Grundlagen Regelungstechnik: Einfache Übungen, praktische Beispiele und komplexe Aufgaben [5. Aufl. 2019] 978-3-658-26740-7, 978-3-658-26741-4

Dieses Lehrbuch stellt auf Grund vieler durchgerechneter Beispiele die Grundlagen sehr verständlich und gut nachvollzieh

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German Pages IX, 275 [279] Year 2019

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Grundlagen Regelungstechnik: Einfache Übungen, praktische Beispiele und komplexe Aufgaben [5. Aufl. 2019]
 978-3-658-26740-7, 978-3-658-26741-4

Table of contents :
Front Matter ....Pages 1-9
Begriffe (Berthold Heinrich, Wolfgang Schneider)....Pages 1-23
Mathematische Werkzeuge (Berthold Heinrich, Wolfgang Schneider)....Pages 25-37
Wirkungsplan (Berthold Heinrich, Wolfgang Schneider)....Pages 39-48
Test- und Antwortfunktionen (Berthold Heinrich, Wolfgang Schneider)....Pages 49-61
Regelstrecken (Berthold Heinrich, Wolfgang Schneider)....Pages 63-132
Regler (Berthold Heinrich, Wolfgang Schneider)....Pages 133-167
Zusammenwirken von Regler und Strecken (Berthold Heinrich, Wolfgang Schneider)....Pages 169-258
Back Matter ....Pages 259-275

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Berthold Heinrich Wolfgang Schneider

Grundlagen Regelungstechnik Einfache Übungen, praktische Beispiele und komplexe Aufgaben 5. Auflage

Grundlagen Regelungstechnik

Berthold Heinrich  Wolfgang Schneider

Grundlagen Regelungstechnik Einfache Übungen, praktische Beispiele und komplexe Aufgaben 5., überarbeitete und erweiterte Auflage

Berthold Heinrich Herne, Deutschland Wolfgang Schneider Nürnberg, Deutschland

ISBN 978-3-658-26740-7 https://doi.org/10.1007/978-3-658-26741-4

ISBN 978-3-658-26741-4 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg Bis zur 4. Auflage erschienen unter dem Titel: Praktische Regelungstechnik © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 1991, 1994, 2008, 2017, 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Verantwortlich im Verlag: Thomas Zipsner Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Das vorliegende Lehrbuch der Regelungstechnik ist für den Maschinen – und Anlagenbauer gedacht, nicht für den Spezialisten aus der Elektrotechnik. Daher stammen die meisten Beispiele aus der Praxis des Planers oder Betreibers von Produktions- oder Versorgungsanlagen. Es werden weniger die mathematischen Verfahren erläutert, die man vor allem in der elektrischen Regelungstechnik findet, sondern es sollen eher praxisnahe, d. h. anlagennahe Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden. Die Grundlagen der Regelungstechnik haben sich in den letzten Jahren wenig geändert, aber die Hochschullandschaft ist in Bewegung geraten. Mit der Einführung von Bachelor-Studiengängen ist eine Neuorientierung auch in der Regelungstechnik notwendig geworden. Durch die deutliche Reduzierung des Stundenumfangs musste auch die Regelungstechnik auf das Basiswissen und allgemein einsetzbare Fähigkeiten konzentriert werden. Aufbauend darauf werden dann weiterbildende Bücher der Regelungstechnik in Masterstudiengängen benötigt. Das vorliegende Buch ist vor allem für die Ausbildung zum Bachelor im Bereich Technik geeignet. Das Besondere dieses Lehr- und Arbeitsbuches sind die zahlreichen ausführlich berechneten Übungsbeispiele, die meisten davon basieren auf realen Anlagen, die aus didaktischen Gründen aber vereinfacht wurden. Aus Klausuraufgaben wurden durch Erweiterung der Aufgabenstellung umfangreiche Übungsaufgaben, die insbesondere das Selbststudium unterstützen. Der Aufbau des Buches richtet sich nach den Hauptkomponenten eines Regelkreises. Nach den Grundlagen der Regelungstechnik wird in Kap. 5 eine Übersicht über die Regelstrecken gegeben, Kap. 6 beschreibt die Regler. Der Aufbau und die Einstellung des analogen Regelkreises nach empirischen Verfahren werden in Kap. 7 erläutert. Abgerundet wird dieses Lehrbuch im Abschn. 7.7 durch die Vorstellung einiger besonderer Regelkreise, wie sie in der Praxis häufig zum Einsatz kommen. Das Buch ist gegenüber der 3. Auflage von 2008 deutlich umstrukturiert worden. Neben dem Autorenwechsel war auch ein Grund das Erscheinen der DIN IEC 60050-351. Diese hat viele Begrifflichkeiten in der Steuerungs- und Regelungstechnik neu formuliert. Durch die Umstrukturierung des Buches kann es an einzelnen Stellen dazu kommen, dass auf Inhalte kommender Kapitel verwiesen wird. In diesen Fällen sollte das Sachwortverzeichnis benutzt werden. V

VI

Vorwort

Wichtige Elemente im Buch sind die durchgerechneten Beispiele, die das theoretisch Dargestellte in praxisbezogenen Kontexten anwenden. Als weiteres Element werden Aufgaben angeboten, deren Lösungen über einen QR-Code abgerufen und mit der eigenen verglichen werden können. In der 5. Auflage wurden weitere einfachere Übungen aufgenommen, mit denen einzelne neu aufgenommene Begriffe und Größen in einer kurzen Anwendung erläutert werden. Die Kapitelnummerierung wurde geändert und ein Glossar aufgenommen. Dort finden Sie wichtige Begriffe erläutert und ins Englische übersetzt. Dadurch ermöglichen wir eine leichtere Recherche auch im angelsächsischen Sprachraum. Außerdem erfuhr der Titel eine Änderung: von „Praktische Regelungstechnik“ in „Grundlagen Regelungstechnik“. Besonderen Dank gilt den Mitarbeitern des Verlags Springer Vieweg, insbesondere Herrn Thomas Zipsner und Frau Imke Zander. Wanne-Eickel, im März 2019

Berthold Heinrich

Inhaltsverzeichnis

1

Begriffe . . . . . . . . . . 1.1 Steuern . . . . . . . 1.2 Regeln . . . . . . . 1.3 Regelungssystem 1.4 Normierung . . . . 1.5 Arbeitspunkt . . . 1.6 Linearisierung . . 1.7 Signale . . . . . . .

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1 2 4 8 13 15 16 20

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Mathematische Werkzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Mathematische Beschreibung im Zeitbereich . . . . . 2.1.1 Fundamentalgleichung der Regelungstechnik . 2.1.2 Lösung der Differentialgleichung . . . . . . . . 2.2 Mathematische Beschreibung im Frequenzbereich . . 2.3 Mathematische Beschreibung digitaler Signale . . . . 2.4 Mathematische Beschreibung stochastischer Signale .

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3

Wirkungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

4

Test- und Antwortfunktionen . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Testfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Sprungantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Impulsantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Anstiegsantwort . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Antwortfunktionen für elementare Zeitverhalten 4.2.1 P-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 I-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 D-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 49 50 53 54 55 55 57 59

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VII

VIII

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5

Regelstrecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Analyse des Verhaltens von Regelstecken . . . . . . . 5.3 Klassen von Regelstrecken . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Strecken mit oder ohne Rückwirkung . . . . . . . . . . 5.5 Statisches Verhalten von Regelstrecken . . . . . . . . . 5.5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Kennlinien von Regelstreckenkomponenten . . 5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken . . . . . . . . . . . . . 5.6.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.2 Totzeitverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.3 Zeitverhalten der P-T1 -Strecke . . . . . . . . . . 5.6.4 Nachbildung von P-Strecken höherer Ordnung 5.6.5 Kennwerte für schwingungsfähige P-Strecken 5.6.6 Strecken mit I-Verhalten . . . . . . . . . . . . . .

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. 63 . 63 . 63 . 65 . 66 . 67 . 67 . 70 . 78 . 78 . 78 . 83 . 89 . 109 . 123

6

Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Grundzeitverhalten des Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 P-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Bleibende Regelabweichung . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.3 Kennlinie des P-Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 PI-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2 I-Teil des Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.3 Nachstellzeit Ti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.4 PI-Regler in Parallelschaltung . . . . . . . . . . . . . . 6.5 PD-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.1 Der Verschwindeimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.2 Kennwerte des PD-Reglers . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3 Vorhalt TV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 PID-Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Unstetige Regler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.1 Arten von unstetigen Reglern . . . . . . . . . . . . . . . 6.7.2 Erzeugen des Stellverhaltens eines Zweipunktreglers

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133 133 134 136 136 137 139 145 145 146 149 151 154 154 155 156 158 163 163 167

Inhaltsverzeichnis

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Regelkreisanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Methodik der Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Ablauf der Regelkreisanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Spezielle Regelkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Regelkreis mit bleibender Regeldifferenz . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Regelkreis ohne bleibende Regeldifferenz . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Regelkreise mit schwingendem Verhalten . . . . . . . . . . . . . 7.4 Empirische Einstellregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Stabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Einstellwerte aus der Sprungantwort . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.3 Regelgüte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4 Regleroptimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Zeitverhalten von Regelkreisen mit Zweipunktreglern . . . . . . . . . . 7.5.1 P-T1 -Strecke mit Zweipunktregler und Hysterese . . . . . . . . 7.5.2 Zeitverhalten eines Zweipunktreglers ohne Hysterese an einer P-Ti -Strecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3 Verbesserung des Regelverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6 Digitale Algorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.6.1 Kopplung der Regelstrecke mit dem digitalen Regler . . . . . . 7.6.2 Digitales Modell der Regelstrecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7 Regelschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.1 Beispiele für einschleifige Regelkreise . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.2 Grob-Fein-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.3 Störgrößenaufschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.4 Führungsgrößenaufschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.5 Verhältnisregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.7.6 Kaskadenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

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Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

1

Begriffe

Einer der ersten Regler der Neuzeit war der von James Watt erfundene Fliehkraftregler. Im Jahre 1784 verwendete er dieses Prinzip an der von ihm entwickelten Dampfmaschine, um die Drehzahl bei Belastungsschwankungen möglichst konstant zu halten. Das Funktionsprinzip basiert im Wesentlichen auf einem Fliehkraftpendel (Abb. 1.1), das mit der Abtriebswelle der Dampfmaschine verbunden ist und das mittels Hebeln das Ventil (Drosselklappe) für den zuströmenden Dampf verstellt. Bei einer höheren Belastung der Dampfmaschine sinkt zunächst die Drehzahl. Das Fliehkraftpendel nimmt eine andere Gleichgewichtslage ein und verstellt dabei das Ventil so, dass mehr Dampf in den

Abb. 1.1 Fliehkraftregler nach James Watt

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 B. Heinrich, W. Schneider, Grundlagen Regelungstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26741-4_1

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1

Begriffe

Zylinder strömt. Dadurch steigt die Drehzahl wieder an. Bei geringerer Belastung ist es umgekehrt. Der erste Drehzahlregler war erfunden. Auch wenn die Regelungstheorie erst viel später erarbeitet wurde, verhalf dieser einfache mechanische Drehzahlregler der Dampfmaschine zum Durchbruch.

1.1 Steuern Die Steuerung greift aufgrund von logischen Verknüpfungen (Kriterien) in den Prozess ein. Zum Teil werden auch Informationen verarbeitet, die durch Messungen dem Prozess entnommen werden (meist Grenzwerte). Oft kommen die Befehle von außen und werden mit bereits vollführten Aktionen verglichen. Aber nie werden die Einflussgrößen durch die Steuerung selbst merklich beeinflusst. I DIN IEC 60050-351 Die Steuerung ist ein Vorgang in einem System, bei dem eine oder mehrere variable Größen als Eingangsgrößen andere variable Größen als Ausgangsgrößen aufgrund der dem System eigenen Gesetzmäßigkeit beeinflussen. Kennzeichen für das Steuern ist der offene Wirkungsweg oder ein geschlossener Wirkungsweg, bei dem die durch die Eingangsgrößen beeinflussten Ausgangsgrößen nicht fortlaufend und nicht wieder über dieselben Eingangsgrößen auf sich selbst wirken. Am Beispiel einer über die Außentemperatur gesteuerten Heizungsanlage soll dies näher erläutert werden. In Abb. 1.2 ist die gerätetechnische Anordnung für die Einhaltung der Raumtemperatur #R auf z. B. 20 °C gegeben. Dazu wird die Außentemperatur #A als Haupteinflussgröße auf die Raumtemperatur gemessen. Sinkt die Außentemperatur, so nehmen die Wärmeverluste über die Außenflächen (Wand, Fenster, . . . ) zu. Dies muss durch eine Vergrößerung der Wärmezufuhr kompensiert werden. Umgekehrt proportional zur Außentemperatur #A verändert die Steuerung die Energiezufuhr der Heizung so, dass #R konstant bleibt.

Abb. 1.2 Steuerung einer Raumtemperatur. Gerätetechnische Anordnung

1.1

Steuern

3

Abb. 1.3 Schematische Darstellung der Raumtemperatursteuerung

Es ist unwahrscheinlich, dass durch die zugeführte Wärmeenergie die Messgröße #A verändert wird, d. h. die entstehende Raumtemperatur wirkt nicht auf die Außentemperatur zurück. Die Hauptstörgröße (Außentemperatur) wird bei der Steuerung erfasst und ausgeglichen. Die Raumtemperatur wird gesteuert. Treten weitere Störgrößen auf, wird z. B. das Fenster geöffnet, so ist die Einhaltung der Raumtemperatur unbefriedigend. Der Außentemperaturfühler bekommt keine Information über das geöffnete Fenster. Dies ist aus der schematischen Darstellung in Abb. 1.3 zu erkennen. Aufgrund der Außentemperatur #A wird die Wärmezufuhr QP zu gesteuert. Durch die Energiebilanz QP D QP zu  QP Wand  QP Fenster ergibt sich die Einstellung der Raumtemperatur #R . Die Wärmeabfuhr durch die Wand QP Wand hängt von der Temperaturdifferenz # D #R  #A ab. Die Wärmeabfuhr durch das geöffnete Fenster QP Fenster kühlt jedoch den Raum aus, ohne dass die Steuerung dies erfährt und durch erhöhte Wärmezufuhr ausgleichen kann. Vorteil der Steuerung Der automationstechnische Aufwand ist geringer und eine Messung wird nur dann erforderlich, wenn einzelne Störeinflüsse erfasst und ausgeglichen werden sollen. Eine Steuerung reagiert schon, ehe sich die Störung auf die Ausgangsgröße ausgewirkt hat oder sogar von ihr erkannt wird. Durch die frühzeitige Erfassung der Störung treten weder eine Verzugszeit noch Schwingungen auf. Eine Steuerung ist immer stabil. Nachteil der Steuerung Kleinere Störungen werden nicht, auch nicht indirekt erfasst. Dazu wäre eine lückenlose Messung aller Störungen erforderlich. Eine Einhaltung von vorgegebenen Werten ist also nicht möglich. In der Steuereinrichtung muss die Auswirkung der erfassten Störung möglichst exakt nachgebildet werden. Dies ist nur selten gegeben.

4

1

Begriffe

1.2 Regeln Die Regelung verarbeitet Größen, die auf einer Messung beruhen, vergleicht sie mit einer von außen kommenden Führungsgröße (Sollwert) und greift bei einer Abweichung in den Prozess ein. Das Stellen erfolgt dabei so, dass die von der Messung erfasste Prozessgröße an die Führungsgröße angeglichen wird. Dadurch entsteht ein geschlossener Regelkreis. I DIN IEC 60050-351 Die Regelung ist ein Vorgang, bei dem fortlaufend eine variable Größe, die Regelgröße, erfasst (gemessen), mit einer anderen variablen Größe, der Führungsgröße, verglichen und im Sinne einer Angleichung an die Führungsgröße beeinflusst wird. Kennzeichen für das Regeln ist der geschlossene Wirkungsablauf, bei dem die Regelgröße im Wirkungsweg des Regelkreises fortlaufend sich selbst beeinflusst. Ein Regelkreis besteht gerätetechnisch aus einer Messeinrichtung, einer Regeleinrichtung und einer Stelleinrichtung (siehe auch Abb. 1.10). Mit der Messeinrichtung werden die notwendigen Informationen aus dem Prozess in der zu regelnden Anlage übernommen. Die Regeleinrichtung versucht, Abweichungen von der Führungsgröße zu verringern. Die Stelleinrichtung verändert gezielt Massen- und Energieströme in der zu regelnden Anlage. Die Regelung hat also die Aufgabe, trotz störender Einflüsse den Wert der Regelgröße an den durch die Führungsgröße vorgegebenen Wert anzugleichen, auch wenn dieser Ausgleich im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten nur unvollkommen geschieht. Am Beispiel einer Raumtemperaturregelung wird der Regelkreis näher untersucht. Regelaufgabe ist die Einhaltung der Raumtemperatur #R . Dazu ist die gerätetechnische Anordnung in Abb. 1.4 gegeben. Die Raumtemperatur #R wird gemessen und mit dem per Hand eingestellten Sollwert #S verglichen; proportional zur Differenz (und ggf. zur Dauer dieser Differenz) bewirkt die Regelung eine Änderung der Wärmeenergie QP zu : Die Regelung muss so ausgelegt sein, dass mit steigender Temperatur #R die Wärmezufuhr vermindert wird. Im Regelkreis ist demnach einmal eine Wirkungsumkehr erforderlich.

Abb. 1.4 Regelung einer Raumtemperatur

1.2

Regeln

5

Abb. 1.5 Schematische Darstellung der Raumtemperaturregelung

Die Regelung wirkt über die Änderung der Wärmezufuhr QP zu auf die Raumtemperatur und damit auf die Anzeige des Raumthermometers zurück. Dazu ist jedoch als Ursache eine Abweichung vom Sollwert notwendig. Außerdem vergeht eine gewisse Verzugszeit bis die Regelung die Abweichung ausgeglichen hat. Aus Abb. 1.5 erkennt man, dass die Raumtemperaturregelung im geschlossenen Kreis verläuft. Alle möglichen Störungen, die auf die Raumtemperatur Wirkung haben, z. B. ein Öffnen des Fensters oder die Wärmeabgabe von Personen, die sich im Raum aufhalten, werden berücksichtigt. Vorteil der Regelung Es kann ein vorgegebener Wert einer gemessenen Größe so genau wie nötig eingehalten werden. Alle Störeinflüsse werden indirekt erfasst und ausgeglichen. Nachteil der Regelung Dazu ist jedoch die zu regelnde Größe permanent zu messen; dies bedeutet einen höheren gerätetechnischen Aufwand. Weiterhin kann die Regelung erst dann reagieren, wenn eine Abweichung vorhanden ist. Die Wirkung der Abweichung auf eine genaue Fertigung von ebenen Werkstückoberflächen lässt sich leicht nachvollziehen, denn dort sind solche Abweichungen, genannt Oberflächenrauigkeit, meist nicht tolerierbar. Beispiel 1.1 (Dosierung einer Gasmenge)

In einer Gasleitung soll die Gasmenge m P G mit Hilfe eines Ventils dosiert und durch eine Düse in einen Behälter eingeblasen werden. a) Es wird der Druck p1 hinter dem Ventil gemessen und mit einem Sollwert p1;Soll , verglichen. Bei Veränderung des Vordruckes p0 als Störgröße wird das (Regel-) Ventil so beeinflusst, dass der Störung entgegengewirkt wird (Abb. 1.6). Zur Untersuchung der Anordnung entwerfen wir einen Wirkungsplan, in dem alle wesentlichen Elemente in Form von Blöcken enthalten sind (siehe Abb. 1.7). Durch den Massenstrom m P G entsteht ein Druckabfall am Regelventil und in den Rohrleitungen. Insgesamt steht das Druckgefälle pges D p0  p2 zur Verfügung.

6

1

Begriffe

Abb. 1.6 Gerätefließbild einer Rohrleitungsstrecke mit Armaturen

Zieht man davon den Druckabfall pV der Leitung bis zur Messstelle (also mit Ventil) ab, so berechnet sich die Regelgröße p1 als physikalische Größe „Druck“ zu: p1 D pges  pV D p0  p2  pV . Durch die Messeinrichtung wird die Regelgröße p1 als Signal erfasst und mit dem Sollwert p1;Soll durch Differenzbildung der Spannungen verglichen. Ein eingebautes Gerät erzeugt daraus eine Stellgröße y, die zum Stellantrieb weitergeleitet wird. Der Stellantrieb verändert am Ventil den Hub H , wodurch Massenstrom m P G und damit auch Druck p1 verändert werden. Der Kreis ist geschlossen (Abb. 1.7); es handelt sich um eine Regelung. Ein- und Ausgangsgrößen des Reglers sind Spannungen, angegeben in Volt. Die notwendige Wirkungsumkehr wird realisiert, indem man die „Regeldifferenz“ e D USoll  UIst berechnet. Mögliche Störungen, die auf die Regelstrecke einwirken, sind Änderungen des Vordruckes p0 oder des Behälterdruckes p2 . Steigt z. B. der Gegendruck p2 , so steigt auch der Druck p1 . Diese Größe wird als Spannungswert gemessen und über die Regelung im geschlossenen Wirkungsablauf an den Sollwert angepasst. Gleiches gilt für den Vordruck p0 . Durch die Regelung kann eine Abweichung unabhängig von der Ursache behoben werden. Dazu muss jedoch die Abweichung zunächst vorhanden sein. b) Es wird der Druck p0 vor dem Ventil gemessen. Bei Abweichungen vom Solldruck p0S wird die Stellung des Ventils mit Hilfe einer Kennlinie so verändert, dass der Druck p1 konstant bleibt (Abb. 1.7).

Abb. 1.7 Wirkschaltplan der Vordruckregelung

1.2

Regeln

7

Abb. 1.8 a statisches Verhalten, b Zeitverhalten der Vordruckeinstellung

Auch durch diese Anordnung wird der Druck p1 konstant gehalten. Die Einhaltung vorgegebener Werte p1 ist gewährleistet, ehe sich eine Störung des Vordrucks p0 ausgewirkt hat. Dazu muss das Übertragungsverhalten des eingebauten Ventils in Form einer linearisierten Kennlinie bekannt sein. Steigt der Vordruck p0 sprunghaft an, so wird entsprechend der Kennlinie das Ventil sprunghaft geschlossen. Ist die Kennlinie optimal angepasst, so ist keine Änderung des Druckes p1 zu erkennen (Abb. 1.8b). Es wird der Anstieg des Vordrucks p0 gemessen und entsprechend der Kennlinie Abb. 1.8a direkt (ohne Sollwert-Istwert-Vergleich) in den Hub H für das Ventil umgewandelt. Zur Untersuchung des Wirkungsablaufes entwerfen wir wieder einen Schaltplan (Abb. 1.9). Die Steuerung hat eine „fallende Kennlinie“ (Vorzeichenumkehr). Durch eine Verringerung des Hubes wird der Massenstrom m P G indirekt über eine Vergrößerung des Druckverlustes von Rohrleitung und Ventil pV reduziert. Ist die Vergrößerung von pV gleich groß wie der Druckanstieg p0 , so ist keine Änderung des Druckes p1 zu erwarten. p1 D  .p0 /   .pV / D 0

Abb. 1.9 Wirkschaltplan der Steuerung

8

1

Begriffe

Der Druck p1 wird also über eine Steuerkette im offenen Wirkungsablauf gesteuert. Es entsteht keine, auch nicht kurzzeitige Abweichung. Eine Rückwirkung des Druckes p1 auf den Druck p0 ist vernachlässigbar; eine Veränderung der Stellung eines Druckminderers einer Haus-Gasversorgungsanlage hat keinen Einfluss auf den Druck des Gasversorgungsnetzes. Der Nachteil dieser Steuerung ist, dass sich Änderungen des Gegendruckes p2 voll auf den Druck p1 auswirken. p2 D p1 (bei Überschallströmung). Steigt der Gegendruck p2 an, so wird dies nicht von der Steuerung bemerkt; sie kann deshalb auch nicht reagieren.

1.3 Regelungssystem Die oben beschriebenen Steuerketten und Regelkreise stellen die Zusammenschaltung einzelner Teilsysteme oder Systeme zu einem Wirkungsweg dar. Die Teilsysteme (teils auch Glieder genannt) und die auftretenden Größen werden im Folgenden erläutert. Die nachfolgende Darstellung bezieht sich zunächst auf elementare Regelkreise. Abb. 1.10 zeigt nach DIN IEC 60050-351 einen Wirkungsplan mit typischen Elementen eines elementaren Regelungssystems. Die verwendeten Größen werden in Tab. 1.1 benannt. Die folgenden Begriffe sind der DIN IEC 60050-351 entnommen. I Die Zielgröße (command variable) c ist eine von der betreffenden Regelung nicht beeinflusste variable Größe, die dem Regelkreis von außen zugeführt wird und der die Aufgabengröße in vorgegebener Abhängigkeit folgen soll. I Der Führungsgrößenbildner (reference-variable generating element) ist eine Funktionseinheit, welche die Führungsgröße aus der Zielgröße bildet. Häufig sollen Führungsgrößenbildner sicherstellen, dass kritische Grenzwerte der Führungsgröße nicht überschritten werden.

Abb. 1.10 Wirkungsplan mit typischen Elementen eines elementaren Regelungssystems

1.3

Regelungssystem

Tab. 1.1 Verwendete Größen in einem Regelungssystem (nach DIN IEC 60050-351)

9 c w e m y z x q r  

Zielgröße Führungsgröße Regeldifferenz Reglerausgangsgröße Stellgröße Störgröße Regelgröße Aufgabengröße Rückführgröße Summierungspunkt Verzweigungspunkt

I Die Führungsgröße (reference variable) w legt dabei den Sollwert der Regelgröße x fest. Dieser Sollwert muss nicht notwendig konstant sein, sondern kann sich zeitlich ändern. I Das Vergleichsglied (comparing element) ist eine Funktionseinheit mit zwei Eingängen und einem Ausgang, deren Ausgangsgröße die Differenz der beiden Eingangsgrößen, die Regeldifferenz (control difference variable) e ist. e Dwr Je genauer geregelt werden soll, desto empfindlicher muss der Regler auf die Regeldifferenzen reagieren. Da die Abweichung sehr klein werden soll, ist es notwendig, das Signal durch Einsatz von Hilfsenergie zu verstärken. Es ist von großer Bedeutung, wie der Regler bei einer Regelabweichung eingreifen soll. Dieser Eingriff kann schnell, langsam oder zunächst sehr schnell und dann langsam sein. Die Art des Eingriffes nennt man Zeitverhalten. Dieses Zeitverhalten wird im Regler künstlich erzeugt. Dabei werden die mathematischen Funktionen Multiplikation, Integration und/oder die Differentiation verwendet. I Das Regelglied (controlling element) bildet aus der Regeldifferenz die Reglerausgangsgröße m. Der Steller (actuator) bildet die zur Betätigung des Stellgliedes (final controlling element) erforderliche Stellgröße (manipulated variable) y. Ein elektrisch, pneumatisch oder hydraulisch angetriebener Stellantrieb erzeugt die Kräfte, die notwendig sind, um alle Widerstände und Reibungskräfte des Stellvorgangs zu überwinden. Zum Stellantrieb gehört in der Regel auch ein Stellungsregler, der die Reglerausgangsgröße als Stellungsregler-Sollwert in den Stellhub oder Stellwinkeln umwandelt. Gerätetechnisch gehören Stellantrieb und Stellglied zusammen zur Stelleinrichtung.

10

1

Begriffe

I Die Stellgröße ist Eingang derjenigen Funktionseinheit, die entsprechend der Regelungsaufgabe zu beeinflussen ist, der Regelstrecke (controlled system). Die Regelstrecke bildet die Regelgröße (controlled variable) x. Von der Wirkung her wird der Teil der Stelleinrichtung, der die Funktion des Prozesses verändernd beeinflusst, unter dem Namen Stellglied oder Aktor der Regelstrecke zugeordnet. Eine eindeutige Trennung ist nicht möglich. Oft zählt man den Ventilsitz mit Ventilkegel zur Einrichtung, das übrige Ventilgehäuse zur Strecke. I Das Messglied (measuring element) bildet aus der an ihm zugeführten Regelgröße die Rückführungsgröße (feedback variable) r. Regelgrößen sind immer dimensionsbehaftet. Um diese Messaufgaben zu erfüllen, wählt man geeignete Größen, die man messtechnisch erfassen kann, z. B.:  Wasserstand: Messung des Druckes der Wassersäule mit einem Drucksensor  Druck: Messung des Federweges an einem Plattenfedermanometer  Temperatur: Messung des Widerstandes eines Pt-100 Widerstandsfühlers. Einheitsmessumformer sind Einrichtungen, die unter Verwendung einer Hilfsenergie eine physikalische Eingangsgröße in eine Ausgangsgröße mit einheitlichem Bereich 0 bis 100 % umformen. Das Ziel dieser Umformung ist es, das Regelgrößensignal für die Weiterverarbeitung aufzubereiten. Ebenfalls zum Regelungssystem wird die Funktion „Bilden der Aufgabengröße“ (final controlled variable) q gezählt. Im praktischen Betrieb sind Regelungen von Störungen beeinflusst. Diese fasst man zu einer Größe, der Störgröße (disturbance variable) z zusammen. Diese ist eine unerwünschte, unabhängige und meistens unvorhersehbare Eingangsgröße, die von außen auf das System wirkt. Übung (Regelung einer Förderleistung)

Ein Bunkerabzugsband wird von einem Vibrationsförderer beladen. Die Förderleistung in t/h soll konstant gehalten werden. Zur Istwert-Erfassung kann eine Bandwaage unter dem tragenden Turm eingebaut werden. Skizzieren Sie den Regelkreis, benennen Sie die Strecke, Stellglied und Stellgröße, Reglereingänge und Reglerausgang! Nennen Sie mögliche Störgrößen! Lösung Die Strecke ist die Bandlänge zwischen Aufgabestelle und Bandwaage. Das Stellglied ist der Vibrator, dessen Vibrationsfrequenz die Stellgröße ist. Die beiden Reglereingänge sind der von der Bandwaage erfasste Istwert der Regelgröße Förderleistung und der eingegebene Sollwert der Förderleistung. Der Reglerausgang

1.3

Regelungssystem

11

ist die Stellgröße Vibrationsfrequenz. Die Aufgabe der Wiege-Elektronik ist die reglergerechte Umformung des von der Bandwaage erfassten Istwertes in eine geeignete elektrische Größe. Mögliche Störgrößen sind Veränderungen im Fördergut durch Feuchteeinfluss und Spannungsschwankungen in der Energieversorgung des Vibrators.

12

1

Begriffe

Beispiel 1.2 (Kursregelung)

Ein Schiff bewegt sich auf einem See (Abb. 1.11). Die Regelgröße x ist der Kurs des Schiffes bezogen auf die Himmelsrichtung, die Stellgröße y ist die Ruderverstellung. Bei einer Kursabweichung durch z. B. eine Wasserströmung z1 als Störgröße muss durch eine entgegenwirkende Ruderverstellung diese Strömung kompensiert werden. a) Zeichnen Sie den Wirkungsplan. Es handelt sich hier um einen Regelkreis, dessen Wirkungsablauf geschlossenen ist (siehe Abb. 1.12). Die Regelstrecke ist das Schiff, die Regelgröße der Ist-Kurs. Der Soll-Kurs wird durch den Kompass vorgegeben. Der Regler wird durch den Steuermann ersetzt. Als Stellgröße wird die Ruderstellung relativ zur Schiffs-Längsachse verwendet.

Abb. 1.11 Beispiel einer Kursregelung

Abb. 1.12 Wirkungsplan der Kursregelung eines Schiffes

1.4

Normierung

13

b) Welche weiteren Störgrößen sind möglich? Alle externen Kräfte, die auf das Schiff einwirken, sind Störgrößen. Wenn die Kräfte nicht im Schwerpunkt des Schiffes wirken, z. B. bei böigem Seitenwind, entsteht auf das Schiff ein Drehmoment, das durch ein entgegengerichtetes Rudermoment ausgeglichen werden muss. Bei einer externen Störung (Strömung oder Wind) ist die von der Ruderstellung hervorgerufene Schrägstellung des Schiffes nicht identisch mit seinem absoluten Kurs. c) Das Schiff fährt auf einem ruhenden See und ohne Seitenwind. Wie verhält sich das Schiff bei einem konstanten Ruderausschlag y? Das Schiff fährt im Kreis. Wir werden dieses Verhalten später als I-Verhalten kennenlernen. Aufgabe 1.1 (Glühofen)

In einem elektrisch beheizten Glühofen soll die Temperatur konstant gehalten werden. Dazu wird durch eine zu- und abschaltbare Heizspirale dem Ofen Wärme zugeführt. a) Benennen Sie die Regelgröße und erläutern Sie das Verhalten der Stellgröße. b) Welche Störgrößen greifen auf die Ofentemperatur ein? c) Zeichnen Sie vereinfacht den Wirkungsplan des Glühofens und die Störeingriffe.

1.4 Normierung In der Regelungstechnik arbeitet man bevorzugt mit normierten Größen. Diese erhält man, in dem man eine physikalische Größe, z. B. Temperatur, Druck, Durchfluss durch eine Konstante der gleichen Einheit teilt. Normierte Größen haben die Einheit „1“ oder „%“. Man bezeichnet sie auch als dimensionslos. Dabei bezieht man  die Regelgröße auf die Messspanne x  die Stellgröße auf den Stellbereich yH .

14

1

Tab. 1.2 Einheitssignale

Relative Angabe Eingeprägter Gleichstrom Gleichspannung Pneumatischer Druck

Begriffe

0–100 % (0–1) 4–20 mA (0–20 mA) 0–10 V 0,2–1 bar

Zur Ermittlung der dimensionslosen Regelgröße x bezieht man die gemessene Regelgröße xA auf den Messwertnullpunkt x0 und auf den Messbereichsendwert xmax bzw. auf einen im Messumformer einstellbaren Endwert xD

xA  x0  100 %: x

Zahlenbeispiel

Regelgröße D Strom Messbereichsnullpunkt Messbereichsendwert Messbereich

I D 10 mA I0 D 4 mA (siehe Tab. 1.2) Imax D 20 mA IM D Imax  I0 D 20 mA  4 mA D 16 mA

iD

10 mA  4 mA I  I0 6 mA I  I0 D D D D 0;375 I Imax  I0 20 mA  4 mA 16 mA

Für die physikalische Weiterverarbeitung in Einheitsreglern sind nach DIN IEC 60381 die Einheitssignale aus Tab. 1.2 definiert. Gerätetechnisch wird dies im Messumformer realisiert (Abb. 1.13). Hier ist die Kennlinie eines pneumatischen Messumformers mit dem Eingang 0 bis 100 % des Messbereichs und dem Ausgang 0,2 bis 1 bar dargestellt. Eine Besonderheit liegt in der Störgröße z. Störgrößen sind messtechnisch schwer erfassbare und sich zufällig verhaltene Größen, die als Last oder externe Beeinflussung

Abb. 1.13 Schaltbild und Kennlinie eines pneumatischen Messumformers

1.5

Arbeitspunkt

15

Abb. 1.14 Erweiterte Regelstrecke mit Stellteil und Störteil

auftreten. Diese Einflüsse verursachen die Abweichung der Regelgröße von der Führungsgröße und machen damit eine Regelung erst notwendig. Die Störgrößen greifen an den unterschiedlichsten Stellen in der Regelstrecke ein. Man muss sich dazu klarmachen, dass eine Regelstrecke aus einem einzelnen Bauteil bestehen kann, aber auch aus einer komplexen Anlage mit vielen unterschiedlichen Anlagenteilen. Für die analytische Betrachtung ist es notwendig, einen Störort zu definieren, auch wenn die Störung tatsächlich räumlich verteilt wirkt. Dies hat zur Folge, dass alle Störgrößen dimensionslos bzw. in Form von Einheitssignalen vorliegen müssen. Die tatsächlichen Störgrößen werden deshalb über fiktive Umrechnungsglieder umgeformt (Abb. 1.14). Für die analytische Betrachtung ist eine weitere Vereinbarung hilfreich: Alle Störgrößen greifen am Eingang der erweiterten Regelstrecke ein. Diese Vereinbarung beeinflusst jedoch das Anfangsverhalten bei einem Störeingriff. Die Auswirkung muss dann im Einzelfall untersucht werden.

1.5 Arbeitspunkt Die Regelung greift erst ein, wenn eine Abweichung oder eine Änderung auftritt. Deshalb wird in Schaltplänen meist nur die Änderung der physikalischen Größe von einem zunächst frei definierbaren Betriebspunkt untersucht. Nehmen wir als Beispiel den Hub H des Ventils. Im Betriebspunkt beträgt der Hub H0 . Bei einer Störung von außen stellt sich der Hub H1 ein; H1 setzt sich zusammen aus dem Wert im Betriebspunkt H0 und der Änderung H von diesem Wert. H1 D H0 C H: Für die regelungstechnische Betrachtung sind nur der Wert H und die Richtung der Änderung von Bedeutung. Für den geschlossenen Regelkreis bekommt dieser Betriebspunkt eine besondere Bedeutung. Soll z. B. der Wasserstand auf einen festen Wert eingestellt werden, d. h. Sollwert D Istwert, dann kann dieser Wert durch einen bestimmten Hub H

16

1

Begriffe

Abb. 1.15 Definition des Arbeitspunktes

erreicht werden. Die dazu gehörige Störgröße wird dann als Arbeitspunktwert definiert (Abb. 1.15). Der Betriebspunkt der Regelstrecke bei einer Störgröße z0 , umgerechnet in die Einheit der Stellgröße, wird Arbeitspunkt genannt. Im Arbeitspunkt gilt: x D w oder x D w D 0 und y0 D z0 oder y D z D 0:

1.6 Linearisierung Nichtlineare Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung sind in der Regelungstechnik sehr oft vertreten. Die beschreibenden Kennwerte von Regelstrecke ändern sich mit der aktuellen Störgröße z oder mit dem Sollwert w. Für die mathematische Behandlung eines Regelsystems ist es wesentlich einfacher, wenn alle Systemkennwerte konstant sind. Deshalb werden die einzelnen Systeme meist linearisiert und aus variablen Kennwerten werden Konstanten. Dazu gibt es verschieden Möglichkeiten: a) Auswahl kompensierender Regeleinrichtungen Eine selten genutzte Möglichkeit der Linearisierung ist es, das nichtlineare Verhalten von Regelstreckenteilen durch bezüglich der Linearität ausgleichende Geräte durchzuführen. Dies kann erreicht werden, wenn man z. B. die Skalenstellung eines Messgliedes so wählt, dass bei gleichen Stellgrößenänderungen y proportionale Regelgrößenänderungen x entstehen. Ähnliches kann man auch durch die Auswahl einer Stelleinrichtung erreichen, das durch ein Stellverhalten mit entgegen gerichteter Krümmung der Kennlinie ein nichtlineares Verhalten der Regelstrecke ohne Stelleinrichtung ausgleicht. Siehe dazu auch Abschn. 5.5.

1.6

Linearisierung

17

Abb. 1.16 Graphische Linearisierung

b) Statistische Linearisierung Die einfachste mathematische Linearisierung ist die Mittelwertbildung von streuenden Kennwerten. Pn KP D

i D1

KPi

n

Weitere Möglichkeiten sind statistische Verfahren, die man bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung verwendet, z. B. Korrelationsanalyse oder Methode der kleinsten Fehlerquadrate. c) Graphische Linearisierung Abb. 1.16 zeigt die Kennlinie eines nichtlinearen Regelkreisgliedes mit einer Eingangsgröße. Man ersetzt nun in der Nähe des Arbeitspunktes A die gekrümmte Kennlinie durch eine Gerade, indem man die Tangente im Arbeitspunkt zeichnet. Diese Tangente wird durch eine Geradengleichung beschreiben. Der Kennwert KP ist zugleich die Steigung der Kennlinie im Arbeitspunkt. xa D xa .A/ C Kp  xe d) Linearisierung mit Tabellenwerten In Tab. 1.3 sind die Messwerte einer nichtlinearen Regelstrecke gegeben. Die Kennlinie soll im Bereich X D 25 % bis 75 % linearisiert werden. In Abb. 1.17 sind diese Wertepaare als Kennlinie gezeichnet. Man erkennt, dass die Kennlinie S-förmig verläuft. Durch zwei Messpunkte kann man eine Sekante legen, die

Tab. 1.3 Messwerte einer Regelstrecke

x y

% %

0 0

25 5

50 25

75 45

100 50

18

1

Begriffe

Abb. 1.17 Kennlinie nach Werten aus Tab. 1.3

Abb. 1.18 Nichtlineare Kennlinie eines Abflussventils

den Verlauf linearisiert wiedergibt. Die linearisierte Steigung der Kennlinie ergibt sich aus: KP D

y 45 %  5 % 40 % D D D 0;8 x 75 %  25 % 50 %

e) Mathematische Linearisierung Nichtlineare Zusammenhänge treten sowohl an Zusammenfassungsstellen, z. B. bei Multiplikation oder Division, als auch innerhalb eines Blockes auf, wenn der mathematische Zusammenhang eine quadratische Gleichung oder eine Wurzelbeziehung ist. Sie lassen sich ähnlich behandeln wie lineare Zusammenhänge, solange man sich auf kleine Änderungen beschränkt.

1.6

Linearisierung

19

Beispiel 1.3 (Abflussventil eines Behälters)

Nehmen wir die funktionale Abhängigkeit des Abflussventils eines Behälters, beschriep ben durch m P D K  p. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 1.18 graphisch dargestellt. Die Ausströmgleichung m P 2 D K 2  p nimmt für kleine Änderungen um den Betriebspunkt „0“ folgende Form an: 2    P D K 2 p0 C p m P0 Cm 2

P0m P Cm P D K 2  p0 C K 2  p m P 20 C 2m Im Betriebspunkt (alle kleinen Änderungen verschwinden) gilt für den Proportionalbeiwert: K2 D

m P 20 p0

Das Quadrat der kleinen Änderung wird vernachlässigt. Daraus ergibt sich: m P 20 C 2m P0m P D 2m P0m P D m P D

m P 20 m P 20   p C  p 0  p p0 0  m P 20  p p0 1 m 1 P0  p D K 2   p  2 p0 2m P0

Da m P 0 =p0 D konst. die Neigung der Scheitelsekanten in Abb. 1.18 darstellt, beschreibt diese Gleichung, dass die Tangente halb so steil ist wie die Scheitelsekante im gleichen Punkt. In Abb. 1.19 ist der „linearisierte“ Proportionalbeiwert für das Abflussventil in dem Block eingetragen.

Abb. 1.19 Darstellung eines nichtlinearen Zusammenhangs

20

1

Begriffe

Es folgen Beispiele für die Linearisierung von nichtlinearen mathematischen Funktionen. Es wird eine allgemeine Darstellung der Linearisierung nichtlinearer Blöcke angegeben. In vielen Fällen treten zu den Koeffizienten in den Blöcken noch Proportionalbeiwerte (Konstanten) hinzu.

2 xa0 D xe0 D xe0  xe0

x a D xe0  x e C xe0  x e x a D 2  xe0  x e

xa0 D

p xe0

2 xa0 D xe0

xa0  x a C xa0  x a D x e 1 1 xa D  xe D  xe p 2  xa0 2  xe0

1.7 Signale I Ein Signal ist die Darstellung einer Information. Es ist eine physikalische Größe, bei der ein oder mehrere Parameter (sog. Informationsparameter ) Information über eine oder mehrere variable Größen tragen. Beispiel

Ein Messsignal kann beispielsweise in Form einer sinusförmigen Spannung mit der Gleichung u.t/ D u0  sin .!t C '0 / vorliegen. Der Verlauf des Signals ist also von der Amplitude u0 , der Kreisfrequenz ! und dem Phasenwinkel ' abhängig. Je nach Fragestellung können die Informationsparameter Amplitude, Kreisfrequenz oder Phasenwinkel ausgewertet werden. I Kontinuierlich veränderliche physikalische Größen, z. B. Temperatur oder Druck liefern analoge Signale (Abb. 1.20). Analoge Signale können innerhalb gewisser Grenzen jeden beliebigen Wert annehmen. Bei analogen Signalen ist dem kontinuierlichen Werteverlauf des Informationsparameters

1.7

Signale

21

Abb. 1.20 Analoges Signal

Abb. 1.21 Digitales Signal

Punkt für Punkt unterschiedliche Information zugeordnet. Aus Abb. 1.20 ist ersichtlich, dass zu jedem beliebigen Zeitpunkt dem Informationsparameter Druck (p) ein Wert (eine Information) zugeordnet werden kann. I Digitale Signale (Abb. 1.21) sind diskrete Signale, deren Informationsparameter innerhalb bestimmter Grenzen nur eine endliche Zahl von Wertebereichen annehmen kann. Der Wertebereich des Informationsparameters ist ein ganzzahliges Vielfaches der kleinsten Einheit (E). Werden Informationen von analogen Signalen in digital arbeitenden Systemen genutzt, dann muss die analoge Darstellung der Information durch Analog-Digital-Wandler in eine digitale Darstellung gebracht werden. Der Analog-Digital-Wandler liefert eine dem digitalen Wert proportionale physikalische Größe, die umso genauer ist, je besser das Auflösungsvermögen des Wandlers ist. I Signale, die nur zwei Informationszustände darstellen können, nennt man binäre Signale (Abb. 1.22). Ein binäres Signal ist ein Signal mit nur zwei Werten des Informationsparameters.

Abb. 1.22 Binäres Signal

22

1

Begriffe

Abb. 1.23 Signalpegel binärer Signale

Wertebereiche eines binären Signals können sein: Druck EIN/Druck AUS, Ventil geöffnet/Ventil geschlossen oder Strom fließt/Strom fließt nicht. In der Mathematik und in der Steuerungstechnik werden diese beiden Zustände durch 0 und 1 beschrieben. In der Praxis wird den logischen Zuständen (0, 1) des Informationsparameters ein entsprechender Signalpegel (H, L) zugeordnet. Zwischen dem oberen und dem unteren Bereich des Signalpegels muss ein Sicherheitsbereich (Abb. 1.23) liegen. Ein typisches Beispiel für die Umwandlung eines analogen Signals in eine Abfolge binärer elektrischer Signale liefert Tab. 1.4. Zum Schluss werden in Tab. 1.5 noch einige typische Bauelemente aufgeführt, die zur Signalverarbeitung eingesetzt werden.

Tab. 1.4 Umwandlung eines Analogsignals in eine Abfolge binärer elektrischer Signale Die Lautstärke einer akustischen Schwingung soll erfasst werden. Sie kann als Druck gemessen werden

Durch einen Sensor wird es in ein analoges elektrisches Signal gewandelt. Dabei kann es auch verstärkt oder in ein normiertes Signal – hier in eine Spannung zwischen 0 und 10 V – umgewandelt werden

Nun wird zunächst die Zeit quantisiert. Der zeitliche Verlauf wird in äquitemporäre Abschnitte mit der Abtastzeit TAB eingeteilt. Im Audiobereich wird dieser Vorgang auch sampling genannt. Dort ist eine typische Abtastfrequenz 48 kHz. In der Sensorik kommen auch längere Abtastzeiten von sich nur langsam verändernden Größen (z. B. Außentemperatur) vor. Dort kann die Abtastzeit auch Minuten betragen

1.7

Signale

23

Tab. 1.4 Umwandlung eines Analogsignals in eine Abfolge binärer elektrischer Signale Zu den diskreten Zeiten wird nun die aktuelle Spannung erfasst

Im nächsten Schritt wird die Amplitude quantisiert. Das Signal ist „diskretisiert“. Die Spannungswerte werden einer der Stufen zugeordnet. Die Signalqualität ist umso besser, je mehr Quantisierungsschritte zugelassen werden. Hier im Beispiel ist es sehr grob, nur 3 Bit. Im Audiobereich sind 16 Bit üblich, d. h., der Spannungsbereich wird in 216 D 65:536 Stufen eingeteilt. In der Sensorik ist das Auflösungsvermögen problemangepasst Den quantisierten Spannungen werden also digitalisierte Werte zugeordnet

Diese digitalen Werte können nun als binäres Signal in einer zeitlichen Abfolge gesendet werden

Tab. 1.5 Bauelemente zur Signalverarbeitung Eingangssignale Berührend Schalter, Taster, Grenztaster, Piezoaufnehmer

Berührungslos Optische, induktive, kapazitive Näherungsschalter, Thermoelemente

Ausgangssignale Stellglieder Ventile, Schütze, Leistungstransistor, Leistungsthyristor

Aktoren Meldeeinrichtungen, Motoren, Zylinder, Beleuchtungsanlagen, Heizelemente

2

Mathematische Werkzeuge

2.1

Mathematische Beschreibung im Zeitbereich

Der Verlauf von Signalen und auch das Verhalten von Systemen in der Regelungstechnik wird auf zwei Arten beschrieben: Sind die Signale als Funktion der Zeit angegeben, so bezeichnet man die Beschreibungsform als Beschreibung im Zeitbereich. Manchmal ist es (mathematisch) günstiger, sie als Funktion der Frequenz anzugeben, dann bezeichnet man die Beschreibungsform als Beschreibung im Frequenzbereich. Im Zeitbereich wird das Systemverhalten vor allem durch Differenzialgleichungen beschrieben. Diese verknüpfen die Variablen durch Differenzialbeziehungen, die auch Nichtlinearitäten enthalten können. Vereinfacht man die Gleichungen auf ein System mit linearen, zeitinvarianten Beziehungen mit konstanten Kennwerten, so wird die Ermittlung dieser Kennwerte direkt im Zeitbereich bevorzugt. Dies trifft insbesondere auf Systeme zu mit langsam veränderlichen Signalen oder findet Anwendung bei Systemen, deren Störungen mit niedriger Frequenz auftreten: Größenordnung Sekunden bis Minuten. Solche Anwendungsbeispiele findet man als Temperaturverläufe, Druckschwankungen, Durchflussänderungen oder andere Zustandsgrößenverläufen in der Verfahrenstechnik. Bei linearen, zeitinvarianten Systemen kann das Zeitverhalten statt durch die unhandliche Differentialgleichung durch die so genannten Antwortfunktionen (siehe Abschn. 4) beschrieben werden, wenn keine beliebigen Störungen als Eingangsgrößen zugelassen sind, sondern nur determinierte Verläufe (Sprung, linearer Anstieg, . . . ). Man erhält einfache Lösungen für Differentialgleichungen für diese Sonderfälle, wenn sich das System vor dem Eingreifen der Testfunktion im Beharrungszustand befunden hat.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 B. Heinrich, W. Schneider, Grundlagen Regelungstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26741-4_2

25

26

2

Mathematische Werkzeuge

Abb. 2.1 Lineare Anstiegsfunktion im Zeitbereich

Beispiel 2.1 (Beschreibung eines Zeitverlaufes im Zeitbereich)

Im Zeitbereich wird der Signalparameter u als Funktion der unabhängigen Variablen „Zeit“ dargestellt: u D u.t/ Oft ist es möglich, die Funktion u.t/ innerhalb eines Zeitintervalls analytisch zu beschreiben. a) Zeichnen Sie einen linearen Anstieg und beschreiben Sie diese Funktion mit Hilfe einer Zeitgleichung. Der lineare Anstieg ist in Abb. 2.1 dargestellt. 0  t  t1 ! u.t/ D K  tq K D Konstante (¶ Geschwindigkeit), u ¶ Weg, t ¶ Zeit. b) Stellen Sie eine harmonische Schwingung dar. Der Zeitverlauf wird durch eine Kosinusfunktion beschrieben (Abb. 2.2): u.t/ D U0  cos .!0  t/

für den Gültigkeitsbereich 1 < t < C1

!0 D Eigenfrequenz ; U0 D Schwingungsamplitude;  D

2 !0

¶ Schwingungsperiode.

2.1.1 Fundamentalgleichung der Regelungstechnik Die grundsätzliche Art der mathematischen Darstellung des Zeitverhaltens eines regelungstechnischen Systems ist: v.t/ D f .u.t/; w.t/; zi .t/; : : :/

2.1 Mathematische Beschreibung im Zeitbereich

27

Abb. 2.2 Schwingungsfunktion im Zeitbereich

Abb. 2.3 Blockdarstellung der Fundamentalgleichung

v.t/ u.t/ w.t/ zi .t/

Ausgangsgröße des betrachteten Systems Eingangsgröße des betrachteten Systems Führungsgröße Störgrößen

Die funktionelle Abhängigkeit zwischen Eingang- und Ausgangsgröße kann durch die Fundamentalgleichung der Regelungstechnik beschreiben werden. .n/

.m/

an  v C : : : C a2  vR C a1  vP C a0  v D b0  u C b1  uP C b2  uR C : : : C bm  u

Die linke Seite der Fundamentalgleichung (für die Blockdarstellung s. Abb. 2.3) beschreibt das dem System eigene Verhalten, die rechte Seite beschreibt die Einwirkungen auf das System von außen. „n“ wird die Ordnung der Differentialgleichung genannt. Die Ordnung entspricht physikalisch der Anzahl der systeminternen Speicher, z. B. Massenspeicher, Energiespeicher, . . . Nebenbedingung: m  n. In Kap. 5 wird beschrieben, wie das Fehlen der Parameter a0 (I-Verhalten) oder b0 (D-Verhalten) zu interpretieren ist.

2.1.2

Lösung der Differentialgleichung

Sind die Eingangsgröße u.t D 0/ und die weiteren Anfangsbedingungen v.0 /, v.0 P  /, v.0 R  /, . . . bekannt, kann die Differentialgleichung gelöst werden. 0 gilt für kleine Zeiten t ! 0, aber t < 0. 0C bedeutet t ! 0, aber t > 0. Zunächst wird nur die linke Seite betrachtet, genannt homogene Gleichung oder Eigendynamik des Systems. Durch den Ansatz vh .t/ D C  e ˛t ergibt sich die charakteristische

28

2

Mathematische Werkzeuge

Gleichung des Systems. an  ˛ n C an1  ˛ n1 C : : : C a2  ˛ 2 C a1  ˛ C a0 D 0 Sind die n Lösungen ˛1 , ˛2 , . . . , ˛n reell und voneinander verschieden, ergibt sich die homogene Lösung: vh .t/ D C1  e ˛1 t C C2  e ˛2 t C : : : C Cn  e ˛n t Die Integrationskonstanten Ci werden aus den Anfangsbedingungen bestimmt. Treten komplexe Lösungen der charakteristischen Gleichung auf, so müssen die Lösungen ˛i paarweise konjugiert komplex sein. Für 2 konjugiert komplexe Lösungen ergeben sich aus dem Ansatz   vh .t/ D e ı1 t  C11  e j!t C C12  e j!t die Lösung für einen Eingangssprung vh .t/ D A  e ı1 t  sin .!  t C '/ 1 ist die Schwingungsamplitude AD p 1  D2 D ı1 D ist die Abklingkonstante der Schwingung T0 p 1  D2 ist die Phasenverschiebung der Schwingung ' D arctan D Die Gesamtlösung entspricht der Addition aus homogener Lösung und partikulärer Lösung v.t/ D vh .t/ C vp .t/ Dabei sind in der partikulären Lösung die Eingangsgrößen u.t/ verarbeitet, die bei der homogenen Lösung noch nicht verwendet wurden. Beispiel 2.2 (Feder-Dämpfungs-System eines masselos gedachten Fahrzeugs)

Stoßdämpfer sollen die durch starke Bodenunebenheiten entstehenden Federschwingungen zwischen Fahrzeugaufbau und Radaufhängung dämpfen. Ein Kolben wird in einem Zylinder bewegt und verdrängt Öl durch enge Bohrungen (Abb. 2.4).

Abb. 2.4 Gerätetechnische Darstellung einer Fahrzeugfederung mit Ersatzschaltbild

2.1 Mathematische Beschreibung im Zeitbereich

29

Bewegt sich der Kolben nach rechts (Einfedern) so wird das Öl in die linke Kammer gepresst; bewegt sich der Kolben nach links (Ausfedern), so strömt das Öl in die rechte Kammer zurück. Damit das System bei einer bleibenden Kraft F0 nicht gegen den Anschlag gedrückt wird, ist zusätzlich eine Feder notwendig, die diese Kraft aufnimmt. a) Stellen Sie die Differenzialgleichung des Modells auf. Eine Kraft F0 als Eingangssignal u.t/ auf den Stoßdämpfer bewirkt eine Auslenkung s als Ausgangssignal v.t/, und zwar entgegen der Kraft der sich spannenden Feder. Aus dem Kräftegleichgewicht ergibt sich die zugehörige Gleichung, das mathematische Modell dieses Gliedes: ds cs C d  F0 D „ƒ‚… dt „ƒ‚… Fc Fd

F0 c s d ds=dt

D u.t/ . . . zusätzliche externe Kraft in N D Federkonstante in N=m D v.t/ . . . Auslenkung in m bezogen auf s0 D 0 m D Dämpfungskonstante in N s=m D Geschwindigkeit in m=s u.t/ D c  v.t/ C d  vP

Dieses mathematische Modell gilt nur mit Einschränkungen:  Die Trägheitskraft wurde vernachlässigt; die Masse des Fahrzeugs wird als externe Kraft auf die Fahrzeugfederung übertragen.  Der Dämpfungsgrad d wird als konstant angenommen, obwohl bei der realen Federung der Einschwingvorgang stärker gedämpft ist als der Ausschwingvorgang.  Die externe Kraft F0 ändert sich „sprunghaft“; für die Aussage des Modells ist dies der schlimmste anzunehmende Fall. b) Geben Sie die Lösung der Differenzialgleichung in einer Formel an. Differenzialgleichungen werden meist durch Integration gelöst. Allgemein gibt es bei einer Differenzialgleichung eine ganze Lösungsschar. Durch die Anfangsbedingungen wird daraus eine ganz bestimmte Lösung herausgegriffen. Für die weitergehende numerische Verarbeitung ist die Lösungsgleichung besser geeignet als die Differenzialform der Gleichung. Homogene Lösung: d  vP C c  vh .t/ D 0

30

2

Substitution: c vP D   vh .t/ D W d d dW dv D  DW vP D dt c dt Integration: ln W D 

!  !

c  dv D d W d dW c D  dt dt d

c  t C ln K d

Rücksubstitution: c c   vh .t/ D K  e  d t d

! dv D 

d  dW c

c

W D K  e  d t

!

!

Mathematische Werkzeuge

vh .t/ D 

c d  K  e  d t c

Die homogene Lösung vh .t/ beschreibt die Eigenbewegung, die das System von beliebigen Anfangswerten ausführt, wenn es sich selbst überlassen wird (u.t/ D 0). Die homogene Differentialgleichung ergibt sich aus den Eigenschaften und der Struktur des Systems. Partikuläre Lösung: Die partikuläre Lösung beschreibt hier den Beharrungszustand. Dies ist die Bewegung oder der Zustand, den das System unter dem Einfluss der Eingangsgröße nach Abklingen des Einschwingvorganges ausführt (erzwungene Bewegung). Dazu wählt man einen Ansatz in Form der Störfunktion, hier u.t/ D F0 D konst: Im Beharrungszustand t ! 1 ergibt sich als Wirkung auf diese externe Kraft F0 folgende Auslenkung: d  vP C c  vp .t/ D F0 Für t D 1 erhält man für den Beharrungswert vB t ! 1W

c  vB D F0

!

vB D

1  F0 D vp .t/ c

Allgemeine Lösung: Durch Überlagerung der homogenen und partikulären Lösung ergibt sich die allgemeine Lösung 1 d c v.t/ D vp C vh D  F0   K  e  d t c c Die in dieser Gleichung noch enthaltene Konstante K erhält man durch Einsetzen der Anfangswerte in die allgemeine Lösung v.t/. Hier wird wegen der Differentialgleichung erster Ordnung nur ein Anfangswert benötigt. Die Anfangsbedingung lautet: u.0/ D 0.

2.1 Mathematische Beschreibung im Zeitbereich

31

Abb. 2.5 Vereinfachtes mathematisches Modell eines Stoßdämpfers, dargestellt als Block

Für t D 0 ergibt sich diese Form der allgemeinen Lösung: e 0 D 1

!

darausW

1 d  F0   K  1 c c c 1 K D  F0 D  vB d d 0D

Damit erhält man den gesuchten Verlauf: c c d 1 1  F0    F0  e  d t D vB  vB  e  d t c  c d c v.t/ D vB  1  e  d t

v.t/ D

Dieses mathematische Modell des Stoßdämpfers beschreibt die Auslenkung v.t/ als Funktion der externen Kraft u.t/ D F0 D konst: in Form der Lösungsgleichung. Dargestellt als Block ergibt sich die Darstellung in Abb. 2.5. c) Stellen Sie den Zeitverlauf des Modells auf. Der durch das mathematische Modell beschriebene Zeitverlauf der Auslenkung bei einer sprunghaften Änderung der äußeren Kraft soll graphisch dargestellt werden. Dazu gehen wir von folgenden Zahlenwerten aus: Federkonstante Dämpfungskonstante Anfangsauslenkung externe Kraftänderung

c D 6  104 N=m d D 1;2  105 N s=m v0 D 0 m u0 D 1;2  103 N

Für sehr große Zeiten nimmt die Auslenkung den Beharrungswert an. vB D

1 1;2  103 N  u0 D D 0;02 m c 6  104 N=m

Im Exponenten taucht das Verhältnis c/d auf: c 6  104 N=m 1 D D 0;5 d 1;2  105 N s=m s

32

2

Mathematische Werkzeuge

Abb. 2.6 Zeit-Weg-Diagramm des Stoßdämpfers bei sprunghafter Änderung der externen Kraft

Das reziproke Verhältnis wird später als Zeitkonstante T eingeführt: T D t e t=T

s –

1 0,607

d D 2s c

2 0,368

4 0,135

6 0,05

8 0,018

Tragen wir diese zeitlichen Stützpunkte in ein Diagramm ein, so erhalten wir den Zeitverlauf in Abb. 2.6. Eine gleich bleibende Kraftänderung von 1200 N bewirkt eine Auslenkungsänderung um 0,02 m. Nach etwa 8 bis 10 Sekunden wird der neue Beharrungswert erreicht. Der Zeitverlauf zwischen Anfangswert und Endwert entspricht einer e-Funktion. Der Anstieg der e-Funktion wird beschrieben durch die Zeitkonstante T .

2.2 Mathematische Beschreibung im Frequenzbereich Viele technische Systeme sind entweder auf Grund ihres inneren Aufbaus oder durch Anregung von außen in der Lage, Schwingungen auszuführen. Solche Systeme nennt man „schwingungsfähige Systeme“. Die Übertragung des Schwingungsverhaltens aus dem Zeitbereich in den Frequenzbereich bietet einen neuen Einblick in die Systemeigenschaften. Durch die Transformation vom Zeitbereich in den Frequenzbereich werden

2.2 Mathematische Beschreibung im Frequenzbereich

33

Abb. 2.7 Schematische Darstellung des Übergangs vom Zeitbereich in den Frequenzbereich

keine neuen Signale erzeugt, sondern deren Beschreibung wird nur in eine auf einfachere Weise interpretierbare oder berechenbare Form gebracht (Abb. 2.7). Anstelle der Zeit wird die Frequenz als unabhängige Variable benutzt und der Signalverlauf als Summe von harmonischen oder gedämpften Teilschwingungen dargestellt. Die Transformation lässt sich anschaulich deuten (Abb. 2.8). Das Zeitverhalten wird durch eine Summe von harmonischen Schwingungen unterschiedlicher Frequenz und Amplitude so zusammengesetzt (summiert), dass der tatsächliche Verlauf möglichst genau wiedergegeben wird (hier: Reihenentwicklung). Auch die Beschreibung im Frequenzbereich gilt streng genommen nur für lineare, zeitinvariante Systeme. Eine Methode zur Ermittlung von Kennwerten im Frequenzbereich (speziell Bode-Diagramm) wird in Abschn. 4.2 näher erläutert. Dort ist auch die zugehörige Theorie zur Transformation enthalten. Ein mathematisches Beschreibungsverfahren (Laplace-Transformation) findet man ausführlich in vielen Lehrbüchern und im Internet. Abb. 2.8 Zerlegung des Zeitbereichs in homogene Schwingungen unterschiedlicher Kreisfrequenz und Amplitude durch eine Reihenentwicklung

34

2

Mathematische Werkzeuge

Abb. 2.9 Nicht schwingende Regelstrecke 2. Ordnung in der komplexen Ebene

Übertragungsfunktion F.s/ Ersetzt man das Differential d=dt durch einen Operator, z. B. Operator s D ˛ C j!, so erhält man die Übertragungsfunktion: an  s n  V .s/ C : : : C a2  s 2  V .s/ C a1  s  V .s/ C a0  V .s/ D b0  U.s/ C b1  s  U.s/ C b2  s 2  U.s/ C : : : C bm  s m  U.s/ F .s/ D

an  s n  V .s/ C : : : C a2  s 2  V .s/ C a1  s  V .s/ C a0  V .s/ b0  U.s/ C b1  s  U.s/ C b2  s 2  U.s/ C : : : C bm  s m  U.s/

Dabei ist s eine komplexe Variable. Eine Möglichkeit der graphischen Abbildung bietet die komplexe s-Ebene mit dem Realteil ˛ und dem Imaginärteil j! (Abb. 2.9). Eine andere Darstellungsform ist die so genannte Ortskurve. (Abb. 2.10). Stellt man den Frequenzgang in Polarkoordinaten dar, dann können Amplitudengang A.!/ und Phasengang '.!/ getrennt dargestellt werden. F .j!/ D A.!/  e j'.!/ Trennt man bei der Darstellung den Amplitudengang vom Phasengang, so erhält man das Bode-Diagramm (Abb. 2.11), eine Darstellungsform, die vor allem bei rotatorischen

Abb. 2.10 Ortskurvendarstellung einer schwingungsfähigen Strecke 2. Ordnung

2.3 Mathematische Beschreibung digitaler Signale

35

Abb. 2.11 Bode-Diagramm eines P-T2 -Gliedes

Vorgängen, z. B. in Produktionsmaschinen, zum Einsatz kommt. Auch bei der Darstellung von Schallspektren in der Akustik leistet das Bode-Diagramm gute Dienste.

2.3

Mathematische Beschreibung digitaler Signale

Digitale Systeme werden in der Praxis zunehmend eingesetzt. Diese Entwicklung wird begünstigt durch Mikrocomputer-Bausteine mit zunehmender Integrationsdichte und Verarbeitungsgeschwindigkeit. Die Formulierung von Signalen in digitaler Form wird deshalb immer wichtiger. Die digitale Regelung ist ausführlich in Abschn. 7.6 beschrieben. Digitale Signale sind meist diskret und diskontinuierlich. Diskrete Signale werden durch die Auflösung gekennzeichnet. Dies ist der Wert, um den sich ein Signal ändern muss, damit eine Stelle eines digitalen Datenwortes, gekennzeichnet durch die binären Zeichen 0 oder 1, verändert wird. Ein weiterer Baustein ist u. a. für die Diskontinuität verantwortlich. Abtaster sorgen dafür, dass immer nur ein Messwert von der Anlage zum Mikrocomputer weitergeleitet bzw. nur eine Stellgröße vom Mikrocomputer zur Anlage ausgegeben wird. Dies führt zu einem „Abtasten“ der angeschlossenen Ein- und Ausgangssignale (Abb. 2.12). Die Wiederholung zweier Abtastpunkte des gleichen Signals wird Abtastzeit TS (S D Sample) genannt.

36

2

Mathematische Werkzeuge

Abb. 2.12 Zeitdiskretes Signal, erzeugt durch Abtastung

Durch diese beiden Effekte geht die Differenzialgleichung .n/

an  v C : : : C a2  vR C a1  vP C a0  v .m/

D b0  u C b1  uP C b2  uR C : : : C bm  u in die Differenzengleichung über. V .k/ C ˛1  V .k  1/ C : : : C ˛n  V .k  n/

D ˇ0  U.k/ C ˇ1  U.k  1/ C : : : C ˇm  U.k  m/ Der momentan abgetastete Wert des Ausgangssignals v.k/ zum Zeitpunkt k kann dann rekursiv aus vergangenen abgetasteten Eingangs- und Ausgangssignalen berechnet werden. Die Kennwerte ˛i und ˇi sind nicht identisch mit den Kennwerten ai und bi .

2.4 Mathematische Beschreibung stochastischer Signale Bei der Entstehung stochastischer Signale wirkt der Zufall mit. Trotzdem sind die Signale nicht völlig regellos, sondern lassen sich mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung quantitativ erfassen. Ähnlich wie bei analogen Signalen muss man auch hier für die einfache mathematische Behandlung vereinfachende Annahmen treffen:  die statistischen Eigenschaften dürfen sich nicht signifikant ändern, wenn der Beobachtungsbereich verschoben wird (Linearität),  die Übertragbarkeit auf ähnliche Prozesse muss gewährleistet sein (Ergodizität). Kenngrößen stochastischer Signale müssen Durchschnittseigenschaften charakterisieren, also Mittelwerte sein.

2.4 Mathematische Beschreibung stochastischer Signale

37

Abb. 2.13 Normalverteilung eines konstanten stochastischen Signals H . . . Häufigkeit eines Wertes bzw. Anzahl pro Werteklasse ˙ . . . Wahrscheinlichkeit, dass der Mittelwert innerhalb ˙68;3 % liegt u . . . arithmetischer Mittelwert

Der arithmetische Mittelwert u wird definiert zu: 1 uD T

ZT u.t/ dt

für analoge Signale

0

T D Beobachtungszeit, während der das Signal u.t/ aufgenommen wird uD

n 1 X u.k  TS /  TS TN

für digitale Signale

kD1

TS D Abtastzeit TN D Beobachtungsintervall TN D n  TS Neben dem Mittelwert ist die Streuung eine wichtige Kenngröße für eine Zufallsgröße. Die Streuung S ist ein Maß dafür, in welchem Maße eine Zufallsgröße um ihren Mittelwert streut. Man verwendet als Maßgröße die quadratische Abweichung vom Mittelwert und als Kenngröße den arithmetischen Mittelwert aller quadratischen Abweichungen: v u u ZT u1 .u.t/  u/2 dt S D ˙t T 0

bzw. für digitale Signale

v u n u 1 X .u .k  TS /  u/2  TS S D ˙t TN kD1

Für genügend große Beobachtungsintervalle T bzw. TN geht die Streuung S in die Standardabweichung  über, die wegen der symmetrischen Eigenschaft nur mit positivem Vorzeichen angegeben wird. In Abb. 2.13 sind die Kenngrößen eines stochastischen Signals dargestellt. Dabei ist vereinfachend vorausgesetzt, dass die physikalische Größe (Messgröße) während der Beobachtungszeit konstant bleibt.

3

Wirkungsplan

Die Aufgaben der modernen Regelungstechnik liegen nicht nur darin, für eine „vorgegebene“ Regelstrecke eine mehr oder weniger gut geeignete Regeleinrichtung zu entwerfen. Es gilt, das Verhalten der Regelstrecke schon im Planungsstadium so zu beeinflussen, dass das Gesamtsystem optimal wird. Dazu benötigt man tiefere Kenntnisse über das Verhalten der Regelstrecken. Die Qualität einer Regelung hängt in erheblichen Maße von der Regelstrecke ab.

Die Zielsetzungen für technische Vorhaben werden ebenso komplexer wie die Techniken, die sie erforderlich machen. Dies bedeutet eine verstärkte Zusammenarbeit der verschiedenen Fachdisziplinen. Gerade in der von der Elektrotechnik geprägten Regelungstechnik haben sich Methoden und Verfahren herausgebildet, die für viele Ingenieure nur schwer verständlich sind. Trotzdem bedarf es einer gemeinsamen „Sprache“, um die gestellten Aufgaben zum erwarteten Erfolg zu führen. Gerade hier kann der praxisorientierte Ingenieur seinen Beitrag leisten. Sein Ziel ist der regelungsgeeignete Prozess (Strecke). Dazu muss er jedoch verstehen, was jenseits des Zauns, im Regler, abläuft. Dann wird es ihm leicht fallen, eine geeignete Messeinrichtung und Stelleinrichtung schon in der Entwicklungsphase vorzusehen und den Prozess so zu modifizieren, dass das Gesamtsystem optimal wird. Nachfolgend werden wichtige Darstellungsmethoden erläutert, die für die regelungstechnische Praxis wichtig sind:  Wirkungsplan als Darstellung von Ursache-Wirkungsgeflechten  Bildung von physikalischen Modellen zur Simulation des Zeitverhaltens  Testfunktionen, die das Verhalten von Modellen bei definierten Eingangssignalen beschreiben  Zustandsraumdarstellung zur übersichtlichen Darstellung von Modellen höherer Ordnung. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 B. Heinrich, W. Schneider, Grundlagen Regelungstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26741-4_3

39

40

3

Wirkungsplan

Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit folgenden Themen:  wie man komplexe Systeme in überschaubare Teilsysteme zerlegen kann, z. B. in Glieder mit elementarem Zeitverhalten (P-, I-, D-Verhalten)  welche Verknüpfungsformen (Schaltungen) dieser Teilsysteme möglich sind  welche Darstellungsformen der gerätetechnischen und wirkungsmäßigen Betrachtung möglich sind  wie man den Wirkungsplan für eine konkrete Anlage aufbaut, d. h. aus elementaren Zeitverhalten und Verknüpfungen zusammensetzt. Ein zu automatisierender Prozess ist meist in seinem Aufbau und seiner Wirkung komplex. Soll die Dynamik eines solchen Systems untersucht werden, so zerlegt man das System in möglichst rückwirkungsfreie Teilsysteme (Makros) und diese wiederum in Grundelemente, in denen sich der Prozess vollzieht. Dieses Vorgehen gilt sowohl für die physikalische Untersuchung als auch für die messtechnische Analyse (Abschn. 2). In beiden Fällen versucht man, das Verhalten der Grundelemente und die vorhandenen Kopplungen zu ermitteln. Dabei beschränkt man sich möglichst auf lineare, zeitinvariante Grundelemente, d. h. auf Elemente, die z. B. durch die konstanten Parameter KI , KP , KD beschrieben werden, die weder vom physikalischen Zustand des Systems, noch von der Zeit abhängig sind. Ebenso werden möglichst lineare Kopplungen (Additions- bzw. Subtraktions-Verknüpfungen) eingesetzt. Die Zerlegung des Prozesses kann auch nach gerätetechnischen Gesichtspunkten erfolgen. Dazu wird der Gesamtprozess in Teilanlagen zerlegt, die meist geometrisch oder funktionsmäßig unterschiedlich sind. Man unterscheidet also zwischen  gerätetechnischer Betrachtung und  wirkungsmäßiger Betrachtung. Zerlegungen, die nach diesen unterschiedlichen Betrachtungen durchgeführt werden, unterscheiden sich oft erheblich. Dazu ein Beispiel: Die Konstruktionszeichnung (gerätetechnische Betrachtung) eines Getriebes enthält Angaben über Geometrie, Material sowie Bearbeitungshinweise für Einzelteile, eine Zusammenstellungszeichnung, Angaben zur Montage, Justierung etc. Man kann nach diesen Unterlagen komplizierte Getriebe fertigen, ohne die Fragen der dynamischen Wirkung, z. B. Beschleunigungsverhalten beantworten zu können. Dazu bedarf es der Zerlegung in P-, I- oder D-Glieder, d. h. der wirkungsmäßigen Betrachtung. Trotz einer unüberschaubar großen Anzahl verschiedener Prozesse und Systeme lässt sich die wirkungsmäßige Betrachtung immer auf die 3 elementaren Zeitverhalten (Abb. 3.1) zurückführen: I-Verhalten ¶ Integration P-Verhalten ¶ Multiplikation mit einer Konstanten D-Verhalten ¶ Differentiation

3

Wirkungsplan

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Abb. 3.1 Elementare Zeitverhalten/Übertragungsverhalten

Abb. 3.2 Elementare Kopplungen

Diese Grundbausteine entsprechen linearen Grundrechenoperationen. Nach DIN IEC 60050-351 wird in den Blöcken die Sprungantwort eingetragen. Die zugehörige mathematische Beschreibung der einzelnen Blöcke lässt sich aus der Fundamentalgleichung ableiten: I-Verhalten

a1  vP D b0  u.t/

P-Verhalten

a0  v.t/ D b0  u.t/

D-Verhalten a0  v.t/ D b1  uP

b0  u.t/ D KI  u.t/ a1 b0 oder v.t/ D  u.t/ D KP  u.t/ a0 b1 oder v.t/ D  uP D KD  uP a0 oder

vP D

Bei den Kopplungen gibt es drei verschiedene Grundarten (Abb. 3.2). Bei der linearen wirkungsmäßigen Betrachtung können aus den drei linearen Grundrechenoperationen und den drei Kopplungen drei immer wieder auftretende Schaltungen aufgebaut werden (Abb. 3.3): Abb. 3.3 Grundschaltungen des Wirkungsplans, ÜV D Übertragungsverhalten. a Reihenschaltung, b Parallelschaltung, c Kreisschaltung

42

3

Wirkungsplan

 Reihenschaltung  Parallelschaltung  Kreisschaltung Für die regelungstechnische Betrachtung eines Systems ist der wirkungsmäßige Zusammenhang, also die Form der physikalischen Verknüpfungen von Bedeutung, nicht die geometrische Anordnung. Jedes Glied ist längs eines Wirkungsweges mit dem folgenden Glied verbunden. Die Größen wirken in einer vorgegebenen Richtung, der Wirkungsrichtung. Block I Nach DIN IEC 60050-351 ist der Block im Wirkungsplan die Darstellung eines Systems oder Übertragungsgliedes mit einer oder mehreren Eingangsgrößen und einer oder mehreren Ausgangsgrößen, vorzugsweise als Rechteck, in dem die funktionelle Beziehung zwischen den Eingangs- und Ausgangsgrößen angegeben wird. Dabei kann die funktionelle Beziehung durch eine arithmetische Gleichung, eine Übertragungsfunktion, eine Differenzial- oder Differenzengleichung, durch eine Kennlinie oder eine Kennlinienschar oder durch eine Schaltfunktion angegeben werden. Der Block stellt die wirkungsmäßige Abhängigkeit der Ausgangsgröße v.t/ als Wirkung von der Eingangsgröße u.t/ als Ursache dar (Abb. 3.4). Ein Block kann aber auch komplexe Wirkungsgefüge enthalten, z. B. P-T1 -Verhalten, PI-Verhalten. Die Abhängigkeit, die in einem Block dargestellt wird, kann eine empirische Gerätefunktion (aus Messwerten) oder eine theoretische mathematisch-physikalische Funktion sein. Blockkennzeichnungen:  dynamisches Verhalten, Sprungantwort  statisches Verhalten, Kennlinie  mathematische Beschreibungsfunktion. Ändert sich eine physikalische Größe in einem Wirkungsplan in eine andere, so ist auch dann ein Block einzuzeichnen, wenn kein Objekt vorhanden ist. Solche fiktiven Blöcke treten z. B. bei der Umrechnung in prozentuale Einheitssignale auf.

Abb. 3.4 Der Block als Element des Wirkschaltplans

3

Wirkungsplan

43

Beispiel 3.1 (Wasserbehälter als Block im Wirkungsplan)

Als einfaches Beispiel wählen wir einen Wasserbehälter mit Zufluss m P zu und Abfluss m P ab (Abb. 3.5). a) Druck der Wassersäule dargestellt als P-Glied Ausgangsgröße v.t/ D Wirkung sei der Druck am Boden des Behälters, Eingangsgröße u.t/ D Ursache die Wasserhöhe h. Die Abhängigkeit des Drucks am Behälterboden von der Wasserstandshöhe wird durch die physikalische Gleichung p D pu C   g  h D pu C KP  h beschrieben. Da im Wirkungsgefüge nur Änderungen bezogen auf einen Betriebspunkt (z. B. Anfangsbedingung h D h0 ; p D pu ) angegeben werden, kann die Angabe des Umgebungsdrucks pu entfallen. Der Proportionalwert KP ist: KP D   g. b) Wasserbehälter als I-Glied Rüstet man den Wasserbehälter nur mit einem Wasserzulauf aus, so hat er integrierendes Zeitverhalten. Ist ein Zufluss m P zu vorhanden, so steigt (bei zylindrischem Behälter) der Wasserstand h linear an; ist m P zu D 0, so bleibt der Wasserstand unverändert. Dieser mit der Zeit linear ansteigende Wasserstand wird in Abb. 3.6 durch die Sprungantwort des I-Gliedes gekennzeichnet.

Abb. 3.5 Wasserbehälter als Blocksymbol, pu D Umgebungsdruck, p0 D Druck durch die Wasserhöhe h0

44

3

Wirkungsplan

Abb. 3.6 Blockkennzeichnung durch die Sprungantwort (hier: integrierendes Verhalten des Behälters ohne Ablauf)

c) Wasserbehälter mit Rückwirkung Für die Angabe des statischen Verhaltens verwendet man die Kennlinie. In einer Kennlinie wird die Ausgangsgröße über der Eingangsgröße aufgetragen. Der Wasserbehälter wird nur mit einer Ausflussdüse als Ablauf ausgerüstet (Abb. 3.7). Die Ausgangsgröße als Wirkung ist dann der Massenstrom m P ab durch diese Düse, die Eingangsgröße als Ursache ist die Druckdifferenz pD vor und hinter der Düse. Die Kennlinie gibt also den Zusammenhang zwischen m P ab als Funktion von pD wieder (im Beharrungszustand!). In den Block wird zur Kennzeichnung des statischen Verhaltens ein Koordinatenkreuz eingetragen. Nach dem Energiesatz der Strömungslehre (Bernoulli) und dem Massenerhaltungssatz (Kontinuitätsgleichung) ergibt sich ein nichtlinearer Zusammenhang: p p m P  A    pD .Blendengleichung/ p m P  K  pD d) Mathematische Funktion als Blockkennzeichnung Die dritte Kennzeichnungsart ist die mathematische Beschreibungsfunktion. Dazu wird in den Block direkt der KP -Wert bzw. der funktionelle Zusammenhang des KP -Wertes eingetragen (Abb. 3.8).

Abb. 3.7 Blockkennzeichnung durch die Kennlinie (hier: nichtlineares Verhalten des Abflussventils)

3

Wirkungsplan

45

Abb. 3.8 Blockkennzeichnung durch eine mathematische Funktion. p D f .h/ ! p D   g  h mit KP D   g

Wirkungslinie Als Wirkungslinien werden diejenigen physikalischen Größen eingezeichnet, die Änderungen des Beharrungszustandes von Block zu Block weiterleiten. Die Wirkungslinie entspricht einem Signal. Die Wirkungsrichtung wird durch einen Pfeil unmittelbar am Eintritt in einen Block (oder in eine Zusammenfassungsstelle) gekennzeichnet. Wirkungsrichtungen können auch entgegen einem Stoff- oder Energiestrom verlaufen. Der Wasserbehälter aus Beispiel 3.1 werde mit Wasserzulauf und Wasserablauf ausgerüstet (Abb. 3.9). Der Wasserstand h eines Behälters wird im Wesentlichen durch den Unterschied zwischen Zulauf- und Ablaufmenge beeinflusst. Beide Größen, Zu- und Ablauf, verändern den Wasserstand h, wirken also in Richtung Wasserstand als Ursachen. Additionsstelle Wirkungslinien mit gleichen physikalischen Größen können an Additionsstellen addiert P ab oder subtrahiert werden. Ein Beispiel ist in Abb. 3.9 angegeben: m P Dm P zu  m Der Wirkungssinn wird durch „C“ oder „“ gekennzeichnet. Das Vorzeichen „“ kehrt den Wirkungssinn um. Wird m P ab größer, so fällt der Wasserstand h. In Abb. 3.10 sind einige Arten von Additionsstellen angegeben. Einige Regeln bei Additionsstellen:  Das Vorzeichen wird stets rechts vom Pfeil in Pfeilrichtung der Wirkungslinie angetragen.

Abb. 3.9 Wirkungslinien mit Angabe der Wirkungsrichtung und des Wirkungssinns am Beispiel eines rückwirkungsfrei angenommenen Wasserbehälters

46

3

Wirkungsplan

Abb. 3.10 Arten von Additionsstellen

 Eine Wirkungssinn-Umkehr ist nur an Additionsstellen zulässig, nicht an Blöcken.  Es können beliebig viele Wirkungslinien mit beliebigem Wirkungssinn zusammengefasst werden. Verzweigungsstelle Wird eine Wirkungslinie für mehr als einen Block als Eingangsgröße benötigt, verwendet man Verzweigungsstellen. Die physikalische Größe wird unverändert in Betrag und Dimension verzweigt. Bei prozentualen Aufteilungen verwendet man Subtraktionsstellen. Im Beispiel Abb. 3.11 wird der Wasserstand h des Wasserbehälters unverändert für die Verarbeitung im Schreiber und für die Verarbeitung in der Regeleinrichtung über den Messumformer weitergeleitet. Multiplikationsstelle Beeinflussen zwei Ursachen unterschiedlicher physikalischer Größen die gleiche Wirkung am gleichen Teilobjekt, dann sind zwei Blöcke einzuzeichnen und mit einer Zusammenfassungsstelle zu verknüpfen. Häufig treten bei Teilobjekten an Regelstrecken zwei Ursachen als Produkt auf. Dies macht das Wirkungsgefüge für eine mathematische Behandlung unhandlich. In der Regelungstechnik ist weniger die absolute Größe, sondern vielmehr deren Änderung von Bedeutung, denn dieser Änderung soll entgegengewirkt werden. So lange die Änderung klein ist, kann die Multiplikation nach dem Überlagerungssatz von Helmholtz durch eine Addition ersetzt werden. Abb. 3.11 Verzweigungsstelle einer Wirkungslinie (hier Verzweigung des Wasserstandes zum Schreiber und zur Regeleinrichtung)

3

Wirkungsplan

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Im Wirkschaltplan können bei Multiplikationen und bei Divisionen linearisierte Zusammenhänge verwendet werden, wenn  nur Änderungen betrachtet und  diese Änderungen klein gehalten werden. Der Zusammenhang wird an algebraischen Verknüpfungen in Abb. 3.12 aufgezeigt. xa0 D xe10 W xe20 xa0 C x a D .xe10 C x e1 / W .xe20 C x e2 / .xa0 C x a /  .xe20 C x e2 / D .xe10 C x e1 / .xa0  xe20 / C .xa0  x e2 / C .x a  xe20 / C .x a  x e2 / D .xe10 C x e1 / „ ƒ‚ … „ ƒ‚ … 0

xe10

.x a  xe20 / D x e1  .xa0  x e2 / 1 xa0 1 xe10 x a D x e1   x e2  D x e1   x e2  xe20 xe20 xe20 .xe20 /2 x a D f .x e1 /  f .x e2 / xa0 D xe10  xe20 xa0 C x a D .xe10 C x e1 /  .xe20 C x e2 / xa0 C x a D xe10  xe20 C xe10  x e2 C x e1  xe20 C x e1  x e2 „ ƒ‚ … „ ƒ‚ … xa0

x a D xe10  x e2 C x e1  xe20 D f .x e2 / C f .x e1 /

Abb. 3.12 Algebraische Verknüpfungen und deren Linearisierung im Wirkschaltplan

0

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3

Wirkungsplan

Beispiel 3.2 (Multiplikationsstelle am Beispiel eines Heizkörpers)

Die abgegebene Wärmeleistung eines Heizkörpers QP ist vom Produkt aus Wasserdurchsatz m, P spezifischer Wärmekapazität cw und Abkühlung # abhängig (s. Abb. 3.13). QP 0 D m P 0  cw  #0 Der Index „0“ gilt für einen beliebigen Beharrungszustand. P und der Abkühlung um # liefert: Eine Änderung der Durchflussmenge um m     P0 Cm QP 0 C QP D m P  cw  #0 C # Dm P 0  cw  #0 C m P  cw  #0 C m P 0  cw  # C m P  cw  # Bei kleinen Änderungen kann das letzte Glied vernachlässigt werden; der BeharrungsP 0  cw  #0 kürzt sich weg. Damit bleibt: wert QP 0 D m QP D m P  cw  #0 C m P 0  cw  #0 P m/ P QP D Q. P C Q.#/

Abb. 3.13 Ersatz einer Multiplikationsstelle im Wirkschaltplan durch eine Addition

4

Test- und Antwortfunktionen

4.1

Testfunktionen

Zur Analyse des dynamischen Verhaltens von Regelsystemen werden bevorzugt solche Testsignale verwendet, die mit den vorhandenen Stelleinrichtungen einfach erzeugt werden können und mathematisch einfach zu beschreiben sind. Dabei muss das Testsignal als Eingangsgröße  deutlich größer sein als stochastische Störsignale (Rauschen),  so klein sein, dass das Regelsystem nicht gegen funktionale Grenzen läuft, z. B. Messbereichsüberschreitungen oder unzulässige Betriebszustände der Anlage. Die Beschränkung auf einige wenige Testfunktionen mit einfacher charakteristischer Signalform erleichtert dann die Vergleiche untereinander hinsichtlich des statischen, stationären und aperiodischen dynamischen Verhaltens. Die häufigsten Testfunktionen sind:      

Sprungfunktion v D K  1.t/ Rechteckfunktion D Sprungfunktion mit zeitlicher Begrenzung Anstiegsfunktion v D c  t Rampenfunktion D Anstiegsfunktion mit Amplitudenbegrenzung Impulsfunktion D Nadelfunktion Periodische Funktion, z. B. Sinus-Schwingung

Jede Differenzialgleichung eines Systems lässt sich einfacher untersuchen, wenn die Analyse auf je eine Eingangs- und Ausgangsgröße beschränkt wird. Die mathematische Beschreibungsform, die sich gut mit der experimentellen Analyse vergleichen lässt, wird „Antwortfunktion“ genannt. Der sich ergebende Verlauf der Ausgangsgröße bei normierter Eingangsgröße ist dann ein charakteristisches Merkmal für das Übertragungsverhalten (ÜV) des untersuchten Systems (Abb. 4.1). © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 B. Heinrich, W. Schneider, Grundlagen Regelungstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26741-4_4

49

50

4 Test- und Antwortfunktionen

Abb. 4.1 Blockdarstellung der Antwortfunktion einer mathematischen Analyse

Voraussetzungen:  Das System befindet sich ursprünglich (t < 0) im Beharrungszustand, also für t.0 / unmittelbar vor Zuschaltung der Testfunktion.  Für die messtechnische Analyse schaltet man ein definiertes Eingangssignal zum Zeitpunkt t.0C / auf, also genau zu dem Zeitpunkt, zu dem die Testfunktion ausgelöst wird.  Die Eingangsgröße verläuft entsprechend der gewählten Testfunktion.  Alle übrigen Eingangsgrößen sind konstant bzw. Null; dieser Zustand wird als Betriebspunkt, beim geschlossenen Regelkreis als Arbeitspunkt (x D w) bezeichnet.  Die Ausgangsgröße verläuft dann bei stabilen Systemen in einer für das System und für die jeweilige Testfunktion typischen Form in den durch die partikuläre Lösung (siehe Abschn. 4.1.2) vorgegebenen neuen Beharrungswert oder stationären Zustand.  Zur besseren Vergleichbarkeit werden normierte Testfunktionen verwendet; alle Signale werden auf den Betriebspunkt im Beharrungszustand bezogen. Beispiele

Testfunktion Impuls

Verlauf

Antwortfunktion Impulsantwort g.t /

Sprung

Sprungantwort h.t /

Anstieg

Anstiegsantwort a.t /

Schwingung



Frequenzgang G.s/

4.1.1 Sprungantwort Die häufigste Antwortfunktion ist die bezogene Sprungantwort.  Sprünge lassen sich in der Praxis relativ leicht z. B. über Ein-Aus-Schalter erzeugen.  Ein Sprung ist für die Regelung das ungünstigste Signal, das praktisch auftreten kann. In allen anderen Fällen ist die Auswirkung auf das Ausgangssignal günstiger.

4.1 Testfunktionen

51

Abb. 4.2 Sprungfunktion: ( U0 für t < 0 u.t / D U0 C u für t 0

I Die Sprungantwort ist der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals als Ergebnis einer Sprungfunktion am Eingang. Wird die Änderung des Ausgangssignals durch Quotientenbildung auf die Sprunghöhe des Eingangssignals bezogen, dann entsteht die bezogene Sprungantwort, genannt Übergangsfunktion. Diese Testfunktion wird am häufigsten benutzt und deren Übergangsfunktion dient auch der symbolischen Darstellung des Systemverhaltens von Blöcken im Wirkungsplan (Abb. 4.2). Wählt man als Startwert für den Testsprung den Wert im Arbeitspunkt U0 und setzt die Sprunghöhe auf den Wert „1“, so erhält man die Einheits-Sprungfunktion, die mathematisch beschrieben wird durch: 8 50 % kleinere Werte X (alle Werte im Beharrungszustand). xB D KPSE  y

mit X D X0 C xB

Der Modell-Fehler wird umso größer, je größer die Entfernung vom Betriebspunkt ist. c) Vergleichen Sie das Ergebnis von b) mit berechneten Proportionalbeiwerten KPSE , die aus der Messwerttabelle bestimmt werden. Tragen Sie diese Werte in Abb. 5.14 ein. Der KPSE -Wert, der sich für einen positiven Sprung von Y D 50 % auf Y D 58 % ergibt, muss gleichgroß dem negativen Sprung von Y D 58 % auf Y D 50 % sein. Grafisch werden solche Differenzen von Tabellenwerten als Sekanten dargestellt (Abb. 5.15). Bei Computerauswertungen wird meist das Sekantenverfahren verwendet. Bei gleichmäßiger Krümmung wird der Proportionalbeiwert KPSE D

x y

über dem Mittelwert der Stellgröße Ym D aufgetragen.

Abb. 5.15 Qualitativer Vergleich der KP -Wert-Ermittlung durch Sekante bzw. Tangente

Yn C YnC1 2

5.5 Statisches Verhalten von Regelstrecken

77

Tab. 5.4 Nach der Sekantenmethode berechnete Proportionalwerte (aus Tab. 5.1) Y % 50 58 65 54 42 35 29

X % 50,0 71,5 92,0 60,5 31,0 16,0 5,0

y % – 8 7 11 12 7 6

x % – 21,5 20,5 31,5 29,5 15,0 11,0

Ym % – 54,0 61,5 59,5 48,0 38,0 32,0

KPSE – 2,69 2,93 2,86 2,46 2,14 1,83

Für die Werte aus Tab. 5.1 ergibt sich das Rechenergebnis in Tab. 5.4. Die KPSE -Werte sind mit *-Zeichen in Abb. 5.14 eingetragen. d) Bestimmen Sie im Betriebspunkt die Proportionalwerte der Einzelkennlinien und berechnen Sie daraus den KPSE -Wert der erweiterten Regelstrecke. Vergleichen Sie diesen Wert mit dem KPSE -Wert aus Abb. 5.14. Zunächst werden an die Einzelkennlinien Abb. 5.13 im Betriebspunkt die Tangenten gezeichnet. Aus dem Steigungsdreieck lässt sich dann der jeweilige Proportionalwert bestimmen. Der KP -Wert der erweiterten Regelstrecke ist dann das Produkt der einzelnen KP Werte von allen Einzelgliedern, also KPSE D KPA  KPV  KPB  KPM : Dieser Zusammenhang ist auch in Abb. 5.16 als Reihenschaltung dargestellt. Bei einer Reihenschaltung von Regelstreckenteilen ist der gesamte Proportionalwert das Produkt der einzelnen Proportionalwerte. Stellantrieb: H 20 mm mm D D 0;303 H D KPA  y ! KPA D y 66 % % Ventil: VP D KPV  H

!

KPV D

VP 1;38 l=s l=s D D 0;069 H 20 mm mm

Abb. 5.16 Grundschaltplan der erweiterten Druckluft-Regelstrecke

78

5

Behälter: p1 D KPB  VP

!

KPB D

Regelstrecken

800 hPa p1 hPa D D 976 P 0;82 l=s l=s V

Messeinrichtung: x D KPM  p1

!

KPM D

x 100 % % D D 0;125 p1 800 hPa hPa

Erweiterte Regelstrecke: KPSE D KPA  KPV  KPB  KPM mm l=s hPa % D 0;303  0;069  976  0;125 D 2;55 % mm l=s hPa Im Vergleich dazu der Proportionalbeiwert aus Abb. 5.14: KPSE D 2;52

5.6 5.6.1

Zeitverhalten von Regelstrecken Grundlagen

I Unter dem Zeitverhalten versteht man die zeitlichen Änderungen von Regelgröße oder Stellgröße. Das Zeitverhalten kann beschrieben werden durch eine parametrische Gleichung. Das dynamische Verhalten von Regelstrecken wird durch für das jeweilige Systemverhalten typische Zeitkennwerte beschrieben. In diesem Kapitel werden Ermittlungsverfahren für proportionale Regelstrecken mit Totzeit und/oder mit einer Zeitkonstanten vorgestellt. Die Kenntnis der Kennwerte  Totzeit Tt  Zeitkonstante T sind notwendig, damit der Regler optimal eingestellt, d. h. an die vorhandene Regelstrecke angepasst werden kann.

5.6.2

Totzeitverhalten

Von allen Zeitverzögerungen hat die Totzeit das unangenehmste Verhalten, da nicht nur die Information über eine Änderung der Regelgröße x um die Totzeit verspätet gemessen wird, sondern auch die Reaktion der Stellgröße y um die Totzeit verspätet Wirkung zeigt.

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

79

Abb. 5.17 Schematische Darstellung einer Dusche mit 3-Wege-Mischventil

Vereinfacht kann man die Totzeit als die Signallaufzeit vom Stellort bis zum Messort bezeichnen. Gibt man z. B. Material auf den Anfang des Transportbandes, so erfasst man erst nach Ablauf der Totzeit dieses Material am Ende des Transportbandes. Am Beispiel einer Dusche soll dies näher erläutert werden (Abb. 5.17). Ein 3-WegeMischer ist zunächst so eingestellt, dass nur kaltes Wasser (y D 0 %) fließt. Zum Zeitpunkt t D 0 wird der Mischer auf reinen Heißwasserbetrieb (y D 100 %) umgeschaltet. Aus dem Duschkopf wird jedoch weiter kaltes Wasser fließen, bis der erste Tropfen vom Heißwasser den Weg vom Mischer bis zum Duschkopf zurückgelegt hat. Diese Zeitverzögerung ist die Totzeit. Für dieses Beispiel gilt: Tt D

2m    0;022  m2 =4 Volumeninhalt der Rohrleitung l    D 2 =4 D D D 6;3 s Volumenstrom 104 m3 =s VP

Erst nach 6,3 s ist der erste Tropfen Heißwasser am Duschkopf angekommen. Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass Heißwasser aus dem Duschkopf fließt. Da die Rohrleitung zunächst noch kalt ist, wird die Wärmekapazität des Heißwassers teilweise genutzt, um diese Rohre aufzuheizen. Zusätzlich zu der Totzeit zeigt die Rohrleitung der Dusche noch eine Zeitverzögerung 1. Ordnung, gekennzeichnet durch die Zeitkonstante T (siehe Abb. 5.18). Bei dünnen Rohren mit geringer spezifischer Wärmekapazität ist die Zeitkonstante klein, bei dicken Gussrohren, die sich nur langsam aufheizen, ist die Zeitkonstante groß. Erst nach etwa der Zeit, die der vierfachen Zeitkonstanten zzgl. Totzeit entspricht, hat das Wasser, das aus dem Duschkopf austritt, die gleiche Temperatur wie das Heißwasser. tB > 4  T C Tt

!

# D #heiß

.B D Beharrung/

An dem Beispiel kann man sich den Unterschied zwischen Totzeit Tt und Zeitkonstante T verständlich machen:  die Zeitkonstante T ist ein Maß für die Speicherkapazität der die Regelgröße verursachenden Anordnung (hier Mischventil und Rohrleitungen ! Wärmespeicherung)  die Totzeit Tt gibt die Laufzeit der Flussgröße vom Stellort bis zum Messort an (Transport).

80

5

Regelstrecken

Abb. 5.18 Zeitverhalten der Duschkopf-Austrittstemperatur

Beispiel 5.2 (Proportionale Strecken mit Totzeit)

Ein Transportband (1) für Kohlenstaub (Abb. 5.19) ist 36 m lang und wird mit einer Geschwindigkeit von 1,25 m=s bewegt. Der Kohlenstaub wird zugeführt aus dem Behälter (2) über eine verzögerungsarme Dosierklappe (Stellgröße y). Die Öffnung der Klappe beträgt 0 bis 30 cm ¶ 0 bis 100 %

Abb. 5.19 Gerätefließbild einer Kohlenstaubförderung

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

81

Abb. 5.20 Grundschaltplan der Kohlenstaubförderung

Bei maximaler Öffnung wurde an einem linearen optischen Massenstrommessgerät (3) eine Anzeige von x D 90 % aufgenommen, bei geschlossener Klappe x D 10 % ¶ m P D 0 kg=s Bei x D 50 % Anzeige wurde ein Massenstrom vom m P D 60 kg=s gemessen. a) Welcher maximale Massenstrom stellt sich bei voller Öffnung der Dosierklappe ein? Zeichnen Sie dazu den Grundschaltplan der Anlage und ermitteln Sie die Proportionalbeiwerte der Einzelglieder. Vereinfacht wird angenommen, dass alle Komponenten lineares Verhalten zeigen. Die Förderanlage besteht wirkungsmäßig aus einer Reihenschaltung bestehend aus Stellantrieb, Öffnungsklappe, Transportband und Messglied (Abb. 5.20). Der Proportionalbeiwert der gesamten Regelstrecke berechnet sich aus dem Produkt der einzelnen Glieder der Reihenschaltung: KPSE D KPA  KPK  KPT  KPM oder aus den Messwerten: KPSE D

x .90  10/ % D D 0;8 y 100 %

Die Proportionalwerte der Einzelglieder werden berechnet aus den in der Aufgabenstellung angegebenen jeweiligen Ausgangsgrößenbereichen zu den Eingangsgrößenbereichen. Proportionalbeiwert des Stellantriebes: KPA D

H 30 cm cm D D 0;3 y 100 % %

In der Realität hat der Stellmotor der Dosierklappe I-Verhalten mit DreipunktAnsteuerung. Die Stellzeit ist vernachlässigbar gegenüber der Totzeit, weshalb hier von verzögerungsarmen Verhalten des gesamten Stellgerätes gesprochen werden kann. Proportionalbeiwert des Transportbandes: KPT D

m P ab;B D 1 .B D Beharrung/ m P zu;B

82

5

Regelstrecken

Im Beharrungszustand ist die dem Transportband zugeführte Masse gleich der abgeführten Masse. Proportionalbeiwert des Messgliedes: KPM D

x .50  10/ % % D D 0;67 m P ab .60  0/ kg=s kg=s

Mit diesen Angaben lässt sich der Proportionalbeiwert der Öffnungsklappe bestimmen: KPK D

m P zu 0;8 kg=s KPSE D D 3;98 D cm % H KPA  KPT  KPM cm 0;3 %  1  0;67 kg=s

Bei voller Öffnung (H D 30 cm) berechnet sich daraus der maximale Massenstrom zu: m P Z U D KPK  H D 3;98

kg=s  30 cm D 119;4 kg=s cm

b) Nach welcher Zeit stellt sich dieser Massenstrom ein? P ab Nach Ablauf der Totzeit Tt zeigt der Massenstrom am Ende des Transportbandes m den gleichen Wert wie der Massenstrom am Anfang des Transportbandes m P zu . m P ab .t/ D m P zu .t  Tt / Diese Totzeit berechnet sich mit s D Weg und v D Geschwindigkeit zu: Tt D

s 36 m D D 30 s v 1;25 m=s

Der Massenstrom m P ab ist direkt proportional zum Massenstrom m P zu , jedoch um die Totzeit Tt D 30 s verzögert. Dieser Vorgang ist idealisiert in Abb. 5.21 dargestellt. In Wirklichkeit ist der Übergang m P nicht sprunghaft sondern zusätzlich zeitverzögert. Dies gilt für den zugeführten Massenstrom und den abgeführten Massenstrom.

Abb. 5.21 Zeitverhalten der Massenströme am Transportband

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

83

5.6.3 Zeitverhalten der P-T1 -Strecke Die Regelstrecke 1. Ordnung mit Ausgleich, die P-Tl -Strecke, lässt sich beschreiben durch einen Proportionalbeiwert KP und durch die Zeitkonstante T . Diese Zeitkonstante wird physikalisch verursacht durch die Speicherwirkung von Material-, Energie- oder Trägheitsspeichern. Bei der parametrischen Modellbildung mit Hilfe von Messschrieben werden P-Glied und T-Glied in Reihe geschaltet (Abb. 5.22) und getrennt nach statischen Verhalten und dynamischen Verhalten bestimmt. Ermittlung des Beharrungswertes Für die grafische Ermittlung der Zeitkonstanten T muss der Beharrungswert bekannt sein. Nicht immer kann man bei der versuchstechnischen Durchführung warten, bis dieser Beharrungswert xB erreicht ist. Er ist jedoch leicht aus dem Verlauf zu extrapolieren, wenn man mit Hilfe des Strahlensatzes die Änderungen der Regelgröße xi aufträgt, die für gleiche Zeitabstände t vom Messschrieb zurückgelegt werden (Abb. 5.23). Anleitung zur Ermittlung des Beharrungswertes Auf dem gegebenen Kurvenstück werden mindestens 3 Punkte gewählt, und zwar in zeitlich gleichen, aber möglichst großen Abständen t. Einer dieser Punkte kann auch der Nullpunkt sein, wenn die Strecke keine Totzeit hat. Durch Parallele zur Zeitachse ergeben sich die Punkte 10 , 30 und 20 . Der Abstand dieser Punkte X20  X10 und X30  X20 wird je um 90° gedreht. Die verlängerte Verbindung der Punkte 200 und 300 liefert XB .

Abb. 5.22 Parametrisches Modell einer P-T1 -Strecke

Abb. 5.23 Grafische Ermittlung des Beharrungswertes aus einem Messschrieb

84

5

Regelstrecken

Je mehr Einzelpunkte gewählt werden und je größer der Zeitabstand t ist, desto genauer wird das grafische Ergebnis für den Beharrungswert sein. Liegen diese Punkte als Tabellenwerte vor, so gibt es eine rechnerische Lösung. Auch hier ist Voraussetzung, dass die Messwerte in gleichen Zeitabständen t aufgetragen werden. Nach dem Strahlensatz ergibt sich aus Abb. 5.23: X3  X2 X2  X1 D XB  X1 XB  X2 Diese Gleichung gilt sowohl für die Differenzen x (sofern die -Werte vom Nullpunkt aus gemessen werden) als auch für die absoluten Werte X. Aufgelöst nach dem Beharrungswert ergibt sich: XB D

X22  X3  X1 2X2  X3  X1

Die Gleichung kann statt für absolute Werte X auch für Differenzen x angegeben werden: x22  x3  x1 xB D 2x2  x3  x1 Bezogen auf den Nullpunkt X0 für t = 0 ergibt sich: xB D

x12  x2  x0 x12 D 2x1  x2  x0 2  x1  x2

Beispiel 5.3 (Beharrungswert eines Kochtopfes)

Beim Abkühlvorgang eines Kochtopfes wurden folgende Temperaturen gemessen: t # Nr.

min °C

0 60 0

5 44,3 1

10 34,7 2

a) Auf welche Temperatur kühlt sich der Kochtopf im Beharrungszustand ab? Die Antwort ist trivial: auf Umgebungstemperatur. #Umgebung D #Beharrung Bei den Messwerten ist die Forderung t D konst: erfüllt; hier t D 5 min. #B D

#12  #2  #0 .44;32  60  34;7/ ı C2 D D 19;6 ı C 2#1  #2  #0 .2  44;3  60  34;7/ ı C

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

85

b) Wiederholen Sie die Berechnung mit Temperaturdifferenzen. #1 D #0  #1 D 15;7 KI

#2 D #0  #2 D 25;3 K   15;72 K2 #B D D D 40;4 K 2#1  #2 .2  15;7  25;3/ K #12

#B D #0  #B D 60 ı C  40;4 K D 19;6 ı C Das Ergebnis des Beharrungswertes ist unabhängig davon, ob man mit absoluten Werten oder mit Differenzen rechnet. Ermittlung der Zeitkonstanten T Zur Ermittlung der Zeitkonstanten einer P-T1 Strecke wird die Sprungantwort aufgenommen. Die Zeitkonstante T kann durch die Tangente im Startpunk t D 0 des Messschriebes grafisch bestimmt werden. Legt man z. B. die Tangente in den Punkt X0 , so schneidet diese Tangente die Parallele zur Zeitachse durch den Beharrungswert XB . Die Zeitdifferenz zwischen diesem Schnittpunkt und dem Punkt X0 entspricht der Zeitkonstanten. Weitere Zeitkonstanten erhält man, indem man Tangenten an beliebige Punkte des Messschriebes legt (Abb. 5.24) und die Zeitdifferenz am Beharrungswert abliest.

Abb. 5.24 Grafische Ermittlung der Zeitkonstanten T aus einem Messschrieb

Abb. 5.25 Sprungantworten einer P-T1 -Strecke, Definition der Differenzen; a Ladefunktion, b Entladefunktion

86

5

Regelstrecken

Tab. 5.5 Berechnete Ausgleichsverhältnisse für ganzzahlige Werte der Zeitkonstante T t =T x=xB

0,5 0,393

1 0,632

2 0,865

3 0,950

4 0,982

Der zeitliche Verlauf der e-Funktion kann steigend sein (Ladefunktion aus Abb. 5.25) oder fallend (Entladefunktion aus Abb. 5.25). Bei der Ladefunktion ist der Startwert x D 0 unten und der Beharrungswert oben im Diagramm eingetragen. Bei der Entladefunktion werden Startwert x D 0 und Beharrungswert xB vertauscht. Da dies in der Praxis oft zu Verwirrungen führen kann, beschränken wir uns hier auf die mathematische Beschreibung in Form einer Ladefunktion. Die grafische Ermittlung der Zeitkonstanten durch Anlegen der Tangente an den Messschrieb ist nur ungenau durchzuführen und führt zu einer großen Streuung der Ergebnisse bei gleichen Parametern. Als Hilfskonstruktion verwendet man deshalb die Lösung der Differentialgleichung 1. Ordnung für konkrete Werte. Die Lösungsgleichung einer Sprungantwort der P-T1 -Funktion lautet:     x.t/ D X.t/  X0 D .XB  X0 /  1  e t =T D xB  1  e t =T   x.t/ D 1  e t =T xB Diese Gleichung gibt auf der linken Seite das Verhältnis Regelgrößendifferenz zu Beharrungsdifferenz an und liegt zwischen 0 und 1. Die rechte Seite ist nur eine Funktion der Zeit t bezogen auf die Zeitkonstante T . Für konkrete Zeitpunkte ergeben sich die Werte in Tab. 5.5 (Abb. 5.26 und 5.27). Als Sonderfall gelte t D1T

und damit .1  e 1 / D 0;632 D x=xB

Da bei x=xB D 0;632 das Verhältnis t=T gleich 1 ist, kann man bei diesem Wert recht genau die Zeitkonstante T aus einer Sprungantwort ermitteln.

Abb. 5.26 Konkrete Werte einer P-T1 -Sprungantwort

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

87

Abb. 5.27 Grafische Ermittlung der Zeitkonstanten T aus der Sprungantwort

Durch Umformung der Lösung der Differentialgleichung   .X.t/  X0 / D .XB  X0 /  1  e t =T X.t/  X0 D 1  e t =T XB  X0 umgeformt: e t =T D

 XB  X0 t D ln T XB  X.t/

XB  X.t/ I XB  X0

kann die Zeitkonstante berechnet werden: 

T D ln

t1 XB X0 XB X .t1 /



Ebenfalls kann man die Zeit t2 beginnend mit t = 0 ausrechnen, zu der sich eine bestimmte Regelgröße X.t2 / einstellt:  XB  X0 t2 D T  ln XB  X .t2 / Für die Regelgrößendifferenzen bezogen auf t D 0 vereinfacht sich diese Lösungsgleichung. Die jeweilige Differenz ist bezogen auf X0 D 0.  xB t3 D T  ln xB  x .t3 / Die ausschnittweise Berechnung der Zeitkonstanten für zwei Messpunkte xl bei tl und x2 bei t2 bei bekanntem Beharrungswert liefert (Abb. 5.28):    B ln xx xB  x1 B x2  D T  ln t D t2  t1 D T   xB xB  x2 ln xB x1

t  t1  2

T D ln

XB X1 XB X2

88

5

Regelstrecken

Abb. 5.28 Ausschnittsweise Berechnung der Zeitkonstanten T aus zwei Messpunkten

Beispiel 5.4 (Freier Auslauf aus einem Wasserspeicher)

Bei einem mit h1 D 2 m gefüllten Wasserspeicher ohne Zufluss wird zum Zeitpunkt t1 D 0 das Abflussventil geöffnet. Der Speicher läuft leer bis hB D 0 m.

Zum Zeitpunkt t2 D 200 s wird eine Wasserstand h.t2 / D 1 m gemessen. a) Ermitteln Sie die Zeitkonstante T des Wasserspeichers mit zugehörigem Abflussventil. T D

t2  t1 ln

hB h1 hB h.t2 /

D

200 s 200 s D D 288;5 s 2 m 0;693 ln 1 m

b) Wie lange dauert es, bis der Wasserstand bis auf 10 cm gefallen ist? t2 D T  ln

hB  h1 2 m  t1 D 288;5 s  ln hB  h .t2 / 0;1 m

D 288;5 s  ln 20 D 864;3 s D 14 min 24 s c) Auf welchen Wasserstand ist der Behälter nach t3 D 10 min gefallen?   h.t3 /  h1 D .hB  h1 /  1  e t3 =T D 0  h1 C h1  e t3 =T h.t3 / D h1  e t3 =T D 2 m  e 600 s=288;5 s D 2 m  0;125 D 0;25 m

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

89

Ermittlung der Halbwertzeit Die Halbwertzeit ist die Zeit, bei der der Startwert X0 bezogen auf den Beharrungswert entweder um die Hälfte gefallen oder gestiegen ist. tH D t  ln

XB  X0 D T  ln 2 D T  0;693 XB  X .tH /

Damit kann die Zeitkonstante in die Halbwertzeit umgerechnet werden und umgekehrt.

5.6.4

Nachbildung von P-Strecken höherer Ordnung

5.6.4.1 Grundlagen Am Eingang einer Regelstrecke höherer Ordnung wird zum Zeitpunkt t D 0 ein Testsprung y angelegt. Als Reaktion entsteht die Sprungantwort x.t/ mit einem typischen s-förmigen Verlauf. Aus diesem Zeitverhalten kann ein parametrisches Regelstreckenmodell ermittelt werden (Abb. 5.29). Ab einer Strecke mit zwei Speichergliedern und Ausgleich bezeichnet man das mit n P-T1 -Gliedern nachgebildete Modell als P-Tn -Modell. Der s-förmige Verlauf beginnt mit einer Anstiegsgeschwindigkeit x.0/ P D 0, zeigt danach eine zunehmende Geschwindigkeit bis zum Wendepunkt, danach abnehmende Geschwindigkeit und läuft dann in den konstanten Beharrungswert. Der flache Anfangsverlauf einer Übergangsfunktion kann zwei Ursachen haben  eine echte Totzeit  mehrere in Reihe liegende Speicherglieder.

90

5

Regelstrecken

Abb. 5.29 Von der Regelstrecke zum Regelstreckenmodell mit n gleichgroßen Zeitkonstanten

Mit zunehmender Zahl der Speicherglieder und mit zunehmender Größe der jeweiligen Zeitkonstanten wird der Anfangsverlauf immer flacher. Sprungantworten von P-Tn Strecken unterscheiden sich prinzipiell nur wenig von Strecken mit einem dominierenden Speicher und Totzeit bzw. Ersatztotzeit (Abb. 5.30). Der s-förmige Verlauf kann durch die Lage und Steigung der Wendetangente im Wendepunkt charakterisiert werden. Aus den beiden Zeitabschnitten Tu D Verzugszeit und Tg D Ausgleichszeit ergibt sich ein wichtiger Kennwert, mit dem die Regelbarkeit einer Regelstrecke angegeben werden kann. Diesen Kennwert nennt man auch Schwierigkeitsgrad S. SD

Tu Tg

! Regelbarkeit der Regelstrecke

Je größer das Verhältnis aus Verzugszeit und Ausgleichszeit ist, desto schwerer ist die Strecke zu regeln. In Analogie dazu wird der Schwierigkeitsgrad einer Strecke mit Ersatztotzeit und Ersatzzeitkonstanten (Abb. 5.30) beschrieben durch SD

Tt : T

Es ist oft eine Frage des Gefühls, ob man eine Regelstrecke durch ein P-T1 -Tt -Modell oder durch ein P-Tn -Modell nachbildet. Immer dann, wenn der Verlauf oberhalb des Wendepunktes nur noch von einem dominierenden Speicherglied geprägt wird, bietet das P-T1 -Tt -Modell die bessere Approximation. Bei mehreren in Reihe geschalteten und etwa gleich großen Speichergliedern wählt man bevorzugt das P-Tn -Modell. Eine echte Totzeit kann immer rechnerisch oder grafisch durch Verschiebung des Achsen-Nullpunktes um diese Totzeit abgespaltet werden. Während der Verzugszeit Tu erhält ein Regler keine Informationen über Störungen, die schon seit t D 0 auf die Regelstrecke einwirken. Seine Reaktion auf diese Störungen

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

91

Abb. 5.30 Sprungantworten von proportionalen nicht schwingenden Regelstrecken höherer Ordnung Tab. 5.6 Regelbarkeit von P-Tn -Modellen S D Tu =Tg < 0,1 0,1 bis 0,4 > 0,4

Regelbarkeit Gut Mäßig Schlecht

P-Tn -Modell (gleichgroße Zeitkonstanten) n D 1; 2 n D 3; 4 n D 5; : : :; 10

kommt deshalb um diese Verzugszeit Tu zu spät. Es ist also für die Regelbarkeit von Vorteil, wenn nur eine geringe Verzugzeit durch die Strecke hervorgerufen wird. Andererseits wird die Reaktion des Reglers auf eine Störung dann verbessert, wenn nach Ablauf der Verzugszeit die Regelgröße x nur langsam ansteigt, wenn also die Ausgleichszeit Tg groß ist. Das Ziel der Regelung ist die Störung zu beheben und damit die vorübergehende Regelabweichung e wieder aufzuheben (e D 0!). Um die Regelbarkeit von Modellen (Tab. 5.6) mit einem Schwierigkeitsgrad S > 0;4 zu verbessern, wird in der Praxis die Strecke durch Regelschaltungen gemäß ergänzt. Die nachfolgenden Betrachtungen beziehen sich jedoch nur auf die Strecke (ohne Regler).

5.6.4.2 Zeitkonstantensummen-Verfahren Bei dem P-T1 -Tt -Modell lässt sich die Zeitkonstante T1 und die Totzeit Tt verhältnismäßig einfach aus der Lösung der Differentialgleichung 1. Ordnung berechnen. Bei einem P-Tn Modell ist dies nur dann der Fall, wenn wir von gleich großen Zeitkonstanten für alle n Verzögerungsglieder ausgehen, die in Reihe geschaltet sind (Abb. 5.31).

92

5

Regelstrecken

Abb. 5.31 P-Tn -Modell mit gleich großen Verzögerungsgliedern

Abb. 5.32 Vergleich verschiedener P-Tn -Modelle bei gleicher Zeitkonstantensumme

Ein Näherungsverfahren mit Hilfe der Zeitkonstantensumme (Abb. 5.32) beruht darauf, dass die auf den Beharrungswert bezogenen Ordinatenwerte der Sprungantwort, die zur Summe X Ti n  Ti D gehören, sich nur verhältnismäßig wenig mit der Ordnungszahl ändern. Für ein Modell von n D 2 bis 6 Verzögerungsgliedern ergibt sich ein mittlerer Wert von P  x .t D Ti / D 0;575 C 0;02 xB Dieses Ergebnis lässt folgenden Schluss zu: Nimmt man einen Fehler von 2 % in Kauf, dann entspricht die Zeitkonstantensumme der Zeit, bei dem die Regelgröße x ca. 57,5 % vom Beharrungswert xB erreicht hat (Tab. 5.7).

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

93

Tab. 5.7 Bezogene Regelgrößen für t D n

P x.tD Ti / xB

P

Ti mit gleichgroßer Zeitkonstantensumme

2

3

4

5

6

0,594

0,577

0,566

0,560

0,557

Damit lässt sich die Zeitkonstantensumme gemäß Abb. 5.33 i. V. m. Tab. 5.8 ablesen: P Dividieren wir die Zeitkonstantensumme Tj durch die Anzahl der Verzögerungen n, so erhalten wir die Größe der einzelnen Zeitkonstanten Ti : Pn T D

j D1 Tj

n

Theoretisch kann ein Modell durch eine bestimmte Anzahl n an Verzögerungsgliedern nachgebildet werden. Das beste Ergebnis liegt aber nur dann vor, wenn n gemäß der nachstehenden Gleichung berechnet wird: n

Tu  10 C 1 Tg

Tu D Verzugszeit, Tg D Ausgleichszeit.

Abb. 5.33 Bestimmung der Zeitkonstantensumme mit Hilfe des Ordinatenwertes 57,5 % Tab. 5.8 Zeitkonstantensummen-Verfahren

Ablesen aus Abb. 5.33 Berechnen Ablesen aus Abb. 5.33 Ablesen aus Abb. 5.33 Berechnen Berechnen

! xB ! x.t0;575 / D 0;575  xB P ! t0;575 D Ti ! Tu , Tg ! Tu =Tg ; n  10  Tu =Tg C 1 P ! T D Ti =n

94

5

Regelstrecken

Beispiel 5.5 (P-Tn -Modell mit Hilfe einer Zeitkonstantensumme)

Die Sprungantwort einer Druckregelstrecke wurde gemessen (Abb. 5.34). a) Ermitteln Sie mit dem Zeitkonstantensummen-Verfahren ein P-Tn -Modell mit gleichgroßen Verzögerungsgliedern Aus der Sprungantwort Abb. 5.34 der Druckregelstrecke kann man für x=xB D P 57;5 % die Zeitkonstantensumme Ti D 49 s ablesen. Grundsätzlich kann daraus ein beliebiges Modell mit n D 1; 2; : : : aufgestellt werden. Nur eines dieser Modelle bildet das Anfangsverhalten gut nach. Dazu zeichnet man in die Sprungantwort des Originals die Wendetangente und ermittelt daraus die Verzugszeit Tu und die Ausgleichszeit Tg . Tu D 16 s; Tg D 55 s

)

Tu 16 D D 0;291 Tg 55

Mit Hilfe der Näherungsformel ergibt sich: nD

Tu  10 C 1 D 0;291  10 C 1  4 Tg

Das Ergebnis ist ein Modell mit 4 Verzögerungsgliedern, die in Reihe geschaltet sind und die alle die gleiche Zeitkonstante P Ti 49 s D D 12;25 s Ti D n 4 aufweisen. In Abb. 5.35 erkennt man, dass das Modell gut den zeitlichen Verlauf des Originals wiedergibt.

Abb. 5.34 Sprungantwort einer Druckregelstrecke (Original)

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

Abb. 5.35 Vergleich zwischen Original und verschiedenen Modellen einer P-Tn -Strecke

Abb. 5.36 Nachbildung durch alternative Modelle

95

96

5

Regelstrecken

b) Bilden Sie die Regelstrecke durch Modelle mit 2 und 6 Zeitkonstanten nach Ein Modell mit n D 2 und 6 Speichergliedern ergibt (Abb. 5.36): P P Ti Ti 49 s 49 s T1;2 D D D 24;5 s T1;2;3;4;5;6 D D D 8;2 s: n 2 n 6 Die Modelle schneiden sich alle im Punkt, der der Zeitkonstantensumme zugeordnet wird. Mit der Lösungsgleichung für die Strecke n. Ordnung können einzelne Punkte überprüft werden:

 t n1  e t =T x.t/ D XB  1  1 C n T .n  1/Š

5.6.4.3 Wendetangenten-Verfahren Ist die Genauigkeitsanforderung höher oder liegt n, berechnet nach der Näherungsformel, zwischen zwei ganzen Zahlenwerten, geht man oft zum Wendetangenten-Verfahren über (Abb. 5.37). Unter der Voraussetzung n gleichgroßer Zeitkonstanten der Verzögerungsglieder ergeben sich die Werte aus Tab. 5.9. Das Wendetangenten-Verfahren beruht darauf, dass die gegebene Übergangsfunktion (Sprungantwort) durch ein Modell mit mehreren Verzögerungsgliedern gleicher Zeitkonstante (s. Abb. 5.38) angenähert wird, das im Wendepunkt mit der Originalstrecke übereinstimmt. Aus der gemessenen Sprungantwort der Original-Regelstrecke liest man die Kennwerte Tu und Tg ab und bildet das Verhältnis S D Tu =Tg . In Tab. 5.9 sucht man für den nächstgelegenen Wert die Zahl n der erforderlichen P-T1 -Glieder. Zur Ermittlung der Zeitkonstanten T stehen drei Verhältniszahlen zur Verfügung: TWP Tu Tg I I T T T

Abb. 5.37 Wendetangenten-Verfahren mit konstantem Wendepunkt

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken Tab. 5.9 Theoretische Zeitkennwerte für P-Tn -Strecken mit gleichgroßen Zeitkonstanten T

n 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

97 Tu =Tg 0 0,104 0,218 0,319 0,410 0,493 0,570 0,642 0,709 0,773

TWP =T 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

xWP =xB 0 0,264 0,323 0,353 0,371 0,384 0,394 0,401 0,407 0,413

Tu =T 0 0,282 0,805 1,425 2,100 2,811 3,549 4,307 5,081 5,869

Tg =T 1 2,718 3,695 4,463 5,119 5,699 6,226 6,711 7,164 7,590

In der Literatur wird meist die Ausgleichszeit Tg konstant gehalten. Bessere Nachbildungen erhält man, wenn die Wendepunktzeit TWP konstant gehalten wird. Für die Zahl n ergibt sich der Ordinatenwert des Wendepunktes xWP =xB . Aus der Sprungantwort des Originals lässt sich dazu die Zeit TWP ablesen und der zugehörige Wert T für n gleichgroße Verzögerungsglieder berechnen.

Abb. 5.38 Zeitverlauf verschiedener Modelle mit n gleichgroßen Zeitkonstanten

98

5

Regelstrecken

Beispiel 5.6 (P-Tn -Modell mit Hilfe des Wendetangenten-Verfahrens)

Die Nachbildung der Druckregelstrecke soll mit Hilfe des Wendetangenten-Verfahrens erstellt werden. a) Ermitteln Sie mit Hilfe der Wendetangente ein P-Tn -Modell mit gleichgroßen Verzögerungsgliedern. Vergleichen Sie die Modellparameter bei verschiedenen Festpunkten. Aus der Sprungantwort Abb. 5.39 lassen sich die Verzugszeit Tu und Ausgleichszeit Tg ablesen: Tu D 13 s;

Tg D 48 s

Daraus ergibt sich: S D Tu =Tg D 13 s=48 s D 0;271: Die Regelstrecke lässt sich durch ein P-T3 -Modell oder durch ein P-T4 -Modell nachbilden.  xWP D konst: nD3

! T D TWP =n  1 D 30 s=2 D 15 sI xWP D 0;323

nD4

! T D 30 s=3 D 10 sI xWP D 0;353

Abb. 5.39 Sprungantwort der Regelstrecke mit Wendepunkt

5.6 Zeitverhalten von Regelstrecken

99

Abb. 5.40 Vergleich der Nachbildung nach dem Wendepunktverfahren

Die Abweichung des tatsächlichen Schwierigkeitsgrades S D 0;271 der Originalstrecke von dem der Modelle S3 D 0;218 und S4 D 0;319 resultiert aus der Drehung der Wendetangente um den Wendepunkt. Der Wendepunkt wandert mit geringerer Ordnung des Modells nach unten. Obwohl der Schwierigkeitsgrad des Originals etwa bei 3,5 liegt, ist die Nachbildung als P-T4 -Modell besser (Abb. 5.40). Daraus lässt sich schließen, dass im Zweifelsfall immer das nächstgrößere Modell gewählt werden sollte. Mit Hilfe der Verhältnisse in Tab. 5.9, Spalte 5 und 6 gibt es weitere Möglichkeiten einer Nachbildung:  Tu D 13 s D konst: und n D 4

aus Tabelle:

Tu D 1;425 T Tg D 4;463 T

!

T D

Tu 13 s D D 9;1 s Tu =T 1;425

! Tg D 4;463  T D 4;463  9;1 s D 40;6 s

 Tg D 48 s D konst: und n D 4 Tg D 4;463 T Tu D 1;425 T

!

T D

Tg 48 s D D 10;8 s Tg =T 4;463

! Tu D 1;425  T D 1;425  10;8 s D 15;4 s

100

5

Regelstrecken

Abb. 5.41 Vergleich verschiedener P-T4 -Modelle Tab. 5.10 Zeitkennwerte für P-T4 -Modelle mit unterschiedlichen Festpunkten Modellart Original Tu D konst: TWP D konst: Tg D konst: P Ti

Tu 13 13 15,5 15,4 14,4

Tg 48 50 49 48 45,1

TWP 30 33,6 30 35,1 30,3

T ? 9,1 10 10,8 10,1

(alle Einheiten in s)

In Abb. 5.41 ist das Zeitverhalten dieser Modelle mit der gemessenen Übergangsfunktion verglichen. Die beste Nachbildung ergibt das Wendepunkt-Modell. Das Tu -Modell eilt dem Original voraus, das Tg -Modell eilt etwas nach. Alle Modelle sind bei normalen Anforderungen an die Regelgenauigkeit so gut, dass damit eine Optimierung durchgeführt werden kann. Beim Einstellen wird also die Original-Regelstrecke nicht benötigt (vgl. auch Tab. 5.10). Aufgabe 5.1 (Automatisierte Auswertung einer P-Tn -Strecke)

Das Zeitverhalten einer Regelstrecke höherer Ordnung nach einem Stellsprung y D 50 % liegt in Form einer Messwerttabelle vor: t in s

1 D1 0 100 % tritt immer dann auf, wenn der Proportionalwert KPR < 1 ist. Beim Einbau der Stelleinrichtung auf der Zuführungsseite der Regelstrecke ergibt sich eine fallende Kennlinie. Der Wertebereich des Proportionalwertes bei fallender Kennlinie ist in Abb. 6.7 dargestellt: 0 < KPR < 1, d. h. durch Drehung der Kennlinie im den Arbeitspunkt lässt sich jeder Proportionalwert von 0 bis C1 erzeugen. Eine waagerechte Kennlinie (KPR D 0) bedeutet, dass bei jeder Regeldifferenz e die Stellgröße unverändert auf dem Wert Y0

Abb. 6.7 Variation des Proportionalwertes eines P-Reglers

6.3 P-Regler

141

stehen bleibt, d. h. der Regler ist ausgeschaltet (Abb. 6.7). Eine senkrechte Kennlinie (KPR ! 1) ist für X D W im Gleichgewicht. Dies ist zugleich das Verhalten eines I-Reglers. Beispiel 6.1 (Kennlinien des Wasserstandsreglers nach Abb. 6.4)

Das Stellventil hat einen Stellbereich YH D 20 mm und bei voller Öffnung einen Volumenstrom VPzu D 0;5l=s. Die nutzbare Behälterhöhe des Wasserspeichers beträgt Xmax D 120 cm. Es wurden bei konstantem Hebelverhältnis die in Tab. 6.1 aufgeführten Gleichgewichtszustände gemessen. a) Zeichnen Sie die Kennlinie Y D f .X/ Ergebnis: lineare fallende Kennlinie (Abb. 6.8) b) Ermitteln Sie die Reglerkennwerte KPR , XP und das Hebelverhältnis a=b. y 20 mm mm D D 0;25 x 80 cm cm 1 20 mm  cm D XP D YH  D 80 cm KPR 0;25 mm a mm cm KPR D D 0;25 ! a D 0;025 b b cm cm

KPR D

Tab. 6.1 Messwerttabelle des Wasserstandsreglers Abb. 6.8 Gemessene Kennlinie der Wasserstandsregelung

X Y

cm mm

100 0

80 5

60 10

40 15

20 20

142

6 Regler

Abb. 6.9 Der Arbeitspunkt des Wasserstandsreglers

c) Welcher Volumenstrom ergibt sich im Arbeitspunkt für den Sollwert W0 D 60 cm? Annahme: Stellventil mit linearer Kennlinie Berechnung der Abweichung vom Arbeitspunkt: X0 D W0 D 60 cm

! x D X100  X0 D 100 cm  60 cm D 40 cm !

y D KPR  x D 0;25 mm=cm  40 cm D 10 mm D Y0

Umrechnung der Stellgröße in die Störgröße: KPV D

Zmax 0;5 l=s l=s D D 0;025 YH 20 mm mm

Z0 D Y0  KPV D 10 mm  0;025 l=.s mm/ D 0;25 l=s Erläuterung: Y0 D 10 mm entspricht 50 % von YH ; Z0 D 0;25 l=s entspricht 50 % von VPzu D 0;5 l=s In der einheitenfreien Darstellung gilt für den Arbeitspunkt Y0 D Z0 (Abb. 6.9) d) Welche Stellgröße des Wasserstandsreglers stellt sich bei unveränderten Hebelverhältnissen ein, wenn der Abfluss auf Z1 D 0;1 l=s sinkt? Der Nullpunkt der Störkennlinie liegt bei Z D 0;0 l=s. Dazu muss im Beharrungszustand das Ventil geschlossen sein, d. h. Y D 0 mm. Da die Kennlinie bei X D 100 cm durch den Nullpunkt geht, kann hier mit absoluten Werten gerechnet werden. Y D

0;1 l=s  mm Z D D 4 mm KPV 0;025 l=s

(entspricht dem abgelesenen Wert aus Abb. 6.9)

6.3 P-Regler

143

Alternativ: Rechnung mit relativen Werten bezogen auf den Arbeitspunkt z D Z1  Z0 D .0;1  0;25/ l=s D 0;15 l=s y D !

0;15 l=s  mm z D D 6 mm KPV 0;025 l=s

Y D Y0 C y D 10 mm  6 mm D 4 mm

e) Wie groß ist die bleibende Regeldifferenz e? fallende Kennlinie: 6 mm  cm y D D 24 cm KPR 0;25 mm X D X0  x D 60 cm C 24 cm D 84 cm

x D

e D W0  X D 60 cm  84 cm D 24 cm Aufgabe 6.1 (Ermittlung der Kennlinien eines Einheits-Reglers)

Die Genauigkeit der Skale des Proportionalwertes eines Einheitsreglers mit YH D 100 % soll untersucht werden. Am Eingang des Reglers werden X und W für den Arbeitspunkt auf je 50 % eingestellt. Der Offsetwert Y0 wird direkt am Regler auf 50 % eingestellt: 0 bis 10 V entsprechen 0 bis 100 % An einem Linienschreiber werden X, W und Y aufgeschrieben. Nach Einstellung eines KPR -Wertes im Arbeitspunkt wird die Eingangsgröße X sprunghaft verändert. Daraus ergibt sich beispielhaft der Schrieb in Abb. 6.10.

Abb. 6.10 Messschrieb eines P-Reglers (Einstellwert KPR D 1)

144

6 Regler

a) Ermitteln Sie die Kennlinie des P-Reglers b) Es werden weitere Messwerttabellen für unterschiedliche Proportionalwerte aufgenommen. Zeichnen Sie die Kennlinien y D f .W; X/ Messwerttabelle eines P-Reglers KPR 3 3 3 3 3

X (%) 50 55 65 40 35

W (%) 50 50 50 50 50

Y (%) 50 35 5 80 95

KPR 0,4 0,4 0,4 0,4 0,4

X (%) 50 70 100 20 0

W (%) 50 50 50 50 50

Y (%) 50 42 30 62 70

c) Es werden Messwerttabellen für einen konstanten Wert KPR D 2 für unterschiedliche Sollwerte W aufgenommen. Messwerttabelle eines P-Reglers KPR 2 2 2 2 2

X (%) 50 70 30 50 70

W (%) 50 50 50 70 70

Y (%) 50 10 90 90 50

KPR 2 2 2 2 –

X (%) 90 50 30 10 –

W (%) 70 30 30 30 –

Y (%) 10 12 50 90 –

Aufgabe 6.2 (Einfluss der Störgröße auf den Betriebspunkt eines P-Reglers)

Gegeben ist ein Einheitsregler mit dem Proportionalwert KPR D 0;5. a) Zeichen Sie die Reglerkennlinie Y D f .X/ im Arbeitspunkt Y0 D 40 % und X0 D 60 %. Tragen Sie an die Reglerkennlinie den Proportionalwert XP an. b) Zeichen Sie in das Diagramm eine lineare Streckenkennlinie mit KPS D 2 durch den Arbeitspunkt X0 D W0 und Y0 D Z0 gemäß dem Wirkungsplan des Regelkreises nach Abb. 6.11. c) Zeichnen Sie die Streckenkennlinien für je einen Störung ˙10 %. d) Zeichnen Sie die Reglerkennlinie für je eine Sollwertänderung ˙10 %.

6.4 PI-Regler

145

Abb. 6.11 Wirkungsplan des einmaschigen Regelkreises

6.4 PI-Regler 6.4.1 Grundlagen Der in der Praxis am häufigsten eingesetzte Regler ist der PI-Regler. Er vereinigt die Vorteile des P-Reglers, direkte Reaktion auf Abweichungen und des I-Teils, Vermeidung einer bleibenden Regeldifferenz. Außerdem ist der PI-Regler relativ einfach einzustellen, d. h. an unterschiedliche Regelstrecken anzupassen. Die unerwünschte bleibende Regeldifferenz des P-Reglers rührt von dem starren Zusammenhang zwischen Regelabweichung und Stellgröße her. Dies kann vermieden werden, indem nicht die Stellgröße, sondern die Stellgrößengeschwindigkeit von der Regeldifferenz abhängig gemacht wird. Ein solcher Regler ist nur in Beharrung, d. h. dy=dt wird zu Null, wenn keine bleibende Regeldifferenz mehr vorhanden ist. I-Regler haben den Nachteil der größeren Schwingungsneigung beim Regelvorgang, da das I-Glied eine zusätzliche Verzögerung in den Regelkreis bringt. Deshalb wird der I-Regler nur für untergeordnete Regelkreise (Folgeregler) verwendet oder wenn der Regelkreis nur zur langsamen Korrektur von Regelgrößen dient. Vorwiegend werden hydraulische und elektromechanische Reglerbausteine verwendet, die von sich aus bereits I-Verhalten haben. Im Gegensatz zum P-Regler, bei dem die Stellgröße Y0 im Arbeitspunkt (X D W ) immer einen festen Wert annimmt, kann die Stellgröße beim I-Regler bei Regelabweichung Null jeden beliebigen Betrag haben, der von der Vorgeschichte abhängt. Aus der Gleichung des I-Gliedes dyI D KIR  e D KIR  .W  X/ bzw: dt Zt yI D KIR  e dt und YI D YI0 C yI yPI D

0

sieht man, dass die Stellgröße abhängig ist von der Fläche zwischen Sollwert W minus Regelgröße X und der Zeit abhängt (Abb. 6.12).

146

6 Regler

Abb. 6.12 Führungssprungantwort einer Regelstrecke mit I-Regler

6.4.2

I-Teil des Reglers

Beim integrierenden Reglerteil (Abb. 6.13) ändert sich die Reglerausgangsgröße D Stellgröße so lang, bis die Regeldifferenz e zu Null wird. Das Zeitverhalten der Stellgröße lässt sich am besten durch eine Sprungantwort darstellen. Der I-Regler zeigt als Sprungantwort eine linear von der Zeit t abhängige Ausgangsgröße, wie sie in Abb. 6.14 aufgetragen ist. Für einen Sprung der Regeldifferenz e D konst: zum Zeitpunkt t D 0 gilt: Zt yI D KIR

e dt D KIR  e  t 0

Abb. 6.13 Blocksymbol eines I-Reglers

Abb. 6.14 Sprungantwort eines idealen I-Reglers

6.4 PI-Regler

147

Die Regelparameter des I-Reglers, der das dynamische Verhalten beschreibt, ist der Integrierbeiwert des Reglers KIR . yP dy=dt KIR D D e e Je größer KIR , desto schneller greift der I-Regler ein, aber desto größer wird auch die Schwingungsneigung (kleinere Dämpfung). Beispiel 6.2 (Kennwerte des I-Reglers)

Gegeben ist die Sprungantwort eines I-Reglers (Abb. 6.15). a) Ermitteln Sie den eingestellten Integrierbeiwert KIR . KIR D

y=t 5;5 V=110 s 1 D D 0;05 e 1V s

b) Ermitteln Sie den Stellgrößenverlauf für folgenden Verlauf der Regeldifferenz (Abb. 6.16 und 6.17) Startwert der Ausgangsstellgröße YI0 D 5 %; Integrierbeiwert aus Teil a YI .50 s/ D YI0 C yI D YI0 C KIR  e  t D 5 % C 0;05 1=s  20 %  50 s D 55 % YI .70 s/ D YI .50 s/ D 55 % YI .120 s/ D YI .70 s/ C 0;05 1=s  .10 %/  50 s D 55 %  25 % D 30 %

Abb. 6.15 Gemessene Sprungantwort eines I-Reglers

148

6 Regler

Abb. 6.16 Zeitverlauf der Regeldifferenz als Eingangsgröße eines I-Reglers; Einheitsregler: 0 bis 10 V entsprechend 0 bis 100 %

Abb. 6.17 Stellgrößenverlauf eines I-Reglers

c) Ermitteln Sie die Integrierzeit TI (Abb. 6.18). Beim reinen I-Einheitsregler gilt: TIR D

1 1 D D 20 s KIR 0;05 1=s

6.4 PI-Regler

149

Abb. 6.18 Die Integrierzeit bei unterschiedlichen Sprüngen der Regeldifferenz e

6.4.3 Nachstellzeit Ti An I-Reglern wird oft anstelle des KIR -Wertes die Nachstellzeit Ti eingestellt, da sie leichter handhabbar ist. I Die Nachstellzeit ist für ein Proportionalglied plus Integrierglied, dessen Eingangsgröße sprungartig verändert wird, die Dauer der Zeitspanne, die erforderlich ist, damit die Ausgangsgröße das Doppelte der Änderung erreicht, die sie unmittelbar nach dem Anlegen hatte. Aus Abb. 6.19 ergibt sich: KIR D

yPPI yP 1 D  e t e

oder bei t D Ti folgt Ti D

yPI KPR  e KPR D D KIR  e KIR  e KIR

Abb. 6.19 Sprungantwort eines PI-Reglers

)

KIR D

KPR Ti

150

6 Regler

Abb. 6.20 Stellgrößenverlauf eines PI-Reglers im Kennliniendiagramm

Je größer der KIR -Wert des Reglers oder je kleiner die Nachstellzeit Ti eingestellt wird, desto schneller reagiert der I-Teil des Reglers auf Änderungen der Regeldifferenz e. In Beharrung befindet sich der PI-Regler nur, wenn e D 0 ist, d. h. wenn YP wieder den Wert Null erreicht hat. Dazu muss der I-Anteil durch Integration den gesamten Stellgrößenanteil übernehmen. Diesen Vorgang kann man in dem Kennlinien-Diagramm des Reglers verfolgen: Zum Zeitpunkt t D 0 tritt z. B. eine Störung Z1 auf. Der P-Anteil des Reglers wird dann direkt reagieren und den Zustand 1 in Abb. 6.20 annehmen. Durch die Integration wandert der I-Anteil senkrecht nach oben in Richtung Zustand 2 und kompensiert dabei gleichzeitig den P-Anteil, der sich in Richtung auf Zustand 0 bewegt. Im Beharrungszustand hat der I-Anteil den Zustand 2, der P-Anteil den Zustand 0 angenommen. Bei einem idealen PI-Regler muss die Nachstellzeit Ti unabhängig von Proportionalwert des P-Teils einstellbar sein. Dies erreicht man durch die Reglerstruktur in Abb. 6.21. Daraus ergibt sich folgende Differentialgleichung: 1  y1 D Ti

Zt e dt 0

1  y2 D y1 C e D Ti

Abb. 6.21 PI-Regler mit nachgeschaltetem P-Teil

Zt e dt C e 0

6.4 PI-Regler

151

Abb. 6.22 Anfangsverhalten der Sprungantwort eines PI-Reglers

0 1 y D KPR  @  Ti

Zt

1 e dt C e A

)

yP D

KPR  e C KPR  eP Ti

0

Anfangsverhalten: t ! 0 y.0/ D KPR  e e.0 P C/ D 0

!

y.0 P C/ D

1  y.0/ Ti

In Abb. 6.22 erkennt man, dass die Nachstellzeit einfach durch die rückwärtige Verlängerung der Sprungantwort abzulesen ist. Dabei bleibt dieser Zeitabschnitt Ti unabhängig von der Eingangssprunghöhe e oder vom Proportionalwert KPR des Reglers.

6.4.4 PI-Regler in Parallelschaltung Insbesondere bei digitalen Reglern wird als Regelparameter der Integrierbeiwert KIR gegenüber der Nachstellzeit Ti bevorzugt (s. Abb. 6.23). Zt yI D KIR 

Zt e dt yP D KPR  e ! y D yP C yI D KPR  e C KIR

0

Abb. 6.23 PI-Regler in Parallelschaltung

e dt 0

152

6 Regler

Abb. 6.24 Sprungantwort des PI-Reglers in Parallelschaltung

Anfangsverhalten: y.0/ D KPR  e (wie in Struktur nach Abschn. 6.4.3)   yP 0C D KIR  e   In Abb. 6.24 ist die AnstiegsgeschwindigkeityP 0C konstant. Bei einem geänderten KPR Wert verändert sich der Verlauf der Anstiegslinie durch Parallelverschiebung. Beispiel 6.3 (Kennwerte des PI-Reglers)

Die Kennwerte eines PI-Einheitsreglers sollen ermittelt werden. Als Struktur wird die Darstellung von Abb. 6.21 gewählt. Nach einer sprunghaften Änderung der Regeldifferenz e ergab sich der Schrieb in Abb. 6.25. a) Lesen Sie aus dem Schrieb die geeigneten Stellgrößenanteile und Zeitanteile ab und berechnen Sie daraus die Reglerparameter. yP yI 1 5% 10 % 1 D D 0;5 KIR D  D D 0;05 e 10 % t e 20 s  10 % s KPR 0;5 Ti D D D 10 s KIR 0;05  1=s

KPR D

Abb. 6.25 Messschrieb für einen PI-Regler

6.4 PI-Regler

153

Abb. 6.26 Ausgewerteter Messschrieb

Zt yI D KIR 

e dt D KIR  e  t D 0;05 1=s  10 %  60 s D 30 % 0

b) Vergleichen Sie die berechneten Werte mit abgelesenen Werten (Abb. 6.26) Ergebnis: Ti D 10 s; yP D 5 %; yI D 30 % c) Vergleichen Sie die Sprungantworten (Abb. 6.27) des PI-Reglers bei e D 10 % für folgende Einstellungen: KPR Ti Nr.

1,0 50 s 1

1,0 25 s 2

2,0 25 s 3

Man erkennt deutlich, dass die Nachstellzeit Ti unabhängig vom Proportionalwert KPR ist. Abb. 6.27 Sprungantwort des PI-Reglers für verschiedene Reglereinstellungen

154

6.5 6.5.1

6 Regler

PD-Regler Der Verschwindeimpuls

In manchen Fällen kann es erwünscht sein, dass der Regler zuerst sehr stark eingreift, dann aber das Verhalten eines P-Reglers zeigt. Diesen Reglertypen nennt man PD-Regler. Der D-Teil des Reglers reagiert proportional zur Geschwindigkeit der Regeldifferenz e. Ein schneller Anstieg der Regelgröße – beispielsweise in der physikalischen Form einer Wassersäule – führt zu einer schnellen Reaktion des Reglers. Problematisch wird das D-Verhalten bei einem Eingangssprung, da der Sprung theoretisch eine unendlich hohe Geschwindigkeit aufweist. Die Stellgröße reagiert auf den Eingangssprung ebenfalls mit einem Ausgangssprung, entsprechend der positiven Regeldifferenz, die wiederum Folge eines Sollwertsprunges sein kann. Der Ausgangssprung kann dabei Werte bis zum oberen Anschlag, bei einem positiven Sollwertsprung und Werte bis zum unteren Anschlag der Regeleinrichtung bei einem negativen Sollwertsprung annehmen (Abb. 6.28). Dieser unerwünschte Impuls lässt sich durch ein D-T1 -Verhalten, auch Verschwindeimpuls genannt, vermeiden (Abb. 6.29). Verwendet wird der Verschwindeimpuls als Baustein eines Reglers mit P- und/oder IVerhalten. Zur Vermeidung einer bleibenden Regeldifferenz kann der Verschwindeimpuls in Form einer Störgrößenaufschaltung auf den Reglereingang geschaltet werden. Analyse der Sprungantwort: TR  yP C y D KDR  eP ! TR  y C t ! 0W y.0/ D KTDR e R Abb. 6.28 Sprungantwort eines reinen D-Teils

R

y dt D KDR  e

)

Sprungantwort zum Zeitpunkt t D 0

6.5 PD-Regler

155

Abb. 6.29 D-T1 -Glied einer Regeleinrichtung

Abb. 6.30 Sprungantwort eines D-T1 -Gliedes mit gleichem Sprung e

Weiterer Verlauf der Stellgröße nach dem Anfangssprung:   eP 0C D 0

!

  KDR TR  yP 0C C e D0 TR

!

  KDR yP 0C D  2  e TR

Beharrungswert der Stellgröße für t ! 1: yB D 0 Je größer TR , desto mehr wird der Anfangsimpuls gedämpft. Nach einem Zeitintervall, der dem vierfachen von TR entspricht, ist der Vorgang abgeklungen.

6.5.2

Kennwerte des PD-Reglers

Zur Analyse eines reinen PD-Reglers (Abb. 6.31) verwendet man die Anstiegsantwort. y D yP C yD D KPR  e C KDR  eP Bei einem linearen Anstieg (konstante Geschwindigkeit) steigt der P-Teil proportional zu KPR . Der D-Teil des Reglers zeigt für die konstante Eingangsgeschwindigkeit eine konstante Ausgangsgröße (Abb. 6.32).

Abb. 6.31 Wirkungsplan des PD-Reglers

156

6 Regler

Abb. 6.32 Anstiegsantwort eines idealen PD-Reglers. P a eP D 1 %=s, b yPP D KPR  e, c yD D KDR  e, P d yPD D yP C yD

6.5.3 Vorhalt TV Der Vorhalt (s. Abb. 6.33), die Vorhaltzeit TV , ist die Zeit, bei der der D-Teil des Reglers eine Stellgrößenänderung früher erzeugt als ein zugehöriger Einheits-P-Regler. Anders ausgedrückt: Die Antwortfunktion des D-Anteils auf einen Eingangssprung eilt der gleichen Antwort des P-Anteils um TV -Zeiteinheiten voraus. Anmerkung Nachstellzeit Ti ! I-Teil verzögert, Vorhaltzeit TV ! D-Teil vorauseilend. Zum Verständnis des Vorhaltes verwendet man die Analogie zur Jagd (Abb. 6.34). Wenn ein Jäger auf flüchtendes Wild schießen will, muss er die Fluchtgeschwindigkeit schätzen und mit einem bestimmten Winkel vorhalten, damit das Geschoss genau ins Ziel trifft. Eine vom Jäger abgeschossene Kugel fliegt mit der Geschwindigkeit von 200 m=s. Sie benötigt für den Flug zu einem Ziel in 200 m Entfernung also 1 Sekunde. Der Keiler als Zielobjekt bewegt sich mit der Geschwindigkeit von 10 m=s, er hat nach 1 s dann 10 m

Abb. 6.33 Der Vorhalt des PD-Reglers

6.5 PD-Regler

157

Abb. 6.34 Der Vorhalt bei der Jagd

zurückgelegt. Eine direkt auf den Keiler abgefeuerte Kugel verfehlt das Ziel also um 10 m. Der Jäger muss also um 10 m vorhalten. Aufgabe 6.3 (Kennwerte des PD-Reglers)

Gegeben ist ein Messschrieb der Sprungantwort eines PD-T1 -Reglers in Parallelschaltung (s. Abb. 6.35).

Abb. 6.35 Messschrieb eines PD-T1 -Reglers

158

6 Regler

a) Ermitteln Sie aus dem Messschrieb die Vorhaltzeit TV . b) Zeichen Sie die Anstiegsantwort dieses Reglers für eP D 1 %=s.

6.6 PID-Regler Der PID-Regler (Abb. 6.36 und 6.37) vereinigt alle Formen der Reaktion von der  einfühlsamen (verzögerten) Differentiation mit Trenderkennung Abb. 6.36 Wirkungsplan eines PID-T1 -Reglers

Abb. 6.37 Sprungantwort eines PID-T1 -Reglers

6.6 PID-Regler

159

Tab. 6.2 Zusammenstellung der Reglerkennwerte Typ Funktion Math. Gleichung Kennwert

I Gedächtnis yPI D KIR  eR yI D KIR  e dt KIR D KTPR i

P Kraft yP D KPR  e KPR D

YH XP

D

D Gefühl T1  yPD C yD D KDR  eP yP e

KDR D KPR  TV

Sprungantwort

Anstiegsantwort

 über die direkte Multiplikation in Abhängigkeit zur Abweichung  bis zur nachhaltigen Integration (D inverse Funktion zur Differentiation) Z 1  e dt y1 D yD C yI D TV  eP C e C Ti

Z 1 ! T1  yP C y D KPR TV  e C e C  e dt Ti Bei dieser Schaltung lassen sich D-Teil über TV und I-Teil über Ti separat einstellen. Eine Übersicht über Regelkennwerte liefert Tab. 6.2. Anmerkung Neben der abgebildeten Schaltung in Abb. 6.36 gibt es weitere Schaltungsvarianten des PID-Reglers (Abb. 6.38). Stellungsalgorithmus: Y D Y0 C YP C YI C YD Abb. 6.38 Alternative Schaltungsvariante des PID-Reglers

160

6 Regler

Übung (PID-Regler)

Ein PID-Regler hat die Konstanten KIR D 5 s1 ; KPR D 0;225; KDR D 1;25 ms. Berechnen Sie die zugehörigen Kenngrößen TV und Ti sowie den Term der Übergangsfunktion. Lösung KDR 1;25 ms D D 5;56 ms KPR 0;225 KPR 0;225 s Ti D D D 45 ms KIR 5



1 y 1 TV 5;56 ms D 0;225 1 C h.t/ D D KPR  1 C t C tC e Ti t 45 ms t TV D

Beispiel 6.4 (Kennwerte eines PID-Reglers)

An einem PID-T1 -Regler soll die Genauigkeit der Einstellwerte getestet werden. Dazu wurde folgende Sprungantwort aufgenommen (Abb. 6.39). Regler-Einstellwerte: Proportionalbereich XP D 200 % Nachstellzeit Ti D 16 s Vorhaltzeit TV D 18 s

Parasitäre Zeitkonstante TVz D 4 s D T1

a) Berechnen und vergleichen Sie den Proportionalwert KPR mit dem eingestellten Wert. Aus der Sprungantwort des Reglers Abb. 6.39 kann abgelesen werden: e D 10 %I

yP D 5 %

Daraus errechnet sich: KPR D

yP 5% D D 0;5 e 10 %

An der Reglerskala war eingestellt: XP D 200 % Umgerechnet: KPR D

YH 100 % D D 0;5 XP 200 %

6.6 PID-Regler

161

Abb. 6.39 Gemessene Sprungantwort eines PID-T1 -Reglers

b) Vergleichen Sie den abgelesenen Integrierwert des Reglers mit dem eingestellten Wert Aus dem Anstieg ergibt sich nach t D 90 s ein Wert y.90 s/ D 32;5 % yI D 32;5 %  5 % D 27;5 % Daraus errechnet sich: KIR D

yI 27;5 % 1 D D 0;031 t  e 90 s  10 % s

An der Reglerskala war eingestellt: Ti D 16 s Am Schrieb Abb. 6.39 kann durch rückwärtige Verlängerung des Anstieges abgelesen werden: Ti D 15 s Umgerechnet ergibt sich: KIR D

KPR 0;5 1 D D 0;031 Ti 16 s s

oder

0;5 1 D 0;033 15 s s

162

6 Regler

Kontrollrechnung: abgelesen: y.50 s/ D 22 %; e D 10 % Y D Y0 C yp C yI D Y0 C KPR  e C KIR  e  t Y D 0 % C 0;5  10 % C 0;032 s1  10 %  50 s D 21 % c) Ermitteln Sie aus der Sprungantwort des Reglers die parasitäre Zeitkonstante Zeitkonstanten lassen sich aus Schrieben mit Hilfe des 63,2 %-Wertes ermitteln. Y.T1 / D .1  0;632/  yD .0/ Für den Anfangssprung yD .0/ wird abgelesen: YD .0/ D 27;5 %  5 % D 22;5 % Daraus berechnet sich: yD .T1 / D 0;368  22;5 % D 8;3 % Das D-T1 -Glied schmiegt sich im Beharrungszustand an den I-Anstieg des Reglers an. Deshalb wird der 63,2 %-Wert über eine Parallele zum I-Anstieg abgelesen. Aus dem Schnittpunkt mit dem Messschrieb Abb. 6.39 lässt sich ablesen: TVz D 4 s d) Ermitteln Sie den Differenzierbeiwert KDR . Für den Anfangssprung gilt: yD .0/ D

KPR  TV KDR  e e D D 22;5 % T1 T1

Umgerechnet ergibt sich: KDR D

yD .0/  T1 22;5 %  4 s D D 9s e 10 %

An der Reglerskala war eingestellt: TV D 18 s Daraus errechnet sich KDR D KPR  TV D 0;5  18 s D 9 s Kontrollrechnung für y.4 s/ und e D 10 %: Y D Y0 C yP C yI C yD D Y0 C KPR  e C KIR  t  e C Y D 0 % C 0;5  10 % C 0;032 Abgelesen: Y D 14;5 %

KDR  e   Tt   e 1 t

1 9 s  10 %  4 s  10 % C  0;368 D 14;6 % s 4s

6.7 Unstetige Regler

163

6.7 Unstetige Regler Unstetige Regler sind in ihrem Aufbau einfach und damit preiswert. Ursprünglich wurden sie für Aufgaben verwendet, bei denen keine hohen Anforderungen an die Regelgenauigkeit gestellt wurden. Mit zunehmender Digitalisierung hat sich gezeigt, dass unstetige Regler, insbesondere Regler mit abtastenden Zeitverhalten, in manchen Punkten dem kontinuierlichen Regler überlegen und preislich deutlich günstiger sind.

6.7.1

Arten von unstetigen Reglern

Die unstetige Arbeitsweise beruht auf der Verwendung von Schaltern, mit denen das gewünschte Stellverhalten erzeugt wird. Unter Schaltern sind mechanische, elektromechanische oder elektronische Bauelemente zu verstehen. Abtastregler Abtastregler teilen die Stellgröße in m Stufen auf (Abb. 6.40). Die Anzahl m errechnet sich aus der Anzahl n der binären Ausgänge eines Digital-Analog-Umsetzers nach m D 2n . Diese Art der Regelung wird in Abschn. 7.6 beschrieben. Schrittregler Alternativ sind pulsweitenmodulierte, amplitudenmodulierte Ausgaben oder Dreipunkt-Schrittausgaben als Frequenzsignal zur Ansteuerung von motorischen Stellgliedern möglich. Abb. 6.40 n-Bit DigitalAnalog-Umsetzer

Abb. 6.41 Zeitverhalten eines Schrittreglers

164

6 Regler

Abb. 6.42 Stellimpulsfolge eines Schrittreglers

Wird beim Auftreten einer größeren Regeldifferenz e der Stellmotor eingeschaltet, dann wird gleichzeitig auch die Rückführung betätigt. Die Rückführung wird wegen eines Verzögerungsgliedes nur allmählich größer und täuscht, da sie e entgegengeschaltet ist, eine Verkleinerung vor, bis die Unempfindlichkeitszone erreicht wird und der Schalter y auf Null steht. Dadurch werden Stellmotor und Rückführung abgeschaltet. Entsprechend der Entladefunktion der Strecke wird die verzögerte Rückführung kleiner, bis der Kipppunkt des Dreipunktschalters wieder erreicht ist. Motor und Rückführung werden wieder eingeschaltet. Als Sprungantwort ergibt sich die Treppenkurve in Abb. 6.41, die der Sprungantwort eines PI-Reglers ähnlich ist. Alternativ ist eine Stellimpulsfolge möglich, wie sie in Abb. 6.42 dargestellt ist. Die Messschaltung des Reglers verarbeitet den stetig gemessenen Istwert im Vergleich zum fest eingestellten Sollwert. Überschreitet die Regeldifferenz e eine bestimmte einstellbare Toleranz, dann spricht ein Ausgangsrelais für die richtige Stellrichtung an. Damit das Relais nicht zu lange betätigt wird und dadurch der Stellantrieb zu weit gefahren wird, sorgt der Regler für die von e abhängige Stellimpulslänge. Dreipunktregler Grundelement ist ein Dreipunktschalter, der in seiner Arbeitsweise einem positiven und einem negativen Schaltausgang entspricht (Abb. 6.43). Die kann z. B. bei einem Elektromotor zu folgenden Betriebsarten führen: 1 Linkslauf 0 Stillstand C1 Rechtslauf

6.7 Unstetige Regler

165

Abb. 6.43 Kennlinie eines Dreipunktreglers

Den Bereich zwischen den beiden Schaltpunkten bezeichnet man als Empfindlichkeit, Hysterese oder tote Zone des Dreipunktschalters. Der Dreipunktschalter wird bevorzugt benutzt für die Überwachung von Größen, wie Temperatur, Druck, Drehzahl auf maximale und minimale Werte. Zweipunktregler Ein Zweipunktregler ist ein unstetiger Regler, der nur folgende Schaltzustände kennt: EIN D 1 und AUS D 0 Bei 1 wird die Stellgröße eines Stellgerätes z. B. auf den voreingestellten Wert YH D 100 % gesetzt, bei 0 ist das Stellgerät geschlossen (Abb. 6.44). Zur Erzeugung eines eindeutigen Schaltpunktes und zur Steuerung der Schalthäufigkeit wird symmetrisch um den Sollwert W eine Schaltdifferenz XD gelegt, genannt Hysterese. Die Funktion des Zweipunktreglers lässt sich am besten am Bimetall-Temperaturregler erkennen, der in vielen Hausgeräten (Bügeleisen, Waschmaschine, . . . ) eingebaut ist (Abb. 6.45). Dieser Bimetallstreifen ist bei Raumtemperatur etwa eben, krümmt sich aber zunehmend mit steigender Temperatur. Diese Krümmung wird verursacht durch zwei aufeinander geschweißte Metalle unterschiedlicher Wärmedehnung. Der Bimetallstreifen wirkt als Messwerk. Durch das Anbringen einer einstellbaren Kontaktschraube und eines Gegenkontaktes am Metallstreifen wird der Vergleicher realisiert. Der Kontakt bildet gleichzeitig das Stellglied. Bei zu hoher Temperatur wird der Kontakt geöffnet und die Stromversorgung unterbrochen. Durch innere mechanische Reibung oder äußere Federkräfte wird zwangsläufig ein Unterschied zwischen Ein- und Ausschaltwert bewirkt. Diese erwünschte Hysterese verringert die Schalthäufigkeit.

Abb. 6.44 Kennlinie eines Zweipunktreglers

166

6 Regler

Abb. 6.45 Bimetall-Regler

Die Schaltdifferenz XD ergibt sich aus der Differenz des Schaltpunktpaares XD D Xaus  Xein mit dem Sollwert

Xaus C Xein : 2 Charakteristisch für alle Zweipunktregler ist, dass sich kein Beharrungswert im Sinne des stetigen Reglers ausbilden kann. Die Stellgröße pendelt ständig um einen Mittelwert und zwingt allen anderen Kreisgrößen diese Schwingung auf. W D

Zweipunktregler mit Rückführung Die Amplitude dieser Schwingung ist ein Maß für die Genauigkeit des Zweipunktreglers. Wünscht man einen engeren Schwankungsbereich, dann setzt man einen Zweipunktregler mit Rückführung ein (Abb. 6.46). Bringt man zusätzlich auf den Bimetallstreifen eine kleine Heizwicklung parallel zur Stellspannung an, so wird früher eine Temperaturerhöhung vorgetäuscht als in der Realität vorhanden ist. Durch einen einstellbaren Vorwiderstand kann somit ein größeres Überschwingen vermieden werden. Abb. 6.46 Zweipunktregler mit thermischer Rückführung

6.7 Unstetige Regler

6.7.2

167

Erzeugen des Stellverhaltens eines Zweipunktreglers

Obwohl der Zweipunktregler nur zwei Schaltpunkte der Stellgröße kennt, kann er trotzdem jede beliebige gemittelte Stellgröße Ym im Regelkreis erzeugen. Dies geschieht durch ein an den Betriebszustand des Gerätes angepasstes Zeitverhalten (Abb. 6.47). Die Schaltperiode beträgt  D tein C taus . Die Frequenz f D 1= gibt die Schalthäufigkeit des Schalters an. Damit lässt sich die mittlere Stellgröße berechnen: Ym D

tein tein  100 % D  100 % tein C taus 

Geht man davon aus, dass der Sollwert des Regelkreises in der Mitte des Regelbereiches liegt, so schaltet das Stellglied doppelt so viel Energie als zum Erreichen des Sollwertes notwendig wäre. Es steht also 100 % Leistungsüberschuss LÜ zur Verfügung. Der zugehörige Kennwert ist ebenfalls aus dem Zeitverhalten des Schalters zu berechnen: LÜ D

taus  100 % tein

Ist der Leistungsüberschuss größer als 100 %, d. h. liegt nur geringe Störungen vor, so ist die Einschaltzeit kürzer als die Ausschaltzeit.

Abb. 6.47 Zeitverhalten des Zweipunktschalters

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

7.1

Grundlagen

Der normale Aufbau eines Regelkreises ist die einschleifige Struktur. Diese einfache Regelschaltung hat den Vorteil, dass das Verhalten leicht überschaubar ist und gängige empirische Einstellregeln verwendet werden können. Im geschlossenen Regelkreis wird die Ausgangsgröße x der Regelstrecke als Regelgröße zur Eingangsgröße der Regeleinrichtung. Die Ausgangsgröße y der Regeleinrichtung als Stellgröße bewirkt eine Angleichung der Regelgröße x an den Sollwert w. Zur Beschreibung des Zeitverhaltens haben sich zwei Arten durchgesetzt:  Zusammensetzung der Differenzialgleichung im Zeitbereich  Laplace-Transformation und Rücktransformation in den Zeitbereich. Am Beispiel des einschleifigen Regelkreises (Abb. 7.1) soll zunächst das Verständnis für das Zusammenwirken von Regler und Regelstrecke mit Hilfe der Methode der Differenzialgleichungsanalyse geweckt werden. Vermaschte Regelkreise lassen sich nur mit hohem mathematischen Aufwand analysieren. Hier kommt die Methode der LaplaceTransformation zum Einsatz. Bei der Analyse des Regelkreisverhaltens unterscheidet man:  Störverhalten, d. h. einen Eingriff der Störgröße am Regelstreckeneingang  Führungsverhalten, d. h. Eingriff der Führungsgröße am Eingang des Reglers. Man versucht bei der Analyse eines Signals, die Einflüsse der jeweils anderen Eingangsgröße des Regelkreises konstant zu halten. Am Ende werden die Auswirkungen von Störungen und Führungsgrößen überlagert (Superposition). Die Störgrößen zi sind in Wirklichkeit regellose stochastische Signale. Für diese Analyse werden jedoch grundsätzlich Eingangssprünge zi verwendet. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 B. Heinrich, W. Schneider, Grundlagen Regelungstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26741-4_7

169

170

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.1 Einheitenfreie Darstellung des einmaschigen Regelkreises

Anmerkung Zur Vereinfachung der Darstellung der Gleichungen werden in Kap. 7 an Stelle der Differenzen x, y, z, w die kleinen Buchstaben x, y, z, und w verwendet. Die genannten Differenzen beziehen sich auf den Arbeitspunkt. Beim Führungsverhalten wird der Sollwert w auf eine konstant einstellbare Führungsgröße eingestellt; ausgehend von einer im Arbeitspunkt optimal eingestellten Regelung spricht man dann von einer Festwertregelung. Schwerer einzustellen sind Regelkreise, die mit veränderlichen Führungsgrößen arbeiten:  Folgeregelung nach einem Zeitplan  Folgeregelung nach externen Zuständen. Hier gilt wie schon beim Störverhalten die Beschränkung auf einen konstanten Eingangssprung w.

7.2 Regelkreisanalyse 7.2.1

Methodik der Analyse

Die Analyse von Regelkreisen mit Hilfe der Methode der Differenzialgleichung liefert schnelle, aber leider nur grundsätzliche Aussagen über das Zeitverhalten. Typische Fragen sind:  Welche Störgrößenänderung bezogen auf den Arbeitspunkt verkraftet eine vorgegebene Regelstrecke mit definiertem Regler?  Wie schnell reagiert die Regelstrecke nach einer Sollwertänderung?  Wie scharf kann ich den Regler einstellen, dass er bei definierter „Normstörung“ nicht in eine Begrenzung < 0 % oder > 100 % läuft?

7.2 Regelkreisanalyse

171

Tab. 7.1 Checkliste der Regelkreisanalyse A) Ansatz 1. Gleichung der Regelstrecke oder Gleichungen von Regelstreckenteilen 2. Gleichung des Reglers oder Gleichungen von Reglerbauteilen 3. Gleichung der Summenpunkte 4. Auswahl einer Ausgangsgröße (x, y, e, yz ); Eliminieren der anderen Größen, die nicht als Ausgangsgrößen gewählt wurden 5. Ordnen, d. h. Ausgangsgrößen und deren Ableitungen auf die linke Seite der Differenzialgleichung, Eingangsgrößen w oder zi und deren Ableitungen auf die rechte Seite der Differenzialgleichung bringen 6. Den Parameter bei der niedrigsten Ableitung auf der linken Seite (= Ausgangsseite) zu „1“ machen; dadurch entsteht die Standardform der Differenzialgleichung in MSR-Form B) Auswertung (nicht Lösung) 1. Nur eine Eingangsgröße auf der linken Seite (zi oder w) auswählen, die anderen Eingangsgrößen werden zu „0“ gesetzt; als Testfunktion wird der Eingangssprung gewählt 2. Beharrungszustand untersuchen; alle zeitlichen Ableitungen der Differenzialgleichung werden zu „0“ ! xBw , xBz , . . . 3. Beginn der Sprungantwort untersuchen; ! xP .t ! 0/ I : : : 4. Schwingungsverhalten untersuchen; ! D,  5. Wirkung aller Ausgangsgrößen auf die gewählte Ausgangsgröße addieren

Das Vorgehen ist wie folgt: Ausgehend von einer Reglerstruktur (hier einmaschiger Regelkreis) mit gegebenen Parametern für Strecke und Regler wird die Differenzialgleichung des Systems aufgestellt und in die MSR-Form umgewandelt. Das gleiche Vorgehen wird auch gewählt, wenn nur eine Regelkreiskomponente untersucht werden soll. Die Analyse dieser Ergebnisgleichung wird dann getrennt nach Beharrungsverhalten, Anfangsverhalten und Schwingungsverhalten durchgeführt. Der Ablauf der Analyse der Differenzialgleichung ist in Tab. 7.1 nach Art eines Kochrezeptes aufgestellt. Zur Lösung der Differenzialgleichung wird auf Abschn. 2.1 verwiesen. Zur Vereinfachung der Schreibweise der Gleichung werden oft typische RegelkreisKennwerte eingeführt:  Kreisverstärkung V0 als Produkt aller Proportionalwerte längs des Regelkreises V0 D KPS  KPR mit KPS D KP1  KP2  KP3  : : :  Integrierverstärkung VI VI D KPS  KIR

oder VI D KIS  KPR

 Regelfaktor R: 0 < R < 1 RD

xB mit Regler 1 D 1 C V0 xB ohne Regler

172

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Tab. 7.2 Differenzialgleichung von Regelstecken und Reglern (Auswahl); zugehörige Regelkreisstruktur siehe Abb. 7.1 Verhalten Gleichung Differenzialgleichungen von Regelstrecken P x D KPS  yz P-T1 T  xP C x D KPS  yz P-T2 T02  xR C T1  xP C x D KPS  yz R I xP D KIS  yz oder x D KIS  yz dt I-T1 T  xR C xP D KIS  yz Differenzialgleichungen von Reglern P y D KPR  e [CY0 ] I yP D KIR  e D-T1 T  yP C y D KDR  eP R PID yP D KPR  eP C KIR  e C KDR  eR oder y D KPR  e C KIR  edt C KDR  eP

In Tab. 7.2 sind einige in der Praxis häufig vorkommenden Gleichungen von Strecken und Reglern zusammengestellt.

7.2.2

Ablauf der Regelkreisanalyse

An einigen ausgewählten Beispielen von Regler-Strecken-Kombinationen soll das Zusammenwirken der Blöcke im geschlossenen Regelkreis gezeigt werden.

7.2.2.1 Ansatz der Differenzialgleichung Als Beispiel wird ein einmaschiger Regelkreis gewählt, der aus einer reinen P-Strecke und einem P-Regler besteht. Es wird nur das Störverhalten berücksichtigt, d. h. w D 0. A 1. Gleichung der Regelstrecke (P-Verhalten) x D KPS  yz A 2. Gleichung des Reglers (P-Verhalten) y D KPR  e A 3. Gleichung des Summenpunktes yz D y  z Das Vorzeichen der Störgröße z kann positiv und negativ sein. Ist die Störgröße z. B. eine Entnahme aus einem Wasserspeicher, dann wirkt z negativ. Wird bei einer Zunahme der Störgröße die Regelgröße x größer, so gilt am Summenpunkt das Plus-Zeichen, wird die Regelgröße kleiner, dann wird das Minus-Zeichen rechts vom Richtungspfeil angetragen. Da nur die Störgröße geändert wird, der Sollwert w jedoch konstant bleibt, gilt: e Dwx

mit w D 0 ! e D x

Anmerkung In jedem Regelkreis muss genau eine Vorzeichenumkehr vorhanden sein, damit einem Anstieg der Regelgröße durch Verkleinerung der Streckeneingangsgröße yz entgegengewirkt wird. Diese Vorzeichenumkehr ist hier am Vergleicher realisiert.

7.2 Regelkreisanalyse

173

A 4. Auswahl der Ausgangsgröße In den vier Gleichungen (Differenzialgleichungen Nullter Ordnung) sind fünf Variable enthalten, davon eine Eingangsgröße, und zwar die Störgröße z. Alle vier „Kreisgrößen“ können theoretisch als Ausgangsgröße gewählt werden, z. B. Regelgröße Stellgröße Regeldifferenz Stell-/Stördifferenz

x D f .z; w; t/ y D f .z; w; t/ e D f .z; w; t/ yz D f .z; w; t/

Hier wird die Regelgröße x als Ausgangsgröße gewählt. Eliminieren von e, y und yz : x D KPS  .y  z/

und y D KPR  e

x D KPS  KPR  e  KPS  z D KPS  KPR  x  KPS  z In dieser Gleichung sind nur die Variable x als Ausgangsgröße und die Variable z als Eingangsgröße enthalten. [x D f .z; w D konst:; t/] Wählt man als Ausgangsgröße die Stellgröße y, so ergibt sich: y D KPR  e D KPR  x

und x D KPS  yz

y D KPR  KPS  yz D KPR  KPS  y C KPR  KPS  z A 5. Ordnen In einer geordneten regelungstechnischen Differenzialgleichung steht die gewählte Ausgangsgröße eines Systems auf der linken Seite, alle Eingangsgrößen des Systems auf der rechten Seite. Dazu gehören auch, wenn vorhanden, alle Ableitungen nach der Zeit. x  .1 C KPS  KPR / D KPS  z y  .1 C KPS  KPR / D KPS  KPR  z A 6. Bilden der MSR-Form Das Zeitverhalten regelungstechnischer Systeme wird unabhängig von deren technischer Realisierung durch gleichartige Kennwerte beschrieben. Diese Kennwerte sollen auch für den Regelkreis gelten. Dazu muss die Differenzialgleichung in eine typische Form gebracht werden, aus der sich die Kennwerte direkt ablesen lassen. Diese Form nennt man auch MSR-Form (Messen-Steuern-Regeln). Das Besondere dieser Form ist, dass die niedrigste Ableitung auf der linken Seite, d. h. die gewählte Ausgangsgröße, zu „1“ gemacht

174

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

wird. Damit haben die einzelnen Terme der Gleichung die Dimension der Ausgangsgröße. Die Parameter zu den übrigen Termen nehmen kennzeichnende Bedeutung an. KPS KPS z D  z D R  KPS  z 1 C KPS  KPR 1 C V0

xD

yD

und

KPSE  KPR  z D R  V0  z 1 C KPSE  KPR

7.2.2.2 Auswertung der Differenzialgleichung Um einen Überblick über das Zeitverhalten des Kreises zu bekommen, reicht es oft, nur einzelne Zeitbereiche (Anfang, Beharrung, . . . ) des Verhaltens zu untersuchen. Die Lösung der Differenzialgleichung wird erst benötigt, wenn es um die Ermittlung konkreter Zwischenzustände geht. B 1. Testfunktion Meist wählt man als Testfunktion einen Eingangssprung. Das Zeitverhalten wird getrennt nach Störverhalten (sprunghafte Änderung der Störgröße z) und Führungsverhalten (sprunghafte Änderung der Führungsgröße w) untersucht. Bei linearem Verhalten aller Kreisglieder ist eine einfache Überlagerung der Ergebnisse der Einzelsprünge aller Eingangsgrößen zum Gesamtverhalten des Kreises zulässig, z. B.: xB (Gesamt) D xB (Störung) C xB (Führung)I

Index B : : : Beharrung

z ist eine zusätzliche Störung, die auf den in Beharrung befindlichen Regelkreis einwirkt. Dieser Beharrungszustand für t < 0 muss nicht, sollte jedoch möglichst identisch mit dem Arbeitspunkt AP sein. AP

!

X0 D W0 und Y0 D Z0

B 2. Beharrungsverhalten Unter Beharrungsverhalten versteht man das Zeitverhalten des Regelkreises (bzw. Regelkreisgliedes) für sehr große Zeiten (t ! 1) nach Einwirken der Testfunktion. In der Differenzialgleichung der allgemeinen Form (Fundamentalgleichung) .n/

an  x C : : : C a2  xR C a1  xP C a0  x D b0  y C b1  yP C b2  yR C : : : C c0  z C c1  zP C : : : verschwinden dann alle zeitlichen Ableitungen x; P x; R : : :; y; P y; R : : :; z; P z; R :::

für t ! 1:

7.2 Regelkreisanalyse

175

Tab. 7.3 Zusammenstellung der drei möglichen Beharrungsverhalten bei einer Sprungantwort Differenzialgleichung in Beharrung a0 ¤ 0; b0 D 0

Sprungantwort

Zeitverhalten

xB D 0 keine bleibende Regeldifferenz

a0 ¤ 0; b0 ¤ 0

xB D ba00 y bleibende Regeldifferenz

a0 D 0; b0 D 0

0Dy kein Beharrungswert

Es können dabei nur drei Fälle auftreten (Tab. 7.3):  Die nullte Ableitung auf der rechten Seite fehlt, dies bedeutet, dass keine bleibende Regeldifferenz auftritt, z. B. xB D 0.  Die nullten Ableitungen auf beiden Seiten sind vorhanden; es tritt eine bleibende Regeldifferenz auf, z. B. xB D

b0  y D KP1  y a0

oder xB D

c0  z D KP2  z: a0

 Die nullte Ableitung auf der linken Seite fehlt; der Beharrungswert ist unendlich groß, z. B. 0 D KP2  z. B 3. Anfangsverhalten Das Anfangsverhalten untersucht die Reaktion des Regelkreises (bzw. des Regelkreisgliedes) für kleine Zeiten t ! 0 oder zum Zeitpunkt t D 0, zu der der Eingangssprung auf das System wirkt. Auch hier unterscheiden wir drei Fälle (Tab. 7.4):  Die höchste Ordnung der Ableitung n auf der linken Seite der Differenzialgleichung ist gleich der höchsten Ordnung der Ableitung m rechts; dann zeigt das System als Sprungantwort für t D 0 ebenfalls einen Sprung der Ausgangsgröße mit nachfolgender Sprungantwort, z. B. x.0/ D KP  z.

176

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Tab. 7.4 Zusammenstellung der drei möglichen Anfangsverhalten bei einer Sprungantwort (Systeme mit m > n sind physikalisch nicht realisierbar) Differenzialgleichung .n/

Sprungantwort

Zeitverhalten

.m/

an  x C : : : D : : : C bm  y Œ0; 1 nDm

x.0/ D

bm an

y

nDmC1

x.0/ P D bamn  y xa .0/ D 0

n D m C i, i 2

.m/

x .0/ D 0 :: : x.0/ P D0 x.0/ D 0

 Die höchste Ordnung n links ist um einen Grad höher als m rechts; als Sprungantwort zeigt das System für t D 0 eine endliche Anstiegsgeschwindigkeit der Ausgangsgröße, z. B. x.0/ P D KP  z; x.0/ D 0  Die höchste Ordnung n links ist um mehr als einen Grad höher als m auf der rechten Seite; das System hat zum Zeitpunkt t D 0 keine zeitliche Änderung der Ausgangsgröße und auch keine Anstiegsgeschwindigkeit, also horizontale Tangente, x.0/ P D 0; x.0/ D 0 B 4. Schwingungsverhalten Das Schwingungsverhalten wird durch den Dämpfungsgrad DD

1 T1  2 T0

7.3 Spezielle Regelkreise

177

und die Schwingungsperiode  D 2  T0  p

1 1  D2

beschrieben.

7.3

Spezielle Regelkreise

7.3.1 Regelkreis mit bleibender Regeldifferenz Regelstecken, die mit einfachem P-Regler geregelt werden, haben den Nachteil der bleibenden Regeldifferenz im Beharrungszustand. Mit Hilfe der Differenzialgleichung kann die Größe der bleibenden Regeldifferenz abgeschätzt werden. Beispiel 7.1 (Durchflussregelstrecke mit P-Regler)

Ein Durchflussregelkreis besteht aus einem näherungsweise verzögerungsfreien Stellantrieb mit flinkem Stellungsregler, einem gleichprozentigen Stellventil, einer Durchflussmessstelle direkt hinter dem Stellventil mit eingebautem Messumformer und einem verzögerungsfreien P-Regler (Abb. 7.2). Bei verschiedenen Vordrücken p0 D konst: wurde die Kennlinienschar der erweiterten Regelstrecke aufgenommen (Abb. 7.3). Dabei ist der Vordruck p0 umgerechnet als Störgröße z in Einheiten der Stellgröße y aufgetragen. Für den Arbeitspunkt gilt: X0 D W0 D 50 % Y0 D Z0 D 50 % Im Arbeitspunkt soll die Kennlinie eines P-Reglers mit XP D 50 % in dieses Diagramm eingetragen werden.

Abb. 7.2 Gerätefließbild einer Durchflussregelstrecke mit P-Regler

178

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.3 Kennlinienschar der Durchflussregelstrecke nach Messwerten, Reglerkennlinie XP D 50 %

a) Ermitteln Sie aus dem Diagramm Abb. 7.3 die bleibende Regeldifferenz der Regelstrecke ohne Regler und als geschlossener Regelkreis, wenn vom Arbeitspunkt ausgehend die Vordrücke Z1 bzw. Z2 eingestellt werden. Als Stellbereich des Ventils gilt: YH D 100 Mit der Angabe des Proportionalbereichs des P-Reglers XP D 50 % ist der Anstieg der Regelkennlinie festgelegt. KPR D

YH y D2D YP x

Die Reglerkennlinie muss durch den Arbeitspunkt laufen. In Abb. 7.3 ist diese Kennlinie als strichpunktierte Gerade eingetragen. Zur Kontrolle lässt sich der zu YH gehörige Wert XP an der x-Achse ablesen. Wird jetzt die Störgröße von Z0 auf Z1 geändert, so erhalten wir den neuen Betriebspunkt des geschlossenen Regelkreises als Schnittpunkt zwischen der Reglerkennlinie

7.3 Spezielle Regelkreise

179

(strichpunktiert) und der durchgezogenen Streckenkennlinie für Z1 . Aufgrund der Störung z1 D Z0  Z1 D 50 %  36 % D 14 % verändert der Regler seine Stellgröße um y1 D Y1  Y0 D 38 %  50 % D 12 % kann jedoch bei dieser Einstellung die Regelabweichung x1 D X1  W0 D 56 %  50 % D 6 % nicht vermeiden. Für die Störgröße Z2 ergibt sich: z2 D 22 %y2 D 15;5 %x2 D 8 %: Man kann erkennen, dass die bleibende Regelabweichung nur vermieden werden kann, wenn ein Regler mit einem Proportionalbereich XP D 0 % oder einem Proportionalwert KPR ! 1 eingesetzt wird, der die Störgrößenänderung durch eine Stellgrößenänderung in gleicher Größe kompensiert. Dies werden wir noch unter Punkt d) näher behandeln. Ist der Regler ausgeschaltet, betrachten wir also die Regelstrecke ohne Regler, so wird sich Y0 nicht ändern. Tritt jetzt eine Störung Z auf, so verschiebt sich der Betriebspunkt auf einer Linie y D konst: (Abb. 7.3 gestrichelt). Für die bleibende Regeldifferenz lesen wir ab: x1 (ohne Regler) D 50 % x2 (ohne Regler) D 25 %: Durch den P-Regler mit XP D 50 % wird die Regeldifferenz x D e D X0  W0 von z. B. 25 % auf 8 % reduziert. Nur im Arbeitspunkt tritt gemäß Definition X0 D W0 keine Differenz auf. b) Zeichnen Sie den Wirkungsplan des Regelkreises. Stellen Sie die lineare Differenzialgleichung des Regelkreises auf. Der Massenstrom durch das Ventil wird durch den Hub H und/oder durch den Vordruck p0 beeinflusst. Das Ventil wird also im Wirkschaltplan durch zwei Blöcke und einen Summenpunkt dargestellt (Abb. 7.4). Durch die Blöcke Stellantrieb, Vordrosselung und Fühler/Umformer werden aus den dimensionsbehafteten Größen dimensionslose Größen erzeugt, indem z. B. die Messwerte auf den Messbereichsendwert bezogen werden.

180

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.4 Wirkungsplan der Durchflussregelung

Da sowohl die Störung z als auch die Stellgröße y verzögerungsfrei eingreifen, kann die Störung an den Eingang der erweiterten Regelstrecke verlegt werden. Das Vorzeichen von z muss positiv sein; wenn der Vordruck steigt, steigt auch der Durchfluss. In der dimensionslosen Darstellung dieses Regelkreises ergibt sich: Gleichung der erweiterten Regelstrecke: x D KPS  yz D KPS  y C KPS  z Gleichung des Reglers: y D KPR  e D KPR  w  KPR  x Die Vorzeichenumkehr ist im Regler realisiert (fallende Kennlinie). In einem einmaschigen Regelkreis kann immer nur eine Ausgangsgröße gewählt werden, hier die Regelgröße x. Alle übrigen Kreisgrößen e und yz werden eliminiert: x D KPS  z C KPS  KPR  w  KPS  KPR  x Sortieren, d. h. die gewählte Ausgangsgröße x auf die linke Seite der Differenzialgleichung (nullter Ordnung), die Eingangsgrößen w und z auf die rechte Seite: x C KPS  KPR  x D KPS  z C KPS  KPR  w In der MSR-Form wird die niedrigste Ableitung auf der linken Seite zu 1 gemacht: xD

KPS KPS  KPR zC w 1 C KPS  KPR 1 C KPS  KPR

7.3 Spezielle Regelkreise

181

Mit Hilfe der Definitionen der Kreisverstärkung V0 D KPS  KPR

sowie

RD

1 (Regelfaktor) 1 C V0

ergibt sich: x D R  KPS  z C R  V0  w Wählen wir y als Ausgangsgröße, so ergibt sich: y D KPR  w  KPR  x y D KPR  w  KPR  KPS  y  KPR  KPS  z .1 C V0 / y D KPR  w  V0  z y D R  V0  z C R  KPR  w c) Vergleichen Sie die rechnerischen Werte aus der linearen Differenzialgleichung mit den gemessenen Werten aus Abb. 7.3. Durch Anlegen der Tangente an die Streckenkennlinie für Z0 im Arbeitspunkt erhalten wir den Proportionalbeiwert der erweiterten Regelstrecke (Abb. 7.5) KPS D

x 50 % D D 2: y 25 %

In einer linearen Differenzialgleichung bleibt dieser Wert konstant; anstelle der gekrümmten Kennlinien aus Abb. 7.5 ergeben sich rechnerisch Geraden, die in Abb. 7.5 eingetragen sind. Die Gerade x D KPS  .y C Z0 / geht durch den Arbeitspunkt mit der Steigung z. Eine andere Störgröße bedeutet eine Parallelverschiebung der Kennlinie. In Abb. 7.5 ist dies für z1 D C14 % und z2 D 22 % eingetragen (siehe Punkt a dieser Übungsaufgabe). In gleicher Weise wird die Gerade für den Regler y D KPR  .w0  x/ eingetragen. Hier führt die Änderung des Sollwertes w zu einer Parallelverschiebung; in diesem Beispiel für w3 D C20 % und w4 D 20 %. Die Kennlinienscharen für die Streckengleichung und die Reglergleichung dienen nur der Veranschaulichung der Ergebnisse der linearen Differenzialgleichung. Im Folgenden wird deshalb die rechnerische Lösung verwendet. Zahlenwerte: KPS D 2 V0 D KPS  KPR D 2  2 D 4

100 % 100 % D D2 XP 50 % 1 1 RD D D 0;2 1 C V0 1C4

KPR D

182

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.5 Kennlinienschar der Durchflussregelstrecke mit Hilfe der linearen Differenzialgleichung, Reglerkennlinie eines P-Reglers

Störverhalten, d. h. w D 0 (R D Rechnung, M D Messung): x1 .R/ D KPS  R  z1 D 0;2  2  14 % D 5;6 %

x1 .M / D 6 %

y1 .R/ D R  V0  z1 D 0;2  4  14 % D 11;2 %

y1 .M / D 12 %

x2 .R/ D 0;2  2  .22 %/ D 8;8 %

x2 .M / D 8 %

y1 .R/ D 0;2  4  .22 %/ D 17;6 %

y1 .M / D 15;5 %

Die Abweichungen zwischen Messung und Rechnung resultieren nicht aus den Ablesefehlern, sondern sie werden durch die Linearisierung bei der Rechnung verursacht. Zur Erinnerung: Die Analyse der Regelstrecke und die Auslegung des Reglers erfolgt in der Regel um den Bereich des Arbeitspunktes. Ausgehend vom Arbeitspunkt wird entweder das Störverhalten oder das Führungsverhalten untersucht. Über die Sprungantwort wird der Proportionalwert der Strecke bestimmt. Dieser Proportionalwert wird für alle nachfolgenden Betrachtungen als konstant angesetzt. Zeichnet man jedoch die Kennlinie der Regelstrecke auf, so stellt man fest, dass in den allermeisten Fällen die Kennlinie der Strecke nicht linear ist – und damit auch der Proportionalwert der Strecke nicht konstant sein kann. Je nichtlinearer die Strecke ist, umso stärker schwankt der Betrag des Proportionalwertes. Mit der Annahme eines konstanten Proportionalwertes wird diese Kennlinie linearisiert. Je weiter man sich bei der Auslegung vom Arbeitspunkt entfernt, desto größer wird der Linearitätsfehler.  Führungsverhalten: (d. h. z D 0) x3 .R/ D R  V0  w3 D 0;2  4  20 % D 16 % y3 .R/ D R  KPR  w3 D 0;2  2  20 % D 8 %

7.3 Spezielle Regelkreise

183

x4 .R/ D 0;2  4  .20 %/ D 16 % y4 .R/ D 0;2  2  .20 %/ D 8 %  Überlagerung von Störgröße und Führungsgröße x5 .R/ D x3 C x1 D 16 % C 5;6 % D 21;6 % y5 .R/ D y3 C y1 D 8 % C 12 % D 4 % d) Stellen Sie die Differenzialgleichung der gleichen Strecke mit I-Regler auf. Berechnen Sie damit die Stellgröße, die notwendig ist, einer Störung z1 ohne bleibende Regeldifferenz entgegenzuwirken. Zu der Strecke x D KPS .z C Y / wird der ideale I-Regler yPR D KIR .w  x/ geschaltet. In der Differenzialgleichung für die Regelgröße wird die Stellgröße y eliminiert: xP D KPS  zP C KPS  yP D KPS  zP C KPS  KIR  w  KPS  KIR  x xP C KPS  KIR  x D KPS  zP C KPS  KIR  w 1 1  xP C x D  zP C w KPS  KIR KIR Wählt man die Stellgröße als Ausgangsgröße, so ergibt sich: yP D KIR  w  KIR  KPS  z  KIR  KPS  y yP C KIR  KPS  y D KIR  w  KIR  KPS  z 1  yP C y D KIR  w  z KIR  KPS Die Systemgleichung zeigt ein Zeitverhalten 1. Ordnung, bei dem im Beharrungszustand  keine bleibende Regelabweichung vorhanden ist ! xB D w  und die Stellgröße bei Störverhalten die Störgröße aufhebt ! yB D z. Bei Führungsverhalten ist die Stellgröße yBw D

1  w: KPS

Das Anfangsverhalten kann graphisch durch die Kreis-Zeitkonstante Tx D Ty D angegeben werden.

1 KPS  KIR

184

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.6 Kennlinienschar der Durchfluss-Regelstrecke (lineare Differenzialgleichung) mit Reglerkennlinie eines IReglers

Das Beharrungsverhalten ist in Abb. 7.6 dargestellt; die Kennlinie des I-Reglers ist eine Parallele zur y-Achse durch den Arbeitspunkt „0“. Sie entspricht der linearen Kennlinie eines P-Reglers für XP ! 0. Auf den Zeitverlauf soll hier nicht näher eingegangen werden. Beispiel 7.2 (Druckregelstrecke mit P-T1 -Verhalten, geregelt durch einen P-Regler)

Eine Druckregelstrecke (Abb. 7.7) besteht aus einem Stellventil V1 mit verzögerungsarmem Stellantrieb, einem Druckluftspeicher B1 und einem konstanten Verbraucher V2. Über ein Magnetventil V3 kann ein weiterer Verbraucher sprunghaft zugeschaltet werden. Störsprung z D 10 %: Der Druck im Speicher als Regelgröße wird durch den nachgeschalteten Messumformer dimensionslos gemacht. Dies ist nicht notwendig, wenn der Druckmessbereich im Einheitssignalbereich 0,2 bis 1 bar liegt. a) Ermitteln Sie die in der linearen Differenzialgleichung enthaltenen Kennwerte der Regelstrecke. Arbeitspunkt X0 D W0 D 50 % und Y0 D Z0 D 50 % Die Handstellgröße YHand wurde sprunghaft verstellt und der Zeitverlauf y.t/ und x.t/ als Einheitssignal in % aufgeschrieben (Abb. 7.8). Auf die Nichtlinearitäten, die in jeder realen Regelstrecke vorhanden sind, wird hier nicht weiter eingegangen. Das Zeitverhalten der Regelstrecke wird aus der Sprungantwort eindeutig als proportionales Verhalten mit Zeitverzögerung 1. Ordnung erkannt.

7.3 Spezielle Regelkreise

185

Abb. 7.7 Gerätefließbild eines Druckluftregelkreises

Abb. 7.8 Messschrieb der Stellsprungantwort der dimensionslosen Druckluftregelstrecke

Dieses Verhalten wird durch folgende Differenzialgleichung beschrieben: T  xP C x D KPS  y: Neben der Regelgröße x und der Stellgröße y, die dem Messschrieb zu entnehmen sind, benötigt man für die mathematische Beschreibung der Regelstrecke die Kennwerte  Proportionalbeiwert KPS und  Zeitkonstante T .

186

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Der Proportionalwert wird aus dem Beharrungszustand bestimmt. Aus Abb. 7.8 liest man ab: KPS D

xB 36 % D D 2: y 18 %

Die Zeitkonstante wird bei 63,2 % vom Beharrungswert abgelesen: x.t D T / D 0;632  xB D 22;8 %: Aus dem Schrieb (Abb. 7.8) liest man damit ab: T D 10 s. b) Der Regelkreis wird durch einen P-Regler geschlossen. Stellen Sie die Differenzialgleichung des Regelkreises für Regel- und Stellgröße auf. Gleichung der Strecke: TS  xP C x D KPS .z C y/ Gleichung des Reglers: y D KPR .w  x/ Kreisgleichung der Regelgröße: TS  xP C x D KPS  z C KPS  KPR  w  KPS  KPR  x „ ƒ‚ … „ ƒ‚ … V0

V0

TS  xP C .1 C V0 /  x D KPS  z C V0  w „ ƒ‚ … 1=R

R  T  xP C x D R  KPS  z C R  V0  w „ƒ‚…S Tx

Kreisgleichung der Stellgröße: 1 1  y D x ! wP   yP D xP KPR KPR TS 1 TS  wP   yP C w   y D KPS  z C KPS  y KPR KPR  TS 1  yP C KPS C  y D KPS  z C w C TS  wP KPR K „ ƒ‚ PR … w

D RK1

PR

R  T  yP C y D R  V0  z C R  KPR  w C R  TS  KPR  wP „ƒ‚…S Ty

Beide Differenzialgleichungen beschreiben das Verhalten mit Zeitverhalten 1. Ordnung. Die Kreis-Zeitkonstante ist in beiden Fällen gleich (Tx D Ty ).

7.3 Spezielle Regelkreise

187

Tab. 7.5 Zahlenwerte für das Beharrungsverhalten (P-T1 -Strecke mit P-Regler) Zahlenwerte für

XP D 200 %

KPR D

KPR D

100 % XP

100 % 200 %

XP D 50 % D 0;5

KPR D 2

V0 D KPR  KPS

V0 D 0;5  2 D 1

V0 D 4

RD

RD

R D 0;2

1 1CV0

xBz D R  KPS  z yBz D R  V0  z

1 1C1

D 0;5

xBz D 0;5  2  .10 %/ D 10 % yBz D 0;5  1  .10 %/ D C5 %

xBz D 4 % yBz D C8 %

c) Skizzieren Sie das Zeitverhalten nach einer sprunghaften Störung z D 10 % für Regel- und Stellgröße ausgehend vom Arbeitspunkt X0 D W0 für die Reglereinstellungen XP1 D 200 % und XP2 D 50 %. Bei linearen Differenzialgleichungen gilt das Superpositionsprinzip, d. h. erst wird der Zeitverlauf der Störung untersucht und anschließend das Führungsverhalten. Die Wirkung der beiden Verhalten lässt sich dann linear überlagern (z. B. durch Addition der Beharrungswerte). Für das Störverhalten vereinfachen sich die Gleichungen für Regel- und Stellgröße zu: R  TS  xP C x D R  KPS  z

und R  TS  yP C y D R  V0  z:

Beharrungsverhalten (Tab. 7.5) (d. h. t ! 1, somit x; P yP D 0): xBz D R  KPS  z

und yBz D R  V0  z

Die Werte aus der Tab. 7.5 sind in Abb. 7.9 eingetragen. Um die Wirkung einer Änderung des Proportionalbereichs zu demonstrieren, sind zusätzlich die Werte der Strecke ohne Regler eingetragen: xB .o. R./ D KPS  z D 2  .10 %/ D 20 % yB .m. R./ D 0 % Anfangsverhalten: Die Anstiegsgeschwindigkeit für t ! 1 kann aus den Gleichungen der Stellgröße und Regelgröße ermittelt werden. Dazu wird jeweils x.0/ D 0 und y.0/ D 0 gesetzt, denn zu diesem Zeitpunkt ist zwar schon die Störung z vorhanden, hat sich jedoch noch nicht als Änderung auf die beiden Größen ausgewirkt. P C 0 D R  KPSE  z R  TS  x.0/ R  TS  y.0/ P C 0 D R  V0  z

R  KPS z D R  TS R  V0 ! y.0/ P D z D R  TS !

x.0/ P D

KPS z TS V0 z TS

188

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.9 Störsprungantwort des Regelkreises (P-T1 Strecke, P-Regler, z D 10 %) für Regelgröße

Man erkennt, dass die Anstiegsgeschwindigkeit der Regelgröße unabhängig von der Reglereinstellung ist. Die Kreis-Zeitkonstante Tx D R  TS kann jeweils am Beharrungswert R  KPS angetragen werden. Daraus ergibt sich folgender Anstiegswinkel: tan ˛x D

Gegenkathete R  KPS  z D x.0/: P D Ankathete R  TS

Zur Berechnung des Winkels ˛x wird zusätzlich ein Maßstabsfaktor benötigt, der die unterschiedliche Skalierung von Zeitachse und Ordinate berücksichtigt. P  Fx / ˛x D arctan .x.0/

mit Fx D

t .s/ 10 cm  10 cm x .%/

Damit wird die Anstiegsgeschwindigkeit dimensionslos gemacht.   ˛y D arctan y.0/ P  Fy Die rechnerischen Ergebnisse lassen sich leicht im Zeitverlauf Abb. 7.9 skizzieren und vergleichen. Nach ca. 4  Tx hat die Regelgröße (bis auf 2 %) den Beharrungswert erreicht. Ein kleinerer Proportionalbereich bedeutet also nicht nur eine geringere bleibende Regelabweichung, sondern zusätzlich noch eine schnellere Einstellung dieses Beharrungswertes. Man erkennt außerdem, dass der Zeitverlauf der Regelgröße mit dem der Stellgröße korreliert ist. d) Skizzieren Sie das Zeitverhalten nach einem Führungssprung w D C10 % für Regel- und Stellgröße für die Reglereinstellungen (XP1 D 200 % und XP2 D 50 %) Beim Führungsverhalten ergeben sich folgende Gleichungen: R  TS  xP C x D R  V0  w R  TS  yP C y D R  KPR  w C R  TS  KPR  wP

7.3 Spezielle Regelkreise

189

Abb. 7.10 Störsprungantwort des Regelkreises (P-T1 -Strecke, P-Regler, z D 10 %) für Stellgröße

Beharrungsverhalten: xBw D R  V0  w

und yBw D R  KPR  w

Das Beharrungsverhalten ist identisch mit dem eines Kreises, der aus einer verzögerungsarmen Regelstrecke und P-Regler aufgebaut ist (siehe Beispiel 7.1). Auch beim Führungsverhalten zeigt dieser Regelkreis eine bleibende Regeldifferenz w  xBw , die umso kleiner wird, je kleiner der Proportionalbereich XP oder je größer der Proportionalwert KPR eingestellt ist (Abb. 7.10). Anfangsverhalten: Die Regelgröße im geschlossenen Kreis zeigt das Verhalten der e-Funktion für Verzögerung 1. Ordnung, wie es schon für das Störverhalten beschrieben wurde. Nur wird jetzt das Anfangsverhalten (s. Tab. 7.6) abhängig von der Reglereinstellung. V0  wI ˛x D arctan .x.0/ P  Fx / x.0/ P D TS Die Gleichung der Stellgröße muss zunächst umgeformt werden. Man geht immer davon aus, dass das System für t < 0 in Beharrung ist. In der Gleichung ist mit w eine zeitliche Ableitung der Führungsgröße vorhanden, die dieser Forderung widerspricht. Ein Sprung zum Zeitpunkt t D 0 führt zu einer Unstetigkeitsstelle. Diesem Problem können wir aus dem Weg gehen, indem wir die Gleichung einmal integrieren. Die Integrationskonstanten werden alle zu Null, wenn wir die Anfangsbedingungen zu Null wählen: Zt Zt R  TS  y C y dt D R  KPR w dt C R  TS  KPR  w: 0

0

190

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Tab. 7.6 Zahlenwerte für das Anfangsverhalten (P-T1 -Strecke mit P-Regler) Zahlenwerte für Tx D Ty D R  TS

XP D 200 % Tx D 0;5  10 s D 5 s

XP D 50 % Tx D 2 s

x.0/ P D

x.0/ P D

x.0/ P D 2 %s

KPS TS

z

y.0/ P D  TVS0  z

2 10 s

y.0/ P D  101 s  .10 %/ D C1 %s

y.0/ P D 4 %s Fx D 1 %s

F .x/ D

t .s/ 10 cm



10 cm x .%/

Fx D

20 s 20 %

F .y/ D

t .s/ 10 cm



10 cm y .%/

Fy D

20 s 10 %

˛x D arctan .x.0/ P  Fx /

 .10 %/ D 2 %s D 1 %s

D 2 %s   ˛x D arctan 2 %s  1 %s D 63;4ı   ˛y D arctan 1 %s  2 %s D C63;4ı

˛y D  arctan y.0/ P  Fy

Fy D 2 %s ˛x D 63;4ı ˛y D 82;9ı

Für t ! 0 ergibt sich daraus: Zt dt D 0 eingesetztW

R  TS  y.0/ D R  TS  KPR  w

0

und daraus: y.0/ D KPR  w: Die Stellgröße zeigt (Abb. 7.11) zum Zeitpunkt t D 0 einen Sprung, dessen Höhe abhängig von der Reglereinstellung ist. Wenn die Eingangsgröße w eines verzögerungsfreien P-Reglers sprunghaft verändert wird, muss sich auch die Ausgangsgröße y sprunghaft verändern und zwar proportional zum Verstärkungsfaktor KPR (s. Tab. 7.7). In Abschn. 7.2.2 wurde gezeigt, dass die Ausgangsgröße als Sprungantwort einen Sprung zeigt, wenn die höchste Ableitung der rechten und der linken Seite der Differenzialgleichung von gleicher Ordnung sind. Dies ist auch hier zu erkennen. Der weitere Verlauf kann mit der ursprünglichen Form der Differenzialgleichung beschrieben werden, wenn wir die Anfangsbedingung y.0/ in die Gleichung einsetzen. Anfangsverhalten für t ! 0, aber t ¤ 0: Nach einem Sprung w.t D 0/ ändert sich die Führungsgröße anschließend zeitlich nicht mehr: w.t P D 0/ D 0 P D 0/ C y.0/ D R  KPR  w R  TS  y.t R  TS  y.0/ P C KPR  w D R  KPR  w und daraus das Anfangsverhalten: y.0/ P D

yBw  y.0/ R  KPR  KPR w D : R  TS R  TS

7.3 Spezielle Regelkreise

191

Tab. 7.7 Zahlenwerte für Führungssprung (P-T1 -Strecke mit P-Regler) Zahlenwerte für xBw D R  V0  w ebl D w  xBw yBw D R  KPR  w

XP D 200 % xBw D 0;5  1  10 % D 5 % ebl D 10 %  5 % D 5 % yBw D 0;5  0;5  10 % D 2;5 %

XP D 50 % xBw D 8 % ebl D 2 % yBw D 4 %

Abb. 7.11 Führungssprungantwort des Regelkreises (P-T1 -Strecke , P-Regler, w D 10 %) für Regel- und Stellgröße

Nach einem positiven Sprung verläuft die Stellgröße mit endlicher Stellgeschwindigkeit nach unten (y.0/ > yBw ). Auch hier gilt wieder, wie im Steigungsdreieck in Abb. 7.11 abzulesen ist (s. dazu auch Tab. 7.8):   P  Fy ˛y D arctan y.0/

192

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Tab. 7.8 Anfangsverhalten bei Führungsverhalten (P-T1 -Strecke mit P-Regler) Zahlenwerte:

XP D 200 %

XP D 50 %

x.0/ P D

x.0/ P D

x.0/ P D 4 %s

V0 TS

w

y.0/ D KPR  w y.0/ P D

RKPR KPR RTS

1 10 s

y.0/ D 0;5  10 % D 5 % w

y.0/ P D

0;50;50;5 0;510 s

Fx D

t .s/ 10 cm



10 cm x .%/

Fx D

10 s 10 %

Fy D

t .s/ 10 cm



10 cm y .%/

Fy D

10 s 20 %

˛x D arctan .x.0/ P  Fx /   ˛y D arctan y.0/ P  Fy

7.3.2

 10 % D 1 %s  10 % D 0;5

y.0/ D 20 % % s

D 1 %s

y.0/ P D 8 %s Fx D 1 %s

D 0;5 %s   ˛x D arctan 1 %s  1 %s D 45ı   ˛y D arctan 0;5 %s  0;5 %s D 14ı

Fy D 0;5 %s ˛x D 76ı ˛y D 76ı

Regelkreis ohne bleibende Regeldifferenz

Der Vorteil eines Reglers mit I-Anteil ist, dass die bleibende Regeldifferenz e vermieden R wird. Der I-Teil kommt erst dann zu Ruhe, wenn e dt zu Null wird. Dazu muss aber e D 0 sein. Beispiel 7.3 (Wasserstandsregelung mit PI-Regler)

Ein Wasserhochbehälter (Abb. 7.12) mit einer Füllhöhe h D 4 m und mit Rückwirkung des Abflusses auf den Wasserstand habe näherungsweise lineares P-T1 -Verhalten. Aus Messungen ist bekannt: Proportionalbeiwert: KPS D 4.dimensionslos/I

Zeitkonstante: T D 600 s

Der Behälter wird durch ein (gleichprozentiges) Ventil mit näherungsweise P-Verhalten gespeist: Stellbereich: YH D 20 mm ¶ 100 %

Abb. 7.12 Gerätefließbild der Wasserstandsregelung

7.3 Spezielle Regelkreise

193

Abb. 7.13 Wirkungsplan der Wasserstandsregelung

a) Stellen Sie die Differenzialgleichung des Regelkreises für die Regelgröße x auf. Als Arbeitspunkt wird festgelegt: X0 D W0 D 80 % .¶ 3;2 m/ Y0 D 50 % .¶ 10 mm/I

Z0 D 50 % .¶ 10 Skt./

Der Wirkungsplan der Wasserstandsregelung ist in Abb. 7.13 dargestellt. Vereinfachend wird angenommen, dass die Störgröße z am Eingang der Regelstrecke wirke. Der abfließende Massenstrom m P ab , der maßgeblich für die Störgröße verantwortlich ist, muss dann in Einheiten der Stellgröße y (hier in %) ausgedrückt werden. Nur dann dürfen z und y zu yz zusammengefasst werden. Mathematisch käme dies einer Reduktion von z auf y gleich. In der Praxis kann dazu bei vorhandener Störung die Stellgröße so lange verändert werden bis der Zustand vor dem Einwirken der Störung erreicht ist. Die Änderung von y entspricht betragsmäßig der Störgröße in Einheiten der Stellgröße. Die Vorzeichenumkehr liegt im Vergleicher des Reglers mit der Regeldifferenz e D w  x. Gleichung der Regelstrecke: T  xP C x D KPS  y Gleichung des Reglers: Zt y D KPR .w  x/ C KIR 

.w  x/ dt 0

Eingesetzt: T  xP C x D KPS  z C KPS  KPR  .w  x/ C KPS  KIR

Z .w  x/ dt

Durch einmalige Differentiation erhält man daraus: T  xR C xP D KPS  zP C V0  wP  V0  xP C KPS  KIR  w  KPS  KIR  x Sortieren, d. h. Ausgangsgröße x und deren Ableitungen nach links, Eingangsgrößen z, w und deren Ableitungen nach rechts: T  xR C .1 C V0 /  xP C KPS  KIR  x D KPS  zP C KPS  KIR  w C V0  wP

194

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Daraus ergibt sich die MSR-Form T 1 1 KPR  xR C  xP C x D  zP C w C  wP KPS  KIR R  KPS  KIR KIR KIR „ ƒ‚ … „ ƒ‚ … T02

T1

b) Werten Sie das Zeitverhalten aus. Beharrungsverhalten, d. h. alle Ableitungen verschwinden: xB D w

.Index B D Beharrung/

Wie zu erwarten, zeigt die Regelgröße im geschlossenen Regelkreis mit PI-Regler weder bei Störverhalten noch bei Führungsverhalten eine bleibende Regelabweichung. Anfangsverhalten (t ! 0): Durch Integration erhält man: Z Z 1 KPR T02  xP C T1  x C xdt D  z C wdt C w KIR KIR Diese Gleichung beschreibt das Anfangsverhalten, wenn die Integrationen vernachlässigt werden. Da sich x für kleine Zeiten t nur wenig vom Arbeitspunkt unterscheidet, ergibt sich: 1 KPR T  x.0/ P D zC w KPS  KIR KIR KIR Sowohl für Stör- als auch für Führungsverhalten steigt die Regelgröße mit endlicher Geschwindigkeit an: x.0/ P zD

KPS  zI T

x.0/ P wD

V0 w T

In beiden Fällen entspricht dies dem Anfangsverhalten des Regelkreises mit P-Regler. Schwingungsverhalten: Der Dämpfungsgrad D wird berechnet nach s r KPS  KIR 1 1 1 T1 D  D DD 2  T0 2  R  KPS  KIR T 2R T  KPS  KIR c) Der I-Teil des Reglers wird so eingestellt, dass für die Nachstellzeit Ti D T gilt. Auf welchen Wert muss der P-Teil des Reglers eingestellt werden, damit der Dämpfungsgrad D D 1;25 wird? Zur Ermittlung des Dämpfungsgrades D müssen die Einstellwerte des Reglers bekannt sein. Beim Einheitsregler gilt für den Proportionalbeiwert des Reglers: KPR D

YH 100 % D XP XP

XP D Proportionalbereich des Reglers in %

7.3 Spezielle Regelkreise

195

Integrierbeiwert des Reglers KIR D

YH 100 % D X P  Ti X P  Ti

Ti D Nachstellzeit des Reglers in s

XP und Ti sind häufig verwendete Einstellwerte am analogen Einheitsregler. Die Beiwerte der Gleichung des Dämpfungsgrades werden durch die Einstellwerte ersetzt. s 1 DD 2R

Ti  X P 1 C V0 D T  KPS  100 % 2

s Ti 1  T V0

Aufgelöst nach V0 ergibt sich die quadratische Gleichung  2 T C 2  4D   V0 C 1 D 0 Ti s  2  T T 2 2 1 ˙ 1 1 V0 D 2D  2D  Ti Ti V02

Für T D Ti und D D 1;25 errechnet sich: ) ( C0;25 V0 D 2;125 ˙ 1;875 C4;00 Für den Einstellwert XP erhalten wir also zwei Lösungen (KPS D 4): ) ( KPSE 1600 %  100 % D XP D V0 100 % Sehen wir davon ab, dass der Wert 1600 % bei den meisten Reglern nicht einstellbar ist, sind beide Lösungen zulässig. Für beide Einstellwerte erhalten wir D D 1;25. Zwischen diesen beiden Werten muss der Dämpfungsgrad ein Minimum haben, und zwar genau dort, wo der Ausdruck unter der Wurzel 0 wird.  T 2 2 1D0 2Dmin  Ti

r !

Dmin D

Ti T

Der minimale Dämpfungsgrad wird nur durch das Verhältnis Ti /T bestimmt; je kleiner die Nachstellzeit Ti eingestellt wird, desto stärker wird das Schwingungsverhalten des Regelkreises. Setzen wir beispielsweise Ti D T , wird Dmin D 1 bei V0 D 1 bzw. XP D 400 %.

196

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

d) Skizzieren Sie das Zeitverhalten der Regelgröße nach einem Störsprung z und einem Führungssprung w von jeweils 10 %. Für die Reglereinstellung XP D 100 % und für den Proportionalbeiwert der Strecke KPSE D 4 errechnet sich die Kreisverstärkung zu: V0 D KPSE 

100 % D4 XP

und der Regelfaktor zu RD

1 D 0;2: 1 C V0

Die nachfolgenden Werte des Störverhaltens werden in Abb. 7.16 eingetragen. Bei einer Störgröße z D 10 % ist der Beharrungswert xBz D 0 und die Anstiegsgeschwindigkeit am Anfang x.0/ P zD

KPS 4 % z D  10 % D 0;067 : T 600 s s

Dies entspricht der Anstiegsgeschwindigkeit der Strecke ohne Regler und des Regelkreises mit P-Regler. Der Regelkreis mit PI-Regler verhält sich also am Anfang ähnlich wie diese beiden Systeme. Deshalb ist in Abb. 7.14 auch das Zeitverhalten mit P-Regler eingetragen. xBz .P-Regler/ D R  KPS  z D 8 % Wegen D D 1;25 ist die Strecke nicht schwingend. Die maximale Regelabweichung bleibt kleiner als 8 % ¶ 32 cm Wasserstand.

Abb. 7.14 Zeitverhalten der Regelgröße nach einem Störsprung z D 10 % im Regelkreis mit P-T1 Strecke und PI-Regler; KPS D 4; T D 600 s D Ti ; XP D 100 %

7.3 Spezielle Regelkreise

197

Abb. 7.15 Zeitverhalten der Regelgröße nach einem Führungssprung w D 10 % im Regelkreis mit P-T1 -Strecke und PI-Regler: KPS D 4; T D 600 s D Ti ; XP D 100 %

Die Kreis-Zeitkonstante Tx (Kreis mit P-Regler) wird berechnet nach Tx D R  T D 0;2  600 s D 120 s Der Wert kann in Abb. 7.14 am Beharrungswert abgelesen werden. Der Kreis mit PRegler hat nach ca. 4  Tx D 480 s, der Kreis mit PI-Regler nach 5  Tx D 600 s den jeweiligen Beharrungswert erreicht. Das Führungsverhalten ist in Abb. 7.15 dargestellt. Der Beharrungswert beträgt xBw D w D 10 % ¶ 40 cm Wasserstand und das Anfangsverhalten x.0/ P D

4 % V0 w D  10 % D 0;067 : T 600 s s

Nach ca. 4  150 s D 600 s wird der Beharrungswert erreicht. e) Stellen Sie die Regelkreisgleichung für die Stellgröße auf (Annahme: T D Ti ). Skizzieren Sie das Zeitverhalten der Stellgröße für die Kennwerte aus c). In die Reglergleichung yP D KPR  wP  KPR  xP C KIR  w  KIR  x wird die umgeformte Streckengleichung eingesetzt. x D KPS  z C KPS  y  T  xP yP D KPR  wP  KPR  xP C KIR  w  KIR  KPS  z  KPS  y C T  xP

198

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Die beiden Terme, die noch die Geschwindigkeit der Regelgröße enthalten, können nur für T = Ti eliminiert werden: KPR  xP D KIR  TS  xP 100 % 100 % Š  xP D  T  xP ! Ti D T XP X P  Ti Mit Hilfe der Laplace-Transformation wird später noch ein Verfahren vorgestellt, bei dem diese Einschränkung nicht mehr notwendig ist. Sortiert yP C KIR  KPS  y D KIR  w C KPR  wP  KIR  KPS  z und in die MSR-Form gebracht 1 1 KPR  yP C y D wC  wP  z KIR  KPS KPS KPS  KIR „ ƒ‚ … Ty

ergibt sich eine Differenzialgleichung 1. Ordnung. Das Störverhalten ist in Abb. 7.16 dargestellt, das Führungsverhalten in Abb. 7.17. Mit den Kennwerten aus d) ergibt sich: Beharrungswert: yBz D z D 10 %

und yBw D

1 10 % w D D 2;5 % KPS 4

Abb. 7.16 Zeitverhalten der Stellgröße nach einem Störsprung z D 10 % im Regelkreis mit P-T1 Strecke und PI-Regler: KPS D 4; T D 600 s D Ti , XP D 100 %

7.3 Spezielle Regelkreise

199

Abb. 7.17 Zeitverhalten der Stellgröße nach einem Führungssprung w D 10 % im Regelkreis mit P-T1 -Strecke und PI-Regler: KPS D 4, T D 600 s D Ti , XP D 100 %

Anfangsverhalten: Ty D

1 X P  Tn 100 %  600 s D D D 150 s KPS  KIR 100 %  KPSE 100 %  4

Störsprung Ty  y.0/ P z C 0 D z ! y.0/ P zD

1 10 % % z D D 0;067 Ty 150 s s

Das Anfangsverhalten der Stellgröße (Abb. 7.17) nach einem Sollwertsprung muss ebenfalls ein Sprung sein, da die höchste Ableitung links von gleichem Grad ist wie die höchste Ableitung rechts. Durch Integration der Gleichung für die Stellgröße ergibt sich: Z Z 1  w dt C Ty  KPR  w Ty  y C y dt D KPSE Für t ! 0 gilt y.0/ D KPR  w D 1  10 % D 10 % Nachfolgend fällt die Stellgröße wie eine Entladefunktion auf den Wert yBw ab. Ty  y.0/ P C y.0/ D

1  w D yBw KPS

y.0/ P D

yBw  y.0/ D Ty

.s. o./ 1 KPS

 KPR Ty

w D

2;5 %  10 % % D 0;05 150 s s

Die Stellgröße im Regelkreis zeigt D-T1 -Verhalten. Nach ca. 4  Ty D 600 s erreicht die Stellgröße Beharrungszustand.

200

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

7.3.3 Regelkreise mit schwingendem Verhalten Ab einer Systemgleichung 2. Ordnung kann sich der einmaschige Regelkreis gedämpft schwingend (0 < D < 1 und D 1) verhalten. Die Analyse des Regelkreises gibt Auskunft, welches Schwingungsverhalten dann im geschlossenen Kreis vorliegt. Beispiel 7.4 (Wasserstandsregelung mit strukturinstabiler Regelung)

Aus einem Wasserspeicher wird das Wasser nicht durch freies Ausströmen, sondern über eine drehzahlregelbare Pumpe entnommen. Dadurch erhält der Wasserspeicher I-Verhalten (Abb. 7.18). Der Wasserbehälter hat zylindrische Form mit einem Durchmesser D D 1;6 m und einer Höhe hmax D 4 m. Der Zulauf wird durch ein motorisch angetriebenes Stellventil gestellt (KPV D 2 m3 =h=%). Die Pumpe im Ablauf hat einen Proportionalbeiwert von KPz D 2;3 m3 =h=%. Die Regelgröße wird über eine Bohrung im Behälterboden als statischer Druck erfasst und über einen Messumformer in ein Einheitssignal umgewandelt (KPM D 0;25 %=cm). Der Regelkreis wird geschlossen durch einen I-Regler (KIR D 0;02 1=s). a) Bestimmen Sie den dimensionslosen Integrierbeiwert der Regelstrecke. Der Integrierbeiwert der erweiterten Regelstrecke wird nach dem Wirkschaltplan Abb. 7.19 als Produkt der Einzelglieder berechnet (Reihenschaltung). KIS D KPV  KIB  KPM Darin ist der Integrierbeiwert des Behälters reziprok zum Behälterquerschnitt: KIB D

1 4 4 1 D D D 0;5 2 : 2 2 2 AB  D   1;6 m m

Der Beiwert wird umgerechnet auf die Dimension der Ausgangsgröße (hier cm), bezogen auf die Dimension der Eingangsgröße (hier m3 =h). KIB D 0;5

1 100 cm 1h cm 1   D 0;014 3  m2 1m 3600 s m =h s

Da die Proportionalbeiwerte bekannt sind, gilt für den Integrierbeiwert der erweiterten Strecke für die Stellgrößenänderung: KIS .y/ D 2

m3 =h cm 1 % 1  0;014 3   0;25 D 0;007 % m =h s cm s

und für die Störgrößenänderung: KIS .z/ D 2;3

m3 =h cm 1 % 1  0;014 3   0;25 D 0;008 : % m =h s cm s

7.3 Spezielle Regelkreise

201

Abb. 7.18 Gerätefließbild einer Wasserstandsregelung

Abb. 7.19 Wirkschaltplan der Wasserstandsregelung mit I-Strecke und I-Regler

b) Stellen Sie die Differenzialgleichung des Regelkreises für die Regelgröße x und für die Stellgröße y auf. Ausgehend von der jeweils gewählten Ausgangsgröße werden die Gleichungen der Einzelglieder eingesetzt (bevorzugt entgegen der Wirkungsrichtung). Gleichung für den Messumformer: x D KPM  h

!

xP D KPM  hP

Gleichung des Behälters:   dh hP D D KIB VPzu  VPab dt

!

xP D KPM  KIB VPzu  KPM  KIB  VPab

Gleichung des Ventils und der Pumpe: VPzu D KPV  yundVPab D KPz  z xP D KPM  KIB  KPV  y  KPM  KIB  KPz  z D KIS .y/  y  KIS .z/  z

202

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Gleichung des Reglers: yP D KIR  w  KIR  x Eingesetzt: xR D KIS .y/  KIR  w  KIS .y/  KIR  x  KIS .z/  zP Sortiert: xR C KIS  .y/  KIR  x D KIS .y/  KIR  w  KIS .z/  zP MSR-Form für die Regelgröße x: 1 KIS .z/ 1  xR C x D w   zP  KIS .y/  KIR KIS .y/ KIR Wählt man als Ausgangsgröße die Stellgröße, so erhält man: 1 1 KIS .z/  yR C y D  wP C z KIS .y/  KIR KIS .y/ KIS .y/ c) Skizzieren Sie das Zeitverhalten des Regelkreises nach einem Störsprung z D 10 % bzw. nach einem Führungssprung w D 10 %. Zum Zeitpunkt t D 0 ist der Regelkreis im Arbeitspunkt in Ruhe. Dies erreicht man z. B. durch kurzfristiges Zuschalten eines P-Reglers. Tritt ein Störsprung bzw. ein Führungssprung auf, so liefert die Differenzialgleichung für t ! 1 das Ergebnis: xB D wI

yB D z:

Dies bedeutet, dass keine bleibende Regelabweichung erwartet wird (I-Regler!) und dass die Störgröße durch die Stellgröße kompensiert wird. Das Schwingungsverhalten wird durch die Kennwerte T1 und T0 beschrieben: s T0 D

s 1 D KIS .y/  KIR

1 1 D 84;5 s D 0;007 1=s  0;02 1=s !0

T1 D 0 Damit wird der Dämpfungsgrad D unabhängig von der Einstellung des Reglers DD

1 T1 D 0:  2 T0

D D 0 bedeutet Dauerschwingung mit konstanter Amplitude symmetrisch um den Beharrungswert. Schon bei kleinsten Störungen oder Führungsgrößenänderungen zeigt

7.3 Spezielle Regelkreise

203

der Regelkreis mit I-Strecke und I-Regler Dauerschwingungen, der Regelkreis ist strukturinstabil. Die Schwingungsperiode der Dauerschwingung kann berechnet werden nach:  D 2  T0 D 2  84;5 s D 531 s Dies ist die Dauer einer Schwingung für Regel- und Stellgröße, für Stör- und Führungsverhalten. Störverhalten: Die Phasenlage der Schwingung wird schon im Anfangsverhalten erkennbar. Betrachten wir zunächst das Störverhalten. Anfangsverhalten: Z KIS .z/ 1 z  T02  xP C x dt D  KIS .y/ KIR KIS .z/ 1 x.0/ P zD z  2 KIS .y/ T0  KIR 0;008 1=s 1s % D   10 % D 0;08 0;007 1=s 84;52 s2  0;02 s y.0/ P zD0 Das Zeitverhalten nach einem Störsprung z D 10 % ist in Abb. 7.20 skizziert. Die Regelgröße x zeigt den Verlauf einer Sinusschwingung. Zum Zeitpunkt t D 0 fällt der Wasserstand (D Regelgröße) mit einer Geschwindigkeit x.0/ P D 0;08 % (¶ 3;2 mm=s). Diese Phasenverschiebung von 180° (Vorzeichenumkehr) wird verursacht durch die sprunghafte Vergrößerung des abfließenden Volumenstroms VPab .

Abb. 7.20 Störverhalten des Regelkreises mit I-Strecke und I-Regler: KIR D 0;2 s1 ; z D 10 %

204

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Die Anfangsgeschwindigkeit bestimmt auch die Amplitude der Schwingung. Mit dem Lösungsansatz: x D A  sin .!0  t/ C B  cos .!0  t/ xP D !0  A  cos .!0  t/  !0  B  sin .!0  t/ kann über die Anfangsbedingungen die Amplitude der Schwingung berechnet werden: t D0

!

x D x0 D 0 D A  0 C B  1

)

BD0

t D0

!

xP D x.0/ P D 0;08 %=s D !0  A  1  !0  B  0

)

AD

% x.0/ P D 0;08  84;5 s D 6;76 % !0 s

Die Sinusschwingung wird beschrieben durch   1 1 oder x D 6;76 %  sin 0;012  t C  : x D 6;76 %  sin 0;012  t s s Der Störsprung z D 10 % vergrößert den Abfluss um VPab D 2;3 m3 =h=%  10 % D 23 m3 =h: Dadurch schwankt der Wasserstand unabhängig von der Lage des Arbeitspunktes um xmax D ˙6;76 % hmax D ˙6;76 % 

400 cm D ˙27 cm 100 %

Die Stellgröße y schwingt als Kosinusfunktion um den Beharrungswert z. Der Startwert dieser Schwingung ist y.0/ D z; y.0/ P D 0. Daraus ergibt sich   1 1 oder y D 10 %  cos 0;012  t C  : y D 10 %  cos 0;012  t s s Der Ventilhub schwankt ausgehend vom Arbeitspunkt zwischen 0 und 20 %, entsprechend VPzu D 0 bis 40 m3 =h: Führungsverhalten: Für das Anfangsverhalten nach einem Sollwertsprung gilt: x.0/ P wD0 Z 1 w T02  yP C ydt D KIS .y/ 1 1 % y.0/ P wD w D  10 % D 0;2 s KIS .y/  T02 0;007 1s  84;52 s2

7.3 Spezielle Regelkreise

205

Abb. 7.21 Führungsverhalten des Regelkreises mit I-Strecke und I-Regler: KIR D 0;02 s1 ; w D 10 %

Das Zeitverhalten nach einem Sollwertsprung w D 10 % ist in Abb. 7.21 dargestellt. Die Regelgröße schwingt symmetrisch um den neuen Sollwert. Die Amplitude der Schwingung ist xmax D w D 10 %, die Phasenverschiebung ' D =2. Die Stellgröße schwingt symmetrisch um die Ausgangsgröße Y0 im Arbeitspunkt. Die Amplitude ist P  T0 D 0;2 ymax D y.0/

%  84;5 s D 16;9 %; s

die Phasenverschiebung beträgt: ' D 0. Aufgabe 7.1 (Wasserstandsregelung eines I-Behälters mit P-Regler)

Ein kleiner Vorratsbehälter in einer Laboranlage hat P-T1 -Verhalten. Er wird über ein Ventil mit einem motorischen Stellantrieb mit I-Verhalten versorgt. Daraus ergibt sich für die Strecke I-T1 -Verhalten. Durch Messung an der erweiterten Regelstrecke ergaben sich folgende Kennwerte: Streckenzeitkonstante T D 31 s; Integrierbeiwert KIS D 0;02 1=s. Die Störgröße greift näherungsweise am Eingang der Regelstrecke ein (Abb. 7.22). a) Stellen Sie die Differenzialgleichung des Regelkreises nach Abb. 7.2 für die Regelund Stellgröße auf. b) Auf welchen Wert wird der Regler eingestellt, damit der Dämpfungsgrad D D 0;35 wird? c) Skizzieren Sie das Zeitverhalten von Regel- und Stellgröße für einen Störsprung z D 10 %.

206

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.22 Wirkungsplan einer I-T1 -Strecke mit P-Regler

d) Skizzieren Sie das Zeitverhalten von Regel- und Stellgröße für einen Führungssprung.

7.4 Empirische Einstellregeln Ziel aller regelungstechnischen Aufgaben ist es, den Regler oder die Regeleinrichtungen so auszuwählen und einzustellen, dass die vorgegebene Regelaufgabe mit einer zulässigen Regelabweichung und in möglichst kurzer Zeit erfüllt wird. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als Entwurf oder Synthese von Regelkreisen. Die Synthese von Regelkreisen beinhaltet  Auswahl einer geeigneten Regelschaltung (z. B. einfacher einmaschiger Regelkreis, Regler mit Störgrößenaufschaltung, Kaskadenregelung)  gerätetechnische Auslegung von Mess- und Stelleinrichtungen mit geeigneter Auswahl von Messort und Stellort  Parametrierung der Reglerbausteine, Sollwertführung, Zeitschaltprogramm. In diesem Abschnitt werden Entwurfsverfahren präsentiert, die experimentell für standardisierte Regelkreise ermittelt wurden und eine einfache Auslegung für geschlossene Regelkreise ermöglichen. Nachfolgend wird erläutert,  wie man für eine vorgegebene Regelstrecke einen geeigneten Regler auswählt,  wann sich der geschlossene einmaschige Regelkreis stabil verhält,

7.4 Empirische Einstellregeln

207

 wie man die Güte einer Regelung beurteilen kann,  nach welchen Verfahren die Parameter des Reglers eingestellt werden können. In den vorangegangenen Abschnitten wurde deutlich gemacht, dass praktische Regelstrecken immer auch Nichtlinearitäten enthalten, mindestens in Form von Begrenzungen. Wenn wir uns im Folgenden auf lineare, zeitinvariante Systeme beschränken, so leistet dieses idealisierte System gute Dienste zur Erklärung der Wirkungsweise der verschiedenen Regler und liefert zumindest näherungsweise zuverlässige Reglereinstellwerte. Es entbindet den Betreiber der Anlage jedoch nicht, zyklisch die Qualität des Regelablaufes zu beobachten und insbesondere bei extremen Teillastzuständen die Stabilität zu überprüfen. Die wichtigsten Gesichtspunkte bei der Auslegung einer Regelung sind     

Stabilität, d. h. Erreichen eines Ausgleichsvorgangs innerhalb einer zulässigen Zeit, Genauigkeit im Gleichgewichtszustand oder Beharrungszustandes, Güte beim Einschwingen (Anregelzeit und Ausregelzeit), Einhalten von Grenzen während des Regelungsvorgangs (begrenztes Überschwingen), Empfindlichkeit gegenüber Parameteränderungen.

Ein nichtlineares System ist im Bereich definierter Abweichungen vom Arbeitspunkt stabil, wenn das zugehörige linearisierte System unter Berücksichtigung einer ausreichenden Stabilitätsreserve stabil ist. In diesem Abschnitt werden ausschließlich Regelkreise betrachtet, die zu einem Beharrungszustand führen.

7.4.1

Stabilität

Jeder Regelkreis (ab 3. Ordnung) kann aufgrund der Rückführungsstruktur instabil werden, d. h. es können Schwingungen auftreten, deren Amplituden anwachsen. Wird ein solcher falsch eingestellter Regelkreis z. B. durch eine Störung angestoßen, so kann ein Aufschaukeln der Amplituden zur Zwangsabschaltung oder sogar zur Zerstörung der Anlage führen. Diesen Vorgang nennt man oszillatorische Instabilität (Abb. 7.23 für D < 0). Bei instabil eingestellten Regelkreisen ist ein gleichförmiges Anwachsen bzw. Abnehmen der Regelgröße nach einer Störung möglich, bis der Wert z. B. durch Anschläge zur Ruhe kommt (monotone Instabilität). Bei strukturstabilen Regelkreisen ist es immer möglich, durch eine geeignete Einstellung der Reglerparameter  P-Teil des Reglers XP bzw. KPR und Offsetwert Y0  I-Teil des Reglers Ti bzw. KIR und Integrierwert YI  D-Teil des Reglers TV bzw. KDR und Verzögerungszeit TD einen stabilen Verlauf zu erreichen. So wird ein stabil eingestellter Regelkreis nach einer einmaligen sprunghaften Störung für große Zeiten auf einen Beharrungswert laufen, der innerhalb des Messbereichs der Regelgröße x liegt.

208

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.23 Regelkreisstruktur zur Analyse des Führungsverhaltens

Ein Regelkreis arbeitet genau dann stabil, wenn er z. B. nach einer sprungförmigen Änderung eines Eingangssignals (Störungs- oder Führungsgröße) für t ! 1 eine Ruhelage einnimmt. Am Beispiel einer P-T3 -Strecke mit P-Regler nach Abb. 7.23 wird für verschiedene Reglereinstellungen die Abhängigkeit von der Dämpfung gezeigt (Abb. 7.24 und 7.25). Für kleine Proportionalwerte KPR (große Proportionalbereiche XP ) ergibt sich ein aperiodischer Verlauf (D 1). Bei mittleren KPR -Werten zeigt die Regelgröße im geschlossenen Regelkreis eine gedämpfte Schwingung (0 < D < 1). Bei einer bestimmten Einstellung des Reglers, hier bei KPR D 16, zeigt der Regelkreis gerade Dauerschwingung (D D 0). Diese Einstellung nennt man auch kritischen Zustand. Diese Grenze darf nicht

Abb. 7.24 Führungsverhalten des Regelkreises nach Abb. 7.23 für verschiedene Einstellungen des P-Reglers im kritischen Bereich

7.4 Empirische Einstellregeln

209

Abb. 7.25 Führungsverhalten des Regelkreises nach Abb. 7.23 für verschiedene Einstellungen des P-Reglers im aperiodischen Bereich

überschritten werden, denn bei noch größeren Proportionalwerten entstehen aufklingende Schwingungen. Die Einstellwerte eines P-Reglers, die zum Dauerschwingen führen, werden als kritischer Proportionalwert KPR Krit D 16 bezeichnet. Die Schwingungsperiode, die sich bei dieser Einstellung ergibt, heißt Krit . Hier ergibt sich für die Einstellung KPR D 16 ein Wert krit D 36 s. Unter V0 Krit versteht man die kritische Kreisverstärkung, die als Produkt der Proportionalwerte von Strecke und des kritisch eingestellten Regler berechnet wird, hier: V0 Krit D KPR Krit  KPSE D 16  0;5 D 8: Aus den Abb. 7.24 und 7.25 ist die bleibende Regeldifferenz abzulesen; das ist der Abstand des Beharrungswertes der Regelgröße vom Sollwert ebl D w  xB . Mit steigendem Proportionalwert nimmt die bleibende Regeldifferenz immer mehr ab; aber erst für KPR ! 1 wird diese Differenz zu Null. Auch die Anregelzeit an wird mit steigendem Proportionalwert immer kürzer, dafür dauert es länger, bis die Regelgröße den Beharrungswert innerhalb eines vorgegebenen Toleranzbandes erreicht hat, d. h. die Ausregelzeit aus wird größer. Viele Einstellkriterien von Regelkreisen basieren darauf, dass man sich gezielt, d. h. in Richtung kleinerer Proportionalwerte, von diesem Stabilitätsrand entfernt hält. Für diese Verfahren ist die Kenntnis der Lage des Stabilitätsrandes unbedingt erforderlich. Es wird nachfolgend eine Methode gezeigt, wie man den kritischen Zustand ermitteln kann. Stabilitätsrand Ziel ist die messtechnische Ermittlung der kritischen Kennwerte. Dazu wird die Regelstrecke mit einem (reinen) P-Regler geregelt. Ausgehend von einem kleinen

210

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.26 Dauerschwingungsversuch eines einmaschigen Regelkreises mit P-Regler

Proportionalwert KPR des Reglers wird der Wert KPR ständig vergrößert. Dadurch wird die Dämpfung D des Regelkreises geringer, was sich in zunehmender Schwingungsneigung zeigt. Bei einer bestimmten Einstellung des P-Reglers erhält man gerade Dauerschwingung (D D 0). Der Stabilitätsrand ist erreicht. In der Praxis wird gelegentlich statt des Proportionalwertes KPR der Proportionalbereich XP angegeben. Dieser ist oft dimensionsbehaftet (gleiche Einheit wie die Regelgröße) und gibt die maximal möglich bleibende Regeldifferenz an. Der Proportionalbereich wird wie folgt berechnet: XP D

YH 100 % D KPR KPR

oder XP Krit D

YH KPR Krit

mit YH als Stellbereich.

Da die Ablesung am Regler sehr ungenau ist, wird in der Praxis die Auswertung des Schriebes durchgeführt (Abb. 7.26). Mit Hilfe der Amplituden der Regelgröße xO und der Stellgröße yO lässt sich der kritische Proportionalbereich wie folgt berechnen: XP Krit D

xO  YH yO

Ebenfalls aus dem Schrieb kann die Schwingungsperiode der Dauerschwingung abgelesen werden zu Krit . Einstellregeln nach dem kritischen Zustand Eine der ältesten und einfachsten Methoden zur experimentellen Ermittlung des Stabilitätsrandes wurde von Ziegler und Nichols vorgeschlagen. Der Einsatzbereich liegt hauptsächlich in der Verfahrenstechnik für Festwertregler. Es lassen sich Einstellwerte für optimales Störverhalten definieren, die zwar keine optimales, jedoch eine stabiles Regelverhalten ergeben. In Tab. 7.9 sind diese Einstellwerte für verschiedene Reglertypen angegeben.

7.4 Empirische Einstellregeln

211

Tab. 7.9 Regler-Einstellwerte für Störverhalten zum Schwingungsversuch nach Ziegler und Nichols KPR =KPR Krit 0,5 0,455 0,588

Regler P PI PID

7.4.2

XP =XP Krit 2 2,2 1,7

Ti =Krit – 0,85 0,5

TV =Krit – – 0,125

Einstellwerte aus der Sprungantwort

Es leuchtet schnell ein, dass der Dauerschwingungsversuch an realen Anlagen selten durchführbar ist. Zum einen ist die Gefahr, dass unzulässige Grenzwerte überschritten werden, sehr groß. Zum anderen ist es kaum möglich, während des Versuches keine zusätzlichen Störungen auf die Anlage einwirken zu lassen. Deshalb wurden die Regelstrecken im Labor mit Hilfe von Simulationsmodellen nachgebildet und getestet. Da für die Nachbildung die Kenntnis der Streckenkennwerte, z. B. Tu , Tg und KPSE notwendig ist, bietet es sich an, diese Kennwerte direkt für ein Einstellkriterium zu verwenden. Einstellregeln für schnelle Regelkreise Von Chien, Hrones und Reswick wurden günstigste Einstellwerte mittels eines Analogrechners für verschiedene Übergangsfunktionen ermittelt. Diese Einstellregeln kommen vor allem bei elektrischen Regelstrecken oder mechanisch-elektrischem Antrieb zum Einsatz. Als Optimierungskriterium wählten sie Regelvorgänge aus, bei denen entweder geringes Überschwingen auftrat (D  1) oder bei denen der Dämpfungsgrad D den Wert 0,45 hat (nach Abb. 5.52  20 % Überschwingen). In allen Fällen wurde als günstigste Einstellung die gewählt, die die kürzeste Ausregelzeit aus ergab (Tab. 7.10). Es ist berücksichtigt, dass der Regler umso schwächer (kleinerer KPR -Wert) eingestellt werden muss, je größer der Schwierigkeitsgrad der Regelstrecke S D TU =Tg ist. Tab. 7.10 Reglereinstellwerte für Störverhalten und Führungsverhalten aus der Sprungantwort nach Chien, Hrones und Reswick Regler Typ Parameter

D  1, 0 % Überschwingung Störung Führung

D  0;45, 20 % Überschwingung Störung Führung 0,7

P

V0 

Tu Tg

0,3

PI

V0 

Tu Tg

0,6

PID

V0 

0,35

0,7

0,6

4  Tu

1;2  Tg

2;3  Tu

1  Tg

0,95

0,6

1,2

0,95

Ti

2;4  Tu

1  Tg

2  Tu

1;35  Tg

TV Tu

0,42

0,5

0,42

0,47

Ti Tu Tg

212

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Die empirisch ermittelten Werte sind so vorgegeben, dass bei kleineren Proportionalwerten des Reglers bzw. bei kleineren Kreisverstärkungen sich eine größere Dämpfung D ergibt. In Tab. 7.10 sind die Einstellwerte nicht nur für Störverhalten, sondern auch für Führungsverhalten angegeben. Ein Regler muss unterschiedlich eingestellt werden, je nachdem, ob eine Störung möglichst rasch ausgeglichen werden soll oder ob er einem zeitlich veränderlichen Sollwert möglichst gut folgen soll. Insbesondere greift die Führungsgröße direkt am Regler ein und zeigt als Sprungantwort einen Sprung der Stellgröße, wogegen der Störeingriff durch das Zeitverhalten der Strecke gemildert wird. Soll der Einschwingvorgang optimal verlaufen, muss bei Führungsverhalten eine kleinere Nachstellzeit Ti eingestellt werden. Einstellregeln für langsame Regelkreise Gerade für Regelstrecken im Anlagenbau führen die Einstellwerte von Chien, Hrones und Reswick zu unbefriedigenden Ergebnissen. Hier werden die Einstellregeln verwendet, die unter Leitung von Samal aufgestellt wurden (Tab. 7.11). Umwandlung von kritischen Werten Einstellwerte, die aus der Sprungantwort entnommen werden, können mit Abb. 7.27 in kritische Werte umgewandelt werden. Richtwert: Tu D 1;85 V0 Krit  Tg Dazu wird die Sprungantwort der proportionalen Regelstrecke höherer Ordnung aufgenommen und ausgewertet (Tu , Tg , KPS ). Aus dem Verhältnis Tu =Tg D 0;218 für eine Regelstrecke 3. Ordnung lässt sich an Kurve a der Wert V0 Krit D 8 ablesen. Das gleiche Diagramm lässt sich auch dann verwenden, wenn eine Regelstrecke mit Totzeit Tt und einer Zeitkonstanten T vorliegt (Kurve b).

Tab. 7.11 Empirische Einstellwerte nach Samal Kennwerte Regler P PI PID

Kriechend Schwingend Kriechend Schwingend Kriechend Schwingend

V0  Tu =Tg Störverhalten 0,11 0,22 0,16 0,37 0,68 0,70

Ti =Tg Führungs- Störverhalten verhalten 0,13 – 0,25 – 0,10 0,51 0,18 0,41 0,38 0,60 0,55 0,70

TV =Tg Führungs- Störverhalten verhalten – – – – 0,57 – 0,46 – 0,51 0,68 0.65 0,81

Führungsverhalten – – – – 0,60 0,75

7.4 Empirische Einstellregeln

213

Abb. 7.27 Kritische Kreisverstärkung und Schwingungsdauer von Regelkreisen mit P-Regler

Übung

Bei einer Regelstrecke 3. Ordnung mit Ausgleich beträgt nach Abb. 7.27 der Schwierigkeitsgrad S D Tu =Tg D 0;21. Ebenfalls lässt sich für ein Regelstreckenmodell mit drei gleichgroßen Zeitkonstanten ablesen: V0 Krit D 0 und Krit =Tg D 1

7.4.3

Regelgüte

Bei ungünstiger Wahl der Regelparameter können Regelkreise im Teillastfall instabil werden. Die tatsächlich gewählten Kennwerte müssen deshalb von den kritischen Werten genügend weit wegliegen. Je weiter man von dem Stabilitätsrand entfernt ist, umso besser ist der Regelvorgang gedämpft. Dies bedeutet aber, dass es immer länger dauern wird, bis die Regelgröße wieder in den Bereich seines Beharrungswertes kommt. Genau das ist

214

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

ebenso unerwünscht wie die Instabilität. Irgendwo in der Mitte muss es einen Kompromiss geben, der ausreichende Dämpfung garantiert und trotzdem schnelle Regelvorgänge ermöglicht. Was als „günstigste“ Einstellung bezeichnet wird, ist Ansichtssache. Mit persönlichen Anschauungen des Bearbeiters kommt man jedoch nicht weiter. Wir benötigen konkrete Kriterien, mit denen die Güte eines Regelvorgangs numerisch bewertet werden kann. Toleranzband In der Fertigungstechnik ist es üblich, enge Toleranzen für die geometrischen Maße vorzugeben. Bei den Toleranzen für die Einhaltung der Regelgenauigkeit ist man deutlich großzügiger. Eine absolut genaue Regelung kann es nicht geben. Da Störungen stochastischer Natur sind, also regelmäßig und zufällig auftreten, wird das Regelsignal immer verrauscht sein. Beharrung bedeutet, dass das Signal innerhalb eines definierten Bandes von Werten bleibt. Dazu legt man um die Signalschwankungen ein Toleranzband. Bei der Wahl des Toleranzbandes gilt:  Je kleiner die Toleranz, umso größer wird der gerätetechnische Aufwand, diesen Bereich einzuhalten. Dieses Toleranzband sollte abhängig sein von der Ursache, die zu der Abweichung geführt hat. So wählt man beim Störverhalten ein Band von ˙5 % des Störsprungs, umgerechnet auf die Stellgröße y oder beim Führungsverhalten ˙3 % einer Sollwertrampe, umgerechnet auf die Dimension der Regelgröße x (Abb. 7.28). Nur so ist ein Vergleich der Gütewerte des Regelvorgangs möglich. Zusätzlich wird gefordert, dass die Antwort auf eine Testfunktion, im Allgemeinen die Sprungantwort, aufgenommen wird. Da in den seltensten Fällen die Störgröße mitgeschrieben wird, sollte zur Ermittlung des Anfangszeitpunktes der Störung auch um den Startwert X0 für t  0 ein Toleranzband gelegt werden (Abb. 7.28b).

Abb. 7.28 Definition des Toleranzbandes für Führungs- und Störverhalten

7.4 Empirische Einstellregeln

215

Abb. 7.29 Störsprungantwort eines Regelkreises mit PI-Regler; Ermittlung der Regelgüte

Gütemaß im Zeitbereich Aus der Störsprungantwort eines einfachen Regelkreises lassen sich typische Kennwerte ablesen, die eine zahlenmäßige Bewertung der Regelgüte zulassen (Abb. 7.29).  Die Überschwingweite XÜ gibt den Betrag der größten Regelabweichung an, der nach dem Störsprung auftritt. Dieser Wert ist aus Sicherheitsgründen oft begrenzt. Ist z. B. kein Überschwingen zulässig, muss der Regler auf den Dämpfungsgrad D D 1 eingestellt werden.  Als Ausregelzeit Taus , ist die Zeitspanne definiert, die beginnt, wenn der Wert der Regelabweichung nach dem Störsprung das vorgegebene Toleranzband verlässt, und die endet, wenn er in das Toleranzband des Beharrungswertes zum dauernden Verbleib wieder eintritt. Insbesondere Regelvorgänge mit kurzfristigen Störungen werden oft so ausgelegt, dass eine kurze Ausregelzeit vorhanden ist. Dazu muss man jedoch eine schwach gedämpfte Schwingung in Kauf nehmen (Abb. 7.29). Insbesondere bei Führungsverhalten soll die Regelgröße mit nur geringer Überschwingweite folgen (Abb. 7.30, Einstellung 2). Dabei wird oft eine längere Ausregelzeit in Kauf genommen. Bei einem Regelkreis mit P-Regler tritt die bleibende Regeldifferenz xbl auf. Damit diese so klein wie möglich wird, muss der Proportionalwert des Reglers KPR so groß wie möglich eingestellt werden, aber mit gerade noch ausreichender Dämpfung (Abb. 7.31). Oft wird zur Beschreibung der Regelgüte die Anregelzeit Tan verwendet. Darunter versteht man die Zeitspanne, die beginnt, wenn der Wert der Regelgröße nach einem Sprung das Toleranzband verlässt, und die endet, wenn er erstmalig in den Bereich des Toleranzbandes um den Beharrungswert wieder eintritt. Da eine kurze Anregelzeit auch eine große Überschwingweite xÜ bedingt, reicht normalerweise die Angabe eines der beiden Werte.

216

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.30 Führungssprungantwort eines Regelkreises mit PI-Regler; Ermittlung der Regelgüte

Abb. 7.31 Störsprungantwort eines Regelkreises mit P-Regler; Ermittlung der Regelgüte

Integralkriterien Die im vorherigen Abschnitt eingeführten Kennwerte für das Gütemaß sind zwar für die Beurteilung des Ergebnisses geeignet, sind jedoch für die Auslegung im Zeitbereich zu wenig konkret. Selbst die gewichtete Funktion für die Regelgüte RG D K1  Tan C K2  Taus C K3  xü D MINŠ bereitet wegen der subjektiven Wahl der Gewichtungsfaktoren Ki Schwierigkeiten. Deshalb wurden als Gütemaß die Integralkriterien eingeführt. Bei einer digitalen Regelung ist es heute kein Problem mehr, die Regelfläche ZTaus jej dt 0

7.4 Empirische Einstellregeln

Abb. 7.32 Regelfläche

R Taus 0

217

jej dt als Gütemaß im Zeitbereich (Betragsoptimum)

zu berechnen (Abb. 7.32) und zwar vom Zeitpunkt t D 0 bis zur Ausregelzeit Taus . Dazu verwendet man einen Absolut-Block und einen Integralblock aus dem Funktionsvorrat des digitalen Reglers. Als Testfunktion ist auch nicht mehr die Sprungfunktion notwendig. Optimales Regelverhalten liegt dann vor, wenn die lineare Regelfläche, z. B. bezogen auf die Störfläche, minimal wird. Multipliziert man die lineare Regelfläche mit dem Integrierbeiwert KI , so erhält man die bleibende Stellgrößenänderung yI durch den I-Teil des Reglers. Allgemein gilt für das Integral: ZTaus Š f Œe.t/ dt D MIN; I D 0

wobei f Œe.t/ eine beliebige Funktion sein kann. Aufgrund der verschiedenartigen Anforderungen, die an das Regelverhalten von Regelkreisen gestellt werden können, ist es nicht möglich, ein universell geeignetes Gütemaß festzulegen. Möchte man z. B. möglichst kurze Ausregelzeiten aus haben, wählt man als Funktion die zeitbeschwerte betragslineare Regelfläche f Œe.t/ D je.t/j  t  dt: In sehr vielen Fällen hat sich das Minimum der quadratischen Regelfläche als Gütekriterium bewährt (Abb. 7.33) ZTaus e 2 dt: I D 0

Der Vorteil ist, dass die jeweilige Fläche leicht berechnet werden kann. Da das Integral nicht bis t ! 1, sondern nur bis zur Ausregelzeit Taus berechnet wird, ist es möglich, auch Regelvorgänge mit bleibender Regelabweichung zu optimieren.

218

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.33 Integral der quadratischen Regelfläche als Gütemaß im Zeitbereich

Hofmeister hat diese mathematischen Kriterien in verbale Beschreibungen umgewandelt:  Anforderungskriterium Nr. 1: Kleinste Überschwingung nach einmaliger sprunghafter Störung bei noch ausreichender Dämpfung des Ausregelvorganges (zeitbeschwerte betragslineare Regelstrecke)  Anforderungskriterium Nr. 2: Möglichst kleine Überschwingungen sowohl nach unregelmäßigen sprunghaften als auch nach langsamen periodischen Störungen (Betragsoptimum)  Anforderungskriterium Nr. 3: Stark gedämpftes Einschwingverhalten, insbesondere geringe Überschwingungen im Führungsverhalten (Quadratische Regelfläche).

7.4.4

Regleroptimierung

Nach den empirischen Einstellregeln ergibt sich ein Verhalten des Regelkreises, das zumindest stabil, meist auch nach dem gewählten Kriterium zufrieden stellend ist. Verbesserungsrichtungen für Störverhalten (siehe Abb. 7.34):  Bei aperiodischem Verhalten und wenn das erste Überschwingen nach einer Sprunghaften Störung zu groß ist, wird der Proportionalwert KPR vergrößert.  Hat man eine schleichende Annäherung an den Sollwert, die zu langsam ist, dann wird der Integrierwert KIR des Reglers vergrößert oder die Nachstellzeit Ti verkleinert.  Bei oszillierendem Regelvorgang um eine asymmetrische Schmiegefunktion wird der Proportionalwert des Reglers verkleinert und ggf. der Integrierwert geringfügig vergrößert.  Bei einer symmetrischen Schwingung, die aber zu langsam ist, wird der Integrierwert verkleinert.

7.5 Zeitverhalten von Regelkreisen mit Zweipunktreglern

219

Abb. 7.34 Verbesserung der Einstellung bei PI-Reglern; obere Reihe: D zu groß, untere Reihe: D zu klein

7.5

Zeitverhalten von Regelkreisen mit Zweipunktreglern

Das Zeitverhalten von Regelkreisen mit unstetigen Reglern wird in Anlaufverhalten, Anstiegsverhalten und Abfallverhalten aufgeteilt. Da während jeder Phase die Stellgröße Y konstant ist, zeigt sich jeweils die Stellsprungantwort der Regelstrecke.

7.5.1

P-T1 -Strecke mit Zweipunktregler und Hysterese

Da die reine P-T1 -Strecke keine Verzugszeit oder Totzeit aufweist, kehrt sich das Zeitverhalten im Schaltpunkt direkt um (Abb. 7.35). Der Zeitverlauf läuft in Analogie zur Anstiegsfunktion und zur Abfallfunktion. Beim Leistungsüberschuss unter 100 % für w > 50 % ist der Anstieg flacher als der Abfall (Abb. 7.35) und führt zu einer Einschaltzeit tein , die größer ist als die Ausschaltzeit taus . Die Regelgröße pendelt zwischen Xaus und Xein ohne Überschwingen. Der Sollwert berechnet sich nach W D

Xaus C Xein : 2

220

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.35 Zeitverhalten der P-T1 -Strecke mit Zweipunktregler und Hysterese (LÜ < 100 %)

Die Schaltdifferenz beträgt XD D Xaus  Xein : Für die Zeitkonstante gilt T D

ln

t1 XB X0 XB X1

:

Der Proportionalwert berechnet sich nach KPS D

XB  X0 XB D : Z Z

Einschaltzeiten und Ausschaltzeiten lassen sich nach der Formel für P-T1 -Modelle berechnen: tein D T  ln

XB  X1 XB  X1  XD

und taus D T  ln

X2  X0 : X2  X0  XD

Die mittlere Stellgröße ergibt sich zu Ym D

tein : tein C taus

Beim Leistungsüberschuss über 100 % oder w < 50 % ist der Anstieg steiler als der Abfall (Abb. 7.36). Die Einschaltzeit ist kleiner als die Ausschaltzeit. Auch hier kehrt der Verlauf der Regelgröße X direkt im Schaltpunkt um, da keine Verzugszeit oder Totzeit vorliegt.

7.5 Zeitverhalten von Regelkreisen mit Zweipunktreglern

221

Abb. 7.36 Zeitverhalten einer P-T1 -Strecke mit Zweipunktregler und Hysterese (LÜ > 100 %)

Übung (P-T1 -Strecke mit Totzeit Tt ; Zweipunktregler mit Schaltdifferenz xsd )

Beschreiben Sie anhand der Abbildung das Verhalten des Regelkreises ohne und mit Regler. Welchen Einfluss haben Schalthysterese und Totzeit? Lösung Ohne Regler würde die Regelgröße nach dem Einschalten verzögert nach einer e-Funktion mit der Zeitkonstanten T1 auf den Endwert xmax ansteigen. Wird

222

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

der Sollwert auf w eingestellt, so ist nach dem Einschalten zunächst x D 0 und e D w  x D w. Daher schaltet der Zweipunktregler ein und die Regelgröße steigt gemäß der Einschaltkurve an. Infolge der Schalthysterese schaltet der Zweipunktregler bei Erreichen von w noch nicht ab, sondern erst bei x D xob . Wegen der Totzeit reagiert die Strecke nicht sofort, sondern erst nach Verlauf von Tt . Nach dieser Zeit fällt die Regelgröße entsprechend der Ausschaltkurve (die übrigens nicht die gleiche Zeitkonstante haben muss wie die Einschaltkurve, hier wird aber davon ausgegangen) bis auf x D xu . Dann wird der Regler wieder eingeschaltet. Wiederum reagiert die Strecke erst nach Tt . Beispiel 7.5 (Ermittlung der Kennwerte eines Regelkreises mit P-T1 -Strecke und Zweipunktregler mit Hysterese)

Für einen Zweipunkt geregelten elektrischen Lufterhitzer wurde das Regelverhalten gemäß Abb. 7.37 gemessen. Die Stellgröße des Regelkreises beträgt Pel D 1 kW bei 100 %. a) Ermitteln Sie die Streckenkennwerte. Für einen konstanten Zeitabstand t D 8 s kann man ablesen: #0 D 10 ı C

#1 D 26;5 ı C

#2 D 37;5 ı C

Abb. 7.37 Messschrieb des Zeitverhaltens eines Lufterhitzers

7.5 Zeitverhalten von Regelkreisen mit Zweipunktreglern

223

Daraus ergibt sich für den Beharrungswert: #B D

#12  #2  #0 26;52  37;5  10 ı D C D 59;5 ı C: 2  #1  #2  #0 2  26;5  37;5  10

Der Proportionalwert hat folgenden Wert: KPS D

#B  #0 59;5 ı C  10 ı C K D D 49;5 : Pel 1 kW kW

Für die Zeitkonstante ergibt sich: T D

ln

t2 #B #0 #B #2

D

16 s 59;510 ln 59;537;5

D 19;7 s

b) Ermitteln Sie den Sollwert der Regelung und die Schaltdifferenz. Aus dem Schrieb lässt sich ablesen: #aus D 38 ı C

#ein D 22 ı C:

Der Sollwert W liegt in der Mitte zwischen Einschalttemperatur und Ausschalttemperatur. W D

38 ı C C 22 ı C #aus C #ein D D 30 ı C: 2 2

Die Schaltdifferenz (Hysterese) wird berechnet zu: #D D 38 ı C  22 ı C D 16 K: c) Berechnen Sie die mittlere Stellgröße Für die mittlere Stellgröße ist die Kenntnis der Einschaltzeit und der Ausschaltzeit notwendig. taus D T  ln

#aus  #0 28 D 19;7 s  ln D 16;7 s #aus  #0  #D 12

Abgelesen wird: taus  17 s. tein D T  ln

#B  #ein 37;5 D 19;7 s  ln D 11;0 s #B  #ein  #D 21;5

Abgelesen wird: tein  11 s. Daraus ergibt sich die mittlere Stellgröße Ym D

tein 11 s  100 % D  100 %  40 %: tein C taus 27;7 s

224

7.5.2

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Zeitverhalten eines Zweipunktreglers ohne Hysterese an einer P-Ti -Strecke

Durch Totzeit oder Verzugszeit einer Regelstrecke kommt es zu Überschwingen über den Schaltpunkt hinaus. Daraus ergibt sich die Schwankungsbreite XS D Xoben  Xunten , ein wichtiges Maß für die Qualität eines unstetigen Regelkreises. Bei Regelstrecken mit Verzugszeit oder Totzeit kann die Schaltdifferenz des Reglers gegen Null gehen. Dadurch wird der Schwankungsbreitenanteil durch die Hysterese vernachlässigbar klein und nur noch durch das Über- und Unterschwingen verursacht (Abb. 7.38 und 7.39). Durch Über- und Unterschwingen tritt das Phänomen der bleibenden Regeldifferenz ebl eines Zweipunktreglers auf. Die Sollwertlinie ist nicht mehr Mittelachse der Regelschwingung. Die bleibende Regeldifferenz hängt von der Lage des Sollwertes im Regelbereich bzw. vom Leistungsüberschuss LÜ ab. Nur bei LÜ D 100 % gibt es keine Regeldifferenz.  XB LÜ D  1  100 % W Die Schwankungsbreite XS wird verursacht von dem Verhältnis von Verzugszeit Tu und Ausgleichszeit Tg : XS D

Tu  XB : Tg

Abb. 7.38 Zweipunktregler ohne Hysterese mit Strecke höherer Ordnung (LÜ < 100 %)

7.5 Zeitverhalten von Regelkreisen mit Zweipunktreglern

225

Abb. 7.39 Zweipunktregler ohne Hysterese mit Strecke höherer Ordnung (LÜ > 100 %)

Für die bleibende Regeldifferenz gilt: ebl D

 Tu XB  W  Tg 2

Die Frage, ob an einer Strecke höherer Ordnung ein Zweipunktregler mit zusätzlicher Hysterese notwendig ist, kann nur durch die Schaltfrequenz f beantwortet werden. Die Schaltfrequenz berechnet sich zu:

! W 2 W 1   f D Tu XB XB Die kleinste Schaltfrequenz fmin liegt bei LÜ D 100 %.

7.5.3

Verbesserung des Regelverhaltens

Der unstetige Regler hat auf Grund seiner preisgünstigen Herstellung einen festen Einsatzbereich in der Massenproduktion.  Das Regelergebnis ist im Verhältnis zum Aufwand zu sehen. Ein einfacher Zweipunktregler kann für die Aufgabenstellung zufriedenstellende Ergebnisse schaffen. Minimale

226

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Toleranzen sind nur mit hohem Aufwand zu erreichen. Oft reicht eine Regelgenauigkeit in einem Toleranzbereich X ˙ x.  Beim Zweipunktregler wird oft die große Schwankungsbreite bemängelt. Durch eine Rückführung kann diese Breite angepasst reduziert werden.  Eine bleibende Regelabweichung ist zu erwarten, wenn der Leistungsüberschuss nicht 100 % beträgt. Durch Anpassung der Stellgröße auf einen anderen Wert als 100 % kann der Sollwert W immer in die Mitte des Regelbereiches gelegt werden. Damit wird auch die bleibende Regeldifferenz vermieden.

7.6 Digitale Algorithmen In vielen Regelgeräten hat heute der Mikroprozessor Einzug gehalten, oftmals ohne dass man dies überhaupt weiß. Die Reglerfirmen bieten Geräte an, die äußerlich wie konventionelle Regler aufgebaut sind und teilweise die Eingabe von Sollwerten etc. wie bisher üblich über Drehköpfe ermöglichen. Intern werden die Signale jedoch digital verarbeitet. Die digitale Regelung erfasst Mess- und Regelgrößen nur diskontinuierlich. Im Gegensatz zur analogen Regelung wird ein momentaner Wert gemessen, anschließend im Rechner verarbeitet und dann zu einem Stellglied ausgegeben. Erst nach der Ausgabe kann ein neuer Wert gemessen werden. Diesen Vorgang nennt man Abtastung. Da aber der Vorgang schnell abläuft, ist das Zeitverhalten eines digital geregelten Kreises von dem eines analogen Regelkreises kaum zu unterscheiden. Ein dezentraler digitaler Regler, genannt DDC-Regler, hat die Aufgabe, die Reglerfunktionen zu erfüllen, die dort in Form eines Programms mit digitalem Algorithmus vorliegen. Zusätzlich werden Steuerfunktionen übernommen oder Optimierungskriterien ausgewertet. Vorteile des digitalen Reglers:  Hochintegrierte elektronische Bausteine sind auf kleinstem Raum unterzubringen.  Die Bauteile sind wegen standardisierter Massenproduktion kostengünstig herzustellen.  Die Reglerparameter sind langzeitstabil, d. h. sie können nicht driften.  Der Algorithmus ist durch Block-Parametrierung für viele Regelkreise verwendbar.  Mess- und Stellgrößen lassen sich über beliebig große Entfernungen transportieren.  Damit kann die Regelung in ein übergeordnetes Automationssystem eingebunden werden.  Führungsgrößen und Parameter lassen sich im laufenden Betrieb lokal, per Hand, aus der Ferne oder automatisch ändern.

7.6 Digitale Algorithmen

7.6.1

227

Kopplung der Regelstrecke mit dem digitalen Regler

Ein digitaler Regelkreis kann selbsttätig Messwerte und Sollwerte einlesen, Stellgrößen ausgeben und dabei in Echtzeit, also in der Geschwindigkeit des Prozesses, in der zu regelnden Anlage alle notwendigen Berechnungen durchführen. Neben dem Mikroprozessor sind weitere Bauteile erforderlich, die die Verbindung zur Regelstrecke aufbauen und die dort aufgenommenen Größen in die „Sprache"des Rechners übersetzen (Abb. 7.40). Der Messstellenumschalter, auch Multiplexer (MUX) genannt, wird vom Adressbus des Mikrocomputers gezielt angesteuert. Durch eine besondere Steuerlogik ist gewährleistet, dass immer nur ein Kanal eingeschaltet ist und alle anderen Kanäle ausgeschaltet sind. So vermeidet man „Datensalat“. Da der Multiplexer den Messwert nur kurze Zeit abtastet, der nachgeschaltete Umsetzer etwas länger benötigt, wird zwischen diesen beiden Elementen meist eine Zwischenspeicherung des Analogwertes eingebaut. Den Vorgang der Abtastung und Zwischenspeicherung nennt man „Sample & Hold“. Damit ändert sich der Wert während des Umsetzungsvorganges nicht, man hat einen definierten Abtastzeitpunkt. Der Rechnerbus teilt sich aus regelungstechnischer Sicht in drei Teile auf:  Der Adressbus steuert gezielt das Abtastglied an.  Der Steuerbus legt den Abtastzeitpunkt fest.  Der Datenbus überträgt den aktuellen Wert zum Speicher des Prozessabbildes. Ein Analog-Digital-Umsetzer (ADU) wandelt die analogen Signale der Regelstrecke in die binären Signale des Mikroprozessors um und speichert sie dort als Prozessabbild ab. Diese Informationen werden mit einem programmierten und parametrierbaren Algorithmus weiter verarbeitet.

Abb. 7.40 Mikroprozessor als digitaler Regler mit Ein- und Ausgangsmodulen

228

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.41 Vergleich des kontinuierlichen Signalverlaufs mit einem rekonstruierten Verlauf, der fehlerhaft abgetastet wurde (Aliasing)

Beim Digital-Analog-Umsetzer (DAU) wird das Prozessabbild der Stellgröße vom Binärwert in den Analogwert umgeformt und als reale Stellgröße z. B. als eingeprägte Gleichspannung zur Anlage ausgegeben. Bei Eingabe-/Ausgabe-Modulen werden Multiplexer, Analog-Digital-Umsetzer bzw. Digital-Analog-Umsetzer sowie einige weitere elektrische Bauteile zur Messwertaufbereitung auf einer Platine vereinigt. Diese Platine wird auf den BUS des Rechners oder an die Buserweiterung als E-/A-Modul gesteckt. Abtastung Digitale Automationssysteme sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Messwerte nur zu diskreten Zeitpunkten abtasten (Abb. 7.41). Der Abtaster ist ein schneller elektronischer Schalter, der zum Zeitpunkt k aus dem kontinuierlichen analogen Signal v(t) den aktuellen Wert einliest. Aus dem stetigen Verlauf wird eine Treppenfunktion. Der Wert k ist eine Laufvariable mit k D 0; 1; 2; : : : Die Zeit zwischen zwei Abtastpunkten mit dem Abstand k D 1 wird Abtastzeit TA genannt. Der abgetastete Wert v.k/ bleibt bis zum nächsten Abtastvorgang des gleichen Messpunktes konstant. Bei genügend kleiner Abtastzeit TA kann ein eindeutiger Signalverlauf durch eine Folge von Impulsen hinreichend genau angenähert werden. Das diskontinuierliche Signal v.k/ entspricht nur zu den Tastzeiten k dem jeweiligen Momentanwert des Signals v.t/. Die Genauigkeit der Annäherung wird umso besser, je kleiner die Abtastzeit gewählt wird. Damit nimmt aber der Rechenaufwand entsprechend zu. Andererseits darf der Messwertverlauf nicht durch ein zu langsames Abtasten verfälscht werden. Die obere Grenze, d. h. die größte zulässige Abtastzeit wird durch das Shannon’sche Abtasttheorem festgelegt. Danach wird ein Signal nicht verfälscht, wenn pro Schwingungsperiode mindestens zweimal abgetastet wird. TA
0;3,  bei schwach gedämpften Regelstrecken,  wenn Regelstrecken durch ein physikalisches Allpassverhalten kurzfristig ein vom Wirkungssinn her umgekehrtes Verhalten zeigen,  für Regelstrecken mit nichtlinearem oder zeitvariantem Verhalten,

7.7 Regelschaltungen

239

Abb. 7.50 Beispiel einer Mehrgrößen- und Mehrkomponentenregelung

 wenn außergewöhnlich große Störungen auf die Regelstrecken einwirken,  bei besonders hohen Anforderungen an die Regelgüte in Form der Anregelzeit, des Überschwingens oder der Ausregelzeit. Eine Verbesserung lässt sich erzielen, wenn die Signalwege zwischen Stelleingriff und Störung verkürzt werden, oder wenn Störungen bereits vor Eintritt in eine Regelstrecke weitgehend durch besondere Maßnahmen beseitigt werden. Hierzu müssen allerdings die Störungen messbar und über ein Stellglied beeinflussbar sein. Nachfolgend wird eine Auswahl der verschiedensten Möglichkeiten zur Verbesserung des regelungstechnischen Verhaltens aufgezeigt. Diese Maßnahmen haben eine strukturelle Erweiterung des Grundregelkreises zur Folge und führen damit zu einem vermaschten Regelsystem oder zu mehrschleifigen Regelkreisen. Bei mehrschleifigen Regelkreisen gibt es grundsätzlich zwei Erweiterungsmöglichkeiten, die miteinander kombinierbar sind:  es werden mehrere Messgrößen erfasst und durch eine geeignete Regelschaltung verknüpft (Mehrkomponentenregelung, s. Abb. 7.50),  von einer Regelschaltung aus gibt es mehrere Stellausgänge (Mehrgrößenregelung, s. Abb. 7.50). Damit kann der Regelablauf wesentlich verbessert werden, da zusätzliche Informationen aus der Regelstrecke ermittelt werden und an mehreren Stellorten die Regelstrecke beeinflussen können. Je nach Art der Beeinflussung spricht man von Störgrößenaufschaltung, Führungsgrößenaufschaltung, Verhältnisregelung, Kaskadenregelung oder Bereichsaufschaltung. Eine Besonderheit der mehrschleifigen Regelkreise ist die so genannte Adaption. Hierbei werden durch einen mathematischen Algorithmus Kennwerte von Strecken oder Reglern während des laufenden Betriebes verändert. Dies ist insbesondere bei nichtlinearen Regelkreisen vor Vorteil.

240

7.7.1

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Beispiele für einschleifige Regelkreise

Es werden einige Anwendungsbeispiele für den einschleifigen Regelkreises vorgestellt. In Abb. 7.51 ist die einschleifige Struktur dargestellt. Ein einschleifiger Regelkreis besitzt grundsätzlich nur eine Regelgröße und eine Stellgröße. Temperaturregelung eines dampfbeheizten Behälters In einem Behälter soll die Temperatur eines durchfließenden Mediums konstant gehalten werden. Die Beheizung geschieht mittels Wasserdampf, der in einer Rohrschlange kondensiert (s. Abb. 7.52). Regelgröße x ist die Flüssigkeitstemperatur #, die im Behälter gemessen wird. Stellgröße y ist der Hub H des Stellventils in der Dampfleitung. Die Regelgröße x wird mit einem konstant eingestellten Sollwert w für die Flüssigkeitstemperatur verglichen und durch den Regler in die Stellgröße y gemäß dessen Struktur und Parametrierung umgeformt und auf das Stellventil gelegt. Weitere mögliche Messgrößen, die später bei den Regelschaltungen z. B. als Störgrößen Verwendung finden, sind:      

Stand h des Mediums im Behälter in cm Dampfdruck pD vor den Dampfventil in bar Dampfmenge m P D durch die Rohrschlangen in m3 =h P w;ab in kg=h Zugeführte und abgeführte Frischwassermengen m P w;zu bzw. m Zulauftemperatur #zu in °C Temperatur der Rohrschlange #R in °C

Weitere mögliche Stellgrößen sind:  Frischwasserventil  Abflussventil

Abb. 7.51 Wirkungsplan des einschleifigen Regelkreises

7.7 Regelschaltungen

241

Abb. 7.52 Gerätefließbild eines dampfbeheizten Behälters mit einschleifiger Temperaturregelung und einschleifiger Standregelung des zu beheizenden Mediums

 Vordruck-Dampfventil  Kondensat-Rückstauventil Die Standregelung des Mediums kann z. B. durch den Stand h des Mediums als Regelgröße und die Stellgröße des Frischwasserventils realisiert werden. Daraus ergeben sich zwei einschleifige und voneinander unabhängige Regelkreise. Temperaturregelung eines Lufterhitzers Als Regelgröße x wird die Lufttemperatur hinter einem Lufterhitzer (Abb. 7.53) gemessen. Die Regelgröße wird mit einem konstanten Sollwert verglichen und beeinflusst das Dreiwegeventil als Stellgröße (y D 0–90°) so, dass bei sinkender Temperatur mehr Heizwasser aus dem Heizkreis entnommen wird. Die hydraulische Schaltung, bei der der Heizwasserstrom durch den Erhitzer konstant ist, nennt man Beimischschaltung. Weitere Messgrößen bzw. potenzielle Störgrößen sind:    

Außentemperatur #A vor dem Lufterhitzer, Luftstrom m P L durch den Lufterhitzer, Vorlauftemperatur #V des Heizkreises, Heizwasserstrom m P W durch den Erhitzer.

Als weitere Stellgröße kann die Drehzahl n der Heizwasserpumpe verwendet werden, mit der der Heizwasserstrom verändert wird.

242

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.53 Temperaturregelung eines Lufterhitzers, Gerätefließbild

Raumtemperaturregelung Bei Klimasystemen (s. Abb. 7.54) dient die bewegte Luft gleichzeitig der Frischluftzufuhr als auch dem Energie- und Feuchtetransport. Die Luft ist also gleichzeitig Austauschmedium und Energieträger. Eine Klimazentrale besteht z. B. aus folgenden Bauteilen und Betriebsmitteln:  Sensoren für die Außentemperatur #AU und die relative Luftfeuchtigkeit 'AU der Außenluft  Mischkasten zur Beimischung von Abluft zur Frischluft mit den Ziel der Energie- und Feuchterückgewinnung

Abb. 7.54 Gerätefließbild einer Klimazentrale mit einfacher Raumtemperaturregelung

7.7 Regelschaltungen

243

 Sensoren für die Temperatur #AB und relative Feuchte 'AB der Abluft mit dem Ziel der Enthalpieschaltung  Lufterhitzer in Beimischschaltung zur Erwärmung der Mischluft  Temperatursensor #F für die Frostschutzregelung  Luftkühler in Verteilschaltung für die Abkühlung und Entfeuchtung der Luft  Zuluftventilator und Abluftventilator zur Luftförderung  elektrischer Dampfbefeuchter zur Befeuchtung der Luft  Sensoren für die Zulufttemperatur #ZU und die Feuchte der Zuluft 'ZU  Sensor für die Raumtemperatur #R  Luftverteilsysteme über Luftkanäle bis zum Luftauslass in den Räumen. Die Außentemperatur als Frischluft wird über unterschiedliche Luftbehandlungsverfahren aufbereitet und als Zuluft in das Luftkanalnetz geleitet. Nach dem Einleiten und Durchströmen des zu klimatisierenden Raumes wird die Luft als Abluft abgesaugt und teilweise als Fortluft an die Umgebung zurückgegeben. Dabei ist die Außenluftmenge gleich der Fortluftmenge. Als Regelgrößen stehen zur Verfügung:    

Frostschutztemperatur #F Zulufttemperatur #ZU Zuluftfeuchte 'ZU Raumtemperatur #R bzw. Ablufttemperatur #AB .

Zur Störgrößenaufschaltung können weiterhin verwendet werden:  Vorlauftemperatur des Heizmediums #V;H  Vorlauftemperatur der Kühlmediums #V;K  Außentemperatur #AU . Stelleingriffe in das Klimasystem sind:       

Stellung der Luftklappen am Mischkasten Dreiwegeventil am Lufterhitzer Drehzahl der Heizmittelförderpumpe Dreiwegeventil am Luftkühler Drehzahl von Zuluft- und Abluftventilator Dampfmengen-Dosierventil Drosselklappe am Raumeinlass.

244

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.55 Wirkungsplan einer Grob-Fein-Regelung

7.7.2

Grob-Fein-Regelung

Die Grob-Fein-Regelung (Abb. 7.55) setzt sich aus zwei in Reihe geschalteten einschleifigen Regelkreisen zusammen. Bei der Grobregelung als Vorregelung reicht grundsätzlich ein einfacher P-Regler aus. Damit lassen sich große Störungen, die von der Versorgungsseite des Mediums her kommen, glätten. Beispiele sind:  Druckminderer bei allen technischen Gasen  Durchflussvorregelung bei Wasserwerken  Speichertemperaturregelungen in Wärmeversorgungssystemen Abb. 7.56 Grob-FeinRegelung der Temperaturregelung eines dampfbeheizten Behälters

7.7 Regelschaltungen

245

Die Besonderheit ist, dass ein mit einem groben P-Regler geregelter Puffer verwendet wird und damit Auswirkungen der Störungen auf die nachgeschaltete Regelkreiseinheit, die Feinregelung, gemindert werden. Dampfdruck-Temperaturregelung Bei der Grob-Fein-Regelung für den Dampf beheizten Behälter (Abb. 7.56) mindert der Vorregler die Druckschwankungen auf der Frischdampfseite. Die Temperaturregelung als Hauptregelung entspricht einer einmaschigen Temperaturregelung.

7.7.3

Störgrößenaufschaltung

Die Störgrößenaufschaltung dient der Minderung der Auswirkung der Störgröße auf die Regelgröße. Das Prinzip besteht darin, die Störung weitgehend durch ein Steuerglied ohne einen zusätzlichen Regelkreis zumindest im eingeschwungenen Zustand zu kompensieren. Dazu muss wiederum die zu kompensierende Hauptstörgröße messbar sein. Ein solcher Kompensationseingriff aufgrund einer gemessenen Störgrößenänderung kann entweder auf den Stelleingang der Strecke oder auf den Reglereingang vorgenommen werden, so dass zwischen diesen zwei Fällen unterschieden werden muss. Kompensationsregler Bei der Störgrößenaufschaltung in Form eines Kompensationsreglers (Abb. 7.57) wird stetig eine gegen die Störauswirkung gerichtete zusätzliche Störgröße berechnet und auf den Reglerausgang geschaltet. Ausgehend von Arbeitspunkt Y0 D Z0 wird die Störgröße z.t/ gemessen und entsprechend dem Streckenverhalten der Regelstrecke in die gegengerichtete Stellgröße y(t) umgewandelt. Greift die Störgröße (vereinfacht) am Eingang der Regelstrecke ein, dann weist die Störgrößenaufschaltung proportionales Verhalten auf.

Abb. 7.57 Störgrößenaufschaltung auf den Reglerausgang (Kompensation)

246

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.58 Störgrößenaufschaltung auf den Reglerausgang beim dampfbeheizten Behälter

An dem Beispiel des Behälters (Abb. 7.58) wird die prinzipielle Wirkungsweise der Störgrößenaufschaltung dargestellt. Eine Störgröße bei dieser Anordnung ist die momentan aktuelle Zuflussmenge in den Erhitzer. Diese wird gemessen und kann nun auf den Stelleingang der Strecke (Reglerausgang) geschaltet werden. Beispiel 7.7 (Temperaturregelung mit Störgrößenaufschaltung auf den Reglerausgang)

Einen wichtigen Störeinfluss auf die Temperaturregelung haben die Schwankungen der kalten Frischwassermenge. Durch die Zufuhr von kaltem Wasser in den aufgeheizten Behälter sinkt die zu regelnde Temperatur schlagartig ab. Um dies zu verhindern, muss möglichst zeitgleich die über den Dampfstrom zugeführte Heizwärme vergrößert werden. Die Kompensationsaufschaltung K wird zeitlich und von der Größe her so gesteuert, dass die Dampfmenge proportional zur zusätzlichen Frischwassermenge verläuft. Störgrößenaufschaltung auf den Reglereingang Wird die Störgröße mit dem richtigen Vorzeichen auf den Reglereingang geschaltet, so kann das Signal am Reglereingang als Sollwertänderung interpretiert werden. Die Störgrößenaufschaltung meldet dem Regler jede Störgrößenänderung. Der Regler kann somit sofort reagieren; es muss nicht gewartet werden, bis eine Änderung der Durchflussmenge sich in einer Änderung der Temperatur (Regelgröße) niederschlägt (Abb. 7.59 und 7.60). Da der Regler nur die Regeldifferenz als Eingangssignal erhält, hier also das Mischsignal von Regelgröße, Sollwert und Störgrößen, erfolgt bei einer Störgrößenänderung

7.7 Regelschaltungen

247

Abb. 7.59 Störgrößenaufschaltung auf den Reglereingang

eine Änderung der Regeldifferenz e, die ebenso gut von einer Sollwertänderung herrühren könnte. Bei einem P-Regler wird dadurch bei richtiger Einstellung die bleibende Regeldifferenz kompensiert. Ein Regler mit I-Anteil würde auf eine neue Regelgröße hinfahren. Das jeweilige Steuerglied muss D-T1 -Verhalten (Verschwindeimpuls) zeigen, da wegen e D W  X  U1  U2 eine bleibende Regelabweichung entsteht. Im Beharrungszustand zeigt das D-T1 -Glied den Wert Null. Abb. 7.60 Gerätefließbild einer Störgrößenaufschaltung auf den Reglereingang

248

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.61 Wirkungsplan einer Hilfsregelgrößenaufschaltung

Regelung mit Hilfsregelgröße An Stelle einer Störgröße kann auch eine sonstige Regelgröße auf den Reglereingang gelegt werden (Abb. 7.61 und 7.62). So meldet bei Strecken höherer Ordnung ein „vorgeschobener Beobachter“ dem Regler frühzeitig, dass eine Störgröße die Regelstrecke beeinflusst hat. Diese Hilfsregelgröße muss ebenfalls als Verschwindeimpuls auf den Reglereingang geschaltet werden. Da die Ausgangsgröße des D-T1 -Gliedes proportional zur Änderungsgeschwindigkeit der Hilfsregelgröße ist, ergeben sich zwei Vorteile:  Im Beharrungszustand ergibt sich keine Beeinflussung des Reglers.  Hohe Änderungsgeschwindigkeiten der Hilfsregelgröße führen zu einem stärkeren Eingreifen des Reglers.

Abb. 7.62 Gerätefließbild einer Hilfsregelgrößenaufschaltung

7.7 Regelschaltungen

249

Nachteil:  Bei stochastischen Störgrößen ist diese Schaltung nicht brauchbar, da dadurch zusätzliche Unruhe in den Regelkreis gebracht wird. Als Hilfsregelgröße könnte z. B. auch die Dampfmenge hinter dem Stellventil (Abb. 7.60) herangezogen werden.

7.7.4

Führungsgrößenaufschaltung

Bei einer Folgeregelung ist die Führungsgröße W eine Funktion    

der Zeit, einer internen Messgröße, z. B. Ofentemperatur oder Ist-Position, einer externen Messgröße, z. B. Außentemperatur, einer Vorgabe des Bedieners der Anlage.

Man kann hierbei auch von einer Vorsteuerung sprechen, da die Führungsgröße nach externen oder internen Kriterien variiert wird, ohne dass es zu Rückwirkungen auf die gemessene Größe kommt. Die Aufgabe der Regelung ist es, den Verlauf der Regelgröße X möglichst genau an den Verlauf der Führungsgröße anzupassen. Bei einer Zeitplanregelung wird der Sollwert der Regeleinrichtung von einer übergeordneten Instanz (Personal, Funktionsbaustein einer Steuerung, . . . ) nach einem Zeitschaltplan vorgegeben. Anwendungsbeispiele:    

Batch-Prozess in der Verfahrensindustrie, Positionierung in der Fertigung, Temperaturregelung von Industrieöfen oder Trocknern, Anfahr- oder Lastwechselvorgänge.

Zeitplanregelung Oft wird zur zeitlichen Steuerung von Positioniervorgängen oder Trocknungsvorgängen in Industrieöfen ein konkretes Solltemperaturprofil mit einzelnen Anstiegen zur Änderung von Sollwerten verwendet (Abb. 7.63). Da der Sollwerteingang direkt auf den P-Teil eines Reglers wirkt, lässt sich damit das Zeitverhalten verbessern. Ist bei der Reaktion zweier Komponenten der Umsetzungsgrad im chemischen Reaktor nicht messbar, kann man den Temperatursollwert nach dem Aufheizen so lange konstant halten, bis die Umsetzung entsprechend theoretischen Berechnungen garantiert erfolgt ist (Abb. 7.64). Anschließend wird das Reaktionsprodukt gezielt abgekühlt. Heizkurve (Abb. 7.65 und 7.66)

250

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.63 Chemischer Reaktor mit Zeitschaltplan

Abb. 7.64 Zeitgeführter Sollwert der Reaktortemperatur

Abb. 7.65 Wirkungsplan eines Regelkreises mit außentemperaturabhängiger Sollwertführung Abb. 7.66 Heizkurve in Abhängigkeit von der Außentemperatur #a

7.7 Regelschaltungen

251

Abb. 7.67 Anfahrvorgang einer Drehzahlregelung

Anfahrvorgang Um den Anfahrvorgang sanfter für die Stelleinrichtung zu gestalten, wird eine Anfahrrampe verwendet. Dadurch wird der harte Eingriff des Reglers auf die Regelstrecke gemildert. Die Rampe besteht aus einem linearen Anstieg von W0 bis zu einem maximale Führungsgröße W1 (Abb. 7.67). Der Anstieg a kann eingestellt werden über die Laufzeit tA , die der Sollwert von W1 bis W0 benötigt. W .t/ D W0 C a  tjttAD0

7.7.5

mit a D

W1  W0 und W1 D Wmax tA

Verhältnisregelung

Manchmal wird als gutes Regelergebnis nicht ein konkreter Wert sondern ein exaktes Verhältnis zweier Größen gefordert. Die Verhältnisregelung wird vor allem bei der Mischung zweier Mengenströme eingesetzt, die in einem festen Verhältnis zueinander stehen, z. B. bei einer Feuerung mit konstantem Verhältnis von Brenngas oder Heizöl zu Verbrennungsluft. Während der Mengenstrom des Brenngases nach äußeren Gesichtspunkten geregelt wird, z. B. nach der momentan geforderten Heizleitung, stellt die Verhältnisregelung die dafür erforderliche Luftmenge zur Verfügung. Die Luftmengenregelung ist dann eine Folgeregelung, Führungsgröße ist die Stellgröße der Regelung des Brennstoffes. YFührung D WFolge -Regelung Das Gas-Luft-Gemisch für einen Brennofen soll geregelt werden. Gas und Luft werden dem Brenner des Ofens zugeführt. Die Gaszufuhr xG kann von Hand über

252

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.68 Brennerregelung als Verhältnisregelung

den Sollwert wG vorgegeben oder in Abhängigkeit von der Temperatur xT im Ofen über den Temperaturregler verstellt werden (gestrichelt eingetragen in Abb. 7.68). Um eine möglichst gute Verbrennung zu erreichen, muss die Luftzufuhr xL in einem bestimmten Verhältnis zum Gasverbrauch xG stehen. Es soll gelten: x L D KV  x G : Dies geschieht durch den Verhältnisregler, einem P-Regler, der den Sollwert wL D KV  xG für den Luftregler vorgibt. Durch diese Verhältnisregelung werden die beiden Regelkreise für Gas- und Luftzufuhr verkoppelt. Mengenverhältnis-Regelung Das Verhältnis von Frischwasser und Dampfmenge soll konstant gehalten werden (Abb. 7.69). Die Verhältnisregelung sorgt dafür, dass die Heizdampfmenge bereitgestellt wird, die für die schwankende Frischwassermenge erforderlich ist. Die Dampfmenge wird geregelt, die Temperatur wird gesteuert, da sie nicht gemessen und auf den Regler geschaltet wird. Solange keine sonstigen Störgrößen, wie Dampfdruckänderungen oder Frischwassertemperaturschwankungen auftreten, ist das Regelergebnis zufriedenstellend. Trifft dies nicht zu, so muss die Regelschaltung um die Hauptregelgröße, d. h. Behältertemperatur, erweitert werden. Regelung mit Hilfsstellgröße Bei der Hilfsstellgrößenregelung wird das Stellsignal nicht nur auf das zugehörige Stellglied gegeben, sondern es beeinflusst auch vorübergehend ein zweites Stellventil, das evtl. eine stärkere Wirkung auf die Regelgröße aufweist. Bei der in Abb. 7.70 eingezeichneten Regelung wird bei fallender Temperatur im Behälter das Dampfstellventil weiter geöffnet und gleichzeitig vorübergehend über einen Verschwindeimpuls (D-T1 ) der Frischwassermengenstrom verkleinert. Durch diese zweite Maßnahme wird die Temperaturabsenkung abgefangen, bis sich der vergrößerte Dampfstrom durch erhöhten Wärmeübergang in den Rohrschlagen bemerkbar macht.

7.7 Regelschaltungen

253

Abb. 7.69 Gerätefließbild einer Verhältnisregelung

Abb. 7.70 Regelung mit Hilfsstellgröße

Dreikomponentenregelung Bei der Dreikomponentenregelung (Abb. 7.71) handelt es sich um eine Schaltung, mit der auch bei schwer zu regelnden Strecken noch gute Ergebnisse erzielt werden können. Sie hat weiterhin den großen Vorteil, dass sie relativ leicht einzustellen ist, da sich zwei der Messgrößen kompensieren.

254

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.71 Gerätefließbild einer Dreikomponentenregelung

Hierbei sind mindestens zwei Regelaufgaben zu formulieren:  Das von der Temperatur beeinflusste Verhältnis der beiden Mengenströme ist konstant zu halten.  Durch Aufschaltung der Störgröße „Frischwassermenge“ wird die Temperatur vorbeugend geregelt.  Durch Aufschaltung der Hilfsregelgröße „Dampfmenge“ erhält die Temperaturregelung einen vorausschauenden Beobachter.

7.7.6

Kaskadenregelung

Bei einer Kaskadenregelung (Abb. 7.72) wird die Regelstrecke in mehrere Teilstrecken zerlegt. Die Ausgangsgröße einer jeden Teilstrecke muss messbar sein. Eine Hilfsregelgröße X1 wird zur Bildung eines zweiten unterlagerten Regelkreises herangezogen. Der Führungsregler wirkt nicht direkt auf die Stellgröße Y1 , sondern liefert den Sollwert für den unterlagerten Folgeregler (W1 D Y2 ). Durch diese Schaltung entsteht ein unterlagerter Regelkreis, der sehr schnell auf Störungen der 1. Teilstrecke reagieren kann, z. B. auf die Störung Z1 . Der Hauptregelkreis regelt alle Störungen aus der 2. Teilstrecke aus und ist für das Führungsverhalten zuständig. Die schnellere Teilstrecke wird normalerweise mit einem PI-Regler, die langsamere Teilstrecke mit einem P-Regler geregelt. Aus Abb. 7.72 wird ersichtlich, dass zuerst der Hilfsregelkreis losgelöst vom Hauptregelkreis ausgelegt werden kann. Anschließend wird dann der Hauptregler optimiert, wobei das Verhalten des Hilfsregelkreises bei der Auslegung berücksichtigt werden muss.

7.7 Regelschaltungen

255

Abb. 7.72 Wirkungsplan einer Kaskadenregelung

Zusammenfassend gilt bei der Kaskadenregelung:  Das Störverhalten bezüglich Störungen im ersten Streckenabschnitt wird verbessert.  Die Dämpfung des Regelkreises wird erhöht und damit die Stabilitätsgüte verbessert.  Bei Verwendung von P-Reglern an Strecken mit Ausgleich wird der statische Regelfaktor gegenüber dem einschleifigen Regelkreis erhöht. Bei der Inbetriebnahme wird zuerst der Hilfsregelkreis, dann der Hauptregelkreis optimiert. Kaskadenregelung für einen dampfbeheizten Behälter In dem Beispiel des Wärmetauschers (Abb. 7.73) können Störgrößen, die vom Dampfdruck oder von der Temperatur des Dampfes herrühren, sofort über den unterlagerten Folgeregelkreis ausgeregelt werden.

Abb. 7.73 Gerätefließbild einer Kaskadenregelung

256

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Temperaturänderungen im Behälter, hervorgerufen durch Mengenstrom- oder Temperaturschwankungen im Zulauf bewirken über den Hauptregler eine Sollwertänderung für den unterlagerten Regelkreis. Dieser sorgt dann für eine schnelle Verstellung der Dampfzufuhr. Hierbei können jetzt Störungen, die im ersten Regelstreckenteil einwirken, durch den Hilfsregler bereits soweit ausgeregelt werden, dass sie sich im zweiten Regelstreckenteil gar nicht oder nur stark reduziert bemerkbar machen. Der Führungsregler muss dann in diesem Falle nur noch geringfügig eingreifen. Damit nicht zu viele Reglerparameter optimiert werden müssen, versucht man oft den Hauptregler als PI- und den Hilfsregler nur als P-Struktur auszuführen. Kaskadenregelung eines Klimasystems Ein einmaschiger Regelkreis zur Raumtemperaturregelung führt zu einem sehr langsamen Regelvorgang bei Klimasystemen. Bei einer Luftwechselzahl n D 3 h1 wird die behandelte Luft erst nach über 20 Minuten zu einer merklichen Messwertänderung am Abluftventilator bewirken. Störgrößen am Eingang des Klimasystems, z. B. Außentemperatur, führen zu einer großen Verzugszeit Tu . Deshalb wird die Regelstrecke des Klimasystems mindestens in zwei Teilstrecken aufgeteilt (Abb. 7.74):  Regelstreckenteil 1 vom Einlass der Frischluft bis zur Zuluftmessung als Hilfsregelgröße  Regelstreckenteil 2 von der Zuluftmessung aus bis zur Raumtemperaturerfassung. Da die Festlegung eines geeigneten Messortes im Raum schwierig ist, wird oft die Ablufttemperatur als Hauptregelgröße verwendet.

Abb. 7.74 Kaskadenregelung eines Klimasystems

7.7 Regelschaltungen

257

Abb. 7.75 Stellcharakteristik des Führungsreglers

Da die Raumluftverteilung zu einer großen Verzugszeit im zweiten Teil der Regelstrecke führt, wird der Regler als reiner P-Regler eingestellt. Der Stellbereich dieses P-Reglers wird auf den Messbereich der Zulufttemperatur begrenzt (Abb. 7.75). Der Folgeregler vergleicht die Führungsgröße W2 mit der gemessenen Zulufttemperatur X2 . Der als PI-Regler konfigurierte Folgeregler bestimmt die auf den Lufterhitzer wirkende Stellgröße Y2 , die so geregelt wird, dass keine bleibende Regeldifferenz ebl zwischen Raumtemperatur und Raumtemperatursollwert entsteht. In der Reihe von Kaskadenreglern, die auf ein Stellgerät einwirken, reicht ein I-Teil, um die bleibende Regelabweichung zu vermeiden. Drehzahlregelung Für die Drehzahlregelung werden meist Gleichstrommotoren mit Permanentmagneten eingesetzt. Das Feld, welches durch Anlegen einer Feldspannung uF erzeugt wird, kann als konstant angesehen werden. Für die Gleichstrommaschine kann das Ersatzschaltbild nach Abb. 7.76 angegeben werden. Bei der Drehzahlregelung von elektrischen Antrieben kommt grundsätzlich die Kaskadenregelung zum Einsatz (Abb. 7.77). Sowohl zur Stromregelung als auch zur Drehzahlregelung wird jeweils ein PI-Regler verwendet. Der Folgeregler ist dabei der Stromregler.

Abb. 7.76 Ersatzschaltbild eines Gleichstrommotors

258

7

Zusammenwirken von Regler und Strecken

Abb. 7.77 Wirkungsplan der Drehzahlregelung in Form einer Kaskadenregelung

Der Führungsregler liefert ein Ausgangssignal, dass dem zur Erreichung einer gewünschten Drehzahl geforderten Drehmoment proportional ist. Diese wiederum entspricht bei konstantem Feld gleichzeitig dem Sollwert des Ankerstromes. Positionierregelung Durch Hinzufügen einer weiteren Kaskade kann der Drehzahlregelkreis zu einem Lageregelkreis erweitert werden (Abb. 7.78). Die Positionierregelung besteht aus einer Kaskadierung von  Stromregler  Drehzahlregler  Lagerregler.

Abb. 7.78 Kaskadierung einer Positioniereinrichtung

Glossar

Abtastregelung (sampling control) Abtastsignal (sampled signal) Abtaststörung (aliasing) Abweichung (deviation) Additionsstelle (summing point) Algorithmus (algorithm) Ist eine vollständig bestimmte endliche Folge von Anweisungen, nach denen die Werte der Ausgangsgrößen aus den Werten der Eingangsgrößen berechnet werden können. Amplitudenquantisierung (amplitude quantization) Bei der digitalen Regelung wird der Wertebereich von Größen auf eine endliche Anzahl von Zahlenwerten abgebildet. Dadurch entsteht eine Stufung, die als Amplitudenquantisierung bezeichnet wird. Zwischenwerte werden nicht erfasst. Amplitudenreserve (gain margin) Die Amplitudenreserve AR ist der Abstand der Kurve für das Amplitudenverhältnis des offenen Regelkreises G0 zur Linie 0 dB bei der Frequenz, an der der Phasenwinkel 180ı beträgt. Die Amplitudenreserve gibt Auskunft darüber, wie weit die Verstärkung erhöht werden kann, bis die Stabilitätsgrenze erreicht wird. Amplitudenverhältnis (gain) Verhältnis der Beträge der Ausgangs- und Eingangsgröße analog (analog) Analog-digital-Umsetzer (analog-to-digital converter) Umsetzer, der ein analoges Eingangssignal in ein digitales Ausgangssignal umsetzt Anregelzeit (control rise time) Zeitdauer, bis die Regelgröße das erste Mal in den Toleranzbereich eintritt (Führungsverhalten) bzw. Zeitdauer, zwischen dem Verlassen des Toleranzbereichs und dem ersten Wiedereintritt in den Toleranzbereich (Störverhalten) Anschwingzeit (step response time) Zeitdauer bis die Ausgangsgröße zum ersten Mal in den Toleranzbereich eintritt Anstiegsantwort (ramp response) Reaktion eines Regelkreisgliedes auf eine linear ansteigende Eingangsgröße Anstiegsfunktion (ramp function) Funktion mit rampenförmigem Zeitverlauf anzeigen (indicate) Größen oder Zustände visuell, akustisch oder auf andere Weise darstellen © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 B. Heinrich, W. Schneider, Grundlagen Regelungstechnik, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26741-4

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260

Glossar

Arbeitspunkt (operating point) asymptotisch (asymptotic) Die Annäherung einer Zeitfunktion an ihren Endwert erfolgt asymptotisch, wenn die Annäherung ohne Überschwingen erfolgt und theoretisch unendlich lange Zeit beansprucht. Asymptotische Stabilität (asymptotic stability) Im Fall von asymptotischer Stabilität strebt die Regelgröße nach einer begrenzten Sollwertänderung oder Störung asymptotischen gegen einen Endwert. Ein lineares Übertragungsglied ist asymptotisch stabil, wenn alle Nullstellen der charakteristischen Gleichung negative Realteile besitzen. Aufgabenbereich (range of the final controlled variable) Aufgabengröße (final controlled variable) aufzeichnen/registrieren (record) den Verlauf variabler Größen zum Weiterverarbeiten oder zum Dokumentieren speichern Ausgangsgleichung (output equation) Ausgangsgröße (output variable) zeitlich veränderliche Größe am Ausgang eines Übertragungsgliedes Ausgleichszeit (equivalent time constant) Zeitdauer zwischen den Schnittpunkten der Wendetangente mit den horizontalen Linien durch den Anfangswert und den Endwert einer zeitlich veränderlichen Größe Ausregelzeit (control setting time) Zeitdauer, bis die Regelgröße den Toleranzbereich nicht mehr verlässt (Führungsverhalten) bzw. Zeitdauer, zwischen dem Verlassen des Toleranzbereichs und dem Zeitpunkt, ab dem die Regelgröße den Toleranzbereich nicht mehr verlässt (Störverhalten) auswerten (evaluate) Kenngrößen eines Prozesses aus gemessenen oder aufgezeichneten variablen Größen ermitteln Automat (automaton) automatisch (automatic) automatisieren (automate) Automatisierungsgrad (degree of automation) bedienen/betreiben (Daten eingeben) (operate) Anweisungen an einen Prozess oder ein System über Schnittstellen eingeben Begrenzung (limitation) Beharrungszustand (steady state) derjenige beliebig lange aufrechtzuerhaltende Zustand, der sich bei zeitlicher Konstanz der Eingangssignale nach Ablauf aller Einschwingvorgänge ergibt benachrichtigen (alert) beobachten (observe) Beschreibungsfunktion (describing function) binär (binary) Block im Wirkungsplan (functional block) D-Glied (D element) Differenzierglied Dämpfung (damping) gibt an, ob und wie schnell Schwingungen abklingen Dämpfungsgrad (damping ratio) siehe Dämpfung

Glossar

261

Daten (data) Daten sind in der Informationstechnik eine wieder interpretierbare Darstellung von Informationen in formalistischer Art, geeignet zur Kommunikation, Interpretation und Verarbeitung. Ihr Inhalt wird meist in Zeichen kodiert, deren Aufbau strengen Regeln (der sog. Syntax) folgt. Daten ausgeben (output data) ist ein Vorgang, bei dem analoge oder digitale Daten angezeigt, ausgedruckt oder an den Prozess ausgegeben werden Daten eingeben (input data) ist ein Vorgang, bei dem analoge oder digitale Daten zur Weiterverarbeitung in das technische System eingegeben werden Daten erfassen (collect data) ist ein Vorgang, bei dem durch Messen oder Zählen und etwaige Signalumformungen analoge oder digitale Daten gewonnen werden. Prüfung (Plausibilitätskontrolle) und Aufbereitung (z. B. Filterung) der erfassten Signale können Bestandteile der Datenerfassung sein Daten übertragen (transfer data) ist ein Vorgang, durch den Daten zwischen voneinander getrennten Einrichtungen transportiert werden Daten verarbeiten bzw. die Prozessdatenverarbeitung (processing data) ist ein Vorgang, bei dem analoge oder digitale Daten mit Hilfe eines Programmes in andere Daten umgeformt, übertragen oder auch gespeichert werden. Das Abarbeiten von Regelungsoder Steueralgorithmen ist ein besonderer Fall der Prozessdatenverarbeitung Differenzierbeiwert (derivation action coefficient) Faktor für die Gewichtung des differenzierenden Anteils Differenzierglied (derivate element) Übertragungsglied mit differenzierendem Verhalten Differenzierzeit (derivation action time) digital (digital) Dreipunktglied (three-position element) Eichen (standardize) vom Gesetzgeber vorgeschriebene Prüfung (durch festgelegte Behörden) bestimmter Messgeräte auf Einhaltung von Vorschriften nach dem Eichgesetz Eingangsgröße (input variable) zeitlich veränderliche Größe am Eingang eines Übertragungsgliedes Eingreifen (intervene) einen automatischen Ablauf durch Bedienereingabe oder eine vorrangige technische Einheit zu einem nicht vorgesehenen Zeitpunkt verändern Einheitsanstiegsantwort (unit-ramp response) Einheitsanstiegsfunktion (unit time ramp) Einheitsimpuls (unit impulse) Impulsfunktion mit K• D 1 Einheitsimpulsantwort (unit impulse response) Einheitssprungantwort (unit-step response) Einheitssprungfunktion (Heaviside function) Einschwingzeit (setting time) Fertigung (production) schließt alle Verfahren ein, die die Erzeugung von Sachgütern und Energie bewirken Festwertregelung (fixed set-point control) Regelung, bei der die Führungsgröße konstant ist

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Glossar

Folgeregelung (follow-up control) Regelung, bei der die Führungsgröße in Abhängigkeit von anderen veränderlichen Größen verläuft Frequenzgang (frequency response) beschreibt das Verhalten von Regelkreisgliedern in Abhängigkeit von der Frequenz Frequenzkennlinie (frequency response characteristic) Führungsbereich (range of the reference variable) Führungsgröße und Führungsgrößenbildner (reference variable, reference variable generating element) Der Führungsgrößenbildner bildet aus dem Zielwert c eine Führungsgröße w, bei der z. B. Grenzwerte der Zustandsgrößen des Regelungssystems eingehalten werden. Die Führungsgröße w ist der Sollwert für die Regelgröße x. Führungsgrößenaufschaltung (reference-variable feedforward) Führungsverhalten (reference-variable response) Das Führungsverhalten eines Regelkreises beschreibt das Verhalten der Regelgröße x in Bezug auf die Führungsgröße y. Störgrößen werden dabei nicht berücksichtigt. Größe (variable) Hysterese (hysteresis) I-Glied (I element) Übertragungsglied mit integrierendem Verhalten Impulsantwort (impulse response) Ausgangsgröße eines Übertragungsgliedes wenn die Eingangsgröße eine Impulsfunktion ist Impulsfunktion (impulse function) Information (information) Information gewinnt man aus Daten, indem sie in einem Bedeutungszusammenhang interpretiert werden (der sog. Semantik). Informationsparameter (information parameter) Instabilität (instability) Instabilität liegt dann vor, wenn die Regelgröße nach einer begrenzten Sollwertänderung oder Störung über alle Grenzen anwächst. Integrierbeiwert (integral action coefficient) Faktor für die Gewichtung des integrierenden Anteils Integrierglied (integral element) siehe I-Glied Integrierzeit (integral action time) Istwert (actual value) Justieren (adjust) Einstellen oder Abgleichen eines Messgerätes, um systematische Messabweichungen zu beseitigen. Erfordert Eingriff, der das Messgerät bleibend verändert. Kalibrieren (calibrate) Ermitteln des Zusammenhangs zwischen Messwert und dem wahren Wert der Messgröße. Erfordert keinen Eingriff, der das Messgerät verändert. Kaskadenregelung (cascade control) Regelkreisstruktur, bei der mehrere Regelkreise ineinander verschachtelt sind Kennlinie (characteristic curve) Kurve, die den Zusammenhang zwischen zwei Größen grafisch darstellt konfigurieren (configure) Kreisstruktur (loop structure) Regelkreisstruktur, bei der eine Rückführung einer Größe erfolgt

Glossar

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Leiten (control) Unter Leiten werden alle zweckmäßigen Maßnahmen an oder in einem Prozess verstanden, um vorgegebene Ziele zu erreichen. Leittechnik (control technology) lineares Übertragungsglied (linear transfer element) linearisieren (linearize) Mechanisierung (mechanization) Unterstützung der menschlichen Arbeitskraft durch den Einsatz von Maschinen. Der Arbeitsvorgang wird ganzheitlich vom Menschen geleistet; Maschinen haben lediglich die Aufgabe der Übersetzung (z. B. Drehmoment, Drehzahl oder Kraft) und der Werkzeughaltung Mehrgrößenregelung (multivariable control) melden (notify) Messbereich (measuring range) Messen (measure) experimentelle Ermittlung eines oder mehrerer Werte, die sinnvoll einer Größe zugeordnet werden können Messglied (measuring element) Das Messglied dient der Erfassung der Regelgröße. Es wandelt die Regelgröße in die Rückführgröße um, die in der Regeeinrichtung verarbeitet wird. Messmethode (method of measurement) ist eine spezielle, vom Messprinzip unabhängige Art des Vorgehens bei der Messung. Messprinzip (measurement principle) die physikalische Grundlage der Messung. Es erlaubt es, anstelle der Messgröße eine andere Größe zu messen, um aus ihrem Wert eindeutig den der Messgröße zu ermitteln. Messverfahren (measurement procedure) ist eine praktische Anwendung eines Messprinzips und einer Messmethode Messwert (value) Kombination aus Zahlenwert und Einheit, die als Ergebnis einer Messung interpretiert werden kann Modell (model) Nachstellzeit (reset time) Gewichtungsfaktor für den integrierenden Anteil Optimieren (optimize) einen Prozess so gestalten oder auf ihn einwirken, dass unter den gegebenen Beschränkungen das aufgabengemäß gegebene, die Prozesszustände bewertende Gütekriterium einen entweder möglichst großen oder möglichst kleinen Wert innerhalb bestimmter Grenzen annimmt P-Glied (P element) Proportionalglied P-T1 -Glied (first-order lag element) P-T2 -Glied (second-order lag element) Parallelstruktur (parallel structure) parametrieren (parameterize) Phasengang (phase response) grafische Darstellung des Phasenwinkels zwischen einer Ausgangs- und einer Eingangsgröße über der Frequenz Phasenwinkel (phase angle) Winkeldifferenz zwischen einer Ausgangsschwingung und einer Eingangsschwingung

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Glossar

Präzision (precision) ist das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen unabhängiger Messungen Programm (program) ist eine nach den Regeln der verwendeten Sprache festgelegte syntaktische Einheit aus Anweisungen und Vereinbarungen, welche die zur Lösung einer Aufgabe notwendigen Elemente umfasst Proportionalbeiwert (proportional action coefficient) Faktor für die Gewichtung des proportionalen Anteils Proportionalglied (proportional element) Übertragungsglied mit proportionalem Verhalten protokollieren (log) eine Wertegruppe zu einem Zeitpunkt speichern, der durch den Systemtakt, ein Ereignis oder einen Zustand festgelegt wird quantisieren (quantize) einen Bereich von Werten, die eine variable Größe annehmen kann, in eine begrenzte Anzahl von benachbarten, nicht notwendigerweise gleichen Intervallen aufteilen, wobei jeder Wert aus einem dieser Intervalle durch einen einzelnen Wert aus diesem Intervall, genannt „quantisierter Wert“, dargestellt wird Redundanz (redundancy) Regelbereich (range of the controlled variable) Regeldifferenz (control difference variable) Differenz der Rückführgröße und der Führungsgröße Regeleinrichtung (controlling system) Die Regeleinrichtung ist diejenige Funktionseinheit, welche die Regelungsfunktion ausführt. Das heißt, sie soll dafür sorgen, dass die Aufgabengröße den gewünschten Wert oder Verlauf annimmt. Aus der Zielgröße c und der Rückführgröße r bildet die Regeleinrichtung die Stellgröße. Regelfaktor (control factor) Regelglied (controlling element) Regelgröße (controlled variable) diejenige Größe, die als Istwert über das Messglied zum Regler rückgeführt wird Regelkreis (control loop) Regeln (closed-loop control) ist ein Vorgang, bei dem fortlaufend eine oder mehrere Größen (Regelgröße) erfasst, mit einer oder mehreren anderen Größen (Sollwerte) verglichen und abhängig vom Ergebnis dieses Vergleiches im Sinne einer Angleichung die Sollwerte beeinflusst werden: geschlossener Regelkreis Regelstrecke bzw. Steuerstrecke (controlled system) Eine Regel- bzw. Steuerstrecke ist nach der DIN IEC 60050-351 eine Funktionseinheit, die entsprechend der Regelungsaufgabe bzw. Steuerungsaufgabe beeinflusst wird. registrieren (record) Regler (controller) Der Regler umfasst die Vergleichsstelle und das Regelglied. An der Vergleichsstelle wird die Regeldifferenz e als Differenz der Rückführgröße r und der Führungsgröße w gebildet. Die Regeldifferenz ist die Eingangsgröße des Regelgliedes. Die Reglerausgangsgröße m durchläuft den Steller und wird dort zur Stellgröße y. Reglerausgangsgröße (controller output variable) Reihenstruktur (serial structure, chain structure)

Glossar

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Richtigkeit (accuracy) ist das Ausmaß der Übereinstimmung des Mittelwerts von Messwerten mit dem wahren Wert der Messgröße Rückführungsgröße (feedback variable) Rückführzweig (feedback path) Sättigung (saturation) Schaltdifferenz (differential gap) Differenz der Werte der Eingangsgröße eines schaltenden Reglers, bei denen sich die Ausgangsgröße Schalttabelle (Funktionstabelle) (switching table) Tabelle aller Wertekombinationen der Eingangsgrößen und der ihnen zugeordneten Werte der Ausgangsgröße einer Schaltfunktion Schaltwert (switching value) Schnittstelle (interface) schützen (safeguard) selbsttätig/automatisch (automatic) einen Prozess oder eine Einrichtung bezeichnend, der oder die unter festgelegten Bedingungen ohne menschliches Eingreifen abläuft oder arbeitet Sensor (sensor) Ein Sensor ist eine in sich abgeschlossene Komponente in einem technischen System, die an ihrem Eingang durch einen geeigneten Messfühler mit der Messgröße in Verbindung steht und diese in ein elektrisches Signal umformt. Sensorik (sensor technology) ist in der Technik ein Teilgebiet der Messtechnik. Es ist die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Entwicklung und Anwendung von Sensoren zur Erfassung und Messung von Veränderungen in technischen Systemen beschäftigt. Signal (signal) ist die Darstellung einer Information, eine physikalische Größe, bei der ein oder mehrere Parameter (sog. Informationsparameter) Information über eine oder mehrere variable Größen tragen Sollwert (desired value) Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) (storage-programmable logic control, Programmable Logic Controller (PLC)) rechnergestützte programmierte Steuerung, deren logischer Ablauf über eine Programmiereinrichtung, zum Beispiel ein Bedienfeld, einen Hilfsrechner oder ein tragbares Terminal, veränderbar ist Sprungantwort (step response) Ausgangsgröße eines Übertragungsgliedes wenn die Eingangsgröße eine Sprungfunktion ist Sprungfunktion (step function) Stabilität (stability) Stabilität ist nach der DIN IEC 60050 eine Systemeigenschaft, die besagt, dass die Zustandsgrößen eines Systems bei einer kleinen Störung oder kleinen Anfangsauslenkungen auf Dauer im Bereich der Ruhelage verbleiben. Stellbereich (range of the manipulated variable) Stelleinrichtung (final controlling equipment) Stellen (Informationsnutzung) (manipulate) Masse-, Energie- oder Informationsflüsse mittels eines Stellgliedes verändern oder einstellen

266

Glossar

Steller (actuator) Der Steller ist ebenfalls Teil der Regelungseinrichtung und dient dazu, das Stellsignal zu erzeugen. Stellglied (final controlling element) Stellgröße (manipulated variable) Die Stellgröße y ist die Ausgangsgröße der Steueroder Regeleinrichtung und zugleich Eingangsgröße der Strecke. Sie überträgt die steuernde Wirkung der Einrichtung auf die Strecke. Der Wertebereich, innerhalb dessen die Stellgröße einstellbar ist, heißt Stellbereich. Stellzeit (manipulating time) Steuerglied (controlling element) Steuerkette (control chain) Steuern (open-loop control) ist der Vorgang in einem System, bei dem eine oder mehrere Größen als Eingangsgröße andere Größen als Ausgangsgrößen auf Grund der dem System eigentümlichen Gesetzmäßigkeiten beeinflussen: offener Wirkungsablauf Steuerstrecke (controlled system) Störbereich (range of the disturbance variable) Störgröße (disturbance variable) Störgrößen sind unerwünschte Eingangsgrößen in das Steuerungs- oder Regelungssystem, die unabhängig und meist unvorhersehbar sind. Störgrößenaufschaltung (disturbance feedforward) Störverhalten (disturbance response) Das Störverhalten eines Regelkreises beschreibt das Verhalten der Regelgröße x in Bezug auf die Störgröße z. Führungsgrößen werden dabei nicht berücksichtigt. Strecke mit Ausgleich (controlled system with self-regulation) Bei einer Strecke mit Ausgleich strebt die Ausgangsgröße x nach einer Veränderung der Stellgröße y einem neuen konstanten Beharrungswert zu. Strecke ohne Ausgleich (controlled system without self-regulation) Bei einer Strecke ohne Ausgleich strebt die Ausgangsgröße x nach einer Veränderung der Stellgröße y keinem Beharrungswert zu, sondern verändert sich unbegrenzt. Struktur (structure) strukturieren (structure) technische Anlage (plant) Totzeit (dead time) Zeitdauer bis die Ausgangsgröße zum ersten Mal den Anfangswert verlässt Totzone (dead zone) Übergangsverhalten (transient behaviour) Überschwingweite (overshoot) Maximalwert der Regelgröße für den Fall, dass sie die Führungsgröße zeitweilig übersteigt Übertragungsfunktion (transfer function) Verhältnis der Laplace-Transformierten einer Ausgangs- und Eingangsfunktion Übertragungsglied (transfer element) Teil einer Steuerstrecke oder eines Regelkreises mit definiertem statischem und dynamischem Verhalten

Glossar

267

überwachen (monitor) ausgewählte variable Größen fortlaufend daraufhin überprüfen, ob sie sich innerhalb normaler Betriebsgrenzen befinden und, wenn angebracht, die Überschreitung von Toleranzgrenzen zu melden Umsetzer (converter) Funktionseinheit, welche die Darstellung von Information ändert Vergleichsglied (comparing element) Regelkreisglied für den Vergleich zweier Eingangsgrößen Verknüpfung(sfunktion) (Boolean operation) Schaltfunktion für binäre Schaltgrößen, die auf Operationen der Boole’schen Algebra beruht verriegeln (lock) Verriegelungssignal (interlock signal) Signal, das die Übertragung eines Signals, das Wirksamwerden eines Elements oder die Ausführung eines Befehls blockiert Verzögerungsglied (lag element) Regelkreisglied mit einer Übertragungsfunktion der Form 1=N.s/, wobei N.s/ ein Polynom n-ter Ordnung ist Verzögerungszeit (time constant) Zeitkonstante eines PT1 -Gliedes Verzugszeit (equivalent dead time) Zeitdauer zwischen dem Zeitpunkt eines Sprungs und dem Punkt, an dem die Wendetangente die horizontale Linie durch den Anfangswert schneidet Verzweigungsstelle (branching point) Vorhaltzeit (rate time) Gewichtungsfaktor für den differenzierenden Anteil Vorwärtszweig (forward path) warnen (warn) wertdiskret (discrete-value) wertkontinuierlich (continuous-value) Wirkungsablauf (action) Wirkungslinie (action line) Wirkungsplan (functional diagram) grafische Darstellung von Steuerstrecken und Regelkreisen Wirkungsrichtung (direction of action) Wirkungsweg (action path) zählen (count) die Messgröße „Anzahl der Elemente“ einer Menge ermitteln zeitdiskret (discrete-time) zeitinvariant (time-invariant) Zeitkonstante (time constant) zeitkontinuierlich (continuous-time) Zeitplanregelung (time-scheduled closed-loop control) Zeitquantisierung (time quantization) Digitale Regelungen werden fast ausschließlich in Verbindung mit Rechnern, Mikrocontrollern o. ä. eingesetzt. Die Eingangsgrößen werden dabei nur zu bestimmten Zeitpunkten erfasst. Dadurch entsteht eine Stufung der Zeit, die als Zeitquantisierung bezeichnet wird. In den allermeisten Fällen wird mit einer konstanten Abtastzeit Tab (sample time) gearbeitet. Zeitverhalten (time response)

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Glossar

Zielgröße (command variable) Die Zielgröße ist nach der DIN IEC 60050 eine von der betreffenden Regelung oder Steuerung nicht beeinflusste Größe, die dem Regelkreis oder der Steuerkette von außen vorgegeben wird und der die Aufgabengröße q in vorgegebener Abhängigkeit folgen soll. Zustandsgleichung (state equation) Zustandsgröße (state variable) Zweipunktglied (two-position element) Regelkreisglied, dessen Ausgangsgröße zwei Werte annehmen kann

Literatur

1. Ackermann, J.: Abtastregelung. Springer (1972) 2. Hagl, R.: Elektrische Antriebstechnik. Hanser (2015) 3. Heinrich, B., Linke, P., Glöckler, M.: Grundlagen Automatisierung, 3. Aufl. Springer Vieweg (2019) 4. Lunze, J.: Regelungstechnik 1, 11. Aufl. Springer Vieweg (2016) 5. Schröder, D.: Elektrische Antriebe – Regelung von Antriebssystemen, 4. Aufl. Springer Vieweg (2015) 6. Unbehauen, H.: Regelungstechnik 1, 15. Aufl. Vieweg + Teubner (2008) 7. Walter, H.: Grundkurs Regelungstechnik, 3. Aufl. Springer Vieweg (2013) 8. DIN IEC 60050-351, Internationales Elektrotechnisches Wörterbuch – Teil 351. Beuth, Berlin (2013) 9. DIN IEC 60381-1, Analoge Signale für Regel- und Steueranlagen. Beuth, Berlin (1985)

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Stichwortverzeichnis

A Abklingkonstante, 111 Abklingkonstantenverfahren, 111 Abklingzeit, 112 Abtaster, 35 Abtastregler, 163 Abtastung, 226, 228 Abtastzeit, 37 Abweichung, 5 Additionsstelle, 45 Adressbus, 227 Aktor, 10, 23 Analog-Digital-Umsetzer, 227 Analog-Digital-Umsetzung, 232 analoges Signal, 20, 37 Anfahrvorgang, 251 Anfangsverhalten, 171, 175, 176, 187, 189, 194, 199 Angleichung, 4 Anregelzeit, 215 Anschwingverhalten, 114 Anstiegsantwort, 54, 55, 58, 61, 156, 158, 159 Anstiegsfunktion, 49, 54, 61 Antwortfunktion, 55, 61 aperiodischer Grenzfall, 111 Arbeitspunkt, 16, 50, 75, 136 Aufgabengröße, 8–10 Auflösung, 230 Ausgangsgröße, 2, 27, 42–44, 49, 50, 173 Ausgangssignal, 23, 51, 54 Ausgleich, 65, 123 Ausgleichsgerade, 75 Ausgleichszeit, 66, 90, 94, 104 Ausregelzeit, 215, 217

B Beharrungsverhalten, 171, 174, 175, 189, 194 Beharrungswert, 48, 83–85, 111, 155, 198 Beharrungszustand, 50, 119, 128, 136 Beispiel Abflussventil eines Behälters, 19 Beispiel Analog-Digital-Umsetzung, 232 Beispiel Beharrungswert eines Kochtopfes, 84 Beispiel Beschreibung eines Zeitverlaufes im Zeitbereich, 26 Beispiel Dosierung einer Gasmenge, 5 Beispiel Druckregelstrecke mit P-T1 -Verhalten, geregelt durch einen P-Regler, 184 Beispiel Durchflussregelstrecke mit P-Regler, 177 Beispiel Ermittlung der Kennwerte einer schwingungsfähigen Strecke ohne zusätzliche Verzögerungsglieder, 115 Beispiel Ermittlung der Kennwerte eines Regelkreises mit P-T1 -Strecke und Zweipunktregler mit Hysterese, 222 Beispiel Feder-Dämpfungs-System eines masselos gedachten Fahrzeugs, 28 Beispiel Freier Auslauf aus einem Wasserspeicher, 88 Beispiel Kennlinien des Wasserstandsreglers, 141 Beispiel Kennlinien einer Druckregelstrecke, 72 Beispiel Kennwerte des I-Reglers, 147 Beispiel Kennwerte des PI-Reglers, 152 Beispiel Kennwerte einer verzögerungsarmen I-Strecke, 125 Beispiel Kennwerte eines PID-Reglers, 160 Beispiel Kursregelung, 12 Beispiel Modell einer Raumheizung nach der Zeitprozentkennwert-Methode, 107 Beispiel Modell eines Wärmetauschers, 104 271

272 Beispiel Multiplikationsstelle am Beispiel eines Heizkörpers, 48 Beispiel Proportionale Strecken mit Totzeit, 80 Beispiel P-Tn -Modell mit Hilfe des Wendetangenten-Verfahrens, 98 Beispiel P-Tn -Modell mit Hilfe einer Zeitkonstantensumme, 94 Beispiel Wasserbehälter als Block im Wirkungsplan, 43 Beispiel Wasserstandsregelung mit PI-Regler, 192 Beispiel Wasserstandsregelung mit strukturinstabiler Regelung, 200 Betriebspunkt, 15, 16, 19, 52, 72, 76 Bimetall, 165 binäres Signal, 21 bleibende Regelabweichung, 137, 139, 143 Block, 42, 45 Bode-Diagramm, 34

C Chien, 211

D D, 59 Dämpfungsgrad, 111, 112, 114–118, 123 Datenbus, 227 D-Glied, 60 Differenzengleichung, 234 Differenzialgleichung, 29 Differenzialgleichung, Auswertung, 174 Differenzialgleichungsanalyse, 169 Differenzierbeiwert, 162 Digital-Analog-Umsetzer, 228 digitaler Regler, 134 digitales Signal, 21, 35 Drehzahl, 1 Drehzahlregelung, 257 Drehzahlregler, 2 Dreikomponentenregelung, 253 Dreipunktregler, 164 Druckregelstrecke, 94, 184 Durchflussregelstrecke, 177 D-Verhalten, 41, 61, 154 dynamischer Kennwert, 64

Stichwortverzeichnis E Eigenfrequenz, 111 Eingangsgröße, 2, 25, 27, 42–44, 49, 50, 54 Eingangssignal, 23, 50, 54 Eingangssprung, 136, 174 Einheitsanstieg, 55 Einheitsmessumformer, 10 Einheitsregler, 14, 143 Einheitssprung, 51 einschleifiger Regelkreis, 169 Einschwingverhalten, 116 Einstellregel, 169, 206, 211, 212 Einstellwerte, 211 Empfindlichkeit, 207 Entladefunktion, 85

F Festwertregler, 133 Fliehkraftregler, 1 Folgeregler, 133 Frequenzbereich, 25, 32 Führungsgröße, 4, 9, 15, 27, 133 Führungsgrößenbildner, 8 Führungsverhalten, 169, 174, 197, 204 Fundamentalgleichung, 41

G Genauigkeit, 207 Gerätefließbild, Druckluftregelkreis, 185 Gerätefließbild, Wasserstandsregelung, 201 Gleichung des Summenpunktes, 172 Güte, 207 Gütemaß, 215

H Halbwertzeit, 89 Hilfsenergie, 134 Hilfsregelgröße, 248 Hilfsstellgröße, 252 Hrones, 211 Hysterese, 219, 222, 224

I I, 57, 145 I-Glied, 43

Stichwortverzeichnis Impulsantwort, 53–55, 58, 61 Impulsfunktion, 49, 54 Information, 20 Informationsparameter, 20, 21 Informationszustand, 21 Integralkriterien, 216 Integrierbeiwert, 123, 126–128, 147, 151 Integrierwert, 126, 161 Integrierzeit, 58, 125, 148 I-Regler, 141, 146, 147, 149 I-Strecke, 123, 124, 129 Istwert, 15 I-Verhalten, 13, 41, 61, 65, 66, 123, 126

K Kennkreisfrequenz, 110 Kennlinie, 7, 14, 16, 17, 42, 44, 67, 68, 70, 72, 127 Kennlinienschar, 178 Kennwert, dynamischer, 64 Kennwert, statischer, 64 Kompensationsregler, 245 Kreisschaltung, 42 kritischer Zustand, 208, 210 Kursregelung, Beispiel, 12

L Ladefunktion, 86 Lageregelung, 122 Laplace-Transformation, 169, 237 Leistungsüberschuss, 167 Linearisierung, 18, 20, 67 logarithmisches Dekrement, 112, 116, 122 Lösung, allgemeine, 30 Lösung, homogene, 29 Lösung, partikuläre, 30

-Regelung, 251

M Mengenverhältnis-Regelung, 252 Messeinrichtung, 4, 39 Messglied, 10, 16 Messgröße, 3 Messort, 63 Messspanne, 13 Messumformer, 14, 46

273 Mittelwert, 37 Mittelwert, quadratische Abweichung, 37 MSR-Form, 173 Multiplexer, 227 Multiplikationsstelle, 46, 48

N Nachstellzeit, 149, 151, 153 Normalverteilung, 37

O Ortskurve, 34 Ortskurvendarstellung, 34

P Parallelschaltung, 42 PD-Regler, 154, 155, 157 Periode, 111 P-Glied, 83 Phasenverschiebung, 111 PID-Regler, 158, 160 PI-Regler, 145, 149, 151 Positionierregelung, 258 P-Regler, 136, 137, 144, 145 P-Regler, Übertragungsverhalten, 139 Proportionalbeiwert, 52, 64, 74, 76, 81, 83, 111, 140 Proportionalbereich, 140 Proportionalwert, 43, 67, 69, 70, 77, 104, 118, 136, 160 P-Strecke, 109, 129 PT1-Strecke, 221 P-Verhalten, 41, 55, 61, 65, 66

Q quasistetiger Regler, 134

R Rampenfunktion, 49 Raumtemperatur, 2 Raumtemperaturregelung, 4, 5 Raumtemperatursteuerung, 3 Rechteckfunktion, 49 Regelabweichung, bleibende, 137

274 Regelbarkeit, 90, 91 Regeldifferenz, 6, 9, 134, 136 Regeldifferenz, bleibende, 139, 143, 175, 177 Regeleinrichtung, 4, 46, 133 Regelfaktor, 171 Regelfläche, 217 Regelglied, 9, 133 Regelgröße, 4, 6, 9, 10, 13, 15, 16 Regelgüte, 213 Regelkreis, 4, 8, 15 Regelkreisanalyse, 170–172 Regelkreisanalyse, Checkliste, 171 Regelschaltung, 169 Regelstrecke, 10, 15–17, 39, 63, 65, 81, 134 Regelung, 4–6, 15, 39 Regelungssystem, 8 Regelungstechnik, Fundamentalgleichung, 27 Regelventil, 5 Regler, 1, 133 Regler, digital, 134 Regler, quasistetig, 134 Regler, stetig, 134 Regler, unstetig, 134 Reglerarten, 134 Reglerausgangsgröße, 9 Reglerkennwerte, 134 Regleroptimierung, 218 Regressionsgerade, 74 Reihenschaltung, 42, 81, 109, 121 Reswick, 211 Rückführgröße, 9, 133 Rückführung, 166 Rückführungsgröße, 10 Rücksubstitution, 30

S Samal, 212 Sample, 35 Schaltdifferenz, 221 Schmiegefunktion, 121, 123 Schrittregler, 163 Schwierigkeitsgrad, 90, 99, 101, 104 Schwingungsglied, 110, 120 Schwingungsverhalten, 171, 176, 194 Signal, 20, 25, 33 Signal, analoges, 20, 37 Signal, binäres, 21 Signal, digitales, 21, 35, 37

Stichwortverzeichnis Skalierung, 231 Sollwert, 4, 6, 9, 15, 16 Speicherglied, 90 Sprungantwort, 41, 42, 44, 50, 51, 53, 55–57, 61, 96, 110, 121, 128, 147, 159, 175, 176 Sprungfunktion, 49 Stabilität, 207 Stabilitätsrand, 209 Stabilitätsreserve, 207 Standardabweichung, 37 statischer Kennwert, 64 Stellantrieb, 9 Stellbereich, 13, 135 Stelleinrichtung, 4, 9, 16, 39 Steller, 9 Stellglied, 9, 10, 23, 63 Stellgröße, 9, 13, 16, 35, 64, 133, 134 Stellimpulsfolge, 164 Stellort, 63 Stellverhalten, 63, 134, 167 stetiger Regler, 134 Steuerbus, 227 Steuerkette, 8 Steuerung, 2 Störgröße, 3, 5, 9, 10, 14, 16, 27, 63, 126, 134 Störgrößenaufschaltung, 154 Störort, 15 Störsprung, 199 Störverhalten, 63, 64, 169, 172, 174, 203 Summierungspunkt, 9

T Temperaturregelung, 240, 246 Testfunktion, 39, 50, 61, 174 Testsignal, 49 T-Glied, 83 Toleranzband, 214 Totzeit, 64, 65, 78, 79, 82, 89–91, 129, 221 Totzeitverhalten, 78

U Übergangsfunktion, 51, 52, 61, 89, 96, 112, 123 Überschwingweite, 112, 116, 215 Übertragungsfunktion, 42 Übertragungsverhalten, 49 unstetiger Regler, 134

Stichwortverzeichnis V Vergleichsglied, 9, 133 Verschwindeimpuls, 154 Verzögerung, 65 Verzugszeit, 66, 90, 94, 104 Verzweigungspunkt, 9 Verzweigungsstelle, 46 Vier-Quadranten-Methode, 71, 73 Vorhaltzeit, 156, 158

W Wasserstandsregelung, 192, 200, 201, 205 Wendetangenten-Verfahren, 96, 98 Wirkschaltplan, 47, 48 Wirkschaltplan, Steuerung, 7 Wirkschaltplan, Vordruckregelung, 6 Wirkung, 42 Wirkungsablauf, 4 Wirkungslinie, 45 Wirkungsplan, 5, 8, 12, 42 Wirkungsrichtung, 42, 45

275 Wirkungssinn, 45, 46 Wirkungsumkehr, 6 Wirkungsweg, 2, 4, 8, 42

Z Zeitbereich, 25, 32, 33, 121, 169 Zeitkennwert, 78 Zeitkonstante, 78, 79, 83, 85–89, 91, 96, 103, 104, 107, 120, 162 Zeitkonstantensumme, 92, 93, 96, 103, 129 Zeitplanregelung, 249 Zeitprozentkennwert-Methode, 107 Zeitprozentkennwert-Verfahren, 105 Zeitverhalten, 9, 25, 26, 39, 40, 52, 61, 68, 78, 100, 118, 126, 134, 175, 176, 219 Ziegler Nichols, 211 Zielgröße, 8, 9 z-Transformation, 237 Zustand, kritischer, 208, 210 Zustandsgröße, 25 Zweipunktregler, 165–167, 219