Grammatik der Altbaktrischen Sprache
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Grammatik der Altbaktrischen Sprache

Gorgias Historical Grammars

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Gorgias Historical Grammars is a series intended to revive many of the classic grammars of ancient languages. These essential tools are becoming increasingly scarce, and yet they preserve many unparalleled insights into the languages they serve. Gorgias Press is pleased to bring them back into circulation.

Grammatik der Altbaktrischen Sprache

Friedrich Spiegel

1 gorgias press 2009

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1 ISBN 978-1-59333-927-2 ISSN 1935-3162

Printed in the United States of America

V o r r e d e .

Zu der Darstellung meiner Ansichten über die grammatischen Gesetze der altbaktrischen Sprache bin ich öfter, mündlich wie öffentlich, aufgefordert worden und auch mir schien dieselbe eine Pflicht zu sein, der ich mich nicht entziehen dürfe. Den ersten Bedürfnissen wird wohl durch die kurze Grammatik genügt sein, welche Justi seinem Handbuche der altbaktrischen Sprache beigegeben hat, dagegen glaube ich, dass ein etwas ausführlicheres Lehrbuch für solche, welche tiefer in den Bau der Sprache einzudringen suchen, noch immer ein Bedürfniss ist. Ein solches nun habe ich hier zu geben gesucht und mein vorzüglichstes Bestreben war darauf gerichtet, den Bau der Sprache, wie er sich im Ganzen und Grossen darstellt, in möglichster Klarheit und Vollständigkeit darzulegen. Dagegen habe ich von allem Anfange darauf verzichtet in der Hinsicht erschöpfend darzustellen, dass jede Einzelnheit zur Sprache gebracht werde. Der geringe Umfang der altbaktrischen Texte wird es hoffentlich in nicht zu langer Zeit ermöglichen, ein auch in dieser Hinsicht vollständiges Lehrbuch der altbaktrischen Sprache zu verfassen; für den Augenblick aber scheint mir die Zeit noch nicht gekommen, weil gar manche Erklärung noch zu sehr das subjective Eigenthum von Einzelnen ist. Erst wenn genügend erörtert ist, wras sich für und wider manche dieser Ansichten sagen iässt, werden sie sich zur Darstellung in einer Grammatik eignen. Wie die Dinge gegenwärtig liegen hat man, wenn man vollständig darstellen will, nur die Wahl, entweder in möglichster Kürze alle Einzelnheiten aufzuzählen und sich der Erklärung zu enthalten, oder aber, sich in Erläuterungen zu verlieren, welche den Zusammenhang nur stören können. Den erstem Weg konnte ich nach dem ganzen Plane meines Buches nicht betreten, den letztern einzuschlagen hatte ich um so weniger Grund, als mir ja in meinem Commentare über das Avesta Gelegenheit genug

IV

Vorrede.

geboten war, meine eigenen Ueberzeugungen über einzelne Formen und Stellen darzulegen. Auf dieses Werk muss ich also diejenigen verweisen, die etwa solche Bemerkungen hier vermissen sollten. Den Gäthiidialekt habe ich geglaubt besonders darstellen zu müssen. Sind auch die dialektischen Eigenheiten, die ihn vom gewöhnlichen Altbaktrischen unterscheiden, nicht eben bedeutend und war ich auch hie und da in die N o t w e n d i g k e i t versetzt, Einiges doppelt sagen zu müssen, so überwiegt doch meines Erachtens die übersichtliche Darstellung diese Nachtheile bei Weitem. •— In der Vergleichung der verwandten Sprachen habe ich mich meiner Gewohnheit nach möglichst auf den Kreis der alteränischen Dialekte beschränkt, ich hoffe aber eben durch diese Beschränkung eine erspriessliche Grundlage für die Vergleichung des Altbaktrischen mit dem weitern Kreise der indogermanischen Sprachen gegeben zu haben, welche auch ich für sehr nothwendig halte. — In Bezug auf das Alphabet bin ich, wo ich zu umschreiben hatte, meiner bisherigen Umschreibungsweise getreu geblieben und habe nur bei der Uebersicht des Alphabets (p. 55) eine Andeutung gegeben, wie ich jetzt im Anschlüsse an Lepsius umschreiben möchte. Ich habe meinen Standpunkt in dieser Angelegenheit schon anderswo erörtert: ich fühle so gut wie irgend Jemand die Unzulänglichkeit der gegenwärtigen Umschreibung und bin bereit, mich an ein besseres System anzuschliessen, nur möchte ich diess erst thun, wenn ich die Ueberzeugung erlangt habe, dass dasselbe auch für die Zukunft fortbestehen könne, da eine Aenderung des gewohnten Umschreibungssystems immer Versehen und sonstige Unzukömmlichkeiten mit sich führt. Auch wird man bei einem neuen Umschreibungssystem nicht allein darauf zu sehen haben, dass dasselbe wissenschaftlich, sondern auch, dass es praktisch sei, denn wenn dasselbe eine grosse Anzahl von Zeichen enthält, welche in den meisten Druckereien ebensowenig zu finden sind, als die altbaktrischen Schriftzeichen, so scheint mir wenig damit gedient zu sein.

I n h a l t .

icitu 1 —IS

I. Capitel,

Zeichen! ehre

II.



Lautlehre

III.

,,

Lautgesetze

56—79

Wortbildung

79—109

15—55

IV.



V.



Flexionslelire

!09—2fil

VI.



Syntax

262—338

Anhang.

Der Gäthtidialekt

S ch lu sab em erk ungei i

339—395 395—ä OB

Gr i " a m m a t i k .

I. Capitel.

Zeichenlehre. 1. Die altbaktrische Sprache ist uns nur in den an Umfang geringen Fragmenten erhalten, die wir noch von den heiligen Schriften der Parsen besitzen. Diese Fragmente deuten durch ihren Inhalt ziemlich unzweideutig darauf hin, dass sie im Osten der grossen éránischen Monarchie entstanden seien, denn sie kennen die berühmtesten der westéránischen Orle wie Persepolis und Ekbatana nicht nur gar nicht, sondern auch nicht einmal die Landstriche Medien und Persien, in welchen sie liegen. Das erste Capitel des Yendidäd zählt mit wenigen, sogleich zu erwähnenden Ausnahmen nur solche Orte auf, welche in Ostérán liegen und auch andere gelegentliche geographische Erwähnungen wie Yt. 5, 37. 10, 14. 19, 2 etc. gehören der überwiegenden Zahl nach eben dahin. Die wenigen Anführungen westlicher Gegenden lassen sich alle aus religiösen Gründen erklären. So kennt das Avesta zwei westéranische Gegenden, Airyanavaéja (nach Ansicht der Parsen an der Seite von Atropatene gelegen) undRagha (das jetzige Rai), wohl deshalb, weil sie mit der Legende von Zarathustra enge verwebt sind, aus gleichem Grunde kennt es den angeblich in Atropatene belegenen Berg A u,

£ e,

so e,

\> o,

\

ö.

2. L a n g e . ä,

fi

y

ü,

c e,

^

a,

«o,

jo^ e.

3. D i p h t h o n g e , jt^-o (MSM) ae,

Gutturale Palatale Dentale Labiale Halbvocale Zischlaute Nasale Hauchlaut Ligaturen

öi,

jvajj di,

tue ee,

ao,

>-«jj au,

eu.

Consonanten. CC g, ^ y . ^j. (T S, rf, ?>Mtp$ = skr. ishv, altp. is«; cf.skr.iigma. altp. tigra: = skr. Iiis, alt,», eis: ^s&ytiy = skr. sadas, altp. hadis; ¿(V-Mia = ishti Wunsch und überhaupt die vielen, beiden Sprachen gemeinschaftlichen Abstracte auf /«'. Zuweilen jedoch erscheint I als Schwächung aus M, SO ausser dem schon oben (§. 9) genannten «.«.'oos*v neben dann in ¿g^'^-Hiiev = skr. tishthämi, griech. (UTi/fti, statt dem ursprünglichen haptämi, neben joi^ciuytv . zeigen die Handschriften auch gi^iJUi«^ • von = skr. sad, std. Hier wie in — skr. anika entspricht 3 einem skr. i. Ebenso endigen auch die Feminina, die im Sanskrit auf i auslauten, im Altb. auf In den meisten Fällen scheint jedoch die Schwächung schon alt zu sein und in die arische Vorzeit zurückzugehen. Eigenthümlich dem Altbaktrischen ist, dass •.«.< durch vorhergehendes pv in i verwandelt werden kann, z. B. g i ^ o = skr. yam, M ^ i n i = skr. yama. Ebenso lieben es die Palatalen, ein auf sie folgendes in j zu verwandeln, ohne dass dies jedoch zur durchgreifenden Regel geworden wäre. Cf. ' \ d . \ , 5 7 für ico^M^Mfc, ¿sp-v^. Vd.Y, 43. Ye. I X , 39. Yt. 8, 42. gj^jvMj^j neben gcjvj^x^j, neben u. A. m. Dagegen hat sich vor > das ursprüngliche $ öfter — wenn auch nicht regelmässig — erhalten, cf. ¡ u g p ^ W ^ i , 11. Der dritte der reinen Vocale ist >, ?/, und auch er ist im Altbaktrischen häufig genug vertreten und entspricht dem u des Sanskrit und Altpersischen, z.B. M = skr. lind altp. wpa, = skr. upasthä, altp. ypa^iä; = skr. putra, altp. putra, = altp. Quguda, ^ o u ^ e ; = skr. pämpu, = altp. gäthv. Nur selten ist > f ü r ein ursprüngliches , wo das Sanskrit w zeigt, cf. was einem skr. bhüyäh u n d was einem skr. brüyäh entspricht. 12. An die drei reinen Vocale «, i, u schliessen sich verschiedene T r ü b u n g e n derselben an. Unter i h n e n ist vor Allem £, e, zu n e n n e n . I n den meisten F ä l l e n ist £ aus ^ entstanden,seltner aus i. I m A n l a u t e steht c stets f ü r • u n d k o m m t eigentlich n u r vor ? vor, z.B. (neben wahrhaftig, cf. skr. rishi, hoch (von wozu skr. ürdhvu gehört. Vor » erscheint £ an der Stelle des >>>>£, ^ ^ i j s p £ » £ , a privativum, wie £, (Vd. X I I I , 77) u n d wohl auch ^ - ^ ^ » c (Yy. X , 42). F ü r M steht es auch sehr häutig vor Doppelconsonanten, z. B. ¿iv^i1^, ¿oo^sev u. s. w. Doch steht hier der G e b r a u c h noch nicht fest u n d m a n findet auch F o r m e n wie sWjQi^'lL, sehr häufig. D a g e g e n tritt regelmässig £ statt -x« ein in den Endsilben vor »>., n, wie gc? (eine A u s n a h m e s. m. j e d o c h § 10 fin.). AVeit seltner tritt £ für i ein u n d zwar, so viel ich b e m e r k t habe, n u r im I n l a u t e u n d mit d e r Variante j. So steht v ^ j t « ^ u n d f ü r skr. sine, benetzen (cf. Vd. V, 15. VI, 69. V I I I , 130), = und wndhu (Vd. I, 73. Yy. L V I , 11. 6), f e r n e r vind u n d vend (Vd. X I X , 14. 23. Vd. II, 27). Zuweilen ist j ganz bedeutungslos, ein blosser Nachhall, ähnlich dem Schwa der H e b r ä e r . So besonders nach 7, wenn dieses im Auslaute steht oder ein a n d e r e r Consonant unmittelbar auf dasselbe folgt, z. B. pM^o^jj Schöpfer = skr. dälar, v o r d e r s t e r , aber auch Weihung (von -•-,ce>üiev£jii> stehe auf (von cu> -+- «vcexijev), M^pM^^Mß ich h a b e gesehen, ¿w^&iß-vß wir geben, vielleicht auch in F e r n e r ¡ z ^ z p ' ^ I ^ m ^ . ¡y^o¿¿¿Mg^ (cf. § 83), wohl auch in ^'¡¿¿^ >/£eO. A n m. Man hat f r ü h e r £?c als einen eignen Vocal, d e m skr. ri entsprechend, auffassen wollen, wie ich überzeugt bin ohne G r u n d . Dass der Vocal ri kein u r sprünglich indogermanischer, s o n d e r n ein erst im San-

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II. Capitel.

skrit durch Zusammenziehung entstandener sei, hat Bopp zu verschiedenen Malen gründlich dargethan (vcrgl. vor Allem: Voealismus p. 159 flg.). Die Vergleichung namentlich auch mit dem Altpersischen zeigt, dass das Alteränische so wenig als irgend eine andere alt-indogermanische Sprache ausser dem Sanskrit den Yocal ri aufzuweisen habe und für diesen ursprünglich ar zeigte. Dieses ar, welches im Altpersischen noeh durchgängig vorhanden ist, hat sich im Altb. wenigstens an vielen Stellen noch erhalten, coilf. V/t^s^pß) Durst = skr. tti&hnä, Rücken und skr. prishlhu, tpJ+vy, und skr. krish u. A. m. Bei andern Wörtern hat sich das stumme g nach ar eingedrängt, cf. das schon oben aNgeführte > M W £ / - « J J ^ für skr. dadar^a t fÜr skr. hriduya, = skr.prastrita, für skr. stri. Häufig hat sieh nun aber auch dieses p M in umgewandelt, indem der Yocal vor r in den homogenen mit dem nachfolgenden c umgewandelt wird. Doch ist dies Verhältniss immer ein schwankendes geblieben und man findet p M und P i in den Handschriften wechselnd, z. 13. und = skr. krita, alfcp. karta, und O-'COCJ-AJ für skr. bhrita, altp. barta, ohne dass ein Unterschied zwischen diesen beiden Formen bestände. Dies ist, wenigstens nach meiner Ansicht, der wahre Sachverhalt. — In Mpwib, Wolf, entspricht ehr dem skr. ri in vrika. Wenn altb. dem skr. pürna, - " V s ^ p c dem skr. ürdltva entspricht, so trägt daran das Sanskrit die Schuld, das ri zu ür entarten liess. 13. Auch derVocal n>, ist meistens kurz, wenn nicht immer, und scheint mir eine breitere, mehr unserm ä sieh annähernde Aussprache gehabt zu haben. Es ist aber in den meisten Fällen im Inlaute (im Anlaute kommt er gar nicht vor) der Umlaut eines ursprünglichen hervorgerufen durch ein vorhergehendes r u in Verbindung mit einem nachfolgenden a , ^ oder a a , z. B. — skr. yashli, i^aniii^^S = skr. kärayati, « s k r . yasyaf

Lautlehre.

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KlAiSi^i für für g ^ c o ^ v w ^ ^ p ^ ^ o , '•vsifjjxjyv statt Aach dem Altpersischen ist diese Umlautung des a in e noch ganz fremd. Nur selten tritt /o ein blos durch Einfiuss eines vorhergehenden yv, ohne dass ein ¿ - L a u t nachfolgt, cf. «A-'evjwü^üiiG^. Ganz verschieden ist der Gebrauch von /o im Auslaute, hier ist derVocal g r ö s s t e n t e i l s lang und entspricht einem sanskritischen e und altp. aiy. So z.B. in voc. sg. von ^«-•(lojevsAAjj^ dann auch wohl in Nominativen, wie u . s . w . D a n n : /ügj, skr.ime, altp. imaiy, altp. avaiy, KiJ^vro , skr. yaje, K i ^ i V ^ ' p » ^ ^ = skr. pracarete, MiGU-Mß = skr. clade, wg — skr. me, altp. maiy, = skr. /e, altp. taiy. Seltener entspricht es auch auslautend einem ursprünglichen a, z. B. in dem Accusativ wtp&M (°f- § 121 A. 2). Auch scheint ein auslautendes /o öfter aus ursprünglichem ya zusammengezogen zu sein, so namentlich in den Genitiven auf ¿uev, cf. ¿üev«^, wessen = skr. kasyn, aber jcipj^jiiy-M^ (Yd. XVI, 29), acc. n.pl. ^»evjgAOii^i-i-'oo^^. Ich schreibe in diesem Falle immer jtj^ um die Verschiedenheit dieses e von e anzudeuten (cf. Anm. 2). A n m . 1. Umgekehrt scheint an- und auslautendes oder ^ ¿ i zuweilen auch statt w zu stehen, cf. •^üi^aj^'üv«.' = skr. eges, und «.«.'jj^, skr. he, und o.'üvt'^pCvU.'ev für urspr. ¿üt^u^«'«^. A n m . 2. In unsern besten Handschriften steht für das inlautende e immer /o, nur weniger gute Handschriften zeigen zuweilen auch 50^. Dagegen wechseln und jo^auch in den besten Handschriften am Ende der Wörter und man schreibt sowohl als jo^i, Aiev als ¡oer auch in diesem u.s. w. Doch ist der Gebrauch des Falle überwiegend. 14. Wie sich vu in e und /o verwandeln kann, so kann dafür auch die Verdunklung in 0 eintreten. Nach der Analogie von e erwartet man dafür zwei Zeichen zu finden und solche sind in unsern besten Handschriften auch vorhanden,

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II. Capitel.

nämlich und V Diese T r e n n u n g scheint auch f r ü h e r v o r h a n d e n gewesen zu sein, die ältesten H a n d s c h r i f t e n zeigen in W ö r t e r n wie etc., wo o blosser Umlaut von «x< ist, dieses d a n e b e n a b e r häufig die Variante > ? M < V ; auch die persischen H a n d schriften wenden, wenn auch nicht ganz consequent, diese Unterscheidung an. Sie muss j e d o c h bald in Vergessenheit g e r a t h e n sein, denn nicht mir w e n d e t die Mehrzahl der Handschriften in diesem Falle \ an, s o n d e r n auch die altern Handschriften selbst in so] d i e n Fällen, wo die V e r d u n k l u n g nicht d u r c h combinirten Einfluss eines f o l g e n d e n > u n d v o r h e r g e h e n d e n ej, ^s, sondern blos durch Einfluss des k entstanden ist. Man schreibt demgemäss , ..«.