Grammatik der katalanischen Sprache
 9783111490335, 9783111123837

Table of contents :
Inhalt
EINLEITUNG
I. NAME, EIGENTÜMLICHKEITEN UND ENTWICKLUNG
II. LAUTLEHRE
III. FORMENLEHRE
IV. WORTBILDUNGSLEHRE

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GRAMMATIK DER

KATALANISCHEN SPRACHE VON A. M O R E L - F A T I O

UND J.

SAROIHANDY.

Z W E I T E V E R B E S S E R T E U N D V E R M E H R T E AUFLAGE.

Sonderabdruck

aus der zweiten

A u f l a g e d e s I. B a n d e s

von Gröbers Grundriss der romanischen Philologie.

STRASSBURG. K A R L J. T R Ü B N E R . 1906. [Alle R e c h t e , b e s o n d e r s das d e r Ü b e r s e t z u n g v o r b e h a l t e n . ]

Inhalt. EINLEITUNG I. NAME, EIGENTÜMLICHKEITEN UND ENTWICKLUNG A. Benennung B. Allgemeine Charakterisierung C. Ursprung und Entwicklung

Seite

841-843 . . . 843—849 843 845 848

II. LAUTLEHRE A. Vokale B. Konsonanten

849—867 849 855

III. FORMENLEHRE A. Deklination B. Konjugation

868—873 868 870

IV. WORTBILDUNGSLEHRE

873—877

I. A B S C H N I T T .

ROMANISCHE SPRACHWISSENSCHAFT. B. DIE ROMANISCHEN SPRACHEN. 6. DAS CATALANISCHE VON

ALFR.

MOREL-FATIO

UND J.

SAROÏHANDY1.

ie S. 550 angedeutet wurde, wird das Catalanische heute gesprochen 1. in dem östlichen Teil der Pyrenäen, und zwar auf dem nördlichen und dem südlichen A b h ä n g e , 2. auf einem langen und ziemlich breiten Streifen der Ostküste der iberischen Halbinsel, 3. auf den Balearen und Pityusen, 4. in Sardinien in dem Distrikt von Alghero. Ausserhalb Europas hat das Catalanische auf Cuba und in der Argentinischen Republik Fuss gefasst, wo es dem Spanischen gegenüber seine Selbständigkeit behauptet. In Frankreich umfasst das catalanische Gebiet die ehemaligen Grafschaften Roussillon, Vallespir, Conflent, Cerdagne und Capcir, d. h. fast das ganze jetzige Departement der Ostpyrenäen (s. S. 550. 7 1 8 f.), und zählt etwa 200000 Einwohner (s. S. 544. 723). In Spanien erstreckt sich das catalanische Gebiet über acht Provinzen, von denen vier dem ehemaligen Principat von Catalonien entsprechen: Gerona, Barcelona, Tarragona und Lerida; drei dem ehemaligen Königreich Valencia: Castellon de la Plana, Valencia und Alicante; endlich die Provinz der Balearen und Pityusen oder ehemaliges Königreich Mallorca. Die Bevölkerung dieser acht Provinzen beläuft sich auf viertehalb Millionen Einwohner gegen vierzehn Millionen, die in den anderen spanischen Provinzen castilisch und gegen zwei, die galicisch sprechen; vgl. S. 544. Das Catalanische, das infolge des siegreichen Vordringens der Könige von Aragonien gegen die Mauren sich von Norden nach Süden ausgebreitet 1 Herr S a r o ï h a n d y hat die L a u t l e h r e neubearbeitet, in der «Bibliographie» einige weitere A n g a b e n zu den catalanischen Grammatikern gemacht und trägt die V e r antwortung für den A b s c h n i t t 1. B . A l l g e m e i n e Charakterisierung des Catalanischen. Ü b e r s e t z t wurden diese T e i l e vom Herausgeber. D i e deutsche Bearbeitung des übrigen in der ersten A u f l a g e des «Grundriss» durch Herrn Professor Dr. A . H o r n i n g wurde in die zweite A u f l a g e herübergenommen.

842

ROM. SPRACHWISSENSCHAFT. —

ROM. SPRACHEN. —

CATALANISCH.

(2)

hatte, wurde im Süden durch die mächtigere castilische Sprache wieder etwas zurückgedrängt. Die jetzige Grenze bildet ungefähr die Segura, die etwas nördlich von Murcia in das Mittelländische Meer fällt. Obgleich nämlich das Gebiet von Murcia eigentlich zur «Castilischen Eroberung» gehörte 1 , so wurde es doch um 1266 von Catalanen besetzt und bevölkert, da der König Alfons X . von Castilien die Hilfe seines Schwiegervaters, des Königs Jakob des Ersten von Aragonien, in Anspruch nehmen musste, um jene Provinz, die von ihm abgefallen war, den Muselmanen wieder zu entreissen. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sprach man Catalanisch in Murcia und in der Umgegend. «Seid überzeugt», sagt Muntaner, Cronica Kap. X V I I , «dass diejenigen, welche sich in Murcia, Orihuela, Elche, Guardamar, Alicante, Cartagena angesiedelt haben, echte Catalanen sind und das reinste Catalanisch sprechen.» Als später Murcia endgültig an die Krone Castilien fiel, verschwand das Catalanische, indem es in der Masse der Eroberer und Kolonisten castilischer Zunge aufging. Von dieser Seite also erlitt das catalanische Gebiet eine Einbusse. Weiter im Norden fällt die jetzige Grenze, die sich übrigens seit dem Mittelalter kaum verschoben hat, mit der politischen Grenze der Provinzen der K r o n e Aragonien und der Provinzen der K r o n e Castilien zusammen (Albacete, Cuenca, Teruel, Zaragoza und Huesca). Im äussersten Nordosten jedoch überschreitet das Catalanische die politische Grenze 2 . A b e r in grossen Städten wie Barcelona oder Valencia, wo durch Zeitungen, Annoncen, durch das Theater und ständigen täglichen Verkehr mit Castiliern das Castilische sich auch im niederen Volk verbreitet hat, wurden zahlreiche castilische Wörter gebraucht, die durch die Unterdrückung der auslautenden Vokale und durch andere Veränderungen eine catalanische Form erhalten haben. 2. Weder in Italien, insbesondere in Sicilien und Neapel, wo das Catalanische seit dem Ende des 13. Jahrhunderts und während der ganzen Dauer der aragonischen Herrschaft die offizielle Sprache der königlichen Kanzlei war, noch in Griechenland, wo es am Anfang des 14. Jahrhunderts von den Soldaten der sogenannten «catalanischen Kompagnien» gesprochen wurde, ist es unserer Sprache gelungen, festen Fuss zu fassen und die einheimische Rede zu verdrängen. In Sardinien jedoch konnten infolge der Siege der Könige von Aragonien um 1322 eine ziemliche Anzahl catalanischer Kolonisten sich auf verschiedenen Punkten der Insel niederlassen und ihre Sprache verbreiten. Ein catalanischer Chronist erzählt, dass Peter IV. (1336 — 1 3 8 7 ) «aus Cagliari alle sardinischen Einwohner vertrieb und sie durch Catalanen ersetzte» und dass die in der Insel angesiedelten Catalanen ihre Sprache «ebenso rein sprechen, wie man sie nur in Catalonien vernimmt» 3 . Heute ist das Sardinische wieder in seine R . M u n t a n e r , Crónica, A u s g a b e v o n B a r c e l o n a , 1860, K a p . X I I . S . u n t e n S . 846 u n d v g l . M i l á y F o n t a n a l s , Revista de archivos, bibliotecas y museos, B d . V I I , S . 200, dann b e s o n d e r s J o a q u í n C o s t a , Boletín de la institución libre de enseñanza (vom 16. F e b r u a r 1879) u n d das Anuari de la Associació d'excursions catalana (Barcelona 1883) B d . I I , S . 15, 25, 106, 108. 3 B e r n a t B o a d e s , Libre deis feyts d'armes de Catalunya, A u s g . der Biblioteca catalana v o n A g u i l ö y F u s t e r , S . 401. B o a d e s s c h r i e b 1420. U m die M i t t e des 16. J a h r h u n d e r t s n o c h sollen nach M o s s e n C r i s t ó f o l D e s p u i g A d l i g e u n d B ü r g e r l i c h e in S a r d i n i e n C a t a l a n i s c h g e s p r o c h e n h a b e n : «en S a r d e ñ a , la q u a l c o n q u i s t a lo I n f a n t D . A l f o n s o , q u e apres f o u c h rey de A r a g ó , tenen t a m b é la l l e n g u a cathalana, b e q u e allí tots no p a r l e n cathalá, q u e en m o l t e s parts d e la illa r e t e n e n encara la llengua a n t i g u a del regne, p e r o los cavallers y les p e r s o n e s de p r i m o r y f i n a l m e n t tots los q u e n e g o c i e n parlen c a t h a l á , p e r q u e la c a t h a l a n a es alli cortesana.» ( L o s col-loquis de la insigne ciutat de Tortosa. B a r c e l o n a 1 8 7 7 , S . 20. D i e W i d m u n g d e s B u c h e s ist v o m J a h r e 1557.) 1

2

(3)

BENENNUNG

Rechte getreten verwiesen.

und

UND

ENTWICKLUNG

DES

hat

das Catalanische

CATALANISCHEN.

in das G e b i e t von

843

Alghero

1. NAME, EIGENTÜMLICHKEITEN UND ENTWICKLUNG DER CATALANISCHEN SPRACHE. A.

BENENNUNG

DES

CATALANISCHEN.

enannt wird heute die Sprache lo catalâ CATALANUS oder la llengua catalana, und so schon wenigstens seit dem 14. Jahrhundert. Luis de Averso, ein Barceloner Bürger, stellt das catalâ der Sprache der T r o u badours gegenüber und erklärt es für seine eigene S p r a c h e 1 ; auch der Verfasser der Cobles de la divisiô del regne de Mallorca ( 1 3 9 8 ) 2 bringt l'art de trobar in G e g e n s a t z zum pla catald3. D a n e b e n findet man wenigstens ebenso häufig d e n Ausdruck catalanesch CATALANISCUS. Jofre de F o i x a ( E n d e des 13. Jahrhunderts): «Si tu trobes en cantar proençal alcun mot qui sia frances o catalanesch»4; Muntaner kennt keine andere Bezeichnung: «son vers Cathalans e parlen del bell cathalanesch del mon (die Einwohner Murcias)» 5 und in einer anderen Stelle, wo von zwei j u n g e n Sicilianern, R o g e r de Luria und Corral de L a n ç a , die R e d e ist, die beide sehr j u n g nach Catalonien k a m e n : «E axi cascu d'ells fo lo pus perfect cathala que negun altre e ab pus bell cathalanesch» 6 . Ein mallorcanischer Ubersetzer (14. Jahrhundert) des Buches der Chirurgie von Fr. Thierri sagt, dass er überträgt de lati en romans catalanesch1 u. s. w. A l s sich später das C a t a lanische infolge v o n Eroberungen über neue Gebiete ausbreitete, verwarfen die Einwohner der zur aragonischen Monarchie n e u hinzugekommenen L ä n d e r aus Lokalpatriotismus eine Bezeichnung, die sie nur allzu deutlich an das erinnerte, was sie den ersten catalanischen Kolonisten verdankten; so bildete man sich in Valencia und auf den Balearen ein, dass man eine vom Catalanischen verschiedene Sprache rede. Im 14. Jahrhundert schon unterscheidet ein Übersetzer des Valerius Maximus, A n t o n i Canals, ausdrücklich die lengua catalana von nostra vulgada lengua materna valenciana und behauptet, dass ein schon ins Catalanische übersetzter lateinischer Schriftsteller für die Catalanen Valencias ins Valencianische umgesetzt werden müsse 8 . Diese partikularistischen Bestrebungen griffen mit der Zeit immer mehr um sich. H e u t e giebt kein V a l e n c i a n e r , kein Mallorcaner, kein Menorcaner zu, dass er catalanisch rede: alle sind überzeugt, dass sie nur das valenciâ, das mayorqui, das menorqui sprechen. Eine andere Bezeichnung mehr gelehrten Ursprungs für die catalanische Sprache ist lemosi oder limosi. M a n verdankt sie R a i m o n d V i d a l von Besalü ( A n f a n g des 13. Jahrhunderts), der die parladura de lemosi für die edelste und vollkommenste aller occitanischen M u n d a r t e n hielt und lemosi zu einer generellen Bezeichnung erhob, mit der die Sprache der 1 Lo torcimany (der Dolmetsch), lo guai tracta de la sciencia gaya de trobar; s. M i l à y F o n t a n a l s , Revista de archivos, B d . V I , S. 362. 2 Carifoner de les obretes en nostra lengua materna v o n A g u i l ò y F u s t e r . 3 N i c h t parlar catald, w i e M i l a y F o n t a n a l s Jahrbuch f . roman. Literatur V 163 druckt. 1 Regles d'en J o f r e d e F o i x a , v e r ö f f e n t l i c h t von P . M e y e r , Romania I X , 58. 5 Crànica Kap. X V I I . 6 Ibid. K a p . XVIII. 1 H s . der N a t i o n a l - B i b l . Paris, E s p . N r . 212. 8 H s . der N a t i o n a l - B i b l . Paris, E s p . N r . 10.

844

ROM. SPRACHWISSENSCHAFT. —

ROM. SPRACHEN. —

C A T A L A N I S C H . (4)

Troubadours im allgemeinen benannt wurde 1 . Sein Beispiel fand bei seinen Landsleuten, auch bei den Grammatikern Nachahmung, in deren Mund lemosi die Sprache der Troubadours, die poetische Sprache, bezeichnete, im Gegensatz zum pía calalú, der vulgären Sprache des täglichen Verkehrs und der Prosa 2 . Später bezeichnete der Ausdruck auch die ältere Sprache, z. B. in dem Katalog der Bücher Martins I. von Aragonien ( 1 3 9 5 — 1 4 1 0 ) , wo der Vermerk en limosi nicht nur provenzalischen Werken wie die Leys d'amors beigegeben ist, sondern auch älteren Schriften in catalanischer Prosa, z. B. einer Briefsammlung des Königs Jacme I . 3 Ganz besonderen Anklang fand jener Name in den mit Catalonien neu vereinigten Provinzen, wo man so grossen Wert darauf legte, nicht «catalanisch» zu sprechen. Ja, ein valencianischer Dichter des 16. Jahrhunderts nennt in einer Stelle, in der er dem Llibre de les dones von Jaume Roig, einem anderen Valencianer des 15. Jahrhunderts, L o b spendet, Valencia, das «limusinische Vaterland» 4 ! A u c h in Castilien bezeichnet seit dem 15. Jahrhundert lemosin ebensowohl das Idiom der Catalanen als dasjenige der Troubadours, wie dies viele Anspielungen des Marquis von Santillana und der Dichter des Cancionero von Baena beweisen 5 . Heutzutage ist der Ausdruck in Catalonien wenig üblich, da man hier das Bewusstsein hat, nur catalanisch zu sprechen und zu schreiben; in Valencia aber und auf den Balearen bezeichnet man mit lemosi einmal die alte einheimische Litteratur, dann aber auch die poetischen Erzeugnisse der Gegenwart, wenn sie in der konventionellen und archaisierenden Sprache verfasst sind, die seit dreissig Jahren von den Schriftstellern der R e n a i x e n s a eingeführt wurde. Man spricht und schreibt valenciá, wenn man die Rede des Volkes nachbildet, aber man schreibt lemosi, wenn man sich der Sprache der Jochs Florais bedient. 4. Es wäre eine Zeitvergeudung, wenn man beweisen wollte, dass die a r a g o n i s c h e n Provinzen der K r o n e Aragonien jemals catalanisch gesprochen haben. Muntaner sagte schon: «Obschon die Catalanen und die Aragonesen demselben Herrn gehorchen, so ist doch ihre Sprache sehr verschieden» (Crónica, Kap. X X I X ) ; und man hat zahlreiche Beweise dafür, dass die Catalanen und die ungebildeten Aragonesen sich nicht ohne weiteres verstanden und das Bewusstsein hatten, dass ihre Idiome grundverschieden waren. Im Jahr 1364 war ein catalanischer Schreiber unfähig, die Aussage eines aragonischen Zeugen niederzuschreiben: «Totes les coses desús scrites foren dites et respostes per lo dit Mossen Johan en son lenguatge, mas, per tal com lo scriva no les sabia pronunciar ne scriura, foren mudades en caihala e apres foren legides al dit mossen Johan» 6 . V o n einem Aragonesen Pedro de Luna wird in einer anderen catalanischen Urkunde berichtet, dass er en son aragonés gesprochen habe (um 1365) 7 . Hieraus und aus vielen anderen Zeugnissen erhellt, dass das Aragonische zu jeder Zeit eine «diversidad» des «hablar castellano»

Las rasos de trobar, ed. Stengel, S. 70. «Jo nom servesch . . . deis lenguatjes que los trobadors en lurs obres se servexen . . . com prosaicament lo present libre jo pos» ( L u i s d ' A v e r s o ) . 3 Mihi y F o n t a n a l s , Trobadores en España, Barcelona 1861, S. 490. 4 «Criat en la patria ques diu limosina N o vol aquest libre mudar son lenguatge.» (A. M o r e l - F a t i o , Rapport sur une mission philologique ä Valence, Paris 1885, S. 21.) 5 «La lengua catalana, diz que era antiguamente Lemosina» schreibt J u a n de V a l d e s im 16. Jahrhundert. (Diálogo de la lengua, Ausgabe von Madrid, 1860, S. 32.) 6 Coleccion de doc. ined. del Archivo de la corona de Aragon, Bd. X X X I I , S. 133. ' Ibid. Bd. X X X I I , S. 387. 1

2

(5)

ALLGEMEINE

CHARAKTERISIERUNG

war, nach der genauen Definition lengua S. 34.

DES

CATALANISCHEN.

von Juan de Valdes Diälogo

B. A L L G E M E I N E C H A R A K T E R I S I E R U N G

DES

845

de la

CATALANISCHEN.

5. Wegen der grossen Ähnlichkeit, die zwischen dem Catalanischen und Provenzalischen besteht, hat man sagen können, dass jenes nur eine Art Provenzalisch wäre, und die am weitesten verbreitete Ansicht geht dahin, dass es in Spanien keine autochthone Sprache, sondern dorthin im 8. Jahrhundert aus Frankreich gebracht worden sei. Mehr als ein Einwand ist gegen diese Annahme zu erheben. Zunächst ist zu bemerken, dass trotz der grossen Ähnlichkeit des Catalanischen und Provenzalischen zwischen beiden Sprachen unverkennbare Verschiedenheiten bestehen. Die hierfür von Alart und von Mila y Fontanals gegebenen Nachweise 1 Hessen sich sogar noch vervollständigen. Sie genügen indessen, um fortzufahren, mit Diez zu glauben, dass die catalanische Sprache streng genommen zum Provenzalischen nicht im Verhältnis einer Mundart steht; «sie ist vielmehr ein selbständiges, mit ihr zunächst verwandtes Idiom» (Gramm, d. rom. Sprach. 3 I S. 112). — Man hat ferner geglaubt, dass zwischen Catalanisch und Castilisch eine schroffe Trennung bestünde. Gewöhnlich findet man nun aber zwischen zwei Nachbaridiomen, die sich in einem Lande frei entwickelt haben, keine scharfe Grenze; die Eigentümlichkeiten beider verschwinden nicht plötzlich und machen nicht sofort von ihnen gänzlich verschiedenen anderen Platz; erst nach einer Reihe allmählicher Umgestaltungen sieht man sich einer von der ersten verschiedenen Sprechweise gegenüber. So haben sich die Dinge in Wirklichkeit in den spanischen Pyrenäen zugetragen. In dem Pyrenäengebiet Cataloniens kann man mit Mila y Fontanals 2 zwei Mundartvarianten unterscheiden. Im Osten sind unbet. e und a zusammengefallen und zu einem Zwischenvokal, ähnlich dem frz. e muet geworden; unbet. 0 klingt fast immer u. Im Westen dagegen sind die unbetonten Vokale im allgemeinen unverändert geblieben. Unmerklich geht das östliche Catalanisch in das westliche über, und es besteht nirgends eine recht 1 M i l â y F o n t a n a l s hat in seinem Buch De los trovadores en Espana (1861, S. 453 ff.) auf die Verschiedenheiten zwischen Catalanisch und Provenzalisch im Mittelalter hingewiesen. Milâs Arbeit scheint hauptsächlich auf litterarischen Texten verschiedensten Ursprungs zu beruhen. Man hätte noch eingehend die Aktenstücke aus Roussillon und der französischen Cerdagne mit den Aktenstücken aus den angrenzenden Gebieten von Languedoc zu vergleichen. Alart hat hier und da Gelegenheit zu dieser Vergleichung genommen. Nach seiner Meinung bestand zu allen Zeiten eine sehr merkliche Verschiedenheit zwischen dem Catalanischen in Frankreich und dem Languedocischen (s. Revue des Lang. rom. 1 8 7 2 , S. 265 ff.). Noch jetzt sind sie beide reinlich geschieden (s. A . H o v e l a c q u e in R e v . mensuelle de l'Ec. d'Anthropol. 1 8 9 1 , 1 5 . Mai, und G i l l i é r o n s und E d m o n t s schönen Atlas linguistique de la France). Die beiden Idiome gehen nicht unmerklich in einander über. Die Trennung, bemerkt A l a r t , «est surtout marquée entre Us villes d'Estagell et de la Tour de France qui sont situées aux deux extrémités d'une plaine, à une distance de trois quarts d'heure ait plus l'une de l'autre; on parle catalan dans la première, qui a toujours appartenu au Roussillon, et languedocien dans la seconde» (Rev. des Lang. rom. 1877, S. 1 1 Anmerk.). Demnach wäre es fast natürlicher zu meinen, dass das Catalanische nach Frankreich durch die Hispani gebracht worden wäre, die von den Arabern nach den Nordpyrenäen gedrängt wurden. Viele von ihnen mochten später das Gebirge wieder überschreiten und ihr Ursprungsland wieder erreichen, aber es ist wahrscheinlich, dass sie niemals ihre Sprache zu sprechen aufhörten und, nach Catalonien zurückgekehrt, dort nicht provenzalische oder languedocische Sprache einführten. 2

Estudios

de leng. catalana,

Barcelona 1875, S. 3.

846

ROM. SPRACHWISSENSCHAFT. —

ROM. SPRACHEN. —

CATALANISCH.

(6)

scharfe Scheidung zwischen dem Westcatalanischen und den Dialekten, die sich bis heute in den aragonischen Pyrenäen erhalten haben. Catalonien wird von Aragon durch die Noguera Ribagorzana geschieden; doch bildet der Fluss keineswegs eine Sprachgrenze: im ganzen Gebiet zwischen der Noguera Ribagorzana und der Esera behält die Sprache ihren catalanischen Charakter; f einige wesentliche catalanische Züge finden sich sogar noch jenseits der Esera in den Tälern Plan (Gistany) und Bielsa, und man kann gewisse catalanische Eigentümlichkeiten selbst noch auf der Grenze des baskischen Sprachgebiets antreffen, in den Tälern Aragües, Echo, Anso und Fago, wo deutlich ausgeprägte aragonische Mundarten forterhalten sind 1 . Wenn noch heute möglich ist, die allmählichen Umgestaltungen in den romanischen Idiomen der spanischen Pyrenäen zu verfolgen, so erlaubt uns unsere Kenntnis der Sprache, die in Aragon vor der Einführung des Castilischen daselbst gesprochen wurde, gleicherweise, sie als eine Zwischensprache zwischen Catalanisch und Castilisch zu betrachten, mit denen beiden sie Züge gemein hatte 2 , und trotz der Unterschiede, die gegenwärtig vom Castilischen die heute in Catalonien gesprochene Sprache trennen, liegt, meinen wir, wohl kein Anlass vor, sie von der Gruppe der hispanischen Sprachen auszuschliessen. Wahrscheinlich hat sie sich im Berggebiet des Landes entwickelt, infolge von Eroberungen der Christen auf maurischem Boden nach und nach gegen Süden ausgebreitet und ist schliesslich bis zur Ostküste der Halbinsel und den Mittelmeerinseln vorgedrungen. Die sehr engen politischen Beziehungen, die lange Zeit Roussillon und die französische Cerdagne mit den catalanischen Landen verbunden haben, erklären andrerseits, warum man dieselbe Sprache auf beiden Seiten der östlichen Pyrenäen spricht. Mit dem Castilischen verglichen, unterscheidet sich das Catalanische von demselben besonders durch die Unterdrückung der unbetonten Vokale im Auslaut. In einigen besonderen Fällen fällt unbet. e und o auch im Aragonischen. Man findet darin Wörter wie mont (cast. monte), cort (cast. corte), suau (cast. suave). Man sagt im Plural in ganz Oberaragon, wie in Catalonien, valons (cast. valones), casals (cast. casales), pastors, corders oder vielmehr pastos (cast. pastores), corde's (cast. corderos). In Bielsa fällt o im Singular hinter l, n, r: soler (cast. solero), fil (altcast. filo), man (cast. mano), camin (cast. Camino), molin (cast. molino). In Benasque bleibt es stets im Singular, findet sich aber nirgends im Plural: el rico — eis rics, el amigo — eis amics, el prau — eis prats, el gato — eis gats. Der Schwund eines unbetonten Vokals in der Endsilbe ist daher nicht eine ausschliesslich catalanische Erscheinung. Ebenso kann man feststellen, dass manche andere Besonderheiten des Catalanischen sich jenseits der aragonischen 1 Man findet einige A n g a b e n über die M u n d a r t e n der aragonischen P y r e n ä e n in z w e i Berichten v o n S a r o ' i h a n d y im A n n u a i r e de l ' E c . des H a u t e s E t u d . 1898 u. 1 9 0 1 ; s. G . B a i s t in V o l l m ö l l e r s Jahresb. 1904, S . 398. 2 Weiter unten sind einige dem A r a g o n i s c h e n und Catalanischen gemeinsame phonetische und m o r p h o l o g i s c h e Z ü g e angeführt. E s wäre leicht, w e i t e r e h i n z u z u f ü g e n . B e i etwas eindringenderer V e r g l e i c h u n g der beiden Sprachen w ü r d e sich für einige W ö r t e r auch das V e r b r e i t u n g s g e b i e t bestimmen lassen. E s w ü r d e sich ergeben, dass das G e b i e t des catalanischen trobar oder posar, gegenüber dem cast. hallar und poner, einen grossen T e i l v o n A r a g o n umfasst. D a s A r a g o n i s c h e nähert sich dem Castilischen besonders in der B e w a h r u n g des unbetonten A u s l a u t e s 0, in der D i p h t h o n g i e r u n g von b e t o n t e m kurzem e und o: tierra (cat. terra), puerta (cat. porta). Die Diphthongierung w i r d selbst nicht, w i e im Castilischen, durch einen Palatal in der f o l g e n d e n Silbe verhindert (s. C o r n u in R o m a n i a X I I I , S. 285): fuclla (cast. hoja), huello (cast. ojo), micite (cast. nochc), hueito (cast. ocho)\ s. A n n u a i r e de l ' E c . des H a u t e s E t . 1901, S. 116, Anmerkung.

(7)

ALLGEMEINE

CHARAKTERISIERUNG

DES

CATALANISCHEN.

847

Grenze fortsetzen, r ohne eine gemeinsame Grenze weiterhin zu finden: anl. I ist bis zur Esera mouilliert. Man hört noch lluna (cast. luna), llima (cast. lima), llomo (cast. lomo), lluego (cast. luego) in Graus und Benasque. In Plan trifft man noch erste Personen im Plural, wie fem und cantam für femos, cantamos, die in Bielsa gebräuchlichen Formen. Im Dorfe Gistany bei Plan selbst besteht die Scheidung zwischen den einfachen Perfekten und der auf catalanische Art gebildeten Verbindung des Infinitivs mit vorangehendem Indikativ Präsentis des Verbums gehen; beide werden dort neben einander gebraucht. In Bielsa giebt es keine zusammengesetzten Perfekta mehr, aber die 2. Person Sing, und die 3. Person Plur. erinnern an die catalanischen Perfekta: cantores (cast. cantaste), cantoren (cast. cantaron) haben catal. cantares, cantaren zur Seite. Der Pluralartikel ist es, aus eis (cast. los). Man spricht auch hier dreto, estreto wie catal. drei, estret. Der Diphthong ei ist in diesen Wörtern auf e zurückgeführt; aber hinter Bielsa begegnet man immer dreito, estreito, den Formen, die im Altaragonischen üblich waren, wo es niemals ein derecho, estrecho gab, wie in Castilien 1 . Es ist schliesslich noch zu bemerken, dass in den spanischen Pyrenäen, vom Mittelmeer bis zum baskischen Gebiet, lat. c a n t a t i s , * b i b e t i s , d o r m i t i s überall cantats, bebets, dormits geworden waren. Diese 2. Pers. Plur. haben sich unverändert nur in Benasque erhalten, wo man heute noch cantats, fets, dits spricht. In den übrigen aragonischen Tälern ist -ts zu -f vereinfacht, und man findet immer canta$ (cast. cantáis), bebet; (cast. bebe'is), dormif (cast. dormís). Im Catalanischen hatte -ts nicht einen tonlosen, sondern einen tönenden Laut ergeben, und *cantaz, fez, diz gingen alsbald in cantau, feu, diu über, die einzigen heute im Gebrauch befindlichen Formen 2 . Die 2. Pers. Plur. wie fe( und canta*; scheinen dem Pyrenäengebiet eigentümlich gewesen zu sein. Sie waren vordem in Saragossa 3 unbekannt, aber es giebt heute andere den catalanischen und den aragonischen Mundarten gemeinsame Züge, die man in allen alten T e x t e n aragonischer Herkunft wiederfindet. Derart ist die Bewahrung des Anlauts der Konsonantengruppen mit l an zweiter Stelle und des mouillierten / zwischen Vokalen aus lat. I i oder cl. Wie heute sagte man einst in ganz Aragon in den Pyrenäen plorar (cast. llorar), clamar (cast. llamar), flama (cast. llama)-, andrerseits waren muller, palla, ovella dort nicht früh zu mujer, paja, oveja geworden. Geht man vom Catalanischen zum Castilischen an der Hand des Aragonischen über, so scheint die Kluft zwischen beiden Sprachen minder tief. Hinzuzufügen ist, dass eine Anzahl ehemals auf der ganzen Halbinsel verbreiteter Züge nicht überall erhalten geblieben ist. Wörter wie fariña, forca, filar oder wie baxar, dexar, die im Catalanischen und in den aragonischen Mundarten noch bestehen, sind im Castilischen durch harina, horca, hilar und bajar, dejar ersetzt worden 4 . Das intervokale Í in casa, rosa, guisa ist in Castilien verstummt und ebenso in Aragon im Laufe des 16. Jahrhunderts; in Catalonien ist es tönender Konsonant geblieben. Das 1 Die aragonischen E n t s p r e c h u n g e n v o n mucho und escuchar sind heute, w i e ehedem, muito (escuitar). In Bielsa ist das i des D i p h t h o n g e n g e s c h w u n d e n und man sagt muto (escutar). I n Benasque w i e in ganz Catalonien b l i e b die G r u p p e It erhalten: molto (escoltar). 2 W e g e n des W a n d e l s v o n auslautendem 2 in u s. unten § 45 und C. O l l e r i c h s Bonn. D i s s e n . 1887. V g l . noch G. B a i s t s A n m . in Zts. für rom. Phil. 1888, S. 527. 3 M a n sagte feites (cast. feches) und cantades. 4 x wurde in Castilien im 16. Jahrhundert s ausgesprochen: diso (dixo), Quísote ( Qttixoie).

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ROM. SPRACHWISSENSCHAFT. —

ROM. SPRACHEN. —

C A T A L A N I S C H . (8)

anlaut. g in gelar, das in ganz Spanien den W e r t des ital. g in gente (dS) besitzt, bewahrte lange Zeit in Catalonien seinen alten K l a n g ; jetzt wird es wie im Französischen (2) ausgesprochen, während es in A r a g o n ti, in Castilien f und darauf Jod geworden ist 1 . Bisweilen erfolgt inmitten des catalanischen Gebiets selbst der Ü b e r gang zwischen der vermeintlich provenzalischen und spanischen Form. * V a d e a t , r a d i u m , g a u d i u m stellen sich in der Umgangssprache als vatja (vadza), raig (rats), goig (gots) dar. U n d in gewissen Pyrenäengegenden findet sich nicht nur vaya, sondern auch ray, goy, entsprechend dem aragonischen rayo, goyo. W ö r t e r wie jorn, mitja, puig, lleig, desig tragen viel dazu bei, der catalanischen Sprache eine besondere Physiognomie, deutlich verschieden vom Castilischen, zu verleihen. Es ist nicht zu leugnen, dass sie anfänglich den Eindruck einer von auswärts nach Spanien gebrachten Sprache macht; wenn man sie indessen genauer prüft, bemerkt man, dass in Wirklichkeit keiner ihrer wesentlichen Z ü g e fremden Ursprung verrät.

C. U R S P R U N G

UND ENTWICKLUNG

DES

CATALANISCHEN.

6. Erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird der G e b r a u c h der Vulgärsprache in den Urkunden allgemeiner, aber zahlreiche Eigentümlichkeiten der catalanischen Aussprache und Ortographie (besonders das Futurum auf e statt des prov. ai, die Schreibung II statt des prov. Ih, u. s. w. treten schon vom 9 . — 1 2 . Jahrhundert in den lateinischen D o k u menten der Mark zu T a g e , in denen die von den Schreibern ungeschickt gehandhabte gelehrte Sprache nur ein durchsichtiger Schleier ist, welcher die in der Bildung begriffene neue Sprache überall durchblicken lässt 2 . In der Geschichte des Catalanischen lassen sich vier Abschnitte unterscheiden. 1) D i e Z e i t der ersten Entwicklung bis zum 13. Jahrhundert. — 2) D i e Periode, die man die p r o v e n z a l i s c h e nennen könnte (Ende des 13. bis E n d e des 14. Jahrhunderts), weil damals die D i c h t u n g der T r o u badours und die occitanische Sprache den grössten Einfluss auf die catalanische Schriftsprache und sogar auf die Sprache der K a n z l e i e n ausübten. — 3) D i e klassische Periode (15. Jahrhundert); es entsteht eine ausschliesslich catalanische litterarische Schule, die der Sprache eine feste Gestalt giebt 3 . — 4) Periode des Verfalls (16. Jahrhundert bis zur G e g e n wart). Seit der Vereinigung Aragoniens mit Castilien ist das Catalanische dem Castilischen gewichen; jetzt aber sind die Catalanen entschlossen für ihr L a n d und ihre Sprache Selbständigkeit zurück zu fordern, und es ist nicht mehr zweifelhaft, dass es d e n V o r k ä m p f e r n der R e n a i x e n s a gelingen wird, dem Catalanischen neues L e b e n und n e u e n Glanz zu verleihen. 1 Nach G u a r n e r i o wäre das anlautende j in jove in A l g h e r o noch jetzt das ital. g. D i e s e A n g a b e bedarf der Bestätigung. I m Valencianischen ist anlautendes dz jedenfalls nicht 2 g e w o r d e n w i e in C a t a l o n i e n ; es h a t sich zur parallelen M u t a ts entwickelt. M a n spricht heute chen und Chtian, w i e in den aragonischen P y r e n ä e n , statt gent und Juan. 2 V g l . besonders A l a r t , Documents sur la langue catalane des anciens comte's de Roussillon et de Cerdagne, Paris 1881, und M i h i , Notas de primitiva lengua catalana ( R e v i s t a histórica, O k t o b e r 1876), unglücklicherweise scheinen die T e x t e hier nicht genau wiedergegeben zu sein. 3 W i r erinnern daran, dass w ä h r e n d des 15. Jahrhunderts das Castilische anfängt, einen merklichen E i n f l u s s auf das Catalanische auszuüben.

(g)

LAUTLEHRE.

849

2. LAUTLEHRE. A.

VOKALE.

at. b e t o n t e s A ist im a l l g e m e i n e n erhalten g e b l i e b e n ; es g e h t j e d o c h in d e r V o l k s s p r a c h e gern in e über. M a n findet, b e s o n d e r s auf d e n Balearen, cap u n d quep, cabre und quebre, carn und quem; vgl. in C a t a l o n i e n llança : llença, llarch : llerch, guitarra : guitérra, -rasca : resca, jaç : jeç. Infinitive wie anar, passar, sopar w e r d e n g e s c h r i e b e n ane', passe', sopé in d e n Cançons de la terra v o n F r . P e l a y Briz I I I , 2 2 1 1 . 8. D a s vulgärlat. b e t o n t e e aus Ë, OE, Ï k a n n in der heutigen S p r a c h e durch e (offen) dargestellt w e r d e n : vela, arena, peí, cresta; m a n meint, dass dieses e in g a n z C a t a l o n i e n ehemals einen d e n g e m i s c h t e n d e u t s c h e n u n d französischen V o k a l e n in schön u n d peu ähnlichen L a u t g e h a b t h a t ; s. B r e k k e in R o m a n i a , 1888, S. 91 ff. Jedenfalls ist dieser V o k a l l a u t n o c h auf den B a l e a r e n v o r h a n d e n , w o m a n döu d é b e t , pöna p o e n a , pöra p i r a u n d nicht den, cena, pera, wie in C a t a l o n i e n , vernimmt. D a s b e t o n t e vulgärlat. e (Ë ,/E) ist sehr oft zu e (geschlossen) g e w o r d e n : grech (cast. griego), herba (cast. hierba\ tenen (cast. tieneri)\ e h a b e n j e d o c h cel c a e l u m , mel m ë l , vell v e t u l u s , hivern h i b e r n u s . D a s b e t o n t e o hat seine ursprüngliche Q u a l i t ä t besser bewahrt. Im C a t a l a n i s c h e n wie im V u l g ä r l a t e i n v e r n i m m t m a n o (offen) in bona b o n a m u n d o (geschl.) in calor c a l o r e m , gota g u t t a m . I n d e s s e n h ä n g t die V e r s c h i e d e n h e i t z w i s c h e n o und 0 nicht immer v o m latein. V o k a l k l a n g ab, d a m a n n e b e n plora plora und ona v o n u n d a m h a t (s. M e y e r - L ü b k e , G r a m . I, S. 1 9 1 ) . D e r U n t e r s c h i e d z w i s c h e n d e n offenen u n d g e s c h l o s s e n e n V o k a l e n ist nicht g a n z so merklich wie im F r a n z ö s i s c h e n u n d die D i c h t e r h a b e n zu allen Zeiten, gleich d e n italienischen, a b e r w o h l aus a n d e r n G r ü n d e n , o oder e mit d e n b e t r e f f e n d e n o f f e n e n V o k a l e n reimen lassen. Milá y F o n t a n a l s h a t in d e n Estudios S. 2 eine lange L i s t e v o n W ö r t e r n mit b e t o n t e m 0 u n d e, n a c h ihrer Q u a l i t ä t geordnet, zusammengestellt; seiner M e i n u n g n a c h w ä r e e im a l l g e m e i n e n offener, 0 geschlossener V o k a l . A b e r es giebt zahlreiche A u s n a h m e n v o n dieser R e g e l , und m a n erkennt nicht immer d e n G r u n d für die B e g ü n s t i g u n g des einen o d e r a n d e r e n V o k a l s in der A u s s p r a c h e . 9. L a t . ï u n d ü b e s t e h e n fort. Z u b e a c h t e n sind j e d o c h fos : f ü s u m , conclos c o n c l u s u m , ploma p l u m a , porga p u r g a t u n d altes flom f l u m e n , hörn h u m i d u m . 10. D i e auslautenden u n b e t o n t e n V o k a l e sind, a b g e s e h e n v o n A, das erhalten blieb, w i e im F r a n z ö s i c h e n u n d P r o v e n z a l i s c h e n , gefallen. Unb e t o n t e s a in d e r Schlusssilbe v o r einem K o n s o n a n t e n neigt zu e h i n : casas : cases, cantas : cantes, cantan : canten. N a c h t o n i g e s a u n d o in W ö r t e r n wie b á l s a m u s , p é l a g u s , a n á l o g u s , die zu bálsem, pélech, análech g e w o r d e n sind, z e i g e n ähnliche U m b i l d u n g ; vgl. n o c h r ú s t i c u s , das rústech ergab 2 . A n g e f ü h r t b e i M u s s a f i a , Cat. metr. Version der Sieb, weisen Meister, S . 22. A n diese W ö r t e r sind o h n e Z w e i f e l a n z u r e i h e n : órgue, rdve, órfe, diáque, v o r m a l s órguen, ráven, órfen, didqaen, die auf O r g a n u m , r á b a n u m , órphanum, d i á c o n u m z u r ü c k g e h e n ( w e g e n des F a l l e s v o n n s. § 44). D a s 0 in titol, ce'rcol u n d ä h n l i c h e n W ö r t e r n ist j e d e n f a l l s das k u r z e u in t i t u l u s , c i r c u l u s (in V a l e n c i a titul, circuí). D o c h f i n d e t m a n auch F o r m e n , w o f ü r .den g e f a l l e n e n V o k a l ein S t ü t z v o k a l e i n g e t r e t e n i s t : title, cercle, u n d m a n k a n n f r a g e n , o b nicht 0 in titol, w i e in p r ó l o g u s prólech, z u e g e w o r d e n ist. V i e l l e i c h t b e s t a n d eine F o r m *titel, w o r a u s sich title u n d w i e d e r titol e r g a b . V g l . für den W e c h s e l von unbetontem e und o escdndcl u n d esedndol v o n s c á n d a l u m , se'guel u n d se'gol v o n s é c a l e . G R Ö B E R , Grundriss I. 2. Aufl. : . 1

2

850

ROM. SPRACHWISSENSCHAFT. —

ROM. SPRACHEN. —

CATALANISCH. (10)

1 1 . Im Anlaut sind die u n b e t o n t e n Vokale widerstandsfähiger. Ihr Fall in Wörtern wie bella, gulla, die man häufig statt abella, agulla hört, kann durch Satzphonetik erklärt werden. Man sprach l'abella (les abelles) und danach la bella (les belles). Dieser Schwund unbetonter Anlautvokale ist in der familiären Sprache nicht selten 1 . Er ist auffällig in einem Worte wie fecina (ofecina), da anlaut. 0, weit entfernt zu fallen, gewöhnlich zu au verstärkt ist: ovella (auvella), ofici (aufici), Olot (Aulot). In Valencia wird anlaut. e durch a ersetzt ascoltar, ancendre, harmosura. 12. Die im Inlaut bewahrten unbetonten Vokale fallen leicht in der Nachbarschaft von r und l: caragól (cargól'), dolorós (dolrós), barbarísme (,barbrisme), pere'sa (presa), veritát (vritát). Bisweilen zeigt sich die umgekehrte Erscheinung, und ein e dringt ein in eine Konsonantengruppe mit r oder l an zweiter Stelle: ómbera st. ombra, cinguele'ra st. eingiera2; der eingeschaltete V o k a l ist ein 0 in forona für frona aus f r u n d a . 13. Unter den Diphthongen sind am zahlreichsten diejenigen mit u an zweiter Stelle. Sie sind fast alle romanischer Bildung, und u beruht auf der Vokalisation der verschiedensten Konsonanten: bou b o v e m , riu r i v u m , séu s e d e m , de'u d e c e m , paláu p a l a t i u m , tdula t a b u l a , te'ula t e g u l a ; vgl. noch espaume neben espasme und sauze neben salze. Das lat. AU bleibt nur in Wörtern gelehrter oder provenzalischer Herkunft; betont wurde es 0: l a u r u m llor, unbetont a: l a u d o r e m : llahor. 14. Die «'-Diphthonge sind viel weniger zahlreich; die früh in der Sprache entwickelten haben grossenteils sehr wichtige Veränderungen erfahren (s. § 23). Wörter wie palay und servey, oy und remey gehen wohl auf älteres palazi, servezi, odi und remedí zurück. Es sind gelehrte Wörter, denen volkstümliche Formen zur Seite gehen: palay (palau), espay (espau), Dalmay (Dalmau)3. 15. D e r schwache Bestandteil von fallenden Diphthongen schwindet bisweilen. In Barcelona spricht man statt caixa (.käisa) cuixa, queixa und ähnlichen Wörtern: kasa, und oft wird caxa, cuxa und quexa geschrieben. Selten sind Beispiele für Schwund von u in den Diphthongen eu, 011. Im Wortende wird -úu fast stets -u: dúu (du), crúu (cru), continúu (continú), und z'z wurde frühzeitig i in juhi für juhii 1 V g l . n o c h metía (ametla), vellana (avellana), badía (abadía); auch die F o r m bisbe f ü r obisbe k a n n durch l'obisbe (lo bisbe) erklärt w e r d e n ; aber die V e r s c h m e l z u n g des V o k a l a n l a u t s mit dem apokopierten männlichen und w e i b l i c h e n A r t i k e l genügt nicht, u m W ö r t e r zu erklären w i e bet (abet), bril (abril), mor (amor), vori (i-vori). E s ist hervorzuheben, dass unbetontes anlautendes a in einer sehr grossen Z a h l v o n W ö r t e r n h ä u f i g e n G e b r a u c h s f ä l l t : en 'quest camp (aquest), per qiii (aquí), s'en 'naven a casa (anáven), s'han 'negats tots (anegats), en 'cabat de sopa (acabat), per 'ver h o dit (aver). A n z u m e r k e n ist auch der F a l l des anlautenden V o k a l s oder der anlautenden Silbe in V o r n a m e n : Zidro (Isidro), Cinto (Jacinto), Gori (Gregori), Mensa (Climensa). Bisweilen g e h t die E n t s t e l l u n g noch w e i t e r : Quin (Joaquín), Jeph (Joseph), Jan (Joan), Llens (Llorens).

V g l . Balearen mél-lera (mélra) v o n m é r u l a . servezi ist in alten T e x t e n b e z e u g t ; Palahi lebt neben Palay als F a m i l i e n n a m e fort. — A b g e s e h e n v o n palay (palari) scheint die Sprache auch sonst z w i s c h e n ai und au g e s c h w a n k t zu haben. M a n findet Jaime und Jaume, aigua u n d augua. Ehedem bestand caird, veird neben caurd und verird. A n d e r w ä r t s , in castilischer V o l k s s p r a c h e , h ö r t man reito (reuto) statt recto u n d dem catal. teula entspricht aragon. tella, das einem alten *teila entstammt. 4 Statt veure, heitre sagt man in C a r d o n a vere und bere (valenc. bore), G r a n d i a , Grdmatica S. 3 3 7 ; in der L i a i s o n sagt man statt móu-t'hi : mo-t'hi (das. S. 225); úi scheint zu u in *ahur (agur), neben ahúir * a g u r i u m geworden z u sein; vgl. malhaurat, alt malahtiirat * m a l e a g u r a t u s . D a s castilische malogrado, das man g e w ö h n l i c h v o n * m a l e l u c r a t u s herleitet, ist vielleicht nur eine Parallelform zu catal. malhaurat; vgl. * b e n e a g u r a t u s , alt catal. benehiiirat. 2 3

(N)

LAUTLEHRE.

851

16. W e n n der betonte V o k a l eines fallenden Diphthongen auch niemals schwindet, so ist er doch mancher Veränderung unterworfen. Man findet tráure und treure, váina und véina, fáixa und féixa; auf den Balearen sagt man se'ure und sáure, reina und ráina. N e b e n lleure licere besteht lloure; dagegen gehen creu und veu auf älteres *crou *vou zurück. I m Gebiet von Alicante werden bou und sou gewöhnlich bau, sau ausgesprochen 1 ; vgl. alt taut statt tout (toll'). 17. In unbetonter Silbe kann ou, wie in betonter Silbe, sich zu au verstärken. Statt plourá, courá, mourá sagt man gelegentlich plaurd, caurd, maurá. I m Anlaut wird ei gern ai, vgl. eixugar : aixugar, eixam : aixam. Nichtsdestoweniger neigen die unbetonten Diphthonge eher dazu, den ersten Vokal aufzugeben; vgl. im Anlaut uró (auró) von * a c e r o n e m und Igualada (*Aigualada) von A c q u a l a t a . D i e Reduktion der Diphthonge ou, eu (iu) auf u ist sehr gewöhnlich. Man sagt llugel statt lleugel (cat. lleuger) in Alghero, vuré statt veure in Roussillon; vgl. altcat. llurea (lliurea). Überall hört man eure' neben coure'; vgl. ue't (ouet); es ist zu bemerken, dass puar auch pohar, das neben pouar besteht, darstellen könnte. 18. V o n einem Vokal gefolgt, kann das u eines Diphthongen zu v verändert werden, z. B. meüa : meva, caüen : caven, *cloüem : elovem, *plaüia : plavia, *jeüia (jevia), *coüent (covent). In Valencia sagt man statt escriviu ho : escriviv'o. D i e umgekehrte Wandlung, die Umbildung des intervokalen v in u, zeigt sich in der Sprache von Santa Coloma de Farners, wo man caüall statt cavall und menjaüa statt menjava spricht 2 . 19. D i e steigenden Diphthongen geben ebenfalls Anlass zu einigen Bemerkungen. Wörter wie nació, flexió, expressió, deren i mit o einen Diphthong bildet, werden als castilisch beeinflusst angesehen. In Barcelona spricht man io eher unió, oració, devoc'ió, also io zweisilbig. 20. D a s u eines steigenden Diphthongen ist selten erhalten. Man sagt calque statt cualque in Roussillon; überall trifft man calilat statt cüalitat an; vgl. llengua : llenga, antigua : antiga3 und weiterhin küoeient und kocient, kuestió und kestió (auch kustió). Das u von ui scheint ebenfalls gewichen zu sein in nit von niät und guix von güix4. 21. D a s 0 des unbetonten Diphthongen io fällt im Auslaut regelmässig in Wörtern wie vici (cast. vició), estudi (cast. estudio), espontdni (cast. espontáneo)5. Auffälliger ist die Unterdrückung des a in Perpignan und Majorca in famili (familia), glori (gloria), Itali (Italia). Diez (Gramm. I, S. 109) hat dieselbe Erscheinung in den Mundarten der Dauphiné nachgewiesen. 22. Einfache Vokale können unter dem E i n f l u s s v o n N a c h b a r l a u t e n Veränderungen erfahren. D a s unbetonte e vor einem betonten o neigt dazu, sich in 0 selbst zu verwandeln, z. B. genoll: jonoll, fenoll: fonoll, estol: ostol. Umgekehrt kann unter denselben Bedingungen ein unbetontes 1 2 3

A l e o v e r , Questions, S. 444. G r a n d i a , Gramätica, S. 443. W e g e n des Ü b e r g a n g s v o n ü a zu o s. u n t e n § 25. I n g e w i s s e n G e g e n d e n h ö r t

man éuga statt e'gua, und in Valencia ist aigua zu aüia (âvia) geworden.

4 "Wegen d e r A c c e n t v e r s e t z u n g s. § 32. G u a r n e r i o (Arch. glott. ital. I X , S- 347) e r k e n n t in d e m i v o n guix d e n V e r t r e t e r des 1 im lat. g i p s u s . A b e r das W o r t g e h t e h e r auf lat. * g u ^ > s u s z u r ü c k , das n e b e n g y ^ s u s b e s t e h e n k o n n t e ; vgl.

thyrsus : *thursus ; myrthus : *mtirt}nis. 5

In

einer

kleinen Anzahl

derartiger W ö r t e r

ist a u c h

ï gefallen.

cementir, monastir und alt llir neben cementiri, monastiri, lliri; refetor neben oratori und dormidor neben dormitori.

Man findet

vgl. Anton (Antoni), 54*

852

ROM. SPRACHWISSENSCHAFT. —

ROM. SPRACHEN. —

CATALANISCH. (12)

o durch Dissimilation zu e werden, z. B. rodö : redö, olor : elor1. Von einem betonten i gefolgt, wird unbetontes i gewöhnlich zu e, z. B. vegila : vigila, vehi : v i c i n u s ; umgekehrt kann unbetontes e zu i übergehen, z. B. estiu : istiu. Vgl. in Alghero lligi, sigui statt llegir und seguir. 23. Ein H i a t - z in der Endsilbe beeinflusst fast immer den K l a n g des vorangehenden betonten e und 0 und macht e zu i (bistia neben bestia), 0 zu u {angunia neben angonia). So werden ehedem mig aus m e d i u m , puig aus p ö d i u m , giny aus g e n i u m , füll aus f o l i u m entstanden sein. D e r betonte Vokal war in diesen Wörtern im Lateinischen fast immer kurz. — Bisweilen dringt das Hiat-z' in die Tonsilbe und bildet mit dem T o n vokal einen i- Diphthong. Diese Metathese ist besonders häufig nach r: ahuir * a g u r i u m , xicoira * c i c o r i a . Diese so entstandenen Diphthonge mit 0, e, a haben sich fast alle weiterhin verändert: oi ist zu ui geworden, vgl. cuir : *coir von c o r i u m , ei zu i vereinfacht, vgl. fira : *feira von f e r i a , ai zu e, vgl. quera : *cdira von * c a r i a ; vgl. veguer : *vegair von v i c a r i u s 2 . 24. Andere, augenscheinlich jüngere romanische Diphthonge, besonders die unter Mitwirkung der lat. Gruppen e t , es entstandenen, sind ebenfalls nur sehr selten unverändert geblieben; fait aus f a c t u s , wovon die alte Sprache noch einige Beispiele aufweist, ist feit, dann fet geworden. Wörter wie p e c t u s und s t r i c t u s lauteten ehemals pe'it, estreit, später pit und estret. Wahrscheinlich der Qualitätsverschiedenheit des Tonvokals ist die Verschiedenheit der Behandlung des Diphthongen zuzuschreiben. Im Französischen besteht dieselbe Verschiedenheit zwischen lit, cat. llit von l e c t u s und droit, cat. dret von d i r e c t u s 3 . Wie im Französischen wird Zu bemerken ist, dass man neben o c t zu uit, vgl. cüyt aus c o c t u s 4 . coixa c o x a auch cuixa sagt; vgl. boix und buix, floix und fluix. 25. Der E i n f l u s s v o n K o n s o n a n t e n auf benachbarte Vokale kann sehr charakteristisch sein. Ein Labial kann ein vorausgehendes oder folgendes a und e zu 0 machen: Octovia O c t a v i a , pota p a t a ; vgl. moyd : meyd von m e d i a n u s , mosti: masti in Alghero; vgl. noch romanir: remanir, omplir : emplir. Labialem Einfluss ist der Ubergang von ua (wa) zu o zuzuschreiben, z. B. cotre : cuatre, igol: igual, colcü : cualcü, gonyar : guanyar. A u f den Balearen findet man fast immer aigo statt aigua; vgl. ego : egua, pasco : pascua 26. Das n neigt dazu, aus einem offenen einen geschlossenen Vokal zu machen. Das in Barcelona offene 0 in pont und font ist in Alghero und im Ampurdan geschlossen. V o r n kann geschlossenes e selbst zu i 1 D u r c h Dissimilation scheint betontes 0 zu e g e w o r d e n z u sein in cone'ixe : c o g n o s c e r e , retol : r ö t u l u s (vgl. terbol für altes törbol von t ü r b u l u s ) . 2 Derartige M e t a t h e s e n finden sich auch sonst, vgl. z. B . bes durch *bais aus b a s i u m ; ai h a t sich immer gern in e v e r w a n d e l t , vgl. llech aus l a i c u s , mes durch *mais aus m a g i s u n d heute, auf den Balearen, rem neben raim. 3 I n gewissen V o g e s e n m u n d a r t e n behielt l e c t u s e und d i r e c t u s w u r d e dra. 4 D i e durch die E n t w i c k l u n g der G r u p p e - c l - entstandenen D i p h t h o n g e n w e r d e n ebenso b e h a n d e l t ; ö c u l u m (mit o) giebt ull (*oill) im G e g e n s a t z zu g e n ü c u l u m (mit 0), das genoll w i r d . "Wurden e t w a allein die o f f e n e n V o k a l e verändert? Dann w ä r e n cunill c u n i c u l u m (vgl. espill s p e c u l u m ) und vell v e t u l u m als A u s n a h m e n anzusehen. A l l e r d i n g s scheint sich vill in Castell- Vill, heute Castelvi erhalten zu h a b e n ; s. R o m a n i a X I , S. 435. 5 D a s majorcan. colcar = cabalcar erklärt sich wahrscheinlich durch die Zwischenf o r m e n *cobalcar cualcar und das catal. cuerna c u a d e r n a muss ein älteres *coerna vertreten. D e r G l e i c h w e r t v o n ua und o hat recht m e r k w ü r d i g e F o r m e n entstehen lassen. M a n findet bisweilen, besonders auf Majorca, cuantra statt contra (cuantradir, cuantrafet); vgl. cuartina : cortina, escuadrinyar : escodrinyar und gaarnacopia statt gorna copia f ü r c o r n u c o p i a .

853

LAUTLEHRE.

(13) übergehen, veri

z. B . gint

venenum,

weilen

Indessen

sagt

molta,

ist

dieser

der

f ü r *sovent;

vgl. n o c h

denselben

Übergang

veranlasst.

In

n i c h t a l l e i n persuna

guslús

lona

sovint Unter

wird

Nachbarlaut

Man

a u s gent, sinus.

carina

Bedingungen

: carèna,

wird

o

bis-

M1. 27.

einen



: gustos;

das

juve

unbetonte

von

0 zu

Perpignan

wird

'.persona,

: jove

von

o immer

und



kaum

nicht

jedes

calú : calor,

*jovenis.

u,

u

immer

betonte

sondern auch Im

giebt

Gebiet

durch o zu

u.

multa

von

:

Barce-

es A u s n a h m e n

von

Regel. 2 8 . D i e u n b e t o n t e n V o k a l e s i n d m e h r als a n d e r e W a n d l u n g e n u n t e r -

worfen, die in nicht sein scheinen. z. B . castedat schon,

genügender

Unbetontes

: castidat,

dass im

Osten

gegant des

Sorgfalt

i hat

immer

: gigant,

bei

ihrer B i l d u n g

die Neigung,

ordenari

: ordinari,

catalanischen Sprachgebiets

begründet

mit e zu und

zu

wechseln, wir

wissen

unbetontes a und e

sich vermischt h a b e n u n d zu d e m n ä m l i c h e n neutralen V o k a l g e w o r d e n sind2. 29. I m S ü d e n der P r o v i n z V a l e n c i a u n d in einigen O r t e n a u f M a j o r c a soll a u s l a u t e n d e s

a zw. o n e i g e n .

o d e r u n g e f ä h r s o escola, mare : paro,

maro4.

den

eine

die

catalanische

sehen,

die

Man

spricht

i n J á t i v a z. B . escolo,

dono

hört a u c h nicht selten statt

pare,

T r o t z des unbestreitbaren castilischen Einflusses, durch

grosse Anzahl Wörter

Entlehnung

Man

dona a u s 3 .

Sprache

a u f -0, w i e tiro,

eingedrungen

sind,

modelo,

darf

sossego,

man

nicht

a u s d e r o f f i z i e l l e n S p r a c h e W ö r t e r w i e cuatro, neben

zuzustimmen,

cuatre,

rotile,

ferre

wäre besonders schwer

o d e r f ü r bronzo,

monjo,

bestehen. f ü r onclo,

d i e i m S p a n i s c h e n bronce,

Einer das

ateneo sofort

rotilo, ferro

solchen

an-

Erklärung

im Castilischen

monjeh

in als

fehlt,

lauten.

1 Auf 0 scheint r einen ähnlichen Einfluss auszuüben wie « : llur i l l o r u m , algh. atura (alora); vgl. noch fürs neben fors {cast .fueros). 2 Diese Mischung ist nicht allen Teilen des Catalanischen gemeinsam. In Valencia, an den Ufern des Ebro, im W e s t e n der Provinz Lérida bleibt unbetontes e überall und der K l a n g des a ist nicht verdunkelt. Nach N e b o t y P e r e z , Apuntes S. 17 jedoch wäre der K l a n g des unbetonten a in Sueca und A l c o y derselbe wie in Barcelona. In Alghero lautet unbetontes e : a. Wahrscheinlich ist dieses a ein unreines a, aber weder Guarnerio noch Morosi geben darüber Auskunft. Nach Arteaga Pereiras Darlegung, der im Maitre phonétique 1904, S. 118 ff. einige catalan. Texte veröffentlicht und genauest die normale Aussprache von Barcelona an ihnen dargetan hat, hätte der unbetontem a und e gemeinsame neutrale Vokalklang vor der Tonsilbe etwas vom a-Laut bewahrt, während er nach dem T o n eher wie e klänge : la pera, el pare werden tv pera, vi pars dargestellt. — Das Gebiet, auf dem unbetontes o immer « - W e r t hat, ist weit weniger ausgedehnt, als das, w o unbetontes a und e sich vermischt haben. Man spricht u in Perpignan, Barcelona und Alghero, aber in der Balearenprovinz hört man u nur auf Minorca, Ivi