Große Brüder und andere Geschichten: Lektüre mit Audios online 3193685801, 9783193685803

Niveau B1 Zielgruppe: Erwachsene mit Grundkenntnissen auf der Niveaustufe B1; für Selbstlernernde, auch als Zusatzmateri

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German Pages 48 [50] Year 2021

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Große Brüder und andere Geschichten: Lektüre mit Audios online
 3193685801, 9783193685803

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B Deutsch

Urs Luger

Große Brüder und andere Geschichten L E K T Ü R E F Ü R E R WA C H S E N E MIT AUDIOS ONLINE

Hueber Verlag

Umschlagfoto: © Getty Images/iStock/Chalabala Illustrationen: Jörg Saupe, Düsseldorf

Einen kostenlosen MP3-Download zu diesem Titel finden Sie unter www.hueber.de/audioservice. © 2021 Hueber Verlag GmbH & Co. KG, München, Deutschland Alle Rechte vorbehalten. Sprecherin: Stefanie Dischinger Hörproduktion: Scheune München mediaproduction GmbH Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf deshalb der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlags.

3. 2. 1. Die letzten Ziffern 2025 24 23 22 21 bezeichnen Zahl und Jahr des Druckes. Alle Drucke dieser Auflage können, da unverändert, nebeneinander benutzt werden. 1. Auflage © 2021 Hueber Verlag GmbH & Co. KG, München, Deutschland Umschlaggestaltung: Sieveking · Agentur für Kommunikation, München Layout und Satz: Sieveking · Agentur für Kommunikation, München Verlagsredaktion: Heike Birner, Hueber Verlag, München Druck und Bindung: Friedrich Pustet GmbH & Co. KG, Regensburg Printed in Germany ISBN 978–3–19–368580–3 (Buch) ISBN 978–3–19–398580–4 (PDF)

Art. 530_28324_001_01

Eingetragene Warenzeichen oder Marken sind Eigentum des jeweiligen Zeichen- bzw. Markeninhabers, auch dann, wenn diese nicht gekennzeichnet sind. Es ist jedoch zu beachten, dass weder das Vorhandensein noch das Fehlen derartiger Kennzeichnungen die Rechtslage hinsichtlich dieser gewerblichen Schutzrechte berührt.

Inhalt 1

Musik in meinem Kopf

01

4

2

Große Brüder

02

9

3

Enten

03

14

4

Mit Mozart in der U-Bahn

04

19

5

Nur zwei Eis?

05

24

06

29

07

33

08

38

6 Ich kaufe mir den Mond 7

Den Strand entlang

8 Bist du traurig?

Das große Geschichten-Quiz Lösungen

43 47

Legende: Schreiben Sie und lesen Sie den Text vor. Schreiben Sie und sprechen Sie im Kurs.

Das Hörbuch zur Lektüre und die Tracks zu den Übungen stehen als kostenloser MP3-Download bereit unter: www.hueber.de/audioservice.

01

1 Musik in meinem Kopf

Morgen wird sie dort drüben sein und Beethovens 6. Sinfonie hören, die „Pastorale“. Man sagt, die Musik klingt wirklich toll dort, und auf jeden Fall sieht sie von außen sehr schön aus: die Elbphilharmonie. Natascha hat eine Konzertkarte zum Geburtstag geschenkt bekommen und nun steht sie an der Elbe und schaut über das Wasser auf das berühmte Konzerthaus. In Gedanken hört sie schon die Musik. „Schön, nicht?“, fragt da jemand neben ihr. Natascha erschrickt, sie hat den Mann gar nicht kommen gehört. Sie macht einen Schritt zurück. „Keine Sorge, ich will kein Geld von Ihnen“, sagt der Mann. „Ich habe gar nicht gesagt, dass …“ „Aber gedacht haben Sie es, stimmts?“ Der Mann trägt alte Kleidung, die nicht zusammenpasst, und seine Haare sind nicht gewaschen. Er ist ein Obdachloser. die Sinfonie: Musikstück mit vielen Instrumenten

die Elbphilharmonie: großes Konzerthaus in Hamburg

4

der Obdachlose: er hat keine Wohnung

„Wenn ich ehrlich bin, es stimmt. Ich habe das gedacht.“ „Warum?“ „Weil … ich weiß nicht … viele Obdachlose wollen Geld, oder?“ „Ich möchte eigentlich nur die schöne Aussicht genießen. So wie Sie.“ Natascha ist noch nicht ganz überzeugt, dass der Mann wirklich nichts von ihr will. Also bleibt sie erst mal ein Stück von ihm entfernt stehen. „Waren Sie schon einmal drin?“, fragt der Mann nach einer Weile. „Nein. Aber ich habe eine Karte für morgen.“ „Sie sind nicht aus Hamburg, oder? Das hört man.“ „Ich komme aus Leipzig. Freunde haben mir das Ticket zum Geburtstag geschenkt.“ „Freuen Sie sich schon?“ „Ja, Beethovens 6. Sinfonie wird gespielt.“ „Die Pastorale, wie schön.“ Der Mann beginn leise eine Melodie zu summen. „Sie kennen das Stück?“ „Warum nicht?“ „Ich weiß nicht, Sie sind obdachlos. Ich hab nicht gedacht, dass …“ „… dass ich mich für Musik interessiere?“ „Sie haben doch sicher andere Probleme. Und Sie können sich wahrscheinlich auch keine Konzertkarte leisten.“ „Das stimmt“, sagt er. „Aber wissen Sie, ich hatte auch ein Leben, bevor ich obdachlos wurde.“ „Oh ja, natürlich, bitte entschuldigen Sie.“ Sie schweigen eine Weile. Der Mann summt weiterhin Melodien aus der Pastorale. Schließlich fragt Natascha: „Und in Ihrem früheren Leben – da war Musik wichtig?“ „Ja, sehr. Ich habe Geige gespielt, in einem großen Orchester.“ „Oh, wow, das ist ja toll.“ summen: mit geschlossenem Mund Töne machen

5

„Meine früheren Kollegen spielen heute und morgen in der Elbphilharmonie.“ „Und deshalb sind Sie hier?“ „Genau.“ Natascha sieht den Mann an. „Was mit mir passiert ist, wollen Sie wissen, nicht wahr?“, sagt er. Sie nickt. „Ich hatte einen Unfall. Und habe mir die Finger der linken Hand gebrochen.“ Er zeigt ihr seine Hand. „Sie sieht eigentlich ganz normal aus.“ „Aber sie funktioniert nicht mehr normal.“ „Wie meinen Sie das?“ „Ich kann die Finger nicht mehr so gut und so schnell bewegen wie früher. Ich habe oft Schmerzen.“ Der Mann bewegt vorsichtig seine Finger. „So kann man nicht Geige spielen.“ „Das tut mir sehr leid. Aber … warum sind Sie obdachlos geworden? Warum haben Sie nicht einfach einen anderen Job gemacht? Musikmanager, oder so etwas Ähnliches? Wo die linke Hand nicht so wichtig ist.“ „Ja, das wäre gut gewesen. Aber als ich nicht mehr Geige spielen konnte, bin ich in ein tiefes Loch gefallen. Ich hatte das Gefühl, mein Leben ist zu Ende. Meine Kollegen vom Orchester waren sehr nett und wollten mir helfen. Aber ich war wütend. Ich fand es unfair, dass sie weiter Musik machen konnten und ich nicht. Ich wollte nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Und dann kam auch noch der Alkohol. Irgendwann war mir alles egal, ich bezahlte nicht mal mehr meine Rechnungen. So verlor ich meine Wohnung. Seit fünf Jahren lebe ich nun auf der Straße.“ „Das tut mir sehr leid“, sagt Natascha noch einmal und schaut ihn an. „Sie sehen aber gar nicht mehr so … äh … wütend aus.“ nicken: den Kopf von oben nach unten bewegen und so „ja“ sagen

in ein tiefes Loch fallen: wenn es jemandem sehr schlecht geht

6

„Das ist alles lange her. Ich habe meinen Frieden gefunden. Man kann nicht ewig wütend sein, oder? Und mit dem Alkohol habe ich auch aufgehört.“ „Wollen Sie denn nicht zurück in ein Leben mit Beruf und Wohnung?“ „Ich weiß es nicht“, sagt der Mann und sieht hinaus aufs Wasser. „Vielleicht ja, vielleicht nein. Für heute reicht es mir, dass ich hier bin und weiß, dass drüben in der Elbphilharmonie meine früheren Kollegen schöne Musik machen.“ „Aber hören können Sie sie nicht.“ „Ich höre sie in meinem Kopf.“ „Wissen Sie was“, sagt Natascha und ist ein bisschen von sich selbst überrascht. „Hier, nehmen Sie meine Karte. Dann können Sie morgen die Musik richtig hören.“ „Das geht doch nicht, das ist Ihr Geburtstagsgeschenk.“ „Genau. Und ich kann damit machen, was ich will.“ Sie gibt ihm die Karte. „Danke! Vielen Dank. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ „Sie brauchen gar nichts zu sagen. Nur gut zuhören.“

Und jetzt Sie! 1. Schreiben Sie ein kurzes Gespräch. Natascha kommt zurück nach Leipzig und ihre Freunde fragen sie, wie es im Konzert war. Was antwortet Natascha?

Freunde: Und, wie war es in der Elbphilharmonie? Natascha: Ach, wisst ihr, ich war gar nicht … 2. Schreiben Sie einen kurzen Text. Wie ist es, obdachlos zu sein? Was denken Sie?

Wenn ich keine Wohnung hätte … wäre …

7

Wenn ich obdachlos

ÜBUNGEN

01

1. Gespräch mit einem Unbekannten. Richtig (r) oder falsch (f)? Lesen oder hören Sie die Geschichte und kreuzen Sie an. a b c d e

Natascha ist in Bremen bei der Elbphilharmonie. Sie hat eine Karte für ein Beethoven-Konzert. Ein Mann beginnt ein Gespräch mit ihr. Der Mann hat eine schöne Wohnung. Natascha glaubt, dass der Mann Geld von ihr will.

r ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪

f ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪

2. Der Obdachlose – früher und heute. Ergänzen Sie f (früher) oder h (heute). Auch beide sind möglich. a „Ich habe keine Wohnung.“ an b „Ich habe einen guten Job.“ an c „Ich liebe Musik.“ an d „Ich spiele in einem Orchester.“ an e „Ich kann mir keine Konzertkarte kaufen.“ an f

„Ich habe oft Schmerzen in der Hand.“ an

3. Der Unfall und seine Folgen. Ordnen Sie die Sätze. a b c d e f g

◯ ◯ ◯ 1 ◯ ◯ ◯ ◯

Er findet seinen Frieden. Er kann nicht mehr gut Geige spielen. Er geht zur Elbphilharmonie und denkt an seine Kollegen. Der Mann spielt Geige in einem großen Orchester. Er verliert seine Wohnung. Er ist wütend und trinkt zu viel Alkohol. Er bricht sich die linke Hand.

8

02

2 Große Brüder

Bumm, bumm, bumm Hayo hörte noch die Beats aus dem Inneren des Gebäudes. Er schaute in den Himmel. Halb fünf, und es war noch dunkel. Aber man konnte spüren, dass der Morgen nicht mehr weit war. Neben dem Eingang zum Club standen ein paar Leute und rauchten. Die Straße, die er jetzt entlangging, war leer. Überhaupt war hier alles verlassen, keine Wohnungen, keine Geschäfte, nur wenige Straßenlaternen. Der Club lag in einem alten Industrieviertel von Berlin. In ein oder zwei Monaten begann hier der Bau neuer Wohnungen. Aber jetzt brauchte niemand diese großen alten Gebäude. Eine Einladung fürs Partymachen also. Heute ein angesagter Club, morgen schon eine Baustelle.

die Beats (Pl.): regelmäßige tiefe Töne

angesagt: beliebt

9

Hayo zog seine Jacke enger um sich. Drinnen war es heiß gewesen, er hatte getanzt, er war nass vom Schweiß, und die Nacht war kalt. Keine Wolken am Himmel, nur der untergehende Mond und die letzten Sterne. Hier gab es keine öffentlichen Verkehrsmittel, zum nächsten Bus musste er über eine halbe Stunde gehen. Bumm, bumm, bumm Leise, weit entfernt hörte Hayo die Beats noch, dann waren auch sie weg und vor ihm lag nur die stille, dunkle Straße. Er erinnerte sich an manche Gebäude, die er auf dem Weg zum Club gesehen hatte. Doch irgendwann sah alles fremd aus. Vielleicht, dachte er, machten das die Nacht und seine Müdigkeit, vielleicht hatte er sich aber auch einfach verlaufen. Hayo sah auf sein Handy. Er war tatsächlich falsch gegangen. „Na, wen haben wir denn da? Schön getanzt im Club?“ Er sah erschrocken auf. Vor ihm stand ein großer Mann mit einer Stange aus Metall in der Hand und sah ihn unfreundlich an. „Weglaufen nützt nichts. Ich bin sowieso schneller als du“, sagte er. Hayo dachte daran, wie lange er getanzt hatte und wie müde er war – der Mann hatte vermutlich recht. Andererseits, heißt es nicht: Angst verleiht Flügel? Und Angst hatte er genug. „Also, du gibst mir jetzt dein Geld, deine Uhr und dein Handy. Dann bin ich nett und tue dir nichts.“ Hayo holte seinen Geldbeutel aus der Tasche. „Warum stehst du eigentlich hier?“, fragte er. „Was willst du damit sagen?“ „Hier kommt doch keiner her.“ „Du bist ja hier.“ „Ich habe mich bloß verlaufen.“ „Willst du mir jetzt sagen, wie ich meinen Job machen soll?“ „Also, Job, ich weiß nicht …“, sagte Hayo vorsichtig. Angst verleiht Flügel: Wenn man Angst hat, kann man sehr schnell weglaufen.

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„Klar ist das mein Job. Aber du brauchst so etwas ja nicht zu tun. Hast einen anderen Job. Was machst du überhaupt so?“ „Ich arbeite als Grafiker bei einer Zeitung.“ „Aha ... Egal. Jetzt her mit dem Geld. Ich habe nicht ewig Zeit.“ „Verstehe, es ist ja auch unglaublich viel los hier. So viele Leute, und von allen musst du das Geld kassieren.“ Hayo sah sich um. Alles dunkel, alles leer. Sie waren weit und breit die einzigen auf der Straße. „Was mich zu meiner Frage zurückbringt: Warum stehst du hier, warum nicht an einem Platz, wo mehr Leute vorbeikommen?“ Irgendetwas stimmte hier nicht. Das machte Hayo neugierig. Und die Neugier siegte über die Angst. „Also, jetzt komm schon, du bekommst ja sowieso mein Geld. Da kannst du mir doch erzählen, was los ist.“ „Ist ja auch egal, dann erzähle ich es dir eben. Mein großer Bruder hat den besseren Platz. Ich bin nur der kleine, deshalb muss ich hier stehen.“ „Das ist unfair.“ „Klar ist das unfair. Aber was soll ich machen?“ „Ich kenne das“, sagte Hayo. „Ich bin auch der jüngere Bruder. Das ist manchmal nicht lustig.“ „Das ist NIE lustig!“ „Stimmt. Immer habe ich nur seine alten Sachen bekommen. Seine Kleidung, sein Fahrrad.“ „Wen interessiert schon ein Fahrrad? Ein Auto! Wer hat zu seinem 18. Geburtstag eines bekommen?“ – „Er wahrscheinlich.“ „Und wer hat keines bekommen?“ – „Du.“ „Ganz genau. Und wenn er etwas kaputt gemacht hat, wem hat er die Schuld gegeben?“ „Und wer bekam immer das größte Stück von der Torte?“ „Und wer hat immer versucht, mir meine Freundin auszuspannen?“ ausspannen: hier: wegnehmen

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„Und wer hatte immer das schönere Zimmer?“ „Große Brüder!“ „Wirklich das Letzte!“ Es machte Spaß, mit diesem fremden Mann über seinen Bruder zu schimpfen, aber Hayo war trotzdem müde und wollte nach Hause. „Hier, ich gebe dir das Geld“, sagte er, „aber ich behalte meinen Ausweis, okay?“ „Du brauchst mir gar nichts zu geben, Mann. So von kleinem Bruder zu kleinem Bruder.“ „Das ist sehr nett, danke! Alles Gute für dich.“ „Gib mir mal dein Handy“, sagte der Mann dann. Also doch. Das Handy nimmt er, dachte Hayo. Der Mann zeigte in der App mit dem Stadtplan von Berlin auf eine Straße in der Nähe. „Guck mal, da geh nicht lang. Da wartet mein großer Bruder. Der soll nichts verdienen.“

Und jetzt Sie! 1. Schreiben Sie ein kurzes Gespräch. Die beiden Brüder planen am frühen Abend, wo sie die Leute ausrauben wollen.

A: Heute Abend ist wieder eine Party im alten Industriegebiet. B: Sehr gut, da können wir viel Geld machen. 2. Schreiben Sie einen kurzen Text. Haben Sie schon einmal etwas Gefährliches erlebt? Beschreiben Sie, was passiert ist.

Vor drei Jahren war ich … Zuerst habe ich geglaubt, dass … Richtig gefährlich wurde es, als … ausrauben: jemandem Geld, etc. wegnehmen

12

ÜBUNGEN

02

1. Auf dem Weg nach Hause. Lesen oder hören Sie die Geschichte und ergänzen Sie die Adjektive. Achten Sie auf die richtige Form. falsch a b c d e f

•müde•fremd•alt•leer•kalt

Der Club liegt in einem Industrieviertel. Hayo ist sehr . Er geht durch die Nacht zum Bus. Die Straßen sind . Hayo nimmt einen Weg. Dort sieht alles aus.

2. Gespräch mit einem Räuber. Welche Sätze passen zusammen? Verbinden Sie. a Der Fremde hat eine Stange aus Metall, b Er möchte, c Weglaufen nützt nichts, d Hayo versteht nicht, e Hayo arbeitet bei einer Zeitung,

1 dass Hayo ihm Geld, Handy

und Uhr gibt. 2 aber er ist kein Journalist. 3 weil der Mann schneller als

Hayo ist. 4 um Hayo Angst zu machen. 5 warum der Räuber an diesem Platz steht.

3. Doch noch einmal gut gegangen … Beantworten Sie die Fragen. a Warum steht der Räuber an einem Platz, wo nur wenige Leute vorbeikommen?

b Was haben Hayo und der Räuber gemeinsam?

c Warum zeigt der Räuber Hayo einen guten Weg auf der Karte?

13

03

3 Enten „Da sitze ich nun also wieder. Auf der gleichen Bank, im gleichen Park. Und ihr? Seid ihr auch die Gleichen wie damals?“ Quak, quak … Die Enten holen sich die Brotstücke, die Paul auf den Boden wirft. Weiter hinten hört man Stimmen, aber bei der Bank an dem kleinen See ist alles ruhig. „Schon komisch, dass jetzt ich hier sitze und euch füttere und nicht sie. Ich weiß schon, ihr versteht mich nicht, aber irgendjemandem muss ich doch alles erzählen, oder?“ Die Enten quaken. „Also, damals saß sie hier auf der Bank im Englischen Garten, mit einer Tüte voll trockenem Brot. Und ich kam eigentlich nur zufällig vorbei. Ich war im Urlaub, dem ersten seit zwei Jahren. Als junger Journalist hat man nicht viel Zeit für Ferien. Es ist ein stressiger Job. Man muss immer dranbleiben, sonst bekommt ein anderer den nächsten Auftrag. Aber trotzdem, ein Urlaub nach zwei Jahren, das muss doch möglich sein, habe ich mir gedacht. Und so bin ich nach München gefahren, und mein Hund kam auch mit. Kennt ihr den noch, Enten? Wegen meines Hundes habe ich Anja eigentlich erst kennengelernt. Er konnte nie ruhig sein, hat die ganze Zeit gebellt. So hat er alle Enten verjagt. Deshalb war sie sauer auf mich, und so sind wir ins Gespräch gekommen. Vielleicht sollte ich euch sogar danken, dass ihr damals weggeflogen seid. Sonst wären wir nie …“ Paul lässt seinen Blick über den Park wandern, den See, die Wiesen und Bäume. Weiter hinten sieht er die beiden Türme der Frauenkirche und ein paar andere hohe Gebäude. „Andererseits, wenn ich sie damals nicht kennengelernt hätte, dann wäre ich jetzt auch nicht hier und wäre nicht so traurig. Vielleicht wäre es anders besser gewesen, was sagt ihr?“ quak, quak: so „reden“ die Enten

dranbleiben: sich sehr bemühen, immer aktiv sein

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Die Enten quaken. Sie laufen herum und streiten sich um die letzten Stücke Brot. „Ja, ja, da habt ihr schon recht, das wäre auch keine Lösung. Ich bin schon froh, dass ich sie damals getroffen habe. Und es hat ja alles so gut angefangen … wir haben uns mehrmals gesehen, während ich in München war, und ein wenig später hat sie mich in Wien besucht. Da wusste ich noch gar nicht so genau, ob ich überhaupt mit ihr zusammen sein will. Verrückt, oder? Dass mir das nicht gleich klar gewesen ist.“ Quak, quak … „Ja, natürlich, das findet ihr auch. Verrückt … Oder quakt ihr nur, weil das ganze Brot schon wieder weg ist? Keine Sorge, ich habe noch genug.“ Die Enten laufen aufgeregt durcheinander und stürzen sich auf das neue Brot. „So ist es brav, esst nur, wenigstens euch geht es gut. Aber eines sage ich euch: Als wir uns dann in der Nacht vor dem Stephansdom in Wien zum ersten Mal geküsst haben, da hatte ich keinen Zweifel mehr. Da wusste ich genau, was ich will.“ Paul sieht lächelnd hinaus aufs Wasser. „Ich weiß auch nicht, wann es dann begonnen hat. Wann es nicht mehr so richtig gestimmt hat zwischen uns beiden. Am Anfang war ja alles noch gut. Es war bloß ein bisschen schwierig, weil wir uns so selten gesehen haben. Eine Fernbeziehung eben.“ Die Enten quaken. „Ja, genau, so etwas ist gar nicht leicht, da seid ihr nicht die einzigen, die das so sehen. Anja hatte einen Vertrag an einem Münchner Theater – sie ist Schauspielerin, habe ich das nicht erwähnt? Und ich war bei einer Zeitung in Wien. Über ein halbes Jahr lang haben wir in unterschiedlichen Städten gelebt. Aber dann habe ich zu einer Zeitschrift nach München die Fernbeziehung: die Partner leben in verschiedenen Städten oder Ländern

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gewechselt, damit ich mehr mit ihr zusammen sein kann, und wir sind gemeinsam in eine Wohnung gezogen. War das das Problem, fragt ihr euch jetzt sicher. Aus der Ferne funktioniert die Beziehung gut, aber wenn man sich die ganze Zeit sieht, gibt es Probleme?“ Quak, quak … „Falsch gedacht, Enten! Es ist super gelaufen.“ Quak, quak … „Und jetzt seid nicht so ungeduldig, ich erzähle euch ja gleich, wie dann alles den Bach hinuntergegangen ist. Aber viel zu erzählen gibt es da ohnehin nicht. Es ist einfach … passiert. Anja hat die ganze Zeit mit interessanten Schauspielern zusammengearbeitet. Und die waren nicht nur interessant, das kann ich euch sagen, manche haben auch wirklich gut ausgesehen. Naja, ich bin eifersüchtig geworden, ich habe mich blöd verhalten. Aber sie … bei ihr war es eigentlich gar nicht so viel anders. Ich bin viel gereist als Journalist, und das hat ihr nicht gefallen. ‚Kommt deine Kollegin wieder auf die Reise mit? Die mit den blonden Haaren? Wie lange seid ihr zusammen weg? Wohnt ihr im gleichen Hotel?‘ Solche Dinge hat sie mich dauernd gefragt.“ Die Enten quaken. „So, hier ist mein letztes Brot. Ich muss wohl schnell fertig werden mit meiner Geschichte. Wenn es nichts mehr zu fressen gibt, dann seid ihr alle weg, fürchte ich.“ Paul streut die Brotstücke auf den Boden und sieht den Enten zu, wie sie aufgeregt fressen. Dann erzählt er weiter: „Wir haben immer öfter gestritten, meine Reisen wurden immer länger. Und sie ging immer öfter und länger mit ihren Kollegen aus. Wir waren eigentlich fast nie mehr gemeinsam zu Hause. Und gestern …“ Eine Träne rinnt über Pauls Wange. der Bach: ein kleiner Fluss

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„Gestern haben wir uns getrennt, nach einem riesengroßen Streit. Ich weiß eigentlich gar nicht mehr, um was es da gegangen ist, ich weiß auch nicht mehr, wer sich von wem getrennt hat. Es war plötzlich da. Und keiner hat etwas dagegen gesagt. Keiner konnte mehr einen Schritt zurück machen.“ Paul sieht traurig auf den See hinaus. „Aber eines ist klar: Das war die dümmste Entscheidung meines Lebens. Ich würde viel dafür geben, wenn ich den Tag gestern noch einmal leben könnte. Und diesmal besser. Ach was, ich müsste wohl das ganze letzte Jahr noch einmal leben – aber so etwas gibt es nur im Film.“ Die Enten quaken. „Ja, ja, euch ist das egal, ich weiß. Euch interessiert bloß fressen, fressen, fressen. Aber Pech gehabt: Ich hab kein Brot mehr.“ Paul zeigt den Enten die leere Tüte. „Ich hätte noch ein bisschen Brot“, sagt da jemand hinter ihm. „Vielleicht könnten wir die Enten gemeinsam füttern.“ Er dreht sich um. „Anja …“

Und jetzt Sie! 1. Schreiben Sie einen kurzen Text. Wie könnte die Geschichte weitergehen? Was denken Sie?

„Anja … du bist auch hier?“, fragt Paul. „Ja, ich …“ 2. Schreiben Sie einen kurzen Text. Hatten Sie schon einmal einen großen Streit mit einem Freund / einer Freundin und haben sich dann wieder versöhnt? Wie war das? Beschreiben Sie.

Eigentlich schien alles gut, aber dann … Mit meiner besten Freundin habe ich …

17

ÜBUNGEN

03

1. Paul und Anja. Was war früher, was ist heute? Lesen oder hören Sie die Geschichte und kreuzen Sie an. a b c d e

Paul füttert die Enten im Park. Anja füttert die Enten im Park. Paul und Anja lernen sich kennen. Paul ist wegen Anja traurig. Paul lebt in Wien.

früher heute ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪

2. Die Entwicklung der Beziehung. Welcher Satz aus dem Text passt? Ordnen Sie zu. a b c d e f g

Urlaub in München: eine Ferienliebe 3 Besuch in Wien: der erste Kuss In zwei Städten: eine Fernbeziehung Ein neuer Job: Zusammenziehen Gemeinsam in München: glücklich zusammen Streit und Eifersucht: eine Krise Ende: die Trennung

1 „Aber dann habe ich zu einer Zeitschrift nach München 2 3 4 5 6 7

gewechselt.“ „Keiner konnte mehr einen Schritt zurück machen.“ „Wir haben uns mehrmals gesehen, während ich in München war.“ „Es war bloß ein bisschen schwierig, weil wir uns so selten gesehen haben.“ „Es ist super gelaufen.“ „Ich bin eifersüchtig geworden, ich habe mich blöd verhalten.“ „Da wusste ich genau, was ich will.“

3. Redewendungen. Erklären Sie, was die Ausdrücke bedeuten. a den Bach hinuntergehen b sich aus dem Weg gehen

18

04

4 Mit Mozart in der U-Bahn

„Sie sind also Mozart?“ „Könnte man so sagen.“ „Warum fahren Sie dann mit der U-Bahn?“ „Warum nicht?“ „Naja, ein berühmter Komponist … da könnte man sich schon ein Taxi leisten.“ „Wissen Sie denn gar nichts über Mozart? Der Mann hatte ständig Geldprobleme.“ Lin Na schaute den jungen Mann, der auf dem Platz ihr gegenüber saß, interessiert an. Er sah gut aus, aber er trug seltsame Kleidung: ein langes rosa Sakko, wie es vielleicht vor langer Zeit in Mode gewesen war, dazu eine helle Hose, die nur bis zu den Knien ging, ebenfalls wie aus einer anderen Zeit. Als Gegensatz aber moderne weiße Turnschuhe und eine dicke Winterjacke. Am verrücktesten war, was er auf dem Kopf trug: keinen Hut, keine Mütze, sondern eine weiße Perücke. Mozart: ein berühmter das Sakko: eine Jacke, Komponist, er lebte wenn man schön von 1756–1791 ausgeht

19

die Perücke: künstliche Haare

„Sind Sie immer so gekleidet?“, fragte Lin Na. „Nur wenn ich arbeite.“ „Was arbeiten Sie denn?“ „Ich verkaufe Konzertkarten.“ „Und da müssen Sie aussehen wie Mozart?“ „Ich verkaufe Karten für die Wiener Mozart-Konzerte. Dort tragen alle Musiker ähnliche Kleidung wie ich jetzt.“ Er streckte ihr die Hand hin und sagte: „Ich heiße übrigens Raphael.“ „Hallo, ich bin Lin Na.“ „Wollen wir uns nicht duzen?“ „Ich weiß nicht, ob ich das kann: Einen großen Komponisten duzen …“ Lin Na lachte. „Weißt du, was das Komische an der Sache ist? Ich studiere Musik. Ich bin wirklich ein Komponist.“ „Aber nicht Mozart.“ „Nein, leider nicht.“ Er lächelte und fragte dann: „Studierst du auch in Wien?“ „Nein, ich bin nur zu Besuch hier.“ „Du sprichst aber sehr gut Deutsch.“ „Ich habe auch an einer der besten Hochschulen Chinas Deutsch studiert. In Shanghai, an der Fudan Universität.“ „Nicht schlecht“, sagte Raphael. „Und was machst du in Wien?“ „Ich besuche eine Freundin, die hier studiert.“ Sie schwiegen eine Zeit lang. In der U-Bahn war es angenehm warm. Die anderen Leute redeten miteinander, sahen auf ihre Handys oder saßen einfach da und machten gar nichts. Dann fragte Lin Na: „Magst du deinen Job?“ „Ich stehe bei jedem Wetter auf der Straße und muss den Leuten, die vorbeigehen, Konzertkarten verkaufen. Was denkst du?“ „Naja, klingt nicht so toll. Aber wenigstens bist du dabei Mozart.“ Sie lachte.

20

„Was hast du in Wien schon alles gemacht?“, fragte Raphael. „Ach, du weißt schon, das Übliche: Schloss Schönbrunn angesehen, die Hofburg, das Sisi-Museum. Wie alle Touristen.“ „Warst du auch schon bei der Ruprechtskirche? Oder auf dem Zentralfriedhof?“ „Auf dem was …?“ „Dem Zentralfriedhof. Das ist der größte Friedhof von Wien.“ „Bist du verrückt?“ Bis jetzt war ihr der junge Mann sehr sympathisch gewesen, Lin Na hatte sogar gedacht, vielleicht wäre es nett, ihn ein wenig besser kennenzulernen. Aber warum redete er jetzt plötzlich von einem Friedhof? „Warum verrückt? Der Zentralfriedhof ist fast schon eine Sehenswürdigkeit in Wien. Viele Touristen gehen da hin. Viele berühmte Leute liegen dort.“ „Auch Mozart?“ „Von Mozart gibt es ein Denkmal bei den Gräbern der anderen großen Komponisten. Aber sein Grab ist nicht dort.“ „Schade.“ „NÄCHSTE STATION: KENDLERSTRASSE“, hörte man aus dem Lautsprecher der U-Bahn. „Oje, ich glaube, ich muss hier raus“, sagte Lin Na. Eigentlich hätte sie gern noch ein bisschen länger mit diesem seltsamen jungen Mann geredet. „Hey, wie lange bist du noch in Wien?“, fragte Raphael. „Wollen wir uns mal treffen?“ „Hmm … weiß nicht. Was möchtest du denn machen?“ „Ich habe gehört, es gibt da Konzerte mit Musikern, die alle aussehen wie Mozart. Die sollen sehr gut sein. Und zufällig weiß ich, wo man tolle Karten bekommt.“ „Also gut … einverstanden. Aber nur, wenn du mit dieser Kleidung zum Konzert kommst.“ „Mit dieser …? Nur die Musiker tragen dort so etwas, nicht das der Friedhof: dorthin bringt man die Menschen, wenn sie tot sind

das Grab: an der Stelle liegt auf dem Friedhof ein Toter in der Erde

21

Publikum. Das wäre ziemlich peinlich.“ „Trotzdem, so oder gar nicht.“ „Also gut.“ „Das wird sicher lustig“, sagte Lin Na und schrieb Raphael ihre Telefonnummer auf. Dann stieg sie aus. Ich habe einen schlechten Job und wirklich seltsame Kleidung, dachte Raphael. Aber ich habe eine nette Frau kennengelernt. „Danke, Mozart!“

Und jetzt Sie! 1. Schreiben Sie das Gespräch. Am nächsten Tag ruft Raphael bei Lin Na an.

Raphael: Hallo, hier ist Raphael. Du weißt schon, der Typ aus der U-Bahn. Lin Na: Oh, hallo, … 2. Schreiben Sie einen kurzen Text. Wann haben Sie zum letzten Mal jemanden kennengelernt? Wo war das?

Letzte Woche habe ich … Erst gestern … Es ist schon ziemlich lange her, dass ich …

22

ÜBUNGEN

04

1. Ein neuer Bekannter. Lin Na erzählt ihrer Freundin, was sie erlebt hat. Lesen oder hören Sie die Geschichte und ergänzen Sie die Wörter. Job

•Perücke•Karten•Musiker•U-Bahn•Kleider

Heute habe ich einen lustigen Typen getroffen. Er saß in der (a) mir gegenüber und hat (b) wie aus dem 18. Jahrhundert getragen: rosa Sakko, Hose nur bis zu den Knien, weiße (c). Da wollte ich einfach wissen, was los ist. Also habe ich ihn angesprochen. Und er war eigentlich sehr nett. Er ist (d), studiert in Wien und trägt diese seltsame Kleidung für seinen (e): Er verkauft (f) für die Wiener Mozart-Konzerte. Dort sind alle Musiker so verkleidet. 2. Wien. Welche Sehenswürdigkeiten hat Lin Na schon gesehen? Welche schlägt Raphael vor? Ergänzen Sie die Namen. Finden Sie dann selbst noch zwei weitere Sehenswürdigkeiten. a Schloss Schönbrunn

d Sisi-Museum e Zentralfriedhof f g

b Hofburg c Ruprechtskirche

3. Eine neue Bekannte. Raphael ruft einen Freund an und erzählt ihm, was er erlebt hat. Welche Sätze passen zusammen? Verbinden Sie. a Heute habe ich eine nette b Wir sind zusammen c Sie hat mich angesprochen, weil d Mein Job ist zwar nicht toll, aber e Wir wollen gemeinsam f Aber das wird sehr peinlich, denn 23

1 ich meine Arbeitskleidung 2 3 4 5 6

getragen habe. ich muss als Mozart kommen. Frau aus China kennengelernt. zu einem Konzert gehen. er hat auch seine Vorteile, wie du siehst. mit der U-Bahn gefahren.

05

5 Nur zwei Eis? Das Mädchen hat ein Eis in der Hand und sieht die alte Dame mit großen Augen an. „Schmeckt dir Eis auch?“, fragt sie dann. „Klar, wer mag Eis nicht?“ „Ich weiß nicht, vielleicht hat es noch gar kein Eis gegeben, als du ein Kind warst.“ „So alt bin ich nun auch wieder nicht“, sagt die Frau lachend. „Aber du hast ganz weiße Haare.“ „Stimmt.“ „Und du hast ganz viele Falten im Gesicht.“ „Stimmt auch.“ „Also bist du alt. So alt wie meine Oma. Vielleicht sogar noch älter.“ „Also gut, du hast recht, ich bin gaaanz alt.“ Das Mädchen lacht. „Und das Eis?“, fragt sie dann. „Hat es das schon gegeben, als du jung warst?“ „Hat es schon gegeben. Aber ich habe nicht oft Eis bekommen.“ „Warum nicht?“ „Wir hatten wenig Geld. Und Eis war damals ziemlich teuer“, sagt die Frau. „Das ist schade. Wie oft hast du denn Eis gegessen?“ „Vielleicht zwei oder drei Mal pro Jahr.“ Das Mädchen macht große Augen. „Waaas? Das glaube ich dir nicht.“ „Warum nicht?“ „Das ist viel zu wenig.“ „Wie oft isst du denn Eis?“ „Also, gestern habe ich ein Eis bekommen. Und heute. Das sind schon mal zwei. Am Sonntag auch. Und davor weiß ich es nicht mehr.“

24

„Da hast du aber Glück.“ „Mein Freund Marco bekommt noch öfter Eis als ich“, sagt das Mädchen. „Das ist dann aber wirklich sehr oft.“ „Marco hat auch ganz schlechte Zähne. Er hat schon ein Loch hier.“ Das Mädchen zeigt in ihren Mund. „Alles wegen dem Eis?“ „Nein, auch wegen der Schokolade. Marco isst jeden Tag Schokolade.“ Das Mädchen schleckt wieder an ihrem Eis. „Möchtest du auch?“, fragt sie dann und hält der alten Frau ihr Eis hin. „Nein, danke. Aber das ist sehr nett von dir.“ „Meine Mama sagt immer: Wir sollen die guten Sachen teilen, dann werden sie noch besser.“ „Da hat sie recht, deine Mama.“ „Eigentlich stimmt es nicht“, sagt das Mädchen und zuckt mit den Schultern. „Das Eis schmeckt genau gleich, egal, ob ich es allein esse oder dir auch etwas gebe.“ Sie schleckt wieder. „Vielleicht kauft meine Mama dir auch ein Eis. Weil du so wenig Geld hast.“ „Das ist schon okay. Ich habe heute mehr Geld als früher.“ „Bist du reich?“ „Nein, aber ich habe genug Geld.“ „Da hast du aber Glück! Meine Mama hat nie genug. Immer jammert sie: Das muss ich noch bezahlen, und das muss ich noch kaufen. Und dafür brauche ich noch Geld. Und für den Urlaub muss ich auch noch sparen.“ „Wo ist denn eigentlich deine Mama?“ Die Frau sieht sich um. Es sind ziemlich wenige Leute im Park. Und sie sieht keine junge Frau, die allein ist. schlecken: mit der Zunge essen

mit den Schultern zucken: die Schultern schnell hinauf- und hinunterbewegen.

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„Ich weiß nicht“, sagt das Mädchen. „Ich habe sie schon eine Weile nicht mehr gesehen.“ „Schon lange?“ „Ja, sehr lange.“ „Hast du sie verloren?“ „Wieso verloren? Man kann seine Mama doch nicht verlieren. Ein Spielzeug kann man verlieren. Oder vielleicht seinen Rucksack für den Kindergarten.“ „Aber wo ist denn dann deine Mama?“ Die Frau wird ein bisschen nervös. Das Mädchen zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Habe ich doch gesagt.“ „Ist sie vielleicht einkaufen?“ „Vielleicht.“ „Oder ist sie hier im Park?“ „Das glaube ich nicht. Dann wäre mein Papa böse auf sie.“ „Warum wäre er böse?“ „Er mag es nicht, wenn meine Mama da ist.“ Das Mädchen schleckt wieder an ihrem Eis. Sie sieht ein bisschen traurig aus. „Das … verstehe ich nicht“, sagt die Frau. „Das ist doch nicht schwer zu verstehen. Bei Jonas ist es genauso. Und bei Elsa auch.“ Die alte Frau sieht das Mädchen fragend an. „Die Eltern von Jonas und Elsa sind auch geschieden.“ „Ach so. Und dein Papa“, fragt die Frau dann, „ist der hier im Park?“ „Ja klar, was denkst du denn?“ Das Mädchen lacht. „Papa!“, ruft sie und winkt einem Mann, der zwei Bänke weiter sitzt und ein Buch liest. Er winkt zurück, packt sein Buch ein und kommt zu ihnen.

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„Guten Tag“, sagt er. „Na, Amelie, hast du eine neue Freundin gefunden?“ „Ja, aber weißt du was? Sie isst fast gar kein Eis. Nur zweimal im Jahr.“

Und jetzt Sie! 1. Schreiben Sie ein kurzes Gespräch. Die alte Dame erzählt beim Nachmittagskaffee mit ihren Freundinnen von ihrem Erlebnis.

Alte Dame: Neulich, im Park, habe ich … Ein kleines Mädchen … 2. Schreiben Sie einen kurzen Text. Wie anders ist die Welt von Ihnen und Ihren Großeltern?

Wir können mehr Auto fahren / öfter fliegen … Damals gab es noch … Ich kann mir keine Welt vorstellen ohne …

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ÜBUNGEN 1. Finden Sie die Gegensätze und verbinden Sie. a b c d e f 05

alte Frau früher gesund nicht oft teilen reich

1 2 3 4 5 6

jeden Tag arm heute ungesund für sich behalten Kind

2. Welche Antwort passt? Lesen oder hören Sie die Geschichte und ordnen Sie zu. a Warum macht die alte Frau sich Sorgen? 1 ⚪ Sie glaubt, dass Amelie zu viel Eis isst und das ist ungesund. 2 ⚪ Sie glaubt, dass Amelies Vater böse auf sie ist. 3 ⚪ Sie glaubt, dass Amelie ihre Mutter verloren hat. b Warum weiß Amelie nicht, wo ihre Mutter ist? 1 ⚪ Sie hat ihre Mutter verloren. 2 ⚪ Ihre Eltern sind geschieden und heute ist sie bei ihrem Vater. 3 ⚪ Ihre Mutter kauft ein und ist noch nicht zurück. c Warum geht es Amelies Freunden ähnlich wie ihr? 1 ⚪ Die Freunde essen auch zu viel Eis. 2 ⚪ Die Eltern der Freunde sind auch geschieden. 3 ⚪ Die Familien der Freunde haben zu wenig Geld. 3. Familien verändern sich. Überlegen Sie und beantworten Sie die Fragen. a Warum erwartet die alte Dame, dass Amelie mit ihrer Mutter im Park ist?

b Warum ist es für Amelie ganz normal, mit ihrem Vater im Park zu sein?

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06

6 Ich kaufe mir den Mond „FREIBURG HAUPTBAHNHOF. Bitte alle aussteigen.“ Jan, ein Mann um die 40, verlässt den Zug. Er geht in die Bahnhofshalle und fragt ein älteres Ehepaar: „Guten Tag, sind Sie von hier?“ „Ja“, sagt der Mann, „können wir Ihnen helfen?“ „Wo wohnen denn in Freiburg reiche Leute?“ „Reiche Leute?“ „Menschen mit viel Geld. Mit großen Häusern und dicken Autos.“ „Eine seltsame Frage.“ „Finde ich nicht. Ich frage das in jeder Stadt.“ „Aber warum wollen Sie das denn wissen?“, fragt die Frau. „Ich möchte diese Leute ausrauben.“ „Das ist doch ein Witz, oder?“ „Sehen Sie mich lachen?“ „Also, das ist doch …“ Inzwischen stehen mehrere Leute um die drei herum und hören zu. „Warum reden Sie überhaupt mit diesem Verrückten?“, schimpft eine Frau. „Ich rufe jetzt die Polizei“, sagt ein Mann. „Wer weiß, vielleicht meint er das ernst.“ Als zwei Polizisten kommen, sagt Jan: „Endlich, die Polizei! Sie können mir sicher helfen. Wo wohnen denn in Freiburg die reichen Leute? Sie wissen schon, um sie auszurauben …“ „Den nehmen wir gleich mit“, sagt der Polizist zu seiner Kollegin. „Ja, besser vorsichtig sein. Die Chefin soll entscheiden, was wir mit ihm machen. Bringen wir ihn ins Polizeipräsidium.“ „So, und jetzt erklären Sie mir mal genau, was Ihr Plan ist“, sagt sie zu Jan, nachdem sie losgefahren sind. das Polizeipräsidium: die Zentrale der Polizei in einer Stadt

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„Mein Plan ist ganz einfach: Ich gehe in die Häuser der Reichen und nehme Geld und Schmuck mit. Und vielleicht auch Kuchen. Kuchen mag ich nämlich sehr. Besonders Schokoladenkuchen. Sicher haben manche von den Reichen Schokoladenkuchen zu Hause, was denken Sie? … Und Sie, mögen Sie auch Kuchen?“ „Jeder mag Kuchen“, sagt die Polizistin. „Das stimmt nicht, meine Tante Frieda mag Kuchen nicht besonders gern. Aber wenn ich sie besuchen komme, dann bäckt sie trotzdem immer einen. Ist das nicht eine liebe Tante?“ Die beiden Polizisten sehen sich fragend an. „Aber zurück zu meinem Plan“, sagt Jan und holt ein paar Plastiktüten aus seinem Rucksack. „Schauen Sie, ich habe genug zum Tragen mitgenommen. Was denken Sie, wie viel passt in eine Tüte? 3 Millionen Euro? 5 Millionen? Und dazu noch ein Schokoladenkuchen. Oder sogar zwei. Später fahre ich dann mit dem Zug in die Schweiz. Dort wohnen auch viele reiche Leute, habe ich gehört.“ Die Polizistin sieht Jan lange an und sagt dann leise zu ihrem Kollegen: „Ich glaube, der ist verrückt.“ „Mit dem Geld kaufe ich mir ein Schloss, und dort lebe ich mit meiner Prinzessin. Und wenn noch genug übrig ist, kaufe ich mir den Mond.“ „Ich glaube nicht, dass der irgendwelche Probleme machen wird“, sagt der Polizist und schüttelt den Kopf. „Und wenn der Mond einmal mir gehört“, redet Jan weiter, „dann lasse ich ihn nur für mich scheinen. Und erst wenn mir jeder Mensch auf der Erde viel Geld gegeben hat, darf er wieder für alle scheinen. Mit diesem Geld kaufe ich dann die Sonne. Und die … Naja, Sie können es sich denken.“ Sie bleiben vor dem Präsidium stehen. „Ich glaube, den lassen wir laufen“, sagt die Polizistin und tippt sich mit dem Finger an die Stirn. jemanden laufen lassen: er darf gehen und wird nicht bestraft

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„Sie können gehen“, sagt sie zu Jan. „Gehen? Einfach so? Das ist schade. Ich finde Sie eigentlich nett. Ich wollte Ihnen sogar etwas von meinem Schokoladenkuchen geben.“ „Bitte steigen Sie aus.“ Jan sieht das Polizeiauto wegfahren und lächelt. Dann überquert er hinter dem Polizeipräsidium die Berliner Allee, geht in die Wilmersdorfer Straße und klingelt bei Nummer 14a. Eine ältere Frau öffnet die Tür. „Hallo Jan, komm doch herein“, sagt sie und umarmt ihn. „Du warst aber schnell hier! Hast du ein Taxi vom Bahnhof genommen?“ „Hallo Tante Frieda, nein, das war gar nicht nötig. Zwei Polizisten haben mich vom Bahnhof mitgenommen.“ „Das ist aber nett von ihnen! Und jetzt komm, setz dich, ich habe Schokoladenkuchen gebacken.“

Und jetzt Sie! 1. Schreiben Sie einen kurzen Text. Die Polizisten müssen einen Bericht über Jan schreiben.

Um 12:45 Uhr wurden wir zum Hauptbahnhof Freiburg gerufen … Deshalb fanden wir es nicht nötig, den Mann … 2. Schreiben Sie einen kurzen Text. Haben Sie schon einmal etwas Verrücktes gemacht?

Ihr werdet es nicht glauben, aber im letzten Jahr habe ich … Als ich 12 Jahre alt war, gingen wir …

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ÜBUNGEN

06

1. Ankunft auf dem Bahnhof. Lesen oder hören Sie die Geschichte und ergänzen Sie die passenden Wörter. a b c d e

Jan fährt mit dem Zug nach Jan bittet die Leute am Bahnhof um Jan möchte reiche Leute Die ältere Frau glaubt, dass Jan einen Doch ein Mann ruft wegen Jan die

. . . macht. .

2. Was gehört nicht zu Jans „Plan“, von dem er der Polizei erzählt? Streichen Sie durch. die Sonne kaufen den Mond kaufen ein Schloss kaufen die Schweiz kaufen

reiche Leute ausrauben

der Plan

Schokoladenkuchen stehlen mit einer Prinzessin zusammenleben

dicke Autos stehlen Schokoladenkuchen backen

seiner Tante Schokoladenkuchen mitbringen

3. Was ist die richtige Antwort? Kreuzen Sie an. a Warum lassen die Polizisten Jan laufen? 1 ⚪ Es stört sie nicht, wenn reiche Leute ausgeraubt werden. 2 ⚪ Sie glauben, dass Jan verrückt ist. 3 ⚪ Jan verspricht ihnen Schokoladenkuchen. b Warum ist Jan wirklich in Freiburg? 1 ⚪ Er möchte reiche Leute ausrauben. 2 ⚪ Er möchte ein Schloss kaufen. 3 ⚪ Er möchte seine Tante Frieda besuchen. c Warum sagt Jan den Polizisten, dass er reiche Leute ausrauben möchte? 1 ⚪ Sie sollen ihm bei der Suche helfen. 2 ⚪ Sie sollen ihn bis zum Polizeipräsidium mitnehmen. 3 ⚪ Jan ist verrückt.

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07

7 Den Strand entlang

Die Muscheln am Strand sind so schön. Sarah geht langsam, manchmal hebt sie eine auf, steckt sie in die Tasche oder wirft sie zurück ins Meer. Sie weiß nicht, soll sie froh sein oder traurig? Es ist früh am Morgen und der Himmel noch ein bisschen rot, ganz weit hinten. Das Meer ist ruhig, nur ein paar kleine Wellen nahe am Strand. Der Urlaub ist vorbei, es ist ihr letzter Spaziergang am Strand. Sie hält ihre Schuhe in der Hand und spürt den weichen Sand unter den Füßen. Sie geht zwei, drei Schritte ins Wasser. Das Meer ist noch kühl, so früh am Morgen, also lieber wieder zurück auf den Strand. Im Hotel schlafen ihre Eltern wahrscheinlich noch, auch ihr kleiner Bruder. Das hat er jedenfalls getan, als sie leise das Zimmer verlassen hat.

die Welle: wenn das Wasser sich bewegt

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Bei der Ruine wollen sie sich treffen, aber wird Matteo wirklich kommen? Er ist kein Frühaufsteher, das hat er immer gesagt. Er mag die Nacht lieber, die Lichter in den Straßen, in den Fenstern der Bars und Cafés. Er mag es, wenn sich der Mond im Meer spiegelt, wenn man am Wasser sitzt und den Wellen zuhört und der Musik aus den Strandcafés. Sie, Sarah, mag eigentlich beides, Abend und Morgen, aber ein bisschen lieber den Morgen. Wenn die Luft noch frisch ist, die Sonne noch neu, wenn die Stadt noch schläft, so wie jetzt, wenn man Pläne für den Tag machen kann, wenn alles möglich scheint. Und sie mag Matteo, sie mag ihn sogar sehr. An ihrem letzten gemeinsamen Abend, vor zwei Tagen, haben sie sich an den Händen gehalten, und sie haben sich geküsst. Und wer weiß, vielleicht werden sie sich heute wieder küssen, zwischen den Steinen der Ruine, und nur der blaue Himmel, die Sonne und die Vögel, die weit oben ihre Kreise ziehen, werden zusehen. Sarah möchte noch einmal Matteos Hand in ihrer spüren, seine Lippen auf ihren, aber sie möchte es gleichzeitig auch nicht. Es wird alles nur schwerer machen. Den Abschied. Denn genau das wird es heute sein, ihr Abschied. Natürlich, sie hat seine Nummer und er ihre, sie werden telefonieren und Nachrichten schreiben, oft, das haben sie sich versprochen. Er wird jeden Tag an sie denken und sie an ihn. Im nächsten Jahr werden sie sich wiedersehen, und wer weiß, vielleicht auch schon früher. Sarah wird Italienisch lernen, sie hat sich schon online für einen Kurs angemeldet. Und im nächsten Jahr wird sie nicht nur Urlaub hier machen, sie wird länger bleiben, sich für einen Ferienjob bewerben, in einem Café vielleicht, wie Matteo, dann haben sie den ganzen Sommer für sich. Aber bis zum nächsten Jahr ist es noch lang. die Ruine: altes, zum Teil kaputtes Gebäude

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Sarah geht weiter den Strand entlang, und sie weiß schon, was ihre Eltern sagen werden, sie kann es jetzt schon hören: Bist du denn überhaupt in Matteo verliebt, so richtig in ihn? Im Urlaub fühlt sich doch alles besser an – wenn man gemeinsam über den Strand geht, die Luft nach Salz und Wasser riecht und die Sonne langsam untergeht. Aber wenn man wieder zu Hause ist, im normalen Leben, sieht alles ganz anders aus. Und sie werden sagen: Es gibt noch so viele andere Jungen, auch in der Schweiz, du wirst dich neu verlieben, es wird nicht funktionieren mit Matteo, Italien ist zu weit entfernt. So war es doch auch bei deinen Freundinnen Leonie und Emma, im letzten Jahr. Beide haben im Urlaub einen netten Jungen kennengelernt, beide waren verliebt, beide haben, zurück in Zürich, schnell den Kontakt verloren. Warum sollte es bei dir anders sein? Aber dann halte ich mir einfach die Ohren zu, denkt Sarah und lacht. Schade, dass Matteo gestern keine Zeit hatte, an ihrem letzten Abend, dass er arbeiten musste. Sie waren noch einmal groß essen, die ganze Familie, in einem guten Restaurant. Und auf dem Heimweg sind sie zufällig an dem Café vorbeigegangen, in dem er Kellner ist. Sie hat ihm gewinkt, aber er hat sie nicht gesehen, hat gerade Gästen Wein und Wasser und ein paar Nüsse gebracht. Doch das hat sie nicht gestört, denn heute werden sie sich ja noch einmal sehen, nur sie beide, bei der Ruine. Und er wird doch kommen, oder? Er wird nicht verschlafen, auch wenn er gestern lange arbeiten musste, auch wenn er den Abend liebt und nicht den Morgen, die Sterne und nicht die ersten Sonnenstrahlen.

verschlafen: zu lange schlafen

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Sarah ist jetzt schon fast bei der Ruine und geht ein wenig schneller. Sie spürt noch den Sand sanft unter ihren Füßen, sieht die Sonne, die höher steigt, hört die Wellen, wie sie an den Strand laufen. Aber das ist alles nicht mehr so wichtig. Wichtig ist jetzt nur noch, ob hinter den alten Mauern Matteo auf sie wartet, ob sie ihn noch ein letztes Mal sehen kann, spüren, noch einmal seine Hand halten. Bevor sie zurück ins Hotel muss, einpacken, auschecken, ins Taxi, ins Flugzeug, zurück nach Zürich, weit weg, immer weiter weg von Matteo und dem Meer. Jetzt steht sie vor der Ruine und hat ein bisschen Angst hineinzugehen. Was, wenn er nicht da ist? Wenn sie für ihn nichts weiter ist als eine Touristin wie viele andere auch? Ein Mädchen, das er küsst und gleich wieder vergisst, wenn sie abreist? Weit entfernt, am Rand der Stadt, sieht sie jemanden auf einem Moped. Er fährt in ihre Richtung und winkt. Aber winkt er ihr? Ist das wirklich …? Er ist noch so weit entfernt.

Und jetzt Sie! 1. Schreiben Sie einen kurzen Text. Einen Monat nach ihrer Rückkehr nach Zürich schreibt Sarah in ihr Tagebuch.

Vier Wochen ist es jetzt her, und doch … Matteo und ich … 2. Schreiben Sie einen kurzen Text. Wann waren Sie zum letzten Mal in einem fremden Land? Wie war das?

Eigentlich bin ich die ganze Zeit … Vor zwei Jahren machte ich Urlaub in …

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ÜBUNGEN

07

1. Sarah und Matteo. Lesen oder hören Sie die Geschichte und antworten Sie mit Stichworten. Sarah

Matteo

a Wo lebt er/sie? b Welche Tageszeit mag er/sie? c Was macht er/sie in Italien? d Was hat er/sie am letzten Abend gemacht? 2. Wie geht es mit Sarah und Matteo weiter? Was denkt Sarah und was ihre Eltern? Kreuzen Sie an. a b c d e f

Sarah Eltern Sarah und Matteo bleiben zusammen. ⚪ ⚪ Sarah lernt Italienisch. ⚪ ⚪ Sarah verliebt sich neu. ⚪ ⚪ Sarah und Matteo telefonieren oft. ⚪ ⚪ Sarah verliert schnell den Kontakt mit Matteo. ⚪ ⚪ Sarah macht einen Ferienjob in Italien. ⚪ ⚪

3. Sarah sitzt im Flugzeug zurück nach Zürich und schreibt in ihr Tagebuch. Ergänzen Sie die fehlenden Buchstaben. Heute Morgen bin ich ganz früh au g a en (a). Ich wollte Matteo noch ein letztes Mal bei der R e (b) treffen. Der Weg über den S r d (c) war lang, aber schön. Ich musste die ganze Zeit an Matteo denken und an unsere Zu ft (d). Als ich zur Ruine kam, hatte ich große A st (e). Was, wenn er nicht da ist? Aber dann ist ein M d (f) aus der Stadt gekommen. Da bin ich …

37

08

8 Bist du traurig?

Stille Nacht, heilige Nacht Alles schläft, einsam wacht Die Musik kam aus dem Lautsprecher hinter ihr, ein paar Meter weiter hörte sie schon das nächste Weihnachtslied. Ihr Kinderlein kommet, so kommet doch all … Manche Leute liefen gestresst an ihr vorbei, wollten schnell ein paar schöne Weihnachtsgeschenke finden. Andere gingen langsam und sahen sich die Stände genau an. Und viele waren einfach nur auf dem Striezelmarkt, um gemeinsam mit Freunden einen heißen Tee zu trinken und ein Stück Stollen zu essen. Charlotte hatte keinen Stress. Sie hatte alle Zeit der Welt. Aber froh war sie darüber nicht.

der Striezelmarkt: berühmter Weihnachtsmarkt in Dresden

der Stollen: ein süßes Gebäck zu Weihnachten

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Sie setzte sich auf eine Bank in der Nähe des Weihnachtsmarkts. Hier konnte man noch gut die Musik, die Stimmen und das Lachen der Kinder hören und die heißen Getränke und Bratwürste riechen. Aber Charlotte war mit ihren Gedanken weit weg und bemerkte es kaum. Da stand plötzlich er vor ihr: dick, rote Jacke, rote Hose, weißer Bart, eine rote Mütze auf dem Kopf und dazu ein großer leerer Sack. Der Weihnachtsmann. „Darf ich mich zu dir setzen?“, fragte er. „Meinetwegen“, sagte Charlotte und machte Platz. Der Weihnachtsmann setzte sich und sagte: „Du siehst traurig aus.“ Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Dass jetzt irgendein Typ, der sich als Weihnachtmann verkleidet hatte, mit ihr über ihre Gefühle reden wollte. „Und du siehst müde aus“, sagte sie. „Klar bin ich müde. Was denkst du denn? Weihnachten kommt bald. Das ist jedes Jahr ein Riesenstress.“ „Aber dafür wirst du sicher auch nicht schlecht bezahlt, oder?“ „Wieso bezahlt?“, fragte der Weihnachtsmann. „Da geht es doch nicht ums Geld.“ „Ja klar, du machst das alles bloß, weil du so ein netter Typ bist.“ „So … äh … könnte man das vielleicht sagen.“ Sie saßen eine Weile still nebeneinander. „Also, warum bist du traurig?“, versuchte es der Weihnachtsmann noch einmal. Der gibt nicht auf, dachte Charlotte. „Also gut, es ist ja kein Geheimnis“, sagte sie dann. „Ich habe vor Kurzem meinen Job verloren. Das ist nicht so toll, ein paar Tage vor Weihnachten.“ „Oje, das tut mir leid!“ „Vielleicht kannst du mir ja einen neuen Job zu Weihnachten bringen?“

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„Ich glaube, das funktioniert nicht.“ „Kein Job in deinem großen Sack?“ Der Weihnachtsmann schaute hinein. „Nein, ich fürchte nicht.“ „Der ist ja sowieso leer. Hast du heute schon Feierabend?“ „Nein, ich mache bloß eine kleine Pause. Bevor ich die nächsten Geschenke austeile. Und weißt du, ganz leer ist mein Sack nie. Möchtest du vielleicht einen heißen Tee?“ „Klar, wenn du mich einlädst.“ Der Weihnachtsmann zog einen Becher Tee aus seinem Sack. „Aber pass auf, der ist noch ganz heiß.“ „Wo hast du den denn ...? Na egal, vielen Dank.“ Sie kostete vorsichtig. Heiß und süß, sehr gut. „Möchtest du auch ein Lebkuchenherz dazu?“ „Warum nicht.“ Er holte ein großes Herz aus seinem Sack. Für Charlotte stand darauf. Frohe Weihnachten. „Wie hast du denn das gemacht? Da steht ja mein Name drauf.“ „Klar, ist ja auch für dich.“ „Woher kennst du meinen Namen?“, fragte Charlotte. „Bist du einer von diesen Verrückten?“ „Ich soll verrückt sein, bloß weil dein Name auf dem Herz steht?“ „Läufst du mir nach?“ „Klar bin ich dir nachgelaufen. Du hast so traurig ausgesehen. Da musste ich doch etwas tun.“ „Das finde ich jetzt ein bisschen unheimlich. Ich will deine Hilfe nicht.“ Charlotte stand auf. „Viel kann ich dir sowieso nicht helfen. Kein Job in meinem Sack. Ich kann dir nur diesen wirklich leckeren Lebkuchen geben. Willst du ihn nicht mal probieren?“ Der Lebkuchen sah wirklich gut aus und roch wunderbar. „Meinetwegen. Was kann schon Schlimmes passieren?“ der Lebkuchen: süßes Gebäck mit Gewürzen

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Charlotte setzte sich wieder und nahm einen Bissen von dem großen Lebkuchenherz. Sie kaute langsam und schmeckte all die Gewürze, die sie schon als Kind geliebt hatte. Sie dachte an die vielen schönen Weihnachten als kleines Mädchen, an die Kerzen auf dem Weihnachtsbaum, die Plätzchen, die Geschenke, die Weihnachtslieder. Sie nahm noch einen Bissen und dann noch einen. Und je mehr sie aß, desto fröhlicher wurde sie. Sie bemerkte wieder die Musik und das Lachen vom Striezelmarkt, sah die Lichter. Und sie hatte plötzlich Lust, selbst wieder dort hinzugehen. Ihr Problem würde das nicht lösen, aber es würde Spaß machen, ein oder zwei Stunden lang nicht über die schwierigen Dinge im Leben nachzudenken. Der Weihnachtsmann war aufgestanden. „Du gehst schon?“, fragte sie und war fast ein bisschen enttäuscht. „Ja, tut mir leid, ich habe heute noch Einiges zu tun.“ „Verstehe schon, Weihnachtsstress …“, sagte Charlotte und lachte. Sie blieb noch kurz sitzen, trank ihren Tee aus und ging dann zurück zum Striezelmarkt.

Und jetzt Sie! 1. Schreiben Sie einen kurzen Text. Wie geht es weiter? Was macht Charlotte auf dem Striezelmarkt? Kauft sie etwas? Trifft sie jemanden?

Wie anders wirkte der Striezelmarkt jetzt, ganz anders als vor einer halben Stunde. Charlotte sah … 2. Schreiben Sie einen kurzen Text. Was ist das wichtigste Fest in Ihrer Kultur? Wie feiert man es?

Bei uns wird … gefeiert. Meistens macht man … Am Abend gibt es … Besonders wichtig ist …

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ÜBUNGEN

08

1. Auf dem Weihnachtsmarkt. Lesen oder hören Sie die Geschichte und beantworten Sie die Fragen. a Warum gehen die Leute auf den Striezelmarkt?

b Warum hat Charlotte keine Lust auf den Weihnachtsmarkt?

2. Der Weihnachtsmann. Richtig (r) oder falsch (f)? Kreuzen Sie an. a b c d e f

Der Weihnachtsmann setzt sich zu Charlotte. Er verdient viel Geld als Weihnachtsmann. Er möchte Charlotte helfen, weil sie traurig ist. Er besorgt Charlotte einen tollen Job. Er schenkt ihr heißen Tee und ein Lebkuchenherz. Charlotte freut sich, dass ihr Name auf dem Herz steht. g Der Lebkuchen erinnert sie an Weihnachten in ihrer Kindheit. h Nachdem Charlotte den Lebkuchen gegessen hat, geht sie nach Hause.

r ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪

f ⚪ ⚪ ⚪ ⚪ ⚪













3. Welche Wörter passen zu Weihnachten? Markieren Sie. Fallen Ihnen noch weitere ein? Notieren Sie.

Musik

Regen

Geschenke

Lieder

Hase

Lebkuchen

Strand

Gemüse

Flohmarkt

Job

Weihnachtsbaum Kerze

Blume Abenteuer Weihnachtsmann Stress

heißer Tee Weihnachtsmarkt Lärm

Banane

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Das große Geschichten-Quiz Haben Sie alle Geschichten gelesen? Zu jeder Geschichte gibt es zwei Fragen. Immer nur eine Antwort ist richtig. Kreuzen Sie an.

1 Musik in meinem Kopf a Warum kann der Mann nicht mehr Geige spielen? A B C D

⚪ Er trinkt zu viel. ⚪ Seine Finger tun oft weh. ⚪ Er ist nach seinem Unfall faul geworden. ⚪ Seine Kollegen wollen ihn nicht mehr im Orchester.

b Was schenkt Natascha dem Obdachlosen? A B C D

⚪ Eine CD mit der „Pastorale“ von Beethoven. ⚪ Eine Geige. ⚪ Eine Konzertkarte. ⚪ Eine Karte für die Fahrt nach Leipzig.

2 Große Brüder a Warum begegnet Hayo dem Räuber? A B C D

⚪ Er möchte ihn treffen, weil er ein alter Freund ist. ⚪ Die App auf seinem Handy zeigt den falschen Weg. ⚪ Der Räuber läuft ihm nach. ⚪ Hayo verläuft sich und geht den falschen Weg.

b Welchen Beruf hat Hayo? A B C D

⚪ Grafiker. ⚪ Musiker. ⚪ Journalist. ⚪ Räuber.

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3 Enten a Wo sitzt Paul und füttert die Enten? A ⚪ Bei der Frauenkirche. B ⚪ Beim Stephansdom. C ⚪ An einem Fluss. D ⚪ Im Englischen Garten. b Wann haben Paul und Anja sich getrennt? A ⚪ Heute. B ⚪ Gestern. C ⚪ Vor einem halben Jahr. D ⚪ Vorgestern.

4 Mit Mozart in der U-Bahn a Warum ist Lin Na in Wien? A ⚪ Sie besucht eine Freundin. B ⚪ Sie studiert in Wien. C ⚪ Sie besucht Raphael. D ⚪ Sie möchte den Zentralfriedhof besichtigen. b Was ist Raphaels Beruf? A ⚪ Er spielt bei den Mozart-Konzerten. B ⚪ Er verkauft Konzertkarten. C ⚪ Er ist Fremdenführer. D ⚪ Er arbeitet am Wiener Zentralfriedhof.

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5 Nur zwei Eis? a Warum hat die alte Dame als Kind selten Eis gegessen? A ⚪ Ihre Familie hatte nicht viel Geld. B ⚪ Sie hatte sehr schlechte Zähne. C ⚪ Sie mochte kein Eis. D ⚪ Damals gab es noch kein Eis. b Warum ist Amelies Mutter nicht mit ihr im Park? A ⚪ Sie ist gerade einkaufen. B ⚪ Amelie hat sie verloren. C ⚪ Sie mag die alte Frau nicht. D ⚪ Amelie ist heute mit ihrem Vater zusammen.

6 Ich kaufe mir den Mond a Wer bäckt Schokoladenkuchen für Jan? A B C D

⚪ Die Polizistin. ⚪ Reiche Leute in Freiburg. ⚪ Ein altes Ehepaar am Bahnhof. ⚪ Seine Tante Frieda.

b Warum wollen die Polizisten Jan aufs Polizeipräsidium bringen? A B C D

⚪ Sie denken, dass Jan Schokoladenkuchen gestohlen hat. ⚪ Jan wird schon länger von der Polizei gesucht. ⚪ Sie denken, dass Jan ein Räuber ist. ⚪ Jan streitet am Bahnhof mit einer Frau.

45

7 Den Strand entlang a Wo wollen Sarah und Matteo sich treffen? A B C D

⚪ Am Strand. ⚪ Bei einer Ruine. ⚪ In Matteos Café. ⚪ In Sarahs Hotel.

b Was denken Sarahs Eltern über sie und Matteo? A B C D

⚪ Sarah und Matteo sind ein tolles Paar. ⚪ Sarah soll Matteo in die Schweiz einladen. ⚪ Sarah wird schnell den Kontakt zu Matteo verlieren. ⚪ Sarah soll oft mit Matteo telefonieren.

8 Bist du traurig? a Warum ist Charlotte traurig? A B C D

⚪ Sie mag Weihnachten nicht. ⚪ Sie hat ihren Job verloren. ⚪ Sie bekommt keine Geschenke zu Weihnachten. ⚪ Der Weihnachtsmann interessiert sich nicht für sie.

b Was schenkt der Weihnachtsmann Charlotte? A B C D

⚪ Einen neuen Job. ⚪ Ein Stück Stollen. ⚪ Seine rote Mütze. ⚪ Heißen Tee und ein Lebkuchenherz.

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LÖSUNGEN

1 1. 2. 3.

5 1. 2. 3.

Musik in meinem Kopf richtig: b, c, e; falsch: a, d früher: b, c, d; heute: a, c, e, f 6, 3, 7, 1, 5, 4, 2

2 Große Brüder 1. a alten, b müde, c kalte, d leer, e falschen, f fremd 2. a 4, b 1, c 3, d 5, e 2 3. mögliche Antworten: a Sein großer Bruder hat den besseren Platz. b Beide sind sauer auf ihre großen Brüder. c Sein großer Bruder soll nichts verdienen. 3 1. 2. 3.

Enten früher: b, c, e; heute: a, d a 3, b 7, c 4, d 1, e 5, f 6, g 2 mögliche Lösung: a Es wird immer schlechter. b Sie versuchen, einander so wenig wie möglich zu sehen.

4 Mit Mozart in der U-Bahn 1. a U-Bahn, b Kleider, c Perücke, d Musiker, e Job, f Karten 2. Lin Na: a, b, d; Raphael: c, e; f, g: individuelle Lösungen 3. a 3, b 6, c 1, d 5, e 4, f 2

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Nur zwei Eis? a 6, b 3, c 4, d 1, e 5, f 2 a 3, b 2, c 2 mögliche Antworten: a Als sie jung war, war fast immer die Mutter bei den Kindern. b Ihre geschiedenen Eltern teilen sich die Erziehung.

6 Ich kaufe mir den Mond 1. a Freiburg, b Hilfe, c finden/ausrauben, d Witz/ Spaß/Scherz, e Polizei 2. streichen: die Schweiz kaufen, dicke Autos stehlen, Schokoladenkuchen backen, seiner Tante Schokoladenkuchen mitbringen 3. a 2, b 3, c 2 7 Den Strand entlang 1. Sarah: a Zürich, b Morgen / Morgen und Abend, c Urlaub, d Essen mit der Familie; Matteo: a Italien, b Nacht, c leben/arbeiten, d arbeiten 2. Sarah: a, b, d, f; Sarahs Eltern: c, e 3. a aufgestanden, b Ruine, c Strand, d Zukunft, e Angst, f Moped

LÖSUNGEN

8 Bist du traurig? 1. mögliche Antworten: a Sie wollen Weihnachtsgeschenke kaufen, die Stände anschauen und gemeinsam mit Freunden Stollen essen und Tee trinken. b Sie hat vor Kurzem ihren Job verloren. 2. richtig: a, c, e, g; falsch: b, d, f, h 3. Geschenke, heißer Tee, Musik, Lebkuchen, Stress, Kerze, Weihnachtsmarkt, Lieder, Weihnachtsbaum, Weihnachtsmann

Quiz 1 a B, b C; 2 a D, b A; 3 a D, b B; 4 a A, b B; 5 a A, b D; 6 a D, b C; 7 a B, b C; 8 a B, b D

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