheiten wirken sich natürlich auf die Darstellung des Binnenlandes aus: Während die Mündungsgebiete der bedeutenden Flüsse ins Schwarze Meer recht gut bekannt sind, bestehen bezüglich ihres jeweiligen Verlaufes im Landesinnern grosse Unsicherheiten. Um so bemerkenswerter ist vor diesem Hintergrund, dass es offenbar bekannt gewesen ist, dass sich der Tanaïs, der Grenzfluss zwischen Europa und Asien,43 von seiner Mündung zunächst weit nach Osten zieht und sich so dem ins Kaspische Meer mündenden Fluss Rha/Wolga annähert. Ein ähnliches Bild wie bei den Flüssen zeigt sich bei den Gebirgen: Die Karpaten werden zwar in ihrer Lage richtig verzeichnet, bleiben in ihrer Ausdehnung jedoch viel zu klein. Auffällig ist das Fehlen des markanten Jalta-Gebirges auf der Krim,44 während im sarmatischen Binnenland zahlreiche grosse Gebirge genannt werden, die in Wahrheit nicht existieren. Während auf der Taurischen Chersones/Krim auch im Landesinnern zahlreiche Orte genannt sind, beschränkt sich die Kenntnis des Sarmatischen Binnenlandes offenbar lediglich auf den küstennahen Süden. Den Rest des Landes nehVgl. dazu Verg. Aeneis 1,50ff.; bei Homer Od. 10, 1–79 liegt die Insel des Aiolos im äussersten Westen. 40 Dazu unten Kap. 4.3, 2. Afrikakarte. 41 Zur Küste Sarmatiens am nördlichen Ozean vgl. auch oben zur 4. Europakarte. 42 Die W-O-Ausdehnung beträgt bei Ptolemaios 10°, die N-S-Ausdehnung 6° (statt 4° bzw. 2°); vgl. dazu die Dimensionen bei Hdt. 4,86; Strabo 2,5,23; 7,4,5; u.a.m. 43 Vgl. dazu oben Kap. 4.1, Abschnitt 2.2 Die drei Erdteile und die terra incognita. 44 Das Gebirge ist auch bei Strabo (7,4,3) und Plinius (Nat.hist. 4,85) namenlos. 39
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
men über 50 Völker ein, die öfters den Namen eines benachbarten Gebirges oder Flusses tragen. Wie in Gross-Germanien erfolgt zunächst eine Aufzählung der grossen Völker (Geogr. 3,5,19), danach eine feinere Unterteilung der kleineren Stämme in Regionen (l.c. 3,5,20–25). Einige der im Nordwesten genannten Völker Sarmatiens werden auch auf der Insel Skandia genannt.45 Ferner finden sich im Osten Sarmatiens Namen, die in Zusammenhang mit historischen oder mythischen Ereignissen stehen; so werden am Tanaïs zwei Altäre angeführt, die auf die Feldzüge des Alexander Bezug nehmen.46 In derselben Gegend befindet sich laut Ptolemaios schliesslich das mythische Rhipäen-Gebirge, das nach frühen antiken Vorstellungen die Welt im Norden beschliesst.47
9. Europakarte: Balkan Die Balkanregion wird im Westen durch die Donau und die Region des heutigen Serbien, im Osten durch die westliche Schwarzmeerküste, im Norden durch die Karpaten und den Tyras/Dnjestr sowie im Süden durch die Propontis/das Marmara-Meer und die nördliche Ägäis begrenzt. Lage und Orientierung der einzelnen Regionen sind im Wesentlichen korrekt; ebenso ist die Längenverzerrung recht gering. In der Breite hingegen nimmt der Fehler tendenziell von Westen nach Osten zu; während die Gegenden am Mittellauf der Donau eher zu tief liegen, sind die Breiten der Orte in Dakien und Thrakien etwas zu hoch. Am Unterlauf der Donau und bis hin zum Bosporus48 summiert sich der Breitenfehler auf etwa +2°. Diese Unstimmigkeiten hat Ptolemaios in der Region der Propontis auszugleichen versucht: So wird die Thrakische Chersones/Gallipoli am Hellespont vergrössert, und die Propontis erhält statt einer W-O- eine N-S-Orientierung. Dadurch erklären sich auch die in unseren Augen ungewohnten Umrisse dieser Region. Im Binnenland sorgt diese Inkonsistenz in der Breite dafür, dass vor allem Dakien viel zu gross dargestellt ist, ein Eindruck, der durch das Fehlen des Karpatenbogens noch verstärkt wird. Die übrigen Gebirge sind in ihrer Lage einigermassen korrekt, mit Ausnahme des langgestreckten Haimos-Gebirges, wofür wieder der Breitenausgleich verantwortlich ist. Letzterer hat auch Auswirkungen auf die sich durch die gesamte Karte ziehende Donau:49 der Mittellauf des Flusses entspricht bis in die Region von Oescus/Gigen einigermassen der Realität, wobei allerdings das Fehlen des Flusses Pathissus/Theiss auffällt.50 Im Unterlauf hinge 47
Vgl. dazu Textband S. 237 sowie S. 305, Anm. 74. Vgl. dazu Textband S. 305, Anm. 75. Vgl. z.B. Anaximenes Frg. 13f. (DK). Später gelten die Rhipäen als Grenze zwischen Europa und Asien (Plin. Nat.hist. 5,97ff.; Mela 1,109 u.a.St.) sowie als Quelle des Tanaïs (Plin. Nat.hist. 4,78 u.a.St.). Ihre Existenz wird von Strabo (7,3,1 u.a.St.) bezweifelt. 48 Die falsche Ansetzung von Byzanz auf dem Parallelkreis von 43° (statt 41°) findet sich schon bei Hipparch; dazu ausführlich oben Kap. 3.2, Abschnitt 2. 49 Bei Ptolemaios (Geogr. 3,10,1) am Ober- und Mittellauf mit dem lateinischen Namen ‘Danuvius’, am Unterlauf hingegen mit dem griechischen Namen ‘Ister’ bezeichnet; vgl. dazu Plin. Nat.hist. 3,127; Strabo 7,3,13; u.a.m. 50 Schon bei Plin. Nat.hist. 4,80 erwähnt. 45 46
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4.2 Die Länderkarten Europas
gen krümmt sich die Donau bereits nach Oescus nach Nordosten, während sie in der Realität noch lange gegen Osten verläuft. Die Krümmung nach Norden kurz vor dem Delta entspricht dann wiederum den aktuellen Gegebenheiten, allerdings weisen die Verhältnisse kurz vor dem bei Ptolemaios detailreich beschriebenen Delta51 einige Seltsamkeiten auf, was jedoch mit der hier zweifelhaften Textüberlieferung zusammenhängen dürfte.52 Die Angaben zur Besiedlung der einzelnen Länder sind vermutlich infolge der politischen Gegebenheiten sehr heterogen: Da mit Ausnahme der erst 106 n. Chr. gegründeten Provinz Dakien alle nördlich der Donau gelegenen Gebiete ausserhalb des Römischen Reiches lagen, sind die Angaben relativ dürftig; dies gilt besonders für das Gebiet der Iazygen. Südlich der Donau sind die Kenntnisse besser; besonders auffällig ist die Nennung zahlreicher Legionslager in Mösien, was die strategische Bedeutung der Region als Reichsgrenze verdeutlicht.53 Thrakien ist, ähnlich wie auch Kappadokien (Geogr. 5,6), in militärische Verwaltungsbezirke, sogenannte Strategien gegliedert.54 Die übrigen Provinzen der Karte sind nicht wie sonst üblich in Völker oder Regionen unterteilt, sondern in Orte ‘am Fluss’ und in Orte ‘abseits des Flusses’.55 Was die Inseln betrifft, sind die grösseren Inseln der nördlichen Ägäis und der Propontis vorhanden, allerdings vermisst man Imbros56 und einige der kleineren Inseln im Marmara-Meer. Seltsam mutet die Lage der zwei Kyaneen an, von denen die eine/Irektahı zu Thrakien, die andere/ Örektahı zur Provinz Pontos und Bithynien (Geogr. 5,1) gezählt wird. Offenbar sollten sie den nördlichen Eingang des Bosporus markieren, liegen auf den Karten jedoch weiter östlich im Pontos/Schwarzen Meer; möglicherweise sind die überlieferten Koordinaten falsch.
10. Europakarte: Griechenland Die Lage von Griechenland zwischen Italien im Westen und der Türkei im Osten ist korrekt, bei der Orientierung und den Umrissen bestehen jedoch einige Unstimmigkeiten. Dafür verantwortlich ist eine generelle Überdehnung der Länge (10° statt 7°), wodurch das gesamte Mittelgriechenland um ca. 45° nach Osten gedreht wird. Dies wiederum wirkt sich auf die Umrisse folgendermassen aus: Die Westküste Makedoniens verläuft zunächst an der Strasse von Otranto richtig nach Süden, knickt dann aber bei Ptolemaios auf der Höhe der Insel Korkyra/Korfu nach Osten ab, während sie in der Realität weiter in südöstlicher Die Nennung von sieben Mündungsarmen ist – in Analogie zum Nil und zum Indus (der Ganges hat fünf) – offenbar kanonisch; vgl. dazu Textband S. 321, Anm. 102. 52 Die Krümmung bei Dinogeteia erscheint weit weniger ausgeprägt, wenn man die X-Variante berücksichtigt, allerdings bestehen nördlich des Donaudeltas generell einige Unsicherheiten; vgl. dazu Textband S. 315, Anm. 89, sowie S. 325ff., Anm. 109 und 111. 53 Vgl. dazu auch die Legionslager in den rechtsrheinischen Provinzen (oben 3. Europakarte) und in Pannonien (5. Europakarte). 54 Vgl. dazu oben Kap. 2.1 Zu den Quellen der Geographie, Abschnitt 4. 55 Dasselbe Prinzip ist auch am Oberlauf der Donau (5. Europakarte) angewendet worden; ähnliche Gliederungen finden sich aber auch an den meisten anderen grossen Flüssen. 56 Vgl. Strabo 7 Frg. 20a u.a.St.; Plin. Nat.hist. 4,72f.; Mela 2,106. 51
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
Richtung verläuft. Die Orientierung des Korinthischen Golfes und der Peloponnes stimmt dann wieder. Östlich des Isthmos von Korinth ist die Lage von Attika und der Insel Euböa einigermassen korrekt; allerdings verläuft die Ostküste von Mittelgriechenland bis Thessaloniki bei Ptolemaios zu ‘flach’ (NW-SO statt N-S). Die anschliessende Halbinsel Chalkidike mit dem Berg Athos ist bei Ptolemaios gegen Osten statt nach Süden orientiert, gegen Thrakien hin stimmt die Richtung wieder. Diese Unstimmigkeiten wirken sich auf die geographische Breite der einzelnen Regionen folgendermassen aus: In der Region von Dyrrachion/Durrës ist die Breite zunächst korrekt, die Abweichung wächst dann aber gegen Süden bis zur Insel Korkyra auf fast –2° an, da die Küste zu lang ist. Wegen des erwähnten Knickes gegen Osten vermindert sich der Breitenfehler in der Folge aber wieder auf knapp –1° am Golf von Korinth. Die Peloponnes und Attika liegen ebenfalls um ca. 1° zu tief. Wegen des zu ‘flachen’ Verlaufes der Ostküste Mittelgriechenlands vermindert sich der Breitenfehler weiter bis in die Region von Thessaloniki auf praktisch null. In der Folge nimmt der Breitenfehler weiter zu und beträgt an der Grenze zu Thrakien wieder +1°, wodurch sich die falsche Orientierung der Chalkidike erklärt. Besonders auffällig ist die Tatsache, dass weite Teile Süd- und Westgriechenlands in einer ‘Breitensenke’ liegen, die ihren Schwerpunkt mit ca. –2° entlang einer Linie vom Süden der Peloponnes bis zur Insel Korkyra hat. Diese ‘Senke’ steht jedoch nicht in direktem Zusammenhang mit der bereits mehrfach erwähnten, von Afrika ausgehenden ‘Zunge’ der zu tiefen Breiten, von der fast alle Regionen des westlichen Mittelmeeres betroffen sind. Verantwortlich dürfte vielmehr die falsche Ansetzung der Mitte der Peloponnes auf dem Parallelkreis durch Rhodos (36°) sein, die Ptolemaios von seinen Vorgängern übernommen hat.57 Was die orographischen Verhältnisse betrifft, fällt zunächst die Fülle an kleinen Einzelbergen auf.58 Einzig das Pindos-Gebirge weist eine grössere Ausdehnung auf; es verläuft in Wirklichkeit jedoch viel ‘steiler’ (N-S statt W-O). Verantwortlich dafür ist die erwähnte Drehung von Mittelgriechenland. Die Flüsse sind in der Regel bemerkenswert gut wiedergegeben; es fallen allerdings die seltsamen Gabelungen des Alpheios auf der Peloponnes sowie des Kephisos in Achaia auf, die unmöglich der Realität entsprechen können. Analog zur besonderen Fülle von topographischen Strukturen werden auch ungewöhnlich viele Orte, Völker und Landschaftsbezeichnungen angeführt: Die herausragende Bedeutung Griechenlands für die antike Welt zeigt sich augenfällig in der Platznot auf der Karte.59 Die zahlreichen Inseln vor der griechischen Küste sind zwar fast lückenlos verzeichnet; allerdings ist auf ihre Grösse kein Verlass. Es bestehen folgende kleine Fehler in der Lage einiger Inseln: Die Insel Lemnos im Thrakischen Golf ist zu weit von Kleinasien entfernt, im Thermaïschen Golf liegt die Insel Skyros viel zu
Diese Ansetzung der Mitte der Peloponnes ist in der antiken Geographie klassisch: vgl. Strabo 2,5,39 u.a. St. 58 Zu den einzelnen Bergen vgl. im Textband die Anmerkungen zu Geogr. 3,13,19; 3,15,12; 3,16,14. 59 Für Einzelheiten sei auf den Textband (Geogr. 3,13–17) verwiesen. 57
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4.2 Die Länderkarten Europas
weit im Norden. Die Kykladen sind ziemlich vollständig, jedoch in ihrer gegenseitigen Lage nicht immer korrekt verzeichnet und werden teilweise der Insel Kreta zugerechnet.60 Die Inseln des Ionischen Meeres sind einigermassen korrekt aufgeführt; einige Unstimmigkeiten lassen sich wiederum mit Fehlern in der Textüberlieferung erklären, wobei die J-Rezension oft die besseren Koordinaten bietet. Die Insel Kreta schliesslich liegt bei Ptolemaios für unser Verständnis etwas zu ‘nahe’ bei der Peloponnes, weil letztere wie erwähnt über 1° zu weit südlich angesetzt ist.61
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Dies betrifft die Inseln Kimolos und Melos; vgl. dazu Textband S. 379, Anm. 270. Vgl. dazu oben Anm. 57.
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4.3 Die Länderkarten Afrikas Klaus Geus/Florian Mittenhuber Der Kenntnisstand der antiken Geographen über Afrika ist geringer als der über Europa und Asien. Diese Aussage gilt nicht nur für Strabon, Mela, Plinius und Dionysios, sondern auch für das 4. Buch der Geographie des Ptolemaios. Abzulesen ist dies schon aus der Tatsache, dass es zwar zehn Länderkarten von Europa und zwölf von Asien, aber nur vier von Afrika gibt. Und diesem Befund entspricht, dass sich von den über 6300 Positionsangaben bei Ptolemaios nur 964 auf Afrika beziehen. Auch wenn man eine stark unterschiedliche Siedlungsdichte gegenüber anderen Erdteilen und die weitgehende Unkenntnis der Griechen und Römer über Mittel- und Südafrika in Rechnung stellt, ist dieses Missverhältnis doch auffällig. Immerhin hat Afrika etwa die dreifache Grösse von Europa. Dass Ptolemaios – aufs Ganze betrachtet – weniger über Afrika weiss als über andere Grossregionen, ist sicherlich nicht mit mangelndem Eifer bei der Beschaffung von Informationen oder gar mit mangelnder Sorgfalt bei der Bestimmung und Auswertung der Koordinatenangaben zu erklären, im Gegenteil: Die Bemerkungen und Beispiele in seiner Einleitung zeigen,1 dass Ptolemaios dem schwarzen Kontinent besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat. Der Grund dürfte vielmehr darin liegen, dass in der Antike – abgesehen von Ägypten – nur die Küstengegenden Afrikas, gegebenenfalls (besonders bei grösseren Flüssen) auch das Hinterland, von Griechen und Römern bewohnt und aufgesucht wurden. Das Innere Afrikas dagegen war trotz vereinzelter Angaben dem Ptolemaios (und anderen Geographen der Antike) praktisch unbekannt. Die Beschreibung von Afrika folgt nicht einer durchgehenden Richtung wie etwa der Periplus des Pomponius Mela. Der Kontinent wird von Ptolemaios in verschiedene Regionen gegeliedert und auf vier Karten verteilt: Mauretania Tingitana und Mauretania Caesariensis (1. Afrikakarte); die römische Provinz Africa (2. Afrikakarte); Cyrenaica, Marmarica, Eigentliches Libyen und Ägypten (3. Afrikakarte); Inneres Libyen, Äthiopien südlich von Ägypten und Inneres Äthiopien (4. Afrikakarte). Da Ptolemaios auf eine isometrische Einteilung Afrikas verzichtet, sind auf jeder seiner ganz unterschiedliche Räume umfassenden Afrikakarten annähernd gleich viele Örtlichkeiten eingezeichnet.2 Grundsätzlich lässt sich bei den ptolemäischen Breiten- und Längenangaben für Afrika Folgendes feststellen: Im Bereich der Strasse von Gibraltar stimmt die geographische Breite der ptolemäischen Orte fast genau. Gegen Osten hin zeichnet Ptolemaios die Küste in OSO-Richtung, während sie in Wahrheit eher nach ONO verläuft: Deshalb summiert sich der Breitenfehler bis in die Region von
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Vgl. besonders die Bemerkungen zur südlichen Ausdehnung der Oikumene (Geogr. 1,7–10), Textband S. 68–81. Die vier Afrikakarten enthalten 205, 230, 298 und 231 mit Koordinatenangaben bestimmte Örtlichkeiten.
K. Geus / F. Mittenhuber
4.3 Die Länderkarten Afrikas
Karthago bis auf ca. –5°.3 Mit Fortschreiten in Richtung Osten verringert sich der Breitenfehler wieder, weil Ptolemaios die Küste weiter in östlicher (statt in südlicher) Richtung verlaufen lässt: Aus diesem Grund weisen die Orte an der Grossen Syrte nur noch um ca. 1° zu geringe Breiten auf; dasselbe gilt im Wesentlichen für die Orte in der Cyrenaica. An der Nordküste von Ägypten nähern sich die Breiten wieder den realen Verhältnissen: Die Breite von Alexandria ist annähernd korrekt bestimmt. Die generelle Überdehnung der ptolemäischen Oikumene in West-Ost-Richtung wirkt sich auch auf die Nordküste Afrikas aus: Ihre gesamte Länge beträgt bei Ptolemaios ca. 60° (statt nur knapp 40°). Zum Bild trägt sicher auch die Tatsache bei, dass sie als eine ziemlich gerade Linie dargestellt wird und selbst die beiden Syrten eher schwach konturiert sind (vielleicht ein Reflex der alten Vorstellung von Afrika als Dreieck). Wie im vorigen Kapitel erwähnt,4 sind Italien und Griechenland nicht unbeträchtlich in der Länge verzerrt. Dasselbe ist bei der afrikanischen Mittelmeerküste zu beobachten, was nicht verwundert, da ja seit Eratosthenes einige wichtige Meridiane Städte in Europa und Nordafrika über das Mittelmeer hinweg verbinden, beispielsweise Rom mit Karthago oder Lysima cheia und Rhodos mit Alexandria.5 Sehr uneinheitlich werden die topographischen Kenntnisse, wenn wir uns von der Mittelmeerküste abwenden.6 So erscheint die afrikanische Westküste stark gestaucht, weil sie Ptolemaios in SSO- statt in SW-Richtung verlaufen lässt. Die im Senegal beginnende Umwendung der Küste nach Osten ist bei Ptolemaios überhaupt nicht vorhanden, im Gegenteil: Afrika läuft bei ihm auf der Höhe des Äquators gegen Westen in die agnostos ge / ins unbekannte Land aus.7 Besonders gelungen ist hingegen das Bild von Ägypten; die Breiten der wichtigsten Städte sind einigermassen korrekt bestimmt. Auch das Bild des Arabischen Golfes/Roten Meeres ist verhältnismässig gut getroffen, auch wenn die Breiten in den südlichen Teilen um ca. 2° zu tief liegen. Am über 5° zu tief angesetzten Horn von Afrika und in den südlich davon liegenden Gebieten nimmt die Tendenz, Örtlichkeiten zu weit nach Süden zu verlegen, nochmals markant zu.8
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Vgl. dazu oben Kap. 3.2, Abschnitt 1. Vgl. oben Kap. 4.2, 6. und 10. Europakarte. Vgl. dazu aber die kritischen Aussagen von Ptolemaios zu den ‘gegenüberliegenden’ Orten bei Marinos (Geogr. 1,15,2.4) Die antiken Afrikareisenden sind auf vier Wegen nach Süden vorgedrungen: entlang der afrikanischen Atlantikküste, auf Handelswegen durch die Sahara, den Nil flussaufwärts und entlang der afrikanischen Küste des Roten Meeres und des Golfs von Aden. Die Angaben des Ptolemaios reflektieren dabei etwa den Kenntnisstand, den die Römer zur Zeit der Flavier (69–96 n. Chr.) hatten, was heisst, dass bereits einige Kenntnisse seit den Zeiten der Phoiniker und Griechen verloren gegangen waren. Vgl. dazu unten zur 4. Afrikakarte. Die Bemerkungen des Ptolemaios in seiner Einleitung (Geogr. 1,9,6) lassen darauf schliessen, dass ihm für die Gegenden südlich des Äquators keine astronomischen Breitenbestimmungen zur Verfügung standen.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
1. Afrikakarte: Mauretanien Ptolemaios beginnt seine Beschreibung Afrikas im äussersten Nordwesten mit der römischen Provinz Mauretania Tingitana, die 42 n. Chr. von der Provinz Mauretania Caesariensis getrennt wurde. Sie setzt bei Gibraltar ein und führt von dort die Atlantikküste entlang südwärts bis zur Provinzgrenze am so genannten Grösseren Atlas (vielleicht Kap Gheir). In einem zweiten Durchgang beschreibt er erneut von Gibraltar aus ostwärts die Mittelmeerküste bis zur Mündung des Flusses Malua/Oued Moulouya. Die Beschreibung der Provinz Mauretania Caesariensis schliesst sich im Osten bis zum Fluss Ampsaga/Oued-el-Kebir an. Die im Landesinnern gelegenen Orte von Vasbaria bis Taruda werden in einem zweiten Schritt ebenfalls von Westen nach Osten nachgetragen. Orientierung und Ausmasse dieser Karte stimmen mit den realen Verhältnissen nur grob überein. Zwar lässt Ptolemaios Afrika fast bis zum 36. nördlichen Breitengrad reichen: Die grösste nördliche Ausdehnung (35° 55ʹ) haben das Kap Kotes/Spartel, Tingis Caesarea/Tanger und die Stadt Exilissa. Damit ist die geographische Breite der Nordwestspitze von Afrika annähernd korrekt bestimmt. Der Verlauf der Nordküste in östlicher Richtung fällt jedoch bei Ptolemaios insgesamt eher nach Süden ab, statt nach Norden zu steigen; aus diesem Grunde wächst der Breitenfehler bis zur Mündung des Ampsaga bis auf gut –5° an. In ihren Längen sind die beiden Mauretanien fast um das Doppelte überdehnt. Die von Ptolemaios genannten Gebirge sind kaum wiedererkennbar. Insbesondere lassen sich der Grössere und der Kleinere Atlas nicht mit den modernen Gebirgszügen Atlas und Anti-Atlas identifizieren. Wahrscheinlich sind damit Bergzüge zwischen Casablanca und Azemmour gemeint. Vom Tell-Atlas und dem Sahara-Atlas hatte Ptolemaios keine richtige Vorstellung. Die beiden Atlantik inseln Paina und Erytheia sind nicht sicher identifizierbar. Als einzige Mittelmeer insel wird in diesem Abschnitt eine bei Iol Caesarea/Cherchell gelegene gleich namige Insel, die damals noch nicht mit dem Festland verbunden war, erwähnt. Was die Besiedlung angeht, sind die Angaben des Ptolemaios relativ ausführlich, werden aber immer vager, je weiter man ins Landesinnere voranschreitet. Die Städte im Landesinnern teilt Ptolemaios in verschiedene Streifen ein, die er dann von Norden nach Süden ‘abrastert’; bei den Völkern verzichtet er wie üblich fast gänzlich auf Koordinatenangaben und reiht die verschiedenen Völker ‘hodologisch’ aneinander. Dasselbe Vorgehen wendet er auch bei der 2. Afrikakarte an.
2. Afrikakarte: Die römische Provinz Africa An die Mauretania Caesariensis schliesst sich im Osten die 146 v. Chr. gegründete römische Provinz Africa an. Erneut wird zuerst die Mittelmeerküste von der Mündung des Flusses Ampsaga/Oued-el-Kebir bis zur Grossen Syrte (genauer: bis zu den Altären der Philainoi) beschrieben. Danach folgt wieder die Angabe der im Landesinnern gelegenen Städte von Cirta Iulia/Constantine bis Thagulis. Wie schon bei der 1. Afrikakarte sind auch hier die Umrisse nur ungefähr gelungen. Der Küstenverlauf ist zwar stärker konturiert, allerdings sind im westli284
K. Geus / F. Mittenhuber
4.3 Die Länderkarten Afrikas
chen Teil der Provinz die Breiten um 4°–5° zu tief angesetzt. Dafür verantwortlich ist mit grosser Wahrscheinlichkeit eine falsche Bestimmung der geographischen Breite von Karthago/Tunis mittels Gnomon.9 Im weiteren Verlauf ist insbesondere die vom Kap Hermaia/Kap Bon bis zum Kap Brochodes/Kap Kaboudia verlaufende Küstenlinie in Ost-West- statt in Nord-Süd-Richtung eingezeichnet;10 dadurch verringert sich der Breitenfehler wieder: Die anschliessende Kleine Syrte ist vergleichsweise gut gelungen und liegt noch ca. 3° zu tief. Die fast waagrecht verlaufende Grosse Syrte, die nach Süden bis 29° N reicht, ist sogar nurmehr um gut 1° Grad zu weit südlich lokalisiert. In der Länge ist die Provinz mit ca. 12° (statt 20°) wieder um fast das Doppelte überdehnt. Die falsche Orientierung der tunesischen Ostküste wirkt sich auch auf die Darstellung des Landesinnern aus: Die südlich von Gabès angesetzten Seen – sicher identifizierbar ist nur der Triton-See/Schott Djerid – werden durch den halbmythischen Fluss Triton verbunden und sind vielleicht um 90° von Westen nach Süden ‘geklappt’.11 Hier dürfte auch der Grund zu suchen sein, dass der Fluss Bagradas/Medjerda stark verlängert bzw. mit anderen Flussläufen kombiniert ist.12 Was die vorgelagerten Inseln angeht, fällt zunächst auf, dass Ptolemaios die heute zu Europa gerechneten Inseln in der Meerenge zwischen Sizilien und Tunesien – Kossyra/Pantelleria, Lampedusa und Malta – zu Afrika rechnet.13 Ihre Lage zueinander ist im Wesentlichen korrekt, allerdings weisen auch sie eine falsche Orientierung auf (Nord-Süd statt Ost-West). Obwohl also die gesamte Region des heutigen Tunesien bei Ptolemaios einen Drehfehler von 45° bis 90° aufweist, lässt sich insgesamt behaupten, dass die Beschreibung dieses Abschnittes im Vergleich zu den inneren Regionen Afrikas relativ gut gelungen ist.
3. Afrikakarte: Cyrenaica, Marmarica, Eigentliches Libyen, Ägypten An die Beschreibung der Provinz Africa schliesst sich im Osten die Beschreibung der Cyrenaica an. Nach dem bekannten Muster wird zuerst die Küste von den Altären der Philainoi/Graret Gser et-Trab bis zur Stadt Darnis/Derna
Strabo (2,5,38) überliefert ein – vermutlich von Hipparch übernommenes – Verhältnis von Gnomon-Höhe zu Äquinoktialschatten von 11 : 7. In Grade umgerechnet, führt dies auf eine geographische Breite von 32° 28ʹ (statt richtig 36° 55ʹ), was zum ptolemäischen Wert von 32° 40ʹ sehr gut passt; vgl. oben Kap. 3.2, Abschnitt 1. 10 Als Gründe vermutet O.A.W. Dilke, Greek and Roman Maps (London 1985) 85f. zum einen, dass Ptolemaios vielleicht auf eine Centurationskarte geschaut hat und die kardines, die nach NO gehen, als nördlich betrachtet und so die Orientierung um 45° gedreht hat, zum anderen, dass die Schiffsreisenden von Ägypten nach Karthago den Sandbänken der Kleinen Syrte ausgewichen sind. 11 Als Folge dürfte ein ‘Loch’ in der Karte entstanden sein, so dass die Namen und Lokalisierungen vieler Städte zwischen dem Rubricatus/Oued Mafragh und dem Triton/Schott Djerid dubios erscheinen. 12 Ähnliches dürfte auch für den Fluss Kinyps/Oued Caam gelten. 13 Strabo 6,2,11 bzw. 17,3,16 und Plinius Nat.hist. 3,92 bzw. 5,42 (ohne Malta) führen die Inseln bei der Beschreibung beider Kontinente an. 9
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
beschrieben, dann die im Landesinnern gelegenen Städte von Kyrene/Schahhat bis zum Dorf Arimantos/Gasr-el-Carmusa. Auf die Beschreibung der Cyrenaica folgt die der Marmarica, des Libyen-Gaus und Ägyptens. Ptolemaios fasst diese drei Verwaltungseinheiten in seiner Beschreibung zu einem Block zusammen. Die Marmarica reicht an der Küste von Aziris/Wadi el-Chalig bis Petra Megale/ Bardia, der Libyen-Gau vom Hafen Panormos bis zum Vorgebirge Glaukon/bei el-Imayid, und Ägypten vom mareotischen Gau mit dem Dorf Cheimo bis zur Westgrenze der Provinz Palaestina mit dem Grenzpunkt Anthedon/Teda bzw. bis zur Westgrenze der Provinz Arabia Petraea mit dem Grenzpunkt Heroonpolis/Tell el-Maskhuta. Anschliessend führt die Beschreibung des Ptolemaios den Arabischen Golf/das Rote Meer entlang von Arsinoë bis zum Kap Bazion. Die auf dieser Karte14 kaum überdehnte Mittelmeerküste ist von Ptolemaios mit geringen Abweichungen fast durchgehend auf dem 31. Breitengrad eingezeichnet, weshalb die Cyrenaica viel zu wenig als Halbinsel hervortritt. Die Breiten ihrer Städte liegen generell über 1° zu tief, während die Breiten der ägyptischen Mittelmeerküste annähernd exakt bestimmt sind.15 Auch im Niltal erweisen sich die Angaben des Ptolemaios als erstaunlich exakt. Der Grund dafür dürfte sein, dass neben Alexandria mindestens Syene und Meroë, vielleicht auch noch andere Städte, seit den Zeiten des Eratosthenes astronomisch vermessen worden waren und daher als Eckpfeiler für die Karte des Ptolemaios dienen konnten. An der Küste des Arabischen Golfes/Roten Meeres nimmt die Qualität der Karte wieder etwas ab: So ist die Stadt Heroonpolis/Tell el-Maskhuta am Zipfel des Golfes um gut einen halben Grad zu tief angesetzt; die Breite der Landenge von Suez entspricht aber den realen Verhältnissen.16 Die Angaben für das Landesinnere der Cyrenaica, der Marmarica und des eigentlichen Libyens sind eher dürftig. Erwähnenswert ist immerhin die Tatsache, dass Ptolemaios Geogr. 4,5,26 und 4,7,35 eine ‘sandige und wasserlose Region’ (diammos kai abrochos chora) im Bereich des Wendekreises erwähnt; fast genau dieselbe Bezeichnung bezeugt Strabo (2,5,37) für Hipparch – ein wichtiger Beleg für die Verwendung hipparchischer Breitendaten durch Ptolemaios.17 Im Gegensatz zu den genannten Regionen ist Ägypten sehr ausführlich beschrieben. Neben den oben erwähnten astronomischen Messungen dürfte ein Hauptgrund dafür sein, dass Ptolemaios, der vermutlich aus Ptolemaïs Hermeiu/El-Minshije stammte, persönliche Kenntnisse einarbeitete.18 Für Ägypten sind nicht weniger als 49 Gaue verzeichnet, was darauf schliessen lässt, dass Ptolemaios Zugang zu den Akten der römischen Verwaltung hatte. Vgl. Tafel 1, S. 95. Die geographische Breite von Alexandria (heute 31° 13ʹ) wird bei Ptolemaios mit 31° angegeben; dazu passt das bei Vitruv De arch. 9,7,1 und Strabo 2,5,38 überlieferte Verhältnis von Gnomon-Höhe zu Äquinoktialschatten von 5 : 3, was auf eine geographische Breite von 30° 58ʹ führt. Der Wert ist absolut korrekt, wenn man den bei Gnomon-Messungen systembedingten Fehler von –16ʹ in Rechnung stellt. – Die Breitendifferenz zwischen den Metropolen Alexandria und Karthago beträgt bei Ptolemaios 1° 40ʹ, was gut zu den überlieferten (aber falschen) Gnomon-Werten passt; vgl. oben Anm. 9. 16 Zur Sinai-Halbinsel vgl. die 4. Asienkarte. 17 Dazu ausführlich oben Kap. 3.2, bes. Abb. 1. 18 Vgl. dazu Textband, Einleitung, S. 9ff. 14 15
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K. Geus / F. Mittenhuber
4.3 Die Länderkarten Afrikas
4. Afrikakarte: Inneres Libyen, Äthiopien südlich von Ägypten, Inneres Äthiopien Das Innere Libyen schliesst im Norden an die Südgrenzen der Provinzen Mauretania Tingitana, Mauretania Caesariensis, Africa und der Cyrenaica an und reicht im Osten bis zum Meridian, der durch die Stadt Darnis/Derna führt. Im Westen wird es vom Atlantik, im Süden vom Inneren Äthiopien, im Osten von Äthiopien südlich von Ägypten begrenzt.19 Die Beschreibung dieser Region setzt im Nordwesten mit der Mündung des Flusses Subos ein und führt die Atlantikküste entlang nach Süden bis Hypodromos Aithiopias. Der Küstenverlauf ist relativ detailliert beschrieben, wird aber der Wirklichkeit nicht annähernd gerecht. Er ist auf der Karte fast senkrecht in Nord-Süd-Richtung eingezeichnet und lässt beispielsweise die Umwendung nach dem Cabo Verde überhaupt nicht erkennen. Entsprechend unsicher sind die Identifizierungen der meisten Städte, Berge und Flüsse; insbesondere scheinen Doppelungen zu den in Mauretania Tingitana genannten Orten aufzutreten.20 Selbst die grossen Ströme Senegal, Gambia und Niger scheinen dem Ptolemaios wenig bekannt zu sein oder sind so stark verschoben, dass hier grosse Differenzen zwischen der ptolemäischen und der modernen Karte bestehen. Da die im Landesinnern gelegenen Städte fast immer im Zusammenhang mit Flüssen genannt sind, bleibt auch deren Identifizierung unsicher. Einige Seen in der Sahara sind ebenso fiktiv wie einige Flüsse, wobei bei letzteren mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass Ptolemaios einige Flussläufe mit Handelsstrassen verwechselt hat.21 Ungewöhnlich umfangreich ist der Abschnitt über die Völker im Inneren Libyen, die sämtlich ohne genaue Positionsangaben lokalisiert und nach ihrer Grösse getrennt angeführt werden. Von ihnen zählt Ptolemaios 39 auf, fast doppelt so viel wie Plinius (Nat.hist. 5,43–46). Den bekannten Mythos von den Pygmäen ignoriert er jedoch. Die viel gesuchten Insulae Fortunatae/Glückseligen Inseln – die am Westrand der Oikumene den ptolemäischen Nullmeridian bilden – sind ziemlich sicher mit den Kanarischen Inseln zu identifizieren. Ihre Orientierung in Nord-Süd (statt West-Ost) ist von Ptolemaios um 90° verdreht; zudem wird die Inselgruppe auf einer Breite von 10°–16° N (statt richtig ca. 27°–29° N) um ca. 15° zu weit südlich angesetzt.22 Als nächste Region beschreibt Ptolemaios Äthiopien südlich von Ägypten. Auch hier sind die Angaben des Ptolemaios überraschend detailliert. Die Westgrenze wird durch den erwähnten Meridian durch die Stadt Darnis/Derna bestimmt. Im Süden reicht es bis zur Breite von Kap Rhapton (in der Region von Vgl. Tafel 7, S. 106f. Vgl. z.B. die Flüsse Sala (Geogr. 4,1,4) und Salathos (l.c. 4,6,5), die Kaps Usadion (l.c. 4,1,4) und Rhyssadion (l.c. 4,6,6) sowie die doppelt genannte Pyrrhon-Ebene (l.c. 4,1,10 und 4,6,17). 21 A. Roscher, Ptolemaeus und die Handelsstrassen in Central-Africa. Ein Beitrag zur Erklärung der ältesten uns erhaltenen Weltkarte (Amsterdam 1971) [= Gotha 1857]. Der Beitrag ist allerdings in vielem überzogen. 22 Zum Nullmeridian ausführlich oben Kap. 3.1, Abschnitt 4.1. – Zur Identifizierung s. Textband, Einleitung, Anm. 38. 19 20
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
Daressalam). Der östliche Abschluss entspricht der Ostküste Afrikas, die vom Kap Bazion südwärts bis zum Kap Rhapton beschrieben wird. Am Arabischen Golf/Roten Meer und dem ptolemäischen Roten Meer/Golf von Aden23 sind die ptolemäischen Breiten in der Regel um 2°–3° zu tief angesetzt. Die Lage und Orientierung der Küste zur Arabischen Halbinsel ist relativ gut, auch wenn der Arabische Golf etwas zu breit geraten ist. Beim Horn von Afrika fallen zunächst die übergrossen Buchten des Adulischen und Barbarischen Golfes auf, die nicht der Realität entsprechen; allerdings weichen die Koordinatenangaben der Küstenpunkte in den beiden grossen Textrezensionen so stark voneinander ab, dass ein Vergleich nicht sinnvoll ist. Nachgetragen wird die Beschreibung des Landesinnern den Nil hinauf von Pselchis/Dakka bzw. dem Grossen (= Zweiten) Katarakt bis Primis Megale/ Amara. Zu Äthiopien südlich von Ägypten gehören auch die Troglodytike an der Küste des Roten Meeres und südlich anschliessend die Barbaria, die auf der ‘inneren’ Seite Azania heisst, ausserdem die Triakontaschoinos westlich des Nils, das ‘Mittlere Äthiopien’ und die Gegenden nördlich der Nil-Seen. Überraschend gut gelungen ist über weite Strecken hinweg die Beschreibung des Nils. Ptolemaios’ Angaben benennen korrekt die Schlaufen und die zwei Aufgabelungen.24 Die bekannte Tendenz, die Städte zu weit südlich zu platzieren, ist hier nur schwach oder gar nicht zu beobachten: Die alte Kuschiten-Hauptstadt Napata/am Gebel Barkal liegt sogar über 1,5° zu weit nördlich; die Region um die berühmte Stadt Meroë (im heutigen Sudan) ist nur etwa einen halben Grad zu weit südlich geraten. Parallel zum Nil soll sich eine langgestreckte Gebirgskette im Westen befinden, die als Äthiopische Berge bezeichnet wird. Als letzte Region beschreibt Ptolemaios das Innere Äthiopien. Es liegt südlich des Inneren Libyen bzw. des Äthiopien südlich von Ägypten und zieht sich quer durch den gesamten Kontinent. Die Nordgrenze bildet dabei eine Linie, die vom Kap Rhapton am Indischen Ozean bis zum ‘Westlichen Meerbusen’, einem Teil des Atlantiks, reicht. Nach Süden hin erstreckt sich unbekanntes Land/agnostos ge. Die letzten ‘bekannten’ Örtlichkeiten sind an der Atlantikküste im Westen das Land der westlichen Aithiopen, im Osten die Küsten der menschenfressenden Aithiopen mit dem mehr als 4° zu weit südlich angesetzten Kap Prason/Kap Delgado als südlichstem bekannten Punkt der Oikumene (15° S); danach setzt die hypothetische Landbrücke im Süden der ptolemäischen Oikumene an, die Afrika und Asien verbindet.25 Den östlichsten Punkt Afrikas markiert die Insel Menu thias (Pemba?), die Ptolemaios auf 85° östlicher Länge legt.
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Zu den Bezeichnungen vgl. unten Kap. 4.4, Anm. 21. Vager wird dagegen die Beschreibung bei den über den Äquator hinausreichenden südlichen Teilen; hier sind die Angaben nach unseren Vorstellungen viel zu weit nach Süden geraten. Zu diesen Örtlichkeiten gehören beispielsweise auch die ‘Nil-Seen’ bzw. ‘Nilsümpfe’, die weit südlicher als die tatsächliche Positionen des Viktoria- und des Albert-Sees platziert sind. Vgl. dazu oben Kap. 4.1, Abschnitt 2.2 Die drei Erdteile und die terra incognita.
K. Geus / F. Mittenhuber
4.3 Die Länderkarten Afrikas
Im Inneren Äthiopien befindet sich die so genannte Agisymba-Region, ein Gebiet der Aithiopen, das sich sehr weit ausdehnen soll.26 Wenn es tatsächlich mit dem Raum des Tibesti-Gebirges27 im Tschad bzw. mit der Gegend nördlich des Tschadsees zu identifizieren ist, wird es von Ptolemaios zu weit südlich angesetzt.28 Nach Süden hin, zum unbekannten Land, existieren nach Ptolemaios sehr viele Gebirge, u.a. das berühmte Mondgebirge (vermutlich das Ruwenzori-Massiv), aus dem die Nil-Seen ihr Schmelzwasser beziehen sollen. Ungewöhnlich für seine katalogartige Darstellungsweise ist schliesslich, dass Ptolemaios für das ‘Land der Äthiopen’ das Vorkommen von Weissen Elefanten, Nashörnern und Tigern erwähnt.
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Marinos hat die ihm vorliegenden Angaben in Breiten umgerechnet: Agisymba, das zum Land der Aithiopen gehört, soll 24 680 Stadien, das Vorgebirge Prason sogar 27 800 Stadien südlich des Äquators liegen. Damit wären allerdings Agisymba und das Vorgebirge Prason ca. 49° bzw. 56° südlich des Äquators zu liegen gekommen, also weit über die Südspitze des afrikanischen Kontinents hinaus in die ‘unteren’ Bereiche der südlichen Hemisphäre geraten. Ptolemaios hat diese Angaben in seiner Einleitung (Geogr. 1,8,1f.) kritisiert und zu korrigieren versucht. Das Barditon-Gebirge erinnert an den Ort Bardaï in Tibesti. Das von Ptolemaios Geogr. 4,8,4 erwähnte Vorkommen von Nashörnern in der Agisymba-Region würde dagegen auf den Aïr oder Asbin hindeuten, da man dort zahlreiche Felsdarstellungen von Nashörnern gefunden hat. Vgl. J. Desanges, Recherches sur l’activité des Méditerranées aux confines de l’Afrique (Rome 1978) 197–213.
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4.4 Die Länderkarten Asiens Gerhard Winkler/Florian Mittenhuber
Wie die Länderkarten Europas und Afrikas lassen sich auch die von Asien durchaus mit modernen Karten vergleichen. Es ist aber klar, dass sich auch hier die in den vorangehenden Kapiteln erörterten Längenverzerrungen und Breitenverschiebungen auf die Gestaltung des ptolemäischen Kartenbildes ausgewirkt haben. Wegen der starken Überdehnung der Längenwerte können für die einzelnen Regionen nur ungefähre Vergleichszahlen angegeben werden. Bei den Breitenwerten hingegen, bei denen die Verwendung des gleichen, auf den Äquator bezogenen Systems vorliegt, ist – mit Ausnahme der unsicher identifizierbaren Regionen in Zentral- und Ostasien – ein Vergleich gut möglich. Es ergibt sich im Wesentlichen folgendes Bild: In den Regionen des östlichen Mittelmeeres sowie im Nahen Osten weichen die Breiten gegenüber den heutigen kaum ab; dasselbe gilt im Wesentlichen für Arabien, wo die Küsten des Roten Meeres und des Persischen Golfes meist korrekt oder lediglich um ca. 1° zu tief angesetzt sind. Weiter im Osten hingegen sind die Breiten allgemein deutlich zu tief und weisen aufgrund grob falscher Orientierung gewisser Küsten abschnitte bzw. unstimmiger Proportionen von Ländern enorme Verzerrungen auf. Im Einzelnen ergibt sich folgendes Bild: Während die Küste von Karmanien bis zum Indus um 3°– 4° zu weit südlich angesetzt ist, verkehrt sich der Breitenfehler im Folgenden ins Positive, da die gesamte Westküste Indiens bei Ptolemaios statt nach Süden nach Osten verläuft; deshalb liegt die Südspitze Indiens bei ihm um mehr als 5° zu weit nördlich. Da weiter nach Osten die Küste Indiens immer noch in Ostrichtung (statt nach Nordosten) verläuft, tritt der umgekehrte Effekt ein, d.h. die Breiten werden wieder negativ: Alle Orte am Golf von Bengalen sind bei Ptolemaios um 4°–7° zu tief angesetzt, ebenso die Goldene Chersones. Taprobane ist massiv zu gross geraten; im Norden liegt die Breite bei +2°, im Süden bei –8°. Im Bereich des Schwarzen Meeres sind – infolge der fehlerhaften Ansetzung von Byzanz – alle Orte um etwa 2° nach Norden verschoben; weiter nördlich nimmt der Breitenfehler sogar bis auf +7° zu, z.B. bei der viel zu gross dargestellten Maiotis. Das Kaspische Meer, das bei Ptolemaios richtig als Binnenmeer verzeichnet ist, erscheint in der Breitenausdehnung etwas verkürzt, weshalb der Breitenfehler, der am Kaukasus wie auch im Süden und Osten des Meeres jeweils +3°– 4° beträgt, sich an der Nordküste etwas verringert. Südlich des Kaspischen Meeres, in Medien und Mesopotamien, beträgt der Breitenfehler jeweils um die +2°, was mit der falschen Ansetzung Babylons zusammenhängen dürfte.1 Östlich davon, in einem Streifen, der sich von Persien über Areia bis an den Oberlauf von Indus und Ganges hinzieht, stimmen die Breiten fast mit den heutigen Werten
1
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Vgl. oben Kap. 3.2, Abschnitt 3, sowie unten zur 4. Asienkarte.
G. Winkler / F. Mittenhuber
4.4 Länderkarten Asiens
überein: Dies dürfte jedoch nicht durch genaue Messungen bedingt sein, sondern eher dadurch, dass sich in diesen Regionen die zu tiefen Breiten des Südens und die zu hohen Breiten des Nordens ausgleichen.
1. Asienkarte: Kleinasien Auf den ersten Blick scheint das Kartenbild der Wirklichkeit recht gut zu entsprechen, doch lassen sich beim näheren Vergleich einige charakteristische Abweichungen feststellen: Die Westspitze Bithyniens mit der viel zu weit im Osten eingezeichneten östlichen Kyaneen-Insel/Örektahı liegt um ca. 2° zu weit im Norden. Dieser Breitenfehler, welcher in der falschen Breitenansetzung von Byzanz/Istanbul begründet ist,2 wirkt sich auf die ganze – ansonsten verhältnismässig richtig wiedergegebene – Nordküste Kleinasiens aus; hinzu kommt gegenüber der Südküste eine Längenverschiebung von einigen Graden nach Westen. Abgesehen von der viel zu grossen und Nord-Süd- statt West-Ost-orientierten Propontis/dem Marmara-Meer3 ist auch die kleinasiatische Westküste einigermas sen korrekt gezeichnet; die Buchten sind ziemlich richtig wiedergegeben, allerdings zeichnen die beiden grossen Textrezensionen J und V den Küstenverlauf sehr unterschiedlich. Ganz im Südwesten ist die Halbinsel Doris zu gross geraten und liegt zu nahe bei Kreta. Die Lage der grösseren Inseln der Sporaden entspricht nur z.T. der Wirklichkeit: Lesbos, Chios, Samos, Kos, Rhodos und Karpathos liegen im Wesentlichen richtig; Amorgos aber liegt nicht nordöstlich, sondern nordwestlich von Astypalaia, Kasos befindet sich südwestlich und nicht nördlich von Karpathos. Die kleinen Inseln Megiste/Kastellorizon, Dolichiste/Kekova Ada und Krambusa/Sulu Ada sind zu küstenfern platziert; Attelebusa vor Attaleia/Antalya ist verlandet. Die Südküste Kleinasiens verläuft ziemlich richtig auf 36°–37° nördlicher Breite, ist aber etwas ungegliedert dargestellt. Besonders die Küstenlinie Kilikiens erscheint viel zu flach, was vor allem auf die zu weit im Norden verzeichnete Kette des Tauros-Gebirges zurückgeht. Die aus der Literatur bekannten Berge im Westteil Kleinasiens sind ziemlich richtig eingezeichnet, während die Gebirgsketten in Galatien und Kappadokien nur ungenau, aber mit ihren Anfangs- und Endpunkten eingetragen werden. Das Amanos-Gebirge/Nur Daiları vom Golf von Issos bis zum Mittellauf des Euphrat entspricht dem heute als Anti-Tauros bezeichneten Gebirge, dessen Namen Ptolemaios für zwei Ketten in Kappadokien verwendet. Die grossen Flüsse werden mit ihren Ursprüngen und ihren Mündungen verzeichnet, z.T. sind weitere Zwischenpunkte wie Krümmungen angeführt. Besonders in den Regionen des Pontos/des Schwarzen Meeres entspricht der dazwischen liegende Verlauf aber oftmals nicht der Wirklichkeit: So ist der Geogr. 5,6,7 genannte Lykos/Kelkit Çayı nicht ein Nebenfluss des Apsorros/Çoruh Nehri, sondern des Iris/Yehil Irmak, und der längste Fluss der Türkei, der Halys/Kızıl Irmak, ist viel zu kurz dargestellt. Die Krümmungen des Iris und des Sangarios/Sakarya 2
3
Byzanz wird schon bei Hipparch fälschlicherweise auf dem Parallelkreis durch Massilia/Marseille angesetzt; vgl. oben Kap. 3.2, Abschnitt 2. Vgl. dazu oben zur 9. Europakarte.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
Nehri entsprechen ziemlich der Realität, ebenso die kleinasiatischen Flusssysteme von Hermos/Gediz Çayı und Maiander/Büyük Menderes. Der aus Armenien kommende Euphrat bildet den grössten Teil der östlichen Grenze von Kappadokien: sein fast geradliniger Verlauf (der sich in Syrien fortsetzt) entspricht nicht der Wirklichkeit. Es scheint hier eine schematische Abgrenzung auf der Nord-Süd verlaufenden Linie Trapezunt/Trabzon – Issos/Iskenderun zugrundezuliegen,4 die in Wahrheit eher von SW nach NO verläuft. Wie üblich sind die Grenzen der römischen Provinzen durch gerade Linien recht schematisch wiedergegeben: Da sich die ptolemäischen Ländereinteilungen mit älteren Regionsnamen überschneiden, treten gewisse Unsicherheiten und Doppelungen bei der Zuteilung auf, so besonders in Phrygien und Pisidien. Es überrascht die Nennung der zahlreichen Stadt- und Siedlungsnamen, die meist recht genau eingezeichnet sind; allerdings finden sich auch hier einige Doppelungen – v.a. im östlichen Kappadokien –, die möglicherweise auf der Verwendung unterschiedlicher Quellen beruhen. Neben den Städten und Siedlungen werden ausserdem noch Landschaftsbezeichnungen und einige Stammesnamen angegeben, wobei in Kappadokien und Galatien wieder gewisse Unsicherheiten zu bemerken sind.
2. Asienkarte: Asiatisches Sarmatien Das Asiatische Sarmatien umfasst die Landmasse zwischen Tanaïs/Don und Rha/Wolga im Nordteil bzw. der Maiotis/dem Asowschen Meer und dem Kaspischen Meer im Südteil der Karte. Die Breiten sind im Süden um ca. 3°– 4° zu hoch, an der Tanaïs-Mündung sogar um ca. 7°. Obwohl die Regionen nördlich davon Ptolemaios grossteils unbekannt sind, ist doch die Annäherung der Fluss krümmungen des Tanaïs und Rha in der Region des heutigen Wolgograd klar erkannt. Neben der östlichen Tanaïs-Mündung werden an der Ostküste der in ihren Dimensionen viel zu grossen Maiotis die Mündungen der Flüsse Marubios/Kagalnik, Grosser und Kleiner Rhombites/Jeja bzw. Talgirsk sowie die drei Mündungsarme im Delta des selbst nicht genannten Hypanis/Kuban, der durch die an seinem Lauf liegenden Städte als grosser, schiffbarer Fluss gekennzeichnet ist, angeführt. Auch am Kimmerischen Bosporus/an der Strasse von Kertsch und an der Nordküste des Pontos Euxeinos/Schwarzen Meeres werden die Mündungen der Flüsse genau bezeichnet, während der Verlauf im Landesinnern nur schematisch wiedergegeben wird. Im äussersten Südosten ist ein ganz kleines Stück der Westküste des – immer eindeutig als Binnensee dargestellten – Hyrkanischen/Kaspischen Meeres mit den Mündungen der Flüsse Rha/Wolga, Udon/Kuna, Alontas/Terek und Soanas/ Sundzha eingetragen, die zwischen 47° und 49° zwar etwas zu weit im Norden liegen, aber keine Rückschlüsse auf die sonst falschen Proportionen des Meeres zulassen.5 4
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Bei Plinius Nat.hist. 6,7 und bei Strabo 2,1,3; 2,5,25; 11,11,7; 14,5,22 verläuft die Linie der so genannten ‘Landenge’ weiter westlich zwischen der Region von Sinope bzw. Amisos und Issos. Zur Gestalt des Kaspischen Meeres vgl. unten zur 7. Asienkarte.
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4.4 Länderkarten Asiens
Von den Gebirgen ist im Süden der Korax-Berg/West-Kaukasus ebenso von Westen nach Osten verlaufend eingezeichnet wie der eigentliche Kaukasus, der durch zwei Pässe, die Sarmatischen Pforten/den Pass von Darial und die Albanischen Pforten/Derbend, durchquert werden kann. Im Landesinnern lassen sich das Hippische und Keraunische Gebirge trotz genauer Fixierung ihrer Eckpunkte bei Ptolemaios nicht näher identifizieren. Das Hyperboreische Gebirge im Norden verläuft genau entlang dem 20. Parallelkreis bei 61° nördlicher Breite am Rande der bekannten Welt.6 Die Angaben «Land des Mithridates» und «Säulen Alexanders» beruhen auf Verwechslungen7 und sind ebenso willkürlich in der grossen Landmasse lokalisiert wie die meisten der gut 40 Stammesnamen.8
3. Asienkarte: Kaukasusländer, Gross-Armenien Neben Kolchis/West-Georgien zeigt das Kartenbild die beiden Kaukasusländer Iberien/Ost-Georgien und Albanien/Aserbaidschan sowie Gross-Armenien, das der heutigen Ost-Türkei und Armenien entspricht. Die Breiten der Kaukasusländer sind generell um 3°– 4° zu hoch; in Gross-Armenien beträgt der Breitenfehler im Norden noch gut 2°, im Süden dagegen gegen das Tauros-Gebirge hin nur noch um 1°. Die Längenausdehnung der Landmasse zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer ist mit 8° bei Ptolemaios gegenüber dem tatsächlichen Wert von knapp 6° etwas überschätzt. Als Begrenzung im Westen werden das Kaukasische Gebirge, das allerdings viel zu weit im Landesinneren in Nord-Süd-Richtung verläuft, das MoschikaGebirge/Meskhetis Kedi und der Euphrat verzeichnet. Als Nordgrenze verläuft der eigentliche Kaukasus in West-Ost-Richtung, allerdings nicht bis zum Hyrkanischen/Kaspischen Meer. Auch hier werden die Albanischen Pforten/Derbend eingezeichnet, allerdings zu weit im Süden und viel zu weit im Westen. Die Ostgrenze bilden die Westküste des Kaspischen Meeres, das viel zu breit und zu gross ausgefallen ist, und das nicht näher zu bestimmende Kaspische Gebirge, das die Grenze gegen Medien hin bezeichnet. Im Süden ergeben das viel zu breit ausgefallene Niphates-Gebirge/Tendürek Daiı südöstlich des Thospitis-Sees/Van Gölü und ein östlicher Ausläufer des Tauros-Gebirges die Grenze gegen Assyrien und Medien. Im Landesinnern ist der Berg Paryardes/Ararat, an dessen Flanken laut Ptolemaios sowohl Euphrat als auch Araxes entspringen,9 als Bergkette eingezeichnet. Von den beiden genannten Flüssen und vom Kyros/Kura, der die Grenze zwischen Gross-Armenien bzw. Iberien und Albanien bildet, wird neben Quelle und Mündung auch der Verlauf einigermassen getreu wiedergegeben,10 während von den kleineren Flüssen, die ins Schwarze und Kaspische Meer münden, nur die Mündung genau bezeichnet und der Verlauf nur schematisch angedeutet wird.
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Der Mythos von den sagenhaften Hyperboreern ist uralt, ihre Existenz wird aber bereits von Herodot (4,32) angezweifelt; vgl. Strabo 1,3,22 u.a.St.; Plin. Nat.hist. 4,89; u.a.m. Vgl. Textband S. 537, Anm. 163, bzw. S. 539, Anm. 170. Zu den Namen vgl. Textband S. 537f., Anm. 165–172. Die Flüsse entspringen in Wahrheit etwas weiter westlich in der Region von Erzurum. Dasselbe gilt für den vom Euphrat abzweigenden namenlosen Nebenfluss, der vermutlich mit dem Murat Nehri zu identifizieren ist.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
Von den Städten und Siedlungen lassen sich nur wenige mit modernen Orten nicht in Zusammenhang bringen. Auch die drei verzeichneten Seen, Lychnitis/ Gökie Gölü, Thospitis/Van Gölü und Arsessa/Erçek Gölü, können eindeutig identifiziert werden, wenn auch der Thospitis-See viel zu weit westlich vom Arsessa-See entfernt ist.11 Auffallend ist, dass neben den Ortsangaben in GrossArmenien fast nur Landschaftsnamen erscheinen, die im Wesentlichen aber korrekt angeordnet sind.
4. Asienkarte: Naher Osten, Mesopotamien, Babylonien Auch diese Karte erweckt auf den ersten Blick den Eindruck, dass sie der Wirklichkeit im Wesentlichen entspricht: die Breiten von Palästina, Syrien und dem westlichen Mesopotamien liegen höchstens um einen halben Grad zu tief, diejenigen der beiden Arabien bis hin zu –1°. Im östlichen Mesopotamien und in Babylonien hingegen sind die Orte bis zu 2° und mehr zu weit nördlich angesetzt, was vor allem auf den falschen Breitenwert für Babylon zurückzuführen ist.12 Im Gegensatz zu anderen Karten ist die Längenausdehnung kaum überschätzt: Die Längendifferenz zwischen dem Golf von Issos und dem Zusammenfluss von Euphrat und Tigris von ca. 10° oder diejenige zwischen der Sinai-Halbinsel und der Tigris-Mündung von ca. 15° entsprechen recht gut den tatsächlichen Werten; auch die Geogr. 1,12,11 genannte Distanz zwischen Issos und dem Euphrat von 2,5° ist korrekt. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich aber einige Unstimmigkeiten: Während die Insel Zypern richtig auf 35° nördlicher Breite und auch in den Umrissen einigermassen treffend eingezeichnet ist – lediglich der höchste Berg Olympos/ Kinanero Vuno erscheint etwas zu weit im Osten –, verläuft die Küstenlinie von Syrien und Palästina zu stark geneigt von NO nach SW (Längendifferenz zwischen Issos und Askalon 4,5° statt nur ca. 2,5°). Dadurch werden Syrien, Palästina und Arabia Petraea in ihrer Längsorientierung generell etwas nach Osten gedreht, wobei die Drehung in Arabia Petraea mit ca. 45° am stärksten ausfällt. Die SinaiHalbinsel ist mit einer Breitenausdehnung von knapp 1° (statt mehr als 2°) um gut die Hälfte zu klein dargestellt, weshalb die beiden Zipfel des Arabischen Golfes/ Roten Meeres auch viel zu breit ausfallen. Im östlichen Teil der Karte scheinen zunächst die beiden grossen Flüsse Mesopotamiens, Euphrat und Tigris, mit ihren Nebenflüssen verhältnismässig genau verzeichnet. Während der Verlauf des Tigris ungefähr der Realität entspricht – der Breitenfehler der an ihm gelegenen Orte beträgt jeweils weniger als +1° – springt beim Euphrat in der Region von Babylon eine auffällige Krümmung ins Auge, die es in Wahrheit nicht gibt. Tatsächlich beträgt der Breitenfehler der am Fluss gelegenen Orte vom Tauros bis in die Region von Idikara/Hit, wo die Krümmung ansetzt, jeweils zwischen 0° und –1°, nimmt dann bis in die Region von Babylon bis auf +2,5° zu, um dann gegen die Tigris-Mündung in den Persischen Golf wieder auf weniger als +1° abzunehmen. Dieser ‘erratische Block’ massiv zu hoher
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Streng genommen, entspringt der Tigris nicht im Van-See, sondern wenig südlich. Dazu gleich unten.
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4.4 Länderkarten Asiens
Breiten (und die damit verbundene Euphrat-Krümmung) ist zweifellos auf den von Ptolemaios übernommenen falschen Breitenwert für Babylon zurückzuführen, der auf einem recht ungenau bestimmten Verhältnis zwischen längstem (M) und kürzestem Tag (m) beruht.13 Die Verwirrung in Bezug auf die Flusssysteme im babylonischen Binnenland zeigt sich ferner in der textlich schwierigen und für unser Verständnis seltsamen Darstellung auf den ptolemäischen Karten.14 In Syrien und Palästina hingegen entspricht die Lage von Flüssen und Gebirgen – abgesehen von den oben genannten Vorbehalten bezüglich der Orientierung – weitgehend der Realität: Dies gilt für die Flüsse Orontes/Nahr el-Asi und Singas/Sürfaz Çayı, und insbesondere für die in Oasen endenden Flüsse bei Damaskus und Palmyra/Tadmur. Auch der Jordan wird richtig zwischen dem See Genezareth und dem Asphaltites-See /Toten Meer, das allerdings etwas zu klein erscheint, wiedergegeben. Die beiden Berge Masion/Tur Abdin und Singaras/ Singar in Mesopotamien sind ebenso richtig verzeichnet wie Libanos und AntiLibanos sowie die einzelnen Berggipfel in Syrien und Palästina, Pieria/Kızıl Daiı, Kassios/Dschebel el-Aqra, Karmelos/Hor Karmel, Alsadamos/Haurân und Hippos/Horvat Susita; ebenso korrekt ist die Verzeichnung des Sinai-Gebirges in Arabia Petraea. Die beiden Arabien, Petraea und Deserta, werden im Süden hingegen durch ein namenloses Bergland von der Arabia Felix abgegrenzt, das besonders in seinem östlichen Verlauf so nicht existiert. Die zahlreichen Siedlungen in Syrien und Palästina lassen sich fast alle mit modernen Örtlichkeiten identifizieren. Dazu kommt, dass einige Namen von Stadtterritorien verzeichnet werden, die allerdings nicht immer richtig bei der dazugehörigen Stadt stehen. Auffallend ist die Gleichsetzung von Koile Syria mit der Dekapolis im Ostjordanland und die damit verbundene Platzierung vom AntiLibanon, der wie der Libanon von NW nach SO statt parallel zur Küstenlinie von Norden nach Süden verläuft. Auch in der Arabia Petraea lassen sich die meisten Orte identifizieren, was in der Arabia Deserta nicht immer gelingt. Eine Reihe von Orten am rechten Euphrat-Ufer lässt an eine Strasse denken, die allerdings in keiner anderen Quelle (Tab. Peut., Itin. Ant.) erwähnt wird. Auch die Ortsnamen am Nordrand des namenlosen Berglandes scheinen den Verlauf einer Karawanen strasse durch die Wüste zu dokumentieren. In Mesopotamien und Babylonien dagegen können aufgrund der starken Veränderungen im Schwemmland von Euphrat und Tigris nur wenige Orte mit modernen Siedlungen oder antiken Ruinenstätten gleichgesetzt werden.
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Das von den Babyloniern übernommene Verhältnis M : m = 3 : 2 führt auf eine geographische Breite von 35° (statt aktuell 32° 32ʹ) bzw. auf eine Dauer des längsten Tages von 14h 24min (Plin. Nat.hist. 6,213). Dazu ausführlich oben Kap. 3.2, Abschnitt 3 (mit Abb. 3), sowie O. Neugebauer, HAMA (Berlin 1975) 366f. Vgl. dazu Textband S. 591, Anm. 334.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
5. Asienkarte: Assyrien, Medien, Persien Die Lage der Länder zwischen dem Hyrkanischen/Kaspischen Meer im Norden, dem Persischen Golf 15 im Süden sowie dem Tigris im Westen ist einigermassen realistisch wiedergegeben.16 Allerdings sind die Länder Assyrien, Medien, Susiane und Persis im westlichen und zentralen Teil der Karte mehr oder weniger in West-Ost-Richtung angeordnet, während sie in Wirklichkeit um ca. 45° nach Süden gedreht sind. Ihre Lage entspricht ziemlich genau dem heutigen westlichen Iran. Die östlichen Länder der Karte, Parthien und die Wüste Karmanien, lassen sich in Wirklichkeit nicht so klar abgrenzen, wie dies die ptolemäische Karte suggeriert; Lage und Orientierung sind jedoch im Wesentlichen korrekt. Die geographischen Breiten sind gegenüber den tatsächlichen Werten am Kaspischen Meer um ca. 4° zu hoch, am Persischen Golf hingegen stimmen sie einigermassen. In der Länge hingegen ist die Karte – nicht zuletzt wegen des eben genannten Drehfehlers – massiv verzerrt: Die Längenausdehnung der Küste des Kaspischen Meeres beträgt bei Ptolemaios vom Araxes bis zum Oxos volle 20°, also gut das Doppelte gegenüber der heutigen Küstenlinie.17 Noch stärker ist die Länge durch die Drehung am Persischen Golf überschätzt, nämlich 15° gegenüber nur gut 5°. In den zentralen Teilen hingegen stimmt die Länge einigermassen, wenn man den Drehfehler berücksichtigt. Die Zuflüsse des Tigris sind recht realistisch dargestellt; die in den Persischen Golf mündenden Flüsse hingegen sind – soweit identifizierbar – eher zu lang geraten. Im Norden sind die meisten kurzen Zuflüsse ins Kaspische Meer ebenfalls kaum zu identifizieren – mit Ausnahme des Amardos/Safid Rud, dessen Verlauf mit der Krümmung gegen Osten gut getroffen ist; allerdings wird der Matiane-/ Urmia-See von ihm nicht durchflossen. Die von Ptolemaios angeführten Gebirge dienen (wie oftmals auch in den folgenden Asienkarten) in erster Linie der Abgrenzung der Länder, was eine Identifizierung erschwert. Hinzu kommt die Tatsache, dass in dieser Region keine geographisch klare Abgrenzung der Ketten vorliegt, sondern eigentlich ein einziges grosses Gebirge durch verschiedene Hochebenen strukturiert wird. Es ergibt sich etwa folgendes Bild: Die Gebirgsbezeichnungen Choathras und Parachoathras sind mythische Namen für ‘Paradies’;18 aufgrund der Lage dürften sie im grossen heutigen Zagros-Gebirge (bei Ptolemaios ein Einzelberg), der südwestlichen Abgrenzung des Iran gegen das Tiefland von Euphrat und Tigris, gelegen sein. Die Nordabdachung gegen das Kaspische Meer, mit dem hochragenden Iasonion/Demavend, wird durch das heutige Elburs-Gebirge gebildet; das entsprechende Koronos-Gebirge wird von Ptolemaios erst weit im Osten angesetzt. Die Zuordnung und Identifizierung von Städten und Völkern ist – abgesehen von den grossen Metropolen wie Akbatana/Hamadan, Susa/Susch oder Persopolis/Persepolis – schwierig. Häufig treten Doppel- oder Mehrfachnennungen des Zum Persischen Golf vgl. die 6. Asienkarte. Vgl. Tafel 6, S. 104f. 17 Zum Problem der Oxos-Mündung ins Kaspische Meer ausführlich unten Kap. 4.6; s. auch unten zur 7. Asienkarte. 18 Vgl. dazu Textband S. 601, Anm. 19. 15 16
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4.4 Länderkarten Asiens
selben Namens in ganz unterschiedlichen geographischen Regionen auf, wie z.B. bei Rhaga/Rey.19 Öfters finden sich auch gräzisierte Bezeichnungen einheimischer Namensformen. Die Inseln vor der Persischen Küste schliesslich sind realistisch eingezeichnet, wenn auch hier möglicherweise bei Taxiana und Tabiana eine Dublette vorliegt.
6. Asienkarte: Arabische Halbinsel, Persischer Golf20 Die Lage der Arabischen Halbinsel zwischen dem Arabischen und Persischen Golf mit ihren Meerengen (Bab el Mandab bzw. Strasse von Hormus) entspricht der Realität, ebenso weitgehend ihre Orientierung von Nordwesten nach Südosten. Bei den Umrissen fallen jedoch einige Unstimmigkeiten ins Auge: Während die West- und Südseite der Halbinsel am Arabischen Golf/Roten Meer bzw. am Roten Meer/Golf von Aden21 einigermassen korrekt wiedergegeben sind, erscheinen die Proportionen der Ostküste ab dem Kap Syagros/Ras Fartak stark verzeichnet. Dies hängt in erster Linie mit der generellen Längenüberdehnung zusammen, die vermutlich durch den bei der vorigen Karte geschilderten Drehfehler in der Region von Medien und Persien bedingt ist. Dadurch wurde auch der Persische Golf um ca. 45° nach Osten gedreht, was sich wiederum auf die Zeichnung der Arabischen Halbinsel auswirken musste, da die Strasse von Hormus als Meerenge bekannt war. Aus diesem Grunde stimmen die Breiten an der Nordgrenze Arabiens sehr gut mit den heutigen Werten überein, ebenso im Südwesten der Halbinsel (heute: Jemen); die Abweichung beträgt jeweils weniger als 1°. Die Breitenfehler wachsen aber gegen Osten massiv an und betragen am Kap Syagros –1,6°, an der Strasse von Hormus sogar –3,5°. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Länge: Während die Längendifferenz am Hals der Arabischen Halbinsel nahezu mit den heutigen Werten übereinstimmt, beträgt die Differenz zwischen Okelis und Kap Syagros bzw. dem Winkel des Persischen Golfes und dem Kap Asabon gut das doppelte (jeweils ca. 15° statt 7°); dasselbe gilt natürlich für die Länge des Persischen Golfes. Zwischen Kap Syagros und der Strasse von Hormus hingegen erscheint die Halbinsel stark gestaucht, und der Sachalitische Golf/Golf von Qamar wird in seinen Ausmassen stark überschätzt. Im Landesinnern fällt zunächst die flächendeckende Verteilung der topographischen Einträge auf, die kaum der Realität entspricht (Wüste!). Bei den in ihrer Länge stark überschätzten Flüssen dürfte es sich ausnahmslos um nur periodisch wasserführende Wadis handeln. Bei den Gebirgen sind nur die Küstenberge einigermassen lokalisierbar; es handelt sich vor allem um wichtige Landmarken für die Seefahrt. Im Landesinnern ist sich bereits Ptolemaios unsicher, wie die Nennung zahlreicher namenloser Gebirge zeigt. Die zahlreichen Völker und Orte dürften sich in Wahrheit in Küstennähe konzentrieren, besonders in der Region des heu Vgl. dazu Textband S. 605, Anm. 31. Karmanien wird aus geographischen Gründen bei der 9. Asienkarte besprochen. 21 Die – aus moderner Sicht zunächst verwirrenden – ptolemäischen Bezeichnungen sind klassisch: vgl. dazu Plin. Nat.hist. 6,107f.; Strabo 16,4,20; u.a.m. sowie oben die 4. Afrikakarte. 19 20
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
tigen Jemen; abgesehen von einigen gut bekannten Handelszentren, z.B. Mara/ Marib oder Sapphara/Zafar, ist eine Identifizierung aber kaum möglich. Bei der gut 100 Einträge umfassenden Liste der Orte im Landesinnern tritt das von Ptolemaios in fast allen Ländern des 6. Buches angewandte System besonders deutlich hervor, die Region gradweise von Nord nach Süd und dann von West nach Ost ‘abzurastern’. Um die Arabische Halbinsel werden zahlreiche Inseln genannt: Sehr oft verweisen die Namen auf mythische Personen oder Tiere; die Lage der Inseln ist aber nur selten genau zu ermitteln – mit Ausnahme der in ihren Ausmassen stark überschätzten und falsch orientierten Insel des Dioskorides/Sokotra.
7. Asienkarte: Kaspisches Meer, Zentralasien Die Karte umfasst das Hyrkanische/Kaspische Meer sowie die Länder nördlich und östlich davon bis zum nördlichen Ast des Imaon-Gebirges, an welchem die Ausgangsbasis für den Fernhandel mit Sera liegt.22 Aufgrund der äusserst vagen geographischen Vorstellungen des Ptolemaios, die in Zusammenhang mit dem Alexanderzug sowie dem Handel auf der Seidenstrasse stehen, ist ein Vergleich mit heutigen Gegebenheiten höchstens für Hyrkanien, die Margiane, die Baktriane und die Sogdiane sinnvoll. Diese vier Länder sind in ihrer Lage und Orientierung unter den gegebenen Umständen richtig verzeichnet: Hyrkanien, die Margiane und die Baktriane liegen östlich des Kaspischen Meeres zwischen den südlich begrenzenden Gebirgen und dem Oxos/Amu-Darja; die Sogdiane liegt zwischen Oxos und Iaxartes/Syr-Darja. Die Ausdehnung der Region in Länge und Breite wird jedoch wieder deutlich überschätzt: Die Breiten um den Oxos sind um durchschnittlich 3°– 4° zu hoch, diejenigen um den Iaxartes sogar um 7°–8°. Die Längenausdehnung ist mit gut 25° statt 15° etwa um denselben Faktor zu gross wie in den anderen Regionen Zentralasiens. Das Hyrkanische/Kaspische Meer ist einzig bei Ptolemaios und Herodot23 als Binnenmeer erkannt; alle anderen antiken geographischen Quellen24 nehmen eine Verbindung zum nördlichen Ozean an. Die Breitenausdehnung des Kaspischen Meeres von 9° entspricht bei einem ziemlich konstanten Breitenfehler von +3°– 4°, annähernd den tatsächlichen Werten; die Ausmasse in der Länge werden von Ptolemaios jedoch massiv überschätzt (23° statt nur ca. 5°). Ein weiterer augenfälliger Unterschied gegenüber heutigen Verhältnissen ist die Tatsache, dass die in der Antike höchst bedeutenden Flüsse Oxos und Iaxartes ins Kaspische Meer münden (heute münden sie in den Aral-See – vermutlich der Oxeiane-See des Ptolemaios).25 Die Region wird im Süden begrenzt durch die auf einer Linie liegenden Gebirgszüge Koronos, Saripha und Paropanisos/Hindukusch sowie das so genannte 24 25 22 23
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Vermutlich das heutige Kaschgar; vgl. dazu Textband S. 85, Anm. 69, sowie S. 655, Anm. 182. Hdt. 1,203; ähnlich Arist. Meteor. 354a und Diodor 18,5,4. Plin. Nat.hist. 6,36ff. u.a.St.; Strabo 11,6,1ff. u.a.St. Zu den hydrologischen Schwierigkeiten im Bereich des Oxos und Iaxartes ausführlich unten Kap. 4.6; vgl. auch Textband S. 651, Anm. 168, bzw. S. 659, Anm. 194.
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4.4 Länderkarten Asiens
Kaukasische Gebirge,26 die sich bis zum Imaon-Gebirge27 erstrecken. Ihre Lage als Abgrenzung der Region gegen Süden ist einigermassen realistisch, während die Lage der weiter nördlich im Land der Sogdianer eingezeichneten Gebirge nicht stimmt. Von den genannten Städten sind die grossen Karawanenorte der Seidenstrasse grösstenteils lokalisierbar;28 einige Orte wie Nisaia/Nisa, Marakanda/Samarkand oder Alexandreia Eschate/Chodschent sind im Verhältnis zu den umliegenden Orten allerdings grob falsch angesetzt. Für die genannten Völker gilt sinngemäss dasselbe wie bei der 5. Asienkarte: Oftmals lassen sich die Namen bestimmten Regionen oder Städten zuordnen; sie werden von Ptolemaios jedoch weitab von diesen angeführt. Im Land der Saken und in Skythien werden kaum Städte verzeichnet. Nennung und Lage der zahlreichen Völker – die oftmals Gebirgen zugeordnet werden – dürften vor allem im völlig unbekannten Norden vielfach hypothetisch sein.
8. Asienkarte: Skythien jenseits des Imaon, Serike Allgemein gesagt, werden auf dieser Karte Informationen zum östlichen Abschnitt der Seidenstrasse mit ihrem Endpunkt in Sera/Xi’an verarbeitet. Das von Ptolemaios gebotene Bild ist allerdings mit grossen Unsicherheiten behaftet, weshalb ein Längen- und Breitenvergleich nicht sinnvoll ist. Die wenigen einigermassen lokalisierbaren Orte im unteren Teil der Karte (Kaschgar und Xi’an) weisen einen Breitenfehler von +4° auf; für Throana/Dunhuang beträgt der Fehler +7,5°. Die Darstellung der dreischenkligen Flüsse Oichardes und Bautisos lassen an eine vage Vorstellung der hydrologischen Verhältnisse im Tarim-Becken denken; ihre Namen sind jedoch nicht sicher zuzuordnen.29 Auch die Zuordnung der Gebirge ist kaum möglich: Zum Teil werden für das gleiche Gebirge zwei Namen verwendet (Emoda = Imaon), oder es handelt sich schlicht um mythische Erfindungen (Asmiraia, Ottorokora);30 dasselbe gilt sinngemäss für einige der angeführten Völker (Issedonen). Fast alle Ortsnamen haben in Gebirgs- und Völkernamen ihre Entsprechung – ein Phänomen, das bereits bei anderen Karten mehrfach festgestellt wurde, aber hier besonders häufig auftritt.
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Der Name wurde der Legende nach zu Ehren Alexanders vom ‘echten’ Kaukasus auf den hier genannten ‘indischen’ Kausasus übertragen; vgl. dazu Strabo 11,5,5; 15,1,11; Plin. Nat.hist. 6,71.78.92; u.a.m. Beim ‘eigentlichen Imaon’ handelt es sich um den Himalaja; vgl. dazu Textband S. 655, Anm. 183. Zum Steinernen Turm/Taschkurghan vgl. Textband S. 657, Anm. 186. Vgl. dazu Textband S. 667, Anm. 220 und 222. Vgl. dazu Textband S. 663ff., Anm. 208, 216 und 226.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
9. Asienkarte: Karmanien, Areia, Paropanisaden, Drangiane, Arachosien, Gedrosien Die Karte zeigt die kleineren Länder zwischen Persien und Parthien im Westen sowie Indien im Osten; sie umfasst im Wesentlichen die gebirgigen Regionen des heutigen Ost-Iran, von Afghanistan und Belutschistan. Lage und Orientierung der einzelnen Länder sind im Wesentlichen korrekt dargestellt. Die Begrenzungen durch das Saripha- und Propanisos-Gebirge im Norden, das Indus-Tiefland im Osten und den Indischen Ozean im Süden sind geographisch deutlich vorgegeben; gegen Westen fehlt eine klare Abtrennung. Die Längenausdehnung der Karte ist mit ca. 20° bei Ptolemaios wiederum fast doppelt so gross wie in Wirklichkeit (ca. 10°) – sowohl im Norden wie auch an der gegenüber den Binnenländern leicht gegen Westen versetzten Südküste von Karmanien und Gedrosien. Der West-Ost-Verlauf der Küste entspricht ziemlich der Realität, allerdings fügt Ptolemaios in Karmanien zusätzlich ein in Nord-SüdRichtung verlaufendes Zwischenstück ein, das in Wahrheit nicht existiert. Für die Breiten hat dies zur Folge, dass der Fehler, der bei Hormus –3,5° beträgt, sich an der Küste Gedrosiens bis auf –5° aufsummiert. Da die gesamte Karte auch in der Breite massiv überdehnt ist, gleicht sich der Breitenfehler im Nordteil der Karte aus: Er liegt für die identifizierbaren Hauptstädte der Binnenländer etwas unter –1° (Drangiane, Arachosien) bzw. um +1° (Areia, Paropanisaden). Die hydro- und orographischen Verhältnisse der Region sind von Ptolemaios etwas verwirrlich dargestellt: Beim Fluss Areios mit dem gleichnamigen See denkt man zunächst an den heutigen Hilmend – den antiken Etymandros31 –, von dem sich bei Ptolemaios lediglich Spuren im Arachotos-Brunnen erhalten haben.32 Der Areios entwässert jedoch wie der Dargomanes nach Norden und hat mit dem Hilmend nichts zu tun. Ein weiteres Versehen von Ptolemaios ist die Zeichnung des Arbis als bedeutender Fluss durch ganz Gedrosien; in Wahrheit dürfte es sich um einen viel kürzeren Fluss im Osten des Landes handeln. Die zahlreichen Gebirgszüge dienen – wie bei der 5. Asienkarte – in erster Linie der Abgrenzung der Länder; sie sind jedoch nicht so klar voneinander zu trennen, wie dies Ptolemaios suggeriert. In den meisten Fällen sind wieder Gebirgs-, Völker- und Städtenamen miteinander verknüpft, z.T. aber in ganz unterschiedlichen Regionen angesetzt, was eine sichere Identifizierung erschwert. Im Land der Paropanisaden findet sich eine Anzahl von Orten, die in Indien ein zweites Mal genannt werden. Zugrunde liegt vermutlich die Verarbeitung zweier verschiedener Quellen zum Alexanderzug.
Arrian Anab. 4,6,6 u.a.St.; von anderen auch Erymandus genannt, z.B. Plin. Nat.hist. 6,92. Vgl. dazu Textband S. 671, Anm. 242, sowie S. 677ff, Anm. 266, 273 und 277.
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4.4 Länderkarten Asiens
10. Asienkarte: Indien diesseits des Ganges Die Lage von Indien zwischen den Flüssen Indus im Westen und Ganges im Osten bzw. dem Imaon-Gebirge/Himalaja im Norden und Taprobane/Sri Lanka im Süden ist im Wesentlichen korrekt wiedergegeben. Was allerdings das Gesamtbild des Landes angeht, bestehen bezüglich Ausdehnung und Orientierung grosse Defizite. Der Küstenverlauf stellt sich im Einzelnen so dar: Vom Indus-Delta verläuft die Westküste Indiens bei Ptolemaios zunächst nach Süden und knickt dann beim weit vorspringenden Kap Simylla/Chaul nach Osten um; in Wahrheit verläuft die Küste eher in Süd-Ost-Richtung. Während sich in der Realität die weitere Küste bis zur Südspitze Indiens, dem Kap Komaria/Comorin, nach Süden zieht, verläuft sie bei Ptolemaios bis zum Kap Kory/Rameswaram, gegenüber der Insel Taprobane, genau nach Osten. Danach zeichnet Ptolemaios den in Wahrheit längst wieder nach Norden verlaufenden Küstenverlauf sogar in südwestlicher Richtung weiter: Bei ihm bildet der nicht näher bestimmbare Ablegeplatz zur Goldenen Chersones – er dürfte in der Region des Godavari-Deltas liegen – den südlichsten Punkt Indiens. Von da an verläuft auch bei Ptolemaios die restliche Küste bis zum Ganges-Delta wieder in nordwestlicher Richtung, was der Realität einigermassen entspricht. Für die Breiten hat dies folgende Auswirkungen: Der Breitenfehler am Indus-Delta beträgt ca. –4°, ebenso derjenige am Kap Simylla. Wegen des irrigen West-Ost-Verlaufes der indischen Westküste bei Ptolemaios verkehrt sich der Fehler jedoch ins Positive: Die Südspitze Indiens liegt um mehr als +4°–5° weiter nördlich als in der Realität; dasselbe gilt für die Regionen um das Kap Kory. Da die Ostküste Indiens bei Ptolemaios gegen SO (statt nach Norden) verläuft, tritt im Folgenden der umgekehrte Effekt ein, d.h., die Breiten werden wieder negativ: In der Region des genannten Ablegeplatzes sind alle Orte um mehr als 6° zu weit südlich angesetzt; bis zum Ganges verringert sich der Breitenfehler dann wieder auf –4°. Die Längenausdehnung Indiens wird von Ptolemaios – zweifellos in Zusammenhang mit dem falschen Küstenverlauf – mit 35° ebenfalls massiv überschätzt; sie beträgt in Wahrheit lediglich 20°. Indus und Ganges weisen an ihren Mündungen ungefähr denselben Breitenfehler (ca. –4°) auf, d.h. ihre Mündungsgebiete33 liegen in Bezug auf die geographische Breite richtig zueinander. Auch Richtung und Verlauf des Indus stimmen mit den wahren geographischen Gegebenheiten recht gut überein, wobei der Unterlauf in der Länge deutlich überschätzt wird. Dies hat zur Folge, dass sich der Breitenfehler flussaufwärts deutlich verringert: Er beträgt am Oberlauf nur noch zwischen +1° und –1°; die seit dem Alexanderzug recht gut bekannten Zuflüsse sind im Wesentlichen ebenfalls korrekt dargestellt. Ein anderes Bild ergibt sich beim Ganges, dessen Unterlauf entgegen der Realität bei Ptolemaios nach NW statt nach Westen verläuft und zudem in der Länge massiv überschätzt wird. Dies hat zur Folge, dass sich der Breitenfehler von –4° an der Mündung bis in die Region 33
Die 7 bzw. 5 Mündungsarme von Indus und Ganges werden, wie bei Donau und Nil, namentlich bezeichnet; vgl. dazu Textband S. 687 bzw. 693; zur Aufgliederung des Deltas und den Nebenflüssen vgl. S. 695ff.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
von Palimbothra/Patna auf gut +1° verringert, danach aber wieder zunimmt; er beträgt am – viel zu nahe am Imaon/Himalaja eingezeichneten – Zusammenfluss von Diamunas/Yamuna und Ganges +8,5°. Die falsche Zeichnung des indischen Subkontinentes wirkt sich natürlich auch auf Orientierung und Lage der anderen Flüsse aus, – soweit sie sich identifizieren lassen:34 Die nach Westen entwässernden Flüsse erscheinen bei Ptolemaios eher zu lang, während die in den Golf von Bengalen mündenden Flüsse eher zu kurz geraten sind. Die als Mündungsarme des Narmades/Narmada bzw. des Nanagunas/Tapti aufgefassten Flüsse sind in Wahrheit unabhängige Flussläufe. Die Identifizierung der indischen Binnengebirge ist ebenfalls problematisch,35 da aus den genannten Gründen aus ihrer Lage bei Ptolemaios kaum Rückschlüsse gezogen werden können. Hilfreich bei der Identifizierung ist die Tatsache, dass einige Gebirge (und Städte) in Zusammenhang mit Edelsteinvorkommen gebracht werden, z.B. das Sardonyx-/Satpura-Gebirge. Die zahlreich genannten Städte werden in Indien als einzigem Land Asiens – neben Syrien und Palästina – ihren Völkern und Regionen zugeordnet. Interessanterweise werden zudem, entgegen dem ansonsten völlig ‘anonymen’ Charakter der Geographie, insgesamt sieben Städte mit indischen Herrschern in Verbindung gebracht; daneben finden sich verschiedene Völkernamen, die mit dem indischen Kastenwesen in Zusammenhang stehen.36 Die Gliederung des Kataloges im Landesinnern verläuft ungefähr nach folgendem System: Zuerst werden – jeweils von West nach Ost – die Regionen am Oberlauf von Indus und Ganges37 besprochen; danach folgen die Regionen am Unterlauf des Indus, das dazwischenliegende Binnenland sowie die Regionen am Unterlauf des Ganges; den Abschluss bilden die Küstenregionen. Dem westlichen Teil der Küste schliesslich sind einige Inseln vorgelagert – oft mit gräzisierten Namen, die sich kaum identifizieren lassen.
11. Asienkarte: Indien jenseits des Ganges, Land der Sinen Auf der Karte, welche die Gebiete jenseits des Ganges zeigt, werden – analog zur 8. Asienkarte – Informationen zum östlichen Abschnitt der Seehandelsroute nach China mit ihrem Endpunkt in Kattigara38 verarbeitet. Das von Ptolemaios gebotene Bild ist besonders im östlichen Teil wiederum mit grossen Unsicherheiten behaftet; ein Längen- und Breitenvergleich ist deshalb höchstens bis zur Goldenen Chersones/Malaiischen Halbinsel aussagekräftig. Von der Ganges-Mündung bis zum Sabarakischen Golf/Golf von Martaban entspricht der Küstenverlauf einigermassen der Realität, die Länge ist allerdings etwas über 36
Vgl. Textband S. 695ff. Vgl. Textband S. 693ff. Z.B. die Gymnosophisten (Geogr. 7,1,51) oder die Brachmanen (l.c. 7,1,74), vgl. dort die Anm. z. St. 37 In Geogr. 7,1,51ff. werden fünf Orte östlich des Ganges angeführt, die eigenlich zu ‘Indien jenseits des Ganges’ gehören; es ist dies das einzige Mal in der Geographie, dass Ptolemaios seine strikte Gliederung nach Ländern durchbricht. 38 Kattigara, in Geogr. 7,3,3 ‘Hafen der Sinen’ genannt, dürfte wohl in der Region von Hanoi zu suchen sein; vgl. dazu Textband S. 91, Anm. 83. 34 35
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4.4 Länderkarten Asiens
schätzt; deshalb nimmt der Breitenfehler von –4° auf –8° zu. Die anschliessende Goldene Chersones sowie die Region von Zabai entsprechen erstaunlich gut unserem Bild der Malaiischen Halbinsel bzw. von Kambodscha – freilich unter dem Vorbehalt, dass diese Identifikation zulässig ist. Die Ausdehnung der Halbinsel ist jedoch bei Ptolemaios deutlich unterschätzt, weshalb sich der Breitenfehler am Südende der Halbinsel (möglicherweise Singapur) auf ca. –1° verringert. Im Folgenden schliesst sich bei Ptolemaios der sogenannte Grosse Golf an, in dem vielleicht das Südchinesische Meer zu erblicken ist. Die in seinem Winkel ansetzende Südorientierung des Landes der Sinen hingegen hat mit der Realität nichts zu tun: Ihr Zweck dürfte in erster Linie darin bestehen, die hypothetische Landbrücke am Südrand der Oikumene39 vorzubereiten. Die zahlreichen grossen Flüsse und Gebirge, deren Namen auch hier oftmals Entsprechungen in Orts- und Völkernamen haben, sind kaum zu identifizieren; beim längsten Fluss Dorias, welcher fast das gesamte Binnenland durchzieht, könnte es sich vielleicht um den Mekong handeln. Auf der Goldenen Chersones teilt sich – entgegen der Realität – ein Fluss in drei verschiedennamige Mündungen (Geogr. 7,2,12). Die Gebirge und Regionen werden in Verbindung mit Erzen, Fauna und Flora gebracht; ebenso finden sich zahlreiche ethnographische Angaben zu den Bewohnern. Solche Angaben finden sich bei Ptolemaios (wenn auch in weit geringerem Ausmass als bei anderen Autoren) lediglich in Ländern am Rande der Oikumene, z.B. auch in Zentralafrika und auf der Insel Taprobane – sie dürften in erster Linie der Anreicherung von Text und Karten dienen.40 Im Süden der Karte werden zahlreiche Inseln angeführt, von denen die Insel Iabadiu/Java aufgrund des Sanskrit-Namens mit gleicher Bedeutung (‘Gersteninsel’, Geogr. 7,2,29 explizit erklärt) sicher identifiziert werden kann. Die restlichen Inseln, die z.T. mit abenteuerlichen Namen oder Geschichten verknüpft sind, sind nicht zuzuordnen.41
12. Asienkarte: Taprobane Die Ausmasse der Insel Taprobane/Sri Lanka werden von Ptolemaios – wie von allen antiken Autoren42 – weit überschätzt: Die Breitenausdehnung beträgt bei ihm über 12° (statt nur 2°), die Längenausdehnung gut 15° (statt nur 4°); der Breitenfehler beträgt deshalb im Norden gut +2°, im Süden dagegen über –8°. Die Lage der Insel gegenüber dem indischen Kap Kory/Rameswaram hingegen ist korrekt angegeben, ebenso der Abstand von ca. 1° vom indischen Festland. Die wenigen Flüsse und Gebirge der Insel sind kaum zu identifizieren. Flussnamen wie Phasis oder Ganges lassen an eine Adaption ähnlich klingender ein-
Vgl. dazu oben zur 4. Afrikakarte. Dies verstösst allerdings gegen das Geogr. 2,1,8 dargelegte Prinzip grösstmöglicher Abstraktion. Ptolemaios rechtfertigt seine Einträge an gleicher Stelle damit, dass «eine allgemein verbreitete Einzelheit einer kurzen und angemessenen Erwähnung bedarf». 41 Vgl. dazu gleich unten die Bemerkungen zu den Inseln vor Taprobane. 42 Vgl. dazu Strabo 2,1,14; 15,1,14; Plin. Nat.hist. 6,81ff.; Mela 3,70; u.a.m. 39 40
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
heimischer Namen denken; die Namen der Küstenpunkte verweisen wiederum oft auf mythische Personen oder Tiere. Die Völker- und Ortsnamen sind aufgrund ihrer Anklänge an indische Namen eher glaubwürdig, allerdings ebenfalls kaum zu identifizieren. Wie bei der vorigen Karte werden von Ptolemaios aussergewöhnlich zahlreiche Aussagen zu Bewohnern und Handel sowie Fauna und Flora gemacht. Um die Insel sind kreisförmig knapp 20 Inseln angeordnet: Hierbei scheinen verstreute Nachrichten über die Malediven und Lakkadiven, aber auch über die Andamanen und Nikobaren – vielleicht sogar Sumatra – eingeflossen zu sein.43 Eine geographische Zuordnung der Inseln ist unter diesen Umständen unmöglich.
43
304
Vgl. dazu Textband S. 739, Anm. 162.
4.5 Gross-Germanien Friedrich E. Grünzweig
1. Zur kartographischen Sicht des Ptolemaios1 Insgesamt gibt Ptolemaios 144 Punkte mit Gradangaben für Gross-Germanien an, darunter 94 ‘Städte’ (poleis). Daneben nennt er 76 Völker- oder Stammes namen und einige sonstige geographische Namen ohne Gradangaben. Vier Gebirge bezeichnet er als ‘Wald’ (hyle), was er kaum ausserhalb Germaniens benutzte. Ptolemaios bezeichnet Berichte von Reisenden als wichtige Quellen (Geogr. 1,4). Diese Reisenden waren höchstwahrscheinlich in erster Linie Händler. So werden etwa bei Tacitus (Ann. 2,62,1) «Kaufleute aus unseren Provinzen» in Marbods Hauptstadt erwähnt. Die meisten Orte innerhalb Gross-Germaniens gehen wohl auf Routen- und Stationsverzeichnisse dieser Händler zurück und nur selten auf Schriftstellerberichte, wie es etwa bei Flevum und Siatutanda (Geogr. 2,11,27) der Fall sein dürfte.2 Durchgehende Routen mit bestimmbaren Endpunkten sind bei Ptolemaios aber kaum auszumachen. A. Gnirs war der Erste, der einzelne Händlerrouten für das östliche Germanien zu konstruieren versuchte, darunter auch die am ehesten erkennbare von Celamantia/Komárno an die Ostsee.3 Versuche, solche Routen so im Detail zu konstruieren, dass archäologisch nachgewiesene Siedlungen mit bei Ptolemaios überlieferten Ortsnamen zu verbinden seien, liegen aber «prinzipiell jenseits des Möglichen».4 Die Grundlage für Versuche, Orte in Gross-Germanien zu lokalisieren, muss die genaue Untersuchung der identifizierbaren Orte am Rande der Germania sein, wie sie von H. Reichert vorgelegt wurde.5 Er kommt kurz zusammengefasst zu dem Ergebnis: Durch die zu weit nördlich angesetzte Nordküste Europas und die irrige Annahme, der Rhein fliesse genau nach Norden, ist der Nordwesten Germaniens insgesamt nach Nordosten versetzt. Durch die zu breit angenommene Basis Jütlands ist der ganze Nordosten (neben derselben Nordverschie 3 1 2
4
5
Vgl. oben Kap. 4.2 Die Länderkarten Europas, bes. zur 4. Europakarte. Vgl. Textband S. 231, Anm. 243f. A. Gnirs, Das östliche Germanien und seine Verkehrswege in der Darstellung des Ptolemaeus (Prag 1898) (= Prager Studien aus dem Gebiet der Geschichtswissenschaft 4) 10; Genaueres zur Routendiskussion bei H. Reichert, Ptolemaeus, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 23 (2003) 567–597, bes. 592, mit Lit. H. Reichert, Germanien in der kartographischen Sicht des Ptolemaios, in: G. Rasch, Antike geo graphische Namen nördlich der Alpen (Mit einem Beitrag von H. Reichert), Hrsg. St. Zimmmer (Berlin/New York 2005) (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 47) 249–284, bes. 266. – Zu Lokalisierungsversuchen siehe die Lit. bei Reichert a.O. (oben Anm. 3); dazu A. Schöning, Germanien in der Geographie des Ptolemäus (Detmold 1962). Reichert a.O. (oben Anm. 4), bes. 274ff.; vgl. auch den Beitrag von F. Mittenhuber a.O. (oben Anm. 1).
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
bung) noch stärker nach Osten versetzt. Durch die Annahme, die Donauquelle liege südlicher als Aquincum/Budapest, ist der Südosten um diese Stadt als Mittelpunkt nach Westen fortschreitend immer mehr nach Süden gedreht. Auch die Südkante Germaniens ist zu lang. Durch die zu weit auseinanderliegenden vier Ecken Germaniens sind zwei Effekte möglich: eine ‘zerdehnte’ oder, wie bereits von Th. Steche formuliert,6 eine ‘zerrissene’ Landkarte (siehe Abb. 1). An den Rändern, über die man genauere Vorstellungen von den Abständen der Orte an Rhein und Donau hatte, sind ‘Zerdehnungen’ zu erwarten. Wenn nun Ptolemaios für einen Punkt in der Mitte Gross-Germaniens nur eine Entfernungsangabe von der Nord- bzw. Ostseeküste aus oder nur von der Donau aus vorfand, liegt dieser Punkt folglich zu weit nördlich bzw. zu weit südlich. Lag ihm sowohl eine richtige Entfernungsangabe von Norden als auch von Süden vor, kam er auf zwei bis zu 4° voneinander entfernte Punkte. Die wenig bekannten Bereiche im Zentrum Gross-Germaniens luden wohl dann dazu ein, hier datenarmes Gebiet anzunehmen. In diesen Fällen sind also ‘Risse’ anzunehmen. Eventuell wurden Flussquellen und Gebirge durch die Entfernung von der Nord- bzw. Ostseeküste und/oder von der Donau bestimmt. Was die «Städte» Gross-Germaniens betrifft, so lagen Ptolemaios wohl in erster Linie Stationsverzeichnisse der Routen von der Donau an die Nord- bzw. Ostseeküste vor, die ausser der Reihenfolge nur vage Entfernungsangaben enthielten. Dadurch konnten diese Routen leicht ‘zerdehnt’ werden. An der Kombination von ‘Zerdehnen’ und ‘Zerreissen’ läge es dann, dass die Mitte Gross-Germaniens nicht ortsleer aber ortsarm ist. Zusammenfassend heisst das, dass insgesamt die Fluss quellen und Gebirge mehr vom ‘Zerreissen’ und die «Städte»-Reihen mehr vom ‘Zerdehnen’ betroffen sein sollten. Die Auswirkungen der Risse versuchte H. Reichert am Beispiel des Elbdurchbruchs zu verdeutlichen.7 Betrachtet man die 4. Europakarte, findet sich das in Ost-West-Richtung verlaufende Melibocum-Gebirge, das wohl das Erzgebirge und anschliessende Gebirgszüge meint,8 wäre aber über 11⁄2° zu weit nördlich angesetzt. Das östlich daran anschliessende Gebirge müsste aufgrund des engen Albis/Elbe-Durchbruchs am Westende dieselben Gradangaben haben wie das Melibocum-Gebirge am Ostende. Auf der Karte finden sich aber zwei Gebirge. Zum einen nennt Ptolemaios das Asciburgium-Gebirge, dessen Westende weit nach Nordosten verschoben ist. Südlich von ihm liegt das «Quellgebiet des westlichen Seitenarms, der zur Elbe hinführt» (Geogr. 2,11,4), womit tatsächlich die von Norden berechnete Quelle der Albis/Elbe gemeint sein könnte.9 An seinem Ostende liegt die Vistula/Weichsel-Quelle. Höchstwahrscheinlich ist also mit dem Asciburgium-Gebirge der Böhmen im Norden begrenzende Gebirgszug östlich der Elbe gemeint. Dafür spricht auch, dass der Abstand von 8 9 6 7
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Th. Steche, Altgermanien im Erdkundebuch des Claudius Ptolemäus (Leipzig 1937). Reichert a.O. (oben Anm. 4) 277ff. Vgl. Textband S. 225, Anm. 226 (zu Geogr. 2,11,7). Dass es sich um eine ‘zweite’ von Norden her berechnete Elbquelle handeln könnte, dafür spräche auch die Ähnlichkeit des nahegelegenen Ortsnamens Budorigum zu Budorgis nahe der ‘ersten’ Elbquelle. Siehe dazu Steche a.O. (oben Anm. 6) 150.
F. Grünzweig
4.5 Gross-Germanien
der Albis/Elbe-Mündung ziemlich genau der Realität entspricht. Zum andern verzeichnet Ptolemaios das Sudeta-Gebirge. Der Abstand seines Westendes zu Boiodurum/Passau-Innstadt würde gut zum tatsächlichen Abstand dieser Stadt zum Elbdurchbruch passen (aber auch bei anderen Orten an der Nordgrenze Noricums). Die dort verzeichnete Quelle der Albis/Elbe wäre dann von Süden berechnet. Zusammenfassend hiesse das dann, dass Ptolemaios für dieses Gebirge sowohl Informationen zu seiner Lage von Norden her als auch von Süden her erhalten hat. Zudem erfuhr er zwei Namen, den der Stämme südlich davon und den der Stämme nördlich davon. Dass es sich dabei um dasselbe Gebirge handelt, konnte er so nicht erkennen. Der östliche Teil des den Nordrand Böhmens bildenden Gebirgszugs erscheint daher in zwei Teile zerrissen, in ein von der Albis/Elbe-Mündung her berechnetes und den Bewohnern nördlich von Böhmen so benanntes Asciburgium-Gebirge und in ein von der Donau her berechnetes und den Bewohnern Böhmens so benanntes Sudeta-Gebirge. Skandinavien10 (Scandiae) wird als Inselgruppe bezeichnet. Die grösste und gleichzeitig östlichste Insel wird nochmals explizit Scandia genannt (Ptol. Geogr. 2,11,33–35) und bei den ‘bedeutenden Orten’ Germaniens wiederholt (l.c. 8,6,4). Der Grösse nach entspricht dieses Scandia aber der Insel Gotland. Auch die angegebene Position in Relation zur Vistula/Weichsel-Mündung passt gut zu Gotland.11 Skandinavien selbst, bzw. eine entsprechende Landmasse fehlt, ist aber durch eine Völkerliste vertreten, dicht gedrängt auf viel zu klein erscheinendem Raum. Offenbar hat hier Ptolemaios zwei Quellen vermischt: Angaben über die Völker Skandinaviens sowie Berichte über die Inseln der Ostsee, und dass Händler von der Weichselmündung über Gotland nach Skandinavien gelangten. Jütland, die Kimbrische Halbinsel, weist stark auseinandergehende Gradangaben in den verschiedenen Handschriften auf; somit ist die ptolemäische Küstenkontur kaum mehr herstellbar.12 Aber Ptolemaios gibt eine westlichste Landspitze (bezeichnet als nördlichste) und eine östlichste Landspitze (nördlicher als die am nördlichsten bezeichnete) an (l.c. 2,11,3) sowie genau nördlich der Kimbrischen Halbinsel die Inselgruppe der Alociae (l.c. 2,11,32). Vielleicht ist mit Reichert der Limfjord und nicht Kap Skagen gemeint; zudem werden die Kimbern in den nördlichsten Teil Jütlands gesetzt, was gut zum dänischen Landschaftsnamen Himmersyssel (Himmerland) passen würde.13
Siehe dazu Reichert a.O. (oben Anm. 3) 590f. Vgl. aber die abweichende Ansicht im Beitrag von F. Mittenhuber a.O. (oben Anm. 1), mit Anm. 22, dergemäss Skandinavien die gesamte Antike hindurch für eine Insel gehalten wurde. 12 Vgl. Textband S. 223, Anm. 215 (zu Geogr. 2,11,3). 13 Reichert a.O. (oben Anm. 3) 591. 10 11
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
Abb. 1: Die wegen der zu grossen Ausdehnung Gross-Germaniens ‘zerrissene’ Landkarte mit den zwei grossen Rissen und der Drehung um Aquincum/Budapest als Mittelpunkt [nach Reichert (oben Anm. 4) Karte 3].
2. Bedeutung für die germanische Sprachwissenschaft und Altertumskunde Bereits seit der Frühzeit der Altgermanistik wird den Namen bei Ptolemaios Aufmerksamkeit geschenkt, so auch schon von K. Zeuss.14 Beinahe alle dieser Namen sind als Eintrag im Reallexikon der Germanischen Altertumskunde zu finden.15 Was die Namen der «Städte» und die anderen geographischen Namen in Gross-Germanien betrifft, so lassen sich die wenigsten als eindeutig germanisch bestimmen. Viele sind keltisch und viele scheinen aus anderen, aber indogerma
14 15
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K. Zeuss, Die Deutschen und die Nachbarstämme (München 1837). Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Hrsg. H. Beck et al. (Berlin/New York 21973ff.).
F. Grünzweig
4.5 Gross-Germanien
nischen Sprachen zu stammen. Pokorny wollte in einigen Namen sogar vorindogermanisches Substrat erkennen können.16 Die letzte umfassende Untersuchung zu diesen Namen stellt die Dissertation von G. Rasch aus dem Jahre 1949 dar, die in Ermangelung einer neueren Darstellung unlängst im Nachhinein publiziert wurde.17 Diese Arbeit muss teilweise als überholt gelten, v.a. was die Lokalisierungen betrifft; zu den Problemen dabei vgl. den obigen Abschnitt. Etwas, was sich aber feststellen lässt, sind Sprachbezirke. Durch die möglicherweise ‘zerdehnten’ Ortsreihen gestaltet sich aber ein genaues Festlegen von Grenzen schwierig. Im Süden dominieren eindeutig keltische Namen, z.B. Locoritum (kelt. rito- ‘Furt’; Ptol. Geogr. 2,11,29) oder die zahlreichen Namen auf -dunum (kelt. duno- ‘Burg’; Segodunum, Meliodunum, Carrodunum etc., l.c. 2,11,29). Dazu stellen sich die in der Bedeutung genau entsprechenden germanischen Bildungen Tulifurdum, Lupfurdum (germ. furd- ‘Furt’; l.c. 2,11,28) und die Namen auf -burgium (germ. burg- ‘Burg’; Laciburgium, Asciburgium etc., l.c. 2,11,27f.). Die weder keltischen noch germanischen, aber als indogermanisch bestimmbaren Namen finden sich v.a. im Südosten und am östlichen Rand Gross-Germaniens. Viele dieser Namen weisen Bezüge zu den sogenannten ‘balkan-illyrischen’ Sprachen auf. So hat beispielsweise Leucaristus (l.c. 2,11,28) offenbar dasselbe Suffix wie das nordmakedonische Andaristos (Audaristos) (l.c. 3,13,34). Der Wortstamm dürfte derselbe sein wie im illyrischen Personennamen Leucaros.18 Auch die meisten Flussnamen dürften einer alten vorkeltischen und vorgermanischen, aber indogermanischen Sprachschicht angehören (sog. ‘alteuropäische Hydronymie’), wie z.B. bei Albis/Elbe (l.c. 2,11,1 u.ö.),19 und stecken auch in einigen davon abgeleiteten Ortsnamen: z.B. Luppia (Lippe; l.c. 2,11,28), Alcimoennis (Alcmona/Altmühl; l.c. 2,11,30) oder Amisia (Ems; l.c. 2,11,28). Auch in den Stammesnamen der Parmä- und Adabräkamper (l.c. 2,11,24f.) dürfte mit grösster Wahrscheinlichkeit der Flussname Kamp enthalten sein, der dann mit dem aus dem Gabreta-Wald kommenden Fluss gemeint wäre.20 Solche Kontinuitäten setzen beständige Besiedlung voraus bzw. Kontakte zwischen «alter» Bevölkerung und «Einwanderern». Von der vorgermanischen Namengebung bis zu Ptolemaios scheint die Kontinuität gross zu sein. Als gering J. Pokorny, Substrattheorie und Urheimat der Indogermanen, in: Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien 66 (1936) 69–91. 17 G. Rasch, Antike geographische Namen nördlich der Alpen (Mit einem Beitrag von H. Reichert), Hrsg. St. Zimmer (Berlin/New York 2005) (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 47). Einen Überblick über diese Ortsnamen bietet: A. Bach, Deutsche Namenkunde, Bd. II, 1–2: Die deutschen Ortsnamen (Heidelberg 21953–54) 9ff. 18 Vgl. griechisch leukos ‘mit Glanz versehen’, siehe Rasch a.O. (oben Anm. 17) 180. 19 Zu lat. albinus ‘weiss’. Der Begriff ‘alteuropäisch’ wurde von H. Krahe geprägt, der indogermanisches Sprachgut in den Gewässernamen ganz Westeuropas nachweisen konnte. Ein Überblick bei: H. Krahe, Indogermanisch und Alteuropäisch, in: Saeculum 8 (1957) 1–16; Genaueres: Ders., Die Struktur der alteuropäischen Hydronymie (Wiesbaden 1963) (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse 1962, 5). Zur Kritik siehe zuletzt: J. Udolph, Zur Kritik am Konzept der alteuropäischen Hydronymie, in: Namenkundliche Informationen 83/84 (2003) 21–39. 20 Vgl. Textband S. 223, Anm. 221 (zu Geogr. 2,11,5). 16
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
ist sie aber von der Antike bis zu den heutigen, meist ab dem Mittelalter belegten Namen anzusehen. Wie an den angeführten Beispielen ersichtlich, haben sich am ehesten Gewässernamen erhalten, weniger Gebirgsnamen (z.B. Sudeta, l.c. 2,11,7.23) und nur selten Ortsnamen. Am ehesten darf Letzteres bei bestehender römischer Verwaltung bis in die Spätantike angenommen werden. Viele der heutigen Namen gehen aber auf eine Wiederbelebung antiker Traditionen zurück. W. Kleiber hat dahingehend Südwestdeutschland untersucht und vermutet, dass die dortigen Ortsnamen nicht auf lokale Traditionen zurückgehen, sondern auf benachbarte Schreibzentren.21 In Einzelfällen kann auch im tiefsten Gross-Germanien die Möglichkeit diskutiert werden, ob Namen verkehrstechnisch wichtiger Orte überdauerten, z.B. bei Calisia (l.c. 2,11,28; heute das polnische Kalisch?). Ptolemaios gibt auch 76 Völkernamen für Gross-Germanien an, aufgeteilt in ‘grosse Völker’ (l.c. 2,11,15) und ‘kleinere Völker dazwischen’ (l.c. 2,11,8ff.16ff.). Dazu kommen weitere für die germanische Stammeskunde relevante Völker, etwa 10 im angrenzenden europäischen Sarmatien (z.B. Gythonen, Frugundionen, Avariner, Burgionen, Basternen) und einige entlang dem Rhein in der Gallia Belgica (z.B. Bataver, Vangionen, Tungrer), die germanisch sind oder in den Umkreis des Germanischen fallen. G. Schütte äusserte den Verdacht, dass die Finnoi und Gutai der Scandia (Ptol. Geogr. 2,11,35) sowie die Burguntes und Avarpoi Nordostgermaniens (l.c. 2,11,16) den Finnoi, Gythones, Frugun diones und Avarinoi Sarmatiens (l.c. 3,5,20) entsprächen; Ptolemaios habe sie nicht als identisch erkannt und doppelt verzeichnet.22 Die Chamaver lokalisiert Ptolemaios ungewöhnlich (l.c. 2,11,19), da diese nach allen anderen Autoren im Gebiet der Ijssel im heutigen Hamaland (um Deventer) siedelten. Vielleicht wurde hier der Nachbarstamm, die Bataver, mit dem ähnlichen Namen Batiner verwechselt. Die meisten Unstimmigkeiten in den Völkerlisten dürfen wohl auf unterschiedlich alte Quellen zurückgeführt werden. Was die Sprachzugehörigkeit der Stammesnamen betrifft, so finden sich am westlichen und südlichen Rand Gross-Germaniens einige Namen, die keltisch sind (Karitner, Rakaten, Rakatrien, l.c. 2,11,9 u. 26). Einige im Südwesten können keltisch oder germanisch gedeutet werden (z.B. Tenkterer, Turonen, Kurionen; l.c. 2,11,9, 22 u. 24 ). Im Osten könnten einige Stammesnamen, wie bei den Ortsnamen, einer anderen indogermanischen Sprache angehören (z.B. Korkonter, Kotiner, l.c. 2,11,20f.).23 Etwa die Hälfte der Namen bei Ptolemaios findet sich auch in der Germa nia des Tacitus. Die nicht gemeinsamen Namen könnten so erklärt werden, dass Tacitus als Historiker mehr Obergruppen nennt, Ptolemaios hingegen mehr Untergruppen, die im direkten Umfeld der von Händlern frequentierten Orte
W. Kleiber, Zwischen Antike und Mittelalter, in: Frühmittelalterliche Studien 7 (1973) 27–52. G. Schütte, Die Quellen der ptolemäischen Karten Nordeuropas, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 41 (1916) 1–46, bes. 10; vgl. auch Textband S. 305, Anm. 74 (zu Geogr. 3,5,20). 23 Zu den einzelnen Völkernamen bei Ptolemaios siehe zuletzt: A. Sitzmann/F. Grünzweig, Die altgermanischen Ethnonyme, Ein Handbuch zu ihrer Etymologie (Wien, im Druck) (= Philologica Germanica 28). 21 22
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F. Grünzweig
4.5 Gross-Germanien
siedelten.24 Ptolemaios vermerkte aber auch Namen grosser Stämme, die bei Tacitus fehlen, z.B. die Burgunder (l.c. 2,11,16), die schon vor Tacitus von Plinius (Nat. hist. 4,99) genannt werden. Die Saxones/Sachsen nennt Ptolemaios (Geogr. 2,11,16) überhaupt als Erster. Dieser Stamm könnte sich demnach erst im 2. Jahrhundert herausgebildet haben. Die Langobarden nennt er an zwei Stellen (l.c. 2,11,15f.), was einen Hinweis auf Wanderungen im 1./2. Jahrhundert darstellen könnte.
24
Reichert a.O. (oben Anm. 3) 594.
311
4.6 Hydrologische Probleme im Raum des Kaspischen Meeres und des Aralsees a) Die Oxos-Route und die Iaxartes-Mündung Helmut Humbach
Auf der Ptolemaios-Karte (Asien, 7. Karte) ist der Aral-See nur durch den bescheidenen, von einem namenlosen Fluss durchflossenen Oxeiane-See (ÉVjeianØ l¤mnh/Oxeiane limne) vertreten. Die Flüsse Oxos/Amu-Darja und Iaxartes/ Syr-Darja, die heutzutage in den Aral-See fliessen, münden bei Ptolemaios mehr oder weniger parallel verlaufend ins Kaspische/Hyrkanische Meer.1 Eine ungeklärte Rolle bei der Entwicklung dieses irrigen Kartenbildes spielt ganz offensichtlich Patrokles, der von Seleukos (ca. 358–281 v. Chr.) als Gouverneur (strathgÒw/strategos) von Babylon eingesetzt war, doch später im Osten des Reiches als Admiral (praefectus classis) von sich reden machte. Die Testimonia (T) über ihn und die ebenso spärlichen Fragmente seines geographischen Werks (F) sind von Felix Jacoby in seiner grossen Sammlung Fragmente der griechischen Historiker unter der Sigle FGrHist 712 zusammengestellt. Unter ihnen findet sich das bei Strabon überlieferte, früheste auf uns gekommene Zeugnis von der Mündung der beiden Flüsse in das Kaspische Meer: Strabo 11,11,5 (712 F 6): «Der Iaxartes ist von Anfang bis Ende vom Oxos verschieden; er mündet zwar in dasselbe Meer wie der Oxos, doch sind, wie Patrokles sagt, ihre Mündungen etwa 80 Parasangen voneinander entfernt.»2 Ein Blick auf den geographischen Grossraum lehrt, dass ein solcher Verlauf wenigstens des Iaxartes zu keiner Zeit und vor allem nicht in historischer Zeit denkbar ist. Die Entstehung der Vorstellung von seiner Mündung ins Kaspische Meer ist wohl analogischer Übertragung der beim Alexanderzug festgestellten Distanz zwischen dem jeweiligen mittleren Lauf der beiden Flüsse zuzuschreiben.3 Angelpunkt für die Bestimmung der fiktiven Mündung des Iaxartes muss dabei die reale Mündung des Oxos ins Kaspische Meer gewesen sein. Dass tatsächlich auch in historischer Zeit eine Abzweigung vom Unterlauf des Oxos ins Kaspische Meer geführt hat, zeigt der fachkundige Celâl Hengör durch seinen Bei-
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Vgl. dazu auch die Anmerkungen im Textband zu Geogr. 6,12,1 und 6,14,2 sowie oben Kap. 4.4 Die Länderkarten Asiens. Strabo 11,11,5 (712 F 6): ı m°ntoi ÉIajãrthw épÉ érx∞w m°xri t°louw ßterÒw §sti toË ÖVjou: ka‹ efiw m¢n tØn aÈtØn teleut«n yãlattan, afl dÉ §mbola‹ di°xousin éllÆlvn, Àw fhsi Patrokl∞w, parasãggaw …w ÙgdoÆkonta. Ebenso ist der ptolemäische Ansatz einer Mündung des Flusses Polytimetos ins Kaspische Meer zu erklären. Bei den Alexanderhistorikern entspricht dieser Fluss dem heutigen Serafschan, der – soweit er nicht versickert – in den Oxos mündet.
H. Humbach4.6a Oxos-Route und Iaxartes-Mündung
trag zu diesem Band in definitiver Weise.4 Es ist diese Abzweigung, über die der von Strabon beschriebene Warenverkehr von Indien nach dem Schwarzen Meer verlief, eine bedeutende Alternative zu dem uns durch den Alexanderzug wohlbekannten Karawanenweg: Strabo 2,1,15: «Und man sagt, dass der Baktrien von Sogdiana trennende Oxos so schiffbar sei, dass zu ihm hinübergebrachte Waren leicht auf den Flüssen nach Hyrkanien hinabtransportiert werden können und zu den anschliessenden Regionen bis zum Pontos [Euxeinos]/Schwarzen Meer.»5 Nach dem Zeugnis des Plinius, der seinerseits aus Varro schöpfte, vergewisserte sich Pompeius von der Existenz dieser Route, die wir hier als Oxos-Route bezeichnen: Plin. Nat.hist. 6,52: «Varro fügt hinzu, man habe bei jenem Feldzug des Pompeius in Erfahrung gebracht, dass man aus Indien in sieben Tagen nach Baktrien zu dem Flusse †Iachrus (*Bactrus) gelange, der nachher in den Oxos fliesse. Auf diesem könne man die indischen Waren durch das Kaspische Meer aufwärts in den Kyros und von da in nicht mehr als fünf Tagen zu Lande hinab nach Phasis im Pontos [Euxeinos] schaffen.»6 In unserem frühesten Zeugnis von der Oxos-Route werden Aristobulos, ein Teilnehmer am Alexanderzug, und Patrokles als Gewährsleute genannt: Strabo 11,7,3 (712 F 5): «[Aristoboulos] sagt, dass [der Oxos] schiffbar sei, und ebenso sagt Eratosthenes, der [sein Urteil] von Patrokles übernommen hat, und dass [der Fluss] eine grosse Menge von indischen Waren zum Hyrkanischen Meer hinabtransportiere, die von dort nach Albanien überführt und auf dem Fluss Kyros und durch die sich anschliessenden Gegenden zum Euxeinos [Pontos] gebracht werden.»7 Die Oxos-Route war von erheblicher Relevanz für die Verbindung Baktriens und seiner Hauptstadt Baktra mit dem Westen des syrischen Reichs. Zumal wenn in westlicher Richtung benutzt, zeichnete sie sich gegenüber dem Karawanenweg durch ihre aussergewöhnliche Schnelligkeit aus; zusätzliche Bedeutung gewann sie nach der Abtretung des Indos-Gebiets durch Seleukos an den indischen König Sandrakottos (Chandragupta Maurya) in jenem berühmten Vertrag
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Dazu unten Kap. 4.6b; vgl. auch A. Herrmann, Oxos, in: RE 18,2 (1942) 2006–2017, und R. Hennig, Terrae incognitae (Leiden 1944) 232ff. Strabo 2,1,15: ka‹ tÚn âVjon d¢ tÚn ır¤zonta tØn BaktrianØn épÚ t∞w Sogdian∞w oÏtv fas‹n eÎploun e‰nai, Àste tÚn ÉIndikÚn fÒrton Íperkomisy°nta efiw aÈtÚn =&d¤vw efiw tØn ÑUrkan¤an katãgesyai ka‹ toÁw §fej∞w tÒpouw m°xri toË PÒntou diå t«n potam«n. Plin. Nat.hist. 6,52: Adicit idem (Varro) Pompei ductu exploratum, in Bactros septem diebus ex India perveniri ad Iachrum [Bactrum Detlefsen] flumen quod in Oxum influat, et ex eo per Cas pium in Cyrum subvectos, et V non amplius dierum terreno itinere ad Phasim in Pontum Indicas posse devehi merces. Strabo 11,7,3 (712 F 5): fhs‹ d¢ ka‹ eÎploun e‰nai ka‹ otow ka‹ ÉEratosy°nhw parå Patrokl°ouw lab≈n, ka‹ pollå t«n ÉIndik«n fort¤vn katãgein efiw tØn ÑUrkan¤an yãlattan, §nteËyen dÉ efiw tØn ÉAlban¤an peraioËsyai, ka‹ diå toË KÊrou ka‹ t«n •j∞w tÒpvn efiw tÚn EÎjeinon kataf°resyai.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
des Jahres 305 v. Chr., der das weitere Vordringen der indischen Herrschaft in das Gebiet südlich des Hindukusch einleitete. Merkwürdigerweise behauptete Patrokles, dass man die Oxos-Route von Indien aus mit dem Schiff befahren könne, wobei er nicht unwidersprochen blieb: Strabo 2,1,17 (F 4a): «Baktra ... scheint die Möglichkeit einer Umsegelung aus Indien [nach Baktra] zu bieten, wie es Patrokles behauptet, der [einst] Gouverneur dieser Gebiete war.»8 Strabo 11,11,6 (F 4b): «Man bestreitet, dass [einige] von Indien nach Hyrkanien herumgesegelt seien, doch Patrokles hat behauptet, dass das möglich sei.»9 Nimmt man die Behauptung des Patrokles ernst, so muss man erstens annehmen, dass er mit Indien das Land nicht so gemeint habe, wie seine Kritiker ihn verstanden, sondern nur seine gebirgigen Grenzgebiete, und zweitens, dass er die von diesen Grenzgebieten ausgehende und nördlich um das syrische Reich herumführende Reise als Umsegelung (periplous) verstand. Doch schmückt sich Patrokles vielleicht wirklich mit einer erfundenen Erkundungsfahrt um Indien herum ins Nordmeer und von dort in das im Norden offen gedachte Kaspische Meer. Eine solche Fahrt ist unseres Erachtens bei Plinius angedeutet, der im Anschluss an die Erwähnung der Umfahrung Westeuropas von Gades und den Säulen des Herkules in den nördlichen Ozean (oceanus septentrionalis) bis zum Cimbrischen Vorgebirge (promuntorium Cimbricum) schreibt: Plin. Nat.hist. 2,167: «Auf ähnliche Weise ist vom Indischen Meer aus der ganz unter demselben Sternbild liegende sich dem Kaspischen Meer zuwendende Teil [des Nordmeers] unter der Regierung des Seleukos und des Antiochos von Osten her von makedonischen Kriegsschiffen durchfahren worden.»10 Das kann sich nur auf des Patrokles erfundene Fahrt beziehen. In der Tat wird dieser von Plinius in einer ähnlichen Stelle mit Namen genannt, und zwar als Reisebegleiter der beiden Könige, was aber sicherlich richtig als Verdrehung der Angabe ‘unter der Regierung von Seleukos und Antiochos’ verstanden wird: Plin. Nat.hist. 6,58 (712 T 3b): «Indien ist uns nämlich nicht nur durch die Waffentaten Alexanders des Grossen und der auf ihn folgenden Könige erschlossen – wobei Seleukos und Antiochos und ihr Flottenführer Patrokles sogar [von Indien ‘aussen’] herum bis ins Hyrkanische und Kaspische Meer Strabo 2,1,17 (F 4a): Bãktra ... doke› per¤ploun ¶xein épÚ t∞w ÉIndik∞w dunatÒn, Àw fhsin ı t«n tÒpvn ≤ghsãmenow toÊtvn Patrokl∞w. – Es ist zu bezweifeln, dass ‘Gouverneur’ die richtige Übersetzung von ≤ghsãmenow ist. Man würde eigentlich erwarten, dass Patrokles seine Expedition durch (diã) diese Örtlichkeiten geführt habe. 9 Strabo 11,11,6 (F 4b): oÈx ımologoËsi dÉ ˜ti peri°pleusãn tinew épÚ t∞w ÉIndik∞w §p‹ tØn ÑUrkan¤an: ˜ti d¢ dunatÒn, Patrokl∞w e‡rhke. 10 Plin. Nat.hist. 2,167: Iuxta vero ab ortu ex Indico mari sub eodem sidere pars tota vergens in Caspium mare pernavigata est Macedonum armis Seleuco atque Antiocho regnantibus. 8
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H. Humbach4.6a Oxos-Route und Iaxartes-Mündung
reisten –, sondern auch durch andere griechische Schriftsteller, welche wie Megasthenes und der von [Ptolemaios] Philadelphos entsandte Dionysios mit indischen Königen verkehrten und im Anschluss daran über die Macht jener Völker Nachrichten gegeben haben. Hier ist jedoch nicht der Ort zu sorgsamer Prüfung, so abweichend und unglaublich klingen die Nachrichten.»11 Angesichts der spärlichen Überlieferung sind historische Wirklichkeit und Phantasie nicht völlig klar zu trennen. Bemerkenswert ist aber, dass Patrokles in seinem Fragment 712 F 2 (Strabo 2,1,2) ein Urteil über die nord-südliche Ausdehnung Indiens abgibt, ein Urteil, von dem wir nicht wirklich wissen können, ob in dieses eigene Erfahrung eingeflossen ist oder ob es, auf lediglich theoretischen Überlegungen beruhend, des Patrokles Kompetenz für die Umfahrung Indiens unterstreichen soll. Die zumindest einem Teil der Überlieferung offensichtlich zugrunde liegende märchenhafte Idee der Umfahrung Indiens über das Nordmeer zum Kaspischen Meer mag übrigens nicht zuletzt auch durch eine Verwirrung der Begriffe Fluss und Meer gefördert worden sein. Auf seiner berühmten Inschrift von Behistun berichtet Darius, er habe das Meer (drayah) überschritten, um gegen die skythischen Saken zu kämpfen; das heisst den Oxos, in dessen heutigem Namen Amu Darja wir das Element ‘Meer’ wiederfinden. Unsere Darstellung widerspricht der communis opinio, nach der, wie F. Gisinger zum Abschluss seines sehr umfangreichen RE-Artikels über Patrokles sagt, dieser «in der Geschichte der Erdkunde, besonders in der Entdeckungsgeschichte des Kaspischen Meeres, für immer seinen Namen behaupten (werde)».12 Damit wollen wir keineswegs ausschliessen, dass die Angaben des Eratosthenes vor allem zur südöstlichen, südlichen und südwestlichen Küste des Kaspischen Meeres (712 F 8) auf Patrokles zurückgehen, zumal sie doch die von diesem erfundene Iaxartes-Mündung einschliessen.13 Doch diese Gewichtung ist schwerlich haltbar, denn circumvectis in Caspium mare bedeutet nicht ‘im Kaspischen Meer herumgefahren’, sondern ‘ins Kaspische Meer herumgefahren’; Patrokles spricht nicht von einem Periplus des Kaspischen Meeres, sondern von einem solchen ins Kaspische Meer hinein.
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Plin. Nat.hist. 6,58 (712 T 3b): Etenim patefacta est (India) non modo Alexandri Magni armis regumque qui successere ei, – circumvectis etiam in Hyrcanium mare et Caspium Seleuco et An tiocho praefectoque classis eorum Patrocle, – verum et aliis auctoribus Graecis, qui cum regibus Indicis morati, sicut Megasthenes et Dionysius a Philadelpho missus, ex ea causa vires quoque gentium prodidere. Non tamen est diligentiae locus: adeo diversa et incredibilia traduntur. F. Gisinger, Patrokles, in: RE 18,4 (1949) 2263. Strabo 11,6,1 (712 F Anhang 8a): fhs‹ dÉ ÉEratosy°nhw tÚn ÍpÚ t«n ÑEllÆnvn gnvrizÒmenon per¤ploun t∞w yalãtthw taÊthw tÚn m¢n parå toÁw ÉAlbanoÁw ka‹ toÁw Kadous¤ouw e‰nai pentakisxil¤vn ka‹ tetrakos¤vn, tÚn d¢ parå tØn ÉAnariak«n ka‹ Mãrdvn ka‹ ÑUrkan«n m°xri toË stÒmatow toË ÖVjou potamoË tetrakisxil¤vn ka‹ Ùktakos¤vn, ¶nyen d¢ §p‹ toË ÉIajãrtou disxil¤vn tetrakos¤vn. Plin. 6,36 (ibid. 8 b): Eratosthenes ponit et mensuram (Caspii et Hyrcanii maris): ab exortu et meridie per Cadusiae et Albaniae oram V · CCCC stadia, inde per Anariacos, Amardos, Hyrca nos ad ostium †Zoni (!) fluminis IIII · DCCC, ab eo ad ostium Iaxartis MM · CCCC.
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b) Zum Lauf des Oxos, ein Nachtrag Celâl S¸engör Wenn man sich mit der Behauptung des Ptolemaios auseinandersetzen will, der Oxos/Amu-Darja münde in das Kaspische Meer und nicht in den beim ihm nur als kleines Gewässer markierten Oxeiane-See/Aral-See (vgl. Geogr. 6,9,1; Asien 7. Karte), hat man zunächst die geomorphologischen Verhältnisse der Region zu berücksichtigen. S.P. Markowsky hat in seinen stratigraphischen Untersuchungen gezeigt, dass in der Umgebung des Aral-Sees die nacheiszeitlichen (also etwa 8000 Jahre vor heute) fluvialen Ablagerungen des Flusses mit marinen Ablagerungen wechsellagern, die das Cardium edule enthalten, eine gewöhnlich in Flussmündungen lebende Muschel, die grossen Schwankungen der Salinitätsund Temperaturbedingungen erdulden kann.14 Aufgrund dieser Beobachtungen hat man gefolgert, dass das Niveau des Kaspischen Meeres zuweilen bis 7 m über dem heutigen Spiegel gelegen haben muss. Dies hatte eine erhebliche Erweiterung des Kaspische Meeres Richtung Osten zur Folge; diese Erweiterung musste dem Uzboi-Kanal folgen fast bis zum Sary-Kamysch. L.S. Berg hat nachgewiesen, dass der Meeresspiegel bis zum 19. Jahrhundert – mit kurzen Unterbrechungen in Regressionsphasen – wieder anstieg, und zwar bis zu 5 m.15 Diese Schwankungen beeinflussen das Fliessregime der umliegenden Flüsse sehr stark, weil die östlichen Gegenden des Kaspischen Meeres zwischen diesem und dem Amu-Darja sehr flach sind. Unter den Geologen, Geographen und Historikern besteht kein Zweifel, dass der Amu-Darja in historischer Zeit ab und zu in den Sary-Kamysch mündete.16 Da es sich aber beim Sary-Kamysch nur um einen kleinen Sumpfsee handelt, kann er unmöglich auf Dauer die Wassermengen aufnehmen, die ein Fluss von der Grösse des Amu-Darja mit sich bringt, selbst wenn man eine beträchtliche Verdunstung annimmt: Der Sary-Kamysch musste somit einen Ausfluss haben, und diesen Ausfluss sehen wir im heutigen Uzboi. Die Frage ist nun, ob der Uzboi, als er den Amu-Darja in sich aufnahm, bis zu seiner heutigen Mündung reichte. Darüber ist mir keine Literatur bekannt, aber es kann sein, dass zu Zeiten des Hochniveaus die Mündung weiter östlich, d.h. für den Fluss leichter erreichbar war; zu Zeiten des niedrigen Niveaus verhielt es sich umgekehrt. Wladimir Wasilievitsch Barthold hat historische Berichte gesammelt, die ohne Zweifel zeigen, dass zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert der Amu-Darja ins Kaspische Meer mündete; wenig sichere Berichte geben an, dass es auch im
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S.P. Markowsky, Structure Géologique de l’URSS, Tome 1, Stratigraphie fasc. 6 (Paris 1959) 769; vgl. auch A. Herrmann, Oxos, in: RE 18 (1942) 2006–2017, mit Kartenskizze 2011. L.S. Berg, Die ersten russischen Karten des Kaspischen Meeres und ihr Zusammenhang mit den Schwankungen des Meeresspiegels, in: Geschichte der russischen geographischen Entdeckungen (Leipzig 1954) 159ff. B. Spuler, Amu Darya, in: The Encyclopaedia of Islam, New Edition Bd. 1 (Leiden 1960) 454ff.
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Abb. 1: Skizze der rekonstruierbaren Oxos-Verläufe nach Celâl Hengör.
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Kap. 4 Geographisches Weltbild
10. und 12. Jahrhundert so war.17 So wissen wir z.B. durch den Reisebericht des Clavijo, der als Gesandter Kastiliens zum Hofe Timurs kam, dass damals der AmuDarja sich direkt ins Kaspische Meer ergoss. Man vermutet, dass er im Altertum einen noch südlicheren Weg eingeschlagen hat.18 Diese Berichte lösen auch ein anderes geomorphologisches Problem: Man ist sich nie im Klaren gewesen, woher die enormen Sandmengen der Kara-KumWüste herstammen. Wenn der Amu-Darja sein Bett oft über die ganze Fläche der Kara-Kum-Wüste wechselt, kann er den Sand entsprechend ablagern. S.P. Suslov vermutet, dass die heutige Kara-Kum-Wüste ein enormes Delta des Amu-Darja darstellt.19 Wenn dies der Fall ist (und eine andere Möglichkeit lässt sich kaum denken), ist es ganz natürlich, dass das Hauptbett darauf in ständigem Wandern begriffen ist. Die Angaben des Geographen Berg stimmen völlig mit der Meinung des Historikers Barthold überein.20 Noch eine letzte Bemerkung zur vergleichenden Geomorphologie: Das Wandern des Amu-Darja ist nicht ein Einzelfall: Ferdinand von Richthofen hat seinerzeit in seinem grossen Werk China vermutet und sein Schüler Sven Hedin Jahre später bewiesen,21 dass der grosse Fluss Tarim auch wandert, und als Folge davon pendelt der See Lop Nor alle etwa 600 Jahre in einer Nord-Süd-Richtung. Die Stadt Lou-lan wurde ruiniert, weil der See sie plötzlich verliess. Die Berichte der Alten über den einstigen Flusslauf des Oxos/Amu-Darja sind somit ernst zu nehmen. Leider ist nicht zu erwarten, dass aus dem Gebiet, das heute ausserhalb des Russischen Reiches liegt, in naher Zukunft neuere geomorphologische Erkenntnisse dazu erarbeitet würden.
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W.W. Barthold, Amu Darya, in: Enzyklopädie des Islam, Bd. 1 (Leiden 1913) 356ff. Vgl. die oben in Anm. 14 genannte Kartenskizze, wo die mutmasslichen Flussläufe eingetragen sind. S.P. Suslov, Physical Geography of Asiatic Russia (San Francisco 1962) 452. Berg a.O. (oben Anm. 15); Barthold a.O. (oben Anm. 17). F. von Richthoven, China (Berlin 1877–1883); S. Hedin, Der wandernde See (Leipzig 21938).
5. Wirkungsgeschichte 5.1 Wege der Überlieferung (Alfred Stückelberger) 5.2 Die Geographie des Ptolemaios in der arabischen Tradition (Florian Mittenhuber/Celâl S¸engör) 5.3 Der lateinische Ptolemaios (Klaus Geus) 5.4 Die Drucke der Geographie des Ptolemaios in der Inkunabelund Frühdruckzeit (1475–1533) (Doris Oltrogge) 5.5 Ptolemaios-Rezeption in der Kartographiegeschichte (Florian Mittenhuber/Thomas Klöti) 5.6 Die «Portraits» des Klaudios Ptolemaios (Robert Fuchs)
5.1 Wege der Überlieferung1 Alfred Stückelberger
1. Von Ptolemaios bis Planudes Zwischen der Abfassungszeit der Geographie des Ptolemaios (nach 150 n. Chr.) und den ältesten erhaltenen Handschriften (Ende 13. Jahrhundert) klafft eine Lücke von mehr als tausend Jahren. Dass zwischen der Entstehung des Werkes und den ältesten erhaltenen Schriftzeugnissen ein Zeitraum von weit mehr als einem Jahrtausend liegt, ist allerdings in der Überlieferungsgeschichte der gesamten griechischen und lateinischen Literatur der Normalfall, sind doch nur in ganz vereinzelten Fällen spätantike Handschriften erhalten.2 Die überwiegende Mehrzahl der bekannten Handschriften stammt aus dem Mittelalter. Man kann dabei von einem Glücksfall sprechen, wenn – wie das beim Almagest des Ptolemaios der Fall ist3 – Handschriften aus der Anfangszeit der Minuskelschrift erhalten sind, als man in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts ist Byzanz damit begann, die spätantiken Majuskelhandschriften in die sog. byzantinische Minuskel umzuschreiben.4 Beim Grossteil der antiken Literatur – so auch bei der Geographie des Ptolemaios – setzt die handschriftliche Überlieferung erst in den folgenden Jahrhunderten ein. Dieser Zeitraum zwischen der Niederschrift der Geographie und den ersten erhaltenen Handschriften liegt allerdings nicht einfach im Dunkeln. Wenn sich auch die Traditionskette nicht lückenlos verfolgen lässt, tauchen doch da und dort Zeugnisse auf, welche schlaglichtartig die Wege der Überlieferung erhellen. Freilich sind solche Zeugnisse nicht eben häufig, fand doch das anspruchsvolle, an Fachleute gerichtete und zudem nur mit grösstem Aufwand zu kopierende geographische Werk in der Antike offenbar keine weite Verbreitung. So sind
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Wichtigste Literatur zur Textüberlieferung: O. Cuntz, Die Geographie des Ptolemaeus: Gal liae, Germania, Raetia, Noricum, Pannoniae, Illyricum, Italia. Handschriften, Text und Untersu chung (Berlin 1923) 1–37; J. Fischer, De Claudii Ptolemaei vita operibus geographia, praesertim eiusque fatis, Tomus Prodromus (Leiden 1932); P. Schnabel, Text und Karten des Ptolemäus [= Quellen und Forschungen zur Geschichte der Geographie und Völkerkunde Bd. 2] (Leipzig 1938); A. Diller, The Oldest Manuscripts of Ptolemaic Maps, in: Transactions and Proceedings of the American Philol. Assoc. 71 (1940) 62–67; E. Polaschek, Ptolemaios (Geograph), RE Suppl. 10 (1965) 711–775; S. Ziegler, Ptolemy. Geography Book 6, Bd.1, Text and English/Ger man Translations (Wiesbaden 1998) 2–13. Abgesehen von den Papyri und einigen berühmten Bibelhandschriften sind nur selten spätantike griechische Codices erhalten: so etwa der Wiener Dioskurides (Cod. Vindob. med. Graec. 1, um 512 n. Chr.) oder der unten (Anm. 18) erwähnte Strabon-Palimpsest. Dieser geringen Anzahl von spätantiken griechischen Majuskelhandschriften stehen etwa 20 000 mittelalterliche Minuskelhandschriften gegenüber. So der Almagest-Codex Vaticanus Graecus 1594 (9. Jh.). Dazu gleich unten.
A. Stückelberger
5.1 Wege der Überlieferung
denn auch – jedenfalls bis anhin – noch keine Papyri der Geographie zum Vorschein gekommen.5 Man muss davon ausgehen, dass die Originalschrift der Geographie auf Papyrusrollen geschrieben war. Dass ein grossformatiges Kartenwerk sich auf Papyrus tatsächlich realisieren liess, beweist der kürzlich gefundene ArtemidorPapyrus aus dem Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr., welcher bereits das später von Ptolemaios im 8. Buch angewandte Verfahren dokumentiert, die Karten in den Text zu integrieren.6 Den ersten physischen Beleg für das Vorhandensein der Geographie des Ptolemaios stellt zweifellos der Papyrus Rylands Nr. 522 aus dem Anfang des 3. Jahrhunderts n. Chr. dar, der einzige bis anhin aufgefundene Ptolemaios-Papyrus geographischen Inhalts, welcher in 50 fragmentarischen Zeilen ein Stück aus dem Kanon bedeutender Städte zeigt.7 Das unscheinbare Fragment ist allerdings für die Überlieferungsgeschichte von grosser Bedeutung: Da der Papyrus bereits einige aus dem Ortskatalog übernommene, über den ursprünglichen Bestand des Kanons hinausgehende interpolierte Städte anführt und ausserdem eine Reihe von X-Koordinaten aufweist, stellt er somit ein klares Zeugnis dar für eine frühe Beschäftigung mit der Geographie des Ptolemaios im Heimatland des Autors und beweist zudem die frühe Aufspaltung der Überlieferung in eine V- und eine J-Rezension.8 Einen ersten Markstein in der weiteren Überlieferungsgeschichte stellt zweifellos die durch einen Bucheintrag gesicherte Bearbeitung der Geographie durch den alexandrinischen Kartenspezialisten Agathodaimon dar. In fast allen älteren Handschriften – mit Ausnahme von X – und in verschiedenen jüngeren steht ganz am Schluss des 8. Buches eine aufschlussreiche Subscriptio;9 im ursprünglichen Wortlaut in der 1. Person (ÍpetÊpvsa) ist sie in den Hss. UKVRA belegt: «Auf Grundlage der acht Bücher der Geographie des Klaudios Ptolemaios habe ich, der Ingenieur (mechanikos) Agathodaimon aus Alexandria, die gesamte Oikumene zeichnerisch dargestellt.»
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Immerhin ist mit dem Pap. Rylands 522, einem Fragment aus dem Kanon bedeutender Städte, ein Ptolemaios-Papyrus geographischen Inhalts auf uns gekommen (dazu gleich unten). Die auf dem Artemidor-Papyrus dargestellte Karte hat das beachtliche Ausmass von 32,5 93,5 cm; zum Papyrus vgl. jetzt Claudio Gallazzi, Bärbel Karmer, Salvatore Settis, Il Papiro di Artemidoro (Mailand 2008); früher schon C. Gallazzi/B. Kramer, Artemidor im Zeichensaal. Eine Papyrusrolle mit Text, Landkarte und Skizzenbüchern aus späthellenistischer Zeit, Archiv für Papyrusforschung 44 (1998) 189–208; C. Gallazzi, S. Settis, Le tre vite del Papiro di Artemi doro (Mailand 2006). Vgl. Catalogue of the Greek an Latin Papyri in the John Rylands Library 3, ed. C.H. Roberts (Manchester 1938) 142–146 + Plate 4; Abb. oben Kap. 2.2, S. 144. Dazu oben Kap. 1.2, Abschnitt 2. Zur Agathodaimon-Subscriptio s. J. Fischer a.O. (oben Anm. 1), Tom. Prodr. 109–120; ferner K. Wernicke, RE 1 (1894) 746; J. Fischer, RE Suppl. 3 (1918) 59. – Agathodaimon, auch Agathos Daimon genannt, wird meist zur Bezeichnung einer Gottheit gebraucht, ist aber auch als Eigenname mehrfach belegt: vgl. R. Ganschinietz, RE Suppl. 3 (1918) 58f. – In Geogr. 4,5,39ff. wird der westlichste Mündungsarm des Nil Agathos Daimon genannt.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Spätere Abschreiber haben die Subscriptio sinngemäss in die 3. Person umgesetzt: ÍpetÊpvse bzw. Ípetup≈sato/«Agathodaimon … hat dargestellt», so in Flor. Laur. XXVIII,49 (O), in Paris. Graec. 1401 (a) und in anderen Sekundärhandschriften.10 Dieser sonst nicht bekannte alexandrinische mechanikos11 Agathodaimon ist anscheinend verantwortlich für die Erstellung der Karten, auf die offenbar alle in unseren Handschriften erhaltenen Karten zurückgehen.12 Dass aus naheliegenden Gründen ein Spezialist die anspruchsvolle Aufgabe der Kartenzeichnung übernahm, ist auch in anderen Fällen belegt.13 Gerne wüsste man mehr über die Lebenszeit des Agathodaimon: Man wird ihn wohl zeitlich nicht allzu weit von Ptolemaios entfernt ansetzen müssen; mit dem zunehmenden Verfall der wissenschaftlichen Arbeit in Alexandria (270 n. Chr. Zerstörung des Palastbezirkes durch Zenobia, 391 n. Chr. Zerstörung des Serapeions durch Theophilos) wird jedenfalls eine derart anspruchsvolle Arbeit immer unwahrscheinlicher. Am wahrscheinlichsten ist es, Agathodaimons Redaktion mit der im 4. Jahrhundert n. Chr. im grossen Stil einsetzenden, beinahe die ganze antike Literatur erfassenden Welle der Umschrift der Papyrusrollen in die besser haltbaren und leichter zu handhabenden Pergamentkodizes in Verbindung zu bringen.14 Auf diese jedenfalls (spät)antike Redaktion gehen offenbar alle zur V-Rezension gehörenden Handschriften zurück. Aus der Spätantike finden sich noch weitere Indizien, die von der Benützung bzw. vom Vorhandensein der ptolemäischen Geographie zeugen: Der römische Historiker Ammianus Marcellinus, der sich 363 n. Chr. als Offizier am Perserfeldzug des Kaisers Julian beteiligte und der etwa 380–392 in Rom sein Geschichtswerk verfasste, hat bei seinen geographischen Exkursen über die Länder am Pontus (Res gestae 22,8,1–48) und über Persien (l.c. 23,6,1–88) offensichtlich Ptolemaios benützt.15
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Vgl. Textband S. 920f. und S. 26, Anm. 72, sowie oben Kap. 1.4, S. 81. Unter mechanikos wird man sich einen Techniker vorstellen müssen von der Art eines Heron von Alexandria (etwa 1./2. Jh. n. Chr.), der durch die Konstruktion mechanischer Apparate und die mit Konstruktionszeichnungen versehenen Beschreibungen bekannt geworden ist (zu den in den Heron-Hss. erhaltenen Konstruktionszeichnungen vgl. A. Stückelberger, Bild und Wort [Mainz 1994] 99ff.). Agathodaimon nur für die Weltkarte verantwortlich zu machen, wie dies J. Fischer a.O. (oben Anm. 1) 118f. tut, ist wenig überzeugend, beruft sich Agathodaimon doch ausdrücklich auf alle ‘acht Bücher der Geographie’. Im Ptolemaios-Cod. Vindobonensis Hist. Graec. 1 hat Cyriacus von Ancona diese Aufgabe übernommen. Im Cod. Paris. Graec. 2153 (eine Soranus-Handschrift) hat auf fol. 218v ein ‘Spezialist für gynäkologische Zeichnungen’ (gynaikeios hypozographos) subskribiert. Vgl. dazu H. Hunger, Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Li teratur 1 (Zürich 1961) 47ff. – Nicht zufällig spricht Cassiodor in seinem Studienführer (um 560 n. Chr.) ausdrücklich von einem Codex Ptolemaei (dazu gleich unten). Die Benützung des Ptolemaios durch Ammian wurde schon von Th. Mommsen (Ammians Geographica, in: Hermes 16 [1881] bes. 612–18) ausführlich nachgewiesen; trotz den von E. Polachek vorgebrachten Gegenargumenten (RE a.O. [oben Anm. 1] 764–772) kann an einer Benützung der ptolemäischen Geographie heute kaum gezweifelt werden, lehnt sich doch die Anordnung der Regionen bei Ammian eng an das 6. Buch der Geographie an. Ebenso urteilen J. Fischer, a.O. (oben Anm. 1) 483–487; J. den Boeft, J.W. Drijvers, D. den Hengst, H.C. Teitler, Philological and Historical Commentary on Ammianus Marcellinus XXIII (Groningen
A. Stückelberger
5.1 Wege der Überlieferung
Markianos von Herakleia (4./5. Jh. n. Chr.), ein sonst weiter nicht bekannter Kompilator, exzerpiert in seinem Periplus die Geographie «des göttlichsten und weisesten Ptolemaios», wie er mit grosser Ehrerbietung seinen Gewährsmann nennt.16 Ein besonders kostbares Zeugnis liefert M. Aurelius Cassiodor, der sich nach einer glorreichen Ämterlaufbahn um 540 n. Chr. aus dem politischen Leben zurückzog und bei Scyllacium/Squillace in Kalabrien das Kloster Vivarium gründete. Im Bestreben, christliche und pagane Bildung zu vereinen, baute er eine umfangreiche Bibliothek17 auf und verfasste um 560 für seine Klosterschüler eine Art ‘Studienführer’, in welchem er ausdrücklich die Lektüre der Geographie des Ptolemaios empfiehlt: «Wenn euch dann das edle Interesse an der Kenntnis erfasst hat, habt ihr den Band des Ptolemaios (codicem Ptolemaei) vor euch, der alle Örtlichkeiten so anschaulich dargestellt hat (sic omnia loca evidenter expres sit), dass man den Eindruck hat, er sei beinahe überall zu Hause gewesen.» (Cassiodor, Institutiones 1,25). Somit ist im ausgehenden 4., im 5. und beginnenden 6. Jahrhundert da und dort das Vorhandensein von spätantiken, d.h. in Majuskelschrift geschriebenen ptolemäischen Geographie-Codices bezeugt. Um diese Zeit wird man sich auch den Transfer dieses Werkes von Alexandria nach Konstantinopel vorzustellen haben. Es ist kein Zufall, dass gerade aus dieser Zeit, d.h. aus dem ausgehenden 5. bzw. beginnenden 6. Jahrhundert, der bekannte, in leicht geneigter Majuskelschrift geschriebene Strabon-Palimpsest stammt, dessen Reste in den beiden Codices rescripti Vaticani Graeci 2306 und 2061A erhalten sind.18 Einen derartigen Strabon-Codex hat offenbar Stephanos von Byzanz benützt,19 der unter Justinian (527–565) sein umfangreiches, in Exzerpten fassbares geographisches Lexikon verfasste; ob er neben Strabon auch die Geographie des Ptolemaios herangezogen hat, ist allerdings fraglich.20 Nachweisbar ist dagegen ihre Benützung in zwei etwa gleichzeitig anzusetzenden Traktaten der Geographi Graeci Minores.21 Dass im Zuge dieses neu erwachten Interesses an geographischen Werken auch die
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1998) 130; M.G. Schmidt, Die Nebenüberlieferung des 6. Buches der Geographie des Ptolemaios (Wiesbaden 1999) 19ff. Marcianus, Periplus 1,1; 2,2 (Geographi Graeci Minores 1,515–562); vgl. dazu E. Polaschek RE a.O. (oben Anm. 1) 772ff.; M.G. Schmidt (obige Anm.) 41ff. Dazu C. Wendel, Art. Bibliothek, in: Reallexikon für Antike und Christentum 2 (1954) 257. Dazu W. Aly, De Strabonis codice rescripto, cuius reliquiae in codicibus Vaticanis Vat. Gr. 2306 et 2061A servatae sunt (Rom 1956); 3 Blätter befinden sich noch am vormaligen Aufbewahrungsort der Handschrift im Basilianer-Kloster Grottaferrata bei Rom. Es kann sich nicht um denselben Codex handeln: vgl. Aly a.O. (oben Anm. 18) XIII. Zu den Quellen des Stephanos s. E. Honigmann, Stephanos (Byzantios), RE 2.R. 3 (1929), bes. 2385ff. Mehr dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 4.3.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
ptolemäische Geographie abgeschrieben wurde,22 ist sehr wohl denkbar. Jedenfalls muss in dieser Zeit die später von Planudes wieder entdeckte, ‘uralte Handschrift’ entstanden sein, in welcher wir den Archetyp der sog. D-Gruppe (UKF und deren Abschriften) sehen.23 Ebenfalls ins 5./6. Jahrhundert gehört auch der Archetyp der sog. P-Gruppe (VR und deren Abschriften), die sich noch in der Spätantike von der D-Gruppe abgespalten hatte.24 Einen entscheidenden Schritt in der ganzen Textüberlieferung bedeutet der Übergang von der Majuskel- in die Minuskelschrift. Nach den kulturgeschichtlich öden, sog. dunklen Jahrhunderten setzte zu Beginn des 9. Jh. n. Chr. in Konstantinopel unter Kaiser Michael III. (reg. 842–867) und unter der geistigen Führung des Photius, des Patriarchen von Konstantinopel (858–876/877–886), eine eigentliche kulturelle Renaissance ein. Mit der eigens dazu geschaffenen Buchschrift der byzantinischen Minuskel begann man, fast gleichzeitig wie im Westen mit der karolingischen Minuskel, mit fieberhaftem Eifer aus spätantiken Majuskelvorlagen abzuschreiben, was nur immer an antiken Texten aufzustöbern war. 25 Allerdings scheint die Geographie des Ptolemaios von dieser ersten Welle des Abschreibens noch nicht erfasst worden zu sein; im Bücherkatalog des Photius, in welchem zweifellos zusammengetragen ist, was nur in Konstantinopel aufzutreiben war, ist jedenfalls unter den 386 genannten Prosawerken zwar der Almagest, nicht aber die Geographie des Ptolemaios aufgeführt.26 Entweder blieb ein allfälliger Ptolemaios-Codex – ebenso wie der vorhin erwähnte Strabon-Codex – in irgend einem Kloster in Konstantinopel unentdeckt, oder es war zur Zeit des Photius dort schon gar kein solcher mehr vorhanden. Ein sicherer Beweis für das Vorhandensein der ptolemäischen Geographie in Konstantinopel findet sich – nach einer langen Periode einer für uns verborgenen Überlieferung – erst wieder im 12. Jahrhundert: Eustathios (ca. 1110–1192), der byzantinische Gelehrte, der durch seine umfangreichen Homer-Kommentare berühmt geworden ist, umschreibt im Proömium seines vor 1175 verfassten Kommentars zur Periegesis des Dionysios (Anf. 2. Jh. n. Chr.) in wörtlicher Anlehnung an die Vorrede des Ptolemaios die Begriffe ‘Geographie’ und ‘Chorographie’.27
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Die Strabon-Überlieferung berührt sich mehrfach mit der Ptolemaios-Überlieferung: Der Strabon-Codex Parisinus Graecus 1393 (Ende 13. Jh.) ist von derselben Hand geschrieben wie der Ptolemaios-Codex Seragliensis GI 57 (vgl. dazu A. Diller, The Textual Tradition of Strabo’s Geography [Amsterdam 1975] 70f.; 89ff.); der Ptolemaios-Codex Athous Vatopedinus 655 (14. Jh.) enthält auch den Strabon-Text. Dazu gleich unten Abschnitt 2. Vgl. dazu Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 54. Vgl. dazu Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 54. Photius, Bibl. Cod. 181 und 242; vgl. Photius, Bibliothèque, ed. R. Henry, Bd. 1–9 (Paris 1959– 91) 2,192; 6,36. GGM 2,212,19ff. paraphrasiert Ptol. Geogr. 1,1,1ff.
A. Stückelberger
5.1 Wege der Überlieferung
2. Die Planudes-Redaktion28 Es findet sich nicht so rasch ein Werk der griechischen Literatur, über dessen Wiederentdeckung man besser Bescheid weiss als bei der Geographie des Ptolemaios. Diese Wiederentdeckung ist eng verknüpft mit dem Namen des Maximos Planudes (ca. 1255–1305), des hochgelehrten Philologen der Paläologenzeit, der durch Sammeln, Abschreiben, Kommentieren und Redigieren zahlreicher Texte einen unschätzbaren Beitrag zur Erhaltung der griechischen Literatur geleistet hat.29 Im Sommer 1295 schreibt dieser Planudes an Alexios Philanthropenos, einen byzantinischen General, der in der Nähe von Milet einen militärischen Erfolg gegen die Osmanen erzielt hatte, einen begeisterten Brief und bedauert, nicht selbst dabei gewesen zu sein: «… so interessiert bin ich an diesem deinem Feldherrenstreich, dass ich nicht sehnlicher wünschte, der Bücher des Ptolemaios habhaft zu werden, als an diesem Erfolg teilzuhaben.»30 Offenbar war Planudes auf der Suche nach einer Handschrift der ptolemäischen Geographie – nur um eine solche konnte es sich handeln, der Almagest war schon längst bekannt –, die zu diesem Zeitpunkt in Konstantinopel offensichtlich nicht aufzutreiben war. Unter welchen Umständen dem Planudes dann eine – freilich kartenlose – Handschrift der Geographie in die Hände gefallen war, nämlich der heutige Cod. Vaticanus Graec. 177 (V), ist unklar; jedenfalls trägt sie das Exlibris: Claudii Pto lemei liber geographie, et est proprius domini Maximi philosophi greci ac monaci in monacerio Chore in Constantiup li. («Geographie des Claudius Ptolemaeus. Eigentum des Dominus Maximus , des griechischen Gelehrten und Mönchs im Chora-Kloster in Konstantinopel»).31 Wenig später ist dann offenbar in Konstantinopel eine alte, prachtvolle Ptolemaios-Handschrift aufgetaucht – wir wissen leider nicht woher –, die Planudes mit 28
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Ausführlicher zum ganzen Thema A. Stückelberger, Planudes und die Geographie des Ptole maios, in: Museum Helveticum 53 (Basel 1996) 197–205; vgl. S. Kugéas, Analecta Planudea, Byz. Zs. 18 (1909) 116; F. Gisinger, Geographie, RE Suppl. 4 (1924) 666; A. Diller, a.O. (oben Anm. 1) 62–67; L. Bagrow, The Origins of Ptolemy’s Geography, in: Geografiska Annaler (Stockholm 1945) 318–87, bes. 346ff. Die Plutarch-Überlieferung ist entscheidend von Planudes geprägt (vgl. K. Ziegler, Plutarchos, RE 21,1 [1951] 951f.); die nach ihm benannte Anthologia Planudea, eine Sammlung von etwa 2400 Epigrammen, ist in der eigenhändigen Handschrift ihres Redaktors (= Cod. Marcianus Graec. 481, um 1300) erhalten. Planudes, Epist. 119, 167–170 (ed. M. Treu, Breslau 1890/Nachdruck Amsterdam 1960), 171: oÏtvw §rastØw toË strathgÆmatow toËde g¤nomai, Àste [Kugéas, oÏtvw codd.] oÈk ín mçllon hÈjãmhn tåw Ptolema¤ou moi bibl¤ouw gen°syai µ toËde meristØw e‰nai toË katory≈matow. Der etwas sonderbare Vergleich setzt allerdings voraus, dass das Verlangen des Planudes nach Ptolemaios-Handschriften in weiteren Kreisen bekannt war. – Zur Datierung des Briefes s. Treu a.O. 270; vgl. dazu auch C. Wendel, Planudes, RE 20 (1950) 2229; H. Hunger, Die hoch sprachliche profane Literatur der Byzantiner, HbAW 12,5,1 (München 1978) 512f. Wohl nicht wenig enttäuscht über das Fehlen der Karten (die Vorlage des Vaticanus verfügte allerdings über Karten, wie Scholien in der Hs. bezeugen: dazu oben S. 37), begann offenbar Planudes nach den Anweisungen des Ptolemaios selber Karten zu zeichnen, wie ein Eintrag im Cod. Ambrosianus Graec. 43, fol. 2v bezeugt; dazu Stückelberger a.O. (oben Anm. 28) 199. Zum Exlibris vgl. auch unten Abschnitt 3.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
einigen Epigrammen32 und einem längeren, begeisterten hexametrischen Gedicht feiert. Das Gedicht ist in drei Handschriften erhalten: A = Cod. Ambrosianus Graec. 43, fol. 2v, 14. Jh. B = Cod. Borbonicus Graec. 261, fol. 3r/v, 14. Jh. (?) M = Cod. Matritensis Graec. 4621, fol. 129 r/v [Abschrift des Laskaris von 1490]. Da es sich dabei um ein für die Überlieferungsgeschichte der ptolemäischen Geographie und insbesondere für die Kartentradition höchst aufschlussreiches Dokument handelt, das in dieser Hinsicht noch kaum ausgewertet worden ist, soll hier das Gedicht im vollen Wortlaut vorgeführt werden:33 Gedichtüberschrift34 ToË sofvtãtou kuroË Maj¤mou monaxoË toË PlanoÊdou st¤xoi ≤rviko‹ efiw tØn Gevgraf¤an Ptolema¤ou xrÒnoiw pollo›w éfanisye›san, e‰ta d¢ parÉ aÈtoË pÒnoiw pollo›w eÍreye›san. Text 1 YaËma m°ga, xyon¤oio per¤troxon êntuga kÒsmou p«w sof¤˙ Ptolema›ow ÍpÒcion ≥gage pçsan, …w e‡ tiw m¤an ¶grafen §n pinãkessi pol¤xnhn. oÈ m¢n §g∆ toioËton ‡don pot¢ p°plon ÉAyÆnhw 5 da¤dala pãnta f°ronta polÊxroa ka‹ katå kÒsmon, o·hn tÆndÉ §nÒhsa Gevgraf¤hn §rateinÆn, eÎyeton eÈkatãtakton élhy°a mãrtusi pollo›w, to‹ poll«n merÒpvn ‡don êstea ka‹ nÒon ¶sxon. ka‹ droserÚn libãsin m¢n fid∆n leim«nã tiw ≥dh 10 efiarino›w br¤yonta metÉ ênyesi t°rcemen ˆsse ka‹ krad¤hn §xãrh m°ga xãrmati yaËma kerãssaw: éllÉ oÈd¢n metÒpisyen §ke›yen §dr°cato k°rdow. efi d° tiw ˆmma bãl˙si nÒon per¤ergon §re¤saw tªde Gevgraf¤˙, tãxÉ ín oÈ m°mcaito •aut“: 15 émfÉ Ùl¤gƒ kamãtƒ går ˜lhw énemãjato ga¤hw sx∞ma, y°sin, sx°siaw tÉ, éllÆlvn xvr‹w ßkaston, ka‹ potam«n proxÊseiw pol¤vn Ùr°vn te keleÊyouw, ¶ynea yÉ ˜ssa n°moito ka‹ ÉAmfitr¤thn metå nÆsvn. ©n d° ti §jer°v, pçn dÉ §n fres‹ bãlleo sªsi:
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Vgl. C.F.A. Nobbe, Claudii Ptolemaei Geographia (Leipzig 1843–45; Nachdruck Hildesheim 1990) XXXIII Epigr. 6–9. Das Gedicht wurde – allerdings nur aufgrund der Madrider-Handschrift und mit mehreren sinnstörenden und metrischen Fehlern – erstmals 1769 von J. Iriarte publiziert (J. Iriarte, Re giae Bibliothecae Matritensis codices graeci manuscripti, Madrid 1769, 256–266) und ist seither bis zur Publikation von 1996 (oben Anm. 28) nie mehr vollständig ediert und daher in der langen Diskussion um die Kartentradition bis dahin nie ernsthaft gewürdigt worden; abgedruckt wurden leider nur die Verse 28–47 bei S. Kugéas a.O. (oben Anm. 28) 116. FaksimileAbbildung der Verse 1–17 bei D. Harlfinger, Die Wiedergeburt der Antike und die Auffindung Amerikas (Ausstellungskatalog, Hamburg 1992) 64f. So im Cod. Borbonicus Graec. 261, fol. 3r.
A. Stückelberger
5.1 Wege der Überlieferung
20 mÆ se paraplÆjeie poiÆsiow oÎnoma semnÒn, a‡ke m¢n »keano›o bayÁn =Òon §nyãde leÊss˙w g∞n metroËnta prÒpasan épeires¤˙sin §rva›w. kl°ptein étrek¤hn går ée‹ fil°ousi pohta¤, ceudal°oiw §p°essi ka‹ éllokÒtoiw §n‹ mÊyoiw. 25 flstor¤˙ sÁ d¢ moÊn˙ pe¤yeo moi Ptolema¤ou, ˜tti ka‹ éjiÒpistow énÆr, profer°statow éndr«n. oÈd¢ m‹n oÈdamÒyen Dionus¤ƒ aÈtÚw §¤skv. T«nde m¢n oÔn ëliw. ¶rgon étår tÒde thl¤kon oÂon nhr¤ymoiw §t°essi kekeuym°non oÎpotÉ §rastoË 30 ¶mmoren, ˘w filÒkalon ¶xvn k°ar §w fãow aÈtÚ √si filofrosÊn˙sin §fvrmÆyh proenegke›n. éllå yeost°ptoio m°now megãlou basil∞ow 33 ÉAndron¤kou ÑRvma¤vn ≤ght∞row égauoË 36 ¶ssuto ka‹ proutr°cato yÆion êndrÉ §p‹ t“de, poim°na tÚn pÒliw ¶sxen ÉAlejãndroio yeoud∞, oÂa sofÚn ka‹ thledap«n §pi¤stora x≈rvn: 39 ˘w ka‹ toÊtou ßkhti pÒnon éned°jato poulÊn, 34 oÂon én°plasen ên tiw §leuyer¤oisi logismo›w 35 kãrta filorr≈maiow énaktor°hw tÊpon efikoËw. 40 t°rma dÉ §pistam°nvw pinut«w tÉ §peyÆkato t“de, lissÒmenow basil∞a yeÒn, pãlin oÏria ga¤hw ÑRvma¤vn platÊnein ëtÉ §n‹ prot°rois[i] basileËsin. éllå sÁ xa›re, m°ga krãtow ¶joxon AÈsoniÆvn, égla¤˙ Xar¤tvn fil¤˙ te kekasm°ne Mous«n, 45 ˜tti xrÒnoiw so›w ¶rgon thl¤kon §jefaãnyh spoudª ≤met°r˙. ka¤ soi kl°ow ¶ssetai afie‹ ka‹ xãriw ÙcigÒnoisi metÉ éndrãsin e·neka to›o. Textkritische Anmerkungen 1 xyon¤oio AB, xyÒnio M Iriarte 2 ÍpÒcion AB, ÍpÉ ˆcin M Iriarte 7 eÈkatãtaktow AB, cf. Ptol. Geogr. 1,1,4; eÈkatãmiktow M Iriarte 9 libas¤ M Iriarte 10 t°rcimen M Iriarte 11 yaÊmati yaËma kerãssaw A, xãrmati yaËma kerãssaw B, yaÊmati k°rsaw M Iriarte 14 oÈ om. Iriarte 16 xvr‹w ßkaston conieci, vide Ptol. Geogr. 1,1,1: x«ron ßkaston A, x≈rou ßkaston B, x≈rhw •kãstou M, xãriw •kãstou Iriarte 18 ÉAmfitr¤thn B, ÉAmfitr¤th AM Iriarte 19 sic scripsi: pçw ABM Iriarte 20 poiÆsivw Iriarte 26 éndr«n B, én°r(vn) A, tÉ aÈt«n M Iriarte 29 kekaym°non Iriarte 33 éganoË Iriarte vv. 34.35 post v. 39 ponendos esse suadeo 34 sic conieci: §leuyer¤˙si logism«n ABM Iriarte, vix sanum 35 énaktor¤hw B 38 thledapÒn B 42 sic correxi: platËnai ... prot°roisi ABM Iriarte, metrum non sanum; ë tÉ Iriarte 43 aÈson¤vn B 46 ≤met°r˙ AM Iriarte, Ímet°r˙ B Kugéas 47 to›si B
Übersetzung Gedichtüberschrift «Gedicht in hexametrischen Versen des hochgelehrten Dominus und Monachus Maximos Planudes zur Auffindung der Geographie des Ptolemaios, die lange Zeiten (pollois chronois) verborgen war und nun von ihm unter grosser Mühe (pollois ponois) aufgefunden worden ist.» 327
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Text «Ein grosses Wunderwerk, wie Ptolemaios das gesamte Rund der irdischen Welt mit Kunstfertigkeit vor Augen führte, so [anschaulich], wie wenn jemand eine einzige kleine Stadt auf Tafeln malte. Noch nie habe ich ein Gewand der Athene gesehen, (5) das alles so kunstvoll, buntgewirkt und schön geordnet zeigt wie diese ersehnte Geographie, die ich zu Gesicht bekommen habe, die sorgfältig angeordnete, wahrheitsgetreue dank vieler Zeugen, welche vieler Menschen Städte gesehen und deren Gesinnung kennengelernt haben. Und wenn jemand eine Wiese sieht, die im Morgentau (10) prangt von Frühlingsblumen, und sein Auge und Herz daran ergötzt und Staunen mit Freude vereint, so hat er hinterher doch keinen Nutzen davon eingebracht. Wenn aber jemand mit neugierig angestrengtem Geist sein Auge auf diese Geographie wirft, dann dürfte er es wohl nicht bereuen. (15) Denn mit geringer Mühe hat er sich einen Eindruck verschafft von der ganzen Erde, ihrer Form, ihrer Anordnung und Umrisse, bis in alle Einzelheiten, ferner von den Mündungen der Flüsse, der Lage der Städte und Berge, der Völker auch, so viele sie bewohnen, und der Amphitrite [= Meer] mit ihren Inseln. Etwas aber will ich dir sagen, du aber nimm es ganz zu Herzen: (20) Lass dich nicht beeindrucken von dem hehren Namen der Dichtung, falls du etwa dort die tiefe Strömung des Okeanos gewahrst, der die ganze Erde umfängt mit seinen unendlichen Wogen; denn die Dichter lieben es immer, die Wahrheit mit lügnerischen Worten und seltsamen Geschichten zu verbergen. (25) Vertraue vielmehr allein auf die Forschung des Ptolemaios, weil er ein vertrauenswürdiger Mann ist, der vortrefflichste unter den Menschen; ich würde ihn niemals mit dem Dionysios [Periegetes]35 vergleichen. (28) Doch davon nun genug. Das so alte Werk jedoch, das ungezählte Jahre verborgen war, fand [bisher] nie einen Liebhaber, der dank einem kunst liebenden Herzen es unternahm, (30) es mit liebevoller Hingabe ans Licht zu bringen. Aber die Kraft des gottgekrönten grossen Kaisers Andronikos [II.],36 des erhabenen Herrschers der Römer [vv. 34f.], drängte und beauftragte einen göttlichen Mann damit, den gottesfürchtigen Bischof aus Alexandria [sc. Athanasios den Jüngern],37 jenen so weisen Mann, den Erforscher ferner Gegenden; dieser übernahm auch in seinem Auftrag die grosse Arbeit [des Kopierens] . (40) Verständig und gelehrt brachte er es zur Vollendung, indem er Gott, den Herrn, bat, die Grenzen des römischen Reiches wieder zu erweitern, wie es unter früheren Kaisern war. Du aber freue dich, grosse Kraft, die hervorragt unter den Ausoniern, ausgezeichnet mit dem Glanz der Chariten und der Freundschaft der
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Dionysios Periegetes (Anf. 2. Jh. n. Chr.) hatte ein geographisches Lehrgedicht verfasst, das sich grösster Beliebtheit erfreute und das kurz vor Planudes vom bekannten Homer-Kommentator Eustathios ausführlich paraphrasiert worden war; vgl. ed. C. Müller, GGM 2 (Paris 1882) 103–176 (Dionysios) und 201–407 (Eustathios). Andronikos II. Palaiologos (1259–1332), Kaiser 1282–1328. Gemeint ist offenbar Athanasios II., der Patriarch von Alexandria (ca. 1275–1315), der 1293– 1303 in Konstantinopel weilte; vgl. dazu gleich unten.
A. Stückelberger
5.1 Wege der Überlieferung
Musen, (45) dass zu deiner Zeit ein solches Werk zum Vorschein kam dank unserem Eifer.38 Und immer wird dir Ruhm sein und Gunst unter den späteren Generationen der Menschen um dieses Werkes willen.» Zum Gehalt des Gedichtes39 Es handelt sich beim vorliegenden Gedicht um ein höchst bedeutsames Testimonium zur Ptolemaios-Überlieferung. Die erste Hälfte (Vv. 1–27) des deutlich in zwei Teile gegliederten Gedichtes ist nichts anderes als ein Ausdruck der Begeisterung über die Auffindung einer uralten, prachtvollen Ptolemaios-Handschrift, die ‘ungezählte Jahre verborgen war’ (V. 29 nerithmois eteessi kekeuthmenon) und nun wieder ‘zum Vorschein gekommen ist’ (V. 45 exephaanthe), und die es jetzt erlaubt, dank der ‘anschaulichen Darstellung’ (V. 2 hypopsion egage)40 ‘mit geringer Mühe’ (V. 15 oligo kamato) gewissermassen die ganze Welt an sich vorbeigehen zu lassen.41 In enthusiastischer Sprache, mit augenfälligen Homerismen durchsetzt, vergleicht Planudes die Farbenpracht der Handschrift mit einem buntgewirkten Kleid der Athene oder mit einer frühlingshaften Blumenwiese und beschreibt detailliert die sich darbietenden ‘Umrisse der ganzen Erde, … die Mündungen der Flüsse, die Lage der Städte und Berge und Völker’ (Vv. 15ff.), alles Aussagen, die sich nur auf farbige Karten beziehen können. Somit werden aus dem ersten Gedichtteil zwei Dinge klar: Die wieder aufgetauchte Handschrift verfügte über prachtvolle farbige Karten; die auch in der Gedichtüberschrift betonte Bemerkung, dass sie ‘ungezählte Jahre’ bzw. ‘lange Zeiten verborgen war’, setzt eine sehr alte, vermutlich spätantike Handschrift voraus.42 In der zweiten Hälfte (Vv. 28–47) wird das grosse Interesse geschildert, das die wiedergefundene Handschrift beim ‘gottgekrönten’ Kaiser Andronikos II. Palaiologos (1259–1332) erweckt hat. Dieser beauftragte einen ‘hochgelehrten Bischof von Alexandria’ (V. 37f.) damit, eine Kopie der Handschrift herzustellen, eine mühevolle Arbeit, die mit dem Kopieren eines Herrscherbildes verglichen wird (Vv. 34f.). Mit diesem Bischof kann kein anderer gemeint sein als Athanasios II. (ca. 1275–1315), der Patriarch von Alexandria, der 1293–1303 in Konstantinopel weilte und der für sein grosses Interesse an alten Handschriften bekannt war.43 Die Fertigstellung (die somit zwischen 1295 und 1303 anzusetzen 38
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Von den Handschriften haben AM die Lesart ‘dank unserem Eifer’, B ‘dank eurem Eifer’: Die vielfach bezeugte Aktivität des Planudes bei der Auffindung der Handschrift spricht für die erste Lesart. Ausführlicher dazu A. Stückelberger a.O. (oben Anm. 28) 202ff. Der Ausdruck ÍpÒcion ≥gage/ ‘führte vor Augen’ entspricht genau der Formulierung evidenter expressit, die Cassiodor Inst. 1,25 im Hinblick auf einen Ptolemaios-Atlas braucht (dazu oben S. 323). Das Motiv, dass man von einem Ort aus gewissermassen die ganze Welt überblicken könne, hat im Hinblick auf die ptolemäische Geographie bereits Cassiodor Inst. 1,25 gebraucht (oben S. 323); mit Bezug auf Dionysios Periegetes greift es Eustathios, Comm. in Dion. GGM 2,210, wieder auf. Dazu gleich unten. Vgl. dazu The Oxford Dictionary of Byzantium 1 (1991) 219; Athanasios hatte sich u.a. die berühmte spätantike neutestamentliche Handschrift, den heute in London aufbewahrten Cod. Alexandrinus (5. Jh.), zu beschaffen gewusst.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
ist) und gewissermassen ‘Vernissage’ dieser Kopie, an deren Zustandekommen Planudes offenbar nicht geringen Anteil hatte (V. 46 spude hemetere),44 ist dann der unmittelbare Anlass zum vorliegenden Gedicht gewesen. Nun hat man mit Recht verschiedentlich vermutet, dass mit der erst 1927 wieder entdeckten Prachthandschrift von Istanbul, dem Cod. Seragliensis GI 57 (K), sowie mit dem Cod. Vaticanus Urbinas Graec. 82 (U), die beide um 1300 entstanden sind, zwei Exemplare dieser planudeischen Redaktion erhalten sind.45 Angesichts des riesigen Aufwandes und technischen Könnens, das eine Abschrift in Folioformat mit fachmännisch gezeichneten Karten erfordert, wird man davon ausgehen können, dass nur wenige Kopien von dieser Qualität hergestellt worden sind,46 und darf somit die zwei erhaltenen Prachtcodices mit einiger Zuversicht mit Planudes in Verbindung bringen. Eine Bestätigung dafür darf man im Umstand sehen, dass der Cod. Seragliensis GI 57 von derselben Hand geschrieben ist wie der in Konstantinopel geschriebene Strabon-Codex Parisinus Graec. 1393,47 welcher ebenfalls mit Planudes in Zusammenhang steht, der offenbar ein ganzes Cor pus geographicum zusammengestellt hat.48 Gerne wüssten wir mehr über die zum Vorschein gekommene, von Planudes so enthusiastisch gepriesene Handschrift. Dass es sich um eine ausserordentlich alte Handschrift handelt, wird mehrfach betont.49 Wenn Planudes, der dank seiner umfangreichen philologischen Tätigkeit mit ungezählten kostbaren Handschriften in Berührung gekommen ist, sich zu einem derartigen Ausbruch der Begeisterung hinreissen liess, musste es sich offenbar um einen ganz besonders qualitätsvollen Codex handeln. Es ist naheliegend, dabei an eine spätantike Majuskelhandschrift zu denken. Die zahlreichen Majuskelfehler,50 die sich in den beiden genannten Handschriften finden, sowie die kalligraphisch anspruchsvollen, zur Zeit des Planudes ganz unzeitgemässen Majuskelbeschriftungen auf den Karten51 können kaum anders als durch eine in Majuskelschrift geschriebene und somit spätantike Vorlage erklärt werden. Über die Herkunft dieser Handschrift lassen sich ebenfalls nur Vermutungen anstellen: Nicht auszuschliessen ist, dass sie – ähnlich wie der Strabon-Palimpsest52 – unentdeckt in einem Kloster in Konstantinopel verborgen lag. Denkbar ist aber auch, dass sie aus dem Wirkungskreis des späteren Kopisten Athanasios II., nämlich aus Ägypten stammt. Dort haben sich jedenfalls Spuren ptolemäischer
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Vgl. dazu oben Anm. 38. Vgl. D. Harlfinger a.O. (oben Anm. 33) 65; A. Diller a.O. (oben Anm. 1) 66. – Von einem dritten zu dieser Gruppe gehörenden Codex, dem Cod. Hauniensis Graecus 23,2° (F, um 1300), ist nur noch ein Doppelblatt, das sog. Fragmentum Fabricianum, erhalten. Keine der späteren Kartenhandschriften wie etwa der Cod. Vatopedinus 655 (14. Jh.) oder der Marcianus Graecus Z. 516 (14. Jh.) lässt sich hinsichtlich Sorgfalt der Kartenzeichnungen mit den zwei genannten Hss. vergleichen. Dazu A. Diller a.O. (oben Anm. 22) 70f.; 89ff. Vgl. oben Anm. 22. Vgl. Gedichtüberschrift und Vv. 28f. Vgl. dazu die Variantendiskussion im Textband S. 40 und oben Kap. 1.5, Abschnitt 3.1. Vgl. dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 4.1 mit Abb. 25/26. Vgl. oben Anm. 18.
A. Stückelberger
5.1 Wege der Überlieferung
Kartentradition auch im arabischen Kulturbereich erhalten: So erwähnt etwa der arabische Polyhistor al Masudi in seinem um 950 in Ägypten verfassten riesigen Sammelwerk Murudj al dhahab (Goldwiesen) ausdrücklich einen farbigen Ptolemaios-Atlas.53 Der Überlieferungsweg der zur Planudes-Redaktion gehörenden Handschriften, der sog. D-Gruppe (UKF und deren Abschriften), und insbesondere auch der in ihnen enthaltenen Karten dürfte somit einigermassen geklärt sein.54 Weitgehend ungeklärt ist dagegen die Herkunft der anderen Handschriftengruppe, der sog. P-Gruppe (VR und deren Abschriften), die sich bereits in der Spätantike von der D-Gruppe abgespalten hatte55 und die sich erheblich von dieser unterscheidet. Durch einen Bucheintrag ist zwar gesichert, dass auch V im Besitz des Planudes gewesen ist,56 aber auf was für einer Vorlage V beruht und wo und wann diese geschrieben wurde, lässt sich nicht mehr eruieren. Vollends im Ungewissen bleibt die Herkunft der J-Rezension, dessen einziger Vertreter, der Codex Vaticanus Graecus 191 (X), eine tiefgreifende Überarbeitung manifestiert.57 Sicher in nachplanudeische Zeit gehört der wohl auch in Konstantinopel geschriebene Codex Florentinus Laurentianus XXVIII, 49 (O) aus dem 14. Jahrhundert, der älteste erhaltene Vertreter der Redaktion mit 64 Länderkarten, von dem die anderen Handschriften dieser Redaktion abhängen.58 Von diesen ältesten Geographie-Handschriften, die Ende 13./Anfang 14. Jahrhundert jedenfalls mehrheitlich in Konstantinopel entstanden sind, hängen alle späteren Abschriften ab, die im 14. und 15. Jahrhundert, teilweise noch nach den ersten gedruckten Ausgaben, an verschiedenen Orten in Griechenland oder Italien geschaffen wurden.
3. Der Transfer in den Westen Für die ganze weitere Entwicklung des geographischen Weltbildes von entscheidender Bedeutung war der Transfer der ersten Ptolemaios-Atlanten in den Westen. Im Mittelalter hatte man – anders als im islamischen Kulturbereich59 – im lateinischen Abendland nur ganz vage Vorstellungen von Ptolemaios, den man gewöhnlich nur aus zweiter oder dritter Hand kannte. Er wird oft als rex Alexan-
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Masudi, Murudj al dhahab 1,182f.; vgl. dazu unten Kap. 5.2 Die Geographie des Ptolemaios in der arabischen Tradition, bes. Abschnitt 1. Ausführlicher dazu oben Kap.1.4 Karten und Kartentradition. Vgl.oben Kap. 1.2, Abschnitt 3.2. Vgl. oben S. 325. P. Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 8f. glaubt nachweisen zu können, dass die Vorlage von X in Konstantinopel geschrieben wurde. Dazu gleich unten. Dazu oben S. 53ff. Dafür, dass auch dieses Konzept der 64 Länderkarten ‘einen ins Altertum zurückreichenden Ursprung besitze’, wie Schnabel vermutet (a.O. [oben Anm. 1] 15), gibt es keine Anhaltspunkte. Zur arabischen Überlieferung s. unten Kap. 5.2.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
driae mit einem der ptolemäischen Könige verwechselt,60 geniesst aber meist etwa als orbis terrae descriptor egregius (‘hervorragender Beschreiber des Erdkreises’) grosse Ehrerbietung.61 Die zahlreichen derartigen Zitierungen aus dem Mittelalter, die von P. Gautier Dalché sorgfältig zusammengetragen worden sind,62 mochten die Neugierde der Gelehrten für das originale Werk geweckt haben, eine direkte Benützung ist aus ihnen aber nicht abzuleiten. Als nun im Vorfeld der Eroberung von Byzanz im Laufe des 14./15. Jahrhunderts – neben vielen anderen – auch mehrere Ptolemaios-Handschriften in den Westen, nach Florenz, Venedig und Rom gerettet wurden, stiess das nun zugänglich gewordene originale Werk auf grösstes Interesse. Was für Aufsehen der Ptolemaios-Atlas in der abendländischen Gelehrtenwelt erregen musste, die noch an christliche Rundkarten gewöhnt war, lässt sich ermessen, wenn man etwa die Ebstorfer Weltkarte mit der wiederentdeckten Ptolemaios-Weltkarte vergleicht. Ausser dem Cod. Seragliensis GI 57, der nach dem Fall von Konstantinopel als eine der wenigen griechischen Handschriften in die Bibliothek des Sultans einverleibt wurde und in den Magazinen des Serails bis zu seiner Wiederentdeckung im Jahre 1927 überdauerte,63 sowie dem Cod. Athous Vatopedi 655, der 1840 wiederentdeckt wurde,64 sind alle erhaltenen Ptolemaios-Handschriften entweder auf irgendwelchen Wegen vom griechischen Osten in den lateinischen Westen gelangt oder erst dort geschrieben worden.65 Der Zeitpunkt dieses Transfers lässt sich nur ungefähr ermitteln. Einer der ältesten Anhaltspunkte für das Bekanntwerden der ptolemäischen Geographie im Westen dürfte das Fresko von Giusto de’ Menabuoi im Tambour des Baptisteriums von Padua (1376/78) sein, das eine Weltkarte zeigt, die kaum ohne Ptolemaios zu erklären ist.66 Spätester Termin für den Transfer in den Westen ist das Jahr 1397, als der byzantinische Gelehrte Manuel Chrysoloras (ca. 1350–1415), der den ersten Griechischunterricht im Westen einrichtete, einen – heute verschollenen – PtolemaiosCodex nach Florenz brachte, der als Vorlage für die 1400–1406 von Jacobus Angelus (Jacopo Angelo)67 geschaffene lateinische Übersetzung diente.68
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Isidor von Sevilla (Anf. 7. Jh.), Etym. 3,26: Ptolemaeus rex Alexandriae apud Graecos prae cipuus habetur (Ptolemaios, der König von Alexandria, gilt bei den Griechen [in der Astronomie] als vorzüglich); ähnlich Ravennas Geographus (9. Jh.) 1,9: rex Aegyptiorum ex stirpe Macedonum (König über Ägypten aus makedonischem Geschlecht); auf Abbildungen des 15./16. Jh. wird Ptolemaios daher gerne mit einer Krone dargestellt; vgl. dazu unten Kap. 5.6. Jordanes, Getica 3,16 (6. Jh.) Vgl. dazu P. Gautier Dalché, Le souvenir de la «Géographie» de Ptolemée dans le monde Latin médiéval (VIe–XIVe siècles), in: Euphrosyne NS 27 (1999) 79–106. Vgl. A. Deissmann, Forschungen und Funde im Serai, mit einem Verzeichnis der nichtislami schen Handschriften im Topkapu Serai zu Istanbul (Berlin 1933) 89–93. Dazu Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 27ff. Sicher in Italien geschrieben sind u.a.: Cod. Marcianus Graec. 388 (p), im Auftrag Bessarions; Cod. Florentinus Laurentianus XXVIII,42 (P), mit der Subskription eines Demetrius 1445 in Florenz geschrieben. Abgebildet bei A.M. Spiazzi, Giusto de’ Menabuo nel Battistero di Padova (Triest 1989) 50. Vgl. dazu unten Anm. 78. Mehr dazu gleich unten.
A. Stückelberger
5.1 Wege der Überlieferung
Bei mehreren der heute erhaltenen Handschriften sind Einzelheiten über den Traditionsweg bekannt: – Der Cod. Vaticanus Graecus 177 (V) war laut seinem lateinischen Exlibris auf fol. 1r im Besitz des Planudes69 und wurde später von einem ‘gewissen Andronikos Oinaiotes (?) erworben’ (emptus a quodam Andronico Yneote).70 Der in gotischer Textura des 15. Jahrhunderts auf Lateinisch geschriebene Exlibriseintrag ist offenbar erst nach dem Transfer der Handschrift nach Italien angebracht worden.71 – Der Cod. Marcianus Graecus Z. 516 = 904 (R) wurde von einem Andreas Teluntas aus Nauplia geschrieben, gelangte dann in den Besitz des Sultans Arslan von Kappadokien und Armenien (reg. 1453–1465),72 kam hernach in die Bibliothek des Kardinals Bessarion (gest. 1472) und wurde von diesem mit etwa 900 anderen griechischen Handschriften – der grössten damaligen Privatbibliothek – testamentarisch der Stadt Venedig vermacht.73 – Der für die ersten Druckausgaben bedeutsame Cod. Vaticanus Palatinus Graecus 388 (A) hat eine bewegte Geschichte, die sich in allen Einzelheiten verfolgen lässt:74 Laut der Subskription auf fol. 150r wurde der Codex von einem Notarius Dukas in den Jahren 1435–1437 in Konstantinopel in aller Eile75 für seinen Auftraggeber, den Kardinal Johannes von Ragusa (J. Stojkovic von Dubrovnik), geschrieben.76 Dieser Johannes hatte 1431 das Basler Konzil eröffnet, weilte dann 1435–1437 in Konstantinopel und kehrte erst kurz vor seinem Tode (1443) wieder nach Basel zurück. Seine recht umfangreiche Handschriftensammlung vermachte er dem Dominikaner-Kloster in Basel. Nach der Reformation gelangte die Handschrift in den Besitz des Basler Buchdruckers Hieronymus Froben, bei welchem Erasmus von Rotterdam nach diesem Codex 1533 die Erstausgabe des griechischen Textes der Geogra phie besorgte; auf Fol. 127r/v der Handschrift finden sich noch Einträge von der Hand des Erasmus. Die Handschrift gelangte dann über den pfalzgräflichen Leibarzt Theobald Fettich um 1560 in die Palastbibliothek von Heidel69 70
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Vgl. oben Abschnitt 2. Nach Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 23. Der Exlibriseintrag ist um ein Kryptogramm des vormaligen Besitzers angeordnet. Dafür spricht auch die auffallend unbestimmte, offensichtlich von einem späteren Inhaber formulierte Wendung ‘von einem gewissen Andronikus … erworben’. Deswegen an der Aussage selbst zu zweifeln, gibt es keinen Anlass. Zu den angeblichen Porträtbildern auf den Vorsatzblättern s. J. Furlan, Le illustrationi alle opere di Tolomeo. Eliano ed Erone nel Marciano Gr. 516, in: Codici Greci illustrati della Biblio teca Marciana, Bd. 4 (Padua 1981) 30–48. Vgl. dazu Fischer a.O. (oben Anm. 1) 253ff. Ausführlich dazu Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 11–14. Von der Eile zeugen die vielen leeren Seiten, welche für die nicht mehr ausgeführten Karten ausgespart wurden. Subskription in Cod. Vat. Pal. Graec. 388, fol. 150r: §telei≈yh ≤ paroËsa b¤blow diå xeirÚw §moË notar¤ou toË DoÊka. diå sundrom∞w ka‹ §jÒdou toË ègivtãtou ka‹ kayolikoË t∞w sunÒdou patrÚw ≤m«n, flervmonãxou frç ÉIvãnnou épÚ tØn ÑRagouz¤an («Das vorliegende Buch wurde vollendet durch meine, des Notarius Dukas, Hand, zwischen der Ankunft und der Abreise [in bzw. von Konstantinopel] unseres hochheiligen katholischen Vaters des Konzils [von Basel], des Mönches und Bruders Johannes von Ragusa.»): vgl. Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 12.
333
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
berg, die während des Dreissigjährigen Krieges 1623 von Tilly erbeutet und der päpstlichen Bibliothek im Vatikan übergeben wurde. – Die Geschichte dieser Handschrift ist – abgesehen von ihrer Bedeutung für die Editio princeps – insofern für die Kenntnis der Textüberlieferung von Bedeutung, als es sich um eine sog. Mischhandschrift handelt: Der Schreiber Dukas hatte offenbar neben einer Vorlage der V-Rezension auch eine der J-Rezension nahestehende Handschrift herangezogen, womit sich die Spuren dieser heute nur durch die eine Handschrift X bezeugten Rezension mindestens bis nach Konstantinopel des 15. Jahrhunderts zurückverfolgen lassen. Verhältnismässig spät erst sind Vertreter der Redaktion mit 64 Länderkarten nach Italien gelangt, so der Codex Florentinus Laurentianus XXVIII, 49 und allfällige Abschriften.77 Jedenfalls war das Bild der ptolemäischen Geographie mit dem ursprünglichen Konzept der 26 Länderkarten durch die ersten in den Westen gebrachten Handschriften so geprägt, dass weder die lateinischen Kartenhandschriften noch die ersten Drucke die Redaktion mit 64 Länderkarten übernahmen. Für die Verbreitung der ptolemäischen Geographie im Westen und damit für die Erneuerung der geographischen Vorstellungen von fundamentaler Bedeutung war die verhältnismässig frühe Übersetzung ins Lateinische. Bereits Manuel Chrysoloras, der 1397–1400 in Florenz weilte und einen der ersten Ptolemaios-Codices aus Konstantinopel mitgebracht hatte, hatte mit der Übersetzung begonnen, die dann sein Schüler, Jacobus Angelus (Jacopo Angelo) aus Scarperia in den Jahren 1400–1406 als Scriptor apostolicus in Rom vollendete.78 Die griechische Vorlage, die Chrysoloras nach Florenz gebracht hatte und die dann die Grundlage für die Übersetzung bildete, ist leider verloren. Immerhin sind in Florenz drei Abschriften aus dem 15. Jahrhundert erhalten, die offenbar auf diese Handschrift zurückgehen: der Codex Florentinus Laurentianus XXVIII, 9 (S), der Codex Florentinus Laurentianus XXVIII, 42 (P) und der Codex Florentinus Laurentianus XXVIII, 38 (B).79 Vom lebhaften Interesse, das man diesem nun unter dem Titel Cosmo graphia verbreiteten Werk entgegenbrachte, zeugen heute noch über 80 kostbare, oft mit prächtigen Karten ausgestattete, lateinische Renaissance-Handschriften, unter ihnen der bekannte Codex Farnese VF 32 von 1466 und der nicht weniger bedeutende Codex Urbinas Latinus 277, den Federigo da Montefeltro, Herzog von Urbino, 1472 in Auftrag gegeben hatte.80 Kaum war die Buchdruckerkunst erfunden, erfolgte – lange vor der erst 1533 in Basel erschienenen Editio princeps des griechischen Textes – die Drucklegung der lateinischen Cosmographia. In dichter Folge wurden Ausgaben in Italien und bald auch nördlich der Alpen gedruckt: 1475 die Editio princeps von Vicenza (noch
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Dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 1.1.2b. Eigentlich Jacopo Angeli da Scarperia, gewöhnlich als Jacobus Angelus bzw. Jacopo Angelo zitiert. – S. dazu unten Kap. 5.3 und 7.1; vgl. auch C. Mercati, in J. Fischer a.O. (oben Anm. 1) 205–208. Dazu Schnabel a.O. (oben Anm. 1) 19f. Zu den lateinischen Handschriften s. unten Kap. 5.3.
A. Stückelberger
5.1 Wege der Überlieferung
ohne Karten), 1477 die erste Ausgabe mit Karten von Bologna, 1478 und 1490 die Ausgaben von Rom, 1482 und 1486 diejenigen von Ulm.81 Ein bemerkenswertes Faktum ist, dass Kolumbus im Besitz eines Exemplares der Römer-Ausgabe von 1478 war und dieses – so belegen die zahlreichen Randnotizen – im Vorfeld seiner Entdeckungsreisen eifrig studierte. Verhängnisvoll sollte es sich auswirken, dass er dort auf den von Ptolemaios bekanntlich zu gering eingeschätzten Erdumfang von 180 000 Stadien stiess,82 der ihn im Glauben liess, tatsächlich nach Indien gelangt zu sein.83
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Zu den frühen Drucken s. unten Kap. 5.4 und 5.5. Zum Erdumfang s. oben Kap. 3.1, Abschnitt 1.4. Vgl. dazu A. Stückelberger, Kolumbus und die antiken Wissenschaften, in: Archiv für Kultur geschichte 69 (1987) 331–340.
335
5.2 Die Geographie des Ptolemaios in der arabischen Tradition Florian Mittenhuber/Celâl S¸engör1
Nachdem um die Mitte des 8. Jahrhunderts die Hauptstadt der islamischen Welt von Damaskus nach Bagdad verlegt worden war, entfaltete sich dort am Hofe der Kalifen, insbesondere unter der Regierungszeit von HÁrÙn al-Raschīd (reg. 786– 809) und al-Ma’mÙn (reg. 813–833), eine einzigartige Blüte wissenschaftlicher Tätigkeiten, die sich u.a. darin äusserte, dass ungezählte griechische Schriften ins Arabische übersetzt wurden, ein Vorgang, dem wir die Erhaltung zahlreicher Werke verdanken, die heute im Griechischen verloren sind. Dabei fanden – neben Aristoteles, Archimedes, Galen – vor allem die Werke des Ptolemaios grosses Interesse, insbesondere die beiden Hauptwerke, die Geographie und sein astronomisches Hauptwerk, die Syntaxis mathematica, die unter dem graecoarabischen Titel Almagest bekannt geworden ist. Im Gegensatz zum abendländischen Kulturbereich, wo die Geographie des Ptolemaios zwischen dem 7. und 13. Jahrhundert im griechischen Osten nur spärliche Spuren hinterliess und im lateinischen Westen weitgehend unbekannt blieb,2 ist im islamischen Bereich ab dem 9. Jahrhundert die ptolemäische Geogra phie präsent. Anders als bei der mittelalterlichen Überlieferung im griechischen und lateinischen Sprachbereich, wo in den Skriptorien die Handschriften über Jahrhunderte samt ihren Fehlern getreulich abgeschrieben wurden, beschränkten sich die arabischen Gelehrten allerdings nicht auf ein blosses Abschreiben bzw. Übersetzen, sondern setzten sich korrigierend, aktualisierend und erweiternd intensiv mit den Inhalten der Werke auseinander. So hat sich z.B. ÝAbd al-RaÎmÁn al-ÑÙfī (903–986) in seinem Fixsternkatalog eng an die 48 Sternbilder des ptolemäischen Fixsternkataloges angelehnt, aber die Sternpositionen unter Berücksichtigung der von ihm auf 12° 42ʹ berechneten Präzession aktualisiert.3 Aufschlussreich ist dabei im Hinblick auf die Bildtradition der Umstand, dass al-ÑÙfī auch die Sternbilddarstellungen aus der antiken Ikonographie – mit arabisierenden Anpassungen – übernimmt.4 Dieser kreative Umgang mit den griechi
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Für die kritische Durchsicht des Manuskriptes, für zahlreiche Ratschläge sowie für die Übersetzung mehrerer Textstellen sind wir dem Berliner Arabisten Gotthard Strohmaier zu besonderem Dank verpflichtet. Vgl. dazu oben Kap. 5.1, S. 331f. Das Werk ist überliefert im Cod. Bodleianus Marsh. 144 (um 1009/1010), zugänglich in der schönen Faksimile-Ausgabe von Fuat Sezgin, The Book of Constellations (KitÁb Ñuwar al-ka wÁkib) by ÝAbd al-RaÎmÁn al-ÑÙfī (Frankfurt a.M. 1986). Im oben erwähnten Cod. Bodleianus Marsh. 144 sind die 48 kanonischen Sternbilder – korrekt je in einer Figur «wie am Himmel» und einer gespiegelten Figur «wie auf dem Globus» – in monochromer Zeichnung dargestellt; schöne polychrome Darstellungen in einer Kopie in Gotha von 1428: vgl. Gotthard Strohmaier, Die Sterne des Abd ar-Rahman as-Sufi (Leipzig 1984). – Es ist durchaus angebracht, in der Kartentradition Parallelen zur Sternbildtradition zu sehen, wird doch für die Positionierung der Sterne auch hier ein Koordinatensystem verwendet.
F. Mittenhuber / C. S¸engör
5.2 Arabische Tradition
schen Vorbildern hat zur Folge, dass – jedenfalls für Ptolemaios – die arabische Überlieferung vielfältige Aktivitäten im Bereiche der Geographie dokumentiert, für die Konstituierung des originalen griechischen Textes jedoch wenig geeignet ist. Im Folgenden kann es nicht darum gehen, die Geschichte der umfangreichen islamischen geographischen Literatur zu skizzieren.5 Der Beitrag beschränkt sich vielmehr darauf, die augenfälligsten Einflüsse der ptolemäischen Geogra phie auf die arabische Wissenschaft vorzuführen. Dabei zeigt sich, dass die griechischen Einflüsse vor allem in deren Anfangsstadium im 9. und 10. Jahrhundert von Bedeutung waren, während die arabische Geographie in späteren Zeiten mit der Balkhī-Schule und Idrīsī zunehmend eigene Wege ging.6
1. Übersetzungen der Geographie des Ptolemaios Wann genau die Araber erstmals mit Ptolemaios in Kontakt gekommen sind, ist ungewiss. Gesichert ist, dass zu Beginn des 9. Jahrhunderts – vermutlich durch syrische Vermittlung – im Auftrag des Kalifen al-Ma’mÙn die ersten Übersetzungen des Almagest = KitÁb al-Majistī hergestellt worden sind, die teilweise erhalten sind.7 Da al-Ma’mÙn besonders auch an der Geographie interessiert war,8 wird man davon ausgehen dürfen, dass um diese Zeit auch erste Berührungen 5
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Vgl. dazu die Ausgabe von Michael Jan de Goeje, Bibliotheca Geographorum Arabicorum, 8 Bde. (Leiden 1870–93; Nachdruck Leiden 1967); Hans v. Mžik u.a., Bibliothek arabischer Historiker und Geographen, 5 Bde. (Leipzig 1926–1930). Grundlegend zum Thema: Fuat Sezgin, Mathematische Geographie und Kartographie im Islam und ihr Fortleben im Abendland, Historische Darstellung 1. u. 2. Teil und Kartenband, in: Geschichte des arabischen Schrifttums 10–12 (Frankfurt a.M. 2000); ders. (in Kurzform), Wis senschaft und Technik im Islam, Bd. 3 (Frankfurt a.M. 2003) 1–32: Kap. 2 Geographie; ferner J.B. Harley/David Woodward, The History of Cartography [HistCart], Bd. 2,1, Cartography in the Traditional Islamic and South Asian Societies (Chicago/London 1992), darin Kap. 1 (1–11: Introduction to Islamic Maps von Ahmet T. Karamustafa), Kap. 4 u. 5 (90–136: The Beginnings of a Cartographic Tradition und The Balkhī School of Geographers von Gerald R. Tibbetts). – Frühere Arbeiten: Konrad Miller, Mappae Arabicae, Arabische Welt- und Länderkarten des 9.–13. Jahrhunderts, Bd. 1,1; 1,2; 1,3 und Bd. 2 (Stuttgart 1926/27); Hans v. Mžik, Ptolemaeus und die Karten der arabischen Geographen, in: Mitteilungen der kaiserl.-königl. Geographischen Gesellschaft in Wien 58 (1915) 152–176; Hans v. Mžik, KitÁb ÒÙrat al-Ýarà des AbÙ Éa’far MuÎammad ibn MÙsÁ al-ËwÁrizmī, in: Bibliothek Arabischer Historiker und Geographen, Bd. 3 (Leipzig 1926); Hans v. Mžik, Afrika nach der arabischen Bearbeitung der Geographike Hyphegesis des Claudius Ptolemaeus, in: Denkschrift der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien, Phil.-hist. Klasse 59 (1917), Abh. 4, 1–67; Ernst Honigmann, Die sieben Klimata und die poleis episemoi (Heidelberg 1929) bes. 112–183; S. Maqbul Ahmad/Fr. Taeschner, Dju ghrÁfiyÁ, in: The Encyclopaedia of Islam, Bd. 2 (Leiden/London 21965) 575-590. Nach der hilfreichen Übersicht von Ahmet T. Karamustafa in HistCart 2,1,10f.: um 813/33 Übersetzung von al-Íasan ibn Quraysh (verloren); um 827/28 Übersetzung von al-ÍajjÁj ibn Matar al-ÍÁsib und SarjÙn ibn HilyÁ al-RÙmī (erhalten); um 879/90 Übersetzung von IsÎÁq ibn Íunayn (verloren); um 901 Überarbeitung der Übersetzung von IsÎÁq ibn Íunayn durch ThÁbit ibn Qurra (verloren). – Vgl. dazu auch Paul Kunitzsch, Claudius Ptolemäus: Der Stern katalog des Almagest. Die arabisch-mittelalterliche Tradition I. Die arabischen Übersetzungen (Wiesbaden 1986). Dazu gleich unten.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
mit dem geographischen Werk des Ptolemaios stattfanden. Fest steht jedenfalls nach verschiedenen Zeugnissen, dass bald nach Ma’mÙn gegen Ende des 9. Jahrhunderts mehrere Übersetzungen der Geographie = KitÁb al-JughrÁfiyÁ geschaffen wurden. Bei der Gelegenheit wurde auch der Begriff ‘Geographie’ im Arabischen als Lehnwort JughrÁfiyÁ eingeführt:9 – um 870 Übersetzung von (oder für) AbÙ YÙsuf YaÝqÙb ibn IsÎÁq al-Kindī (gest. 874);10 – um 846–886 Übersetzung von Ibn KhurradÁdhbih (möglicherweise nur eine Revision einer vorangegangenen Übersetzung);11 – Ende 9. Jh. Übersetzung von ThÁbit ibn Qurra (gest. 901).12 Auch hier dürfte eine Vermittlung über eine syrische Zwischenstufe eine Rolle gespielt haben: Der aus Antiochien stammende Jacobus von Edessa (633–708; 684–688 Bischof von Edessa) hat jedenfalls in seinen Homilien zur Genesis ausgiebig von einer syrischen Bearbeitung der Geographie des Ptolemaios Gebrauch gemacht.13 Leider sind aber die arabischen Geographie-Übersetzungen – abgesehen von der sehr späten, wissenschaftlich unbedeutenden im Cod. Constantinopolitanus Arabicus (= Ayasofya) 261014 aus dem Jahre 1465 – heute verloren. Die angeführten Übersetzungen dürften sich zunächst auf die Texte beschränkt haben. Daneben sind aber offenbar auch ptolemäische Karten bekannt geworden, wie die Ma’mÙn-Karten, die KhwÁrizmī-Karten u.a. belegen.15 Ein besonders eindrückliches Zeugnis für die Bekanntschaft mit einem PtolemaiosAtlas findet sich beim arabischen Polyhistor al-MasÝÙdī (gest. 956), der in seinem um 950 in Ägypten verfassten Sammelwerk MurÙj adh-dhahab (Goldwiesen) die Farbenfülle der Karten hervorhebt und dabei ausdrücklich auf die für Araber schwer zu lesenden griechischen Beschriftungen hinweist: «Ptolemaios erwähnt in dem Buch, das als Geographie bekannt ist, die Beschreibung der Erde, ihrer Städte und Gebirge und was auf ihr ist an Meeren, Inseln, Flüssen und Quellen. Er beschreibt die bewohnten Städte und die besiedelten Orte und dass ihre Zahl 4530 Städte zu seiner Zeit seien, und er nennt eine jede Stadt in einem jeden Klima. Er erwähnt in diesem Buch die Farben der Berge der Welt, die roten, die gelben, die grünen und die anders
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Gute Zusammenstellung der arabischen Geographie-Übersetzungen von Ahmet T. Karamustafa in HistCart 2,1,10 (mit Belegstellen). Bezeugt bei MuÎammad ibn IsÎÁq ibn al-Nadīm (gest. 995) in KitÁb al-Fihrist (ed. und engl. Übersetzung von Bayard Dodge, The Fihrist of al-Nadīm, 2 Bde. (New York 1970) 2,640. (= HistCart 2,1,10e). Zur Problematik dieser Übersetzung bzw. Revision s. v. Mžik, Afrika … a.O. (oben Anm. 6) 5. Bezeugt bei Ibn al-Nadīm, Fihrist a.O. (oben Anm. 10) 2,640. Jakob von Edessa, Hexaemeron 3, zu Gen. 1,9.19; ausführlicher tabellarischer Vergleich der Toponyme bei James Darmsteter, Jacques d’Edesse et Claude Ptolémée, in: Revue des études grecques 3 (1890) 180–188. Möglicherweise wurde dabei auch eine Kartenvorlage verwendet; vgl. J. Fischer, De Claudii Ptolemaei vita operibus geographia, praesertim eiusque fatis, Tomus prodromus (Leiden 1932) 452–462 sowie M.G. Schmidt, Die Nebenüberlieferung des 6. Buches der Geographie des Ptolemaios (Wiesbaden 1999) 57–66. Ausführliche Beschreibung der Handschrift unten Abschnitt 8. Dazu gleich unten.
F. Mittenhuber / C. S¸engör
5.2 Arabische Tradition
farbigen, und dass ihre Zahl etwas mehr als 200 Berge seien. … Alle diese Meere sind in dem Buch Geographie mit verschiedenen Farben gezeichnet und unterschiedlich geformten Ausmassen dargestellt. … Jedoch sind ihre Namen in diesem Buch griechisch und schwer zu verstehen.» (Al-MasÝÙdī, MurÙj adh-dhahab wa-ma ÝÁdin al-jawhar; übers. von G. Strohmaier).16
2. Die Weltkarte der Ma’mÙn-Geographen Am Hofe des Kalifen al-Ma’mÙn (reg. 813–833) waren – neben anderen Wissenschaftlern – auch zahlreiche Geographen beschäftigt. Zentrale Anliegen des Ma’mÙn waren die Ermittlung der Länge eines Meridiangrades sowie damit verbunden die Berechnung des Erdumfanges. Dank einer Notiz von MasÝÙdī wissen wir zudem, dass al-Ma’mÙn auch eine Weltkarte in Auftrag gegeben hat; al-MasÝÙdī sagt dazu: «Ich sah diese Klimata in anderen Büchern mit verschiedenen Farben gezeichnet. Das Schönste, was ich davon sah, war in dem Buch JughrÁfiyÁ (Geogra phie) von Marinos. ‘Geographie’ bedeutet ‘Durchquerung der Erde’. Bei der Ma’mÙnischen Karte, die für al-Ma’mÙn gefertigt wurde, versammelte sich zu ihrer Herstellung eine Anzahl von zeitgenössischen Weisen. Sie zeichneten auf ihr die Welt mit ihren Sphären, ihren Gestirnen, ihrem Festland, ihren Meeren, ihren bewohnten und unbewohnten Gegenden, den Siedlungsgebieten der Völker, den Städten u.dgl. Sie ist schöner als ihre Vorgänger, nämlich die Geographie des Ptolemaios und die Geographie des Marinos und anderer.» (Al-MasÝÙdī, KitÁb al-tanbīh wa-l-ishrÁf; übers. von G. Strohmaier).17 Wie die von Ma’mÙn in Auftrag gegebene Weltkarte ausgesehen hat, ist bis heute ungeklärt, da keine Exemplare im Original auf uns gekommen sind. Aufgrund der Tatsache, dass sich die frühen islamischen Gelehrten relativ stark an Ptolemaios halten, könnte man vielleicht an eine Karte in ptolemäischer Kegelprojektion oder an eine Plattkarte mit einem rechtwinkligen Gradraster denken.18 Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass bereits die Ma’mÙn-Karte eine runde Form gehabt hat, wie dies bei fast allen erhaltenen arabischen Karten der Fall ist.
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Ed. M.M. QumaiÎa, Teil 1 (Beirut 1986) 86f.; vgl. auch F. Sezgin, in: Mathematische Geogra phie… a.O. (oben Anm. 6) Bd. 10, 76. Ed. M.J. de Goeje [= Bibliotheca Geographorum Arabicorum 8] (Leiden 1894) 33. – Siehe auch B. Carra de Vaux, Livre de l’avertissement 53 (Paris 1896); vgl. HistCart a.O. (oben Anm. 6) 95. Ein Diagramm für eine rechtwinklige Weltkarte ist in einer Handschrift des SuhrÁb erhalten (London, Add. Ms. 23379, 10. Jh., fol. 4v/5r); vgl. dazu Tibbets a.O. (oben Anm. 6) 104f. Ferner findet sich im erst kürzlich entdeckten anonymen Buch der Kuriositäten der Wissenschaften und Wunder für die Augen (Oxford, Ms. Arab. 90, 1. Hälfte 11. Jh., fol. 23v/24r) eine weitere rechteckige Weltkarte mit einer Koordinatenleiste; vgl. dazu J. Jeremy/ E. Savage-Smith, The Book of Curiosities: A Newly Discovered Series of Islamic Maps, in: Imago Mundi 55 (2003) 7–24.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Abb. 1: Möglicherweise auf eine Weltkarte der Ma’mÙn-Geographen aus dem 9. Jahrhundert zurückgehende Kopie im Werk des Ibn Fadl AllÁh al-ÝUmarī (Ms. Ahmet III, 2797,1, Topkapi-Museum in Istanbul, um 1340).
Eine derartige Weltkarte ist in einer im Topkapi-Museum in Istanbul aufbewahrten Handschrift des Ibn Fadl AllÁh al-ÝUmarī (Ms. Ahmet III, 2797,1, um 1340) erhalten, in welcher Fuat Sezgin eine Kopie der von Ma’mÙn in Auftrag gegebenen Weltkarte sieht:19 Die Oikumene ist in ein Rund hineinkomponiert, das vom Ozean umflossen wird, ähnlich wie dies auch bei den Balkhī-Karten oder den christlichen Rundkarten der Fall ist. Der obere Teil dagegen lehnt sich eng an die ptolemäische Weltkarte der 2. Projektion an, mit gekrümmten Meridianen, die hier bis zum Nordpol verlängert sind. Abgesehen von deutlichen Veränderungen – das Mittelmeer ist kürzer, die Landbrücke zwischen Afrika und Asien ist aufgebrochen – zeigt sich das ptolemäische Konzept in der im arabischen Raum ungewöhnlichen Nordorientierung und besonders in den genau 36 Meridianen,20 wie sie – gemäss der Anweisung von Geogr. 1,24,21 – auf den ptolemäischen Weltkarten zu finden sind. Allerdings stimmen die Positionen der Karteneinträge nicht mit den wenigen Längen- und Breitenangaben des Begleit
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F. Sezgin, Wissenschaft und Technik a.O. (oben Anm. 6) 9; ders., Mathematische Geographie … a.O. (oben Anm. 6) Kartenband 1a. Wie weit die heute vorliegende Karte durch Kopiervorgänge verändert wurde, lässt sich allerdings nicht mehr feststellen. – Vgl. Faksimile-Ausgabe des Instituts für Geschichte der arabisch-islamischen Wissenschaften (Frankfurt 1988) 292f. D.h. je 3 Meridiane im Abstand von 5° für die angenommenen 12 Stundenabschnitte.
F. Mittenhuber / C. S¸engör
5.2 Arabische Tradition
textes überein. Doch zeigt die aus relativ später Zeit stammende Karte bereits deutliche Einflüsse der Darstellung, wie wir sie bei Idrīsī finden, besonders in Europa. Es ist deshalb fraglich, wie weit hier eine getreue Kopie einer Ma’mÙnKarte vorliegt.
3. Gradmessung der Ma’mÙn-Geographen Eine besondere Leistung der Ma’mÙn-Geographen bestand darin, dass sie neue Berechnungen der Gradlänge bzw. des Erdumfanges anstellten. Al-BīrÙnī (973– 1048), einer der bedeutendsten Wissenschaftler der islamischen Welt, berichtet in seinem geodätischen Werk ausführlich von dem anspruchsvollen Unterfangen: «Eine Untersuchung [sc. der Gradlänge] durch al-Ma’mÙn fand statt, als er in Büchern der Griechen las, dass der Anteil eines Grades 500 Stadien betrage [Ptol. Geogr. 1,11,2; 7,5,12]; und es handelt sich dabei um eine ihrer Masseinheiten, mit der sie Entfernungen anzugeben pflegten. Er fand aber bei den Übersetzern keine klare Auskunft über die Grösse des Stadions. … Da befahl er einer Gruppe von Experten und geschickten Tischlern und Kupferschmieden, Instrumente zu bauen und einen Platz für die Messung auszusuchen. So erzählt Íabash21 nach dem Bericht des KhÁlid al-MarwarrÙdhī. Man wählte in der Wüste von SinjÁr in der Umgebung von Mossul einen Ort, der von der Distrikthauptstadt 19 Parasangen und von Samarra 43 Parasangen entfernt war. Sie waren mit der ebenen Beschaffenheit des Bodens zufrieden und brachten die Instrumente dorthin. An einer bestimmten Stelle massen sie zur Mittagszeit die Sonnenhöhe. Dann teilten sie sich in zwei Gruppen, und KhÁlid wandte sich mit einem Trupp von Landvermessern und Technikern in Richtung auf den Himmelsnordpol, während ÝAlī ibn ÝIsÁ al-AsturlÁbī und AÎmad ibn al-Buhturī, der Wegmesser, mit ihrer Gruppe die Richtung auf den Himmelssüdpol einschlugen. Jede Abteilung mass zur Mittagszeit die Sonnenhöhe, bis sie fand, dass sie sich um einen Grad verändert hatte, ausser der Veränderung, die von der Deklination herrührt. … Die beiden Abteilungen trafen sich wieder, wo sie sich getrennt hatten. Sie ermittelten als Wert für einen Grad des Erdumfangs 56 Meilen (= 112 km.).» (Al-BīrÙnī, Geodäsie 213f.; übers. von G. Strohmaier).22 Das aufwendige Verfahren, das al-BīrÙnī offenbar nur aus zweiter Hand kennt, erzielte den erstaunlich genauen Wert von 112 km23 (aktueller Wert 111,14 km). Man ging ähnlich vor wie seinerzeit Eratosthenes bei der Berechnung des
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Íabash al-ÍÁsib, bedeutender Astronom der Ma’mÙn-Zeit. Al-BīrÙnī, KitÁb taÎdīd nihÁyÁt al-amÁkin li-taÒÎīÎ masÁfÁt al-masÁkin, ed. P.G. Bulgakov, in: Revue de l’Institut des Manuscrits Arabes 8 (1962) 3–328; vgl. die Textsammlung von G. Strohmaier, Al-BīrÙnī, In den Gärten der Wissenschaft (Leipzig 32002) 84f. (dort kurz Geodäsie genannt). Nach der Umrechnung von Strohmaier a.O. (obige Anm.) Anm. 173.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Erdumfanges:24 Man mass die Einfallswinkel der Sonnenstrahlen zur Mittagszeit und berechnete aus der Differenz den Breitenabstand der Basisstrecke. Allerdings hatte man, da die Messung offenbar mehrere Tage in Anspruch nahm, noch die Veränderung der Sonnenhöhe zu berücksichtigen. Zudem bestand die Gefahr, da die Basisstrecke viel kürzer war als bei Eratosthenes, dass ein minimer Fehler bei der Gradmessung sich erheblich auswirken konnte.
4. Das geographische Werk des al-KhwÁrizmī Das KitÁb ÒÙrat al-arà (Buch vom Bild der Erde) des AbÙ JaÝfar MuÎammad ibn MÙsÁ al-KhwÁrizmī (vor 847) ist nur in einer Kopie, dem 1037 verfassten und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder entdeckten Cod. Strassburg 4247, erhalten.25 Es besteht zu grossen Teilen aus Tafeln mit geographischen Koordinaten (s.u. Abschnitt 5), ähnlich dem ptolemäischen Kanon bedeutender Städte.26 Nebst einer heute verlorenen, vermutlich der ptolemäischen sehr ähnlichen Weltkarte27 waren dem Werk eine nicht mehr bestimmbare Zahl von Regionalkarten beigegeben; von diesen sind insgesamt vier Karten erhalten: Es handelt sich hierbei um eine relativ roh gezeichnete Regionalkarte der ‘Insel des Juwels’ im fernen Osten, um eine Karte des Weltozeans, um eine weitere der Maiotis/des Asowschen Meeres sowie um eine Karte des Nils. Wie aus dem nebenstehenden Vergleich mit dem Codex Seragliensis GI 57 ersichtlich ist, geht die Darstellung unverkennbar auf eine ptolemäische Vorlage zurück. Die Karteneinträge stammen teilweise aus der ptolemäischen Geographie (Alexandria, Mondgebirge); daneben sind jedoch auch aktuelle arabische Namen eingetragen. Für eine ptolemäische Vorlage spricht ferner die Tatsache, dass die Karte auch Linien aufweist, welche die geographische Breite bezeichnen; allerdings handelt es sich hierbei nicht um die ptolemäischen Parallelkreise, sondern um Bezeichnungen der sieben Klimata, die – vermittelt über astronomische Werke – in der arabischen Tradition eine breite Rezeption erfahren haben.
Dazu oben Kap. 3.1 Masse und Messungen, Abschnitt 1.4. Vgl. H. v. Mžik, Das KitÁb ÒÙrat al-Ýarà des AbÙ Éa’far MuÎammad ibn MÙsÁ al-ËwÁrizmī a.O. (oben Anm. 6) sowie R. Wieber, Nordwesteuropa nach der arabischen Bearbeitung der Ptole mäischen Geographie von MuÎammad B. MÙsÁ al-ËwÁrizmī (Walldorf 1974). 26 Vgl. oben Kap. 2.2 Einleitung und Edition. 27 Ein Rekonstruktionsversuch dieser Karte wurde unternommen von S. Razia Ja’fri, al-Khwa rizmi World Geography, Tajik Academy of Sciences and Center of Central Asian Studies, Kashmir University (Dushanbe 1984). 24 25
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5.2 Arabische Tradition
Abb. 2–4: Der Verlauf des Nils bei Ptolemaios (Cod. Seragl. GI 57, um 1300, fol. 99r), bei KhwÁrizmī (Cod. Strasb. 4247, verfasst 1037, fol. 30v/31r) und bei Ibn Íawqal (Paris, Ms. Arabe 2214, verfasst 1445, fol. 13v); [die beiden im Original gesüdeten arabischen Karten sind hier zu Vergleichszwecken um 180° gedreht.]
5. Ortsnamentabellen Neben den Karten haben sich die arabischen Gelehrten vor allem für die Koordinatenlisten des ptolemäischen Ortskataloges interessiert, während die theoretischen Kapitel des 1. Buches mit den Projektionsmethoden kaum Beachtung fanden. Im Bereich der Ortsbestimmungen dagegen manifestiert sich die kreative Auseinandersetzung arabischer Gelehrter mit griechischen Vorlagen, sind doch die überkommenen Daten häufig verändert bzw. korrigiert und erweitert worden. Dabei konnte man sich auf die unter Ma’mÙn mit hoher Präzision durchgeführte Bestimmung des Breitengrades stützen.28 Es sind zwei Typen von solchen Ortsnamentabellen zu unterscheiden. Der eine Typ, der etwa in al-FarghÁnīs Tafeln (um 860) zur Geltung kommt, ist für astronomische Beobachtungen gedacht und listet die Orte nur mit ihrer geographischen Breite auf, gegebenenfalls mit Gnomon-Schattenlänge und Dauer des längsten Tages, ohne Längenangaben. Der andere Typ listet Toponyme auf mit Längen- und Breitenangaben in Graden und Minuten. Das bedeutendste Beispiel solcher Listen findet sich im bereits genannten geographischem Werk des KhwÁrizmī, dem KitÁb ÒÙrat al-arÃ, das zu grossen Teilen aus diesen Tafeln besteht. Ähnliche Tafeln sind etwas später von BattÁnī hergestellt worden.
28
Zum ganzen Thema vgl. Sezgin, Mathematische Geographie … a.O. (oben Anm. 6) Bd. 10, 98ff.; Tibbetts a.O. (oben Anm. 6) 96ff. – S.a. oben Abschnitt 3.
343
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Abb. 5a und b: Ortstafellisten aus dem KitÁb surat al-arà des KhwÁrizmī (Cod. Strasb. 4247, verfasst 1037, fol. 10v) und aus dem Zīj al-ÑÁbi’ des BattÁnī (Patrimonio Nacional Madrid, cart. No. 908 Cerembourg, fol. 175r).
Zur Veranschaulichung seien hier einige recht zufällig ausgewählte Daten in synoptischem Vergleich vorgeführt:29 Ortsbezeichnung
Koordinaten bei Ptolemaios Länge Breite
Koordinaten bei KhwÁrizmī Länge Breite
Koordinaten bei BattÁnī Länge Breite
Adana/Adana –/KhilÁt Antiocheia/AntÁkiya Ankyra/Anqara Arsamosata/Simsat –/BardhaÝa Barke/Barqa –/Bagdad Baktra/Balkh Beroia/Íalab (Aleppo) Berytos/Beirut Byzantion/Qustantīniyya
68° 15ʹ 36° 50ʹ – – 69° 35° 30ʹ 62° 42° 73° 38° 20ʹ – – 49° 15ʹ 30° 45ʹ – – 116° 41° 70° 30ʹ 36° 33° 40ʹ 67° 30ʹ 56° 43° 05ʹ
– – 64° 50ʹ 39° 50ʹ 61° 35ʹ 34° 10ʹ 58° 43° 62° 40ʹ 38° 45ʹ 73° 43° 43° 33° 45ʹ 70° 33° 09ʹ 88° 35ʹ 38° 40ʹ 63° 34° 30ʹ 59° 30ʹ 34° 49° 50ʹ 45°
68° 15ʹ 36° 50ʹ 78° 39° 20ʹ 69° 35° 30ʹ – – 73° 20ʹ 38° 40ʹ 84° 42° – – 80° 33° 09ʹ 116° 41° 71° 34° 50ʹ 69° 30ʹ 33° 20ʹ 56° 40ʹ 43° 10ʹ
Auswahl aus der Zusammenstellung bei Honigmann, Die sieben Klimata a.O. (oben Anm. 6) 126–131; vgl. auch die Übersicht bei Tibbetts a.O. (oben Anm. 6) 99. – Die gelegentlich abweichenden ptolemäischen Werte stammen aus unserer Textausgabe.
29
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5.2 Arabische Tradition
Ortsbezeichnung
Koordinaten bei Ptolemaios Länge Breite
Koordinaten bei KhwÁrizmī Länge Breite
Koordinaten bei BattÁnī Länge Breite
Chalkis/Qinnasrīn Edessa/Urfa (al-RuhÁ) Emisa/Íums Heliupolis/Baalbek –/ÍulvÁn Hyrkania/Gorgan Karrhai/ÍarrÁn Ktesiphon/al-MadÁ’in Laodikeia/al-LÁdhiqiyya Makoraba/Mekka Melitene/Malatya Nikephorion/al-Raqqa Oxeiana/Khīva (KhwÁrizm) Palmyra/Tadmur Ptolemaios/ ÝAkkÁ Rome/RÙmiya Rhagaia/Rhaga (Rayy) Susa/al-AhwÁz
70° 30ʹ 35° 20ʹ 37° 30ʹ 72° 30ʹ 69° 40ʹ 34° 68° 40ʹ 33° 40ʹ – – 98° 30ʹ 40° 36° 10ʹ 73° 15ʹ 80° 35° 35° 05ʹ 68° 30ʹ 73° 20ʹ 22° 71° 39° 30ʹ 73° 05ʹ 35° 20ʹ 117° 30ʹ 44° 40ʹ 71° 30ʹ 34° 66° 50ʹ 33° 36° 40ʹ 41° 40ʹ 34° 20ʹ 98° 20ʹ 84° 34° 15ʹ
– – 64° 36° 40ʹ 61° 34° – – 71° 45ʹ 34° 80° 45ʹ 38° 50ʹ 65° 36° 40ʹ 73° 33° 61° 34° 67° 21° 61° 39° 66° 36° 91° 50ʹ 42° 10ʹ 66° 35° 58° 25ʹ 33° 20ʹ 35° 20ʹ – 75° 35° 45ʹ 75° 32°
70° 40ʹ 35° 35ʹ 72° 50ʹ 37° 69° 05ʹ – 68° 20ʹ 33° 15ʹ 81° 35° 95° 40ʹ 73° 36° 40ʹ 80° 35° 30ʹ 68° 30ʹ 35° 05ʹ 71° 21° 40ʹ 71° 39° 73° 15ʹ 36° – – 72° 34° 66° 50ʹ 33° 36° 40ʹ 41° 40ʹ 86° 36° 30ʹ 83° 34°
Tab. 1: Vergleich der Koordinaten ausgewählter Orte bei Ptolemaios, KhwÁrizmī und BattÁnī.
Die Zusammenstellung zeigt in der Grundstruktur die Anlehnung an den ptolemäischen Ortskatalog (Gradangaben, Koordinatensystem mit Nullmeridian bei den Kanarischen Inseln, Einteilung der Minuten in Zwölftelgrade). Obwohl im Einzelnen kaum mehr festzustellen ist, nach welchen Kriterien die Änderungen vorgenommen wurden und in welchem Ausmass verschiedene Vorlagen oder Abschreibefehler verantwortlich sind, lassen sich dennoch einige bemerkenswerte Auffälligkeiten festhalten: So wird deutlich, dass sich die Koordinaten des BattÁnī allgemein weit besser an diejenigen der ptolemäischen Geographie anschliessen, während zwischen letzterem und KhwÁrizmī grössere Differenzen bestehen. Diese Unterschiede sind besonders deutlich in Korrekturen der ptolemäischen Längenangaben, die von KhwÁrizmī – richtigerweise – auffallend reduziert sind. Allerdings scheint al-BattÁnī neben Ptolemaios in einigen Fällen die verbesserten Werte des KhwÁrizmī übernommen zu haben, z.B. diejenigen von Bagdad, welches bei Ptolemaios natürlich noch nicht genannt ist. Die Koordinaten von Bagdad sind zudem auffällig, weil die Breite von 33° 09ʹ als einzige nicht ins ptolemäische Schema mit den Minutenangaben in Zwölftelgrad passt und zudem – anders als die folgenreiche fehlerhafte Breite für das benachbarte Babylon bei Ptolemaios30 – einen sehr präzisen Wert aufweist. Hier sind von KhwÁrizmī also ohne Zweifel eigene Messungen der Breite vorgenommen worden.
30
Vgl. dazu oben Kap. 3.2, Abschnitt 3.
345
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
6. Balkhī-Schule Die frühesten erhaltenen Weltkarten der islamischen Kartographie stammen aus der Balkhī-Schule mit Sitz in Bagdad, benannt nach ihrem ersten Leiter AbÙ Zayd al-Balkhī (gest. 934).31 Im Zentrum der Bemühungen der Balkhī-Kartographen stand offensichtlich, einen Atlas des islamischen Reiches zu schaffen, verbunden mit Erläuterungen zu Bevölkerung und Besonderheiten der jeweiligen Gegend. Die frühen Karten der Balkhī-Schule weisen keine Bezüge zu den ptolemäischen Karten auf und sind meistens von einem mehr oder weniger langen Kommentar begleitet. Ursprünglich umfasste das komplette Set wohl eine Weltkarte sowie um die 20 Regionalkarten; oft findet man drei Meereskarten (Mittelmeer, Indischer Ozean und Kaspisches Meer) sowie 17 Provinzkarten. Die Provinzkarten sind in sog. aqalim unterteilt (vom griechischen klima, jedoch hier in der Bedeutung des persischen kishvar = Region). Auch zeigen die Karten überhaupt keine Merkmale der mathematischen Geographie, wie Längen- und Breitengrade oder Projektionen, sondern sind rein zeichnerische Darstellungen.
Abb. 6: Weltkarte [Süden ist oben], Typ Ibn Íawqal I (Ms. A. 3346, Topkapi-Museum in Istanbul, um 1086).
31
346
Dazu ausführlich Tibbets a.O. (oben Anm. 6) 108–136.
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5.2 Arabische Tradition
Die erhaltenen Welt- und Regionalkarten der Balkhī-Schule – hier eine auf Ibn Íawqal (2. Hälfte 10. Jh.) zurückgehende Kopie des späten 11. Jahrhunderts – zeigen eine starke Abstrahierung; die topographischen Formen der Länder oder Meere sind durch einfache geometrische Formen dargestellt. Typischerweise ist der Indische Ozean gegen Osten offen, und Afrika erstreckt sich entlang dem Südrand der Welt weit nach Osten. Die Flüsse Tanaïs/Don und Nil bilden eine markante Linie, die Europa und Afrika von Asien trennt, ähnlich wie bei den mittelalterlichen T-O-Karten. In den Balkhī-Karten, die sich so deutlich von den Karten griechischer Tradition unterscheiden, hat man deshalb versucht, eine bewusst islamische ‘Gegenreaktion’ zu den von griechischer Tradition stark beeinflussten Karten des Ma’mÙn oder des KhwÁrizmī zu sehen. Dies mag für die frühe Balkhī-Schule zutreffen, allerdings zeigen spätere Balkhī-Karten einzelne, letztlich auf Ptolemaios zurückgehende Details, freilich nur in der topographischen Darstellung, nicht aber im kartographischen Konzept. Ein solches Merkmal ist wieder der Nillauf, der bei Ibn Íawqal im ptolemäischen ‘Mondgebirge’ entspringt, zuerst nach Westen fliesst und sich erst dann nach Norden wendet. Eine Detailkarte des Nils (oben Abb. 4) desselben Autors zeigt dabei eine frappante Ähnlichkeit mit KhwÁrizmīs Darstellung. Es ist somit nicht unwahrscheinlich, dass solche Darstellungen durch die vermehrte Beachtung des KhwÁrizmī in der späteren Balkhī-Schule auf die Karten gelangt sind.
7. Das kartographische Werk des Sharīf al-Idrīsī Einen weiteren Schritt machte die islamische Kartographie im 12. Jahrhundert durch Sharīf al-Idrīsī, welcher ab ca. 1138 am Hof des Normannenkönigs Roger II. in Sizilien weilte. Al-Idrīsī schuf, vermutlich in Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern an Rogers Hof, u.a. eine heute verlorene monumentale Weltkarte auf einer Silberplatte sowie das Werk Nuzhat al-mushtÁq fī khtirÁq al-ÁfÁq (Reise des Sehnsüchtigen um die Horizonte zu durchqueren), eine deskriptive Geographie mit einer Weltkarte und 70 Regionalkarten sowie ausführlichen Begleittexten.32 Ein weiteres Werk des Idrīsī, das Uns al-muhaj wa-rawd al-furaj, enthält eine Klimakarte und 73 Regionalkarten mit den zugehörigen Begleittexten.33 Wie aus der Einleitung des Nuzhat al-mushtÁq hervorgeht,34 erstreckte sich Idrīsīs Arbeit an der monumentalen Weltkarte über 15 Jahre und gliederte sich in drei Phasen: In einer ersten Phase wurden Daten aus schriftlichen und mündlichen Quellen gesammelt. Folgende Quellen lassen sich noch erkennen: Für arabische Regionen verwendete Idrīsī in erster Linie Ibn Íawqal, für Europa und die 32
33
34
Ed. F. Cerulli et al.: al-Idrīsī, Opus geographicum sive Liber ad eorum delectationem, qui ter ras peragrare studeant, erschienen 9 Faszikel des Istituto Universitario Orientale di Napoli (Leiden 1970–84). – S. auch H. v. Mžik, Idrisi und Ptolemaeus, in: Orientalische Literaturzeitung 15 (1912) 403ff., und K. Miller, Mappae arabicae: Arabische Welt- und Länderkarten des 9.–13. Jahrhunderts, 6 Bde. (Stuttgart 1926–31). Darin: Weltkarte des Arabers Idrīsī vom Jahre 1154 (Stuttgart 1928; Nachdruck Stuttgart 1981). Ed. F. Sezgin, The Entertainment of Hearts and Meadows of Contemplation (Frankfurt 1984). Vgl. die Zitate bei Tibbets a.O. (oben Anm. 6) 159.
347
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Mittelmeerregion unter anderem auch militärische und Handelsinformationen aus Rogers Hof. Für die restlichen Regionen und insbesondere das kartographische Konzept stützte sich Idrīsī auf Ptolemaios selbst oder auf die ptolemäisch-arabische Tradition. Die zweite Phase beinhaltete das Umzeichnen und Interpolieren der Daten auf einem Zeichenbrett. Danach wurde in einer dritten Phase die Silberscheibe graviert.35 Als Kommentar zur silbernen Karte verfasste Idrīsī auf Wunsch Rogers das Nuzhat al-mushtÁq, in welchem er sich gleich zu Beginn der Einleitung ausdrücklich auf ‘das Buch des Ptolemaios’ al-JughrÁfiyÁ beruft. «Das erste womit ich beginne, ist die Rede über die ‘Gestalt der Erde’, die man ‘Geographie’ nennt, so wie sie Ptolemaios benannt und beschrieben hat.» (Al-Idrīsī, Nuzhat al-mushtÁq, Praef. §7; übers. von G. Strohmaier).36 Am Ende der Einleitung kommt Idrīsī auf die Gründe für die Unterteilung der Welt in sieben Breitenstreifen zu jeweils 10 Karten zu sprechen: «Da wir nun fertig sind mit der Erwähnung der Gestalt der Erde und ihrer Einteilung in ihre Klimata und der Erwähnung der Meere, deren Anfänge und Enden und Umgrenzungen und der Länder und Völker, die sich an ihre Küsten anschliessen, und diese in kurzgefasster Rede, so beginnen wir jetzt mit der Erwähnung der sieben Klimata und was sie an Ländern, Völkern und Mirabilia enthalten, Klima für Klima und Land für Land. Wir erwähnen, was die Königreiche enthalten, und behandeln ihre Strassen und Wege, die Entfernungen in Parasangen und Meilen, den Lauf ihrer Flüsse, die Tiefe ihrer Meere, die Verbindungen durch ihre Wüsten, dies alles kommentiert und erklärt mit höchstmöglich genauer und präziser Rede, soweit man es vermag. … Da wir diese Städte in den Klimata und ihre Wege und was ihre Völker umfassen darstellen wollen, haben wir die Länge eines jeden Klimas von ihnen in zehn Teile gegliedert, festgelegt in Länge und Breite. Wir zeichnen bei jedem einzelnen dieser Teile die zugehörigen Städte, Landkreise und Bauwerke, damit der Betrachter sieht, was seinen Augen verborgen oder was seiner Kenntnis entgangen ist oder wozu er keinen Zugang erlangen konnte, weil die Wege schwierig und die Völker widerspenstig sind. So befestigt sich bei ihm durch den Augenschein das Berichtete. Die Anzahl dieser anschliessenden Zeichnungen ist siebzig, mit Ausschluss der beiden Extreme: Das eine davon ist das Ende der Bewohnbarkeit in südlicher Richtung; das Meiste davon ist leer wegen der Heftigkeit der Hitze und des Wassermangels. Das andere Extrem ist das Ende der Bewohnbarkeit in nördlicher Richtung; das Meiste davon ist leer wegen der Heftigkeit der Kälte. … Was wir deshalb
35
36
348
Al-Idrīsī spricht ausdrücklich von einer Scheibe (dÁ’ira); vgl. F. Cerulli, Opus geographicum (oben Anm. 32) fasc. 1, 6. Eine abweichende Auffassung vertritt v. Mžik (oben Anm. 32), der von einer rechteckigen Tafel ausgeht. Ed. G. Tucci, al-Idrīsī, Opus geographicum a.O. (vgl. oben Anm. 32) fasc. 1 (Neapel/Rom 1970) 7; vgl. auch P.A. Jaubert, La Géographie d’Edrisi (Paris 1836–40; Nachdruck Amsterdam 1975). Ferner Sezgin, Mathematische Geographie … a.O. (oben Anm. 6) Bd. 10, 134ff.: Nach ihm meint Idrīsī hier nicht Ptolemaios, sondern die Ma’mÙn-Geographen.
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5.2 Arabische Tradition
für gut befunden haben, ist dies, dass wir nach jeder Zeichnung davon das Nötige erwähnen und was zu der Stelle in dem Buch gemäss der Kenntnis und dem Vermögen passt. Gott muss man um Hilfe bitten, und es gibt keinen Herrn ausser ihm.» (Al-Idrīsī, Nuzhat al-mushtÁq, Praef. §22; übers. von G. Strohmaier).37 Die Idee, für die ganze bekannte Welt Regionalkarten zu zeichnen und diese mit entsprechenden Begleittexten zu versehen, ist zweifellos dem 8. Buch der ptolemäischen Geographie entlehnt, auch wenn sich dort die 26 Länderkarten – anders als bei Idrīsī – weder nahtlos zusammenfügen lassen noch nach Klimata (oder bestimmten Parallelkreisen) eingeteilt sind. Es entstanden so bei Idrīsī die erwähnten 70 Regionalkarten, von denen sich in acht Handschriften eine unterschiedliche Zahl erhalten hat.38
Abb. 7: Drei Regionalkarten des Nils (Sektion 4, Klimata 1–3 [in der Abb. um 90° gedreht, Süden ist rechts]) aus dem Nuzhat al-mushtÁq des Idrīsī (Ms. Ayasofya 3502, Süleymanyie Bibliothek Istanbul, Anfang 14. Jh.).
Die Regionalkarten des Idrīsī zeigen keine Spuren einer bestimmten Projek tionsmethode, ebenso fehlen jegliche Koordinaten. Aus den Kartenrändern ergibt sich allerdings, dass Idrīsī grösstenteils die ptolemäischen Grenzen der Oikumene verwendet. Diese Grenzen werden auch im Nuzhat al-mushtÁq definiert: Der Westrand befindet sich bei den Inseln der Glückseligen/Kanarischen Inseln; dies entspricht genau dem ptolemäischen Nullmeridian. Den Ostrand bei 180° bildet bei Idrīsī die Insel Sila (heute: Korea); Ptolemaios hatte seinen Ostrand in der Region von Sina (heute: S-China) angesetzt. Während die Längenbegrenzungen also ziemlich exakt mit denjenigen der ptolemäischen Geo 37 38
Ed. G. Tucci, al-Idrīsī, Opus geographicum a.O. (vgl. obige Anm.) 13f. Vgl. die Liste bei G. Tibbets (oben Anm. 6) Appendix 7.1.
349
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
graphie übereinstimmen, ergibt sich bei den Breiten eine gewisse Abweichung: Idrīsī setzt den Nordrand bei 64° an; Ptolemaios hat in der Geographie 63°. Noch grösser ist die Differenz im Süden: Während Ptolemaios den Südrand bei 16° 25ʹ Süd angesetzt hatte, wird dieser von Idrīsī nicht näher bestimmt; aus dem Kartenbild ergibt sich allerdings, dass er in der Region des Äquators liegt. Diese Ränder passen nun nicht zur ptolemäischen Geographie, jedoch sehr gut zum Almagest (Synt. 2,6).39 Auch die sieben Klimata, welche ja bei Idrīsī der Unterteilung der Regionalkarten zugrunde liegen, lassen sich nicht mit den Parallelkreisen der ptolemäi schen Geographie zur Deckung bringen, wie die Zusammenstellung der Regionalkarten von K. Miller beweist:
Abb. 8: Schematische Zusammenstellung der 70 Regionalkarten des Idrīsī (nach K. Miller, Mappae arabicae 1, 2).
Während die Länderkonturen gewisse Anklänge an eine ptolemäische Vorlage erkennen lassen, z.B. in der Darstellung von Italien, sind die Klimagrenzen von den ptolemäischen Parallelkreisen sehr verschieden: So geht die Grenze zwischen 3. und 4. Klima bei Idrīsī durch die Strasse von Gibraltar und die Region von Phönizien, die bei Ptolemaios jedoch auf dem 10. bzw. dem 9. Parallelkreis liegen. Die Grenze zwischen 4. und 5. Klima geht bei Idrīsī durch Portugal, Süd italien und Rhodos, welche bei Ptolemaios auf dem 12., 11. und 10. Parallelkreis liegen. Dieser Befund ist nun nicht erstaunlich, da die sieben Klimata – anders als im Almagest – in der ptolemäischen Geographie überhaupt keine Rolle spielen.40 Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass Idrīsī für sein Kartenbild zwei verschiedene ptolemäische Quellen kombiniert: Die abstrakten geographischen Angaben zu Länge und Breite sowie die Klimata lassen sich höchstwahrscheinlich auf den Almagest zurückführen – möglicherweise vermittelt über arabische
39 40
350
Vgl. dazu die entsprechende Tabelle im Kap. 3.1 Masse und Messungen (oben S. 234). Vgl. dazu oben Kap. 1.4 Karten und Kartenüberlieferung, Anm. 44.
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5.2 Arabische Tradition
Zwischenstufen wie die Klimakarten des BīrÙnī. Was hingegen die Länderkonturen anbelangt, stammen sie zweifellos von einer bildlichen Vorlage aus der Geographie ab – möglicherweise vermittelt über die Karten des Ma’mÙn oder des KhwÁrizmī. Die Tatsache, dass die mittleren Sektionen der Idrīsī-Karte tendenziell nach Norden verschoben sind, liesse sich erklären, indem man annimmt, dass eine ptolemäische Karte in Kegelprojektion in die bei Idrīsī vorliegende Zylinderprojektion umgearbeitet wurde. Sechs der erhaltenen Handschriften des Nuzhat al-mushtaq enthalten ferner eine runde Weltkarte. Die gesüdete Karte trägt die Grundzüge der BalkhīKarten: Afrika zieht sich im Süden hin bis zum östlichen Rand der Erde, der Indische Ozean ist zum Pazifik hin offen. Weitere auffällige Merkmale sind die bereits aus KhwÁrizmī bekannte Darstellung des Nils sowie sieben konzentrische Parallelkreise, welche die sieben Klimata markieren. Obwohl diese Karte im Text des Nuzhat al-mushtaq nirgends erwähnt ist, wurde sie gemeinhin als ‘Weltkarte des Idrīsī’ bezeichnet. Nun ist kürzlich im sogenannten Buch der Kuriositäten41 eine weitere solche Weltkarte zum Vorschein gekommen, welche jedoch um ein gutes Jahrhundert älter ist. Die Tatsache, dass dieses Balkhī-Gut mit Merkmalen, welche auf die oben genannten Traditionen aus beiden ptolemäischen Quellen (Almagest und Geographie) zurückgehen, vermischt ist, lässt den Prioritätsanspruch der Idrīsī-Karten ins Wanken geraten. Umgekehrt rücken wir näher an die Lebenszeit des KhwÁrizmī (um 850) und v.a. des BīrÙnī (um 1000) heran, was wiederum das Vorhandensein der beiden ptolemäischen Werke im 9. und 10. Jahrhundert belegt. Allerdings wird damit auch die oben gemachte Beobachtung gestützt, dass die arabischen Karten aus dieser Zeit in erster Linie durch die im Almagest vermittelten geographischen Informationen beeinflusst sind. Aus der Geographie hingegen wurden nie die Methoden der Kartenzeichnung übernommen, sondern lediglich bestimmte Konturen aus den Kartenvorlagen abgezeichnet, besonders in den schlecht bekannten Randregionen der Erde.
41
Vgl. oben Anm. 18.
351
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Abb. 9: Bis anhin dem Idrīsī zugeschriebene runde Weltkarte [Süden ist oben] aus dem Buch der Kuriositäten der Wissenschaften und Wunder für die Augen (Oxford, Ms. Arab. 90, 1. Hälfte 11. Jh., fol. 27v/28r).
Aus der Zeit nach Idrīsī sind zwar deutlich mehr islamische Karten erhalten, es lassen sich in ihnen jedoch immer weniger direkte Einflüsse von ptolemäischen Vorlagen nachweisen – ein Trend, der sich ja bereits in den Idrīsī-Karten selbst manifestiert hat. Einzige Ausnahme bildet vielleicht die bereits oben beschriebene Karte des Ibn Fadl AllÁh al-ÝUmarī (Ms. Ahmet III, 2797,1, um 1340),42 welche möglicherweise Reste der Ma’mÙn-Karten aufweist; sie zeigt jedoch bereits starke Einflüsse der Idrīsī-Karten. Ferner sind in erster Linie die späten Karten der Balkhī-Schule stark verbreitet, welche – wie gesagt – einzelne Merkmale der Karten des KhwÁrizmī tradieren. Schliesslich findet sich noch eine Anzahl von Karten, in welchen Einflüsse al-BīrÙnīs sichtbar werden: zum einen seine schematische Verteilung von Land und Meer, daneben aber auch die bekannte Darstellung der sieben Klimata, welche ja ebenfalls auf griechischen Vorbildern beruht und über den Almagest tradiert wurde. Die ptolemäische Geographie hingegen scheint spätestens seit der Jahrtausendwende im arabischen Raum keine bedeutende Rolle mehr gespielt zu haben.
42
352
Vgl. oben Abb. 1.
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5.2 Arabische Tradition
8. Cod. Constantinopolitanus Arabicus (= Ayasofya) 2610 Bezeichnend für diese Entwicklung ist die Geschichte der einzigen erhaltenen arabischen Übersetzung der Geographie,43 des Cod. Constantinopolitanus Arabicus (= Ayasofya) 2610 aus dem Jahre 1465. Die Handschrift wurde von Mehmed II., dem Eroberer von Konstantinopel, bei Georg Amirutzes in Auftrag gegeben.44 Es handelt sich hierbei um eine späte, für die Überlieferungsgeschichte der Geographie an sich relativ unbedeutende Handschrift, welche jedoch einige interessante Eigenheiten bei den Karten aufweist. Da die bisher kaum beachtete Handschrift von uns anlässlich der Campagne zum Codex Seragliensis GI 57 im Juli 2004 in Istanbul untersucht wurde,45 sollen die wichtigsten Erkenntnisse hier kurz beschrieben werden: Die Papierhandschrift enthält auf 239 Seiten nur die Geographie. Gleich zu Beginn findet sich auf einem separaten Pergamentblatt eine Weltkarte in modifizierter Kegelprojektion: Es handelt sich hierbei – abgesehen von den lateinischen Weltkarten des Nicolaus Germanus46 – um die einzige in dieser Projektion ausgeführte Weltkarte neben der weitaus prächtigeren Karte des Cod. Seragliensis GI 57, die sehr wahrscheinlich die Vorlage gewesen ist. Die nach arabischer Sitte gesüdete Karte der Ayasofya-Handschrift ist, abgesehen von den mit roter Tusche ausgeführten Gradangaben, nicht koloriert; der Randschmuck (Windköpfe) fehlt. Danach folgt auf den Seiten 3–24 der Text des ersten Buches der Geogra phie, einspaltig, inklusive der sorgfältig ausgeführten Konstruktionsskizzen von Geogr. 1,24. Auf den Seiten 25–32 sind die aus Cod. Mediolanensis Ambrosianus Graecus 997 (s)47 bekannten vier Übersichtskarten der Erdteile (Europa, Afrika, Nordund Südasien) eingeschoben; die in Zylinderprojektion ausgeführten Karten sind ebenfalls gesüdet und im Stil der Weltkarte gezeichnet, allerdings ist hier die Küstenlinie rosa verstärkt. Im Anschluss findet sich auf S. 33 ein Exlibris. Ab Seite 34, wo der Ortskatalog der Geographie beginnt, ist der Text nun zweispaltig. Entgegen dem ptolemäischen Konzept sind die – ebenfalls gesüdeten – Länderkarten in den Text der Bücher 2–7 integriert: Sie finden sich jeweils am Ende des entsprechenden Länderkapitels – wie dies auch in den Vertretern der Redaktion mit 64 Länderkarten der Fall ist.48 Ungewöhnlich ist jedoch, dass die Ayasofya-Handschrift sowohl Karten aus der Redaktion mit 26 wie aus der Redaktion mit 64 Länderkarten aufweist. Die Zeichnung der Karten ähnelt stark 43
44
47 48 45 46
Nach Tibbets a.O. (oben Anm. 6) 210 existiert noch eine weitere arabische Handschrift (ohne Karten), der Codex Ayasofya 2596. Die Geschichte der Handschrift ist dargelegt bei F. Bebinger, Mehmed the Conqueror and his Time (Princeton 1987). – Faksimile von F. Sezgin, Claudios Ptolemaios Geography, Arabic Translation (1465 AD). Reprint of the Facsimile edition of the Ms. Ayasofya 2610 (Frankfurt 1987). Vgl. dazu oben Kap. 1.3 die kodikologische Beschreibung des Seragliensis GI 57. Dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 2.4. Vgl. oben Kap. 1.4, S. 40. Zur Redaktion mit 64 Länderkarten ausführlich oben Kap. 1.4, Abschnitt 2.3.1b.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
denjenigen der erhaltenen griechischen Handschriften der Redaktion mit 64 Länderkarten, z.B. im charakteristischen Farbsaum an den Ländergrenzen und Küsten. Allerdings weisen die Länderkarten in der Zeichnung auch arabische Elemente auf, z.B. in der Ausführung der Gebirge. Die Städte sind nicht als Vignetten ausgeführt, sondern als Stadtmauern mit drei Zinnentürmen. Einige Karten enthalten nichtptolemäische Einträge, z.B. sind auf der Karte von Pontos und Bithynien die Prinzeninseln eingezeichnet, und Konstantinopel ist als ummauerte grössere Stadt dargestellt. Auf der Karte der Arabischen Halbinsel (s. Abb. 10) ist die Kaaba als schwarzer Block eingezeichnet; nördlich von Mekka findet sich ein Kuppelbau mit minarettartigem Turm. Ab S. 234 wird der Text wieder einspaltig; es handelt sich hierbei um die zusammenfassende Beschreibung der Oikumene (Geogr. 7,5) sowie die Texte zur Konstruktion der Armillarsphäre (l.c. 7,6f.), letztere allerdings ohne die zugehörigen Konstruktionsskizzen. Der gesamte Text des achten Buches fehlt, allerdings mit Ausnahme der Länderliste von Geogr. 8,29, die (wie in der Handschrift X) ans Ende des siebten Buches gestellt ist.
Abb. 10: Karte der arabischen Halbinsel [Süden ist oben] aus der arabischen Übersetzung der Geographie von 1465 in Ms. Ayasofya 2610 (Süleymanyie Bibliothek Istanbul) S. 198/199.
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F. Mittenhuber / C. S¸engör
5.2 Arabische Tradition
9. Schlussbemerkung Es gibt in der frühen islamischen Kartographie eine ptolemäische Tradition, deren Hauptexponenten die Ma’mÙn-Geographen und KhwÁrizmī waren. Leider sind deren Weltkarten verloren; aus späteren Karten wie denen des Ibn Íawqal oder des Idrīsī lässt sich jedoch ersehen, dass sich ihre Karten nicht vollumfänglich an die ptolemäischen Karten angeschlossen haben. Dies liegt daran, dass die gesamte islamische Kartographie nie das ptolemäische Konzept der Kartenzeichnung übernahm, sondern lediglich gewisse Details oder Regionen (wie z.B. den Nillauf) im wahrsten Sinne des Wortes abzeichnete – insbesondere in den Randregionen der Erde. Für das islamische Reich hingegen waren die BalkhīKarten bestimmend und blieben es auch noch, als das ptolemäische Bild der Erde im Westen längst wieder Fuss gefasst hatte.
355
5.3 Der lateinische Ptolemaios Klaus Geus
1. Lateinische Übersetzung1 Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war in der gebildeten Welt Europas die Kenntnis des Griechischen nur sehr wenig verbreitet. Ptolemaios’ Geographike Hyphege sis war praktisch nur dem Namen nach bekannt. Der italienische Kaufmann und Handschriftensammler Palla Strozzi (1373–1462) gehörte zu den Enthusiasten um König Manuel II., die im Jahre 1397 den byzantinischen Gelehrten Manuel Chrysoloras (ca. 1350–1415)2 dazu bewegen konnten, nach Florenz zu kommen. Zu den griechischen Handschriften, die er nach Italien mitbrachte, gehörte auch ein Codex der ptolemäischen Geographike Hyphegesis.3 Chrysoloras begann um 1400 mit einer wortgetreuen lateinischen Übersetzung (ad verbum).4 Wie weit seine Arbeit gedieh, wissen wir nicht. Zu Ende geführt wurde sie jedoch ca. 1406 von seinem nahezu unbekannten Schüler Jacobus Angelus.5 Dieser, wohl ein apostolischer Schreiber bei der römischen Kurie, widmete das Werk des Ptolemaios unter dem Namen Cosmographia dem Gegenpapst Alexander V., der 1409/10 amtierte.6 Die griechische Textgrundlage bildete dabei wohl eine verlorene Handschrift, auf die der Florentinus Laurentianus 28.9 (Hs. S) und seine Schwesterhandschriften Florentinus Laurentianus 28.38 (B) und 42 (P) zurückgehen.7 Des Jacobus Übersetzung verbreitete sich rasch in ganz Europa und erregte ein grosses Interesse an der Geographie im Allgemeinen und am Werk des Ptolemaios im Besonderen. Mehrere Dutzend Exemplare dieser lateinischen Geographie-Handschriften sind noch heute vorhanden.
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Guter Überblick bei O.A.W. Dilke, Greek and Roman Maps (London 1985) 160–162; vgl. auch O.A.W. Dilke, Latin Interpretations of Ptolemy’s Geographia, in: Alexander Dalzell, Charles Fantazzi, Richard J. Schoeck, (Hrsgg.), Acta conventus Neo-Latini Torontonensis: Proceedings of the Seventh International Congress of Neo-Latin Studies (Medieval & Renaissance Texts & Studies 86, Binghamton, New York 1991) 293–300. Zur Rezeption vgl. jetzt auch Patrick Gautier Dalché a.O. (unten S. 365, Anm.2). Chrysoloras eröffnete 1397 in Florenz die erste Griechischschule im Westen; vgl. zu ihm Emile Legrand, Notice biographique sur Manuel Chrysoloras (Paris 1963). Es handelte sich dabei vielleicht um den berühmten Codex Vaticanus Urbinas Graecus 82. Vgl. unten Anm. 13. Die oft vorgenommene Identifizierung mit Jacopo Angeli da Scarperia ist wahrscheinlich, aber nicht ganz sicher. Vgl. dazu Roberto Weiss, Jacopo Angeli da Scarperia (c. 1360–1410/11), in: Medieval Humanist Greek. Collected Essays (Padova 1977, uspr. 1955) 255–277. Wie aus dem Mailänder Codex Ambrosianus F 148 sup. hervorzugehen scheint, hat Jacobus seine Übersetzung vielleicht bereits 1406 Papst Gregor XII. gewidmet; vgl. Dilke a.O. (oben Anm. 1) 161. Vgl. auch Sebastiano Gentile, Firenze e la scoperta dell’ America. Umanesimo e geographia nel ‘400 Fiorentino (Florenz 1992) 98f. Vgl. Paul Schnabel, Die Entstehungsgeschichte des kartographischen Erdbildes des Klaudius Ptolemaios, in: Sitzungsber. d. preuss. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Klasse 14 (Berlin 1930) 19–20, 36; Erich Polaschek, Klaudios Ptolemaios in: RE Suppl. 10 (1965) 752; ablehnend Dilke a.O. (oben Anm. 1) 161.
K. Geus
5.3 Lateinischer Ptolemaios
Die häufig zu lesende Behauptung, dass Jacobus’ Widmungsexemplar noch ohne Kartenbeilage war,8 ist keineswegs gesichert. Sicher ist allerdings, dass es bereits vor der berühmten Abschrift des Jahres 1427,9 die Guillaume Fillastre (1348–1428) in Auftrag gab und an der der Mathematiker und Kartograph Claudius Clavus mitwirkte, Ptolemaios-Karten im Westen gab. Denn schon um das Jahr 1415 zeichneten die Florentiner Gelehrten Francesco di Lapacino und Domenico di Lionardo Boninsegni griechische Karten für griechische Kopien und lateinische für Abschriften des Jacobus.10 In seiner Einleitung, in der er vor allem Ptolemaios wegen der Einführung des Systems der Längen- und Breitengrade lobt, begründet Jacobus auch unter Berufung auf Plinius und andere seine – letztlich unglückliche – Wahl für den lateinischen Titel Cosmographia (erst Ende des 15. Jahrhunderts sollte sich die bereits von Chrysoloras gewünschte Bezeichnung Geographia durchsetzen): «Damit das, was von jenem geradezu gottbegnadeten Geist [Ptolemaios] zur Vollendung gebracht worden ist, auch unseren Zeitgenossen zur Verfügung steht, habe ich mich bemüht, es in die lateinische Sprache zu übersetzen – ein, wie Mela11 über sein eigenes sagt, «wirklich kompliziertes und für eine elegante Darstellung völlig ungeeignetes Werk» … Im Übrigen bezeichnet dieser unser Autor sein ganzes Werk auf Griechisch mit Geographie, d.h. ‘Erdbeschreibung’, – eine Bezeichnung, welche der gebildetste Mann unseres Jahrhunderts, Manuel [Chrysoloras] aus Konstantinopel, der vortrefflichste Griechischlehrer in unserem Jahrhundert bei uns,12 während er es, soweit es möglich war, wörtlich in die lateinische Sprache zu übersetzen begann, nicht geändert hat. Aber wir haben es in Cosmographia geändert, weil das Wort, selbst wenn es griechisch ist, auch bei den Lateinern so gebräuchlich ist, dass es für ein lateinisches Wort gehalten wird, und weil wir glauben, dass dieser Mann [Manuel], wenn er das, was er übersetzt hat, überarbeitet hätte, letzt lich die Bezeichnung in Cosmographia geändert hätte. Denn wenn Plinius und die übrigen lateinischen Schriftsteller, welche die Lage der Erde beschrieben haben, ihr Werk Cosmographia nennen und die Autoren selbst Cosmographen heissen, weiss ich nicht, warum nicht auch das Werk des Ptolemaios, der doch dasselbe Thema behandelt, bei uns mit demselben Wort bezeichnet werden sollte. Wenn man aber den Ptolemaios selbst, wie wir oben gesagt haben, von unseren Cosmographen abheben möchte, dann stimmt man umso mehr mit uns überein, als im Begriff Cosmographia etwas mehr enthalten ist als nur
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Zu den Karten in den lateinischen Handschriften ausführlich oben Kap. 1.4, Abschnitte 1.2.1 Lateinische Kartenhandschriften und 2.4 Das Erscheinungsbild der Karten in den lateinischen Handschriften. Cod. Nanceianus Latinus 441; vgl. dazu oben Kap. 1.4, Anm. 28. Ihre lateinischen Karten sind im Vaticanus Latinus 5698 erhalten; vgl. Paul Dinse, Die hand schriftlichen Ptolemäuskarten und ihre Entwicklung im Zeitalter der Renaissance, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 30 (1913) 398. – Zu Jacobus vgl. Gentile a.O. (oben Anm. 6) 83f. Der römische Geograph Pomponius Mela nennt sein Werk in seiner Einleitung ein impeditum opus et facundiae minime capax / «Eine hindernisreiche und für eine elegante Darstellung ungeeignete Arbeit». (l.c. 1,1; übers. K. Brodersen). Vgl. dazu oben Anm. 2.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
die Erde selbst, die der Geographie ihren Namen verliehen hat: Der Kosmos bezeichnet nämlich klar auf Griechisch, der Mundus (die Welt) auf Lateinisch die Erde und den Himmel dazu, der durch das gesamte Werk hindurch gleich sam als Fundament der Sache herangezogen wird. Was also die Griechen in allen Werken der Cosmographen Geographia nennen, scheint uns gerade in diesem Werk nach dem Beispiel der Unseren korrekter als Cosmographia bezeichnet zu werden. Doch nun genug davon. Alsbald wollen wir den Ptolemaios selbst lateinisch sprechen hören.»13 Die lateinische Übersetzung des Jacobus Angelus wurde auch in den folgenden lateinischen Ausgaben verwendet.14 Sogar der früheste Druck von Ptolemaios’ Geographike Hyphegesis, herausgegeben von Angelus Vadius und Barnabas Picardus am 13. November 1475 in Vicenza, benutzte seine lateinische Übersetzung. Der Wert von Jacobus’ Übersetzung ist sehr unterschiedlich eingeschätzt worden. Während viele Jacobus’ Gelehrtheit und Eifer loben, äusserten Paolo dal Pozzo Toscanelli, Conrad Gesner und Willibald Pirckheimer harsche Kritik. Pirckheimer schrieb in seiner Strassburger Ausgabe von 1525: Licet graeca ali quantulum calluisse videri possit, tamen mathematicas ita ignoravit, ut plerumque nec semetipsum intellexerit./ «Mag er sich auch ein klein wenig auf das Griechische verstanden haben, hat er doch die mathematischen Dinge so sehr verkannt, dass er meistens nicht einmal sich selbst verstanden hat.» Dieser Vorwurf ist nicht ganz unberechtigt. Die Kritik an Jacobus’ Übersetzung führte dazu, dass sie für den Druck der Ptolemaios-Ausgaben15 der Jahre 1482 und 1486 (von Nicolaus Germanus),16
Ut autem ea, quae ab illo absoluta divino quodam ingenio sunt, cum nostris etiam habeantur, in latinum ipsa curavi transferre sermonem, opus nempe impeditum et simul, ut de suo inquit Mela, eloquentiae minime capax. … Ceterum Geographiam, hoc est terrae descriptionem, auctor hic noster hoc omne opus graece nuncupat, quam appellationem vir saeculi nostri erudentissimus Manuel Constantinopolitanus suavissimus literarum graecarum nostri saeculi apud nos prae ceptor, dum in latinum eloquium id transferre ad verbum licet pariter incipit, non mutavit. Sed nos in Cosmographiam id vertimus, quod vocabulum licet etiam graecum sit, tamen apud lati nos ita usitatum est, ut iam pro nostro habeatur, credamusque virum eum, si id quod transtulit emendasset, omnino illud in Cosmographiam mutaturum fuisse. Nam si Plinius ceterique latini, qui terrae situm descripserunt, opus suum Cosmographiam appellant et auctores ipsi Cosmogra phi dicuntur, nescio cur Ptolemaei opus, qui idem tractat, eodem vocabulo apud nos appellari non debeat. Si vero velint Ptolemaeum ipsum ut diximus longe a nostris differe Cosmographis … tum magis nobiscum sentiunt, cum in Cosmographiae vocabulo plus quiddam quam ipsa notetur terra, quae geographiae nomen tribuit. Cosmos enim graece, mundus latine, qui terram coelumque ipsum, quod per totum hoc opus tanquam rei fundamentum adducitur, plane signi ficat. Quod ergo geographiam dicunt graeci in omnibus Cosmographorum operibus, exemplo nostrorum hoc maxime in opere Cosmographiam visum est propius dici. Sed de his satis. Iam iam Ptolemaeum ipsum latinum loquentem audiamus (zitiert nach der Editio princeps, Vicenza 1475, Praef. 2). 14 Auch die metrische Paraphrase des Francesco Berlinghieri, die in den Florentiner Drucken der Geographie von 1482 Anwendung fand, geht auf die Übersetzung des Jacobus zurück. 15 Zu den frühen gedruckten Ptolemaios-Ausgaben vgl. unten Kap. 5.4 sowie Kap. 5.5 PtolemaiosRezeption in der Kartographiegeschichte. 16 Vgl. dazu Józef Babicz, Donnus Nicolaus Germanus – Probleme seiner Biographie und sein Platz in der Rezeption der ptolemäischen Geographie, in: Cornelis Koeman (Hrsg.), Land- und 13
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K. Geus
5.3 Lateinischer Ptolemaios
1507, 1508 (von Marcus Beneventanus und Joannes Cota), 1511 (von Benardus Sylvanus), 1513 (von Giovanni Pico della Mirandula)17 und 1522 (von Laurentius Fries) überarbeitet wurde, bevor Willibald Pirckheimers lateinische Übersetzung (1525; mit Regiomontanus’ Anmerkungen)18 massgeblich wurde. Schon vorher waren den Ptolemaios-Ausgaben tabulae modernae beigegeben, die den Zuwachs an geographischen Informationen dieser Zeit dokumentieren.19 1605 erschien in Amsterdam die erste Edition mit parallelem griechischem und lateinischem Text (herausgegeben von Petrus Montanus).
2. Die lateinischen Geographie-Handschriften Für die Textkonstitution der Geographike Hyphegesis sind die lateinischen Handschriften von geringem Wert; sie bieten aber in einigen Punkten interessante, für die geographischen Kenntnisse des 15. Jahrhunderts aufschlussreiche Informationen.20 Der erste ernsthafte Versuch, sämtliche – griechischen und lateinischen – Handschriften zusammenzustellen, stammt von Georgius Martinus Raidelius aus dem Jahre 1737.21 Aufgrund der Tatsache, dass der Zahn der Zeit an einigen Handschriften genagt hat, besitzt sie immer noch einen gewissen Wert. Über die lateinischen Ptolemaios-Handschriften der Geographike Hyphegesis gibt am ausführlichsten Joseph Fischer (1932) Auskunft; sein Werk ist nach wie vor ein Eckpfeiler der Ptolemaios-Forschung.22 Eine neuere Aufstellung mit insgesamt 86 lateinischen Handschriften hat Douglas W. Marshall vorgelegt, welche die weite Verbreitung von Jacobus’ Übersetzung zeigen.23 Nützlich wegen ihrer Übersichtlichkeit ist ausserdem die Zusammenstellung von Józef Babicz.24
Seekarten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit (Wolfenbütteler Forschungen 7, München 1980) 9–42. 17 Aubrey Diller, De Ptolemaei Geographiae codicibus editionibusque, in: Claudii Ptolemaei Geo graphia, ed. C.F.A. Nobbe (Nachdruck Hildesheim 1966) X. 18 Bereits im Jahr 1472 hatte Regiomontanus angekündigt, in seiner eigenen Druckerei eine neue Übersetzung von Ptolemaios’ Cosmographia drucken zu wollen; vgl. Leo Bagrow, The maps of Regiomontanus, in: Imago Mundi 4 (1948) 31f. 19 Dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 1.2.1. 20 Vgl. z.B. Polaschek, Ptolemaios a.O. (oben Anm. 7) 752f. 21 Georgius Martinus Raidelius, Commentatio critico-literaria de Claudii Ptolemaei geographia eiusque codicibus tam manuscriptis quam typis expressis conscripta (Nürnberg 1737). 22 Joseph Fischer, Claudii Ptolemaei Geographiae Codex Urbinas Graecus 82: Tomus prodromus, Pars I, De Claudii Ptolemaei vita operibus Geographia praesertim eiusque fatis (Rom 1932): zu den lateinischen Handschriften bes. 213–219, 290–415. 23 Douglas W. Marshall, A List of Manuscript Editions of Ptolemy’s Geographia, in: Geography and Map Division. Bulletin 87 (New York 1972) 17–38. 24 Józef Babicz, Ptolemäus, in: Lexikon zur Geschichte der Kartographie: Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg. Bd. 2, Die Kartographie und ihre Randgebiete: Enzyklopädie; C/2 (Wien 1986) 644–51. Vgl. auch Germaine Aujac, Les manuscrits de la géographie de Ptolémée au XVe siècle, in: Bulletin du Comité Français de Cartographie 159 (1999) 26–34.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Übersicht über die lateinischen Handschriften (nach Standort geordnet, mit Hinweis auf die Listen bei Fischer und Marshall); wo nicht anders vermerkt, sind die Handschriften kartenlos. 1. Brüssel Bibliothèque Royal 7350 (14887); 1485; 108 Blätter, mit Karten nach den Druck ausgaben von 1478 und 1482 Fischer L24c; Marshall 1. 2. Brüssel Bibliothèque Royal 3047 (3941–42); 15. Jh.; 109 Blätter Marshall 2. 3. Budapest Scient. Universitatis 192 Katanchich Commentarius in Geographiam Ptolemaei Marshall 3. 4. Cambridge Harvard College, Department of Printing and Graphic Arts; ca. 1410; 232 Blätter Marshall 6. 5. Chicago The Newberry Library, Ayer Collection Ptolemy 1; 15. Jh.; 156 Blätter Marshall 7. 6. Chicago The Newberry Library, Ayer Collection Ptolemy 3; 15. Jh.; 173 Blätter Marshall 8. 7. Chicago The Newberry Library, Ayer Collection, Codex Newberriensis Latinus; ca. 1510; (ausschliesslich) 26 Karten Fischer L24f; Marshall 10. 8. Chicago The Newberry Library, Detterer Collection; 1 Blatt Marshall 11. 9. Fano Biblioteca Comunale Federiciana 161 e. Marshall 12. 10. Florenz Biblioteca Laurenziana, Fondo Ashburnham 1021 (952); 15. Jh.; 195 Blätter Marshall 13.
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11. Florenz Biblioteca Laurenziana, lat. Plut. XXX, 2; 15. Jh.; 117 Blätter, 27 Karten Fischer L37; Marshall 14. 12. Florenz Biblioteca Laurenziana, Atlas Florentinus Laurentianus Aedilium lat. 175; Anf. 15. Jh.; 26 Karten Fischer L3; Marshall 15. 13. Florenz Biblioteca Laurenziana, lat. Plut. XXX, 3; nach 1466; 134 Blätter, 30 Karten (davon 3 moderne) von Nicolaus Germanus (2. Redaktion) Fischer L20; Marshall 16. 14. Florenz Biblioteca Laurenziana, lat. Plut. XXX, 1; nach 1480; 117 Blätter, 31 Karten (davon 4 moderne) Fischer L34; Marshall 17. 15. Florenz Biblioteca Laurenziana, lat. Plut. XXX, 4; nach 1468; 123 Blätter, 32 Karten (davon 5 moderne) von Nicolaus Germanus (3. Redaktion) Fischer L25; Marshall 18. 16. Florenz Biblioteca Nazionale Centrale, Conventi Soppressi J I 17 (187); 15. Jh. Marshall 24. 17. Florenz Biblioteca Nazionale Centrale, Fondo Magliabechiano XIII, 16; um 1490; 158 Blätter, 39 Karten (davon 12 moderne) von Henricus Martellus Germanus Fischer L35; Marshall 25. 18. Florenz Biblioteca Riccardiana 3042 (for. 3198); 15. Jh. Marshall 26.
K. Geus
19. Istanbul Codex Constantinopolitanus Seragliensis Latinus 44; 98 Blätter Fischer L39; Marshall 30. 20. Leiden Rijksuniversitat Bibliotheck, Perizioniani Q 49 III, Fol. 69. F 9–46; 1618 Marshall 32. 21. London British Museum, Codex Harleianus Latinus 3290 (1); 1448 Marshall 34. 22. London British Museum, Codex Harleianus Latinus 3686; ca. 1450; 18 Karten Marshall 35. 23. London British Museum, Codex Harleianus Latinus 6855 (9) Marshall 36. 24. London British Museum, Codex Harleianus Latinus 7182; 15. Jh.; 107 Blätter, 27 Karten Fischer L11; Marshall 37. 25. London British Museum, Codex Harleianus Latinus 7195; 15. Jh.; 105 Blätter, 27 Karten Fischer L10; Marshall 38. 26. Lyon Bibliothèque de Lyon 103; 200 S. Marshall 40. 27. Mailand Biblioteca Ambrosiana, Codex Mediolanensis Ambrosianus B52 inf.; 15. Jh.; 27 Karten Fischer L7; Marshall 41. 28. Mailand Biblioteca Ambrosiana F 148 sup.; 15. Jh. Marshall 42. 29. Mailand Biblioteca Mediolanensium, Cardanus Hieronymus CXLVII Marshall 45.
5.3 Lateinischer Ptolemaios
30. Mailand Biblioteca Nazionale Braidense 26; nach 1480; 198 Blätter, 31 Karten (davon 4 moderne) von Francesco Berlinghieri Fischer L31; Marshall 46. 31. Modena Biblioteca Estense, Codex Estensis Latinus 463 (Alpha X 1, 3); 1466; 128 Blätter, 27 Karten von Nicolaus Germanus (1. Redaktion) Fischer L18; Marshall 47. 32. Modena Biblioteca Estense, Codex Estensis Latinus 647 (Alpha M 8, 1) Marshall 48. 33. München Bayerische Staatsbibliothek 3595 Ab fol. 1 Introductio in Ptolemaei Cosmographiam cum Longitudinibus et Latitudinibus Regionum et Ciuitatum Celebriorum Marshall 52. 34. München Bayerische Staatsbibliothek 10691 S. 207–233; Anf. 16. Jh. Tabulae Secundum Ptolemaeum: 10 Europae, 4 Africae, 11 Asiae; handschriftliches Kolle gienbuch von Sebastian Münster (1515–1518) Fischer L24a; Marshall 53. 35. München Bayerische Staatsbibliothek 29; 1482; 14 Blätter, 12 Karten, nach den Druckausgaben von 1478 und 1482 Fischer L24d; Marshall 54. 36. München Bayerische Staatsbibliothek 388; auf fol. 182 Weltkarte in Germanus-Tradition, nach den Druckausgaben von 1478 und 1482 Fischer L24e; Marshall 55. 37. Nancy Municipale 441 (Codex Nanceianus Latinus 441; olim 354); 1427; 215 Blätter, 27 Karten Fischer L2; Marshall 56 (fälschlich 411). 38. Neapel Biblioteca Governativa dei Gerolamini 37 (IX, 11); 15. Jh.; Verlust Marshall 57.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
39. Neapel Biblioteca Nazionale, Fondo Principale V E 18; 15. Jh.; 193 Blätter Marshall 58. 40. Neapel Biblioteca Nazionale, Fondo Principale, Codex Neapolitanus Bibl. Naz. VF 32; 1466; 119 Blätter, 27 Karten von Nicolaus Germanus (1. Redaktion), Vorlage für die Druckausgabe von Bologna 1477 Fischer L15; Marshall 59. 41. Neapel Biblioteca Nazionale, Fondo Principale, Codex Neapolitanus Bibl. Naz. VF 33; 15. Jh.; 129 Blätter; 47 Karten Fischer L5; Marshall 60. 42. Neapel Biblioteca Oratoriana, Codex Neapolitanus Oratorianus Latinus Pil. IX, n. 2; 15. Jh.; 106 Blätter, 27 Karten Fischer L6; Marshall 61. 43. New York Public Library, Lenox Collection (Codex Ebnerianus Latinus); ca. 1460; 102 Blätter, 27 Karten von Nicolaus Germanus (1. Redaktion), Vorlage für die Druckausgabe von Rom 1478 Fischer L16; Marshall 62. 44. Oxford Magdalen College XXXVII (4) Marshall 66. 45. Paris Bibliothèque Nationale, Codex Parisinus Latinus 4801; Mitte 15. Jh.; 128 Blätter, 28 Karten Fischer L4; Marshall 80. 46. Paris Bibliothèque Nationale, Codex Parisinus Latinus 4802; nach 1470; 136 Blätter, 44 Karten (davon 27 ptolemäische, 7 moderne und 10 Stadtpläne) des Pietro del Massaio Fischer L29; Marshall 81. 47. Paris Bibliothèque Nationale, Codex Parisinus Latinus 4803; 15. Jh.; 105 Blätter, 27 Karten Fischer L8; Marshall 82.
362
48. Paris Bibliothèque Nationale, Codex Parisinus Latinus 4804; 1485; 160 Blätter, 31 Karten (davon 4 moderne) Fischer L9; Marshall 83. 49. Paris Bibliothèque Nationale, Codex Parisinus Latinus 4805; nach 1466; 130 Blätter, 27 Karten von Nicolaus Germanus (1. Redaktion) Fischer L19; Marshall 84. 50. Paris Bibliothèque Nationale, Codex Parisinus Latinus 8834; nach 1480; 110 Blätter, 26 Karten (Karte von Gross-Germanien fehlt) Fischer L33; Marshall 85. 51. Paris Bibliothèque Nationale, Codex Parisinus Latinus 10764; 1490; 294 Blätter, 27 Karten nach Nicolaus Germanus (1. Redaktion) Fischer L16a; Marshall 86. 52. Paris Bibliothèque Nationale, Codex Parisinus Latinus 15184; 15. Jh.; 89 Blätter, 27 Karten Fischer L12; Marshall 87. 53. Paris Bibliothèque Nationale 17542 Bezug auf Ptolemaios. Vgl. Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, Fondo Vaticano Latino 5698 Fischer (1932) S. 301; Marshall 88. 54. Parma Biblioteca Palatina, Fondo Parmensa 1635; nach 1466; 53 Blätter, (ausschliesslich) 27 Karten nach Nicolaus Germanus (1. Redaktion) Fischer L18a; Marshall 89. 55. Parma Biblioteca Palatina, Fondo Parmensa Da c. 1. a205.c; 16. Jh. Marshall 90. 56. Providence John Carter Brown Library, Codex Wilczekianus Latinus; (ausschliesslich) 13 Farbkarten (Asien-Karten fehlen) Fischer L40; Marshall 91; Dilke (oben Anm. 1)
K. Geus
57. Rom Biblioteca Casanatense 1330 (D III 24); 1460 Marshall 92. 58. St. Gallen a) Stiftsbibliothek St. Gallen, Inc. 998, b) Kantonsbibliothek Vadiana St. Gallen, Ms S 65 m. Zwei Sätze von handgezeichneten 26 Länderkarten, die als Anhänge den von Vadian (Joachim von Watt) edierten Ausgaben von Pomponius Mela von Wien 1518 (= a) und Basel 1522 (=b) beigegeben sind. Fischer L24b; Marshall 93. 59. St. Petersburg Bibliothek des Zaren, Codex St. Petersburgensis Latinus Bibl. Milit. 53 n. 26843 ; 15. Jh.; Karten Fischer L14; Marshall 94. 60. San Lorenzo del Escorial (Madrid) Escurial e. y. 1; 15. Jh.; 89 Blätter, 27 Karten Fischer L38; Marshall 97. 61. San Marino (Kalifornien, USA) Cod. Wilton-Huntingtonianus HM 1092; ca. 1480; 54 Blätter, (ausschliesslich) 27 Karten Fischer L30; Marshall 98. 62. Turin Biblioteca Nazionale, Codex CDXCIII. K. III, 30 Marshall 99. 63. Valencia Universidad Biblioteca, Codex Valentianus Latinus Bibl. Universitatis 1895; vor 1458; 146 Blätter, 27 Karten von Nicolaus Germanus (1. Redaktion) Fischer L17; Marshall 100. 64. Vatikan Archivo Capitolare Vaticano H. 32; 15. Jh. Marshall 101. 65. Vatikan Biblioteca Apostolica Vaticana, Fondo Vaticano Latino 2974; 1409 (einer der ältesten Textzeugen der Übersetzung von Jacopo Angelo) Marshall 110.
5.3 Lateinischer Ptolemaios
66. Vatikan Biblioteca Apostolica Vaticana, Fondo Vaticano Latino 7289; 1480; 77 Blätter, 27 Karten Fischer L36; Marshall 111. 67. Vatikan Biblioteca Apostolica Vaticana, Fondo Vaticano Latino 3810 Marshall 112. 68. Vatikan Biblioteca Apostolica Vaticana, Fondo Vaticano Latino 3811; nach 1468; 66 Blätter (ausschliesslich) 32 Karten (davon 5 moderne) von Nicolaus Germanus (3. Redaktion) Fischer L26; Marshall 113. 69. Vatikan Biblioteca Apostolica Vaticana, Fondo Vaticano Latino 5698; frühes 15. Jh.; 29 Blätter, (ausschliesslich) 27 Karten (zum Text vgl. Nr. 53) Fischer L1; Marshall 114. 70. Vatikan Biblioteca Apostolica Vaticana, Fondo Vaticano Latino 5699; 1469; 130 Blätter, 43 Karten (davon 7 moderne, 9 Stadtpläne) des Pietro del Massaio Fischer L27; Marshall 115. 71. Vatikan Biblioteca Vaticana, Fondo Ottoboniano 1771; 1411 (einer der ältesten Textzeugen der Übersetzung von Jacopo Angelo) Marshall 119. 72. Vatikan Biblioteca Vaticana, Fondo Ottoboniano 1837; 15. Jh. Marshall 120. 73. Vatikan Biblioteca Vaticana, Fondo Urbinates 274; nach 1467; 129 Blätter, 31 Karten (davon 4 moderne) von Nicolaus Germanus (2. Redaktion) Fischer L22; Marshall 121. 74. Vatikan Biblioteca Vaticana, Fondo Urbinates 275; nach 1467; 129 Blätter, 30 Karten (davon 3 moderne) von Nicolaus Germanus
363
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
(2. Redaktion) Fischer L23; Marshall 122. 75. Vatikan Biblioteca Vaticana, Fondo Urbinates 277; 1472; 134 Blätter, 44 Karten (davon 7 moderne und 10 Stadtpläne) des Pietro del Massaio Fischer L28; Marshall 123. 76. Vatikan Biblioteca Vaticana, Fondo Urbinates 273; 1482; 129 Blätter, 31 Karten (davon 4 moderne) des Francesco Berlinghieri Fischer L32; Marshall 124.
81. Wien Österreichische Nationalbibliothek 3162,1 Marshall 133. 82. Wien Österreichische Nationalbibliothek 3210 Marshall 134. 83. Wien Österreichische Nationalbibliothek 5266,13 Marshall 137. 84. Wien Österreichische Nationalbibliothek 5277,21 Marshall 138.
78. Venedig Biblioteca Marciana X 229 (3702); 15. Jh. Marshall 132.
85. Württemberg Schloss Wolfegg, Cod. Wolfeggianus 9818; 1468; 166 Blätter, 32 Karten (davon 5 moderne) von Nicolaus Germanus (3. Redaktion); Vorlage für die Ulmer Druckausgabe von 1482 Fischer L24; Marshall 141.
79. Warschau Zamoiskische Majoratsbibliothek; 1467; 140 Blätter, 30 Karten (davon 3 moderne) von Nicolaus Germanus (2. Redaktion) Fischer L21; Marshall 140.
86. Zeitz Stiftsbibliothek, Codex Zeitzianus Latinus 497 [neu: Ms. chart. 105]; 1470; 50 Blätter, 30 Karten (davon 3 moderne) Fischer L13; Marshall 143.
77. Venedig Biblioteca Marciana X 25 (3128); 15. Jh. Marshall 131.
80. Washington Library of Congress; ca. 1470; 1 Blatt Marshall 142.
364
5.4 Die Drucke der Geographie des Ptolemaios in der Inkunabel- und Frühdruckzeit (1475–1533) Doris Oltrogge
Das rege Interesse an der Geographie des Ptolemaios manifestiert sich – abgesehen von den vielen oben angeführten Renaissance-Handschriften1 – in den zahlreichen Druckausgaben, die – kaum war die Buchdruckerkunst erfunden – Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts in dichter Folge erschienen.2 Der dabei geleistete Aufwand der Herausgeber, welche den Text zu redigieren hatten, die Kunstfertigkeit der Kupferstecher oder Holzschnitzer, welche die grossformatigen Platten der Karten herstellten, und der Mut der tüchtigen Drucker, welche die fremdsprachigen Texte von Hand zu setzen hatten, können nicht hoch genug geschätzt werden. Dabei stand zunächst nicht das Interesse am historischen Werk des Ptolemaios im Vordergrund, sondern vielmehr das rege Verlangen nach Erweiterung der damals noch recht beschränkten geographischen Kenntnisse. Erleichtert wurde dieser Prozess der weitverbreiteten Drucklegung durch den Umstand, dass noch keine Copyright-Bestimmungen existierten und daher an den verschiedensten Orten zahlreiche Nachdrucke angefertigt wurden, die man heute als Raubkopien bezeichnen würde. In der Regel handelt es sich um die lateinische Übersetzung des Jacopo Angelo unter dem Titel Cosmogra phia, die dann zu Beginn des 16. Jahrhunderts Matthias Ringmann und Willibald Pirckheimer erneuerten und wieder mit dem ursprünglichen Titel Geographia bzw. Geographica enarratio überschrieben. Mit den folgereichen Entdeckungsfahrten des Kolumbus, des Vasco da Gama, des Magellan u.a. um die Jahrhundertwende vom 15. zum 16. Jahrhundert ändert sich die Situation tiefgreifend: Die neuen geographischen Kenntnisse liessen die antiken Vorstellungen obsolet werden, der Geographie des Ptolemaios kam allmählich nur noch historischer Wert zu. Als 1533 die von Erasmus von Rotterdam besorgte Editio princeps des griechischen Textes erschien, war das ptolemäische Weltbild bereits überholt.3 Im Folgenden sollen die frühen Geographie-Ausgaben des Ptolemaios aufgelistet werden, angefangen von der noch kartenlosen Editio princeps des lateinischen Textes von 1475 bis zur (ebenfalls kartenlosen) Editio princeps des griechischen Textes von 1533. Dabei zeigt sich, dass sich das Schwergewicht der Verlegertätigkeit von Italien allmählich in den deutschen Sprachraum ver
1 2
3
Zu den lateinischen Hss. vgl. oben Kap. 5.3. Grundlegend dazu P. Gautier Dalché, The reception of Ptolemy’s Geography (End of the four teenth to beginning of the sixteenth century), in: D. Woodward, History of Cartography. Bd. 3,1: Cartography in the European Renaissance (Chicago & London 2007) 285–364; ferner Angela Codazzi, Le edizioni quattrocentesche e cinquecentesche della ‘Geografia’ di Tolomeo, in: La Goliardica Edizioni Universitarie (Milano 1950); Henry Newton Stevens, Ptolemy’s Geogra phy: A Brief Account of All the Printed Editions Down to 1730 (Nachdruck Amsterdam 1972). Vgl. dazu unten Kap. 5.5 Ptolemaios-Rezeption in der Kartographiegeschichte.
365
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
schiebt, wo sich zahlreiche bedeutende Humanisten für das Werk engagieren. Im französischen Sprachraum hingegen sind in diesem Zeitraum nur wenige Ausgaben zu verzeichnen, und die beiden grossen Entdeckernationen, Spanien und Portugal, sind seltsamerweise in diesem Bereich gänzlich absent. Die Inkunabel-Repertorien sind angegeben nach: – GW: Gesamtkatalog der Wiegendrucke. Herausgegeben von der Deutschen Staatsbibliothek (bis 1991) bzw. von der Staatsbibliothek zu Berlin (seit 1991). Leipzig/Stuttgart 1925ff. Bisher erschienen 10 Bände sowie die 1. Lieferung von Band 11. Der Buchstabe «P» des nach Autoren alphabetisch geordneten Katalogs ist noch nicht bearbeitet. Die Werke des Ptolemäus sind nur über die Online-Version des GW zu recherchieren: www.gesamtkatalogderwiegendrucke.de – INKA: Inkunabelkatalog Deutscher Bibliotheken: www.inka.uni-tuebingen.de – H: Ludwig Hain: Repertorium bibliographicum, in quo libri omnes ab arte typographica inventa usque ad annum MD typis expressi ordine alphabetico vel similiter enumerantur vel adcuratius recensentur. Vol. 1,1f.; 2,1f. (Stuttgardiae/Lutetiae Parisiorum 1826–1838; Neudruck Milano 1948). Die von den Setzern der frühen Drucke recht uneinheitlich gehandhabte lateinische Orthographie (Vertauschung von e/ae, v/u, i/j, Gross- und Kleinschreibung u.a.) ist zum besseren Verständnis der konventionellen Schreibweise angepasst worden.
Vicenza 1475 Titel: [Ptolemaeus: Cosmographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia4 Hrsg.: Angelus Vadius, Barnabas Picardus Impressum: Vicenza: Hermann Liechtenstein,5 13. 9. 1475 Format, Umfang: 2°, 143 Bll., einspaltig, 39 Zeilen Ausstattung: ohne Karten Texte: – fol. 2v: Vorrede des Jacopo Angelo mit Widmung an Papst Alexander V.: BEATISSIMO PATRI ALEXANDRO QVINTO PONT. MAX. ANGELVS … – fol. 3r: Kapitelverzeichnis: CLAVDII PTOLEMAEI COSMOGRAPHIAE LIBRI PRIMI CAPITA …
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5
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Jacopo Angelo / Jacobus Angelus aus Scarperia bei Florenz (um 1360–1410/11 Rom), Studien in Florenz und in Konstantinopel (bei Manuel Chrysoloras), seit 1400 scriptor apostolicus u. päpstl. Sekretär; vollendete um 1406 die von Chrysoloras begonnene lat. Übersetzung des Ptolemaios, vgl. S. 356ff. und 454f. Hermann Lichtenstein / Liechtenstein / de Levi Lapide († Venedig 1494), aus Köln, 1475–80 Lohndrucker in Vicenza, dann in Treviso und seit Anfang der 1480er Jahre Drucker in Venedig; zunächst überwiegend humanistische Ducke, später theologische, historische und enzyklopädische Literatur. Die Cosmographia ist der erste bekannte Druck Liechtensteins [S. Corsten, LGB2 4, 533f.].
D. Oltrogge
5.4 Frühe Drucke
– fol. 3v: Beginn der Geographie: CLAVDII PTOLOMAEI COSMOGRA PHIAE LIBER PRIMVS …
– fol. 143v: des.: Cl. Ptolemaei Alexandrini Cosmographiae octavi et ultimi libri finis. Angelus Vadius & Barnabas Piccardus vicintinus lectori Sal. … En tibi lector Cosmographia Ptolomæi ab Hermano Leuilapide Coloniensi Vicentiæ accuratissime impressa. Benedicto Trivisano: & Angelo Michaele præsidibus. M.CCCC.LXX V, IDI. SEPT.
Bibliographie: GW M36388, HC 13536. BSB-Ink P-856. BMC VII 1035. CIBN P-681. Klebs 812,1. Sander 5973. CBB 3281. Ce³ [Goff] P-1081. IBP 4623. IGI 8180. Pell 9663. VB 4586. Pr 7139. IB 31752. Raffel: Weimar 407. Sack: Freiburg 2985. ISTC ip01081000; Pol. 3281.
Bologna 1477 Titel: [Ptolemaeus: Cosmographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia6 Korr.: Hieronymus Manfredus, Petrus Bonus Advogarius, Galeottus Martius, Cola Montanus, Philippus Beroaldus7 Impressum: Bologna: Dominicus de Lapis,8 23. 6. 1462 [1477]9 für die Sozietät Philippus de Baldovinis, Johannes de Accursiis, Taddeo Crivelli, Dominicus und Ludovicus Rugerius Format, Umfang: 2°, 112 Bll., davon Textteil 60 Bll., Kartenteil 52 Bll., zweispaltig, 57 Zeilen Ausstattung: 26 Kupferstichkarten, nach Entwurf von Taddeo Crivelli(?)10 Texte / Karten: – fol. 1r: Vorrede des Jacopo Angelo mit Widmung an Papst Alexander V.: BEATISSIMO PATRI ALEXANDRO QVINTO PONT. MAX. ANGELVS …
S.o. Anm. 4. Philippus Beroaldus / Filippo Beroaldo (d.Ä.; Bologna 1453–1505), Studium in Parma und Paris, seit 1479 Prof. der Rhetorik und Poesie in Bologna, Kommentator zahlreicher lat. Autoren, z.B. Caesar, Cicero, Servius und Vegetius [R. Düchting, LdMA 1, 2014]. 8 Dominicus de Lapis / Domenico de’ Lapi (1470 als Miniator genannt, danach als Buchhändler, Verleger und Drucker bezeugt, 1476–81 sind 10 von ihm gedruckte Werke bekannt [G. Montecchi, P. Amelung, LGB2 4, 406]. 9 Falsches Druckdatum 1462. 10 Taddeo Crivelli, Miniatur- und Tafelmaler, 1452–76 in Ferrara nachweisbar, danach offenbar in Bologna tätig und 1476–80 mehrfach genannt [L. Baer, Thieme–Becker 7/8, 134–136]. Er war mehrfach für Borso d’Este tätig. Gesichert seine finanzielle Beteiligung an einer Verlagsgesellschaft mit dem Buchhändler Giovanni degli Accursi und den Druckern Ludovico und Domenico de’ Ruggeri bei der Herausgabe des Ptolemaeus. Ob er allerdings die Vorlagen für die Kupferstichkarten entwarf, ist ungesichert. Vgl. L. Sighinolfi, I mappamondi di Taddeo Cri velli e la stampa bolognese della Cosmografia di Tolomeo, in: La Bibliofilia 10 (1908/9) 241–269; A. M. Hind, Early Italian Engraving. P. 1,1. (New York/London 1938) 289f. u. 292f.; Dizionario biografico degli Italiani 31 (Roma 1985) 159; sowie zuletzt Federica Toniolo, Taddeo Crivelli, in: La miniatura a Ferrara dal tempo di Cosmè Tura all’eredità di Ercole de’ Roberti (Ferrara 1998) 163–165, bes. 165. 6 7
367
Kap. 5 Wirkungsgeschichte
– fol. 1v: Kapitelverzeichnis: CLAVDII PTOLEMAEI COSMOGRAPHIAE LIBRI PRIMI CAPITA …
– fol. 1v: Beginn der Geographie – fol. 59r11 des.: CLAVDII PTOLEMAEI ALEXANDRINI COSMOGRA PHIAE OCTAVI ET VLTIMI LIBRI FINIS || Hic finit Cosmographia Ptolemaei impressa op(er)a Dominici de Lapis civis Bononie(n)sis ANNO M.CCCC.LXII. MENSE IVNII. XXIII. BONONIAE
– fol. 59v: Register – fol. 60: Kartenteil – fol. 112r: Tabulas Cosmographiae secundum dimensiones Ptolomaei impressas tibi quisquis es Nobilium operum studiose … (fol. 112v) TABVLAE PICTVR SEV FIGVRATI ET SITVS INFRA SCRIPTORVM V. SITVS … FINIS
Bibliographie: GW M36362. H 13538. Sander 5974. Ce³ [Goff] P-1082. IGI 8181. Pell 9665. BSB-Ink P-857. CIBN P-682. BMC VI 814.IC 28620. ISTC ip01082000; BNCI P; Faks. Theatrum Orbis Terrarum. A Series of Atlases in Facsimile, Ser. 1, Vol. 1; hrsg. von R.A. Skelton (Amsterdam 1963).
Rom 1478 Titel: [Ptolemaeus: Cosmographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia12 Korr.: Domitius Calderinus Impressum: Rom: Arnold Buckinck,13 10. 10. 1478 (nach Vorarbeit von Konrad Sweynheim)14 Format, Umfang: 2°, 124 Bll., davon Textteil 69 Bll., Kartenteil 53 Bll., zweispaltig, 50 Zeilen Ausstattung: 27 Kupferstichkarten, nach Vorlagen von Donnus Nicolaus Germanus15 So die Angabe bei Hain 13538. S.o. Anm. 4. 13 Nur aus der Schlussschrift der Cosmographia bekannter Frühdrucker in Rom, der die von Sweynheim begonnene illustrierte Ausgabe nach dessen Tod vollendete [G. Montecchi, LGB2 2, 1]. 14 Schwanheim/Bergstrasse ca. 1430/40–1477 Rom, Kleriker (seit 1470) mit Pfründen in der Diözese Mainz, gemeinsam mit Arnold Pannartz Betrieb einer Druckerei in der Abtei S. Scolastica in Subiaco 1464/65–67, seit 1467 in Rom, 1473–77 Vorbereitung einer mit Karten (Kupferstich) versehenen Ausgabe der Cosmographia [S. Corsten, LGB2 7, 317f.]. 15 Donnus [= Dominus; später fälschlich in «Donis» verdreht] Nicolaus Germanus (Niccolò Germanico), eventuell deutscher Benediktinermönch aus Reichenbach (Oberpfalz), Kartograph in Florenz und Rom. Entwickelte die sog. Donisprojektion (dazu ausführlich oben Kap. 1.4, Abschnitt 2.4) mit konvergierenden Meridianen für die Kartendarstellung, erstmals angewandt in der Ptolemaeus-Handschrift des Borso d’Este (vollendet 1466; Modena, Bibl. Estense Universitaria, a.x.1.3), weiterentwickelt in zwei Handschriften für Papst Paul II. Seine Karten waren Vorlagen für verschiedene Inkunabel- und Frühdruckeditionen der Geographie. Vgl. u.a.: Józef Babicz, Donnus Nicolaus Germanus: Probleme seiner Biographie und sein Platz in der Rezeption der ptolemäischen Geographie, in: Land- und Seekarten im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. (München 1980) 9–42; Lorenz Böninger, Die deutsche Einwanderung nach 11 12
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D. Oltrogge
5.4 Frühe Drucke
Texte / Karten: – fol. 1v: anonyme Widmungsvorrede an Papst Sixtus IV.: CLAVDII PTHO LEMAEI ALEXANDRINI PHILOSOPHI COSMOGRAPHIA …
– fol. 2r: Textbeginn: Claudii Ptolemaei Alexandrini Cosmographiae liber pri mus incipit. … – fol. 69r des.: NVMEROS MATEMATICOS INEXPLICABILE FERME TERRAE ASTRORVMQUE OPVS CLAVDII PTOLEMAEI ALEX ANDRINI PHILOSOPHI GEOGRAPHIAM ARNOLDVS BVCKINCK E GERMANIA ROMAE TABVLIS AENEIS IN PICTVRIS FORMA TAM IMPRESSIT. SEMPITERNO ARTIFICIIQVE MONVMENTO. ANNO DOMINICI NATALIS M.CCCC.LXX VIII. VI. IDVS OCTOBRIS. SEDENTE SIXTO IIII PONT. MAX. ANNO EIVS. VIII.
– fol. 70 Kartenteil Bibliographie: GW M36368. HC 13537. Klebs 812.3. Sander 5975. Ce³ P-1083. IGI 8182. Pell 9664. BSB-Ink P-858. CIBN P-683. Pr 3613. BMC IV 78.IC 18252. ISTC ip01083000. Schweiger I S. 280. Flodr Ptolemaeus 3.; Faks. Theatrum Orbis Terrarum. A Series of Atlases in Facsimile; Ser. 2 Vol. 6, hrsg. von R.A. Skelton (Amsterdam 1966).
Ulm 1482 Titel: [Ptolemaeus: Cosmographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia16 Vorrede: Nicolaus Germanus17 Impressum: Ulm: Lienhart Holl,18 16. 7. 1482 Format, Umfang: 2°, 133 Bll., davon Textteil 69 Bll., Kartenteil 64 Bll., zweispaltig, 44-45 Zeilen, ein Teil der Auflage auf Pergament gedruckt Ausstattung: 32 Holzschnittkarten (27 nach Ptolemaeus, 5 ‘moderne’ Karten), nach Vorlagen von Nicolaus Germanus von dem Formschneider Johannes Schnitzer von Armsheim19
18 16 17
19
Florenz im Spätmittelalter = The Medieval Mediterranean 60 (Leiden, Boston, Tokyo 2006) 334–342 mit Rez. von Christiane Schuchard in: Sehepunkte 7 (2007) Nr. 12, URL: http://www. sehepunkte.de/2007/12/13231.html; Lexikon zur Geschichte der Kartographie. S.o. Anm. 4. S.o. Anm. 15. Ulmer Frühdrucker, zwischen 1478 und 1492 in Ulm genannt, seine Offizin bestand nur 1482– 84; bedeutend v.a. wegen der am 16. 7. 1482 vollendeten Cosmographia des Ptolemaeus, «der erste Weltatlas, der ausserhalb Italiens gedruckt wurde, und der erste, dessen Karten in Holz geschnitten waren. Gegenüber den beiden zuvor in Italien erschienenen Ausgaben, die mit 26 bzw. 27 in Kupfer gestochenen Karten versehen waren, weist Holls Ausgabe zusätzlich fünf moderne Karten auf.» Die Ausgabe trug allerdings durch ihren Aufwand zum finanziellen Scheitern Holls bei. Ein Teil der Druckmaterialien, darunter auch die Holzstöcke der Cosmo graphia «erwarb der damals in Ulm ansässige Venezianer Justus de Albano, in dessen Auftrag Johannes Reger den Ptolemaeus 1486 in einer Neuauflage herausbrachte.» [P. Amelung LGB2 3, 514f.] Holzschneider aus Armsheim (Rheinhessen), nur bekannt durch seine Signatur in der Cosmo graphia «Insculptum est per Johannes de Armssheim» [Thieme-Becker 29/30, 204f.].
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Texte / Karten: – fol. 1r: Vorrede des Nicolaus Germanus mit Widmung an Papst Paulus II.: BEATISSIMO PATRI PAVLO SECVNDO PONTIFICI MAXIMO. DONIS NICOLAVS GERMANVS …
– fol. 2v: Textbeginn – fol. 69v: Beginn des Kartenteils: HINC SECVNTVR TABVLAE – fol. 133v des.: CLAVDII PTOLOMAEI VIRI ALEXANDRINI COSMO GRAPHIAE OCTAVVS ET VLTIMVS LIBER EXPLICIT OPVS DONNI NICOLAI GERMANI SECVNDVM PTOLEMAEVM FINIT. ANNO MCCCCLXXXII. AVGVSTI VERO KALENDAS. X VII. IMPRESSVM VLMAE PER INGENIOSVM VIRVM LENNARDVM HOL PRAEFATI OPPIDI CIVIS.
Bibliographie: GW M36379. HC 13539. C 4976. Klebs 812.5. Schr 5031. Schramm [A. S.: Der Bilderschmuck der Frühdrucke, 7: Lienhart Holle, Johannes Reger, Johann Schaeffler und Hans Hauser in Ulm. Leipzig 1923, S. 3–8] VII Abb. 1–38. CBB 3282. Ce³ P-1084. CIH 2863. IBE 5550. IBP 4624. IDL 3840. 3841. IGI 8183. Pell 9666. VB² 2640. BSB-Ink P-859. CIBN P-684. Pr 2556. BMC II 538.IC 9303. Borm: IG 2259. Chantilly 1615. Kat. Bibl. Schäfer 281. Kind: Göttingen 201. 202. Madsen 3416–3418. Ohly-Sack 2428. Rhodes: Oxford 1480. Riedl 871. Sack: Freiburg 2986. Walsh: Harvard 919. ISTC ip01084000. VGT 958, 2036. EamesSab (Ptol) 66472. Amelung, [Der Frühdruck im dt. Südwesten. I: Ulm. Stuttgart 1979, S. 261-309] Frühdruck I 138. Schr 5031. Campbell (Maps) 179-210. Polain (B) 3282. Delisle 1615. Sajó-Soltész 2863. Coll (U) 1275. Coll (S) 914. Voull (B) 2640. Schmitt I 2640. Deckert (Nachtr) 7. Sheppard 1860. Pr 2556; Faks. Thea trum orbis terrarum. A Series of Atlases in Facsimile, Ser. 1, Vol. 2, hrsg. von R.A. Skelton (Amsterdam 1963).
Florenz 1482 Italienische Epitome des Francesco Berlinghieri in Versen. Florenz: Nicolo Todescho 1482. Mit 27 Karten nach Ptolemaeus und 4 ‘modernen’ Karten.
Ulm 1486 Titel: [Ptolemaeus: Cosmographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia20 Vorrede: Nicolaus Germanus21 Register / Ergänzungen: Johannes Reger22
S.o. Anm. 4. S.o. Anm. 15. 22 Kemnath / Opf. 1454 – nach 1499 Ulm, 1486–99 als Drucker in Ulm nachweisbar, führte für Justus de Albano, der 1484 die Druckmaterialien der Offizin Holls nach dessen Konkurs erworben hatte, die Neuauflage des Ptolemaios durch und verfasste dazu ein lateinisches Register. Danach eigene Offizin, vielfach offenbar als Lohndrucker [P. Amelung, LGB2 6, 223f.]. 20 21
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D. Oltrogge
5.4 Frühe Drucke
Impressum: Ulm: Johannes Reger, 21. 7. 1486 für Justus de Albano23 Format, Umfang: 2°, 204 Bll., davon Textteil des Ptolemaeus mit Register 116 Bll., Kartenteil 64 Bll., Textteil De locis ac mirabilibus mundi 24 Bll., zweispaltig, 44 Zeilen Ausstattung: 32 Holzschnittkarten (27 nach Ptolemaeus, 5 ‘moderne’ Karten), nach Vorlagen von Nicolaus Germanus von dem Formschneider Johannes Schnitzer von Armsheim, von den Druckstöcken der Ausgabe Lienhart Holls von 1482, teilweise neu geschnitten Texte / Karten: – fol. 1v: Vorrede des Johannes Reger zum Register: Nota ad inveniendum igi tur regiones provincias … – fol. 2r: Register des Johannes Reger:24 REGISTRVM ALPHABETICVM SVPER OCTO LIBROS PTOLOMAEI INCIPIT FELICITER – fol. 43r: Vorrede des Nicolaus Germanus mit Widmung an Papst Paulus II.: BEATISSIMO PATRI PAVLO SECVNDO PONTIFICI MAXIMO. DONIS NICOLAVS GERMANVS … – fol. 116v des.: CLAVDII PTOLOMAEI VIRI ALLEXANDRINI COS MOGRAPHIAE OCTAVVS ET VLTIMVS LIBER EXPLICIT OPVS DOMINI NICOLAI GERMANI SECVNDVM PTOLOMAEVM FINIT: HINC SEQVVNTVR TABVLAE. – fol. 117: Kartenteil – fol. 181v: Register zu De locis ac mirabilibus mundi: Incipit Registrum super Tractatum de tribus orbis p(ar)tibus … – fol. 182r: De locis ac mirabilibus mundi: DE LOCIS AC MIRABILIBVS MVNDI. ET PRIMO DE TRIBVS ORBIS PARTIBVS … – fol. 204r: IMPRESSVM VLMAE OPERA ET EXPENSIS IVSTI DE ALBANO DE VENETIIS PER PROVISOREM SVVM IOHANNEM REGER. ANNO DOMINI M.CCCC.LXXXVI. XII. KALENDAS. AVGV STI. Bibliographie: GW M36374. HC 13540. Klebs 812.6. Schr 5032. Schramm VII Abb. 14. CBB 3283. Ce³ P-1085. CIH 2864. Gspan-Badalid 822. IBE 5551. IBP 4625. IDL 3842. IGI 8184. Pell 9667. CRF III 659. CRF VI 1699. CRF X 562. VB 2661. BSB-Ink P-860. CIBN P-685. Pr 2580. BMC II 540.IC 9403. Kind: Göttingen 203. Madsen 3419. 3420. T63. Rhodes: Oxford 1481. Riedl 872. Walsh: Harvard 921. ISTC ip01085000. VGT 747. Eames-Sab (Ptol) 66473. Amelung, Frühdruck I 145. Campbell (Maps) 179-210. Hillard 1699. Aquilon 562. Péligry 659. Polain (B) 3283. Sajó-Soltész 2864. Coll (U) 1276. Voull (B) 2661. Hubay (Augsburg) 1731. Walsh 921 und pl. IX, 922, 923 und pl. X. Sheppard 1863, 1864, 1865. Weil, Druckerzeichen 101. Pell-Pol 9667. Pr 2580. Schweiger I S. 280. Flodr Ptolemaeus 5. Harley I Nr 5467; III Nr 2482; V Nr 1863. Venezianischer Buchhändler, seit 1482 in Ulm ansässig [P. Amelung, LGB2 6, 223, s.v. Reger; Ferdinand Geldner, Inkunabeldrucker I, 253]. 24 Das Register kann auch nach der Vorrede des Nicolaus Germanus folgen, z.B. im Exemplar der British Library. 23
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Rom 1490 Titel: [Ptolemaeus: Geographia; erstes Druckwerk, das diesen Titel führt statt des älteren Cosmographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia25 Vorrede: Nicolaus Germanus26 Register / Ergänzungen: Johannes Reger27 Impressum: Rom: Petrus de Turre, 11. 4. 1490 Format, Umfang: 2°, 157 Bll., davon Textteil des Ptolemaeus mit Register 94 Bll., Kartenteil 40 Bll., Textteil De locis ac mirabilibus mundi 23 Bll., zweispaltig, 53 Zeilen Ausstattung: 27 Kupferstichkarten, nach Vorlagen von Nicolaus Germanus Texte / Karten: – fol. 1r: Register des Johannes Reger: REGISTRVM ALPHABETICVM SVPER OCTO LIBROS PTOLOMAEI INCIPIT FELICITER
– fol. 94r des.: CLAVDII PTOLEMAEI VIRI ALLEXANDRINI GEOGRA PHIAE OCTAVVS ET VLTIMVS LIBER EXPLICIT. HINC SEQVVNTVR TABVLAE.
– fol. 95: Kartenteil – fol. 135v: Register zu De locis: Incipit Registrum super Tractatum de tribus orbis partibus … – fol. 136r: De locis ac mirabilibus mundi: DE LOCIS AC MIRABILIBVS MVNDI. ET PRIMO DE TRIBVS ORBIS PARTIBVS …
– fol. 157r: HOC OPVS PTOLOMAEI MEMORABILE QVIDEM ET INSI GNE EX ACUTISSIMA DILIGENTIA CASTIGATVM IVCONDO QVO DAM CARACTERE IMPRESSVM FVIT ET COMPLETVM ROMAE ANNO A NATIVITATE DOMINI M.CCCC.LX.XXX. DIE IV. NOVEM BRIS. ARTE AC IMPENSIS PETRI DE TVRRE.
Bibliographie: GW M36372. HC 13541. Klebs 812.7. Sander 5976. Ce³ P-1086. CIH 2865. IBE 5552. IBP 4626. IBS 995. IDL 3843. IGI 8185. IJL 251. Pell 9668. CRF II 395. CRF VI 1699a. CRF VII P-17. VB 3535. BSB-Ink P-861. CIBN P-686. Pr 3966. BMC IV 133.IC 19313. Kind: Göttingen 204. Madsen 3421. Mendes: Lisboa 1077. Rhodes: Oxford 1482. Walsh: Harvard 1491. ISTC ip01086000. TFS 1907f, 1907h. Eames-Sab (Ptol) [66474]. Campbell (Maps) 121-147. Hillard 1699a. Jammes P-17. Lefèvre 395. Sajó-Soltész 2865. Sheppard 3147, 3148, 3149.
27 25 26
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S.o. Anm. 4. S.o. Anm. 15. S.o. Anm. 22.
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5.4 Frühe Drucke
Nürnberg 1492 sog. ‘Deutscher Ptolemaios’, anonyme deutsche Epitome ohne Karten, ohne Jahr, ohne Ort; s. Hain 13542 [vermutlich von Georg Stuchs].
Rom 1507 Titel: [Ptolemaeus: Geographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia28 Korr.: Marcus Beneventanus, Johannes Cotta29 Impressum: Rom: Bernardinus Venetus de Vitalibus, 8. 9. 1507, für den Buchhändler Evangelista Tosino aus Brixen Format, Umfang: 160 Bll., davon Textteil des Ptolemaeus mit Register 107 Bll., Kartenteil 33 Bll., Textteil De locis ac mirabilibus mundi 20 Bll., zweispaltig Ausstattung: 33 Kupferstichkarten (27 nach Ptolemaeus, 6 ‘moderne’), nach Vorlagen von Nicolaus Germanus30 Texte / Karten: – Titel: In hoc opere haec continentur: Geographia Claudii Ptolemaei a pluri mis viris utriusque linguae doctiss. emendata, et cum archetypo graeco ab ipsis collata. Schemata cum demonstrationibus suis correcta, a Marco Monacho Caelestino Beneventano et Joanne Cota Veronensi … Figura de proiectione sphaerae in plano, quae in libro octavo desiderabatur, ab ipsis nondum instau rata sed fere adinventa … Sex tabulae noviter confectae ut Hispaniae: Galliae: Livoniae: Germaniae: Poloniae: Ungariae: Russiae: et Lituaniae: Italiae: et Iudaeae. Maxima quantitas dierum civitatum: et distantiae locorum ab Alexan dria Aegypti cuiusque civitatis quae in aliis codicibus non erant. Planisphae rium Cl. Ptolemaei noviter recognitum et diligentissime emendatum a Marco Monacho. – Vorrede (des Nicolaus Germanus?) – Register (des Johannes Reger?) – fol. 36r: Textbeginn der Geographie – fol. 107r: Romae noviter impressum per Bernardinu(m) Venetu(m) de Vitalibus. Expe(n)sis Eva(n)gelista Tosino Brixiano Bibliopola … Die VIII. Septe(m)br. M.D.VII. – fol. 108: Kartenteil – fol. 141: De locis ac mirabilibus mundi.
S.o. Anm. 4. 1480–1510. 30 S.o. Anm. 15. 28 29
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Rom 1508 (Nachdruck der Ausgabe Rom 1507) Titel: [Ptolemaeus: Geographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia31 Korr.: Marcus Beneventanus, Johannes Cotta32 Impressum: Rom: Bernardinus Venetus de Vitalibus, 1508, Neuauflage des erstmals 1507 gedruckten Werkes Format, Umfang: 175 Bll., davon Kartenteil 34 Bll., zweispaltig Ausstattung: 34 Kupferstichkarten (27 nach Ptolemaeus, 7 moderne), teilweise nach Vorlagen von Nicolaus Germanus,33 eine neue Weltkarte von Johannes Ruysch34 Texte / Karten: – Titel: In hoc opere haec continentur: Geographia Cl. Ptolemaei a plurimis viris utriusque linguae doctiss. emendata et cum archetypo Graeco ab ipsis col lata … Schemata cum demonstrationibus suis correcta a Marco Beneventano … et Io. Cotta. Figura de proiectione sphaerae in plano … Maxima quantitas dierum civitatum, et distantiae locorum ab Alexandria Aegypti cuiusque civita tis … Planisphaerium Ptolomaei noviter recognitum ac emendatum et editum a Marco Beneventano. Nova orbis descriptio ac nova Oceani navigatio, qua Lisbona ad Indicum pervenitur pelagus / a Marco Benev. edita. Nova et uni versalior orbis cogniti tabula Ioan. Ruysch Germano elaborata. Sex tabulae noviter confectae, videlicet Livoniae, Hispanice, Gallliae, Germaniae, Italiae et Iudaeae. – Vorrede (des Nicolaus Germanus?) – Register (des Johannes Reger?) – Geographia – Kartenteil – Planisphaerium Cl. Ptolemaei. – Marcus Beneventanus: Nova orbis descriptio.
Venedig 1511 Titel: [Ptolemaeus: Geographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia35 Korr. / Anm.: Bernardus Silvanus Impressum: Venedig: Jacobus Pentius de Leucho,36 20. 3. 1511 Format, Umfang: 100 Bll., davon Textteil 62 Bll., Kartenteil 28 Bll., zweispaltig Ausstattung: 28 Holzschnittkarten (27 nach Ptolemaeus, 1 ‘moderne’), im Zwei-
33 34 35 36 31 32
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S.o. Anm. 4. S.o. Anm. 29. S.o. Anm. 15. Beschreibung unten Kap. 5.5, Abschnitt 4. S.o. Anm. 4. Giacomo Penzio aus Lecco, von 1495–1527 als Drucker in Venedig bezeugt; vgl. F. Ascarelli/ M. Menato, La tipografia del Cinquecento in Italia (Florenz 1989).
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5.4 Frühe Drucke
farbdruck (schwarz und rot), teilweise nach Vorlagen von Nicolaus Germanus,37 eine neue Weltkarte von Johannes Ruysch Texte / Karten: – Titel: CLAVDII PTHOLEMAEI ALEXANDRINI LIBER GEOGRA PHIAE CVM TABVLIS ET VNIVERSALI FIGVRA ET CVM ADDI TIONE LOCORVM QVAE A RECENTIORIBVS REPERTA SVNT DILI GENTI CVRA EMENDATVS ET IMPRESSVS
– Geographia – Kartenteil – des.: Venetiis per Iacobum Pentium de Leucho Anno Domini. M.D.XI. Die XX. Mensis Marti Bibliographie: Faks. Theatrum orbis terrarum. A Series of Atlases in Facsimile, Ser. 5, Vol. 1, hrsg. von R.A. Skelton (Amsterdam 1969).
Krakau 1511 Titel: [Ptolemaeus: Geographia, Auszüge] Hrsg.: Johannes Stobnicensis38 Impressum: [Krakau: Florian Ungler],39 [ca. 1511] Format, Umfang: 4°, 38, [6] Bll., 2 Karten Ausstattung: 2 Holzschnittkarten nach Waldseemüller Texte / Karten: – Introductio in Ptholomei Cosmographia(m) cum longitudinibus et latitudini bus regionum et civitatum celebriorum. Bibliographie: Adam Jocher: Obraz Bibliografiezno-Historyczny literatury i nauk w Polsce od wrowadzenia do niej druku po rok 1830 wła˛cznie, Wilno 1840, 27; Bestand München, Bayerische Staatsbibliothek.
Krakau 1512 Titel: [Ptolemaeus: Geographia, Auszüge] Hrsg.: Johannes Stobnicensis40 Impressum: Krakau: Florian Ungler,41 1512 Format, Umfang: 4°, 2, 40 Bll., 1 Holzschnittillustration, 2 Karten Ausstattung: 2 Holzschnittkarten nach Waldseemüller
37 38
39
40
41
S.o. Anm. 15. Joannis de Stobnicza OFM, um 1470 – um 1530, polnischer Geograph, Astronom und Philosoph, Professor in Krakau, erster Rektor der Universität Posen. Aus Bayern, seit ca. 1510 bis zu seinem Tod 1536 Drucker in Krakau. Ungler und Vietor gaben die ersten polnischsprachigen Bücher heraus. [H. Bulhak, Drukarze dawnej Polski, Breslau 1983, 301]. S.o. Anm. 38. S.o. Anm. 39.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Texte / Karten: – Introductio in Ptholomei Cosmographia(m) cu(m) longitudinibus et latitudi nibus regionum et civitatum celebriorum. Epitome Europae Eneae Silvii. Situs et distinctio partium totius Asiae per brachia Tauri montis ex Asia Pii secundi. Particularior minoris Asiae descriptio ex eiusdem Pii Asia. ... Terrae sanctae et urbis Hierusalem apertior descriptio: fratris Anselmi ordinis Minorum de observantia. – des.: Impressum Cracoviae p. Florianu(m) Ungleriu(m). Anno dni M.D.XII. Bibliographie: Adam Jocher: Obraz Bibliografiezno-Historyczny literatury i nauk w Polsce od wrowadzenia do niej druku po rok 1830 wła˛cznie, Wilno 1840, 28; Bestand München, Bayerische Staatsbibliothek.
Strassburg 1513 Titel: [Ptolemaeus: Geographia] Übers.: Jacobus Angelus de Scarperia42 Hrsg. / Überarb. / Korr. / Anm.: Jakob Oesler (Essler), Georg Übelin, Martin Waldseemüller,43 Matthias Ringmann44 Impressum: Strassburg: Johann Schott,45 12. 3. 1513 Format, Umfang: 2°, insgesamt 80 Bll. + 47 Doppeltafeln Ausstattung: 47 Holzschnittkarten (27 nach Ptolemaeus, 20 ‘moderne’ Karten, davon 11 von Waldseemüller, geschnitten von Johann Grüninger)46 Texte / Karten: – Titel: Claudii Ptolemaei || viri Alexandrini || Mathematicae disciplinae Phi losophi || doctissimi || Geographiae, opus novissima traductione e Graeco = || rum archetypis castigatissime pressum … || Pro Prima parte continens || CL. Ptolemaei Geographiam per octo libros partitam/|| ad antiquitatem suam/ integre & sine ulla corruptione.|| Una cum collatione dictionum graecarum S.o. Anm. 4. (Freiburg/Br.? oder Radolfzell? ca. 1470/75–1518/21 Strassburg? St. Dié?), Studium in Freiburg, seit ca. 1505 als Kosmograph und Kartograph am Hof Herzog Renés II. von Lothringen in St. Dié. Fertigte u.a. eine in 1000 Exemplaren gedruckte wandtafelgrosse (ca. 132 236 cm) Weltkarte als Holzschnitt von 12 Stöcken, einen gedruckten Erdglobus und die Karten zur Geographie des Ptolemäus, die er um 20 ‘moderne’ Karten (tabulae modernae) ergänzte [H. Wolff, LdMA 8, 1960]. 44 Matthias Ringmann (Philesius Vogesigena, Reichsfeld/Elsass, um 1482–1512 Schlettstadt), gehörte mit Martin Waldseemüller zum Humanistenkreis in St. Dié. Seit ca. 1505 mit Waldseemüller an der Neuausgabe der Geographie beteiligt. 45 Strassburg 1477–1548, Sohn und Nachfolger des Strassburger Druckers Martin Schott; Studium in Freiburg, Heidelberg und Basel, 1499 Übernahme der Offizin seines Vaters, 1503 evtl. in Freiburg, 1506 in Basel tätig, ab 1509 intensivere Drucktätigkeit in Strassburg [H. Harthausen, LGB2 6, 589]. 46 Johannes Grieninger (Grüninger): aus Markgröningen (Württ.), Druckerverleger in Strassburg; Lehrzeit in Basel, dort erwähnt 1480, 1482 Bürger in Strassburg, gleichzeitig Gründung einer Druckerei, † 1531/33 Strassburg; umfangreiche (ca. 300 Titel) und vielseitige Drucktätigkeit, auch zahlreiche illustrierte Bücher [S. Corsten, LdMA 4, 1755]. 42 43
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5.4 Frühe Drucke
e regione || ad latinas certissima graduum calculatione.|| … Tabularum dein Auctoris vigintiseptem ordo hic est || … Pars Secunda moderniorum lustra tionum viginti tabu||lis/ veluti supplementum quoddam … || Adnexo ad finem tractatu … || de variis moribus & ritibus gen=||tium: eorundem[que] ac loca lium nominum originibus.|| … | – des.: Anno Christi Opt. Max. M D XIII. Marcii XII. Pressus hic Ptolemaeus Argentinae vigilantissima castigatione industriaque Ioannis Schotti urbis indigen[a]e. Regnante Maximiliano Caesare Semper Augusto. Bibliographie: VD16-Nummer: P 5207; Faks. Theatrum orbis terrarum. A Series of Atlases in Facsimile, Ser. 2, Vol. 4, hrsg. von R.A. Skelton (Amsterdam 1966).
Nürnberg 1514 Titel: [Ptolemaeus: Geographia, nur Buch I] Übers.: Johannes Werner47 Impressum: Nürnberg: Johannes Stuchs,48 4. 11. 1514 Format, Umfang: 2°, 68 Bll., einspaltig, zahlreiche Holzschnittillustrationen im Text (Schemata) Ausstattung: keine Karten Texte: – fol. 1: Titel / Inhaltsverzeichnis: In hoc opere haec continentur || Nova trans latio primi libri geographiae C[l].Ptolomaei: … || Ioanne Vernero Nurenber gense interprete.|| In eundem primum librum … argumenta … || & annotatio nes eiusdem Ioannis Verneri.|| Libellus de quatuor terrarum orbis in plano figurationibus ab eodem Ioanne Vernero novissi||me compertis & enarratis. || Ex fine septimi libri eiusdem geographiae C[l].Ptolomaei super plana ter rarum orbis descriptione || … Locus quidam nova translatione … & anno tationibus expli||catus: … || De his quae geographiae debent adesse: Georgii Amirucii Constantinopolitani opusculum. || In idem Georgii Amirucii opu sculum Ioannis Verneri Appendices. || Ioannis de Regiomonte epistola ad … Bessarionem Cardinalem || Nicenum ac Constantinopolitanum patriarcham de compositione & usu cuiusdam meteoroscopii. || – fol. 1v: Brief Kaiser Maximilians I.: Maximilianus divina favente clementia … – fol. 2r: Widmung des Johannes Werner: Reverendissimo & Illustrissimo prin cipi domino Matheo … – fol. 3v: Inhaltsverzeichnis des 1. Buches – fol. 4r: Textbeginn der Geographie
Nürnberg 1468–1522; Geistlicher in Nürnberg, bedeutender Mathematiker und Astronom, Verfasser verschiedener astronomischer Werke, übersetzte die Geographie des Ptolemaeus neu, entwickelte eine neue Form der Kartenprojektion [F. Schmeidler, LdMA 9, 9]. 48 1509–40 in Nürnberg erwähnt, Sohn des Nürnberger Buchdruckers Georg Stuchs, Buchdrucker u. -händler in Nürnberg [H.-O. Keunecke, LGB2 7, 286]. 47
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
– fol. 12r: Johannes Werner: Kommentar zum 1. Buch der Geographie: IOAN NIS VERNERI NVRENBERGEN. IN PRIMI LIBRI GEOGRAPHIAE CL. PTOLEMAEI PARAPHRASIM PROOEMIVM
– fol. 43r: Johannes Werner: Libellus de quattuor terrarum orbis in plano compertis et enarratis (VD16 W 2039) – fol. 49r: Sebald Schreyer: Brief an Johannes Werner – fol. 51v: Georgius Amirucius: De his quae geographiae debent adesse opusculum (VD16 A 2261) in Übersetzung und mit Widmung des Johannes Werner. – fol. 65r: Brief von Johannes Müller Regiomontanus an Bessarion (VD16 M 6530) – fol. 68r: des.: Explicit geographiae hic liber: per ipsius compositorem at[que] per Conradum Hein||fogel artium & philosophiae magistrum diviq[ue] Maxi miliani Imperatoris Capel||lanum et haud mediocrem mathematicu[m] fideliter emendatus recogni||tus[que], necnon a Ioanne Stuchs Nurenbergae impressus. Anno || domini Iesu Christi. Millesimo quingentesimo||decimoquarto. pridie nonas Novembris || phebe a Iovis contubernium defluente. Bibliographie: VD16-Nummer: P 5208.
Krakau 1519 Titel: [Ptolemaeus: Geographia, Auszüge] Hrsg.: Johannes Stobnicensis Impressum: Krakau: Hieronymus Vietor,49 25. 4. 151950 Format, Umfang: 4° [2], 44 Bll. Ausstattung: 3 Holzschnittillustrationen, keine Karten51 Texte / Karten: – Introductio in Ptolomei cosmographiam cum longitudinibus & latitudinibus regionum & ciuitatum celebriorum. Epitoma Europae Eneæ Silvii. Situs & distinctio partium totius Asiæ per brachia Tauri montis ex Asia Pii Secu(n)di. Particularior minoris Asiæ descriptio ex eiusdem Pii Asia. Siriae compendiosa descriptio ex Isidoro. Africae brevis descriptio ex Paulo Orosio. Terræ sa(n) ctae & urbis Hierusalem apertior descriptio: fratris Anshelmi ordinis Minorum de observantia. – des.: Impressum Cracoviae per Hieronymum Vietorem Calcographum. Anno salutis humanae. Millesimo quingentesimo decimo nono. Decimo septimo kalendas Maii.
49
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Aus Liebenthal/ Schlesien; 1499 Studium in Krakau, 1510-17 Drucker in Wien, 1517 bis zu seinem Tod 1546 Drucker in Krakau. Ein Zwitterdruck ohne Datum und ohne die Beschreibung des Heiligen Landes vermutlich von 1520; Exemplar in Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek. In den Exemplarnachweisen sind keine Karten verzeichnet. Allerdings haben sich auch von dem Druck Unglers von 1512 nur zwei Exemplare mit Karten erhalten.
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5.4 Frühe Drucke
Bibliographie: Adam Jocher: Obraz Bibliografiezno-Historyczny literatury i nauk w Polsce od wrowadzenia do niej druku po rok 1830 wła˛cznie, Wilno 1840, 28; Faks. http://www.wbc.poznan.pl/dlibra/docmetadata?id=18101&dirids=1.
Strassburg 1520 Titel: [Ptolemaeus: Geographia] Übers.: Jacobus Angelus Hrsg.: Georg Übelin Impressum: Strassburg: Johannes Schott, 1520 Format, Umfang: 2°, 54 [=57] Bl., [2] Taf., [45] Doppeltaf., [1] Bl. Ausstattung: 47 Holzschnittkarten (27 alte, 20 ‘moderne’), weitgehend nach der Ausgabe von 1513 Texte / Karten: – PTOLE||MAEVS || AVCTVS || RESTITVTVS.|| EMACVLATVS.|| CVM TABVLIS || VETERIBVS || AC NOVIS.||
– Ioannes Scotus, Argentorati literis excepit. 1520.|| Bibliographie: VD16-Nummer: P 5209; Schmidt. Rep. II.54.
Strassburg 1522 Titel: [Ptolemaeus: Geographia] Übers.: Jacobus Angelus Hrsg.: Lorenz Fries52 Vorwort: Thomas Vogler (Aucuparius)53 Impressum: Strassburg: Johann Grüninger,54 12. 3. 1522 Format, Umfang: 2°, 100 [=86], [2] Bl., [49] Doppeltaf., [8] Bl. Ausstattung: 50 Karten (27 nach Ptolemäus, 23 ‘moderne’), weitgehend nach Vorlage der Strassburger Ausgabe von 1513 Texte / Karten: – CLAVDII PTOLEMAEI || ALEXANDRINI Mathematico[rum] principis. opus Geographiae || noviter castigatum & emaculatum additionibus raris et invisis, necnon || cum tabularum in dorso iucunda explanatione. Registro quo[que] totius || operis … || Sequuntur tabulae … || Haec bona mente Laurentius Phrisius artis Appollineae doctor & || mathematica[rum] artium clientulus. in lucem iussit prodire.|| … || – IOANNES Grieninger civis Argentoratensis || opera ex expensis propriis id opus … || perfecit XII. die || Marcii Anno. M.D.XXII.| Bibliographie:VD16-Nummer: P 5210.
54 52 53
Lorenz Fries (Phrisius), ca. 1489–1531, Arzt in Colmar. Aus Obernai, † 1532, Humanist in Strassburg, seit 1501 Aumonier der dortigen Kathedrale. Vgl. Anm. 46.
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Strassburg 1525 Titel: [Ptolemaeus: Geographia] Übers.: Willibald Pirckheimer55 Anm.: Johannes Regiomontanus56 Impressum: Strassburg: Johann Grüninger,57 30. 3. 1525 Format, Umfang: 2°, 82, [48] Bl., 49 Doppeltaf. (Holzschnittkarten) Ausstattung: 50 Karten (27 nach Ptolemäus, 23 moderne), nach der Ausgabe von 1522 Texte / Karten: – CLAVDII PTO||LEMAEI GEO||GRAPHICAE || ENARRATIONIS || LIBRI OCTO || BILIBALDO PIRCKEYM||HERO INTERPRETE || Anno tationes IOANNIS DE REGIO MONTE || in errores commissos a || IACOBO ANGELO || in translatione sua.|| INDEX PTO||LEMAEI || COPIOSVS ADMO||DVM, NEC ANTEA VISVS || Cum explanatione loco[rum] quorun
dam || ad nostram aetatem … Adnexa sunt postremum in calce … || viginti Neotericorum tabulae … | – des.: Argentorati, Iohannes Grieningerus, communibus || Iohannis Koberger impensis excudebat.|| Anno … M.D.XXV. Tertio Kal.///. Apriles.|| Bibliographie: VD16-Nummer: P 5211.
Basel 1533 Titel: [Ptolemaeus: Geographia; erste griechische Ausgabe] Hrsg.: Desiderius Erasmus (von Rotterdam)58 Impressum: Basel: Hieronymus Froben59 und Nikolaus Episcopius (d.Ä.)60 Format, Umfang: [4] Bl., 542 S., [1] Bl. Ausstattung:
Eichstätt 1470–1530 Nürnberg, Patrizier in Nürnberg, 1488–95 Studium (Jura, Artes) in Padua und Pavia, bedeutender Humanist, Schriftsteller, Übersetzer griechischer Werke (ins Lateinische oder Deutsche), teilweise auch kritische Übersetzungen, so die der Geographie des Ptolemaios [D. Wuttke, LdMA 6, 2174 f.]. 56 Königsberg/Bayern 1436–76 Rom; Studium in Leipzig und Wien, 1461–65 im Gefolge Bessarions in Italien, 1467–71 als Berater von Erzbischof Vitez und Matthias Corvinus, 1471–75 Nürnberg, 1475 von Sixtus IV. nach Rom berufen. Bedeutender Astronom und Mathematiker [F. Schmeidler, LdMA 7, 580f.]. 57 Vgl. Anm. 46. 58 Rotterdam ca. 1466/69–1536 Basel, 1487 Augustinerchorherr in Steyn b. Gouda, 1492 Priesterweihe, 1493 Sekretär bei Heinrich von Bergen, Bischof von Cambrai, 1495 Studium in Paris, nachfolgend Aufenthalte in England und Italien, Löwen und Basel; bedeutender Humanist, Schriftsteller und Herausgeber. 59 Hieronymus Froben: Basel 1501–63, Sohn und Nachfolger (1528) des Basler Druckers Johann Froben, zunächst in Partnerschaft mit seinem Stiefvater J. Herwagen (1528–31), seit 1529 mit seinem Schwager Nicolaus Episcopius d.Ä. Umfangreiches humanistisches Verlagsprogramm [I. Bezzel, LGB2 3, 64]. 60 Rittershofen (Elsass) 1501–64 Basel, Studium an der Universität Basel (1518), seit 1519 Mitarbeiter Johann Frobens, 1529 Vermählung mit Frobens Tochter Justina und Verlagsgemeinschaft mit seinem Schwager Hieronymus Froben. 55
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5.4 Frühe Drucke
Texte / Karten: – KLAUDIOU PTOLEMAIOU ALEJANDREVS per‹ t∞w gevgraf¤aw bibl¤a Ùkt≈ … || CLAVDII PTOLEMAEI ALEXANDRINI || philosophi cum primis eru diti, De Geographia || libri octo, summa cum uigilantia excussi.|| – BASILEAE ANNO M D XXXIII || §tup≈yh parÉ ÑIeronÊmƒ t“ Froben¤ƒ ka‹ Nikolムt“ ÉEpiskop¤ƒ. Bibliographie: VD16-Nummer: P 5206.
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5.5 Ptolemaios-Rezeption in der Kartographiegeschichte Florian Mittenhuber/Thomas Klöti
Die beispiellose Renaissance, welche die Geographie des Ptolemaios kurz nach ihrer Wiederentdeckung im Westen dank der lateinischen Übersetzung erlebte und von der die zahlreichen oben angeführten Handschriften1 ein eindrückliches Zeugnis ablegen, findet im Zeitalter des frühen Buchdrucks ihre würdige Fortsetzung. Die dicht aufeinanderfolgenden Druckausgaben des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts2 sorgten dank den neuen technischen Möglichkeiten für eine noch grössere Verbreitung, als dies bereits bei der handschriftlichen Tradition der Fall war. Dass dabei angesichts der schwer verständlichen, höchst unanschaulichen Textteile vor allem die Karten der Geographie grösstes Interesse erweckten, ist leicht nachzuvollziehen. Bei der Betrachtung der Rezeption im 15. und 16. Jahrhundert3 muss man sich stets bewusst sein, dass die Beschäftigung mit der ptolemäischen Geographie zunächst nicht aus antiquarischem Interesse erfolgte, sondern als Quelle der Sachinformation diente und sich daher mit alternativen Informationen aus anderen geographischen Werken der Antike und insbesondere mit den neuen geographischen Erkenntnissen auseinanderzusetzen hatte. Während jedoch in den lateinischen Handschriften gegenüber dem originalen Kartenbestand des Ptolemaios erst die erweiterte Kenntnis von Mittel- und Nordeuropa zu berücksichtigen war,4 drängte es sich in den Drucken in zunehmendem Masse auf, die Erkenntnisse der grossen Entdeckerfahrten – die Entdeckung der Neuen Welt durch Kolumbus 1492, die Umsegelung von Afrika durch Vasco da Gama 1498 oder die Weltumsegelung durch Magellan 1519–21 – kartographisch zu verarbeiten. Da sich diese Erkenntnisse immer weniger mit dem herkömmlichen ptolemäischen Bild in Einklang bringen liessen, gerieten die Herausgeber der ptolemäischen Geographie zunehmend in Konflikt: Einerseits wollte man die ptolemäischen Karten möglichst in ihrer ursprünglichen Form bewahren, andererseits gleichzeitig das erweiterte Wissen präsentieren. Dies geschah zunächst, indem den ptolemäischen Länderkarten eine Anzahl von tabulae novae beigefügt und die Weltkarte entsprechend abgeändert wurde. Mit der rapiden Zunahme der kartographisch neu darzustellenden Gebiete – und somit der Anzahl von modernen Karten, welche die der ptolemäischen bald überstieg –, liessen sich die beiden Gegensätze immer schwe 3 1 2
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Vgl. oben Kap. 5.3 Der lateinische Ptolemaios. Eine ausführliche Übersicht über die frühen Drucke (1475–1533) findet sich oben Kap. 5.4. Guter Überblick dazu bei P. Gautier Dalché, The reception of Ptolemy’s Geography (End of the fourteenth to beginning of the sixteenth century), in: D. Woodward, History of Cartography, Bd. 3.1: Cartography in the European Renaissance (Chicago & London 2007) 285–364 sowie bei S. Gentile, Firenze e la scoperta dell’ America. Umanesimo e geographia nel ’400 Fiorentino (Florenz 1992). Hilfreich auch die Beschreibung der gedruckten Exemplare in der Bayerischen Staatsbibliothek von Uta Lindgren, Die Geographie des Claudius Ptolemäus in München, in: Archives Internationales d’Histoire des Sciences 35 (1985) 148–239. Dazu oben Kap. 1.4, Abschnitt 1.2.1 Lateinische Kartenhandschriften.
F. Mittenhuber / T. Klöti
5.5 Rezeption in der Kartographiegeschichte
rer verbinden. Trotzdem finden sich in den meisten Drucken des 16. Jahrhunderts ptolemäische und moderne Karten nebeneinander. Diese Entwicklung fand erst ein Ende, als Gerhard Mercator 1578 in Köln die ptolemäische Geographie wieder in originaler Form herausgab und ihre Rolle so auf die eines historischen Dokumentes zurückführte. Damit war die Trennung in historische und moderne Kartographie endgültig vollzogen.5 Infolge des Umfanges und der Komplexität des – im Übrigen noch keineswegs vollständig aufgearbeiteten – Themas soll die eben genannte Entwicklung hier lediglich an einigen ausgewählten Beispielen von Weltkarten veranschaulicht werden.6 Die Beispiele werden in chronologischer Reihenfolge angeführt; die Abbildungen sind jeweils begleitet von einem kurzen Abschnitt zum entsprechenden Werk sowie einer kurzen Beschreibung des Karteninhalts. Um Missverständnissen vorzubeugen: Nicht alle im Folgenden gezeigten Karten stammen aus Ausgaben der Geographie. Es ist zu unterscheiden zwischen ‘echten’ ptolemäischen und modernen Karten in Druckausgaben der Geographie sowie ptolemäischen und modernen Karten in Ausgaben, die mit der Geographie direkt nichts zu tun haben. Dies verdeutlicht eine Übersicht über die im Folgenden besprochenen Karten: Abb. Autor (Drucker)
Werk
Ort, Jahr
Kartentyp
1
Druckausgabe der Geographie
Rom 1478
Ptolemäische Weltkarte (1. Projektion); Kupferstich
Druckausgabe der Geographie Weltchronik
Ulm 1482
Johannes Ruysch (Bernardinus Venetus de Vitalibus) Martin Waldseemüller
Druckausgabe der Geographie
Rom 1507
Ptolemäische Weltkarte (2. Projektion); Holzschnitt Ptolemäische Weltkarte (1. Projektion), mit christlichen Elementen kombiniert; Holzschnitt Moderne Weltkarte; Kupferstich
Separate Ausgabe
Martin Waldseemüller, Matthias Ringmann u.a. (Johannes Schott)
Druckausgabe der Geographie
St. Dié und Strassburg 1507 Strassburg 1513
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Domitius Calderinus (Arnold Buckinck, Konrad Sweynheim) Johannes Schnitzer (Lienhart Holl) Hartmann Schedel (Anton Koberger)
Nürnberg 1493
Moderne Weltkarte; Holzschnitt Ptolemäische Weltkarte (1. Projektion); Holzschnitt
Verfolgt man die Entwicklung der Kartographie weiter, stellt man fest, dass die Kartenbilder noch bis ins 17. Jahrhundert hinein von Ptolemaios mitgeprägt sind: Beispielsweise findet sich, bedingt durch die hypothetische Landbrücke, die bei Ptolemaios die Oikumene im Süden abschliesst, noch lange Zeit ein hypothetischer Südkontinent – die sog. terra australis, welcher Australien letzlich seinen Namen verdankt. – Der ptolemäische Nullmeridian durch die Insulae Fortunatae (später präziser durch Hierro) hat sich noch bis ins 19. Jahrhundert hinein gehalten; der von der Internationalen Meridiankonferenz in Washington 1884 zum Nullmeridian erklärte Meridian durch Greenwich wurde von Frankreich erst 1911 anerkannt. Einen vollständigen Überblick über die gedruckten Weltkarten vor 1700 bietet R.W. Shirley, The Mapping of the World. Early printed World Maps 1472–1700 (London 1984).
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Kap. 5 Wirkungsgeschichte
Abb. Autor (Drucker) 7 Sebastian Münster (Henricus Petri) 8 Sebastian Münster (Henricus Petri) 9 Gerhard Mercator 10
Werk Druckausgabe der Geographie Druckausgabe der Geographie Separate Ausgabe Gerhard Mercator Druckausgabe (Gottfried von Kempen) der Geographie
Ort, Jahr Basel 1540 Basel 1540 Duisburg 1569 Köln 1578
Kartentyp Moderne Weltkarte; Holzschnitt Ptolemäische Weltkarte (2. Projektion); Holzschnitt Moderne Weltkarte; Kupferstich Ptolemäische Weltkarte (2. Projektion); Kupferstich
Die ‘eigentliche’ – allerdings noch kartenlose – Editio princeps von Vicenza 1475 bildete den Auftakt zu einer Reihe von gedruckten Ausgaben der ptolemäischen Geographie:7 Bologna 1477, Rom 1478, Ulm 1482 und 1486, Rom 1490, 1507 und 1508. Alle diese frühen Ausgaben gehen direkt oder indirekt auf Kartenhandschriften des Donnus Nicolaus Germanus zurück8 und bekunden somit die überragende Bedeutung dieses Gelehrten in der Rezeption der ptolemäischen Geographie.9 Doch nicht nur die Germanus-Karten fanden Eingang in Druckausgaben der Geographie, sondern auch andere, wie z.B. die Karten des Francesco Berlinghieri in der Florentiner Ausgabe von 1482, einer Versübertragung der ptolemäischen Geographie in toskanischem Dialekt.10 Auch wurden die Karten des Nicolaus Germanus kritisiert, beispielsweise von Johannes Regiomontanus, der ihn – nicht ganz zu Unrecht – in einem Brief zu Beginn seines Dialogus adversus Gerardum Cremonensem einen Stümper (homo fame licus, eigtl. ‘Hungerleider’) nennt.11 Auffallend ist ferner, dass in den frühesten Druckausgaben erst der originale ptolemäische Satz von einer Weltkarte und 26 Länderkarten (in der trapezförmigen Germanus-Projektion) gedruckt wurde, obwohl ja bereits in den lateinischen Handschriften eine zunehmende Zahl sogenannter tabulae novae festzustellen ist. Es bietet sich hier also dasselbe Bild wie in den lateinischen Handschriften, wo die tabulae novae erst nach und nach ins ptolemäische Werk integriert werden; nur geht in den Drucken, wie sich gleich zeigen wird, der Modernisierungsprozess viel rascher vonstatten.
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Erst seit der Römer Ausgabe von 1490 wieder Geographia genannt; die früheren Ausgaben verwenden noch die von Jacopo Angelo eingeführte Bezeichnung Cosmographia; vgl. dazu oben Kap. 5.3, Abschnitt 1. Die Ausgabe von Bologna basiert auf dem Codex Neapolitanus VF 32, die Römer Ausgaben auf dem Codex Ebnerianus Latinus (Public Library, New York), die Ulmer Ausgaben auf dem Codex Wolfeggianus 9818. Vgl. dazu oben Anm. 4. Um 1492 erschien in Nürnberg der sogenannte ‘Deutsche Ptolemäus’, eine anonyme Übersetzung der Textteile der Geographie. Lat. Text abgedruckt bei Gentile a.O. (oben Anm. 3) 161f., engl. Übersetzung bei Gautier Dalché a.O. (oben Anm. 3) 340.
F. Mittenhuber / T. Klöti
5.5 Rezeption in der Kartographiegeschichte
1. Die Römer Ausgabe von 1478 Obwohl die von Domenico de’ Lapi besorgte Erstausgabe der ptolemäischen Geographie mit Karten bereits ein gutes Jahr zuvor in Bologna erschienen war, soll hier die Römer Ausgabe von 1478 als erstes Beispiel besprochen werden. Das Werk ist im Allgemeinen weitaus sorgfältiger ausgeführt als die Bologneser Ausgabe von 1477 und hatte auch den grösseren Einfluss – besass doch auch Kolumbus ein Exemplar von dieser Ausgabe. Die Karten des Druckes von 1478 wurden mehrfach wiederverwendet, nämlich in den Römer Ausgaben von 1490, 1507 und 1508. Die hier besprochene Ausgabe wurde von Konrad Sweynheim um das Jahr 1474 begonnen, nach dessen Tod 1477 von Domitius Calderinus fortgeführt und schliesslich von Arnold Buckinck im Oktober 1478 vollendet. Sie enthält auf 123 Blättern die Geographie in der Übersetzung von Jacopo Angelo, mit einer anonymen Widmung an Papst Sixtus