Geschichte der Juden in der Antike [2 ed.] 9783825233662, 9783161502187, 3825233669

Peter Schäfer gibt einen umfassenden Überblick über die politische und ökonomische Lage Palästinas zwischen 333 v. Chr.

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Geschichte der Juden in der Antike [2 ed.]
 9783825233662, 9783161502187, 3825233669

Table of contents :
Geschichte der Juden in der Antike
Vorwort zur zweiten Aufl age
Vorwort zur ersten Aufl age
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Umschrift hebräischer Worte
1. Alexander der Große und die Diadochen
1.1. Alexander der Große
1.2. Die Diadochen
2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft(301–200 v. Chr.)
2.1. Ptolemäische Staatsverwaltung und Wirtschaft
2.2. Politische Geschichte: Die ersten Syrischen Kriege
2.3. Palästina unter den Ptolemäern: Verwaltung, Wirtschaft,soziale Verhältnisse
2.4. Politische Geschichte: Der 3. Syrische Krieg
2.5. Der Aufstieg der Tobiadenfamilie
2.6. Politische Geschichte: Der 4. Syrische Krieg
2.7. Die Spaltung der Tobiadenfamilie
2.8. Der 5. Syrische Krieg
3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft(200 –135/63 v. Chr.)
3.1. Seleukidische Staatsverwaltung und Wirtschaft
3.2. Palästina als seleukidische Provinz
3.3. Oniaden und Tobiaden
3.4. Die Heliodoraff äre
3.5. Die „hellenistische Reform“ unter Antiochos IV.
3.6. Die „Religionsedikte“
3.7. Die makkabäische Erhebung
4. Die hasmonäische Dynastie
4.1. Verwaltung und Wirtschaft des Hasmonäerstaates
4.2. Johannes Hyrkan I. (135/34–104 v. Chr.)
4.3. Die Pharisäer
4.4. Aristobul I. (104–103 v. Chr.)
4.5. Alexander Jannai (103–76 v. Chr.)
4.6. Salome Alexandra (76–67 v. Chr.)
4.7. Aristobul II. (67–63 v. Chr.)
5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)
5.1. Der Aufstieg zur Macht
5.2. Das Staats- und Wirtschaftssystem des Herodes
5.3. Überblick über den Ablauf seiner Regierung
5.4. Würdigung
6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg
6.1. Die Nachfolgeregelung
6.2. Philip (4 v. Chr. – 33/34 n. Chr.)
6.3. Herodes Antipas (4 v. Chr. – 39 n. Chr.)
6.4. Archelaos (4 v. Chr. – 6 n. Chr.)
6.5. Judäa unter römischer Verwaltung (6–41 n. Chr.)
6.6. Agrippa I. (37–44 n. Chr.)
6.7. Agrippa II. (50? – 92/93 n. Chr.)
6.8. Die römischen Prokuratoren (44–66 n. Chr.)
7. Der erste Jüdische Krieg (66–74 n. Chr.)
7.1. Die Anfänge
7.2. Der Krieg in Galiläa (67 n. Chr.)
7.3. Die Jahre 68 und 69 n. Chr.
7.4. Die Eroberung Jerusalems 70 n. Chr.
7.5. Das Ende des Krieges
8. Zwischen den Kriegen:Von 74 bis 132 n. Chr.
8.1. Die Folgen des Krieges
8.2. Die Rabbinen
8.3. Jochanan ben Zakkai
8.4. Javne
8.5. Der Aufstand unter Trajan (115–117 n. Chr.)
9. Der Bar Kokhba-Aufstand
9.1. Die Ursachen des Aufstandes
9.2. Bar Kokhba
9.3. Der Verlauf
9.4. Die Folgen
10. Vom Bar Kokhba-Aufstandbis zur arabischen Eroberung Palästinas
10.1. Uscha und Bet Sche‘arim
10.2. Die Krise des römischen Reiches im 3. Jh.
10.3. Judentum und Christentum
10.4. Die persische Eroberung
Anhang
Bildteil
Bildnachweis
Zeittafel
Literatur
Personenregister
Ortsregister

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UTB 3366

Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Köln · Weimar · Wien Verlag Barbara Budrich · Opladen · Farmington Hills facultas.wuv · Wien Wilhelm Fink · München A. Francke Verlag · Tübingen und Basel Haupt Verlag · Bern · Stuttgart · Wien Julius Klinkhardt Verlagsbuchhandlung · Bad Heilbrunn Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft · Stuttgart Mohr Siebeck · Tübingen Orell Füssli Verlag · Zürich Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn · München · Wien · Zürich Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich

Peter Schäfer

Geschichte der Juden in der Antike Die Juden Palästinas von Alexander dem Großen bis zur arabischen Eroberung 2., durchgesehene Auflage

Mohr Siebeck

Peter Schäfer, geboren 1943. Dr. phil., Dres. h. c.; 1984 bis 2008 Professor für Judaistik an der Freien Universität Berlin, seit 1998 an der Universität Princeton. 1994 Leibniz-Preis und 2007 Mellon Distinguished Achievement Award.

1. Auflage 1983 2., durchgesehene Auflage 2010 ISBN 978-3-8252-3366-2 (UTB) ISBN 978-3-16-150218-7 (Mohr Siebeck) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2010 Mohr Siebeck, Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt, von Hubert & Co in Göppingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden.

Für Ruth, Eva und Simon

Vorwort zur zweiten Auflage

Die erste Auflage meiner Geschichte der Juden in der Antike ist lange vergriffen, und Studenten sprechen mich immer wieder darauf an, daß sie sich eine Neuauflage wünschen. Ich habe bisher gezögert, einmal, weil das Buch in englischer Übersetzung lieferbar ist und zum anderen, weil ich der Meinung war und bin, daß nach fast dreißig Jahren eine Neubearbeitung von Grund auf angebracht ist. Der Kompromißvorschlag des Mohr Verlages, das Buch als UTB-Taschenbuch in einer durchgesehenen und verbesserten Auflage herauszubringen, hat mich aber schließlich überzeugt. Trotz der langen Zeit, die seit dem Erscheinen der Erstauflage vergangen ist, stehe ich unverändert zu den in dem Buch vertretenen Grundlinien und -positionen, und der Erfolg der englischen Ausgabe im akademischen Unterricht bestärkt mich in dieser Überzeugung. Ich habe mich bemüht, die Eingriffe in den Text so behutsam wie möglich zu gestalten. Oberstes Ziel war es zunächst, alle mir bekannt gewordenen Fehler (Druckfehler wie sachliche Fehler) zu korrigieren. Darüber hinaus habe ich aber auch in mir wichtig erscheinenden Fällen bestimmte überholte oder zu pauschale Aussagen überarbeitet und dem heutigen Forschungsstand angepaßt. An dem grundlegenden Konzept der Erstausgabe, den Duktus der Darstellung aus den Quellen zu erarbeiten und nicht aus der Sekundärliteratur, habe ich allerdings festgehalten. Deswegen wurden auch nur in ganz seltenen Fällen Verweise auf die Sekundärliteratur in den Anmerkungen nachgetragen. Wer sich einen Überblick über die Sekundärliteratur zu den einzelnen Kapiteln verschaffen will, ist nach wie vor auf das Literaturverzeichnis angewiesen. Dort wurde die wichtigste Sekundärliteratur seit der Erstausgabe ergänzt. Die Druckvorlage mußte völlig neu gestaltet werden. Ich danke meiner Mitarbeiterin Baru Saul für die mühsame drucktechnische Überarbeitung des Manuskriptes. Meine Princetoner Studenten Jacob Feeley und Sarit Kattan Gribetz haben die zeitraubende Aufgabe über-

VIII

Vorwort zur zweiten Auflage

nommen, die Bibliographie zu ergänzen. Katharina Stichling war so freundlich, die Register zu erstellen. Dafür bin ich ihnen allen zu Dank verpflichtet. Und nicht zuletzt gilt mein Dank dem Verlag Mohr Siebeck für den Druck des Buches in der gewohnten Qualität. Princeton, Februar 2010

Peter Schäfer

Vorwort zur ersten Auflage

Eine „Geschichte der Juden in der Antike“ bedarf verschiedener Erläuterungen. Zunächst sei einschränkend gesagt, was die hier vorgelegte Geschichte nicht leisten will: Sie will kein Forschungsbeitrag sein, der alle Aspekte und Bereiche des antiken Judentums abdeckt. Die Kulturgeschichte des antiken Judentums bleibt ganz, die Literaturgeschichte und die Religionsgeschichte sind weitgehend ausgeklammert; für diese Teilbereiche stehen verschiedene bewährte Handbücher zur Verfügung. Geographisch beschränkt sich die Darstellung zudem auf das Judentum Palästinas; die großen jüdischen Zentren in der sog. Diaspora sind nicht einbezogen. Den Schwerpunkt der Darstellung bildet die politische Geschichte der Juden Palästinas, wobei unter „politisch“ aber nicht die bloße Abfolge von Herrschern und Schlachten verstanden wird, sondern die Verflechtung von politischem Handeln mit sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Gegebenheiten; in der Herausarbeitung der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen in der Geschichte des palästinischen Judentums liegt ein besonderes Anliegen des Buches. Im Mittelpunkt stehen die Juden der Antike als Subjekt und Objekt der Geschichte, d. h. als politisch aktiv handelndes und passiv erleidendes Volk, das seine politischen Ideale und Ziele in unterschiedlichen Umwelt-Konstellationen durchzusetzen sucht. Dies impliziert dreierlei: Zum einen wird damit grundsätzlich die Legitimität des politischen Handelns (auch) des antiken Judentums anerkannt; angesichts der Verwirrung, die die Politik der gegenwärtigen Repräsentanten des Judentums im modernen Staat Israel hervorgerufen hat, scheint dies für manche keineswegs selbstverständlich zu sein. Zum anderen bedeutet dies, daß der Maßstab für die Darstellung nur die Juden selbst als eigene geschichtliche Größe sein können und nicht ihre Funktion in einer wie auch immer definierten christlichen Heilsgeschichte. Und schließlich ergibt sich daraus, daß die Identität dessen, was „Judentum“ in der Antike bedeutet, vielfältigen und einschneidenden Wand-

X

Vorwort zur ersten Auflage

lungen unterworfen ist, die es nicht erlauben, die Geschichte dieses Judentums schlicht als die Selbstbehauptung einer konstanten „Idee“ in einer feindlichen Umwelt zu beschreiben. Auch die Abgrenzung des zeitlichen Rahmens, in dem das Judentum der Antike anzusetzen ist, ist nicht selbstverständlich. Für die vorliegende Darstellung wurde der Zeitraum gewählt, der durch die weltumfassende Macht des Hellenismus geprägt ist und der sich etwa von der Eroberung Palästinas durch Alexander den Großen in der 2. Hälfte des 4. Jh. v. Chr. bis zur Einnahme des Landes durch die Araber im 7. Jh. n. Chr. erstreckt. In der teils befruchtenden teils abwehrenden (und in beiden Haltungen folgenreichen) Auseinandersetzung mit dem Hellenismus im weitesten Sinne, der den Juden Palästinas in Gestalt der griechischen, der römischen und zuletzt der christlichen Vorherrschaft entgegentrat, entstand ein Judentum, das weit über seinen biblischen Ursprung hinausgewachsen war und die Geschichte Europas im Mittelalter bis in die Neuzeit beeinflussen sollte. Ein Überblick über einen so gewaltigen Zeitraum von beinahe tausend Jahren folgt eigenen literarischen Gesetzen. Er sollte sich weder in wertenden Pauschalurteilen erschöpfen noch in ermüdenden Einzelheiten verlieren. In der vorliegenden Darstellung wurde besonderer Wert darauf gelegt, dem Leser wenigstens ansatzweise und an wichtigen Punkten das Verhältnis zwischen der resümierenden sowie (zwangsläufig) gewichtenden und urteilenden Schilderung des Autors und der Quellenlage bewußt zu machen, d. h. zu zeigen, wie sehr die Darstellung von der Interpretation keineswegs eindeutiger Quellen abhängig ist. Dem sind im Rahmen eines historischen Grundrisses natürlich enge Grenzen gesetzt, doch wurde – mehr als in den bisherigen Überblicksdarstellungen – versucht, Quellen zu zitieren und damit Rechenschaft darüber abzulegen, wie bestimmte Urteile zustande gekommen sind. Aus dem gleichen Grund wurde so oft wie möglich wenigstens in Anmerkungen auf die einschlägigen Quellen verwiesen, damit der Leser selbst nachschlagen und die gebotene Information in den Quellen überprüfen kann. Leider ist die Quellenlage in dem behandelten Zeitraum alles andere als einheitlich. Einer Überfülle von Informationen in der Frühzeit (Makkabäerbücher, Josephus) steht ein eklatanter Mangel historisch verwertbaren Materials in der rabbinischen Periode gegenüber. Letz-

Vorwort zur ersten Auflage

XI

terer sollte, wie dies in der Literatur häufig geschieht, nicht durch die gewaltsame Heranziehung rabbinischer Texte kaschiert werden, die nur mit sehr viel Phantasie für die verhandelten historischen Ereignisse in Anspruch genommen werden können. Der vorliegende Grundriß nimmt das Ungleichgewicht in Kauf und ist in der Darstellung des Zeitraumes bis ca. 70 n. Chr. ausführlicher als in der rabbinischen Zeit. Für die Epoche des sog. rabbinischen Judentums fehlt trotz der verdienstvollen Arbeit von M. Avi-Yonah immer noch der grundlegende Forschungsbeitrag, auf den sich eine zusammenfassende Darstellung wie diese stützen könnte. Eine wirklich solide (und das bedeutet vor allem quellenkritische) Geschichte des rabbinischen Judentums ist eines der dringenden Desiderate der judaistischen Forschung. Entsprechend seiner Anlage richtet sich das Buch nicht an Fachleute. Es soll von allen benutzt werden können, die am Judentum interessiert sind, insbesondere aber auch von Studenten der Theologie und der Judaistik. Dieser Aufgabe dient ein ausführliches Literaturverzeichnis am Ende des Buches, das vor allem Studenten die Weiterarbeit ermöglichen soll. Die Anmerkungen wurden dagegen weitgehend von Literaturhinweisen freigehalten und haben primär den Zweck, auf die jeweiligen Quellen zu verweisen. Desgleichen wurde (bis auf wenige Ausnahmen) darauf verzichtet, abweichende Meinungen in der Sekundärliteratur zu diskutieren bzw. jeweils immer zu belegen, von welchem Autor welche Urteile abhängig oder beeinflußt sind. Der kundige Leser erkennt dies ohnehin, während es für den Laien unnötigen Ballast bedeutet. Ich möchte dennoch hervorheben, daß ich den Arbeiten von Martin Hengel, Hans G. Kippenberg und Abraham Schalit besonders viel verdanke. Die verwendete Umschrift hebräischer und griechischer Termini erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch, sondern ist bewußt einfach gehalten; eine Tabelle der hebräischen Umschrift ist beigegeben. Fachausdrücke werden soweit wie möglich im Text erklärt; ich verweise darüber hinaus auf das von Johann Maier und mir herausgegebene Kleine Lexikon des Judentums (Stuttgart/Konstanz 1981). Ein besonderes Problem war es, eine neutrale Bezeichnung für das gesamte von Juden bewohnte Gebiet zu finden, das Gegenstand des Buches ist. Der Terminus „Judäa“ kam nicht in Frage, da seine Bedeutung bereits ambivalent ist und er sowohl zur Bezeichnung der jüdischen Provinz als

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Vorwort zur ersten Auflage

auch eines bestimmten (nicht genau umrissenen) geographischen Gebietes verwendet wird („Judäa“ etwa im Unterschied zu „Galiläa“). Ich habe mich, im vollen Bewußtsein seiner Unzulänglichkeit, für den Begriff „Palästina“ entschieden und meine damit das zu verschiedenen Zeiten jeweils unterschiedlich zu definierende Gebiet im Vorderen Orient, das Schauplatz der politischen Aktivitäten des behandelten Zeitraumes ist. Ich danke allen, die zur Entstehung des Buches beigetragen haben, vor allem meinen Kollegen Michael Krupp (Jerusalem), Alex Carmel (Haifa) und Yoram Tsafrir (Jerusalem) für ihre Hilfe bei der Beschaffung der Bilder. Herr Dr. K.-H. Minz vom Verlag Katholisches Bibelwerk hat die Drucklegung des Buches mit ungewöhnlichem Engagement betreut. Köln, April 1982

Peter Schäfer

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur zweiten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Vorwort zur ersten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

Umschrift hebräischer Worte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII

1.

Alexander der Große und die Diadochen . . . . . . . .

1.1. 1.1.1. 1.1.2. 1.2. 1.2.1. 1.2.2.

Alexander der Große . . . . . . . . . Das samaritanische Schisma . . . . . Der Besuch Alexanders in Jerusalem Die Diadochen . . . . . . . . . . . . . Politischer Hintergrund . . . . . . . . Palästina unter den Diadochen . . . .

. . . . . .

1 3 7 10 10 11

2.

Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7. 2.8.

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. . . . . .

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. . . . . .

. . . . . .

Ptolemäische Staatsverwaltung und Wirtschaft. . . Politische Geschichte: Die ersten Syrischen Kriege. Palästina unter den Ptolemäern: Verwaltung, Wirtschaft, soziale Verhältnisse . . . . . . . . . . . Politische Geschichte: Der 3. Syrische Krieg . . . . Der Aufstieg der Tobiadenfamilie . . . . . . . . . . Politische Geschichte: Der 4. Syrische Krieg . . . . Die Spaltung der Tobiadenfamilie . . . . . . . . . . Der 5. Syrische Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

1

. . . .

15 17

. . . . . .

18 22 23 26 28 29

. . . . . .

XIV 3.

Inhaltsverzeichnis

Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5. 3.6. 3.7. 3.7.1. 3.7.2. 3.7.3.

Seleukidische Staatsverwaltung und Wirtschaft . Palästina als seleukidische Provinz. . . . . . . . . Oniaden und Tobiaden . . . . . . . . . . . . . . . Die Heliodoraffäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „hellenistische Reform“ unter Antiochos IV. . Die „Religionsedikte“ . . . . . . . . . . . . . . . . Die makkabäische Erhebung . . . . . . . . . . . . Die Anfänge unter Mattathias und Judas . . . . . Jonathan (161–142 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . Simon (142–135/34 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

31 32 37 40 42 51 56 56 66 73

4.

Die hasmonäische Dynastie. . . . . . . . . . . . . . . .

77

4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. 4.6. 4.7.

Verwaltung und Wirtschaft des Hasmonäerstaates. Johannes Hyrkan I. (135/34–104 v. Chr.) . . . . . . Die Pharisäer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aristobul I. (104–103 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . Alexander Jannai (103–76 v. Chr.) . . . . . . . . . . Salome Alexandra (76–67 v. Chr.) . . . . . . . . . . Aristobul II. (67–63 v. Chr.) . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

77 81 84 89 90 92 93

5.

Herodes der Große (37–4 v. Chr.) . . . . . . . . . . . .

97

5.1. 5.1.1. 5.1.2. 5.2. 5.3. 5.4.

Der Aufstieg zur Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hyrkan II. (63–40 v. Chr.) und die Neuordnung Judäas Mattathias Antigonos (40–37 v. Chr.) . . . . . . . . . . Das Staats- und Wirtschaftssystem des Herodes . . . . Überblick über den Ablauf seiner Regierung . . . . . . Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97 97 103 105 111 118

. . . . . . . . . .

. . . . . . . . . .

. . . . . . .

Inhaltsverzeichnis

XV

6.

Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg . . . . . . . .

121

6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5. 6.5.1. 6.5.2. 6.5.3. 6.6. 6.7. 6.8.

Die Nachfolgeregelung . . . . . . . . . . . . . . . Philip (4 v. Chr. – 33/34 n. Chr.) . . . . . . . . . . Herodes Antipas (4 v. Chr. – 39 n. Chr.) . . . . . . Archelaos (4 v. Chr. – 6 n. Chr.). . . . . . . . . . . Judäa unter römischer Verwaltung (6–41 n. Chr.) Rechtlicher Status der Provinz . . . . . . . . . . . Die Prokuratoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Zeloten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agrippa I. (37–44 n. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . Agrippa II. (50? – 92/93 n. Chr.) . . . . . . . . . . Die römischen Prokuratoren (44–66 n. Chr.) . . .

. . . . . . . . . . .

121 122 123 126 126 126 130 132 137 139 139

7.

Der erste Jüdische Krieg (66–74 n. Chr.). . . . . . . . .

145

7.1. 7.2. 7.3. 7.4. 7.5.

Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . Der Krieg in Galiläa (67 n. Chr.) . . . Die Jahre 68 und 69 n. Chr. . . . . . . Die Eroberung Jerusalems 70 n. Chr. Das Ende des Krieges . . . . . . . . .

. . . . .

145 148 150 153 155

8.

Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr. . . . . .

157

8.1. 8.2. 8.3. 8.4. 8.5.

Die Folgen des Krieges . . . . . . . . . . . . . Die Rabbinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jochanan ben Zakkai . . . . . . . . . . . . . . Javne. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Aufstand unter Trajan (115–117 n. Chr.) .

. . . . .

157 160 164 166 170

9.

Der Bar Kokhba-Aufstand . . . . . . . . . . . . . . . .

173

9.1. 9.2.

Die Ursachen des Aufstandes . . . . . . . . . . . . . . . Bar Kokhba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

173 177

. . . . .

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XVI

Inhaltsverzeichnis

9.2.1. 9.2.2. 9.3. 9.4.

Messias . . Nasi . . . . Der Verlauf Die Folgen

. . . .

178 181 186 191

10.

Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung Palästinas . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

193

10.1. 10.1.1. 10.1.2. 10.1.3. 10.2. 10.3. 10.3.1. 10.3.2. 10.3.3.

. . . .

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Uscha und Bet Sche‘arim . . . . . . . . . . Die Mischna . . . . . . . . . . . . . . . . . Bet Sche‘arim . . . . . . . . . . . . . . . . . Jehuda ha-Nasi und die Patriarchen . . . . Die Krise des römischen Reiches im 3. Jh. Judentum und Christentum. . . . . . . . . Konstantin der Große (324–337 n. Chr.) . Konstantius II. (337–361 n. Chr.) . . . . . Die Restauration unter Julian Apostata (361–363 n. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . 10.3.4. Theodosius I. (379–395 n. Chr.) und II. (408–450 n. Chr.) . . . . . . . . . . . . . . 10.3.5. Justinian I. (527–565 n. Chr.) . . . . . . . . 10.4. Die persische Eroberung . . . . . . . . . .

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. . . . . . . .

193 194 197 199 203 210 210 215

. . . . . . .

218

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

222 226 229

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

235

Bildteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

237

Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

253

Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

271

Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

307

Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

313

Abkürzungsverzeichnis

AASOR AAST AC Adv. haer. Adv. lud. AIPh AJP AJS ALUOS Am Anab. AnGr ANRW Ant. Apg Apol. ARNA ARNB ASNSP Av AZ

Annual of the American Schools of Oriental Research Atti della reale accademia delle scienze di Torino L’Antiquité classique Epiphanius, Adversus haereses Tertullian, Adversus Judaeos Annuaire de l’institut de philologie et d’histoire orientales et slaves American Journal of Philology Association for Jewish Studies Review Annual of Leeds University Oriental Society Amos Arrian, Anabasis Alexandrou Analecta Gregoriana Aufstieg und Niedergang der römischen Welt Josephus, Antiquitates Apostelgeschichte Justin, Apologia Avot deRabbi Natan, Version A Avot deRabbi Natan, Version B Annali della scuola normale superiore di Pisa Traktat Avot Traktat ‘Avoda Zara

b b. BA BASOR BB Bell. Ber BerR Bibl Bibl. Hist. BM BZ

babylonischer Talmud ben (Sohn des) Biblical Archaeologist Bulletin of the American Schools of Oriental Research Traktat Bava Batra Josephus, Bellum Traktat Berakhot Bereschit Rabba Biblica Diodor, Bibliothēkē Historikē Traktat Bava Metsia Biblische Zeitschrift

XVIII

Abkürzungsverzeichnis

CAH CBQ CCL CD CHM Chron Chron. CI CIL CP CSEL CT

Cambridge Ancient History Catholic Biblical Quarterly Corpus Christianorum, Series Latina Damaskusschrift Cahiers d’histoire mondiale 1. und 2. Buch Chronik Sulpicius Severus, Chronica Codex Iustinianus Corpus Inscriptionum Latinarum Classical Philology Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum Codex Theodosianus

Dan DBS Dial. c. Tryph. Diss. DJD DSD Dt

Daniel Dictionnaire de la bible, Supplément Justin, Dialogus cum Tryphone Arrian, Dissertationes Epikteti Discoveries in the Judaean Desert Dead Sea Discoveries Deuteronomium

EkhaR, Pet. EkhaRB Ed EI Ep. Ez

Ekha Rabba, Peticha Ekha Rabba, hrsg. v. S. Buber Traktat Edujot Eretz-Israel Ambrosius, Epistulae Ezechiel

GCS Gen Git GRBS

Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte Genesis Traktat Gittin Greek, Roman and Byzantine Studies

HA HAW HE Hist Hist. Hist. Hist. eccl. Hist. eccl.

Historia Augusta Handbuch der Altertumswissenschaft Eusebius, Historia Ecclesiastica Historia Curtius Rufus, Historiae Alexandri Magni Tacitus, Historiae Rufinus, Historia ecclesiastica Sozomenos, Historia ecclesiastica

Abkürzungsverzeichnis

XIX

HistJud Hor Hos HR HR HSCP HTR HUCA

Historia Judaica Traktat Horajot Hosea Dio Cassius, Historia Romana History of Religions Harvard Studies in Classical Philology Harvard Theological Review Hebrew Union College Annual

IEJ INJ

Israel Exploration Journal Israel Numismatic Journal

j Jad JBL JEOL Jes Jev JITL JJS JNG Jom JPOS JQR JR JRH JRS JSJ JSS JTS

Jerusalemer Talmud Traktat Jadajim Journal of Biblical Literature Jaarbericht van het vooraziatisch-egyptisch genootschap „Ex oriente lux“ Jesaja Traktat Jevamot Jahresbericht der israelitisch-theologischen Lehranstalt, Wien Journal of Jewish Studies Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte Traktat Joma Journal of the Palestine Oriental Society Jewish Quarterly Review Journal of Religion Journal of Religious History Journal of Roman Studies Journal for the Study of Judaism Journal of Semitic Studies Journal of Theological Studies

Ket Koh

Traktat Ketubbot Kohelet

Lev Lk

Levitikus Lukas

m Makk Meg MegTaan

Mischna 1. und 2. Makkabäerbuch Traktat Megilla Megillat Ta‘anit

XX

Abkürzungsverzeichnis

MGWJ MH Mi Mk MQ MSch Mt Mur.

Monatsschrift für die Geschichte und Wissenschaft des Judentums Museum Helveticum Micha Markus Traktat Mo‘ed Qatan Traktat Ma‘aser Scheni Matthäus Murabba‘at Dokumente, hrsg. v. J. T. Milik

Nat. Hist. Ned Neh Nov. NT NTS Num

Plinius, Naturalis Historia Traktat Nedarim Nehemia Justinian, Novellae Novum Testamentum New Testament Studies Numeri

Orat. adv. Iud. Orat. V

Chrysostomus, Oratio adversus Iudaeos Gregor von Nazianz, Oratio V contra Iulianum

PAAJR PEQ Pes PesR PG Ph.S PIASH PJB PRK

Proceedings of the American Academy for Jewish Research Palestine Exploration Quarterly Traktat Pesachim Pesiqta Rabbati Migne, Patrologiae Cursus Completus, Series Graeca Philologus, Supplement Proceedings of the Israel Academy of Sciences and Humanities Palästinajahrbuch Pesiqta deRav Kahana

Qid 1QpHab 1QpNah 1QSb

Traktat Qidduschin Habakuk-Kommentar Nahum-Kommentar Segensformeln

RB RdQ REJ RHD RHR RHSch

Revue Biblique Revue de Qumran Revue des études juives Revue historique de droit francais et etranger Revue de l’histoire des religions Traktat Rosch ha-Schana

Abkürzungsverzeichnis

XXI

Ri RIDA RivBib RMP RN

Richter Revue internationale des droits de l’antiquité Rivista biblica Rheinisches Museum für Philologie Revue Numismatique

Sach San SBFLA Schab Schevi SchM SCI ScrHie Sir Sot StC StTh Suk Syr.

Sacharja Traktat Sanhedrin Studii biblici Franciscani liber annuus Traktat Schabbat Traktat Schevi‘it Schweizer Münzblätter Scripta Classica Israelica Scripta Hierosolymitana Jesus Sirach Traktat Sota Studii Clasice Studia Theologica Traktat Sukka Appian, Syriakē

t Taan TCAAS ThLZ ThZ TO TPsJ

Tosefta Traktat Ta‘anit Transactions of the Connecticut Academy of Arts and Sciences Theologische Literaturzeitung Theologische Zeitschrift Targum Onkelos Targum Pseudo-Jonathan

VT

Vetus Testamentum

WHJP WThJ

World History of the Jewish People Westminster Theological Journal

ZAW ZDPV Zeph ZNW ZPE

Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Zeitschrift des deutschen Palästinavereins Zephanja Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik

Umschrift hebräischer Worte

‫א‬ ‫ב‬ ‫ג‬ ‫ד‬ ‫ה‬ ‫ו‬ ‫ז‬ ‫ח‬ ‫ט‬ ‫י‬ ‫כ‬ ‫ל‬ ‫מ‬ ‫נ‬ ‫ס‬ ‫ע‬ ‫פ‬ ‫צ‬ ‫ק‬ ‫ר‬ ‫שׁ‬ ‫שׂ‬ ‫ת‬

nicht wiedergegeben; im Wort: ’ b/v g d h w z ch t i/j k/kh l m n s ‘ p/f ts q r sch s t

Personen- und Ortsnamen werden in vereinfachter Schreibweise wiedergegeben.

1. Alexander der Große und die Diadochen

1.1. Alexander der Große Das Palästina, in dem wir uns zu Beginn der hellenistischen Zeit befinden, war alles andere als eine wirtschaftliche und kulturelle Einheit. Die herrschende Macht vor der Eroberung durch Alexander den Großen waren die Perser, ein orientalisches Großreich, das den Gipfel seiner Machtentfaltung längst überschritten hatte. Die westlichen Gebiete dieses Perserreiches (und hier vor allem Phönikien, also die seefahrenden Küstenstädte) waren schon seit langem nach Griechenland hin orientiert, dem wirtschaftlichen, kulturellen und nicht zuletzt auch militärischen Einfluß der Griechen ausgesetzt. Zahlreiche Einzelfunde in Palästina haben bewiesen, daß griechische Keramik, griechische Kunstwerke und sogar griechische Münzen in diesem Gebiet weit verbreitet waren, ja daß ganze Städte (vor allem in der Küstenebene) schon vor der Eroberung des Landes durch Alexander gewissermaßen als „griechisch“ zu bezeichnen sind. Dennoch eröffnete der Siegeszug des jungen Alexander (er war 23 Jahre alt), der mit der berühmten Schlacht bei Issos (333 v. Chr.) begann, ein neues Kapitel in der Geschichte des Vorderen Orients. Der Orient, der die Griechen bisher vorwiegend als Handelsleute und Künstler kannte, lernte sie bzw. die stammesverwandten Makedonen nun als harte und brutale Eroberer kennen. Nach dem Sieg bei Issos stieß der Feldherr Parmenion bis nach Damaskus vor und eroberte Syrien, während Alexander entlang der Küste vorrückte und die Huldigung der sich kampflos ergebenden phönikischen Städte Arados, Marathos, Byblos und Sidon entgegennahm. Nur das als uneinnehmbar geltende (und schon von Sanherib und Nebukadnezar viele Jahre erfolglos belagerte) Tyros verweigerte dem König den Zugang zu Stadt und Tempel. Alexander, der ein Exempel statuieren und zudem der in der Ägäis operierenden persisch-phönikischen Flotte einen Stützpunkt entziehen wollte, belagerte die Stadt sieben Monate lang, bis er

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1. Alexander der Große und die Diadochen

sie im August 332 mit Hilfe eines künstlichen Dammes und seiner Flotte eroberte. Die antiken Historiker berichten, daß 2.000 waffenfähige Männer gekreuzigt und 30.000 Überlebende als Sklaven verkauft wurden.1 Die Stadt (dies war das übliche Schema bei den Eroberungen Alexanders) wurde in eine makedonische Kolonie umgewandelt und mit griechischen Kolonisten besiedelt. Von Tyros ging dann der Feldzug auf der phönikisch-palästinischen Küstenstraße weiter nach Süden. Auf nennenswerten Widerstand traf Alexander erst wieder in Gaza, einem der wichtigsten Umschlagplätze für den Arabienhandel (in Gaza kam eine der alten Karawanenstraßen von Osten her ans Meer; vor allem der Handel mit den Nabatäern wurde über Gaza geführt). Gaza wurde schon nach zwei Monaten erobert, die waffenfähigen Männer, wie in Tyros, getötet, Frauen und Kinder als Sklaven verkauft. Was geschah nun während dieses Eroberungszuges Alexanders, der an der Küste entlang nach Süden bis nach Ägypten vorstieß, mit dem syrisch-palästinischen Hinterland, vor allem mit der unter den Persern autonomen Provinz Jehud (= Juda)? Naturgemäß waren die antiken Historiker am Schicksal dieses provinziellen Zipfels der Welt wenig interessiert. Sie konzentrierten sich vor allem auf die großen Eroberungen des Königs und erwecken den Eindruck, als hätten sich die meisten palästinischen Städte schon vor oder während der Belagerung von Tyros Alexander unterworfen; von einem besonderen Eroberungszug Alexanders in das palästinische Hinterland ist hier nirgendwo die Rede. Gegen diesen einheitlichen Befund der antiken Historiker steht die jüdische Überlieferung, die sowohl von einem Besuch Alexanders in Jerusalem weiß als auch die endgültige Trennung der Samaritaner von der jüdischen Kultgemeinde (das sog. samaritanische Schisma) mit den Ereignissen um die Eroberung Palästinas durch Alexander verbindet.

1 Arrian, Anab. II,24 f.; Diodor, Bibl. Hist. XVII,46,4; Curtius Rufus, Hist. IV,4,17.

1.1. Alexander der Große

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1.1.1. Das samaritanische Schisma Die Hauptquelle für die Loslösung der Samaritaner und die Erbauung eines (aus jüdischer Sicht) schismatischen Heiligtums auf dem Garizim ist Josephus.2 Danach war ein Bruder des Hohenpriesters Jaddus, Manasse mit Namen, mit Nikaso, der Tochter des persischen Statthalters von Samaria, Sanballat, verheiratet. Dieser Manasse floh – noch unter persischer Herrschaft – nach Samaria, weil man seine „Mischehe“ mit Nikaso in Jerusalem nicht dulden wollte. Sanballat versprach ihm, einen Tempel auf dem Garizim zu bauen und ihm die Hohepriesterwürde dieses neuen Heiligtums zu übertragen. Alexander, mit der Belagerung von Tyros beschäftigt, habe von dem jüdischen Hohenpriester militärische Unterstützung und den bis dahin dem persischen König Darios gezahlten Tribut gefordert; dies sei ihm aber vom jüdischen Hohenpriester mit dem Hinweis auf seinen dem Darios geleisteten Treueeid abgeschlagen worden. Sanballat dagegen habe die Gunst der Stunde erkannt, sei Alexander mit 8.000 samaritanischen Soldaten zur Hilfe geeilt (also von Darios abgefallen) und habe zur Belohnung die Erlaubnis zum Tempelbau erlangt. Kurz darauf sei Sanballat gestorben. Zu diesem Erzählstrang gehört möglicherweise noch die spätere Notiz des Josephus: „Den Soldaten des Sanballat aber befahl Alexander, ihm nach Ägypten zu folgen, da er ihnen hier Ländereien anweisen wollte.“3 Soweit Josephus. Zur Beurteilung dieser Quelle ist zunächst auf eine Parallele im biblischen Buch Nehemia (12,10 f.22; 13,28) hinzuweisen. Manche Forscher vermuten, daß Nehemia (insbesondere Neh 13,28) der Kern des Berichtes bei Josephus ist, der „zur Legende über die Entstehung der samaritanischen Gemeinde ausgesponnen wird.“4 Diese Vermutung ist freilich schon methodisch sehr problematisch: Bibeltexte werden nicht im luftleeren Raum zu Legenden ausgesponnen, sozusagen im Kämmerlein des Schriftstellers. Außerdem besteht ein Unterschied in der Genealogie zwischen Nehemia und Josephus, d. h. es stellt sich die Frage, warum Josephus, wenn er den Bericht bei Nehemia weiter ausspinnen wollte, gerade die Genealogie änderte. 2 3 4

Ant. XI,8,2–4 § 302 ff. Ant. XI,8,6 § 345. Kippenberg, Garizim und Synagoge, S. 52.

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1. Alexander der Große und die Diadochen

Wahrscheinlicher dürfte sein, daß beide Berichte einen historischen Sachverhalt widerspiegeln, wobei freilich das Verhältnis zwischen diesen beiden Quellen eine offene Frage bleiben muß; vielleicht ist auch mit Zwischengliedern zu rechnen, die wir nicht kennen. Was den historischen Kern betrifft, so dürfte seit den Papyrusfunden in der sog. Todeshöhle im Wadi ed-Daliyeh, nördlich von Jericho, gesichert sein, daß zur Zeit des Alexanderzuges ein dritter Statthalter mit dem Namen Sanballat in Samaria regierte.5 Gab es aber einen Statthalter namens Sanballat zur Zeit des Alexanderzuges, dann spricht grundsätzlich nichts gegen die übrigen Angaben des Josephus, daß nämlich dieser Sanballat sich wie die übrigen lokalen Herrscher Syriens und Palästinas Alexander unterwarf und ihm auch – als Zeichen dieser Unterwerfung – seine Hilfe bei der Eroberung von Tyros anbot. Die erwähnte Notiz des Josephus, daß Soldaten des Sanballat Alexander nach Ägypten begleiteten, ist von daher ebenfalls nicht unwahrscheinlich. Wie steht es nun aber mit dem Bericht von der Tempelgründung auf dem Garizim, die nach Josephus sowohl mit diesen politischen Ereignissen verbunden als auch das Ergebnis eines internen Streites innerhalb der Jerusalemer Priesterschaft war? Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, daß für die Tempelgründung auf dem Garizim, also das eigentliche samaritanische Schisma, der Bericht des Josephus die einzige relevante Quelle ist. Man hat zwar auch biblische Stellen für dieses Schisma in Anspruch nehmen wollen,6 doch ist es wenig wahrscheinlich, daß diese Stellen, die sich ursprünglich auf einen Gegensatz zwischen dem Nordreich und dem Südreich beziehen, auf die Samaritaner gedeutet wurden. Eine gewisse Bestätigung des Faktums eines Tempelbaus auf dem Garizim haben die archäologischen Ausgrabungen gebracht: Die Ausgräber (vor allem R. J. Bull) vermuten, daß die 5 Es sind wahrscheinlich zu unterscheiden: Sanballat I., bekannt als Gegenspieler Nehemias (geb. ca. 485 v. Chr.); Sanballat II. (geb. ca. 435 v. Chr.): sein Name findet sich auf einem Siegel aus der Höhle im Wadi ed-Daliyeh; und der hier bei Josephus erwähnte Sanballat III. (geb. ca. 385 v. Chr ): dieser dritte Sanballat ist zwar durch die Papyri nicht bezeugt, doch gewinnt das Zeugnis des Josephus durch den bewiesenen Sanballat II., von dem vorher auch nichts bekannt war, bedeutend an Wahrscheinlichkeit. 6 So Ri 5,14; Hos 13,1; Mi 6,9–16; Trito-Jes; 2 Chron 13,4–12; Sach 11,14.

1.1. Alexander der Große

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Reste des Gebäudes, die man unter dem Hadrianstempel auf dem Garizim gefunden hat, von diesem samaritanischen Heiligtum stammen; dafür spricht vor allem die hellenistische Keramik, die in diesem Gebäude gefunden wurde. Es bleibt also der Bericht des Josephus, der sehr wahrscheinlich auf eine Tendenzerzählung samaritanischer Herkunft aus dem 2. Jh. v. Chr. zurückgeht. Sein historischer Kern scheint in einem internen Streit der Jerusalemer Priesterschaft über die Mischehenfrage nach der Wiedererrichtung des Tempels und der Restitution des jüdischen Stadtstaates zu bestehen. Eine Gruppe unter den Priestern hat in solchen Mischehen offenbar eine Gefahr für die neue jüdische Ordnung gesehen, und im Gefolge solcher Auseinandersetzungen können bestimmte Kreise (und so auch der bei Josephus erwähnte Manasse) Jerusalem verlassen haben und in das samaritanische Herrschaftsgebiet umgesiedelt sein. Ob nun allerdings der Tempelbau von Alexander abgesegnet wurde, ist eine ganz andere Frage. Hier könnte sehr viel eher das begreifliche samaritanische Interesse sichtbar werden, daß der Bau des Tempels auf dem Garizim durch den großen König Alexander legitimiert wurde, d. h. dieser spezielle Zug der Erzählung ist wohl unhistorisch. Dafür spricht auch ein zweiter Bericht des Josephus, der auf eine andere Quelle zurückgehen dürfte.7 Hier wird der samaritanische Tempel bereits als bestehend vorausgesetzt, obwohl Sanballat (nach dem ersten Bericht des Josephus) die Bauerlaubnis erst vor wenigen Monaten von Alexander erhalten hatte. Darüber hinaus ist das Verhältnis zwischen Alexander und den Samaritanern hier sehr viel kühler, als man nach dem im ersten Text geschilderten Übertritt Sanballats zu Alexander erwarten sollte. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß diese zweite Quelle auf eine jüdische und damit antisamaritanische Vorlage zurückgeht. Historisch bedeutet dies, daß Alexander mit dem Tempelbau der Samaritaner gewiß nichts zu tun hatte, daß er also weder die Erlaubnis zum Tempelbau gegeben hat (wie der erste Text suggeriert) noch – viel weniger –, daß der Tempel bereits während seines Aufenthalts in Palästina fertig wurde.

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Ant. XI,8,6 § 340–344.

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1. Alexander der Große und die Diadochen

Der bei Josephus nur angedeutete Konflikt zwischen Alexander und den Samaritanern und die Bevorzugung der Juden ist in anderen Quellen besser bezeugt. Neben einer legendären Erzählung im Talmud8 erwähnt Curtius Rufus in seiner Alexander-Biographie, die Bewohner Samarias hätten den von Alexander eingesetzten Statthalter Syriens, Andromachos, lebendig verbrannt (vivum Samaritae cremaverant).9 Alexander sei, um seinen Tod zu rächen, sofort von Ägypten nach Samaria geeilt, habe die Urheber des Verbrechens töten lassen und als Nachfolger des Andromachos Menon eingesetzt. Diese Nachricht wird durch die Chronik des Eusebius ergänzt, in der es heißt: Alexander belagerte Tyros und nahm Judäa: Bei den Juden verherrlicht, brachte er Gott Opfer dar und ehrte den Hohenpriester. Den Andromachos setzte er dem Gebiet zum Landpfleger ein, welchen Bewohner der Shamyrtäerstadt (= Samarias) töteten. Diese strafte Alexander, aus Ägypten zurückgekehrt, indem er nach der Einnahme der Stadt dort Makedonier ansiedelte.10

Demnach hätte also Alexander persönlich Samaria zerstört und die Stadt in eine makedonische Militärkolonie verwandelt. Der historische Wert des letzten Punktes dieser Nachricht (die Umwandlung in eine Militärkolonie) wird freilich durch eine andere Notiz bei Eusebius relativiert, in der es heißt, daß erst der Statthalter Perdikkas (296/95) die Stadt neu besiedelte. Dieser Widerspruch ist bisher nicht geklärt worden, spielt aber auch keine entscheidende Rolle. Wichtig – und durch die Funde im Wadi ed-Daliyeh gesichert: neben den Dokumenten fand man dort die Gebeine von 205 Personen, offenbar vornehmen Samaritanern, die sich dort versteckt hatten und von den verfolgenden Makedoniern regelrecht ausgeräuchert wurden – ist die Tatsache, daß Samaria zu einem frühen Zeitpunkt (wahrscheinlich schon unter Alexander) zerstört wurde. Zu diesem Befund paßt auch die Siedlungsgeschichte der Stadt Sichem, die zwischen 480 und 330 v. Chr. unbesiedelt gewesen war, aber ab 330 wieder eine neue Bauperiode mit einer Blütezeit um 300 v. Chr. erlebte. Die Wiederbesiedlung Sichems und der Bau des sama8

b Jom 69a. Hist. IV,8,9–11. 10 Armenische Fassung, ed. J. Karst, S. 197 (GCS XX); lateinische Version des Hieronymus, ed. R. Helm, S. 123, 128 (GCS XLVII). 9

1.1. Alexander der Große

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ritanischen Tempels auf dem Garizim hängen aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Zerstörung Samarias und der bald darauf erfolgten Neugründung als makedonische Militärkolonie zusammen. 1.1.2. Der Besuch Alexanders in Jerusalem Ein Besuch Alexanders in Jerusalem wird sowohl von Josephus als auch von der rabbinischen Literatur bezeugt.11 Danach soll der Hohepriester Jaddus Alexander bis vor die Tore Jerusalems entgegengezogen sein, um eine Plünderung der Stadt zu verhindern. Als Alexander den Hohenpriester erblickte, habe er sich vor ihm niedergeworfen, weil er in ihm, so der Bericht des Josephus, die Gestalt erkannte, die ihm einst im Traum erschienen war und ihn zum Krieg gegen die Perser ermutigt hatte. Schließlich reichte er dem Hohenpriester die Hand und begab sich in Begleitung der Priester zur Stadt, stieg zum Tempel hinauf, opferte Gott nach des Hohenpriesters Anweisung und erwies diesem wie den Priestern die höchsten Ehrenbezeigungen. Als man ihm nun das Buch Daniel zeigte, in welchem vorausgesagt war, ein Grieche werde der Perser Reich zerstören, hielt er sich selbst für diesen Griechen und entließ voll Freude das Volk. Am folgenden Tag aber rief er sie wieder zusammen und hieß sie Geschenke begehren, so viele sie wollten. Da nun der Hohepriester um die Erlaubnis, nach den väterlichen Gesetzen leben zu dürfen und um die Befreiung von Abgaben in jedem siebten Jahr bat, gestand Alexander ihm dies gerne zu.12

Diese Erzählung ist größtenteils eine Legende ohne historischen Wert. Das Motiv von der überraschenden Reverenz des heidnischen Eroberers vor den jüdischen Repräsentanten findet sich auch in verschiedenen anderen historischen Zusammenhängen und dient, ebenso wie der Besuch Jerusalems und das Opfer im Tempel, der Anerkennung der Überlegenheit des jüdischen Gottes, gehört also in den Bereich der religiösen Propaganda. Dies besagt jedoch noch nicht, daß überhaupt 11 Ant. XI,8,4–5 § 326–339; b Jom 69a; vgl. auch MegTaan, ed. Lichtenstein, HUCA 8–9, 1931/32, S. 339. 12 Ant. XI,8,5 § 336–338. – Zitate aus den Antiquitates und Contra Apionem folgen der deutschen Übersetzung von H. Clementz (Halle 1899 – Köln 1960), aus dem Bellum der Übersetzung von O. Michel/O. Bauernfeind (Darmstadt–München 1963 – 31977); bei schwierigen bzw. umstrittenen Passagen wurden der griechische Text sowie weitere Übersetzungen konsultiert.

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1. Alexander der Große und die Diadochen

kein Kontakt zwischen Alexander und den Juden der ehemaligen persischen Provinz Jehud bestanden hat. Es spricht nichts dagegen, daß die Juden – wie schon von den Perserkönigen und später auch von den hellenistischen Königen – von Alexander das Recht erbaten, nach den „väterlichen Gesetzen“ leben zu dürfen. Da Alexander eben dieses Recht auf eigene Gesetze auch anderen Völkerschaften zugestand, wird man diesen Punkt für den historischen Kern der Darstellung bei Josephus halten dürfen. Was die Modalitäten eines solchen Treffens anbelangt, so ist zu beachten, daß der talmudische Bericht nicht von einem Besuch des Königs in Jerusalem spricht, sondern davon, daß der jüdische Hohepriester mit seinem Gefolge Alexander in Kefar Saba (= später Antipatris) in der Küstenebene traf. Diese Version hat manches für sich, so vor allem die Tatsache, daß die Juden den König aufsuchten und nicht umgekehrt der König die Juden, daß man also den König auf seinem Eroberungszug durch die Küstenebene traf und Alexander von diesem natürlichen Weg nach Süden (den allein die griechischen Historiker kennen) nicht abweichen mußte, um nach Jerusalem zu gelangen. Ein weiteres Problem ist die Frage, ob und inwieweit Alexander in die Verwaltung der eroberten Gebiete (also in diesem Fall Syriens und Palästinas) eingriff. Wir erfahren nur die Namen mehrfach wechselnder Satrapen, unter denen sich von 329–325 v. Chr. auch ein Perser namens Bessos befunden haben soll: Dies läßt auf weitgehende Toleranz schließen und deutet darauf hin, daß Alexander auf fähige einheimische Beamte zurückgegriffen hat und die Verwaltungsstruktur des sehr inhomogenen Landes mit seinen zahlreichen mehr oder weniger selbständigen Städten und Gebieten nicht wesentlich veränderte. Für die ehemals autonome persische Provinz Jehud bedeutete dies, daß der politische Machtwechsel zunächst keine einschneidenden Änderungen bewirkt haben dürfte und Alexander auch nicht unmittelbar in die Jerusalemer Verhältnisse eingriff. Vermutlich begnügte er sich mit der Anerkennung der griechischen Oberhoheit durch den Hohenpriester als Repräsentanten des Volkes und ließ im übrigen die organisatorische Struktur Judäas mit dem Hohenpriester und dem Ältestenrat an der Spitze des Staates unangetastet. Nur in die Münzautonomie der lokalen Stadtstaaten griff er ein, indem er neue Alexandermünzen als einheitliches Zahlungsmittel in Umlauf setzte, zweifellos um den

1.1. Alexander der Große

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Handelsverkehr zu erleichtern und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Alexander konnte jedoch die Früchte seines Eroberungszuges und der damit verbundenen wirtschaftlichen Maßnahmen nicht ernten. Er starb bald nach der Rückkehr aus Indien im Alter von 33 Jahren am 10. Juni 323 v. Chr. in Babylon. Das Echo, das seine kurze Wirksamkeit in der palästinisch-jüdischen Literatur gefunden hat, ist wenig positiv. So nennt das apokalyptische Danielbuch ihn zwar noch „Heldenkönig“ (melekh gibbor), doch klingen im selben Vers deutlich kritische Töne an: „Nun steht ein Heldenkönig auf; er begründet eine große Herrschaft und vollführt, was ihn gutdünkt“ (Dan 11,3). Vor allem aber wird das durch ihn eingeleitete Reich, das „vierte Reich“ der Makedonen und Griechen, als Inkarnation des Bösen schlechthin geschildert: Danach erblickte ich in den Nachtgesichten ein viertes Tier, furchtbar und schrecklich und außerordentlich stark. Es hatte mächtige Zähne von Eisen, es fraß und zermalmte; was übrigblieb, zertrat es mit seinen Füßen (Dan 7,7).

Oder in der Tiervision des äthiopischen Henochbuches: Und danach schaute ich in meiner Vision: Alle Vögel des Himmels kamen: die Adler, die Geier, die Habichte, die Raben, und die Adler13 führten alle Vögel an, und sie fingen an, jene Schafe14 zu fressen, ihnen die Augen auszuhacken und ihr Fleisch zu fressen.15

Und schließlich das 1. Makkabäerbuch, das seinen Bericht mit einer Charakterisierung Alexanders beginnt, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt: Er führte viele Kriege, eroberte Festungen und metzelte Könige der Erde nieder. Er drang bis zu den Enden der Erde vor und nahm von vielen Völkern Beute, und die Erde zitterte vor ihm. Und er wurde hochmütig und sein Herz überhob sich.16 13

Sie symbolisieren die Makedonen und Griechen. = Israel. 15 äth. Henoch 90,2. Übersetzung S. Uhlig, Das äthiopische Henochbuch, in: Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, Bd. V, Güthersloh 1984, S. 697. 16 1 Makk 1,2 f. – Die Übersetzung von Zitaten aus den beiden Makkabäerbüchern folgt der Bibelausgabe von V. Hamp/M. Stenzel/J. Kürzinger (Aschaffenburg 11 1960); bei schwierigen bzw. umstrittenen Passagen wurden die Übersetzungen 14

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1. Alexander der Große und die Diadochen

1.2. Die Diadochen 1.2.1. Politischer Hintergrund Als Alexander der Große 323 auf dem Höhepunkt seiner militärischen Erfolge in Babylon starb, begann zwischen seinen Generälen der Machtkampf um sein Erbe. Palästina, das in seiner exponierten Lage seit alters her zwischen den beiden großen Kulturzentren im Norden (Syrien-Mesopotamien) und im Süden (Ägypten) umkämpft war, geriet erneut in den Mittelpunkt rivalisierender Interessen. In Ägypten setzte sich von Anfang an (ab Ende 322) der tatkräftige und ehrgeizige Ptolemaios (Sohn des Lagos) durch, der Begründer der Dynastie der Ptolemäer. Er brachte nicht nur die Kyrenaika, sondern auch den Leichnam Alexanders als politisch wertvolle Reliquie in seine Gewalt und erhob, ganz in der Tradition der Pharaonen, sogleich Anspruch auf Phönikien und Koilesyrien,17 dessen Besitz die Kontrolle der wichtigsten Handelswege und Flottenbasen garantierte. Sein erster Versuch 320 v. Chr. gegen Laomedon, den Satrapen Syriens, war erfolgreich, doch hatte er sich bald mit einem sehr viel stärkeren Rivalen auseinanderzusetzen. Sein Hauptgegner wurde Antigonos Monophtalmos („der Einäugige“, zusammen mit seinem Sohn Demetrios Poliorketes, „der Städtebelagerer“), der entschiedenste Vertreter der Idee der Reichseinheit und somit erbitterte Gegner der übrigen Satrapen. Antigonos vertrieb Seleukos, den Satrapen von Babylon, und besetzte 315 v. Chr. Syrien/Palästina, das Ptolemaios (zusammen mit dem vertriebenen Seleukos) erst 312 v. Chr. (in der Schlacht bei Gaza) und nur für wenige Monate zurückerobern konnte. Als Antigonos im selben Jahr nämlich wieder in Syrien/Palästina einmarschierte, vermied Ptolemaios eine militärische Auseinandersetzung und überließ die Provinz kampflos seinem Rivalen, der sie für die nächsten 10 Jahre unangefochten besetzt hielt. Im Jahre 302 v. Chr. wiederholte sich noch einmal dasselbe Spiel wie schon 312 v. Chr.: Ptolemaios von Ägypten (er nannte sich jetzt nach von K.-D. Schunck (Gütersloh 1980) und Ch. Habicht (Gütersloh 1979) konsultiert. 17 Palästina und Südsyrien; ab ca. 200 v. Chr. (also unter den Seleukiden) offizielle Bezeichnung der Provinz.

1.2. Die Diadochen

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der Annahme des Königstitels Ptolemaios Soter) eroberte Syrien/Palästina ein drittes Mal und zog sich wieder im selben Jahr zurück, diesmal aufgrund eines Gerüchtes von der Niederlage der Koalition der verbündeten Diadochenkönige gegen Antigonos und dessen Sohn Demetrios. Dieser Rückzug war voreilig, denn 301 v. Chr. wurde Antigonos von seinen Gegnern besiegt. Die Sieger schlugen Syrien/Palästina dem Seleukos zu (der sich schon 312 wieder in den Besitz von Babylon gebracht und damit die seleukidische Dynastie begründet hatte), doch schaffte Ptolemaios durch die rasche Besetzung der Provinz ein fait accompli: Er kalkulierte richtig, daß Seleukos kaum gegen seinen ehemaligen Kampfgefährten vorgehen würde, dem er nicht zuletzt auch die Rückeroberung seiner Provinz Babylonien verdankte. Seleukos verzichtete denn auch auf eine militärische Auseinandersetzung, gab damit aber keineswegs seine Ansprüche auf diese wichtige Südprovinz seines Reiches auf. In dieser Konstellation war der Keim für einen Konflikt zwischen den Seleukiden und den Ptolemäern gelegt, der die Politik dieser beiden Großreiche und damit auch das Schicksal Palästinas maßgebend bestimmen sollte. 1.2.2. Palästina unter den Diadochen Auch für die Zeit der Diadochenkämpfe gilt, daß die antiken Historiker Palästina und die Juden praktisch nicht erwähnen. Man wird daraus schließen müssen, „daß die politisch-wirtschaftliche Bedeutung des kleinen judäischen Tempelstaates im Gebirge zwischen Totem Meer und Küstenebene zu gering war, um die Aufmerksamkeit der Geschichtsschreiber auf sich zu ziehen.“18 Aber auch Josephus weiß nur relativ wenig aus dieser Zeit zu berichten. Die erste Notiz von Interesse bei Josephus stammt angeblich aus einer Schrift „Über die Juden“ des Hekataios von Abdera; diese Schrift ist jedoch sehr wahrscheinlich eine jüdische Fälschung aus der Mitte des 2. Jh. v. Chr., was aber nicht ausschließt, daß der Fälscher des Hekataios seinerseits historisch relevante Nachrichten verwertet hat: Hekataios fährt dann fort: Nach der Schlacht bei Gaza ward Ptolemaios Herr der syrischen Landschaften. Viele, die von seiner Güte und Menschenfreund18

Hengel, Juden, Griechen und Barbaren, S. 31.

12

1. Alexander der Große und die Diadochen

lichkeit hörten, wünschten ihn nach Ägypten zu begleiten und an der Verwaltung des Reiches teilzunehmen. Unter ihnen befand sich auch der Hohepriester der Juden, Ezekias, ein Mann von etwa sechsundsechzig Jahren, der bei seinen Landsleuten in hohem Ansehen stand, große Einsicht und rednerische Vorzüge bekundete und Erfahrung in Staatsgeschäften wie kaum sonst jemand besaß.19

Daß diese Notiz einen historischen Kern hat, ist anzunehmen. Man wird davon ausgehen müssen, daß es in der Zeit der Diadochenkämpfe angesichts der unklaren und sich ständig ändernden politischen Situation in Jerusalem zwei rivalisierende Parteien gab, die teils mit Ptolemaios und teils mit Antigonos Monophtalmos sympathisierten. Wenn die Datierung bei Pseudo-Hekataios zutrifft, befinden wir uns im Jahre 312 v. Chr., in dem in der Tat südlich von Gaza eine Schlacht zwischen Ptolemaios und Antigonos/Demetrios stattfand.20 Nur die Menschenfreundlichkeit des Ptolemaios und der Wunsch, die Juden an der Verwaltung des Reiches in Ägypten teilnehmen zu lassen, die Pseudo-Hekataios als Begründung für den Auszug des Hohenpriesters und seiner Landsleute nach Ägypten angibt, ist weniger wahrscheinlich. Man wird sich eher daran erinnern müssen, daß Ptolemaios noch im selben Jahr den Rückzug vor Antigonos antrat und diesem die Provinz Syrien/Palästina kampflos überließ. In diesen Zusammenhang paßt der Auszug des Ezekias/Hiskia und seiner Genossen sehr viel besser. Wahrscheinlich mußte Hiskia mit Recht befürchten, von dem siegreichen Antigonos proptolemäischer Neigungen bezichtigt zu werden und zog es daher vor, das Land zu verlassen und sich dem Zugriff des Antigonos zu entziehen. Dieser Hiskia wird von der Forschung auch mit Münzen in Verbindung gebracht, die (in althebräischer Schrift) die Aufschrift Jechezqijo/ah hapechah („Hiskia der Statthalter“) tragen und sich tatsächlich auf den Hohenpriester Hiskia beziehen könnten. Man vermutet, daß die Bezeichnung pechah („Statthalter“) auf diesen Münzen die Kontinuität der Verwaltung zwischen der persischen Zeit (pechah ist ursprünglich ein persisches Wort) und den Anfängen der ptolemäischen Ära signalisiert und daß Hiskia möglicherweise der letzte Statthalter Judäas am Ausgang der persischen Herrschaft war, der es eben 312 v. Chr. vorzog, zu Ptolemaios ins 19 20

Josephus, Contra Apionem I, 22 § 186–189. S. oben S. 10.

1.2. Die Diadochen

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ägyptische Exil zu gehen. Diese These von der Verwaltungskontinuität zwischen dem Ende der persischen und den Anfängen der ptolemäischen Herrschaft wird auch durch andere Münzen gestützt, die statt der persischen Herrscher das Portrait Ptolemaios’ I. zeigen und in der Aufschrift nur das Wort jehud (der unter den Persern übliche aramäische Provinzname) durch das hebräische Wort jehudah ersetzen. Eine weitere Notiz des Josephus über die wechselvollen Ereignisse während der Diadochenkämpfe stützt sich auf den Geographen und Historiker Agatharchides von Knidos (2. Jh. v. Chr.): So erlitt auch Syrien von Ptolemaios Lagi, der sich damals Soter, das ist „Retter“ nannte, das Gegenteil von dem, was sein Beiname bezeichnete. Jerusalem eroberte er durch Betrug und List. Er zog nämlich, als wollte er Opfer darbringen, am Sabbat in die Stadt ein, ohne daß die Juden, die in ihm keinen Feind erblickten und deshalb nichts Schlimmes ahnten, . . . ihn davon abgehalten hätten. So bemächtigte er sich der Stadt ohne alle Anstrengung und behandelte sie hart und ungnädig. Das bezeugt auch Agatharchides von Knidos. . . . Er sagt: Es gibt ein Volk, das sich Juden nennt und die große und wohlbefestigte Stadt Jerusalem bewohnt. Diese ließ es ruhig in des Ptolemaios Gewalt gelangen, weil sie nicht zu den Waffen greifen, sondern aus unzeitigem Aberglauben lieber einer grausamen Herrschaft sich unterwerfen wollte. So schreibt Agatharchides über unser Volk. Um nun wieder auf Ptolemaios zurückzukommen, so nahm er in den Gebirgen Judäas, in der Umgebung von Jerusalem, in Samaria und Garizin viele Menschen gefangen und siedelte sie nach Ägypten um.21

Dieser Bericht als solcher von einer Eroberung Jerusalems durch Ptolemaios an einem Sabbat wird nicht bestritten. Die Praxis ist hinlänglich bekannt und wurde etwa zu Beginn des Makkabäeraufstandes auch von den Seleukiden angewandt. Bestätigt wird der Bericht des Agatharchides durch den Pseudo-Aristeasbrief, wo es ebenfalls heißt, daß Ptolemaios zahlreiche Juden nach Ägypten verschleppt und einen Teil davon als Soldaten ausgewählt habe.22 Die Datierung der Einnahme Jerusalems durch Ptolemaios ist dagegen umstritten, doch spricht manches für die dritte Eroberung Syrien/Palästinas im Jahre 302 v. Chr. Die führende Schicht der Jerusalemer Bevölkerung scheint auf der Seite des Antigonos gestanden und dies mit einem bewaffneten Angriff des Ptolemaios und sicher auch drastischen Strafen bezahlt zu 21 22

Ant. XII,1,1 § 5 f.; Contra Apionem I,22 § 208–211; vgl. auch Appian, Syr. 50. Ps.-Aristeasbrief 4.12 ff.23.

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1. Alexander der Große und die Diadochen

haben. Die freiwillig nach Ägypten ausgewanderten bzw. von Ptolemaios deportierten Juden bildeten dann den Kern der späteren jüdischen Diaspora, vor allem in Ägypten (und dort in Alexandria). Auch die Kämpfe der Diadochen in Palästina fanden ihren Widerhall in der jüdischen Literatur. So deuten manche Forscher Sach 14,2 auf die Eroberung Jerusalems durch Ptolemaios: Die Stadt wird genommen, die Häuser werden geplündert und die Frauen geschändet, die Hälfte der Stadt wird verschleppt; doch der Rest des Volkes wird nicht vertilgt aus der Stadt.

Und Sach 9,13 f. könnte den Widerstand und den Haß der Bewohner Jerusalems gegen die fremden Eroberer reflektieren: Fürwahr, Juda spanne ich mir, Ephraim lege ich auf den Bogen. Ich schwinge deine Söhne, o Zion, gegen die Söhne von Jawan23 und verwende dich als Schwert eines Helden.

Noch das viel später (um 120 v. Chr.) geschriebene 1. Makkabäerbuch urteilt über die Nachfolger Alexanders: Alexander starb nach zwölfjähriger Regierung, und seine Gefolgsleute übernahmen die Herrschaft, ein jeder an seinem Ort. Nach seinem Tode aber setzten sich alle das Diadem auf und ebenso ihre Söhne nach ihnen, viele Jahre lang; und sie verübten viel Böses auf der Erde.24

23 24

= Griechenland. 1 Makk 1,7–9.

2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

Mit der Besetzung Syrien-Palästinas durch Ptolemaios I. (305–283/82) begann die fast genau hundertjährige Herrschaft der Ptolemäer in Palästina – trotz zahlreicher Kriege für Palästina eine Zeit des Friedens und des wirtschaftlichen Aufschwungs. Zunächst war freilich noch nicht das ganze Gebiet der Provinz „Syrien und Phönikien“ (so die offizielle Bezeichnung) in der Hand des Ptolemaios. Spätestens bis 286 v. Chr. gelang es ihm aber, auch die phönikischen Küstenstädte in seine Gewalt zu bringen (vor allem Tyros und Sidon) und damit die ganze Provinz zu beherrschen. Die Grenze zum Seleukidenreich im Norden verlief von der Küstenebene entlang dem Fluß Eleutheros (= Nahr elKabir) über die fruchtbare Biqa‘ Ebene nördlich Baalbek in einem Bogen nach Südosten auf Damaskus zu, umschloß also Koilesyrien sowie die wichtigen phönikischen Küstenstädte.

2.1. Ptolemäische Staatsverwaltung und Wirtschaft Der ptolemäische Staat, dem „Syrien und Phönikien“ als Nordprovinz einverleibt war, war im Unterschied zum Seleukidenreich ein in sich geschlossener und straff zentralisierter staatlicher Organismus. An der Spitze des Staates stand der allmächtige, mit göttlichen Ehren ausgestattete König, der wie alle hellenistischen Monarchen seinen Untertanen als „Retter“ und „Offenbarung Gottes“ erschien. Das Land und alle seine Erzeugnisse gehörten ihm als persönlicher Besitz. Der Staat war sein „Haus“, das Staatsgebiet sein „Großgut“: „So verwaltete denn der König den Staat, wie ein einfacher Makedone oder Grieche seinen eigenen Haushalt verwaltet haben würde.“1 Das Land war in verschiedene Verwaltungseinheiten unterteilt (nomoi = „Gaue“ in Ägypten, Hyparchien in den Provinzen), an deren 1

Rostovtzeff, Gesellschafts- und Wirtschaftsgeschichte, S. 209.

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2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

Spitze jeweils ein politisch-militärischer stratēgos und ein oikonomos als Leiter der Wirtschafts- und Finanzverwaltung standen. Oberster Verwaltungsbeamter des Reiches war – neben dem König – der dioikētēs („Wirtschafts- und Finanzminister“), als dessen Prototyp uns unter Ptolemaios II. in den Zenonpapyri der dioikētēs Apollonios begegnet. Hauptzweck des ptolemäischen Verwaltungsapparates war eine Ertragssteigerung der Wirtschaft. Die grundlegende Staatsidee der Identität von König und Land verlangte den uneingeschränkten Gehorsam der Bevölkerung. Nicht nur das Königsland im engeren Sinne (gē basilikē), das von den Königsbauern gepachtet wurde, sondern auch das den ägyptischen Griechenstädten Alexandria, Ptolemais und Naukratis zugeteilte Land war den Städten nur überlassen (en aphesei), gehörte also rechtlich dem König. Daß ferner auch das Tempelland vom Staat kontrolliert wurde, zeigt das wahrscheinlich von den Ptolemäern geschaffene Amt des epistatēs, d. h. des „Tempelpräsidenten“, der für die Abgaben des Tempels an den Staat verantwortlich war. Der größte Teil der Landbestellung war nicht frei, sondern mußte von den Pächtern entsprechend der zentralisierten Planwirtschaft des Staates vorgenommen werden. Für die wichtigsten Wirtschaftsgüter hatte sich zudem der Staat ein Monopol vorbehalten, so für Pflanzenöle, Salz, Leinen, Bier u. a. Der Außenhandel war scharf kontrolliert und wurde mit hohen Zöllen belegt. Zu den Einkünften aus der Verpachtung des Landes, den staatlichen Monopolen und den Zöllen kamen schließlich auch nicht unbeträchtliche direkte Steuern. Zwar wurde, zumindest unter den frühen Ptolemäern, keine Kopfsteuer erhoben, doch gab es Steuern auf Eigentum (z. B. Häuser, Sklaven), auf gesetzliche Akte in Verbindung mit Eigentum, auf den Binnenhandel und die Benutzung der Straßen und Wasserwege (Mautgebühren) usw. Insgesamt scheint das Steuersystem perfekt ausgeklügelt gewesen zu sein und wurde offenbar als sehr drückend empfunden. Eine besondere Spezialität dieses Steuersystems war die – aus Griechenland übernommene – Einschaltung von privaten Mittelsmännern zwischen der steuerzahlenden Bevölkerung und der Regierung. Diese Mittelsmänner garantierten als Steuerpächter (telōnai) dem König eine bestimmte festgesetzte Steuersumme (Geld oder Waren), für deren Erhebung sie verantwortlich waren. Überstieg

2.2. Politische Geschichte: Die ersten Syrischen Kriege

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die tatsächlich eingetriebene Steuer die festgesetzte Summe, so war dieser Überschuß der Gewinn der Steuerpächter; andererseits hafteten sie mit ihrem Vermögen (und dem ihrer Bürgen), wenn der Steuerertrag geringer war. Dieses System des Zusammenspiels zwischen staatlicher Verwaltung und den Profitinteressen der Steuerpächter (die sich zwangsläufig aus den wohlhabenden Schichten rekrutierten) garantierte die größtmögliche Ausbeutung des steuerzahlenden Volkes, vor allem der unteren Schichten der einheimischen Ägypter. Die hochentwickelte staatskapitalistische Wirtschafts- und Finanzpolitik verschaffte dem Staat (und d. h. dem König) ungeheure Reichtümer und war die Grundlage für die Überlegenheit der Ptolemäer nicht nur über die Seleukiden, sondern überhaupt im östlichen Mittelmeerraum.

2.2. Politische Geschichte: Die ersten Syrischen Kriege Nach dem Abtreten der ersten Generation der Diadochen in Syrien und Ägypten (Ptolemaios I. starb 283 und Seleukos I. 281) regierte in Ägypten der aktive Ptolemaios II. Philadelphos (283–246 v. Chr.). Schon 280/279 kam es zu einer ersten Auseinandersetzung im sog. syrischen Erbfolgekrieg, die den Ptolemäern einen Gebietszuwachs an der Küste Kleinasiens brachte. Bald darauf unterwarf Ptolemaios II. die Nabatäer und brachte damit den Gewürzhandel unter ägyptische Kontrolle, der nun – statt über Syrien – über die ptolemäische Festung Gaza gelenkt wurde. Auch im sog. 1. Syrischen Krieg2 gegen Antiochos I. (274–271 v. Chr.) konnte Ptolemaios II. seine phönikischen und syrischen Besitzungen behaupten; dasselbe gilt für den 2. Syrischen Krieg (260–253 v. Chr.), der sich fast ausschließlich in Kleinasien und in der Ägäis abspielte und Palästina somit fast nicht tangierte.

2 In Wirklichkeit war es der zweite, wenn man den syrischen Erbfolgekrieg mitrechnet; ich folge aber weiter der traditionellen Zählung.

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2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

2.3. Palästina unter den Ptolemäern: Verwaltung, Wirtschaft, soziale Verhältnisse Das im ägyptischen Mutterland bewährte Verwaltungs- und Wirtschaftssystem wurde von den Ptolemäern auch auf die Provinzen des Reiches übertragen. Die Steuerorganisation glich der ägyptischen, d. h. das Land war in Verwaltungseinheiten (Hyparchien = nomoi in Ägypten) eingeteilt. An der Spitze der Verwaltungseinheit stand jeweils ein stratēgos für die militärischen Belange und ein oikonomos für die Finanzverwaltung. Die kleinste wirtschaftliche und steuerliche Einheit war das Dorf, das wahrscheinlich an einen Generalsteuerpächter (kōmomisthōtēs) verpachtet war, zu dessen wichtigsten Aufgaben die Sicherung der königlichen Einkünfte zählte. Die einheimische Bevölkerung (laoi) galt also wie in Ägypten als (halb)freie Pächter der Landparzelle, die sie durch den kōmomisthōtēs vom König gepachtet hatten. Grundsätzlich wird dieses Verwaltungssystem auch für die Provinz „Syrien und Phönikien“ gegolten haben, zu der Judäa gehörte. Das ganze Land galt als „speergewonnenes Gebiet“, das prinzipiell Eigentum des Königs war. Allerdings war diese Provinz alles andere als eine ethnische und geographische Einheit, und man wird daher in der Praxis mit gewissen lokalen Unterschieden rechnen müssen. Eine Sonderstellung genossen zweifellos die alten phönikischen Küstenstädte (Sidon, Tyros, Akko-Ptolemais) und die großen Städte in der Küstenebene (Gaza, Askalon, Joppe, Dor) sowie die neugegründeten Militärsiedlungen mit ihren – in unterschiedlichem Grade – „freien“ oder „halbfreien“ Polis-Verfassungen. Die Steuern für diese Griechenstädte wurden in Alexandria ausgeboten und durch lokale Steuerpächter eingezogen. Ob und inwieweit der jüdische ethnos in Judäa, dem Kernland der Provinz Syrien-Phönikien, einen halbautonomen Sonderstatus einnahm, ist umstritten. Es ist jedoch wenig wahrscheinlich, daß die Ptolemäer hier eine Ausnahme von ihrer sonst üblichen Verwaltungspraxis gemacht haben. Judäa, das seinem Wesen nach ein Tempelstaat war (mit dem Hohenpriester an der Spitze und dem mehr und mehr politisches Profil gewinnenden Ältestenrat aus der vornehmen Priesterschaft und dem reichen Laienadel), dürfte eher wie die übrigen Tem-

2.3. Palästina unter den Ptolemäern

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pelstädte in Ägypten und den Provinzen behandelt worden sein. Dies wird auch bedeutet haben, daß dem Hohenpriester ein dem epistatēs in den sonstigen Heiligtümern vergleichbarer Beamter zur Seite gestellt wurde, der für die Finanzverwaltung und vor allem für die Abgaben an den König verantwortlich war. Über die Besteuerung Judäas fehlen direkte Nachrichten, doch dürfte diese sich kaum von der Besteuerung der übrigen Provinz „Syrien und Phönikien“ unterschieden haben. Dies bedeutet, daß neben einer festgesetzten Tributzahlung auch neue, an den König abzuführende Steuern gefordert wurden. Indirekt ist dies aus dem Erlaß Antiochos III.3 zu erschließen, der nach seinem Regierungsantritt bestimmte Gruppen der jüdischen Bevölkerung von der Kopfsteuer, der Kranzsteuer und der Salzsteuer (d. h. von den Personalsteuern) befreite und dem ganzen Volk ein Drittel des Tributs erließ. Dies bedeutet, daß die genannten Steuern – neben dem Tribut und den direkten Pachtabgaben aus den königlichen Domänen4 – vorher von den Ptolemäern erhoben wurden. Über die Art und Höhe des Tributs in ptolemäischer Zeit ist nichts bekannt. Sehr wahrscheinlich wurde er aber von der Landbevölkerung in Form von Produktabgaben, d. h. eines anteiligen Ernteertrages, erhoben. Dank des perfekten Verwaltungssystems der Ptolemäer und der enormen Steigerung der wirtschaftlichen Ertragskraft des Landes wird das Steuer- und Pachtaufkommen beträchtlich gewesen sein und scheint unter den Ptolemäern die äußerste Grenze dessen erreicht zu haben, was aus der Provinz „herauszuholen“ war. Der Papyrus Rainer, in dem diverse fragmentarische Erlasse (prostagmata) Ptolemaios’ II. erhalten sind, verbietet ausdrücklich den Verkauf einheimischer freier Bauern (sōmata laika eleuthera) als Sklaven: Und auch in Zukunft soll es niemandem unter keinen Umständen gestattet sein, freie einheimische Menschen zu kaufen oder sich zu Pfand geben zu lassen. 5 3

S. unten S. 33 ff. Krongüter und damit Königsland außerhalb Judäas sind durch das Gut des Apollonios in Galiläa gesichert, wurden für Judäa aber bestritten (vgl. Hengel, Judentum und Hellenismus, S. 48, Anm. 167), doch spricht dagegen etwa En Gedi mit seinen Balsampflanzungen. 5 H. Liebesny, „Ein Erlass des Königs Ptolemaios II. Philadelphos über die De4

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2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

Dies zeigt die Bedrängnis, in die die einheimische Bauernschaft durch das Abgabensystem der Ptolemäer geraten sein muß und gleichzeitig das Interesse des Staates an der Erhaltung einer freien bzw. halbfreien Bauernschaft zum Zwecke des reibungslosen Funktionierens des ptolemäischen Wirtschaftssystems. Einblick in die Verhältnisse in Palästina und gleichzeitig in die wirtschaftliche Aktivität unter Ptolemaios II. und dessen dioikētēs Apollonios geben die sog. Zenon-Papyri. Diese Papyri (es handelt sich um ein ganzes Archiv) wurden 1915 in Fayyum in Ägypten entdeckt. Das Archiv umfaßt ca. 2.000 Dokumente, von denen sich ca. 40 auf die Verhältnisse in Syrien/Palästina beziehen. Der Zenon, nach dem dieses Archiv benannt ist, reiste ca. ein Jahr (von Januar 259 bis Februar 258 v. Chr.) im Auftrag des ptolemäischen dioikētēs durch Syrien/Palästina, und zwar genauer: von Stratonsturm (= später Cäsarea) über Jerusalem und Jericho in das Ostjordanland zur Festung des jüdischen Lokalfürsten Tobias in Araq el-Emir; von dort nach Norden bis zu den Jordanquellen und über Galiläa (dort besaß Apollonios in Bet Anat ein großes Weingut) zurück an die Küste nach Akko/Ptolemais. Hauptzweck der Reise war wohl die Inspektion und Verbesserung der Finanzverwaltung sowie der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem ägyptischen Mutterland und seiner Nordprovinz (Zenon wurde von zahlreichen hohen Beamten, Offizieren und Wirtschaftsfachleuten begleitet). Die Reise war offenbar erfolgreich, denn man kann aus den Papyri erschließen, daß die Ertragskraft der Provinz gesteigert wurde. So wurden z. B. neue Pflanzen (im Weingut des Apollonios etwa Weinreben von der Insel Kos) und technische Verbesserungen (wie künstliche Bewässerung, Saatpflug etc.) eingeführt. Die in der Antike berühmten Balsamplantagen von Jericho und En Gedi waren Besitz des Königs („Königsgut“) und wurden besser genutzt als in persischer Zeit. Die Verwaltung wurde ausgebaut: Hauptstadt der Provinz wurde Akko, seit 261 (also kurz vor der Reise Zenons) mit dem neuen Namen „Ptolemais“ versehen; zahlreiche neue Festungen zur Sicherung der Grenzen entstanden (z. B. neuer Ausbau

klaration von Vieh und Sklaven in Syrien und Phönikien“, Aegyptus 16, 1936, rechte Kol., Z. 15–18; Übersetzung S. 263.

2.3. Palästina unter den Ptolemäern

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von Samaria), neue Militärsiedlungen bzw. Städte wurden gegründet, alte umbenannt.6 Auf jüdischer Seite scheint insbesondere die Familie des erwähnten Tobias, die ursprünglich im Ostjordanland beheimatet war und deren Oberhaupt Zenon bei seiner Reise besuchte, die neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten erkannt und genutzt zu haben. In den Zenonpapyri finden sich jedenfalls u. a. auch zwei Briefe des Tobias an Apollonios, in denen Tobias Geschenke für Apollonios und den König selbst ankündigt.7 Es scheint also eine rege Korrespondenz zwischen diesem jüdischen Lokalfürsten und seinem Herrn in Ägypten gegeben zu haben. Die aus dieser Zeit datierenden und auf der Grundlage gemeinsamer Handelsinteressen beruhenden proptolemäischen Neigungen der Tobiadenfamilie sollten für lange Zeit ein wichtiger Faktor der jüdischen Politik werden. Was den griechischen Einfluß in dieser Zeit in Palästina betrifft, so ist es wohl charakteristisch, daß die Korrespondenz selbstverständlich in Griechisch geführt wurde (Tobias hatte einen griechischen Sekretär) und daß auch die Söldner in der Festung des Tobias (Araq el-Emir) Juden und Makedonier waren. Während so vor allem die Oberschicht an den neuen wirtschaftlichen Segnungen partizipierte und damit zwangsläufig zum Vorkämpfer der Hellenisierung werden mußte, wurde die einfache Landbevölkerung (laoi) eher intensiver ausgebeutet als vorher. Wie in Ägypten diente sie „primär als Ausbeutungsobjekt, auf das man nur insofern Rücksicht zu nehmen brauchte, als ihre wirtschaftliche Produktivität nicht eingeschränkt werden durfte“;8 anders als in Ägypten (wo die Steuerpächter wohl überwiegend zur griechischen Bourgeoisie gehörten) schob sich zwischen die Landbevölkerung und den Staatsapparat eine einheimische Oberschicht aus aristokratischen Großgrundbesitzern und Priesteradel (eben die Gruppe, die Nehemia mit seinen Re6 Umbenennung: z. B. das alte Bet Schean in Skythopolis = Stadt der Skythen (vermutlich Söldner aus der Gegend um den Bosporus); Neugründung: vielleicht eine große hellenistische Stadt, die in Tel Anafa am Hule-Becken ausgegraben wurde und deren Name noch nicht bekannt ist. 7 V. A. Tcherikover/A. Fuks, Corpus Papyrorum Judaicarum, Bd. I, Cambridge, Mass., 1957, Nr. 4 und 5. Tobias verwendet hier sogar eine „heidnisch“-griechische Grußformel: „Vielen Dank den Göttern (tois theois)“! 8 Hengel, Judentum und Hellenismus, S. 93 f.

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2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

formen bekämpft hatte), die aufgrund gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen in der Ausbeutung des Volkes mit den Ptolemäern „kollaborierte“.

2.4. Politische Geschichte: Der 3. Syrische Krieg Nach dem 2. Syrischen Krieg, der die Vormachtstellung Ägyptens in der Ägäis erschüttert hatte, schwenkte Ptolemaios II. auf eine Friedenspolitik um. Er bot Antiochos II. seine Tochter Berenike zur Frau an, und Antiochos ging darauf ein und verstieß seine bisherige Gemahlin Laodike samt deren Söhnen. Dieser Versuch, Heirat als Ersatz für Kriege in die Politik einzuführen, brachte aber nicht den gewünschten Erfolg. Die verstoßene Laodike wollte natürlich nicht auf die Erbfolge ihrer Söhne verzichten und bewog Antiochos II., sie wieder zur rechtmäßigen Gemahlin einzusetzen und damit ihrem Sohn Seleukos (II.) die Nachfolge zu sichern. Dies konnte die ptolemäische Prinzessin Berenike wiederum nicht hinnehmen, die inzwischen ebenfalls einen Sohn und – wie sie hoffte – Nachfolger geboren hatte. Die Lage verschärfte sich dadurch, daß die beiden Friedensstifter Antiochos II. von Syrien und Ptolemaios II. von Ägypten im selben Jahr starben (246 v. Chr.) und Ptolemaios III. Euergetes sich gezwungen sah, zum Schutze seiner Schwester Berenike und ihres jungen Sohnes nach Syrien zu marschieren; dies löste den 3. Syrischen Krieg aus, den sog. Laodikekrieg (246–241 v. Chr.). Berenike wurde samt ihrem Sohn in Syrien ermordet, und ihr Bruder Ptolemaios III. mußte sich nach ersten Erfolgen wegen eines Aufstandes in Ägypten zurückziehen. Seleukos II. Kallinikos (der Sohn der ursprünglich verstoßenen und dann wieder eingesetzten Laodike) hatte aber ebenfalls bei seinem Versuch, Koilesyrien zu erobern, wenig Erfolg und mußte sich seinerseits wegen interner Schwierigkeiten zurückziehen. So kam es zu einem Friedensschluß, der insgesamt für den Ptolemäer wieder wesentlich günstiger ausfiel als für den Seleukiden.

2.5. Der Aufstieg der Tobiadenfamilie

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2.5. Der Aufstieg der Tobiadenfamilie Wie sah es nun während dieses 3. Syrischen Krieges in Jerusalem aus? Hier ist zunächst eine Notiz bei Josephus zu erwähnen, der in Contra Apionem von einem Besuch Ptolemaios’ III. in Jerusalem und einem Opfer des Königs im Tempel berichtet.9 Es ist sehr gut möglich, daß dieser Hinweis sich auf den Abschluß der Kämpfe zwischen Ptolemaios III. und Seleukos II. bezieht und daß Ptolemaios in der Tat in Jerusalem ein Dankopfer zu Ehren seines Sieges dargebracht hat. Der zweite Hinweis auf die Ereignisse des 3. Syrischen Krieges findet sich im Danielbuch (Dan 11,5–9). Er enthält zwar keine neue historische Information, zeigt aber immerhin das Interesse apokalyptischer Kreise an den politischen Ereignissen dieser Zeit, die ja das Schicksal Palästinas direkt betrafen. Deutlicher beleuchtet die Situation in Jerusalem während der ptolemäisch-seleukidischen Auseinandersetzungen im 3. Syrischen Krieg der sog. Tobiadenroman, der nur bei Josephus erhalten ist.10 Dort heißt es zu Beginn: In dieser Zeit belästigten die Samaritaner, denen es gut ging, die Juden sehr, indem sie deren Ackerland verwüsteten und die Bewohner wegschleppten. Das ereignete sich unter dem Hohenpriester Onias. . . . Onias war schmutzigen Charakters und habgierig, weshalb er die Abgabe von 20 Talenten, die seine Vorfahren den Königen für das Volk entrichtet hatten, nicht mehr zahlte. Hierdurch erbitterte er den König Ptolemaios Euergetes, den Vater des Philopator. Dieser schickte einen Gesandten nach Jerusalem und ließ dem Onias Vorwürfe machen, weil er den Tribut nicht gezahlt habe, sowie auch drohen, er werde, wenn das Geld nicht bezahlt würde, das Land verteilen und seine Soldaten dort ansiedeln. Als die Juden diese Drohung vernahmen, gerieten sie in Schrekken; Onias aber kümmerte sich in seinem Geize nicht darum.11

Dieser Bericht ist bei Josephus insgesamt chronologisch falsch eingeordnet (nämlich zur Zeit Antiochos’ III.), doch kann an seiner historischen Relevanz kein Zweifel bestehen. Nur ist es sehr fraglich, ob der Hohepriester Onias (gemeint ist Onias II., der Schwager des aus den Zenonpapyri bekannten Lokalfürsten Tobias) wirklich wegen seines 9

Contra Apionem II,5 § 48. Ant. XII,4,1 § 158–4,11 Ende. 11 Ant. XII,4,1 § 156–159. 10

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2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

Geizes die Tributzahlungen an Ptolemaios III. verweigerte. Der wirkliche Grund war wohl eher, daß er – und sicher nicht nur er alleine, sondern eine bestimmte Gruppe in Jerusalem – sich Hoffnungen auf eine seleukidische Eroberung Palästinas und somit auf einen Machtwechsel machte. Es scheint also, wie auch bei anderen Gelegenheiten, eine proseleukidische Partei in Jerusalem gegeben zu haben, die mit einem Sieg der Seleukiden im 3. Syrischen Krieg rechnete. Daß Ptolemaios die Situation genau so einschätzte, zeigt seine Drohung, Jerusalem in eine Kleruchie umzuwandeln, d. h. Militärkolonisten in Jerusalem anzusiedeln und damit der begrenzten Selbstverwaltung ein Ende zu bereiten. In dieser gefährlichen politischen Situation begann der steile Aufstieg der ursprünglich im Ostjordanland beheimateten Tobiadenfamilie. Der Sohn des Tobias und Neffe des Hohenpriesters Onias II., Josef, hielt sich bereits vorwiegend in Jerusalem auf; der jüdische „Landadel“ wohnte also offenbar mehr und mehr in der Hauptstadt selbst. Dieser Josef machte sich nun zum Sprecher der Opposition gegen den Hohenpriester und forderte diesen auf, seine antiptolemäische Politik aufzugeben und sich mit dem König zu versöhnen. Onias II. mußte sich dem Widerstand beugen, der offenbar auch im Volk starken Rückhalt hatte, und die politische Leitung des Volkes praktisch aus der Hand geben.12 Er blieb zwar nominell Hoherpriester, konnte es aber nicht verhindern, daß das Amt der prostasia, der politischen Vertretung des Volkes gegenüber dem König, auf Josef übertragen wurde. Gleichzeitig besorgte sich Josef „von seinen Freunden in Samaria (!)“ Geld für die Reise und begab sich persönlich zum König nach Alexandria.13 Dort verschaffte er sich, indem er alle Konkurrenten überbot und die doppelte Steuersumme versprach, das Amt eines „Generalsteuerpächters“ für die ganze Provinz Syrien/Phönikien sowie, zur wirksamen Unterstützung dieser Aufgabe, das Kommando über 2.000 Soldaten.14 Dieses Amt des prostatēs und Steuerpächters übte Josef nach Josephus 22 Jahre lang aus,15 d. h. von ca. 240 bis ca. 218 v. Chr., nämlich 12 13 14 15

Ant. XII,4,2 § 160 ff. Ant. XII,4,3 § 168. Ant. XII,4,4 f. § 175 ff. Ant. XII,4,6 § 186.

2.5. Der Aufstieg der Tobiadenfamilie

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bis zum Ausbruch des 4. Syrischen Krieges, als – in Erwartung der Erfolge Antiochos’ III. – seine Loyalität zu den Ptolemäern zu schwinden begann. Josef verstand es, die ihm zur Verfügung stehenden Machtmittel zur finanziellen Ausbeutung des Volkes radikal einzusetzen. So eroberte er nach dem Bericht des Josephus16 die Städte Askalon und Skythopolis, die die Zahlung der erhöhten Steuern verweigerten, und ließ die angesehensten (und wohl vor allem reichsten) Bürger der Stadt hinrichten und deren Vermögen konfiszieren. Auf diese Weise brachte er nicht nur die versprochenen Steuern auf, sondern auch, wie es bei Josephus heißt, einen ansehnlichen Gewinn, den er zur Befestigung seiner Macht verwandte, da er es für klug und vorteilhaft hielt, mit seinem Reichtum sein Glück zu begründen.17

Hinter diesen vorsichtigen Worten verbirgt sich wohl eher ein auf seine eigenen Interessen klug bedachter Machtpolitiker als der Repräsentant „der jungen unternehmenslustigen Kräfte, die danach strebten, die heimatliche Enge zu durchbrechen und dem neuen Geist, der sich allmählich auch in Jerusalem regte, weiteren Raum zu verschaffen.“18 Es mag sein, daß das „rückständige Jerusalem“ durch die Politik Josefs „wesentlich an politischer und wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen haben wird,“19 doch dürfte dieser Fortschritt ausschließlich der kleinen und mächtigen Oberschicht zugute gekommen sein und sicherlich nicht der großen Masse der ärmeren Bevölkerung. Daß ausgerechnet Josef „sein Volk vor übertriebener Ausbeutung schützen konnte,“20 ist jedenfalls wenig wahrscheinlich; es spricht nämlich nichts dafür, daß er das verdoppelte Steueraufkommen mit den bei Josephus geschilderten Methoden nur aus heidnischen Städten wie Askalon und Skythopolis erpreßte und seine jüdischen Glaubensgenossen verschonte. Man wird im Gegenteil davon ausgehen müssen, daß die Politik der Tobiaden wesentlichen Anteil an der Verschärfung 16 17 18 19 20

Ant. XII,4,5 § 181 ff. Ant. XII,4,5 § 184. Hengel, Judentum und Hellenismus, S. 106. Hengel, ebd., S. 53. Hengel, ebd.

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2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

der sozialen Gegensätze in Palästina und damit auch am Aufkommen apokalyptischer Neigungen und revolutionärer Strömungen hatte. Es fragt sich daher auch, ob Texte wie Koh 5,7 (vgl. auch 4,1 ff.; 5,9 f.) nur die „ptolemäische Verwaltungsbürokratie“21 anprangern wollen, wenn es dort heißt: Siehst du den Armen unterdrückt sowie Gerechtigkeit und Recht im Lande beseitigt, so wundere dich nicht darüber! Denn über den Hohen wacht ein Höherer, und ein noch Höherer über sie.

Dies mag ebenso die Ausbeutungspraxis der Ptolemäer charakterisieren wie auch deren Handlanger, des jüdischen Priester- und Laienadels und an dessen Spitze der Familie der Tobiaden. Ohne Zweifel entstand bereits in ptolemäischer Zeit die verhängnisvolle Gleichsetzung von „arm“ und „fromm“ sowie von „reich“ und „hellenisiert“, die sich in der Folgezeit zu einem gefährlichen sozial-religiösen Gemisch entwickeln sollte. „Die vor allem in apokalyptischen Kreisen ausgebildete Armenfrömmigkeit enthielt damit einen deutlichen Protest gegen die Veränderung der Sozialstruktur durch die hellenistische Fremdherrschaft und ihre aristokratischen Helfershelfer.“22 Gleichzeitig dürfte sich auch der alte Gegensatz zwischen der städtischen Bevölkerung und dem Landvolk zugespitzt haben, denn die Oberschicht konzentrierte sich – wie das Beispiel der Tobiadenfamilie zeigt – zunehmend in Jerusalem, während die ärmere Bevölkerung hauptsächlich auf dem Lande saß (wieweit bereits mit einem städtischen Kleinbürgertum zu rechnen ist, läßt sich nach der Quellenlage nicht entscheiden).

2.6. Politische Geschichte: Der 4. Syrische Krieg Ein neuer Einschnitt in die politischen Verhältnisse in Syrien/Palästina entstand mit dem Regierungsantritt des jungen Antiochos III. (der später den Beinamen „der Große“ erhalten sollte) 223 v. Chr. in Syrien, nachdem sein Bruder Seleukos III. Soter ermordet worden war. Antiochos III. versuchte sich mit neuem Elan an der Eroberung der Provinz Syrien und Phönikien und sollte, dies sei vorweggenommen, damit 21 22

Hengel, ebd., S. 98. Hengel, Juden, Griechen und Barbaren, S. 51.

2.6. Politische Geschichte: Der 4. Syrische Krieg

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schließlich auch Erfolg haben (freilich nicht so schnell, wie er gehofft hatte). Er unternahm 221 v. Chr. einen ersten Angriff – nachdem kurz zuvor Ptolemaios III. gestorben war und dessen Nachfolger, der erst siebzehnjährige Ptolemaios IV. Philopator, wenig Interesse an kriegerischen Unternehmungen zeigte –, wurde aber von dem ptolemäischen Feldherrn Theodotos zurückgeschlagen. Im Frühjahr 219 versuchte er es ein zweites Mal und konnte nun – wir befinden uns inzwischen im sog. 4. Syrischen Krieg (221 bzw. 219–217 v. Chr.) – mit Hilfe von diversen Überläufern (u. a. des Feldherrn Theodotos) einen großen Teil Koilesyriens erobern. Ptolemaios IV. war auf diesen Vorstoß überhaupt nicht gefaßt, erreichte aber in einem geschickten Schachzug einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen, die er in Wirklichkeit für militärische Aufrüstungen verwandte. Im Frühjahr hatte er seine Vorbereitungen abgeschlossen und traf sich am 22. Juni 217 bei Raphia an der Südgrenze Palästinas (südlich von Gaza) zur entscheidenden Schlacht mit Antiochos III. Die Schlacht gewann (trotz der Überlegenheit der syrischen Truppen) Ptolemaios IV., der diesen Sieg nicht zuletzt den erstmals bei einer ptolemäischen Schlacht eingesetzten ägyptischen „Eingeborenen“ verdankte (vorher war es üblich, nur makedonische Söldner einzusetzen; das damit geweckte Selbstbewußtsein der einheimischen ägyptischen Bevölkerung sollte den Ptolemäern später viel zu schaffen machen). Antiochos III. mußte fliehen und sich aus Koilesyrien zurückziehen. Der friedfertige Ptolemaios IV. nutzte seinen Sieg im übrigen nicht, sondern stellte – obwohl er sehr viel weitergehende Forderungen hätte durchsetzen können – im wesentlichen die alten Grenzen wieder her. Dann bereiste er die wiedereroberte Provinz, reorganisierte die Verwaltung und ließ sich zusammen mit seiner Schwestergattin Arsinoë als Sieger feiern (wir kennen Ehreninschriften aus Marisa, Joppe und aus der Nähe von Tyros). Das 3. Makkabäerbuch weiß sogar von einem Besuch des Königs in Jerusalem und im Tempel23 – wie seinerzeit Ptolemaios III. –, und auch die Danielapokalypse erwähnt in ihren Weissagungen wieder die Auseinandersetzungen des 4. Syrischen Krieges.24

23 24

3 Makk 1,8–2,24. Dan 11,10–12.

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2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

2.7. Die Spaltung der Tobiadenfamilie Der sich zuspitzende Kampf um die Provinz Syrien/Phönikien und die trotz des Sieges bei Raphia immer offenkundiger werdende Schwäche des ptolemäischen Reiches führten schließlich auch zu einer Spaltung der in Judäa faktisch herrschenden Tobiadenfamilie und damit sogar zu einer Spaltung des Volkes überhaupt. Der bei Josephus verarbeitete Tobiadenroman berichtet, daß Josef, der prostatēs und Generalsteuerpächter, seinen jüngsten Sohn Hyrkan zur Feier der Geburt des Thronfolgers nach Ägypten sandte – wahrscheinlich handelte es sich um die Geburt des späteren Ptolemaios V. Epiphanes 210 v. Chr. –, wo dieser gemäß der Familientradition (man denke an das Vorgehen seines Vaters in Ägypten) die Gelegenheit nutzte und sich mit reichen Geldgeschenken die Gunst des Königs erkaufte.25 Als der König ihm, so der Bericht des Josephus, „in seinem Staunen über des Jünglings Freigebigkeit“ seinerseits ein Geschenk machen wollte, bat Hyrkan ihn nur darum, er möge seinem Vater und seinen Brüdern über ihn schreiben. Der König erwies ihm sodann die höchsten Ehrenbezeugungen, beschenkte ihn reichlich und entließ ihn mit Briefen an seinen Vater, seine Brüder und an alle königlichen Statthalter und Beamten.26

Was der König Hyrkans Vater und seinen Brüdern schreiben sollte, erwähnt Josephus nicht. Da Ptolemaios IV. aber kaum Vater, Brüdern und vor allem seinen königlichen Statthaltern und Beamten nur von der Freigebigkeit des Hyrkan Mitteilung machen wollte, müssen die Briefe einen anderen Grund gehabt haben. Manche Forscher vermuten daher (und dies wohl mit Recht), daß in Wirklichkeit Hyrkan sich mit seinen Geschenken das Amt der prostasia erkaufte und daß der König eben dies der Familie und allen königlichen Beamten in der Provinz Syrien/Phönikien mitgeteilt hat. Anders geben weder die Geschenke noch die Briefe des Königs einen Sinn. Hyrkan hätte es mit dieser Taktik nur seinem Vater Josef nachgetan, der auf diese Weise seinerzeit den Hohenpriester Onias II. politisch überspielt hatte. Zu dieser Erklärung paßt auch am besten die Feindschaft der Brüder ge25 26

Ant. XII,4,7 § 196 ff. Ant. XII,4,9 § 219 f.

2.8. Der 5. Syrische Krieg

29

gen Hyrkan,27 die offenbar schon Schlimmes ahnten und ihn deswegen in Alexandria töten lassen wollten und die, wie die Fortsetzung bei Josephus zeigt, von diesem schändlichen Vorhaben erst recht nicht abließen, als Hyrkan im Glanze der königlichen Gunst nach Hause zog: Als aber Hyrkan mit seinen Brüdern zusammenstieß, brachte er außer vielen anderen ihrer Begleiter auch zwei von ihnen selbst um; die übrigen entflohen nach Jerusalem zu ihrem Vater. Hyrkan zog darauf auch selbst nach der Stadt; als aber niemand ihn aufnehmen wollte, geriet er doch in Angst, zog sich über den Jordan zurück und blieb daselbst, indem er die dort ansässigen Barbaren sich tributpflichtig machte.28

Wie der Schluß des Berichtes zeigt, konnte Hyrkan sein Amt in Jerusalem nicht antreten und mußte sich auf die Familienbesitzung Araq el-Emir im Ostjordanland zurückziehen. Dort behauptete er sich als treuer Parteigänger der Ptolemäer gegenüber seiner Familie auch dann noch, als Palästina endgültig seleukidisch geworden war und der in Jerusalem verbliebene Hauptzweig der Familie längst die fällige Kehrtwendung zu den Seleukiden hin vollzogen hatte. Erst unter Antiochos IV. brach seine Herrschaft im Ostjordanland zusammen und er beging Selbstmord (168 v. Chr.?).

2.8. Der 5. Syrische Krieg Das ptolemäische Reich wurde, trotz des Sieges bei Raphia über Antiochos III., immer schwächer. Das Selbstbewußtsein der einheimischen Bevölkerung wuchs ständig, woran die ägyptische Priesterschaft keinen geringen Anteil hatte. Die Folge war, daß der König mehr und mehr auf die Wünsche der „Eingeborenen“ eingehen mußte und so u. a. das Gewicht der altägyptischen Religion und ihrer uralten Traditionen seit Raphia ständig zunahm. Ganz anders sah es dagegen im Seleukidenreich des Verlierers von Raphia, Antiochos’ III., aus. Antiochos hatte sich nach seiner Niederlage bei Raphia auf den Osten seines Reiches konzentriert, dort ganz Asien bis nach Indien durchzogen und ein System von abhängigen Va27 28

Ant. XII,4,7 § 202. Ant. XII,4,9 § 222.

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2. Palästina unter ptolemäischer Herrschaft (301–200 v. Chr.)

sallenstaaten geschaffen. Dieser Zug, eine Art imitatio Alexandri,29 hatte sein Ansehen beträchtlich gestärkt, so daß er es sich leisten konnte, den Titel „Großkönig“ (basileus megas) anzunehmen und den Herrscherkult zu fördern. Als in Ägypten 205 v. Chr. der fünfjährige Ptolemaios V. Epiphanes den Thron übernahm, sah er seine Stunde gekommen. Er verständigte sich in einem Geheimvertrag mit Philip V. von Makedonien über die Aufteilung des Ptolemäerreiches nach dem Tode Ptolemaios IV. und begann 201 v. Chr. den sog. 5. Syrischen Krieg. Innerhalb kürzester Zeit konnte er die ganze Provinz erobern. Während des Winters 201/200 v. Chr. versuchte der ptolemäische Feldherr Skopas einen Gegenstoß. Es gelang ihm, den südlichen Teil der Provinz zurückzuerobern, und er kam dabei vermutlich auch nach Jerusalem, das – nach dem Rückzug Hyrkans – wohl in der Mehrheit proseleukidisch eingestellt war und deswegen sicher nicht geschont wurde. Skopas gelangte in seinem Gegenstoß bis nach Paneion (Paneas, Banjas) bei den Jordanquellen, wo er 200 v. Chr. von Antiochos III. vernichtend geschlagen wurde. Antiochos besetzte Syrien-Phönikien ein zweites Mal und diesmal endgültig. Auch Jerusalem wurde, ebenfalls endgültig, von den Seleukiden erobert, und die Juden scheinen sich den neuen Herren, von denen sie sich (wie immer bei einem Herrschaftswechsel) die entscheidende Verbesserung ihrer Verhältnisse erhofften, willig unterworfen zu haben: Nicht lange nachher jedoch schlug Antiochos den Skopas bei den Quellen des Jordan und vernichtete einen großen Teil seiner Streitmacht. Als nun infolgedessen Antiochos die Städte Koilesyriens, welche Skopas erobert hatte, sowie Samaria in seine Gewalt brachte, unterwarfen sich ihm die Juden freiwillig, ließen ihn in die Stadt einziehen, versahen sein Heer und seine Elefanten mit Lebensmitteln und halfen ihm, die von Skopas in der Burg von Jerusalem zurückgelassene Besatzung zu belagern.30

29 30

Hengel, Juden, Griechen und Barbaren, S. 60. Ant. XII,3,3 § 132 f.

3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

Mit dem Sieg Antiochos’ III. bei Paneion war die fast genau hundertjährige Geschichte Palästinas unter ptolemäischer Oberhoheit beendet; Palästina fiel den Seleukiden zu und blieb bis zur Eroberung durch die Römer (63 v. Chr.) in seleukidischem Einflußbereich (wenn auch zum Schluß kaum mehr als nominell).

3.1. Seleukidische Staatsverwaltung und Wirtschaft Der seleukidische Staat war – im Unterschied zum Ptolemäerreich in Ägypten – alles andere als eine politische und wirtschaftliche Einheit. Als Erbe des diffusen Perserreiches fand er eine Vielzahl unterschiedlicher religiöser, politischer und wirtschaftlicher Gegebenheiten vor, die sich nicht, wie in Ägypten, in einer zentralistisch strukturierten Organisationsform zusammenfassen ließen. In der ganz auf die Person des Königs zugeschnittenen Staatsdoktrin unterschieden sich die Seleukiden allerdings in keiner Weise von den Ptolemäern. Der König erhob den Anspruch, Nachkomme Alexanders zu sein und gleichzeitig von den Göttern (Apollo) abzustammen. Der Königskult wurde unter Antiochos III. institutionalisiert und scheint, zusammen mit der Verehrung des Zeus Olympios als des höchsten „Reichsgottes“, zunehmend als Klammer für die divergierenden Teile des Reiches verstanden worden zu sein. Dennoch legten die Seleukiden (zunächst) großen Wert darauf, die verschiedenen religiösen Kulte in ihrem Herrschaftsbereich zu respektieren und sogar nach Kräften zu fördern. Dies ist in erster Linie aus Babylonien belegt, wird sich aber in Syrien und Phönikien kaum anders verhalten haben. Über die Wirtschaftsorganisation des Seleukidenreiches ist nur wenig bekannt. Hauptquelle ist die pseudoaristotelische Schrift Oeconomica, die zwar in die frühhellenistische Zeit zu datieren ist, sehr wahr-

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

scheinlich aber auch auf die Verhältnisse des seleukidischen Staates angewandt werden kann. Danach gibt es vier Verwaltungen (oikonomiai), die in Typen unterteilt werden können . . .: die des Königs, die des Satrapen, die der Polis und die des privaten Bürgers.1

Zur unmittelbaren königlichen Verwaltung gehörten die Münzprägung, der Ex- und Import sowie die Staatsausgaben. Die Verwaltung des Satrapen (= Provinzialstatthalters) befaßte sich vorwiegend mit den Einkünften aus der Provinz, im einzelnen: aus dem Land (ekphorion oder dekatē – „Zehnter“ = Grundeinkünfte, d. h. wahrscheinlich eine Produktsteuer), aus speziellen Erzeugnissen wie Gold, Silber und Kupfer, aus dem Binnen- und Außenhandel der Satrapie (Zölle, Marktgebühren etc.), aus Mautgebühren (?) und aus Steuern von Verkäufen, aus Einkünften von Vieh (epikarpia oder dekatē) und schließlich aus Personalsteuern (epikephalaion – „Kopfsteuer“ und cheirōnaxion – „Gewerbesteuer“ der Handwerker). Die Polis bezog ihre Einnahmen aus dem Grundbesitz auf ihrem Territorium, aus Handelssteuern (Märkte, Wege), geschäftlichen Transaktionen und öffentlichen Diensten. Die Verwaltung des privaten Bürgers schließlich erstreckte sich u. a. auf Einnahmen aus Grund und Boden und aus Zinsen. Von besonderem Interesse sind die Einkünfte aus den Satrapien, d. h. Provinzen. Auffallend ist, daß die Oeconomica neben den Grundsteuern den Tribut (phoros) nicht eigens erwähnt, den die Gemeinwesen in den Provinzen zweifellos bezahlten. Das Verhältnis zwischen Grundsteuern und Tribut läßt sich aus den Quellen nicht mit Sicherheit bestimmen und wurde in den Provinzen möglicherweise unterschiedlich gehandhabt.

3.2. Palästina als seleukidische Provinz Antiochos III. benötigte noch etwa zwei Jahre (bis 198), bis er die ehemals ptolemäische Provinz Syrien-Phönikien ganz in seine Gewalt gebracht hatte. Über die Rechtslage der jüdischen Bevölkerung im se1

Oeconomica B II,1,1, ed. B. A. van Groningen/A. Wartelle, Paris 1968.

3.2. Palästina als seleukidische Provinz

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leukidischen Imperium sind wir durch verschiedene Dokumente relativ gut orientiert. Das erste Dokument ist ein Brief des Königs an Ptolemaios, den neuen Statthalter von Syrien und Phönikien, der nach Bi(c)kerman(n)s Untersuchung als authentischer Erlaß gelten darf. Im ersten Teil dieses Erlasses verspricht der König, beim Wiederaufbau des zerstörten Jerusalem und des Tempels behilflich zu sein, „da sie (= die Juden) uns bei unserer Ankunft in ihrer Stadt glänzend empfangen haben und uns mit ihrem Ältestenrat entgegengegangen sind . . . und uns bei der Gefangennahme der in der Burg liegenden ägyptischen Besatzung unterstützt haben“;2 die Baumaterialien für die Restaurierung des Tempels werden von der Steuer, d. h. wahrscheinlich von den Zöllen, befreit.3 Zugleich beschließt der König „aus Frömmigkeit“ (dia tēn eusebeian), den Juden einen Beitrag für das Opfer zu spenden, und zwar teils in Geld (20.000 Silberdrachmen) und teils in Naturalien.4 Ob es sich hier um das tägliche Brandopfer (Tamidopfer) der jüdischen Gemeinde handelt oder um ein spezielles Opfer für den König (oder beides?), ist unklar; auf jeden Fall bestätigt der Erlaß das Bemühen der Seleukiden um die Förderung lokaler Kulte. Der Text fährt dann fort: Alle, die zum Volk gehören, sollen gemäß den väterlichen Gesetzen als Bürger leben. Ihr Ältestenrat, die Priester, Tempelschreiber und geweihten Sänger sollen von der Kopfsteuer, Kranzsteuer und Salzsteuer befreit sein. Damit die Stadt schneller wieder bevölkert wird, gewähre ich denjenigen, die zur Zeit darin wohnen, und denjenigen, die bis zum Monat Hyperberetaios zurückkehren, um sich darin niederzulassen, Steuerfreiheit auf drei Jahre. Darüber hinaus befreien wir sie für die Zukunft von einem Drittel der Tributzahlungen (tōn phorōn), um sie für ihre Verluste zu entschädigen. Was die aus der Stadt Verschleppten und Versklavten betrifft, so geben wir ihnen und ihren Abkömmlingen die Freiheit wieder und ordnen an, daß man ihnen ihren Besitz zurückerstattet.5

Dieser Teil des Ediktes ist besonders aufschlußreich für die wirtschaftliche und politische Lage der Juden unter seleukidischer Herrschaft.

2 3 4 5

Ant. XII,3,3 § 138. Ant. XII,3,3 § 141. Ant. XII,3,3 § 140. Ant. XII,3,3 § 142–144.

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

1. Die wirtschaftlichen Verfügungen sind typisch für die hellenistische Verwaltungspraxis. Dem Kultpersonal (Priestern, Tempelschreibern und Tempelsängern) wird dauernde Steuerbefreiung zugestanden; dies entspricht der quasi-staatlichen Stellung des Heiligtums. Neu ist möglicherweise, daß zusammen mit der Gruppe des Tempelpersonals (und sogar an ihrer Spitze) die Gerusie, also der Ältestenrat, erwähnt wird, der sich in dieser Zeit vornehmlich aus der Aristokratie rekrutierte (ob ausschließlich aus dem Laienadel oder auch aus dem Priesteradel, ist umstritten; wenn der Priesteradel nicht zur Gerusie gehörte, könnte man hier die „beginnende Emanzipation der Aristokratie von der Hierokratie erkennen“6). Gleichzeitig wird die Bevölkerung Jerusalems (nicht des gesamten jüdischen ethnos) für drei Jahre von sämtlichen Steuern befreit. Der Zweck dieser Maßnahme war zweifellos, die Wirtschaft des offenbar weitgehend zerstörten Jerusalem wieder zu beleben. Der Text erwähnt zwei Arten von Steuern, nämlich einmal die Kopf-, die Kranz- und die Salzsteuer, d. h. die persönlichen Steuern, und zum anderen den Tribut. Von den persönlichen Steuern sind wir über die Salzsteuer am besten informiert; sie scheint eine der wichtigsten Einkünfte des Staates gewesen zu sein. Über die Art und den Erhebungsmodus der Kopfsteuer ist nichts bekannt; da sie aber auch in der Oeconomica erwähnt wird, scheint sie zur üblichen Besteuerung der Provinzen im seleukidischen Reich gehört zu haben. Der „Kranz“ war ursprünglich ein freiwilliges Geschenk der Bevölkerung bei einem Besuch des Herrschers, wurde aber offenbar unter den Seleukiden eine feste (jährlich zu entrichtende) Steuer. Schließlich wird der Bevölkerung Jerusalems ein Drittel des Tributs (phoroi) erlassen, zu dem jedes Gemeinwesen im seleukidischen Staat als Zeichen der Unterwerfung verpflichtet war. Die Höhe und Art dieses Tributs (Naturalienabgabe oder fester Betrag) wird nicht mitgeteilt, doch vermutet man, daß er die Pauschalsumme von 300 Talenten betrug,7 die Antiochos III. um ein Drittel, also auf 200 Talente ermäßigt hätte. Ebenso wissen wir nicht genau, wie der Tribut eingezogen wurde. Da Josephus kurz darauf in einem Steuerabkommen zwischen 6

Kippenberg, Religion und Klassenbildung, S. 84. So nach einer Notiz über Seleukos IV. Philopator (?) bei Sulpicius Severus, Chron. II,17,4 f., ed. C. Halm, S. 73 (CSEL I). 7

3.2. Palästina als seleukidische Provinz

35

Antiochos III. und Ptolemaios V. Epiphanes von Ägypten „die Vornehmen“ erwähnt, die das Recht „pachteten, in ihren eigenen Vaterstädten den Tribut zu erheben“ und an die Könige abzuliefern,8 wird das System der zwischengeschalteten Steuerpächter ähnlich gewesen sein wie zur Zeit der Ptolemäer. Möglicherweise bestand der Tribut teilweise in einer anteiligen Produktabgabe (so auf jeden Fall bei der Landbevölkerung) und teilweise in einer bestimmten Geldsumme. Die Steuerpächter garantierten den festgesetzten Betrag und bezahlten diesen in Geld an den König. 2. Die politische Lage charakterisiert der die Steuererleichterungen einleitende Satz: Alle, die zum Volk gehören (hoi ek tou ethnous) sollen gemäß den väterlichen Gesetzen (kata tous patrious nomous) als Bürger leben.

Der Terminus ethnos ist zweifellos technisch in dem Sinne gebraucht, daß er die Bevölkerung Judäas, d. h. des jüdischen Tempelstaates mit Jerusalem und seiner Umgebung bezeichnet, nicht jedoch alle Juden auch der Diasporagemeinden im seleukidischen Herrschaftsbereich. Diesem jüdischen ethnos als einer politischen Größe wird das Recht zugestanden, nach den väterlichen Gesetzen zu leben, wobei mit den „väterlichen Gesetzen“ nur die Torah des Mose gemeint sein kann, d. h. das traditionelle jüdische Gesetz als politische und religiöse Größe. Dieses Zugeständnis impliziert die Anerkennung der Torah als „Königsgesetz“ und somit die Gewährung eines autonomen oder halbautonomen Status für die Bevölkerung Judäas. So bedeutsam dieser verfassungsähnliche Akt für das jüdische Volk gewesen sein wird (vor allem im Vergleich zur vorangehenden Ptolemäerherrschaft), darf man doch zweierlei nicht übersehen. Einmal war dieser Vorgang für Antiochos keineswegs ungewöhnlich, sondern entsprach dem Brauch hellenistischer Herrscher nach der Eroberung einer Stadt; in anderen bekannten Fällen griechischer Städte gehen die Privilegien weit über die den Juden gewährten hinaus. Zum anderen beruhte „die Verbindlichkeit der Thora auf dem freien Willensakt eines heidnischen Machthabers,“9 enthielt also ein Element des Willkürlichen und Instabilen, das besonders dann gefährlich werden mußte, wenn das 8 9

Ant. XII,4,1 § 155. Bickermann, Gott der Makkabäer, S. 53.

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

Gleichgewicht zwischen den religiösen und politischen Aspekten der Torah nicht mehr gewahrt wurde und die politischen Kräfte in Judäa sich mit den Intentionen des heidnischen Staates verbanden. Ein weiterer Erlaß des Königs findet sich bei Josephus unmittelbar im Anschluß an diesen Brief: Weiterhin ließ er auch im ganzen Reich folgende Vorschriften zum Besten des Tempels bekannt machen: Kein Fremder darf das Innere des Tempels betreten, was ja auch den Juden nach dem Gesetz ihrer Väter nur erlaubt ist, wenn sie entsprechende Reinigungen vorgenommen haben. Niemand darf ferner Fleisch von Pferden, Maultieren, wilden oder zahmen Eseln, Pardeln, Füchsen, Hasen oder anderen Tieren, deren Genuß den Juden verboten ist, in die Stadt bringen, desgleichen auch die Häute dieser Tiere nicht einführen noch ein derartiges Tier in der Stadt halten, sondern es dürfen nur die zu den Opfern verwendeten Tiere, durch deren Darbringung Gott versöhnt werden soll, in der Stadt vorhanden sein. Wer diese Vorschriften übertritt, hat den Priestern 3.000 Silberdrachmen zu entrichten.10

Hier wird also einmal den Nichtjuden verboten, den Tempelhof zu betreten und zum anderen die Einfuhr sowie Aufzucht rituell unreiner Tiere untersagt. Man vermutet hinter dem zweiten Verbot (wohl mit Recht) den Einfluß der „konservativen“ Priesterschaft und als Folge dieses Verbots die Einschränkung des Handelsverkehrs in und mit Jerusalem. Möglicherweise war dieses Verbot darüber hinaus sogar (zumindest indirekt) gegen die wirtschaftliche Macht und die Beziehungen der Tobiaden-Familie gerichtet, denn diese war es ja vor allem, die von dem wirtschaftlichen Aufschwung unter den Ptolemäern profitiert hatte. Und schließlich kennen wir ein drittes Dokument über die Verhältnisse in Palästina noch während und unmittelbar nach der Eroberung der Provinz durch die Seleukiden. Es handelt sich um eine bei Hefzibah in Untergaliläa (westlich von Bet Schean/Skythopolis) gefundene Stele, auf der verschiedene Briefe und Memoranden in griechischer Sprache eingemeißelt sind, die die Besitzungen eines Feldherrn mit Namen Ptolemaios in der Jesreel-Ebene betreffen. Dieser Ptolemaios war ursprünglich Feldherr unter den Ptolemäern gewesen und dann im 4. (oder 5.?) Syrischen Krieg auf die Seite der Seleukiden übergewechselt; er dürfte mit dem Ptolemaios identisch sein, an den Antio10

Ant. XII,3,4 § 145 f.

3.3. Oniaden und Tobiaden

37

chos den oben erwähnten Brief richtete. In den Memoranden auf der Stele geht es um den Schutz der Bevölkerung auf den Besitzungen dieses Ptolemaios während der Wirren des 5. Syrischen Krieges und unmittelbar nach der Beendigung des Krieges gegenüber den seleukidischen Besatzungstruppen. Insgesamt wurde der Herrschaftswechsel von der Bevölkerung der eroberten Provinz (und somit auch von den Juden) ohne Zweifel als positiv empfunden. Die Steuererleichterungen und vor allem die Erlaubnis, nach den „väterlichen Gesetzen“ leben zu dürfen, die auf die eher föderalistische Herrschaftsstruktur der Seleukiden zurückzuführen ist, wird die Mehrheit der Bevölkerung zunächst für die Seleukiden eingenommen haben; daß dies nicht so blieb – auch die Steuererleichterungen wurden wieder rückgängig gemacht –, sollte sich bald zeigen.

3.3. Oniaden und Tobiaden Hoherpriester während der syrischen Eroberung Palästinas war Simon II., der Sohn Onias’ II. Dieser Simon II. hatte sich relativ früh auf die Seite der Seleukiden geschlagen und war durch den Sieg Antiochos’ III. bei Paneion in seiner Politik bestätigt worden. Die projüdischen Erlasse des Königs sind daher wohl nicht zuletzt seiner geschickten Politik zuzuschreiben, die im Buche Sirach verherrlicht wird11 und ihm später den Beinamen „der Gerechte“ (Schim‘on ha-tsaddiq) eintrug: Der Größte unter seinen Brüdern und der Ruhm seines Volkes, der Hohepriester Simon, des Onias Sohn! . . . Er sorgte für sein Volk gegen Plünderung vor, und befestigte wider den Feind seine Stadt. Wie herrlich war es, wenn er aus dem Zelte blickte und hervortrat zwischen dem Vorhang! Wie ein leuchtender Stern zwischen den Wolken und wie der Vollmond in den Tagen des Pesachfestes, wie die strahlende Sonne über dem Königspalast und wie der Regenbogen, der im Gewölk erscheint.12 11 12

Sir 50,1–24. Sir 50,1.4–7.

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

Der entscheidende Gegner des Hohenpriesters wurde mehr und mehr die mächtige Familie der Tobiaden. Wiewohl ursprünglich engagierter Parteigänger des ptolemäischen Königshauses und in engen wirtschaftlichen Beziehungen mit der „ptolemäischen Hochfinanz,“13 hatte das Familienoberhaupt Josef noch rechtzeitig die Front gewechselt und war zu den Seleukiden übergegangen. Dennoch dürfte der Hohepriester Simon II. durch sein geschicktes politisches Taktieren und im Gefolge der Familienstreitigkeiten zwischen den Söhnen Josefs seine Macht gefestigt und vielleicht sogar wieder die politische Vertretung des Volkes gegenüber dem neuen König (prostasia) erlangt haben. Zu einem offenen Machtkampf zwischen der hohepriesterlichen Dynastie der Oniaden und den Tobiaden kam es nach dem Tode Simons II., der nicht lange nach der endgültigen Eroberung Palästinas durch Antiochos III. starb. Nachfolger Simons II. wurde Onias III., der sich in den politischen, wirtschaftlichen und religiösen Verstrickungen offenbar nicht so behaupten konnte wie sein Vater. Er scheint sich schon bald mit seinem stärker hellenistisch orientierten Bruder Jason/ Jeschua entzweit zu haben und vielleicht auch dem Einfluß der proseleukidischen und politisch geschickter taktierenden Söhne Josefs am Seleukidenhof nicht gewachsen gewesen zu sein.14 Ein wesentlicher Faktor, der die Verhältnisse in Jerusalem beeinflußte, war die Veränderung der außenpolitischen Machtkonstellation, und das Gewicht dieser Veränderung kann nicht schwer genug eingeschätzt werden. Die aufsteigende Großmacht Rom hatte 197 v. Chr. bei Kynoskephalai in Thessalien im 2. Makedonischen Krieg Philipp V. von Makedonien besiegt und 196 v. Chr. bei den Isthmischen Spielen die „Freiheit der Hellenen“ verkündet. Damit wurden der langsame Untergang der hellenistischen Monarchien und auch die entscheidende Wende im Schicksal Palästinas eingeleitet, nämlich der Wechsel von der malkhut jawwan (griechische Herrschaft) zur malkhut edom (römische Herrschaft) in der späteren rabbinischen Terminologie, der sich freilich erst 63 v. Chr. mit der Eroberung Palästinas durch Pompejus vollenden sollte. Antiochos III. weigerte sich, dem römischen Verlangen nach der Freiheit der griechischen Städte nachzugeben und 13 14

Hengel, Judentum und Hellenismus, S. 492. Hengel, ebd., S. 494 f.

3.3. Oniaden und Tobiaden

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zum Lohn dafür die Vermittlung der Römer im ptolemäisch-seleukidischen Konflikt anzunehmen. Vielmehr versuchte er einen Ausgleich auf eigene Faust und mit den Mitteln der allerdings unter seinem Großvater Antiochos II. so kläglich gescheiterten Heiratspolitik: Er schloß mit dem siebzehnjährigen Ptolemaios V. Epiphanes Frieden und gab ihm 194/93 v. Chr. seine Tochter Kleopatra zur Frau. Nach Josephus15 trat er zugleich einen Teil der Erträge von „Koilesyrien, Samaria, Judäa und Phönikien“ in Form einer Mitgift an Ptolemaios ab. Durch diesen Friedensschluß mit seinem „Erbfeind“ glaubte Antiochos freie Hand zu haben für neue Aktivitäten in Kleinasien und Griechenland, und dies war bereits gleichbedeutend mit einer Provokation Roms. Eine Expedition Antiochos’ nach Griechenland beantworteten die Römer umgehend mit einem Gegenangriff: Antiochos mußte fliehen und den Weg nach Asien freigeben. In der Entscheidungsschlacht bei Magnesia (Ende 190) wurde sein Heer besiegt, und Antiochos mußte sich dem Friedensdiktat der Römer von Apameia (188 v. Chr.) beugen. Er verlor seine sämtlichen Besitzungen in Kleinasien (sie kamen an das Königreich Pergamon), mußte seine Kriegselefanten und fast seine ganze Flotte ausliefern und wurde zudem zu ungewöhnlich hohen Reparationen gezwungen (nämlich zu 12.000 Talenten, zahlbar innerhalb von 12 Jahren). Mit dieser ersten Beschränkung des Seleukidenreiches auf die syrischen, mesopotamischen und westiranischen Gebiete wurde nicht nur den weitreichenden Plänen Antiochos’ III. ein Ende gesetzt, sondern auch der Zerfall des Seleukidenreiches eingeleitet. Die wegen der hohen Reparationen verzweifelte Lage des Reiches, die neue und immer skrupellosere Mittel zur Beschaffung des Geldes notwendig machte, forderte als erstes Opfer den König selbst, der bei der Plünderung des Bel-Tempels in der Elymaïs ums Leben kam, genauer: von der aufgebrachten Bevölkerung wie ein Bandit erschlagen wurde.16 Nachfolger Antiochos’ III. wurde sein Sohn, der weniger dynamische Seleukos IV. Philopator (187–175 v. Chr.). Unter dessen Herrschaft kam es in Jerusalem bereits zu neuen proptolemäischen Strömungen, denen sich offenbar auch der Hohepriester Onias III. an15

Ant. XII,4,1 § 154 f. Sein Aufstieg und schmählicher Fall ist wieder im Danielbuch angedeutet; vgl. Dan 11,15–19. 16

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

schloß. Der Grund dafür mag die Enttäuschung der mit dem Herrschaftswechsel verbundenen Hoffnungen gewesen sein, der interne Machtkampf zwischen Tobiaden und Oniaden und vor allem ganz konkret die Tatsache, daß die finanzielle Belastung des Seleukidenstaates auch an Jerusalem sicher nicht spurlos vorübergegangen war, d. h. daß von den Steuererleichterungen Antiochos’ III. kaum noch etwas übrig geblieben sein dürfte.

3.4. Die Heliodoraffäre Wichtigster Beleg für die in Jerusalem sich zuspitzenden Ereignisse ist die sog. Heliodoraffäre: Ein gewisser Simon aus dem Stamme Benjamin, der als Vorsteher des Tempels (prostatēs tou hierou) eingesetzt worden war, entzweite sich mit dem Hohenpriester wegen der städtischen Marktaufsicht (agoranomia).17

Dieser Text ist in verschiedener Hinsicht interessant. Zunächst erfahren wir etwas über die Verwaltungsstruktur Judäas unter seleukidischer Herrschaft. Simon war der Verwalter des Tempelvermögens und damit wahrscheinlich dem König für die geregelte Abführung der Steuern verantwortlich. Es zeigt sich hier also dieselbe Zweiteilung der obersten politischen Gewalt, die auch schon für die Ptolemäerzeit zu vermuten war. Wenn dieser Simon nun auch noch die Marktaufsicht für sich beanspruchte, mußte dies auf den entschiedenen Widerstand des Hohenpriesters stoßen. Als Parteigänger der Tobiadenfamilie und damit der Laienaristokratie hätte Simon seinen politischen Einfluß dadurch kräftig verstärkt; möglicherweise stand hinter seinem Vorstoß auch die Absicht, die im Edikt des Antiochos zugunsten der Priesterschaft verfügten Einschränkungen der Handelsbeziehungen18 wieder rückgängig zu machen. Simon erreichte sein unmittelbares Ziel (die Vereinigung beider Ämter in seiner Hand) zwar nicht; andererseits war der Hohepriester aber auch nicht stark genug, den ihm sicher nicht sehr genehmen Simon abzusetzen. Hinter dem Text verbirgt sich also in Ansätzen ein Machtkampf zwischen der Hierokratie und der 17 18

2 Makk 3,4. S. oben S. 36.

3.4. Die Heliodoraffäre

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Laienaristokratie, der sicher auf „Emanzipationsbestrebungen eines Teiles der judäischen Aristokratie“19 zurückzuführen ist. Nach der Zurückweisung durch den Hohenpriester intrigierte Simon beim seleukidischen Statthalter Apollonios gegen Onias, und zwar mit dem angesichts der chronischen Finanznot des Staates sicher zugkräftigen Argument, daß Onias unermeßliche Reichtümer in seinem Tempelschatz horte. Die Anzeige hatte Erfolg, denn Seleukos IV. schickte sofort seinen Kanzler Heliodor mit dem Auftrag nach Jerusalem, die Gelder bzw. einen Teil dieser Schätze zu konfiszieren. Als Heliodor sich in Jerusalem nach den Tempelschätzen erkundigt, erfährt er vom Hohenpriester, daß es sich um hinterlegte Gelder von Witwen und Waisen handle; einiges gehöre auch dem Hyrkan, dem Sohn des Tobias, einem hochangesehenen Mann.20

Was hier so nebenbei über Hyrkan eingeflochten wird, war zweifellos politischer Sprengstoff. Der Tobiade Hyrkan war nämlich nach seiner Vertreibung aus Jerusalem auf seine Besitzungen im Ostjordanland geflohen21 und hatte dort an seinen guten Beziehungen zu den Ptolemäern in Ägypten keinen Zweifel gelassen. Wenn der Hohepriester Onias also Vermögenswerte dieses Hyrkan im Tempel verwahrte, wirft dies einiges Licht auf seine politische Einstellung (einem treuen Parteigänger der Seleukiden hätte Hyrkan sein Geld sicher nicht anvertraut). Berücksichtigt man darüber hinaus, daß der mit Hyrkan verfeindete Hauptzweig der Tobiaden sich kompromißlos auf die Seite der Seleukiden gestellt hatte und mit dem Hohenpriester um die Vormachtstellung in Jerusalem kämpfte, ist der Verdacht eines antiseleukidischen (und damit proptolemäischen) Komplotts zwischen dem Hohenpriester Onias III. und dem Tobiaden Hyrkan im Ostjordanland nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen. Wir wissen leider nicht genau, wie die Tempelaffäre wirklich ausgegangen ist, denn das Eingreifen der göttlichen Mächte, das im Makkabäerbuch so dramatisch ausgestaltet wird,22 ist zweifellos legendär. Jedenfalls, soviel wird 19 20 21 22

Kippenberg, Religion und Klassenbildung, S. 87. 2 Makk 3,10 f. S. oben S. 29. 2 Makk 3,23 ff.

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an dieser Erzählung historisch sein, scheint der Tempelraub des Heliodor ohne Erfolg geblieben zu sein, durch welche Umstände auch immer. Der Tempelvorsteher Simon zeigte sich durch das göttliche Wunder denn auch wenig beeindruckt und verleumdete den Hohenpriester als „Widersacher der Regierung“23 beim König – ebenfalls ein deutlicher Hinweis darauf, daß massive politische Interessen im Spiele waren. Offenbar kam es in Jerusalem zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, und Onias sah sich gezwungen, persönlich am Seleukidenhof zu intervenieren.24 Dieser verzweifelte Versuch des Hohenpriesters wurde jedoch durch die politischen Ereignisse überrollt: Seleukos IV. wurde von eben dem Kanzler Heliodor, den er nach Jerusalem geschickt hatte, um die Tempelschätze zu konfiszieren, ermordet, und sein aus Rom zurückgekehrter Bruder Antiochos übernahm als Antiochos IV. Epiphanes 175 v. Chr. die Regierung.

3.5. Die „hellenistische Reform“ unter Antiochos IV. Die durch die Tobiadenfamilie repräsentierte Laienaristokratie nützte die Wirren des Thronwechsels und ergriff (in mehreren Schritten) in Jerusalem die Macht. Zunächst versprach sie dem neuen König eine Erhöhung des Tributs auf 360 Talente Silber (wahrscheinlich hatte schon Seleukos IV. die von seinem Vorgänger verfügte Ermäßigung des Tributs auf 200 Talente rückgängig gemacht und wegen der chronischen Finanznot die alten 300 Talente gefordert) und eine zusätzliche Zahlung von 80 Talenten, wenn er Jason, den Bruder des Onias, zum Hohenpriester ernenne.25 Antiochos IV., dessen Stellung noch nicht völlig gefestigt war, ging auf diese Bitte ein, zumal die Vergabe von Ämtern nach finanziellen Gesichtspunkten im System der Steuerpacht begründet und für ihn somit ein völlig normaler Vorgang war. Die jüdische Laienaristokratie nutzte also nur konsequent das ihr mit der Steuerpacht gegebene Instrument, um einen „Vertrauensmann“ in das Amt des Hohenpriesters zu bringen; daß die wirtschaftliche Unterdrückung des Volkes dadurch gesteigert wurde, spielte dabei sicher 23 24 25

2 Makk 4,2. 2 Makk 4,3–6. 2 Makk 4,7 f.

3.5. Die „hellenistische Reform“ unter Antiochos IV.

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die geringste Rolle. Für die torahtreuen Kreise stellte sich dieser Machtwechsel allerdings ganz anders dar. In der Optik der gesetzestreuen Juden – und damit wohl der Mehrheit der Bevölkerung – war die Ernennung Jasons zu Lebzeiten eines rechtsgültig amtierenden Hohenpriesters ein gewaltsamer staatlicher Eingriff in die Autonomie des jüdischen Tempelstaates. Es sollte hier zum erstenmal die latente Gefahr offenbar werden, die in der Abhängigkeit der Torah als Verfassungsgrundlage von der Anerkennung und dem Verständnis des heidnischen Machthabers begründet lag. Die volle Tragweite dieser Abhängigkeit zeigte sich, als die Hellenisten in Jerusalem (d. h. der Laienadel und vermutlich auch ein Teil des Priesteradels) unter der Führung des neuen Hohenpriesters Jason konsequenterweise darangingen, eine Verfassungsreform vorzubereiten und dem König die Umwandlung Jerusalems in eine hellenistische Polis anzutragen;26 eine Sonderzahlung von 150 Talenten sollte dem Vorschlag Gewicht verleihen: Dazu versprach er (= Jason), ihm (= dem König) noch weitere 150 Talente anschreiben zu lassen, wenn ihm zugestanden würde, für sich aus eigener Befugnis ein Gymnasion und ein Ephebeion einzurichten und die Antiochener in Jerusalem aufzuzeichnen.27

Gymnasion und Ephebeion, d. h. die Stätten zur körperlichen und geistigen Ertüchtigung der Jugend, waren das herausragende Kennzeichen der griechischen Kultur in der Epoche des Hellenismus. Der Wunsch, „die Antiochener in Jerusalem aufzuzeichnen“, bedeutete nichts anderes, als den Angehörigen des Gymnasions und Ephebeions einen politischen Status zu verleihen. Der König stimmte diesem Wunsch gerne zu. Abgesehen von der willkommenen Sonderzahlung war es sicher in seinem Sinne, wenn die einheimische Bevölkerung seines inhomogenen Staates sich der hellenistischen Lebensweise, der wichtigsten Klammer des Reiches, anschloß; dies gilt ganz besonders für Judäa, dessen Eingliederung in den seleukidischen Reichsverband durch das benachbarte Ägypten ständig gefährdet war. Die Zulassung zu Gymnasion und Ephebeion wurde durch Mitgliederlisten geregelt, die ausschließlich von Jason und seinen Anhängern 26 27

1 Makk 1,13; 2 Makk 4,9. 2 Makk 4,9.

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kontrolliert wurden. Die „konservativen“ torahtreuen Schichten, die sich überwiegend aus der ärmeren Stadt- und insbesondere Landbevölkerung zusammensetzten, waren von der griechischen Bildung und der zukünftigen Polis zweifellos ausgeschlossen und damit praktisch entrechtet. So vollzog sich sicher nicht mit einem Schlage, sondern schrittweise die Umwandlung Jerusalems in eine Polis nach griechischem Vorbild.28 Josephus, der den Vorgang chronologisch wahrscheinlich falsch (d. h. erst unter Menelaos) einordnet,29 trifft dennoch den entscheidenden Punkt: Sie (= die Hellenistenpartei) erklärten ihm (= dem König), daß sie die väterlichen Gesetze und die ihnen entsprechende Verfassung (politeia) aufgeben und den königlichen Gesetzen folgen sowie die hellenistische Verfassung haben wollten. Sie baten ihn daher um die Erlaubnis, in Jerusalem ein Gymnasion bauen zu dürfen.30 28 Gegen die These von der schrittweisen Umwandlung Jerusalems in eine Polis hat sich dezidiert K. Bringmann gewandt (Hellenistische Reform und Religionsverfolgung in Judäa, S. 92): Nach Bringmann vollzog sich die Umwandlung in eine Polis nicht schrittweise, sondern in einem einmaligen Akt; allerdings war sie wenig erfolgreich und blieb in den Ansätzen stecken, weil das demokratische Prinzip der griechischen Polis sich gegenüber den aristokratisch-hierokratischen Strukturen der jüdischen Gerusie nicht durchsetzen konnte. Bringmann hat gewiß darin recht, daß eine griechisch verfaßte Polis in Jerusalem nicht lebensfähig war und sich gegenüber den aristokratischen und hierokratischen Strukturen nicht behaupten konnte. Dies ist im Grunde der Konflikt, der die ganze weitere Geschichte bestimmt – doch ist dies unabhängig davon, wie und wie schnell die Umwandlung Jerusalems in eine Polis erfolgte. Tatsache ist, daß Jason und seine Anhänger dies versucht haben, daß sie damit wirtschaftliche und politische Interessen verfolgten und daß sie damit den entschiedenen Widerstand derjenigen Teile der herrschenden Schicht wie auch der Bevölkerung provozieren mußten, die von den Machtstrukturen der neuen Polis ausgeschlossen waren. 29 Die Einordnung des Josephus zeigt aber auch, daß es sich um einen längeren Prozeß gehandelt haben muß. Manche vermuten, daß mit dem Besuch des Königs in Jerusalem ca. 2½ Jahre nach der Einsetzung Jasons (2 Makk 4,22) dieser Prozeß abgeschlossen und die neue Polis offiziell konstituiert wurde, andere sehen erst in der Errichtung der Akra (unten S. 50) die endgültige Konstituierung der Polis; dagegen vehement Bringmann, Hellenistische Reform, S. 84 ff. 30 Ant. XII,5,1 § 240 f. Vgl. auch 1 Makk 1,11–15 (Schunck): „In jenen Tagen traten in Israel frevelhafte Leute auf, und sie überredeten viele, indem sie sagten: Laßt uns hingehen und mit den Völkern, die rings um uns sind, ein Übereinkommen treffen, denn seitdem wir uns von ihnen abgesondert haben, traf uns viel Unheil. Dieser Vorschlag fand Beifall bei ihnen, und einige aus dem Volk erklärten sich

3.5. Die „hellenistische Reform“ unter Antiochos IV.

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Die vollzogene Umwandlung Jerusalems in eine Polis setzte somit letztlich die Torah als Verfassung des jüdischen ethnos außer Kraft und bedeutete die Aufhebung des von Antiochos III. erlassenen Ediktes (das im Grunde ja nur eine Bestätigung der aus der Perserzeit datierenden alten Rechte war) und damit die völlige Abkehr vom jüdischen Tempelstaat, wie er seit Jahrhunderten bestanden hatte. Zwar blieben die religiös-kultischen Belange der Torah (zunächst) unangetastet, doch wurde die ursprüngliche Einheit der Torah als Staatsverfassung und religiöse Norm erstmals in einen „rein“ religiösen und einen politischen Aspekt aufgespalten. Das Gymnasion als Keimzelle der neuen Polis wurde nach 2 Makk 4,12 in der Nähe des Tempels gebaut (man weiß bis heute nicht genau, wo es gelegen hat), und sogar die Priester sollen es vorgezogen haben, statt den Altardienst zu versehen, sich an den Kampfspielen im Gymnasion zu beteiligen: Infolgedessen waren die Priester nicht mehr besorgt um die Altardienste; sondern ganz von den neuen Gedanken eingenommen, vernachlässigten sie die Opfer und beeilten sich, an dem ungesetzlichen Spiel auf dem Sportplatz teilzunehmen, wenn das Scheibenwerfen angekündigt war.31

Daß die Kampfspiele nach griechischer Sitte selbstverständlich nackt ausgetragen wurden und manche Epheben sich daher sogar zum Epispasmos, der operativen Wiederherstellung der Vorhaut verstiegen,32 wird die Empörung der gesetzestreuen Kreise ebenso gesteigert haben wie die Tatsache, daß der Sportbetrieb auch in Jerusalem kaum vom Kult des Herakles und Hermes, der Schutzgötter des Gymnasions, zu trennen war. Bezeichnend ist die Episode der heidnischen Kampfspiele in Tyros, zu denen die „Antiochener von Jerusalem“ eine Abordnung mit einer Spende für Herakles schickten. Die Überbringer konnten sich dann aber an Ort und Stelle doch nicht zu Opfern für Herakles entschließen, sondern baten – entgegen ihrem Auftrag – diplomatisch bereit, zum König zu gehen; der erteilte ihnen Vollmacht, die Satzungen der Heiden einzuführen. Da erbauten sie eine Ringschule in Jerusalem nach der Sitte der Heiden, und stellten sich (künstlich) ihre Vorhaut wieder her und fielen (so) vom heiligen Bund ab.“ 31 2 Makk 4,14. 32 1 Makk 1,15; Ant. XII,5,1 § 241.

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darum, das Geld für die Ausrüstung von tyrenischen Kriegsschiffen zu verwenden.33 Die Ereignisse spitzten sich weiter zu, als etwa drei Jahre nach der Ernennung Jasons ein neuer Wechsel im Hohepriesteramt stattfand. Jason hatte Menelaos, den Bruder des erwähnten Tempelbeamten Simon,34 zur Überbringung des Tributs nach Antiochia geschickt. Dieser, ein extremer Hellenist und dem seleukidischen Herrscherhaus wahrscheinlich noch treuer ergeben als Jason, nutzte die Gelegenheit und erkaufte sich vom König für eine immense Steigerung des Tributs (von 360 auf 660 Talente) das Hohepriesteramt.35 Hinter diesem zweiten und noch folgenschwereren Machtwechsel in Jerusalem stand nach dem Bericht des Josephus (der möglicherweise auf eine seleukidische Quelle zurückgeht)36 die Tobiaden-Partei, der es mit dem Sturz des noch gemäßigten Jason gelang, die Oniaden endgültig zu verdrängen. Damit wurde nicht nur, wie im Falle Jasons, die interne Erbfolge im Hohepriesteramt durchbrochen – Jason stammte als Oniade immerhin noch aus dem Geschlecht der Zadokiden, der uralten Hohepriesterdynastie –, sondern mit Menelaos kam erstmals ein Nichtzadokide (und damit ein völliger „Außenseiter“) als Hoherpriester an die Macht. Jason mußte Jerusalem verlassen und floh ins Ostjordanland, wahrscheinlich zum ptolemäerfreundlichen Hyrkan.37 Hier zeigen sich wieder die machtpolitischen Konstellationen: In dem Augenblick, in dem Jason die Unterstützung der proseleukidisch-hellenistischen Kreise, die ihn an die Macht gebracht hatten, verlor, wechselte er nahezu zwangsläufig zur proptolemäischen Partei. Die politische Trennungslinie zwischen Anhängern der Seleukiden und der Ptolemäer ging damit (erstmals) quer durch die Hellenisten in Jerusalem und dürfte ihre Bewegung beträchtlich geschwächt haben.

33

2 Makk 4,18–20. Josephus (Ant. XII,5,1 § 237 ff.) macht Menelaos zum Bruder Jasons und damit zum jüngsten Sohn Simons II., dies offensichtlich aus apologetischen Gründen (wie er auch schon Onias III. sterben und Jason das Hohepriesteramt rechtmäßig antreten ließ). 35 2 Makk 4,23–25. 36 Ant. XII,5,1 § 239 ff. 37 2 Makk 4,26. 34

3.5. Die „hellenistische Reform“ unter Antiochos IV.

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Als Menelaos sich wegen der hohen Tributzahlungen sogar offen an den Tempelschätzen vergriff, kam es in Jerusalem zu einem Aufstand, in dessen Verlauf sein Bruder und Stellvertreter Lysimachos getötet wurde.38 Menelaos hielt sich während dieser Ereignisse in Antiochia am Hofe auf und bestach, um seine Macht in Jerusalem zu festigen, den Stellvertreter des Königs und hohen Beamten Andronikos, den abgesetzten und im Exil lebenden Hohenpriester Onias III. zu ermorden.39 In beiden Fällen (sowohl was die Ermordung des Onias betrifft als auch beim von ihm angestifteten Tempelraub seines Bruders Lysimachos) kam Menelaos ungeschoren davon. Für den Mord an Onias ließ der König zwar den schuldigen Beamten (Andronikos) hinrichten, doch der Anstifter Menelaos blieb unbehelligt;40 und als die Jerusalemer Gerusie wegen der Lysimachos-Affäre drei Abgesandte nach Antiochia schickte, um Menelaos beim König zu verklagen, sorgte dieser rechtzeitig für Bestechung, so daß der König kurzerhand die Abgesandten hinrichten ließ.41 Von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung waren wieder die außenpolitischen Ereignisse. Die schwache Vormundschaftsregierung des unmündigen Ptolemaios Vl. Philometor von Ägypten gab Antiochos IV. die erwünschte Gelegenheit, Ende 170 v. Chr. in Ägypten einzugreifen (6. Syrischer Krieg). Mit seinem Sieg bei Pelusion fiel ihm bis auf Alexandria ganz Ägypten zu, und er konnte sich nach einem (für ihn) günstigen Vertrag mit Ptolemaios praktisch als Herrscher Ägyptens fühlen. Der Abzug Antiochos IV. aus Ägypten wurde möglicherweise durch Vorgänge in Jerusalem veranlaßt.42 Der abgesetzte Hohepriester Jason hatte nämlich aufgrund des Gerüchtes, der König sei bei seinen ägyptischen Aktionen ums Leben 38

2 Makk 4,39–42. 2 Makk 4,32–34. 40 2 Makk 4,35–38. 41 2 Makk 4,43–50. 42 Die Chronologie der im folgenden zu berichtenden Ereignisse ist höchst problematisch und umstritten. Dies liegt an den zwar ausführlichen, aber z. T. widersprüchlichen Schilderungen in den Quellen (1 Makk 1,20 ff.; 2 Makk 5,1 ff.; Bell. I,1,1 § 31 ff., Ant. XII,5,1 § 239 ff.; Dan 11,28–31). In der Forschung werden im wesentlichen zwei Meinungen vertreten, wobei die eine von zwei Besuchen des Königs in Jerusalem ausgeht (Ende 169 v. Chr. und im Sommer 168, jeweils nach der Rückkehr von seinem ersten und zweiten Ägyptenzug) und die andere von nur einem 39

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

gekommen, mit mehr als 1.000 Mann Jerusalem überfallen und Menelaos, den Usurpator im Hohepriesteramt, gezwungen, in die Zitadelle zu flüchten.43 Nach Josephus44 war dieser Aufstand in erster Linie ein Machtkampf zwischen den inzwischen wieder offen proptolemäischen Oniaden und den proseleukidischen Tobiaden. Jason, der sich mit seinen Anhängern wieder den religiös und politisch „konservativeren“ Kreisen zugewandt hatte, vertrieb – wahrscheinlich unterstützt von der Mehrheit der gesetzestreuen Bevölkerung, die das Regiment des extremen Hellenisten und hundertprozentigen Parteigängers der Seleukiden, Menelaos, satt haben und wieder einmal vom politischen Umschwung die Erfüllung ihrer religiösen Hoffnungen erwarten mochte – die Seleukiden aus der Stadt und provozierte damit das Eingreifen des Königs. Noch vor dem Eintreffen Antiochos’ IV. in Jerusalem mußte Jason die Stadt verlassen und über die Ammanitis und das Nabatäerreich nach Ägypten fliehen;45 offensichtlich waren auch die ostjordanischen Stämme zu den Seleukiden übergegangen, und der Tobiade Hyrkan in Araq el-Emir hatte Selbstmord verübt. Antiochos IV. eroberte im Herbst 169 v. Chr. Jerusalem, nahm an den Bewohnern grausame Rache und plünderte den Tempel; wie eng die „solide Basis eines gemeinsamen Geldinteresses“46 zwischen dem König und dem wiedereingesetzten Menelaos war, zeigt die Tatsache, daß Menelaos persönlich bei der Plünderung assistierte: Er (= der König) besaß die Kühnheit, das Heiligtum zu betreten, das auf der ganzen Welt als vollkommen unantastbar galt. Zum Wegweiser hatte er dabei Menelaos, den Verräter an den Gesetzen und am Vaterland.47

Auch das 1. Makkabäerbuch empört sich über den Frevel und vor allem die Geldgier des Königs: Von Stolz aufgebläht betrat er das Heiligtum, vergriff sich am goldenen Räucheraltar, nahm den Leuchter und alle dazugehörigen Gerätschaften fort; Besuch. Ich schließe mich der zweiten Meinung an und schildere die Chronologie und die Ereignisse in diesem Sinne. 43 2 Makk 5,5 f. 44 Bell. I,1,1 § 32. 45 2 Makk 5,7–10. 46 Bickermann, Gott der Makkabäer, S. 67. 47 2 Makk 5,15.

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den Schaubrottisch, die Kannen und Schalen, die goldenen Rauchfässer, den Vorhang, die Kränze und den goldenen Schmuck an der Vorderseite des Heiligtums, alles ließ er entfernen. Er nahm das Silber und das Gold und die kostbaren Gerätschaften und vergriff sich an den verborgenen Schätzen, die er gefunden hatte. 48

Bei seinem Abzug aus Jerusalem ließ Antiochos neben dem verhaßten Hohenpriester Menelaos zwei Epistaten („Kommissare“), einen in Jerusalem (Philippos) und einen auf dem Garizim (Andronikos), mit einer Besatzung zurück.49 Im Frühjahr 168 v. Chr. mußte Antiochos einen weiteren, den zweiten Ägyptenfeldzug unternehmen, weil sich dort Ptolemaios VI. mit seinen Geschwistern und Mitregenten Ptolemaios VIII. und Kleopatra II. verständigt hatte. Er gelangte bis Alexandria, wo es dann in Eleusis zum jähen Ende seiner Expansionspolitik kam. Die Römer hatten im Juni 168 bei Pydna den letzten makedonischen König entscheidend geschlagen und freie Hand gegenüber den Seleukiden gewonnen. Der römische Legat Popillius Laenas überreichte Antiochos in Eleusis in demütigender Weise das Ultimatum des Senats, den Krieg zu beenden und Ägypten unverzüglich zu verlassen. Ähnlich wie seinerzeit Antiochos III. im Norden wurde damit Antiochos IV. im Süden seines Reiches in entscheidender Weise von der römischen Großmacht an der Verwirklichung seiner politischen Pläne gehindert. Die nun folgende Eskalation der Ereignisse in Jerusalem bis zur Religionsverfolgung scheint mit diesem Scheitern der ägyptischen Pläne des Königs in unmittelbarem Zusammenhang zu stehen. So heißt es jedenfalls auch im Danielbuch: Zur bestimmten Frist kehrt er in den Süden zurück; doch dieses zweitemal geht es ihm nicht so wie früher. Gegen ihn fährt eine kittäische Flotte heran, getroffen zieht er sich zurück. Er ist voll Zorn wider den heiligen Bund und handelt entsprechend; dann kehrt er zurück und bemüht sich um Leute, die den heiligen Bund verlassen.50

Sehr wahrscheinlich begab sich Antiochos von Ägypten nicht selbst nach Jerusalem, sondern versuchte, Ordnung unter den ebenfalls un48 49 50

1 Makk 1,21–24. 2 Makk 5,22 f. Dan 11,29 f.

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

ruhig gewordenen phönikischen Küstenstädten (belegt sind Unruhen in Arados) zu schaffen.51 Nach Jerusalem entsandte er Anfang 167 den „Mysarchen“ Apollonios, der die Stadt durch Verrat am Sabbat einnahm, unter den Bewohnern ein Blutbad anrichtete, die Mauern der Stadt schleifte und vor allem in der Davidsstadt52 eine Zwingburg, die sog. Akra, errichtete.53 In die Burg legte er eine nichtjüdische Besatzung, „gottloses Volk, gesetzlose Männer.“54 Waffen und Proviant legten sie dort nieder, das Beutegut Jerusalems rafften sie zusammen und stapelten es auf; so wurde (die Burg) zu einem großen Fallstrick. Sie wurde zu einem Hinterhalt für das Heiligtum, zu einem gar schlimmen Verderber für Israel.55

Die Akra, dieser „große Fallstrick“, wurde für lange Zeit der Stützpunkt und das Zentrum der seleukidischen Präsenz in Jerusalem; die Stadt selbst wurde eine Art Kleruchie, also Militärkolonie, und zwar mit gemischter heidnisch-jüdischer Bevölkerung.56 Dies bedeutet konkret, daß der Grundbesitz aller geflohenen Parteigänger des Jason (d. h. der proptolemäischen Oniaden) enteignet und nichtjüdischen Militärbauern gegeben wurde. Zwar war Menelaos nominell noch Hoherpriester, doch lag die Macht in der Jerusalemer Polis faktisch in den Händen von Nichtjuden, vor allem wohl des Epistaten Philippos. Mit Sicherheit wurde auch der Tempel Gemeingut aller Bürger der Polis und somit auch der Nichtjuden. Damit war eingetreten, was sicher nicht einmal die extremsten „Hellenisten“ in der Jerusalemer Oberschicht (und d. h. vor allem der Tobiadenfamilie) gewünscht und angestrebt hatten: das Ende der jüdischen Selbstverwaltung, das völlige Aufgehen in einem hellenistisch-orientalischen absolutistischen Viel-

51 Manche Forscher gehen davon aus (s. o. Anm. 42), daß Antiochos ein zweites Mal nach Jerusalem kam und die folgenden Ereignisse nicht nur von ihm initiiert, sondern auch durchgeführt wurden. 52 Die Lage ist noch nicht sicher lokalisiert: entweder südlich des Tempelberges oder an der östlichen Tempelmauer, wo hasmonäisches und herodianisches Mauerwerk zusammenstoßen (die sog. „Naht“). 53 2 Makk 5,24–26; 1 Makk 1,29–33; Ant. XII,5,4 § 252. 54 1 Makk 1,34. 55 1 Makk 1,35 f. 56 1 Makk 1,38.

3.6. Die „Religionsedikte“

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völkerstaat und, vor allem, das Ende der religiösen „Selbstbestimmung“ oder „Freiheit“.

3.6. Die „Religionsedikte“ Die letzte und entscheidende Phase der Hellenisierungsbestrebungen und damit der Höhepunkt der Entwicklung war erreicht, als der König – wohl bald nach der Aktion des Apollonios – seine berühmt-berüchtigten Dekrete gegen die freie Ausübung der jüdischen Religion verschickte. Vorausgegangen war wahrscheinlich schon durch die Aktion des Apollonios die Entweihung des Tempels und die Einstellung des Tamidopfers.57 Dem zunächst an das ganze Reich gerichteten Befehl, „daß alle zu einem Volk werden und jeder seine (besonderen religiösen) Bräuche aufgeben solle,“58 folgte der spezielle Erlaß für Jerusalem und Judäa: Da sandte der König durch Boten Briefrollen nach Jerusalem und in die Städte Judas, man solle sich nach den Sitten der Ausländer richten, Brand-, Schlachtund Trankopfer aus dem Heiligtum fernhalten, die Sabbattage und Feste schänden, das Heiligtum und seine Bediensteten verunehren, Opferhöhen, Haine und Götterbilder errichten, Schweine und unreine Tiere schlachten, die Söhne unbeschnitten lassen und sich selbst mit allem Unreinen und Schandbaren beflecken, das Gesetz vergessen und alle Satzungen abändern. Wer immer der Anordnung des Königs zuwiderhandle, müsse sterben.59

Überall wurden Aufseher eingesetzt, die dafür sorgten, daß die heidnischen Opfer notfalls zwangsweise dargebracht wurden; wer seine Kinder beschnitt oder die Torah befolgte und heimlich den Sabbat beging, wurde mit dem Tode bestraft.60 Mit der Errichtung eines auf den großen Brandopferaltar aufgesetzten heidnischen Altares – des Greuels der Verwüstung bei Daniel61 – und der Weihung des Jerusalemer Tempels an den Zeus Olympios (= Ba‘al-Schamem, „Himmelsba‘al“) am 6. 57 58 59 60 61

1 Makk 1,37.39; Dan 11,31. 1 Makk 1,41. 1 Makk 1,44–50. 1 Makk 1,51 f.56–58.60 f.; 2 Makk 6,6–11. Dan 11,31; 12,11.

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

Dezember 167 v. Chr. erreichten die seleukidischen Maßnahmen ihren Höhepunkt: Am 15. Kislew des Jahres 145 ließ der König über dem Brandopferaltar ein Scheusal der Verwüstung aufbauen und dazu in den Ortschaften über ganz Juda hin Höhenheiligtümer. An den Türen der Häuser und auf den freien Plätzen räucherte man. Die Buchrollen des Gesetzes, soweit man sie fand, riß man entzwei und verbrannte sie. Wo immer bei jemandem sich eine Bundesrolle fand oder wer immer am Gesetz sein Gefallen hatte, wurde durch königliches Gericht mit dem Tode bestraft.62

Die Beurteilung des Charakters Antiochos’ IV. und der Gründe, die in ihrer fast untrennbaren Verquickung von jüdischen Hellenisierungsbestrebungen und königlich verordneter Religionsverfolgung zur Eskalation der Ereignisse im Dezember 167 v. Chr. führten, ist äußerst kontrovers. Schon in der Antike stand der Meinung heidnischer Schrifsteller, denen der König als Kulturträger und Kämpfer gegen die abergläubische Barbarei der Juden erschien, die jüdische Geschichtsbetrachtung gegenüber, der Antiochos als Personifikation des Bösen und religiöser Hybris schlechthin galt.63 In der modernen Forschung ist vor allem die Frage umstritten, auf welcher Seite vorwiegend die Initiative lag – beim König oder bei den Juden –, d. h. mit anderen Worten, ob es sich bei den Religionsedikten um einen eher innerjüdischen Vorgang handelte, sozusagen als logische Konsequenz der von bestimmten jüdischen Kreisen angestrebten und eingeleiteten Hellenisierung, oder um eine von den Seleukiden ausgehende politische Maßnahme. Die These des lokalen, innerjüdischen Ereignisses, in dem der König dann ein Akteur gewissermaßen ohne die genaue Kenntnis der Spielregeln wurde, ist erstmals von E. Bickermann vertreten worden. Bickermann vermutet: „Da die Verfolgung territorial begrenzt war, so liegt es nahe anzunehmen, daß sie von der lokalen Obrigkeit angestiftet wurde“64 und sieht dies u. a. bereits darin angedeutet, daß Menelaos schon im 2. Makkabäerbuch als „Urheber des ganzen Unglücks“ gebrandmarkt wird.65 „Wie die unverdorbenen Naturmenschen der griechischen Theorie“, faßt Bickermann seine Untersuchung 62 63 64 65

1 Makk 1,54–57; vgl. auch 2 Makk 6,1–5. Vgl. Dan 7,25 f.; 11,21.36–39. Bickermann, Gott der Makkabäer, S. 126. 2 Makk 13,4.

3.6. Die „Religionsedikte“

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zusammen, „verehrten also die ‚Söhne der Akra‘, Menelaos und seine Gesinnungsgenossen, den Himmelsgott der Vorfahren ohne Tempelund Bildsäulen, unter freiem Himmel auf dem Altar, der auf dem Zion stand, frei vom Joch des Gesetzes, in gegenseitiger Toleranz einig mit den Heiden. Was kann menschlicher, natürlicher sein, als daß sie diese Toleranz den noch verblendeten Glaubensgenossen aufzwingen wollten? Das war die Verfolgung des Epiphanes.“66 Die Gegenthese dazu (und zwar die wirklich entgegengesetzte These) wurde von V. Tcherikover vorgetragen. Tcherikover vertritt gegen Bickermann die Ansicht, daß die Religionsedikte des Antiochos als Reaktion des Königs auf eine – wohl schon von den „Frommen“ (chasidim) angeführte – Rebellion gegen die Maßnahmen des Mysarchen Apollonios zu verstehen seien. Die Errichtung der Akra, die Umwandlung Jerusalems in eine Polis und die damit verbundene Öffnung des Tempels für die heidnischen Bürger dieser Polis rührte in den Augen der torahtreuen Frommen an die Wurzeln ihrer Existenz: „Der jüdische Glaube war nicht nach dem Edikt des Antiochos, sondern davor mit der Alternative konfrontiert, auf seine Existenz zu verzichten oder für sein Leben zu kämpfen.“67 Daher gilt: „Es war nicht der Aufstand, der als eine Antwort auf die Verfolgung kam, sondern die Verfolgung, die als eine Antwort auf den Aufstand kam.“68 Nach Tcherikover ist also die Verfolgung des Antiochos wirklich eine Verfolgung, nämlich als Strafe für den vorausgegangenen Aufstand der jüdischen Frommen, und darüber hinaus auch wirklich eine Religionsverfolgung, denn es ging in erster Linie um den Bestand des jüdischen Glaubens. M. Hengel schließlich hat die These Bickermanns wieder aufgegriffen und weiterführend vertieft und konkretisiert. Für Hengel „gewinnt die Ansicht Bickermanns, daß der Anstoß zur äußersten Eskalation der Ereignisse in Judäa von den extremen Hellenisten in Jerusalem selbst ausging, die größte Wahrscheinlichkeit. . . . Menelaos und die ihn stützenden Tobiaden erscheinen so als die geistigen Urheber des Verfolgungsedikts.“69 Das Ziel der im wesentlichen von den jüdischen Hellenisten inspirierten Edikte sei ein zweifaches gewesen, nämlich 66 67 68 69

Bickermann, Gott der Makkabäer, S. 133. Tcherikover, Hellenistic Civilization and the Jews, S. 196. Ebd., S. 191. Hengel, Judentum und Hellenismus, S. 525.527.

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einmal die „völlige Abschaffung des mosaischen Gesetzes“ und zum anderen eine einschneidende Kultusreform.70 Die genaue Kenntnis der jüdischen Religion, die die Edikte des Antiochos verraten, sei ein deutlicher Hinweis auf deren eigentliche Urheber, nämlich die „‚entschiedenen‘ jüdischen Reformer“, die in der Absonderung von den Heiden die Ursache allen Unglücks erblickten.71 Zur Stütze dieser Interpretation zieht Hengel, ebenfalls im Anschluß an Bickermann, die Vorgänge in Samaria mit heran. Die Samaritaner in Sichem hatten gleichzeitig mit Jerusalem einen königlichen Kommissar erhalten,72 sie wurden in der seleukidischen Verwaltungspraxis also offensichtlich den Juden gleichgestellt. Als sie aber, so berichtet Josephus, „die Judäer leiden sahen, bekannten sie sich nicht mehr dazu, ihre Stammesgenossen zu sein“. Sie schickten einen Brief an Antiochos, in dem sie sich als die „Sidonier in Sichem“ bezeichneten, und baten darum, „nicht derselben Verbrechen wie die Juden“ beschuldigt zu werden und ihren Tempel dem „Zeus Hellenios“73 weihen zu dürfen.74 Antiochos ging auf diese Bitte ein. Da kaum anzunehmen ist, daß die Samaritaner eine völlige Abrogation der Torah im Sinne hatten, blieb in Sichem somit „die Mosetora und die damit verbundene religiöse Sitte wie etwa die Einhaltung des Sabbats weiterhin in Geltung, in Jerusalem war sie bei Todesstrafe verboten und wurde blutig verfolgt. . . . Den Samaritanern blieb . . . Gesetz und Kult erhalten, obwohl sie sich dadurch nicht weniger von ihren heidnischen Nachbarn unterschieden als die Juden.“75 Ein weiterer Gesichtspunkt in die Diskussion um die Ursachen der Verfolgung des Antiochos wurde von G. Bunge eingebracht. Bunge76 weist auf die bisher vernachlässigte Bedeutung der weltpolitischen Ereignisse für das Vorgehen Antiochos’ IV. hin. Er betont den Zusammenhang zwischen den Ereignissen beim letzten Ägyptenfeldzug des Königs und in Jerusalem und vermutet, daß die Errichtung des „Greu70 71 72 73 74 75 76

Ebd., S. 533. 1 Makk 1,11. S. oben S. 49. 2 Makk 6,2: „Zeus Xenios“. Ant. XII,5,5 § 257 ff. Hengel, Judentum und Hellenismus, S. 537. Bunge, Untersuchungen zum zweiten Makkabäerbuch, S. 469 ff.

3.6. Die „Religionsedikte“

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els der Verwüstung“ mit „einer Art totaler ‚Machtergreifung‘“ der Hellenisten in Jerusalem anläßlich der Einladung zur demonstrativen „Siegesfeier“ (pompē) des von den Römern gedemütigten Königs zusammenhängt. Am 25. Kislew (= 15. Dezember) 167 v. Chr. sei zu Ehren des Epiphanes ein Opfer dargebracht und damit der Herrscherkult in Jerusalem offiziell eingeführt worden. „Dieses Opfer zu Ehren des Königs scheint nicht auf die Initiative der begeisterten Hellenisten Jerusalems zurückzugehen, sondern von den königlichen Boten gefordert worden zu sein.“77 Die Weigerung zahlreicher Juden, das Opfer zu vollziehen, habe den König dann zu seinen berüchtigten Maßnahmen veranlaßt. Die hier von Bunge erstmals ins Feld geführte demonstrative Siegesfeier des von den Römern gedemütigten Königs ist allerdings problematisch und weitgehend hypothetisch. Dennoch ist es das Verdienst Bunges, auf den Zusammenhang zwischen den Ereignissen in Ägypten und in Jerusalem hingewiesen zu haben; die Initiative lag damit auf jeden Fall auch beim König. Anders als Hengel und Bickermann möchte Bringmann die Religionsverfolgung ausschließlich als Mittel zur Machterhaltung des Menelaos und damit auch des Königs interpretieren. Nach Bringmann hatte der König ganz auf Menelaos zum Erhalt der seleukidischen Oberherrschaft in Judä gesetzt; ihm ging es nur um Herrschaftsstabilisierung und gesicherte Geldeinnahmen: „So folgte er Menelaos in das Verhängnis, ohne im entferntesten zu ahnen, was er anrichtete“.78 Bringmann geht es also letztlich um eine Apologie Antiochos’ IV.: Der König war weder für die Religionsverfolgung verantwortlich noch entsprach der neue Kult griechischen Vorstellungen: „Die den Juden aufgezwungene Religion (läßt) sich auf das Hellenentum Antiochos’ IV. am allerwenigsten zurückführen“.79 Der genaue Ablauf der Ereignisse um die „Religionsverfolgung“ des Antiochos ist sicher nicht in allen Einzelheiten geklärt und ihre Bewertung wird wohl auch immer kontrovers bleiben, wenngleich die von Bickermann und Hengel begründete Sicht in der heutigen Forschung dominiert. Ergänzt durch den weltpolitischen Aspekt der Konfrontation des Königs mit der römischen Orientpolitik scheint sie der 77 78 79

Ebd., S. 477. Bringmann, Hellenistische Reform und Religionsverfolgung, S. 137. Ebd., S. 131.

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komplexen Quellenlage am ehesten gerecht zu werden. Eine Apologie des Königs im Sinne Bringmanns führt nicht wirklich weiter. Gewiß ging es dem König und Menelaos um Macht, aber es ist wenig wahrscheinlich, daß Menelaos, trotz der Unterstützung durch den König, sich so lange an der Macht gehalten hätte, wenn beider Machtstreben nicht einer verbreiteten geistigen Strömung entgegengekommen wäre. Wie immer die in Jerusalem eingeführte Form der jüdischen Religion konkret aussah – man wird Menelaos und seinen Anhängern (mit Bikkermann und Hengel) eine „reformatorische“ Absicht kaum absprechen können. Um noch einmal Bickermann zu zitieren, der die religionspolitischen Absichten des Menelaos und seiner Gefolgsleute auf die klassische, dramatisch zugespitzte Formel gebracht hat: Es war kein nationaler Kampf, sondern ein Streit im eigenen Lager, d. h. ein Religionskrieg zwischen zwei Strömungen innerhalb des jüdischen Volkes: zwischen den Polytheisten, die Gott opferten, um das Volk durch Angleichung an die Umwelt zu retten, und den Monotheisten, die ihr Leben und das Volk zu verlieren bereit waren, um das Gesetz Moses zu erhalten. Die ersteren stützten sich auf die weltliche Macht der Seleukiden, mit den Makkabäern aber stritt Gott.80

Man sollte sich freilich auch klar machen, daß hinter den gegensätzlichen Standpunkten letztlich Grundanschauungen stehen, die kaum noch wissenschaftlich begründbar sind. Doch sollte diese Einsicht ihre Verfechter nicht davon abhalten, sie zu formulieren und als bewußte Vorentscheidungen in die Diskussion einzubringen.

3.7. Die makkabäische Erhebung 3.7.1. Die Anfänge unter Mattathias und Judas Die gegen die Torah (als Staats- und Religionsgesetz) und den jüdischen Kult gerichteten Maßnahmen des Königs hatten – bewußt oder unbewußt, gewollt oder ungewollt – den Lebensnerv des Judentums getroffen. Man wird daher Angaben wie 1 Makk 1,52 und 2,16 („Viele aus dem Volk schlossen sich ihnen an und verrichteten Übeltaten im 80

Bickermann, Der Gott der Makkabäer, S. 138.

3.7. Die makkabäische Erhebung

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Land“), daß also viele Juden den seleukidischen Beamten bereitwillig Folge leisteten, nicht überbewerten dürfen. Insgesamt wird es nur eine relativ kleine Minderheit von Hellenisten gewesen sein, die der torahtreuen Mehrheit des Volkes gegenüberstand. Zwar ist der Bericht vom Märtyrertod des greisen El‘azar und der Mutter mit ihren sieben Söhnen mit Sicherheit legendär,81 doch dürfte er in seinem Kern dennoch den zunächst passiven Widerstand des Volkes widerspiegeln. Dieser passive Widerstand ging in die aktive Erhebung über, als der Priester Mattathias aus dem Dorf Modiin mit seinen fünf Söhnen (Judas, Jonathan, Simon, Johannes, El‘azar) eingriff. Nach dem ebenfalls tendenziösen, im wesentlichen aber wohl historischen Bericht 1 Makk 2,1 ff. widersetzte sich Mattathias dem Befehl zum Götzenopfer, tötete einen opferwilligen Juden sowie den königlichen Beamten und zerstörte den Altar: Da antwortete Mattathias und rief mit lauter Stimme: Mögen auch alle Völker, die sich im Reiche des Königs befinden, auf ihn hören und ein jeder seiner väterlichen Religion entsagen und seinen Vorschriften sich gefügig zeigen, so werden doch ich und meine Söhne und meine Brüder in der Bundessatzung unserer Väter weiterhin verharren. . . . Auf die Befehle des Königs werden wir nicht hören und unsere Religion nicht verlassen, weder nach rechts noch nach links. Als er diese Worte ausgesprochen hatte, trat ein Jude vor, um vor aller Augen auf dem Altar von Modiin nach der Anweisung des Königs Opfer darzubringen. Mattathias bemerkte es; sein Eifer glühte, sein Inneres zitterte. Er ließ seinem Zorn freien Lauf, wie es recht war, sprang vor und tötete ihn am Altar. Auch den vom König bestellten Beamten, der das Opfer erzwingen sollte, tötete er dabei und riß den Altar nieder. . . . Dann schrie Mattathias mit lauter Stimme durch die Stadt: Ein jeder, der für das Gesetz eifert und die Bundestreue hält, ziehe hinter mir her! Er floh mit seinen Söhnen in die Berge. Ihre ganze Habe ließen sie in der Stadt zurück. 82

Neben den hier angesprochenen religiösen und politischen Motiven des Aufstandes ist unbedingt auch der soziale Hintergrund als eine der Ursachen des von den Makkabäern initiierten Kampfes gegen die Seleukiden zu berücksichtigen. Ein deutlicher Hinweis darauf findet sich bei Daniel, wo es von Antiochos heißt: 81 82

2 Makk 6,18 ff. 1 Makk 2,19–28.

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Wer ihn anerkennt, den überhäuft er mit Würde. Er setzt solche zu Herren über viele und verteilt an sie Land zur Belohnung.83

Wahrscheinlich betrachtete Antiochos IV. das gesamte Gebiet Judäas als Königsland, d. h. als seinen unmittelbaren Besitz, und benutzte das Land als Instrument seiner Politik, indem er den Gegnern dieser Politik ihren Landbesitz wegnahm und seinen Anhängern zur Verfügung stellte. Der Hinweis, daß Mattathias mit seinen Söhnen in die Berge floh und seine ganze Habe in Modiin zurückließ, könnte ebenfalls in diesem Sinne verstanden werden. Und schließlich wird Antiochos die torahtreue Bevölkerung zur Strafe für ihre Renitenz noch kräftiger mit Steuern belegt haben als vorher. Dies ergibt sich aus dem Steuererlaß, den später Demetrios I. versprach und Demetrios II. realisierte.84 Wenn, wie anzunehmen, die dort erwähnten Steuern auf Antiochos IV. zurückgehen, so waren diese beträchtlich und dürften ein wesentlicher Faktor für die Unterstützung der Aufständischen in weiten Kreisen der Bevölkerung gewesen sein.85 Bei dem von Mattathias organisierten Guerillakrieg scheint von Anfang an sein Sohn Judas eine besondere Rolle gespielt zu haben, denn er ist es, der 2 Makk 5,27 alleine erwähnt wird und der später auch den Beinamen Makkabi (aram. maqqaba – „der Hammer“) erhielt, nach dem dann die ganze Dynastie benannt wurde. Schon bald schlossen sich die gesetzestreuen Frommen (chasidim), die zunächst in schwer zugängliche Wüstengebiete geflohen waren, der Makkabäerfamilie an.86 Nachdem eine Gruppe dieser Frommen, denen die Sabbatheiligung wichtiger war als die Verteidigung ihres Lebens, von syrischen Truppen am Sabbat überfallen und ohne Gegenwehr niedergemacht worden war, erkannte man auch in diesen Kreisen die Notwendigkeit des aktiven Widerstandes.87 Es ist dies das erstemal, daß wir der „Versammlung der Frommen“ (synagōgē Asidaiōn = hebr. ‘adat chasidim) als einer festumrissenen Gruppe begegnen. Die Ursprünge dieser Gruppe liegen im Dunkeln, dürften aber in die Zeit der hellenistischen Reform ca. 175–170 v. Chr. 83 84 85 86 87

Dan 11,39. S. unten S. 70. 1 Makk 2,29 f.42 f. 1 Makk 2,42. 1 Makk 2,29–48.

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zurückreichen. Man vermutet in ihnen die Väter der Apokalyptik – die frühen Apokalypsen des Danielbuches und die ältesten Teile des äthiopischen Henochbuches, d. h. vor allem das Wächterbuch, die Tiervision Kap. 85–90 und die Zehn-Wochen-Apokalypse Kap. 93,1–10 und 91,12–17, könnten auf sie zurückgehen – sowie der späteren Gruppierungen der Essener und der Pharisäer. Nicht lange nach dem Beginn des Aufstandes, wahrscheinlich im Jahre 166 v. Chr., starb das Familienoberhaupt Mattathias und setzte seinen Sohn Judas als Heerführer im Kampf gegen die Syrer ein.88 Judas, der die offene Feldschlacht mit den Syrern mied und Überraschungsangriffe vorzog, errang eine ganze Serie von Siegen. Zunächst schlug er ein syrisches Heer unter Apollonios, wobei Apollonios selbst getötet wurde;89 kurz darauf bereitete er einem zweiten syrischen Heer unter dem Feldherrn Seron bei Bet Horon eine vernichtende Niederlage.90 Eine dritte Niederlage holte sich das syrische Heer schließlich unter den Feldherren Nikanor und Gorgias bei Emmaus, da Judas es geschickt verstand, die einzelnen Abteilungen des riesigen syrischen Heeres gegeneinander auszuspielen. Während Gorgias mit dem Reiterheer das jüdische Lager überfallen wollte, griff Judas überraschend das Hauptheer an und trieb dieses in die Flucht.91 In Syrien war inzwischen Antiochos IV. im Jahre 165 v. Chr. zu einem Feldzug gegen die Parther aufgebrochen (nach 1 Makk 3,31 vor allem, um die Staatskasse aufzufüllen) und hatte Lysias als Vizekönig und Erzieher des unmündigen Antiochos V. zurückgelassen. Noch im selben Jahr92 griff Lysias persönlich in den Konflikt ein und marschierte von Süden her über Idumäa gegen Judäa.93 Die beiden Heere trafen sich in der Nähe von Bet Zur, südlich von Jerusalem, und Lysias wurde vernichtend geschlagen (so übereinstimmend der Bericht in 1 Makk 4,34 f. und 2 Makk 11,10–12). Nach diesem Sieg scheint Lysias – zu88

1 Makk 2,66. 1 Makk 3,10–12; Ant. XII,7,1 § 287. 90 1 Makk 3,13–26; Ant. ebd. § 289. 91 1 Makk 3,38 ff.; 4,1 ff.; 2 Makk 8,9–29; Ant. XII,7,4 § 305 ff. 92 Die Datierung ist umstritten, da die beiden Makkabäerbücher eine unterschiedliche Chronologie der gesamten hier verhandelten Ereignisse überliefern. Ich folge der Chronologie des 1. Makkabäerbuches. 93 1 Makk 4,29. 89

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nächst in eigener Verantwortung – eine Revision der seleukidischen Politik eingeleitet zu haben.94 Das 2. Makkabäerbuch überliefert jedenfalls einen von Lysias stammenden Brief, in dem er versprach, die Sache der Juden wohlwollend zu vertreten.95 Wenig später, wahrscheinlich Anfang 164, folgte ein Brief des Königs selbst an das jüdische Volk: König Antiochos entbietet dem Hohen Rat der Juden und allen anderen Juden seinen Gruß. Wenn ihr gesund seid, so freut uns das. Wir selbst befinden uns auch wohl. Menelaos hat uns mitgeteilt, daß ihr euch umstellen und euch euren eigenen Angelegenheiten zuwenden wollt. Denjenigen, die dies bis zum 30. Xanthikos (April) tun, sei die Friedensrechte hingestreckt mit der Versicherung, daß die Juden ihre eigenen Speisegebräuche und Gesetze wie ehedem haben sollen. Niemand von ihnen soll auf irgendeine Art wegen der vorgekommenen Vergehen belästigt werden. Zugleich sende ich euch den Menelaos, der euch weiter gut zureden wird. Lebt wohl! Am 15. Tag des Xanthikos im 148. Jahr.96

Mit diesem Brief war nach ungefähr drei Jahren das Verbot der Befolgung der Torah aufgehoben und faktisch die Polisverfassung außer Kraft gesetzt. Judas eroberte Jerusalem (mit Ausnahme der Akra), reinigte den Tempel und stellte am 25. Kislew des Jahres 148 (= 14. Dezember 164 v. Chr.) den Tempelkult wieder her. Dieses Fest der Tempelweihe lebt als Chanukka-Fest bis heute im Judentum fort.97 Mit den Zugeständnissen des Königs und der Rückeroberung Jerusalems war der Friede allerdings keineswegs erreicht. Die Aufstandsbewegung der Makkabäer hatte inzwischen eine eigene Dynamik entwickelt, die über die ursprünglich verfolgten Nahziele hinausging. Judas machte sich nun daran, seine Herrschaft zu konsolidieren. Er 94

2 Makk 11,13–15. 2 Makk 11,16–21. 96 2 Makk 11,27–33. Nach der inneren Chronologie des 2. Makkabäerbuches stammt dieser Brief nicht von Antiochos IV., sondern von seinem Nachfolger Antiochos V. Die gängige Ansicht der neueren Forschung (der ich mich hier anschließe) ist aber, daß er noch von Antiochos IV. kurz vor dessen Tod Ende 164 geschrieben wurde. Dies bedeutet, daß die Kehrtwendung der seleukidischen Politik noch von Antiochos IV. vollzogen wurde und nicht erst von seinem unmündigen Sohn unter dem Einfluß des Lysias. 97 1 Makk 4,36–59; 2 Makk 10,1–8; Ant. XII,7,6 § 316 ff. 95

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befestigte den Tempelberg und die wichtige Festung Bet Zur.98 Anschließend unternahm er Kriegszüge in die an Judäa angrenzenden Gebiete: Auf einen Hilferuf jüdischer Gemeinden in Galiläa und im Ostjordanland hin zog Judas selbst ins Ostjordanland, und sein Bruder Simon begab sich nach Galiläa, um den bedrängten Glaubensgenossen beizustehen. Beide siegten in zahlreichen Kämpfen und brachten die jüdische Bevölkerung dieser vorwiegend heidnischen Gebiete nach Judäa in Sicherheit.99 Eine während der Abwesenheit der beiden Brüder von ihren Stellvertretern Josef und Azarja durchgeführte Aktion gegen die Küstenstadt Javne/Jamnia schlug fehl und wurde von dem syrischen Feldherrn Gorgias zurückgeschlagen.100 Judas selbst zog dann nach seiner Rückkehr noch einmal nach Süden, eroberte Hebron und zerstörte in Asdod/Azotus die Altäre und Standbilder der heidnischen Götter.101 Man beachte hier die Eskalation der Ereignisse bzw. die geschickte Dramaturgie des Verfassers des 1. Makkabäerbuches: Die Makkabäer nehmen sich nach der Rückeroberung Jerusalems zunächst ihrer Volks- und Glaubensgenossen in überwiegend heidnischen Gebieten an, d. h. ihre Motive sind durchaus edel und vom Geist des Glaubenskrieges geprägt; es handelt sich nicht etwa um reine Eroberungs- und Raubzüge. Eben dies versuchen die Stellvertreter Josef und Azarja, und dieser Versuch muß fehlschlagen – weil sie „nicht aus dem Geschlecht jener Männer entstammten, denen die Rettung Israels in die Hand gegeben war.“102 Sie hatten also nicht das nötige Charisma und den Segen der richtigen Sache. Den besaß allerdings Judas im Übermaß und konnte es daher auch folgerichtig wagen, nach Süden vorzustoßen und einen reinen Eroberungszug gegen die verhaßten Heiden zu unternehmen, ohne daß hier noch mit einem Wort von der Rettung bedrängter Glaubensgenossen die Rede ist. Der Seleukidenhof in Antiochia hatte sich bei diesen Ereignissen zunächst zurückgehalten – hauptsächlich wohl deswegen, weil er vorwiegend mit sich selbst beschäftigt war. In Antiochia hatte nämlich ein 98

1 Makk 4,60 f. 1 Makk 5,45.53 f. 100 1 Makk 5,55–62. 101 1 Makk 5,63–68. 102 1 Makk 5,62. 99

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Machtwechsel stattgefunden, und die Verhältnisse am Hofe waren zunächst offenbar noch nicht sehr gefestigt. Ende 164 v. Chr. war Antiochos IV. bei seinen persischen Unternehmungen gestorben, und die Macht im Reiche wurde praktisch von Lysias ausgeübt, der sich gegen den erklärten Willen des verstorbenen Königs zum Reichsverweser und Vormund des noch unmündigen Antiochos V. Eupator aufgeschwungen hatte. Als Judas sich jedoch anschickte, auch die Akra zu erobern,103 mußte Lysias eingreifen und unternahm zusammen mit Eupator seinen zweiten Feldzug nach Judäa. Das syrische Heer belagerte wieder zunächst Bet Zur. Bei Bet Zacharja, südlich von Bethlehem, kam es zum Kampf, und die Seleukiden errangen den ersten großen Sieg über die Makkabäer.104 Nach diesem Sieg begab sich das syrische Heer an die Belagerung Jerusalems, und auch hier stand die Kapitulation unmittelbar bevor, als Lysias und Eupator sich wegen eines Aufstandes des ursprünglich von Antiochos IV. zum Reichsverweser ernannten Philippos plötzlich zurückziehen mußten.105 So kam es gegen Ende 163 v. Chr. überraschend zu einem für die Juden sehr günstigen Frieden: Eupator erlaubte ihnen ausdrücklich, „nach ihren Bräuchen zu leben wie früher“106 und gab ihnen offiziell den von Judas bereits Ende 164 v. Chr. eroberten Tempel zurück. Dies bestätigt auch ein 2 Makk 11,22–26 zitierter Brief des Königs an Lysias:107 König Antiochos entbietet seinem Bruder Lysias einen Gruß! Unser Vater ist unter die Götter versetzt worden. Wir wollen aber, daß die Leute des Reiches in ihrer Sorge für die eigenen Angelegenheiten nicht beunruhigt werden. Nun hörten wir aber, daß die Juden der vom Vater angeordneten Hellenisierung (wörtlich: der von unserem Vater verfügten Umstellung auf die griechische Lebensweise) nicht ihre Zustimmung geben, sondern ihre eigene Lebensweise weiterführen wollen und darum bitten, daß ihnen die eigenen Gesetze zugestanden werden. Da wir auch dieses Volk nicht beunruhigen wollen, halten wir 103

1 Makk 6,18–20. 1 Makk 6,31–47. 105 1 Makk 6,48–57. 106 1 Makk 6,59. 107 Der Brief ist im 2. Makkabäerbuch falsch eingeordnet: Er kann nicht, wie der folgende Brief, von Antiochos IV. stammen, da dessen Tod vorausgesetzt ist. Die Einleitungsformel klingt im Munde Antiochos’ IV. sehr unwahrscheinlich, paßt aber gut zum jungen Antiochos V. Eupator, nachdem dessen Vater Antiochos IV. gerade gestorben war. 104

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dafür, daß ihnen der Tempel wiedergegeben werde und daß sie als Bürger nach den von den Vorfahren ererbten Gesetzen leben sollen.

Spätestens mit diesem überraschenden Frieden 163 v. Chr., ca. ein Jahr nach dem Tod Antiochos’ IV., war die Macht der Hellenisten in Jerusalem entscheidend geschwächt, wenn nicht gebrochen. Menelaos wurde abgesetzt und als „der Urheber aller Unglücksfälle“ hingerichtet.108 Sein Nachfolger wurde, wohl noch unter Eupator, der gemäßigte Hellenist Alkimos, wieder ein Zadokide,109 der zunächst offenbar sogar von den Frommen anerkannt wurde.110 Nach Josephus floh nach der Ernennung des Alkimos der rechtmäßige Hohepriester Onias IV., der Sohn des ermordeten Onias III., nach Ägypten und errichtete dort das schismatische Heiligtum von Leontopolis.111 Judas und seine Anhänger jedoch, für die es inzwischen um mehr als um die Einsetzung eines mehr oder weniger rechtmäßigen Hohenpriesters ging, gaben ihren Widerstand nicht auf. Als Alkimos bald nach seinem Amtsantritt 60 Angehörige der Partei der „Frommen“ hinrichten ließ,112 kam es zum offenen Konflikt zwischen den Makkabäern und dem neuen Hohenpriester. Alkimos mußte aus Jerusalem fliehen und verklagte Judas beim König.113 In Antiochia war inzwischen Demetrios I. Soter, ein Sohn Seleukos’ IV. Philopator, an die Macht gekommen (162 v. Chr.) und hatte seinen Vetter Antiochos V. und Lysias ermorden lassen. Demetrios schickte den Feldherrn Nikanor mit einem Heer nach Judäa, um Alkimos wieder in sein Amt einzusetzen. Am 13. Adar 161 v. Chr. kam es bei Adasa zur entscheidenden Schlacht, in der das syrische Heer erneut vernichtend geschlagen wurde. Nikanor fiel in der Schlacht, deren Andenken als „Nikanor-Tag“ von da an alljährlich festlich begangen wurde.114 Wahrscheinlich noch vor dem Nikanorzug (gegen die Chronologie 1 Makk 8,1 ff.) hatte Judas eine Gesandtschaft an die neue aufstrebende Großmacht und den natürlichen Gegner der hellenistischen König108 109 110 111 112 113 114

2 Makk 13,4–8; Ant. XII,9,7 § 385. 1 Makk 7,5 ff.; 2 Makk 14,3 ff.; Ant. XII,9,7 § 385. 1 Makk 7,12 ff. Ant. XII,9,7 § 387. 1 Makk 7,16. 2 Makk 14,7 ff. 2 Makk 15,36.

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reiche und damit potentiellen Bündnispartner der Juden, nach Rom geschickt, um „Freundschaft und Bundesgenossenschaft“ der Römer zu erbitten.115 Da die Römer zweifellos daran interessiert waren, ihren Einfluß in Syrien-Palästina zu verstärken, kam es zu einem Freundschaftsbund zwischen Rom und Judäa: Den Römern und dem Volk der Juden möge es zu Wasser und zu Lande gut gehen. Feindliches Schwert halte sich fern von ihnen. Sollte den Römern oder einem ihrer Verbündeten in ihrem ganzen Herrschaftsbereich zuerst Krieg drohen, dann wird das jüdische Volk willig mit in den Kampf eintreten, wie die Zeitumstände es erfordern. Und den Angreifern werden sie weder Getreide liefern noch Waffen, Geld und Schiffe, wie es Rom gutdünkt. Sie werden aber, ohne etwas dafür zu nehmen, ihre Verpflichtungen einhalten. Für den Fall aber, daß zuerst für das Volk der Juden ein Krieg entsteht, werden die Römer gern Waffenhilfe leisten, wie die Zeitumstände es von ihnen erfordern. Den Angreifenden soll keine Verpflegung, keine Bewaffnung, kein Geld, kein Schiff zur Verfügung gestellt werden, wie es Rom gutdünkt. Sie werden diese Verpflichtungen ohne Hinterlist wahrnehmen.116

Der Vertrag trägt die Rechtsform eines senatus consultum, d. h. eines Senatsbeschlusses. Auf jüdischer Seite wurde der Vertrag durch die Unterhändler Eupolemos, Sohn des Johannes, und Jason, Sohn des El‘azar, ausgehandelt; hinter Eupolemos vermuten manche den alexandrinisch-jüdischen Schriftsteller gleichen Namens, von dessen Buch über die Könige von Juda noch Fragmente erhalten sind. Rechtlich gehört der Vertrag zur Klasse der foedera aequa, d. h. der auf der Grundlage der Gleichberechtigung der Vertragspartner abgeschlossenen Verträge, die ein Freundschaftsbündnis begründen (die Partner werden socii). Allerdings war die vereinbarte Bundesgenossenschaft wohl kaum völlig gleichwertig. Darauf könnte die Formel „wie es Rom gutdünkt“117 sowohl in der Verpflichtung Judäas gegenüber Rom (V. 26) als auch in der Verpflichtung Roms gegenüber Judäa (V. 28) hinweisen wie auch das ebenfalls doppelte „wie die Zeitumstände es erfordern“ in 115 1 Makk 8,17. Nach dem 2. Makkabäerbuch (2 Makk 11,34–38) kam es schon unter Antiochos V. Eupator zu ersten Kontakten mit Rom. Die Echtheit des Briefes der römischen Legaten an die Juden ist aber umstritten. 116 1 Makk 8,23–28. 117 Schunck übersetzt: „nachdem Rom einen (entsprechenden) Beschluß gefaßt hat“.

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beiden Vertragsteilen. Die Römer haben also wahrscheinlich von den Juden uneingeschränkte Unterstützung verlangt, während sie sich umgekehrt die Entscheidung von Fall zu Fall vorbehielten. Vertragspartner waren der römische Senat und der ethnos der Juden. Dies impliziert, daß die Römer das jüdische Volk als rechtsfähige Körperschaft einstuften und ihm damit eine gewisse Souveränität gegenüber den Seleukiden zuerkannten. Dies zeigt auch das gleichzeitige Schreiben an Demetrios, in dem sie diesem androhen: Werden sie (= die Juden) noch weiter über dich Klage führen, so werden wir ihnen zu ihrem Recht verhelfen und dich zu Wasser und zu Lande bekriegen.118

Ob und wann Demetrios dieses Monitum erhielt, ist nicht bekannt. Zweifellos hatte Demetrios auch ohne ausdrückliche Drohung eine Intervention der Römer (die ihn erst im Herbst 160 v. Chr. als König anerkannten) zu befürchten und beeilte sich, in Judäa vollendete Tatsachen zu schaffen. So schickte er wohl unmittelbar nach dem fehlgeschlagenen Nikanorzug unter Bacchides ein neues Heer nach Judäa, das im Herbst 161 v. Chr. in der Nähe von Jerusalem die jüdische Streitmacht besiegte; Judas selbst verlor in der Schlacht sein Leben und wurde in Modiin begraben.119 Damit hatte die Hellenistenpartei in Jerusalem noch einmal einen Zwischensieg errungen. Alkimos wurde wieder als Hoherpriester eingesetzt und konnte mit Hilfe von Bacchides jeden Widerstand unterdrücken: Die Abtrünnigen im ganzen Gebiete Israels erhoben ihr Haupt und es blühten alle Übeltäter.120

Auch hier zeigt sich wieder die soziale und ökonomische Komponente bei den Vorgängen in Judäa, wenn es anschließend ausdrücklich heißt, daß in jenen Tagen „eine fürchterliche Hungersnot“ entstand und „das ganze Land rebellisch wurde.“121 Der Sieg des Bacchides bedeutete somit gleichzeitig eine erneute Umverteilung der Besitzverhältnisse zugunsten der seleukidenfreundlichen Hellenistenpartei und eine stärkere Ausbeutung der entrechteten Landbevölkerung: 118 119 120 121

1 Makk 8,32. 1 Makk 9,11 ff. 1 Makk 9,23. 1 Makk 9,24.

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Bacchides traf eine Auswahl unter frevelhaften Leuten und machte sie zu Herren des Landes.122

3.7.2. Jonathan (161–142 v. Chr.) Schon bald nach dem Tode des Judas gelang es den versprengten Aufständischen, sich unter seinem Bruder Jonathan zu sammeln und den bewaffneten Widerstand neu zu organisieren. Ihre erste Unternehmung galt einem arabischen Stamm im Ostjordanland, der Johannes, den Bruder Jonathans, überfallen und getötet hatte.123 Auf dem Rückweg von diesem erfolgreichen Kriegszug wurde Jonathan von Bacchides angegriffen, konnte sich aber durch Flucht retten. Bacchides konsolidierte die neugewonnene syrische Oberherrschaft im Lande durch die Befestigung zahlreicher Städte in Galiläa und Judäa. Alkimos, der in Jerusalem wieder fest im Sattel saß, ließ im Mai 160 die Mauer des inneren Vorhofes zum Heiligtum niederreißen, wahrscheinlich, um den Heiden den Zutritt zum Tempel zu ermöglichen. Der Schlag, der ihn offenbar bald darauf traf, wurde von den Frommen als Eingreifen Gottes verstanden. Nach Josephus124 trat nach dem Tod des Alkimos eine siebenjährige „Sedisvakanz“ im Amt des Hohenpriesters ein, die erst mit der Übernahme des Amtes durch Jonathan im Jahre 152 beendet wurde. Möglicherweise hat Josephus dies aber nur aus dem Schweigen der Quellen über einen neuen Hohenpriester geschlossen; mit Sicherheit ist jedenfalls seine widersprechende Angabe125 unrichtig, daß Judas nach dem Tode des Alkimos Hoherpriester geworden sei, denn Judas starb nach der Chronologie des 1. Makkabäerbuches vor Alkimos. Nach dem Tode des Alkimos verließ Bacchides für zwei Jahre das Land und kehrte erst 158 wieder zurück; „die Abtrünnigen,“126 d. h. die Hellenistenpartei in Jerusalem, hatten ihn um Hilfe gebeten, offenbar weil die Macht der Makkabäer bereits wieder deutlich gewachsen war. Wie berechtigt die Befürchtungen der Hellenisten waren, zeigte 122 123 124 125 126

1 Makk 9,25. 1 Makk 9,35 ff. Ant. XX,10,3 § 237. Ant. XII,10,6 § 414. 1 Makk 9,58.

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sich bald, denn Bacchides wurde von Jonathan geschlagen und ließ seinen Zorn an denen aus, „die ihm geraten hatten, ins Land zu kommen.“127 Er schloß Frieden mit Jonathan, „schwur ihm, daß er ihm sein Leben lang nichts Böses zufügen“ wolle,128 gab ihm die Gefangenen zurück und verließ Judäa für immer. Jonathan ließ sich in Michmas, nördlich von Jerusalem nieder, „begann, das Volk zu richten und vernichtete die Gottlosen in Israel.“129 Dieser Hinweis läßt darauf schließen, daß Jonathan trotz aller Fortschritte noch nicht in der Lage war, die Macht in Jerusalem selbst schon zu übernehmen. Über die Ereignisse der nächsten fünf Jahre schweigt sich das 1. Makkabäerbuch aus, denn der Bericht setzt erst wieder mit dem Jahr 153/52 v. Chr. ein. Inzwischen war aber die politische Szenerie völlig verändert. In Syrien begann die Zeit der internen Thronstreitigkeiten, und für die verschiedenen Prätendenten auf den seleukidischen Thron waren die wieder erstarkten Makkabäer in Judäa ein Machtfaktor, mit dem sie rechnen mußten. Der erste Usurpator war Alexander Balas, der als angeblicher Sohn Antiochos’ IV. mit Unterstützung der gegen Demetrios verbündeten Könige und des römischen Senats Anspruch auf den Thron erhob und in Ptolemais/Akko landete. Die beiden rivalisierenden Könige suchten sich die Unterstützung Jonathans zu sichern. Jonathan entschied sich schon bald für Alexander Balas, ließ sich allerdings zunächst noch von Demetrios die Rückkehr nach Jerusalem und die Befreiung der in der Akra festgehaltenen Geiseln zugestehen.130 Ungehindert konnte er außerdem die Stadt und den Tempelberg neu befestigen und erreichte es offenbar sogar, daß bis auf Bet Zur alle seleukidischen Besatzungen zurückgezogen wurden. Alexander Balas überbot bald darauf die Zugeständnisse Demetrios’ und ernannte ihn zum „Freund des Königs“ und Hohenpriester des jüdischen Volkes.131Am Laubhüttenfest des Jahres 153 v. Chr. wurde Jonathan als Hoherpriester eingesetzt und war damit offiziell und mit Billigung des Seleukidenhofes das Haupt des jüdischen Volkes. 127 128 129 130 131

1 Makk 9,69. 1 Makk 9,71. 1 Makk 9,73. 1 Makk 10,4 ff. 1 Makk 10,18–20.

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

Der Übergang des Hohenpriesteramtes auf die Makkabäerfamilie bedeutete eine wichtige und folgenschwere Zäsur in der Geschichte der makkabäischen Bewegung. Indem Jonathan sich vom seleukidischen Herrscher die Hohepriesterwürde verleihen ließ, stellte er deutlich sichtbar die politischen über die religiösen Ziele des Kampfes. Aus der niederen Priesterschaft stammend, besaß die Makkabäerfamilie nämlich kaum mehr Legitimation zu diesem Amt als etwa der so erbittert bekämpfte Menelaos und mit Sicherheit weniger als der Zadokide Alkimos, der von den Chasidim zunächst ja auch anerkannt worden war. Wahrscheinlich sonderte sich unter Jonathan eine Gruppe von „Frommen“ ab, die später unter dem Namen „Essener“ bekannt wurde, und zog sich unter ihrem zadokidischen Führer, dem „Lehrer der Gerechtigkeit“, in die Wüste zurück. Sie sah in Jonathan einen „Frevelpriester“ und betrachtete den durch ihn als Hohenpriester repräsentierten offiziellen Kult in Jerusalem als unrein: Wenn es heißt: Wegen der Bluttaten an der Stadt und der Gewalttaten am Lande,132 (so) ist seine Bedeutung: „die Stadt“, das ist Jerusalem, in der der Frevelpriester Abscheulichkeiten begonnen und das Heiligtum verunreinigt hat. Und „die Gewalttaten am Lande“, das sind die Städte Judas, wo er das Vermögen (der) „Armen“ geraubt hat.133

Hier zeigen sich neben den religiösen auch soziale Spannungen. Jonathan verstand sich offenbar schon als Herr des Landes, der damit nach Gutdünken verfahren konnte. Nach 1 QpHab 8,11 „raubte und sammelte er das Vermögen der ‚Männer der Gewalttat‘, die sich gegen Gott empört haben“, d. h. wahrscheinlich seiner Gegner, der griechenfreundlichen Tobiadenpartei. Wenn ihm hier vorgeworfen wird, das „Vermögen der Armen“ zu rauben, müssen damit in den Augen der Qumrangemeinde torahtreue Bevölkerungsgruppen gemeint sein, vielleicht auch konkret die Anhänger des „Lehrers der Gerechtigkeit“. Bereits unter Jonathan begann also eine Entwicklung, in der die neue herrschende Schicht in Jerusalem nicht mehr alleine gegen die Seleukiden und ihre hellenisierten jüdischen Anhänger zu kämpfen hatte, sondern sich auch einer wachsenden Opposition von „Frommen“ gegenübersah. 132 133

Vgl. Hab 2,17. 1 QpHab 12,6–10.

3.7. Die makkabäische Erhebung

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Politisch taktierte Jonathan weiterhin sehr geschickt. Ein letzter und, wenn er historisch ist, völlig verzweifelter Versuch des Demetrios, die Gunst Jonathans zu gewinnen, wurde von diesem in realistischer Einschätzung der Machtverhältnisse übergangen.134 Alexander setzte sich gegen Demetrios durch und belohnte Jonathan anläßlich seiner Hochzeit mit Kleopatra, einer Tochter Ptolemaios’ VI. Philometor, mit dem Amt eines Militär- und Zivilgouverneurs (stratēgos und meridarchēs) von Koilesyrien;135 Abgesandte der Hellenistenpartei, die Jonathan verklagen wollten, wurden vom König abgewiesen. Damit wurden von syrischer Seite erstmals über Judäa hinausreichende Ansprüche Jonathans anerkannt und sanktioniert. Als im Jahre 148/47 Demetrios II., ein Sohn Demetrios’ I., Ansprüche auf den Thron erhob, kämpfte Jonathan noch „loyal“ gegen Apollonios, den Statthalter von Koilesyrien, der sich diesem angeschlossen hatte. Er besiegte Apollonios, eroberte Jaffa/Joppe, steckte Asdod und den dortigen Dagon-Tempel in Brand und ließ sich von den Bewohnern Askalons huldigen;136 da ihm Alexander zum Dank noch die Stadt Ekron schenkte, kontrollierte Jonathan damit faktisch auch einen wichtigen Teil der Küstenebene. Inzwischen war Jonathan so mächtig geworden, daß er einen neuen Machtwechsel in Syrien nicht nur unbeschadet überstehen, sondern sogar weitere Zugeständnisse erringen konnte. Ptolemaios VI. von Ägypten hatte Alexander Balas nämlich Gunst und Ehefrau entzogen und sich auf die Seite Demetrios’ II. gestellt. Alexander wurde geschlagen, mußte nach Ägypten fliehen und wurde dort ermordet.137 Jonathan fühlte sich, obwohl er Demetrios II. zunächst bekämpft hatte, dennoch stark genug, nach dessen Regierungsantritt (145 v. Chr.) die Akra zu belagern und damit die volle Souveränität anzustreben.138 Als Demetrios Jonathan nach Ptolemais/Akko zitierte, ließ dieser die Belagerung zunächst sogar fortsetzen und fügte sich dem Willen des Königs erst, nachdem Demetrios ihm weitreichende Zugeständnisse gemacht hatte: 134 135 136 137 138

1 Makk 10,22–47. Ant. XIII,4,1 f. § 80–85; 1 Makk 10,51–66. 1 Makk 10,74 ff. 1 Makk 11,8 ff. 1 Makk 11,20 ff.

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Das Volk der Juden ist uns durch Freundschaftsbande verbunden. Alle unsere gerechten Ansprüche erfüllt es. Daher erachten wir es für richtig, auch ihm Wohltaten zu erweisen, um der anständigen Gesinnung willen, die es gegen uns hegt. Wir treten ihnen also das Gebiet von Judäa ab und die drei Bezirke Ephraim, Lydda und Ramathaim. Sie sollen von Samaria Judäa einverleibt werden mit allem, was noch dazu gehört. Allen, die in Jerusalem opfern, (erlassen wir) den Betrag der an den König zu zahlenden Abgaben, die der König früher alljährlich von ihnen erhob, (und zwar) von den Erzeugnissen des Bodens und der Fruchtbäume. Ebenso von jetzt an das übrige, was uns zukommt an Zehnten (tōn dekatōn) und an Zöllen (tōn telōn), die uns zukommen, und die Salzteiche und die uns zukommenden Kronen, alles wollen wir ihnen gewähren!139

Dieser Erlaß Demetrios’ II. ist zusammen mit dem von Demetrios I. zu sehen,140 den Jonathan nicht akzeptiert hatte. Jonathan erreichte somit unter Demetrios II., was unter Demetrios I. noch allzu utopisch erscheinen mußte: 1. Das Edikt erwähnt verschiedene Steuern, die z. T. schwer zu interpretieren sind, aber doch einen Einblick in die seleukidische Steuerpraxis geben. Eindeutig sind die Zölle sowie die Personalsteuern, d. h. die Salz- und die Kronensteuer. Im Unterschied zum Edikt Antiochos’ III.141 wird jetzt das ganze Volk von diesen Steuern befreit und nicht nur die Gerusie sowie das Kultpersonal.142 Die Abgabe von den Erzeugnissen des Bodens und der Fruchtbäume wird im Edikt Demetrios’ I. näher spezifiziert: Sie beträgt konkret ein Drittel des Ertrages der Aussaat und die Hälfte der Baumfrüchte.143 Bei dieser Produktabgabe wird es sich um eine Bodensteuer handeln, die vom Tribut zu unterscheiden ist.144 Sie war, wie die Zahlen zeigen, beträchtlich und muß eine schwere Belastung für das Volk gewesen sein, ihr Erlaß somit ein wichtiger Erfolg Jonathans. Unklar ist, ob Demetrios II. auch den Tribut erlassen hat. In seinem Edikt wird der Tribut nicht erwähnt, dagegen möglicherweise im Er139

1 Makk 11,33–35. 1 Makk 10,25–45. 141 S. oben S. 33 ff. 142 Daß mit der syntaktisch schwierigen Wendung „allen, die in Jerusalem opfern“ nur die Priester gemeint sind, ist unwahrscheinlich. 143 1 Makk 10,30. 144 Anders Kippenberg, Religion und Klassenbildung, S. 91. 140

3.7. Die makkabäische Erhebung

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laß Demetrios’ I.145 Es ist aber nicht sicher, ob der Terminus hoi phoroi in 1 Makk 10,29 im technischen Sinne als „Tribut“ zu verstehen ist. Der Parallelbericht zum Edikt Demetrios’ II. bei Josephus146 erwähnt nämlich ausdrücklich, daß Demetrios sich auf Jonathans Bitte „für ganz Judäa und die drei Toparchien Samarias, Peräas und Galiläas147 mit einer Abgabe von 300 Talenten“ begnügte.148 Diese Summe von 300 Talenten entspricht auffallend genau dem ursprünglichen Tribut, der von Jason auf 360 und von Menelaos auf 660 Talente gesteigert worden war.149 Es ist auch wenig wahrscheinlich, daß Demetrios II. gänzlich auf eine Tributzahlung verzichtet hat, denn damit hätte er jeden Anspruch auf die seleukidische Souveränität über Judäa aufgegeben. Unklar ist ferner, worauf sich der Zehnt (im Unterschied zur Bodensteuer) bezieht sowie, ob die Kopfsteuer erlassen wurde. In den beiden Fassungen der Edikte von Demetrios I. und Demetrios II. im Makkabäerbuch wird die Kopfsteuer nicht genannt; dagegen erwähnt Josephus sie ausdrücklich in seiner Version des Ediktes von Demetrios I. zusammen mit den übrigen erlassenen Steuern.150 Antiochos III. hatte dem Kultpersonal und der Gerusie auch die Kopfsteuer erlassen, nicht jedoch dem übrigen Volk, und wahrscheinlich war sie spätestens seit Beginn der makkabäischen Erhebung wieder für alle verbindlich. Da Josephus in seiner Fassung des Ediktes von Demetrios II.151 aber nichts von einem Erlaß der Kopfsteuer weiß, scheint diese zusammen mit dem Tribut in Kraft geblieben zu sein. 2. Von großer Bedeutung war auch die Abtretung der drei samaritanischen Bezirke (= Toparchien) Ephraim, Lydda und Ramathaim. 145

1 Makk 10,29. Ant. XIII,4,9 § 125. 147 Die drei Toparchien von Samaria, um die es geht, sind Ephraim, Lydda und Ramathaim (s. unten); „Peräa“ und „Galiläa“ wurden von Josephus sekundär hinzugefügt. 148 Vgl. dazu 1 Makk 11,28: „Jonathan ersuchte den König, Judäa und die drei Toparchien von Samaria steuerfrei (aphorologēton) zu machen und versprach ihm 300 Talente“. Das Wort aphorologēton kann auch „tributfrei“ heißen, doch da der Tribut im folgenden Erlaß nicht genannt wird, dürfte es sich um die dort aufgezählten Steuern handeln. Die 300 Talente könnten dann ein Gesamttribut für Judäa und die neu dazugekommenen samaritanischen Toparchien sein. 149 S. oben S. 42; 46. 150 Ant. XIII,2,3 § 50. 151 Ant. XIII,4,9 § 126–129. 146

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Diese drei Toparchien gehörten nicht zum engeren Bereich Judäas, waren aber von Jonathan offenbar besetzt worden (Ephraim lag nordöstlich, Ramathaim und Lydda nordwestlich von Jerusalem). Indem der König diese drei Bezirke offiziell der Jurisdiktion des Jonathan unterstellte, sanktionierte er erstmals eine territoriale Erweiterung des jüdischen Herrschaftsbereiches. Den Ausbruch neuer Thronstreitigkeiten zwischen Demetrios II. und Trypho, einem ehemaligen General des Alexander Balas, der Antiochos (VI.), einen Sohn Alexanders, auf den Thron bringen wollte,152 nutzte Jonathan geschickt aus, um auch die Akra endgültig dem Einflußbereich der Syrer zu entziehen. Demetrios, der durch einen Aufstand der Bevölkerung von Antiochia in arge Bedrängnis geraten war, versprach ihm die Erfüllung aller seiner Wünsche, wenn er ihm mit einem Heer zu Hilfe käme. Jonathan zog nach Antiochia und rettete den König aus seiner prekären Lage. Als Demetrios seinem Versprechen dann doch nicht nachkam, knüpfte Jonathan erste Beziehungen zu Trypho und Antiochos VI., die ihm nicht nur alle bisherigen Privilegien bestätigten, sondern auch Jonathans Bruder Simon zum Feldherrn für das Küstengebiet von der tyrischen Leiter bis zur Grenze Ägyptens ernannten.153 Darauf gingen die Brüder (z. T. sogar mit syrischer Hilfe) daran, ihr Herrschaftsgebiet auszuweiten: Jonathan eroberte Askalon und Gaza und besiegte das Heer des inzwischen aus Antiochia vertriebenen Demetrios II. bei Hazor; Simon bemächtigte sich der Festung Bet Zur, dem neben der Akra wichtigsten Stützpunkt syrischer Macht in Judäa.154 Gleichzeitig versäumte Jonathan es nicht, sich der Unterstützung Roms zu versichern und Beziehungen zu dem nach der Niederlage des Achäischen Bundes (146 v. Chr.) erstarkten Sparta herzustellen. Er schickte eine Gesandtschaft nach Rom, „um die Freundschaft . . . und Bundesgenossenschaft unter den früheren Bedingungen zu erneuern“155 sowie einen Brief an die Spartaner,156 in dem er sich auf frühe152 1 Makk 11,39 ff.; Ant. XIII,5,1–3 § 131 ff.; Diodor, Bibl. Hist. XXXIII,4a; Appian, Syr. 68. 153 1 Makk 11,57 ff. 154 1 Makk 11,60 ff.; MegTaan, ed. Lichtenstein, HUCA 8–9,1931/32, S. 281 ff. 155 1 Makk 12,3. 156 1 Makk 12,5–18.

3.7. Die makkabäische Erhebung

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re Kontakte zwischen Sparta und dem Hohenpriester Onias (I. ?) beruft. Nach einem erfolglosen Zug gegen Demetrios, der ihn bis nach Damaskus führte, sorgte Jonathan für die weitere Befestigung Jerusalems und versuchte, die Akra durch eine Mauer von der übrigen Stadt abzuschneiden.157 Trypho, der möglicherweise inzwischen selbst Ambitionen auf den seleukidischen Thron hatte, verfolgte die Vorgänge in Jerusalem mit wachsendem Mißtrauen, traf sich mit Jonathan in Bet Schean/Skythopolis, lockte ihn dann ohne Heer nach Akko/Ptolemais und ließ ihn dort gefangen setzen.158 Als Trypho sich anschickte, nach Jerusalem zu kommen und auch Jonathans Bruder Simon gefangen zu nehmen, wählte die Volksversammlung Simon zum Nachfolger Jonathans und beauftragte ihn mit der Fortsetzung des Kampfes.159 Simon befestigte Jerusalem weiter und nahm die Küstenstadt Jaffa/Joppe endgültig in Besitz. Trypho mußte seinen Feldzug nach Judäa ergebnislos abbrechen, ließ Anfang 142 v. Chr. Jonathan ermorden und zog sich nach Syrien zurück. 3.7.3. Simon (142–135/34 v. Chr.) Spätestens nach der Ermordung Jonathans knüpfte Simon erneut Beziehungen zu Demetrios II., der auf die Unterstützung der Makkabäer mehr denn je angewiesen war – Trypho hatte inzwischen den jungen Antiochos Vl. ermorden lassen und selbst den Königstitel angenommen – und den erneuten Frontwechsel mit einem Amnestieerlaß, der Gewährung völliger und endgültiger Steuerfreiheit und der Anerkennung des politischen status quo, d. h. praktisch der Souveränität Judäas, honorierte.160 Für das 1. Makkabäerbuch ist dieses Jahr 142 v. Chr., in dem „das Joch der Heiden von Israel genommen wurde,“161 die entscheidende Zäsur in der Geschichte der makkabäischen Erhebung:

157 158 159 160 161

1 Makk 12,35 ff.; Ant. XIII,5,10 f. § 179 ff. 1 Makk 12,41 ff.; Ant. XIII,6,1 f. § 188 ff. 1 Makk 13,1 ff. 1 Makk 13,35 ff. 1 Makk 13,41.

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

Das Volk Israel begann Urkunden und Verträge mit der Überschrift: Im ersten Jahr Simons, des großen Hohenpriesters, des Feldherrn und Fürsten der Juden.162

Simon baute seine Macht konsequent weiter aus, eroberte das strategisch wichtige Gezer/Gazara, vertrieb die heidnischen Einwohner und legte unter seinem Sohn Johannes eine jüdische Besatzung in die Stadt.163 Unmittelbar darauf gelang ihm dann auch die Eroberung der Jerusalemer Akra, des letzten syrischen Bollwerkes in Judäa. Anfang Juni 141 v. Chr. zog er „mit Psalmen und Lobliedern, weil ein großer Feind aus Israel vernichtet war,“164 in die Akra ein. Der Hymnus 1 Makk 14,4–15 feiert Simon nach diesem Ereignis in fast messianischen Tönen als Erretter des Volkes und Friedensfürst. Bestätigung und Höhepunkt dieser Entwicklung war dann der Beschluß der Jerusalemer Volksversammlung vom Jahre 140, die makkabäische Familie formell zu legitimieren und Simon als erbliche Würden die Ämter des Fürsten (ethnarchēs, nasi), des Hohenpriesters (archiereus) und des Heerführers (stratēgos) zu verleihen: Nunmehr haben die Juden und die Priester eingewilligt, daß Simon ihr Vorsteher (hēgoumenos) und Hoherpriester für immer sei, bis ein zuverlässiger Prophet sich erhebe, auf daß er ihr Heerführer (stratēgos) sei und verfügen solle, für das Heiligtum zu sorgen, für dessen Arbeiten Männer aufstelle, für das Land, die Rüstungen und die Befestigungen verantwortlich sei, daß er sich auch des Heiligtums annehme und daß alle ihm folgen müßten. Alle Urkunden im Lande sollten auf seinen Namen geschrieben werden; er allein dürfe sich in Purpur und Goldschmuck kleiden. Niemandem aus dem Volk und den Priestern sei es erlaubt, etwas von diesem für unwirksam zu erklären und seinen Anordnungen zu widersprechen. Ohne seine Zustimmung dürfe keine Volksversammlung im Lande durchgeführt werden, dürfe man sich nicht in Purpur kleiden und eine goldene Spange tragen.165

Dieser Beschluß der Jerusalemer Volksversammlung war von weitreichender Bedeutung. Die Makkabäer hatten ihr politisches Ziel im wesentlichen erreicht und Judäa faktisch (wenn auch nicht juristisch) aus dem seleukidischen Staatsverband gelöst. Die konstituierte Staatsform 162 163 164 165

1 Makk 13,42. 1 Makk 13,43 ff. 1 Makk 13,51. 1 Makk 14,41–44.

3.7. Die makkabäische Erhebung

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war insofern ein Novum in der Geschichte Judäas, als der neue Hohepriester seine Legitimation nicht von seiner „besonderen“ (zadokidischen) Herkunft, sondern vom Volk herleitete, genauer: von der „großen Versammlung der Priester und des Volkes (laou) und der Archonten des ethnos (d. h. wahrscheinlich der Jerusalemer Gerusie) und den Ältesten des Landes (vielleicht der ländlichen Aristokratie).“166 Wie der lange Bericht der Heldentaten Simons167 als Begründung für die Entscheidung der Volksversammlung zeigt, bestätigte diese nur ein Faktum, nämlich die Konzentration der Macht in den Händen einer dominierenden Führerpersönlichkeit. Daß diese Bestätigung sich so ganz reibungslos nicht vollzog, wie das Makkabäerbuch glauben machen will, ergibt sich aus der zeitlichen Begrenzung bis zum Kommen eines zuverlässigen Propheten. Hier artikuliert sich die Opposition der Kreise, für die ein Hoherpriester von des Volkes Gnaden ebensowenig zu seinem Amt legitimiert war wie ein Hoherpriester kraft der Autorität des heidnischen Königs. In der staatspolitischen Konstruktion der vom Konsens des Volkes abhängigen Vereinigung der hohepriesterlichen mit der militärischen und der politischen Gewalt lag somit ein Konfliktpotential verborgen, das für die weitere Geschichte bestimmend werden sollte. Außenpolitisch scheint Simon seine Souveränität durch die Erneuerung der Beziehungen mit Sparta168 und Rom abgesichert zu haben. Er sandte eine Gesandtschaft nach Rom, die eine Bestätigung des Freundschaftsbundes erreichte; gleichzeitig verschickten die Römer Briefe an Ptolemaios VIII. (Euergetes II.) und zahlreiche andere Könige, in denen diese aufgefordert wurden, die geflüchteten Anhänger der Hellenistenpartei an Simon auszuliefern.169 Inzwischen hatte Demetrios II. einen Feldzug nach Persien unternommen und war dort im Jahre 139 v. Chr. von Mithridates I. gefangen genommen worden.170 Sein Bruder und Nachfolger Antiochos 166

1 Makk 14,28. 1 Makk 14,29–40. 168 1 Makk 14,20 ff. 169 1 Makk 15,15 ff., doch sind die genauen Umstände des Briefes problematisch. Das Ant. XIV,8,5 § 145 ff. überlieferte Dokument gehört wahrscheinlich hierher und nicht in die Zeit Hyrkans II. 170 1 Makk 14,1 ff.; Ant. XIII,5,11 § 184 ff.; Appian, Syr. 67. 167

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3. Palästina unter seleukidischer Herrschaft (200 –135/63 v. Chr.)

VII. Sidetes erneuerte Simon zunächst alle Privilegien und verlieh ihm zusätzlich noch das Münzrecht;171 nachdem er aber Trypho verjagt172 und innenpolitisch freie Hand gewonnen hatte, rückte er von seinen Versprechungen wieder ab. Er verlangte die Rückgabe der widerrechtlich eroberten Städte Jaffa/Joppe, Gezer/Gazara sowie der Jerusalemer Akra und Steuern für alle außerhalb Judäas liegenden Städte und Ortschaften unter jüdischer Herrschaft oder ersatzweise 1.000 Talente Silber.173 Als Simon sich nur zur Zahlung von 100 Talenten bereitfinden wollte, ernannte Antiochos den Feldherrn Kendebaios zum Befehlshaber über das Küstenland mit dem Auftrag, Judäa zu verunsichern. Darauf schickte Simon seine beiden Söhne Judas und Johannes gegen Kendebaios in den Kampf, die diesen auch vernichtend schlugen und bei der Gelegenheit Asdod innerhalb von wenigen Jahren zum zweitenmal in Brand steckten.174 Mußte Simon so von außen kaum noch eine ernste Gefährdung seiner Herrschaft befürchten, sollte er der erste Makkabäer sein, der einer Intrige von innen zum Opfer fiel. Sein Schwiegersohn Ptolemaios, der Gouverneur von Jericho, wollte sich der Herrschaft bemächtigen und ließ Simon und seine beiden Söhne Mattathias und Judas Anfang 135 bzw. 134 v. Chr. bei einem Gastmahl in der Festung Dok bei Jericho ermorden.175

171 172 173 174 175

1 Makk 15,1 ff. 1 Makk 15,10 ff.25 ff.37 ff. 1 Makk 15,25 ff. 1 Makk 16,1 ff.; Ant. XIII,7,3 § 225 ff. 1 Makk 16,11 ff.; Ant. XIII,7,4 § 228.

4. Die hasmonäische Dynastie

4.1. Verwaltung und Wirtschaft des Hasmonäerstaates Unter Simon hatte sich die Herrschaft der Makkabäerfamilie nach außen und nach innen stabilisiert; als mit seinem Sohn und Nachfolger Johannes Hyrkan die zweite Generation an die Macht kam, trat das dynastische Prinzip offen zutage. Spätestens von diesem Zeitpunkt an ist es angemessen, von einer „hasmonäischen Dynastie“1 im engeren Sinne zu sprechen. Das innere Gerüst des hasmonäischen Staates war das Militär. Simon hatte als stratēgos ausdrücklich die Befehlsgewalt über das Volksheer, d. h. wahrscheinlich unterhielten die Hasmonäer von Anfang an ein stehendes Heer von jüdischen Söldnern. Dies ergibt sich u. a. daraus, daß Jonathan den königlichen Truppen 30.000 Juden zur Verfügung stellen konnte2 oder 3.000 jüdische Soldaten gegen die aufständischen Bewohner von Antiochia einsetzte.3 Auch von Simon wird berichtet, daß er dem König (Antiochos VII. Sidetes) 2.000 Soldaten zum Kampf gegen den in Dora eingeschlossenen Tryphon schickte.4 Johannes Hyrkan beteiligte sich am Feldzug Antiochos’ VII. gegen die Parther5 und scheint der erste Hasmonäer gewesen zu sein, der fremde Söldner rekrutierte.6 Sein Sohn Alexander Jannai warb Söldnertruppen aus Pisidien und Kilikien an und setzte diese im Bürgerkrieg ein.7 Das gewachsene Selbstbewußtsein des hasmonäischen Staates kam in einer sich kontinuierlich steigernden Eroberungspolitik zum Aus1 Der Name „Hasmonäer“ wird von Josephus gleichbedeutend mit „Makkabäer“ gebraucht. 2 1 Makk 10,36 f. 3 1 Makk 11,42–51. 4 1 Makk 15,26. 5 S. unten S. 81. 6 Ant. XIII,8,4 § 249. 7 S. unten S. 91.

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4. Die hasmonäische Dynastie

druck, bei der sich politisch-wirtschaftliche mit religiösen Motiven verbanden. Jonathan hatte die samaritanischen Toparchien Ephraim, Lydda und Ramathaim erhalten, Simon die Städte Joppe und Gezer. Johannes Hyrkan und Alexander Jannai erweiterten das jüdische Staatsgebiet beträchtlich, vor allem auch um nichtjüdische Territorien.8 Die Bewohner dieser Gebiete wurden zwangsjudaisiert bzw. vertrieben oder kamen in ein tributpflichtiges Verhältnis zum jüdischen Staat. Die dem jüdischen Staat direkt einverleibten Gebiete mit einer starken jüdischen Bevölkerung wurden in das administrative System der Hasmonäer, die Einteilung des Landes in Toparchien,9 einbezogen; es ist möglich, daß es auf dem Höhepunkt der hasmonäischen Macht unter Alexander Jannai 24 solcher Toparchien gab, deren Zahl dann kaum zufällig ist, sondern dem alten System der 24 Priesterklassen entsprach. Die Eroberungspolitik der Hasmonäer führte durch Vertreibungen und Enteignungen nichtjüdischer Bevölkerungsgruppen zu einer gewaltigen Ausweitung des jüdischen Grundbesitzes. Prinzipiell wurden diese neuen Gebiete wie in den hellenistischen Monarchien Eigentum des Herrschers, also der regierenden Hasmonäerfamilie. Es ist wenig wahrscheinlich, daß die Hasmonäer hier in rechtlicher Hinsicht anders verfuhren als die Ptolemäer und die Seleukiden. Dennoch unterschied sich der hasmonäische Staat, wenigstens in seinen Anfängen, insofern wesentlich von der hellenistischen Herrschaft, als er die Befreiung auch von der ökonomischen Verknechtung zu seinem Grundanliegen gemacht hatte. Die unter Demetrios II. erreichte Befreiung von der Bodensteuer wurde als Befreiung vom „heidnischen Joch“ gefeiert;10 es ist daher kaum anzunehmen, daß die Hasmonäer das neugewonnene Land nach demselben System der „Staatspacht“ an jüdische Bauern verpachteten, das unter den Seleukiden üblich war. Vielmehr wird der größere Teil des Grundbesitzes den Bauern als Eigentum überlassen worden sein, so daß sich wieder ein freier Bauernstand bilden konnte. Denkbar ist, daß die Gegenleistung für die Überlassung 8

S. unten S. 82; 90 f. Die Hasmonäer griffen damit offenbar auf das seleukidische und ptolemäische Verwaltungssystem zurück, das sich seinerseits von Alexander dem Großen herleitet. 10 S. oben S. 70. 9

4.1. Verwaltung und Wirtschaft des Hasmonäerstaates

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des Bodens darin bestand, daß die Landbevölkerung sich zum Heerdienst verpflichten mußte. Dies würde erklären, warum die Hasmonäer ständig zu großen kriegerischen Aktionen in der Lage waren. Allerdings wurde sicher nicht alles neuerworbene Land der Bevölkerung überlassen, sondern die Hasmonäer verfügten auch über immensen Privatbesitz. Jonathan hatte von Alexander Balas die Stadt Ekron erhalten;11 Simon besaß einen Palast in der Nähe von Jericho (in dem er ermordet wurde). Die berühmten Balsampflanzungen von Jericho gehörten schon immer zum „Königsland“, und es ist daher mehr als wahrscheinlich, daß die Hasmonäer sich dieses ertragreiche Gebiet, wie schon ihre hellenistischen Vorgänger, selbst vorbehielten. Ebenso war die fruchtbare Jesreel-Ebene angestammt königlich-hellenistischer Besitz; als sie von Johannes Hyrkan12 erobert wurde, kam sie zweifellos in hasmonäischen Privatbesitz. Es ist denkbar, daß noch die zahlreichen rabbinischen Überlieferungen über den „Königsberg“ des Alexander Jannai auf den umfangreichen hasmonäischen Privatbesitz anspielen.13 Ein besonderes Problem ist die Frage der Besteuerung unter den Hasmonäern. Da die Quellen über dieses Thema schweigen, ist man weitgehend auf Vermutungen und Rückschlüsse angewiesen. Von selbst versteht sich, daß die Hasmonäer von ihren jüdischen Untertanen keinen Tribut erhoben, war doch der Tribut gerade das wesentliche Kennzeichen der heidnischen Fremdherrschaft. Dagegen wird man sich nichtjüdischen Territorien gegenüber, die in das jüdische Staatsgebiet eingegliedert wurden, ähnlich verhalten haben wie die seleukidischen Herrscher und von der Bevölkerung Tributzahlungen verlangt haben. Ohne Zweifel blieben auch die Salz- und die Kranzsteuer, die Demetrios II. erlassen hatte, unter den Hasmonäern abgeschafft. Die Bodensteuer, d. h. die anteilige Abgabe von den Produkten des Bodens nach einer bestimmten Quote, galt vermutlich nur für die Privatgüter des Königs. Ob später Alexander Jannai auch den freien 11

1 Makk 10,89. So Schalit, Herodes, S. 200. Die Eroberung der Jesreel-Ebene ist nicht ausdrücklich berichtet. Da aber Johannes Hyrkan Skythopolis erhielt (s. unten S. 82), wird in diesem Zusammenhang die westlich davon gelegene Jesreel-Ebene in jüdischen Besitz gekommen sein. 13 Vgl. b Git 57a. 12

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4. Die hasmonäische Dynastie

Bauern eine Bodensteuer abverlangte, ist eine offene Frage. Wenn dies so war, deutete es darauf hin, daß bei der Opposition gegen ihn14 auch ökonomische Gründe mit im Spiele waren. Damit bleiben für eine mögliche Besteuerung nur noch die Zölle und die Kopfsteuer übrig. Daß auch die Hasmonäer Zölle erhoben, darf als sicher gelten (diese werden insbesondere durch die nabatäischen Karawanen, die durch jüdisches Gebiet ziehen mußten, eine einträgliche Finanzquelle gewesen sein). Hinsichtlich der Kopfsteuer vermutet man, daß Johannes Hyrkan einen Teil der biblisch vorgeschriebenen Zehntabgabe als staatliche Steuer eingezogen hat, doch stützt sich diese Vermutung nur auf einen späten Beleg aus dem Jerusalemer Talmud.15 Wahrscheinlicher wird eine andere Überlegung sein, daß nämlich ebenfalls Johannes Hyrkan oder Alexander Jannai die Tempelsteuer, die zur Zeit Nehemias 1/3 Schekel betrug,16 auf den später üblichen halben Schekel erhöhte.17 Wir wissen nicht genau, wann diese Umstellung von dem Drittel der persischen Silbermünze auf den tyrischen Halbschekel erfolgte; der Unterschied im Wert muß jedenfalls beträchtlich gewesen sein: Der persische Silberschekel wog ca. 5,5 gr., ein Drittel davon betrug also 1,83 gr. Silber, während der tyrische Halbschekel ein Durchschnittsgewicht von 7,2 gr. Silber hatte!18 Mit dem tyrischen Halbschekel kam daher erheblich mehr Geld in die Tempelkassen als zur persischen Zeit; die Vermutung ist somit nicht von der Hand zu weisen, daß die Umstellung der Tempelsteuer auf den Halbschekel von den Hasmonäern veranlaßt wurde und in Wirklichkeit die Einführung einer regulären staatlichen Steuer für die gesamte jüdische und nichtjüdische Bevölkerung, d. h. einer Kopfsteuer, bedeutete.19 14

S. unten S. 91 f. j MSch 5,9, fol. 56d; j Sot 9,1, fol. 24a. 16 Die Forderung des halben Schekels bereits in Ex 30,13 ist zweifellos eine nachexilische Interpolation, die die Erhöhung von einem drittel zu einem halben Schekel voraussetzt. 17 Schalit, Herodes, S. 269. 18 Ben-David, Jerusalem und Tyros, S. 43. 19 Allerdings kann man dann nicht, wie Schalit, in der von Jannai eingeführten Kopfsteuer einerseits eine der Ursachen für die Opposition der Pharisäer gegen den hasmonäischen Staatsapparat sehen (Herodes, S. 270) und andererseits vermuten, 15

4.2. Johannes Hyrkan I. (135/34–104 v. Chr.)

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4.2. Johannes Hyrkan I. (135/34–104 v. Chr.) Johannes Hyrkan, der einzige überlebende Sohn Simons, konnte sich gegenüber seinem Schwager Ptolemaios durchsetzen, sah sich aber wahrscheinlich noch im ersten Jahr seiner Regierung, einem Sabbatjahr, einer Invasion Antiochos’ VII. gegenüber, der Judäa verwüstete und Hyrkan in Jerusalem belagerte.20 Antiochos schnitt Jerusalem völlig von der Außenwelt ab und hungerte die Stadt langsam aus. Die Nahrungsmittel wurden so knapp, daß Hyrkan – nach dem Bericht des Josephus – alle Kampfunfähigen aus der Stadt trieb. Doch die Seleukiden ließen die Ausgewiesenen nicht durch den um die Stadt gelegten Belagerungsring, so daß Hyrkan schließlich gezwungen war, diese am Laubhüttenfest – für das Antiochos nicht nur einen Waffenstillstand gewährte, sondern „auch ein herrliches Opfer in die Stadt sandte“21 – wieder aufzunehmen. Schließlich mußte er kapitulieren und um Frieden bitten: Antiochos verlangte die Ablieferung aller Waffen, Steuern für Joppe und die außerhalb Judäas gelegenen Städte, Geiseln sowie die Summe von 500 Talenten Silber und ließ die Mauerkronen Jerusalems schleifen. Im Vergleich zum Vorgehen Antiochos’ IV. waren diese Bedingungen zwar relativ milde, doch war damit zumindest formell die seleukidische Oberhoheit wiederhergestellt. Johannes Hyrkan mußte denn auch bald darauf dem König militärische Gefolgschaft leisten, als dieser im Jahre 130/129 v. Chr. zu einem Feldzug gegen die Parther aufbrach.22 Das militärische Fiasko dieses Partherfeldzuges und der Tod Antiochos’ VII. (129 v. Chr.) schwächten den seleukidischen Staat allerdings so entscheidend, daß die Machtdemonstration des Königs in Judäa nicht mehr als ein kurzes Zwischenspiel blieb. Sein Nachfolger, der kurz zuvor aus parthischer Haft entlassene Demetrios II., der damit seine zweite Regierungszeit antrat, sah sich sogleich in innere Kämpfe verwickelt und mußte sich gegen einen von Ptolemaios VII. Physkon von Ägypten lancierten Thronprätendenten (Alexander Zabinas) wehJannai wollte mit der Erhöhung der Tempelsteuer auf einen halben Schekel bei seinen pharisäischen Gegnern Eindruck machen (Herodes, S. 269, Anm. 421). 20 Ant. XIII,8,2 § 236. 21 Ant. XIII,8,2 § 242 f. 22 Ant. XIII,8,4 § 250–252.

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4. Die hasmonäische Dynastie

ren. Bei Damaskus wurde er von diesem besiegt und bald darauf (125 v. Chr.) ermordet. Ihm folgte sein Sohn Antiochos VIII. Gryphos, der den Usurpator Alexander zwar vertrieb (123/22?), seinerseits aber im Jahre 113 von seinem Vetter und Stiefbruder Antiochos IX. Kyzikenos verdrängt wurde und sich mit diesem ab 111 v. Chr. die Herrschaft teilen mußte. Infolge dieser internen syrischen Thronstreitigkeiten war Judäa praktisch ein unabhängiger Staat und Johannes Hyrkan ein souveräner Herrscher. Unmittelbar nach dem Tode Antiochos’ VII. unternahm Hyrkan einen ersten Eroberungszug, mit dem er die Grenzen seines Einflußgebietes konsequent erweiterte. Im Osten eroberte er Madaba, im Norden Sichem und den Garizim und im Süden Adora und Marisa und zwang die Idumäer zur Beschneidung.23 Er scheint auch der erste Hasmonäer gewesen zu sein, der zur Stärkung seiner militärischen Macht heidnische Söldner anwarb. Daß er sich die Mittel dazu durch eine Plünderung des Davidgrabes beschaffte,24 wird in den Augen mancher Frommer ungute Erinnerungen an die überwunden geglaubte Herrschaft der Hellenisten in Jerusalem geweckt haben. Für seinen zweiten Eroberungszug nützte er die Streitigkeiten zwischen den Stiefbrüdern Antiochos VIII. und Antiochos IX. aus und zog gegen Samaria.25 Das zweimalige Eingreifen Antiochos’ IX. sowie das seiner Feldherren Kallimander und Epikrates zugunsten Samarias half nichts: Hyrkan eroberte ca. 108/107 v. Chr. die Stadt und zerstörte sie nicht nur, sondern „ließ sie von reißenden Gebirgsbächen überströmen. Hierdurch wurde sie derartig unterwühlt, daß sie in die Schluchten hinabstürzte.“26 Da ihm kurz zuvor noch Bet Schean/Skythopolis durch Verrat zugefallen war, hatte er somit sein Territorium bis an die Grenzen Galiläas vorgeschoben. Außenpolitisch bemühte sich Johannes Hyrkan, wie schon seine Vorgänger, um gute Beziehungen zu Rom. Wenigstens zwei römische Senatsbeschlüsse Judäa betreffend fallen in seine Regierungszeit.27 Konkreter Anlaß dieser neuen außenpolitischen Initiative waren 23 24 25 26 27

Ant. XIII,9,1 § 255–258. Ant. XIII,8,4 § 249. Ant. XIII,10,2 f. § 275–281. Ant. XIII,10,3 § 281. Ant. XIII,9,2 § 260 ff.; XIV,10,22 § 248 ff.

4.2. Johannes Hyrkan I. (135/34–104 v. Chr.)

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wahrscheinlich die beiden Festungen Jaffa/Joppe und Gezer/Gazara, die seit Antiochos VII. Sidetes umstritten waren. Zwar ist die genaue Datierung der beiden Dokumente kontrovers, doch spricht manches dafür, daß das erste in den Anfang der Regierungszeit Hyrkans gehört (unter Demetrios II., ca. 128–125?) und das zweite, das von Josephus mit Sicherheit chronologisch falsch eingeordnet ist, eher in das Ende seiner Regierungszeit (unter Antiochos IX.?). Die vertragsschließenden Parteien sind der römische Senat und das Volk (dēmos) der Juden, repräsentiert durch den Hohenpriester. In beiden Verträgen wird das Freundschaftsbündnis mit den Römern erneuert und im zweiten „Antiochos, dem Sohn des Antiochos“ (= Antiochos IX.?) befohlen, alle Festungen herauszugeben und insbesondere die Besatzung aus Joppe zurückzuziehen. Im Inneren kam es unter der Regierung Hyrkans zu einem entscheidenden Einschnitt. Die regierende Familie der Makkabäer/Hasmonäer hatte sich mit der fortschreitenden Konsolidierung ihrer Herrschaft von den ursprünglichen Zielen der makkabäischen Bewegung immer weiter entfernt, so daß die Entwicklung fast notwendig auf einen Konflikt mit den „Frommen“ zusteuerte.28 Hyrkan wandte sich folgerichtig der alten staatstragenden Partei der Sadduzäer zu, des vermögenden Priesteradels, der infolge seiner wirtschaftlichen Interessen eher zu religiösen Kompromissen bereit war und diese Bereitschaft schon vor der makkabäischen Erhebung unter den Hellenisten unter Beweis gestellt hatte. Noch der späteren rabbinischen Literatur, die einzelne antipharisäische Maßnahmen Hyrkans erwähnt,29 ist dieser innenpolitische Umschwung unter Hyrkan gegenwärtig. Bei seinem Tode hinterließ Johannes Hyrkan einen Staat, der außer dem judäischen Kernland die wichtigsten Städte der Küstenebene im Westen, Samaria im Norden, Teile des Ostjordanlandes im Osten und Idumäa im Süden umfaßte. Nicht von ungefähr preist ihn daher Josephus als Idealbild des Herrschers mit „charismatisch-messianischen Zügen,“30 dem Gott „drei große Gnaden“ verliehen habe: „die Herr-

28 29 30

S. unten S. 84 f. Vgl. m MSch 5,15; Sot 9,10. Hengel, Judentum und Hellenismus, S. 560.

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4. Die hasmonäische Dynastie

schaft über sein Volk, die hohepriesterliche Würde und die Prophetengabe.“31

4.3. Die Pharisäer 1. Die Anfänge der Pharisäer als festumrissener und politisch wirksamer Gruppe sind weitgehend dunkel. Josephus, unsere einzige Quelle für die frühe Zeit, erwähnt sie erstmals unter Johannes Hyrkan und dies in einem Zusammenhang, der bereits auf eine gewisse Konsolidierung und ein politisches Gewicht schließen läßt. Man vermutet, daß sie aus der Gruppe der „Frommen“ (chasidim) hervorgegangen sind; dies bedeutet, daß sie sich in der Zeit zwischen den Makkabäerkämpfen und Johannes Hyrkan als Gruppe herauskristallisierten und politisches Profil gewannen. Die Umstände, unter denen Josephus die Pharisäer in die Geschichte einführt,32 sind legendär gefärbt und z. T. rätselhaft; dennoch sind einige historische Rückschlüsse möglich. Josephus behauptet zunächst, daß die Pharisäer beim Volk in hohem Ansehen standen und daß auch Hyrkan ursprünglich ihr Schüler war. Bei einem Gastmahl zu ihren Ehren sei es dann aber zum Bruch mit den Pharisäern gekommen, weil einer von ihnen ihm vorhielt: Weil du denn die Wahrheit hören willst, so merke auf meine Worte. Willst du gerecht sein, so entsage der hohepriesterlichen Würde und begnüge dich damit, des Volkes Fürst zu sein! Da nun Hyrkan den Grund zu erfahren wünschte, weshalb er die hohepriesterliche Würde ablegen sollte, entgegnete El‘azar: Weil wir von älteren Leuten hören, daß deine Mutter unter der Regierung des Antiochos Epiphanes gefangen gewesen ist.33

Diese Behauptung, daß Hyrkans Mutter unter Antiochos IV. in Gefangenschaft geraten war, zog die Legitimität der Herkunft Hyrkans in Zweifel und schloß ihn damit grundsätzlich von der Hohepriesterwürde aus. Der Vorwurf des Pharisäers impliziert also, daß Hyrkan sich 31

Ant. XIII,11,7 § 299 f.; Bell. I,2,8 § 68 f. Ant. XIII,10,5 f. § 288–298. Eine ähnliche Erzählung auch b Qid 66a, die das Geschehen aber in die Zeit Alexander Jannais verlagert. 33 Ebd. 32

4.3. Die Pharisäer

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nicht nur ein Amt angemaßt hatte, das ihm eigentlich nicht zustand, sondern daß er, wegen seiner zweifelhaften Abstammung, zu diesem Amt auch im höchsten Maße untauglich war. Hyrkan zeigte sich über diesen Vorwurf natürlich sehr erbost und überließ es den Pharisäern, für den Verleumder die passende Strafe zu finden. Als diese, weil die Pharisäer „von Natur mild im Bestrafen sind“, statt der von Hyrkan erwarteten Todesstrafe nur die Geißelung vorschlugen, geriet Hyrkan in solchen Zorn, daß er sich von den Pharisäern lossagte und die von diesen dem Volke gegebenen Vorschriften nicht nur für ungültig erklärte, sondern auch gegen die, welche sie befolgten, mit Strafen einschritt.

Der historische Kern dieser Erzählung dürfte der sein, daß unter Johannes Hyrkan die latente Opposition gegen die regierende makkabäisch-hasmonäische Dynastie erstmals greifbare Formen annahm und ein Faktor wurde, mit dem die Hasmonäer fortan zu rechnen hatten. Unter Hyrkan wurde offenkundig, daß die Herrschaft der regierenden Familie sich kaum noch von der hellenistischer Potentaten unterschied, daß sie nicht viel anders und besser (d. h. torahtreuer) war als die Fremdherrschaft der Seleukiden bzw. der Hellenisten in Jerusalem, die die Makkabäer verjagt hatten. Wenn die Pharisäer somit von Hyrkan verlangten, auf das Hohepriesteramt zu verzichten, forderten sie die Rückkehr zu den ursprünglichen Idealen der makkabäischen Bewegung. Die Legitimität des Hohepriesteramtes scheint gewissermaßen der Brennpunkt gewesen zu sein, an dem sich die Interessen aller Gruppierungen in Jerusalem entzündeten, wobei die einzelnen Richtungen des Judentums zu jeweils unterschiedlichen Konsequenzen gelangten. Die Sadduzäer konnten sich offensichtlich am leichtesten mit den jeweils herrschenden Schichten arrangieren, die Essener propagierten eine radikale Trennung und zogen sich in die Wüste zurück, während die Pharisäer anscheinend diejenige Gruppe waren, die das Ideal der religiösen und politischen Verwirklichung der Torah in konkrete politische Handlungen umzusetzen suchte. 2. Über die Lehre der frühen Pharisäer werden wir ebenfalls nur durch Josephus informiert, der mehrfach auf drei „Philosophenschulen“ der Juden zu sprechen kommt, zu denen er neben den Essenern und den Sadduzäern die Pharisäer zählt. In seinem mutmaßlich älte-

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4. Die hasmonäische Dynastie

sten Bericht im Bellum sagt Josephus von den Pharisäern und den Sadduzäern: Von den beiden früher genannten Sekten stehen die Pharisäer in dem Ruf gewissenhafter Gesetzesauslegung; sie stellen die erste Sekte dar. Sie schreiben dem Schicksal und Gott alles zu; Rechtes zu tun oder nicht hänge zwar vor allem von den Menschen selbst ab, es helfe aber auch zu jedem Handeln das Schicksal mit. Zwar sei jede Seele unsterblich, es gehen aber nur die (Seelen) der Guten in einen anderen Leib über, die der Schlechten jedoch würden durch ewige Bestrafung gezüchtigt. Die Sadduzäer, der zweite Verband, streichen das Schicksal vollständig; von Gott aber nehmen sie an, er stehe jenseits davon, etwas Böses zu tun oder auch nur mit anzusehen. Sie behaupten vielmehr, der Wahl der Menschen sei das Gute und das Schlechte anheimgegeben, und nur auf Grund einer von jedem Einzelnen zu treffenden Entscheidung trete der Mensch dem einen wie dem anderen bei. Die Fortdauer der Seele und die Strafen und Belohnungen im Hades lehnen sie ab. Auch die Pharisäer sind einander zugetan und halten die Einigkeit zum gemeinsamen Besten hoch; bei den Sadduzäern aber ist auch unter einander das Benehmen gröber, und die Verkehrsformen mit den Volksgenossen (sind) schroff wie mit Fremden. Das also ist es, was ich über die Philosophenschulen im jüdischen Volk sagen wollte.34

Bei der historischen Würdigung dieser Darstellung des Josephus ist zweierlei zu berücksichtigen. Zum einen schreibt Josephus nicht für Juden, sondern für ein gebildetes, Griechisch sprechendes Publikum; darauf ist die Stilisierung der jüdischen Gruppen als „Philosophenschulen“ oder „Sekten“ zurückzuführen und vielleicht auch die Auswahl der Themen, unter denen er die Gruppen durchgehend darstellt, nämlich die Willensfreiheit und die Unsterblichkeit. Zum anderen schreibt Josephus zu einer Zeit (nämlich nach dem 1. Jüdischen Krieg), in der sich die pharisäische Richtung in Gestalt des rabbinischen Judentums als allein maßgebende Gruppe durchzusetzen begann; darauf dürfte seine offenkundige (und sich im Laufe seiner verschiedenen Schriften steigernde) Vorliebe für die Pharisäer zurückgehen. (a) Der erste Punkt, unter dem Josephus die Lehren der drei Gruppen abhandelt, ist die Willensfreiheit. Hier nehmen die Pharisäer eine Mittelstellung zwischen den Essenern und den Sadduzäern ein: Während die Essener die allmächtige Gewalt des Schicksals (heimarmenē) 34 Bell. II,8,14 § 162–166; vgl. auch Ant. XIII,5,9 § 171–173; Ant. XVIII,1,2–4 § 11–17.

4.3. Die Pharisäer

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lehren, gegen die der Mensch nichts auszurichten vermag, und die Sadduzäer im Gegensatz dazu das Schicksal gänzlich ablehnen und alles dem menschlichen Willen anheimgeben, vertreten die Pharisäer das Zusammenwirken von Schicksal und menschlicher Vernunft.35 So sehr Josephus gerade beim Thema der Willensfreiheit von der Erwartung seiner Leser beeinflußt sein dürfte – dem griechischen Leser war zweifellos die deterministische Einstellung der Essener besonders vertraut –, hat das Problem doch auch eine jüdische Tradition,36 und Josephus mag daher die wesentlichen Unterschiede der einzelnen Gruppen durchaus korrekt wiedergeben. Die „Kompromißformel“ der Pharisäer fand ihre direkte Fortsetzung im rabbinischen Judentum in dem berühmten Ausspruch R. Aqivas: „Alles ist (von Gott) vorhergesehen, aber (dennoch ist dem Menschen) die Erlaubnis (d. h. die Möglichkeit der Wahl) gegeben.“37 (b) In der Frage der Unsterblichkeit lehren die Pharisäer zusammen mit den Essenern die Unsterblichkeit der Seele, während die Sadduzäer den Unsterblichkeitsglauben prinzipiell ablehnen und davon ausgehen, daß die Seele mit dem Körper zugrunde gehe.38 Im Unterschied zu den Essenern haben die Pharisäer darüber hinaus offenbar als einzige der drei Gruppen die Auferstehung des Leibes vertreten; anders ist die Wendung „aber nur die (Seelen) der Guten gehen in einen anderen Leib über“ kaum zu interpretieren.39 Dieser Punkt ist von besonderer Bedeutung. Die Frage der leiblichen Auferstehung spielt in der Bibel noch keine Rolle; Texte wie Hos 6,1–3, Jes 25,8, Jes 26,19, Jes 53,11 ff., Ez 37,1–14 sind kaum für die individuelle leibliche Auferstehung in Anspruch zu nehmen. Die Sadduzäer vertreten also einen ausgesprochen biblischen Standpunkt. Erst am Ausgang der biblischen Zeit begann sich der Auferstehungsglaube zu entwickeln, und zwar offenbar in mehreren Schritten. Das erste Stadium repräsentiert ein Text wie Dan 12,2 f. („Viele von denen, die im Staubland schlafen, erwachen, zum ewigen Leben die einen, zur 35

So am deutlichsten in Ant. XVIII,1,3 § 13. Vgl. Koh 3,1–15; 9,1.3; 9,11 f.; Sir 15,11–17; 16,17–23. 37 Av 3,15. 38 So ausdrücklich Ant. XVIII,1,4, § 16. 39 Sie findet sich allerdings nur hier und in keiner der anderen Darstellungen der drei „Schulen“. 36

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Schmach und ewigen Abscheu die andern. Die Weisen werden glänzen wie das Himmelsgewölbe glänzt; die vielen zur Gerechtigkeit verhalfen, sind wie die Sterne für immer und ewig“), der deutlich mit astralen Motiven verknüpft ist und wohl nur eine Auferstehung der Seele voraussetzt. Dieser Glaube an die Auferstehung der Seele und die Vergeltung nach dem Tode war den Griechen wohlvertraut und wird sich im Judentum unter dem Einfluß der Makkabäerkämpfe herausgebildet haben (vielleicht geht er auf die frühen Chasidim zurück). Die direkte Weiterentwicklung dieser Form des Auferstehungsglaubens war die Hoffnung der Essener auf eine Gemeinschaft der erhöhten Geister der Menschen mit den Engeln. Der nächste und entscheidende Schritt in der Entwicklung des Auferstehungsglaubens dürfte von den Pharisäern vollzogen worden sein. Zwar sind auch die Pharisäer noch stark hellenistisch beeinflußt (Josephus spricht auch bei ihnen meist nur von der Auferstehung der Seele), doch scheinen sie erstmals den Gedanken der leiblichen Auferstehung formuliert zu haben, der den Griechen völlig fremd war. Damit haben sie dem Auferstehungsglauben eine Richtung gegeben, die weit über die Bibel hinausweist und die gesamte weitere Entwicklung im Judentum nachhaltig prägen sollte. 3. In der weiteren Geschichte der hasmonäischen Dynastie spielten die Pharisäer eine wichtige Rolle. Unter Alexander Jannai kam es zu einer regelrechten Verfolgung der Pharisäer,40 während sie unter Jannais Nachfolgerin Salome Alexandra offenbar zur herrschenden Partei im Staate aufstiegen.41 Danach scheint ihr politischer Einfluß rapide zurückgegangen zu sein. Für Herodes, der gezielt gegen alle traditionellen Machtstrukturen im Lande vorging, waren sie schon kein ernstzunehmender Gegner mehr; erst gegen Ende seiner Regierungszeit treten sie als Führer der Opposition gegen Herodes in Erscheinung.42 Mit dem Ende der herodianischen Dynastie und der Überleitung Judäas in den Status einer römischen Provinz entstand eine neue Gruppierung, die Partei der Zeloten, die den politischen Auftrag der Torah in einem radikalen Sinne interpretierte.43 Die Pharisäer scheinen sich 40 41 42 43

S. unten S. 91. S. unten S. 92 f. Vgl. Bell. I,33,2–4 § 648–655; Ant. XVII,6,2–3 § 149 ff. S. unten S. 132 ff.

4.4. Aristobul I. (104–103 v. Chr.)

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dagegen weitgehend auf die religiöse Verwirklichung der Torah konzentriert zu haben; jedenfalls werden sie im Neuen Testament und in der rabbinischen Literatur übereinstimmend als eine Gruppe charakterisiert, die insbesondere um die rituelle Reinheit und die Einhaltung der Speisevorschriften besorgt ist. Als eine solche primär religiös orientierte „Partei“ gehen sie nach 70 n. Chr. in das rabbinische Judentum über und bestimmen maßgeblich die weitere Geschichte des Judentums.44

4.4. Aristobul I. (104–103 v. Chr.) Der älteste Sohn und Nachfolger Hyrkans, Aristobul I., war nur ungefähr ein Jahr an der Regierung. Er setzte sich in einem internen Machtkampf gegen seine Mutter, die Hyrkan zur Regentin bestimmt hatte, und seine Brüder durch und nahm als erster der Hasmonäer offiziell den Königstitel an.45 Mit dieser Hinwendung zur hellenistischen Regierungsform vollendete Aristobul eine Entwicklung, die schon lange vorher begonnen hatte und unter seinem Vater Hyrkan manifest geworden war. Nicht von ungefähr trug Aristobul (wie seine vier Brüder) neben seinem hebräischen (Jehuda) auch einen griechischen Namen und wird von Josephus ausdrücklich als Philhellēn („Freund der Griechen“) bezeichnet.46 Ob er schon Münzen geprägt hat, ist ebenso umstritten wie bei seinem Vater; jedenfalls trägt keine der ihm von manchen Forschern zugeschriebenen Münzen seinen griechischen Namen oder seinen Königstitel. Wichtigstes außenpolitisches Ereignis seiner kurzen Regierungszeit war die Eroberung und gewaltsame Judaisierung großer Teile Ituräas im Norden,47 wobei freilich offen bleibt, welches Gebiet damit genau gemeint ist. Sehr wahrscheinlich bezieht sich die etwas unklare Notiz bei Josephus nicht auf das eigentliche Kerngebiet der Ituräer im Libanon, sondern auf den nördlichen Teil Galiläas, da Hyrkan nur bis Sa44

S. unten S. 160 ff. Ant. XIII,11,1 § 301; Bell. I,3,1 § 70; anders Strabo, Geographica XVI,2,40: Alexander Jannai. 46 Ant. XIII,11,3 § 318. 47 Ebd. 45

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4. Die hasmonäische Dynastie

maria und Bet Schean/Skythopolis vorgedrungen war und die Eroberung Galiläas sonst nicht berichtet wird.

4.5. Alexander Jannai (103–76 v. Chr.) Mit Alexander Jannai bestieg der dritte Sohn Johannes Hyrkans den Thron, der zusammen mit seinen Brüdern die kurze Regierungszeit Aristobuls im Gefängnis verbracht hatte. Er heiratete seine Schwägerin Salome Alexandra, die Witwe Aristobuls. Die Regierung Alexanders, dessen Charakterbild wie das kaum eines anderen Hasmonäers in der jüdischen Geschichte schwankt, ist durch zahlreiche Kriege nach außen und bis zum Bürgerkrieg gesteigerte Konflikte mit den Pharisäern im Inneren gekennzeichnet. Gleich zu Beginn seiner Herrschaft zog er gegen Akko/Ptolemais und unterlag in der Schlacht bei Asophon (Asaphon) dem ägyptischen König Ptolemaios Lathyros, der zu der Zeit über Zypern herrschte und von den Bewohnern Akkos zu Hilfe gerufen wurde.48 Zwar rettete das Eingreifen Kleopatras – der Mutter des Ptolemaios, der ihr eigener Sohn zu mächtig wurde – Alexander vor Ptolemaios, doch war damit die Gefahr einer ägyptischen Oberherrschaft nicht gebannt. Kleopatra, der das jüdische Herrschaftsgebiet praktisch offenstand, scheint ernsthaft eine Annexion erwogen zu haben und wurde – nach dem Bericht des Josephus49 – nur durch Intervention ihres jüdischen Feldherrn Ananias von diesem Plan abgehalten. So kam es zu einem Friedensschluß zwischen Alexander und Kleopatra in Skythopolis, der Alexander freie Hand für seine weiteren Unternehmungen gab. Er eroberte im Osten Gadara südöstlich des Sees Genezareth sowie die Festung Amathus und im Westen die Küstenstädte Raphia und Anthedon sowie das lange selbständige Gaza (96 v. Chr.).50 Ein zweiter Feldzug führte ihn ebenfalls in das Ostjordanland gegen die Moabiter und Gileaditer, wobei die Festung Amathus endgültig zerstört wurde. Daraufhin zettelte er einen Krieg gegen den Nabatäerkönig Obedas an, der 48 49 50

Ant. XIII,12,4 § 334 f. Ant. XIII,13,2 § 354. Ant. XIII,13,3 f. § 356 ff.

4.5. Alexander Jannai (103–76 v. Chr.)

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allerdings weniger glücklich verlief. Alexander geriet bei Gadara in einem Hinterhalt und entkam nur mit knapper Not nach Jerusalem.51 Im Inneren erreichte der schon seit Hyrkan schwelende Konflikt mit den „Frommen“ seinen Höhepunkt. Die pharisäische Partei, die zu einem wichtigen Machtfaktor im Volke geworden war, war nicht länger bereit, die „hellenistische Tyrannis“ des Hasmonäerfürsten zu dulden (nicht von ungefähr ist Alexander Jannai der erste Hasmonäer, der mit Sicherheit Münzen prägte und darauf seinen Königstitel verwendete). So berichtet Josephus, daß das – vermutlich von den Pharisäern aufgestachelte – Volk den beim Laubhüttenfest als Hohenpriester amtierenden König mit Zitrusfrüchten bewarf; bezeichnenderweise wird dies damit begründet, daß er „der Sohn einer Gefangenen und des Hohenpriestertums . . . nicht wert sei.“52 Alexander rächte sich nach Josephus damit, daß er 6.000 Juden durch seine Söldner niedermetzeln ließ.53 Auch die in der rabbinischen Literatur überlieferte Erzählung vom Streit zwischen Jannai und Schim‘on b. Schetach54 deutet, trotz ihrer legendären Züge, auf einen grundsätzlichen Konflikt zwischen dem König und den Pharisäern hin. Als Alexander vor dem Nabatäerkönig Obedas fliehen mußte, kam es schließlich zur offenen Rebellion und zu einem sechs Jahre dauernden Bürgerkrieg, bei dem „nicht weniger als 50.000 Juden“ fielen.55 Die Pharisäer riefen sogar Demetrios III. Eukaeros, einen Sohn Antiochos’ VIII. Gryphos, zu Hilfe, der ca. 88 v. Chr. Alexanders Söldnerheer mit jüdischer Unterstützung (!) bei Sichem schlug. Alexander mußte fliehen, doch ging eine größere Anzahl Juden nach dieser Niederlage wieder zu ihm über, und Demetrios zog sich zurück. Die restlichen Aufständischen wurden aufgerieben und 800 von ihnen, so der Bericht des Josephus,56 grausam hingerichtet. Dieses Schreckensregiment, das Alexander Jannai in der Qumran-Literatur den Titel „Zorneslöwe“ eintrug,57 veran51

Ant. XIII,13,5 § 375 f. Ant. XIII,13,5 § 372 f.; Bell. I,4,3 § 88; vgl. m Suk 4,9; b Jom 26b; j Sukk 4,8, fol. 54d. 53 Ant. XIII,13,5 § 374. 54 BerR 91,3; j Ber7,2, fol. 11b; b Ber 48a. 55 Ant. XIII,13,5 § 376. 56 Ant. XIII,14,2 § 379 ff. 57 4 QpNah 1,5 f. zu Nah 2,12 f. 52

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laßte zahlreiche innenpolitische Gegner, das Land für den Rest seiner Regierungszeit zu verlassen. Die auf diese radikale Weise gewonnene innere Ruhe nutzte Alexander zu neuen außenpolitischen Aktivitäten. Sein Hauptgegner – nach dem Niedergang des seleukidischen Reiches und der Eroberung Syriens durch den armenischen König Tigranes 83 v. Chr. – war der mächtig gewordene Nabatäerkönig Aretas, der ihm zunächst auch eine Niederlage bereitete. Dies hielt Alexander Jannai dennoch nicht von neuen Feldzügen im Ostjordanland ab. In drei Jahren (ca. 83–80 v. Chr.) eroberte er die Städte Pella, Dium und Gerasa in der Gileaditis und Gaulana, Seleukia und Gamala in der Gaulanitis.58 Mit diesen seinen letzten Eroberungen konnte Alexander Jannai das jüdische Herrschaftsgebiet vor allem nach Osten hin noch einmal beträchtlich erweitern. Als er drei Jahre später nach längerer Krankheit (Josephus: „infolge von Trunksucht“) bei der Belagerung der Festung Ragaba (in der Nähe von Gerasa) starb, hatte der kontinuierlich gewachsene hasmonäische Staat seine bis dahin größte Ausdehnung erreicht.

4.6. Salome Alexandra (76–67 v. Chr.) Die Regierungszeit seiner Witwe und Nachfolgerin Salome Alexandra war eine Zeit der inneren und äußeren Ruhe. Noch auf dem Sterbebett soll Alexander Jannai sie beauftragt haben, Frieden mit den Pharisäern zu schließen und „bei der Regierung nichts ohne ihre Zustimmung zu tun,“59 und in der Tat ist die völlige Kehrtwendung in der Innenpolitik und der Ausgleich mit den Pharisäern das wichtigste Kennzeichen der Regierungszeit Salomes. Sie ernannte ihren Sohn Hyrkan, einen Parteigänger der Pharisäer, zum Hohenpriester und scheint auch die Gerusie, die alte Vertretung des Adels und der Priester, zugunsten der Pharisäer umgestaltet zu haben. Damit waren die Pharisäer zum eigentlichen Machtfaktor im Lande geworden: Die Königin gab eigentlich nur den Namen für die Regierung her, während in Wirklichkeit die Pharisäer die Gewalt in Händen hatten. Denn sie riefen Ver58 59

Ant. XIII,15,3 § 393 f.; Bell. I,4,8 § 104 f. Ant. XIII,15,5 § 403.

4.7. Aristobul II. (67–63 v. Chr.)

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bannte zurück, ließen Gefangene frei und unterschieden sich überhaupt in nichts von wirklichen Herrschern.60

Als die Pharisäer schließlich darangingen, sich an den engsten Parteigängern Alexander Jannais, die den Rat zur Ermordung der Aufständischen gegeben hatten, zu rächen, erhob sich offener Widerstand von Seiten des Adels. Eine Delegation der Sadduzäer, der sich Salomes jüngerer Sohn Aristobul anschloß, erreichte, daß den Auswüchsen der pharisäischen Politik Einhalt geboten und ein bewaffneter Konflikt zwischen den beiden rivalisierenden Parteien zunächst vermieden wurde. Dennoch konnte Alexandra nicht verhindern, daß Aristobul kurz vor ihrem Tode mit Hilfe der Sadduzäer die wichtigsten Festungen besetzte und sich damit eine gute Ausgangsposition für den unvermeidlichen Machtkampf mit seinem Bruder Hyrkan verschaffte. In der Außenpolitik verlief Salomes Regierung – bis auf einen (erfolglosen) Feldzug Aristobuls nach Damaskus61 – ohne besondere Vorkommnisse. Die Gefahr einer zeitweise drohenden Invasion des armenischen Königs Tigranes wurde gegenstandslos, als Lucullus 69 v. Chr. Tigranes besiegte und die Römer sich anschickten, auch in die Machtverhältnisse Palästinas einzugreifen.

4.7. Aristobul II. (67–63 v. Chr.) Wie zu erwarten, brach unmittelbar nach dem Tode Salome Alexandras der Bruderkrieg zwischen ihren beiden Söhnen Aristobul (II.) und Hyrkan (II.) aus. Hyrkan wurde in der Schlacht bei Jericho besiegt und verzichtete zugunsten Aristobuls auf die königliche und die hohepriesterliche Würde.62 Doch war damit der interne Machtkampf nicht ausgefochten. Der Idumäer Antipater, der Vater des späteren Königs Herodes, hatte als Statthalter von Idumäa den Süden unter seine Kontrolle gebracht und griff nun zugunsten Hyrkans in den Bruderzwist am Hasmonäerhofe ein. Er überredete Hyrkan, zum Nabatäerkönig Aretas nach Petra zu fliehen und die Unterstützung des Aretas gegen 60 61 62

Ant. XIII,16,2 § 409. Ant. XIII,16,3 § 418; Bell. I,5,3 § 115 f. Ant. XIV,1,2 § 4 ff.; Bell. I,6,1 § 120 ff.

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4. Die hasmonäische Dynastie

seinen Bruder zu erbitten. Auf die Zusage Hyrkans, ihm mehrere Städte zurückzugeben, die Alexander Jannai den Nabatäern abgenommen hatte, zog Aretas gegen Aristobul und besiegte ihn. Aristobul floh nach Jerusalem und wurde auf dem Tempelplatz von Aretas und Hyrkan belagert. Inzwischen lag jedoch die Initiative im Machtkampf der verschiedenen Parteien in Jerusalem nicht mehr ausschließlich bei den unmittelbar Betroffenen. Die Römer waren unter Pompejus bis nahe an die Grenzen des jüdischen Staates vorgedrungen und nutzten den innenpolitischen Streit der beiden Brüder geschickt für ihre Zwecke aus. Pompejus schickte den späteren Statthalter Scaurus nach Judäa, der wie einst Antiochos IV. die rivalisierenden und einander mit Geld überbietenden Gruppen empfing und sich schließlich für Aristobul entschied. Aretas und Hyrkan mußten abziehen und wurden noch vom nachrückenden Heer Aristobuls geschlagen. Im Jahre 64 v. Chr. besiegelte Pompejus das Schicksal des seleukidischen Reiches endgültig und brach im Frühjahr 63 von Antiochia (?) nach Damaskus auf. Dort warben gleich drei jüdische Gesandtschaften um seine Gunst, nämlich außer Aristobul und Hyrkan auch Vertreter des Volkes. Der Vorwurf der Abordnung des Volkes63 ist besonders aufschlußreich: Das Volk, das überhaupt von der Königsherrschaft nichts wissen wollte, ließ vorbringen, bei ihnen sei es alte Sitte, daß sie nur den Priestern des von ihnen verehrten Gottes zu gehorchen brauchten; diese beiden Nachkommen von Priestern aber suchten dem Volk eine andere Regierungsform aufzudrängen, um es in Sklaverei zu bringen.64

Stein des Anstoßes ist also die (spätestens) von Alexander Jannai eingeführte Regierungsform des Königtums. Der Vorwurf der Versklavung des Volkes zeigt, daß das hasmonäische Königtum nicht anders empfunden wurde als die Tyrannis eines heidnischen Königs. Hinter diesem Vorwurf stehen nicht nur religiöse (Wiederherstellung der alten Theokratie), sondern auch konkrete wirtschaftliche Gründe, denn 63

Nach dem Parallelbericht bei Diodor, Bibl. Hist. XL,2 sind es die „Hervorragendsten (der Juden)“, d. h. wohl die jüdische Aristokratie. Möglicherweise ist dieser Bericht aber von der Neuordnung unter Gabinius (s. unten S. 97 f.) beeinflußt. 64 Ant. XIV,3,2 § 41.

4.7. Aristobul II. (67–63 v. Chr.)

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die ständige Ausweitung des jüdischen Herrschaftsgebietes war sicher mit einem enormen Geldbedarf verbunden, der kaum anders als durch eine wachsende Besteuerung des Volkes aufgebracht werden konnte.65 Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Sympathien der Römer auf Seiten des Volkes waren (sie hatten ihre Verträge nicht von ungefähr mit den Hohenpriestern als Vertretern des Volkes geschlossen und nicht mit den jüdischen Königen), doch entschied sich Pompejus, der zunächst gegen die Nabatäer ziehen wollte, offiziell für keine der streitenden Parteien, sondern ermahnte alle, sich ruhig zu verhalten, bis er Gelegenheit finde, die Verhältnisse in Judäa zu ordnen. Als sich Aristobul aber nicht daran hielt, änderte Pompejus seine Pläne und zog über Pella und Jericho nach Jerusalem. Dort nahm er Aristobul gefangen und belagerte die Stadt. Schließlich öffneten die Anhänger Hyrkans die Tore und ließen den Legaten Piso von der Stadt und dem Königspalast Besitz nehmen, während sich die Anhänger des gefangenen Aristobul auf dem Tempelberg verschanzten. Im Spätherbst des Jahres 63 v. Chr. eroberte Pompejus den Tempelberg von Norden her und brachte damit Jerusalem vollständig in römische Gewalt.66 Er änderte den politischen Status Judäas grundlegend: Jerusalem machte er den Römern tributpflichtig, entzog die Städte in Koilesyrien, welche der Hauptstadt Judäas unterworfen waren, dieser Botmäßigkeit, stellte dieselben unter einen römischen Statthalter und wies das ganze, sonst so mächtige Volk, auf enge Grenzen an.67

Es folgt eine lange (nicht einmal vollständige) Liste der griechischen Städte im Küstengebiet und in Transjordanien, denen Pompejus die Freiheit (eleutheria) und Selbstbestimmung (autonomia) verlieh, d. h., die er der jüdischen Jurisdiktion entzog und unmittelbar Scaurus, dem ersten Statthalter der neuen römischen Provinz Syrien, unterstellte. Der Status des verbliebenen jüdischen Reststaates68 war ein „Zwischenzustand“ zwischen einer Selbstverwaltung und der völligen Eingliederung in das römische Provinzialsystem. Die Römer hatten er65

S. oben S. 79 f. Ant. XIV,4,2–4 § 61 ff.; Bell. I,7,3 § 145 ff. u. ö. 67 Ant. XIV,4,4 § 74; Bell. I,7,6 f. § 153–158. 68 Judäa, Galiläa, Ostidumäa (der Bezirk Adoraim = Adora), das jüdische Transjordanien (Peräa). 66

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4. Die hasmonäische Dynastie

kannt, daß eine direkte Eingliederung Judäas in das römische Reich (noch) nicht realisierbar war; tatsächlich erfolgte diese auch erst nach dem 1. Jüdischen Krieg.69 Hyrkan wurde Hoherpriester von römischen Gnaden,70 war aber offiziell nicht dem Statthalter in Syrien unterstellt und behielt somit die Jurisdiktion in inneren Angelegenheiten. Andererseits zeigt die Tributpflicht (stipendium), daß Judäa als unterworfenes und außenpolitisch von Rom abhängiges Territorium betrachtet wurde. Zweifellos wurde das Land auch in Steuerbezirke eingeteilt und mit dem Aufbau einer Steuerorganisation begonnen. Über Art und Höhe der Steuern erfahren wir aus den Quellen nichts, doch war die Organisation der Steuereintreibung mit Sicherheit dieselbe wie in allen römischen Provinzen, d. h. sie erfolgte durch die sog. Publicanengesellschaften (societates publicanorum), die die staatlichen Einkünfte gepachtet hatten. Das aus ptolemäischer und seleukidischer Zeit bekannte System der Staatspacht, das im Zuge der schrittweisen Gewinnung der Selbständigkeit von der seleukidischen Oberhoheit unter den Hasmonäern abgeschafft worden war, kehrte (in seiner spezifisch römischen Ausprägung)71 in dem Augenblick wieder, als die Hasmonäer die politische Autonomie verspielt hatten.

69

S. unten S. 126 ff., 1570. Artistobul und seine beiden Töchter und Söhne (Alexander und Antigonos; Alexander entkam später auf der Flucht) nahm Pompejus mit nach Rom und ließ sie in seinem Triumphzug mitziehen. 71 Spezifisch römisch war, daß nur römische Bürger Steuerpächter (publicani) werden und Anteile der Publicanengesellschaften erwerben konnten. Damit war, anders als unter seleukidischer Herrschaft, die einheimische Aristokratie vom System der Staatspacht ausgeschlossen, was aber nicht heißt, daß die einheimische Bevölkerung nicht als Beauftragte der römischen Steuerpächter an der Eintreibung der Steuern beteiligt sein konnte. 70

5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

5.1. Der Aufstieg zur Macht 5.1.1. Hyrkan II. (63–40 v. Chr.) und die Neuordnung Judäas Offizielles Haupt des jüdischen Reststaates war Hyrkan II., der ältere Sohn Alexander Jannais und der Salome Alexandra, als Hoherpriester (ohne die Königswürde). Sein jüngerer Bruder Aristobul II. (samt seinen Söhnen Alexander und Antigonos) gab sich allerdings im Kampf um die Macht nicht geschlagen. Den ersten Versuch unternahm 57 v. Chr. Alexander, der auf dem Weg in die römische Gefangenschaft entkommen war. Konkreter Anlaß war offenbar die von dem neuen römischen Statthalter Gabinius eingeleitete Restaurationspolitik, die gezielt den Wiederaufbau und die Neubesiedlung der von den Hasmonäern, vor allem von Alexander Jannai, zerstörten Griechenstädte forcierte. Alexander mußte sich aber sehr bald in der Festung Alexandreion ergeben und erhielt gegen die Abtretung der Hasmonäerfestungen Hyrkania, Machärus und Alexandreion freien Abzug. Gabinius regelte den politischen Status Judäas neu: Danach führte Gabinius den Hyrkan wieder in Jerusalem ein und übergab ihm die Sorge um das Heiligtum, während er die bürgerliche Verwaltung aufgrund einer aristokratischen Verfassung regelte. Er teilte das ganze Land in fünf Bezirke auf. Den einen schlug er zu Jerusalem, den anderen zu Gadara,1 die nächste Gruppe sollte zu Amathus2 gehören, der vierte Bezirk wurde Jericho zugeteilt und für den fünften wurde die galiläische Stadt Sepphoris herausgestellt. Gern ließen sich die Juden, aus der Gewalt eines einzigen befreit, für die Zukunft aristokratisch verwalten.3

1

Die Identifizierung dieses Ortes ist umstritten. Manche lesen „Gazara“, d. h. Gezer in Nordwest-Judäa, andere „Adora“ (in Idumäa). 2 Östlich des Jordans. 3 Bell. I,8,5 § 169 f; vgl. Ant. XIV,5,4 § 90 f.

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

Diese Neuordnung des Gabinius bedeutete faktisch die Trennung des Hohepriesteramtes von der politischen Verwaltung und damit eine Entmachtung Hyrkans. Die Einteilung des Landes in fünf Distrikte unter der Leitung von fünf getrennten aristokratischen Körperschaften (synhodoi bzw. synhedria) schwächte die Zentralgewalt zugunsten der ländlichen Aristokratie und sollte zweifellos der leichteren Durchsetzung der römischen Interessen dienen. Während die aristokratisch geprägte Verfassung nicht lange von Bestand war, leitete die (durch die Person Hyrkans begünstigte) politische Entmachtung des Hohenpriesters eine folgenschwere Entwicklung ein. Den zweiten Versuch unternahmen 56 v. Chr. Aristobul selbst und sein anderer Sohn Antigonos, denen es gelang, aus römischer Gefangenschaft zu entkommen. Das Unternehmen war ebensowenig erfolgreich wie ein weiterer Versuch Alexanders (55 v. Chr.) – doch zeigen diese kurz aufeinanderfolgenden Aktivitäten der Familie Aristobuls, daß diese zahlreiche Parteigänger sowohl in Judäa gehabt haben muß (es gelang ihr jedesmal, ein Heer zu rekrutieren) als auch in Rom (sonst wäre die Flucht kaum gelungen). Mit dem Beginn der Bürgerkriege in Italien (49 v. Chr.) wurde Judäa mehr als je zuvor ein Spielball der widerstreitenden politischen Interessen in Rom. Die ersten Opfer waren Aristobul und sein Sohn Alexander: Aristobul, den Caesar in Rom freigelassen hatte, um ihn für seine Interessen in Judäa einzusetzen, wurde noch in Rom von Parteigängern des Pompejus vergiftet; Alexander wurde in Antiochia auf Befehl von Pompejus’ Schwiegervater enthauptet. Damit standen sich im innerjüdischen Machtkampf nur noch der Hohepriester Hyrkan und sein Neffe Antigonos, der überlebende Sohn Aristobuls, gegenüber. Hyrkan hatte sich von Anfang an als schwache Persönlichkeit erwiesen; zweifellos war er auch konservativer und torahtreuer (und damit auch der Tempelaristokratie verbundener) als Aristobul, der mehr dem hellenistischen Königsideal zuneigte. Die Ironie der Geschichte will es, daß ausgerechnet Hyrkan der Familie zum Aufstieg verhalf, die in der Person des Herodes den Höhepunkt hellenistischer Machtstrukturen in Palästina verkörpern sollte. Der wichtigste Bundesgenosse im Machtkampf zwischen Hyrkan und Aristobul nach dem Tode der Salome Alexandra war nämlich der Idumäer Antipater gewesen, der mit einer Nabatäerin verheiratet war

5.1. Der Aufstieg zur Macht

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und gute Beziehungen zum nabatäischen König Aretas III. hatte. Dieser Antipater war stratēgos (militärischer Befehlshaber) von Idumäa, des erst unter Johannes Hyrkan eroberten und zwangsjudaisierten Gebietes südlich von Jerusalem. Antipater stand auch im weiteren Verlauf der Ereignisse immer auf der Seite Hyrkans – allerdings kaum als treuer Anhänger von dessen politischer Linie, sondern um ihn als Mittel zu benutzen, selbst die Macht in Palästina zu erlangen. Nach dem Tode des Pompejus (48 v. Chr.) blieb auch Hyrkan und seinem „Gefolgsmann“ Antipater nichts anderes übrig, als sich um die Gunst Caesars zu bemühen. Als Caesar 47 v. Chr. nach Syrien kam, buhlten dort (wie gehabt: 64 v. Chr. vor Pompejus’ Statthalter Scaurus, 63 v. Chr. vor Pompejus selbst) die beiden rivalisierenden Parteien um seine Gunst: Hyrkan/Antipater und Antigonos. Caesar entschied sich, wohl vor allem zum Dank für militärische Unterstützung, die ihm Antipater in Alexandria gewährt hatte,4 für das Gespann Hyrkan/Antipater und revidierte die von Pompejus und Gabinius getroffenen Maßnahmen. Innerhalb von weniger als 20 Jahren wurden die politischen Verhältnisse Judäas ein drittes Mal neu geordnet. In einer Serie von Erlassen, die Josephus überliefert,5 verfügte Caesar: 1. Hyrkan wird zum Hohenpriester und Herrscher (ethnarchēs) des Volkes ernannt. Beide Ämter werden ausdrücklich als erbliche Würde verliehen. Damit verbunden ist die Erlaubnis, den Zehnt einzuziehen und überhaupt nach den „väterlichen Bräuchen“ (kata ta patria ethē) zu leben. Letzteres bedeutet zwar nicht das Zugeständnis der Selbstverwaltung im vollen Sinne, wohl aber die Gewährung der Gerichtsbarkeit bei innerjüdischen Streitfällen. 2. Hyrkan wird der Ehrentitel „Bundesgenosse und Freund des römischen Volkes“ verliehen. Auch dieser Titel ist erblich. 3. Hyrkan darf die von Pompejus zerstörten Mauern Jerusalems wiederaufbauen. Er erhält die Stadt Joppe mit ihrem Hafen zurückerstattet sowie die Königsgüter in der Jesreel-Ebene und zusätzlich verschiedene nicht näher spezifizierte Besitztümer der Könige Syriens und Phönikiens. Dies war von großer wirtschaftlicher Bedeutung, denn mit Joppe als wichtiger Hafenstadt und der fruchtbaren Jesreel4 5

Ant. XIV,8,1 § 127 f. Ant. XIV,8,5 § 143–148; Ant. XIV,10,2–7 § 190–212.

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

Ebene bekam Hyrkan eine ergiebige finanzielle Quelle wieder in seine Hand. Für die Juden der Diaspora, insbesondere in Alexandria und Kleinasien, werden ihm wichtige Privilegien zugestanden. 4. Die Sonderstellung Antipaters neben Hyrkan wird bestätigt. Antipater erhält das römische Bürgerrecht und den Titel „epitropos (= Prokurator) von Judäa“. Die damit verbundenen Amtsbefugnisse werden nicht definiert, doch besaß Antipater zweifellos die eigentliche militärische und politische Gewalt. 5. Das Gebiet von Judäa wird von der Pflicht, Hilfstruppen zu stellen, sowie von der Quartierpflicht für die römische Armee befreit. 6. Für die Stadt Joppe und das Recht, dort Zoll zu erheben, ist ein jährlicher Tribut zu entrichten; ausgenommen ist nur das Siebtjahr, „in dem sie weder säen noch Baumfrüchte ernten“. Der Tribut bestand in einer Grundsteuer (tributum soli) und einer anteiligen Abgabe von Land- und Hafenzöllen. Die Höhe dieses Tributs ist genau angegeben: Sie betrug 20.675 modii6 Getreide.7 7. Ebenso ist schließlich für das Gebiet Judäas ein jährlicher Tribut zu entrichten, wobei ebenfalls das Siebtjahr ausgenommen bleibt. Die Höhe dieses Tributs betrug wahrscheinlich ein Viertel der Feldfrüchte.8 Offiziell war Hyrkan für die Ablieferung des Tributs (in der Stadt Sidon) zuständig, doch dürfte auch hier die eigentliche Machtbefugnis in den Händen Antipaters gelegen haben. Aus diesen Einzelbestimmungen ergibt sich, daß Caesar Judäa keine volle Autonomie gewährte. Der Tribut, nach außen das Kennzeichen der Unterwerfung unter eine fremde Macht und im Inneren eine drückende Last für die Bevölkerung, blieb weiterhin verpflichtend. 6 Ein modius faßte ca. 8,7 l, d. h. der jährliche Tribut für Joppe betrug ca. 179.872,50 l Getreide. 7 Der Tribut für Joppe stützt sich auf eine bestimmte Lesung der umstrittenen §§ 202 und 206 bei Josephus; vgl. dazu ausführlich Schalit, Herodes, S. 777–781. 8 Auch diese Stelle (§ 203) ist umstritten. Ich deute mit Schalit, Herodes, S. 780, die Wendung tō deuterō etei als „im folgenden Jahr“, d. h. im Jahr nach dem vom Tribut befreiten Sabbatjahr, sehe aber gegen Schalit keinen Grund, daraus zu folgern, daß der Tribut im auf das Sabbatjahr folgenden Jahr höher war als sonst (nämlich ein Viertel der Saatfrüchte) und daß man von daher auf den „normalen“ Tribut von ca. einem Fünftel schließen könne (Schalit, Herodes, S. 780 und S. 149). Der im Nach-Sabbatjahr zu zahlende Tribut ist der „normale“ Tribut, und dieser war beträchtlich (wenngleich offenbar nicht so hoch wie unter den Seleukiden).

5.1. Der Aufstieg zur Macht

101

Dennoch sind die Zugeständnisse Caesars beträchtlich, und man hat mit Recht hervorgehoben, daß Judäa sich damit in staatsrechtlicher Hinsicht auf dem Weg zu einem Status befand, der dem der „freien und von Steuerlast befreiten Städte“ (civitates liberae et immunes) vergleichbar wäre. Antipater, der die wirkliche Macht im Staate ausübte, setzte seine beiden Söhne Phasael und Herodes als militärische Befehlshaber (stratēgoi) von Jerusalem und Galiläa ein. Herodes gab gleich eine Kostprobe seines Herrschertalents, indem er in Galiläa einen Räuberhauptmann oder Rebellenführer (beides ist nur schwer zu trennen und für das Sozialbanditentum dieser Zeit charakteristisch)9 namens Ezekias/Hiskia gefangen nahm und hinrichten ließ.10 Dies trug ihm sogleich den Widerstand der judäischen Aristokratie ein, die (juristisch-formal mit Recht) die alleinige Befugnis des Sanhedrin in Jerusalem verletzt sah, die Todesstrafe zu verhängen. Zudem war Galiläa die Hochburg der Hasmonäer, und die Jerusalemer Aristokratie wird die Gefahr erkannt haben, die dem Hasmonäerhaus von dieser tatkräftigen Familie von idumäischen Emporkömmlingen drohte. Hyrkan mußte ihn nach Jerusalem vor den Sanhedrin zitieren, wo nur das Eingreifen des syrischen Statthalters ihn vor einer Verurteilung bewahrte, der ihn auch noch, kaum daß er nach Galiläa zurückgekehrt war, zum stratēgos von Koilesyrien und vielleicht auch Samaria ernannte.11 Damit war die weitere Entwicklung in ihrer Konstellation vorgezeichnet: Der Emporkömmling Herodes begann sich gegen die etablierte Macht der Tempelaristokratie mit massiver Unterstützung der Römer durchzusetzen, die ganz genau wußten, welche Talente hier für ihre politischen Zwecke nutzbar gemacht werden konnten. Der sich verschärfende Machtkampf in Rom hatte wieder unmittelbare Auswirkungen auf das Schicksal Palästinas. 44 v. Chr. wurde Caesar ermordet, und C. Cassius, einer seiner Mörder, ging nach Syrien, um sich dort eine Machtbasis in der Auseinandersetzung mit M. Antonius zu schaffen. Wieder war Herodes mit seinem Bruder Phasael (der Vater Antipater wurde 43 v. Chr. ermordet) auf der Seite der Römer 9

S. unten S. 132 ff. Ant. XIV,9,2 § 159. 11 Ant. XIV,9,3–5 § 163 ff. 10

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

und unterstützte Cassius tatkräftig dabei, enorme Steuern aus Judäa herauszupressen: Dann durchzog er (= Cassius) die Städte, sammelte Waffen, warb Soldaten an, legte den Städten schwere Kriegsabgaben auf und drückte insbesondere Judäa durch Eintreiben eines Tributs von 700 Talenten Silber. Als Antipater deswegen alles in Furcht und Bestürzung sah, verteilte er die Beitreibung des Tributs auf seine Söhne, auf den ihm wenig freundlich gesinnten Malichus und auf einige andere Vertraute. Da nun Herodes zuerst aus Galiläa seinen Anteil beibrachte, kam er bei Cassius in hohe Gunst. Herodes hielt es nämlich für klug, den Römern diesen Dienst zu erweisen und sich ihr Wohlwollen auf fremde Kosten zu erringen. In den übrigen Städten wurden deren Vorsteher samt den Bewohnern gepfändet, und Cassius brachte so vier Städte, von denen die mächtigsten Gophna und Emmaus, die übrigen Lydda und Thamna waren, in Sklaverei.12

Dieser Bericht ist vor allem für das System der Steuereintreibung unter Antipater von Interesse. Offensichtlich agiert Antipater hier als eine Art „Generalsteuerpächter“ wie einst der Tobiade Josef unter den Ptolemäern. Er vergibt das Recht der Steuereintreibung an ihm nahestehende oder von ihm abhängige Untergebene, die sich damit bei der Besatzungsmacht Verdienste erwerben können (was Herodes besonders gut gelingt). Anders als unter den Ptolemäern und auch unter den Seleukiden haften aber nicht die Steuerpächter für die garantierte Steuersumme – der Tribut von 700 Talenten Silber ist exorbitant, wenn man ihn mit dem Tribut in seleukidischer Zeit vergleicht –, sondern der Magistrat zusammen mit der gesamten Einwohnerschaft der Städte. Die vier genannten Städte waren allesamt die Hauptorte von Toparchien Judäas: Wenn von den insgesamt 11 Toparchien, in die Judäa unterteilt war,13 vier den geforderten Tributanteil nicht bezahlen konnten und ihre Einwohnerschaft in die Sklaverei verkauft wurde, zeigt dies den Steuerdruck an, der unter Cassius auf dem Lande lastete (und läßt ermessen, mit welchen Mitteln Herodes seinen „Erfolg“ erreichte). Das Regiment des Cassius war denn auch nicht von langer Dauer. Als Brutus und Cassius 42 v. Chr. durch Antonius und Octavian besiegt wurden, mußten sich die widerstreitenden Parteien in Judäa wieder um die Gunst der neuen Machthaber bemühen – und wieder gelang es Herodes (und Phasael), die jüdische Aristokratie auszustechen, 12 13

Ant. XIV,11,2 § 272–275. S. unten S. 107.

5.1. Der Aufstieg zur Macht

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zumal sich Hyrkan immer noch für sie einsetzte: Beide wurden zu Tetrarchen des jüdischen Territoriums ernannt, mit der nur nominellen „Oberherrschaft“ Hyrkans als Ethnarch. 40 v. Chr. kam es zu einem großen Parthereinfall. Den Parthern – sie waren der ständige Gegner Roms an der Ostgrenze des Reiches –, gelang es, innerhalb kürzester Zeit den ganzen Vorderen Orient zu überrennen. Für Antigonos, den Rivalen Hyrkans und Herodes’, waren die Parther die gegebenen Verbündeten, und es gelang Antigonos, mit ihrer Hilfe in Jerusalem an die Macht zu kommen (gegen Zahlung eines Tributs von 1.000 Talenten und 500 Frauen):14 Hyrkan und Phasael wurden gefangen genommen; Herodes gelang die Flucht nach Rom, nachdem er noch seine Familie auf der Festung Masada in Sicherheit gebracht hatte. Phasael beging Selbstmord; Hyrkan wurden die Ohren abgeschnitten, um ihn für immer zum Hohenpriester untauglich zu machen. 5.1.2. Mattathias Antigonos (40–37 v. Chr.) Das Zwischenspiel seiner Herrschaft war der letzte Versuch der alten Hasmonäeraristokratie, die Macht in Judäa zu erlangen. Antigonos prägte wie seine hasmonäischen Vorfahren Münzen mit dem Königstitel. Seine Herrschaft konnte aber nur so lange Bestand haben, wie die Parther sich gegen die Römer im Vorderen Orient behaupten konnten, und dies war jeweils nicht von langer Dauer. Herodes wurde vom römischen Senat offiziell zum König von Judäa ernannt (40 v. Chr.) und machte sich daran, Judäa zurückzuerobern (während die Römer gegen die Parther kämpften). Mit den beiden Rivalen Antigonos und Herodes stritten nicht nur zwei konkurrierende Thronprätendenten um die Macht, sondern die Vertreter zweier unterschiedlicher „Weltanschauungen“ und der politischen Systeme, die auf diesen „Weltanschauungen“ basierten. Antigonos betrachtete sich als einzig legitimen König, dem dieses Königtum kraft seiner Zugehörigkeit zur Familie der Hasmonäer als Gewohnheitsrecht (ethos) zukam; Herodes war in seinen Augen als Idumäer nur ein „Privatmann“ (idiōtēs) und zudem „Halbjude“ 14

Ant. XIV,13,3 § 331.

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

(hēmiioudaios),15 also völlig untauglich zum König.16 Diesem politisch-religiösen Gegensatz entspricht ein sozialer: Herodes rekrutierte seine Anhänger offensichtlich überwiegend aus der Schicht der reichen Grundbesitzer,17 während der Hasmonäer sich vor allem auf die Landbevölkerung stützte, die die Steuern nicht aufbringen konnte.18 Dieser soziale Gegensatz zeigt sich schließlich auch territorial, da die Anhänger des Antigonos in Judäa und dem größten Teil Galiläas zu lokalisieren sind, während die Gefolgsleute des Herodes naturgemäß primär in der „fremdstämmigen“ Bevölkerung Idumäas und Samarias beheimatet waren. Der Widerstand gegen Herodes konzentrierte sich denn auch zunächst im hasmonäertreuen Galiläa. Charakteristisch dafür ist die Ausrottung der „Räuberbanden“ in den Höhlen von Arbela (westlich des Sees Genezareth) durch Herodes.19 Nach der Eroberung Galiläas durch Herodes kam es bei Bethel zu einer entscheidenden Schlacht zwischen Herodes und einem Feldherrn des Antigonos, die Herodes zu seinen Gunsten entschied. Der Machtbereich des Antigonos war damit auf die unmittelbare Umgebung Jerusalems zusammengeschrumpft, und Herodes konnte im Frühjahr 37 v. Chr. mit der Belagerung Jerusalems beginnen. Während der Belagerung begab er sich kurz nach Samaria, um dort Mariamme, die Enkelin Hyrkans (also eine Hasmonäerin) zu heiraten, zweifellos nicht so sehr eine Liebesheirat, sondern eine Heirat aus dynastischen Gründen: Herodes versuchte damit, seinen Anspruch auf den Königstitel zu legitimieren. Nach der Hochzeit machte er sich mit der Unterstützung des Statthalters von Syrien (Sosius) erneut an die Belagerung Jerusalems. Die Stadt wurde im Juli (?) erobert, Antigonos gefangengenommen und in 15 Dies ist der erste Beleg für diesen Begriff, der später eine so verhängnisvolle Karriere machen sollte. 16 Ant. XIV,15,2 § 403. 17 Ant. XIV,13,3 § 345; XIV,15,10 § 450. 18 Ant. XIV,15,5 § 420–430. 19 Ant. XIV,15,5 § 421–430. Bemerkenswert ist hier nicht nur die militärische Taktik, der wir noch häufiger begegnen werden, sondern auch die typologische Gestaltung der Episode durch Josephus: Großmütiges Verhalten des Herodes; Opfermut und Fanatismus der Juden (die Frau des greisen „Räubers“ mit ihren sieben Söhnen ist eine Umkehrung der Mutter mit ihren sieben Söhnen vor Antiochos IV. Epiphanes!); Verquickung von „Räubern“ und Patrioten etc.

5.2. Das Staats- und Wirtschaftssystem des Herodes

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Antiochia auf Wunsch des Herodes enthauptet (dies war nach allen antiken Zeugen das erste Mal, daß die Römer die Todesstrafe über einen König verhängten). Herodes hatte alle Mühe, seine römischen Bundesgenossen wieder loszuwerden und vor allem von einer Plünderung Jerusalems abzuhalten, die nicht in seinem Interesse sein konnte (es gelang ihm nur mit großen Geldgeschenken).20 Mit der Hinrichtung des Antigonos war die hasmonäische Herrschaft in Judäa endgültig zusammengebrochen und die Macht auf einen Usurpator übergegangen.

5.2. Das Staats- und Wirtschaftssystem des Herodes 1. Der jüdische Staat unter Herodes war ein Königreich von Roms Gnaden, das sich in nichts von anderen Vasallenkönigreichen unter römischer Oberhoheit unterschied. Herodes erhielt zwar den Königstitel, aber erst im Gegenzug gegen die Einsetzung des Antigonos durch die Parther. Seine offizielle Stellung war die eines rex socius et amicus populi Romani, d. h. eines „verbündeten Königs und Freundes des römischen Volkes“, wie viele andere Klientelkönige auch. Die Rechtsgrundlage für sein Königtum war die Ernennung durch den Senat auf Vorschlag des Antonius (40 v. Chr.) und die Bestätigung durch Octavian/Augustus nach der Schlacht bei Actium (31 v. Chr.); anders als bei den Hasmonäern wurde kein offizieller Bündnisvertrag geschlossen. Sein Königtum war ihm nur ad personam und auf Lebenszeit verliehen, während Caesar seinerzeit Hyrkan das Ethnarchenamt als erbliche Würde zugestanden hatte. Nach Josephus21 soll Augustus Herodes zwar das Recht zuerkannt haben, seinen Nachfolger selbst zu bestimmen, doch behielt er sich, wie die Ereignisse nach dem Tode des Herodes zeigen, die Entscheidung selbst vor. Auch in dem begrenzten Münzrecht (er durfte nur Kupfermünzen prägen) unterschied sich Herodes in keiner Weise von anderen Klientelkönigen Roms. Wichtigstes Kennzeichen der politischen Abhängigkeit von Rom war, neben der Tributpflicht, die Tatsache, daß er keine eigene Außenpolitik trei20 21

Ant. XIV,16,1–4 § 468 ff. Ant. XV,10,1 § 343; Bell. I,23,3 § 454 u. ö.

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

ben konnte, d. h. keine Verträge mit auswärtigen Herrschern schließen und keine Kriege ohne Zustimmung Roms führen durfte. Im Inneren ließen ihm die Römer dagegen völlig freie Hand, und Herodes konnte hier mit unumschränkter Autorität regieren. Aber nicht so sehr die Machtbefugnis des Herrschers gegenüber dem Volk (auch Hyrkan und Antipater waren in der Innenpolitik weitgehend unabhängig), sondern die Rechtsstellung des Volkes hatte sich mit dem Regierungsantritt des Herodes entscheidend gewandelt. Mit der Übertragung des Königtums an Herodes beendeten die Römer das Bündnisverhältnis zwischen dem römischen und dem jüdischen Volk, wie es seit dem ersten Freundschaftsvertrag zwischen Judas Makkabäus und dem römischen Senat als den Vertretern ihrer jeweiligen Völker bestanden hatte. Das jüdische Volk war gegenüber den Römern und damit auch gegenüber Herodes, dem Repräsentanten der römischen Staatsmacht, keine politische Instanz mehr; es hörte auf, „dem römischen Volk gegenüber ein Verhandlungspartner kraft eigenen Rechtes zu sein.“22 Dieses neue Herrschaftsverhältnis äußerte sich in allen Bereichen des öffentlichen Lebens und fand seinen sichtbaren Ausdruck in einem weitverzweigten Kontrollapparat zur Sicherung der Staatsordnung (Geheimpolizei und Spitzelwesen) sowie in einem Treueeid, den Herodes von allen seinen Untertanen verlangte.23 2. Ein wichtiger Stützpfeiler im Herrschaftssystem des Herodes war zweifellos das Militär. Wie schon unter den Hasmonäern dienten in seinem Heer Juden zusammen mit ausländischen Söldnern, daneben aber auch (und offenbar bevorzugt) nichtjüdische Söldner aus seinem Herrschaftsbereich. Herodes scheint die nichtjüdischen Söldner gezielt in geschlossenen städtischen Zentren angesiedelt zu haben,24 um ein Gegengewicht gegen die ihm nicht sehr wohlgesonnene jüdische Bevölkerung aufzubauen. Möglicherweise rekrutierte er aus diesen Kreisen auch bevorzugt den Beamtenapparat für die Zivilverwaltung. 3. Die Strukturen der öffentlichen Verwaltung übernahm Herodes von seinen hasmonäischen Vorgängern, die ihrerseits die seleukidischen und ptolemäischen Organisationsformen vorgefunden hatten. Der jüdische Teil des Reiches war in Toparchien gegliedert, von denen 22 23 24

Schalit, Herodes, S. 225. Ant. XV,10,4 § 368–371. Vgl. die Neugründung von Samaria/Sebaste, Ant. XV,8,5 § 296 f.

5.2. Das Staats- und Wirtschaftssystem des Herodes

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Josephus für den engeren Bereich Judäas 11 überliefert: Jerusalem, Gophna, Akrabeta, Thamna, Lydda, Emmaus, Pelle (= Bet Netofah?), Idumäa (= Westidumäa mit der Hauptstadt Marisa), En Gedi (= Ostidumäa), Herodeion und Jericho.25 Galiläa war wahrscheinlich in fünf Toparchien eingeteilt und das jüdische Transjordanien in drei; insgesamt gab es also unter Herodes 19 Toparchien. Obwohl wir so gut wie gar keine Nachrichten über den Aufbau des Beamtenapparates besitzen, dürften an der Spitze der Toparchie ein Toparch (toparchēs) gestanden haben und an der Spitze der einzelnen Dörfer als der kleinsten Verwaltungseinheit Komarchen; zu deren Verwaltungsstab gehörten jeweils Orts- und Dorfschreiber (topogrammateis bzw. kōmogrammateis), die eine wichtige Funktion in der Erstellung der Steuerlisten gehabt haben dürften. Dem Toparchen übergeordnet war ein „Stratege des Königs“, der dem König direkt für die Überwachung der Zivil- und Militärverwaltung verantwortlich war. Im Unterschied dazu scheint die Verwaltungsstruktur des nichtjüdischen Teils im Herrschaftsgebiet des Herodes sich vor allem an der (vorgegebenen) Organisationsform der hellenistischen Poleis mit ihren zum Stadtgebiet gehörigen Ländereien (chōra = territorium) orientiert zu haben. Die nichtjüdischen Territorien waren daher vermutlich nach Stadtgebieten unterteilt; als offizielle Bezeichnung der Verwaltungseinheit (im Unterschied zur jüdischen Toparchie) vermutet man Meris. Gaza, Anthedon, Joppe, Cäsarea, Sebaste, Gadara und Hippos könnten die wichtigsten dieser Stadtgebiete gewesen sein; über die Verwaltungsstruktur der großen Gebiete im Nordosten des Reiches (Auranitis, Trachonitis, Batanäa und Gaulanitis) ist allerdings nichts bekannt. An der Spitze der Stadtkreise wird ein Meridarch (meridarchēs) gestanden haben, dem wie den Toparchen ein nur dem König verantwortlicher Gouverneur (vielleicht mit dem Titel archōn) beigegeben war. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die gesamte Organisation der Verwaltung im jüdischen wie im nichtjüdischen Teil des Reiches auf die Person des Königs zugeschnitten war, der den Beamtenapparat effektiv kontrollierte und alle wichtigen Entscheidungsbefugnisse in seiner Hand konzentrierte.

25

Bell. III,3,8 § 54–56; vgl. Plinius, Nat. Hist. V,14,70.

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

4. Wie sehr die Ausübung der Macht an der Person des Königs orientiert war, zeigt sich besonders deutlich an der Gerichtsbarkeit. Durch die Ernennung des Herodes zum König änderte sich die staatsrechtliche Grundlage auch insofern, als nicht mehr die überlieferten „Gesetze der Väter“ die Basis der Rechtsordnung bildeten, sondern die Gesetze des römischen Reiches: Die Torah als Rechtsgrundlage wurde durch das römische Rechtssystem ersetzt. Dies bedeutet auch, daß die Rechtsaufsicht von der „autonomen“ jüdischen Körperschaft, dem Synhedrion/Sanhedrin, auf Herodes überging. Herodes konnte es zwar nicht wagen, den Sanhedrin aufzulösen, doch wurde dessen Einfluß völlig gebrochen (die meisten Mitglieder ließ er nach seinem Regierungsantritt hinrichten). Wo es nur eben ging, d. h. ohne Aufruhr durchsetzbar war, mischte sich Herodes in die Praxis der Rechtsprechung ein und versuchte, römischen oder auch hellenistischen Rechtsnormen Geltung zu verschaffen. Josephus überliefert ein Beispiel dieser Rechtspraxis des Herodes, das sicher für zahlreiche ähnliche Fälle steht: Indem der König bei der Ordnung des Staatswesens alle Mühe darauf verwandte, die verschiedenen Übeltaten in Stadt und Land abzustellen, gab er auch einem Gesetz seine Bestätigung, das den früheren Verordnungen sehr unähnlich war. Er bestimmte nämlich, daß die Diebe außer Landes verkauft werden sollten. Diese Strafe war nicht nur für solche Vergehen zu hart, sondern barg auch eine Verletzung der Gesetze der Väter in sich.26

Vorausgesetzt ist hier der Fall eines Schuldners (Einbrechers), der nach biblischem Recht im äußersten Fall nur an einen jüdischen Herrn verkauft werden konnte, was seine Versklavung zeitlich begrenzte.27 Indem Herodes hier verfügt, den Sklaven ins Ausland zu verkaufen, stellt er sich in ausdrücklichen Gegensatz zum Recht der Torah. Hinter dem „Übermut des Tyrannen“, den Josephus hier am Werke sieht, verbirgt sich kaum politische Willkür, sondern möglicherweise der zielgerichtete Versuch, sich innenpolitischer Gegner wirkungsvoll zu entledigen. Für besondere, d. h. für die Staatssicherheit bedeutsame Rechtsfälle setzte Herodes auch eigene Gerichtshöfe ein. Dazu dürften die bei Jo26 27

Ant. XVI,1,1 § 1–5. Vgl. Dt 15,12.

5.2. Das Staats- und Wirtschaftssystem des Herodes

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sephus mehrfach erwähnten Gerichtshöfe der „Freunde und Verwandten des Königs“ gehören, die offenbar nach dem Muster der römischen „Familiengerichte“ konstituiert waren und denen Herodes persönlich gewissermaßen als pater familias vorstand. 5. Auch in der Finanzverwaltung des Reiches war Herodes völlig autonom. Das Land war prinzipiell kaiserlicher Besitz, das der Kaiser dem Herodes zur Nutznießung (ususfructus) überlassen hatte. Der Privatbesitz des Herodes im engeren Sinne war immens. Neben einem ungeheuren Vermögen an Bargeld, mit dem er offenbar gewinnbringende Geschäfte tätigte und das er für zahlreiche und generöse Geschenke benötigte, verfügte er über den Landbesitz seiner Familie in Idumäa. Den wichtigsten Teil seines Vermögens machte aber der Grundbesitz aus, den er von den Hasmonäern und seinen politischen Gegnern beschlagnahmt hatte. Als Rechtsnachfolger der Hasmonäer gehörten ihm die ertragreichen alten Königsgüter, und Herodes war auf diese Weise zweifellos der größte Grundbesitzer in seinem Staate. Über die staatlichen Steuereinnahmen gibt es nur wenige Hinweise in den Quellen. Sicher ist zunächst, daß Herodes wie auch seine Vorgänger einen Tribut an Rom zu entrichten hatte. Die Höhe ist nicht bekannt, doch wird er beträchtlich gewesen sein und war vielleicht schon unter Herodes mit einer allgemeinen Registrierpflicht, also einem census, verknüpft. Er wurde über die verschiedenen Steuern eingetrieben, von deren Ertrag dann ein Teil an Rom abzuführen war. Die Steuerarten im einzelnen: (a) Kopfsteuer: Sie war unter den Seleukiden üblich, wurde von den ersten Hasmonäern abgeschafft und möglicherweise unter Jannai wieder eingeführt. Wahrscheinlich bezog sie sich auf die bewegliche Habe der Einwohner, die abgeschätzt wurde und von deren Wert ein Prozent zu entrichten war.28 (b) Bodensteuer: Die Bodensteuer wurde in zweifacher Form erhoben, und zwar einmal als Steuer auf den Immobilienbesitz (tributum soli), als solche überwiegend in Geldform bezahlt, und zum anderen als Ertragssteuer, als anteilige Produktabgabe in Naturalien entrichtet. Die Höhe ist nicht bekannt; sie mag ein Viertel der Feldfrüchte wie unter Caesar oder ein Drittel wie unter den Seleukiden betragen ha28

Vgl. Appian, Syr. 50.

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ben (letzteres ist eher unwahrscheinlich). Ob dabei ein Unterschied zwischen den Königsbauern und den „freien“ Bauern gemacht wurde, wissen wir nicht, doch ist es zweifelhaft, ob unter Herodes überhaupt eine freie Bauernschaft existierte, da der König ohnehin den größten Teil des Grundbesitzes kontrollierte. (c) Die einträgliche Salzsteuer wurde ebenfalls schon von den Seleukiden erhoben, von den Hasmonäern abgeschafft und von Herodes sehr wahrscheinlich wieder eingeführt. (d) Dasselbe gilt von der Kranzsteuer (aurum coronarium), die sich im Laufe der Zeit von einem freiwilligen Geschenk zu einer Pflichtabgabe entwickelt hatte. (e) Dasselbe gilt von der Umsatzsteuer für Handel- und Gewerbetreibende. (f) Eine Haussteuer wurde möglicherweise erst von Herodes eingeführt. (g) Eine der wichtigsten Einnahmequellen waren die Zölle, die in Form sowohl von Festlands- und Durchgangszöllen als auch von Hafenzöllen von allen Herrschern erhoben wurden, auch von den Hasmonäern. Da das Staatsgebiet in mehrere Zollbezirke unterteilt war, an deren „Grenzen“ jeweils Zölle erhoben wurden, waren die Binnenzölle für den Staat besonders ertragreich und für den Handel entsprechend belastend. Außerdem waren die Zölle oft sehr hoch; ein Zollsatz von 25% des Warenwertes war offenbar keine Seltenheit. Die Zölle wurden, wie die Steuern, zunächst an römische Steuerpächter (publicani) verpachtet und wahrscheinlich seit Gabinius direkt vom Staat bzw. dessen Beauftragten eingezogen. Herodes dürfte das System der lokalen und einheimischen Steuer- und Zollpächter (telōnai) wieder eingeführt haben, das aus ptolemäischer und seleukidischer Zeit bekannt ist und uns im Neuen Testament in seiner Hochblüte entgegentritt und das die „Zöllner“29 beim Volk so verhaßt gemacht hat. Neben dem Zoll wurden zweifellos auch Maut- und Ankergebühren für die Benutzung von Wegen und Häfen erhoben. 29

Die „Zöllner“ im Neuen Testament sind also Steuer- und Zollpächter, die mit ihrem Vermögen für die festgesetzten Steuer- bzw. Zolleinnahmen hafteten und das, was darüber hinausging, als Profit verbuchen konnten. S. dazu auch unten S. 128 f.

5.3. Überblick über den Ablauf seiner Regierung

111

6. Herodes hatte bei seinem Amtsantritt mit Sicherheit eine desolate Wirtschaftslage vorgefunden. Palästina als ausgesprochenes Agrarland war zur Versorgung der (wachsenden) Bevölkerung auf eine florierende Landwirtschaft angewiesen. Nachdem die Eroberungspolitik der Hasmonäer zu einer beträchtlichen Erweiterung der Anbauflächen geführt hatte, war es durch die Gebietsabtretungen unter Pompejus und die Rehellenisierung der Städte unter Gabinius zu einem Rückschlag gekommen, der große Teile der Landbevölkerung verarmen ließ. Herodes hatte zweifellos erkannt, daß eine wirksame Besteuerung der Bevölkerung von ihrer wirtschaftlichen Ertragskraft abhängt. Er nutzte daher die ihm durch Schenkung zugefallenen diversen Gebietserweiterungen zur Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität. Insbesondere in den großen transjordanischen Gebieten im Osten des Reiches scheint er landlos gewordene Bauern angesiedelt zu haben. Ein Musterbeispiel für die Entwicklung brachliegender Gebiete ist die Gründung der Stadt Phasaëlis im unteren Jordantal,30 deren Ländereien sich zu den fruchtbarsten in ganz Palästina entwikkelten. Es wäre also einseitig, Herodes eine ungezügelte Ausbeutung des Volkes zur Last zu legen; er hat durch großangelegte Entwicklungsprojekte zweifellos Beträchtliches zur Hebung der landwirtschaftlichen Produktion und damit auch des Wohlstandes der Bevölkerung getan. Die Vermutung ist daher begründet, „daß am Ende der herodianischen Zeit die wirtschaftliche Lage des Volkes solider war als bei ihrem Beginn.“31

5.3. Überblick über den Ablauf seiner Regierung Als Herodes 37 v. Chr. die Macht übernommen hatte, ging es zunächst darum, diese zu konsolidieren. Seine wichtigsten Gegner im Inneren waren die hasmonäische Familie und die mit den Hasmonäern verbundenen traditionellen Machtstrukturen, d. h. vor allem das Hohepriesteramt und die Aristokratie, und im Äußeren Kleopatra, die Königin von Ägypten, die mit Herodes’ Gönner M. Antonius liiert war. 30 31

Ant. XVI,5,2 § 145. Schalit, Herodes, S. 328.

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

Der erste Schlag des Herodes richtete sich gegen die reichen Adelsfamilien, die Antigonos unterstützt hatten. Unmittelbar nach der Einnahme Jerusalems ließ er „45 der vornehmsten Anhänger des Antigonos umbringen“ und ihr Vermögen konfiszieren.32 Gleichzeitig wurden offenbar die aristokratischen Mitglieder des Sanhedrin hingerichtet, womit die wichtigste Institution der Aristokratie praktisch ausgeschaltet war.33 Die Pharisäer soll er dagegen nach Josephus geschont haben, weil sie während der Belagerung Jerusalems zur Kapitulation geraten hatten.34 Möglicherweise spielte hier auch die Absicht eine Rolle, über die beim Volk beliebten Pharisäer das Volk für sich einzunehmen. Die wichtigste Machtbasis der Hasmonäer war zweifellos das Hohepriesteramt, das immer in einem Spannungsverhältnis zum Königtum gestanden hatte. Da Herodes seine Legitimation ausschließlich von der durch Rom verliehenen Königswürde bezog und als „Fremdling“ niemals Hoherpriester hätte werden können, mußte er folgerichtig das Amt des Hohenpriesters abwerten. So ernannte er, ebenfalls bald nach seinem Regierungsantritt, einen gewissen Chananel aus einer unbekannten Priesterfamilie, die aus Babylonien (oder Ägypten?) stammte, zum Hohenpriester. Er überging damit die Rechte des Hasmonäers Aristobul, des jüngeren Bruders seiner Frau Mariamme. Zwar stand den Hasmonäern als Angehörigen der Priesterklasse Jehojarib und damit als Nicht-Zadokiden das Hohepriesteramt ebenfalls nicht zu, wenn man einen strengen traditionellen Maßstab anlegte; doch befand sich das Amt seit dem Makkabäer Jonathan, d. h. seit ca. 120 Jahren, in der Hasmonäerfamilie, wodurch diese in den Augen der „Frommen“ eine ähnliche Legitimation erhalten haben mag, wie einst die allein rechtmäßigen Zadokiden (und sicher eine größere als ein Hoherpriester von Herodes Gnaden). Als Alexandra, die Mutter Aristobuls, sich gegen diese offene Brüskierung der Hasmonäerfamilie zur Wehr setzte – ob sie deswegen sogar, wie Josephus behauptet,35 mit Kleopatra und M. Antonius in Ägypten konspirierte, bleibe dahingestellt –, sah Herodes ein, daß er zu schnell vorgegangen war und Unruhen im Volk befürchten mußte, setzte Chananel wieder ab und er32 33 34 35

Ant. XV,1,2 § 5–7; Bell. I,18,4 § 358. Ant. XIV,9,4 § 175. Ant. XV,1,1 § 3. Ant. XV,2,6 § 25–30; Bell. I,22,3 § 439.

5.3. Überblick über den Ablauf seiner Regierung

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nannte Aristobul zum Hohenpriester. Dessen Amtszeit war allerdings ebenfalls nicht von langer Dauer. Beim ersten Laubhüttenfest, an dem er als Hoherpriester amtierte (vermutlich 36 v. Chr.), scheint das Volk allzu offen seine Sympathien für den legitimen Hasmonäersprößling bekundet zu haben, obwohl es nach dem Urteil des Josephus „ratsamer gewesen wäre, den Dank für die früher empfangenen Wohltaten mit Rücksicht auf Herodes weniger laut auszudrücken.“36 Herodes mußte befürchten, daß ihm in Aristobul ein ernsthafter Konkurrent um die Macht heranwachsen könnte und ließ ihn unmittelbar nach dem Laubhüttenfest ermorden: Als er (= Herodes) daher nach dem Feste von Alexandra nach Jericho zum Mahle geladen war, suchte er durch Schmeicheleien den Jüngling an einen stillen Ort hinzulocken und stellte sich dann, als wollte er sich mit ihm in jugendlichem Spiel ergötzen. Da es aber an dem Orte sehr heiß war, gingen sie, ermattet vom Spiel, beiseite und traten an die Fischteiche, die in beträchtlicher Größe die Anlagen umschlossen und bei der Hitze angenehme Kühlung gewährten. Zunächst nur sahen sie einigen ihrer Freunde zu, wie diese in dem Wasser schwammen, und als sich dann der Jüngling auf Zureden des Herodes ebenfalls unter sie mischte, tauchten ihn die Freunde des Herodes, welche dieser entsprechend beauftragt hatte – es dämmerte bereits –, unter dem Schein des scherzhaften Spiels unter und ließen ihn nicht eher los, als bis sie ihn ertränkt hatten. So kam Aristobul im blühenden Alter von noch nicht achtzehn Jahren ums Leben, nachdem er nur ein Jahr lang die Hohepriesterwürde bekleidet hatte, die nun wieder auf Chananel überging.37

Mit der Ermordung Aristobuls erlosch die Sukzession des Hohepriesteramtes in einer privilegierten Familie. Indem Herodes die Lebenslänglichkeit und die Erblichkeit des Amtes annullierte, machte er dieses (ähnlich wie die Seleukidenkönige) ausschließlich zum Instrument seiner Innenpolitik und erniedrigte den Hohenpriester zu einem Kultusbeamten, „der von Wahl und Willen des Königs abhängig war.“38 Die Amtsgewänder des Hohenpriesters nahm er persönlich in Verwahrung und begründete damit einen verhängnisvollen Brauch, von

36 37 38

Ant. XV,3,3 § 52. Ant. XV,3,3 § 53–56. Schalit, Herodes, S. 312.

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

dem nach seinem Tode die Römer das Recht auf die Verfügungsgewalt über den hohepriesterlichen Ornat herleiten sollten.39 Die wichtigste außenpolitische Bedrohung seiner Herrschaft war Kleopatra, die Königin von Ägypten. Als Nachfolgerin der Ptolemäer erhob sie einen Rechtsanpruch auf Palästina und wollte die alte ptolemäische Herrschaft über „Syrien und Phönikien“ wiederherstellen. Durch ihre Liaison mit M. Antonius gelang es ihr, diesen Anspruch wenigstens teilweise durchzusetzen: Herodes mußte ihr Gaza und vor allem das wegen seiner Palmen- und Balsamplantagen besonders einträgliche Gebiet von Jericho abtreten (34 v. Chr.) und gegen eine – zweifellos beträchtliche – Pachtsumme von ihr pachten.40 Josephus berichtet, daß sie es bei einem Besuch in Judäa sogar darauf anlegte, Herodes zu verführen, um ihn hinterher bei M. Antonius anschwärzen zu können.41 Wie weit hier die Legendenbildung um Kleopatra im Spiel ist, deren Ruf bekanntlich nicht der beste gewesen sein soll, läßt sich nur schwer entscheiden. Sicher scheint aber zu sein, daß Kleopatra mit der Abtretung Gazas und Jerichos keineswegs zufrieden war und hoffte, Herodes zu beerben, wenn dieser bei M. Antonius in Ungnade fiel. Als 32 v. Chr. der Krieg zwischen Antonius und Octavian ausbrach, setzte sie es (aus demselben Grund) durch, daß Herodes nicht seinem Herrn Antonius zu Hilfe kommen durfte (und bei einem Sieg des Antonius sich diesen zum Dank verpflichten konnte), sondern gegen die Nabatäer ziehen mußte, die mit Pachtzahlungen an Kleopatra im Rückstand waren. Diese Intrige der Kleopatra war freilich die Rettung des Herodes. Der Krieg gegen die Nabatäer ersparte ihm nämlich, auf der Seite des Verlierers in den Kampf zu ziehen und erleichterte ihm nach dem Sieg Octavians über M. Antonius am 2. September 31 v. Chr. in der Schlacht bei Actium den Kurswechsel auf die Seite Octavians. Bevor er sich zu Octavian nach Rhodos begab, ließ er vorsichtshalber den alten Hyrkan umbringen und damit den letzten verbliebenen Hasmonäer ausschalten, von dem er noch eine Konkurrenz um die Gunst Octavians befürchten mußte. In Rhodos gelang es ihm, Octavian von seiner unbedingten Treue zu Rom zu überzeugen (wozu sicher auch sein Sieg über 39 40 41

Ant. XV,11,4 § 403 f. Ant. XV,4,2 § 96. Ant. XV,4,2 § 97–99.

5.3. Überblick über den Ablauf seiner Regierung

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die Nabatäer beitrug), und dieser bestätigte ihn im Frühjahr 30 v. Chr. als König von Judäa.42 Als Herodes Octavian nach dem Selbstmord des Antonius und der Kleopatra im August 30 v. Chr. in Alexandria erneut traf, erweiterte Octavian das jüdische Staatsgebiet beträchtlich. Er gab ihm Gaza und Jericho zurück, die beiden Gebiete also, die M. Antonius der Kleopatra geschenkt hatte, ferner die Städte Anthedon, Joppe und Stratonsturm in der Küstenebene – mit Gaza und Joppe besaß er die beiden wichtigsten Häfen Palästinas; Stratonsturm sollte er selbst als Cäsarea bald zu einem der größten Häfen des Mittelmeeres ausbauen –, Samaria sowie die Städte Gadara und Hippos in Transjordanien, die Pompejus seinerzeit vom hasmonäischen Reich abgetrennt hatte.43 Nach der Zusammenkunft mit Octavian setzte Herodes die lange Reihe der ermordeten Hasmonäer mit seiner eigenen Frau Mariamme fort. Die Umstände und Gründe dieser Hinrichtung sind nicht klar. Herodes hatte Mariamme, bevor er sich zu Augustus begab, in der Obhut eines gewissen Soaemus zurückgelassen, dem er (nach Josephus) den Befehl gegeben hatte, sie zu töten, falls er nicht heil von Augustus zurückkomme. Mariamme, die dies erfahren hatte, zeigte sich nach seiner Rückkehr nicht sonderlich begeistert über diese extreme Liebe, zumal dies bereits das zweite Mal gewesen sein soll; eine ähnliche Geschichte berichtet Josephus nämlich, als Herodes nach der Ermordung des Aristobul zu Antonius zitiert worden war und ebenfalls nicht sicher sein konnte, heil aus dieser Affäre herauszukommen.44 Die Schwester und die Mutter Herodes’, denen die stolze Hasmonäerin schon lange ein Dorn im Auge war, schürten das Mißtrauen noch, indem sie Gerüchte über eheliche Untreue Mariammes und einen Mordanschlag auf Herodes verbreiteten. Herodes ließ Soaemus sofort hinrichten (weil er Mariamme den „Geheimbefehl“ verraten hatte) und Mariamme vor Gericht stellen und ebenfalls hinrichten (29 v. Chr.).45 Gerade die Duplizität der Ereignisse (und die Tatsache, daß die zweite Erzählung im Parallelbericht des Bellum fehlt) läßt manche Historiker an der Historizität der zweiten Erzählung zweifeln. Damit 42 43 44 45

Ant. XV,6,6–7 § 187 ff. Ant. XV,7,3 § 217; Bell. I,20,3 § 396. Ant. XV,3,5–9 § 62 ff. Ant. XV,7,1–6 § 202 ff.

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würden die äußeren Gründe für die Hinrichtung Mariammes entfallen. Dennoch scheint Mariamme das Opfer des fast schon krankhaften Mißtrauens Herodes’ gegen die Hasmonäerfamilie geworden zu sein, das auch vor seiner Frau nicht haltmachte – obwohl er sie, wie aus dem Bericht des Josephus hervorgeht, wirklich geliebt hat. Nach ihrer Hinrichtung stürzte er sich jedenfalls in wüste Ausschweifungen, die ihn ernstlich krank werden ließen. Diese Gelegenheit wollte seine Schwiegermutter (Alexandra) nutzen und Vorsorge für den Fall treffen, daß er sich nicht mehr erholte. Herodes erholte sich aber und ließ schleunigst Alexandra hinrichten, die wohl der spiritus rector der meisten gegen ihn gerichteten Intrigen gewesen war (28 v. Chr.). Nach der Hinrichtung der wichtigsten Mitglieder der hasmonäischen Aristokratie hatte Herodes sich Raum geschaffen für eine Festigung seiner Macht im Inneren. Die folgenden Jahre – von ca. 25 bis 13 v. Chr. – sind die Zeit der Blüte seiner Herrschaft. Er entwickelte eine geradezu exzessive Bautätigkeit, die – zusammen mit einem Ausbau des Verkehrsnetzes – zweifellos auch die Wirtschaft des Landes belebte. In Jerusalem baute er die zu Ehren des M. Antonius benannte Festung Antonia an der Nordwestecke des Tempels, ein Theater, ein Amphitheater, einen neuen Königspalast und nicht zuletzt den Tempel selbst, eines der prächtigsten Bauwerke der damaligen antiken Welt. Durch die Bautätigkeit in Jerusalem entstand eine Klasse von Facharbeitern, die nach Abschluß der Arbeiten am Tempel unter Agrippa II. arbeitslos wurden, so daß Agrippa in einem Arbeitsbeschaffungsprogramm die Stadt mit Marmor pflastern ließ.46 Daneben gründete oder erneuerte Herodes zahlreiche Städte, Festungen und Paläste, so die Städte Samaria/Sebaste (zu Ehren des Augustus), Stratonsturm/Cäsarea mit seinem großen Hafen, der von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung wurde (darin ein Tempel des Augustus), Antipatris zu Ehren seines Vaters, Phasaëlis zu Ehren seines Bruders, Anthedon/Agrippium zu Ehren des Agrippa, Gaba in Westgaliläa (wie Sebaste eine Veteranenstadt); die Festungen und Paläste Alexandreion, Machärus, Hyrkania, Masada, Herodeion (südlich von Jerusalem zu seinen eigenen Ehren mit seinem späteren Grabmal), Jericho (Neubau des alten Hasmonäerpalastes im Wadi Qelt). Und nicht zuletzt erwies er sich als 46

Ant. XX,9,7 § 219–222.

5.3. Überblick über den Ablauf seiner Regierung

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großzügiger Förderer der hellenistischen Kultur, indem er zahlreiche Gebäude in griechischen Städten außerhalb seines Reiches errichtete (darunter auch Tempel), Wasserleitungen baute, Haine und Grünanlagen schenkte, Plätze mit Marmor pflastern ließ, Weihegeschenke stiftete und sogar die Olympischen Spiele finanzierte.47 Zu seinem jeweiligen Herrn, d. h. vor allem zu Octavian/Augustus, unterhielt Herodes ausgezeichnete Beziehungen. Er besuchte Augustus mehrfach und schickte seine beiden Söhne Alexander und Aristobul zur Erziehung nach Rom. Mit Agrippa, dem Feldherrn, Schwiegersohn und Freund des Augustus, war er befreundet. Agrippa besuchte ihn sogar in Jerusalem (15 v. Chr.) und brachte ein Opfer im Tempel dar. Augustus belohnte den treuen Vasallen Roms mit einer weiteren großen Schenkung, indem er (wahrscheinlich 23 v. Chr.) die großen transjordanischen Gebiete Trachonitis, Batanäa und Auranitis in das Reich des Herodes eingliederte. Dessen gute Beziehungen zu Rom erlaubten es ihm sogar, verschiedentlich zugunsten der Juden in der Diaspora (also außerhalb seines eigenen Herrschaftsbereiches) zu intervenieren. Die letzten Jahre der Regierung des Herodes (ca. 13 bis 4 v. Chr.) sind vor allem durch Nachfolgekämpfe innerhalb seiner eigenen Familie geprägt. Dabei sollte sein Versuch, in die Hasmonäeraristokratie einzuheiraten, sich insofern gegen ihn kehren, als auch die Nachkommen der verschiedenen Zweige seiner Familie sich nicht miteinander vertrugen (vor allem der „hasmonäische“ und der „idumäische“ Zweig). Herodes hatte insgesamt 10 Frauen und von diesen zahlreiche Söhne. Die wichtigsten sind: Die erste Frau Doris: Sohn Antipater; beide waren verstoßen; die zweite Frau Mariamme (= Enkelin Hyrkans): Söhne Alexander und Aristobul (ein dritter Sohn starb in Rom); die dritte Frau Mariamme (= Tochter eines Priesters aus Alexandria, den er zum Hohenpriester machte): Sohn Herodes; die vierte Frau Malthake (= Samaritanerin): Söhne Archelaos und Antipas; die fünfte Frau Kleopatra (aus Jerusalem): Sohn Philip.

Die Söhne der Hasmonäerin Mariamme, Alexander und Aristobul, waren zur Erziehung in Rom und wurden 18 oder 17 v. Chr. von Hero47

Bell. I,21,11 f. § 422–428; Ant. XVI,5,3 § 146–149.

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

des persönlich nach Hause geholt, um am Hof in Jerusalem zu leben und auf den Thron vorbereitet zu werden. Dies ging nicht lange gut, zumal seine Schwester Salome die hasmonäisch-idumäische Rivalität schürte und beide solange in die Rolle der natürlichen Rächer ihrer Mutter Mariamme drängte, bis Herodes daran zu glauben und seine Söhne sich entsprechend zu verhalten begannen. Um ein Gegengewicht gegen sie aufzubauen, nahm Herodes seinen ältesten Sohn Antipater wieder in Gnaden auf. Dieser tat seinerseits alles, den häuslichen Frieden zwischen Herodes und Alexander/Aristobul zu stören, bis Herodes diese schließlich persönlich vor Augustus des Hochverrats beschuldigte. Es kam zunächst noch zur Versöhnung (auf Zuraten des Augustus) und zu einem längeren Auf und Ab von gegenseitigen Anschuldigungen und kurzen Versöhnungen, bis beide Söhne (wahrscheinlich 7 v. Chr.) nach einem offiziellen Prozeß hingerichtet wurden (in Samaria/Sebaste, wo Herodes ihre Mutter Mariamme geheiratet hatte).48 Der älteste Sohn Antipater glaubte nun, die Nachfolgefrage in seinem Sinne geregelt zu haben, konnte aber nicht in Ruhe warten, bis der ca. siebzigjährige Herodes starb. Er konspirierte mit Herodes’ Bruder Pheroras und wurde von Herodes gefangengesetzt. Doch auch Herodes’ Tage waren gezählt. Er wurde schwer krank und suchte vergeblich Heilung in den warmen Quellen von Kallirhoë östlich des Jordans. Immerhin war er noch aktiv genug, um fünf Tage vor seinem Tod, als die Erlaubnis zur Hinrichtung Antipaters aus Rom kam, diesen sofort hinrichten zu lassen.49 Er selbst starb wahrscheinlich kurz vor dem Pesachfest des Jahres 4 v. Chr. und wurde in der von ihm erbauten Festung Herodeion bei Bethlehem beigesetzt.50

5.4. Würdigung Die Würdigung einer so dynamischen und komplexen Persönlichkeit wie Herodes ist ein fast unmögliches Unterfangen. Es seien daher nur einige Faktoren hervorgehoben, die für eine Beurteilung wichtig sind. 48 49 50

Ant. XVI,11,7 § 392–394. Ant. XVII,7,1 § 182–187. Ant. XVII,8,1 § 191; 8,3 § 196 ff.

5.4. Würdigung

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Da ist zunächst die unumstößliche Tatsache, daß er in den Augen seiner jüdischen Untertanen ein Usurpator war, der die rechtmäßige Dynastie der Hasmonäer vernichtete, um selbst an die Macht zu kommen. Dies ist sicher richtig, aber ebenso gewiß auch einseitig. Wenn man sich daran erinnert, wie verhaßt die letzten Hasmonäer bei den „Frommen“ waren, wie sehr ihr hellenistisches Königtum als Perversion aller alten (auch der makkabäischen) Ideale angesehen wurde, dann entbehrt der Vergleich mit den Hasmonäern nicht der Ironie. Die Hasmonäer waren, zumindest zum Schluß, kaum weniger vom Ideal des hellenistischen Königtums geprägt als Herodes. Zweifellos aber hat Herodes dieses Ideal zu seiner höchsten Blüte in Palästina geführt. Er war zwar Jude (für seine Feinde ein gerade erst zum Judentum „bekehrter“ Proselyt), aber in seinem Wesen und seinen Neigungen ein Hellenist, vergleichbar den Hellenisten unter Antiochos IV. Epiphanes und der Tobiadenfamilie, die den Aufstand der Makkabäer provozierten, wobei dann eben die Ironie der Geschichte es wollte, daß die Aufständischen schließlich selbst das verkörperten, wogegen sie rebelliert hatten. Für diese hellenistischen Neigungen sprechen nicht zuletzt die Bauten und Tempel, die er griechischen Städten stiftete, das Theater und Amphitheater in Jerusalem, das für sich genommen schon eine Provokation in den Augen der „Frommen“ war. An seinem Hof umgab er sich mit Griechen und Männern griechischer Bildung; der berühmteste war Nikolaus von Damaskus, der Verfasser einer Weltgeschichte, die nur noch durch das Werk des Josephus, der sie ausführlich benutzte, erhalten ist. Die wichtigsten traditionellen Säulen der jüdischen Religion und des jüdischen Staates, das Synhedrion/Sanhedrin und das Amt des Hohenpriesters, benutzte er rigoros und unverfroren als Mittel für seine eigene Macht. Die Funktion des Sanhedrin wurde weitgehend beschnitten (es existierte kaum mehr als nominell), und die Hohenpriester setzte er nach eigenem Gutdünken ein und ab. Seine Lieblingskandidaten kamen dabei meist aus der Diaspora; dies ganz offenkundig deswegen, um die alten sadduzäischen Aristokratenfamilien in ihrem politischen Einfluß zu beschneiden. Bei all seinem Eifer für die griechische Kultur und Bildung verstand er es freilich, gewisse Grenzen der jüdischen Religion nicht zu überschreiten. So scheint ihm daran gelegen gewesen zu sein, die beim

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5. Herodes der Große (37–4 v. Chr.)

Volk beliebte Partei der Pharisäer nicht allzu sehr gegen sich aufzubringen. Auffallend ist auch, daß auf seinen Münzen kein menschliches Abbild erscheint; ebenso hat er es weitgehend vermieden, Bilder an öffentlichen Gebäuden Jerusalems anzubringen. Und als der Nabatäer Syllaeus seine Schwester Salome heiraten wollte, soll er von diesem verlangt haben, vorher zum Judentum überzutreten – was dann die Heirat scheitern ließ. Auch wirtschaftlich scheint er viel für die Entwicklung des Landes getan zu haben. Zwar hat er kräftig an der Steuerschraube gedreht (anders konnte er seine weitgespannten Unternehmungen und generösen Geschenke kaum finanzieren), aber er bemühte sich auch, die Agrarstruktur des Landes zu verbessern und auszubauen. Verschiedene seiner Städtegründungen dienten sicher u. a. diesem Zweck der Urbarmachung von Land, wenn ihr machtpolitischer Faktor (Ansiedlung von Söldnern, Verbreitung hellenistischer Kultur) auch nicht zu verkennen ist. Alles in allem ist die forcierte „Hellenisierung“ wohl das hervorstechendste Merkmal seiner Regierungszeit. Je nach Blickwinkel wird man dies als eher negativ oder eher positiv beurteilen. Sicher ist jedenfalls, daß seine Regierung dem Volk eine Zeit relativen Friedens brachte und daß er es verstanden hat, das schwierige und komplizierte Verhältnis zu seinem römischen Herrn so zu gestalten, daß er wenigstens einen Rest (und wahrscheinlich den unter den gegebenen Umständen größtmöglichen Rest) der nationalen jüdischen Identität bewahren konnte. Für die, die alles wollen, ist dies natürlich zu wenig; aber der Fortgang der Geschichte sollte zeigen, wohin die Politik des unbedingten „Alles oder Nichts“ führte. Fest steht jedenfalls, daß die Regierungszeit des Herodes die letzte längere Zeit der begrenzten jüdischen Selbständigkeit gewesen ist – bis zur Gründung des Staates Israel.

6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

6.1. Die Nachfolgeregelung Herodes hatte in seinem letzten Testament verfügt, daß sein Sohn Archelaos, der älteste Sohn seiner vierten Frau Malthake (der Samaritanerin) den Königstitel erben, dessen Bruder Antipas, der jüngere Sohn der Malthake, Tetrarch von Galiläa und Peräa, und Philip, der Sohn seiner fünften Frau Kleopatra von Jerusalem, Tetrarch von Gaulanitis, Trachonitis, Batanäa und Panias werden sollte. Nach seinem Tod stritten sich, wie zu erwarten, die Brüder um das Erbe und machten ihre Ansprüche in Rom vor Augustus geltend. Gleichzeitig brachen in Palästina verschiedene Unruhen und Aufstände aus, die vom Statthalter Syriens, Varus, brutal unterdrückt wurden; sie kennzeichnen den Beginn einer langen Unruheperiode, die schließlich fast zwangsläufig in den großen Krieg mit Rom münden mußte. Das Zentrum lag im Norden, in Galiläa und Peräa: In Galiläa organisierte ein gewisser Judas (der Sohn des Ezekias, mit dem schon Herodes zu tun hatte) ein Bandenunwesen und machte ganz Galiläa unsicher;1 in Peräa proklamierte sich ein ehemaliger Sklave des Herodes mit Namen Simon zum König;2 dasselbe berichtet Josephus schließlich auch von einem ehemaligen Schäfer mit Namen Athronges, der mit seinen vier Brüdern vor allem Judäa unsicher machte.3 Allen diesen Bewegungen ist gemeinsam, daß sie ganz offensichtlich nicht von den Städten, sondern von der Landbevölkerung ausgingen und daß ihre verschiedenen Anführer die Königswürde beanspruchten, daß sich also hinter den von Josephus verächtlich als „Räuberbanden“ abgestempelten Unruhestiftern radikale sozial-messianische Gruppen verbergen, die starken Rückhalt in der ländlichen Bevölkerung hatten: 1 2 3

Ant. XVII,10,5 § 271 f.; Bell. II,4,1 § 56. Ant. XVII,10,6 § 273 f.; Bell. II,4,2 § 57–59. Ant. XVII,10,7 § 278–284; Bell. III,4,3 § 60–65.

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

So war Judäa eine wahre Räuberhöhle, und wo sich nur immer eine Schar von Aufrührern zusammentat, wählten sie gleich Könige, die dem Staat sehr verderblich wurden. Denn während sie den Römern nur unbedeutenden Schaden zufügten, wüteten sie gegen ihre eigenen Landsleute weit und breit mit Mord und Totschlag.4

Augustus zögerte währenddessen einige Zeit, den Nachfolgestreit zu regeln. Er ließ alle Beteiligten (zu denen sich noch eine Gesandtschaft des Volkes gesellte, die Augustus bat, sie von der gesamten Sippe der Herodianer zu befreien und das Land lieber unter unmittelbare römische Verwaltung zu stellen)5 ihre Ansprüche vortragen, entschied sich aber schließlich dafür, das Testament des Herodes weitgehend zu bestätigen:6 Archelaos erhielt Judäa, Samaria und Idumäa (die Städte Gaza, Gadara und Hippos fielen an die Provinz Syrien); Titel „Ethnarch“, nicht Königstitel; Antipas: Galiläa und Peräa; Titel „Tetrarch“; Philip: Batanäa, Trachonitis, Auranitis, Gaulanitis und vielleicht auch Ituräa;7 Titel „Tetrarch“. Entsprechend der territorialen Aufgliederung Palästinas unter die drei Erben sind die einzelnen Gebiete jetzt gesondert zu behandeln.

6.2. Philip (4 v. Chr. – 33/34 n. Chr.) Die Gebiete, die Philip erhalten hatte, waren alles andere als jüdisches Kerngebiet: Sie waren allesamt erst in späterer Zeit zum jüdischen Territorium hinzugekommen und bestanden aus einer gemischten Bevölkerung, in der Syrer und Griechen dominierten. Von Philips Regierung ist nicht viel zu berichten. Er war offenbar der friedlichste der Söhne des Herodes, über den Josephus nichts Negatives zu erzählen 4

Ant. XVII,10,8 § 285. Charakteristisch ist der Vorwurf gegen das Regime des Herodes: „Die benachbarten, von Ausländern bewohnten Städte habe er verschönert, um die in seinem eigenen Reiche gelegenen durch Steuern zu erschöpfen und zugrunde zu richten“ (Ant. XVII,11,2 § 306). 6 Ant. XVII,11,4 § 317 ff.; Bell. II,6,3 § 93–100. 7 So Lk 3,1. 5

6.3. Herodes Antipas (4 v. Chr. – 39 n. Chr.)

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weiß. Wie Herodes liebte er das Bauen und erbaute zwei Städte neu, Panias = Cäsarea (Philippi) und Bethsaida (nördlich des Sees Genezareth) = Julias (zu Ehren der Tochter des Augustus). Den Römern gegenüber war er absolut loyal und regierte, von der Bevölkerung offensichtlich geachtet, uneingeschränkt als hellenistischer Potentat; daß er dies ohne jeden Widerstand tun konnte, dürfte er der Tatsache verdankt haben, daß der „heidnische“ Bevölkerungsanteil in seinem Gebiet überwog, dieses für die „frommen“ Juden also relativ uninteressant war. Er prägte z. B. unangefochten Münzen mit den Bildern von Augustus und Tiberius. Nach seinem Tode wurde sein Territorium der römischen Provinz Syrien zugeschlagen, kam aber bald wieder (37 n. Chr. unter Caligula) an einen Herodianer (Agrippa).

6.3. Herodes Antipas (4 v. Chr. – 39 n. Chr.) Herodes Antipas – der Herodes des Neuen Testaments – hatte Galiläa und Peräa erhalten (also ohne die Städte der Dekapolis). Er gilt als der typischste Sohn seines Vaters in dessen negativen Eigenschaften (schlau, ambitiös, prunksüchtig); das Neue Testament8 nennt ihn einen „Fuchs“. Er erbaute Sepphoris neu und gründete – als seine Hauptstadt – Tiberias (benannt nach dem Kaiser Tiberius). Die Tatsache, daß er die Stadt nur nach ihm wichtigen Gesichtspunkten aussuchte (Nähe zu den warmen Quellen von Hammath) und keine Rücksicht darauf nahm, daß sie auf einem alten Gräberfeld lag, trug ihm nicht gerade die Sympathie seiner torahtreuen Untertanen ein. Er mußte die Stadt mit Gewalt besiedeln und erhielt eine sehr gemischte heidnischjüdische Bevölkerung. Tiberias war ganz nach hellenistischem Vorbild gebaut: Stadion, prächtiger Palast (mit Tierbildern), Stadtrat (boulē) mit Ältestenrat, aber immerhin auch eine prächtige Synagoge. Wie Herodes wagte er es allerdings nicht, sich in einen offenen Gegensatz zur traditionellen jüdischen Religion zu bringen und vermied z. B. auch Abbildungen auf Münzen.

8

Lk 13,32.

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

Das Verhängnis des Antipas wurde seine Frau Herodias, eine Tochter des 7 v. Chr. hingerichteten Aristobul, die mit seinem Halbbruder Herodes verheiratet war (einem Sohn der zweiten Mariamme). Um sie heiraten zu können, ließ er sich von seiner ersten Frau scheiden; da diese eine Tochter des Nabatäerkönigs Aretas war, des natürlichen Feindes an der Ostgrenze des Reiches, führte dies zu außenpolitischen Verwicklungen, die 36 n. Chr. in einen Krieg mündeten, der mit der totalen Niederlage des Antipas endete. Im Inneren hatte er ebenfalls mit dem wachsendem Widerstand der torahtreuen Bevölkerung zu kämpfen. Symptomatisch ist das Auftreten Johannes des Täufers in Peräa. Über die Gründe der Gegnerschaft berichtet Josephus,9 daß Antipas vor allem Johannes’ politischen Einfluß beim Volk fürchtete, während nach dem Neuen Testament10 Johannes die unrechtmäßige Ehe mit der Herodias angeprangert haben soll. Wahrscheinlich spielte beides eine Rolle, überwiegend aber sicher die Gefahr des politischen Aufruhrs. Antipas ließ Johannes jedenfalls in der Festung Machärus festsetzen und hinrichten. Auch hier stimmen Josephus und das Neue Testament nicht ganz überein: Nach Josephus scheint Johannes sofort hingerichtet worden zu sein; nach dem Neuen Testament war Antipas dagegen zunächst unschlüssig und verurteilte ihn erst nach einer Intrige der Herodias zum Tode.11 Ebenfalls in die Regierungszeit des Antipas gehört das Auftreten Jesu in Galiläa (den Antipas mit seinem schlechten Gewissen zunächst für den wiedererstandenen Johannes hielt).12 Nach dem Lukasevangelium befand sich Antipas während des Pesachfestes in Jerusalem, an dem Jesus gefangengenommen und verurteilt wurde. Da Jesus aus Galiläa stammte, ließ Pilatus (der römische Prokurator) ihn zu Antipas überstellen, um ihn verurteilen zu lassen. Antipas schickte ihn aber zu Pilatus zurück und überließ es diesem, das Todesurteil auszusprechen.13 Das Auftreten Johannes des Täufers und Jesu gehört sicher in den Kontext der sozialen und politischen Umwälzungen zu Beginn des 1. 9

Ant. XVIII,5,2 § 117–119. Mt 14,3 f.; Mk 6,17 f.; Lk 3,19 f. 11 Mt 14,6–11; Mk 6,21–28; Lk 9,9. 12 Mt 14,1 f.; Mk 6,14–16; Lk 9,7–9. 13 Lk 23,7–12. 10

6.3. Herodes Antipas (4 v. Chr. – 39 n. Chr.)

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Jahrhunderts n. Chr. Ob und in welchem Maße das frühe Christentum als zelotische Bewegung wie die übrigen sozial-messianischen Bewegungen14 verstanden werden kann, ist umstritten. Zweifellos finden sich auffällige Gemeinsamkeiten. Dazu gehört etwa die starke Betonung des sozialen Elementes in der Predigt Jesu, die Mißachtung familiärer Bindungen, die Forderung nach bedingungsloser Hingabe bis hin zum Martyrium, die ausgeprägte Naherwartung in den ältesten Schichten des Evangeliums und auch die in manchen Passagen deutlich erkennbare Spannung zur römischen Obrigkeit. Auf der anderen Seite ist die für die (späteren) Zeloten so charakteristische Bereitschaft zur Gewalt bis hin zum politischen Mord gewiß kein Kennzeichen des Neuen Testaments, wie sich überhaupt die radikale neutestamentliche Liebesethik kaum mit der Ideologie der Zeloten vereinbaren läßt. Zu bedenken ist auch, daß mit zunehmender Entfernung von den Anfängen des Christentums das aktiv-politische Moment immer mehr in den Hintergrund trat, daß man also bei der Beurteilung der historischen Ereignisse die Entwicklung im Neuen Testament mit zu berücksichtigen hat. Auf jeden Fall ist das frühe Christentum, wie immer man die Nähe zu den Zeloten beurteilt, ein Teil der jüdischen Geschichte und gehört damit in das bunte Bild der verschiedenen religiös-politischen Gruppierungen des Judentums zu Beginn der christlichen Zeitrechnung. Eine Sonderrolle dieses frühen Christentums läßt sich mit historischen Maßstäben nicht begründen, es sei denn, man überträgt aus dogmatisch-theologischen Motiven die spätere Entwicklung auf die Anfänge. Ein solches Vorgehen ist sicher schon theologisch problematisch und entspricht ganz gewiß nicht der historischen Wirklichkeit. Wieder zurück zu Antipas. Seine ambitiöse Frau hatte ihm nicht nur Händel mit dem Nabatäerkönig eingetragen, sondern sollte auch sein politisches Ende bewirken. Als Caligula 37 n. Chr. an die Regierung kam, übertrug dieser Agrippa, einem Sohn des 7 v. Chr. hingerichteten Aristobul und somit Bruder der Herodias, die Tetrachie des Philip sowie den Königstitel. Herodias stachelte ihren Mann auf, sich ebenfalls von Caligula den Königstitel zu erbitten. Die Folge war, daß Caligula ihn absetzte (wegen angeblicher Hortung von Waffen) und 14

S. unten S. 132 ff.

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

nach Lugdunum in Gallien verbannte (39 n. Chr.). Seine Tetrarchie – also Galiläa und Peräa – fiel ebenfalls an Agrippa.15

6.4. Archelaos (4 v. Chr. – 6 n. Chr.) Der ältere Sohn der Samaritanerin Malthake hatte das Kerngebiet des herodianischen Reiches erhalten, nämlich Judäa, Samaria und Idumäa (mit den wichtigsten Städten Jerusalem, Samaria/Sebaste, Cäsarea und Jaffo/Joppe). Er gilt als der schlimmste der Söhne des Herodes und übte ein brutales Schreckensregiment aus. Seine Regierung muß so unerträglich gewesen sein, daß eine jüdische Delegation bei Augustus Erfolg hatte und seine Absetzung erreichte. Nach knapp zehnjähriger Regierungszeit wurde er nach Vienne in Gallien verbannt.16 Mit diesem Ende der Regierung des Archelaos war eine wichtige Änderung im Status seines Herrschaftsgebietes verbunden: Judäa kam unter direkte römische Verwaltung und wurde römische Provinz. Damit sollten sich die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse rapide verschlechtern.

6.5. Judäa unter römischer Verwaltung (6–41 n. Chr.) 6.5.1. Rechtlicher Status der Provinz Im Provinzsystem der römischen Kaiserzeit gab es drei Kategorien von Provinzen.17 Grundsätzlich wurde zwischen kaiserlichen und senatorischen Provinzen unterschieden, d. h. Provinzen, die dem Senat und solche, die direkt dem Kaiser unterstanden; erstere waren in der Regel ungefährdete Territorien, letztere erforderten wegen ihrer außen- und innenpolitisch exponierten Lage die ständige militärische Präsenz des Kaisers. Beide Typen von Provinzen hatten einen Statthalter im Senatorenrang, entweder einen ehemaligen Konsul (so vor allem die größeren) oder einen ehemaligen Prätor; wichtigste kaiserli15 16 17

Ant. XVIII,7,2 § 252; Bell. II,9,6 § 183. Ant. XVII,13,2–3 § 342 ff.; Bell. II,7,3 § 111–113. Strabo, Geographica XVII,3,25.

6.5. Judäa unter römischer Verwaltung (6–41 n. Chr.)

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che Provinz mit einem legatus Augusti pro praetore aus der Gruppe der ehemaligen Konsuln war Syrien. Daneben gab es aber auch noch eine dritte Kategorie von Provinzen, ebenfalls direkt dem Kaiser unterstellt, in die Statthalter aus dem Ritterstand entsandt wurden; diese trugen den Titel praefectus bzw. (seit Claudius) procurator. Diese dritte Kategorie war relativ selten und Provinzen mit sehr ausgeprägt eigenen Kulturen oder als barbarisch eingestuften Bevölkerungen (dies mußte aus römischer Sicht nicht unbedingt ein Gegensatz sein) vorbehalten. Das berühmteste Beispiel war Ägypten, das eine Sonderstellung einnahm und trotz seiner Größe und Bedeutung immer nur von einem Ritter als praefectus Aegypti regiert wurde. In diese Kategorie kam 6 n. Chr. auch Judäa, wobei der Statthalter von Syrien eine gewisse Oberaufsicht über die neue Provinz ausgeübt zu haben scheint. Jedenfalls sind verschiedene Eingriffe des syrischen Statthalters in Judäa bezeugt, wenngleich daraus keineswegs geschlossen werden kann, daß Judäa in administrativer Hinsicht ein Teil Syriens war. Der Sitz des römischen Prokurators war Cäsarea. Der Prokurator leitete die Verwaltung, übte die höchste juristische Gewalt aus und befehligte die im Lande stationierten Truppen.18 Provinzen, die von einem Prokurator oder Präfekten verwaltet wurden, hatten in der Regel (Ausnahme: Ägypten) nur Hilfstruppen (auxilia) zur Verfügung, keine ständige Legion; dies galt auch für Judäa. Im Unterschied zu den Legionen wurden die Hilfstruppen (mit Ausnahme der Offiziere) aus der einheimischen Bevölkerung ohne römisches Bürgerrecht rekrutiert, wobei allerdings in Judäa der jüdische Bevölkerungsteil vom Militärdienst befreit war. Außer in Cäsarea sind Garnisonen in Jerusalem (zumindest während der großen Feste, um Unruhen zuvorzukommen), Samaria/Sebaste, Kypros bei Jericho, Machärus, der Jesreel-Ebene und Askalon bezeugt. Die Verwaltungsbefugnis des Prokurators bezog sich insbesondere auf den Einzug der Steuern. Die Römer werden im wesentlichen das Steuersystem des Herodes übernommen, d. h. an der Art und Höhe der Steuern im Vergleich zu Herodes nicht allzu viel geändert haben. Grundlage der Steuerberechnung war die Volkszählung (census), die 18 Auch das Münzrecht war auf den Prokurator übergegangen. Die Münzstätte befand sich offenbar in Cäsarea. Geprägt wurden nur Bronzemünzen, und zwar nach der offiziellen Zählung des Reiches.

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

unmittelbar mit der Umwandlung Judäas in eine prokuratorische Provinz unter dem syrischen Statthalter Quirinus (d. h. also offenbar gleichzeitig mit einem census in Syrien) 6 oder 7 n. Chr. durchgeführt wurde;19 es ist dieselbe Volkszählung, die Lk 2,2 erwähnt und dort fälschlich in die Zeit Herodes des Großen datiert wird. Die beiden wichtigsten Steuern unter direkter römischer Verwaltung waren, wie auch schon vorher, die Boden- (tributum soli) und die Kopfsteuer (tributum capitis). Das tributum soli wurde sowohl in Naturalien (als anteilige Abgabe der Ernteerzeugnisse) als auch in Geld bezahlt; das tributum capitis bestand aus einer Vermögenssteuer entsprechend dem persönlichen Vermögen des einzelnen20 und aus einer „Kopfsteuer“ im engeren Sinne, d. h. einer Steuer, die jeder Bürger als Person und unabhängig von seinem Vermögen entrichten mußte. Wir wissen nicht, wer genau davon betroffen war, doch ist für Syrien aus späterer Zeit bezeugt, daß Männer zwischen 14 und 65 und Frauen zwischen 12 und 65 Jahren die Kopfsteuer zu zahlen hatten.21 Möglicherweise gibt der im Neuen Testament genannte eine Denar22 einen Hinweis auf die Höhe der Kopfsteuer. Daß die Besteuerung als eine drückende Last empfunden wurde, zeigt die bei Tacitus erwähnte Petition der Provinzen Syrien und Judäa an den Kaiser Tiberius um eine Steuerermäßigung.23 Ein besonderes Problem bildet die Frage, wie die Steuern und die Zölle (beides gehörte eng zusammen) eingezogen wurden. Die Quellen ergeben hier kein einheitliches Bild. Im Neuen Testament hören wir von dem „Zöllner“ Levi b. Alphäus in Kapernaum24 sowie von einem reichen „Oberzöllner“ (architelōnēs) in Jericho mit Namen Zacchäus;25 Josephus erwähnt einen reichen „Zöllner“ namens Johannes im Jahre 66 n. Chr. in Cäsarea,26 weist aber gleichzeitig darauf hin, daß ebenfalls 66 n. Chr. die Archonten und Ratsherren (bouleutai) von Je19

Ant. XVIII,1,1 § 1 f. Appian, Syr. 50: 1% des Schätzwertes des Vermögens (in Syrien). 21 Ulpian, Digesta L,15,3. 22 Mk 12,13–17 par. 23 Tacitus, Annalen 11,42: „Die Provinzen Syrien und Judäa baten, erschöpft von den Lasten, um eine Verringerung des Tributs.“ 24 Mk 2,14; Mt 9,9: hier heißt er Matthäus; Lk 5,27. 25 Lk 19,1 ff. 26 Bell. II,14,4 § 287. 20

6.5. Judäa unter römischer Verwaltung (6–41 n. Chr.)

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rusalem die ausstehende Steuersumme einsammelten, um den drohenden Kriegsausbruch noch einmal zu verhindern.27 Man hat daraus geschlossen, daß die direkten Steuern (d. h. Boden- und Kopfsteuer) nicht mehr von den Steuerpächtern (telōnai, publicani) eingezogen wurden, sondern vom Magistrat der Städte, während der Zoll weiterhin an publicani (also römische oder einheimische Steuerpächter) verpachtet wurde. Sehr wahrscheinlich ist das Bild aber differenzierter. Man wird bei den verschiedenen Belegen insbesondere auf die geographischen Unterschiede achten müssen. Der „Oberzöllner“ in Jericho und der „Zöllner“ in Cäsarea gehörten zweifellos zum Gebiet der römischen Provinz Judäa; beide werden Zollpächter im engeren Sinne des Wortes gewesen sein, der eine (in Jericho) an der Grenze zwischen Judäa und Peräa (letzteres gehörte zum Herrschaftsbereich des Herodes Antipas), der andere (in Cäsarea) im wichtigsten Ausfuhrhafen Judäas. Die Ratsherren in Jerusalem als Mitglieder des Magistrats zogen dagegen offensichtlich die direkten Steuern ein; d. h. für die Provinz Judäa dürfte die Unterscheidung zwischen dem Einzugssystem der direkten Steuern und der Zölle zutreffen.28 Anders liegt der Fall aber bei dem „Zöllner“ Levi in Mk 2,14 par. Kapernaum gehörte zum Territorium des Herodes Antipas, in dem kein Grund für die Übernahme des römischen Steuersystems bestand. Die „Zöllner“ in Galiläa waren daher in erster Linie Steuerpächter und als solche zweifellos die direkten Nachfahren der Staatspächter des alten hellenistischen Systems der Staatspacht, auf das Herodes offenbar wieder zurückgegriffen hatte.29 Neben den Einnahmen aus Steuern und Zöllen flossen nunmehr auch die Erträge aus den reichen Königsgütern Judäas in die Kassen des römischen Staates. Dies gilt insbesondere für die Erträge aus den berühmten Balsamplantagen bei Jericho und En Gedi, über deren gezielte Ausbeutung Plinius berichtet.30 27

Bell. II,17,1 § 404. Obwohl auch hier nicht auszuschließen ist, daß beim Einzug der Steuern neben dem Magistrat auch Steuerpächter tätig waren. Möglicherweise existierten beide Systeme, das der Verantwortlichkeit des Magistrats und das der Steuerpacht, eine Zeitlang nebeneinander. 29 S. oben S. 110. 30 Plinius, Nat. Hist. XII,113. 28

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

Die juristische Autorität des Prokurators bezog sich grundsätzlich auf die gesamte Rechtsprechung. In der Praxis blieb jedoch das reguläre Zivil- und Strafrecht in den Händen der lokalen jüdischen Autoritäten, die somit eine begrenzte innere Autonomie genossen; die Prokuratoren behielten sich vor allem die Todesstrafe in politischen Strafrechtsfällen vor, wovon sie auch ausgedehnten Gebrauch machten, wie die Beispiele unter Pontius Pilatus (Jesus), Cuspius Fadus (Theudas), Tiberius Alexander (Simon und Jakob) und der exzessive Mißbrauch unter den letzten Prokuratoren zeigen. Insgesamt blieb für die jüdische Bevölkerung Judäas somit ein beträchtliches Maß an politischer und auch religiöser Autonomie gewahrt (vor allem in der Theorie, in der Praxis dann um so weniger, je korrupter die Prokuratoren wurden). Josephus vergleicht den Wechsel, der mit dem Übergang von Archelaos zur unmittelbaren römischen Verwaltung stattfand, mit dem von einem monarchischen zu einem aristokratischen Regime.31 Judäa war – im Inneren – wieder ein aristokratisch regiertes Gemeinwesen, in dem der Sanhedrin mit dem Hohenpriester an der Spitze (und damit insbesondere die Tempelaristokratie) offenbar wieder beträchtlichen Einfluß ausübte. Allerdings behielten sich die Römer in der ersten Phase der römischen Provinz Judäa die Ein- und Absetzung des Hohenpriesters selbst vor; erst in der zweiten Phase (44–66 n. Chr.) übertrugen sie das Recht den Klientelkönigen Herodes von Chalkis und Agrippa II. Der jüdische Kult wurde respektiert; von der Verehrung des Kaisers als Gott waren die Juden ausgenommen (mit der einen Ausnahme unter Caligula).32 6.5.2. Die Prokuratoren Dieses vergleichsweise tolerante System funktionierte aber nur so gut wie diejenigen waren, die es durchzuführen hatten, d. h. die Prokuratoren. Von den ersten Prokuratoren ist kaum mehr als der Name und die ungefähre Zeit der Regierung bekannt: 1. Coponius (6–9 n. Chr.); 2. Marcus Ambibulus (9–12 n. Chr.); 31 32

Ant. XX,10,5 § 251. S. unten S. 132.

6.5. Judäa unter römischer Verwaltung (6–41 n. Chr.)

131

3. Annius Rufus (12–15 n. Chr.); 4. Valerius Gratus (15–26 n. Chr.); 5. Pontius Pilatus (26–36 n. Chr.); 6. Marcellus (36–37 n. Chr.); 7. Marullus (37–41 n. Chr.).33

Größere Teile der jüdischen Bevölkerung mögen die römische Herrschaft zunächst als Befreiung vom Joch der verhaßten Herodianer begrüßt haben; andere dagegen erkannten von Anfang an die damit verbundenen Gefahren und bekämpften die Römer im Gegenteil als brutale Unterdrücker, die das jüdische Volk endgültig in die Sklaverei führten.34 Diese letztere Gruppe sollte im Laufe der Zeit immer mehr Zulauf erhalten, vor allem, je offenkundiger die Auswüchse der Prokuratorenherrschaft wurden (seit Pontius Pilatus). Die aristokratische Oberschicht konnte sich – wie schon unter den Seleukiden und unter Herodes – am leichtesten und andauerndsten mit der römischen Herrschaft abfinden, zumal ihre Privilegien relativ unangetastet blieben und ihre wirtschaftlichen Interessen auch kaum Schaden nahmen. Der Prokurator, von dem wir am meisten wissen, ist Pontius Pilatus (nicht nur wegen des Prozesses Jesu). Pilatus war wohl besonders unsensibel für die speziellen jüdischen Belange. So befahl er den römischen Truppen – was seine Vorgänger immer vermieden hatten – ihre Standarten (auf denen u. a. der Kaiser abgebildet war) nach Jerusalem zu bringen35 – eine gezielte Provokation gegenüber den Juden; oder er ließ den an sich sehr nützlichen Bau eines Aquäduktes nach Jerusalem aus dem Tempelschatz bezahlen36 – auch dies mußte torahtreue Juden nicht gerade freundlich stimmen. Sein ebenso brutales Vorgehen gegen die Samaritaner37 brachte ihn schließlich zu Fall und führte zu seiner Absetzung. Das gespannte Verhältnis zwischen römischer Obrigkeit und dem jüdischen Volk kam unter der Regierung Caligulas (37–41 n. Chr.) zu seinem vorläufigen Höhepunkt. Unter ihm (und möglicherweise von 33 Manche erwägen, ob es sich bei den letzten beiden Namen nicht um ein und dieselbe Person handelt. 34 S. unten S. 132 ff. 35 Bell. II,9,2–3 § 169–174; Ant. XVIII,3,1 § 55–59. 36 Bell. II,9,4 § 175–177; Ant. XVIII,3,2 § 60–62. 37 Ant. XVIII,4,1 § 87.

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

ihm inszeniert) ereignete sich eines der größten antijüdischen Pogrome in Alexandria (38 n. Chr.; 40 n. Chr. die Gesandtschaft der jüdischen und griechischen Delegation zu Caligula, die in Philos Legatio ad Gaium beschrieben wird). Sein Befehl (39/40), seine Statue im Jerusalemer Tempel aufzustellen, konnte nur durch die geschickte Hinhaltetaktik des syrischen Statthalters Petronius und die Intervention Agrippas I. verhindert werden, die (mit Recht) einen Aufstand größten Ausmaßes befürchteten. Caligula nahm den Befehl zurück, befahl aber dem renitenten Statthalter, Selbstmord zu begehen und plante im übrigen, die Statue nun heimlich nach Jerusalem zu bringen. Nur seine eigene Ermordung (Januar 41) vereitelte die Durchführung dieser Wahnsinnstat und ersparte dem Statthalter von Syrien den Selbstmord. Der Nachfolger Caligulas, Claudius, leitete sofort ein Revirement in der Politik gegenüber den Juden ein. Er betraute Agrippa (der schon 37 n. Chr. die Tetrachie des Philip – zusammen mit dem Königstitel – und 39 die Tetrarchie des Antipas erhalten hatte) mit Judäa und Samaria, dem größten Teil des ehemaligen Gebietes von Archelaos. Damit verfügte Agrippa wieder über ein Reich etwa von der Größe seines Großvaters Herodes. Gleichzeitig erhielt er den Rang eines Konsuls. 6.5.3. Die Zeloten Mit der Umwandlung Judäas in eine römische Provinz verbindet Josephus die Entstehung der Zeloten als einer politisch wirksamen „Partei“: Das Gebiet des Archelaos wurde in eine Provinz umgewandelt, und als Prokurator wurde Coponius, ein Mann aus römischem Ritterstand, entsandt, der vom Kaiser obrigkeitliche Gewalt einschließlich des Rechts, die Todesstrafe zu verhängen, empfing. Während seiner Amtszeit verleitete ein Mann aus Galiläa mit Namen Judas die Einwohner der soeben genannten Provinz zum Abfall, indem er es für einen Frevel erklärte, wenn sie bei der Steuerzahlung an die Römer bleiben und nach Gott irgendwelche sterblichen Gebieter auf sich nehmen würden. Es war aber dieser Mann Wanderredner (sophistēs) einer eigenen Sekte (idias haireseōs), der den anderen Juden in nichts glich.38

38

Bell. II,8,1 § 117 f.; vgl. Ant. XVIII,1,1 § 1–10.

6.5. Judäa unter römischer Verwaltung (6–41 n. Chr.)

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Der hier als Gründer der Zeloten erwähnte Judas aus Galiläa stammte nach Ant. XVIII,1,1, § 4 aus Gamala in der Gaulanitis, scheint aber als Galiläer gegolten zu haben, weil das Zentrum seiner Aktivitäten in Galiläa lag.39 Er war der Sohn des „Bandenführers“ Ezekias/Hiskia, gegen den Herodes während seines politischen Einstands als stratēgos von Galiläa gekämpft hatte,40 und selbst schon unmittelbar nach dem Tode des Herodes als Organisator des Aufstandes in Galiläa hervorgetreten.41 Die Anfänge der zelotischen Bewegung reichen demnach weit zurück, doch ist ihre Verknüpfung mit dem Beginn der rechtlichen Eingliederung Judäas in das römische Provinzialsystem keineswegs zufällig. 1. Der häufigste Terminus bei Josephus für die Angehörigen der unter dem Sammelbegriff „Zeloten“ zusammengefaßten Gruppen ist lēstai (lat. latrones, hebr. listim) – „Räuber, Banditen“. Dieser Begriff bezeichnet alle bewaffneten Widersacher der römischen Staatsgewalt, unabhängig davon, ob es sich um „bloße“ Kriminelle handelte oder um Widerstandsgruppen mit primär patriotisch-politischen Motiven. Da beides wegen der gemeinsamen sozialen Wurzel aus römischer Sicht ohnehin untrennbar miteinander verquickt war, haben die Römer alle Arten von Widerstandsgruppen als Banditen behandelt, die – im Unterschied zu den regulären Truppen feindlicher Staaten – außerhalb jeden Rechtes standen. Wenn Josephus also den Terminus „Räuber“ verwendet, macht er sich den diskriminierenden römischen Sprachgebrauch zu eigen und ignoriert die sozialen und religiösen Elemente der Bewegung. Ebenfalls von den römischen Gegnern der Widerstandskämpfer scheint die Bezeichnung sikarioi – „Sikarier“42 zu stammen. Josephus verwendet sie vor allem zur Charakterisierung der aktivistischen Masada-Gruppe, d. h. der nach Masada geflüchteten Anhänger des ermordeten Menachem.43 Dagegen dürften wir mit dem Terminus zēlōtai (hebr. qana’im) – „Eiferer“ die ehrenvolle Selbstbezeichnung 39

Vgl. auch Apg 5,37. S. oben S. 101. 41 S. oben S. 121. 42 Von lat. sica – „Dolch“ abgeleitet, nach der Kampftaktik der Sikarier; s. unten S. 142. 43 S. unten S. 145. 40

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

der Widerstandskämpfer vor uns haben, die diese in bewußtem Rückgriff auf biblische Vorbilder44 verwendeten. Josephus gebraucht den Begriff zwar vorzugsweise für die Gruppe um El‘azar b. Simon,45 doch vermutet man mit Recht, daß der Begriff schon vor dem jüdischen Krieg auf die Widerstandskämpfer bezogen wurde und damit die durch Judas ausgelösten Bewegungen zutreffend kennzeichnet.46 2. Von der Lehre der Zeloten, d. h. von ihren politischen und religiösen Idealen, sagt Josephus zusammenfassend:47 Der vierten Philosophenschule (der Juden)48 stand der Galiläer Judas als Führer vor. Diese Schule stimmt in allen anderen Hinsichten mit den Pharisäern überein, doch ist ihre Liebe zur Freiheit unüberwindlich, und als Herrscher und Herrn anerkennt sie Gott allein. Ganz ungewöhnliche Todesarten erdulden sie und die Todesstrafe bei Verwandten und Freunden schätzen sie gering ein, wenn sie nur keinen Menschen als Herrn anzuerkennen brauchen. Da ihre Hartnäckigkeit indes allgemein durch Augenschein bekannt ist, glaube ich von weiteren Bemerkungen über sie absehen zu können. Ich brauche ja nicht zu fürchten, daß das, was von mir über sie gesagt wurde, keinen Glauben fände; im Gegenteil muß ich besorgt sein, daß die Worte des Berichtes zu schwach sind, um die Geringschätzigkeit zu schildern, mit der sie das Übermaß der Schmerzen auf sich nehmen.

Hier wird zunächst die Nähe der Zeloten zur großen „Partei“ der Pharisäer hervorgehoben; dies wird durch den Hinweis verstärkt, daß neben Judas auch ein Pharisäer mit Namen Zadoq der Mitbegründer der „vierten Philosophenschule“ gewesen sei.49 Man vermutet daher, daß die zelotische Bewegung aus den Pharisäern hervorgegangen und gewissermaßen als deren „linker Flügel“ anzusehen ist. Inhaltlich wird die „Lehre“ der Zeloten durch die Begriffe der Freiheit und der alleinigen Königsherrschaft Gottes charakterisiert. Beides gehört eng zusammen und bildet das Leitmotiv in allen Schilderungen der zelotischen Bewegung. Das Freiheitsstreben der Zeloten fand sei44

Pinchas der Eiferer: vgl. Num 25,6–13. S. unten S. 153. 46 Die bei Justin (Dial. c. Tryph. 80,2), Hegesipp (Eusebius, HE IV,22,7) und Epiktet (Arrian, Diss. IV,7,6) erwähnten „Galiläer“ beziehen sich zweifellos ebenfalls auf die Zeloten; der Begriff verweist auf Galiläa als Zentrum der Bewegung. 47 Ant. XVIII,1,6 § 23 f. 48 Neben den Pharisäern, Sadduzäern und Essenern; s. oben S. 86. 49 Ant. XVIII,1,1 § 4.9. 45

6.5. Judäa unter römischer Verwaltung (6–41 n. Chr.)

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nen deutlichsten Niederschlag in den Münzlegenden des jüdischen Krieges, die mit ihren Inschriften cherut tsion („Freiheit Zions“) und lig’ullat tsion („für die Erlösung Zions“) die Erwartung politischer Freiheit und eschatologischer Erlösung zum Ausdruck bringen. Jede Form der weltlichen Herrschaft – und ganz gewiß diejenige eines Kaisers, der von sich in Anspruch nahm, selbst Gott zu sein – widerspricht der Königsherrschaft Gottes und muß daher bekämpft werden. Der radikale Gottes- und Freiheitsbegriff der Zeloten ist somit die unmittelbare Ursache für ihren politischen Aktivismus, ihre Bewegung nur verständlich, wenn man sie in ihrem radikal-messianischen und sozialen Kontext sieht. Nur so erklärt sich auch der Anspruch auf die von Gott legitimierte (messianische) Königswürde, den Josephus von den meisten zelotischen Führern kolportiert sowie der ungewöhnliche Opfermut und Fanatismus der Zeloten, der nicht recht zu den „gewöhnlichen“ Räubern und Banditen zu passen scheint, als die Josephus seinem römischen Publikum die Zeloten vor allem nahebringen will.50 Wir wissen nichts über das Torahverständnis der Zeloten, doch kann kein Zweifel daran bestehen, daß sie die ursprüngliche Einheit zwischen dem politischen und dem religiösen Aspekt der Torah wiederherstellen wollten und die Abtrennung einer „bloß religiösen“ von einer politischen Erfüllung der Torah als Mißachtung des Gotteswillens bekämpften. Möglicherweise lag genau in diesem Punkt der entscheidende Unterschied zwischen den Zeloten und den Pharisäern, die sich ihrerseits zunehmend mit den politischen Gegebenheiten zu arrangieren begannen und bereit waren, sich auf den „religiösen Aspekt“ der Torah zu beschränken. 3. Unmittelbarer Ausdruck des zelotischen Freiheitsbegriffes war die Ablehnung des census und damit des römischen Steuersystems. Hier zeigen sich am deutlichsten die sozialen Implikationen der zelotischen Bewegung. Steuer und Tribut waren das allgegenwärtige Symbol der heidnischen Herrschaft und führten direkt in die Sklaverei (wenn sie nämlich nicht mehr aufgebracht werden konnten). Es geschah deshalb nicht von ungefähr, daß Simon bar Giora, einer der späteren Zelotenführer, die Sklavenbefreiung zu seinem politischen Pro50 Nicht von ungefähr ist „Wahnsinn“ eine wichtige Kategorie, unter die Josephus die zelotische Bewegung subsumiert; vgl. etwa Ant. XVIII,1,6 § 25.

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

gramm erhob51 und daß eine der ersten Aktivitäten der Aufständischen bei Beginn des Krieges darin bestand, die Archive mit den Schuldverschreibungen zu vernichten.52 Da Steuer- und Tributzahlungen jedoch keineswegs erst mit der Umwandlung Judäas in eine römische Provinz eingeführt wurden, sondern in der ganzen jüdischen Geschichte sowohl unter römischer Oberhoheit als auch unter den Seleukiden und Ptolemäern üblich waren, bleibt unklar, warum die zelotische Bewegung gerade zu diesem Zeitpunkt so sehr an politischer Schlagkraft gewann. Man hat als Grund vermutet, daß die bisher geltende Befreiung vom Tribut während des Sabbatjahres53 unter direkter römischer Verwaltung aufgehoben wurde, doch schweigen die Quellen darüber. Der Steuerdruck mag als Auslöser genügen, denn er ist unter unmittelbarer römischer Herrschaft sicher nicht geringer geworden als unter Herodes, und zweifellos war er direkter, d. h. ohne die Zwischeninstanz eines von Rom geduldeten „jüdischen“ Königs. Einen zusätzlichen Hinweis gibt vielleicht die Bemerkung des Josephus, daß zugleich mit dem census die Güter des Archelaos verkauft wurden.54 Hierbei wird es sich um die Königsgüter in Judäa und in der Jesreel-Ebene gehandelt haben, die damit an nichtjüdische Besitzer kamen. Dies bedeutet, daß die ehemaligen „Königsbauern“ landlos wurden oder ihr Leben als Pächter landfremder Herren fristen mußten. Es ist denkbar, daß Judas – zusätzlich zu den Kleinbauern in Galiläa – aus solchen Pächtern bzw. vertriebenen Bauern seine Anhängerschaft rekrutierte. 4. Über das weitere Schicksal des Gründers der Zeloten erfahren wir nichts. Nur das Neue Testament erwähnt lapidar, daß Judas umkam und seine Anhänger zerstreut wurden,55 doch bleibt dunkel, wann und wie dies geschah. Sicher ist aber, daß die von ihm ausgelöste Bewegung mit seinem Tod nicht aufhörte und daß seine Familie entscheidenden Anteil daran hatte; mit guten Gründen spricht man daher von einer Art dynastischer Führerschaft, die der der Makkabäer nicht unähnlich ist. Seine Söhne Simon und Jakob wurden zwischen 45 und 51 52 53 54 55

S. unten S. 152. S. unten S. 146. S. oben S. 100. Ant. XVII,13,5 § 355. Apg 5,37.

6.6. Agrippa I. (37–44 n. Chr.)

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48 n. Chr. unter dem Prokurator Tiberius Alexander als Aufstandsführer gekreuzigt,56 sein jüngerer Sohn Menachem spielte eine wichtige Rolle im jüdischen Krieg,57 und sein Enkel El‘azar war der Befehlshaber von Masada, das als letzte Festung Widerstand leistete.58 Ein Stemma mag die Verwandtschaftsbeziehungen verdeutlichen: Ezekias Judas von Gamala („der Galiläer“) Simon

Jakob Menachem

Jair El‘azar

6.6. Agrippa I. (37–44 n. Chr.) Agrippas kurze Herrschaft über das gesamte Reich des Herodes (41– 44 n. Chr.) wird in den Quellen durchweg positiv beurteilt. Er scheint, ähnlich wie seinerzeit die Hasmonäerin Salome Alexandra, einen Wechsel in der Innenpolitik eingeleitet und die Pharisäer bevorzugt zu haben. Jedenfalls preisen Josephus wie die rabbinische Literatur einhellig seine besondere „Frömmigkeit.“59 Dies wiederum hat ihn bei seinen heidnischen und vor allem auch den christlichen Untertanen – ihm wird die Hinrichtung des Jakobus zur Last gelegt, und Petrus konnte nur durch ein Wunder fliehen60 – offenbar wenig beliebt gemacht. Seine Hinwendung zur traditionellen jüdischen Frömmigkeit und Politik war offensichtlich auch mit einer Stärkung des nationalen Elements verbunden, und diese wiederum barg die Gefahr eines Konfliktes mit Rom. Ein Versuch, im Norden Jerusalems eine neue Befestigungsmauer (die sog. 3. Mauer) zu errichten, wurde vom syrischen 56 57 58 59 60

S. unten S. 140. S. unten S. 146 f. S. unten S. 155 f. Ant. XIX,7,3 § 331; m Sot 7,8. Apg 12,1–19.

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Statthalter unterbunden; ebenso eine Konferenz mit fünf anderen römischen Vasallenkönigen, die er nach Tiberias einberufen hatte.61 Die Forschung ist sich allerdings nicht so sicher, aus welchen Quellen seine Frömmigkeit letztlich gespeist war, d. h. ob wirklich aus einem inneren Bedürfnis oder eher aus politischem Kalkül. Sie scheint jedenfalls weitgehend auf sein Herrschaftsgebiet beschränkt gewesen zu sein und hielt ihn nicht davon ab, wie sein Großvater Herodes außerhalb Palästinas die griechische Kultur mit Geldspenden und prächtigen Bauten kräftig zu befördern.62 Ebenso veranstaltete er zu Ehren des Kaisers Spiele in Cäsarea und soll dort sogar Statuen von dessen Töchtern aufgestellt haben.63 Von seinen Münzen tragen nur die in Jerusalem geprägten kein Abbild, andere dagegen sein Bild und das des Kaisers. Seine Regierung dauerte nicht lange genug, als daß man seine politische Richtung endgültig beurteilen könnte. Er starb 44 n. Chr. plötzlich in Cäsarea; woran, ist nicht bekannt. Die beiden Berichte darüber bei Josephus und im Neuen Testament64 stimmen darin überein, daß dies in Cäsarea geschah, und zwar, nachdem er sich in einem königlichen Gewand vor dem Volk präsentiert und dieses ihm zugerufen hatte: „Sei uns gnädig! Haben wir dich bisher nur als Mensch geachtet, so wollen wir in Zukunft ein überirdisches Wesen in dir verehren!“ (Josephus) bzw. „Eines Gottes, nicht eines Menschen Stimme!“ (NT). Im Neuen Testament tötet ihn sogleich ein Engel des Herrn für diese Blasphemie, während er bei Josephus eine Eule als Unglücksboten sieht, die ihm seinen nahen Tod anzeigt (welcher denn auch fünf Tage später eintritt). Der in beiden Quellen ähnlich geschilderte Tod – im Neuen Testament wird Agrippa von Würmern zerfressen, bei Josephus erleidet er qualvolle Schmerzen in den Eingeweiden – läßt die Vermutung nicht abwegig erscheinen, daß er vergiftet wurde und daß statt des Engels oder der Eule eher die Römer ihre Hand im Spiele hatten, denen seine nationalpolitischen Ambitionen und sein Ansehen beim Volk zu weit gingen. 61 62 63 64

Ant. XIX,8,1 § 338–342. Ant. XIX,7,5 § 335–337. Ant. XIX,9,1 § 357. Ant. XIX,8,2 § 343–352; Apg 12,19–23.

6.8. Die römischen Prokuratoren (44–66 n. Chr.)

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6.7. Agrippa II. (50? – 92/93 n. Chr.) Der Sohn Agrippas, ebenfalls mit Namen Agrippa, war beim Tode seines Vaters 17 Jahre alt. Er wurde von Claudius nicht zum Nachfolger ernannt, sondern blieb in Rom. Palästina, d. h. jetzt das ganze Staatsgebiet des Agrippa in den Herodianischen Grenzen, wurde wieder römische Provinz unter einem Prokurator und unter der Oberaufsicht des syrischen Statthalters. Agrippa II. erhielt 50 n. Chr. das Königtum des Herodes von Chalkis im Libanon mit der Aufsicht über den Tempel und dem Recht, Hohepriester einzusetzen. 53 kam die ehemalige Tetrarchie des Philip dazu, d. h. Batanäa, Trachonitis, Auranitis und Gaulanitis, und 61 Teile von Galiläa und Peräa. Auch Agrippa II. versuchte, den Juden gegenüber den Schein zu wahren und lebte im übrigen als hellenistischer Potentat; seine Münzen tragen ohne Ausnahme die Abbildungen der regierenden Kaiser. Im Neuen Testament wird er im Zusammenhang mit dem Gerichtsverfahren des Paulus erwähnt und hört dessen Verteidigungsrede.65 In der Revolution stand er auf der Seite der Römer; nach dem Krieg erhielt er von Vespasian größere neue Gebiete im Norden, also ohne jüdische Einwohner. Die ihm verbliebenen jüdischen Gebiete scheint er bis 85 oder 86 regiert zu haben. Er starb wahrscheinlich 92/93 n. Chr. ohne Erben; sein Königreich wurde zur Provinz Syrien geschlagen. Privat war seine Liaison mit seiner Schwester Berenike berüchtigt, die ihrerseits während des Krieges eine Affaire mit Titus begann. Titus wollte sie offenbar heiraten, mußte aber aus innenpolitischen Gründen davon absehen, als er Kaiser wurde.

6.8. Die römischen Prokuratoren (44–66 n. Chr.) Der größte Teil Palästinas kam nach dem Tode Agrippas I. wieder unter unmittelbare römische Verwaltung (44 n. Chr.). Diese letzte Epoche vor Ausbruch des Krieges ist durch eine sich ständig verschärfende innenpolitische Lage gekennzeichnet, die fast zwangsläufig zum 65

Apg 25,13 ff.

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Krieg führen mußte. Die (sieben) Prokuratoren waren fast alle unfähig, nur darauf bedacht, die Provinz finanziell auszubeuten und, wie es manchmal scheint, die nationalen und religiösen Gefühle der Juden absichtlich zu verletzen. Charakteristisch für diese Epoche ist das Wiederaufleben der „Räuberbanden“, der Bewegung der Zeloten also, die schließlich das Volk in die offene Revolte gegen Rom treiben sollte. Die beiden ersten Prokuratoren, Cuspius Fadus und Tiberius Julius Alexander, waren noch vergleichsweise gemäßigt. Unter Cuspius Fadus (44–46 n. Chr.) kam es erstmals zu einem Aufruhr unter messianisch-endzeitlichen Vorzeichen, dessen politische Implikationen der Prokurator erkannte und fürchtete. Ein gewisser Theudas veranlaßte „eine ungeheure Menschenmenge“, ihm zum Jordan zu folgen und dort dem wunderbaren Schauspiel zuzusehen, wie er die Fluten des Jordans teilte und dem Volk einen bequemen Durchgang verschaffte wie einst Mose im Roten Meer. Cuspius Fadus ließ die Volksmenge gewaltsam zerstreuen und Theudas gefangennehmen und enthaupten.66 Sein Nachfolger, Tiberius Alexander (46–48 n. Chr.), stammte aus einer berühmten jüdischen Familie in Alexandria (er war der Neffe des jüdischen Philosophen Philo von Alexandria), hatte sich aber vom Judentum losgesagt und in römischen Diensten Karriere gemacht. Unter seiner Regierung kam es in Palästina zu einer großen Hungersnot,67 die für die verarmte Landbevölkerung eine Katastrophe bedeutete und zweifellos den Zulauf zu den Zeloten verstärkte. Es gelang ihm, die Zelotenführer Simon und Jakob (die Söhne Judas des Galiläers) gefangenzunehmen und zu kreuzigen.68 Auf Tiberius Alexander folgte Ventidius Cumanus (48–52 n. Chr.), unter dem sich die teils von den Römern, teils von den Juden provozierten Zusammenstöße bereits häuften. Der erste Ausbruch des Volkszorns wurde während des Pesachfestes von einem römischen Soldaten verursacht, der zu der während der Festtage in Jerusalem stationierten Kohorte gehörte und dem im Tempel versammelten Volk „in unanständiger Weise das Gesäß zukehrte“. Als das Volk daraufhin begann, die Soldaten mit Steinen zu bewerfen, ließ der Prokurator sei66 67 68

Ant. XX,5,1 § 97–99; vgl. auch Apg 5,36. Ant. XX,5,2 § 101; III,15,3 § 320; Apg 11,28. Ant. XX,5,2 § 102.

6.8. Die römischen Prokuratoren (44–66 n. Chr.)

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ne Soldaten ausrücken und verursachte damit eine Panik unter den Juden, bei der nach Josephus 30.000 Menschen getötet wurden.69 Der nächste Vorfall wurde von „Räubern“ (also sicherlich Zeloten) provoziert, die einen kaiserlichen Sklaven mit Namen Stephanus beraubten. Zur Strafe ließ Ventidius Cumanus die umliegenden Dörfer plündern, wobei ein Soldat eine Torahrolle zerriß und verbrannte. Als der Prokurator deswegen einen offenen Aufruhr befürchten mußte, ließ er den Soldaten hinrichten.70 Der folgenschwerste Zusammenstoß ereignete sich, als ein galiläischer Jude, der auf dem Weg nach Jerusalem zum Laubhüttenfest war, von Samaritanern ermordet wurde. Als Cumanus, von den Samaritanern bestochen, sich weigerte, die Mörder zu bestrafen, rächten zelotische Banden unter der Führung eines gewissen El‘azar b. Dinai und Alexander den Mord auf eigene Faust, indem sie samaritanische Dörfer verwüsteten und die Bevölkerung ermordeten. Cumanus konnte die Revolte zwar schnell niederschlagen, wurde aber von Claudius bald darauf abgesetzt und verbannt.71 Auch dieser Vorfall brachte den Zeloten neuen Zulauf: Viele verlegten sich aber auf das Räuberhandwerk, weil es ziemlich ungefährlich erschien; über das ganze Land hin ereigneten sich Raubüberfälle, und die Wagemutigsten unternahmen sogar offene Empörungsversuche.72

Der nächste Prokurator war Felix (52–60 n. Chr.), ein Freigelassener der kaiserlichen Familie (die Übertragung der Prokuratorenschaft an einen Freigelassenen war ungewöhnlich und Folge des verstärkten Einflusses der Freigelassenen am Hofe des Claudius). Felix trug wesentlich zum Verfall der römischen Herrschaft in Palästina bei und verstärkte, ungewollt, den zelotischen Einfluß. Es gelang ihm zwar, die Aktivitäten der Zeloten auf offenem Lande einzudämmen und auch den Zelotenführer El‘azar b. Dinai gefangenzunehmen und nach Rom zu schicken,73 doch entwickelten die Zeloten jetzt eine neue Taktik: Sie griffen mit kurzen, unter dem Gewand verborgenen Dolchen ihre Op69 70 71 72 73

Bell. II,12,1 § 223–227; Ant. XX,5,3 § 105–111. Bell. II,12,2 § 228–231; Ant. XX,5,4 § 113–117. Bell. II,12,3–7 § 232–246; Ant. XX,6,1–3 § 118–136. Bell. II,12,5 § 238. Ant. XX,8,5 § 161.

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fer in der Menschenmenge an und konnten sie so ermorden, ohne erkannt zu werden; diese spezielle Spielart der Zeloten wird in den Quellen als sikarioi (lat. sicarii) bezeichnet (von sica – „kurzer Krummdolch“). Damit verlagerte sich der Kampf mehr und mehr in die Städte und vor allem nach Jerusalem. Eines ihrer Opfer war der Hohepriester Jonathan, den sie im Auftrag des Felix ermordeten; Felix schreckte also nicht davor zurück, sich die Feinde der Römer für seine Zwecke nutzbar zu machen. Da die Zeloten ihrerseits den Priesteradel als Ausbeuter des Volkes und Römerfreunde kaum weniger haßten als die Römer selbst, fiel es ihnen ebenfalls nicht schwer, hier sogar mit dem Prokurator zu kollaborieren.74 In dieser Zeit häuften sich auch die Auftritte enthusiastischer Propheten und Demagogen, die das Volk unter allerlei Versprechungen in die Wüste führten, um ihnen dort endzeitliche Wunder zu zeigen. Auch dies war natürlich eine Folge der gespannten Atmosphäre und heizte diese zugleich weiter an. Das bekannteste Beispiel ist das Auftreten eines „Ägypters“, der auch im Neuen Testament erwähnt wird75 und gegen den – samt seiner beträchtlichen Anhängerschar – Felix mit Waffengewalt einschritt.76 Auch privat reizte Felix den jüdischen Volkszorn. Er heiratete nämlich Drusilla, eine Tochter Agrippas I., die sich seinetwegen von ihrem ersten Mann scheiden ließ.77 Diese Heirat einer Jüdin mit einem Heiden – die Herodianer hatten in solchen Fällen wenigstens auf der Beschneidung des heidnischen Ehegatten bestanden (woran dann so manche Heirat scheiterte) – und noch dazu mit dem römischen Prokurator war in den Augen der „Frommen“ ein unerhörter Frevel. Gegen Ende der Amtszeit des Felix wurden die Verhältnisse zunehmend chaotischer. Der Prokurator konnte immer weniger gegen die Zeloten unternehmen. Die führenden Familien des Priester- und Stadtadels legten sich zu ihrem persönlichen Schutz private Banden zu, die sich dann untereinander Gefechte lieferten und die Bevölkerung terrorisierten. Der Priesteradel bereicherte sich auf Kosten der einfachen Priester, indem er deren Zehnt rauben ließ und trieb diese 74 75 76 77

Ant. XX,8,5 § 161–163; Bell. II,13,3 § 254–257. Apg 21,38. Bell. II,13,5 § 261–263; Ant. XX,8,6 § 169–172. Ant. XX,7,2 § 141–143.

6.8. Die römischen Prokuratoren (44–66 n. Chr.)

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damit ebenfalls in die Arme der Zeloten.78 Ein Streit zwischen den jüdischen und „syrischen“ (= hellenistischen) Bewohnern Cäsareas über die Gleichheit oder Ungleichheit ihrer Bürgerrechte führte schließlich dazu, daß Felix von Nero seines Amtes enthoben wurde.79 Der Nachfolger, Porcius Festus, regierte nur kurz (60–62 n. Chr.). Zu Beginn seiner Regierungszeit entschied Nero über den Streit zwischen den hellenistischen und jüdischen Einwohnern Cäsareas zugunsten der „Heiden“ und degradierte damit die Juden gewissermaßen zu Bürgern zweiter Klasse.80 Nach Josephus war der weiterschwelende Streit und die Zurücksetzung der Juden einer der Gründe für den Ausbruch des Krieges wenige Jahre später. Unter Festus kam es auch zu einem Streit zwischen den Priestern und König Agrippa II.; es ging um eine Mauer, die die Priester im Tempel als Sichtschutz gegen den höher gelegenen Königspalast errichtet hatten und die Agrippa mißfiel, weil sie ihn daran hinderte, sein Amt der Tempelaufsicht so auszuüben, wie er es verstand, nämlich konkret dem Treiben auf dem Tempelplatz zuzuschauen.81 Nero entschied zugunsten der Priester, wofür sich (später) Agrippa damit rächte, daß er den levitischen Sängern im Tempel gegen den Willen der Priester Privilegien gewährte, die mit den „väterlichen Gesetzen“ nicht in Einklang standen.82 Die Episode zeigt, daß nicht nur zwischen dem Priesteradel und den Zeloten, sondern auch zwischen dem Priesteradel und den Herodianern eine erbitterte Feindschaft bestand. Als es dann später zur Revolte kam, sollte sich herausstellen, daß der Priesteradel (bzw. Teile davon) dann doch noch lieber mit den Zeloten gemeinsame Sache machte als mit den Herodianern, die praktisch mit den Römern gleichgesetzt werden konnten (vor allem eben Agrippa II.). Der nächste Prokurator war Albinus (62–64 n. Chr.). Vor seinem Amtsantritt nutzte der amtierende Hohepriester Ananos II. (b. Ananos) als Repräsentant der sadduzäischen „Partei“ das Machtvakuum in Jerusalem und setzte im Sanhedrin verschiedene Todesurteile gegen seine Gegner durch, so auch gegen Jakob, den Bruder Jesu und Führer 78 79 80 81 82

Ant. XX,8,8 § 180 f. Bell. II,13,7 § 266–270; Ant. XX,8,7 § 173–177. Ant. XX,8,9 § 183 f.; Bell. II,14,4 § 284. Ant. XX,8,11 § 190–195. Ant. XX,9,6 § 216–218.

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6. Von Herodes bis zum 1. Jüdischen Krieg

der Jerusalemer Christen.83 Da er sich damit ein Recht angemaßt hatte, das ihm nicht zustand – die Kapitalgerichtsbarkeit lag in den Händen des Prokurators –, ließ Albinus ihn sofort nach seiner Ankunft von Agrippa absetzen. Im übrigen scheint Albinus, nach anfänglichen Aktionen gegen die Sikarier, bald gegenüber den Zeloten resigniert zu haben, die mehr und mehr die eigentlichen Herren im Lande wurden. Er beschränkte sich vor allem darauf, Bestechungsgelder von allen Parteien anzunehmen, auch von den Zeloten (ein reger Austausch von Gefangenen gegen Geld oder Gefangene der Gegenpartei wurde von ihm inszeniert).84 Als er abberufen wurde, leerte er die Gefängnisse, indem er die Schwerverbrecher hinrichtete und die übrigen Gefangenen freiließ – offensichtlich, um den unausweichlich gewordenen Gang der Ereignisse zu beschleunigen. „So wurde zwar das Gefängnis von Gefangenen gesäubert, aber das Land füllte sich mit Räubern“, kommentiert Josephus seinen Abgang.85 Der letzte Prokurator, Gessius Florus (64–66 n. Chr.), war – wieder nach Josephus – der schlimmste; verglichen mit ihm sei die Regierung seines Vorgängers friedfertig und erfolgreich gewesen.86 Florus versuchte, aus der dem Chaos zutreibenden Provinz so viel Steuern herauszuschlagen wie eben möglich. Als er, wahrscheinlich um das wegen der desolaten wirtschaftlichen Lage ständig sinkende Steueraufkommen auszugleichen, den Tempelschatz plünderte, kam es in Jerusalem zum Aufstand.

83 84 85 86

Ant. XX,9,1 § 197–200. Bell. II,14,1 § 272–276. Ant. XX,9,5 § 215. Bell. II,14,2 § 277.

7. Der erste Jüdische Krieg (66–74 n. Chr.)

7.1. Die Anfänge Der Eingriff des Prokurators Gessius Florus in den Tempelschatz markiert die Wende von subversiven Aktionen einzelner Gruppen zum offenen Volksaufstand. Das Datum dieses Ereignisses ist ebenfalls bei Josephus überliefert: der 16. Artemisios = April/Mai 66 n. Chr.1 Florus mußte sich nach Cäsarea zurückziehen und ließ nur eine römische Kohorte in Jerusalem zurück. Die Zeloten eroberten Masada (unter der Führung des Menachem, eines Sohnes des Galiläers Judas),2 und in Jerusalem veranlaßte der Tempelhauptmann (segan) El‘azar, ein Sohn des Hohenpriesters Ananias, die Einstellung des täglichen Opfers für den Kaiser. Letzteres war der entscheidende Akt der Rebellion und der offizielle Bruch der Jerusalemer Kultgemeinde mit der römischen Oberherrschaft: Gleichzeitig gelang es auch dem damaligen Tempelhauptmann El‘azar, Sohn des Hohenpriesters Ananias, einem verwegenen jungen Mann, die im Tempel diensttuenden Hohenpriester zu überreden, sie sollten von Nichtjuden keine Gaben oder Opfer mehr annehmen. Damit war der Grund zum Krieg gegen die Römer gelegt: denn so verwarfen sie das für diese und den Kaiser dargebrachte Opfer.3

Zunächst kam es in Jerusalem zu einem Machtkampf zwischen der verbleibenden Friedenspartei (Hohepriester, Pharisäer, Herodianer) und den Zeloten, auf deren Seite sich der Tempelhauptmann El‘azar geschlagen hatte (die Gründe sind nicht klar und werden in der Forschung diskutiert). Die Friedenspartei bat König Agrippa II. um militärische Unterstützung, die aber wenig nützte. Die Truppen des Agrippa mußten sich nach schweren Kämpfen in den Herodespalast 1 2 3

Bell. II,14,6 § 293; II,15,2 § 315. Bell. II,17,2 § 408; II,17,8 § 433. Bell. II,17,2 § 409 f.

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7. Der erste Jüdische Krieg (66 –74 n. Chr.)

zurückziehen, und die Aufständischen steckten die Paläste des Hohenpriesters Ananias sowie des Agrippa und der Berenike in Brand. Nicht zuletzt verbrannten sie auch das Stadtarchiv; der Grund dafür wird bei Josephus berichtet: Danach legten sie Feuer an das Archiv und beeilten sich, die Schuldverschreibungen der Gläubiger zu vernichten, um so die Eintreibung der Schulden unmöglich zu machen und die Menge der Schuldner auf ihre Seite zu ziehen sowie die Armen, ohne daß diese noch etwas zu fürchten brauchten, gegen die Reichen aufzuwiegeln.4

Hier zeigt sich ganz deutlich das soziale Motiv des Aufstandes, zu dessen Zielen sicher auch gehörte, eine Neuverteilung des Grundbesitzes zu erreichen, der weitgehend in den Händen einer privilegierten Oberschicht war. Kurz danach gelang die Eroberung der Burg Antonia und des Herodespalastes. Die Zelotenpartei war inzwischen durch Menachem verstärkt worden, der, so Josephus, „wie ein König“ in Jerusalem einzog.5 Diese Bemerkung läßt auf messianische Ansprüche schließen und zeigt die Verquickung von religiösen, sozialen und militärischen Faktoren bei den Aufständischen. Menachem übernahm das Kommando bei der Belagerung des Herodespalastes. Die Truppen des Agrippa ergaben sich und durften unbehelligt abziehen; die römischen Truppen zogen sich in die befestigten Türme Hippicus, Phasaël und Mariamme zurück. Der Hauptvertreter der Friedenspartei, der Hohepriester Ananias, wurde von den Aufständischen ermordet; die römischen Truppen, die sich auf die Zusage freien Geleits hin ergeben hatten, wurden niedergemacht.6 Die Ermordung des Hohenpriesters Ananias sollte der Anlaß für eine folgenschwere Spaltung der zelotischen Bewegung werden. Der Tempelhauptmann El‘azar, der Sohn des Hohenpriesters, der mit der Beendigung des täglichen Opfers für den Kaiser den Zeloten erst zu ihrem Erfolg verholfen hatte, distanzierte sich von Menachem – vielleicht spielte auch die alte Kluft zwischen Priesterschaft und Laientum eine Rolle – und leitete eine Verschwörung gegen diesen ein. Als Me4 5 6

Bell. II,17,6 § 427. Bell. II,17,8 § 434. Bell. II,17,8 f. § 440 f.

7.1. Die Anfänge

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nachem „stolz und im Schmuck königlicher Kleidung“ zum Gottesdienst in den Tempel kam, wurde er von Anhängern des El‘azar angegriffen und ermordet.7 Die Anhänger des Menachem, die dem Anschlag entkamen, zogen sich nach Masada zurück und sollten dort erst am Ende des Krieges wieder eine Rolle spielen. Inzwischen machte Cestius Gallus, der Statthalter von Syrien, einen – im Grunde viel zu späten – Versuch, den Aufstand niederzuschlagen. Er geriet mit seiner 12. Legion in der Nähe von Bet Horon in einen jüdischen Hinterhalt und wurde vernichtend geschlagen (Oktober/November 66 n. Chr.).8 Zwar ist der militärische Erfolg der Juden nicht übermäßig hoch einzuschätzen – die syrischen Truppen waren für ihre Disziplinlosigkeit bekannt –, doch war dieser Sieg für die weitere Entwicklung von großer Bedeutung. Auch die letzten Gegner des Krieges wurden im Rausch dieses ersten großen Erfolges (es sollte auch der einzige bleiben) mitgerissen, und die Radikalen sahen in diesem Sieg zweifellos den Auftakt des endgültigen Vernichtungskrieges gegen das verhaßte Rom. Spätestens um diese Zeit wird man mit der Prägung der ersten Münzen begonnen haben, die nach den Aufstandsjahren datiert sind. Die Aufständischen begannen nun – eigentlich zum ersten Mal seit Ausbruch der Revolte – den Krieg systematisch zu organisieren. Bemerkenswerterweise lag die Führung – noch – in den Händen der eher gemäßigten und zweifellos auch sozial führenden Kreise, nämlich der Hohenpriester und der Pharisäer, also keineswegs bei den ganz radikalen Zeloten. In alle Gebiete (Toparchien) der Provinz wurden Kommandanten entsandt, die den Aufstand militärisch organisieren sollten. Über den Kommandanten von Galiläa sind wir am besten informiert: Es war das Mitglied des Priesteradels Joseph ben Mattitiahu, der besser unter dem Namen Josephus Flavius bekannt ist und als Augenzeuge und unmittelbar Betroffener die Ereignisse später ausführlich schildern sollte. Die Tatsache, daß er – als Angehöriger der Aristokratie – gerade aus Rom zurückgekehrt war, machte ihn natürlich in den Augen der radikalen Zeloten besonders verdächtig. Er hatte sich denn 7 8

Bell. II,17,9 § 442–448. Bell. II,19,2 § 517–522.

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7. Der erste Jüdische Krieg (66 –74 n. Chr.)

auch in Galiläa sofort mit dem Partisanenführer Johannes von Gischala auseinanderzusetzen, der an seine Römerfeindschaft nicht so recht glaubte und ihn verdächtigte, eher auf einen Verhandlungsfrieden mit den Römern aus zu sein als auf den eschatologischen Entscheidungskampf (wie sich zeigen sollte, durchaus mit Recht). Josephus entkam denn auch mehrmals nur mit knapper Not den Mordanschlägen des Johannes von Gischala.9

7.2. Der Krieg in Galiläa (67 n. Chr.) Da die Römer, durch die geographische Lage bedingt, fast zwangsläufig von Norden her angreifen mußten, fiel Josephus die schwierige Aufgabe zu, den ersten und im Grunde bereits entscheidenden Kampf mit den Römern auszufechten. Nero beauftragte nach der Niederlage des Cestius Gallus den erfahrenen General Vespasian mit der Niederwerfung des Aufstandes. Dieser begann seine Kampagne im Frühjahr 67 zusammen mit seinem Sohn Titus. Beide hatten zusammen drei komplette Legionen zur Verfügung (die 5., 10. und 15. Legion), 23 Kohorten, 6 Reiterabteilungen und verschiedene andere Hilfstruppen befreundeter Könige, insgesamt ca. 60.000 Mann.10 Noch vor Beginn der eigentlichen Kampfhandlungen erklärte Sepphoris, eine der wichtigsten Städte Galiläas, ihre Loyalität mit Rom und bat um eine römische Garnison.11 Sepphoris blieb die einzige Stadt, die sich von Anfang an offen auf die Seite der Römer stellte. Aber auch das Beispiel der Stadt Tiberias, über deren Parteienkämpfe Josephus ausführlich berichtet,12 zeigt, daß offenbar die wohlhabendere Bevölkerung der Städte – vor allem die Mitglieder der hellenistisch organisierten Ratsversammlung (boulē) – eher prorömisch orientiert war, während sich der Widerstand in der ärmeren Stadt- und Landbevölkerung konzentrierte. Als Josephus dem „Rat und den vornehmsten Einwohnern“ von Tiberias befahl, den mit Tierbildern geschmückten Palast des Herodes Antipas in Ti9

Bell. II,21 § 585 ff. Bell. III,4,2 § 64–69. 11 Bell. III,3,4 § 30–34. 12 Vita 9 § 32–39. 10

7.2. Der Krieg in Galiläa (67 n. Chr.)

149

berias niederzureißen, zögerten die vornehmen Bürger und stimmten nur widerwillig zu, doch kam ihnen Jesus b. Sapphias, der sich „an die Spitze einer Rotte von Matrosen und vermögenslosen Volkes gesetzt hatte“ zuvor und steckte den Palast in Brand.13 Eben dieser Jesus b. Sapphias machte sich als archōn von Tiberias zum Sprecher der Aufstandspartei und der Gegner des Josephus, die dessen revolutionäre Gesinnung anzweifelten: Am meisten wiegelte sie Jesus, der Sohn des Sapphias auf, ein niederträchtiger Mensch, zur Anzettelung von Unruhen wie geschaffen, Umstürzler und Revolutionär wie kein anderer. Er nahm das Gesetz des Mose in die Hand, trat vor und sprach: Bürger, wenn ihr nicht um euretwillen den Josephus hassen könnt, so schaut hier auf die väterlichen Gesetze, an welchen euer Befehlshaber zum Verräter werden wollte. Um dieses Gesetzes willen vereinigt euren Haß auf ihn und straft ihn für sein verwegenes Beginnen.14

Es verbinden sich also auf Seiten der Aufstandspartei in Galiläa soziale mit religiösen (charakteristisch ist die Betonung der „väterlichen Gesetze“) und vielleicht auch demokratischen (gegen die von den reichen Bürgern beherrschte boulē) Faktoren; daß diese radikalen Gruppen Josephus mißtrauten, erklärt sich insbesondere auch auf dem unterschiedlichen sozialen Hintergrund. Das erste militärische Zusammentreffen zwischen den römischen und den jüdischen Truppen sollte bei Garis (in der Nähe von Sepphoris) stattfinden, kam aber nicht zustande, weil dem Josephus angesichts der römischen Streitmacht die meisten seiner Leute wegliefen.15 Josephus zog sich in die Festung Jotapata zurück, wurde dort von Vespasian belagert und besiegt (Juni/Juli 67). Über sein eigenes Schicksal bei der Eroberung von Jotapata hat er einen überaus interessanten Bericht überliefert, in dem er seine Rettung auf die göttliche Vorsehung16 und seine Prophezeiung an Vespasian, daß dieser Kaiser werden wird,17 zurückführt. In Wirklichkeit formuliert Josephus hier sehr geschickt seine eigene Legende, mit der er seinen „Übertritt“ in das feindliche Lager der Römer rechtfertigt. 13 14 15 16 17

Vita 12 § 66. Vita 27 § 134 f. Bell. III,6,3 § 129 f. Bell. III,8,7 § 391. Bell. III,8,9 § 400–402.

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7. Der erste Jüdische Krieg (66 –74 n. Chr.)

Kurz nach dem Fall von Jotapata ergab sich Tiberias kampflos;18 Tarichäa wurde erobert,19 danach die wichtige Festung Gamala in der Gaulanitis20 und der Berg Tabor.21 Schließlich ergab sich auch Gischala – dem radikalen Zelotenführer Johannes von Gischala gelang die Flucht nach Jerusalem –, und damit war Ende 67 n. Chr. ganz Galiläa wieder in römischer Hand.22

7.3. Die Jahre 68 und 69 n. Chr. Die beiden folgenden Jahre 68 und 69 sind durch einen Bürgerkrieg in Jerusalem und die Eroberung der restlichen Teile des Landes durch Vespasian gekennzeichnet. In Jerusalem ergriff der extreme Flügel der Zeloten unter dem aus Galiläa geflohenen Johannes von Gischala die Macht. Die Zeloten gingen sofort gegen die prorömisch oder wenigstens gemäßigt eingestellte Oberschicht vor, indem sie deren prominenteste Vertreter gefangensetzen und ermorden ließen.23 Eine ihrer ersten Maßnahme war es auch, die herrschenden hohepriesterlichen Familien auszuschalten und den Hohenpriester durch Los zu bestimmen: Zu diesen Greueltaten gesellte sich, schmerzhafter noch zu ertragen als der angerichtete Schaden, der Spott hinzu. Um den Grad der Bestürzung des Volkes zu erproben und zu prüfen, wieweit ihre Macht reichte, schickten sie sich an, die obersten Priester durch das Los zu bestimmen, obwohl . . . deren Amtsnachfolge aufgrund der Abstammung hätte erfolgen sollen. In Wirklichkeit bedeutete dieser Schritt die Auflösung des besser begründeten Rechts und eine Machenschaft, um sich an der Macht zu halten, indem man die höchsten Stellen selbst besetzte. Deshalb beriefen sie eine der hohepriesterlichen Sippen, die Enjachin hieß, und warfen das Los für einen Hohenpriester. Zufällig traf dieses Los auf einen Mann, mit dem die Ungesetzlichkeit dieser Wahl besonders deutlich in Erscheinung trat. Sein Name war Phanni (= Pinchas), Sohn des Samuel aus dem Dorfe Aphthia. Aufgrund seines bäurischen Wesens wußte er 18 19 20 21 22 23

Bell. III,9,8 § 453–461. Bell. III,10,1–5 § 462–502. Bell. IV,1,2–10 § 9–83. Bell. IV,1,8 § 54–61. Bell. IV,2,2–5 § 92–120. Bell. IV,3,4–5 § 138–146.

7.3. Die Jahre 68 und 69 n. Chr.

151

nicht einmal genau, was es mit dem hohepriesterlichen Amt für eine Bewandtnis habe, geschweige denn, daß er die Anforderung hohepriesterlicher Abstammung erfüllt hätte. Also schleppten sie ihn wider seinen Willen vom Lande herein und kleideten ihn, wie auf der Bühne, für eine ihm unpassende Rolle ein, indem sie ihm das heilige Gewand anlegten und ihn darüber belehrten, was er bei gegebener Gelegenheit zu tun habe. Für sie war dieser ungeheure Frevel nur Spott und Scherz, während den anderen Priestern, die von ferne diesem Spiel mit dem Gesetz zusehen mußten, die Tränen in die Augen traten und sie über die Auflösung der heiligen, ehrwürdigen Ämter seufzten.24

Was Josephus hier so empört als „Spott“ abqualifiziert, ist keineswegs die Persiflage einer altehrwürdigen Institution, sondern ganz im Gegenteil der Versuch einer Erneuerung des Hohepriesteramtes. Die seit Herodes herrschenden hohepriesterlichen Familien waren als NichtZadokiden für das Amt des Hohenpriesters nicht qualifizierter als jedes andere Priestergeschlecht und zudem politisch kompromittiert. Wenn die Zeloten den Hohenpriester daher aus einer anderen Familie bestimmen ließen, ging es ihnen offensichtlich um die Ausschaltung der privilegierten aristokratischen Priesterfamilien und möglicherweise sogar um die Restitution der Zadokiden als alleiniger hohepriesterlicher Dynastie;25 mit der Wahl durch das Los führten sie darüber hinaus sehr wahrscheinlich gezielt ein demokratisches Element in das Hohepriesteramt ein, das zwar nicht durch die Tradition vorgegeben, aber kaum weniger legitim war als die Aufteilung des Amtes unter wenigen privilegierten Familien. Der Versuch der gemäßigten Kräfte um den Pharisäer Simon b. Gamliel und die Hohenpriester Ananos b. Ananos und Jesus b. Gamala, die Initiative wieder an sich zu ziehen und die Zeloten zu vertreiben, scheiterte. Johannes von Gischala gelang es, heimlich die Idumäer in die Stadt zu holen und dort mit deren Hilfe ein Terrorregiment zu errichten.26 Die gemäßigte Partei wurde völlig zerschlagen, die Hohenpriester Ananos b. Ananos und Jesus b. Gamala ermordet, und Johannes von Gischala war – nachdem sich die Idumäer zurückgezogen hatten – der unumschränkte Alleinherrscher in Jerusalem.27 24

Bell. IV,3,7–8 § 152–157. Nach J. Jeremias, Jerusalem zur Zeit Jesu, Göttingen 31962, S. 217 f. (= II. B., S. 53 f.), stammt die Priestersippe Enjachin von den Zadokiden ab. 26 Bell. IV,4,5–7 § 283–300; IV,5,1 § 305 ff. 27 Bell. IV,6,1 § 353–357. 25

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7. Der erste Jüdische Krieg (66 –74 n. Chr.)

Vespasian eroberte inzwischen Peräa und (mit Antipatris, Lydda, Jamnia, Emmaus, Samaria, Neapolis, Jericho) die wichtigsten Städte im näheren Umkreis des jüdischen Kerngebietes. Dann ließ er, von Neros Tod am 9. Juni 68 bis Mai/Juni 69 n. Chr., wegen der unsicheren Lage in Rom alle weiteren Aktivitäten ruhen. Diese Waffenruhe wurde von den Aufständischen kaum sinnvoll genutzt. Während Johannes von Gischala in Jerusalem sein Schrekkensregiment ausübte, terrorisierte ein anderer extremer Zelotenführer, Simon bar Giora – wie sein Name sagt, der Sohn eines Proselyten –, das offene Land und brachte Idumäa unter seine Kontrolle. Im März/April 69 wurde er von den Bürgern Jerusalems und den Idumäern in Jerusalem eingelassen, um die Stadt von der tyrannischen Herrschaft des Johannes zu befreien;28 die Folge war aber nur ein neuer Bürgerkrieg zwischen den Anhängern des Johannes, der den Tempelberg, und des Simon, der die Oberstadt besetzt hielt. Auch bei Simon bar Giora verbinden sich soziale Aktivitäten und messianische Ambitionen. Seine Anhänger setzten sich vor allem aus befreiten Sklaven und (kleinen) Bauern zusammen;29 dies zeigt einmal mehr, wie sehr die Unterdrückung Roms zusammen mit einer katastrophalen wirtschaftlichen Lage des Großteils der Bevölkerung zu der Explosion des Aufstandes geführt hatte (und wie sehr messianische Bewegungen mit sozialen Faktoren zusammenhängen). Die Aktivitäten des Simon veranlaßten Vespasian, im Mai/Juni 69 wieder in das Geschehen einzugreifen. Er eroberte den größten Teil des jüdischen Kernlandes (Gophna, Akrabata, Bethel, Ephraim, Hebron) und hatte damit außer Jerusalem und den Festungen Herodeion, Masada und Machärus die gesamte Provinz wieder in seine Gewalt gebracht. Der Bürgerkrieg in Rom führte zu einer neuen Unterbrechung der Kampfhandlungen. Vespasian wurde am 1. Juli 69 von den ägyptischen Legionen zum Kaiser ausgerufen und innerhalb kurzer Zeit vom ganzen Ostteil des Reiches als Kaiser anerkannt. Er wartete die weitere Entwicklung in Rom bis zum Frühsommer 70 in Alexandria ab und beauftragte seinen Sohn Titus mit der Fortsetzung des Krieges gegen die Juden. 28 29

Bell. IV,9,11 f. § 573–577. Bell. IV,9,3 § 508.

7.4. Die Eroberung Jerusalems 70 n. Chr.

153

In Jerusalem hatte sich, am Vorabend der Belagerung durch Titus, die zelotische Bewegung noch weiter aufgespalten. Neben den „Fraktionen“ des Johannes (Tempelberg) und des Simon (Oberstadt und Teile der Unterstadt) installierte sich noch eine neue „Partei“ unter dem Priester El‘azar b. Simon im inneren Vorhof des Tempels, die sich wahrscheinlich vorwiegend aus niederen Priesterklassen rekrutierte. Alle drei Gruppen bekämpften sich rigoros und sollen sogar die in Jerusalem gelagerten Vorräte verbrannt haben, damit die jeweils andere Partei sie nicht in ihre Hände bekomme.30

7.4. Die Eroberung Jerusalems 70 n. Chr. Die Belagerung Jerusalems begann wenige Tage vor dem Pesachfest 70 n. Chr. Titus hatte zusätzlich zur 5., 10. und 15. Legion noch die 12. Legion zur Verfügung, mit deren Niederlage unter Cestius Gallus der Krieg begonnen hatte. Während des Pesachfestes ließ Johannes von Gischala den Führer der im inneren Tempelhof verschanzten dritten Zelotenpartei (El‘azar) ermorden, als dieser den Tempel wegen des Festes für die Bevölkerung geöffnet hatte.31 Die beiden übriggebliebenen Zelotenführer, Johannes von Gischala und Simon bar Giora, arrangierten sich und einigten sich auf einen gemeinsamen Abwehrkampf erst, als die Römer mit dem Bau von Belagerungswällen begannen. Die Römer starteten ihren Angriff am schwächsten Punkt der Befestigungsanlage, nämlich an der sog. dritten Mauer, die erst unter Agrippa I. begonnen und kurz vor der Belagerung fertiggestellt worden war (im Westen, nördlich des heutigen Jaffatores). Der Durchbruch gelang ihnen gegen Ende Mai,32 kurz danach auch der Durchbruch durch die wichtigere zweite Mauer.33 Jetzt ging es nur noch um den Tempel mit der Unterstadt und die separat befestigte Oberstadt. Die ersten Rampen, die gebaut wurden, wurden von den Aufständischen unterminiert und fielen zusammen. Titus baute daher zunächst eine Ringmauer um das gesamte verbleibende Stadtgebiet, um die Be30 31 32 33

Bell. V,1,4 § 22–26; Tacitus, Hist. V,12; ARNB Kap. 7, S. 20 u. ö. Bell. V,3,1 § 98–105. Bell. V,7,2 § 302. Bell. V,7,3 f. § 303–331.

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7. Der erste Jüdische Krieg (66 –74 n. Chr.)

völkerung wirkungsvoller aushungern zu können. Diesmal konzentrierten die Römer sich ganz auf die Burg Antonia, die Ende Juli erobert wurde.34 Kurz darauf, am 6. August, hörte das tägliche Opfer im Tempel auf, und am 9./10. Av (= Ende August) 70 n. Chr. wurde der Tempel erobert und niedergebrannt: Die Angriffswut der hereinbrechenden Legionen war weder durch Ermahnungen noch durch Drohungen aufzuhalten; den Oberbefehl führte bei allen jetzt die Wut. Dabei stießen sie an den Eingängen so hart aufeinander, daß viele von ihren eigenen Leuten niedergetreten wurden, viele stürzten auch in die noch heißen und rauchenden Trümmer der Hallen und erlitten das Schicksal der unterliegenden Feinde. Die Soldaten, die in die Nähe des Tempels kamen, stellten sich so, als ob sie die Befehle des Caesars nicht einmal hörten, und riefen noch dazu ihre Vordermänner auf, den Brand in den Tempel zu werfen. Für die Aufrührer gab es jetzt keine Möglichkeit mehr, das Unglück abzuwenden; allenthalben wurden die Juden niedergemetzelt und in die Flucht geschlagen. Zum größten Teil aber waren es schwache Leute aus dem Volk, die überhaupt keine Waffen trugen, die jetzt in die Hand der Feinde gerieten und auf der Stelle abgeschlachtet wurden In großer Menge häuften sich die Toten um den Brandopferaltar, Blut floß in Strömen von den Stufen des Tempels, gefolgt von den hinabgleitenden Leibern der weiter oberhalb Getöteten.35

Wieweit Titus daran beteiligt war, wird in der Forschung heftig diskutiert. Josephus beteuert mehrfach, daß Titus die Zerstörung des Tempels verhindern wollte,36 doch sind gerade diese Beteuerungen verdächtig und offenbar aus der Sicht des Günstlings des flavianischen Kaiserhauses geschrieben. Damit blieb nur noch die durch ein tiefes Tal vom Tempel getrennte und stark befestigte Oberstadt übrig. Wälle wurden im Nordwesten (beim Herodespalast) und im Nordosten gebaut, und Anfang September fiel auch die Oberstadt in römische Hand.37 Sämtliche Einwohner wurden getötet oder zur Zwangsarbeit geschickt, einige wenige für den Triumphzug aufgehoben. Die Stadt wurde völlig zerstört; Johannes von Gischala und Simon bar Giora wurden für den Triumphzug mit nach Rom genommen. Nur die drei Türme des Herodespalastes (Hippicus, Phasaël und Mariamme) und ein Teil der Mauer (West34 35 36 37

Bell. VI, 1,7 f. § 68–92. Bell. VI,4,6 § 257–259. Bell. VI,4,3 § 241; VI,4,5 § 251 f.; VI,4,6 § 254 ff.261.266. Bell. VI,8,5 § 407 f.

7.5. Das Ende des Krieges

155

mauer) blieben stehen, nach Josephus und der rabbinischen Literatur zur Erinnerung an die gewaltige Befestigung der Stadt und Titus’ Sieg sowie (die Türme) als Befestigungsanlage für die in Jerusalem installierte römische Garnison.38

7.5. Das Ende des Krieges Mit der Eroberung Jerusalems war der Krieg im wesentlichen abgeschlossen; es blieben nur noch die Festungen Herodeion, Machärus und Masada übrig. Titus kehrte nach Rom zurück und feierte 71 n. Chr. zusammen mit seinem Vater Vespasian und seinem Bruder Domitian einen Triumphzug, nach dem Simon bar Giora hingerichtet und Johannes von Gischala ins Gefängnis geworfen wurde. Diese unterschiedliche Behandlung der beiden Zelotenführer läßt darauf schließen, daß die Römer in Simon bar Giora den gefährlicheren (weil sozial aktiveren und radikaleren?) Gegner sahen. Der Triumphzug ist auf der Titussäule abgebildet. Unter den mitgeführten Objekten befanden sich der Schaubrottisch und der Siebenarmige Leuchter; letzterer wurde in der Form, wie er auf dem Titusbogen abgebildet ist, das offizielle Emblem im Wappen des Staates Israel. Die Eroberung der letzten drei Festungen überließ Titus dem Statthalter Judäas, Lucilius Bassus.39 Herodeion und Machärus ergaben sich bald; Masada leistete unter dem Zelotenführer El‘azar b. Jair (dem Enkel Judas des Galiläers) erheblichen Widerstand und wurde erst im April 74 n. Chr. von Flavius Silva, dem neuen Statthalter, erobert40 bzw. eingenommen, nachdem die verbliebene Besatzung Selbstmord begangen hatte: 38

Bell. VI,9,1 § 413; VII,1,1 § 1 f.; EkhaRB S. 69. Bell. VII,6,1–4 § 163–209. 40 Dieses Datum (entgegen der traditionellen Datierung 73 n. Chr.) ergibt sich daraus, daß Flavius Silva erst 73 Statthalter von Judäa wurde und daher Masada erst im April 74 – der Monat April ist durch Josephus’ Bericht vorgegeben: der 15. Xanthikos entspricht dem Monat Nisan = März/April im jüdischen Kalender – erobert haben kann. Dieses von Eck (ZNW 60, 1969) vorgebrachte Argument ist allerdings nicht zwingend, so daß die Datierung 73 n. Chr. weiterhin möglich bleibt; vgl. dazu auch Cotton, ZPE 78, 1989. 39

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7. Der erste Jüdische Krieg (66 –74 n. Chr.)

Durch Los wählten sie darauf zehn Männer aus ihrer Mitte; sie sollten die Mörder aller anderen sein. Dann legte sich ein jeder neben die schon dahingestreckten Seinen, die Frau und die Kinder, schlang die Arme um sie und bot schließlich den Männern, die den unseligen Dienst auszuführen hatten, bereitwillig die Kehle. Ohne Wanken ermordeten jene alle insgesamt; darauf bestimmten sie dasselbe Gesetz des Loses auch für sich untereinander. Der ausgeloste Mann hatte die neun zu töten und endlich, nach allen anderen, sollte er auch sich selbst den Todesstoß geben. . . . Der einsame Letzte aber überschaute ringsum die Menge der Dahingestreckten, ob womöglich jemand bei dem unseligen Morden am Leben geblieben war und deshalb noch seiner Hand bedürfe. Als er erkannte, daß alle getötet seien, legte er an vielen Stellen Feuer in den Palast. Dann stieß er mit geballter Kraft das Schwert ganz durch seinen Körper und brach neben den Seinen zusammen. . . . Die Zahl der Toten aber belief sich auf 960, Frauen und Kinder mitgerechnet. Dies leidvolle Geschehen ereignete sich am 15. Tag des Monats Xanthikos.41

Den archäologischen Beweis für das dramatische Losverfahren glaubt Y. Yadin mit einem Ostrakon erbracht zu haben, das die Inschrift Ben Jair trägt,42 doch sind dafür auch andere Deutungen möglich. Die theologische43 oder nationale Überhöhung des Selbstmordberichtes sollte die Tendenz des Josephus in Rechnung stellen und zudem die ähnlich strukturierte Erzählung bei der Eroberung von Jotapata44 berücksichtigen, die freilich – da Josephus selbst betroffen ist – einen ganz anderen Ausgang nimmt.

41

Bell. VII,9,1 § 395–401. Y. Yadin, Masada, S. 201. 43 Michel-Bauernfeind, Der jüdische Krieg II/2, S. 280, Anm. 185 zu Buch VII: „Es handelte sich dann um eine Art Schächtung, bei der die Kehle als Ort der Schlachtung des Opfers durchgeschnitten wird. Eine Bestätigung für das in einer liturgischen Ordnung stehende Geschehen wäre die Hervorhebung der Zehnergruppe, die das Opfer vollzieht. . . . Trifft die Deutung des Textes zu, so hatte das Geschehen in Masada mit einem Selbstmord nichts mehr zu tun.“ 44 S. oben S. 149. 42

8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

8.1. Die Folgen des Krieges Die Folgen des ersten großen Krieges der Juden gegen Rom waren überaus weitreichend und können in ihrer Bedeutung für die weitere Geschichte des Judentums kaum überschätzt werden. Einschneidend waren zunächst die politischen Folgen: Judäa war, wie erwähnt, vor dem Krieg eine römische Provinz der dritten Kategorie gewesen, d. h. hatte unter der Leitung eines Prokurators vom Rang eines Ritters und unter der Oberaufsicht des Statthalters von Syrien gestanden. Nach dem Krieg wurde es eine selbständige römische Provinz mit dem offiziellen Namen Judaea und stand unter der Leitung eines Statthalters von prätorischem Rang,1 rückte also in die zweite Kategorie auf (erst später, um 120 n. Chr., wurde Judäa konsulare Provinz, d. h. erhielt einen Statthalter vom Rang eines Konsuls). Dieser neue Status der Provinz impliziert auch, daß eine ständige Legion in Judäa stationiert wurde, nämlich die legio X Fretensis, die am Krieg teilgenommen hatte. Das Hauptquartier der 10. Legion war das vollständig zerstörte Jerusalem; der Statthalter residierte mit Teilen der 10. Legion in Cäsarea (Maritima), das von Vespasian in eine römische Kolonie umgewandelt worden war.2 Einschneidend waren die Folgen auch für die Bevölkerung Judäas. Ganze Siedlungen waren vollständig zerstört und entvölkert worden. Josephus und Tacitus sprechen von immensen Verlusten unter der Bevölkerung;3 die moderne Forschung geht in ihren Schätzungen bis zu einem Drittel, um das die jüdische Bevölkerung Palästinas dezimiert 1 Die Namen und Regierungszeiten der Statthalter zwischen den beiden Kriegen sind nur lückenhaft bekannt. 2 Unter dem Namen Colonia Prima Flavia Augusta Caesarensis; vgl. Plinius, Nat Hist. V,14 § 69. 3 Bell. VI,9,3 § 420: 1.100.000 Menschen. Die Zahl ist sicher gewaltig übertrieben.

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8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

worden sein soll. Dies hatte natürlich auch katastrophale wirtschaftliche Folgen; die vor dem Krieg ohnehin schon ausgebeutete Landbevölkerung verarmte noch mehr. Der Grundbesitz – es ist nicht ganz sicher, ob sämtlicher Grundbesitz (so Josephus)4 oder nur das sogenannte Krongut (das aber auch umfangreich genug war) – fiel an den Kaiser, also Vespasian, der ihn in eigener Machtvollkommenheit und für seine eigene Kasse verkaufte bzw. verpachtete (in der Nähe von Emmaus bei Jerusalem gründete Vespasian eine große Militärkolonie für Veteranen des Krieges).5 Die meisten, wenn nicht alle, jüdischen Bauern wurden damit coloni (Pächter), die das Land gegen Pachtzins bearbeiteten und eine Mittelstellung zwischen Sklaven und Freien einnahmen. Wie schwerwiegend und wirtschaftlich folgenreich die neuen Besitzverhältnisse waren, zeigt das in der Mischna erwähnte sikarikon-Gesetz,6 in dem es darum ging, den jüdischen Grundbesitz so weit wie möglich zu sichern und vor allem für den Rückkauf von Boden zu sorgen, der während des Aufstandes oder nach dem Aufstand verlorengegangen war.7 Auch die bei Jerusalem gelegenen Ländereien des Josephus wurden mit einer römischen Besatzung belegt und damit praktisch enteignet. Zum Ausgleich schenkte ihm Titus jedoch Güter in der Jesreel-Ebene (also wohl aus dem „Königsland“) sowie Vespasian später neue „ansehnliche Ländereien in Judäa.“8 Im Inneren bedeutete der erste Krieg einen weitreichenden Bruch auch im religiösen Leben des Judentums. Das Judentum, das seit Jahrhunderten auf den Tempelkult als Mittelpunkt des religiösen Lebens ausgerichtet war, mußte sich nun völlig umorientieren und auf ein Leben nicht nur ohne Staat, sondern auch ohne Tempel einstellen. Zwar sollte die Bedeutung des Tempelkultes für die jüdische Religion nicht überschätzt werden – sie war unter den letzten Hasmonäern und vor allem unter Herodes ohnehin immer mehr zurückgegangen; auch hat4

Bell. VII,6,6 § 216 f. Bell. VII,6,6 § 217. 6 m Git 5,6. 7 Die Bedeutung der Bezeichnung ist umstritten. Manche leiten sie von den Sikariern (s. oben S. 133, 142) ab, andere von der lex de sicariis et veneficis, die die Kastration untersagte (s. unten S. 174). Entsprechend ist offen, ob das Gesetz sich auf die Folgen des 1. Jüdischen Krieges oder auf diejenigen des Bar Kokhba-Aufstandes bezieht. 8 Vita 76 § 422–425. 5

8.1. Die Folgen des Krieges

159

te die Tempelkritik bestimmter Kreise (man denke etwa an die Qumransekte oder auch an das Neue Testament) seine Wirkung sicher nicht verfehlt –; dennoch verlangte die Zerstörung des Tempels, als je endgültiger sie sich erwies umso mehr, eine grundsätzliche Neubesinnung, einen radikalen Neuanfang. Freilich war keineswegs gleich von Anfang an klar, daß die Zerstörung des Tempels endgültig sein würde – schließlich wurde auch nach der Zerstörung des ersten Tempels (586 v. Chr.) ein zweiter Tempel gebaut –, doch haben wir keinerlei Anhaltspunkte, daß irgendwelche Versuche zum Wiederaufbau gemacht wurden.9 Wir hören auch nichts davon, daß irgendjemand das Hohepriesteramt für sich beanspruchte (eine unabdingbare Voraussetzung für das geordnete „Funktionieren“ des Tempelkultes); das Amt des Hohenpriesters hörte mit der Zerstörung des zweiten Tempels endgültig auf. Äußeres Zeichen für den Charakter der Endgültigkeit, den die Tempelzerstörung im Bewußtsein des Volkes bald annehmen mußte, war die Tatsache, daß die Tempelsteuer nun in Gestalt des fiscus Judaicus an den Tempel des Jupiter Capitolinus in Rom zu leisten war.10 Dies bedeutete weniger eine finanzielle Belastung – die Tempelsteuer betrug zwei Drachmen – als vielmehr eine unerhörte und entmutigende Demütigung für die torahtreuen „Frommen“. Betroffen war neben dem Tempel auch noch eine zweite, sehr wichtige staatliche und religiöse Institution: der Sanhedrin. Der Sanhedrin war gewissermaßen das „Faustpfand“ der inneren jüdischen Selbstverwaltung. Er war vom Hohenpriester geleitet und zweifellos, trotz des wachsenden Einflusses der Pharisäer, weitgehend von den adeligen und wirtschaftlich einflußreichen Sadduzäerfamilien beherrscht. Mit der Zerstörung Jerusalems und des Tempels verschwand auch die administrative Autorität des Sanhedrin und der „Partei“ der Sadduzäer.

9

Verschiedene Hinweise auf eine Fortführung des Opferkultes trotz des zerstörten Tempels (vgl. 1 Clemens 41,2–3; m Pes 7,2; m Ed 8,6) sind allesamt nicht zuverlässig. 10 Bell. VII,6,6 § 218.

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8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

8.2. Die Rabbinen Übrig blieb von den sog. „Religionsparteien“ vor 70 n. Chr. im wesentlichen nur die Gruppe, die das Fiasko des Krieges einigermaßen unbeschadet überstanden hatte und als einzige fähig war, sich längerfristig mit den Römern zu arrangieren: der gemäßigte Flügel der Pharisäer, der als „Rabbinen“ in die Geschichte einging und das Gesicht des Judentums für die folgenden Jahrhunderte prägte. Die deutsche Bezeichnung „Rabbinen“ (im Unterschied zum späteren „Rabbiner“) leitet sich vom Titel Rabbi her, also ursprünglich „mein Lehrer, mein Meister“, bald aber in der abgeschliffenen Bedeutung „Lehrer, Meister“, ohne daß das Possessivpronomen „mein“ noch eine besondere Funktion gehabt hätte. Die babylonischen Gelehrten trugen – im Unterschied zu ihren palästinischen Kollegen – den Titel Rav (also „Lehrer, Meister“, ohne das Possessivpronomen „mein“), während die Führer des rabbinischen Judentums nach 70 n. Chr. später den besonderen Ehrentitel Rabban („unser Lehrer, unser Meister“) erhielten. Die allgemeine Bezeichnung für den Stand der Gelehrten ist Chakhamim – „Weise“ oder Talmide chakhamim – „Schüler von Weisen, Gelehrtenschüler“. Der Titel Rabbi (samt seinen Entsprechungen) ist erst aus der Zeit nach 70 n. Chr. belegt; er signalisiert das Aufkommen eines neuen Standes im Judentum, der in dieser Weise vorher nicht existiert hatte. Die Wurzeln dieses neuen Standes sind einmal die Pharisäer und zum anderen die alte und von den Pharisäern ursprünglich geschiedene Gruppe (genauer: der Beruf) der Soferim, also der Schreiber oder Schriftgelehrten. Es ist allerdings nicht damit zu rechnen, daß die schriftgelehrten und die pharisäischen Traditionen jeweils getrennt in der neuen „Kaste“ der Rabbinen zusammenflossen, sondern beide werden schon vor 70 unterschiedlich gewichtete Filiationen eingegangen sein, d. h. es wird auch schriftgelehrte Pharisäer und pharisäische Schriftgelehrte gegeben haben. a) Die Soferim, die als „Klasse“ wahrscheinlich älter waren als die Pharisäer, sind oft in hohen administrativen Stellungen bezeugt und waren daher zweifellos von politischem Einfluß. Auf sie geht das Ideal des Torahzentrismus zurück, also die Vorstellung, daß die Torah das Zentrum der Frömmigkeit sein müsse, die Torah, die zu studieren, zu

8.2. Die Rabbinen

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interpretieren und auf alle Bereiche des täglichen Lebens anzuwenden ist. b) Die späteren Pharisäer, wie sie sich in der Zeit vor der Zerstörung des Tempels herauskristallisiert hatten, propagierten eine kultzentrierte Frömmigkeit, die wie der Kult der Priester im Tempel auf den Tempel als Mittelpunkt ausgerichtet war. Der entscheidende Unterschied zum Ideal der Priester bestand allerdings darin, daß sie diese Frömmigkeit nicht oder nicht nur im Tempel praktizierten, sondern daß sie im Gegenteil versuchten, die Heiligkeit des Tempels auf alle anderen Bereiche des täglichen Lebens zu übertragen; d. h. sie waren bestrebt, ganz Israel zu Priestern zu machen und damit das private Haus oder noch genauer den privaten Tisch zu einem Modell des Tempels. Der Tempel selbst und der Kult im Tempel waren dafür letztlich nicht mehr notwendig, also notfalls auch entbehrlich. Jeder, der die von ihnen entwickelten Reinheits- und Speisevorschriften einhielt, machte sein Haus und seinen Tisch zum Tempel und trug dazu bei, die ursprünglich auf den Tempel begrenzte Heiligkeit auf ganz Israel zu übertragen. Es scheint, daß die Ideale dieser beiden Gruppen, der späten Pharisäer und der Soferim, in die neue Gruppe der Rabbinen nach 70 n. Chr. eingegangen sind und diese entscheidend bestimmt haben. Die Heiligkeit des Tempels wird auf alle Bereiche des täglichen Lebens übertragen, aber diese Heiligkeit ist nicht mehr an den Tempel gebunden und wird nicht mehr durch den Kult vermittelt, sondern durch das Studium und die Applikation der Torah. Statt des Tempels steht nun ausschließlich die Torah im Mittelpunkt; nur die Lehre und sachgemäße Anwendung der Torah macht Israel zu einem heiligen Volk. Die „Vermittler“ und Garanten dieser „neuen“ Heiligkeit sind nicht mehr die Priester, sondern die Rabbinen. Das klassische Dokument dieses neuen Selbstbewußtseins der Rabbinen ist das Anfangskapitel der Pirqe Avot („Sprüche der Väter“), in dem die Rabbinen den Legitimationsbeweis für ihre Gruppe und ihre Lehre führen: Mose empfing Torah vom Sinai und überlieferte sie Josua, Josua den Ältesten, die Ältesten den Propheten, und die Propheten überlieferten sie den Männern der Großen Synagoge.11 11

m Av 1,1.

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8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

Von den Männern der Großen Synagoge geht die lückenlose Sukzession über Simon den Gerechten, Antigonos von Socho und die fünf Gelehrtenpaare (zugot) zu Hillel und Schammai, von dort über Gamliel I. und Schim‘on b. Gamliel I., bis sie in R. Jehuda ha-Nasi, dem Redaktor der Mischna,12 als dem Höhepunkt des rabbinischen Judentums kulminiert. Die Rabbinen verstehen sich somit als die wahren und einzigen Nachfolger Moses, der Propheten und der Pharisäer – die Priester werden souverän ignoriert –,13 und die von ihnen vermittelte, d. h. verbindlich ausgelegte Torah (die sog. „mündliche Torah“) ist identisch mit der Torah des Mose (der sog. „schriftlichen Torah“). Schriftliche und mündliche Torah fallen in der Auslegung der Rabbinen zusammen. Die Funktion des Rabbi in der talmudischen Zeit war kein Amt, sondern der Versuch, das Leben nach den Idealen der Torah zu gestalten, also eine bestimmte Lebensform: Die Krone der Torah sollte nicht dazu benutzt werden, zu Ansehen zu gelangen oder als Spaten, um damit zu graben, d. h. seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen.14 Dies war natürlich ein Ideal, das nur schwer eingehalten werden konnte, zumindest in wirtschaftlich schwächeren Zeiten. Wollten die Rabbinen daher nicht von der Unterstützung durch den Nasi (Patriarchen)15 abhängig sein (darauf verzichteten die meisten wegen der bald einsetzenden institutionellen Spannungen zwischen der Zentralgewalt des Patriarchen und dem Stand der Rabbinen), mußten sie wohl oder übel einen Beruf ergreifen, und wir wissen daher von vielen Rabbinen, daß sie Landwirtschaft betrieben oder Handwerksberufe ausübten (Schmied, Gerber, Schreiner, Wäscher, Schneider, Schuster; auch Schreiber). Offizielle Ämter in der Synagoge nahmen die Rabbinen – im Unterschied zur späteren Entwicklung seit dem Mittelalter und vor allem in der Neuzeit – nicht wahr. Wie wurde man nun Rabbi? Ursprünglich sicher so, daß man sich die Ideale der rabbinischen Bewegung (also vor allem die Einhaltung 12

S. dazu unten S. 194 ff. Vgl. auch Sifra, Leviticus 1, ed. Finkelstein, Bd. II, S. 14; Sifre Deuteronomium, ed. Horovitz, § 58; Mekhilta de-Rabbi Jischma‘el, ed. Lauterbach, 1,1 f.; ed. Horovitz-Rabin, S. 1; dazu Schäfer, Rabbis and Priests. 14 m Av 4,5. 15 S. unten S. 199 ff. 13

8.2. Die Rabbinen

163

der Reinheits- und Speisevorschriften) zu eigen machte. Bald nach 70 n. Chr. wird sich aber ein anderes wichtiges Kriterium der Zugehörigkeit zum Rabbinenstand herausgebildet haben: Der Anschluß an einen anerkannten Rabbi, d. h. ein Lehrer-Schüler-Verhältnis, das oft viele Jahre hindurch bestand und durch eine eigene Lebensform gekennzeichnet war (Zusammenleben von Lehrer und Schüler, gemeinsames Studium, oft auch „Bedienung“ des Rabbi usw.). „Besorg dir einen Lehrer (rav) und erwirb dir (damit) einen Kollegen (chaver)“ heißt es in den Pirqe Avot, oder: „Die Ehre deines Schülers sei dir so lieb wie die Ehre deines Kollegen, und die Ehre deines Kollegen wie die Ehrfurcht vor deinem Lehrer und die Ehrfurcht vor deinem Lehrer wie die Ehrfurcht vor Gott.“16 Den offiziellen Abschluß des LehrerSchüler-Verhältnisses bildete die Ordination (semikhah) des Schülers durch den Lehrer, die diesen zur selbständigen Lehre und Entscheidung in halakhischen Fragen sowie zur Wahrnehmung richterlicher Funktionen autorisierte. So bedeutend die Stellung und das Ansehen der Rabbinen kraft ihrer Kompetenz vor allem in religionsgesetzlichen Fragen und kraft ihres eigenen Anspruches gewesen sein mag, muß man sich dennoch davor hüten, den Rabbinenstand und seinen Einfluß auf das Volk zu überschätzen. Wir dürfen nicht vergessen, daß unsere Kenntnis der rabbinischen Epoche fast ausschließlich auf den Schriften eben dieser Rabbinen beruht und damit natürlich zwangsläufig einseitig sein muß. Selbst die Schriften der Rabbinen (die rabbinische Literatur) lassen noch, wenn auch nur in Spuren, Auseinandersetzungen zwischen dem Volk und den Rabbinen und Kritik am Führungsanspruch dieses Standes, an seiner Eitelkeit und Überheblichkeit und zuweilen sogar Spott erkennen – alles Hinweise darauf, daß das Idealbild, das die Rabbinen selbst zeichnen, in dieser gewünschten Vollkommenheit nie bestanden hat. Die moderne Forschung geht sogar davon aus, daß das von den Rabbinen gezeichnete Idealbild weit überzogen ist und die von den Rabbinen beanspruchte Autorität in Wirklichkeit lange Fiktion blieb und sich – wenn überhaupt – nur sehr langsam durchsetzte.17 16

m Av 1,8; 4,12. Ausführlich dazu jetzt C. Hezser, The Social Structure of the Rabbinic Movement in Roman Palestine. 17

164

8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

8.3. Jochanan ben Zakkai Der Rabbi, mit dessen Person die Neugründung des Judentums nach der Katastrophe des Jahres 70 n. Chr. verknüpft wird, ist Jochanan b. Zakkai. Über seine Person ist wenig Sicheres bekannt. Die Tradition hat ihn zu einem der maßgebenden Pharisäer aus der Zeit der Tempelzerstörung gemacht, doch geschah dies zweifellos rückblickend und ist historisch wenig wahrscheinlich; eher verkörperte er das schriftgelehrte Element im rabbinischen Judentum. Sicher dürfte sein, daß er für einige religionsgesetzliche Neuerungen verantwortlich war, die die Weiterführung des religiösen Lebens nach der Zerstörung des Tempels ermöglichen sollten und die unter der Bezeichnung „taqqanot (Notverordnungen kraft rabbinischer Autorität, die nicht auf einer biblischen Grundlage beruhen) von Javne“ bekannt sind. Eine Sammlung solcher taqqanot Jochanan b. Zakkais ist z. B. in der Mischna18 überliefert: Wenn ein Festtag des (zweitägigen) Neujahrsfestes gerade auf einen Sabbat fiel, pflegte man im Heiligtum (das Schofar) zu blasen,19 aber nicht im Lande. Seit der Tempel zerstört ist, hat Rabban Jochanan b. Zakkai verordnet, daß man (das Schofar) an jedem Ort blasen solle, an dem sich ein Gerichtshof befindet (d. h. nicht nur im Tempel in Jerusalem). R. El‘azar sagte: Rabban Jochanan b. Zakkai erließ diese Verordnung nur in Bezug auf Javne (d. h. das Zentrum der rabbinischen Gelehrsamkeit nach 70 n. Chr.). Man sagte zu ihm: Es ist einerlei, ob es sich um Javne handelt oder irgendeinen anderen Ort, an dem sich ein Gerichtshof befindet. . . . Ursprünglich wurde der Lulav20 im Heiligtum an (allen) sieben (Tagen des Laubhüttenfestes) genommen21 und im Lande (nur) an einem (Tag).22 Seit der Tempel zerstört ist, hat Rabban Jochanan b. Zakkai verordnet, daß der Lulav (auch) im Lande an (allen) sieben (Tagen) genommen werde, zur Erinnerung an das Heiligtum. (Ferner verordnete er), daß der Tag des Schwingens23 als ganzer verboten sei. 18

m RHSch 4,1–4. Wie es das Neujahrsfest erfordert. Diese Bestimmung kollidiert aber mit dem Sabbatgebot. 20 Pars pro toto für den aus Palmzweig (Lulav), Bachweide, Myrte und Etrog bestehenden Feststrauß des Laubhüttenfestes. 21 D. h. bei der Prozession im Tempel getragen. 22 Bei der Prozession in der Synagoge. 23 Der Tag (16. Nisan = 2. Tag des Pesachfestes), an dem die Omergarbe im 19

8.3. Jochanan ben Zakkai

165

Ursprünglich pflegte man das Zeugnis des Neumondes den ganzen Tag über24 anzunehmen. Einmal säumten die Zeugen zu kommen, und die Leviten gerieten in Verwirrung beim Gesang.25 Da verordnete man, daß man die Zeugen nur bis zur Zeit des Minchah26 annehmen solle. Kamen die Zeugen aber erst nach der Minchahzeit, hielt man jenen Tag heilig und den folgenden Tag heilig. Seit der Tempel zerstört ist, hat Rabban Jochanan b. Zakkai verordnet, daß man das Zeugnis des Neumondes den ganzen Tag über annehmen dürfe. . . .“

Aus dieser geringen Auswahl sind keine endgültigen Schlüsse über die Art der Neuerungen möglich, die Jochanan b. Zakkai durchgeführt hat, doch ist hier immerhin eine Tendenz erkennbar. Keine der Verordnungen befaßt sich mit den für die Pharisäer (des Neuen Testaments und der rabbinischen Literatur) so charakteristischen Reinheits- und Unreinheitsgeboten; die Landwirtschaftsgesetze, die ebenfalls bei den Pharisäern eine große Rolle spielen, sind nur mit einer Vorschrift vertreten: Das Essen des neuen Getreides durfte nicht – wie im Tempel – am zweiten Tag des Pesachfestes (= 16. Nisan) stattfinden; hier reserviert Jochanan b. Zakkai dem Tempel also ein an diesen gebundenes Recht. Dagegen ist es die eindeutige Absicht aller anderen taqqanot, bestehende Vorschriften so zu verändern, daß sie auch ohne die Existenz des Tempels durchführbar sind: Wenn das Neujahrsfest auf einen Sabbat fällt, darf das Schofar an jedem Ort geblasen werden, der einen Gerichtshof hat (und nicht nur im Tempel in Jerusalem); der Lulav darf auch außerhalb Jerusalems an allen sieben Tagen des Laubhüttenfestes genommen werden; das Zeugnis des Neumondes wird wieder den ganzen Tag über akzeptiert und nicht nur bis zum frühen Nachmittag. Gleichzeitig wird in dem späteren Zusatz R. El‘azars bereits die Tendenz sichtbar, Javne eine Sonderrolle zuzuschreiben und es damit als Ersatz für Jerusalem und den Tempel anzusehen.

Tempel „geschwungen“ und anschließend von dem neuen Getreide gegessen wurde. 24 D. h. während des ganzen letzten Tages des letzten Monats im Jahr (Elul). 25 Sie wußten nicht, ob sie den Werktags- oder den Festtagsgesang anstimmen sollten. 26 Am frühen Nachmittag.

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8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

8.4. Javne Eng mit der Person Jochanan b. Zakkais verbunden ist der Ort der Neugründung des Judentums als rabbinisches Judentum: Es ist der kleine Ort Javne/Jamnia in der Küstenebene, der zum direkten Besitz des Kaisers gehörte. Wie es zur Niederlassung Jochanan b. Zakkais und seiner Getreuen in Javne kam, ist in einer berühmten Erzählung in der rabbinischen Literatur geschildert: Als Vespasian kam, Jerusalem zu zerstören, sagte er zu ihnen (= den Bewohnern Jerusalems): Frevler, warum wollt ihr diese Stadt zerstören und den Tempel verbrennen? Was verlange ich denn von euch anderes, als daß ihr mir einen Bogen oder einen Pfeil schickt (= als Zeichen der Übergabe), und ich gehe von euch weg! Sie antworteten: So wie wir gegen die beiden ersten vor dir ausgezogen sind und sie getötet haben, so werden wir gegen dich ausziehen und dich töten! Als R. Jochanan b. Zakkai (dies) hörte, ließ er die Bewohner Jerusalems zusammenrufen und sprach zu ihnen: Meine Kinder, warum zerstört ihr diese Stadt und (warum) wollt ihr den Tempel verbrennen?! Was verlangt er denn von euch? Er verlangt von euch nichts anderes als einen Bogen oder einen Pfeil und wird von euch weggehen! Sie antworteten ihm: So wie wir gegen die beiden vor ihm ausgezogen sind und sie getötet haben, so werden wir gegen ihn ziehen und ihn töten! Vespasian hatte Männer, die gegenüber den Mauern Jerusalems lagerten, und jedes Wort, das sie hörten, schrieben sie auf Pfeile und schleuderten (diese) außerhalb der Mauer, um anzuzeigen, daß R. Jochanan b. Zakkai zu den Freunden des Kaisers gehöre. Als R. Jochanan b. Zakkai ihnen (dies) einen, zwei und drei Tage gesagt hatte und sie (es) von ihm nicht annahmen, ließ er seine Schüler R. Eli‘ezer und R. Jehoschua rufen. Er sprach zu ihnen: Meine Kinder, bringt mich fort von hier! Macht mir einen Sarg, und ich werde darin schlafen! R. Eli‘ezer hielt sein Haupt, R. Jehoschua hielt seine Füße, und sie trugen ihn, bis sie bei Sonnenuntergang die Tore Jerusalems erreichten. Da sagten die Torhüter zu ihnen: Wer ist das? Sie antworteten ihnen: Das ist ein Toter. Wißt ihr denn nicht, daß ein Toter nicht über Nacht in Jerusalem bleiben darf? Da gaben ihnen (die Torhüter) zur Antwort: Wenn es ein Toter ist, so bringt ihn hinaus! Sie brachten ihn hinaus und geleiteten ihn, bis sie zu Vespasian kamen. (Dort) öffneten sie den Sarg, und er (Jochanan b. Zakkai) stand vor ihm. (Vespasian) sagte zu ihm: Bist du R. Jochanan b. Zakkai? Wünsche (dir), was ich dir geben soll! Er antwortete ihm: Ich erbitte nichts anderes von dir als Javne, daß ich gehe und dort meine Schüler unterweise, das Gebet dort festsetze und alle

8.4. Javne

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Gebote dort erfülle. (Darauf) sagte (Vespasian) zu ihm: Geh und tu alles, was du willst! Da sagte (Jochanan b. Zakkai) zu (Vespasian): Willst du, daß ich dir etwas sage? Er antwortete: Sprich! Darauf sagte (Jochanan b. Zakkai) zu ihm: Du wirst demnächst zur Herrschaft berufen werden! – Woher weißt du dies? Er antwortete ihm: So wurde es uns überliefert, daß der Tempel nicht in die Hand eines gemeinen Mannes, sondern nur in die Hand eines Königs fallen wird, wie es heißt: Das Dickicht des Waldes wird mit dem Eisen niedergehauen werden, und der Libanon27 wird (nur) durch einen Mächtigen fallen (Jes 10,34). Man sagt, daß nicht ein, zwei oder drei Tage vergingen, bis zwei Gesandte aus seiner Stadt (= Rom) zu ihm kamen (und ihm meldeten), daß der Kaiser gestorben sei und man ihn zur Herrschaft berufen habe. 28

Diese in mehreren Fassungen überlieferte Erzählung kann als Gründungslegende des rabbinischen Judentums bezeichnet werden. Rein äußerlich weist sie eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Erzählung des Josephus nach der Einnahme von Jotapata auf und wird von dieser beeinflußt sein. Wie Josephus ist Jochanan b. Zakkai ein Römerfreund, der es vorzieht, zu den Römern überzulaufen statt (mit den Zeloten) alles in Schutt und Asche fallen zu lassen; wie Josephus weissagt Jochanan b. Zakkai Vespasian die bevorstehende Kaiserwürde. In ihrem Zielpunkt sind die beiden Erzählungen aber grundverschieden: Josephus rettet sein Leben, um dieses anschließend fern von Judäa als Günstling des heidnischen Herrschers zu verbringen; Jochanan b. Zakkai rettet sein Leben, um in Javne das Judentum als rabbinisches Judentum neu erstehen zu lassen.29 Insofern ist die Bitte um Javne die zentrale Aussage der Erzählung. In den anderen Fassungen ist dies noch deutlicher formuliert, wenn es heißt: „Gib mir Javne, seine Weisen und die Dynastie Rabban Gamliels“30 oder auch nur: „Ich erbitte vor dir Javne, daß ich dort Torah lerne . . . und alle übrigen Gebote erfülle.“31 Die Erfüllung der Torah in dem Sinne und dem Umfang, der nach 70 n. Chr. möglich ist, ist das alleinige Ziel des rabbinischen Ju27

Traditionelle Chiffre für den Tempel. ARNA Kap. 4, S. 22 f. 29 Diese Tendenz der beiden Erzählungen ist nicht zu verwechseln bzw. automatisch gleichzusetzen mit der historischen Wirklichkeit. Dazu ausführlich Schäfer, Die Flucht Joh.anan b. Zakkais aus Jerusalem. 30 b Git 56b. 31 ARNB Kap. 6, S. 19. 28

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8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

dentums, und dieses Ziel wird garantiert durch die Patriarchen als die legitimen Führer dieses rabbinischen Judentums. Die Torah ist zwar das einzige, was den Juden nach der Zerstörung Jerusalems und des Tempels geblieben ist, aber sie ist auch das Entscheidende, das Wesen und die eigentliche Macht des Judentums, von der sich letztlich sogar erweisen wird, daß sie stärker ist als Rom. Javne wurde nach 70 n. Chr. so sehr der zentrale Ort und das geistige Zentrum des rabbinischen Judentums, daß man die Periode von der Tempelzerstörung bis zum Bar Kokhba-Aufstand mit Recht als die „Periode von Javne“ bezeichnet. Unter Jochanan b. Zakkai und seinem „Nachfolger“ Gamliel II., dem Sohn Simon/Schim‘on b. Gamliels I. (des Pharisäerführers vor 70 und während des Krieges),32 wurde hier die Grundlage des rabbinischen Judentums gelegt, entstand eine erste Formulierung und Sichtung des Materials, das später in die Mischna eingehen sollte.33 Man nennt die Periode von Javne daher gerne auch die „formative Periode“ des rabbinischen Judentums. Die christliche Theologie verbindet mit Javne insbesondere zwei Ereignisse, die auch für das in dieser Zeit sich herauskristallisierende Christentum von Bedeutung waren, den Abschluß des Kanons und den sog. Ketzersegen: (a) In Javne habe man formell den Kanon der zur hebräischen Bibel gehörigen Bücher festgelegt; der Grund dafür sei eine Abgrenzungstendenz gegenüber dem erstehenden Christentum gewesen, dessen konkurrierenden Anspruch auf heilige Schriften man damit habe begegnen wollen. Die neuere Forschung hat gezeigt, daß diese christlich-theologische Sicht weit überzogen ist. Die Quellen der rabbinischen Literatur34 lassen nur erkennen, daß man die Kanonizität bestimmter biblischer Bücher diskutiert hat – so etwa von Kohelet, dem Hohen Lied und Sirach, aber auch von Daniel und Ester –, daß aber der Kanon in der frühen Javne-Periode (also gegen Ende des 1. Jh. n. Chr.) keineswegs schon feststand. Die Diskussionen über die Kanonizität bestimmter biblischer Bücher zogen sich mit Sicherheit bis zur Zeit nach dem Bar Kokhba-Aufstand hin, d. h. bis in die Periode von Uscha. Dies bedeu32 33 34

S. oben S. 151. S. unten S. 194 ff. Vor allem m Jad 3,5.

8.4. Javne

169

tet aber auch, daß in der Frage des jüdischen Kanons das Christentum keineswegs die Rolle gespielt haben kann, die manche christliche Theologen ihm gerne zuschreiben. Aus rabbinischer Sicht war das Christentum in der Javne-Periode zweifellos noch völlig unbedeutend und sicher kein Anlaß für eine Fixierung des Kanons. (b) Ähnlich dürfte das Problem bei der Einführung der sog. birkat ha-minim35 in das Achtzehn-Bitten-Gebet36 liegen. Hier meinen ebenfalls manche christliche Theologen, daß die Verfluchung der minim („Häretiker“) in der 12. Benediktion des Achtzehn-Bitten-Gebets ausdrücklich und ausschließlich auf die Christen ziele und ebenfalls die Abgrenzung der „Synagoge“ von der „Kirche“ im Auge habe. Richtig an dieser These ist, daß die ausdrückliche Verwünschung der minim37 unter Gamliel II. in das Achtzehn-Bitten-Gebet aufgenommen wurde – wahrscheinlich aber nicht als völlig neue Benediktion, sondern durch Umformung und Erweiterung einer bestehenden –, doch spricht nichts dafür, daß es dabei ursprünglich und primär um die Christen im strengen Sinne des Wortes ging. Eine genauere Untersuchung der einzelnen Fassungen zeigt, daß in der birkat ha-minim zunächst zwei Gruppen angesprochen waren, nämlich einmal jüdische Häretiker verschiedener Provenienz und Ausrichtung und zum anderen die römische Obrigkeit. Daß zu den Häretikern später auch die Christen gerechnet werden konnten (die ursprünglich zweifellos als jüdische Sekte aufgefaßt wurden), versteht sich von selbst, doch ist dies eben eine spätere Entwicklung, die nicht so ohne weiteres auf die Einführung der birkat ha-minim übertragen werden kann. Wir wissen nicht genau, wie lange Jochanan b. Zakkai in Javne wirkte; die rabbinischen Berichte über seinen „Rückzug“ nach Beror Chail (kleiner Ort südöstlich von Askalon) sind unklar und tendenziös. Sicher scheint zu sein, daß manche ihm seine „Flucht“ zu den Römern übelnahmen und er daher immer umstritten war. Zwischen 80 und 90 n. Chr. jedenfalls scheint der erwähnte Gamliel II. an seine Stelle getreten zu sein. Mit ihm hat das Werk von Javne zunehmend politische Dimensionen angenommen und scheint ein auch von den Römern be35

„Ketzersegen“, euphemistisch für „Verfluchung der Ketzer, Häretiker“. Neben dem Schema‘ („Höre Israel“) der Hauptbestandteil des täglichen Synagogengottesdienstes; es wird dreimal täglich gebetet. 37 In manchen Fassungen der birkat ha-minim auch notsrim („Christen“). 36

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8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

merkter und mehr und mehr anerkannter Faktor geworden zu sein. Es ist zwar sehr zweifelhaft, ob man für diese frühe Zeit schon von einem „Patriarchenamt“ (also einem Amt des Nasi im technischen Sinne des Wortes) sprechen kann – für die rabbinische Tradition ist selbstverständlich nicht nur Gamliel II. Patriarch, sondern auch schon Jochanan b. Zakkai: Er trägt ebenfalls den Ehrentitel Rabban38 –, aber im Laufe der Zeit wurde sicher eine beginnende jüdische Selbstverwaltung in Javne von den Römern zunächst stillschweigend geduldet und dann auch offiziell anerkannt. Eine von Gamliel berichtete Reise nach Rom mag durchaus historisch sein, wenn ihr sicher auch nicht die Qualität eines „Staatsbesuches“ zukam, die ihr manche Forscher zuschreiben. Das Todesdatum Gamliels II. ist nicht bekannt. Sicher dürfte aber sein, daß er nicht bis zum Bar Kokhba-Aufstand lebte, sondern schon lange vorher starb, wahrscheinlich irgendwann zwischen 100 und 120 n. Chr. Unumstritten ist heute auch, daß sein Sohn Schim‘on b. Gamliel II. nicht direkt seine Nachfolge antrat, sondern daß in der Zeit von ca. 120 n. Chr. bis zum Beginn des Bar Kokhba-Aufstandes andere Lehrhäuser dominierten, so vor allem die der beiden herausragenden Rabbinen ihrer Zeit: Rabbi Aqiva (in Bene Baraq in der Nähe des heutigen Tel Aviv) und Rabbi Jischma‘el (im Süden Judäas).

8.5. Der Aufstand unter Trajan (115–117 n. Chr.)39 Nach der Katastrophe des ersten großen Krieges gegen Rom blieb es in Palästina und in der jüdischen Diaspora relativ lange ruhig. Die Lust zu messianischen Abenteuern war im Volk und bei seinen Führern weitgehend vergangen bzw. erstickt worden. Daß aber weiterhin mit dem Messianismus als einer politisch aktiven und folgenreichen Kraft zu rechnen war, sollte in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts der große Aufstand in der Diaspora zeigen. Der Aufstand brach unter Trajan aus und hängt – zumindest indirekt – mit dessen Kampagne gegen die Parther im Osten des Reiches 38

S. dazu oben S. 160. Obwohl der Schwerpunkt des Aufstandes eindeutig in der Diaspora lag, wird er hier kurz behandelt, da die Beteiligung der palästinischen Juden am Aufstand in der Forschung diskutiert wird. 39

8.5. Der Aufstand unter Trajan (115–117 n. Chr.)

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zusammen. Während seiner Abwesenheit in Mesopotamien (115 n. Chr.) und offenbar gezielt das militärische Engagement ausnützend erhoben sich die Juden in Ägypten und der Kyrenaika, denen bald die Juden von Zypern und schließlich auch Mesopotamien folgten. Der Aufstand hat sich nach den Quellen jeweils gegen die „heidnischen“ (griechisch-römischen) Nachbarn der Juden in den Aufstandsgebieten gerichtet; vor allem Dio berichtet von Massakern und unglaublichen Greueltaten der Juden unter der heidnischen Bevölkerung.40 In der Kyrenaika wird der Name des Führers der Juden mit Lukuas (Eusebius)41 bzw. Andreas (Dio)42 angegeben, in Zypern mit Artemion.43 Trajan schätzte den Aufstand als so ernsthaft ein, daß er Marcius Turbo, einen seiner besten Feldherren, in die Kyrenaika schickte, den Aufstand niederzuschlagen (was erst nach längeren Kämpfen gelang). In Zypern müssen die Juden ein solches Blutbad unter ihren heidnischen Nachbarn angerichtet haben, daß nach der Niederschlagung des Aufstandes kein Jude mehr die Insel betreten durfte (sogar Schiffbrüchige wurden nach Dio sofort getötet).44 Besonders gefährlich war für Trajan die Beteiligung der mesopotamischen Juden am Aufstand, an der neuralgischen Ostgrenze des Reiches und in einem Gebiet, das er gerade von den Parthern erobert hatte. Hier beauftragte Trajan den maurischen General Lusius Quietus mit der Niederschlagung des Aufstandes. Dieser besorgte sein Werk so gründlich, daß er anschließend von Trajan mit der Statthalterschaft der Provinz Judäa belohnt wurde. Ob Palästina oder Teile Palästinas an dem Aufstand teilnahmen, wird in der Forschung diskutiert. Für eine solche Beteiligung wird einmal eine kurze Notiz Pseudo-Spartians (des angeblichen Biographen Hadrians in der Historia Augusta) in Anspruch genommen, der Libyen und Palästina zusammen nennt45 sowie ein in der rabbinischen Literatur verschiedentlich auftauchender pulmus schel qitus („Krieg des 40

Dio Cassius, HR LXVIII,32,1–3. HE IV,2,4. 42 HR LXVIII,32,1. 43 Dio Cassius, HR LXVIII,32,2. 44 Ebd. LXVIII,32,3. 45 HA, Vita Hadr. 5,2: „Libyen und auch Palästina zeigten eine rebellische Gesinnung“. 41

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8. Zwischen den Kriegen: Von 74 bis 132 n. Chr.

Qitus“),46 bei dem nicht einmal klar ist, wer sich hinter „Qitus“ verbirgt (Lusius Quietus oder Quintus Marcius Turbo?), geschweige denn, daß er sich in Palästina abgespielt hat. Auch die legendäre Erzählung vom Martyrium der beiden Brüder Lulianus/Julianus und Pappus unter Trajan in Laodicea (in Nordsyrien!)47 trägt wenig zur Lösung des Problems bei. Alle diese verstreuten Hinweise sind historisch wenig aussagekräftig, und man neigt heute eher dazu, keine Beteiligung der Juden Palästinas am Krieg anzunehmen. Die Lage in Palästina war sicher eine andere als in der Diaspora, und es hat den Anschein, als sei der Aufstand unter Trajan wirklich ein Aufstand der Diaspora gewesen, also unter den besonderen Bedingungen des griechisch-römischen Diasporajudentums zustandegekommen (kulturelle Annäherung bei gleichzeitiger Verschärfung der – entscheidenden – Gegensätze, wirtschaftliche Konkurrenz etc.). Möglicherweise hängt die Tatsache, daß der Aufstand in der Diaspora nicht auf Judäa übergriff, mit einer erneuten Änderung im Status der römischen Provinz Judäa zusammen. Es häufen sich nämlich die Hinweise darauf, daß Judäa ungefähr um die Zeit der DiasporaAufstände von einer prätorischen (diesen Status hatte es seit 74 n. Chr.)48 in eine konsulare Provinz umgewandelt wurde. Diese „Erhebung“ in die höchste Kategorie des römischen Provinzialsystems implizierte – neben einem Statthalter im Rang eines Konsuls –, daß statt einer nunmehr zwei Legionen fest in der Provinz stationiert waren. Für Judäa bedeutete dies, daß zusätzlich zu der nach dem ersten Krieg in Judäa installierten 10. Legion eine weitere Legion in die Provinz verlegt wurde (möglicherweise die legio II Traiana). Es scheint also, als hätten die Römer mit der Umwandlung Judäas in eine konsulare Provinz und der damit verbundenen Verdoppelung der ständig in Judäa stationierten Garnison ganz gezielt (und erfolgreich) versucht, dem Übergreifen des Aufstandes auf Palästina zuvorzukommen.

46 47 48

m Sot 9,14 u. ö. Sifra emor, 9,5; b Taan 18b; j Taan 2,13, fol. 66a; j Meg 1,6, fol. 70c. S. oben S. 157.

9. Der Bar Kokhba-Aufstand

Das wichtigste historische Ereignis in der Epoche des rabbinischen Judentums war der sog. Bar Kokhba-Aufstand. Dieser zweite jüdische Aufstand gegen Rom ist in seiner Bedeutung und seinen weitreichenden Folgen nur mit dem ersten Aufstand 70 n. Chr. zu vergleichen, obwohl er sich in einem Punkt ganz wesentlich vom ersten Aufstand unterscheidet: Die Quellenlage, auf die wir bei der Rekonstruktion der Ereignisse angewiesen sind, ist ungleich schlechter als beim ersten Jüdischen Krieg, und dies liegt nicht zuletzt daran, daß uns ein Historiker vom Range eines Flavius Josephus, dem wir den größten Teil unserer Kenntnisse über den ersten Aufstand verdanken, fehlt. Wir sind daher auf einige überwiegend legendäre Berichte in der rabbinischen Literatur und wenige Hinweise bei den griechisch-römischen Schriftstellern angewiesen, zu denen sich allerdings in neuester Zeit die Funde aus der Wüste Juda gesellt haben, die unser Bild nicht unwesentlich erweitern.1

9.1. Die Ursachen des Aufstandes Eine entscheidende und bis heute heiß umstrittene Frage ist die, wie es überhaupt zum Bar Kokhba-Aufstand gekommen ist. Diese Frage ist deswegen wichtig, weil die relativ friedliche innere Entwicklung des Judentums nach dem 1. Aufstand bis zum Ausbruch des 2. Aufstandes (wahrscheinlich 132 n. Chr.) keinen einleuchtenden Grund für einen solchen neuen Krieg gegen Rom erkennen läßt. Der Aufstand in der Diaspora2 kommt als Grund für diesen neuen, sehr blutigen Krieg nicht in Frage, zumal Hadrian (117–138 n. Chr.), der Nachfolger Tra1

Die neuere Forschung zum Bar Kokhba-Aufstand ist jetzt handlich in dem von P. Schäfer herausgegebenen Kongreßband The Bar Kokhba War Reconsidered: New Perspectives on the Second Jewish Revolt against Rome zusammengefaßt. 2 S. oben S. 170 ff.

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

jans, eine Revision der expansiven römischen Politik einleitete und eher auf eine Befriedung gerade auch der östlichen Provinzen des Reiches ausgerichtet war. Die Quellen geben uns drei verschiedene Gründe zur Auswahl. So berichtet Pseudo-Spartian in der Historia Augusta: In ihrem Ungestüm begannen auch die Juden einen Krieg, weil ihnen verboten worden war, ihre Genitalien zu verletzen.3

Nach Pseudo-Spartian hätten also die Juden den Aufstand begonnen, weil ihnen die Beschneidung verboten worden war. Dagegen nennt der Historiker Dio Cassius in seiner römischen Geschichte4 die Absicht Hadrians, die Stadt Jerusalem als römische Kolonie Aelia Capitolina mit einem heidnischen Tempel neu zu erbauen, als Kriegsgrund,5 und nach einer rabbinischen Quelle schließlich6 war die Ursache des Krieges die, daß Hadrian den Juden versprochen habe, den jüdischen Tempel wieder aufzubauen, diese Zusage aber auf die Einflüsterungen eines übelwollenden Samaritaners hin zurückgenommen habe. Von diesen drei Gründen wird der zuletzt genannte von den meisten Forschern mit Recht als der am wenigsten wahrscheinliche angesehen, und dies vor allem wegen der zahlreichen legendären Züge der rabbinischen Erzählung (so ist der übelwollende Samaritaner ein aus der jüdischen Literatur gut bekannter Topos). Das Problem reduziert sich daher auf das Beschneidungsverbot und den Bau von Aelia Capitolina als Kriegsgrund; die meisten Forscher sind geneigt, beide Gründe zusammen als Kriegsursache anzusehen. Was die Beschneidung betrifft, so wissen wir, daß schon die Kaiser Domitian und Nerva Ende des 1. Jh. die Kastration verboten haben,7 daß Hadrian dieses Kastrationsverbot verschärft hat (indem er die Todesstrafe für die Kastration androhte)8 und daß schließlich Antoninus Pius, der Nachfolger Hadrians, den Juden ausdrücklich die Beschnei3

Vita Hadr. 14,2. HR LXIX,12. 5 Nach Eusebius, HE IV,6,1–4, war dies nicht der Grund, sondern die Folge des Krieges. 6 BerR 64,10. 7 Sueton, Domitian 7,1; Cassius Dio, HR XLVII,2 f. 8 Ulpian, Digesta XLVIII,8,4,2. 4

9.1. Die Ursachen des Aufstandes

175

dung ihrer Söhne (aber nicht von Proselyten) erlaubte.9 Obwohl von Hadrian also ein Beschneidungsverbot nicht bezeugt ist (bis auf die wenig zuverlässige Notiz bei Pseudo-Spartian), möchte man aus der Erlaubnis der Beschneidung durch seinen Nachfolger auf ein Beschneidungsverbot Hadrians rückschließen und dieses für den Ausbruch des Krieges verantwortlich machen. Nun behaupten zwar die rabbinischen Quellen, daß Hadrian nach dem Bar Kokhba-Aufstand zahlreiche antijüdische Dekrete erlassen hat, zu denen auch das Verbot der Beschneidung gehörte, das Problem ist aber, ob ein solches Beschneidungsverbot schon für die Zeit vor dem Krieg und damit als Grund für den Krieg wahrscheinlich zu machen ist. Grundsätzlich läßt sich zunächst fragen, warum Hadrian den Juden ausdrücklich und gewissermaßen aus heiterem Himmel die Beschneidung hätte verbieten sollen. Die Befürworter der These vom Beschneidungsverbot führen die griechenfreundliche und „aufgeklärte“ Haltung des Kaisers ins Feld, dem die Beschneidung einfach als barbarische Unsitte erschienen sei, die es abzuschaffen gelte. Es ist möglich, daß Hadrian dieser Meinung war; gleichzeitig dürfte er sich aber als der ausgesprochene Realpolitiker, der er sicher auch war, über die Folgen eines solchen Verbots im klaren gewesen sein, das einen jüdischen Aufstand nämlich geradezu provozieren mußte – und dazu paßt sehr schlecht die von Hadrian konsequent verfolgte Friedenspolitik. Ist schon aus diesen grundsätzlichen Erwägungen heraus ein von Hadrian überraschend verhängtes Verbot der Beschneidung wenig wahrscheinlich, gibt es in der rabbinischen Literatur auch einen positiven Hinweis darauf, daß ein gezieltes Beschneidungsverbot als Kriegsgrund nicht in Betracht kommt. Verschiedene Texte in der rabbinischen Literatur diskutieren die Frage, ob jemand, der den Epispasmos vollzog, d. h. der sich operativ eine künstliche Vorhaut herstellen ließ, um seine Beschneidung rückgängig zu machen (wir kennen diese Sitte auch aus der Zeit der Religionsverfolgung unter Antiochos IV. Epiphanes),10 neu beschnitten werden muß, wenn er wieder in die jüdische Volksgemeinschaft aufgenommen werden will. Manche Rabbinen waren offenbar der Meinung, man solle auf eine erneute Beschneidung 9 10

Modestinus, Digesta XLVIII,8,11,1. S. oben S. 45.

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

verzichten, weil dies für den Betroffenen nicht ungefährlich sei. Andere jedoch verlangten ausdrücklich eine neue Beschneidung, und zwar mit der Begründung: Viele ließen sich in den Tagen des Ben Koziba (= Bar Kokhba) neu beschneiden, hatten Söhne und starben nicht.11

Dieser eher nebenbei geäußerte Satz kann nur so gedeutet werden, daß es vor dem Bar Kokhba-Aufstand zahlreiche Juden gab, die sich die Vorhaut operativ hatten wiederherstellen lassen, und bei diesen Juden muß es sich – ähnlich wie zur Zeit Antiochos’ IV. im 2. Jh. v. Chr. – um hellenisierte bzw. romanisierte „aufgeklärte“ Juden gehandelt haben, die die Beschneidung als barbarische Sitte ablehnten und sich ihrer „heidnischen“ Umwelt anpassen wollten. Diese assimilierten Juden ließen sich entweder unter dem Eindruck der ersten Erfolge des Aufstandes und im wiedererstarkten nationalen Hochgefühl neu beschneiden oder aber (auch dies ist möglich) sie wurden von Bar Kokhba dazu gezwungen; hier fehlt uns leider jede weitere Information. Auf jeden Fall wirft eine solche Interpretation des rabbinischen Textes ein neues Licht auf die Verhältnisse in Palästina am Vorabend des zweiten Jüdischen Krieges. Nicht ein böswilliger oder bestenfalls nichtsahnender Hadrian hätte mit seinem Beschneidungsverbot einen unsinnigen Krieg provoziert, sondern das Judentum Palästinas selbst war keineswegs so einhellig gesetzestreu und römerfeindlich, wie uns die meisten rabbinischen Quellen und die spätere Geschichtsschreibung glauben machen wollen. Dazu paßt dann sehr gut die Gründung von Aelia Capitolina als mögliche Kriegsursache. Hadrian trat im ganzen römischen Reich und vor allem in den Randprovinzen als restitutor auf, als Neubegründer und Erneuerer bedeutender Städte. Wir wissen, was die Provinz Judaea betrifft, daß er in Tiberias und sogar in Sepphoris einen heidnischen Tempel gründete, doch vom Widerstand der einheimischen jüdischen Bevölkerung dagegen ist uns nichts bekannt. Warum sollte er nicht auch Jerusalem als hellenistisch-römische Stadt wiederaufleben haben lassen, vor allem dann, wenn ein nicht unbedeutender Teil der jüdischen Bevölkerung diesen 11

t Schab 15 [16],9.

9.2. Bar Kokhba

177

Plänen und Wünschen entgegenkam? Der Aufstand wäre dann nicht der Aufstand des Judentums gegen die böse und verhaßte römische Fremdherrschaft gewesen, sondern der Aufstand einer ganz bestimmten – vielleicht sogar zahlenmäßig zunächst gar nicht so großen – Gruppe von „Frommen“ (chasidim) nicht nur gegen die Römer, sondern auch gegen eine einflußreiche Partei innerhalb des Judentums selbst. Die nächste vergleichbare Parallele wäre der Makkabäeraufstand, wo sich auch eine zunächst relativ unbedeutende Gruppe von torahtreuen Frommen nicht nur gegen die Fremdherrschaft der Seleukiden richtete, sondern ebenfalls auch gegen die mächtig gewordene Hellenistenpartei im eigenen Volk.

9.2. Bar Kokhba Über den Namen des Aufstandsführers überliefern die Quellen unterschiedliche Informationen; erst die Funde aus der Wüste Juda haben Gewißheit darüber gebracht, wie die verschiedenen Namensformen zu interpretieren sind. Auf den Münzen des Aufstandes erscheint ausschließlich der Eigenname (Vorname) Schim‘on, häufig zusammen mit dem Titel Nasi.12 Die rabbinische Literatur, die christlichen Quellen und die Briefe und Dokumente aus der Wüste Juda kennen dagegen einen Beinamen. Dieser Beiname lautet in der rabbinischen Literatur Ben bzw. Bar Koziba,13 in den christlichen Quellen Chochebas bzw. Barchōchebas und in den hebräischen/aramäischen Briefen und Dokumenten aus der Wüste Juda Bar bzw. Ben Kosiba14 (in einem griechischen Papyrus Chōsiba). Nach diesen Funden kann kein Zweifel mehr daran bestehen, daß Ben/Bar Kosiba der authentische Beiname Bar Kokhbas war und die Formen Ben/Bar Koziba sowie Bar Kokhba als tendenziöse Deutungen dieses ursprünglichen Namens zu verstehen sind: Bar Kokhba im positiven („Sternensohn“), Bar Koziba im negativen Sinne („Lügensohn“). 12 13 14

Dazu s. unten S. 181 ff. Mit einem Zajin. Mit einem Samekh oder Sin.

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

Offen ist dagegen weiterhin die Frage, was der Beiname Ben/Bar Kosiba bedeutet. Grundsätzlich bestehen hier die beiden Möglichkeiten der Erklärung des Beinamens als Vatername (Patronym) oder als Hinweis auf den Herkunftsort. Eine sichere Entscheidung ist bei der gegenwärtigen Quellenlage kaum zu treffen, doch wird man aus rein sprachlichen Gründen eher an ein Patronym denken müssen, da Herkunftsbezeichnungen zumindest in der rabbinischen Literatur in der Regel anders ausgedrückt werden. Über die Familie Bar Kokhbas fehlt jede zuverlässige Nachricht. Die rabbinische Notiz, daß er ein Neffe von R. El‘azar ha-Moda‘i war, ist sehr wahrscheinlich ein literarischer Topos und keine historische Information; alle Versuche, durch diese angebliche Verwandtschaftsbeziehung eine davidische Genealogie zu konstruieren, sind damit hinfällig. Was seine Herkunft und seine Familie betrifft, so taucht der Führer des zweiten großen Aufstandes gegen Rom ebenso plötzlich aus dem Dunkel der Geschichte auf wie er – nach dem Fehlschlag des Aufstandes – wieder darin verschwindet. Mehr Informationen stehen uns dagegen zur Verfügung, wenn wir nach den Titeln fragen, die dem Aufstandsführer beigegeben wurden. Diese Titel geben Auskunft über die Konnotationen, die mit dem Aufstand verbunden waren; sie stecken also gewissermaßen den Bezugsrahmen ab, in dem sich der Aufstand bewegt hat. 9.2.1. Messias Zwar verwenden weder die Münzen noch die Briefe und Dokumente aus der Wüste Juda den Messias- oder Königstitel; dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, daß mit dem Bar Kokhba-Aufstand und seinem Führer messianische Implikationen verbunden waren. Belege dafür finden sich sowohl in der rabbinischen Literatur als auch in christlichen Quellen. Die wichtigste Stelle in der rabbinischen Literatur ist im Jerusalemer Talmud überliefert: R. Schim‘on b. Jochai lehrte: Mein Lehrer Aqiva legte (den Bibelvers): Ein Stern tritt hervor aus Jakob (Num 24,17) (folgendermaßen) aus: Koziba tritt hervor aus Jakob! R. Aqiva sagte nämlich, als er den Bar Koziba sah: Dieser ist der König Messias!

9.2. Bar Kokhba

179

Da sagte R. Jochanan b. Torta zu ihm: Aqiva, Gras wird aus deinen Kinnbakken sprossen, und der Sohn Davids wird immer noch nicht erschienen sein!15

Aqiva greift mit dieser messianischen Auslegung von Num 24,17 auf eine alte exegetische Tradition zurück. Bereits in der Septuaginta wird der Vers übersetzt: „Ein Stern kommt hervor aus Jakob, ein Mensch wird erstehen aus Israel.“ Ohne Zweifel ist mit diesem absolut gebrauchten „Mensch“ (anthrōpos) eine messianische Gestalt gemeint. So übersetzt z. B. auch das aramäische Targum: „Wenn aufsteht der König aus Jakob und mächtig wird der Messias aus Israel.“16 Eine besondere Rolle spielt der Vers auch in den Texten der Gemeinde von Qumran sowie in ihr nahestehenden Schriften. So heißt es im Testament des Juda vom königlichen Messias aus dem Hause Davids: „Und darauf wird euch aufgehen ein Stern aus Jakob in Frieden, und es wird aufstehen ein Mensch aus meinem Samen wie die Sonne der Gerechtigkeit. . . . Dann wird aufleuchten das Szepter meines Königreiches . . .“17 Und in der Damaskusschrift: „Der Stern, das ist der Gesetzeslehrer, der nach Damaskus kommt, so wie es geschrieben steht: . . . (Num 24,17). Das Szepter, das ist der Fürst der ganzen Gemeinde, und er zerschmettert alle Söhne Seths.“18 Diese Beispiele zeigen zur Genüge, daß wir es bei der messianischen Auslegung von Num 24,17 mit einer relativ weit verbreiteten gemeinjüdischen Deutung dieses Verses zu tun haben, die möglicherweise in der Gemeinde von Qumran besonders beliebt, aber gewiß nicht auf diese beschränkt war. Wenn Bar Kokhba somit unter Berufung auf diesen Vers als Messias verstanden wurde, kann man daraus keineswegs eine besondere Affinität zur Gemeinde von Qumran ablesen, wie dies manche Forscher versuchen. Von den christlichen Quellen, die uns für den Aufstand zur Verfügung stehen, lassen vor allem Eusebius und Justin den messianischen Charakter des Aufstandes erkennen. So heißt es bei Eusebius: Führer der Juden war (ein Mann) namens Bar Kokhba (Barchōchebas), was „Stern“ bedeutet. Er war zwar ein mordlustiger und räuberischer Mensch, wur15 16 17 18

j Taan 4,8, fol. 68d. TO zu Num 24,17. Kap. 24. CD 7,18–21.

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

de aber aufgrund seines Namens sklavisch als ein Stern verehrt, der den Bedrängten vom Himmel herabgestiegen und ihnen aufgeleuchtet sei.19

Eusebius kennt also die Bedeutung des Beinamens Bar Kokhbas und damit auch die messianischen Implikationen. Das „Herabsteigen“ vom Himmel und „Aufleuchten“ enthält ein Moment des Plötzlichen, das als überraschende und plötzliche Erlösung gedeutet werden kann. Dennoch dominiert in seiner Schilderung der negative Unterton: Bar Kokhba war in Wirklichkeit mordlustig und räuberisch (lēstrikos); seine Anhänger stammten aus sozial benachteiligten Schichten, die ihm in sklavischer Abhängigkeit folgten und durch den messianischen Anspruch in die Irre geleitet wurden. Wir haben hier offensichtlich dieselbe Einschätzung einer messianischen Bewegung als rechtloses Banditen- und Räuberunwesen – bedingt durch soziale Mißstände – vor uns, die auch für die Beurteilung des ersten Jüdischen Krieges durch Josephus charakteristisch war. Der andere christliche Zeuge, Justin, ist einer der wenigen Zeitgenossen, die den Bar Kokhba-Aufstand erwähnen. Bei ihm heißt es: Während des jüngst entbrannten jüdischen Krieges befahl nämlich Bar Kokhba (Barchōchebas), der Anführer des Aufstandes der Juden, nur die Christen zu schwersten Strafen abzuführen, wenn sie nicht Jesus Christus verleugneten und lästerten.20

Wir haben sonst keine Informationen über das Verhältnis Bar Kokhbas zu den Christen. Da aber die Bar Kokhba-Briefe belegen, daß Bar Kokhba rigoros gegen seine Gegner vorging, ist es durchaus denkbar, daß er auch die Christen bekämpfte, die ihm (naturgemäß) die Gefolgschaft verweigerten. Gründe für diese Ablehnung Bar Kokhbas durch die Christen mag es mehrere gegeben haben; am einleuchtendsten ist aber wohl der, daß hier Messias gegen Messias stand, daß die Christen also schon deswegen Bar Kokhba nicht folgen konnten, weil der messianische Charakter seiner Bewegung offenkundig war. Der historische Kern dieser Christenverfolgung mag allerdings weniger – wie dies Justin zu suggerieren scheint – in der religiösen Auseinandersetzung liegen als vielmehr in der untrennbaren Verknüpfung von messianischen und politischen Ambitionen. 19 20

HE IV,6,2. Apol. I,31,6.

9.2. Bar Kokhba

181

Manche Forscher wollen auch in den auf den Münzen des Aufstandes verwendeten Symbolen (vor allem Stern und Weintraube) einen Hinweis auf den messianischen Charakter des Aufstandes sehen. Während der Stern sehr umstritten und problematisch ist, scheint dies bei der Weintraube – sie findet sich fast ausschließlich auf Bar KokhbaMünzen – denkbar, denn die Weintraube ist auch in der Literatur ein wichtiges Symbol für die Fruchtbarkeit des Landes Israel in messianischer Zeit. 9.2.2. Nasi Im Unterschied zum Messiastitel, der nur erschlossen werden kann und sicher niemals als Titel im eigentlichen Sinne des Wortes verwendet wurde, war die Bezeichnung Nasi („Fürst“) ohne jeden Zweifel der offizielle Titel Bar Kokhbas. Er findet sich sowohl in den Dokumenten und Briefen aus der Wüste Juda als auch auf den Münzen. Welche Bedeutungsinhalte sind mit dem Nasi-Titel verbunden? Wir kennen den Nasi als Bezeichnung der Stammesfürsten des Volkes Israel bei der Wüstenwanderung, doch wird dies kaum die Konnotation sein, die bei der Verwendung dieses Titels durch Bar Kokhba dominierte oder überhaupt eine Rolle spielte. Näher kommen wir der Bedeutung des Titels schon bei der Verwendung durch Ezechiel, wo er eindeutig in eschatologisch-messianischem Zusammenhang erscheint. In Ez 37,24 ff. ist der endzeitliche David gleichzeitig und offenbar gleichbedeutend als König und Nasi bezeichnet, d. h. der Nasi könnte hier die Bezeichnung für den endzeitlichen König sein. Ob der NasiTitel dann bei den Makkabäern in Gebrauch war, ist umstritten, doch spielt er eindeutig in der Qumran-Gemeinde eine große Rolle. In den sog. Segensformeln von Qumran heißt es über den Nasi: [Es] er[hebe di]ch der Herr zu ewiger Höhe und wie einen star[ken]Turm auf hochragender Mauer, auf daß du [die Völker] mit der Kraft deines [Mu]ndes sch[lägst] und mit deinem Szepter die Erde verwüstest, mit der Gewalt deiner Lippen die Frevl[er] tötest . . . Er mache deine Hörner eisern und deine Hufe ehern, du sollst stoßen wie ein Jungstier . . .

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

[und die Völ]ker [zertreten]wie Straßenkot, denn Gott hat dich zur Zuchtrute der Herrscher bestellt, . . . [und alle Na]tionen werden dir dienen.21

Ob und inwieweit diese eschatologisch-messianische Deutung des Nasi-Titels in der Qumrangemeinde auf das Selbstverständnis Bar Kokhbas und seiner Anhänger eingewirkt hat, läßt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Immerhin ist der zeitliche Abstand zwischen den letzten Ausläufern der Gemeinde von Qumran im 1. Jh. n. Chr. und dem Bar Kokhba-Aufstand in der 1. Hälfte des 2. Jh. n. Chr. nicht so groß, daß dies ganz ausgeschlossen wäre. Ein Berührungspunkt könnte auch der Kampf gegen Rom in beiden Bewegungen sein, denn zumindest für die Endphase der Qumrangemeinde dürfte als sicher gelten, daß mit den „Kittim“ in den Texten von Qumran die Römer gemeint sind. Es ist daher zwar nicht zu beweisen, aber doch denkbar, daß Bar Kokhba mit dem Nasi-Titel ähnliche messianisch-endzeitliche Vorstellungen verbunden hat wie die Essener, wobei keineswegs eine unmittelbare und einlinige Beeinflussung durch die Essener vorliegen muß. Die Deutung des Nasi-Amtes in Qumran ist nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern ihrerseits wahrscheinlich von dem Nasi der Endzeit bei Ezechiel beeinflußt.22 Als Nasi leitete Bar Kokhba den Kampf gegen Rom, der auf die endgültige Befreiung Judäas von der römischen Herrschaft abzielte. „Erlösung“ (ge’ullah) und „Befreiung“ (cherut) sind daher auch die kennzeichnenden Termini, die ständig auf den Münzen und Urkunden des Aufstandes erscheinen. Beide Begriffe drücken die Komplexität der mit dem Aufstand verbundenen Erwartungen aus, die sich nicht auf einen einzelnen Aspekt reduzieren lassen, sondern nur in ihrer Verflechtung von religiösen mit politischen und sozialen Motivationen sachgemäß erfaßt werden. Charakteristisch für den Autoritätsanspruch Bar Kokhbas ist die Einleitungsformel der Pachtverträge aus dem Wadi Murabba‘at: 21 1 QSb 5,23–28 (Übersetzung J. Maier, Die Texte vom Toten Meer, Bd. I, S. 178 f.); vgl. auch den oben S. 179 zitierten Text CD 7,18–21. 22 Die spätere Verwendung des Nasi-Titels durch die Rabbinen im Sinne von „Patriarch“ (s. unten S. 199 ff.) hatte sich zur Zeit des Bar Kokhba-Aufstandes noch nicht herausgebildet.

9.2. Bar Kokhba

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Am Soundsovielten des Jahres 1 (2, 3, 4) der Erlösung Israels durch Schim‘on bar Kosiba, den Nasi Israels . . .

Als Nasi Israels ist Bar Kokhba der Führer des Aufstandes und damit der Herold der politischen, religiösen und sozialen Restitution Israels. Dies impliziert auch, daß Bar Kokhba Anspruch auf den Besitz des Landes erhebt. Das von den Römern befreite Territorium geht in den offiziellen Besitz des Nasi als des Repräsentanten des neuen Israel über, d. h. der Nasi erhebt den gleichen Anspruch auf das „Königsland“ wie die hasmonäischen Könige. Dies ergibt sich ebenfalls eindeutig aus den Pachtverträgen: Am 20. Schevat des Jahres zwei der Erlösung Israels durch Schim‘on ben Kosiba, den Nasi Israels. Im Lager, das sich in Herodeion befindet, sprach El‘azar ben ha-Schiloni zu Hillel ben Garis: Ich, mit meinem freien Willen, pachte von dir etwas Land, das ich in Ir Nachasch in Pacht genommen habe; ich pachte es von Schim‘on, dem Nasi Israels, für fünf Jahre. ... Ich pachte es von dir von heute an bis zum Ende des Jahres vor dem Erlaßjahr. Den Pachtzins, den ich dir hier zahle, jedes Jahr: schönen und reinen Weizen, vier Kor und acht Seah, verzehntet, . . . jene, die du auf dem Dach des Magazins in Herodeion abmißt, jedes Jahr. (Dieser Vertrag) ist für mich in dieser Form bindend, El‘azar ben ha-Schiloni für sich selbst,23 Schim‘on ben Kosiba durch sein Wort.“24

Der Text dieses Vertrages ist gerade an der entscheidenden Stelle nicht komplett überliefert, doch sind die wichtigsten Punkte klar: Der Pächter (El‘azar b. ha-Schiloni) pachtet eine Parzelle Land über einen Verwalter (Hillel b. Garis) von Bar Kokhba als Eigentümer des Landes. Den Pachtzins liefert er in Form von Getreide, also einer Naturalien23 24

D. h. eigenhändig? D. h. durch eine Ermächtigung? Mur. 24 B, in: Milik, DJD II, S. 124 f.

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

abgabe, das verzehntet, d. h. von dem der traditionelle Zehnt abgesondert ist. Unsicher bleibt, ob der Pachtzins als ganzer im Magazin Bar Kokhbas abgeliefert wird, oder ob der Verwalter den Pachtzins bekommt und seinerseits nur den Zehnt in das Magazin Bar Kokhbas liefert.25 Sicher ist jedenfalls, daß Bar Kokhba als der eigentliche Herr des Landes gilt, der in alleiniger Machtvollkommenheit, aber nicht zu seinem eigenen Nutzen, sondern zum Wohl der Gesamtheit darüber verfügt. Dies unterscheidet Bar Kokhba ganz offensichtlich von seinen hasmonäischen Vorgängern, ganz zu schweigen von der Herodianischen Dynastie: Von Schim‘on bar Kosiba an die Männer von En Gedi, an Masabala und Jehonatan bar Ba‘ajan, Frieden! In Behagen sitzt ihr, eßt und trinkt vom Eigentum des Hauses Israel und kümmert euch nicht um eure Brüder! 26

Der Begriff des Bruders, der verschiedentlich in den Texten vom Toten Meer auftaucht, scheint das besondere Verhältnis der Mitglieder des Hauses Israel unter Bar Kokhba zu kennzeichnen. Dies schließt aber nicht den absoluten Führungsanspruch Bar Kokhbas aus, der in zahlreichen Briefen zum Ausdruck kommt. So befiehlt er Jehonatan und Masabala (beide waren offenbar die militärischen Befehlshaber En Gedis), den Weizen eines gewissen Tanchum b. Jischma‘el zu beschlagnahmen und an Bar Kokhba zu überstellen: „Und tut ihr nicht so, sollt ihr streng bestraft werden.“27 Gleichzeitig wird ihnen unter Androhung von Strafe verboten, den Männern von Tekoa, die möglicherweise Bar Kokhbas Mobilisierungsbefehle mißachteten, Unterschlupf zu gewähren: „Betreffend alle Männer aus Tekoa, die an eurem Ort gefunden werden – so werden die Häuser, in denen sie wohnen, verbrannt und ihr (werdet auch) bestraft (werden).“28 Offensichtlich um dieselben „Drückeberger“ geht es auch in einem anderen Brief: „Seht 25 Möglich ist auch die Lesung „die ich (d. h. der Pächter) abmessen werde“; das entsprechende Wort wurde von Milik ergänzt. 26 Yadin, IEJ 11, 1961, S. 46 f.; Yadin et al., Documents from the Bar Kokhba Period, p. 282 (P. Yadin 49). 27 Yadin, ebd., S. 41 f.; Yadin et al., Documents from the Bar Kokhba Period, p. 308 (P. Yadin 54). 28 Yadin, Bar Kochba, S. 125; Yadin et al., Documents from the Bar Kokhba Period, p. 308 (P. Yadin 54); vgl. auch ibid., p. 314 (P. Yadin 55).

9.2. Bar Kokhba

185

zu, daß alle Männer aus Tekoa und anderen Orten, die bei euch sind, zu mir gesandt werden ohne Verzögerung. Und wenn ihr sie nicht senden werdet, so sei euch zu wissen getan, daß ihr bestraft werdet.“29 Und noch drohender ist der Ton in einem Brief an einen anderen Befehlshaber, Jeschua b. Galgula. Wir wissen nicht, weswegen Bar Kokhba ihm droht, aber die Drohung selbst ist unmißverständlich: „Ich nehme den Himmel zum Zeugen gegen mich . . ., daß ich Fesseln an eure Füße legen werde, wie ich dem Ben Aflul getan habe!“30 Charakteristisch für das Selbstverständnis des Nasi Bar Kokhba ist schließlich auch die Sorge um die Einhaltung religiöser Vorschriften. So ist davon die Rede, daß die Abgesandten Bar Kokhbas am Sabbat ausruhen und Weizen ausdrücklich „nach dem Sabbat“ transportieren. Der verhaftete El‘azar b. Chitta soll „vor dem Sabbat“ an Bar Kokhba überstellt werden. In den Pachtverträgen, die im Namen Bar Kokhbas als des obersten „Landesherrn“ ausgestellt wurden, spielt das Erlaßjahr eine große Rolle. Der wichtigste Beleg ist ein aramäischer Brief, in dem ein gewisser Jehuda b. Menasche angewiesen wird, für die Lieferung von Palmzweigen, Etrogim, Myrten und Weiden für das Lager Bar Kokhbas zu sorgen.31 Hier handelt es sich ganz eindeutig um die „vier Arten“ des Feststraußes am Laubhüttenfest, d. h. Bar Kokhba (er ist als Absender vermerkt) war offenkundig auch in der Endphase des Krieges darum besorgt, das Laubhüttenfest in seinem Lager zu feiern. Darüber hinaus ermahnt Bar Kokhba den Empfänger des Briefes ausdrücklich, darauf zu achten, daß die Etrogim verzehntet sind. Hier zeigt sich eine rituelle Observanz und ein Torahrigorismus, der am ehesten bei den zelotischen Führern des ersten Aufstandes und bei den „Frommen“ der frühen makkabäischen Erhebung seine Parallelen findet. Insofern war Bar Kokhba sicher kein Repräsentant der pharisäisch-rabbinischen Richtung des Judentums – nicht von ungefähr ist in den Quellen nur die Zustimmung R. Aqivas erhalten, dem auch sogleich widersprochen wird32 –, sondern eher derjenigen Grup29 Yadin, IEJ 11, 1961, S. 47 f.; Yadin et al., Documents from the Bar Kokhba Period, p. 314 (P. Yadin 55). 30 Yadin, Bar Kochba, S. 137. 31 Yadin, ebd., S. 128 f.; Yadin et al., Documents from the Bar Kokhba Period, p. 326 (P. Yadin 57). 32 S. oben S. 178 f.

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

pen, die die volle und ungeteilte Einheit der Torah im religiösen wie im politischen und sozialen Sinne verwirklichen wollten.

9.3. Der Verlauf Über den eigentlichen Verlauf des Aufstandes ist wenig bekannt. Die Forschung konzentriert sich dabei auf folgende Punkte. 1. Haben die Aufständischen Jerusalem erobert und in dieser „neuen“ Hauptstadt des messianischen Königreiches Bar Kokhbas sogar versucht, den Tempel (also den 3. Tempel) wiederaufzubauen sowie den Opferdienst wiederaufzunehmen? Zwar war Jerusalem noch weitgehend zerstört und wird auch kaum von den Römern besonders befestigt worden sein, doch geben die vorhandenen Quellen keinen sicheren Hinweis auf eine jüdische Besetzung Jerusalems. Die wenigen literarischen Quellen sind allesamt dürftig und spät; die These stützt sich daher vor allem auf die Münzen. Wir haben, grob zusammengefaßt, folgende Münztypen aus dem Bar Kokhba-Aufstand: (a) Münzen mit der Aufschrift „Jahr eins der Erlösung Israels“: Diese Münzen sind also mit Sicherheit in das 1. Jahr des Aufstandes zu datieren. (b) Münzen mit der Aufschrift „Jahr zwei der Befreiung Israels“: Diese Münzen gehören mit Sicherheit in das zweite Jahr des Aufstandes. (c) Datierte Münzen des 1. und 2. Jahres, die nur die Inschrift „Jerusalem“ tragen. (d) Münzen mit einer Aufschrift, die sowohl mit „[Jahr x] der Befreiung Jerusalems“ als auch mit „für die Freiheit/Befreiung Jerusalems“ übersetzt werden kann. Ein Datum ist nicht angegeben, doch scheint die Datierung in das 3. Aufstandsjahr gesichert zu sein. Aus diesem Münzbefund möchte man schließen, daß Jerusalem in den ersten Aufstandsjahren in den Händen der Rebellen gewesen sei: Im 1. und 2. Jahr habe man in der Münzlegende die vollzogene Befreiung bzw. Erlösung Israels verkündet; gleichzeitig zeigten die Münzen der ersten beiden Jahre mit der Aufschrift „Jerusalem“, daß diese in Jerusalem selbst geprägt wurden, daß Jerusalem also eine eigene

9.3. Der Verlauf

187

Münzstätte der Aufständischen besaß. Im 3. Jahr sei Jerusalem wieder an die Römer verlorengegangen, und die Legende „für die Freiheit Jerusalems“ sei appellativ zu übersetzen („[Kämpft] für die Befreiung Jerusalems!“) und bringe also den Wunsch nach der baldigen Rückeroberung Jerusalems aus den Händen der Römer zum Ausdruck. Gegen diese Vermutung spricht einmal, daß die appellative Deutung der Münzen des 3. Jahres keineswegs sicher ist und zum anderen (und vor allem) die Tatsache, daß inzwischen in Judäa zahlreiche und umfangreiche Münzschätze aus der Bar Kokhba-Zeit gefunden wurden sind (etwa bei Hebron), daß aber bei den Ausgrabungen in Jerusalem unter den ca. 15.000 Münzen nur zwei (!) Bar Kokhba-Münzen zum Vorschein gekommen sind. Dieser Befund läßt Archäologen und Numismatiker inzwischen sehr an der These von Jerusalem als Münzstätte Bar Kokhbas zweifeln; damit entfällt (zusätzlich zur Dürftigkeit der literarischen Quellen) ein wichtiges Argument für die Rückeroberung Jerusalems durch die Truppen Bar Kokhbas. Ähnlich steht es auch mit der angeblichen Wiederaufnahme des Tempelkultes. Hier wird ebenfalls insbesondere auf die Münzen verwiesen, auf denen unter anderem die Tempelfassade und verschiedene andere, dem Tempelkult entlehnte Motive (Feststrauß, Trompete, Leier, Krug) abgebildet sind und von denen einige auch die Legende „El‘azar der Priester“ tragen. Auch diese Argumente sind wenig beweiskräftig. Was die Abbildung des Tempels betrifft, so findet sich diese besonders häufig auf Münzen ausgerechnet des 3. Jahres. Dies läßt sich kaum mit der oben erwähnten These vereinbaren, daß Jerusalem im 3. Jahr wieder verlorengegangen sei. Die dem Tempelkult entlehnten Symbole sind auch auf anderen Münzen (etwa der Hasmonäerzeit) so häufig, daß man daraus überhaupt nichts schließen kann. Tempel und Kultsymbole sind sehr wahrscheinlich nur programmatisch zu verstehen und nicht in dem Sinne realhistorisch, daß sie den Besitz des Tempels und die Wiederaufnahme des Opferdienstes anzeigen. Was den Priester El‘azar auf den Münzen betrifft, so sind die Spekulationen darüber besonders wild. Manche Forscher möchten in ihm gerne den Hohenpriester des 3. Tempels sehen, mit dessen Bau man gleich nach der Eroberung Jerusalems begonnen habe. Dagegen spricht, daß El‘azar auf den Münzen immer „Priester“ genannt wird und nie „Hoherpriester“: Angesichts des auf den Hasmonäermünzen

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

häufigen Hohepriestertitels ist dies auffällig und sollte davor warnen, El‘azar so ohne weiteres zum Hohenpriester des neuen Tempels zu machen. Eine Führungsgestalt neben Bar Kokhba ist er zweifellos gewesen, aber welche konkrete Funktion er während des Aufstandes ausübte, läßt sich den Münzen nicht entnehmen. Seine Stellung mag die eines Priesters oder sogar eines „priesterlichen Messias“ neben dem „weltlichen Führer“ Bar Kokhba gewesen sein, aber dies erlaubt keine Rückschlüsse auf den Tempelbau, ja nicht einmal auf die Besetzung Jerusalems. 2. Auf welches Gebiet erstreckte sich der Aufstand? Diese Frage bezieht sich vor allem darauf – und gewinnt von daher auch ihre Brisanz, die über das bloße topographische Problem hinausgeht –, ob der Aufstand auf Judäa im engeren geographischen Sinne beschränkt blieb oder ob er auch andere Bereiche der Provinz Judäa, und hier besonders Galiläa, mit einschloß. Das Problem ist deswegen nicht nur topographisch-geographischer Art, weil das Verhältnis zwischen Judäa und Galiläa angesprochen ist und gerade die ältere Forschung davon ausging, daß Galiläa immer ein wenig abseits gestanden und weniger Eifer in der Befolgung der Torah an den Tag gelegt hat als das „konservativere“ Judäa. In diesem Kontext haben manche Forscher ein Interesse daran, die Beteiligung Galiläas am Aufstand nachzuweisen. Hier ist zunächst sicher, daß die Stadt Bethar (ca. 10 km südwestlich von Jerusalem) ein wichtiges Zentrum des Aufstandes war.33 Die darüber hinaus in der rabbinischen Literatur erwähnten Orte in Galiläa, die mit dem Aufstand in Verbindung gebracht werden, sind allesamt zweifelhaft. Dagegen läßt sich anhand der in den Briefen und Urkunden aus der Wüste Juda genannten Orte ein klar umgrenztes Gebiet abstecken. Mit wenigen Ausnahmen sind die Orte alle in dem Gebiet zu lokalisieren, das durch Bethar im Nordwesten, Hebron im Südwesten und die Westküste des Toten Meeres im Osten begrenzt ist. Der nördlichste Ort, der mit dem Aufstand in Verbindung gebracht werden kann, ist das Wadi ed-Daliyeh, ca. 18 km nordwestlich von Jericho. Hier wurden zahlreiche Funde aus der Zeit des Bar Kokhba-Aufstandes gemacht, vor allem Gebrauchsgegenstände, aber nur eine (schlecht erhaltene) Münze und keine Skelette sowie keine schriftli33

S. unten S. 190.

9.3. Der Verlauf

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chen Dokumente wie in den Höhlen bei En Gedi. Die Höhle im Wadi ed-Daliyeh wurde, wie die Höhlen westlich des Toten Meeres um En Gedi, ganz offensichtlich von jüdischen Flüchtlingen benutzt. Da wir aber nicht wissen, woher die Flüchtlinge kamen – sie mögen ebenso aus dem Inneren Judäas bzw. Samarias wie auch vom Süden her aus dem Jordantal gekommen sein –, lassen sich aus den Funden im Wadi ed-Daliyeh nur sehr begrenzt Rückschlüsse auf die Ausbreitung des Aufstandes ziehen. Zwar wird man den durch die einigermaßen sicher identifizierbaren und lokalisierbaren Orte abgesteckten Rahmen nicht automatisch mit dem Gebiet gleichsetzen können, auf das sich der Aufstand beschränkte, doch markiert dieser ohne Zweifel das Kerngebiet des Aufstandes. Diese bisher bekannten Orte sind so eindeutig auf das Gebiet Judäas im engeren Sinne begrenzt und zudem auf den Bereich südlich von Jerusalem konzentriert, daß die territoriale Ausbreitung des Aufstandes (hinsichtlich der Kampfhandlungen) über dieses Gebiet hinaus unwahrscheinlich ist. Nach wie vor besteht bisher kein Grund zu der Annahme, daß die Juden Galiläas sich am Aufstand beteiligten, doch wird neuerdings geltend gemacht, daß Teile der Provinz Nabatäa (das nördliche Transjordanien) in den Aufstand einbezogen waren. 3. Auch weitere Informationen über den Verlauf des Krieges sind überaus spärlich. Wir kennen den Namen des Statthalters der Provinz Judäa beim Ausbruch des Krieges – Tineius Rufus –, und wir wissen, daß es den Römern sehr schwer gefallen sein muß, den Aufstand zu unterdrücken. Dies ergibt sich daraus, daß mehrere Legionen an der Niederschlagung des Aufstandes beteiligt waren: Sicher die legio III Cyrenaica, die legio III Gallica, die legio X Fretensis und die legio VI Ferrata, daneben zahlreiche Hilfstruppen; die legio X Fretensis und wahrscheinlich die legio VI Ferrata waren die beiden Garnisonen, die bei Ausbruch des Krieges in Judäa stationiert waren.34 Nicht nur der Statthalter von Syrien, Publicius Marcellus, mußte in die Kämpfe eingreifen, sondern Hadrian beorderte auch seinen besten Feldherrn, Julius Severus, von Britannien nach Palästina, um den Oberbefehl über die römischen Truppen zu übernehmen. 34 S. oben S. 172. Die legio II Traiana wurde zwischen 120 und 127 nach Ägypten verlegt.

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

Nur über das Ende des Krieges wissen wir aus der rabbinischen Literatur und durch die Funde in der Wüste Juda genauer Bescheid. Die rabbinische Literatur überliefert einen umfangreichen Traditionskomplex, in dem die Eroberung Bethars geschildert wird; der Ort ist leider noch nicht systematisch ausgegraben, doch scheint die Eroberung ähnlich verlaufen zu sein wie 74 n. Chr. die Eroberung von Masada. Nach rabbinischer Tradition fiel Bethar am 9. Av des Jahres 135 n. Chr., d. h. an demselben Tag, an dem nach der Überlieferung auch beide Tempel zerstört wurden. Die rabbinische Schilderung der Eroberung Bethars ist sicher kein historischer Bericht im strengen Sinne des Wortes, doch läßt sie etwas davon erahnen, wie dieses Ereignis empfunden wurde und welches Gewicht die rabbinische Überlieferung dem Fall Bethars beigemessen hat: Sie (= die Römer) mordeten unter ihnen (= den Einwohnern Bethars) so lange, bis die Pferde bis zu den Nüstern im Blut versanken. Und das Blut rollte Felsbrocken mit einem Gewicht von 40 Seah (vorwärts), bis es (nach) vier Meilen ins Meer gelangte. . . . Man sagte: Die Hirne von 300 kleinen Kindern fand man auf einem Stein. (Ebenso) fand man drei Körbe mit Kapseln von Gebetsriemen (mit einem Fassungsvermögen) von je neun Seah. Manche sagen: Neun (Körbe mit einem Fassungsvermögen) von je drei Seah. Es wird gelehrt: Rabban Schim‘on b. Gamliel sagt: 500 Schulen gab es in Bethar, und in der kleinsten von ihnen waren nicht weniger als 500 Kinder. Sie pflegten zu sagen: Wenn die Feinde über uns kommen, werden wir mit diesen Griffeln gegen sie ausziehen und ihre Augen durchbohren. Als jedoch die Sünden es verursachten, wickelten (die Römer) jedes einzelne von ihnen in seine Buchrolle und verbrannten es. . . . Einen großen Weinberg hatte Hadrian, der Frevler, 18 Quadratmeilen (groß), wie von Tiberias nach Sepphoris. Den umgab er mit einem Zaun aus den Erschlagenen Bethars, so hoch wie ein Mann mit ausgestreckten Armen. Und er befahl, sie nicht zu begraben, bis ein anderer König aufstand und ihr Begräbnis anordnete.35

Die Funde in der Wüste Juda (vor allem im Nachal Chever, südlich von En Gedi) gehören in die letzte Phase des Krieges. In den Höhlen um En Gedi wurden die letzten Aufständischen so lange ausgehungert, bis sie von den Römern umgebracht werden konnten, eine Taktik, die schon Herodes erfolgreich angewandt hatte. Bei den Ausgra35

j Taan 4,8, fol. 69a.

9.4. Die Folgen

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bungen von 1960 und 1961 wurden zahlreiche Skelette gefunden sowie Kleider, Geräte und vor allem auch Briefe und Dokumente, die die Aufständischen mit in die Höhlen genommen hatten und die heute unsere wichtigste Quelle über den Aufstand sind.

9.4. Die Folgen Die Folgen des Aufstandes waren vielleicht noch katastrophaler und weitreichender als die des ersten Krieges. Was die römische Seite betrifft, so ließ sich Hadrian zwar zum zweitenmal als Imperator ausrufen, verzichtete aber auf einen Triumphzug und verlieh nur seinem siegreichen Feldherrn Julius Severus die ornamenta triumphalia. Wie schwer erkämpft der Sieg für die Römer war, geht auch daraus hervor, daß Hadrian in seinem Bericht an den Senat auf die übliche Formel mihi et legionibus bene („mir und den Legionen geht es gut“) verzichtete.36 Für die Juden Palästinas aber waren die unmittelbaren wie die weiterreichenden Folgen zweifellos schlimmer. Cassius Dio berichtet darüber: 50 ihrer bedeutendsten Festungen und 985 der bekanntesten Dörfer wurden zerstört, 580.000 Menschen gingen in den Überfällen und Kämpfen zugrunde. Die Zahl derer aber, die an Hunger, Krankheit und Feuer zugrundegingen, ist unerforschlich, so daß beinahe ganz Judäa verwüstet worden wäre, wie ihnen auch vor dem Krieg vorhergesagt wurde; denn das Grabmal Salomos, das sie in Ehren halten, stürzte von selbst in sich zusammen. Viele Wölfe und Hyänen fielen heulend in ihre Städte ein.37

Wenn auch die Zahlenangaben bei Dio übertrieben sind, werden die Verluste in der Bevölkerung und wird die Zerstörung des Landes beträchtlich gewesen sein. Nach Hieronymus wurden dazu noch viele Juden als Sklaven verkauft; es sollen so viele gewesen sein, daß der Preis für jüdische Sklaven auf dem Sklavenmarkt in Hebron drastisch sank und nicht mehr betrug als der Preis für ein Pferd.38 Die Wirt36 37 38

Dio Cassius, HR LXIX,14,3. Ebd. In Zach. 11,5 (CCL LXXVIA, S. 851).

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9. Der Bar Kokhba-Aufstand

schaftsstruktur des Landes war weitgehend zerstört. Das gesamte geistige und wirtschaftliche Leben der Juden Palästinas verlagerte sich nach Galiläa. Jerusalem wurde jetzt endgültig eine römische Kolonie mit dem offiziellen Namen Colonia Aelia Capitolina (Aelia nach Hadrians gens: P. Aelius Hadrianus; Capitolina nach dem Jupiter Capitolinus).39 Den Juden wurde unter Androhung der Todesstrafe verboten, die neue römische Stadt überhaupt noch zu betreten.40 Aelia war somit eine völlig heidnische Stadt, zweifellos auch mit den entsprechenden öffentlichen Bauten und Tempeln.41 Ob, wie Dio behauptet, ein dem Jupiter Capitolinus geweihter Tempel an der Stelle des zerstörten jüdischen Tempels errichtet wurde,42 gilt heute nicht mehr als so sicher. Unbestritten aber ist, daß eine Statue des Hadrian im Zentrum Aelias aufgestellt wurde, und dies reicht völlig aus als Entweihung des jüdischen Jerusalem. Man spricht daher mit Recht von einer totalen Paganisierung Jerusalems. Ob es dagegen schon während des Aufstandes und vor allem nach der Niederschlagung des Aufstandes eine regelrechte Verfolgung der Juden Palästinas gegeben hat, scheint eher zweifelhaft. Die rabbinischen Quellen suggerieren eine solche „Hadrianische Verfolgung“ mit zahlreichen Verboten (neben der Beschneidung auch des Sabbats, der Torah und anderer Vorschriften der jüdischen Religion).43 Eine genauere Analyse dieser Quellen ergibt, daß die Verfolgung um so umfang- und weitreichender wird, je weiter die Quellen von dem historischen Ereignis des Bar Kokhba-Aufstandes entfernt sind. Der historische Kern der Verfolgungstraditionen ist wahrscheinlich nur das Verbot der Beschneidung, das sich im Laufe der Zeit in der Optik der Rabbinen zu einer regelrechten und massiven Verfolgung des Judentums auswuchs. 39 Für die Provinz scheint sich langsam die Bezeichnung Syria Palaestina durchgesetzt zu haben; jedenfalls ist dieser Name in einer Urkunde aus dem Jahre 139 n. Chr. bezeugt (CIL, XVI,87). 40 Eusebius, HE IV,6,3; Justin, Apol. I,47,6; Dial. c. Tryph. 16; Tertullian, Adv. Iud. 13. 41 Chronicon Paschale, ed. Dindorf, S. 474. 42 HR LXIX,12,1. 43 Vgl. b Taan 18a u. ö.

10. Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung Palästinas

10.1. Uscha und Bet Sche‘arim Ähnlich wie sich das Judentum nach dem ersten Jüdischen Krieg in der vorher unbedeutenden Stadt Javne neu konstituiert und reorganisiert hatte, kam es nach dem zweiten Aufstand zu einem Neuanfang. Der einschneidendste Unterschied war der, daß Judäa seine Rolle als Mittelpunkt des palästinischen Judentums ausgespielt hatte; das Zentrum verlagerte sich nun nach Galiläa, in ein Gebiet, das meist eher am Rande des jüdischen Lebens gelegen und dessen Bevölkerung nie als besonders gesetzestreu gegolten hatte. Der erste Ort, in dem sich die Rabbinen nach der Katastrophe des Bar Kokhba-Aufstandes versammelten, war der kleine Ort Uscha in Obergaliläa. Nach einem hochstilisierten und zweifellos aus späterer Sicht formulierten „Bericht“ soll sich hier R. Schim‘on b. Gamliel II. als Patriarch (Nasi) und Vorsitzender des Sanhedrin1 (mit seinen beiden Rivalen R. Natan und R. Meir als Stellvertretern) durchgesetzt haben: Unsere Lehrer lehrten: Wenn der Nasi („Patriarch“) eintritt, muß das ganze Volk aufstehen und darf sich erst dann niedersetzen, wenn er dazu auffordert. Wenn ein Av Bet Din („Vorsitzender des Gerichtshofes“) eintritt, muß eine Reihe auf der einen und eine Reihe auf der anderen Seite (aufstehen), bis er sich auf seinen Platz gesetzt hat. Wenn der Chakham („Stellvertretender Vorsitzender des Sanhedrin und oberste Autorität in Lehrfragen“) eintritt, steht einer nach dem anderen (an dem er vorübergeht) auf und setzt sich wieder hin, nachdem er sich auf seinen Platz gesetzt hat. R. Jochanan sagte: Diese Lehre stammt aus den Tagen des R. Schim‘on b. Gamliel. R. Schim‘on b. Gamliel war Nasi, R. Meir war Chakham und R. Natan war Av Bet Din. Als R. Schim‘on b. Gamliel eintrat, stand das ganze Volk vor ihm auf, und als R. Meir und R. Natan eintraten, stand das ganze Volk ebenfalls

1 Allein dies ist ein Anachronismus, denn den Sanhedrin als oberste Körperschaft des jüdischen Volkes hat es nach 70 n. Chr. nicht mehr gegeben.

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10. Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung

vor ihnen auf. Da sprach R. Schim‘on b. Gamliel: Sollte es denn gar keinen Unterschied zwischen mir und ihnen geben?! Da setzte er diese Lehre fest.2

Das Verhältnis zu den Römern scheint sich langsam gebessert zu haben; ob Schim‘on b. Gamliel schon als offizieller Repräsentant des Judentums von den Römern anerkannt wurde, ist unsicher; sicher aber ist, daß Antoninus Pius (138–161 n. Chr.), der Nachfolger Hadrians, das Beschneidungsverbot wenigstens insoweit wieder aufhob, als er den Juden die Beschneidung ihrer eigenen Söhne gestattete. Das Betreten Jerusalems blieb, wie vor allem christliche Schriftsteller bezeugen, weiterhin verboten, wurde aber schon bald nicht mehr rigoros gehandhabt; zumindest lassen die rabbinischen Quellen nichts von einem solchen Verbot erkennen, ja es scheint sogar eine asketisch orientierte jüdische Gruppe, die „Trauernden um Zion“ (avle tsijon) gegeben zu haben, die sich in Jerusalem niederlassen konnten. Als der Sohn Schim‘on b. Gamliels, R. Jehuda ha-Nasi, nach Bet Sche‘arim übersiedelte, begann die Blütezeit des rabbinischen Judentums nach dem Bar Kokhba-Aufstand, die schließlich zur Kodifikation der traditionellen Überlieferung in den großen Corpora der Mischna, der Tosefta, des Jerusalemer Talmuds und der Midraschim führte. 10.1.1. Die Mischna Die Mischna ist das literarische Werk, das wie kein anderes das Selbstverständnis des frühen rabbinischen Judentums zum Ausdruck bringt und zugleich die weitere Entwicklung des Judentums geprägt hat. Versuche, die Mischna einseitig als Gesetzessammlung, als Lehrbuch im rabbinischen Schulbetrieb oder als Codex des geltenden Religionsgesetzes zu definieren, greifen zu kurz und werden dem umfassenden Anspruch der Mischna nicht gerecht. Primäres Ziel der Mischna ist die Verwirklichung der Torah in dem Sinne und in dem Maße, wie es unter den gewandelten Umständen der politischen und gesellschaftlichen Situation des Judentums des 2. Jh. n. Chr. möglich war. Dies bedeutet konkret, daß die Mischna das Weltund Wirklichkeitsverständnis des rabbinischen Judentums formuliert, 2

b Hor 13b.

10.1. Uscha und Bet Sche‘arim

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für das der Verlust des Tempels konstitutiv ist und bei dem sich zunehmend (zumal nach der Katastrophe des Bar Kokhba-Aufstandes) das Bewußtsein durchsetzen mußte, daß die politische Selbständigkeit – und damit die Verwirklichung des politischen Auftrags der Torah im weitesten Sinne – auf längere Sicht unerreichbar blieb. Die Vorherrschaft Edoms, der römischen Weltmacht, war ungebrochen und mußte als Faktum akzeptiert werden, mit dem man sich zu arrangieren hatte. Als Dokument des rabbinischen Judentums artikuliert die Mischna ausschließlich das Selbstverständnis der herrschenden Gruppe dieses Judentums, d. h. der Rabbinen, die sich als berufene und autorisierte Führer des Volkes verstanden; gegenteilige Meinungen anderer Gruppen findet man in der Mischna allenfalls in Fragmenten und Spuren, die durch die einigende und vereinheitlichende Sicht und Gestaltungskraft ihrer Redaktoren verwischt sind. Neuere Forschungen haben gezeigt, daß zwar verschiedene Schichten in der Entwicklung und Kristallisierung der geltenden Halakhah (des jeweils einzelnen „Gesetzes“ oder Gesetzeskomplexes) herausgearbeitet werden können, daß aber die Formulierung und Redaktion des in der Mischna gesammelten Stoffes erst in der Endphase des Überlieferungsprozesses geschah, d. h. in der letzten Generation des sog. tannaitischen Judentums unter Jehuda ha-Nasi (ca. 175 bis Ende des 2. Jh. n. Chr.). Das Welt- und Wirklichkeitsverständnis der Rabbinen wird in sechs großen thematisch strukturierten „Ordnungen“ (sedarim) der Mischna entfaltet. Die erste Ordnung Zera‘im („Saaten“) enthält überwiegend Vorschriften, die an das Land gebunden sind und auch unter den herrschenden politischen Verhältnissen realisiert werden konnten (z. B. Verzehntung von Feldfrüchten, Erlaßjahr etc.). Die zweite Ordnung Mo‘ed („Festzeiten“) befaßt sich vor allem mit der Feier der Festtage wie des Sabbat und der großen und kleinen Feste im Zyklus des Jahres. Die dritte Ordnung Naschim („Frauen“) bestimmt die Stellung der Frau in der patriarchalen Gesellschaft Palästinas; die vierte Ordnung Neziqin („Schädigungen“) kodifiziert das Zivil- und Strafrecht, das fast ausschließlich an der beherrschenden Stellung des Mannes als ba‘al ha-bajit („Familien- und Haushaltsvorstand“) und damit Bezugspunkt der Wirtschafts- und Sozialordnung orientiert ist. Von besonderem Interesse sind die fünfte und sechste Ordnung, Qodaschim („Heiligkeiten“) und Tohorot („Reinheiten“), in denen ins-

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10. Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung

besondere die Opfer- und Reinheitsvorschriften niedergelegt sind. Die Einbeziehung der Kulthalakhah in das Spektrum der in der Mischna zusammengefaßten gesetzlichen Bestimmungen ist auf den ersten Blick überraschend, ist doch die Mischna gerade das Dokument eines Judentums, dem die Zerstörung des Tempels und damit des kultischen Zentrums zunehmend als endgültig und unwiderruflich erscheinen mußte. Welchen Sinn hat somit die minuziöse Schilderung des Opfers und sogar (im Traktat Middot – „Maße“) der Maße und architektonischen Einrichtungen des Tempels? Die gängige Erklärung, daß die Verfasser und Redaktoren der Mischna diese Vorschriften für eine Zeit bewahren wollten, in der der Tempel wiederaufgebaut und der Kult wiederaufgenommen werden würde, trifft den Sachverhalt nur zum Teil. Sicher gab man die Hoffnung auf die Restitution des Tempels und des Kultes nie auf, aber sie war zweifellos nie utopischer als nach dem Bar Kokhba-Aufstand, als Jerusalem in eine römische Kolonie umgewandelt und den Juden das Betreten der Stadt verboten war. Die Intention der Mischna reicht also weiter: Die in der Mischna niedergelegte Kulthalakhah ist nicht dazu da, praktisch vollzogen zu werden (dies war durch die politischen Umstände unmöglich geworden), sondern ihr Vollzug besteht in der Niederschrift und im Studium. An die Stelle der konkreten Ausübung der Torah sind in diesem Teilbereich die Lehre und das Studium getreten. Da nur die Rabbinen zur sachgerechten Lehre befugt sind, sind sie die wahren Erben und Hüter der Tradition, die sie in eine neue Zeit transponieren und damit am Leben erhalten. Die fünfte Ordnung der Mischna bringt vielleicht am deutlichsten den Wandel zum Ausdruck, der sich im palästinischen Judentum des 2. Jh. n. Chr. zu vollziehen beginnt, den Übergang nämlich von den Priestern zu den schriftgelehrten Rabbinen, vom Tempel zur Torah, vom Kult zur Gemeinschaft, vom heiligen Ort zum heiligen Volk, von einer kultisch-kosmozentrisch ausgerichteten Heilsordnung zu einer Gesellschaftsstruktur, in der der Mensch im Mittelpunkt steht. Die Ablösung der kultisch-priesterlich bestimmten Gesellschaft, in der Jerusalem mit dem Tempel der Mittelpunkt des Kosmos ist und der Vollzug des Kultes die Harmonie zwischen Himmel und Erde garantiert, zeigt sich schließlich auch in der sechsten Ordnung. Erforderten ursprünglich vor allem die Kulthandlungen des Tempels die

10.1. Uscha und Bet Sche‘arim

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Einhaltung bestimmter und genau definierter Reinheitsvorschriften, so ist das Reinheitsideal des Tempels und seiner Opfer jetzt auf den viel umfassenderen Bereich des (all)täglichen Lebens ausgedehnt. Nicht mehr das Opfer muß in Reinheit zubereitet und verzehrt werden, sondern das tägliche Mahl in jedem privaten Haus, nicht mehr der enge Bereich des Tempels ist heilig, sondern das ganze Land. Dies bedeutet auch, daß die Sachwalter und Garanten der Reinheit und Heiligkeit, die Priester, durch die neue „Klasse“ der Rabbinen abgelöst worden sind, die die Reinheit aber nicht nur für sich selbst reservieren, sondern auf das ganze Volk übertragen: Jeder, der die (von den Rabbinen formulierten) Reinheitsvorschriften einhält, ist ein Priester, jeder kann wissen und praktizieren, was früher nur die Priester wußten und praktizierten; Israel ist ein Volk von Priestern, das nicht mehr im Vollzug des Kultes, sondern in der Erfüllung der Torah die Harmonie zwischen Himmel und Erde ermöglicht. Unter den neuen politischen Bedingungen der Zeit nach dem Bar Kokhba-Aufstand vollzieht sich somit der vielleicht radikalste Wandel im Bewußtsein und in der Gesellschaftsstruktur des Judentums, der in seinen Folgen weit über das antike Judentum Palästinas hinausweist und das Selbstverständnis des Judentums im Mittelalter bis hin in die Neuzeit prägen sollte. Die Rabbinen vollenden in der Mischna (und dem auf die Mischna aufbauenden Talmud)3 das Werk ihrer unmittelbaren Vorgänger, der Pharisäer und der Schriftgelehrten, und legen mit ihrer Neufassung des Sinnes und Auftrages der Torah die Grundlage für die weitere Entwicklung des Judentums. 10.1.2. Bet Sche‘arim Die Stadt Bet Sche‘arim in Untergaliläa (südöstlich des heutigen Haifa), die mit der Übersiedlung des Patriarchen Jehuda ha-Nasi (ab ca. 3 Der Jerusalemer oder Palästinische Talmud (Jeruschalmi), d. h. der Talmud des palästinischen im Unterschied zum Talmud des babylonischen Judentums (Bavli), wurde in Tiberias redigiert (mit Ausnahme der Traktate der Ordnung Neziqin, von denen die Forschung eine Redaktion in Cäsarea annimmt). Ob es allerdings jemals eine zielgerichtete und systematische Redaktion des Jeruschalmi gegeben hat, ist umstritten. Als Zeitpunkt der Endredaktion wird meist das Ende des 4. Jh., spätestens die erste Hälfte des 5. Jh. angenommen.

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10. Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung

175 n. Chr.) für kurze Zeit das Zentrum des palästinischen Judentums wurde, ist vor allem wegen ihrer unterirdischen Grabanlagen von Interesse. Die Nekropolis von Bet Sche‘arim wurde offenbar im 3. und 4. Jh. n. Chr. als zentraler Begräbnisplatz der Juden Palästinas und insbesondere der Diaspora benutzt und ist das einzige bekannte Beispiel ihrer Art; sie wurde in den Jahren 1935–40 und 1953–60 ausgegraben. Die weitläufige Anlage besteht aus zahlreichen Katakomben mit Grabnischen und Sarkophagen. Viele Grabkammern sind mit in den weichen Felsen geritzten bzw. geschnittenen Zeichnungen, Inschriften und Reliefs dekoriert. Es finden sich häufig die traditionellen jüdischen Motive wie der Siebenarmige Leuchter, die Bundeslade, Schofar, Lulav, Etrog und die Räucherpfanne (die auch von den Synagogenmosaiken bekannt sind), daneben aber auch profane Motive wie menschliche Figuren, Tiere, Schiffe und geometrische Muster. Dasselbe gilt für die Sarkophage, auf denen die paganen Motive überwiegen, darunter sogar Darstellungen aus der griechischen Mythologie wie Leda mit dem Schwan, der Kampf der Amazonen oder die Maske eines bärtigen Mannes, die möglicherweise Zeus darstellt. Auch die Inschriften auf den Wänden der Grabanlage sowie auf den Tafeln sind überwiegend in griechischer Sprache (218 von ca. 250), die übrigen in Hebräisch und Aramäisch; ohne Zweifel war in dieser Zeit Griechisch und nicht Hebräisch die gemeinsame Sprache der Juden Palästinas und der Diaspora. Eine große griechische Grabinschrift in bestem homerischem Stil ist zwar sicher eher die Ausnahme als die Regel und dürfte zum Grab eines Diasporajuden gehören; doch ist allein die Tatsache, daß sie (offenbar unbeanstandet) in Bet Sche‘arim ihren Platz fand, bemerkenswert genug: Hier liege ich, Sohn des Leontius, tot, Justus, Sohn der Sappho, und nachdem ich die Früchte jeglicher Weisheit gepflückt habe, ließ ich das Licht, die unglücklichen Eltern zurück, die unaufhörlich trauern, und meine Brüder. Weh mir, in meinem Besara!4 Nachdem ich in den Hades hinabgestiegen bin, liege ich, Justus, hier mit vielen anderen, weil es das übermächtige Schicksal so wollte. Tröste dich, Justus, niemand ist unsterblich!5 4 5

Bet Sche‘arim. Schwabe-Lifshitz, Beth She‘arim, Bd. II, S. 45.

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Die Nekropolis von Bet Sche‘arim zeigt somit, zusammen mit anderen archäologischen und literarischen Zeugnissen, den immensen Einfluß der griechischen Kultur auf das antike Judentum gerade auch Palästinas. Daß dies keine Randerscheinung gewesen sein kann oder etwa von den Rabbinen nur widerstrebend toleriert wurde, ergibt sich daraus, daß auch die Rabbinen sich in Bet Sche‘arim bestatten ließen. In einer Katakombe (Nr. 14) wurden die Grabinschriften „Rabbi Simeon“, „dies ist die Grabstätte von Rabbi Gamaliel“ und „Anina6 der Kleine“ gefunden, woraus man geschlossen hat, daß es sich um die Katakombe der Patriarchenfamilie handelt („Simeon“ und „Gamaliel“ könnten die beiden Söhne Jehuda ha-Nasis sein und „Anina“ sein Schüler Chanina b. Chama).7 10.1.3. Jehuda ha-Nasi und die Patriarchen Der Höhepunkt des Patriarchenamtes war unter R. Jehuda (ca. 175– 217 n. Chr.) erreicht. Er trägt als einziger den Beinamen ha-Nasi (= „der Patriarch“ schlechthin) und wurde auch „unser heiliger Rabbi“ genannt; wenn in den Quellen von „Rabbi“ ohne Beinamen die Rede ist, ist immer R. Jehuda ha-Nasi gemeint. R. Jehuda war offiziell von den Römern als Patriarch anerkannt und regierte fast wie ein König. In den Synagogen wurde öffentlich für sein Wohlergehen gebetet, und nach seinem Tode verbrannte man Weihrauch wie nach dem Tod eines Königs.8 Die Gleichstellung mit dem König bezeichnet nicht nur die politische Macht des Patriarchen, sondern läßt auf quasi-messianische Ambitionen schließen (freilich in gemilderter, gewissermaßen „säkularisierter“ Form, die sich mit der römischen Oberhoheit verständigt hatte). Aus dieser Zeit wird die Behauptung datieren, daß der Patriarch als Nachkomme Hillels aus dem Hause Davids stamme.9 Hier wurde zweifellos Propaganda für ein Patriarchenhaus getrieben, dessen davidischer Anspruch die Macht im Inneren sichern sollte und nach außen in Konkurrenz vor allem zum Oberhaupt der babylonischen Diaspora (dem Exilarchen) trat, der sei6 7 8 9

= Gräzisierte Form von „Chanina“. S. unten S. 202. t Schab 7 [8],18: danach wäre diese Sitte aber schon für Gamliel II. bezeugt. j Taan 4,2, fol. 68a.

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10. Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung

ne davidische Herkunft wahrscheinlich früher (und mit besseren Gründen) angemeldet hatte. So ist es auch nicht überraschend, daß ausgerechnet Abba Arikha (= Rav), dem babylonischen Schulhaupt und Schüler R. Jehudas, die Auslegung von Gen 25,23 zugeschrieben wird: Zwei Völker (gojim) sind in deinem Leibe (Gen 25,23): Lies nicht gojim („Völker“), sondern ge’im („Stolze“), nämlich Antoninus und Rabbi.10

Antoninus ist hier der Prototyp eines römischen Kaisers (vielleicht auch konkret des Kaisers Caracalla), der genannte Rabbi natürlich Jehuda ha-Nasi. Der babylonische Schüler des Patriarchen und spätere Vorsitzende der berühmten Akademie in Sura vergleicht seinen Meister in Würde und Macht mit dem römischen Kaiser und erkennt damit gleichzeitig die Oberhoheit des palästinischen Patriarchen auch über das Judentum der Diaspora an. Ein anderer (anonymer) Text stellt den Patriarchen auf eine Stufe mit Daniel, Mordechai, Esther und den Makkabäern, stilisiert ihn also zur nationalen Retter- und Heilbringerfigur, die der letzten Epoche in der Geschichte Israels, der messianischen Zeit, unmittelbar vorausgeht.11 Der Patriarch scheint seine Beziehungen zur Diaspora auch dadurch gepflegt zu haben, daß er regelmäßig Sendboten aussandte, die die Kontakte zu Palästina festigen und die zentrale Autorität des Patriarchen stärken sollten. Zu ihren Aufgaben gehörte u. a. die Verkündigung des vom Patriarchen festgesetzten Kalenders, die diesem die Oberaufsicht in allen religiösen Angelegenheiten sicherte; Versuche der babylonischen Juden, den Kalender in eigener Regie festzusetzen, wurden stets rigoros unterdrückt.12 Dieser Einfluß vor allem auch auf die babylonische Diaspora war den Römern zweifellos willkommen, da er die Befriedung des Gebietes an der unruhigen Ostgrenze des Reiches sichern half. Die Machtstellung des Patriarchen beruhte nicht zuletzt auch auf einer soliden wirtschaftlichen Grundlage. Die rabbinische Literatur erwähnt ein Schiff „aus dem Hause Rabbis“, auf dem „mehr als 300 10 11 12

b AZ 11a. b Meg 11a. j Ned 6,13, fol. 40a; b Ber 63a.

10.1. Uscha und Bet Sche‘arim

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Fässer (voll) Fisch waren,“13 was auf ausgedehnte Handelsbeziehungen schließen läßt. An einer anderen Stelle wird „Balsam aus dem Hause Rabbis“ in einem Atemzug mit dem „Balsam des kaiserlichen Hauses“14 genannt. Man vermutet daher, daß der Kaiser dem Patriarchen Güter aus dem alten „Königsland“ übereignet hat, darunter vielleicht auch solche aus der Jordanebene, wo die berühmten Balsampflanzungen lagen. Dies wäre ein weiterer Hinweis darauf, daß der Patriarch in die Stellung der früheren jüdischen Könige hineinwuchs. In welcher Form und ab wann die Patriarchen eine Steuer erhoben, ist unsicher. Möglicherweise verlangten sie wie die hellenistischen Könige eine „Kronabgabe“ (aurum coronarium) als festen Betrag bei ihrem Amtsantritt und ließen zusätzlich durch ihre Sendboten in der Diaspora eine mehr oder weniger freiwillige „Sendbotensteuer“ (apostolē) einsammeln. Der erste sichere Beleg für von Sendboten gesammelte Gelder findet sich erst in einem Erlaß des römischen Kaisers Honorius vom Jahre 399 n. Chr., der kurzfristig die Ausfuhr dieser Gelder nach Palästina verbot und diese der Staatskasse einverleibte.15 Die wirtschaftliche Macht des Patriarchen machte ihn zwangsläufig zum Anwalt der Interessen der begüterten Oberschicht. Eine kurze Episode, die im babylonischen Talmud (beiläufig und in einem ganz anderen Zusammenhang) erwähnt ist, könnte dies andeuten: Einst kam (ein gewisser Bonius b. Bonius)16 zu Rabbi, und dieser sprach zu den (versammelten) Leuten: Macht Platz für den Eigentümer von 100 Minen! Darauf kam ein anderer, und (Rabbi) sprach zu den Leuten: Macht Platz für den Eigentümer von 200 Minen!17

Bei aller Hochachtung, die dem Patriarchen vom Volk entgegengebracht wurde, ist es daher nicht erstaunlich, wenn die rabbinische Literatur auch deutliche Kritik am Patriarchen erkennen läßt: Jehuda und Chisqija, die Söhne des R. Chijja, saßen einst bei einer Mahlzeit vor Rabbi, ohne etwas zu sprechen. Da sagte er zu ihnen: Gebt den jungen Leuten ordentlich Wein zu trinken, damit sie den Mund auftun! Als sie ange13 14 15 16 17

j AZ 2,10, fol. 42a. b Ber 43a. CT XVI,8,14; der Erlaß wurde 404 wieder aufgehoben (CT XVI,8,17). Der sehr reich war. b Er 85b f.

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10. Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung

heitert waren, begannen sie und sprachen: Der Sohn Davids (= der Messias) wird nicht kommen, bevor nicht zwei Familien in Israel untergegangen sein werden, nämlich der Exilarch in Babylonien und der Patriarch (Nasi) im Lande Israel!18

Hier kommt nicht nur eine eher unbedeutende und auf „vereinzelte Stimmen“ beschränkte19 Opposition zum Ausdruck, sondern es wird in Ansätzen eine Entwicklung sichtbar, die auch für die hasmonäische Dynastie charakteristisch war, nämlich die zunehmende Kompromittierung des obersten Amtsträgers durch politische und wirtschaftliche Macht und die Opposition der torahtreuen „Frommen“ dagegen, die die Erfüllung der Torah weiter fassen wollten, als es in der Begrenzung auf „rein religiöse“ Angelegenheiten geschah: Die Übereinkunft der herrschenden Schicht mit den politischen Notwendigkeiten ist in den Augen dieser „Frommen“ nur eine Scheinlösung und verhindert letztlich die eigentliche und endgültige Erlösung mit dem Kommen des Messias. Daß es zu einer solchen Eskalation nicht kam, liegt sicher weniger an der besonderen Integrität der Amtsträger als an der politischen und vor allem wirtschaftlichen Entwicklung in Palästina.20 Mit Jehuda haNasi war der Höhepunkt des Patriarchenamtes gleichzeitig erreicht und überschritten. Jehuda verfügte in seinem Testament in weiser Voraussicht eine Gewaltenteilung, indem er seinen zweitältesten Sohn Gamliel (III.) zum Patriarchen ernannte, diesem aber seinen ältesten Sohn Schim‘on als Chakham („oberste Autorität in Lehrfragen“) und R. Chanina b. Chama als Av Bet Din („Vorsitzender des Gerichtshofes“) zur Seite stellte.21 Über die weitere Geschichte des Patriarchenamtes ist wenig bekannt. Die Patriarchen werden verschiedentlich in der römischen Gesetzgebung erwähnt und mit diversen Privilegien ausgestattet.22 Noch in einem Gesetz aus dem Jahre 392 n. Chr. ist von ihnen als der Gruppe der virorum clarissimorum et inlustrium patriarcharum die Rede,23 wo18 19 20 21 22 23

b San 38a. Avi-Yonah, Geschichte, S. 56. S. unten S. 204 ff. b Ket 103b. S. unten Anm. 56 und CT XVI, 8,11.13.15. CT XVI,8,8; s. unten S. 224.

10.2. Die Krise des römischen Reiches im 3. Jh.

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bei zu beachten ist, daß illustris die offizielle Anrede für die höchste Beamtenklasse im römischen Reich war. Doch Anfang des 5. Jh. scheint es mit dem Patriarchenamt rapide abwärts gegangen zu sein. Wie sich aus einem Gesetz vom Jahre 429 n. Chr. ergibt,24 muß die Institution des Patriarchats vor diesem Jahr zu bestehen aufgehört haben.25

10.2. Die Krise des römischen Reiches im 3. Jh. Ein entscheidender Faktor für die Entwicklung des Judentums in Palästina war die wirtschaftliche und politische Krise, von der das römische Reich im 3. Jh. und in der ersten Hälfte des 4. Jh. n. Chr. betroffen war. Diese Krise ist sicher auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, deren Zusammenwirken katastrophale Folgen auch für die Juden Palästinas hatte. Als Hauptgrund wird in der Forschung das Überhandnehmen der zentrifugalen Kräfte im römischen Imperium genannt, das mit einer Schwächung der Zentralgewalt einherging. Diese Schwächung der Zentralgewalt läßt sich am deutlichsten am raschen Wandel der Kaiser, beginnend schon mit dem Severischen Kaiserhaus (ab 193 n. Chr. Septimius Severus) und besonders eklatant unter den sog. Soldatenkaisern (ab 235 n. Chr.) ablesen. Selten starb ein Kaiser eines natürlichen Todes, und jeder Herrschaftswechsel war mit großen Veränderungen und Erschütterungen in der Zentralverwaltung wie in den Provinzen verbunden. Die Provinzen erhielten mehr und mehr ein Übergewicht über das Mutterland; die wirtschaftlichen Folgen der Abwanderung zahlreicher Industrien aus dem Mutterland in die Provinzen, die im 2. Jh. begonnen hatte, wurden jetzt spürbar. Dazu kam, insbesondere seit der Ausbreitung des Christentums, der Niedergang der alten Religionen, die als verbindende Klammer für die verschiedenen Teile des Imperiums fungiert hatten; damit sank auch die Verehrung des Kaisers als des Repräsentanten der Reichseinheit. Und schließlich verschärften sich zunehmend die sozialen Gegensätze zwischen der (wohlhabenden) Stadtbevölkerung – einer der wichtigsten 24

S. unten S. 226. Möglicherweise hat also das Ende des Patriarchenamtes auch etwas mit dem Abschluß bzw. dem nicht abgeschlossenen Zustand des Jerusalemer Talmud zu tun; s. oben S. 197, Anm. 3. 25

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Stützen des Reichsgedankens – und der größtenteils armen und ausgebeuteten Landbevölkerung. Die rabbinische Literatur enthält zahllose Hinweise auf die Auswirkung der Krise auf das Judentum Palästinas. Die beiden wichtigsten Folgen, die einander bedingten, waren die ständig wachsende Steuerlast und die Inflation. 1. Die von den Juden Palästinas zu zahlenden Steuern waren, wie bisher, die Grundsteuer (tributum soli), die Kopfsteuer (tributum capitis), die Zölle und die anforta, wahrscheinlich eine von Pächtern staatlicher Ländereien zu zahlende Gebühr. Von diesen Abgaben scheint die anforta eine relativ geringe Rolle gespielt zu haben; die Zahl der Pächter staatlicher Ländereien war nicht sehr groß. Wichtig waren dagegen die Zölle; zumindest steht die Negativschilderung der Zöllner bzw. Steuereinnehmer in der rabbinischen Literatur derjenigen im Neuen Testament kaum nach. Ebenfalls zunehmend belastend wurde die Kronsteuer (aurum coronarium), vor allem seit die Kaiser immerzu wechselten (zumal aus der ursprünglich freiwilligen Gabe längst eine feste Steuer geworden war). Die schwerste der seit langem eingeführten Steuern war aber die Kopfsteuer, genauer eine Besitzsteuer, denn sie wurde nach dem Wert des Besitzes jedes einzelnen Steuerpflichtigen erhoben.26 Neu zu diesen altbewährten Steuern hinzu trat die sog. annona militaris. Diese annona war keine Steuer im eigentlichen Sinne, sondern bezeichnete die Pflicht einer Provinz, die durchziehenden Truppen mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Sie wurde aber zu einer um so drückenderen Last, je häufiger die Provinzen von Truppen heimgesucht wurden, und dies war im 3. Jh. infolge der Bürgerkriege an der Tagesordnung. In der 2. Hälfte des 3. Jh. überstiegen die militärischen Ausgaben die Staatseinnahmen bei weitem, was durch die damit verbundene galoppierende Inflation zu einem fast völligen Zusammenbruch der Geldwirtschaft führte. Die Staatswirtschaft wurde wieder weitgehend auf der Basis von Naturalien abgewickelt. Besonders drükkend war die annona für die palästinische Landbevölkerung, die ja den Hauptteil der jüdischen Bevölkerung Palästinas ausmachte.

26

S. oben S. 128.

10.2. Die Krise des römischen Reiches im 3. Jh.

205

2. Der andere Faktor, der zu einer rapiden Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage führte, war die Inflation. Als im 3. Jh. der Bedarf an Bargeld ständig stieg (vor allem bedingt durch die erhöhten Soldzahlungen), waren die Kaiser gezwungen, den Silberwert des römischen Denars immer weiter zu verringern. Die Verringerung des Geldwertes trieb die Preise in die Höhe, und dies erhöhte wiederum den Geldumlauf, so daß sich die Spirale Geldentwertung – Preissteigerung immer schneller drehte. Man hat ausgerechnet, daß der Silberwert des Denars in den 200 Jahren von Augustus bis Septimius Severus auf die Hälfte sank und daß er im 3. Jh. innerhalb von ca. 40 Jahren auf nur noch 5% zusammenschmolz. Gegen Ende des 3. Jh. bestand der sog. Silberdenar aus Kupferstücken, die nur noch mit einem dünnen Silberbelag versehen waren. Charakteristisch für Zeiten der Geldentwertung ist die Steigerung der Zinsen und damit die Zunahme des Wucherunwesens. Obwohl Zins und Wucher nach der Torah verboten sind,27 mußten die Rabbinen den Zins und sogar eine bestimmte Form des Wuchers, den „vereinbarten Wucher“ (ribbit qetsutsah), tolerieren, um die Wirtschaft nicht zusammenbrechen zu lassen. Der folgende Ausspruch stammt von R. Jochanan, d. h. aus der zweiten Hälfte des 3. Jh.: Was ist Zins und was ist Wucher?28 R. Jannai sagte: Das ist der Wucherzins, wenn (der Fall) in ein Gerichtsverfahren gelangt.29 Man fragte vor R. Jochanan: Was bedeutet, „wenn (der Fall) in ein Gerichtsverfahren gelangt“? Er sagte zu dem (Fragesteller): Wenn es hieraus (definiert würde),30 würden wir für die Großen (= Reichen) des Landes Israel gar nichts (an Handelsmöglichkeiten) übrig lassen! 31

3. Eine Folge der ständig wachsenden Steuerlast, insbesondere der Grundsteuer und der annona militaris, war die Landflucht (anachōrēsis) vor allem der ärmeren Bevölkerung, die die Steuerlast nicht durch andere Einkommen ausgleichen konnte: 27

Vgl. Lev 25,35–37; Dt 23,20. Zitat aus der Mischna, BM 5,1. 29 D. h. wenn es zu einem Gerichtsverfahren wegen Wuchers kommt. 30 D. h. wenn man nach R. Jannais Definition verfahren würde. 31 D. h. die Anklage auf Wucher ist noch kein Kriterium für Wucher. Hohe und offenbar sogar überhohe Zinsen sind erlaubt, wenn sie in beiderseitigem Einvernehmen festgesetzt wurden; j BM 5,1, fol. 10a. 28

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So wurde einst der Stadt Tiberias das Krongeld (kelila = aurum coronarium) auferlegt. (Die Einwohner) kamen vor Rabbi (Jehuda ha-Nasi) und sagten zu ihm: Laß die Rabbinen ebenfalls (zu den Steuern) beitragen!32 Er antwortete ihnen: Nein! Da sagten sie: Dann werden wir fliehen. Er antwortete ihnen: So flieht! Als die eine Hälfte (der Stadt) geflohen war, legte man (die Steuerlast) der anderen Hälfte (alleine) auf.33 Da kam die verbliebene Hälfte vor Rabbi und sagte zu ihm: Die Rabbinen sollen sich (an den Steuern) beteiligen! Er antwortete ihnen: Nein! – Dann werden wir fliehen! – So flieht! – Da flohen sie alle, und nur ein Wäscher blieb zurück. Als man (die Steuerlast) dann dem Wäscher (alleine) auferlegte, floh auch der Wäscher. Da wurde das Krongeld erlassen.34

Das Recht bzw. die Pflicht, für die Eintreibung der Steuern zu sorgen, oblag in talmudischer Zeit offenbar ausschließlich dem Magistrat der Städte (boulē). Die Mitglieder des Stadtrates hafteten mit ihrem Vermögen für die aufzubringende Steuersumme, was zur Folge hatte, daß vor allem die reichen Bürger und Grundbesitzer für den Stadtrat nominiert wurden. So legt ein Midrasch die Vision von dem vierten und letzten Reich bei Daniel, das hier mit Rom gleichgesetzt wird, folgendermaßen aus: Dies bezieht sich auf das frevelhafte Königreich, das ein begehrliches Auge auf das Geld des Menschen wirft: Dieser ist reich, wir wollen ihn zum städtischen Beamten (archōn) machen! Jener ist reich, wir wollen ihn zum Stadtrat (bouleutēs) machen!35

Angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs und der ständig verarmenden Bevölkerung im 3. Jh. wurde die Eintreibung der Steuern durch die Stadträte fast unmöglich. Dies führte dazu, daß auch Teile der reichen Oberschicht zur Landflucht getrieben wurden, wollten sie ihr Vermögen nicht vollständig ruinieren: R. Jochanan sagte: Wenn man dich für den Stadtrat (boulē) nominiert hat, sei der Jordan deine Grenze!36

32

Die Rabbinen waren in der Regel von den Steuern ausgenommen. Möglich ist auch die Lesung: „wurde ihnen die Hälfte (der Steuer) erlassen“. Die Ironie der Erzählung kommt aber in der oben übersetzten Fassung besser zum Ausdruck. 34 b BB 8a. 35 BerR 76,6. 36 D. h.: Flieh über den Jordan! j MQ 2,3, fol. 81b. 33

10.2. Die Krise des römischen Reiches im 3. Jh.

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Da die reichen Landbesitzer ihre Ländereien nicht unbedingt verkauften, wenn sie sich ins Ausland absetzten, sondern einfach brach liegen ließen und auf bessere Zeiten warteten, mußte die rabbinische Rechtsprechung sich verstärkt mit dem Problem solcher verlassener Ländereien (agri deserti) auseinandersetzen. Offenbar häuften sich gerade im 3. Jh. Akte der chazaqah (usucapio), d. h. der Inbesitznahme verlassenen Landes durch „Landbesetzer“. Während nach talmudischem Recht solches Land ursprünglich nach dreijähriger ununterbrochener und unangefochtener Nutznießung dem „Besetzer“ zufiel, scheinen die Rabbinen gegen Ende des 3. Jh. die Rechtsprechung verschärft und die Inbesitznahme verlassenen Landes erschwert zu haben, um die Rechte der Landbesitzer zu schützen. Dies bedeutet, daß die Landflucht auch der vermögenden Landbesitzer keine vereinzelte Ausnahme mehr gewesen sein kann, sondern ab dem Ende des 3. Jh. relativ häufig vorkam. 4. Die wirtschaftliche Krise bedingte, daß zahlreiche jüdische Siedlungen in Palästina aufgegeben wurden, zuerst in den Randgebieten, später auch in Galiläa. Die landwirtschaftliche Produktion ging zurück; Hungersnöte und Epidemien dezimierten die jüdische Bevölkerung: So sagte R. Jochanan: Im ersten Jahr aßen sie, was sich in den Häusern befand; im zweiten aßen sie, was auf den Feldern war; im dritten das Fleisch reiner Tiere; im vierten das Fleisch unreiner Tiere; im fünften das Fleisch von Kriechtieren; im sechsten das Fleisch ihrer Söhne und Töchter; im siebten das Fleisch ihrer (eigenen) Arme, um zu erfüllen, was geschrieben steht: Ein jeder aß das Fleisch seines Armes (Jes 9,19).37

Diese Auslegung von R. Jochanan bezieht sich auf die in 2 Kön 8,1 erwähnte siebenjährige Hungersnot, reflektiert aber gleichzeitig die Zeitumstände des Verfassers (2. Hälfte des 3. Jh.). Eine andere Auslegung aus etwa derselben Zeit faßt die sozialen Nöte im Palästina des 3. Jh. prägnant zusammen: Resch Laqisch sagte zu (R. Jochanan): . . . Es steht geschrieben: Wenn jemand vor dem Löwen flieht und auf einen Bären trifft, und wenn er nach Hause kommt und sich mit der Hand gegen die Mauer stützt, dann beißt ihn die Schlange (Am 5,19). . . . Wenn jemand aufs Feld hinausgeht und auf einen Feld37

b Taan 5a.

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verwalter trifft, so ist es, als ob er einem Löwen begegnet sei. Geht er in die Stadt und trifft auf einen Steuereinnehmer, so ist es, als ob er einem Bären begegnet sei. Kommt er (schließlich) nach Hause und findet seine Söhne und Töchter im Hunger (tot) hingestreckt, so ist es, als hätte ihn eine Schlange gebissen.38

Die Verarmung der jüdischen Bevölkerung war geradezu sprichwörtlich. Die rabbinische Literatur überliefert Witze darüber, die fatal an gewisse moderne Witze erinnern: Man bringt ein Kamel in ein Theater, mit (sackartigen) Gewändern bedeckt.39 Ein (Schauspieler) fragt den anderen: Warum trauert dies (Kamel)? Antwort: Die Juden beachten das Sabbatjahr, und da sie kein Gemüse haben, essen sie dem Kamel die Disteln weg, und deswegen trauert es!

Oder: Man führt einen Schauspieler mit glattrasiertem Kopf in das Theater. Ein (Schauspieler) fragt den anderen: Warum ist sein Kopf kahlgeschoren? Antwort: Die Juden feiern den Sabbat und essen alles, was sie an den Wochentagen verdienen, am Sabbat auf. Da sie kein Holz haben, um damit zu kochen, zerbrechen sie ihre Betten und kochen damit (mit dem Holz); und dann schlafen sie auf ebener Erde und werden staubig und müssen sich mit Öl salben (um sauber zu werden). Dadurch steigt das Öl im Preis (und der Schauspieler muß sich glattrasieren, da er kein Öl für seine Haare bekommt)!40

5. Angesichts der sich verschlechternden sozialen Bedingungen ist es nicht überraschend, daß in dieser Zeit sich auch die Klagen über das „Räuber“unwesen häufen, wobei diese „Räuber“ mit demselben Terminus bezeichnet werden wie bei Josephus (listis = griech. lēstēs):41 R. Levi sagte: . . . Das gleicht einem Räuber, der an einer Wegkreuzung sitzt und die Vorübergehenden beraubt. Eines Tages kam ein Legionär vorbei, der damit beschäftigt war, die Steuern einer Stadt einzuziehen. Über den fiel er her, beraubte ihn und nahm ihm alles weg, was er bei sich hatte.42

R. Levi gibt hier sicher ein zutreffendes Bild der Zeitumstände, in denen er lebte (um 300 n. Chr.). Offenbar mußten die Stadtverwaltungen dazu übergehen, Geldtransporte von römischen Truppen begleiten 38 39 40 41 42

b San 98b. D. h. zum Zeichen der Trauer verschleiert. EkhaR, Pet. 17, S. 14. S. oben S. 133. PRK, ed. Mandelbaum, S. 410 f.

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oder überhaupt die Steuern von Soldaten einziehen zu lassen. Das verstärkte Auftreten von Räuberbanden ist jedenfalls ein charakteristisches Indiz für die Verschlechterung der sozialen Verhältnisse. In einem noch späteren Ausspruch (aus der Mitte des 4. Jh.) heißt es denn auch lapidar: R. Schim‘on b. Abba (sagte) im Namen des R. Chanina: Auf allen Wegen droht Lebensgefahr. Als R. Jona sich auf die Reise begab und (unterwegs) in einem Gasthaus (übernachten mußte), machte er (vorher) zu Hause ein Testament.43

Steuerdruck, Inflation, Hungersnöte, Epidemien, Geldverleih- und Wucherunwesen, Zunahme von Diebstahl und Raub usw., all dies bedeutete eine gefährliche Verschärfung des Gegensatzes zwischen Arm und Reich, also sozialer Spannungen. Die Lockerung verschiedener halakhischer Vorschriften, die die Landwirtschaft betrafen (vor allem des Sabbatjahr-Gebotes) und die schon unter Jehuda ha-Nasi begann, vermochte dabei auf lange Sicht wenig auszurichten. Der Niedergang des Patriarchenamtes und schließlich überhaupt des palästinischen Judentums hängt sicher eng mit diesen rapide sich verschärfenden wirtschaftlichen Problemen zusammen. Als das römische Reich sich politisch und wirtschaftlich mit dem Regierungsantritt Diokletians (284 n. Chr.) wieder zu stabilisieren begann – Diokletian bekämpfte erfolgreich die Inflation und reformierte das Geldwesen; gleichzeitig führte er eine Verwaltungsreform durch44 –, war die Blütezeit des palästinischen Judentums weitgehend vorbei. Es sollte sich nämlich sehr bald ein anderer Faktor entscheidend bemerkbar machen, der die Fremdherrschaft des verhaßten Rom durch eine andere, drückendere und auch länger andauernde ablöste, das Christentum. Wie nahtlos dies ineinander überging, zeigt sich daran, daß die Rabbinen sowohl für Rom als auch für das Christentum denselben symbolischen Namen verwenden, nämlich „Edom“.

43

j Ber 4,4, fol. 8b. Dabei wurden die Grenzen der Provinz Syria Palaestina geändert (Verlust einiger Gebiete im Norden, Zugewinn von Teilen der Provinz Arabia im Süden). Diokletian besuchte Palästina 286 und 297 n. Chr. 44

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10.3. Judentum und Christentum 10.3.1. Konstantin der Große (324–337 n. Chr.) Konstantin war durch seinen Sieg an der Milvischen Brücke vom Jahre 312 Alleinherrscher des Westens geworden; als er 324 n. Chr. in der Nähe von Byzanz den Kaiser des Ostens, Licinius, besiegte, wurde erstmals ein Christ Herrscher über Palästina. Schon im Jahre 313 hatte Konstantin das 311 von Galerius erlassene sog. Toleranzedikt erneuert und damit das Christentum zu einer gleichberechtigten und anerkannten Religion (religio licita) neben allen anderen Religionen gemacht. Für die Juden bedeutete dies, daß das Christentum dem Judentum gleichgestellt wurde und dieselben Privilegien erhielt wie dieses (insbesondere die Befreiung von der Pflicht, an öffentlichen Opferhandlungen teilzunehmen). Faktisch begann damit der Prozeß, der das Christentum auch in Palästina seinen Triumphzug nicht zuletzt auf Kosten des Judentums antreten ließ. Unter der Herrschaft Konstantins breiteten sich christliche Gemeinden in Palästina aus, entwickelte sich ein christliches Pilgerwesen größeren Ausmaßes (der älteste bekannte Bericht ist der des Pilgers aus Bordeaux aus dem Jahre 333) und entstanden nicht zuletzt christliche Kirchen an wichtigen christlichen Gedenkstätten (so vor allem die Geburtskirche in Bethlehem und die Grabeskirche in Jerusalem). Die Juden scheinen auf diese Entwicklung mit dem Wiederaufleben messianischer Erwartungen reagiert zu haben; jedenfalls finden sich nun wieder verstärkt messianische Überlieferungen in der rabbinischen Literatur, um die es nach dem Bar Kokhba-Aufstand für längere Zeit still geworden war. Die kleine Apokalypse in der Mischna45 ist möglicherweise ein späterer Zusatz und könnte daher in diese Zeit gehören; die Zuwendung der Regierung zum „Ketzertum“ wäre dann der Übergang zur christlichen Herrschaft: Im Gefolge des Messias wird die Frechheit viel und die Teuerung gewaltig werden, der Weinstock wird seine Frucht geben und der Wein (dennoch) teuer sein, das Königreich (die Regierung) wird sich zum Ketzertum hinwenden, und es gibt keine Zurechtweisung; das Versammlungshaus wird zum Huren(haus), Galiläa wird zerstört werden, der Golan verwüstet und die 45

m Sot 9,15.

10.3. Judentum und Christentum

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Grenzbewohner werden von Stadt zu Stadt umherziehen, doch man erbarmt sich ihrer nicht; die Weisheit der Schriftgelehrten wird stinkend, die Sündenscheuen werden verachtet und die Wahrheit vermißt werden; Jünglinge werden Greise beschämen, Alte vor Jungen aufstehen. Der Sohn verachtet den Vater, die Tochter steht gegen die Mutter auf, die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter, die (eigenen) Hausgenossen sind eines Menschen Feinde (Micha 7,6). Das Angesicht der Generation gleicht dem Angesicht des Hundes, der Sohn schämt sich nicht vor seinem Vater – und auf wen sollen wir uns stützen? Auf unseren Vater im Himmel!

Die aramäische Bibelübersetzung spielt sogar direkt auf den erhofften Untergang Edoms = Roms an und auf die Zerstörung der neuen Hauptstadt, Konstantinopel, sowie Cäsareas, der blühenden Metropole des jungen Christentums: Die Edomiter werden vertrieben werden – und ebenso die Söhne von Gabla – von Israel, ihrem Feind, und Israel wird mächtig werden durch (ihren) Besitz und sie beerben. Und ein Herrscher wird erstehen aus dem Hause Jakobs und vernichten und zerstören den Rest, der von Konstantinopel, der schuldigen Stadt, geflohen ist, und verwüsten und in Trümmer legen die rebellische Stadt von Cäsarea, die mächtige Stadt der Völker.46

Sehr wahrscheinlich wurden diese neuen messianischen Erwartungen aber nicht in konkrete politische Handlungen, d. h. einen Aufstand gegen Rom, umgesetzt. Eine Nachricht bei Chrysostomus sowie in späteren, offensichtlich von dem Kirchenvater abhängigen christlichen Chroniken, wonach die Juden auch unter Konstantin einen Aufstand versuchten und der Kaiser ihnen zur Strafe die Ohren abschneiden ließ,47 dürfte legendär und ohne historischen Wert sein, zumal ein solcher Aufstand in früheren Quellen sonst nirgendwo erwähnt wird. Zweifellos kam es um diese Zeit auch zu ersten Versuchen christlicher Mission unter den Juden; manche rabbinische Texte lassen eine Art christlich-jüdisches „Religionsgespräch“ als Hintergrund erkennen. Die christlichen Missionsversuche waren aber kaum sehr erfolgreich. Der bekannteste Fall wird von Epiphanius berichtet.48 Danach soll ein gewisser Joseph, ein Vertrauter des Patriarchen Hillels II., sich zum Christentum bekehrt haben (weil er die magische Kraft des Na46 47 48

TPsJ Num 24,18 f. Orat. adv. Iud. V,11 (PG XLVIII, col. 900). Panharion haer. XXX,4–12 (GCS XXV, S. 338 ff.).

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mens Jesu entdeckte, ein bekanntes Motiv!). Er wurde deswegen aus der jüdischen Gemeinde ausgestoßen, kam an den Hof des Kaisers und erhielt von Konstantin den Titel eines comes, d. h. eines besonderen Vertrauten des Kaisers, der mit offiziellen Missionen beauftragt wurde. In dieser Eigenschaft soll er nach Galiläa gesandt worden sein, um dort für die Verbreitung des Christentums zu sorgen, womit er allerdings wenig Erfolg hatte. Auch diese Erzählung enthält verschiedene legendäre Züge, doch mag sie in ihrem Kern, dem Übertritt eines offenbar bekannten Juden zum Christentum, historisch zuverlässig sein. So sehr der von Konstantin eingeleitete politische Wandel das Judentum tangierte, kann doch nicht von einer „Judenpolitik“ Konstantins oder gar einer judenfeindlichen Politik gesprochen werden. Konstantin erließ zwar verschiedene Gesetze, die sich mit jüdischen Angelegenheiten befassen, doch sind diese – wie die meisten römischen Gesetze – lokal begrenzte ad hoc-Entscheidungen, d. h. aus konkreten Anlässen entstanden und nicht Ausdruck einer gezielten Judenpolitik. 1. Neuralgische Punkte schon unter den „heidnischen“ römischen Kaisern waren die jüdische Mission und der Übertritt zum Judentum. Schon Antoninus Pius hatte in seinem bekannten, nach dem Bar Kokhba-Aufstand erlassenen Reskript die Beschneidung von Nichtjuden verboten und sich damit gegen jüdischen Proselytismus gerichtet.49 Dieses Beschneidungsverbot fand in der römischen Rechtsprechung seine Fortsetzung und wurde von Septimius Severus 201 n. Chr. ausdrücklich erneuert.50 Konstantin steht also in der Tradition seiner „heidnischen“ Vorgänger, wenn er in verschiedenen Gesetzen dieses Verbot weiter verschärft und gezielt auf das Verhältnis Judentum – Christentum anwendet. In einem Gesetz vom 21. Oktober 335 verbot Konstantin die Beschneidung christlicher Sklaven (d. h. deren Übertritt zum Judentum) und erklärte einen trotz dieses Verbots beschnittenen Sklaven für frei: Wenn ein Jude einen christlichen Sklaven . . . beschneidet, darf er den Beschnittenen auf gar keinen Fall im Sklavenstand festhalten, sondern (der Sklave) erlange die Privilegien der Freiheit.51 49 50 51

S. oben S. 174 f., 194. HA, Sept. Sev. 17,1. CT XVI,9,1.

10.3. Judentum und Christentum

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In allgemeinerer Form hatte Konstantin schon in einem Gesetz vom 8. Oktober 315 die Belästigung zum Christentum übergetretener Juden sowie den Übertritt von Christen zum Judentum verboten: Den Juden und ihren Ältesten und Patriarchen wollen wir einschärfen, daß, wenn einer (von ihnen) nach dem Erlaß dieses Gesetzes es wagen sollte, jemanden, der ihrer verderblichen Sekte entflohen ist und sich dem Kult Gottes zugewandt hat, mit Steinen oder in irgendeiner anderen Art wütend anzugreifen . . ., daß dieser alsbald den Flammen zu übergeben und mit allen, die sich daran beteiligen, zu verbrennen ist. Wenn sich jemand aus dem wahren Volke52 ihrer verruchten Sekte anschließt und an ihren Versammlungen teilnimmt, wird er mit jenen die verdienten Strafen erhalten.53

2. Auch die Frage der Teilnahme der Juden an den Stadträten und ihre Betrauung mit öffentlichen Ämtern war kein neues Problem. Zu den jüdischen Privilegien gehörte seit langem die Befreiung vom Militärdienst und vor allem auch vom Opfer an die heidnischen Götter sowie vom Kaiserkult. Da öffentliche Ämter und öffentlicher Kult ursprünglich eng miteinander verbunden waren, implizierte die Befreiung von der Teilnahme am staatlichen Opferkult auch die Befreiung von öffentlichen Ämtern. Als Caracalla im Jahre 212 mit seiner Constitutio Antoniana den Juden das römische Bürgerrecht verlieh, begann eine Entwicklung, die aus jüdischer Sicht nicht nur positiv einzuschätzen war. Zwar genossen die Juden als römische Staatsbürger zusammen mit ihren bisherigen Privilegien nun die allgemeinen Rechte der römischen Bürger, doch mußten sie sich auch an den Pflichten beteiligen, und dies bedeutete unter anderem die Teilnahme an den Kurien. Da die Mitglieder der Kurien für das Steueraufkommen verantwortlich und haftbar waren,54 bedeutete dies eine zweifelhafte Ehre, der man sich nach Möglichkeit zu entziehen suchte. Als unter Konstantin die Frage der Teilnahme am Opferkult endgültig gegenstandslos geworden war, bestand (aus römischer Sicht) kein Grund mehr, die Juden von der Beteiligung an den Stadträten auszunehmen. Noch im Jahre 321 erließ Konstantin als Alleinherrscher des Westens ein Gesetz, das die Juden zur Teilnahme an den Kurien verpflichtete. Der Erlaß ist an 52 53 54

D. h. von den Christen. CT XVI,8,1. Das Verbot wird am 22. Oktober 335 wiederholt; vgl. XVI,8,5. S. oben S. 206.

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die Ratsherren Kölns gerichtet und geht offensichtlich auf eine konkrete Anfrage der Kölner zurück: Allen Ständen gestehen wir durch ein allgemeines Gesetz zu, die Juden in den Stadtrat (ad curiam) zu berufen. Damit ihnen aber etwas zur Entschädigung für ihr früheres Privileg erhalten bleibe, erlauben wir, daß zwei oder drei (Juden) weiterhin das Privileg genießen, nicht für ein öffentliches Amt nominiert zu werden.55

Dagegen bleiben die Privilegien der jüdischen Kultusbeamten erhalten. Nach der Eroberung des Orients erließ Konstantin wenigstens zwei Gesetze, in denen er die jüdischen Religionsdiener den christlichen und heidnischen Priestern gleichstellte und vom Dienst in den Kurien befreite: Wir verordnen, daß die Priester, Synagogenvorsteher und Synagogenältesten und alle anderen, die in den Synagogen dienen, von jedem öffentlichen Amt befreit seien.56

3. Eine unmittelbare Folge der Christianisierung Palästinas war der Umstand, daß dem Patriarchen das Recht entzogen wurde, den lunisolaren jüdischen Kalender, der immer wieder durch komplizierte Berechnungen an die Jahreszeiten des Sommerjahrzyklus angepaßt werden mußte, jährlich neu festzusetzen; auf diesem Privileg gründete sich zu einem beträchtlichen Teil der Einfluß und das Ansehen des Patriarchen in der Diaspora. Anlaß dazu war der Osterfeststreit zwischen den sog. Quartodezimanern (derjenigen Christen, die zusammen mit den Juden Ostern am 14./15. Nisan feiern wollten) und denen, die den Auferstehungssonntag als verbindlichen Ostertermin festsetzen wollten. Konstantin entschied sich 325 (im Zusammenhang mit dem Konzil von Nizäa) für den Sonntagstermin und verbot dem Patriarchen, durch die Entsendung von Boten das Datum des jüdischen Pesachfestes in der Diaspora bekanntzugeben, um damit den Quartodezimanern die Grundlage für ihre Feier des Osterfestes zu entziehen. Die Folge war, daß sich der Patriarch Hillel II. 358/59 n. Chr. 55

CT XVI,8,3 (11.12.321). CT XVI,8,4 vom 1.12.331 (330?). Vgl. auch das Gesetz vom 29.11.330 (CT XVI,8,2), in dem die Patriarchen und Presbyter „von allen persönlichen wie öffentlichen Amtspflichten“ befreit werden. 56

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entschloß, einen festen Kalender einzuführen, um einen einheitlichen jüdischen Ostertermin sicherzustellen. 4. Ob Konstantin auch den jüdischen Zutritt zu Jerusalem neu regelte und den Juden erlaubte, Jerusalem (nur) am 9. Av, dem Tag der Tempelzerstörung, zu betreten, ist unsicher. Ein solches Gesetz findet sich nicht im Codex Theodosianus und wird erst von Eutychius, dem Patriarchen von Alexandrien, im 10. Jh. bezeugt.57 Möglicherweise ist diese Nachricht nur eine spätere Umgestaltung des Hadrianischen Verbots nach dem Bar Kokhba-Aufstand. Spekulationen darüber, ob Konstantin das alte Edikt Hadrians (das kaum lange konsequent eingehalten wurde) verschärfte oder erleichterte, wären dann müßig. 10.3.2. Konstantius II. (337–361 n. Chr.) Nach dem Tode Konstantins des Großen wurde das Reich unter seine drei Söhne Konstantin, Konstantius und Konstans geteilt. Den Orient erhielt Konstantius (II.); die beiden anderen Brüder teilten sich den Westen (340 besiegte Konstans seinen älteren Bruder Konstantin II. und wurde Alleinherrscher des Westens). Seit dem Tode des Konstans (350) und dem Sieg über einen Usurpator (351) beherrschte Konstantius das ganze Reich. 1. Das wichtigste Gesetz, das die Juden betrifft, ist ein Doppelgesetz vom 13. August 339, gerichtet an Euagrius, den praefectus praetorio des Orients: Was Frauen betrifft, welche Juden in die Gemeinschaft (consortium) ihrer Schande (turpitudo) entführten und die sich vorher in unserem Frauenhaus (gynaeceum) befunden haben, gilt, daß sie in das Frauenhaus zurückzubringen sind und daß in Zukunft zu beachten ist, daß Juden christliche Frauen ihrem Schimpf (flagitium) nicht verbinden bzw., wenn sie dies tun, der Todesstrafe unterliegen.58

Nachdem schon Konstantin I. den Übertritt zum Judentum erschwert hatte, wird hier die Mischehe zwischen christlichen Frauen und Juden verboten. Daß die Frauen eigens erwähnt werden, hat einen handfe57

Eutychius, Annales I,465 (PG CXI, col. 1012). CT XVI,8,6. Die Zuschreibung an Konstantius ist nicht sicher; das Gesetz mag auch von seinem Bruder und Mitregenten Konstantin II. stammen. 58

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sten wirtschaftlichen Grund. Mit dem kaiserlichen „Frauenhaus“ sind staatliche Textilmanufakturen gemeint (vor allem Seidenspinnereien), die offenbar in Konkurrenz zu jüdischen Textilbetrieben standen. Frauen, die in jüdische Betriebe „abgewandert“ waren, sollten zur Rückkehr in die staatlichen Manufakturen gezwungen werden, auch wenn sie mit einem Juden eine Mischehe eingegangen waren. Auffallend sind die negativen Wendungen, mit denen die jüdisch-christliche Mischehe belegt wird (consortium, turpitudo, flagitium). Der zweite Teil des Gesetzes befaßt sich mit den Sklaven: Wenn ein Jude einen Sklaven aus einer anderen Religions- (secta) oder Volksgemeinschaft (natio) glaubt, käuflich erwerben zu dürfen, fällt der Sklave unverzüglich der Staatskasse (fiscus) zu. Wenn (der Jude) aber gar den gekauften (Sklaven) beschneidet, wird er nicht allein mit dem Verlust des Sklaven bestraft, sondern erleidet auch die Todesstrafe.59

Hier wird die Gesetzgebung Konstantins I. ebenfalls verschärft. Der Kauf nichtjüdischer Sklaven ist jetzt zwar nicht generell verboten, aber doch praktisch unmöglich gemacht, denn ein solcher Sklave geht in den Besitz des Staates über. Die Beschneidung eines nichtjüdischen Sklaven zieht nicht nur die Freilassung dieses Sklaven nach sich (wie unter Konstantin I.), sondern die Todesstrafe. Auch dieses Gesetz hatte konkrete wirtschaftliche Hintergründe. Sklaven waren ein unabdingbarer Bestandteil der antiken Wirtschaftsordnung, und das faktische Verbot nichtjüdischer Sklaven mußte die wirtschaftliche Existenz der Juden empfindlich treffen. Die verschärfende Tendenz der Gesetzgebung Konstantius’ II. kommt schließlich auch in einem Gesetz vom 3. Juli 353,60 also aus der Zeit seiner Alleinherrschaft, zum Ausdruck. Ging es zunächst nur um die Mischehe christlicher Frauen mit Juden, so verfügt dieses Gesetz generell, daß im Falle eines Übertritts vom Christentum zum Judentum das „ganze Vermögen dem Besitz des Fiskus zu übereignen ist.“61 Auch hier verbinden sich zweifellos theologische mit wirtschaftlichen Erwägungen.

59 60 61

CT XVI,9,2. Oder 357? CT XVI,8,7. Vgl. auch oben CT XVI,8,1 und 5 unter Konstantin I.

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2. Als Konstantius nach dem Tode des Konstans die Alleinherrschaft antrat, adoptierte er 351 seinen Neffen Gallus und ernannte ihn zum Caesar des Ostens. Unter diesem Gallus scheint es zu einem lokalen Aufstand der Juden Palästinas gekommen zu sein, doch ist die Quellenlage sehr dürftig. Die Hauptquelle ist der spätrömische Geschichtsschreiber Sextus Aurelius Victor (2. Hälfte des 4. Jh.) sowie der etwa gleichzeitig lebende Kirchenvater Hieronymus. Sextus Aurelius Victor erwähnt in seinen Caesares einen Aufstand (seditio) der Juden, die „ruchloserweise“ einen gewissen Patricius „in eine Art Königsherrschaft“ (in regni speciem) gebracht hätten.62 Nach Hieronymus sollen die Rebellen eine römische Garnison überfallen und deren Waffenarsenal erbeutet haben. Der Aufstand sei von Gallus aber schnell niedergeschlagen worden, wobei die Städte Sepphoris/Diocaesarea, Tiberias und Lod/Diospolis sowie zahlreiche andere Ortschaften niedergebrannt und einige Tausend Menschen getötet wurden.63 Als Anspielung auf diese Ereignisse deuten manche einen Midrasch, in dem der Bibelvers Zeph 1,10 folgendermaßen ausgelegt wird: An jenem Tage, Spruch des Herrn, wird sich ein großes Geschrei erheben vom Fischertor (Zeph 1,10) – das ist Akko, das nahe bei den Fischen gelegen ist. Und ein Geheule von der Vorstadt (ebd.) – das ist Lod, das die Vorstadt Jerusalems war. Und ein großer Zusammenbruch von den Hügeln (ebd.) – das ist Sepphoris, das auf Hügeln liegt. Es heulen, die in der Senke wohnen (Zeph 1,11) – das ist Tiberias, das tief wie eine Senke ist.64

Die Namen der hier erwähnten Ortschaften passen sehr gut zu den bei Sextus Aurelius Victor genannten Orten – mit der Ausnahme allerdings von Akko, das stark befestigt war und eine überwiegend nichtjüdische Bevölkerung hatte. Dies macht den Wert der rabbinischen Quelle zweifelhaft, und diese Zweifel lassen sich auch kaum dadurch ausräumen, daß man auf „Kämpfe, die in der Nähe dieser Stadt ausgefochten wurden“ rekurriert (wobei dies denn auch noch die einzigen nennenswerten Kämpfe gewesen sein sollen!).65 62 Historiae abbreviatae (= De Caesaribus), 42,9–12 (Ed. Fr. Pichelmayr, Leipzig 1911, Nachdruck 1970, S. 128). 63 Hieronymus, Chronicon, GCS XXIV/XXXIV, S. 238. 64 PesR 8, S. 29b. 65 Avi-Yonah, Geschichte, S. 184.

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Die anderen Städte, Sepphoris, Tiberias und Lod, waren wichtige industrielle Zentren des palästinischen Judentums. Ob man deswegen allerdings zu der Annahme berechtigt ist, daß der Aufstand von Handwerkern und Industriellen begonnen wurde, „die durch die Edikte des Konstantius gegen das Halten nichtjüdischer Sklaven am schwersten in Mitleidenschaft gezogen wurden,“66 ist ebenfalls sehr problematisch. Die ohnehin dürftigen Quellen schweigen sich über die Ursachen des Aufstandes völlig aus. Auch über die Folgen ist so gut wie nichts bekannt. Wir wissen nur, daß Bet Sche‘arim kurz nach 350 zerstört wurde, und es mag sein, daß dies mit dem Aufstand zusammenhing. Die wenigen rabbinischen Texte, in denen der römische Feldherr Ursicinus erwähnt wird,67sind allesamt nicht besonders negativ und müssen sich auch nicht auf den Aufstand beziehen, sondern mögen darauf zurückgehen, daß Ursicinus sich als Oberbefehlshaber im Perserkrieg (seit 350 oder 351) in Palästina aufhielt. Die unsichere Quellenlage hat zu der Vermutung geführt, daß wir es gar nicht mit einem Aufstand der Juden zu tun haben und Patricius kein jüdischer Messiasprätendent war, sondern im Gegenteil ein römischer Offizier, der als Gegenkaiser auftrat (was in dieser Zeit nicht selten war). Dies würde sowohl den lateinischen Namen des „Rebellenführers“68 wie auch die in den Quellen erwähnten lokalen Zerstörungen in Palästina erklären; denkbar wäre sogar, daß sich einige jüdische Gemeinden – zweifellos in der Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage der Juden – dem Gegenkaiser anschlossen. Der jüdische Aufstand unter Gallus kann somit bisher keineswegs als gesichert gelten. 10.3.3. Die Restauration unter Julian Apostata (361–363 n. Chr.) Ein kurzes und wenig folgenreiches Zwischenspiel für das Judentum Palästinas war die Regierung Kaiser Julians, der von den Christen 66

Ebd., S. 183. j Jev 16,3, fol. 15c; j Schevi 4,2, fol. 35a; j Ber 5,1, fol. 9a u. ö. 68 Daß der Name im 4. Jh. auch unter den Juden üblich gewesen sei (so Avi-Yonah, Geschichte, S. 181 mit Berufung auf J.-B. Frey, Corpus Inscriptionum Iudaicarum, Bd. I, Index), wird man angesichts eines einzigen und dazu rekonstruierten Beleges bei Frey (Nr. 350) kaum behaupten können. 67

10.3. Judentum und Christentum

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Apostata („der Abtrünnige“) genannt wurde, ein Intermezzo freilich, das für kurze Zeit noch einmal alle Hoffnungen auf eine nationale Wiedergeburt belebte. Julian war ein Neffe Konstantins des Großen und Stiefbruder des Gallus und wurde von Konstantius Ende 355 als Caesar in Gallien eingesetzt. Im Frühjahr 360 erhoben die Truppen ihn zum Augustus. Zum Kampf gegen Konstantius kam es nicht, da Konstantius im November 361 überraschend starb. Damit war Julian Alleinherrscher und begab sich im Dezember 361 nach Konstantinopel. Noch im selben Jahr erließ Julian die ersten „Toleranzedikte“, in denen er die heidnischen Kulte förderte und den Einfluß des Christentums zurückdrängte. Als Anhänger einer hellenistisch-synkretistischen Religion (neuplatonischer Färbung) versuchte er, die paganen Institutionen, insbesondere den Opferdienst, zu neuem Leben zu erwecken und die christlichen Vorrechte im Staat und in der Gesellschaft aufzuheben. Zu diesem Zwecke erlaubte er u. a. den von seinen Vorgängern verbannten „häretischen“ Bischöfen die Rückkehr auf ihre Bischofssitze, in der nicht unbegründeten Hoffnung, daß der neu ausbrechende Glaubensstreit die Kirche schwächen würde. Sein Verhältnis zum Judentum war ambivalent. Einerseits sah er im Judentum den Ursprung des von ihm bekämpften Christentums und lehnte vor allem den Erwählungsanspruch der Juden ab. Andererseits kam der jüdische Tempelkult seiner Vorliebe für den Opferdienst entgegen und mußte ihm daher als geeignetes Mittel in seinem Kampf gegen das Christentum erscheinen. Dazu trat die politische Erwägung, daß die mesopotamischen Juden ihm bei seinem Feldzug gegen die Perser von Nutzen sein konnten, wenn er eine betont projüdische Politik verfolgte. Es verbinden sich also im Verhältnis Julians zum Judentum religions- und staatspolitische Motive, die nur schwer voneinander zu trennen sind. Als Julian sich 362 zum Krieg gegen die Perser entschloß, scheint einer der Gründe auch der gewesen zu sein, daß er mit einem Sieg über die Perser und der „endgültigen“ Befriedung der Ostgrenze des Reiches hoffte, die Richtigkeit seiner neuen Politik und die Macht der heidnischen Götter zu beweisen. Im Juli 362 kam er nach Antiochia, wo er sogleich mit der offenbar den Luxus liebenden Bevölkerung in Konflikt geriet und u. a. die Schließung der größten christlichen Kir-

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che anordnete. In Antiochia empfing er christlichen Quellen zufolge69 – jüdische Quellen schweigen sich darüber völlig aus – eine jüdische Delegation, der er in einer offiziellen Audienz die Erlaubnis erteilte, den Tempel wiederaufzubauen. Die Initiative dazu scheint eindeutig vom Kaiser, nicht von den Juden ausgegangen zu sein.70 Der jüdische Patriarch (Hillel II.) war bei der Audienz offenbar nicht zugegen, und die rabbinische Literatur hat (wenn überhaupt) auch nur ein äußerst vages Echo von diesem Unternehmen des Tempelbaus bewahrt. Dies ist nicht weiter verwunderlich, wenn man die Entwicklung des rabbinischen Judentums seit dem Bar Kokhba-Aufstand berücksichtigt. Die Rabbinen mit dem Patriarchen an der Spitze hatten sich als herrschende Gruppe in der jüdischen Gesellschaft Palästinas weitgehend durchgesetzt und mit der von ihnen geschaffenen rabbinischen Literatur (u. a.) ein gewaltiges Propagandainstrument zur Sicherung ihres religiösen und politischen Einflusses zur Verfügung. Der Neubau des Tempels mußte vor allem den Einfluß der Priester verstärken und würde damit derjenigen Gruppe erneut zur Macht verhelfen, der mit der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. die Basis entzogen worden war und deren Nachfolge die Rabbinen so entschieden und zunehmend erfolgreich angetreten hatten.71 Die Erlaubnis Julians zum Wiederaufbau des jüdischen Tempels in Jerusalem (einer weitgehend christlichen Stadt!) mit all ihren religiösen und politischen Implikationen scheint daher im palästinischen Judentum keineswegs auf ungeteilten Beifall gestoßen zu sein. Nur aus der Diaspora berichten christliche Autoren von einer großen Begeisterung und dem Aufbruch zahlreicher Juden nach Jerusalem.72 Es ist allerdings völlig verfehlt, Julian deswegen zu einem „Vorläufer des Zionismus“ zu machen.73 Ob Julian einen Brief an den Patriarchen 69 Vgl. Chrysostomus, Orat. adv. Iud. V,11 (PG XLVIII, col. 900); Rufinus, Hist. eccl. X,38 (GCS IX/2, S. 997); Sozomenos, Hist. eccl. V,22 (GCS L, S. 229 ff.). 70 Vgl. auch Gregor von Nazianz, Orat. V contra Iulianum, 3–4 (PG XXXV, col. 668). 71 S. oben S. 160 ff. 72 Ephrem, Vier Lieder über Julian den Apostaten I,16 ff. (Bibliothek der Kirchenväter XXXVII, S. 217 f.); Gregor von Nazianz, Oratio V contra Iulianum, 3–4 (PG XXXV, col. 668); Rufinus, Hist. eccl. X,38 (GCS IX/2, S. 997); Chrysostomus, Orat. adv. Iud. V,11 (PG XLVIII, col. 901) u. ö. 73 So Avi-Yonah, Geschichte, S. 197.

10.3. Judentum und Christentum

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sandte, ist unsicher; ebenso wird die Echtheit seines berühmten Briefes „An die Juden“74 bestritten, in dem er sein Versprechen erwähnt, Jerusalem wiederaufzubauen, die von Konstantius den Juden auferlegten Steuern erläßt und vom Patriarchen den Verzicht auf die Erhebung der apostolē-Abgabe75 verlangt. Im März 363 brach Julian zu seinem Feldzug gegen die Parther auf. Etwa um die gleiche Zeit muß man in Jerusalem mit den Vorarbeiten für den Tempelbau begonnen haben. Ein hoher kaiserlicher Beamter, Alypius aus Antiochien, wurde mit der Durchführung des Baus beauftragt. Doch schon im Mai desselben Jahres scheinen die Bauarbeiten unterbrochen worden zu sein. Die Gründe dafür sind mysteriös. Die christlichen Quellen berichten von Erdbeben und einem Feuer, das vom Himmel gefallen sei sowie zahlreichen Wundern, die diese Ereignisse begleiteten.76 Der römische Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus, vielleicht die zuverlässigste Quelle,77 erwähnt „furchtbare Flammenbündel“ (metuendi globi flammarum), die „nahe an den Fundamenten“ des Tempels immer wieder hervorbrachen und einige Arbeiter verbrannten;78 der Kirchenhistoriker Rufinus kennt ebenfalls das Feuer und weiß auch von einem Erdbeben.79 Manche haben vermutet, daß das Feuer die Hauptursache für die Einstellung der Arbeiten war und daß die Christen an dem Ausbruch dieses Feuers nicht unschuldig gewesen seien, weil sie die Bauarbeiten sabotieren wollten. Dies ist zwar nicht auszuschließen, doch wird die wahrscheinlichste Erklärung die sein, daß es zu einem (in der Zeit nicht seltenen) Erdbeben kam, das vielleicht einen Brand nach sich zog. Es versteht sich von selbst, daß die Christen die Ereignisse auf das direkte Eingreifen Gottes zurückführten. 74 Ed. W. C. Wright, The Works of the Emperor Julian, Bd. III, S. 176 ff. (Nr. 51); Stern, Greek and Latin Authors, Bd. II, S. 559 ff. 75 S. oben S. 201. 76 Ambrosius, Ep. XL,12 (PL XVI, col. 1105); Gregor von Nazianz, Orat. V contra Iulianum, 4 (PG XXXV, col. 668 f.); Chrysostomus, Orat. adv. Iud. V,11 (PG XLVIII, col. 901) u. ö. 77 Er war zwar kein Augenzeuge, begleitete Julian aber auf seinem Feldzug und mag Zugang zu offiziellen Berichten gehabt haben. 78 Res Gestae XXIII,1,3 (Ed. W. Seyfarth, Berlin 1970, S. 67). 79 Hist. eccl. X,39–40 (GCS IX/2, S. 998).

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Die so unglücklich begonnenen Bauarbeiten wurden nicht wiederaufgenommen. Offenbar schickte Alypius einen Bericht an den Kaiser und wartete dessen Entscheidung ab. Dieser Bericht wird Julian nicht mehr erreicht haben, denn im Juni 363 wurde der Kaiser schwer verwundet und starb kurz darauf. Mit der anschließenden christlichen Restauration war das Vorhaben des Tempelbaus gescheitert; über das, was geschehen wäre, wenn Julian seinen Plan verwirklicht hätte, mag man spekulieren, doch ging die Geschichte eindeutig und endgültig in eine andere Richtung. 10.3.4. Theodosius I. (379–395 n. Chr.) und II. (408–450 n. Chr.) Theodosius I. („der Große“) wurde 379 von Kaiser Gratianus zum Augustus des Ostens ernannt. Eines seiner Hauptziele war die Wahrung der politischen und religiösen Einheit des Reiches. Noch vor seiner Taufe Ende 380 erließ er am 28. Februar 380 ein Edikt, das den Arianismus verbot und die athanasianische Form des „Katholizismus“ für alle Völker im Reich vorschrieb;80 zusammen mit dem später erfolgten Verbot aller heidnischen Kulte81 war dies der entscheidende Schritt in Richtung auf eine christliche Staatsreligion. Diese Edikte zeigen die Hauptadressaten der religionspolitischen Gesetzgebung Theodosius’ I. an, die christlichen Häretiker und die Heiden. Die Juden werden erstmals in zwei Gesetzen aus den Jahren 384 und 388 erwähnt, die beide kaum über die bisherige Gesetzgebung der christlichen Kaiser hinausgehen. Am 22. September 384 wird den Juden verboten, christliche Sklaven zu kaufen und mit ihren „jüdischen Sakramenten“ (Iudaicis sacramentis), also der Beschneidung, zu schänden.82 Dies hatten schon Konstantin I. und Konstantius verfügt; eine zusätzliche Bestimmung (christliche Sklaven, die sich schon vor dem Erlaß in jüdischem Besitz befinden, sind durch ein angemessenes Lösegeld „von der unwürdigen Knechtschaft“ loszukaufen) zeigt, daß die strengen Gesetze Konstantins I. und des Konstantius in der Praxis kaum durchsetzbar waren. 80 81 82

CT XVI,1,2. Edikt vom 24.2.391 und 8.11.392 (CT XVI,10,10 und 12). CT III,1,5.

10.3. Judentum und Christentum

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Dasselbe gilt für die Frage der Mischehen. Konstantius hatte, primär aus wirtschaftlichen Gründen, die Rückkehr christlicher Frauen, die mit einem Juden verheiratet waren, in das kaiserliche gynaeceum verfügt.83 In einem Erlaß vom 14. März 388 wiederholte Theodosius das Verbot der Mischehe, verschärfte es aber insofern, als er die Mischehe dem Ehebruch (adulterium) gleichstellte, auf den die Todesstrafe stand.84 Auf diese grundsätzlichen Gesetze, die ganz in der Tradition der Vorgänger stehen, folgten drei Erlasse, die zwar nicht als Ausdruck plötzlicher Judenfreundlichkeit des Kaisers zu interpretieren sind, die aber insgesamt die Interessen der Juden vertraten. Der religionspolitische Hintergrund war ein Machtkampf zwischen dem Kaiser und Ambrosius, dem Bischof von Mailand: In Kallinikon am Euphrat hatte der Ortsbischof eine Synagoge anzünden lassen. Als Theodosius den Wiederaufbau der Synagoge befahl, drohte Ambrosius, in Anwesenheit des Kaisers keine Meßopfer mehr zu feiern (was praktisch der Exkommunikation gleichkam). Theodosius mußte nachgeben und die angedrohten Strafen widerrufen. Dies ermutigte christliche Kreise im Osten, verstärkt gegen die Juden vorzugehen. Die drei Erlasse des Kaisers sind als Reaktionen auf diese Ausschreitungen zu verstehen, die sowohl den Juden nützen als auch (vor allem) die kaiserliche Autorität stärken sollten. Im ersten Gesetz vom 18. Februar 39085 geht es um die Pflicht der Juden und Samaritaner, als Frachtschiffer für den Staat Güter zu befördern. Zwar bestehe für die Gesamtkörperschaft (universum corpus) der Juden und Samaritaner eine solche Transportverpflichtung, nicht aber im konkreten Fall für jeden einzelnen. Die Belastungen sollten sich nach den Vermögensverhältnissen richten und arme Leute und kleine Händler davon ausgenommen bleiben. Bedeutsamer war das zweite Gesetz vom 17. April 392,86 das den Juden eine begrenzte autonome Gerichtsbarkeit garantiert. Es geht auf 83

S. oben S. 215 f. CT III,7,2. Gleichzeitig erweiterte er, auch dies ist eine Erschwerung, das Anklagerecht auf die „Öffentlichkeit“, während Konstantin I. dieses auf die nächsten Verwandten beschränkt hatte (CT IX,7,2). 85 CT XIII,5,18. 86 CT XVI,8,8. 84

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Beschwerden jüdischer Autoritäten zurück, daß ehemalige Glaubensgenossen, die aus der jüdischen Gemeinde ausgeschlossen worden waren, mit Hilfe der römischen Behörden gewaltsam wieder in das Judentum eingegliedert wurden. Daraufhin verbot Theodosius, diese „in ihrem Aberglauben so eifrige Sekte“ (in ea superstitione sedulus coetus) zur „unverdienten Versöhnung“ (indebita reconciliatio) zu zwingen. Keine staatliche Instanz (und auch kein gefälschtes kaiserliches Dekret) sollte die Beschlüsse der jüdischen Vorsteher sabotieren dürfen, denen nach dem Urteil der Patriarchen (virorum clarissimorum et inlustrium patriarcharum) das Recht zustand, Urteile in Angelegenheiten der jüdischen Religion zu fällen (habere sua de religione sententiam). Auch das dritte Gesetz vom 29. September 39387 wendet sich gegen christliche Übergriffe. Es stellt eingangs kategorisch fest: „Es ist zu Genüge bekannt, daß die Sekte der Juden durch kein Gesetz verboten ist“ (Iudaeorum sectam nulla lege prohibitam satis constat) und fährt dann fort: „Daher sind wir äußerst aufgebracht darüber, daß an gewissen Orten ihre Versammlungen verboten wurden“. Theodosius I. befiehlt dem Adressaten dieses Ediktes, mit allen staatlichen Machtmitteln gegen den Übereifer derer vorzugehen, die es wagen, „im Namen der christlichen Religion“ Synagogen zu zerstören. Angesichts dieser Gesetzgebung ist es kaum angemessen, mit Theodosius I. den „großen Angriff auf die Juden und das Judentum“ beginnen zu lassen.88 Kein christlicher Kaiser war prinzipiell judenfreundlich, doch konnten, wie die Edikte Theodosius’ I. zeigen, bestimmte politische Konstellationen eine günstigere Rechtsprechung ermöglichen. Die tendenziell negative Einstellung mußte sich jedoch verstärken, je mehr ein Kaiser bereit war, dem Selbstbewußtsein der immer stärker werdenden christlichen Umwelt nachzugeben. Theodosius II., der nach der kurzen Regierungszeit des Arcadius 408 n. Chr. Alleinherrscher im Osten wurde, begann seine Judengesetzgebung mit einem Erlaß vom 29. Mai 40889 gegen die jüdischen Purimfeiern, in denen die Juden angeblich die Christen verspotteten. In einem Gesetz vom 20. Oktober 41590 wird der Patriarch Gamliel VI. 87 88 89 90

CT XVI,8,9. So die Überschrift des Kapitels bei Avi-Yonah, Geschichte, S. 209. CT XVI,8,18. CT XVI,8,22.

10.3. Judentum und Christentum

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wegen des Neubaus von Synagogen und der Beschneidung christlicher Sklaven scharf getadelt und aufgefordert, die Sklaven entsprechend dem Gesetz Konstantins I. freizulassen91 und die Synagogen niederzureißen, sofern sie „einsam gelegen sind“ und dies „ohne Aufruhr“ geschehen könne. Gleichzeitig wird dekretiert, daß Rechtsstreitigkeiten zwischen Juden und Christen nur noch vor zivilen Gerichten verhandelt werden dürfen. Dahinter stand offenkundig die Absicht, jeden Anschein obrigkeitlicher Funktionen von Juden über Christen zu vermeiden. Die christlichen Übergriffe gegen Synagogen häuften sich unter Theodosius II. derart, daß die meisten Edikte des Kaisers dieses Problem betrafen. Am 6. August 420 erließ Theodosius II. ein Edikt, wonach Synagogen und Privathäuser der Juden nicht grundlos beschädigt oder gar verbrannt werden durften.92 In drei aufeinanderfolgenden Erlassen allein im Jahre 423 wird dieses Verbot noch einmal eingeschärft. Für Synagogen, die bereits in eine Kirche umgewandelt worden waren, sollte ein Ersatzgrundstück angeboten werden. Da es aber gleichzeitig verboten blieb, neue Synagogen zu bauen oder bestehende zu vergrößern, wurde die durch die kirchlichen Gewaltaktionen eingetretene Verschlechterung juristisch zumindest festgeschrieben.93 Wie weit dies auch für die faktischen Verhältnisse in Palästina gilt, ist eine andere Frage. Der archäologische Befund aus der byzantinischen Zeit läßt eine rege Bautätigkeit erkennen und ist daher keineswegs so negativ, wie nach der Gesetzgebung zu vermuten wäre. In der 3. Novelle Theodosius’ II. vom 31.1. 43894 wird die Synagogengesetzgebung prägnant zusammengefaßt: Der Neubau von Synagogen bleibt verboten; entgegen diesem Verbot neu erbaute Synagogen gehen in den Besitz der Kirche über. Baufällige Synagogen dürfen gestützt werden; eine Verschönerung des Gebäudes aber, die über konservierende Maßnahmen hinausgeht, wird mit einer Strafe von 50 Pfund Gold (!) geahndet. Nachdem sich schon im Gesetz vom Oktober 415 ein Konflikt mit dem Patriarchen abgezeichnet hatte, nutzte Theodosius II. das Fehlen eines direkten Nachfolgers nach dem Tode Gamliels VI. aus, um das 91 92 93 94

S. oben S. 212 f. CT XVI,8,21. CT XVI,8,25 (15.2.423); XVI,8,26 (9.4.423); XVI,8,27 (8.6.423). Vgl. auch CI I,9,18.

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Patriarchenamt abzuschaffen. In einem Gesetz vom 30. Mai 42995 ist vom „Ende der Patriarchen“ (excessus patriarcharum) die Rede. Die oberste Autorität wurde nun auf die Vorsteher (primates) der beiden Sanhedrien in den zwei Teilen Palästinas96 und der übrigen Provinzen verteilt; die Steuer, die bisher für die Patriarchen eingesammelt wurde, war ab sofort in die Staatskasse abzuführen. Mit dem Aufhören des Patriarchenamtes wurden die letzten Reste einer zentralen jüdischen Instanz beseitigt. Dies bedeutete eine entscheidende Schwächung der Einheit zwischen Palästina und der Diaspora im Inneren und der Repräsentanz des Judentums gegenüber den staatlichen Organen nach außen. Das Judentum wurde für den christlichen Staat zunehmend eine Randerscheinung, die nach unterschiedlichen lokalen Gegebenheiten behandelt werden konnte und damit mehr und mehr der Willkür lokaler Machthaber ausgesetzt war. 10.3.5. Justinian I. (527–565 n. Chr.) Die Zeitspanne zwischen Theodosius II. und dem Regierungsantritt Justinians I. verlief für die Juden Palästinas verhältnismäßig ruhig.97 Es war eine Periode relativen wirtschaftlichen Wohlstandes, zu dem sicher auch das Pilgerwesen und die damit verbundenen öffentlichen und privaten Investitionen im „heiligen Land“ beitrugen. Zudem beherrschte der Gegensatz zwischen Orthodoxen und Monophysiten, der auf dem Konzil zu Chalcedon (451) zu einer offenen Spaltung der Kirche geführt hatte, die Politik der byzantinischen Kaiser fast ausschließlich. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen wurde Juvenal, der 95

CT XVI,8,29. Gemeint sind die Verwaltungseinheiten der Provinz Palästina, die unter einem gemeinsamen militärischen Oberbefehl seit dem Ende des 4. Jh. bestanden: Palaestina prima mit Judäa, Samaria und Peräa und Cäsarea als Verwaltungszentrum sowie Palaestina secunda mit Galiläa und der Dekapolis und Skythopolis als Verwaltungszentrum; die arabischen Teile der Provinz, Palaestina tertia (mit dem Zentrum Petra), waren ohne nennenswerte jüdische Bevölkerung. 97 An dem Konflikt zwischen dem zum Judentum übergetretenen Königshaus von Himjar in Südarabien mit Byzanz unter Justin I. (518–527) waren die Juden Palästinas nicht beteiligt. Die christlichen Abessinier besiegten den jüdischen König Dhu-Nuwas 525 n. Chr., worauf die Himjariten unter byzantinischen (später persischen) Einfluß kamen. 96

10.3. Judentum und Christentum

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orthodoxe Bischof von Jerusalem, zum Patriarchen erhoben und erhielt damit den Primat über die Kirche Palästinas. An zwei großen Aufständen der Samaritaner gegen die byzantinische Herrschaft in den Jahren 485 und 529 haben sich die Juden Palästinas nicht beteiligt. Justinian wollte noch einmal die Idee der Reichseinheit verwirklichen und verstand sich als Hüter der Orthodoxie. Um den Westen zu gewinnen, mußte er die Monophysiten bekämpfen, geriet damit aber in Gefahr, separatistische Bestrebungen in den monophysitischen Kirchen des Ostens (besonders in Ägypten und Syrien) zu fördern. In diesem Dilemma verfolgte er eine zunehmend rigorose Politik gegenüber den Monophysiten, besonders nach dem Tode seiner Gemahlin Theodora (548), die diesen nahestand. Auf diesem Hintergrund ist auch die Judengesetzgebung zu sehen, die unter Justinian verstärkt wieder einsetzt. Justinian ging erstmals von einem erweiterten Begriff des „Häretikers“ aus und verstand darunter nicht nur christliche „Ketzer“, sondern alle nichtorthodoxen Gruppen, d. h. auch die Juden (und Samaritaner). Diese neue Einstellung findet sich erstmals ausdrücklich in einer Novelle des Jahres 535, die sich allerdings nur auf Afrika bezieht und in der den Häretikern und Juden verboten wird, ihren Kult auszuüben.98 Die Judengesetzgebung Justinians betrifft sowohl zivilrechtliche als auch religiöse Belange. 1. Im zivilrechtlichen Bereich erneuerte Justinian die von seinen Vorgängern mehrfach eingeschärfte Bestimmung,99 die es Juden verbot, christliche Sklaven zu halten. In einer Novelle vom Jahre 527 verfügte er, daß Juden ihre christlichen Sklaven freilassen und eine Geldstrafe von 30 Pfund Gold zahlen müssen.100 533 kommt es zum Höhepunkt in der Sklavengesetzgebung: Die Juden haben ihre Sklaven auch dann unentgeltlich freizulassen, wenn diese die Taufe annehmen.101 Dieser Erlaß ist, wie die gesamte Sklavengesetzgebung der christlichen Kaiser, nicht nur vor religionspolitischem, sondern auch vor wirtschaftlichem Hintergrund zu sehen. Er machte es den Juden fast un98 Nov. XXXVII,8. Vgl. auch schon das 518 von Justin I. (aber möglicherweise unter der Mitwirkung Justinians) erlassene Gesetz, CI I,5,12 § 2. 99 S. oben S. 212 f.; 216; 222; 225. 100 CI I,10,2. 101 Cl I,3,54 (56) § 8–11.

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möglich, ein Handwerk auszuüben, da Sklaven mit der Annahme des Christentums jederzeit die Freiheit erlangen konnten. Offenbar ließen sich viele Juden selbst taufen, um dem zuvorzukommen, wobei sie aber ihre Sklaven nur dann behalten konnten, wenn sie sich vor den Sklaven zur Taufe entschlossen hatten; einer „Bekehrung“ des jüdischen Sklavenbesitzers nach erfolgter Taufe des Sklaven schiebt das Gesetz ausdrücklich einen Riegel vor. Auch die Frage der Teilnahme von Juden an den Stadträten scheint in negativem Sinne neu geregelt worden zu sein. Kaiser Anastasius (491–518) hatte im Rahmen seiner Steuerreform die Stadträte offenbar von der Steuerhaftpflicht befreit und die Steuereinziehung besonderen Beamten des Fiskus übertragen. Damit bestand kein wirtschaftlicher Grund mehr für das Verbleiben der Juden in den Kurien, und Justinian verfügte in einer Novelle aus dem Jahre 537,102 daß die Juden aus allen wichtigen Ämtern der Stadtverwaltung zu entfernen seien; sie sollten nur noch zu den niederen Ämtern zugelassen werden, „bei denen die Amtsbürde größer war als die Ehre.“103 Im Vertragsrecht wurde den Juden – im Unterschied zu den Heiden und (übrigen) Häretikern! – die Testierfreiheit zugestanden, d. h. sie konnten bei Testamenten und Verträgen als Zeugen fungieren. Dagegen hat Justinian den Juden erstmals das Recht abgesprochen, vor einem Gerichtshof gegen einen (orthodoxen) Christen als Zeugen aufzutreten.104 2. In seinem Selbstverständnis als Hüter der Orthodoxie fühlte Justinian sich auch mehr als seine Vorgänger verpflichtet, sich mit den inneren Angelegenheiten der jüdischen Religion zu befassen. Das berühmteste Beispiel ist die Novelle CXLVI vom Jahre 553, die zwar primär das Diasporajudentum betrifft, aber doch für die Religionspolitik Justinians charakteristisch ist und wohl auch als grundsätzliche Verfügung gedacht war. Der Anlaß war ein Streit in der Synagogengemeinde von Konstantinopel, bei dem es darum ging, ob bei der Schriftlesung im Synagogengottesdienst nur der hebräische Text verwendet werden dürfe oder ob auch die griechische Übersetzung erlaubt sei. Justinian gestattete nicht nur die Verwendung der griechischen Übersetzung 102

Nov. XLV, praefatio. Avi-Yonah, Geschichte, S. 248. Diese Interpretation des Gesetzes ist aber umstritten. 104 CI I,5,21 vom Jahre 531. 103

10.4. Die persische Eroberung

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(vorzugsweise der bei den Christen üblichen Septuaginta), sondern bestimmte auch, über den aktuellen Anlaß weit hinausgehend, was die Juden zu glauben hätten: Die Auferstehung der Toten, die Existenz der Engel und das jüngste Gericht werden unter Androhung strenger Strafen zu verbindlichen Glaubensnormen erklärt. Gleichzeitig wird der Gebrauch der deuterōsis,105 d. h. der gesamten jüdischen Auslegungsüberlieferung, in der Synagoge untersagt. Offenbar war die traditionelle Auslegung der Bibel (vor allem in den Midraschim) ein fester Bestandteil des Synagogengottesdienstes geworden, und Justinian versuchte mit seinem Gesetz in die Lehrinhalte der jüdischen Religion (zweifellos zugunsten des Christentums) einzugreifen. Man vermutet, daß das Verbot der deuterōsis durch Justinian eine der Ursachen für das Aufblühen der synagogalen Poesie (Pijut) in byzantinischer Zeit war. Insgesamt hat Justinian die Judengesetzgebung seiner christlichen Vorgänger übernommen und verschärft. Bezeichnenderweise wurde in die von ihm veranlaßte Konstitutionensammlung, die 534 promulgiert wurde (Codex Iustinianus),106 kaum eines der Gesetze zum Schutz von Synagogen aus dem Codex Theodosianus übernommen, obwohl die christlichen Übergriffe sicher nicht geringer geworden waren. Grundsätzlich neu war der Eingriff des Kaisers in die inneren Angelegenheiten der jüdischen Religion mit der Novelle CXLVI.107 Die Nachwirkung des Codex Iustinianus war beträchtlich. Die in ihm kodifizierte Judengesetzgebung wurde die Basis für die gesamte weitere Rechtsprechung und blieb bis über das Mittelalter hinaus maßgebend.

10.4. Die persische Eroberung Die Zeit nach Justinian stand im Zeichen wachsender Spannungen zwischen der byzantinischen Herrschaft und den Juden. Unter Justin II. (565–578) kam es erneut zu einer samaritanisch-jüdischen Revolte in Palästina (578). Die Kaiser Mauricius (582–602) und Phokas (602– 105

Wörtlich: „Wiederholung“. Später durch novellae ergänzt. 107 Das sich verschlechternde Klima kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Juden Cäsareas sich 556 an einem samaritanischen Aufstand gegen die christliche Bevölkerung beteiligten. 106

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610) versuchten zunächst vereinzelt und dann offenbar (unter Phokas) in einer großangelegten Aktion, die Juden mit Gewalt zum Christentum zu bekehren. Doch waren diese Maßnahmen, der konsequente Höhepunkt der von Konstantin eingeleiteten Entwicklung, wenig erfolgreich: Ein neuer und letzter Krieg zwischen Persien und dem römisch-byzantinischen Reich sollte eine Wende herbeiführen und das Ende der römischen (seit 63 v. Chr.) und christlichen (seit 324 n. Chr.) Herrschaft in Palästina einleiten. Der letzte Krieg zwischen Persien und Byzanz begann im Jahre 603 unter dem persischen König Chosroes II. und dem byzantinischen Kaiser Phokas, der durch die Ermordung seines Vorgängers Mauricius an die Macht gekommen war. 606 kamen die Perser bis nach Syrien und damit in die Nähe von Palästina. Nachdem Kaiser Heraclius 610 die Regierung in Byzanz angetreten hatte, eroberten die Perser 611 Antiocha und blockierten den Landweg zwischen Byzanz und Palästina; 613 nahmen sie Damaskus ein und standen damit vor den Toren Palästinas. Die Juden Palästinas, die unter dem Druck der sich ständig verschärfenden Gesetzgebung und der Androhung von Zwangstaufen standen, erwarteten die Perser als Befreier des Landes von der byzantinischen Herrschaft. Es entstand plötzlich wieder eine ganze apokalyptische Literatur (so vor allem die Zerubavel- und die Elias-Apokalypse), in der die neuen messianischen Hoffnungen artikuliert wurden. Schon als die Perser sich Palästina näherten, scheinen die Juden offen den Aufstand gegen die Christen gewagt und sich mit den Persern verbündet zu haben. Die jüdischen Wünsche vor allem nach der Rückgabe Jerusalems stießen bei den Persern einmal aus prinzipiellen Erwägungen (der persische Staat der Sassaniden war religiös ausgesprochen tolerant) und dann auch aus taktischen Gründen auf Entgegenkommen: Sicher ist jedenfalls, daß der persische Vorstoß, der ja teilweise durch eng besiedeltes jüdisches Gebiet erfolgen mußte, außerordentlich schnell vonstatten ging. Die Perser drangen Anfang 614 in einem Zug von Damaskus über Tiberias, Sepphoris, Cäsarea und Lod nach Jerusalem vor. Die Ereignisse in Jerusalem sind unsicher, da die beiden wichtigsten Quellen108 kein klares Bild vermitteln. Offen108

Sebeus, Kap. XXIV, übersetzt von F. Macler, Histoire d’Héraclius par l’Évêque

10.4. Die persische Eroberung

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bar ergab sich die Stadt zunächst (wie zuvor auch Cäsarea), scheint aber kurz darauf (Anfang Mai?) einen Aufstand versucht zu haben. Ende Mai 614 eroberten die Perser Jerusalem erneut und endgültig, wobei sie diesmal zahlreiche Kirchen zerstörten, die Stadt plünderten und ein Blutbad unter der christlichen Bevölkerung anrichteten. Anschließend übergaben sie die Stadt den Juden, die in der Hoffnung auf eine Restauration ähnlich der nach dem Edikt des persischen Königs Kyros 538 v. Chr. darangingen, eine jüdische Selbstverwaltung aufzubauen. Leider wissen wir nur sehr wenig über die jüdische Herrschaft in Jerusalem. Die Zerubavel-Apokalypse scheint auf diese Ereignisse anzuspielen, doch ist sie so sehr von den vorgegebenen apokalyptischen Traditionen geprägt, daß es sehr schwer ist, konkrete historische Implikationen auszumachen. 40 Jahre vor dem Kommen des Messias ben David wird nach der Zerubavel-Apokalypse der „leidende Messias“ auftreten. Hinter dessen symbolträchtigem Namen Nechemia (ben Chuschiel), der auf den „ersten“ großen Restaurator unter persischer Oberherrschaft anspielt, verbirgt sich möglicherweise der jüdische Führer des neuen messianischen Königreiches. Von ihm heißt es, daß ganz Israel aus der Diaspora zu ihm strömen und man gemeinsam wieder Opfer darbringen werde.109 Die Sammlung der Zerstreuten und die Wiederaufnahme des Opferdienstes im neuerbauten Tempel gehört allerdings so sehr zum traditionellen messianischen Szenarium, daß man darin kaum einen konkreten Hinweis auf die Erneuerung des jüdischen Opferkultes im befreiten Jerusalem sehen kann. Die christlichen Quellen betrachten die Ereignisse selbstverständlich ausschließlich aus christlicher Perspektive. Sie berichten von einer Christenverfolgung in Jerusalem, mit der sich die Juden für die lange christliche Unterdrückung gerächt hätten. Nachdem der größte Teil der christlichen Bevölkerung Jerusalems zusammen mit der Kreuzesreliquie nach Persien deportiert worden sei, sei der verbleibende Rest den Juden übergeben und vor die Wahl gestellt worden, zum Judentum überzutreten oder hingerichtet zu werden; fast alle hätten den Märtyrertod gewählt. Der arabisch geschriebene Bericht des Mönches Sebéos, S. 68 f.; Strategius aus Mar Saba: vgl. A. Couret, La prise de Jérusalem, S. 29 f.; P. Peeters, La prise de Jérusalem, S. 93 ff. 109 Sefer Zerubavel, ed. J. Even-Schemuel, Midresche Ge’ullah, S. 78.

232

10. Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung

Strategius aus Mar Saba ist besonders charakteristisch für die Verquikkung antijüdischer Polemik mit historischer Information: Als nun jene (Christen), die sich versteckt gehalten hatten, herauskamen, fragten die Kommandanten (der Perser) sie nach ihrem Handwerk, und jeder gab sein Handwerk an. Sie wählten die Besten unter ihnen aus, um sie in ihr Land in die Gefangenschaft mitzuführen. Die übrigen Männer setzten sie in der Zisterne von Mamila, etwa zwei Pfeilwürfe außerhalb der Stadt und eine halbe Meile vom Davidsturm entfernt, gefangen. Wachsoldaten befahlen sie, sie in dieser Zisterne zu bewachen. Wer, o meine Freunde, vermag das Elend dieser Christen an diesem Tage zu beschreiben, denn sie waren so viele, daß einer auf den anderen trat, gerade so wie Vieh, das zum Schlachten in einen Pferch zusammengetrieben wird. Genau so erging es jenen Unglücklichen! Sie hatten nichts zu essen und zu trinken. Die meisten von ihnen starben, weil Gott sie verlassen hatte. Angesichts ihres großen Elends ersehnten sie den Tod – wie die Menschen sich sonst das Leben wünschen – und schrien mit lauter Stimme: O Herr, laß uns nicht in die Hände dieser Ungläubigen fallen, laß uns nicht untergehen, unser Herr. Wir glauben an dich, o Herr, blick auf uns und laß unsere Hilfeschreie nicht unerhört! Erbarme dich über uns, indem du uns erlöst oder aber bald sterben läßt und uns von diesem Strafgericht befreist! Zu jener Zeit hatten die Juden beim König von Persien einen guten Stand. Sie hatten sich über das Morden (der Christen) gefreut und Schadenfreude dabei empfunden. Die Juden kamen nun zu jener Zisterne, in der sich jene Unglückseligen befanden und sagten: Wenn jemand von euch Jude werden will, soll er heraufkommen, und wir kaufen ihn von den Persern frei. Aber sie konnten ihre verderbliche Begierde nicht befriedigen, denn die Kinder der Taufe zogen diesem verabscheuenswerten Leben den Tod vor, gaben ihren Glauben nicht auf, und ihr Los wird nicht das der Juden im Höllenfeuer sein! Als nun die Hoffnungen der Juden sich nicht erfüllten, erstarkte ihr Zorn gegen sie (die Christen) so sehr, daß sie zu den Persern eilten, um ihnen eine große Menge (der Christen) abzukaufen, die sie abschlachteten, gerade so wie man Vieh zum Schlachten kauft. Wen man aber hinschlachtet, die gehen als Märtyrer zu ihrem Herrn, denn sie sind für ihren Glauben gestorben. Solches taten also jene Ungläubigen an denen, die an den Messias glauben und töteten sie. So wurde die Zisterne eine Blutzisterne. Die Sterbenden aber riefen den Juden zu: Ihr habt uns aufgefordert, Juden zu werden, Ungläubige wie ihr, wir aber sind Märtyrer Gottes geworden, die an den Messias glauben. Wegen dieser von uns erlittenen Verfolgung werden wir (beim Jüngsten Gericht) Ankläger sein und für euch in der zukünftigen Welt die schlimmste Strafe verlangen. Nicht die Perser haben uns getötet, sondern ihr, ihr Juden, die verflucht sein sollen. Genau so habt ihr den Herrn der Welt getötet und die Propheten, und genau so, wie ihr den Tod des Herrn der Herrlichkeit mit eurem Geld erkauft

10.4. Die persische Eroberung

233

habt, so auch kauftet ihr den Tod seiner Knechte mit eurem Geld, auf daß ihr an jenem schrecklichen Tage die Strafe dafür erhalten werdet! Nach dem Abzug der Perser aus der Stadt Jerusalem sammelten sich die Juden – der Fluch Gottes über sie! – und zerstörten mit ihren unreinen Händen die Kirchen. Aber keiner von euch soll sich darüber wundern, denn wo so viel Sünde ist, da gibt es viel Leid und Stärke des Feindes!110

Die radikalmessianische Herrschaft der Juden in Jerusalem war jedoch nur von kurzer Dauer. Die Perser planten nach der Eroberung Jerusalems Angriffe auf Ägypten und Konstantinopel, das sie fast 10 Jahre erfolglos belagerten (ab 615). In Palästina gelang noch die Eroberung von Akko mit Hilfe der jüdischen Bevölkerung der Stadt. Dagegen scheiterte die Einnahme der ebenfalls sehr wichtigen Küstenstadt Tyrus, unter anderem auch deswegen, weil die örtlichen Behörden ihre jüdischen Mitbürger internierten. Die erfolglose Belagerung von Tyrus (617?) scheint einen Umschwung in der persischen Politik bewirkt zu haben. Die Perser erkannten, daß die Juden nicht in der Lage waren, ihnen die notwendige militärische Hilfe in ihrem weiteren Krieg gegen Byzanz zu gewähren und daß sie, allein auf die Juden gestützt und gegen eine übermächtige christliche Bevölkerung, Palästina nicht halten konnten. So entzogen sie, wahrscheinlich noch 617, den Juden die Macht über Jerusalem und gaben den Christen die Stadt zurück. Möglicherweise spielt die Zerubavel-Apokalypse darauf an: Im fünften Jahre (der Herrschaft) des Nechemia ben Chuschiel und der Sammlung des Volkes der Heiligen wird Schiroi,111 der König von Persien, gegen Nechemia und gegen Israel heranziehen, und es wird große Bedrängnis herrschen in Israel. . . . Schiroi wird den Nechemia ben Chuschiel durchbohren . . ., und Israel wird in die Wüste zerstreut werden.112

Im Jahre 622 begann Kaiser Heraclius eine erfolgreiche Gegenoffensive gegen die Perser und gelangte 627/28 bis in das persische Kernland. Als Chosroes II. 628 von seinem Sohn abgesetzt und ermordet wurde, brachen in Persien schwere Thronstreitigkeiten aus. Unter diesen Umständen fiel es Heraclius nicht schwer, die Räumung der besetzten Provinzen, die Rückgabe der Kreuzesreliquie und die Freilassung der 110 111 112

Strategius aus Mar Saba, ed. Peeters, S. 95 f. = Chosroes? Even-Schemuel, Midresche Ge’ullah, S. 78, 80.

234

10. Vom Bar Kokhba-Aufstand bis zur arabischen Eroberung

christlichen Gefangenen zu erreichen. Am 21. März 629 zog er feierlich in Jerusalem ein und legte die Kreuzesreliquie wieder in der Grabeskirche nieder. Den Juden Palästinas hatte er in Tiberias zwar eine Amnestie versprochen,113 konnte dieses Versprechen aber nicht einhalten. Auf Drängen der christlichen Führer, die die Christenverfolgungen während der jüdischen Herrschaft 614–617 nicht vergessen hatten, verbannte er die Juden erneut aus Jerusalem und mußte es zulassen, daß zahlreiche Juden hingerichtet wurden. Doch auch die Tage der byzantinisch-christlichen Herrschaft in Palästina waren gezählt. 632 begann die neu entstehende Großmacht der Araber ihren Vormarsch, 636 fiel Tiberias (und damit Galiläa), 638 wurde Jerusalem erobert. Diese Eroberung Jerusalems durch die Araber markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der jüdischen Geschichte Palästinas. Die Epoche des frühen und des rabbinischen Judentums, die durch die Konfrontation mit den Griechen und Römern – zuletzt in der Gestalt des Christentums – geprägt war, ging zu Ende. Auf Edom folgte Ismael, die Auseinandersetzung mit dem Islam.

113

Eutychius, Annales II,240 ff. (PG CXI, col. 1089 f.).

Anhang

Bildteil

237

Oben links: Münze Alexanders des Großen, Vorderseite. Oben rechts: Rückseite: thronender Zeus. Unten links: Münze Johannes Hyrkans II., Vorderseite. Unten rechts: Hasmonäermünze, Rückseite: Zwei Füllhörner mit Granatapfel.

238

Bildteil

Hefzibah-Inschrift (aus der Zeit des 5. Syrischen Krieges)

Bildteil

239

ΜΗΘΕΝΑΑΛΛΟΓΕΝ ΗΕΙΣΠΟ ΡΕΥΕΣΘΑΙΕΝΤΟΣΤΟΥΠΕ ΡΙΤΟΙΕΡΟΝΤΡΥΦΑΚΤΟΥΚΑΙ ΠΕΡΙΒΟΛΟΥΟΣΔΑΝΛΗ ΦΘΗΕΑΥΤΩΙΑΙΤΙΟΣΕΣ ΤΑΙΔΙΑΤΟΕΞΑΚΟΛΟΥ ΘΕΙΝΘΑΝΑΤΟΝ Verbot für jeden Fremden, die Absperrung zu überschreiten und in den Bezirk des Heiligtums einzutreten. Jeder Übertreter, der ergriffen wird, trägt selbst die Verantwortung für das Todesurteil, das darauf steht.

Oben: Inschrift im Herodianischen Tempel (Verbot des Zutritts für Fremde). Unten: Mosaik in Masada (herodianisch).

240

Bildteil

Herodeion/Herodium, Festung und Grabmal des Herodes.

Bildteil

241

Oben links: Münze König Agrippas I. Oben rechts: Münze aus dem 1. Jüdischen Krieg. Unten links: Münze des römischen Kaisers Vespasian, Vorderseite. Unten rechts: Rückseite einer Münze des römischen Kaisers Titus.

242

Bildteil

Oben: Masada (mit römischer Sturmrampe). Unten: Ben Jair-Ostrakon aus Masada.

Bildteil

243

Oben: Ossuar (1. Jh. n. Chr.). Unten: Ossuar mit griechischer Inschrift (1. Jh. n. Chr.).

244

Bildteil

Oben links: Ossuar mit hebräisch-aramäischer Inschrift (1. Jh. n. Chr.). Oben rechts: Öllampe mit Weintrauben-Ornament (um 100 n. Chr.). Unten links: Öllampe mit Siebenarmigem Leuchter und Granatäpfeln (um 100 n. Chr.). Unten rechts: Öllampe mit Palmzweigen (um 100 n. Chr.).

Bildteil

245

Oben links: Büste des römischen Kaisers Hadrian. Oben rechts: Münze des römischen Kaisers Hadrian. Unten: Brief mit dem Namen Bar Kokhbas in griechischer Sprache: Simon Chosiba.

246

Bildteil

Zwei hebräische Briefe Bar Kokhbas an den militärischen Befehlshaber Jeschua ben Galgula.

Bildteil

247

Patera (römisches Kultgerät); aus der Beute der Aufständischen des Bar Kokhba-Krieges.

248

Bildteil

Oben: Bethar (mit der römischen Sturmrampe?). Unten: Sandalenpaar aus den Höhlen in der Wüste Juda.

Bildteil

249

Oben links: Bar Kokhba-Münze mit zwei Trompeten; Inschrift: Jahr zwei der Freiheit Israels. Oben rechts: Bar Kokhba-Münze; Inschrift: Simon (bar Kosiba). Unten links: Bar Kokhba-Münze; Inschrift: Für die Freiheit Jerusalems. Unten rechts: Bar Kokhba-Münze mit der Tempelfassade; darüber ein Stern.

250

Bildteil

Oben: Türsturz aus der Synagoge von Daburra (3. Jh.?) Unten: Türsturz aus der Synagoge von Daburra (3. Jh.?); auf der Oberkante Reste einer aramäischen Stifterinschrift.

Bildteil

251

Oben: Medusenkopf aus der Synagoge von Korazin (2./3. Jh. n. Chr.). Unten links: Motiv vom Fußbodenmosaik der Synagoge in Maon (6. Jh. n. Chr.). Unten rechts: Fußbodenmosaik aus dem Haus des Leontis (Bet Schean): Odysseus mit den Sirenen (5./6. Jh. n. Chr.).

252

Bildteil

Motive vom Fußbodenmosaik der christlichen Kirche in Chorvat Berakhot (5./6. Jh.).

Bildnachweis

Seite 237: Oben links: Münze: Alexander d. Gr. (Alexander als Herakles mit dem Löwenhaupt), Tetradrachmon (17,15 g). Berlin, Münzkabinett. Oben rechts: Rückseite: Der Name Alexanders; Bild des thronenden Zeus mit Adler und Szepter. Prägejahr 14. Jahr Alexanders = ca. 323 v. Chr. Unten links: Münze. Inschrift: Jehochanan der Hohepriester (= Johannes Hyrkan II.?) und die Gemeinschaft der Juden. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Unten rechts: Münze Typische Rückseite der Hasmonäermünzen (zwei Füllhörner mit Granatapfel), in diesem Fall von Jehochanan. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem.

Seite 238: Hefzibah-Inschrift. Stele, die bei Hefzibah in Untergaliläa (westlich von Bet Schean/Skythopolis) gefunden wurde. By Courtesy of the Israel Department of Antiquities and Museums.

Seite 239: Oben: Tempelinschrift. Fragment einer Verbotstafel auf dem Vorhof der Heiden. By Courtesy of the Israel Department of Antiquities and Museums. Unten: Masada. Das Mosaik zeigt typische Ornamente jüdischer Kunst der Epoche: Granatäpfel, Wein- und Feigenblätter und Kreissegmente in der Mitte. Yigael Yadin, Masada (Israel Exploration Society).

254

Bildnachweis

Seite 240: Luftaufnahme von Herodeion (Festung und Grabmal des Herodes). Yigael Yadin, Bar Kochba (Israel Exploration Society).

Seite 241: Oben links: Münze. König Agrippa I. (37–44 n. Chr.), Ähren. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Oben rechts: Schekel aus dem 1. jüd. Krieg (66–74 n. Chr.); Aufschrift: Schekel Israels. Privatbesitz. Unten links: Münze. VESPASIANUS, 69–79. Sesterz, 71. Vorderseite, IMP CAES VESPASIAN AVG P M TR P P P COS III, Kopf mit Lorbeerkranz n. r. Cohen 239. BMC 117, 543. Aus Auciones AG, Basel, Auktion 11, 1980, Nr. 427. Unten rechts: Münze. TITUS, 79–81. Sesterz, 80–81. Rückseite, IVD – CAP/SC, Trauernde Judaea auf einem Waffenhaufen n. l. sitzend, hinter ihr Palme; rechts davon Gefangener Jude n. r. stehend, die Hände auf den Rücken gebunden, vor ihm Schild und Helm. Cohen 110. BMC 257,165. Aus Auciones AG, Auktion 11, 1980, 435.

Seite 242: Oben: Masada; links die römische Rampe. Yigael Yadin, Masada (Israel Exploration Soeiety). Unten: Masada: Ben Jair-Ostrakon. Yigael Yadin, Masada (Israel Exploration Society).

Seite 243: Oben: Ossuar: typische Rosetten, ca. 1. Jh. n. Chr. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem.

Bildnachweis

255

Unten: Ossuar: typische Rosetten; Inschrift in griechischen Buchstaben: MARIAME ZAERA = die kleine M. Fundort: Jericho?, ca. 1. Jh. n. Chr. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem.

Seite 244: Oben links: Ossuar: Seitenansicht; Inschrift (hebräisch-aramäische Mischsprache): Joshua und sein Vater und seine Mutter; ca 1. Jh. n. Chr. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Oben rechts: Öllampe, Palästina, zwischen 70 und 135 n. Chr., Weintrauben-Ornament. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Unten links: Öllampe, Palästina, zwischen 70 und 135 n. Chr.; Ornament: Siebenarmiger Leuchter (selten!) und Granatäpfel. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Unten rechts: Öllampe, Palästina, zwischen 70 und 135 n. Chr.; Ornament: Palmzweige (Teil des Feststraußes – Lulav – am Laubhüttenfest). Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem.

Seite 245: Oben links: Hadrian, römischer Kaiser von 117–138 n. Chr. Yigael Yadin, Bar Kochba (Israel Exploration Society). Oben rechts: Münze. Hadrian; Inschrift: Hadrianus Augustus. By Courtesy of the Israel Department of Antiquities and Museums.

256

Bildnachweis

Unten: Ein griechischer Brief mit dem Namen Bar Kokhbas: „Simon Chosiba“. Zu beachten ist das über der Zeile eingefügte Wort chosiba. Yigael Yadin, Bar Kochba (Israel Exploration Society).

Seite 246 Oben: Ein hebräischer Brief Bar Kokhbas an ben Galgula, in dem er droht, ben Galgula Fußfesseln anzulegen. Der Brief wurde im Wadi Murabba‘at gefunden. Yigael Yadin, Bar Kochba (Israel Exploration Society). Unten: Brief aus dem Wadi Murabba‘at, in dem Bar Kokhba von ben Galgula Weizen fordert. Yigael Yadin, Bar Kochba (Israel Exploration Society).

Seite 247: Oben: Patera (römisches Kultgerät für Trankopfer); ihr Griff endet in einem Widderkopf. Teil der Beute, die die Aufständischen den Römern abgenommen haben. Yigael Yadin, Bar Kochba (Israel Exploration Society). Unten: Patera mit Gestalten der griechischen Mythologie (die Gesichter sind von den Aufständischen absichtlich zerstört worden). Yigael Yadin, Bar Kochba (Israel Exploration Society).

Seite 248: Oben: Bethar, mit römischer Sturmrampe (?). Yigael Yadin, Bar Kochba (Israel Exploration Society). Unten: Sandalenpaar aus der Zeit Bar Kokhbas (132–135). Yigael Yain, Bar Kochba (Israel Exploration Society).

Seite 249: Oben links: Münze. Bar Kokhba-Aufstand; Inschrift sch b lrch (= verschrieben für lecher[ut] jisrael: „Jahr zwei der Freiheit Israels“); zwei Trompeten. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem.

Bildnachweis

257

Oben rechts: Münze. Bar Kokhba-Aufstand; Inschrift Schim‘on („Simon“); Kranz. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Unten links: Münze. Bar Kokhba-Aufstand; Inschrift lecherut jeruschalajim – „für die Freiheit (Befreiung) Jerusalems“; Lulav. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Unten rechts: Münze. Bar Kokhba-Aufstand; Inschrift: Schim‘on („Simon“); Tempelfassade, darüber Stern. Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem.

Seite 250: Oben: Dabbura (westlicher Golan). Wiederverwendeter Türsturz, wahrscheinlich aus der Synagoge (3. Jh.?). Kranz mit vierblättriger Blüte (?), zu beiden Seiten ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln, Kopf nach außen gerichtet, im Schnabel eine Schlange. Foto (am Fundort): Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Unten: Dabbura. Wiederverwendeter Türsturz, wahrscheinlich aus der Synagoge (3. Jh.?), nur eine Hälfte erhalten. Stehender Adler mit ausgebreiteten Flügeln, Kopf nach außen, im Schnabel kleiner Kranz; zwei kleine Fische neben und unter dem Flügel. Auf der Oberkante Reste einer Inschrift: ‘avad tar‘ah (aramäisch) – „. . . machte das Tor“; auf der fehlenden Hälfte wird der Name des Stifters gestanden haben. Foto (am Fundort): Dr. Michael Krupp, Jerusalem.

Seite 251: Oben: Medusenkopf; Synagoge von Korazim (Obergaliläa), Ende, 2./Anfang 3.Jh.? Foto: Dr. Michael Krupp, Jerusalem. Unten links: Detaildarstellung eines Elefanten. Fußbodenmosaik der Synagoge in Maon (Galiläa), Anfang 6. Jh.

258

Bildnachweis

By Courtesy of the Israel Department of Antiquities and Museums. Unten rechts: Haus des Leontis, Bet Schean (5./6. Jh.). Ausschnitt aus einem Mosaik: Oben Odysseus, mit einem Netz am Mast eines Schiffes gefesselt; darunter eine Sirene. Griechische Inschrift. „Herr, hilf Leontis, dem Korbmacher (?)“. Es ist unsicher, ob das Mosaik zu einem (jüdischen) Privathaus oder zu einer Synagoge gehörte. By Courtesy of the Israel Department of Antiquities and Museums.

Seite 252: Oben: Detaildarstellung eines mit Bändern geschmückten Vogels. Byzantinisches Mosaik im Mittelschiff (Einfassung, Detaildarstellung der Ost-Umrandung) der Kirche in Chorvat Berakhot (ca. 9 Kilometer südwestlich von Betlehem), 5.–6. Jh. n. Chr. By Courtesy of the Israel Department of Antiquities and Museums. Unten: Detaildarstellung eines Löwen. Nord-Octogon, Kirche in Chorvat Berakhot. By Courtesy of the Israel Department of Antiquities and Museums.

246–241 v. sog. 3. Syrischer Krieg

Josef (Steuerpächter ca. 240–218 v.)

246–221 v. Ptolemaios III. Euergetes

2. H. 3. Jh. v. Onias II.

Tobias

Tobiaden

259–258 v. Reise des Zenon

260–253 v. sog. 2. Syrischer Krieg

274–271 v. sog. 1. Syrischer Krieg

280/279 v. syrischer Erbfolgekrieg

283–246 v. Ptolemaios II. Philadelphos

1. H. 3. Jh. v. Simon I.

305–283/82 v. Ptolemaios I. Soter

Oniaden Ende 4. Jh. v. Onias I.

Seleukiden

Alexander d. Gr. (336–323v.) ab 323 v. Diadochenkämpfe

ca. 301–200 v. ptolemäische Herrschaft

Ptolemäer

Zeittafel

180–145 v. Ptolemaios VI. Philometor

200 v. Schlacht bei Paneion

201–200 v. sog. 5. Syrischer Krieg

204–180 v. Ptolemaios V. Epiphanes

217 v. Schlacht bei Raphia

221–217 v. sog. 4. Syrischer Krieg

221–204 v. Ptolemaios IV. Philopator

Ptolemäer

187–175v. Seleukos IV. Philopator

188 v. Friede von Apameia

190 v. Schlacht bei Magnesia

197 v. Sieg Roms über Philip V. von Makedonien

ca. 200–64 v. seleukidische Herrschaft

223–187 v. Antiochos III.

Seleukiden

1. H. 2. Jh. v. Onias III.

um 200 v. Simon II.

Oniaden

Tobiaden

260 Zeittafel

170 v. sog. 6. Syrischer Krieg

Ptolemäer

Seleukiden

163–162 v. Antiochos V. Eupator

164 v. Reichverweser Lysias

168 v. 2. Ägyptenfeldzug, Ultimatum Roms an Antiochos IV.

175–164 v. Antiochos IV. Epiphanes

Hellenisten

ca. 163 v. Flucht Onias IV. nach Ägypten

163–160 v. Alkimos

6. 12. 167 v. Weihung des Tempels an den Zeus Olympios

167 v. Eroberung Jerusalems

169 v. Eroberung Jerusalems

ca. 172–163 v. Menelaos

ca. 175–172 v. Jason

165 v. Sieg über Lysias 14. 12. 164 v. Tempelweihe

166–161 v. Judas

ca. 167 v. Beginn der makkabäischen Erhebung

Makkabäer/Hasmonäer

ca. 168 v. Hyrkan gest.

Tobiaden

Zeittafel

261

111–95 v. Antiochos IX. Kyzikenos

126–96 v. Antiochos VIII. Gryphos

129–126 v. Demetrios II.

138–129 v. Antiochos VII. Sidetes

145–140 v. Demetrios II.

150–145 v. Alexander Balas

162–150 v. Demetrios 1. Soter

Seleukiden

103–76 v. Alexander Jannai

104–103 v. Aristobul I.

135/34–104 v. Johannes Hyrkan

140 v. Simon Fürst, Hoherpriester und Heerführer

141 v. Eroberung der Akra

142–135/34 v. Simon

153 v. Jonathan Hoherpriester

161 v. Sieg über Nikanor 161 v. Niederlage des Bacchides 161–142 v. Jonathan

ca. 161 v. Freundschaftsvertrag mit Rom

Makkabäer/Hasmonäer

262 Zeittafel

31 v. Ermordung Hyrkans 29 v. Hinrichtung der Mariamme

30 v. Octavian bestätigt Herodes als König

36 v. Ermordung Aristobuls

40–37 v. Mattathias Antigonos

31 v.–14 n. Augustus

37 v. Eroberung Jerusalems

40–4 v. Herodes

31 v. Schlacht bei Actium

40 v. Parthereinfall

ab 42 v. Antonius und Octavian

44 v. Cassius in Syrien

Neuordnung Caesars

Herodes Statthalter von Galiläa

Phasael Statthalter von Judäa

47 v. Caesar in Syrien

63–40 v. Hyrkan II.

63 v. Eroberung Jerusalems

67–63 v. Aristobul II.

76–67 v. Salome Alexandra

Makkabäer/Hasmonäer

Restauration des Gabinius

Antipater Statthalter von Idumäa

Herodes

49 v. Beginn der Bürgerkriege in Italien

64 v. Pompejus besiegelt das Schicksal des seleukidischen Reiches

Römer

95–87 v. Demetrios III. Eukaeros

Seleukiden

Zeittafel

263

37–41 n. Gaius Caligula

14–37 n. Tiberius

Römer

37–41 n. Marullus

36–37 n. Marcellus

26–36 n. Pontius Pilatus

15–16 n. Valerius Gratus

12–15 n. Annius Rufus

9–12 n. Marcus Ambibulus

6–9 n. Coponius

6–41 n. prokuratorische Provinz

4v.–6 n. Archelaos

Judäa, Samaria, Idumäa

Herodes

39 n. an Agrippa I.

4 v.–39 n. Antipas

Galiläa, Peräa

4v. Reichsteilung

37 n. an Agrippa I.

34–37 n. zur röm. Provinz Syrien

4 v.–33/34n. Philip

Ituräa, Trachonitis Batanäa, Auranitis

4 v. Hinrichtung des Antipater

7 v. Hinrichtung von Alexander und Aristobul

28 v. Hinrichtung der Alexandra

Makkabäer/Hasmonäer

264 Zeittafel

68–69 n. Galba 69 n. Otho, Vitellus 69–79 n. Vespasian

54–68 n. Nero

41–54 n. Claudius

74–132 n. Periode von Javneh 74–ca. 80 n. Jochanan b. Zakkai

ab 74 n. prätorische Provinz

Schimon b. Gamliel I.

Patriarchen

61 n. Teile von Galiläa und Peräa

53 n. Gaulanitis, Trachonitis, Batanäa, Auranitis

50–92/93 n. Agrippa II. 50 n. Königtum von Chalkis

74 n. Fall Masadas

70 n. Fall Jerusalems

66–74 n. 1. Jüdischer Krieg

64–66 n. Gessius Florus

62–64 n. Albinus

60–62 n. Porcius Festus

52–60 n. Felix

48–52 n. Ventidius Cumanus

46–48 n. Tiberius Iulius Alexander

44–46 n. Cuspius Fadus

44–66 n. römische Provinz

41–44 n. Agrippa 1.

Römer

Zeittafel

265

117–138 n. Hadrian

115–117 n. Diasporaaufstände

98–117 n. Trajan

96–98 n. Nerva

81–96 n. Domitian

79–81 n. Titus

um 132 n. Q. Tineius Rufus

um 120 n. konsulare Provinz

um 117 n. Lusius Quietus

um 114 n. Tiberianus?

um 105–107 n. Q. Roscius Coelius Pompeius Falco

um 102/103–104/105 n. C. Iulius Quadratus Bassus

um 99/100–102/103 n. Atticus

um 93 n. Sex. Hermetidus Campanus

um 86 n. Cn. Pompeius Longinus

73/74–81 n. L. Flavius Silva

73/74 n. Lucilius Bassus

Römer

ca. 80–ca. 120 n. Gamliel II. (in Javne)

Patriarchen

266 Zeittafel

235–305 n. Soldatenkaiser

222–235 n. Severus Alexander

218–222 n. Elagabal

212 n. Constitutio Antoniana

211–217 n. Caracalla

193–211 n. Septimius Severus

193 n. 2. Vierkaiserjahr

180–192 n. Commodus

161–180 n. Marc Aurel

138–161 n. Antoninus Pius

Mitte 3. Jh. n. Jehuda II. (in Sepphoris und Tiberias)

ca. 217–230 n. Gamliel III. (in Sepphoris)

ca. 175–217 n. Jehuda ha-Nasi (in Bet Sche‘arim und Sepphoris)

ca. 140–ca. 175 n. Schimon b. Gamliel II. (in Uscha)

ca. 135–ca. 175 n. Periode von Uscha

ab 135 n. Sex. Iulius Severus

Patriarchen ca. 132–135 n. Bar Kokhba

132–135 n. Bar Kokhba-Aufstand

Römer

Zeittafel

267

408–450 n. Theodosius II.

395 n. Ost- und Weströmisches Reich

379–395 n. Theodosius 1.

375–378 (383) n. Valens und Gratian

Ende 4. Jh. Palaestina prima, secunda und tertia

380–391 n. das Christentum wird Staatsreligion

vor 429 n. Gamliel VI. Ende des Patriarchats

? Jehuda IV.

? Gamliel V.

363 n. Beginn des Tempelbaus

361–363 n. Julian

364–375 n. Valentinian I.

Mitte 4. Jh. n. Hillel II. 358 n. Kalenderreform

ca. 280–320 n. Jehuda III.

Mitte 3. Jh. n. Gamliel IV. (in Tiberias)

Patriarchen

337–361 n. Konstantius II.

324–337 n. Konstantin d. Gr.

284–305 n. Diocletian

Römer/Byzanz

268 Zeittafel

610–641 n. Heraclius

602–610 n. Phokas

582–602 n. Mauricius

565–578 n. Justin II.

527–565 n. Justinian I.

518–527 n. Justin I.

476 n. Ende des Weströmischen Reiches

Byzanz

638 n. Eroberung Jerusalems durch die Araber

617 n. Rückgabe Jerusalems an die Christen

614 n. Eroberung Jerusalems durch die Perser

Perser

Zeittafel

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Personenregister

Abba Arikha s. Rav Agrippa s. (M.) Vipsanius Agrippa Agrippa I. 117, 123, 125, 126, 132, 137–139, 142, 153, 241, 254, 264 Agrippa Il. 116, 130, 139, 143–146, 265 Albinus (Prokurator) 143, 144 Alexander d. Große 1–10, 14, 31, 78, 237, 253, 259 Alexander (Sohn Aristobuls II.) 96– 98 Alexander (Sohn des Herodes und der Mariamme I.) 117, 118, 264 Alexander (Zelot) 141 Alexander Balas 67, 69, 72, 79, 262 Alexander Jannai 77–80, 84, 88–94, 97, 262 Alexander Zabinas 81, 82 Alexandra (Hasmonäerin) 112, 113, 116 Alkimos (Hoherpriester) 63, 65, 66, 68, 261 Alypius (röm. Beamter) 221, 222 (M.) Ambibulus (Prokurator) 130, 264 Ambrosius (Bischof) 223 Ananias (jüd. Feldherr) 90 Ananias (Hoherpriester) 145, 146 Ananos b. Ananos (Hoherpriester) 143, 151 Anastasius (byz. Kaiser) 228 Andreas (Aufstandsführer) 171 Andromachos (Statthalter in Samaria) 6

Andronikos (Minister Antiochos’ IV.) 47 Andronikos (Kommissar in Samaria) 49 Annius Rufus (Prokurator) 131, 264 Antigonos (Sohn Aristobuls II.) 96– 99, 103–105, 112, 263 Antigonos Monophtalmos 10–13 Antigonos von Socho 162 Antiochos II. Theos 22, 39 Antiochos III. Megas 19, 23, 25–27, 29–32, 34, 35, 37–40, 45, 49, 70, 71, 260 Antiochos IV. Epiphanes 29, 42, 47– 49, 52, 54, 55, 58–60, 62, 63, 67, 81, 84, 94, 104, 119, 175, 176 Antiochos V. Eupator 59, 60, 62–64 Antiochos VI. Epiphanes Dionysos 72, 73 Antiochos VII. Euergetes Sidetes 77, 81–83 Antiochos VIII. Gryphos 82, 91 Antiochos IX. Philopator Kyzikenos 82, 83 (Herodes) Antipas (Sohn des Herodes und der Malthake) 111, 121–125, 129, 132, 148 Antipater (Vater des Herodes) 93, 98–102, 106 Antipater (Sohn des Herodes und der Doris) 117, 118 Antoninus Pius 174, 194, 200, 212 (M.)Antonius 101, 102, 105, 111, 112, 114–116 Apollonios (dioike¯te¯s) 16, 19–21

308

Personenregister

Apollonios (sel. Statthalter) 41, 69 Apollonios (Mysarch) 50, 51, 53 Apollonios (sel. Feldherr) 59 (R.) Aqiva 87, 170, 178, 179, 185 Arcadius (byz. Kaiser) 224 Archelaos (Sohn des Herodes und der Malthake) 117, 121, 122, 126, 130, 132, 136 Aretas III. 90, 93, 94, 99 Aretas IV. 124 Aristobul I. 89, 90 Aristobul II. 93–95, 97, 98 Aristobul (Bruder der Mariamme, Hoherpriester) 112, 113, 115 Aristobul (Sohn des Herodes und der Mariamme I.) 117, 118, 124, 125 Arsinoë (Schwester Ptolemaios’ IV.) 27 Artemion (Aufstandsführer) 171 Athronges (Aufstandsführer) 121 Augustus (Octavian) 102, 105, 114– 118, 121–123, 126, 205 Azarja (makk. Feldherr) 61 Bacchides (sel. Feldherr) 65–67 Bar Kokhba 158, 168, 170, 173, 175–188, 192–197, 210, 212, 215, 220 Bar Kosiba (Koziba) s. Bar Kokhba Ben Aflul 185 Ben Kosiba (Koziba) s. Bar Kokhba Berenike (Tochter Ptolemaios’ II.) 22 Berenike (Schwester Agrippas II.) 139, 146 Bessos (pers. Statthalter) 8 Brutus (Mörder Caesars) 102 Caesar 98–101, 105, 109 Caligula 123, 125, 130–132 Caracalla 200, 213

(C.) Cassius (Mörder Caesars) 101, 102 Cestius Gallus (röm. Statthalter) 147, 148, 153 Chananel (Hoherpriester) 112, 113 (R.) Chanina 209 (R.) Chanina b. Chama 199, 202 (R.) Chijja 201 Chisqija (Sohn R. Chijjas) 201 Chosroes II. 230, 233 Claudius 127, 132, 139, 141 Coponius (Prokurator) 130, 132 Cuspius Fadus (Prokurator) 130, 140 Darios 3 Demetrios I. 58, 63, 65, 67, 69–71 Demetrios II. 58, 69–73, 75, 78, 79, 81, 83 Demetrios III. 91 Demetrios Poliorketes 10–12 Dhu-Nuwas 226 Diokletian 209 Domitian 155, 174 Doris (1. Frau des Herodes) 117 Drusilla (Tochter Agrippas I.) 142 El‘azar (Makkabäer) 57, 64 El‘azar (Pharisäer) 84 El‘azar (Tempelhauptmann) 145– 147 El‘azar (Priester) 187–188 (R.) El‘azar 164–165 El‘azar b. Chitta 185 El‘azar b. Dinai (Zelot) 141 El‘azar b. Jair (Zelot) 137, 155 El‘azar b. ha-Schiloni 183 El‘azar b. Simon (Zelot) 134, 153 (R.) El‘azar ha-Moda‘i 178 (R.) Eli‘ezer 166 Epikrates (sel. Feldherr) 82 Euagrius (röm. Beamter) 215

Personenregister

Eupolemos b. Johannes (jüd. Gesandter) 64 Ezekias/Hiskia (Hoherpriester) 12 Ezekias/Hiskia (Zelot) 101, 121, 133, 137 Felix (Prokurator) 141–143 Flavius Silva (röm. Statthalter) 155 Gabinius (röm. Statthalter) 94, 97– 99, 110, 111 Gallus (Caesar) 217–219 Gamliel I. 162, 167, 168 Gamliel II. 168–170, 199 Gamliel III. 199, 202 Gamliel VI. 224, 225 Gessius Florus (Prokurator) 144, 145 Gorgias (sel. Feldherr) 59, 61 Gratianus 222 Hadrian 5, 171, 173–176, 189–192, 194, 215 Heliodor (Minister Seleukos’ IV.) 40–42 Heraclius (byz. Kaiser) 230, 233 Herodes d.Große 88, 93, 97, 98, 101–123, 126–128, 131–133, 136– 138, 151, 158, 190 Herodes (Sohn des Herodes und der Mariamme II.) 117, 124 Herodes Antipas s. Antipas Herodes von Chalkis 130, 139 Herodias (Frau des Antipas) 124, 125 Hillel I. 162, 199 Hillel II. 211, 214, 220 Hillel b. Garis 183 Hiskia s. Ezekias Honorius 201 Hyrkan (Tobiade) 28–30, 41, 46, 48 Hyrkan I. s. Johannes Hyrkan I.

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Hyrkan II. 75, 92–101, 103–106, 114, 117 Jaddus (Hoherpriester) 3, 7 Jair (Zelot) 137 Jakob (Zelot) 130, 136, 137, 140 Jakob(us) (Bruder Jesus) 137, 143 Jannai s. Alexander Jannai (R.) Jannai 205 Jason/Jeschua (Hoherpriester) 38, 42–50, 71 Jason b. El‘azar (jüd. Gesandter) 64 Jehonatan b. Ba‘ajan 184 (R.) Jehoschua 166 Jehuda (Sohn R. Chijjas) 201 Jehuda b. Menasche 185 (R.) Jehuda ha-Nasi 162, 194, 195, 197, 199, 200, 202, 206, 209 Jeschua b. Galgula 185 Jesus b. Gamala (Hoherpriester) 151 Jesus b. Sapphias (Aufstandsführer) 149 Jesus von Nazareth 124, 130, 180 (R.) Jischma‘el 162, 170 (R.) Jochanan 193, 205–207 (R.) Jochanan b. Torta 179 Jochanan b. Zakkai 164–170 Johannes (Makkabäer) 57, 66 Johannes (Zöllner) 128 Johannes von Gischala (Zelot) 148, 150–155 Johannes Hyrkan I. 75–85, 89–91, 99 Johannes der Täufer 124 (R.) Jona 209 Jonathan (Makkabäer) 57, 66–73, 77–79, 112 Jonathan (Hoherpriester) 142 Josef (Tobiade) 24, 25, 28, 38, 102 Josef (makk. Feldherr) 61 Joseph (comes) 211

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Personenregister

Joseph b. Mattitiahu (Josephus) 147–149, 151, 154, 156– 158, 167 Judas (Makkabäer) 56–63, 65, 66 106 Judas (Sohn des Makkabäers Simon) 76 Judas der Galiläer (Zelot) 121, 132– 134, 136, 137, 140, 145, 155 Julian Apostata 218–222 Julius Severus (röm. Feldherr) 189, 191 Justin I. 226, 227 Justin II. 229 Justinian I. 226–229 Juvenal (Bischof) 226 Kallimander (sel. Feldherr) 82 Kendebaios (sel. Feldherr) 76 Kleopatra I. (Tochter Antiochos’ III.) 39 Kleopatra II. (Tochter Ptolemaios’ V.) 49 Kleopatra III. (Tochter Ptolemaios’ VI.) 90 Kleopatra Thea (Tochter Ptolemaios’ VI.) 69 Kleopatra VII. (Frau des M. Antonius) 111, 112, 114, 115 Kleopatra (5. Frau des Herodes) 117, 121 Konstans 215, 217 Konstantin I. 210–216, 219, 222, 223, 225, 230 Konstantin II. 215 Konstantius II. 215–219, 221–223 Kyros 231 Laodike (Frau Antiochos’ II.) 22 Laomedon (Satrap Syriens) 10 (R.) Levi 208 Levi b. Alphäus (Zöllner) 128, 129

Licinius 210 Lucilius Bassus (röm. Statthalter) 155 Lucullus (röm. Feldherr) 93 Lukuas (Aufstandsführer) 171 Lulianus/Julianus 172 Lusius Quietus (röm. Statthalter) 171, 172 Lysias (sel. Vizekönig) 59, 60, 62, 63 Lysimachos (Bruder des Menelaos) 47 Malichus (Idumäer) 102 Malthake (4. Frau des Herodes) 117, 121, 126 Manasse (Bruder des Hohenpriesters Jaddus) 3, 5 Marcellus (Prokurator) 131 Marcius Turbo (röm. Feldherr) 171, 172 Mariamme I. (Hasmonäerin, 2. Frau des Herodes) 104, 112, 115–118 Mariamme II. (3. Frau des Herodes) 117, 124 Marullus (Prokurator) 131 Masabala 184 Mattathias (Priester) 56–59 Mattathias (Sohn des Makkabäers Simon) 76 Mattathias Antigonos s. Antigonos Matthäus (Zöllner) 128 Mauricius (byz. Kaiser) 229, 230 (R.) Meir 193 Menachem (Zelot) 133, 137, 145– 147 Menelaos (Hoherpriester) 44, 46– 50, 52, 53, 55, 56, 60, 63, 68, 71 Menon (Statthalter in Samaria) 6 Mithridates I. 75 (R.) Natan 193 Nechemia b. Chuschiel 231, 233

Personenregister

Nehemia 4, 21 Nero 143, 148, 152 Nerva 174 Nikanor (sel. Feldherr) 59, 63 Nikaso (Tochter des Statthalters von Samaria) 3 Nikolaus von Damaskus 119 Obedas 90, 91 Octavian s. Augustus Onias I. 73 Onias II. 23, 24, 28, 37 Onias III. 38, 39, 41, 42, 46, 47, 63 Onias IV. 63 Pappus 172 Parmenion (Feldherr Alexanders) 1 Patricius (Aufstandsführer) 217, 218 Paulus (Apostel) 139 Perdikkas (Statthalter in Samaria) 6 Petronius (röm. Statthalter) 132 Petrus (Apostel) 137 Phanni b. Samuel (Hoherpriester) 150 Phasael (Bruder des Herodes) 101– 103 Pheroras (Bruder des Herodes) 118 Philip (Sohn des Herodes und der Kleopatra) 117, 121, 122, 125, 132, 139 Philip V. von Makedonien 30, 38 Philippos (Kommissar in Jerusalem) 49, 50, 62 Philo 132, 140 Phokas (byz. Kaiser) 229 Pilatus s. Pontius Pilatus Piso (röm. Legat) 95 Pompejus 38, 94–96, 98, 99, 111, 115 Pontius Pilatus (Prokurator) 124, 130, 131

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Popillius Laenas (röm. Legat) 49 Porcius Festus (Prokurator) 143 Ptolemaios (sel. Statthalter) 33, 36, 37 Ptolemaios (Schwiegersohn des Makkabäers Simon) 76, 81 Ptolemaios I. Soter 10–15, 17 Ptolemaios II. Philadelphos 16, 17, 19, 20, 22 Ptolemaios III. Euergetes 22–24, 27 Ptolemaios IV. Philopator 27, 28, 30 Ptolemaios V. Epiphanes 28, 30, 35, 39 Ptolemaios VI. Philometor 47, 49, 69 Ptolemaios VII./VIII. Euergetes II. Physkon 49, 75, 81 Ptolemaios VIII./IX. Lathyros Publicius Marcellus (röm. Statthalter) 90 Quirinus (röm. Statthalter) 128 Rav (Abba Arikha) 200 Resch Laqisch 207 Salome (Schwester des Herodes) 118, 120 Salome Alexandra 88, 90, 92, 93, 97, 98, 137 Sanballat I. 4 Sanballat II. 4 Sanballat III. 3–5 Scaurus (röm. Statthalter) 94, 95, 99 Schammai 162 Schim‘on s. auch Simon Schim‘on (Sohn des Jehuda haNasi) 199, 202 (R.) Schim‘on b. Abba 209 Schim‘on b. Gamliel I. 151, 162, 168 Schim‘on b. Gamliel II. 170, 190, 193, 194

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Personenregister

(R.) Schim‘on b. Jochai 178 Schim‘on b. Kosiba (Koziba) s. Bar Kokhba Schim‘on b. Schetach 91 Seleukos I. Nikator 10, 11, 17 Seleukos II. Kallinikos 22, 23 Seleukos III. Soter 26 Seleukos IV. Philopator 34, 39, 41, 42, 63 Septimius Severus 203, 205, 212 Seron (sel. Feldherr) 59 Simon s. auch Schim‘on Simon (Tempelvorsteher) 40–42, 46 Simon (Makkabäer) 57, 61, 72–81 Simon (Aufstandsführer) 121 Simon (Zelot) 130, 136, 137, 140 Simon II. (Hoherpriester) 37, 38, 46 Simon b. Gamliel s. Schim‘on b. Gamliel Simon bar Giora (Zelot) 135, 152– 155 Simon der Gerechte 162 Skopas (ptol. Feldherr) 30 Soaemus (Ituräer) 115 Sosius (röm. Statthalter) 104 Stephanus (kaiserl. Sklave) 141 Syllaeus (Nabatäer) 120 Tanchum b. Jischma‘el 184 Theodora (Frau Justinians I.) 227 Theodosius I. 222–224

Theodosius II. 224–226 Theodotos (ptol. Feldherr) 27 Theudas (Aufrührer) 130, 140 Tiberius 116, 123, 128 Tiberius Julius Alexander (Prokurator) 130, 137, 140 Tigranes (armenischer König) 92, 93 Tineius Rufus (röm. Statthalter) 189 Titus 139, 148, 152–155, 158 Tobias 20, 21, 23, 24, 41 Trajan 170–172 Trypho(n) (sel. Feldherr) 72, 73, 76, 77 Ursicinus (röm. Feldherr) 218 Valerius Gratus (Prokurator) 131 Varus (röm. Statthalter) 121 Ventidius Cumanus (Prokurator) 140, 141 Vespasian 139, 148- 150, 152, 155, 157, 158, 166, 167 (M.) Vipsanius Agrippa (Freund des Augustus und des Herodes) 116, 117 Zacchäus (Zöllner) 128 Zadoq (Pharisäer und Zelot) 134 Zenon (Beauftragter des Apollonios) 20, 21

Ortsregister

Actium 105, 114 Adasa 63 Adora (Adoraim) 82, 95, 97 Ägypten 2–4, 6, 10, 12–15, 17–22, 28, 30, 31, 35, 41, 43, 47–49, 55, 63, 69, 72, 81, 111, 112, 114, 127, 171, 189, 227, 233 Aelia Capitolina 174, 176, 192 Agrippium s. Anthedon Akko/Ptolemais 18, 20, 67, 69, 73, 90, 217, 233 Akrabata (Akrabeta) 107, 152 Alexandreion 67, 116 Alexandria 14, 16, 18, 24, 29, 47, 49, 99, 100, 115, 117, 132, 140, 152 Amathus 90, 97 Anthedon/Agrippium 90, 107, 115, 116 Antiochia 46, 47, 61, 63, 72, 77, 94, 98, 105, 219, 220 Antipatris 8, 116, 152 Apameia 39 Aphthia 150 Arados 1, 50 Araq el-Emir 20, 21, 29, 48 Arbela 104 Asdod/Azotus 61, 69, 76 Askalon 18, 25, 69, 72, 127, 169 Asophon (Asaphon) 90 Auranitis 107, 117, 122, 139 Azotus s. Asdod Baalbek 15 Babylon 9–11 Batanäa 107, 117, 121, 122, 139

Bene Baraq 170 Beror Chail 169 Besara s. Bet Sche‘arim Bet Anat 20 Bet Horon 59, 147 Bet Netofah 107 Bet Schean/Skythopolis 21, 25, 36, 73, 79, 82, 90, 226 Bet Sche‘arim 193, 194, 197–199, 218 Bet Zacharja 62 Bet Zur 59, 61, 62, 67, 72 Bethar 188, 190 Bethel 104, 152 Bethlehem 62, 118, 210 Bethsaida 123 Byblos 1 Byzanz 210, 226, 230, 233 Cäsarea (s. auch Stratonsturm) 20, 107, 115, 116, 126–129, 138, 143, 145, 157, 197, 211, 226, 229, 231 Cäsarea Philippi (s. auch Paneion) 123 Chalcedon 226 Coelesyrien s. Koilesyrien Damaskus 1, 15, 73, 82, 93, 94, 179, 230 Dekapolis 123, 226 Diocaesarea s. Sepphoris Diospolis s. Lydda Dium 92 Dok 76 Dor(a) 18, 77

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Ortsregister

Ekron 69, 79 Eleusis 49 Emmaus 59, 102, 107, 152, 158 En Gedi 19, 20, 107, 129, 184, 189, 190 Ephraim 70–72, 78, 152 Gaba 116 Gadara 90, 91, 97, 107, 115, 122 Galiläa 19, 20, 36, 61, 66, 71, 82, 89, 90, 95, 101, 102, 104, 107, 116, 121–124, 126, 129, 132–134, 136, 139, 147–150, 188, 189, 192, 193, 207, 210, 212, 226, 234 Gamala 92, 133, 150 Garis 149 Garizim 3–5, 7, 49, 82 Gaulana (s. auch Golan) 92 Gaulanitis (s. auch Golan) 92, 107, 121, 122, 133, 139, 150 Gaza 2, 10–12, 17, 18, 27, 72, 90, 107, 114, 115, 122 Gazara s. Gezer Gerasa 92 Gezer/Gazara 74, 76, 78, 83, 97 Gileaditis 92 Gischala 150 Golan (s. auch Gaulana, Gaulanitis) 210 Gophna 102, 107, 152 Hazor 72 Hebron 61, 152, 187, 188, 191 Hefzibah 36 Herodeion 107, 116, 118, 152, 155, 183 Hippos/Susita 107, 115, 122 Hyrkania 97, 116 Idumäa 59, 83, 93, 95, 97, 99, 104, 107, 109, 122, 126, 152 Ir Nachasch 183

Issos 1 Ituräa 89, 122 Jabne s. Javne Jaffa/Joppe 18, 27, 69, 73, 76, 78, 81, 83, 99, 100, 107, 115, 126 Jamnia s. Javne Javne/Jamnia 61, 152, 164–170, 193 Jericho 4, 20, 76, 79, 93, 95, 97, 107, 113–116, 127–129, 152, 188 Jerusalem 2, 3, 5, 7, 8, 12–14, 20, 23–27, 29, 30, 33–36, 38–51, 53– 56, 59–63, 65–68, 70, 72, 73, 81, 82, 85, 91, 94, 95, 97, 99, 101, 103–105, 107, 112, 116–121, 124, 126, 127, 129, 131, 132, 137, 138, 140–146, 150–153, 155, 157–159, 164–168, 174, 176, 186–189, 192, 194, 196, 210, 215, 217, 220, 221, 230, 231, 233, 234 Joppe s. Jaffa Jotapata 149, 150, 156, 167 Judäa 6, 8, 12, 13, 18, 19, 28, 35, 36, 39, 40, 43, 51, 53, 58, 59, 61–67, 69–76, 81, 82, 88, 94–105, 107, 114, 115, 121, 122, 126–130, 132, 133, 136, 155 157, 158, 167, 170– 172, 182, 187–189, 191, 193, 226 Julias 123 Kallinikon 223 Kallirhoë 118 Kapernaum 128, 129 Kefar Saba 8 Kilikien 77 Koilesyrien 10, 15, 22, 27, 30, 39, 69, 95, 101 Konstantinopel 211, 219, 228, 233 Kos 20 Kynoskephalai 38 Kypros (bei Jericho) 127 Kyrenaika 10, 171

Ortsregister

Laodicea 172 Leontopolis 63 Libyen 171 Lod s. Lydda Lugdunum 126 Lydda/Lod/Diospolis 70–72, 78, 102, 107, 152, 217, 218, 230 Machärus 97, 116, 124, 127, 152, 155 Madaba 82 Magnesia 39 Marathos 1 Marisa 27, 82, 107 Masada 103, 116, 133, 137, 145, 147, 152, 155, 156, 190 Mesopotamien 10, 171 Michmas 67 Modiin 57, 58, 65 Nachal Chever 190 Naukratis 16 Neapolis (s. auch Sichem) 152 Nizäa 214 Paneion/Paneas, Panias, Banjas (s. auch Cäsarea Philippi) 30, 31, 37, 121, 123 Panias s. Paneion Pella 92, 95 Pelle 107 Pelusion 47 Peräa 71, 95, 121–124, 126, 129, 139, 152, 226 Pergamon 39 Persien 75, 230–233 Petra 93, 226 Phasaëlis 111, 116 Phönikien 1, 10, 39 Pisidien 77 Ptolemais (in Ägypten) 16 Ptolemais s. Akko

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Pydna 49 Ragaba 92 Ramathaim 70–72, 78 Raphia 27–29, 90 Rhodos 114 Rom 38, 39, 42, 64, 72, 75, 82, 96, 98, 101, 103, 105, 106, 109, 112, 114, 117, 118, 121, 136, 137, 139– 141, 147, 148, 152, 154, 155, 157, 159, 167, 168, 170, 173, 178, 182, 206, 209, 211 Samaria/Sebaste 3, 4, 6, 7, 13, 21, 24, 30, 39, 54, 70, 71, 82, 83, 101, 104, 106, 107, 115, 116, 118, 122, 126, 127, 132, 152, 189, 226 Sebaste s. Samaria Seleukia 92 Sepphoris/Diocaesarea 97, 123, 148, 149, 176, 190, 217, 218, 230 Sichem 6, 54, 82, 91 Sidon 1, 15, 18, 100 Skythopolis s. Bet Schean Sparta 72, 73, 75 Stratonsturm (s. auch Cäsarea) 20, 115, 116 Sura 200 Syria Palaestina 192, 209 Syrien 1, 4, 6, 8, 10–13, 15, 17, 20, 22, 26, 59, 64, 67, 69, 73, 92, 95, 96, 99, 101, 104, 121–123, 127, 128, 132, 139, 147, 157, 172 189, 227, 230 Syrien und Phönikien 15, 18, 19, 24, 26, 28, 30–33 99, 114 Tabor 150 Tarichäa 150 Tekoa 184, 185 Tel Anafa 21 Thamna 102, 107

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Ortsregister

Tiberias 123, 138, 148–150, 176, 190, 197, 206, 217, 218, 230, 234 Trachonitis 107, 117, 121, 122, 139 Tyros 1–4, 6, 15, 18, 27, 45

Wadi ed-Daliyeh 4, 6, 188, 189 Wadi Murabba‘at 182 Wadi Qelt 116 Zypern 90, 171

Uscha 168, 193 Vienne 126