Grundriss der Perkussion und Auskultation 9783111671451, 9783111286709

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Grundriss der Perkussion und Auskultation
 9783111671451, 9783111286709

Table of contents :
Geleitwort
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur 1. Auflage
Vorwort zur 2. Auflage
Einleitung
Erster Teil. Allgemeine Perkussion und Auskultation
L Perkussion
II Auskultation
III. Die Untersuchung des Pulses
Zweiter Teil. Spezielle Perkussion und Auskultation (Physikalisch-diagnostische Symptomengruppen)
I. Erkrankungen der Atmungsorgane
II. Erkrankungen der Kreislauforgane
III. Erkrankungen der Abdominalorgane
Anhang: Die Demonstration der Atemgeräusche und Herztöne mittels elektroakustischer Methoden
Schrifttum
Sachverzeichnis

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GRUNDRISS DER P E R K U S S I O N U N D AUSKULTATION Von

Prof. Dr. med. G. L A N D E S Leitender Arzt der S t a d t . K r a n k e n a n s t a l t e n L a n d s h n t Mit einem Geleitwort von

Prof. Dr. Dr. B O D E C H T E L Direktor der 2. Med. Klinik der U n i v e r s i t ä t München

2. Auflage Mit 42 Abbildungen

1954

W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J . G u t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • K a r l J . T r ü b n e r • Veit & Comp.

B E R L I N W 35

Alle "Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten. — Copyright 1954 by Walter de Gruyter & Co. Vormals G-. J . Göschen'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit& Comp., Berlin W 35, Genthiner Straße 13. Archiv-Nr. 51 37 54 — Printed in Germany.

Geleitwort Jedem, der innerhalb der ersten drei Jahrzehnte unseres Jahrhunderts das Glück hatte, in München die klinischen Vorlesungen zu hören, wird sich immer wieder der eindrucksvollen Kurse über Perkussion und Auskultation erinnern, die von F r i e d r i c h v . M ü l l e r persönlich gehalten wurden. Das vorliegende Büchlein von L a n d e s , einem der letzten Mitarbeiter des großen Münchner Internisten, atmet noch ganz den Geist des Meisters und verdient in seiner zweiten Auflage — die erste erschien 1944 — die besondere Aufmerksamkeit unserer studierenden Jugend. Wie von F r i e d r i c h v. M ü l l e r werden auch von L a n d e s die physikalischen Grundlagen an den Anfang der Beobachtungen gestellt und alle klinisch faßbaren Phänomene mit mathematischer Präzision analysiert. Das Büchlein stellt unter Beweis, wie notwendig es ist, auch im Zeitalter der Röntgenologie die Untersuchungen mittels der Auskultation und Perkussion zu beherrschen; sie lassen sich eben für die Praxis nicht ersetzen. Kurz, prägnant und leicht lesbar geschrieben, wird auch diese 2. Auflage dieses Büchleins ihren W e g machen; denn wer es in die Hand genommen hat, legt es nicht weg, bevor er es zu Ende gelesen. G. Bodechtel, München

Inhaltsverzeichnis Seite

Geleitwort

III

Vorwort

VII

Einleitung

1 Erster Teil

Allgemeine Perkussion und Auskultation I. Perkussion 1. Geschichtliches, Technik und physikalische Grundlagen der Perkussion . 2. Lungenperkussion

2 10

3. Herzperkussion

17

4. Perkussion des Abdomens

20

II. Auskultation 1. Begriffsbestimmung,

Geschichtliches und allgemeine Technik der Aus-

kultation

23

2. Auskultation der Lunge

27

3. Auskultation des Herzens

35

III. Untersuchung des Pulses 1. Venen- und Arterienpuls

45

2. Blutdruckmessung

54

3. Bestimmung der Einzelfaktoren des Blutdrucks

56

Zweiter Teil

Spezielle Perkussion und Auskultation (Physikalisch-diagnostische

Symptomengruppen)

I. Erkrankungen der Atmungsorgane 1. Bronchialerkrankungen

60

2. Vermehrter Luftgehalt der Lunge

63

3. Verminderter Luftgehalt der Lunge

65

4. Höhlenbildungen in der Lunge

70

5. Abnormer Inhalt im Brustfellraum

71

VI Seite

II. Erkrankungen der Kreislauforgane 1. Herz- und Kreislaufveränderungen bei dauernder Blutdrucksteigerung

78 .

78

2. Herz- und Kreislaufveränderungen bei Erhöhung des Widerstandes im kleinen Kreislauf

81

3. Myodegeneratio cordis

83

4. Herzklappenfehler

85

5. Erkrankungen der Brustaorta

98

6. Herzbeutelerkrankungen

100

III. Erkrankungen der Abdominalorgane

103

Anhang

107

Die Demonstration der Atemgeräusche und Herztöne mittels elektroakustischer Methoden 107 Schrifttum

109

Sachverzeichnis

111

Vorwort zur i. Auflage In dem vorliegenden „Grundriß der Perkussion und Auskultation", der auf Aufforderung des Verlages verfaßt wurde, habe ich mich insbesondere bemüht, auch den Ergebnissen neuerer Untersuchungen Rechnung zu tragen. Das Stoffgebiet wurde unter dem einheitlichen Gesichtswinkel der Schwingungslehre zusammengefaßt, wie es den physikalischen Grundlagen entspricht und auch auf dem Gebiet der Technik üblich ist, wo die „Schwingungsprüfung" neuerdings eine viel breitere Anwendung gefunden hat, als auf dem Ursprungsgebiet der Medizin. Vielleicht gibt diese Tatsache auch manchem zu denken, der Perkussion und Auskultation als „überholte" Untersuchungsverfahren am liebsten beiseite gelegt wissen möchte. In Wirklichkeit verhindert nur die fehlende physikalisch-mathematische Auswertung nach Maß und Zahl eine weitere Ausschöpfung der Methoden. Wenn der Student nicht bloß Fachschüler sein will, muß er diese Zusammenhänge mit anderen Disziplinen sehen können und die Möglichkeit zu eigener kritischer Stellungnahme haben. Deshalb habe ich im allgemeinen Teil wenigstens die einfachsten theoretischen Grundlagen dargestellt und auch nicht verhehlt, wie wenig gesichert manche Anschauungen sind. Die Ergebnisse einer größeren Anzahl eigener experimenteller Untersuchungen wurden dabei mitverwertet. Die praktische Anwendung, deren Bedeutung ich nach meiner Tätigkeit in der Klinik, als Landarzt und am Krankenhaus von allen Seiten zu kennen glaube, ist dabei immer im Vordergrund der Darstellung geblieben. Die Lehre von Puls und Blutdruck wurde entsprechend den Untersuchungsergebnissen von O. F r a n k und seiner Schule dargestellt. Da die Pulsregistrierung für die Diagnostik der Kreislaufstörungen immer größere praktische Bedeutung gewinnt, mußten ihre Ergebnisse eine eingehendere Besprechung finden. Aus den gleichen Gründen wurde auch die Einteilung der Hochdrucktypen nach kreislaufmechanischen Gesichtspunkten, wie wir sie K. W e z l e r und A. B ö g e r verdanken, übernommen. Die Abbildungen sind, soweit nicht anders bezeichnet, Originalaufnahmen bzw. Zeichnungen. Die Röntgenaufnahmen verdanke ich dem Chefarzt der Röntgenabteilung an den städtischen Krankenanstalten Solingen, Herrn Dr. B o c k . Das Schriftenverzeichnis kann bei dem knappen Umfang des Buches keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Es wurden nur die Monographien bzw. Einzelarbeiten genannt, die vorzugsweise bei der Abfassung zu Rate gezogen worden sind.

Vili Ich kann diesen A n l a ß nicht vorübergehen lassen, ohne in D a n k barkeit den Namen meines großen Lehrers F r . v . M ü l l e r zu nennen. Mit Prof. A . P i e r a c h , Memel, verbindet mich eine Reihe von Jahren fruchtbarer Zusammenarbeit an der zweiten medizinischen Klinik in München, in denen wir manche Nacht über den Problemen der Perkussion und Auskultation im Laboratorium zubrachten. F ü r bewußte und unbewußt gegebene Anregungen habe ich besonders den Herren Prof. P. M a r t i n i , Bonn, und Prof. K . V o i t , Gießen zu danken. Solirgen, im Juli 1944 G. Landes

Vorwort zur 2. Auflage Für die zweite Auflage wurde im wesentlichen ein kurzer A b r i ß über die Diagnostik der wichtigsten angeborenen Herzfehler eingefügt. Die in den letzten Jahren möglich gewordene operative Behandlung erfordert jetzt eine genauere Differenzierung. Perkussion und Auskultation ergeben dabei neben den übrigen notwendigen Methoden des Herzkatheterismus, der Angiokardiographie usw. besonders wertvolle Hinweise. Die in der ersten Auflage bei Besprechung der Mechanik der erworbenen Herzklappenfehler kurz erwähnten Anschauungen von E . Edens sind aus drucktechnischen Gründen stehen geblieben, obwohl sie heute als überholt gelten müssen. Doch m a g gerade diese historische Reminiszenz dem Studenten zeigen, daß eine physikalische Erklärung in der Medizin nicht durch ihre Anschaulichkeit, sondern erst durch quantitative Auswertung Beweiskraft erhält und damit zur erwünschten kritischen Einstellung auffordern. Landshut, im Juli 1954 G. Landes

Einleitung Die Untersuchungsmethoden der Perkussion und Auskultation gründen sich auf die Auswertung elastischer Schwingungen zu diagnostischen Zwecken. Sie ermöglichen sowohl die Feststellung bestimmter Organgrenzen als insbesondere die Ermittlung von Struktur- und Festigkeitsänderungen einzelner Organe bzw. Gewebe. Die Schwingungen werden einerseits durch Anstoß von außen ausgelöst (Perkussion), andererseits durch rhythmische Bewegungsvorgänge (Atmung, Herzschlag) im Körper selbst erzeugt. Zur Beurteilung der Schwingungen dient vor allem das Ohr des Untersuchers, da ihre Frequenz größtenteils im hörbaren Bereich liegt und deshalb als Schall empfunden wird. Die langsameren SchwingungsVorgänge, die dem Ohr nicht mehr zugänglich sind (Herzstoß, Puls, z. T. Perkussion) werden durch das Tastgefühl der Finger erfaßt. Soweit Perkussion und Auskultation der Grenzbestimmung von Organen, infiltrativen Prozessen oder Ergüssen dienen, ist dieses Ziel mit Hilfe der Röntgenstrahlen zweifellos genauer zu erreichen. Allerdings werden auch hier die älteren Untersuchungsverfahren trotzdem immer ihren Platz behaupten, weil sie ohne komplizierte Hilfsmittel durchzuführen sind und auch nicht zuletzt deshalb, weil sie doch den unmittelbarsten Kontakt mit dem Kranken herstellen. Ihr Hauptwert liegt jedoch in der Ermittlung von Elastizitäts- bzw. Festigkeitsänderungen der Gewebe (Auskultation, vergleichende Perkussion), wo sie eigene Wege gehen und durch das mehr morphologische Röntgenverfahren nicht ersetzt werden können. Ein analoger Sachverhalt findet sich im Gebiet der Technik,.die ihre Werkstoffe ebenfalls einer Röntgenuntersuchung u n d einer Schwingungsprüfung (dynamische Materialuntersuchung) unterzieht. Ebenso können sich auch in der Medizin Perkussion und Auskultation einerseits und Röntgenstrahlen andererseits nicht gegenseitig ersetzen, sondern beide Verfahren sind, einander ergänzend, gleichzeitig für die Diagnose notwendig.

1

L a n d e s , Grundriß

Erster T e i l

Allgemeine Perkussion und Auskultation L

Perkussion

i. Geschichtliches, Technik und physikalische Grundlagen I m J a h r e 1 7 6 1 v e r ö f f e n t l i c h t e der p r a k t i s c h e A r z t u n d P h y s i k u s a m spanischen H o s p i t a l in W i e n , L e o p o l d A u e n b r u g g e r , sein „ I n v e n t u m n o v u m e x percussione thoracis h u m a n i u t signo abstrusos interni pectoris m o r b o s d e t e g e n d i " . D i e große E n t d e c k u n g w u r d e erst 1808 d u r c h C o r v i s a r t , den L e i b a r z t N a p o l e o n s , z u allgemeiner A n e r k e n n u n g geb r a c h t . D i e w e i t e r e E n t w i c k l u n g der M e t h o d e v e r z e i c h n e t neben A n d e r e n v o r allem die N a m e n v o n P i o r r y u n d S k o d a als b e d e u t s a m e F ö r d e r e r . Mit Z a m m i n e r s u n d R . u. A . G e i g e i s F o r s c h u n g e n w i r d der W e g z u r K l ä r u n g der p h y s i k a l i s c h e n P r o b l e m e b e s c h r i t t e n , dessen W e i t e r v e r f o l g u n g d u r c h F r . v o n M ü l l e r u n d seine Schüler d e m V e r f a h r e n eine gesunde G r u n d l a g e sichert. W i e bereits e r w ä h n t , b e r u h t die P e r k u s s i o n auf der E r r e g u n g elastischer S c h w i n g u n g e n d u r c h A n s t o ß (percutere = erschüttern) v o n a u ß e n . D e r Anstoß w i r d d u r c h B e k l o p f e n m i t d e m g e b e u g t e n M i t t e l f i n g e r d e r r e c h t e n H a n d erzeugt. D i e B e w e g u n g m u ß — ähnlich d e m A n s c h l a g d e s K l a v i e r s p i e l e r s b e i m l e g a t o — a u s l o c k e r e m H a n d g e l e n k erfolgen, ohne d a ß der A r m oder g a r die S c h u l t e r m u s k u l a t u r d a b e i beteiligt w e r d e n . D a die s c h w i n g u n g s f ä h i g e n O r g a n e des menschlichen K ö r p e r s s t e t s v o n einer d ä m p f e n d e n Schicht (Haut, U n t e r h a u t f e t t g e w e b e , M u s k u l a t u r ) u m g e b e n sind, f ü h r t eine d i r e k t e B e k l o p f u n g nur z u u n g e n ü g e n d e n R e s u l t a t e n . E i g e n s c h w i n g u n g e n , die zur B e u r t e i l u n g ausreichen, lassen sich erst n a c h K o m p r e s s i o n der nicht s c h w i n g u n g s f ä h i g e n , a k u s t i s c h „ t o t e n " . B e d e c k u n g e r z e u g e n . D e r k o m p r i m i e r t e B e z i r k soll r e l a t i v k l e i n sein, d a im gegenteiligen F a l l leicht eine D ä m p f u n g der S c h w i n g u n g e n h e r v o r g e r u f e n wird. A m b e s t e n b e n u t z t m a n z u diesem Z w e c k d a s E n d g l i e d des Zeige- oder Mittelfingers (Plessimeterfinger) der l i n k e n H a n d , d a s einen m ä ß i g e n D r u c k a u s z u ü b e n h a t , w ä h r e n d die ü b r i g e n T e i l e des F i n g e r s u n d der H a n d nur g a n z locker oder ü b e r h a u p t n i c h t aufliegen. B e k l o p f t w i r d n u r d a s E n d g l i e d des P l e s s i m e t e r f i n g e r s ( A b b . 1). D i e eben beschriebene M e t h o d e der indirekten Finger-Finger-Perkussion h a t alle anderen V e r f a h r e n , die sich z. B . eines H a m m e r s oder eines E l f e n b e i n p l e s s i m e t e r s b e d i e n t e n , f a s t v o l l k o m m e n v e r d r ä n g t , d a die n ö t i g e n I n s t r u m e n t e i m m e r z u r H a n d sind, k e i n e störenden N e b e n -

Perkussion

geräusche erzeugt werden und damit am leichtesten eine feinfühlige A n p a s s u n g für die Schwingungserzeugung erzielt wird. Die ausgelösten Eigenschwingungen gelangen teils durch die V e r m i t t l u n g der L u f t an unser O h r , teils werden sie durch die Sensibilität der Finger ( V i b r a t i o n s g e f ü h l ) empfunden. D a durch die physikalischen Gesetze der A b s t r a h l u n g der Perkussionsschall in der Nähe der perkutierten Stelle eine andere Zusammensetzung aufweist als in größerer Entfernung, ist streng darauf z u achten, daß

3

Abb. 1. Fingerhaltung bei der Perkussion

das Ohr in einen Abstand von mindestens ca. 50 cm gehalten wird. B e i der Beurteilung des Perkussionsschalls geht man z w e c k m ä ß i g nicht v o n s u b j e k t i v e n E m p f i n d u n g s q u a l i t ä t e n aus, wie sie A u e n b r u g g e r und S k o d a mit den Bezeichnungen clarior, obtusior usw. gewählt hatten, sondern bedient sich besser der p h y s i k a l i s c h e n B e s t i m m u n g s g r ö ß e n , durch die eine Schwingung charakterisiert ist. Diese physiskalischen Größen können leicht aus der B e o b a c h t u n g eines einfachen Schwingungsvorgangs abgeleitet werden 1 ). Bringt m a n z . B . das in A b b . 2 dargestellte einfachste Schwingungssystem, das aus einer Feder (Elastizität) und daran befestigter Masse besteht, durch einen Stoß nach abwärts aus der Ruhelage, so führt es hin- und hergehende periodische Bewegungen, also Schwingungen aus. Eine an der Masse befestigte Schreibfeder (S) zeichnet diese Bewegungen auf einem mit konstanter Geschwindigkeit vorbeigezogenen Papierstreifen auf. Die entstehende K u r v e (Schwingungsbild) entspricht dem bekannten Verlauf einer Sinuslinie. A n dieser ist erstens die Größe der Ausschläge ( A m p l i t u d e ) und zweitens — bei bekannter Papiergeschwindigkeit — die Z a h l der Schwingungen pro sec., die F r e q u e n z , abzumessen. Bet r ä g t z. B . die Papiergeschwindigkeit 2 cm pro sec. und ist die Länge einer vollen Periode der Sinuskurve ( T i n A b b . 2) gleich 1 cm, so führt x) D i e A b l e i t u n g der Perkussionsgesetze a m e i n f a c h s t e n Schwingungsmodell wird d e n T a t s a c h e n besser gerecht, als die Z u r ü c k f i i h r u n g auf W e l l e n v o r g ä n g e , d a die W e l l e n l ä n g e n der a n L u n g e u n d B r u s t k o r b erzeugten S c h w i n g u n g e n i m V e r g l e i c h z u dessen D i m e n s i o n e n r e l a t i v groß sind (kleine S c h a l l g e s c h w i n d i g k e i t in p o r ö s e n K ö r p e r n ) . D e r B e g r i f f der Schallwelle e r w e c k t zu l e i c h t V o r s t e l l u n g e n einer g e r i c h t e t e n S c h a l l s t r a h l u n g usw., die bei d e n V e r h ä l t n i s s e n der Perkussion n i c h t z u t r e f f e n u n d zu I r r t ü m e r n f ü h r e n .

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

das System zwei Schwingungen pro sec. aus oder — mit anderen Worten — seine Frequenz beträgt 2 Hertz (Hz). Da Frequenzen von 20—10000 Hz von unserem Ohr als Schall empfunden werden und im Fall des sinusförmigen Verlaufs die Empfindung eines „Tons" entsteht, wird die F r e q u e n z in diesem Bereich als T o n h ö h e bezeichnet und als t i e f bzw. h o c h unterschieden 1 ). Die A m p l i t u d e einer Schwingung kann mit gewissen Einschränkungen — entsprechend der unterschiedlichen Empfindlichkeit des Ohrs für hohe und tiefe Töne 2 )—mit der L a u t s t ä r k e des Schalls in Beziehung gesetzt und dementsprechend durch die Bezeichnung l a u t bzw. leise charakterisiert werden. Da jede Schwingung in der Natur infolge der unvermeidlichen Reibung nicht als perpetuum mobile weiter bestehen kann, sondern je nach der Größe der Reibung innerhalb kürzerer oder längerer Zeit zum A b k l i n g e n kommt, ist dadurch ein weiteres Charakteristikum der Schwingung gegeben. Physikalisch wird als Maß dieser „Dämpfung" das direkt von der Größe der Reibung abhängige Verhältnis zweier aufeinander folgender Amplituden gewählt. Da dieses subjektiv jedoch nicht unmittelbar erfaßbar ist, müssen wir zur Beurteilung des Perkussionsschalls die G e s a m t d a u e r der Schallerscheinung heranziehen und demnach als dritte Qualität k u r z - oder l a n g d a u e r n d unterscheiden. Dabei ist allerdings stets zu bedenken, daß bei gleicher Abb. 2. Einfaches SchwingungsGröße der Reibung ein leiser Schall » system und Aufschreibung rascher verschwindet als ein lauter und (Registrierung) der Schwingungen weiter, daß ein hoher Ton immer rascher abklingt, als ein tiefer: Bedingt nämlich z. B. eine bestimmte Reibung ein Erlöschungen der Schwingungen nach Ablauf von drei Perioden, so ist die Zeitdauer der Schallerscheinungen bei einem hochfrequenten Schwingungssystem von z. B. 500 Hz gleich 3/500 Sek., während sie bei einem tief frequenten System von z. B. 100 Hz länger, nämlich 3/100 Sek. ist. Meist haben wir es in der Medizin mit sehr kurz dauerndem Schall zu tun. So klingt z. B. der bei der Perkussion der hinteren Brustkorbpartien erhaltene Lungenschall bereits nach etwa drei Perioden ab. So kurz dauernde Schallerscheinungen werden von unserem Ohr — auch wenn sie aus einer einzelnen reinen Frequenz entstanden sind —• nicht als abklingender, reiner Ton, sondern als G e r ä u s c h empfunden. Da wir bei der Perkussion z. B. des Abdomens auch wesentlich länger ') Ein hoher Ton hat demnach eine große Schwingungszahl (Frequenz), ein tiefer eine niedrige Schwingungszahl pro Zeiteinheit. 2 ) Das Maximum der Ohrempfindlichkeit liegt bei ca. 2000 Hz (c4), bei ca 100 Hz (G) ist die Empfindlichkeit etwa ioooofach geringer!

Perkussion

5

anhaltende, physikalisch weniger gedämpfte Schwingungen auslösen können, bei denen dann auch sehr viele deutlicher ein „ T o n " hervortritt, wird dementsprechend beim Perkussionsschall auch zwischen t y m p a n i t i s c h (klangähnlich) und n i c h t t y m p a n i t i s c h unterschieden. Sind dem Perkussionsschall sehr hohe, mit der Frequenz des Grundtons nicht in ganzzahligem Verhältnis stehende, also unharmonische Oberschwingungen überlagert, so spricht man von M e t a l l k l a n g . Zusammenfassend lassen sich demnach folgende „Qualitäten" des Klopfschalls aufstellen: 1. 2. 3. 4. 5.

L a u t oder leise, Tief oder hoch, L a n g oder kurz, T y m p a n i t i s c h oder Metallklang.

nichttympanitisch,

Zur Verdeutlichung sind sie als Schwingungsbilder in A b b . 3 dargestellt. Einen allzu strengen physikalischen Maßstab darf man allerdings bei diesen Definitionen nicht anlegen, da — wie bereits erwähnt — die einzelnen Bestimmungsgrößen nicht völlig unabhängig voneinander sind. So ist die Läutheit des Schalls nicht allein eine Funktion der Amplitude, sondern auch maßgeblich durch die Tonhöhe bestimmt. Die subjektive Dauer des Schalls hängt nicht allein von der Reibung, sondern auch von der Ausgangsamplitude und der Tonhöhe ab usw. D a jedoch bei der Ausübung der Perkussion keine großen Unterschiede in der Tonhöhe vorkommen und beim Vergleich auch mit gleichbleibender Intensität perkutiert wird, sind die genannten subjektiven Unterscheidungsmerkmale für den Gebrauch genügend genau und haben sich auch-praktisch am besten bewährt.

Über die Grundlagen der einzelnen Schallqualitäten verschafft man sich zunächst am besten durch Betrachtung des einfachsten Schwingungssystems (Abb. 2) eine Übersicht. Seine Schwingungsamplitude nach einmaligem Anstoß (Perkussion) und damit — unter Berücksichtigung der oben genannten Einschränkungen — die Lautheit des abgestrahlten Schalls, ist in erster Linie durch die S t ä r k e d e s S t o ß e s bestimmt. Aber auch dessen D a u e r ist von Bedeutung für die Lautstärke: Ein System, das eine tiefe Eigenschwingung besitzt, wird durch einen k u r z e n Stoß weniger leicht in Schwingungen geraten, als ein solches hoher Eigenfrequenz. Umgekehrt kann bei hoher Eigenschwingungszahl eine zu l a n g e Stoßdauer dämpfend wirken. Die Stoßdauer selbst ist in der Hauptsache vom Gewicht des klopfenden Gegenstandes (z. B. Perkussionshammer) abhängig. Deshalb kann man sich mit der individualisierenden Finger-Perkussion am besten den vorliegenden Verhältnissen anpassen. Bei g l e i c h e r Stoßstärke wird ein System kleiner Masse oder geringer Elastizität 1 ) zu größeren Schwingungen angeregt, als ein solches großer Masse oder großer Elastizität. Auch eine Vergrößerung der R e i b u n g wirkt verringernd auf die Amplitude. ") Geringe Elastizität besitzt eine weiche Feder, da die Elastizität als Verhältnis von angewendeter Kraft zu erzielter Dehnung definiert ist.

6

Allgemeine Perkussion und Auskultation

Als weiterer, die Lautstärke bestimmender Faktor kommt zu den bereits genannten die Ü b e r t r a g u n g der S c h w i n g u n g e n an d i e u m g e b e n d e L u f t (Abstrahlung), die sie als Zwischenträger an unser Ohr weiterleitet. Ohne auf die Gesetzmäßigkeiten der Abstrahlung näher eingehen zu können, sei nur summarisch erwähnt, daß in der Regel tiefere Schwingungen viel schlechter abgestrahlt werden als höhere. Als letzte die Lautstärke beeinflussende Größe ist dann die bereits erwähnte größere E m p f i n d l i c h k e i t des m e n s c h l i c h e n O h r s für höhere Töne zu nennen.

Tief

Hoch

Abb. 3. Die „ Q u a l i t ä t e n " des Kopfschalis

Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß die L a u t h e i t des durch die Perkussion erzeugten Schalls von der I n t e n s i t ä t u n d D a u e r des S t o ß e s , von den B e s t i m m u n g s g r ö ß e n des p e r k u t i e r t e n S y s t e m s (Masse, Elastizität und Reibung), von der A b s t r a h l u n g und von der O h r e m p f i n d l i c h k e i t (bzw. Frequenz) abhängt. Die Tonhöhe des Perkussionsschalls ist im wesentlichen durch die Zusammensetzung des angestoßenen Systems bestimmt. Sie erniedrigt sich bei Vergrößerung der Masse, Abnahme der Elastizität oder Zunahme der Reibung bzw. erfährt bei Umkehrung dieser Vorgänge eine Erhöhung. Ein gewisser Einfluß auf die Tonhöhenempfindung wird auch durch die Art der Hörnervenerregung (Resonanztheorie) ausgeübt: Sie verursacht bei sehr kurzer Schalldauer eine höhere Klangfarbe als bei länger anhaltenden Schwingungen.

Perkussion

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Die für die Dauer des Perkussionsschalls maßgebenden Faktoren wurden bereits erwähnt. Neben dem hauptsächlichen Einfluß der Reibung (physikalische Dämpfung) des Systems, darf die Intensität der anfänglichen Erregung nicht übersehen werden, da es auch von ihr abhängt, innerhalb welcher Zeit die Schwingungen bis zur Hörschwelle abklingen. Auch auf den Zusammenhang von Schalldauer und -frequenz ist nochmals hinzuweisen. Ebenfalls fand bereits Erwähnung, daß für das Zustandekommen einer Tympanie vor allem ein besonders langes Andauern der Schallschwingungen, also insbesondere eine sehr geringe physikalische Dämpfung (Reibung) verantwortlich gemacht werden muß. Auf die Bedingungen für das Zustandekommen des Metallklangs, dem praktisch keine große Bedeutung mehr zukommt, wird später kurz eingegangen werden. Die eben für das einfachste Schwingungssystem abgeleiteten Gesetzmäßigkeiten gelten auch bei der P e r k u s s i o n am m e n s c h l i c h e n K ö r p e r . Allerdings haben wir hier noch mit einer Reihe komplizierender Einflüsse zu rechnen. Vor allem ist in der Regel n i c h t ein e i n z e l n e s , sondern es sind m e h r e r e schwingungsfähige Systeme gegegeben und außerdem sind Masse und Federung nicht getrennt, sondern kontinuierlich verteilt, so daß sich besonders günstige Voraussetzungen für das Schwingen in elastischen A b t e i l u n g e n und damit das Auftreten von O b e r s c h w i n g u n g e n vorfinden. Durch das Vorhandensein m e h r e r e r Schwingungssysteme verschiedener Eigenfrequenz gewinnt aus den oben erwähnten Gründen die S t o ß d a u e r eine besondere, a u s w ä h l e n d e , Bedeutung. Die Schwingungsfähigkeit in elastischen Abteilungen bedingt ein Zurücktreten des Einflusses der Gesamtmasse insbesondere auf die Tonhöhe gegenüber der nun vorherrschenden Bedeutung der Elastizität. Am besten macht man sich die vorliegenden Verhältnisse am Beispiel der Thoraxperkussion klar, da diese auch praktisch die größte Wichtigkeit besitzt. Wir haben es hier mit zwei schwingungsfähigen Systemen zu tun (Martini), dem glockenförmigen B r u s t k o r b und dem von diesem umschlossenen und normalerweise mit porösem Lungengewebe ausgefüllten H o h l r a u m . Die Eigenschwingung des Brustkorbs ist so tief (ca. 10 Hz), daß sie weder abgestrahlt wird, noch vom Ohr empfunden werden kann. Trotzdem sind die Eigenschaften der Brustwand von erheblicher Bedeutung für die Qualität des Klopfschalls, da es von der Intensität ihrer Schwingungen abhängt, in welcher Stärke der Hohlraum bzw. die Lunge erregt wird. Weiterhin bestimmt ihre Durchbiegbarkeit, in welchem Grade ihr die Hohlraum- bzw. Lungenschwingungen wieder aufgedrückt und abgestrahlt werden können. Deshalb sind Asymmetrien des Brustkorbs oder Pleuraschwarten, die eine Verstärkung der Brustwand bedeuten, Ursachen von Veränderungen des Perkussionsschalls, insbesondere einer Verringerung der Lautstärke. Überwiegend wird der bei der Perkussion entstehende Thoraxschäll durch die Art der Ausfüllung des H o h l r a u m s

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

bestimmt. Ist dieser -— wie beim P n e u m o t h o r a x — nur von L u f t erfüllt, so wird er in seiner nur wenig gedämpften Grundschwingung v o n ca. i o o H z erregt und wir erhalten einen lauten (geringe Masse,und E l a stizität der L u f t ) , tiefen (ca. i o o H z = G) und so langdauernden Schall, daß manchmal sogar eine T y m p a n i e empfunden wird. B e i A u s f ü l l u n g der Brusthöhle mit normalem Lungengewebe ergibt sich durch Z u n a h m e der Masse und R e i b u n g eine so erhebliche Vertiefung der Hohlraumschwingung (auf ca. 60—70 H z = C), daß diese bei normalem Ohrabstand des Untersuchers v o m K r a n k e n (mindestens 50 cm) infolge der A b strahlungsverhältnisse nicht mehr gehört werden kann. D a d u r c h k o m m t die nun auftretende zweite bzw. dritte Oberschwingung v o n ca 130 ( = c) bzw. ca. 200 H z ( = g) rein zur Geltung. Diese ist infolge der größeren R e i b u n g nicht tympanitisch u n d wird als „Lungenschall" bezeichnet. I m Vergleich z u m P n e u m o t h o r a x s c h a l l ist also der L u n g e n s c h a l l l e i s e r , weil eine vermehrte Masse in B e w e g u n g gesetzt und eine größere Elastizität (Härte) beim A n s t o ß überwunden werden m u ß , h ö h e r weil es sich u m Oberschwingungen handelt und k ü r z e r , weil die R e i b u n g innerhalb des porösen Gewebes naturgemäß größer ist, als in L u f t . Die Z u n a h m e der Masse, die beim einfachen Schwingungssystem eine V e r t i e f u n g der Tonhöhe zur Folge hat, w i r k t sich infolge des Schwingens in elastischen Abteilungen nur auf die L a u t s t ä r k e aus. Man kann sich dieses Verhalten durch das Bild einer schwingenden Saite veranschaulichen, die durch entsprechende Maßnahmen in einer höheren Oberschwingung angestrichen wurde. Die Saite gibt dann t r o t z eventuell großer L ä n g e denselben Schall, wie eine kurze Saite, die im Grundton schwingt, d. h. die L ä n g e spielt in diesem F a l l für die H ö h e des erzeugten T o n s keine Rolle, diese wird vielmehr im wesentlichen nur v o n der Elastizität bestimmt. Ebenso ist auch bei der Perkussion G e s a m t m a s s e und -volumen der L u n g e o h n e E i n f l u ß auf die H ö h e des Schalls. N i m m t infolge pathologischer Verdichtungsprozesse der L u f t gehalt der L u n g e ab, so wird Masse, Elastizität und Reibung v e r m e h r t u n d wir erhalten infolge der eben auseinandergesetzten Verhältnisse einen Klopfschall, der leiser, höher und kürzer ist, als der „ n o r m a l e " Lungenschall. Man spricht in diesem Falle dann v o n einer „Schallverkürzung" (pars pro toto), „Schallabschwächung", oder „relativen Dämpfung". Diese m e d i z i n i s c h e „ D ä m p f u n g " ist streng v o n der p h y s i k a l i s c h e n zu scheiden, da sie — wie gezeigt — wesentlich anderes bedeutet, als nur eine Z u n a h m e der Reibungswiderstände, die d e m p h y sikalischen Begriff allein zugrunde liegen. D a wir mit der Bezeichnung des normalen Lungenschalls bei der großen V a r i a t i o n s b r e i t e der Lungenelastizität, der Schwingungsfähigkeit des Brustkorbs usw. nur einen weiten Bereich abstecken und keine absolut geltende Größe aufstellen können, ist die Feststellung relativer D ä m p f u n g e n fast immer an den Vergleich möglichst korrespondierender Stellen der anderen Körperseite gebunden.

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Perkussion

K o m m t es zu einer v ö l l i g e n Verdichtung des Lungengewebes oder liegen der Brustwand k o m p a k t e O r g a n e , wie Leber oder Nieren an, so verschwinden die tiefen Lungenschwingungen völlig und der K l o p f schall erfährt dadurch eine relative Erhöhung, da nur mehr das ziemlich hochfrequente Anschlaggeräusch erzeugt wird. Infolge der erheblichen Massenvergrößerung ist der Schall auch sehr leise und entsprechend kurz. A u c h der Plessimeterfinger empfindet ein deutliches „Resistenzgefühl". Dies wird dann als „absolute Dämpfung" bezeichnet (s. A b b . 4 ) . T i e f e r im Lungengewebe liegende Verdichtungen können nur dann zu einer Schalländerung im Sinn einer relativen D ä m p f u n g führen, wenn

b) Abb. 4. Schwingungsbild des Lungenschalls und der absoluten Dämpfung, a) Lungenschall. b) Absolute Dämpfung

sie nicht weiter als 5 cm von der Brustwan d entfernt sind. Frühestens von dieser Tiefe an wird — um bei dem oben genannten Vergleich zu bleiben — der Grundton der verkürzten Saite (Lungengewebe zwischen Verdichtung und Brustwand) höher als die Oberschwingungen der langen Saite (gesamtes Lungengewebe). Überblickt man das Ergebnis der am Beispiel der Brustperkussion durchgeführten Erörterungen noch einmal, so lassen sich folgende, praktisch wichtigen Tatsachen hervorheben: 1. Luftgehalt der Gewebe ergibt einen l a u t e n , t i e f e n und l a n g d a u e r n d e n Perkussionsschall. Bei großen Höhlen, z . B . Kavernen, Magen, geblähter Darm ist dieser tympanitisch („Darmschall"). A u c h bei Entspannung des Lungengewebes in der Nähe großer Infiltrationen oder Ergüsse hat der Klopfschall tympanitischen Beiklang. 2. Luftleere Gewebe oder Ergüsse geben einen l e i s e n , h o h e n und k u r z e n Schall, wie man ihn auch beim Beklopfen von Muskulatur erhält ( S c h e n k e l s c h a l l ) . Zwischen dieser absoluten „ D ä m p f u n g " und dem normalen Lungenschall findet sich ein kontinuierlicher Übergang von Schallveränderungen, die als relative D ä m p f u n g bezeichnet werden und ihre Ursache entweder in teilweiser Infiltration oder Verringerung der Schichtdicke des Lungengewebes unter 5 cm haben.

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

2. Lungenperkussion D i e P e r k u s s i o n der L u n g e n b e z w e c k t 1. D i e F e s t s t e l l u n g der Lungengrenzen u n d ihrer V e r s c h i e b l i c h k e i t und 2. eine Prüfung des Luftgehalts der L u n g e n b z w . einzelner A b s c h n i t t e derselben, die in der R e g e l n u r d u r c h V e r g l e i c h s y m e t r i s c h e r Partien durchgeführt werden kann ( v e r g l e i c h e n d e P e r k u s s i o n ) . V o r B e g i n n der P e r k u s s i o n orientiert m a n sich z w e c k m ä ß i g ü b e r die Regionen des Brustkorbs u n d die vorliegenden a n a t o m i s c h e n V e r h ä l t nisse (s. A b b . 5).

Supraclavicularg*ube

Infradaviculargrube

Verbindung zwischen Manubrium u. corpus sterni (2. Rippe)

Interscapularraum

Vertebra prominens (7. Halswirbel)

^

Suprascapularraum

-Sgl-Vordere Achsellinie

»

Hypochondrium

Mittellinie Parasternallinie Medioclaricularlinie

%

Ì



Mimarne

,

r

fossa

supraspinata

fossa

infraspinata

Infrascapularraum

Hintere

Axillarlinie

- Scapalarlmie -

Abb. 5. Vordere und hintere Orientierungslinien a m Brustkorb V o n oben b e g i n n e n d sind z u n ä c h s t die beiden Schlüsselbeing r u b e n z u nennen, die jeweils d u r c h d e n R a n d des K o p f n i c k e r s , d e n R a n d des T r a p e z i u s u n d d a s Schlüsselbein b e g r e n z t w e r d e n u n d z w i s c h e n sich die f o s s a j u g u l a r i s einschließen. D i e s e w i r d n a c h u n t e n d u r c h d a s M a n u b r i u m sterni abgeschlossen, d a s in einem s t u m p f e n W i n k e l (Louisscher W i n k e l ) k n o r p e l i g m i t d e m C o r p u s sterni v e r b u n d e n ist. D i e als W u s t f ü h l b a r e V e r b i n d u n g e n t s p r i c h t d e m A n s a t z d e r z w e i t e n R i p p e u n d dient als A u s g a n g s p u n k t b e i m A b z ä h l e n d e r R i p p e n a n der V o r d e r s e i t e d e s B r u s t k o r b e s . A n dieser u n t e r s c h e i d e t m a n w e i t e r die beiden f o s s a e i n f r a c l a v i c u l a r e s u n d v o m u n t e r e n R a n d des g r o ß e n B r u s t m u s k e l s n a c h a b w ä r t s bis z u m R i p p e n b o g e n d a s l i n k e u n d r e c h t e H y p o c h o n d r i u m . Z u r E r g ä n z u n g dieser d u r c h h o r i z o n t a l e L i n i e n b e g r e n z t e n R e g i o n e n sind v e r e i n b a r u n g s g e m ä ß eine R e i h e v e r t i k a l e r L i n i e n g e b r ä u c h l i c h ( A b b . 5). N e b e n der M i t t e l l i n i e w i r d in der P r a x i s a m h ä u f i g s t e n die M a m i l i a r l i n i e g e n a n n t . D a die L a g e d e r

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Perkussion

Brustwarze nicht nur bei weiblichen Individuen häufig schwankt, ist diese besser durch die Halbierungslinie der Clavicula, die M e d i o c l a v i c u l a r l i n i e zu ersetzen. Durch den Sternalrand wird die S t e r n a l l i n i e , durch die Mitte zwischen Sternalrand und Medioclavicularlinie die P a r a S t e r n a l l i n i e gezogen. Seitlich geht durch die vordere Achselfalte die v o r d e re A x i l l a r l i n i e , durch die Mitte der Achselhöhle, die m i t t l e r e A x i l l a r l i n i e und durch die hintere Achselfalte die h i n t e r e A x i l l a r l i n i e . Am R ü c k e n ergibt die Reihe der D o r n f o r t s ä t z e die Mittellinie. Durch den angulus scapulae läuft bei herabhängenden Armen Lungenspitze

Abb. 6. Lungen- und Pleuragrenzen von v o m (nach C o r n i n g )

die S c a p u l a r l i n i e . In der Höhe orientiert man sich hier am besten nach den Dornfortsätzen, die von dem meist deutlich vorspringenden 7. Halswirbel ( v e r t e b r a prominens) aus gezählt werden. Sind zwei Dornfortsätze prominent, so ist der untere, bei dreien, der mittlere der gesuchte Wirbel. An R e g i o n e n unterscheidet man am Rücken die f o s s a s u p r a - u n d i n f r a s p i n a t a , oberhalb und unterhalb der Schulterblattgräte, und den S u p r a s c a p u l a r r a u m oberhalb bzw. den I n f r a s c a p u l a r r a u m unterhalb des Schulterblattes. Der zwischen beiden Schulterblättern gelegene Raum heißt I n t e r s c a p u l a r r a u m . Die anatomischen Verhältnisse d e r L u n g e n g r e n z e n bzw. des Pleurasackes sind in Abb. 6 u. 7 dargestellt. Besonders sei auf den K o m p l e m e n t ä r r a u m der P l e u r a aufmerksam gemacht, der bei tiefer Einatmung durch die keilförmig vordringende Lunge ausgefüllt wird. Wichtig ist auch die Kenntnis der einzelnen L u n g e n l a p p e n , deren Zahl rechts drei, links zwei beträgt. Ihre Lage ist derart, daß man am Rücken

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

auch rechts nur Ober- und Unterlappen vor sich hat, während an der Vorderseite des Thorax links fast nur der überlappen und rechts Oberund Mittellappen anliegen 1 ). Auch der Verlauf der B r o n c h i e n ist von Bedeutung, um — insbesondere bei der Auskultation — diagnostische Fehlschlüsse zu vermeiden. In dieser Hinsicht ist besonders bemerkenswert, daß die Luftröhre bis zum vierten Wirbelkörper nur durch die Speiseröhre getrennt dicht an der Wirbelsäule entlang läuft und vom rechten weiteren Hauptbronchus bereits kurz nach der Bifurkation der starke Ast für den r e c h t e n O b e r l a p p e n abgeht. Erwähnenswert ist Oberlappni

Oberlappen

Abb. 7. Lungen- und Pleuragrenzen von hinten (nach C o r n i n g )

auch die Lage der tracheobronchialen L y m p h d r ü s e n , die in ihrer Mehrzahl am inneren Winkel der Bifurkation, im Zentrum des Brustkorbes, liegen und deshalb von dessen Vorder— und Rückseite durch so dicke Gewebeschichten getrennt sind, daß auch bei eventl. Vergrößerung ein perkutorischer Nachweis unmöglich ist. Zur Vornahme der Lungenperkussion läßt man den Oberkörper des zu Untersuchenden v ö l l i g e n t k l e i d e n . Eine Untersuchung durch den sog. „Kassenschlitz", d. h. durch das nach Öffnung der vorderen Hemdknöpfe entstehende Dreieck, ist unwürdige Täuschung. Man achte auf gleichmäßige Beleuchtung, um U n s y m e t r i e n d e s B r u s t k o r b e s , deren Bedeutung für die Perkussion bereits erwähnt wurde, r ) Die Einteilung in Ober-, Mittel- und U n t e r f e l d der Lunge ist eine röntgenologische, die durch die Projektion des Röntgenbildes auf eine Ebene bedingt ist. Für die Perkussion usw., bei der wir auch räumlich zwischen vorn und hinten unterscheiden können, ist diese röntgenologische Einteilung unzweckmäßig.

Perkussion

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erkennen zu können und sorge durch Entfernung störender Nachttische usw. dafür, daß man selbst in bequemer Haltung und bei möglichst gleichmäßigem Abstand untersuchen kann. In der Sprechstunde können

a) falsch, b) und c) richtig

)

c)

Abb. 8. Unterstützung des Kranken bei der Untersuchung

Gehfähige im S t e h e n oder auf einem Stuhl olme Lehne s i t z e n d perkutiert werden. Vielfach ist es auch hier gebräuchlich, im L i e g e n zu untersuchen, da] der Kranke zur Durchführung der Palpation usw. doch in die horizontale Lage gebracht werden muß. Zur Untersuchung auf der

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

Rückseite des Brustkorbes ist dann — ebenso wie beim Bettlägrigen — ein A u f s e t z e n erforderlich, wobei besonders auf eine gute E n t s p a n n u n g der M u s k u l a t u r zu achten ist, da jede Muskelspannung zu Klopfschallveränderungen führt (schreiendes Kind!). Beide Schultern sollen lose herabhängen und die Schulterblätter durch leichtes Kreuzen der Arme auf dem Leib aus dem Wege geschafft sein. Jedes Aufstützen der Arme muß unbedingt vermieden werden. Der Kopf ist etwas nach vorn zu beugen, aber nur soweit, daß keine stärkere Krümmung der Brustwirbelsäule entsteht. S c h w e r k r a n k e müssen in dieser Haltung natürlich so g e s t ü t z t werden, daß die helfende Hand kein Hindernis darstellt (s. Abb. 8). Dies kann dadurch geschehen, daß die Schwester dem Kranken von vorn unter die Arme greift und ihn so zu beiden Seiten des Brustkorbes (ohne Hochschieben der Schultern!) festhält. Als brauchbar hat sich auch die Unterstützung am Nacken erwiesen, die mit einer Hand ausgeführt werden kann. Völlig zu verwerfen ist die oft gesehene Methode, daß man, vom Fußende des Bettes aus, den Kranken an beiden Händen nach vorn ziehen läßt. Schulterblätter und Brustkorb werden dadurch in eine für die Untersuchung höchst ungünstige Lage gebracht, die außerdem auch durch Zusammenpressen des Leibes und Hochdrängen des Zwerchfells den Kranken erheblich bei der Atmung behindert. Größte Schonung ist aber gerade hier notwendig, da die mit längerem Aufsitzen verbundene Anstrengung oft genügt, ein an der Grenze der Leistungsfähigkeit stehendes Herz (z. B. bei Pneumonie) zum Versagen zu bringen. In solchen Fällen soll keine Untersuchung zu viel, aber auch keine zu wenig ausgeführt werden und die Perkussion c i t o , t u t ö et j u c u n d e (Edens) zur Ausführung gelangen. Eine rasche und sichere Durchführung der Untersuchung, die nicht mit Flüchtigkeit'zu verwechseln ist, erhöht auch deren G e n a u i g k e i t , da bei öfterer Wiederholung der Perkussion das Gehör in seinem Unterscheidungsvermögen mehr und mehr ermüdet. Bei der Bestimmung der Lungengrenzen beginnt man in der Regel r e c h t s v o r n e und perkutiert in der M e d i c o c l a v i c u l a r l i n i e von der fossa infraclavicularis aus nach abwärts. Dabei kann man sich oben mit der Perkussion in jedem Interkostalraum begnügen und wird erst nach unten hin, gegen die erwartete Grenze zu, die Abstände eiiger wählen. Der Perkuäsionsschlag ist dabei zweckmäßig 1 e i s e, da bei Erschütterung eines zu großen Bezirks die Genauigkeit leidet. Bei dickeren Leuten muß allerdings ein kräftigerer Stoß angewendet werden, um das Fettpolster zu durchdringen. Von etwa der vierten Rippe an bemerkt man dann beim Äbwärtsperkutieren ein allmählich zunehmendes Leiser-, Höher- und Kürzerwerden des Klopfschalls (relative Dämpfung), weil die Wölbung der Zwerchfellküppel eine keilförmige Zuspitzung der Lungenränder bewirkt und von der Höhe dieser Rippe an der oben bereits genannte Grenzwert einer Schichtdicke von 5 cm Lungengewebe unterschritten wird. Die Feststellung des Beginns dieser relativen Dämpfung ist deshalb ohne praktischen Wert. Mit Erreichung des unteren

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Perkussion

R a n d e s der 6. o d e r oberen R a n d e s der 7. R i p p e wird die D ä m p f u n g a b s o l u t , es ist also keinerlei L u n g e n g e w e b e m e h r , sondern nur n o c h L e b e r u n t e r der B r u s t w a n d v o r h a n d e n . A n dieser Stelle liegt die t a t sächliche G r e n z e der L u n g e u n d w i r d d u r c h einen P u n k t m i t d e m H a u t s t i f t ( D e r m a t o g r a p h ) m a r k i e r t . E b e n s o v e r f ä h r t m a n n u n in der r e c h t e n m i t t l e r e n A x i l l a r l i n i e u n d a m R ü c k e n in b e i d e n Scapularlinien. L i n k s ist nur n o c h in der h i n t e r e n A x i l l a r l i n i e eine sichere G r e n z e gegen die Milz z u finden, w e i t e r n a c h v o r n g r e n z t die L u n g e a n die M a g e n b l a s e , Krönigsches

Schallfeld

Krönigsches

Schallfeld

*ehte untert wgengrenze

Abb. 9. Lungengrenzen mit Krönigschem Schallfeld vorn und hinten (Maximale respiratorische. Verschiebung gestrichelt) v o n d e r e n t y m p a n i t i s c h e m Schall der L u n g e n s c h a l l nicht g e n a u g e n u g a b g e g r e n z t w e r d e n k a n n . D i e g e f u n d e n e n P u n k t e liegen in einer u m d e n B r u s t k o r b l a u f e n d e n L i n i e u n d sind u n m i t t e l b a r z u v e r b i n d e n . L i n k s ist diese Linie in gleicher H ö h e v o n d e m in der h i n t e r e n A x i l l a r linie g e f u n d e n e n P u n k t a u s n a c h v o r n z u v e r l ä n g e r n , bis sie auf die s p ä t e r z u besprechende H e r z d ä m p f u n g t r i f f t . D i e so b e s t i m m t e u n t e r e L u n g e n g r e n z e weist n o r m a l e r w e i s e f o l g e n d e n V e r l a u f auf (s. A b b . 9): I n der rechten Medicoclavicularlinie: unterer R a n d der 6. R i p p e ; in der m i t t l e r e n A x i l l a r l i n i e : u n t e r e r R a n d der 7. R i p p e ; in den S c a p u l a r linien: 9. R i p p e ; n e b e n der W i r b e l s ä u l e : 1 1 . B r u s t w i r b e l d o r n . D i e a n g e g e b e n e n W e r t e gelten f ü r d e n s t e h e n d e n K r a n k e n . I m L i e g e n r ü c k t die rechte u n t e r e L u n g e n g r e n z e e t w a s n a c h u n t e n , i m S i t z e n f i n d e n sich s ä m t l i c h e P u n k t e e t w a s höher. K l e i n e D i f f e r e n z e n sind o h n e p r a k t i s c h e B e d e u t u n g , z u m a l die F e h l e r g r e n z e der M e t h o d e , die m i t der B r e i t e e i n e s Q u e r f i n g e r s a n g e s e t z t w e r d e n k a n n , stets i m A u g e b e h a l t e n w e r d e n sollte. B e i s t a r k e r E i n - b z w . A u s a t m u n g ist die respiratorische Verschieblichkeit g u t festzustellen. N a c h d e m bei ruhiger A t m u n g die L u n g e n -

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

grenze aufgezeichnet ist, bestimmt m a n diese, indem man den Patienten tief einatmen läßt. N u n perkutiert man rasch abwärts, bis sich wieder absolute D ä m p f u n g einstellt und markiert diese Grenze. Ebenso verf ä h r t m a n bei maximaler A u s a t m u n g . Auf diese Weise kann man die respiratorische Verschieblichkeit in Zahlen angeben und findet in der Medicoclavicularlinie W e r t e v o n 5 — 6 cm, in der Axillarlinie ca. 10 cm u n d in der Scapularlinie 4 — 6 cm. In der P r a x i s begnügt man sich meist mit der einfachen Feststellung der Verschieblichkeit in der Scapularlinie und läßt den Finger bei der Ein- u n d A u s a t m u n g an einer mittleren Stelle, etwas unterhalb der bei ruhiger A t m u n g gefundenen Lungengrenze liegen. Ist der Lungenrand verschieblich, so wird der Schall bei der E i n a t m u n g deutlich lauter, tiefer und länger. Z u r Orientierung ist diese Methode ausreichend, bei V e r d a c h t auf Rippenfellverwachsungen o. ä. wird m a n natürlich entsprechend dem oben geschilderten genaueren Verfahren vorgehen. B e i der Feststellung der oberen Lungengrenzen gibt die Perkussion keine genaue topographische B e s t i m m u n g der Lungenspitzen, sondern lediglich einen trägerförmig u m die Schultern verlaufenden B e reich v o n v e r k ü r z t e m Lungenschall, das K r ö n i g s c h e Schallfeld (s. A b b . 9). Man geht bei der B e s t i m m u n g so vor, daß man — am besten hinter dem Patienten stehend — am R a n d des M. trapezius nach abwärts perkutiert und an der Stelle, wo der absolut g e d ä m p f t e Schall der Muskulatur die ersten Spuren eines Lauter-, Länger- und Tieferwerdens zeigt, den Stand der Lungenspitze markiert. E s h a f t e t dieser Grenze eine gewisse Unsicherheit an u n d ihre B e d e u t u n g liegt mehr darin, U n t e r s c h i e d e z w i s c h e n d e r r e c h t e n u n d l i n k e n S p i t z e darzustellen. Dieses Ergebnis ist auch praktisch durchaus ausreichend, d a bei der heutigen E n t w i c k l u n g der Untersuchungsverfahren die Diagnose feinerer Veränderungen im Stand der Lungenspitzen viel besser röntgenologisch gestellt wird. > N a c h A u f z e i c h n u n g der Lungengrenzen 1 ) geht man zur vergleichenden Perkussion über, die eine E r m i t t l u n g der Elastizitätsverhältnisse b z w . des L u f t g e h a l t s einzelner Lungenabschnitte ermöglicht. In der R e g e l handelt es sich u m einen V e r g l e i c h z w i s c h e n r e c h t s u n d l i n k s , da m a n an den symmetrischen Körperseiten am leichtesten die Vorbedingungen völliger Gleichheit der zu vergleichenden Stellen erfüllt finden wird. Deshalb ist auch besonders auf Asymetrien des Brustkorbes, leichte Wirbelsäulenverbiegungen oder einseitig stärkere E n t w i c k l u n g der Muskulatur (Linkshänder!) z u achten. Ebenso müssen die —• z w e c k m ä ß i g mittelstarken — Perkussionsschläge v o n g l e i c h e r I n t e n s i t ä t sein u n d der Plessimeterfinger immer mit g l e i c h s t a r k e m D r u c k aufgelegt werden. Man achte auch darauf, d a ß beiderseits ent*) Der Geübte wird häufig beides kombinieren, d. h. die oberen Lungenpartien zuerst vergleichend perkutieren und unten sofort die Bestimmung der Grenzen anschließen. Für den Anfänger empfiehlt sich mehr das getrennte Vorgehen.

Perkussion

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weder im Z w i s c h e n r i p p e n r a u m oder evtl. auf der Rippe perkutiert wird. Meist beginnt m a n am R ü c k e n beiderseits oberhalb des Schulterblattes, vergleicht dann den Schall im Interscapularraum und schreitet so von Zwischenrippenraum z u Zwischenrippenraum nach a b w ä r t s bis zur unteren Lungengrenze fort. Ebenso vergleicht m a n an der Vorderseite, w o man mit den Supraclaviculargruben beginnt, die aber auch hinter dem K r a n k e n stehend, perkutiert werden können. I n j e d e m Fall ist darauf z u achten, daß dessen K o p f nicht gedreht wird, da sonst durch die einseitige Anspannung der Halsmuskulatur Klopfschalldifferenzen vorgetäuscht werden. In den unteren Teilen der Vorderseite des Brustk o r b e s m u ß man links der H e r z d ä m p f u n g ausweichen u n d mehr seitliche Partien z u m Vergleich heranziehen. Unter U m s t ä n d e n können dann auch noch die beiden Axillargegenden vergleichend perkutiert werden. W ä h r e n d auf diese Weise der V e r g l e i c h einander gegenüberliegender, s y m e t r i s c h e r T h o r a x p a r t i e n mühelos gelingt, ist es n u r sehr unsicher möglich, auf d e r s e l b e n Seite einen Vergleich zwischen oben und unten zu ziehen, da sich der Schall v o n der Spitze nach abw ä r t s stets ändert, ohne daß sich ein festes Verhältnis zwischen dem Schall der Lungenspitze und dem der Basis angeben läßt. Schreitet man allerdings in kleinen Intervallen in einer Linie fort ( S t r e i f e n p e r k u s s i o n ) , so werden gröbere Änderungen des normalerweise nach abwärts immer lauter werdenden Schalls auffallen und so ein größerer infiltrativer Herd nachgewiesen werden können. Symetrisch gelagerte k r a n k h a f t e Prozesse, die sich z. B . oft bei der Tuberkulose finden und naturgemäß der gewöhnlichen vergleichenden Perkussion entgehen müssen, können bei größerer Ausdehnung auf diese Weise gefunden werden. Feine Klopfschalldifferenzen, die auf der selben Seite beim Vergleich zwischen oben und unten auftreten, lassen sich jedoch aus den angeführten Gründen nicht verwerten. Insbesondere wird m a n gut daran tun, der v o m A n f ä n g e r so o f t diagnostizierten „ D ä m p f u n g über beiden S p i t z e n " recht skeptisch gegenüber zu stehen.

3. Herzperkussion Nach Feststellung der Lungengrenzen und D u r c h f ü h r u n g der vergleichenden Perkussion pflegt man bei der Untersuchung eines K r a n k e n die Bestimmung der Herzgrenzen vorzunehmen. Als Z i e l d e r P e r k u s s i o n erstrebt man dabei eine Projektion der Herzfigur auf die vordere B r u s t w a n d zu erhalten, g a n z ähnlich wie das Röntgenbild eine P r o j e k t i o n des Herzens auf die E b e n e des Films liefert. Trotzdem das Herz z u m größten T e i l von Lungen bedeckt ist und nur ein kleiner B e z i r k der vorderen B r u s t w a n d direkt anliegt, läßt sich das angegebene Ziel mit Hilfe der Perkussion doch erreichen, da die D i c k e der bedeckenden Lungenschicht nirgends 5 cm übersteigt. N a c h dem früher Gesagten müssen sich also die w a h r e n H e r z g r e n z e n gegenüber d e m Lungenschall durch eine r e l a t i v e D ä m p f u n g ( r e l a t i v e H e r z -

2

Landes, Grundriß

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

d ä m p f ung) abzeichnen, nur die Größe des kleinen, n i c h t v o n L u n g e n b e d e c k t e n B e z i r k s wird durch eine a b s o l u t e D ä m p f u n g ( a b s o l u t e H e r z d ä m p f u n g ) bestimmbar sein. Anatomisch sind, wie auch in Abb. 10 dargestellt ist, folgende Teile des Herzens randbildend: Rechts unten der rechte Vorhof, dann die Vena cava superior bzw. Aorta ascendens. Links oben folgt auf den Bogen der Aorta der Pulmonalbogen, dann der linke Vorhof und zuletzt mit einem schmalen Saum der linke Ventrikel. B e i d e r P e r k u s s i o n b a u t m a n die r e l a t i v e H e r z d ä m p f u n g a u f d e r r e c h t e n u n t e r e n L u n g e n g r e n z e auf, die bereits vorher bestimmt wurde. Im allgemeinen wird mit mittelstarken Schlägen per-

mm-

R.Vorkamm'r

R.Kammer

Abb. 10. Randbildende Teile des Herzens a nach B r a u s , b Röntgenbild eines normalen Herzens

kutiert, doch führt auch eine leise Perkussion zum gleichen Ergebnis. Entscheidend ist die durch ein lockeres Handgelenk erzielte Kürze der Stoßzeit, da durch einen länger dauernden Stoß, die für die relative Dämpfung charakteristischen, höheren Schwingungen kaum zur Auslösung kommen. Der Plessimeterfinger liegt in der angegebenen Haltung im I n t e r k o s t a l r a u m und man perkutiert nun auf der rechten Seite beginnend und immer dem Verlauf der Interkostalräume folgend von allen Seiten k o n z e n t r i s c h a u f d a s H e r z zu. Die r e c h t e n Grenzen werden am besten von der l i n k e n Seite des Kranken und die l i n k e n von dessen r e c h t e r Seite aus perkutiert. Jeder Punkt, an dem der Lungenschall leiser, höher und kürzer wird, ist zu markieren. Die Verbindung der einzelnen Punkte ergibt dann die in Abb. n dargestellte D ä m p f u n g s f i g u r , die eine Projektion der genannten randbildenden Teile des Herzens auf die vordere Brustwand darstellt. Der oben zu beiden Seiten des Brustbeins verlaufende Dämpfungsstreifen entspricht d e n Gefäßteilen, die der Brustwand naheliegen, während der

Perkussion

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tieferliegende Aortenbogen und die A o r t a descendens sich dem Nachweis entziehen. Man kann die Größe der gefundenen Dämpfungsfigur, besonders den größten A b s t a n d von der Mitte zur rechten Grenze und ebenso zur linken Grenze mit dem Maßband ausmessen und in Zentimetern angeben. F ü r den A b s t a n d Mitte-Rechts gelten dabei 3 , 5 — 4 , 5 c m und f ü r den A b s t a n d Mitte-Links 7 , 5 — 8 , 5 cm als regelrecht. Kritisch betrachtet täuschen jedoch diese Maße eine absolute Genauigkeit vor, die der Methode nicht in d i e s e r F o r m z u k o m m t ; denn die vordere B r u s t w a n d ist nicht eine plane, sondern gewölbte Fläche und vor allem ist z u bedenken, daß die Größe eines Herzens nur bei gleichzeitiger B e r ü c k sichtigung von Größe, Gewicht, Alter und Brustkorbform des Untersuchten richtig gewertet werden kann. B e i m Erwachsenen steht die

Abb. 11. Relative und absolute (////) Herzdämpfung, ( x

Spitzenstoß)

Herzgröße zur Ausdehnung des Brustkorbes in einem anderen Verhältnis als beim jüngeren K i n d , dessen Herz im Verhältnis zum T h o r a x größer ist als beim Erwachsenen. Man gibt deshalb besser r e l a t i v e M a ß e an, die sich an der Größe des Brustkorbes orientieren und k a n n in diesem Sinn folgenden Verlauf der relativen H e r z d ä m p f u n g als normal bezeichnen: R e c h t s unten etwa ein Querfinger über dem Brustbeinrand und nach oben im Gefäßgebiet am Sternalrand. Links oben zieht die G e f ä ß d ä m p f u n g ebenfalls am Sternalrand entlang nach abwärts, bis in Höhe der 3. Rippe die obere Grenze der eigentlichen H e r z d ä m p f u n g erreicht wird. V o n hier läuft die Grenze in einem linkskonvexen Bogen weiter und schneidet dann etwa einen Querfinger innerhalb der Medioclavicular linie, die nach vorn verlängerte linke untere Lungengrenze (s. A b b . 11). Eine A b g r e n z u n g des Herzens nach u n t e n ist nicht möglich, da gegen die absolute D ä m p f u n g der darunter liegenden Leber kein scharfer Schallunterschied zu erhalten ist. Die L a g e der Herzfigur ist deutlich v o m Z w e r c h f e l l s t a n d abhängig und zeigt dementsprechend bei tiefster Inspiration bzw. E x -

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piration auch perkutorisch nachweisbare Änderungen. Da wir beim A s t h e n i k e r mit seinem schmächtigen Brustkorb in der Regel einen Tiefstand des Zwerchfells vorfinden, ist hier die Dämpfungsfigur s t e i l g e s t e l l t , während beim gedrungenen Brustkorb des P y k n i k e r s der Zwerchfellhochstand zu einer b r e i t e n , q u e r l i e g e n d e n H e r z f i g u r führt. Diese Veränderungen sind also allein durch die L a g e des Herzens bedingt und haben mit dessen Größe nichts zu tun. Allerdings findet sich beim leptosomen Habitus auch häufig eine Hypoplasie des Herzens, so daß sich zusammen mit der durch Lageänderung bedingten Steilstellung das Bild des fast median gestellten Tropfenherzens bietet. Während die relative Herzdämpfung Ausdruck der wirklichen Größen Verhältnisse des Herzens ist, kommt der Bestimmung der absoluten Herzdämpfung eine praktisch geringere Bedeutung zu. Eine absolute Dämpfung ist ja nur dort festzustellen, wo das Herz der vorderen Brustwand direkt, also ohne Zwischenlagerung von Lungengewebe anliegt. Die perkutorische Bestimmung dieses kleinen Bezirks kann darüber Auskunft geben, ob eine Lungenblähung vorliegt, die zu einer stärkeren Bedeckung des Herzens geführt hat, oder ob sich schrumpfende Prozesse an den Atmungsorganen abspielen, die dann durch eine Entblößung des Herzens kenntlich werden. Zwischen der Größe des Herzens und der Ausdehnung der a b s o l u t e n Herzdämpfung kann somit kein kausaler Zusammenhang e n g e r e r Art erwartet werden, es sei denn, daß bei erheblichen Erweiterungsn desselben auch die Lungenränder zur Seite gedrängt werden. Dies gilt besonders für Vergrößerungen der rechten Herzkammer und hier kann die Perkussion der absoluten Herzdämpfung sogar in Einzelfällen der Röntgendiagnose überlegen sein (Beriberi Herz). Bei der A u s f ü h r u n g der P e r k u s s i o n zur Bestimmung der a b s o l u t e n Herzdämpfung müssen die Schläge so l e i s e a l s i r g e n d m ö g l i c h sein, da sich die Grenzen zum Teil im Bereich des Brustbeins finden, das auch schwingungsfähige Lunge bedeckt und bei stärkerem Klopfen — wie ein Plessimeter — diese zum Mittönen bringen würde. Außerdem liegen Magenblase und geblähte Därme in so naher Nachbarschaft, daß ihre Tympanie allzu leicht zum Anklingen gebracht wird. Perkutiert man genügend leise, so trifft die Grenze der absoluten Herzdämpfung die Verlängerung der rechten unteren Lungengrenze in der Mittellinie, zieht von hier zum vierten linken Interkostalraum und von da etwa in zwei bis drei Querfinger Abstand ungefähr parallel zur relativen Dämpfung bogenförmig nach links unten (s. Abb. n ) .

4. Perkussion des Abdomens Zur topographischen Orientierung unterscheidet man in der Klinik am Abdomen folgende Regionen: Rechte und linke Ober- bzw. Unterbauchgegend, Magengrube (Epigastrium), Nabelgegend und Blasengegend.

Perkussion

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Perkutorisch ist über dem Hauptteil des Abdomens ausgesprochen t y m p a n i t i s c h e r S c h a l l , sogenannter Bauchschali, nachzuweisen. Zwei solide Organe — Leber und Milz — grenzen sich davon durch eine deutliche D ä m p f u n g ab. D i e Perkussion der Leberdämpfung nimmt ihren Ausgang ebenfalls von der r e c h t e n u n t e r e n L u n g e n g r e n z e . Diese fällt zwar keineswegs mit der oberen Begrenzung der Leber zusammen, die sich als mächtiges Organ in die durch das Zwerchfell gebildete K u p p e l lagert (s. A b b . 12), doch ist die Höhe dieser K u p p e l so weit von der vorderen und hinteren Brustwand entfernt, daß sie sich dem perkutorischen Nachweis entzieht. V o n der unteren Lungengrenze perkutiert man zunächst in der Medioclavicularlinie nach abwärts bis die absolute Dämpfung in tympanitischen Schall übergeht. Man m u ß auch hier so l e i s e wie möglich pericutieren, damit die unter der zunehmend schmaler werdenden Leberkante gelegenen, lufthaltigen Organe des Magen-Därm-Kanals nicht miterschüttert werden. Erfahrungsgemäß wird die Leberdämpfung häufig zu klein perkutiert. H a t man sich den in der Mamillarlinie gefundenen P u n k t markiert, so perkutiert man ebenso in der rechten Axillarlinie und in der Mittellinie nach unten. Zur Kontrolle wird nun etwas unterhalb der gefundenen Punkte be- Abb,. 12. Sagittalschnitt mit Käntenstellung der Leber ginnend nach aufwärts perkutiert und ebenso (nach E d l e f s e n ) links von der Mittellinie etwas schräg in Ausgezogene Linien Richtung zur rechten Schulter hin aufwärts = Kantenstellung perkutierend die Punktreihe vervollständigt. Punktierte Linien = Normalstellung Der Geübte verzichtet meist auf die K o n trolle der absteigenden Perkussion und perkutiert nur aufsteigend. Verbindet man die gefundenen Punkte, so ergibt sich die in A b b . 13 dargestellte Linie. Sie verläuft in der Achsellinie dicht oberhalb des Rippenbogens, schneidet in der Mamillarlinie spitzwinkelig den Rippenbogen, durchquert in der Mitte zwischen Schwertfortsatz und Nabel die Mittellinie und endet in der Gegend der Herzspitze. Auch unter normalen Verhältnissen kann diese Dämpfungsfigur verkleinert sein, wenn geblähte Darmschlingen den Leberrand überlagern oder infolge Meteorismus eine D r e h u n g des Organs nach hinten in sogenannte K a n t e n s t e l l u n g zustande gekommen ist. D ä m p f u n g s f i g u r u n d O r g a n g r ö ß e k o r r e spondieren also bei der P e r k u s s i o n der L e b e r d u r c h a u s n i c h t i m m e r . Darauf sei besonders hingewiesen. A u c h die Milz ist perkutorisch nicht in ganzer Ausdehnung z u erfassen, da ein Teil des Organs unter der linken Zwerchfellhöhlung liegt und von Lunge überlagert wird. D a aber der größere Teil des Organs an schallgebende Medien grenzt, ist die G r ö ß e d e r D ä m p f u n g s f i g u r ein praktisch brauchbarer Anhält für die M i l z g r ö ß e . Die Perkussion

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

ist entweder im Stehen oder bei halbrechter Seitenlage des Patienten durchzuführen, der dabei seinen linken Arm über den Kopf nimmt. Man beginnt in der hinteren Axillarlinie, wo die linke untere Lungengrenze die obere Grenze der Milzdämpfung darstellt. Nach abwärts perkutierend gelangt man dann an einen Punkt, wo der gedämpfte Schall' des Organs in die Tympanie des Darms umschlägt und hat dort die untere Grenze der Milzdämpfung zu markieren. Die in der hinteren Axillarlinie so bestimmte Strecke wird als M i l z b r e i t e oder Milzhöhe bezeichnet und soll im Normalzustand 7 cm nicht überschreiten. Nicht selten ist allerdings die untere Grenze infolge starker Kotfüllung des Colons nicht zu bestimmen. Der vordere Pol der Milz und weitere Punkte der elliptischen Dämpfungsfigur werden dadurch erhalten, daß Abb. 13. Leberdämpfung man vom Rippenbogen aus nach rückwärts, dem Verlauf der Interkolstalräume folgend perkutiert. Die untere Grenze entspricht dann ziemlich genau dem Verlauf der n . Rippe und der vordere Pol steht etwa 3 Querfinger vom Rippenbogen entfernt (s. Abb. 14). Für die Beurteilung der Größe der Milzdämpfung gilt ebenso, wie bereits für die Leberdämpfung erwähnt, daß _____ sie nicht nur von der Größe H H des Organs abhängt, sondern ^ ^ ^ ^ H P auch durch V e r ä n d e r u n - ^ H p ! ^ ^ gen der N a c h b a r s c h a f t / variieren kann. Die schon ge- H ) \ nannte Kotfüllung des Colons B f i i ' / \ £ oder noch mehr eine starke H Gasblähung desselben kön- B | l {'¡| \ I Traut,scher Ka"'n nen alle Bemühungen verei- fiB f ' teln. Man kann sich in solchen ^ ^ || .j J ¡¡¡1 ¡ j r ^ ^ ^ t ^ J Fällen nur so helfen, daß man Milzdie Perkusion zu verschiededämpfwtg nen1 Zeiten wiederholt. — Nach Durchführung der K ^B Leber-und Milzperkussion ist • H| zwischen der Dämpfungsfigur der Leber und den MilzgrenAbb. 14. Milzdämpfung und zen eine halbmondförmige Traubescher Raum Fläche zu erkennen, die als Traubescher Raum bezeichnet wird (s.

Auskultation

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A b b . 14). Die Grenzen dieses „ R a u m e s " werden oben vom unteren Lungenirand, links vom vorderen Rand der Milz, unten vom Rippenbogen lind rechts vom Leberrand gebildet. Der Bezirk entspricht einem Teil des M a g e n s , der hier, nur durch den — normalerweise leeren — Komplementärraum der Pleura getrennt, der Brust wand anliegt. Beim Gesunden ist also der Klopfschall im Traubeschen Raum stets tympanitisch.

IL Auskultation 1. Begriffsbestimmung, Geschichtliches und allgemeine Technik der Auskultation Während wir bei der Perkussion durch A n s t o ß v o n a u ß e n a u s g e l ö s t e Eigenschwingungen diagnostisch verwerten, benutzen wir bei der Auskultation die im Innern des Körpers v o r h a n d e n e n Schwingungen, die zumeist periodischen Bewegungsvorgängen (Atmung, Herztätigkeit) ihre Entstehung verdanken. Wenn die Bezeichnung der Methode auch die h ö r b a r e n F r e q u e n z e n (20—10000 Hz) besonders hervorhebt, so sind doch gerade auch langsamere Schwingungsvorgänge (Pektoralfremitus, Herzstoß, Puls) von großer diagnostischer Bedeutung. Diese werden uns durch das V i b r a t i o n s g e f ü h l der Finger und Händo zugänglich, das auch den langsamsten Bewegungsabläufen gut folgen kann und sich nach oben hin (seine größte Empfindlichkeit liegt bei 200 Hz) mit der unteren Hörgrenze überdeckt. Teilweise lassen sich diese langsamen Schwingungen noch besser durch das A u g e auswerten (Atembewegungen, Venenpuls) und insbesondere ergibt ihre g r a p h i s c h e A u f z e i c h n u n g (z. B. Pulsregistrierung) praktisch wertvolle Ergebnisse. Geht man von dieser Begriffsbestimmung aus, so muß man sagen, daß die C h i n e s e n über 2000 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung mit einer komplizierten Pulslehre die ersten waren, die körperliche Schwingungen ärztlich auswerteten. Von den Ärzten der Antike ist dann insbesondere H i p p o k r a t e s zu nennen, der mehrere Pülsqualitäten unterschied und das Plätschergeräusch bei Ergüssen im Pneumothorax und das Lederknarren bei trockener Rippenfellentzündung beschrieben hat. Die Entdeckung der Mehrzahl der über Herz und Lunge hörbaren Schallerscheinungen und den ersten Ausbau einer systematischen A u s k u l t a t i o n s l e h r e verdanken wir dem genialen, jung an Tuberkulose gestorbenen Pariser Kliniker L a ê n n e c , der sein grundlegendes Werk „Traité de l'auskultation mediate et des maladies des poumons et du coer" 1819 veröffentlichte. In der Folgezeit verläuft die Weiterentwicklung zusammen mit der Perkussion und verzeichnet dieselben Namen, die bei deren Geschichte bereits genannt wurden.

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

Bei den am menschlichen Körper hörbaren Schallerscheinungen handelt es sich fast ausnahmslos — auch wenn einzelne, wie z. B. die Herztöne, als Ton bezeichnet werden — nicht um Töne, sondern sowohl subjektiv, wie objektiv-physikalisch um G e r ä u s c h e . Wenn wir unter einem „ T o n " eine reine Schwingung im Hörbereich verstehen, deren Schwingungsbild eine mathematisch genaue Sinuslinie zeigt (Abb. 15a), so unterscheiden wir als nächste Stufe den „ K l a n g " (Musikinstrumente, Vokale), der sich aus einer beschränkten Anzahl reiner Töne zusammensetzt. Dabei besteht ein festes Verhältnis zwischen den einzelnen Frequenzen, insofern, als die Obertöne ganzzahlige Vielfache des Grundtons sind. Auch die Amplitude der einzelnen Teilschwingungen bleibt konstant, so daß das Amplitudenverhältnis ein Charakteristikum des Klanges bildet. Das Schwingungsbild (Abb. 15b) läßt die Zusammensetzung aus mehreren Teiltönen bereits gut erkennen. Zur genaueren Darstellung ist es jedoch Abb. 15 a. Schallbilder von Ton, besser, die einzelnen KomKlang und Geräusch ponenten zu trennen a Reiner Ton, b Klang (Vokal i), (Schallspektrum) und in c. Geräusch (Bronchialatmen) ein Koordinatensystem einzutragen, dessen horizontale Achse (Abszisse) nach der Frequenz und dessen vertikale Achse (Ordinate) nach der Größe des Schwingungsanschlags eingeteilt ist (Abb. 15b). Auf diesem Wege lassen sich auch die Amplitudenverhältnisse leicht übersehen 1 ). Die dritte Schallqualität, das „ G e r ä u s c h " , kann auf mannigfaltige Weise entstehen. Meist ist die Ursache in einer gleichzeitigen Erregung sehr vieler Schallquellen zu sehen, so daß sich zahlreiche Schwingungen überlagern, deren Frequenzen in keinerlei festem Verhältnis zueinander stehen. Deshalb ergibt auch das Schwingungsbild (Abb. 15a) einen völlig unregelmäßigen Verlauf. Bei der Darstellung in Komponenten (Schallspektrum) müßten Dieses „Schallspektrum" gibt auch ein Bild vom Hörvorgang, da man sich unter der Länge der einzelnen Säulen die verschiedene Schwingungsweite der Ohrresonatoren (Basilarmembran) vorstellen kann.

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— entsprechend der großen Anzahl der Teilschwingungen — so viele senkrechte Linien gezogen werden, daß man darauf verzichtet und nur deren Endpunkte durch eine Linie verbindet (Abb. 15b). I n m a n c h e n Fällen e n t s t e h e n Geräusche auch auf der Basis einer reinen Sinusschwingung, w e n n diese sehr rasche u n d unregelmäßige A m p l i t u d e n s c h w a n k u n g e n zeigt oder — wie beim Perkussionsschall bereits e r w ä h n t — s t a r k g e d ä m p f t ist u n d sehr rasch a b k l i n g t . M a t h e m a t i s c h - a n a l y t i s c h (Fourier) oder physikalisch d u r c h [eine große Reihe von R e s o n a t o r e n (z. B. im I n n e n Reiner Top ohr) lassen sich derartige Bewegungsabläufe ebenfalls in eine S u m m e unendlich vieler sinusförmiger Teilschwingungen zerlegen (was natürlich ü b e r die A r t der E n t s t e h u n g nichts aussagt) u n d entso ¡00 1000 sprechend deren verschied e n e r Amplitude als K u r v e bei der Komponentendar/(lang (Mali) stellung aufzeichnen.

Die Schallerscheinungen des menschlichen Körpers entstehen fast ausschließlich in Geweben oder pflanzen sich durch diese fort. Sie sind deshalb als Körperschall zu bezeichnen und weisen dementsprechend kleine Amplitude und große Kraft auf, während Luftschall große Amplitude und geringe Kraft besitzt.

-Grundion (Formant)

so

S00

1000

I

Schwingungen pro Sek

Geräusch (Bronchialatmen)

Da Schallschwingungen aus festen K ö r p e r n n u r zu einem sehr geringen Teil in Schwingungen pro Sek. L u f t übergehen u n d die Int e n s i t ä t der AuskultationsAbb. 15 b. Darstellung von Ton, p h ä n o m e n e a n sich sehr geKlang u n d Geräusch als Schallspektrum ring ist, möchte m a n ann e h m e n , d a ß beim Auflegen des bloßen Ohrs im wesentlichen d u r c h Knochenleitung gehört wird. V e r s t o p f t m a n jedoch den Gehörgang, so h ö r t jegliche E m p f i n d u n g auf. Auch n a c h den Ergebnissen e x a k t e r physikalischer Messungen, die in neuerer Zeit d u r c h g e f ü h r t w u r d e n (G. v. B 6 k 6 s y ) ist sichergestellt, d a ß die E m p f i n d l i c h k e i t des Ohrs bei Knochenleitung ca. 1000 m a l 1 geringer ist, als bei L u f t l e i t u n g ) . W i r hören also bei der Auskultation überwiegend ') Der sogenannte Rinnesche Versuch, bei d e m normalerweise eine S t i m m g a b e l d u r c h Knochenleitung länger gehört wird als bei L u f t l e i t u n g , ist nicht beweisend, sondern stellt in dieser Beziehung n u r eine Eigentümlichkeit der S t i m m g a b e l fest (schlechte A b s t r a h l u n g von Luftschall).

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

durch Luftleitung, wobei das kleine Volumen des Gehörgangs eine Drucktransformation durchführt (genau so wie ein elektrischer Transformator die hohe Spannung und geringe Stromstärke der Überlandleitung in die niedrige Spannung und große Stromstärke der Hausleitung umsetzt), und dadurch den Effekt der Schallübertragung bedeutend verbessert.

Die Gesetze dieser Transformation bedingen, daß wir bei der Auskultation das Ohr dicht auflegen müssen, da eine größere Undichtigkeit einerseits die Lautstärke herabsetzt und andererseits zu einer Abschwächung der tieferen Teilkomponenten eines Geräusches führt. In der Praxis ist das Auflegen des bloßen Ohres nicht überall statthaft, auch hygienische Gründe können es unangezeigt erscheinen lassen. Insbesondere veranlaßt uns häufig die Notwendigkeit genauerer Lokalisation oder schwer zugängliche Stellen (Supraclaviculargruben) davon Abstand zu nehmen. In allen diesen Fällen benötigen wir ein S t e t h o s k o p , das als Zwischenträger die Schallerscheinungen an unser Ohr weiterleitet und dabei die oben erwähnte Aufgabe der Drucktransformation vom Körperschall zum Luftschall übernimmt. Allen Stethoskopen ist gemeinsam, daß sie — wie objektive Messungen gezeigt haben — die Lautstärke gegenüber der Auskultation mit dem bloßen Ohr herabsetzen und — was zum Teil in ihrer Eigenschaft als Transformator begründet ist — einzelne Frequenzgebiete hervorheben oder abschwächen. — Man muß sich deshalb erst an sein Stethoskop gewöhnen. Am besten sind kurze feste H o l z s t e t h o s k o p e , die eine Bohrung von etwa 6 mm aufweisen, wie sie z. B . von M a r t i n i angegeben wurden. Die Frage, ob b3im Stethoskop mehr die Luft oder die festen Teile den Schall leiten, ist deshalb von Bedeutung, weil bei einer Leitung durch die festen Teile a l l e i n kaum mit einer Schallverzerrung zu rechnen wäre. Da man mit einem soliden, nicht durchbohrten Stethoskop kaum etwas hört, scheint sie überwiegend zugunsten der Luftleitung beantwortet zu sein. Der Einwand, daß die Bohrung die Schwingungen der festen Teile erleichtere, ist zwar anschaulich, aber physikalisch nicht bewiesen und bei näherem Zusehen höchst unklar, An sich kommt den Eigenschaften des Materials wohl kaum eine größere Bedeutung zu, zumindest ist die verbreitete Vorstellung, daß ein Material hoher Schallgeschwindigkeit auch besser (d. h. ohne Verluste) den Schall leitet, in dieser direkten Form nicht haltbar.

Die flexiblen G u m m i s c h l a u c h s t e t h o s k o p e sind durch die größere Beweglichkeit recht bequem, ermöglichen einen weiteren Abstand vom Kranken und schützen durch den Verschluß beider Ohren vor äußeren Geräuschen. Diese scheinbaren Vorteile werden aber durch eine Anzahl von Nachteilen wesentlicher Art erkauft. Insbesondere verursachen sie bei der Anwendung reichliche störende Nebengeräusche und verschlucken gerade die diagnostisch wichtigen hohen Frequenzen so stark, daß man von ihrer Benützung abraten muß. Zu warnen ist vor den Stethoskopen, die durch eine komplizierte Konstruktion eine Erhöhung der Lautstärke erreichen wollen. Bei den bisher bekannten Modellen dieser Art handelt es sich dabei um Resonanzerscheinungen, die den ursprünglichen Charakter eines Geräusches so vollkommen verfälschen können, daß grobe diagnostische Irrtümer entstehen. Man muß hier die Worte E d e n s

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unterstreichen: „ D i e S c h w i e r i g k e i t e n d e r A u s k u l t a t i o n l i e g e n n i c h t in d e r z u g e r i n g e n L a u t h e i t , s o n d e r n in d e r r i c h t i g e n D e u t u n g dessen, was man hört". Besonders ist auch bei der Auskultation mit dem Stethoskop auf einen dichten A b s c h l u ß des am Patienten gelegenen E n d e des Hörrohrs z u achten. Die Gründe sind dieselben wie beim A b h ö r e n mit d e m bloßen Ohr. D i e A n w e n d u n g starken Druckes, der für den K r a n k e n recht s c h m e r z h a f t sein kann, ist dabei völlig unnötig. Man entferne auch sogleich nach dem Aufsetzen des Stethoskops die haltende H a n d , u m Nebengeräusche zu vermeiden. Manchmal stören knisternde Geräusche, die durch starke B e h a a r u n g hervorgerufen werden. D u r c h Einfetten, Einseifen, oder im Notfall Rasieren kann diese Fehlerquelle ausgeschaltet werden. Selbstverständlich ist, d a ß m a n auch bei der Ausk u l t a t i o n den Oberkörper ganz frei machen läßt und für größte R u h e u n d genügende W ä r m e im R a u m sorgt. Man scheue sich auch nicht — besonders im A n f a n g •— das unbenutzte Ohr durch leichten Fingerdruck z u verschließen.

2. Auskultation der Lunge B e v o r man mit dem A b h ö r e n beginnt, beobachte m a n die Atembewegungen, die normalerweise mit einer Frequenz v o n 1 6 — 2 4 pro Minute verlaufen und in gesundem Z u s t a n d auf beiden Seiten völlig s y m m e t r i s c h sind. Die E i n a t m u n g geht etwas rascher vor sich, als die A u s a t m u n g , an deren E n d e sich eine kurze Pause anschließt. Ungleiche Atemkursionen sind meist dadurch bedingt, daß schmerzhafte Teile geschont werden und ebenso ist eine a u f f ä l l i g überwiegende Brustkorbtätigkeit (kostaler A t e m t y p ) oder Zwerchfelltätigkeit (abdomineller A t e m t y p ) in dieser Hinsicht verdächtig. Eine angestrengte A t m u n g (Dyspnoe) mit E i n s a t z der auxiliären Hilfsmuskeln, die besonders beim A u f s t ü t z e n der A r m e und dadurch bedingter Feststellung des Schultergürtels (Orthopnoe) wirksam werden können, sehen wir bei all den zahlreichen Zuständen, die zu einem Sauerstoffmangel bzw. einer Kohlensäureüberladung des Blutes führen. Meist ist dabei auch die A t e m frequenz beschleunigt. In einigen Fällen erstreckt sich die D y s p n o e speziell auf die E i n a t m u n g , in anderen auf die A u s a t m u n g . So ist bei der Stenose der oberen L u f t w e g e (Diphtherie) vor allem die Inspiration angestrengt und alle nachgiebigen Teile der B r u s t w a n d werden durch den dabei entstehenden verstärkten Unterdruck in der Lunge tief angesaugt. Eine Stenose der tieferen L u f t w e g e , wie sie bei der Kapillarbronchitis und meist beim A s t h m a bronchiale vorliegt, führt zu einer exspiratorischen Dyspnoe. Eine erhebliche Vertiefung der A t e m z ü g e ist zuerst v o n K u ß m a u l als „große Atmung" beim Coma diabeticum beschrieben worden, während lange A t e m p a u s e n , wie sie sich o f t bei Meningitis finden, als Biotsche Atmung bezeichnet werden. Häufiger sieht man die sogenannte Cheyne-Stokessche A t m u n g , besonders bei K r a n k e n

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

mit Schlaganfall. Sie besteht in einem periodischen W e c h s e l v o n anbzw. abschwellender A t e m t i e f e mit langen Atempausen. W e n d e t m a n sich nunmehr der eigentlichen Auskultation zu, so wird m a n den K r a n k e n auffordern, tief und rasch ein- und auszuatmen u n d darauf achten, daß dieser dabei in Nase oder Mundhöhle keine lauten, schnarchenden Nebengeräusche produziert. Meist gelingt dies bei geöffnetem Mund (o-Stellung) am leichtesten. N i c h t allzu selten bereitet die willkürliche V e r t i e f u n g u n d Beschleunigung der A t m u n g Schwierigkeiten. In hartnäckigen Fällen dieser A r t k a n n m a n sich dadurch helfen, d a ß m a n den Patienten auffordert, den A t e m a n z u h a l t e n . N a c h kurzer Zeit ist er dann gezwungen, einen tiefen A t e m z u g auszuführen. B e i m A b h ö r e n m u ß m a n sich nun darauf einstellen, e t w a s s e h r L e i s e s z u hören und v o n vornherein z u e r s t a u f d a s A t e m g e r ä u s c h und d a n n auf evtl. vorhandene N e b e n g e r ä u s c h e achten. Man auskultiert vorne u n d hinten an mehreren Stellen, die e t w a handbreit auseinanderliegen u n d v e r s ä u m e n i e m a l s a u c h d i e A c h s e l g e g e n d u n d d i e s e i t l i c h e n P a r t i e n bei hochgehobenen A r m e n zu untersuchen. Ü b e r g e s u n d e n L u n g e n hört m a n bei der E i n a t m u n g ein tiefes, brausendes Geräusch, das sich am besten mit d e m , , W " - L a u t vergleichen läßt, während das Ausatmungsgeräusch in der Regel sehr viel leiser, o f t k a u m w a h r n e h m b a r ist. Man bezeichnet dieses Atemgeräusch als „Vesikuläratmen" (Bläschenatmen). E s ist nicht über allen Teilen der L u n g e völlig gleich, scndern am reinsten nur über den unteren Teilen ausgeprägt. In den Supraclaviculargruben, dem hinteren rechten Spitzenfeld und im Interscapularraum — also an den Stellen, w o anatomisch die Bronchien der B r u s t w a n d am nächsten liegen — ist das Inspirium höher und vor allem das E x s p i r i u m deutlich lauter und höher als über den Unterlappen. Man m u ß sich diese Unterschiede einprägen, u m nicht diese normalen B e f u n d e als pathologische Veränderungen zu werten. E s ist deshalb auch zweckmäßig, stets zwischen links und rechts a b w e c h s e l n d , also vergleichend zu auskultieren. A b e r auch dabei m u ß m a n wissen, daß das Atemgeräusch über der rechten Spitze, z u der — wie erwähnt — die Bronchien anders v e r l a u f e n , insbesondere im E x spirium höher und lauter ist als über der linken S p i t z e . A u c h die i n d i v i d u e l l e n U n t e r s c h i e d e des V e s i k u l ä r a t m e n s bei verschiedenen gesunden Personen sind außerordentlich groß, so d a ß m a n dem A n f ä n g e r nur raten kann, immer und immer wieder gesunde L u n g e r z u auskultieren, u m ein festes Bild v o n der normalen Variationsbreite des Geräusches z u bekommen. B e i o b j e k t i v e r M e s s u n g liegen die H a u p t komponenten des Vesikuläratmens im Frequenzgebiet v o n etwa 150 H z (d), doch sind auch Teilschwingungen bis 600 H z (d") noch nachweisbar (s. Schallspektrum A b b . 16). A u c h diese höheren K o m p o n e n t e n sind für den Gehöreindruck v o n B e d e u t u n g , da sie durch die erheblich größere Empfindlichkeit des Ohrs bei höheren Frequenzen herausgehoben werden.

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V e r s t ä r k u n g des Vesikuläratmens findet sich bei angestrengter A t m u n g im allgemeinen oder an Teilen der Lunge, die durch Ausfall anderer vermehrt beansprucht werden. Abschwächung oder Aufhebung des normalen Atemgeräusches k o m m t e i n s e i t i g bei Verschluß eines Bronchus, bei Behinderung der Fortleitung z. B . durch Brustfellerguß, Pneumothorax usw. oder reflektorischer Schonung einer Seite z. B . bei Rippenfellentzündung zur Beobachtung. D o p p e l s e i t i g ist es insbesondere bei eingeschränkten Atemexkursionen z. B . bei E m p h y s e m zu finden.

Abb. 16. Schallspektrum des Vesikuläratmens (Einatmung)

Abb. 17. Schallspektrum des Bronchialatmens

Der eben geschilderte Charakter des normalen Atemgeräusches ist an die Bedingung eines n o r m a l e n L u f t g e h a l t s der Alveolen (Bläschenatmung), der erhaltenen Porosität des Lungengewebes, geknüpft. Werden durch krankhafte Prozesse die Alveolen ausgefüllt, das Lungengewebe also v o l l s t ä n d i g v e r d i c h t e t , so hören wir über den betroffenen Partien ein Geräusch, das im Toncharakter sehr viel h ö h e r als das Vesikuläratmen ist, während der E i n - u n d A u s a t m u n g fast g l e i c h e L a u t s t ä r k e besitzt und am besten mit dem ,,Chi"-Laut verglichen werden kann. Dieses Atemgeräusch wird als Bronchialatmen bezeichnet. Außer bei V e r d i c h t u n g e n ist es in reiner Form auch bei K o m p r e s s i o n oder A t e l e k t a s e der Lunge zu hören. Wie o b j e k t i v e M e s s u n g e n ergeben haben, sind, an dem Geräusch Frequenzen von ca. 8oo—6ooo H z beteiligt, wobei im Gebiet von 2000—4000 H z (c 4 —c 5 ) die größte Intensität erreicht wird (s. A b b . 17). Dieses Spektrum deckt sich gut mit dem des Ch-Lautes, dagegen trifft der oft gebrauchte Vergleich mit d e m Geräusch, das wir beim Auskultieren über der L u f t röhre hören, nur sehr bedingt zu. W o h l ist dieses T r a c h e a l a t m e n im In- und Exspirium annähernd gleich laut und weist auch im Charakter Ähnlichkeiten mit dem Bronchialatmen auf, aber seine Tonhöhe ist sowohl subjektiv wie objektiv wesentlich niedriger, als die des Bronchialatmens, wie wir es bei vollständiger Infiltration des Lungengewebes finden. A u c h das reine Bronchialatmen hat eine gewisse — wenn auch

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Allgemeine Perkussion und Auskultation

nicht sehr große — Variationsbreite, die ungefähr mit dem Unterschiedsbereich zwischen dem Geräusch des „ich" und „ach" zu umschreiben ist. Bei u n v o l l s t ä n d i g e r I n f i l t r a t i o n des Lungengewebes, oder wenn sich zwischen einem total infiltrierten Bezirk und dem Ohr des Untersuchers noch normal poröses Lungengewebe befindet, hören wir Atemgeräusche, die sich am besten als Ubergangsformen zwischen den beiden Extremen des Vesikuläratmens einerseits und des Bronchialatmens andererseits beschreiben lassen. Diese Gruppe von Atemgeräuschen wird als bronchovesikuläres Atmen, manchmal auch als g e m i s c h t e s oder u n b e s t i m m t e s A t m e n

Abb. 18. Schallspektren des bronchovesikulären Atmens (Einatmung) a) Verschärftes Atmen, b) Tiefes bronchovesikuläres Atmen, c) Hohes bronchovesikuläres Atmen

bezeichnet. Wir wollen hier an der Bezeichnung bronchovesikulär festhalten und von unbestimmtem Atmen nur sprechen, wenn sich das Atemgeräusch infolge sehr geringer Intensität oder wegen sehr lauter Nebengeräusche nicht differenzieren läßt. Veränderungen des Vesikuläratmens lassen sich — wie bereits erwähnt — auch bei Gesunden an bestimmten Stellen des Brustkorbes feststellen. So ist das Atemgeräusch über der rechten Lungenspitze (hinten) bei der Einatmung meist deutlich höher und insbesondere fallt hier die größere Lautstärke und der höhere (schärfere) Charakter des Exspirationsgeräusches gegenüber dem reinen Vesikuläratmen (Unterlappen) auf. Dieses verschärfte Vesikuläratmen wäre an anderen Stellen der Lunge bereits als pathologisch zu bezeichnen und als Ausdruck einer beginnenden Infiltration zu werten. Auch objektiv läßt sich der größere Gehalt an höheren Frequenzen in beiden Atmungsphasen belegen (Abb. 18a). Noch mehr tritt diese Veränderung bei dem Atmungsgeräusch auf, das in beiden Supraclaviculargruben oder über den ersten Brustwirbeln zu hören ist. Hier sind In- und Exspirium fast gleich laut und der höhere Schallcharakter noch deutlicher (Abb. 18b). Dieses Atmungsgeräusch ist beim Auftreten an anderen Partien der Lunge Zeichen einer partiellen, verstreut-herdförmigen Infiltration, wie wir sie z. B. häufig bei

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der Tuberkulose sehen. E s ist als tiefes bronchovesikuläres Atmen z u bezeichnen. Ist die Infiltration noch intensiver, so daß nur mehr wenige lufthaltige Alveolen vorhanden sind, oder ist ein total infiltrierter Bezirk noch durch eine dünne Schicht lufthaltigen Gewebes von der Oberfläche getrennt, so erhält das Atemgeräusch eine weitere Beimischung v o n höheren Frequenzen (Abb. 18c) und wird dann als hohes bronchovesikuläres A t m e n bezeichnet. E s ist am besten mit dem A t m u n g s geräusch über der Luftröhre, dem Trachealatmen, zu vergleichen. Die V a r i a t i o n s m ö g l i c h k e i t e n innerhalb der z u m bronchovesikulären A t m e n gehörenden Geräusche sind natürlich groß. Dies ist bei Berücksichtigung der pathologischen A n a t o m i e der L u n g e n k r a n k h e i t e n auch nicht anders zu erwarten. H ä u f i g finden sich Übergangsformen zwischen den drei zu dieser Gruppe gehörenden Atemgeräuschen (verschärftes Vesikuläratmen, tiefes und hohes bronchovesikuläres A t m e n ) , w o jeweils das E x s p i r i u m im Sinn des nächsthöheren Geräusches verändert ist. Eine z u sehr ins einzelne gehende Unterteilung hat jedoch wenig Z w e c k , da wir den subtilen Geräuschveränderungen r o c h keine feste Z u o r d n u n g z u entsprechenden Unterschieden im pathologischen Geschehen geben können. Ü b e r großen H ö h l e n b i l d u n g e n in der Lunge, die nahe der Oberfläche gelegen u n d v o n verdichtetem Gewebe umgeben sind, oder manchm a l auch über dem Pneumothorax, hört man ein Atemgeräusch, d a s d e m Geräusch ähnlich ist, das beim Blasen über die Mündung eines K r u g e s erzeugt wird. W i r nennen dieses Geräusch deshalb amphorisches Atmen. Nicht selten sind diesem Geräusch auch hohe, metallische Obertöne beigemischt. O b j e k t i v läßt sich nachweisen, daß ein Frequenzbereich, der ungefähr dem Hauptformantgebiet des Vokals , , u " entspricht, besonders stark beteiligt ist. Die Entstehung der Atemgeräusche ist auch heute noch nicht restlos geklärt. Manche Vorstellungen, die man sich darüber gebildet hat, sind nur auf eine naive Anschaulichkeit gegründet, ohne durch eine unumgängliche e x a k t e Messung und deren mathematisch-physikalische A u s w e r t u n g bewiesen zu sein. Entscheidend aber ist die q u a n t i t a t i v e D u r c h f ü h r u n g einer Theorie, nicht die anschauliche Vorstellbarkeit ihrer Grundlagen. D a s hat gerade die E n t w i c k l u n g der P h y s i k eindeutig gelehrt. A m besten sind die Verhältnisse beim B r o n c h i a l a t m e n geklärt. Die hauptsächliche Grundlage für dieses Geräusch ist offenbar darin zu suchen, d a ß an den zahlreichen Stellen des Bronchialsystems, wo plötzliche, beträchtliche Änderungen im Querschnitt der A t e m w e g e bestehen, durch Wirbelablösung Schwingungen auftreten. Diese Schwingungen bringen nun ihrerseits die Luftsäule in T r a c h e a und Bronchien in E r regung. Diese in ihrer Frequenz v o n den Dimensionen des Röhrensystems abhängigen L u f t Schwingungen können aber nicht a l l e i n Ursache des Bronchialatmens sein, da nach experimentellen Untersuchungen ( M a r t i n i ) auf diese Weise höchstens* Frequenzen bis 1500 H z entstehen

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können. Da aber der Frequenzbereich des reinen Bronchialatmens bis mindestens 7000 Hz reicht, muß angenommen werden, daß auch Eigenschwingungen 1 ) der — evtl. durch die Hepatisation versteiften — Röhrenwände eine größere Rolle spielen. Dies deckt sich auch mit neueren Untersuchungen an Orgelpfeifen, bei denen die Wandschwingungen durchaus nicht konform mit den Luftsäulenschwingungen gefunden wurden. Am meisten umstritten ist die Entstehung des V e s i k u l ä r a t m e n s . E s ist zwar sicher, daß die im Tracheobronchialsystem entstehenden Geräusche bei der Fortleitung durch das poröse Alveolargewebe ihrer hohen Komponenten beraubt und damit dem Spektrum des Vesikuläratmens angeglichen werden, aber diese Filtertheorie erklärt nicht die starken Unterschiede, die zwischen dem Einatmungs- und Ausatmungsgeräusch bestehen. Diese lassen sich am besten so deuten, daß das Lungengewebe s e l b s t bei der Einatmung in Schwingungen gerät, genau so wie eine Saite beim Anspannen, während die Entspannung (Ausatmung) zu keiner merklichen Schallerscheinung führt. Man wird also die Zusammensetzung des Vesikuläratmens aus zwei Anteilen annehmen müssen: Eigenschwingungen der Lunge plus gefiltertes Tracheobronchialatmen. Die Entstehungsweise des B r o n c h o v e s i k u l ä r a t m e n s kann man sich am einfachsten durch eine Mischung von vesikulären und tracheobronchialen Anteilen vorstellen. Die bei dieser Geräuschgruppe oft besonders deutlichen Divergenzen zwischen In- und Exspirium sind zu verstehen, wenn man berücksichtigt, daß die Schalleitung der Lunge bei Einatmung und Ausatmung erhebliche Unterschiede aufweist. Das a m p h o r i s c h e A t m e n ist so zu erklären, daß auf der Grundlage eines bronchovesikulären Atmens diejenigen Frequenzen verstärkt werden (Resonanz), die den Eigenschwingungen des Hohlraums entsprechen. Wenn sich somit auch für die Entstehungsweise der einzelnen Atemgeräusche plausible Erklärungen geben lassen, so sind wir doch noch weit von dem eigentlichen Ziel entfernt, den Zusammenhang zwischen der Art des Geräusches bzw. dessen Änderung und den physikalischen Konstanten des Gewebes bzw. deren Änderung im einzelnen überblicken zu können. Ist man sich bei der Auskultation über die Natur des vorliegenden Atemgeräusches klar geworden, was im Interesse der Schonung des Kranken an jeder einzelnen Stelle nicht mehr als 1—2 tiefe Atemzüge erfordern soll, so wird man außerdem noch auf die Art der evtl. vorhandenen Nebengeräusche zu achten haben. Da diese bei der gewöhnlichen, verstärkten Atmung nicht immer nachweisbar sind, muß auch ') Die Eigenschwingungen der Bronchialwände werden durch Wirbel der Atemluft ausgelöst, ein analoger Vorgang wie die Entstehung der Herzgeräusche (s. dort).

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nach einem kurzen H u s t e n s t o ß , zu dem man den Patienten am Ende einer Ausatmung auffordert, auskultiert werden. Nur wenn in der auf den Hustenstoß folgenden Einatmungsphase keine Nebengeräusche zu hören sind, darf deren Fehlen angenommen werden. Man trennt die respiratorischen Nebengeräusche nach dem Ort ihrer Entstehung und bezeichnet die aus der Lunge, bzw. dem Bronchialsystem stammenden als R a s s e l g e r ä u s c h e , die vom Rippenfell herrührenden dagegen als Reibegeräusche. Bei den Rasselgeräuschen wird zwischen trockenen und feuchten bzw. blasigen unterschieden. Die t r o c k e n e n Rasselgeräusche (Rhonchi sonori et sibilantes) finden sich als Schnurren, Pfeifen und Giemen bei Verengerung der Bronchien, bei Schwellung der Bronchialschleimhaut und bei Anwesenheit zäher Sekrete, welche den Bronchien aufliegen und durch den Luftstrom der Atmung in Schwingungen gebracht werden. B l a s i g e Rasselgeräusche (Rhonchi humidi) entstehen bei der Anwesenheit von Flüssigkeit (Eiter, Blut, Ödemflüssigkeit) im Bronchialraum durch das Platzen von Luftblasen, die in jenen eingeschlossen sind und bei der Atmung verschoben werden. Man kann g r o b - , m i t t e l - und f e i n b l a s i g e s R a s s e l n unterscheiden und dadurch eine ungefähre Lokalisation vornehmen, da die Größe der Blasen vom Kaliber der Bronchien abhängt. Entstehen die Rasselgeräusche bei normal lufthaltiger Lunge, so klingen sie dem Ohr des Untersuchers entfernt, weil die hohen Töne des Geräusches bei der Leitung durch das poröse Lungengewebe verloren gegangen sind. Man spricht von n i c h t k l i n g e n d e m R a s s e l n . Ist dagegen das umgebende Lungengewebe infiltriert, so ist der Klang sehr viel höher, subjektiv wird der Eindruck größerer -Nähe erweckt und man spricht dann von k l i n g e n d e m R a s s e l n . Klingendes Rasseln ist also immer Zeichen einer Verdichtung. Bei großen Hohlräumen, die in verdichtetem Gewebe liegen, findet sich meist M e t a l l klang. „ K n i s t e r n " hört man, wenn plötzlich Luft in bis dahin luftleere Alveolen eindringt. Es ist nur während der Inspiration vorhanden und findet sich häufig bei bettlägrigen Patienten, deren abhängige Lungenpartien nicht an der Atmung teilnehmen (Entfaltungsknistern). Naturgemäß verschwindet es in diesen Fällen nach einigen tiefen Atemzügen. Außerdem ist „Knistern" zu Beginn (crepitatio indux) und gegen Ende (crepitatio redux) der Pneumonie zu hören. Außer den bereits genannten, metallisch klingenden Rasselgeräuschen ist über Kavernen häufig ein kurzes quietschendes Geräusch ( K a v e r n e n q u i e t s c h e n ) nachzuweisen, das durch rasches Einströmen der Luft durch den relativ engen Brochus erklärt wird. Starrwandige Kavernen können bei den Atembewegungen k n a r r e n d e G e r ä u s c h e hervorbringen. Manchmal t ä u s c h e n auch extrapulmonale Faktoren Nebengeräusche vor. Starke Behaarung, die knisterndes „Haarrasseln" verursacht, wurde schon erwähnt. Angespannte Muskeln oder Bewegungen der Schultern erzeugen leicht knackende Geräusche. Das Schlucken von Speichel während der Untersuchung führt zu Rasselgeräuschen, die sich besonders bei der 3

Landes, Grundriß

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Auskultation der Lungenspitzen bemerkbar machen. Man muß diese Fehlerquellen kennen, um diagnostische Irrtümer zu vermeiden. Pleuritisches Reiben tritt dann auf, wenn sich infolge entzündlicher Prozesse auf den sonst glatten und reibungslos aneinander gleitenden Pleurablättern fibrinöse Auflagerungen bilden. Das Reibegeräusch klingt dem Ohr viel näher als das Rasseln und weist im In- und Exspirium gleiche Lautstärke auf, während die nicht selten zu Verwechslungen Anlaß gebenden feuchten Rasselgeräusche in der Regel bei der Einatmung lauter sind. Auch Hustenstöße haben auf das Reiben natürlich keinen Einfluß. Das Reibgesräusch ist auch mehr knarrend und kann

tMrai^a'am Mund

Silbe

ach'am Munti

Durch die infiltrierte tonf* passieren aach die hohen Oberscbwmgungen

Abb. 19. Schwingungsbilder der Bronchophonie 1. Normale Lunge, 2. Infiltrierte Lunge

häufig mit der aufgelegten Hand gefühlt werden. Intelligente Kranke nehmen das Reiben in ihrer Brust meist selbst wahr und geben so anamnestisch die Diagnose an. Beim Auftreten eines Ergusses verschwindet das Geräusch rasch. Fassen wir nochmals kurz zusammen, so haben wir also an Atemgeräuschen in der Hauptsache Vesikuläratmen, Broncho-Vesikuläratmen und Bronchialatmen zu unterscheiden. Sie sind in der angegebenen Reihenfolge Zeichen einer zunehmenden Verdichtung des Lungengewebes. Die respiratorischen Nebengeräusche trennen wir in trockene und blasige (grob — mittel — fein) Rasselgeräusche, von denen die letzteren klingend oder nicht klingend sein können. Der klingende Charakter ist Zeichen einer Infiltration. Neben der Auskultation der Atemgeräusche untersuchen wir auch die Fortleitung der Stimmschwingungen durch die Lunge und nennen diese bei Untersuchung mit dem Ohr Bronchophonie, bei Untersuchung mit dem Tastgefühl Pektoralfremitus (Stimmzittern). Läßt man den Kranken während der Auskultation sprechen, so hört man über den meisten Stellen der Brustwand nur ein undeutliches, tiefes Murmeln, da die höheren Frequenzen der Konsonanten und die For-

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m a n t e n der Vokale v o m normal lufthaltigen Lungengewebe verschluckt werden. Nur da, wo die Bronchien der B r u s t w a n d näher k o m m e n und auch — wie beschrieben — das Atemgeräusch verändert ist, wird die Stimme deutlicher. Ist das Lungengewebe infiltriert, so sind die Bedingungen für die Fortleitung hoher Töne gegeben und wir können beim Auskultieren gesprochene W o r t e gut verstehen (Abb. 19). Meist gibt m a n dem Patienten auf, das W o r t 68 oder 66 mit Flüsterstimme fortlaufend herzusagen. Hört man insbesondere die Konsonanten (ch) gut durch, so ist die Bronchophonie positiv und an der betreffenden Stelle eine Verdichtung des Lungengewebes vorhanden. H ä u f i g ist die Bronchophonie sogar früher nachzuweisen, als die entsprechende Veränderung des Atemgeräusches — das Bronchialatmen — und daher von großem diagnostischem W e r t . Stimmzittern fühlen wir mit der aufgelegten H a n d auch beim Gesunden regelmäßig am Brustkorb, wenn seine Stimme einen genügend tiefen Grundton aufweist. B e i K r a n k e n haben wir also zwischen links und rechts zu vergleichen, ob der Pektoralfremitus a b g e s c h w ä c h t , evtl. aufgehoben oder v e r s t ä r k t ist. Man läßt z u diesem Z w e c k das W o r t 99 mit möglichst tiefer Stimme sprechen. D a das Lungengewebe nur sehr tiefe Töne (bis ca. 120 Hz) gut fortleiten kann, ergibt sich meist nur bei Männern ein deutlicher E f f e k t , während bei Frauen der höhere Grundton ihrer Stimme so stark geschwächt wird, daß ein Mitschwingen der B r u s t w a n d nicht fühlbar ist. Der P e k toralfremitus ist im Vergleich zur gesunden Seite v e r s t ä r k t bei Verdichtung des Lungengewebes, abgeschwächt oder fehlt überhaupt im Dämpfungsbereich v o n Pleuraergüssen, bei P n e u m o t h o r a x und bei Verschluß eines größeren Bronchus.

3. Auskultation des Herzens Bereits durch B e t r a c h t u n g der Herzgegend läßt sich bei vielen Menschen eine A n z a h l rhythmischer Schwingungsbewegungen am B r u s t korb feststellen. A m auffälligsten ist meist die pulsatorische Vorwölbung eines etwa markstückgroßen B e z i r k s im 5. linken Interkostalraum e t w a s innerhalb der linken Grenze der (relativen) Herzdämpfung, doch läßt sich bei genauerer Inspektion und noch besser durch A u f l e g e n der H a n d meist nachweisen, daß auch die ganze vordere B r u s t w a n d leicht pulsiert. A u ß e r d e m sieht man nicht selten, insbesondere bei breitem T h o r a x und s t u m p f e m Rippenwinkel, rhythmische Bewegungen des Epigastriums. W i r haben also zunächst am B r u s t k o r b zwischen der interkostalen B e w e g u n g und der B e w e g u n g der B r u s t w a n d zu unterscheiden und wollen zunächst die erstere besprechen. Die im 5. Interkostalraum sichtbare und am besten von der rechten Seite des K r a n k e n zu palpierende Vorwölbung v e r l ä u f t synchron mit der Herzaktion und findet sich etwas innerhalb der Gegend der Herzspitze, also beim Gesunden zwischen der Medioklavikular- und der Parasternallinie. Sie wird als Herzstoß bezeichnet. Klinisch gilt die am weitesten links und 3*

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unten gelegene Stelle der Pulsation als eigentlicher Herzspitzenstoß und gibt uns bei der Untersuchung einen Anhalt für die Ausdehnung des Herzens nach links, die sowohl durch eine Vergrößerung des Herzens als auch durch Lageänderung desselben (Verziehung) verändert sein kann. Verursacht wird der Herzstoß durch die Form- und Lageveränderungen des Herzens bei der Systole, die zu einem Andrängen der Herzspitze gegen die Brustwand und damit zur Vorwölbung des Interkostalraumes in der angegebenen Ausdehnung führen. Schon daraus

Abb. 20. Gleichzeitige Aufzeichnung von Subclaviapuls (oben) und Brustwandbewegung (Brustpuls. Costaler Anteil des Herzstoßes) unten a) Normaler Brustpuls b) Hebender Brustpuls (Hebender Herzstoß). Getönte Fläche = Hebung der Brustwand (Druckpuls) A = Anspannungszeit, S = Systolendauer (Austreibungszeit), D = Diastolendauer geht hervor, daß der Herzstoß ohne krankhafte Ursachen unsichtbar und unfühlbar sein kann, nämlich dann, wenn das Anschlagen der Herzspitze gegen eine Rippe erfolgt oder erhebliches Fettpolster oder sehr enge Zwischenrippenräume vorhanden sind. D a die Gegend der Herzspitze normalerweise v o n Lungengewebe bedeckt ist, das infolge seiner Elastizität langsameren Bewegungen gut nachgibt und erst schnelleren Bewegungen Widerstand entgegensetzt und sie dadurch überträgt, fühlen wir in der Gegend des Herzstoßes insbesondere die rascheren Anteile der Herzbewegung. Bei Fehlen des Lungenpolsters hat sich zeigen lassen (A. Weber), daß diese in ihrer Grundform dem Druckverlauf in den Herzkammern entspricht. Wir fühlen also im Herzstoß einen etwas modifizierten „ P u l s " des Herzens. Ist der H e r z s t o ß nachweisbar, so müssen wir uns bei der Untersuchung vor allem über seine L a g e , A u s d e h n u n g und S t ä r k e orientieren. Die für den Gesunden bereits angegebene Lage im 5. Interkostalraum etwas einwärts der Medioklavikularlinie gilt für den jugendlichen Erwachsenen von normalem Wuchs. Im Alter rückt der Herzstoß durch die zunehmende Abflachung des Zwerchfells tiefer und mehr medianwärts, so daß er im 6. Interkostalraum gefunden wird. Die patholo-

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gischen V e r l a g e r u n g e n des H e r z s t o ß e s b e i L a g e ä n d e r u n g oder E r w e i t e r u n g des H e r z e n s , insbesondere der l i n k e n K a m m e r , w u r d e n schon e r w ä h n t . Seine A u s d e h n u n g ist f ü r d e n G e s u n d e n ebenfalls b e r e i t s ang e g e b e n w o r d e n . I s t sie v e r m e h r t , so sprechen w i r v o n einer Verbreiterung des H e r z s t o ß e s . W i r f i n d e n eine derartige V e r b r e i t e r u n g besonders n a c h oben u n d m e d i a n w ä r t s v o r allem b e i einer E r w e i t e r u n g der r e c h t e n K a m m e r , w ä h r e n d die V e r g r ö ß e r u n g der l i n k e n K a m m e r sich in der R e g e l n u r d u r c h eine L a g e v e r ä n d e r u n g n a c h l i n k s u n d u n t e n b e m e r k b a r m a c h t . A u s der Stärke des H e r z s t o ß e s ist k a u m ein S c h l u ß auf die S t ä r k e der H e r z k o n t r a k t i o n zulässig. E s ist schon g e s a g t w o r d e n , d a ß er b e i m G e s u n d e n ö f t e r n i c h t z u f ü h l e n ist u n d ebenso k ö n n e n ihn h ä u f i g e x t r a k a r d i a l e F a k t o r e n ( L u n g e n b l ä h u n g , Pleuraergüsse) i m Sinn einer A b s c h w ä c h u n g beeinflussen. F a s s e n w i r ihn als m o d i f i z i e r t e n „ P u l s " des H e r z e n s auf, so k ö n n e n w i r sagen, d a ß seine S t ä r k e in der H a u p t sache d u r c h den D r u c k in der H e r z k a m m e r , die G r ö ß e des Schlagv o l u m e n s u n d insbesondere — w e g e n des E i n f l u s s e s des L u n g e n p o l s t e r s — die G e s c h w i n d i g k e i t der H e r z k o n t r a k t i o n b e s t i m m t sein m u ß . E i n e V e r s t ä r k u n g des H e r z s t o ß e s f i n d e t sich also v o r allem b e i erregter H e r z t ä t i g k e i t . I s t eine H y p e r t r o p h i e u n d E r w e i t e r u n g der H e r z k a m m e r n v o r h a n d e n , so liegt d a s H e r z in breiterer A u s d e h n u n g der B r u s t w a n d a n u n d s t e m m t sich w e g e n der m e i s t e r s c h w e r t e n E n t l e e r u n g gegen diese, so „ d a ß d a s R i p p e n g e w ö l b e m i t e m p o r g e h o b e n w i r d " . D i e s w i r d d a n n als hebender Herzstoß bezeichet. D a es sich d a b e i bereits n i c h t m e h r u m eine B e w e g u n g des I n t e r k o s t a l r a u m e s allein h a n d e l t , leitet der h e b e n d e H e r z s t o ß z u r B e s p r e c h u n g der B r u s t w a n d b e w e g u n g über. D i e Brustwandpulsation (Brustpuls) ist b e i m G e s u n d e n m e i s t k a u m z u sehen u n d a u c h m i t der auf d a s S t e r n u m u n d die H e r z g e g e n d a u f g e l e g t e n H a n d n u r s c h w a c h z u fühlen. D u r c h A n w e n d u n g n e u e r e r M e t h o d e n 1 ) ist es j e d o c h gelungen, eine A u f z e i c h n u n g u n d M e s s u n g des B r u s t p u l s e s d u r c h z u f ü h r e n . W i e A b b . 20 z e i g t , h a t die R e g i s t r i e r u n g d a s interessante E r g e b n i s , d a ß die B r u s t w a n d w ä h r e n d der S y s t o l e des H e r z e n s einsinkt u n d sich w ä h r e n d der D i a s t o l e l a n g s a m h e b t . D i e s k a n n so Z u s t a n d e k o m m e n , d a ß w ä h r e n d der S y s t o l e der ä u ß e r e L u f t d r u c k den B r u s t k o r b e n t s p r e c h e n d den a u s diesem a b f l i e ß e n d e n B l u t m e n g e n z u s a m m e n d r ü c k t u n d andererseits w ä h r e n d der D i a s t o l e der v e n ö s e Z u f l u ß z u einer W i e d e r a u s d e h n u n g des T h o r a x f ü h r t 2 ) . D e r B r u s t p u l s k a n n also als A u s d r u c k der D i f f e r e n z des arteriellen A b s t r o m s u n d des v e n ö s e n Z u s t r o m s in d e n B r u s t r a u m a u f g e f a ß t w e r d e n . E i n heb e n d e r H e r z s t o ß b e d i n g t eine U n t e r b r e c h u n g des n o r m a l e n systolischen K o l l a p s e s der B r u s t w a n d u n d d r ü c k t sich in deren systolischer H e b u n g ') Das mit älteren Methoden erhaltene ,,Kardiogramm" stellt eine Summationskurve dar, die sich aus der Kurve des Brustpulses und der Geschwindigkeitskurve der Herzspitzenbewegung zusammensetzt. 2) Es ist natürlich auch möglich, daß die systolische Einziehung der Brustwand durch die Zusammenziehung des Herzmuskels verursacht wird. Eine sichere Entscheidung läßt sich vorläufig noch nicht treffen.

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aus, die man mit der aufgelegten H a n d deutlich fühlen k a n n und als Ausdruck der Hypertrophie einer oder beider H e r z k a m m e r n werten m u ß . Die epigastrische Pulsation ist häufig eine Fortleitung des B r u s t pulses und zeigt demnach eine systolische Einziehung der B a u c h w a n d . B e i Tiefstand des Zwerchfells oder Erweiterung der rechten K a m m e r k o m m t dagegen eine direkte Ü b e r t r a g u n g der Herzpulsation und damit eine systolische Vorwölbung zustande. Die epigastrische Pulsation wird häufig bei mageren K r a n k e n mit schlaffen B a u c h d e c k e n von dem dann deutlich sichtbaren Puls der absteigenden A o r t a überlagert. Größere diagnostische B e d e u t u n g k o m m t ihr nicht zu. H a t man sich — wie im vorstehenden geschildert — über die A r t und das A u s m a ß der durch die Herztätigkeit an der B r u s t w a n d hervorgerufenen Pulsationserscheinungen mittels Inspektion und Pulpation ein Urteil verschafft, so geht man dazu über, die hörbaren Schallerscheinungen einer P r ü f u n g zu unterziehen. L e g t man z u diesem Z w e c k das Ohr auf die Herzgegend, so hört man bei jeder Herzrevolution — wie sich durch gleichzeitige B e t a s t u n g I = erster Herzton, I I = zweiter Herzton des Herzstoßes feststellen läßt — z w e i in mäßigem A b s t a n d aufeinanderfolgende Schallerscheinungen, an die sich eine etwas längere Pause bis zu ihrer Wiederholung mit Beginn der neuen Systole anschließt. Diese kurzdauernden, an einen dumpfen K n a l l erinnernden Geräusche nennen wir Herztöne u n d unterscheiden zwischen dem zu Beginn der Systole hörbaren e r s t e n Herzton, der einen etwas dumpferen Schallcharakter besitzt, und dem höher klingenden, kürzeren z w e i t e n Herzton. Diese Unterschiede sind auch sehr deutlich am Schallbild (Abb. 21) zu erkennen, das mit derselben ansteigenden Empfindlichkeit für höhere Töne aufgenommen w u r d e , die auch unser Ohr besitzt. Die K u r v e zeigt, daß die Schwingungen, des ersten Herztons langsamer verlaufen als die des zweiten, daß die beiden Schallphänomen kurz sind und daß die schallfreie Pause zwischen erstem und zweitem Herzton kürzer ist, als die zwischen zweitem und folgendem ersten Ton. V o n besonderer B e d e u t u n g ist die Zuordnung der beiden Töne z u den einzelnen Phasen der Herztätigkeit. W i r unterscheiden bekanntlich bei der A k t i o n der Herzkammern im wesentlichen drei H a u p t a b s c h n i t t e : E r s t e n s die A n s p a n n u n g s z e i t , das ist die Zeit, die v o n B e g i n n der Herzmuskelkontraktion bis zur Austreibung v o n B l u t verstreicht. In

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dieser — immer sehr kurzen (0,05—0,1") — Zeit steigt der Kammerdruck rasch von Null auf den Wert, der im Gefäßsystem herrscht. Z w e i t e n s die A u s t r e i b u n g s z e i t , das ist die Zeit in der vom Herzen Blut in die Aorta ausgetrieben wird. Sie endet plötzlich durch das rasche Absinken des Kammerdrucks und wird einerseits durch den die Anspannungszeit beendigenden Druckanstieg in der Aorta, andererseits durch den Schluß der Aortenklappen begrenzt. Anspannungs- und

Abb. 22. Zeitliche Aufeinanderfolge von Venenpuls, K a m m e r d r u c k , Subclaviapuls u n d Herztönen A = Anspannungszeit, S = Systolendauer (Austreibungszeit), D = Diastolendauer. = Verspätung des Subclaviapulses gegen den K a m m e r d r u c k , A? p d > 3 i » B. O >O

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