Geschäftsführung in der Personengesellschaft: Eine organschaftliche Tätigkeit im Interesse der Gesellschaft [1 ed.] 9783428543366, 9783428143368

Die Arbeit beschäftigt sich mit wirtschaftlich tätigen Außengesellschaften. Zunächst werden allgemeine Grundlagen der Ge

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Geschäftsführung in der Personengesellschaft: Eine organschaftliche Tätigkeit im Interesse der Gesellschaft [1 ed.]
 9783428543366, 9783428143368

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 262

Geschäftsführung in der Personengesellschaft Eine organschaftliche Tätigkeit im Interesse der Gesellschaft

Von

Daniel A. Spitze

Duncker & Humblot · Berlin

DANIEL A. SPITZE

Geschäftsführung in der Personengesellschaft

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 262

Geschäftsführung in der Personengesellschaft Eine organschaftliche Tätigkeit im Interesse der Gesellschaft

Von

Daniel A. Spitze

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Philipps-Universität Marburg hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-14336-8 (Print) ISBN 978-3-428-54336-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-84336-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2013 / 2014 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Johannes Wertenbruch, der die Anregung für das Thema der Arbeit gegeben und diese durch wertvollen Rat gefördert hat. Danken möchte ich außerdem Herrn Professor Dr. Markus Roth für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Dr. Thomas Lang, Herrn Andreas Storck und Herrn Guido Storck danke ich für die Durchsicht der Arbeit und ihre konstruktiven Ratschläge. Mein Vater, Dr. Peter A. Spitze, hat mich für die Juristerei begeistert und stand mir bei der Anfertigung dieser Arbeit von Beginn an interessiert und diskussionsbereit zur Seite. Ihm und meiner ganzen Familie, der diese Arbeit gewidmet ist, danke ich von Herzen für ihre stets bedingungslose Unterstützung. Alle weiteren Personen zu benennen, denen ich zu Dank verpflichtet bin, ist an dieser Stelle nicht möglich. Ihre Beiträge sind aber keinesfalls vergessen, und ich kann mich glücklich schätzen, sie um mich zu wissen. Frankfurt am Main, im August 2014

Daniel A. Spitze

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel Einleitung 19 A. Grundlagen der Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Personengesellschaften in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 II. Das klassische Leitbild der Personenaußengesellschaft . . . . . . . . . . . . . 21 III. Die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Ausgangspunkt und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Kapitel

Die organschaftliche Geschäftsführung 26

A. Begriff der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 I. Wortsinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II. Definition und Abgrenzung von Grundlagengeschäften . . . . . . . . . . . . . 26 III. Das Verhältnis von Geschäftsführung und Vertretung . . . . . . . . . . . . . . 28 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 B. Organschaftliche Geschäftsführung bei Personengesellschaften . . . . . . . 31 I. Theorien des Organhandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Organe bei Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 I. Grundlagen und Folgen des Grundsatzes der Selbstorganschaft . . . . . . 36 1. Gleichlauf von Herrschaft und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Keine Herrschaft ohne Haftung (Schutz des Rechtsverkehrs) . . . . 38 b) Keine Haftung ohne Herrschaft (Schutz der Gesellschafter) . . . . . 40 2. Keine Selbstentmachtung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 II. Ausnahmen vom Prinzip der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Liquidation der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. Besonderer Vertreter in liquidationsähnlichen Sonderlagen . . . . . . . . 44 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 III. Beteiligung von gesellschaftsfremden Dritten an der Geschäftsführung . . 46 1. Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben auf Dritte . . . . . . . . . . 46

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Inhaltsverzeichnis 2. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnisse des Dritten . . . . . . . . . 3. Sonderfall: Der Beirat in der Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonderfall: Publikumspersonengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kritische Auseinandersetzung mit dem Prinzip der Selbstorganschaft. .

48 51 52 53 53

D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3. Kapitel

Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

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A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 B. Grundlagen der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 II. Pflicht zur und Recht auf Geschäftsführung, § 114 HGB . . . . . . . . . . . 58 III. Grenzen der Verpflichtung zur Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 IV. Sorgfaltsmaßstab bei der Geschäftsführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Gesetzliche Regelung des Sorgfaltsmaßstabes in § 708 BGB . . . . . . 62 2. Sorgfaltsmaßstab bei organschaftlichen Tätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . 63 a) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Unanwendbarkeit des § 708 BGB bei organschaftlichen Aufgaben nach Wiedemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 c) Kritische Auseinandersetzung mit Wiedemanns Auffassung . . . . . 64 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3. Ausnahmen von § 708 BGB bei der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . 66 a) Publikumspersonengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 b) Handeln im Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 aa) Problemstellung und Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 bb) Unanwendbarkeit im Bereich des Straßenverkehrs . . . . . . . . 68 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 V. Weitere Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter . . . 70 VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 C. Das Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung . 71 I. Bindung an das Gesellschaftsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 II. Inhalt des Gesellschaftsinteresses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Der Gesellschaftszweck als Grundlage für das Gesellschaftsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand . . . . . . . . . . . . 75 b) Die Bestimmung des Gesellschaftszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 III. Die Festlegung des Gesellschaftsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79



Inhaltsverzeichnis11 2. Das Gesellschaftsinteresse als Interesse der Mehrheit der Gesellschafter  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3. Die Gesellschaft als Träger eines von den Gesellschaftern unabhängigen Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4. Festlegung des Gesellschaftsinteresses durch die Gesamtheit der Gesellschafter  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 5. Gesellschaftsinteresse und Interesse der Gesellschaftergesamtheit . . . 82 a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 b) Bestandsinteresse als eigenständiges Gesellschaftsinteresse . . . . . 83 c) Trennung zwischen Gesellschaftsinteresse und Interesse der Gesellschaftergesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 6. Gesellschaftsinteresse bei unternehmenstragenden Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Verpflichtender Charakter des (Gesellschafts-)Unternehmens . . . . 86 b) Karsten Schmidts Konzept des Unternehmensbezuges . . . . . . . . . 89 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 IV. Bestimmung des Gesellschaftsinteresses bei der Geschäftsführung durch den einzelnen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 V. Sonderfall: Festlegung des Gesellschaftsinteresses durch die Mehrheit der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 4. Zulässige Wege der Zweckänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Direkte Zustimmung aller Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Zustimmungspflicht zur Änderung des Gesellschaftszwecks . . . . 103 c) Antizipierte Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Wirksamkeitsvoraussetzungen einer antizipierten Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (1) Erste Stufe: Formelle Legitimation (Ermächtigungsgrundlage). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (2) Zweite Stufe: Inhaltliche Wirksamkeitsprüfung . . . . . . . . 107 bb) Informationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 VI. Sonderfall: Konkludente Zweckänderung und Schriftformklauseln . . . . 108 VII. Zwischenergebnis und Rückschlüsse für die weitere Untersuchung . . . 111

D. Inhalt und Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB . . 112 I.  Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Gewöhnliche und außergewöhnliche Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Auswirkungen des § 707 BGB auf die Abgrenzung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 IV. Erteilung von Prokura nach § 116 Abs. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120

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Inhaltsverzeichnis 1. Regelungsinhalt des § 116 Abs. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Kein Recht auf Neuerteilung nach Widerruf der Prokura . . . . . . . . . 121 a) Problemstellung und Gegenansicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Ermächtigung zur Beschränkung der Prokura . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4. Widerrufsmöglichkeit bei einer über § 49 HGB hinausgehenden Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 V. Sonderfall: Einordnung von zweckfremden Maßnahmen . . . . . . . . . . . . 124 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Abhängigkeit der Qualifikation als Geschäftsführungsmaßnahme von der subjektiven Einschätzung des Gesellschafters . . . . . . . . . . . 125 VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Die Einzelgeschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 III. Der Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Zweck und Grundlagen des Widerspruchsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Formelle Voraussetzungen eines wirksamen Widerspruchs . . . . . . . . 132 a) Zeitpunkt und Form der Widerspruchserhebung . . . . . . . . . . . . . . 132 b) Pflicht zur nachträglichen Begründung des Widerspruchs . . . . . . 133 aa) Problemstellung und Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Begründungspflicht des Widersprechenden . . . . . . . . . . . . . . 134 c) Folgen des Unterlassens einer ausreichenden Begründung . . . . . . 136 aa) Fehlen einer gesetzlichen Regelung bei Begründungsverweigerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 d) Sonderfall: Widerspruch nach Vornahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) Problematik der Möglichkeit eines nachträglichen Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 bb) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 cc) Andauernde Bindung an das Gesellschaftsinteresse  . . . . . . . 139 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 3. Gegenstand des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4. Folgen eines wirksamen Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Grundsätzlich keine Außenwirkung eines Widerspruchs . . . . . . . . 147 b) Ausnahmsweise Außenwirkung eines Widerspruchs . . . . . . . . . . . 149 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 5. Pflichtwidriger Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 6. Sonderfall: Widerspruch trotz vorheriger Zustimmung . . . . . . . . . . . 155 a) Keine Bindung an einen erhobenen Widerspruch . . . . . . . . . . . . . 155



Inhaltsverzeichnis13 b) Meinungsstand zur Bindung an eine erteilte Zustimmung . . . . . . 156 c) Möglichkeit eines im Gesellschaftsinteresse liegenden Widerspruchs trotz vorheriger Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 7. Informationspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 IV. Kollision von widersprechenden Geschäftsführungshandlungen . . . . . . 162

F. Abweichende Vereinbarungen zur Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . 162 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 II. Gesamtgeschäftsführung durch alle Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 III. Geschäftsführung durch einen Teil der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . 165 G. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB . . . . 165 I. Grundlagen der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . 165 II. Voraussetzungen für die Entziehung nach § 117 HGB . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Wichtiger Grund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Grobe Pflichtverletzung als wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung als wichtiger Grund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Kein milderes Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 III. Wirkung des Entziehungsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Entziehung der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . 173 2. Keine automatische Neugestaltung der Geschäftsführungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 3. Reichweite der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . 174 H. Kündigung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 I. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 4. Kapitel

Die Geschäftsführung bei der Gesellschaft b ­ ürgerlichen Rechts 179

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 B. Grundlagen der Geschäftsführungsbefugnis bei der GbR . . . . . . . . . . . . 181 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 II. Der Grundsatz der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 III. Sonderfall: Bestimmung des Gesellschaftsinteresses durch die Mehrheit der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 IV. Inhalt und Umfang der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . 182 V. Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter gemäß § 713  BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 C. Art der Geschäftsführung bei der GbR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 II. Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip gemäß § 709 Abs. 1  BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

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Inhaltsverzeichnis 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Die Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . 184 3. General- und Gattungszustimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Problematik der Reichweite antizipierter Zustimmungen . . . . . . . 185 b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 4. Sonderfall: Bindung an eine erteilte Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . 187 5. Verweigerung der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 6. Begründungspflicht bei Verweigerung der Zustimmung . . . . . . . . . . 189 7. Pflichtwidrige Zustimmungsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Problematik der pflichtwidrigen Zustimmungsverweigerung . . . . 190 b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 c) Regelmäßiges Bestehen eines Klageerfordernisses . . . . . . . . . . . . 192 8. Ausnahmen vom Einstimmigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 b) Notgeschäftsführung analog § 744 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . 194 c) Gefahr im Verzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 aa) Analogie zu § 115 Abs. 2 a. E. HGB bei Gesamtgeschäftsführung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 bb) Fehlen einer vergleichbaren Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . 197 d) Verweigerung der Begründung für das Versagen der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 aa) Problemstellung und Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 bb) Kein Klageerfordernis bei Begründungsverweigerung . . . . . . 199 e) Übertragung von Einzelgeschäftsführungsbefugnis auf einzelne Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 f) Alltägliche Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 g) Interessenkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 aa) Selbstbetroffenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 bb) Betroffenheit nahestehender Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (1) Vergleichbare Konfliktsituation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (2) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (3) Einbeziehung nahestehender Personen . . . . . . . . . . . . . . . 204 h) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 III. Gesamtgeschäftsführung nach dem Mehrheitsprinzip, § 709 Abs. 2 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 IV. Geschäftsführung durch einen Teil der Gesellschafter nach § 710 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 V. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht bei der GbR nach § 711  BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Außenwirkung eines Widerspruchs bei der GbR . . . . . . . . . . . . . . . . 208 a) Einfluss des § 714 BGB auf die Wirkung des Widerspruchs . . . . 208



Inhaltsverzeichnis

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b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Identische Wirkung des Widerspruchs bei GbR und OHG . . . . . . 209 3. Analoge Anwendung von § 116 Abs. 2 HGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 a) Problemstellung und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 b) Vorliegen der Analogievoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 D. Sonderfall: Auswirkungen des Formwechsels einer OHG oder KG in eine GbR auf die Geschäftsführungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Problem der Fortwirkung der ursprünglichen Geschäftsführungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 II. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 III. Ergänzende Vertragsauslegung nach unterschiedlicher Interessenlage . . . 215 E. Analoge Geltung der OHG-Geschäftsführungsregelungen bei ­unternehmenstragenden BGB-Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. Ungeeignetheit der Gesamtgeschäftsführung für ­unternehmenstragende BGB-Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 II. Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 F. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführung ­gemäß § 712 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 I. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 712 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 1. Voraussetzungen der Entziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Regelungsgegenstand des § 712 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) Beschränkung des Wortlauts auf die übertragene ­Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 c) Keine Anwendung des § 712 Abs. 1 BGB auf die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Wirkung der Entziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Kündigung der Geschäftsführung nach § 712 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . 227 1. Voraussetzungen der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 2. Regelungsgegenstand des § 712 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Problemstellung und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 b) Keine Beschränkung auf die vertragliche Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 3. Wirkung der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 G. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

16

Inhaltsverzeichnis 5. Kapitel



Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

235

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 B. Grundfall der Geschäftsführungsbefugnis bei der KG . . . . . . . . . . . . . . . 236 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 II. Geschäftsführungsrechte der Kommanditisten nach § 164 Satz 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1. Zustimmungserfordernis bei außergewöhnlichen Maßnahmen . . . . . 237 2. Pflichtwidrige Zustimmungsverweigerung durch einen Kommanditisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 a) Klageerfordernis versus Handlungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 b) Kein Klageerfordernis bei der KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 3. Weitere Rechte und Pflichten der Kommanditisten . . . . . . . . . . . . . . 240 III. Bedeutung des § 164 Satz 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 C. Übertragung weiterer Geschäftsführungsbefugnisse auf die Kommanditisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 I. Beteiligung der Kommanditisten an der Geschäftsführung . . . . . . . . . . 243 II. Möglichkeit der alleinigen Geschäftsführung durch die Kommanditisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . 244 2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 3. Unabdingbares Widerspruchsrecht der Gesamtheit der Komplementäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 D. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführungsbefugnis bei der KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 6. Kapitel

Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

252

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft . . 253 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 II. Bindung an das Berufsrecht nach § 6 Abs. 1 PartGG . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Auswirkungen des Berufsrechts auf die Ausgestaltung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254



Inhaltsverzeichnis17 3. Weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Ausgestaltung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 III. Grenzen von abweichenden vertraglichen Vereinbarungen nach § 6 Abs. 2  PartGG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 IV. Pflicht zur aktiven Teilnahme an der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . 259 1. Problematik der zwingenden Teilnahme an der Geschäftsführung . . 259 2. Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3. Keine zwingende Pflicht zur Teilnahme an der Geschäftsführung . . 261 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

C. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . 266 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 7. Kapitel Gesamtergebnis 269 A. Allgemeine Grundlagen der Geschäftsführung von Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 B. Ergebnisse zu den wesentlichen Einzelproblemen der verschiedenen ­Gesellschaftsformen in Thesenform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I. Die Offene Handelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 III. Die Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 IV. Die Partnerschaftsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

1. Kapitel

Einleitung A. Grundlagen der Personengesellschaften I. Personengesellschaften in Deutschland Im deutschen Recht wird grundlegend zwischen zwei Gesellschaftsarten unterschieden, den Personengesellschaften und den juristischen Personen (insbesondere Kapitalgesellschaften).1 Bei den Personengesellschaften steht die Personenbezogenheit im Vordergrund, während für die juristischen Personen die Verselbständigung der Gesellschaft (bei den Kapitalgesellschaften auch die Kapitalbezogenheit) prägend ist.2 Die Gesellschafter einer Personengesellschaft sind Träger von Rechten und Pflichten und haften (abgesehen von den Kommanditisten) unbegrenzt akzessorisch3 für die Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft. Das Einstehen mit dem gesamten Privatvermögen fördert das Vertrauen in die Personengesellschaften und macht eine Kapitalbindung überflüssig. Grundsätzlich besteht freie Rechtsformwahl, so dass die Gesellschaftsform nach den Anforderungen der Gründer ausgewählt werden kann. Eine Einschränkung ergibt sich jedoch aus der beschränkten Anzahl der zur Verfügung stehenden Rechtsformen (so genannter „numerus clausus“). Gleichwohl existiert eine gewisse Gestaltungsfreiheit, die individuelle Anpassungen und Annäherungen zwischen den Gesellschaftsformen ermöglicht. Darüber hinaus sind Kombinationen (z. B. GmbH & Co. KG) zulässig und in der Praxis üblich. Liegen allerdings die Voraussetzungen einer bestimmten Gesellschaftsform nicht mehr vor, ist ein Formwechsel (oder die Auflösung) die zwingende Folge. Einfacher zu gründen und flexibler handzuhaben sind Personengesellschaften. Eine GbR kann formfrei gegründet werden. Infolgedessen existie1  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 3 I 2 a, S. 46; vgl. auch Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 2 Rn. 12 („Personengesellschaften und Vereine“); Trautrims, Kollisionsrecht, S. 9; Milas, MLR 2013, 15, 15. 2  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 3 I 2 a, S. 46. 3  BGH Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341, 358; siehe auch K.  Schmidt, NJW  2001, 993, 998 f.; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 41.

20

1. Kap.: Einleitung

ren viele so genannte „Gelegenheitsgesellschaften“ (etwa Fahrgemeinschaften), deren Mitglieder sich ihrer Gesellschafterstellung nicht bewusst sein müssen. In der Regel handelt es sich dabei um reine Innengesellschaften, die nicht am Rechtsverkehr teilnehmen und als bloße Schuldverhältnisse zu qualifizieren sind.4 Die genaue Anzahl der Personengesellschaften kann aus diesem Grund nicht erfasst werden.5 4  MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 34; Flume, Personengesellschaft, S. 5; Schücking, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 4 Rn. 15 f.; Trautrims, Kollisionsrecht, S. 9. 5  Um dennoch eine grobe Vorstellung über die Verteilung der Gesellschaftsformen zu erhalten, können die Zahlen der umsatzsteuerpflichtigen Gesellschaften verglichen werden. Im Jahr 2007 waren in Deutschland 395.815 Personengesellschaften und 465.849 Kapitalgesellschaften mit Lieferungen und Leistungen von über 17.500 Euro umsatzsteuerpflichtig. Insbesondere die GmbH macht mit einer Anzahl von 458.218 ihrem Ruf als „beliebteste“ Gesellschaftsform Deutschlands alle Ehre. Die nächsten Plätze belegen die GbR (188.486), die KG (etwa 133.000, davon fast 112.000 GmbH & Co. KG) und die OHG (ca. 18.000). Die 7.631 Aktiengesellschaften stellen zwar nur einen Bruchteil der Kapitalgesellschaften, als typische Organisationsform von Großunternehmen haben sie allerdings eine erhebliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung. Daneben etabliert sich langsam die SE als Gesellschaftsform für Großunternehmen, allerdings lag die Zahl im Jahr 2007 lediglich bei 27, sie dürfte aber seitdem gestiegen sein. Bekannte Vertreter dieser Gesellschaftsform sind etwa die Allianz SE, die BASF SE und die Porsche Automobil Holding SE. Die 26 Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen haben hingegen kaum eine Bedeutung – Angaben des Statistischen Bundesamtes über steuerpflichtige Gesellschaften mit Lieferungen und Leistungen über 17.500 Euro im Jahr 2007. Auf Anfrage beim Statistischen Bundesamt zu erhalten (siehe auch http://www. destatis.de). An der Spitzenstellung der GmbH ändert sich interessanterweise auch dann nichts, wenn man die Gesamtübersicht der eingetragenen Rechtsformen in Deutschland der Industrie- und Handelskammer Berlin zu allen eingetragenen Rechtsformen betrachtet. Mit Stand Februar 2009 waren in Deutschland 27.703 Offene Handelsgesellschaften (ca. 50% Steigerung gegenüber der Anzahl der umsatzsteuerpflichtigen Offenen Handelsgesellschaften), 228.397 Kommanditgesellschaften (ca. 70% Steigerung) und 222 Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen (eine Steigerung von etwa 750%, die aber aufgrund der sehr geringen Anzahl von umsatzsteuerpflichtigen Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen nicht überbewertet werden darf) im Handelsregister eingetragen. Bei den Kapitalgesellschaften ist die Steigerung deutlich höher. Es gab 16.406 Aktiengesellschaften (ca. 115% Steigerung) und 984.316 Gesellschaften mit beschränkter Haftung (also trotz der ohnehin hohen Anzahl noch eine Steigerung von ebenfalls fast 115%). Eine Erklärung mag darin zu finden sein, dass es bei den Kapitalgesellschaften eine hohe Anzahl von – nicht umsatzsteuerpflichtigen – Vorrats- bzw. Mantelgesellschaften gibt. Seitdem die Aktivierung einer Mantelgesellschaft wie eine (wirtschaftliche) Neugründung behandelt wird, sind diese jedoch weniger interessant geworden. Mit der Einführung der UG dürfte die Zahl der GmbH-Gründungen allerdings stark angestiegen sein. Einen großen Anteil stellen auch die knapp 155.000 Komplementär-Gesellschaften mit beschränkter Haftung einer GmbH & Co. KG. Naturgemäß liegen der IHK keine



A. Grundlagen der Personengesellschaften21

Der Bereich der Geschäftsführung spielt für die Gesellschafter konkludent gegründeter Gelegenheitsgesellschaften regelmäßig keine Rolle, denn die Gesellschaft existiert ebenso unbemerkt, wie sie entstanden ist. In der Praxis relevanter und in der Wissenschaft intensiver diskutiert sind wirtschaftlich tätige Außengesellschaften. Für diese ist die Geschäftsführung von entscheidender Bedeutung. Dies gilt nicht nur für Aktiengesellschaften, deren Vorstände im Rahmen von großen, medial begleiteten Hauptversammlungen entlastet werden wollen und den Anteilseignern Rede und Antwort stehen müssen, sondern ebenso für wirtschaftlich tätige Personengesellschaften. Die Wissenschaft hat sich bei den Personengesellschaften vor allem mit dem Außenverhältnis beschäftigt, während das Innenverhältnis im Vergleich eher vernachlässigt wurde. Das hängt wohl mit der Zurückhaltung des Gesetzgebers in diesem Bereich und der weitgehenden Gestaltungsfreiheit durch die Gesellschafter zusammen.6

II. Das klassische Leitbild der Personenaußengesellschaft Ob es heute noch ein einheitliches Leitbild der Personenaußengesellschaft gibt, ist vor dem Hintergrund von Publikumspersonengesellschaften und der Etablierung von Mischformen, wie der GmbH & Co. KG, fraglich. Jedenfalls trägt die enorme Gestaltungsfreiheit im Recht der Personengesellschaften dazu bei, dass sich die Praxis von der ursprünglichen Grundform der Personengesellschaft entfernt. Der Gesetzgeber ging von einem kleinen zu einer Arbeits- und Haftungsgemeinschaft zusammengeschlossenen Personenkreis aus,7 welcher einen gemeinsamen Zweck verfolgt.8 Personengesellschaften sind vertragliche Zweckgemeinschaften.9 In den Motiven zum Zahlen für die GbR vor. Gleichwohl kann davon ausgegangen werden, dass aufgrund der zahlreichen unbewusst gegründeten Gelegenheitsgesellschaften die GbR die mit Abstand häufigste Gesellschaftsform Deutschlands ist. 6  Ebenso K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 2. 7  MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 1; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn, § 105  HGB Rn. 4; Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 119 HGB Rn. 4; Priester, DStR  2007, 28, 29; Kübler / Assmann, § 3 I, S. 23. 8  Mugdan II, S. 330, 336 f.; Flume, Personengesellschaft, S. 38 f.; MünchKommBGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 5 ff.; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, Einl. v. § 105 HGB Rn. 1; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 1; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105  HGB Rn. 12; Soergel / Hadding / Kießling, vor  § 705  BGB Rn. 1, 7; RGRK / von Gamm, vor § 705  BGB Rn. 1; Erman / H. P. Westermann, vor  § 705  BGB Rn. 1; Palandt / Sprau, § 705 BGB Rn. 1. 9  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 1 I 1, S. 4; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 I 2 b, S. 60; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 258; RGRK / von Gamm, vor § 705 BGB Rn. 1; Erman / H. P. Westermann, vor  § 705  BGB Rn. 1.

22

1. Kap.: Einleitung

Bürgerlichen Gesetzbuch heißt es: „Aus der Gemeinsamkeit des vereinbarten Zweckes folgt, daß im Wesen der Gesellschaft die Anteilnahme eines jeden Gesellschafters an diesem Zwecke liegt.“10 Grundsätzlich sind Personengesellschaften personalisiert und abhängig von ihren Mitgliedern.11 Es besteht eine enge Verbundenheit sowie wechselseitiges Vertrauen zwischen den Mitgliedern12. Daraus erwächst eine wechselseitige Treuepflicht der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft,13 so dass die Interessen der Mitgesellschafter und der Gesellschaft zu berücksichtigen sind14. Der Inhalt der Treuepflicht kann nicht allgemein festgelegt werden, sondern passt sich den jeweiligen Umständen und Interessen an.15 Die Personengesellschaften sind außerdem Gesamthandsgemeinschaften.16 Zusammengefasst entspricht diesem Leitbild ein kleiner Kreis einander vertrauenden Personen, die sich zu einer gesamthänderischen Gemeinschaft 10  Mugdan

II, S. 332. II, S. 343; RG Urt. v. 17.6.1902 – Rep. III. 52 / 02, RGZ 52, 35, 37; MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 2; Grunewald, Unternehmenswirtschaft, 35, 36; Palandt / Sprau, § 705 BGB Rn. 4. 12  Mugdan II, S. 330, 343; RG Urt. v. 17.6.1902 – Rep. III. 52 / 02, RGZ 52, 35, 37; Urt. v. 18.1.1934 – IV 369 / 33, RGZ 143, 212, 215; BGH Urt. v. 4.7.1977 – II ZR 150 / 75, WM  1977, 1221, 1222; Urt. v. 15.11.1982 – II ZR 62 / 82, NJW 1983, 1056, 1058; MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 3; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 1 I 1, S. 4; Grunewald, Unternehmenswirtschaft, 35, 39; siehe auch Ballerstedt, JuS 1963, 253, 257. 13  MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 7; Grunewald, Unternehmenswirtschaft, 35, 40; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 1 I 1 a, S. 7; Palandt /  Sprau, § 705 BGB Rn. 27; Ballerstedt, JuS  1963, 253, 258; Märtens, in: Ebenroth /  Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 20; Soergel / Hadding / Kießling, vor § 705 BGB Rn. 23; RGRK / von Gamm, § 705 BGB Rn. 17; Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162, 166; P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 34. 14  A. Hueck, ZGR 1972, 237, 240; Grunewald, Unternehmenswirtschaft, 35, 40; Märtens, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 20; Michalski, NZG 1998, 460, 460; RGRK / von Gamm, § 705  BGB Rn. 17; Palandt / Sprau, § 705 BGB Rn. 27; Kübler / Assmann § 3 I 5, S. 24; Wiedemann, FS  Heinsius, 949, 949 f.; vgl. auch P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 34. 15  Grunewald, Unternehmenswirtschaft, 35, 40; Märtens, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109  HGB Rn. 20; RGRK / von Gamm § 705 BGB Rn. 17. Eine beispielhafte Aufzählung von sich aus der Treuepflicht ergebenden Handlungs- und Unterlassungspflichten findet sich bei Michalski, NZG 1998, 460, 460 f.; vgl. auch Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 109  HGB Rn. 13. 16  BGH Urt. v. 16.2.1961 – III ZR 71 / 60, BGHZ 34, 293, 296; MünchKommBGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 2; Staub / Schäfer § 105 HGB Rn. 41 f.; Werten­ bruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105 HGB Rn. 7; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 1 I 1, S. 4; Soergel / Hadding / Kießling, Vor § 705 BGB Rn. 20; RGRK / von Gamm, vor § 705 BGB Rn. 4; Kübler / Assmann § 3 I 4, S. 24; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 II 1, S. 1363 f.; Goette, FS Sigle, 145, 145; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  31. 11  Mugdan



A. Grundlagen der Personengesellschaften23

zusammengetan haben, um unter persönlicher Mitarbeit einen gemeinsamen Zweck zu erreichen.

III. Die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft Flume17 bezeichnet als Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft die sich aus dem Gesellschaftvertrag ergebende, alle Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander und zu der Gesellschaft umfassende Rechtsposition. Sie vereinige eine Fülle von Rechtsbeziehungen bzw. Rechtsverhältnissen und begründe zahlreiche Rechte und Pflichten. Flume unterteilt die Mitgliedschaft in drei Rechtskreise: Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander, eines jeden Gesellschafters zu der Gesellschaft und die Zugehörigkeit des Gesellschafters zu der die Gesellschaft bildende Personengruppe. Mangels einer entsprechenden Publizitätspflicht sind die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander, auch bei grundsätzlich handelsregisterpflichtigen Personengesellschaften, vor den Blicken Außenstehender geschützt.18 Obwohl die Verkehrssicherheit wichtig ist, gab der Gesetzgeber insofern dem Geheimhaltungsinteresse der Gesellschafter den Vorzug gegenüber dem Informationsinteresse Dritter.19 Über das Innenleben der Gesellschaft sollen Außenstehende nur das für sie unmittelbar Relevante erfahren (z. B. statuiert § 106 HGB gewisse Eintragungspflichten). Dagegen betreffen etwa Gewinnverteilung, Stimmrechte oder Aufgabenverteilung allein die Gesellschafter. Die persönlich haftenden Gesellschafter sollen prinzipiell ihr internes Verhältnis frei gestalten, da sie die Umstände und ihre einzelnen Stärken am besten kennen.20 Eine auf die konkrete Gesellschaft zugeschnittene Gestaltung der Geschäftsführung fördert den Erfolg und dient damit auch dem Interesse Dritter an einem handlungsfähigen, zuverlässigen und solventen Geschäftspartner. Diese Gestaltungsfreiheit ermöglicht erst die Gründung einer Vielzahl auf besondere Bedürfnisse zugeschnittener Gesellschaften. Dem Gesetzgeber wäre es unmöglich gewesen, allen Konstella­ tionen gerecht zu werden. Dennoch bestehen Regelungen für das Innenverhältnis eines jeden Gesellschaftstyps, falls vorrangige vertragliche Vereinbarungen fehlen. Dabei ist 17  Flume,

Personengesellschaft, S. 125 ff. Urt. v. 17.6.1902 – Rep. III. 52 / 02, RGZ 52, 35, 37; Merle, ZGR 1979, 67, 68; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 1. 19  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 1. 20  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 2; Grunewald, Unternehmenswirtschaft, 35, 43; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 12 f.; U. Schneider, ZGR 1972, 357, 362; A. Hueck, OHG Recht, § 6 I, S. 49. 18  RG

24

1. Kap.: Einleitung

die Beteiligung sämtlicher persönlich haftender Gesellschafter an der Geschäftsführung vorgesehen. Im Falle des vertraglichen Ausschlusses einzelner Gesellschafter sind wegen der persönlichen Haftung bestimmte – zum Teil unentziehbare – Informationsrechte und Kontrollmöglichkeiten statuiert. Die Gestaltungsfreiheit im Innenverhältnis hat also Grenzen.

B. Ausgangspunkt und Problemstellung Die gesetzliche Normierung der Geschäftsführung der Personengesellschaften ist relativ knapp ausgefallen (§§ 709–713 BGB, §§ 114–117, § 166 HGB, § 6 PartGG) und den Gesellschaftern wurde eine möglichst weite Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Insbesondere bei unternehmenstragenden Gesellschaften ist die Geschäftsführung erfolgsentscheidend. Gleichwohl wurden in den letzten Jahren von Rechtsprechung und Literatur vor allem die Einordnung der GbR und, nach dem Grundsatzurteil21 des Bundesgerichtshofes zur Rechts- und Parteifähigkeit, Haftungsfragen22 erörtert. Die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit sowie die steigende Anzahl unternehmenstragender BGB-Gesellschaften hat jedoch auch die Bedeutung der Geschäftsführung hervorgehoben.23 Vorrangig zu analysieren sind die allgemeinen Grundsätze für die Geschäftsführung der Personengesellschaften. Übergreifend für alle Personengesellschaften wird das Gesellschaftsinteresse als Maxime der Geschäftsführung angesehen.24 Der Begriff des „Gesellschaftsinteresses“ scheint zunächst selbsterklärend. Woraus sich das Interesse der Gesellschaft ergibt, wie es von den Geschäftsführern zu bestimmen ist oder wer sein Träger ist, lässt sich aus der Bezeichnung allerdings nicht herleiten. Für die Personengesellschaften enthält das Gesetz keine weiterführende Regelung. Ein eigenständiges, von den Gesellschaftern unabhängiges Interesse einer Personengesellschaft ist spätestens mit der nunmehr übergreifend anerkannten Rechts- und Parteifähigkeit aller Personengesellschaften vorstellbar geworden. Andererseits verfolgen die Personengesellschaften einen von den Gesellschaftern vorgegebenen Zweck, welcher mit dem Gesellschaftsinteresse im Zusammenhang steht. Dieser Zusammenhang und das Verhältnis zu den Interessen der einzelnen Gesellschafter ist zu klären. In Abhängigkeit davon ist zu 21  BGH

Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341 ff. Urt. v. 12.12.2005 – II ZR 283 / 03, NJW 2006, 765 f. 23  Scholz, NZG 2002, 153, 159. 24  Siehe etwa RG Urt. v. 12.11.1912 – Rep. II. 291 / 12, RGZ 80, 385, 391; MünchKomm-BGB / Schäfer § 709 Rn. 8; R. Fischer, NJW 1954, 777, 778; A. Hueck, FS  Hübner, 72 ff.; Schlegelberger / Martens § 114 HGB Rn. 15; Erman / H. P. Wester­ mann § 705 BGB Rn. 48. 22  BGH



B. Ausgangspunkt und Problemstellung

25

beantworten, wann ein Geschäftsführer die Pflicht, im Gesellschaftsinteresse zu handeln, verletzt, und ob es bei den Personengesellschaften etwas mit dem so genannten „Unternehmensinteresse“ der juristischen Personen Vergleichbares gibt. Trotz einheitlicher Grundlagen weisen alle Gesellschaftstypen Besonderheiten auf, die sich in der jeweiligen Geschäftsführungsregelung wiederfinden. Folglich können parallel auftretende Probleme unterschiedlich zu lösen sein. In der Gesetzesbegründung heißt es zu der unterschiedlich Ausgestaltung der Geschäftsführung bei GbR und OHG: „Das Prinzip des HGB hat sich für die Handelsgesellschaft geschichtlich entwickelt und steht mit dem wirtschaftlichen Zwecke, sowie dem daraus im Laufe der Zeit hervorgegan­ genen rechtlichen Wesen der Handelsgesellschaft im engsten Zusammen­ hange.“25 Die höchstrichterliche Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der GbR und die damit einhergehende Annäherung an die OHG verstärken außerdem die Frage nach einer analogen Anwendung der OHGRegelungen. Im Außenverhältnis werden seither diverse OHG-Normen analog auf unternehmenstragende BGB-Gesellschaften angewandt.26 Eine entsprechende Anwendung könnte für bestimmte, das Innenverhältnis betreffende Normen ebenfalls geboten sein. Der Fokus dieser Untersuchung liegt auf unternehmenstragenden Außengesellschaften, während auf Sonderformen, wie etwa die Publikumspersonengesellschaften, nur am Rande und auf die Innengesellschaft gar nicht eingegangen wird.

25  Mugdan

26  Etwa

341, 358).

II, S. 336 f. § 128 Satz 1 HGB (BGH Urt. v. 29.1.2001 – II  ZR 331 / 00, BGHZ 146,

2. Kapitel

Die organschaftliche Geschäftsführung A. Begriff der Geschäftsführung I. Wortsinn Eine Legaldefinition für den Begriff „Geschäftsführung“ gibt es nicht. Er lässt sich aufteilen in „Geschäft“ und „Führung“. Ein „Geschäft“ kann man auch als eine „Angelegenheit“ bezeichnen1 und „Führung“ geht auf das Verb „führen“ zurück, welches am ehesten mit „leiten“ oder „steuern“ gleichzusetzen ist.2 „Geschäftsführung“ bedeutet also Angelegenheiten zu leiten. Das entspricht der Tätigkeit eines Geschäftsführers. Diese etymologische Erklärung beantwortet aber weder die Frage des Verhältnisses zur Vertretung und den Grundlagengeschäften noch die der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation von Geschäftsführungshandlungen.

II. Definition und Abgrenzung von Grundlagengeschäften Nach der allgemein anerkannten Definition ist die Geschäftsführung jede auf Erreichung des Gesellschaftszwecks gerichtete Tätigkeit, sei sie tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art.3 Danach umfasst sie jegliche Arbeit, 1  Duden

Etymologie, Stichwort „Geschäft“. Etymologie, Stichwort „führen“. 3  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 7, 10; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47  V  1, S. 1389; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 3, § 53 Rn. 3; RGRK / von Gamm, § 709 BGB Rn. 2; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 3; L. Fischer, GbR I, 221, S. 36; A. Hueck, OHG Recht, § 10 I 1, S. 115; Staudinger / Habermeier, § 709  BGB Rn. 1; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 1 a, S. 329; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 1; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 14; Küb­ ler / Assmann, § 6 III 2, S. 53; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 BGB Rn. 2; KK-GR / Lu­ bitz, §§ 709–713 BGB Rn. 1; Weger, Haftungsgrundlagen, S. 94; Mack, Gleichlauf, S. 141; Schulze-Osterloh, FS Hadding, 637, 639; Schmidt-Tiedemann, Gemeineuropäi­ sche Prinzipien, S. 46; Siegmund / van Venrooy, Rn. 89; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 14, 323; Kraft / Kreutz, S. 117; G. Roth, Rn. 256; Habermeier, JuS  1998, 865, 867; Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 8 f.; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 23; Schlosser, Rechtspre2  Duden



A. Begriff der Geschäftsführung27

die im Rahmen der Gesellschaft anfällt und der Zweckförderungspflicht unterfällt.4 Geschäftsführungstätigkeiten können auch Beiträge i. S. d. §§ 705, 706 BGB sein.5 Der Gesellschaftszweck ist nach der getroffenen Definition der Maßstab für die Zuordnung von Tätigkeiten zur Geschäftsführung. Inwieweit Erweiterungen aufgrund von außerhalb des gesellschaftsvertraglich normierten Zwecks liegender Interessen der Gesellschaft anzuerkennen und in eine Definition der Geschäftsführung einzubeziehen sind, kann zunächst offen bleiben.6 Von der Definition ausgehend könnten auch die Grundlagen der Gesellschaftsorganisation, wie Aufbau und Struktur, zur Geschäftsführung gehören. Dabei handelt es sich allerdings nicht um für die Gesellschaft zu erledigende, sondern die Gesellschaft ausgestaltende Angelegenheiten. Solche Maßnahmen sind deshalb von der Geschäftsführung auszuklammern.7 chung OHG, S. 1; Milas, MLR 2013, 15, 17; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 2; Horst, Geschäftsführung und Beschlußfassung, S. 218; Rö­ mermann, Anwaltsgesellschaften, S. 38; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 24; Oetker / Weitemeyer, § 114 HGB Rn. 4; Alternativkommentar / Teubner, §§ 709–713 BGB Rn. 2; Kindler, Gesellschaftsrecht, § 11 Rn. 64; Quittnat / Schauwecker / Streckel, S. 162; vgl. bereits Thöl, S. 317. Kritisch Ballerstedt, JuS 1963, 253, 256 f.; siehe auch Dietrich, Vertragliche Entrechtung, S. 27, der diese Definition zwar nicht für falsch, aber für zu undifferenziert hält. 4  Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck, 261, 263; Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 9. 5  H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 252; AK-BGB / Heidel /  Pade, § 709 Rn. 6; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 30; Erman / H. P. Wes­ termann, § 709 BGB Rn. 2; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 10. 6  Ob es übergeordnete, außerhalb des vertraglichen Gesellschaftszwecks liegende Gesellschaftsinteressen gibt, die Einfluss auf die Bestimmung der Geschäftsführung haben können, wird unten (3. Kapitel C. III. 5. und 6.) erörtert. 7  RG Urt. v. 20.12.1939 – II 88 / 39, RGZ 162, 370, 372, 374; BGH Urt. v. 11.2.1980 – II  ZR  41 / 79, NJW 1980, 1463, 1464 (zum Beitritt neuer Gesellschafter); MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 7; Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 5; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 2; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 1; Kübler /  Assmann, § 6 III 2 a, S. 53; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 14; A. Hueck, OHG Recht, § 10 I 1, S. 116; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 355; Thie­ lemann, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 15; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 27; KKGR / Lubitz, §§ 709–713  BGB Rn. 14; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 1 a, S. 329; Mack, Gleichlauf, S. 141 f.; Schmidt-Tiedemann, Gemeineuropäische Prinzipien, S. 46; Kraft / Kreutz, S. 117; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 6 f., 8; H. P. Wes­ termann, ZIP  2007, 2289, 2291; Habermeier, JuS 1998, 865, 867; Löffler, NJW 1983, 2920, 2922; Oetker / Weitemeyer, § 114  HGB Rn. 4; Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 9 f.; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 23; Dietrich, Vertragliche Entrechtung, S. 28; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 51; GK-HGB / Ensthaler, § 114 Rn. 2; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 2; Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 55; Jauernig / Stürner,

28

2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

Derartige „Grundlagengeschäfte“ bedürfen wegen ihrer wesentlichen Bedeutung im Regelfall der Zustimmung aller Gesellschafter.8 Im Detail ist es umstritten, welche Geschäfte als Grundlagengeschäfte einzustufen sind,9 und zu einer Abgrenzung im Einzelfall trägt der Oberbegriff nicht bei. Für die weitere Untersuchung ist es ausreichend festzuhalten, dass zu den Grundlagengeschäften zumindest alle Maßnahmen gehören, die eine Änderung des Gesellschaftsvertrages zur Folge haben.10

III. Das Verhältnis von Geschäftsführung und Vertretung Im Bürgerlichen Gesetzbuch findet sich eine Unterteilung zwischen Geschäftsführungs- (§§ 709 ff.) und Vertretungsregelungen (§§ 714 f.). Die weite Definition von „Geschäftsführung“ umfasst jedoch neben den Tätigkeiten im Innenverhältnis auch Vertretungsmaßnahmen, also das AußenverAnm. zu den §§ 709–713 BGB Rn. 6; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 24; Kindler, Gesellschaftsrecht, § 11 Rn. 65; Quittnat / Schauwecker / Streckel, S. 163; Milas, MLR 2013, 15, 17. 8  BGH Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, BGHZ 76, 160, 164; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 15; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 7; Wer­ tenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 355; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, § 7 Rn. 5; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 2; Jauernig / Stürner, Anm. zu den §§ 709–713  BGB Rn. 6; Kübler / Assmann, § 6  III 2 a, S. 53; Hueck / Wind­ bichler, § 8 Rn. 1; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 14; KK-GR / Lehleiter, § 114 HGB Rn. 4; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 7; Habermeier, JuS  1998, 865, 867; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 23; Michalski, § 116 HGB Rn. 9; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 6; GK-HGB /  Ensthaler, § 114 Rn. 3; Heymann / Emmerich, § 114  HGB Rn. 3; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709 BGB Rn. 1; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 17; Emde, WM 1996, 1205, 1205. Zu Mehrheitsbeschlüssen im besonderen Fall der Zweckänderung der Gesellschaft siehe unten 3. Kapitel C. V. 9  Vergleich etwa die Darstellung der verschiedenen Ansätze bei Schulze-Osterloh, FS Hadding, 637, 637 f.; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 5. Umstritten ist zum Beispiel die Einordnung der Erstellung des Jahresabschlusses (K. Schmidt, ZGR 1999, 601, 605 sieht darin kein Grundlagengeschäft, der Bundesgerichtshof hingegen schon: BGH Urt. v. 9.11.1998 – II ZR 213 / 97, NJW 1999, 571, 572; zustimmend Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 355; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 1 b, S. 330. 10  BGH Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, BGHZ 76, 160, 164; MünchKommHGB / Rawert, § 114 Rn. 9; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 7; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 254; Kübler / Assmann, § 6 III 2 a, S. 53; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 15; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 5; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 8; Michalski, § 116 HGB Rn. 9; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 5; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 2 f.; Dietrich, Vertragliche Entrechtung, S. 28.



A. Begriff der Geschäftsführung29

hältnis. Die Unterscheidung von Innen- und Außenverhältnis wird dennoch häufig an den Begriffen „Geschäftsführung“ und „Vertretung“ fest gemacht. Dies ist zwar eingängig, steht aber im Widerspruch zu der weiten Defini­ tion von „Geschäftsführung“ und ist deshalb zumindest begrifflich ungenau. Unbestritten gibt es Geschäftsführungsmaßnahmen, die das Innen- und Außenverhältnis betreffen.11 Eine Überschneidung ist sogar die Regel, da nach der getroffenen Definition jede Vertretungsmaßnahme eine Geschäftsführungsmaßnahme ist, indessen müssen nicht alle Geschäftsführungsmaßnahmen auch Vertretungsmaßnahmen sein.12 Geschäftsführungs- und Vertretungsmaßnahmen unterscheiden sich darin, dass letztere nur rechtsgeschäftlicher Natur sein können, während erstere daneben auch tatsächliche Handlungen umfassen können.13

11  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 7; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 7; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 5; Staudinger / Haber­ meier, § 709 BGB Rn. 5; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 6; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 2; Schulze-Osterloh, FS  Hadding, 637, 639; Schmidt-Tiedemann, Gemeineuropäische Prinzipien, S. 46; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 4; K. Wagner, Gesellschaftsrecht, S. 41; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 7; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 3; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 3; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 6. 12  RG Urt. v. 2.10.1936 – II 85 / 36, JW 1937, 235, 236; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47  V  1, S. 1389; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 53 Rn. 5; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 2; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 252; L. Fischer, GbR I, 2211, S. 36: Kübler / Assmann, § 6 III 2 a, S. 53; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 5; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 16; Mack, Gleichlauf, S. 161; KK-GR / Lehleiter, § 114  HGB Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 1 b, S. 330; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 2; A. Hueck, OHG Recht, § 10 I 2, S. 117; A. Hueck, FS Hübner, 72, 82; Michalski, § 114 HGB Rn. 4; Weger, Haftungsgrundlagen, S. 96; Godin, JR  1948, 61, 62; Schulze-Osterloh, FS Hadding, 637, 639; Kraft / Kreutz, S. 117; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 8; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 5; Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 8; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114  HGB Rn. 15; Dietrich, Vertragliche Entrechtung, S. 27; Bergmann, ZIP 2006, 2064, 2068; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 2; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 3; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 3. 13  MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 7; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 3; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 1 a, S. 329; Staudinger / Habermeier, § 709  BGB Rn. 1; Kübler / Assmann, § 6 III 2 a, S. 53; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 1; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 7; H. P. Wester­ mann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 253; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 2; Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 24; Soergel / Had­ ding / Kießling, § 709 BGB Rn. 9; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 2; KK-GR / Lu­ bitz, §§ 709–713 BGB Rn. 1; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 50; KK-GR /  Lehleiter, § 114  HGB Rn. 3; L. Fischer, GbR I, 221, S. 36; A. Hueck, OHG Recht, § 10  I  1, S. 115; Michalski, § 114  HGB Rn. 2; Mack, Gleichlauf, S. 141; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 4; Kraft / Kreutz, S. 117; K. Wagner, Gesellschafts-

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

Die Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis lässt sich daher nicht an den Begriffen „Geschäftsführung“ und „Vertretung“ festmachen. Präzise formuliert ist zwischen der Geschäftsführungsbefugnis (das Dürfen im Innenverhältnis), welche allein das Verhältnis der Gesellschafter untereinander betrifft, und der Vertretungsmacht (das Können im Außenverhältnis), welche die Beziehung der Gesellschafter zu Dritten betrifft, zu unterscheiden.14 Beides kann, muss sich aber nicht decken.15 Trotz der Ungenauigkeit bieten sich der Einfachheit halber die Begriffe „Vertretung“ für das Außenverhältnis und „Geschäftsführung“ für das Innenverhältnis an. Genauer und richtig ist es, gleichwohl den „Gesamtakt“ als Geschäftsführung zu bezeichnen und die Begriffe „Geschäftsführungsbefugnis“ und „Vertretungsmacht“ zur Bestimmung des Blickwinkels zu verwenden. Bildlich gesprochen sind Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht bei Handlungen im Außenverhältnis die beiden Seiten der Medaille „Geschäftsführung“.

IV. Zwischenergebnis Geschäftsführung ist zu definieren als jede Tätigkeit, die Angelegenheiten der Gesellschaft betrifft, also in Erfüllung des Gesellschaftszwecks erfolgt, und nicht die Grundlagen der Gesellschaft berührt. Aus dieser Definition ergibt sich keine Einschränkung auf aktive Handlungen oder nach außen erkennbare Tätigkeiten; so ist zum Beispiel auch der Prozess der Willensbildung ein Teil der Geschäftsführung. Dennoch ist nicht jede Tätigkeit eines geschäftsführenden Gesellschafters ein Akt der Geschäftsführung. Es ist im Einzelfall genau zu prüfen, ob es sich bei einer konkreten Maßnahme um einen Akt der Geschäftsführung, eine sonstige Beitragsleistung an die Gesellschaft oder eine Drittbeziehung handelt.16 Die geschäftsführenden Gesellschafter können mit ein und derselben Handlung sowohl eine Geschäftsführungsmaßnahme vornehmen als auch in anderer recht, S. 41; Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 8; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 3. 14  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 9; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 13; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 5; Michalski, § 114 Rn. 4; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 4; Weger, Haftungsgrundlagen, S. 95 f.; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 14; Schmidt-Tiedemann, Gemeineuropäische Prinzipien, S. 47; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 4; MünchKomm-HGB /  Rawert, § 114 Rn. 6; siehe auch Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 23. 15  Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 2; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 7. 16  Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 9.



B. Organschaftliche Geschäftsführung bei Personengesellschaften 31

Art und Weise tätig sein. Die Abgrenzung muss unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere anhand des Gesellschaftsvertrages und des darin zum Ausdruck kommenden Gesellschaftszwecks, vorgenommen werden.17 Aufgrund der großen Freiheit bei der Festlegung des Gesellschaftszwecks (insbesondere bei der GbR) können die denkbaren Geschäftsführungsmaßnahmen und -tätigkeiten nicht abschließend aufgezählt oder auch nur sinnvoll eingegrenzt werden. Jeder Akt der Vertretung ist auch ein Akt der Geschäftsführung. Die Geschäftsführung kann sowohl das Innen- als auch das Außenverhältnis betreffen. Wenn von „Geschäftsführung“ gesprochen wird, ist damit typischerweise das Innenverhältnis gemeint; die vorhandenen Ungenauigkeit sollte aber nicht vergessen werden. Für eine korrekte Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis ist von „Geschäftsführungsbefugnis“ (Innenverhältnis) und „Vertretungsmacht“ (Außenverhältnis) zu sprechen. Diese Untersuchung bezieht sich lediglich auf das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander. Wenn im Folgenden von „Geschäftsführung“ gesprochen wird, ist daher die Geschäftsführung unter dem Blickwinkel des Innenverhältnisses und nicht die Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis gemeint.

B. Organschaftliche Geschäftsführung bei Personengesellschaften I. Theorien des Organhandelns Nach der gesetzlichen Konzeption führt eine (Personen-)Gesellschaft ihre Geschäfte durch ihre Gesellschafter. Um im Rechtsleben auftreten zu können, braucht sie dementsprechend mindestens einen vertretungsberechtigten Geschäftsführer. Ob eine Gesellschaft selbst handlungsfähig ist, hängt von der Qualität der Zurechnung des Handelns der geschäftsführenden Gesellschafter ab. Handeln sie als Vertreter für die Gesellschaft („Vertretertheorie“) oder als Organ, so dass ihr Handeln ein Handeln der Gesellschaft ist („Organtheorie“)? Die Vertretertheorie geht auf Friedrich Carl von Savigny zurück und besagt, dass eine Gesellschaft selbst weder einen Willen bilden, noch selbst handeln könne. Sie ist dafür auf ihre Vertreter angewiesen. Eine Handlung setze ein denkendes und wollendes Wesen, also einen Menschen, voraus; eine – wenn auch rechtsfähige – Gesellschaft kann diese Voraussetzungen 17  Zu den Auswirkungen des Gesellschaftszwecks auf die Geschäftsführung siehe 3. Kapitel C. II. 1.

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

nicht erfüllen.18 Dem steht Otto von Gierkes Organtheorie gegenüber, welche davon ausgeht, dass die Gesellschaft selbst durch ihre Gesellschafter als Organe handelt.19 Die Gesellschaft kann zwar vertreten werden, allerdings kann sie auch mittels ihrer Organe selbst handeln. Sie sind die Träger des Willens und der Handlungen der Gesellschaft. Die Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuches wollten sich aus diesem Theorienstreit heraushalten und die Entscheidung darüber der Wissenschaft überlassen.20 Aus der Formulierung des § 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB, dass der Vorstand eines Vereins „die Stellung eines gesetzlichen Vertreters“ hat (also gerade kein gesetzlicher Vertreter ist), können daher keine Rückschlüsse gezogen werden. Ebenso wenig vermag § 31 BGB eine der beiden Theorien zu stützen und wird von Vertretern beider Ansichten als Argument angeführt. So wird die Anerkennung der Deliktsfähigkeit der juristischen Person als Normierung der Organtheorie angesehen.21 Andererseits wird vertreten, dass § 31 BGB nicht nötig gewesen wäre, wenn die Organtheorie gelten würde.22 Die Vorschrift kann in beide Richtungen interpretiert werden. Mit ihr hat der Gesetzgeber bestimmte Fälle geregelt, aber keine Entscheidung für eine der beiden Theorien getroffen.23 Wie dargelegt ist nach der Vertretertheorie ein künstliches Objekt wie eine juristische Person – im Gegensatz zum Menschen – nicht fähig zur Willensbildung und damit auch nicht handlungsfähig.24 Richtig ist, dass ein Mensch stets zu tatsächlichen Handlungen fähig ist, aber erst die Rechtsordnung gibt ihm seine Rechts- und Geschäftsfähigkeit, wodurch er zu einer „natürlichen Person“ im rechtlichen Sinne wird und rechtlich relevante Handlungen vornehmen kann.25 Mithin ist nicht ein Vergleich zwischen Mensch und juristischer Person vorzunehmen, sondern zwischen natürlicher Person und juristischer Person. In beiden Fällen beruht die Rechtsfähigkeit 18  Savigny,

Römisches Recht II, S. 281 ff.; Flume, Juristische Person, S. 377 ff. Genossenschaftstheorie, S. 603 ff., 620 ff.; Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 518 ff.; siehe auch BGH Urt. v. 5.2.1958 – IV ZR 204 / 57, WM 1958, 557, 561; Urt. v. 13.1.1987 – VI  ZR 303 / 85, WM 1987, 286, 287; Hüffer, ZHR 151 (1987), 396, 398; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 20; MünchKomm-BGB /  Reuter, § 26 Rn. 11 f.; Soergel / Hadding, § 26 BGB Rn. 2. 20  Mugdan I, S. 609. 21  Enneccerus / Nipperdey, I, § 103 IV 2, S. 617 f.; Hübner, AT Rn. 197; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 19. 22  Flume, Personengesellschaft, S. 265 f.; Flume, Juristische Person, S. 378. 23  So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I 2 b, S. 251, wobei er trotzdem von einem rechtspolitischen Sieg der Organtheorie spricht. 24  Savigny, Römisches Recht II, S. 236; vgl. hierzu auch Link, Amtsniederlegung, S. 11; Kögel, NZG 2000, 20, 20 (zur GmbH). 25  Beuthien, NJW 1999, 1142, 1143; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 19. 19  Gierke,



B. Organschaftliche Geschäftsführung bei Personengesellschaften 33

auf der Rechtsordnung und ist nicht „gottgegeben“.26 Wieso nur einer von beiden die Handlungsfähigkeit im rechtlichen Sinne eingeräumt werden soll, bleibt unklar. Die Organtheorie verfolgt daher den konsequenteren Ansatz, wenn sie neben der Teilnahme von juristischen Personen am Rechtsverkehr im eigenen Namen und der Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit auch ihre Handlungsfähigkeit annimmt.27 Andernfalls spräche man der juristischen Person eine Fähigkeit ab, die zu den Grundlagen der Teilnahme am Rechtsverkehr gehört.28 Es ist nicht überzeugend, Gesellschaften die Rechtsfähigkeit, nicht aber eine eigenständige Handlungsfähigkeit zuzusprechen. Karsten Schmidt bringt die zutreffenden Grundlagen der beiden Ansichten wie folgt auf den Punkt: „Insgesamt kann man festhalten, dass das Handeln der Verbandsorgane dem Verband als Eigenhandeln zuzurechnen ist (richtig Gierke), ohne doch rechtsethisch verantwortliches Eigenhandeln im natür­ lichen Sinne zu sein (richtig Savigny).“29

II. Organe bei Personengesellschaften Nach der Organtheorie können Gesellschaften selber durch ihre Organe handeln. Fraglich ist, ob dies nur für juristische Personen oder auch für die Personengesellschaft gilt. Für juristische Personen ergibt sich das Vorhandensein von Organen aus dem Gesetz. Im Recht der Personengesellschaften wird der Begriff demgegenüber nicht verwendet, so dass die Existenz von Organen fraglich ist. Die engste Ansicht bestreitet, dass Personengesellschaften Organe haben.30 Den Personengesellschaften fehle es an einer Verfassung und ihre Mitglieder handelten unmittelbar für die Gesellschaft, während die juristischen Personen als Zurechnungssubjekt nicht selbst handlungsfähig seien und auch die Gesamtheit der Mitglieder gemeinsam ohne gesetzliche Zurechnung keine Wirkung für den Verband entfalten könne.31 Personengesellschaften bedürften deswegen im Gegensatz zu den juristischen Personen keiner Organe.32 26  Bergmann, Fremdorganschaftliche OHG, S. 44 f.; Beuthien, NJW 1999, 1142, 1143; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 19. 27  Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 19; Beuthien, NJW 1999, 1142, 1143. 28  Link, Amtsniederlegung, S. 11; Beuthien, NJW 1999, 1142, 1143; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 19. 29  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I 2 c, S. 253. 30  Groschuff, JW 1939, 425, 425. 31  Groschuff, JW 1939, 425, 425. 32  Groschuff, JW 1939, 425, 425.

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

Eine vermittelnde Ansicht stellt darauf ab, wie die Personengesellschaft im konkreten Fall organisiert ist. Eine Personengesellschaft kann danach Organe haben, wenn sie aufgrund ihrer Organisation nicht zwingend auf die Mitwirkung aller Mitglieder angewiesen ist (also keine Gesamtvertretung oder Gesamtgeschäftsführung vorliegt).33 Die Gesamtgeschäftsführung sei keine organschaftliche Tätigkeit, sondern Folge der gemeinsamen Rechts­ inhaberschaft.34 Bei Personengesellschaften müssten Organe erst durch eine Kompetenzverschiebung von der Gesamtheit der Gesellschafter auf bestimmte Personen, geschaffen werden.35 Überwiegend wird davon ausgegangen, dass auch Personengesellschaften Organe haben, da sie – genau wie die juristischen Personen – auf diese angewiesen seien, um handlungsfähig zu sein.36 Im Gegensatz zu den juristischen Personen gebe es aber keinen numerus clausus von Organen, sondern diese könnten durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag geschaffen bzw. umgestaltet werden.37 Personengesellschaften und juristische Personen haben gemeinsam, dass sie auf die Mitwirkung natürlicher Personen angewiesen sind, um handlungsfähig zu sein. Für die Personengesellschaften sind diese handelnden Personen nach den gesetzlichen Regelungen die Gesellschafter (ob einzeln oder in ihrer Gesamtheit kann zunächst dahinstehen). Diese nehmen organschaftliche Aufgaben wahr, wenn sie die Gesellschaft nach außen vertreten oder die Geschäftsführungsbefugnis ausüben.38 Zweifelsohne sind ihre Handlungen für die Gesellschaft faktisch zugleich tatsächliche Handlungen der natürlichen Personen. Sofern für die Existenz von Organen darauf abgestellt wird, dass eine Angewiesenheit auf natürliche Personen für eine Handlungsfähigkeit be33  Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 95 f.; siehe auch U. Schneider, DB  1973, 953, 954 Fn. 10; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 151 f.; Wiedemann, ZGR 1996, 286, 293 f. 34  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 2 a aa, S. 331. 35  Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 95 f.; im Ergebnis auch: Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 2 a aa, S. 331. 36  Schürnbrand, Organschaft, S. 13; K. Schmidt, DB  1988, 2241, 2242; Ulmer, FS R. Fischer, 785, 789 f.; K. Schmidt, GS Knobbe-Keuk, 307, 310 f.; Schücking, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 3 Rn. 16; Bälz, FS  Zöllner, 35, 52 f.; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 99 (OHG und KG), 113 (GbR); Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 8; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105 HGB Rn. 7; Soergel / Hadding / Kießling, vor § 705 BGB Rn. 24; Kindler, Gesellschaftsrecht, § 11 Rn. 63. 37  Schücking, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 3 Rn. 16, 18. 38  KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 10; Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 / 92, S. 16; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 4.



B. Organschaftliche Geschäftsführung bei Personengesellschaften 

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steht, ist auch bei Personengesellschaften von Organen zu sprechen.39 Dementsprechend verfügt auch die EWIV als Personengesellschaft nach Art. 16 Abs. 1 EWIV-VO über Organe. Unabhängig von abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen können die organschaftlichen Aufgaben bei den Personengesellschaften stets von der Gesamtheit der Gesellschafter wahrgenommen werden. Es bestehen also keine besonderen Handlungsorgane, wie es bei den juristischen Personen üblich ist.40 Man kann durchaus davon sprechen, dass die Gesamtgeschäftsführung „eine Folge der gemein­ samen Rechtsinhaberschaft ist“41, allerdings widerspricht dies nicht der Qualifikation als organschaftliche Tätigkeit. Ein gesonderter Akt der Berufung zum Organ ist bei Personengesellschaften nicht nötig. Eine Personengesellschaft hat „geborene Organe“.42 Die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis der persönlich haftender Gesellschafter besteht uno actu mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages und ist Ausfluss der Gesellschafterstellung.43 Natürlich können Geschäftsführung und Vertretung auf einzelne Gesellschafter und in den Grenzen des Grundsatzes der Selbstorganschaft auch auf Dritte44 übertragen werden. 39  Ebenso Flume, Personengesellschaft, S. 131; MünchKomm-BGB / Ulmer / Schä­ fer, § 705 Rn. 255 f.; Schürnbrand, Organschaft, S. 13; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 90 ff.; Wertenbruch, NZG  2005, 462, 462. 40  Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 3. 41  Wie bereits erwähnt, sieht dies Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 2 a aa, S. 331 so. 42  Flume, Personengesellschaft, S. 130; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 28; K. Schmidt, GS Knobbe-Keuk, 307, 310 f.; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 32; K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2242; Altmeppen, ZIP 2006, 1, 3; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709 BGB Rn. 3a; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 2 b, S. 332; Arlt, NZG 2002, 407, 407; Helm / Wagner, BB  1979, 225, 228; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 301; Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 15; Soer­ gel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 4. 43  RG Urt. v. 10.10.1933 – II 148 / 33, RGZ 142, 13, 18; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 11, § 53 Rn. 11; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 3; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 709 BGB Rn. 3; KK-GR / Leh­ leiter, § 114 HGB Rn. 12; Arlt, NZG  2002, 407, 407; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 351; Thielemann, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 4; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 16; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 5; KK-GR / Lu­ bitz, §§ 709–713 BGB Rn. 10, 38; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 45; A. Hueck, OHG Recht, § 10 V 1, S. 137; Michalski, § 114 HGB Rn. 8, 26; Lehmann / Dietz, S. 99; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 301; Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 14; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 9; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 9; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 1, 32; Diet­ rich, Vertragliche Entrechtung, S. 28; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114  HGB Rn. 28; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709  BGB Rn. 10; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 15. 44  Siehe dazu 2. Kapitel C. III.

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

Jede Änderung der (organschaftlichen) Geschäftsführung ist somit gleichzeitig eine Änderung des Gesellschaftsvertrages.45 Eine solche Übertragung ändert nichts an der immer bestehenden Handlungsfähigkeit der Gesellschaftergesamtheit.46

III. Zwischenergebnis Personengesellschaften sind darauf angewiesen, dass ihre Organe für sie handeln. Dem Gesetz kann weder eine Entscheidung für die Organtheorie, noch für die Vertretertheorie entnommen werden. Der Organtheorie ist jedenfalls insoweit zu folgen, als ein Handeln der Organe für eine Gesellschaft ein originäres Handeln der Gesellschaft darstellt. Die Gesellschafter einer Personengesellschaft nehmen etwa bei der Geschäftsführung organschaftliche Aufgaben wahr. Demgemäß ist im gesetzlichen Regelfall der persönlich haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft durch seine Stellung ein „geborener Geschäftsführer“.

C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft I. Grundlagen und Folgen des Grundsatzes der Selbstorganschaft Nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft sind die organschaftliche Geschäftsführung und die organschaftliche Vertretung den Gesellschaftern vorbehalten.47 Beides obliegt den Gesellschaftern kraft Mitgliedschaft, so 45  BGH Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, BGHZ 76, 160, 164; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 11, § 53 Rn. 11; K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2242; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 15; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 5; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 32. 46  Wiedemann, ZGR 1996, 286, 292, sieht dies anders. Er geht zwar auch von einer „Allzuständigkeit“ der Gesellschaftergesamtheit aus, allerdings soll es möglich sein im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren, dass andere Organe zuständig sind. Erst wenn diese handlungsunfähig werden, fiele die Zuständigkeit ipso iure an die Gesellschaftergesamtheit zurück. Er spricht dabei davon, dass die „Allzuständigkeit“ verdeckt erhalten bleibt. 47  BGH Urt. v. 20.9.1993 – II ZR 204 / 92, WM 1994, 237, 238; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 709 BGB Rn. 3; C. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 75; Werra, Selbstorganschaft, S. 111; Brox, FS Harry Westermann, 21, 32 f.; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 2, S. 119 Fn. 10; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 4; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 255; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  234; Kraft / Kreutz, S. 185; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 176; Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 6; Reuter, JZ  1986, 16, 18; Mack, Gleichlauf, S. 144, 152; Märtens, in:



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft37

dass bei den Personengesellschaften immer („geborene“) Organe vorhanden sind.48 Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den Kapitalgesellschaften, deren Organe besonders bestellt werden müssen.49 Selbst bei den Personengesellschaften ist der Grundsatz der Selbstorganschaft allerdings nicht unbestritten, denn er wird nicht ausdrücklich im Gesetz angeordnet. In verschiedenen Regelungen klingt der Grundsatz jedoch an. Beispiele sind § 709 BGB50 oder das Abspaltungsverbot des § 717 Satz 1 BGB, welches unabdingbar ist und über den Wortlaut hinaus auch die Verwaltungsrechte umfasst51. Sofern die Selbstorganschaft in der gesetzlichen Konzeption der Personengesellschaften verwurzelt ist, müssen die aus dem Grundsatz abgeleiteten Folgen mit dieser im Einklang stehen. 1. Gleichlauf von Herrschaft und Haftung Die Bindung der organschaftlichen Geschäftsführung an die Mitgliedschaft führt zur Leitungsbefugnis der persönlich haftenden Gesellschafter, was zum Teil als Gleichlauf von Herrschaft und Haftung bezeichnet wird52. Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 15; Boerner, Haftung Kommanditist, S. 119; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 24; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 153; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709  BGB Rn. 4. Die früher vertretene Ansicht, dass das Prinzip der Selbstorganschaft nicht für die Geschäftsführung, sondern nur für die Vertretung gilt (Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 15; R. Fischer, NJW 1959, 1057, 1061; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 24, siehe auch Dellmann, FS  Hengeler, 64, 74 f.), kann jedenfalls seit BGH Urt. v. 22.1.1962 – II  ZR 11 / 61, BGHZ  36, 292 ff., als überholt angesehen werden. Sie ist auch nicht mit der Erkenntnis vereinbar, dass die Vertretung ein Teil der Geschäftsführung ist, denn der Ausschluss von der Geschäftsführung hätte strenggenommen einen Ausschluss von der Vertretung zur Folge. 48  Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 177 f.; K. Schmidt, GS KnobbeKeuk, 307, 310 f.; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 234; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14  II 2 a, S. 410; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 4; K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2242; Schmidt-Tiedemann, Gemeineuropäische Prinzipien, S. 107; Schlegelberger / Martens, § 114 Rn. 1; Beuthien, NJW  1999, 1142, 1144; C. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 75; Arlt, NZG  2002, 407, 408; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 9; RGRK / von Gamm, § 709 BGB Rn. 4; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 4. 49  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  235; Altmeppen, ZIP 2006, 1, 3. 50  Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 176 ff. 51  BGH Urt. v. 22.1.1962 – II ZR 11 / 61, BGHZ 36, 292, 293; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 9 („dogmatischer Ansatzpunkt“); Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  235a; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 317; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 8; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 25. 52  Kritisch zu dem Grundsatz des Zusammenfallens von Herrschaft und Haftung Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 189 ff., insbesondere S. 205.

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

Dies schließe die Herrschaft eines Dritten über die Gesellschaft und die wegen der persönlichen Haftung damit einhergehende (mittelbare) Herrschaft über die Gesellschafter aus (keine Haftung ohne Herrschaft).53 Außerdem führten die unbegrenzt persönlich haftenden Gesellschafter bereits aus Eigeninteresse die Geschäfte der Gesellschaft verantwortungsvoll, was dem Rechtsverkehr zugutekomme (keine Herrschaft ohne Haftung).54 Durch den Gleichlauf werden zwei Schutzzwecke verfolgt: Der Schutz der Gesellschafter und ihrer Selbstbestimmung vor Dritten sowie der Schutz der Vertragspartner bzw. des Rechtsverkehrs durch die Gewährleistung der persönlichen Haftung der Entscheidungsträger.55 Der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung kann aber nur ein Argument für das Festhalten am Prinzip der Selbstorganschaft sein, wenn er tatsächlich zur Erreichung dieser beiden Schutzzwecke (Schutz der Gesellschafter und Schutz des Rechtsverkehrs) beiträgt. Daran bestehen Zweifel. a) Keine Herrschaft ohne Haftung (Schutz des Rechtsverkehrs) Hinsichtlich des Schutzes des Rechtsverkehrs wird angeführt, dass der Rückschluss auf eine „Verhaltenskontrolle“ unbelegt sei und lediglich unterstellt werde.56 Gleichwohl dürften keine wirklichen Zweifel daran bestehen, dass eine persönliche Haftung zumindest zu einer Verhaltenskontrolle beitragen kann;57 die Gesellschafter werden bemüht sein, sich nicht selbst zu schädigen. Die tatsächliche Wirkung ist zwar schwer nachweisbar,58 ein gewisser Effekt kann dennoch unterstellt werden. Gleichwohl wird weder 53  Staub / Schäfer, § 109 HGB Rn. 33, § 114 HGB Rn. 9; Staub / Habersack, § 125 HGB Rn. 5; Werra, Selbstorganschaft, S. 114; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 35; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 4; Boerner, Haftung Kommanditist, S. 120. 54  Staub / Schäfer, § 109 HGB Rn. 33, § 114 HGB Rn. 9; Staub / Habersack, § 125 HGB Rn. 5; Schürnbrand, Organschaft, S. 251; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  235; Wiedemann, WM Sonderbeilage 4 / 94, S. 11; Werra, Selbstorganschaft, S. 114; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 217; Hun­ scha, GmbHR 1973, 257, 260; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 35. 55  Schürnbrand, Organschaft, S. 251; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 35; Werra, Selbstorganschaft, S. 114; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 25 Rn. 9; Müller-Erzbach, FS  Heymann, 737, 738; Reinhardt, FS Lehmann, 576, 589 ff.; Müller-Erzbach, AcP 154 (1955) 299, 342 f.; Boerner, Haftung Kommanditist, S. 61; Müller-Erzbach, JZ  1956, 705, 708. 56  Ott, Typenzwang, S. 75; K. Schmidt, Stellung der OHG, S. 114. 57  Trotz grundsätzlicher Kritik, räumt dies sogar Weber (Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 184) ein. 58  Hunscha, GmbHR  1973, 257, 260, spricht davon, dass dies durch die Erfahrung bestätigt wurde.



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft39

die Selbstorganschaft noch der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung für die Personengesellschaften ausdrücklich im Gesetz angeordnet,59 bei den Kapitalgesellschaften ergibt sich sogar das Gegenteil aus dem Gesetz. Eine Fremdorganschaft ist dort möglich (und üblich),60 wohingegen eine persönliche Haftung der Gesellschafter (Geschäftsführer) grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Die Vermutung der Verknüpfung von Leitungsmacht und Haftungsrisiko kann deswegen nur für die Personengesellschaften gelten. Allerdings wird diese bei den Kapitalgesellschaften wegen den Regelungen zur Kapitalaufbringung und -erhaltung weniger benötigt, obgleich bei großen Schadensfällen die Haftungsmasse durch das Mindestkapital vernachlässigbar und bei der UG nicht einmal zwingend vorhanden ist.61 Die bloße Möglichkeit einer Verhaltenskontrolle ist kein zwingendes Argument für das Festhalten an der Selbstorganschaft. Dem Ausschluss der Kommanditisten von weiten Teilen der Geschäftsführung gemäß § 164 HGB lässt sich jedoch zumindest entnehmen, dass der historische Gesetzgeber einen gewissen Gleichlauf zwischen Herrschaft und Haftung befürwortete. Die explizite Anordnung spricht auch nicht gegen die Geltung des Grundsatzes der Selbstorganschaft. Sie ist nötig, weil im gesetzlichen Regelfall die Kommanditisten als Gesellschafter (weitgehend) von der organschaft­ lichen Geschäftsführung ausgeschlossen werden.62 Zugleich zeigt das Erfordernis einer gesonderten Anordnung für Kommanditisten, dass der Grundsatz der Selbstorganschaft den Gleichlauf nicht vollständig gewährleisten kann. Außerdem hat der Gesetzgeber letztlich die Entscheidung den Gesellschaftern überlassen, da § 164 HGB dispositiv ist und den Kommanditisten Geschäftsführungsbefugnis erteilt werden kann, ohne dass damit eine persönliche Haftung begründet würde.63 Ebenso ist in § 710 BGB und in § 114 Abs. 2 HGB die Möglichkeit vorgesehen, dass persönlich haftende Gesellschafter gesellschaftsvertraglich von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden. Den von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschaftern werden nach § 716  BGB und § 118  HGB Kontrollrechte zugestanden, die 59  BGH Urt. v. 17. März 1966 – II ZR 282 / 63, BGHZ 45, 204, 205 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II 2 e, S. 414; C. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 185; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 80; Hofmann, NJW 1969, 577, 580; H. P. Westermann, ZIP 1983, 1070, 1072; Bergmann, ZIP  2006, 2064, 2066. In anderen Rechtsordnungen ist dies anders, so enthielt bereits der französische Code de Commerce in Art. 28 eine entsprechende Anordnung. 60  In § 6 Abs. 3 Satz 1 GmbHG heißt es beispielsweise ausdrücklich, dass zu Geschäftsführern „Gesellschafter oder andere Personen“ bestellt werden können. 61  Ebenfalls das besondere Bedürfnis bei der Personengesellschaft betonend Schürnbrand, Organschaft, S. 251. 62  Siehe unten 5. Kapitel B. I. 63  Dazu mehr unter 5. Kapitel C.

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

nach § 716 Abs. 2 BGB bzw. § 118 Abs. 2 HGB nicht vollständig abbedungen werden können. Damit stellt das Gesetz den Gleichlauf von Kontrolle und Haftung sicher.64 Es schreibt aber kein zwingendes Zusammenfallen von Haftungsrisiko und Entscheidungsgewalt bei den Personengesellschaften vor.65 Der Gedanke keine Herrschaft ohne Haftung verliert auch dadurch an Gewicht, dass Kapitalgesellschaften geschäftsführende Gesellschafter einer Personengesellschaft sein können (z. B. GmbH & Co. KG). Freilich gelten für die Komplementärgesellschaft ihrerseits Gläubigerschutzvorschriften. Nichtsdestoweniger lässt sich allein aus der dispositiven Regelung des § 164 HGB kein zwingender Grund für das Festhalten am Prinzip der Selbstorganschaft herleiten. b) Keine Haftung ohne Herrschaft (Schutz der Gesellschafter) Dem weiteren Argument für den Gleichlauf zwischen Herrschaft und Haftung, dass eine Fremdbeherrschung der Gesellschaft und damit der Gesellschafter drohe, könnte entgegengehalten werden, dass diese Gefahr bei jeglicher Vertretung der Gesellschaft durch nicht bzw. begrenzt haftende Personen besteht. Dementsprechend schließt § 170 HGB die Kommanditisten zwingend von der organschaftlichen Vertretung aus. Die Kodifizierung der alleinigen organschaftlichen Vertretung durch die persönlich haftenden Gesellschafter wurde als die wichtigere und fest in die Gesellschafterhände zu legende Tätigkeit angesehen. Trotzdem ist es möglich und in der Praxis nicht selten, dass Kommanditisten oder auch gesellschaftsfremden Dritten eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (etwa Prokura) eingeräumt wird. Mit der Übertragung der Vertretungsmacht ist allerdings keine höhere Gefahr als mit der Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis verbunden. Im Gegenteil ist die Geschäftsführungsbefugnis sogar die entscheidendere Befugnis, da sie die übergeordnete Entscheidungsgewalt über die Geschicke der Gesellschaft ist.66 Die Vertretung ist „nur“ die Ausführung der Entscheidungen. Unterstellte man die Möglichkeit einer vollständigen Übertragung der organschaftlichen Geschäftsführung auf einen gesellschaftsfremden Dritten, könnte dieser zum alleinigen organschaftlichen Geschäftsführer gemacht werden. Seine Entscheidungen wären – im Rahmen des Gesellschaftsinteresses – von den (vertretungsbefugten) Gesellschaftern in Folge auch C. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 194. Personengesellschaft, S. 244; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 238; C. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 179 ff. 66  Schürnbrand, Organschaft, S. 259 f.; Bergmann, ZIP 2006, 2064, 2068; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 451. 64  So

65  Flume,



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft

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ihrer gesellschafterlichen Mitwirkungspflicht sowie ihrer Bindung an das Gesellschaftsinteresse auszuführen und als persönlich Haftende – zunächst einmal – von ihnen allein zu verantworten.67 Eine Weisungskompetenz des einzelnen Gesellschafters bestünde nicht mehr. Wäre eine solche Drittorganschaft in letzter Konsequenz zulässig, bestünde, mangels zwingender organschaftlicher Leitungsmacht, auch keine Weisungsbefugnis der Gesellschaftergesamtheit mehr. Fremdbestimmung wäre gegeben und es bliebe den Gesellschaftern nur noch die Möglichkeit, durch – möglicherweise pflichtwidrige – Verweigerung die Umsetzung im Außenverhältnis zu verhindern.68 Sind die Gesellschafter hingegen zwingend geschäftsführungsbefugt (und sei es auch nur in ihrer Gesamtheit), so können sie einem vertretungsberechtigten Dritten stets bindende Weisungen erteilen. Er kann diese zwar ignorieren und die Gesellschaft – und damit mittelbar die Gesellschafter – verpflichten. Damit verletzte er aber seine vertraglichen Pflichten und begründete Schadensersatzansprüche. Der Gesichtspunkt keine Haftung ohne Herrschaft und der damit einhergehende Schutz vor Fremdbeherrschung ist der wichtigere Ausfluss des Gleichlaufs von Herrschaft und Haftung. Eine Fremdbeherrschung der unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschafter muss verhindert werden. Dieser Gedanke ist ein Argument für das Festhalten an dem Grundsatz der Selbstorganschaft. 2. Keine Selbstentmachtung der Gesellschaft Als weitere Begründung für die Selbstorganschaft wird darauf verwiesen, dass sich die Gesellschaftergruppe genauso wenig selbst entmachten kann wie Einzelpersonen (§ 138 Abs. 1 BGB).69 Die Personengesellschaft wird 67  Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 256. Für den Fall, dass alleiniger Geschäftsführer ein Kommanditist ist: Bergmann, ZIP 2006, 2064, 2068; Dellmann, FS  Hengeler, 64, 74. 68  Schürnbrand, Organschaft, S. 260; vgl. auch Wiedemann, JZ 1969, 470, 471. 69  Flume, Personengesellschaft, S. 240 f., 244 f.; Godin, JR 1948, 61, 62; Werten­ bruch, Haftung von Gesellschaften, S. 178; Reuter, FS Steindorff, 229, 233; Werten­ bruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 351b; Hüffer, ZHR 151 (1987), 396, 408; Wiedemann, JZ 1969, 470, 471; Siegmund / van Venrooy, Rn. 92; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 16 Rn. 33; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 240; Reuter, JZ 1986, 16, 18; Märtens, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 15; GK-HGB / Ensthaler, § 114 Rn. 11; Heymann / Emmerich, § 114 HGB Rn. 28; wohl auch Schäfer, ZHR 175 (2011), 557, 565 f. Mack (Gleichlauf, S. 152 f.) interpretiert die Entscheidung BGHZ 51, 198 ff. hingegen so, dass die Gesellschafter sich ihrer Geschäftsführungsbefugnis vollständig begeben und einen gesellschaftsfremden Dritten mit der Geschäftsführung betrauen können. Dies lässt sich dem Urteil jedoch nicht entnehmen. Nach dem Bundesge-

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

durch ihre Gesellschafter gebildet und kann sich nicht ihrer Handlungsfähigkeit begeben, selbst dann nicht, wenn sie einen Dritten bestimmt, der für sie handeln können soll. Die Rechtsordnung verleiht bestimmten Rechtssubjekten Geschäfts- und Handlungsfähigkeit. Dies ermöglicht die Teilnahme am Rechtsverkehr und bindet die Teilnehmer an die geltenden Regeln. Bestünde die Möglichkeit, die eigene Handlungsfähigkeit aufzugeben, wäre es möglich, sich – zumindest partiell – aus dem Rechtsverkehr zurückzuziehen. Die notwendige Rechtssicherheit entfiele und damit auch die Funktionsfähigkeit des Rechtsverkehrs. Deshalb kann die eigene Rechtsfähigkeit nicht durch eine bloße Erklärung aufgegeben werden. Könnte eine Gesellschaft ausschließlich über gesellschaftsfremde Dritte am Rechtsverkehr teilnehmen, hätte sie aber genau das getan. Zwar kann sich ein Verband durch Beherrschungsvertrag in eine rechtlich zulässige Abhängigkeit begeben,70 allerdings ist bei Personengesellschaften zu prüfen, ob die persönliche Haftung im Einzelfall mittelbar zu einer nach § 138 Abs. 1 BGB unzulässigen Beherrschung der Gesellschafter als natürliche Personen führt71. Aus diesem Grund ist der wichtigste Ausfluss des Prinzips der Selbstorganschaft, dass die Gesellschafter zumindest in ihrer Gesamtheit stets zur Geschäftsführung berechtigt sind72 und niemals alle Gesellschafter davon ausgeschlossen werden können73. Eine Gesellschaft ist immer durch ihre richtshof kann dem einzigen geschäftsführenden Gesellschafter das Recht zur Geschäftsführung entzogen werden, allerdings geht er – mangels anderer Abreden im Gesellschaftsvertrag – auch davon aus, dass dann alle Gesellschafter gemeinsam zur Geschäftsführung befugt sind. Man könnte das Urteil so interpretieren, dass eine gesellschaftsvertragliche Abrede möglich ist, nach der ein Dritter zur Geschäftsführung berufen wird. Aber auch dann können die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit die organschaftliche Geschäftsführung ausüben. Kritisch auch Schürnbrand, Organschaft, S. 248 f.; Reuter, GmbHR  1981, 129, 131; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 183 f. 70  Schürnbrand, Organschaft, S. 265. 71  Flume, Personengesellschaft, S. 244 f. 72  Gemäß BGH Urt. v. 11.7.1960 – II ZR 260 / 59, BGHZ 33, 105, 108 ist im Falle einer alle Gesellschafter von der Geschäftsführung ausschließenden Vertragsklausel von einer Gesamtgeschäftsführung aller Gesellschafter auszugehen. So bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm.  106, S. 130; Flume, Personengesellschaft, S. 134; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 10; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 2 b bb, S. 333, § 8 II 2 a, S. 691 f.; Werten­ bruch, Haftung von Gesellschaften, S. 177; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 3; Michalski, § 114 Rn. 6; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 5; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 54; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 351b f. 73  Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 17; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 6; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  351b; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114  HGB Rn. 7; GK-HGB / Ensthaler, § 114 Rn. 9; Horst,



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft

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Organe handlungsfähig. Bei der Personengesellschaft sind dies die Gesellschafter als „geborene“ Geschäftsführer. Durch das Verbot der Selbstentmachtung ist a priori ausgeschlossen, dass eine Fremdbeherrschung durch einen gesellschaftsfremden Geschäftsführer entsteht. Die Gesellschaftergesamtheit ist gegenüber dem (geschäftsführenden) Dritten weisungsbefugt. 3. Zwischenergebnis Die organschaftliche Geschäftsführung ist Sache der Gesellschafter, die ihre organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis nicht auf gesellschaftsfremde Dritte übertragen können.74 Die Gesellschaftergesamtheit ist immer geschäftsführungsbefugt. Es können nicht alle Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden, da sich niemand selbst entmachten kann und eine Fremdbeherrschung der Gesellschafter verhindert werden muss. Zugleich wird damit zum Schutz des Rechtsverkehrs beigetragen. Mithin ist die Selbstorganschaft ein allgemeiner Grundsatz der Personengesellschaften.75 Dass dieser nicht ausdrücklich normiert ist, steht dem nicht entgegen, da der Grundsatz in verschiedenen gesetzlichen Vorschriften (z. B. § 709 und § 717 Satz 1 BGB) zum Ausdruck kommt.

II. Ausnahmen vom Prinzip der Selbstorganschaft Nach dem Prinzip der Selbstorganschaft führen die Gesellschafter ihre Gesellschaft als Leitorgane, und wegen der aus dem gemeinsamen Zweck resultierenden Interessenkongruenz werden die Geschäfte homogen geführt.76 Die Selbstorganschaft ist damit auch Ausdruck des Gedankens, dass die Personengesellschaften maßgeblich durch die gleichlaufenden Interessen ihrer Mitglieder geprägt sind. Kommt es zu einer Störung dieses GleichlauGeschäftsführung und Beschlußfassung, S. 244; U. Huber, ZHR  152 (1988), 1, 13 (zur organschaftlichen Vertretung). 74  BGH Urt. v. 22.1.1962 – II ZR 11 / 61, BGHZ 36, 292, 293 f.; Urt. v. 8.2.2011 – II ZR 263 / 09, NJW 2011, 2040, 2041 f.; KK-GR / Lehleiter, § 114 HGB Rn. 13; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 8; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 31; Michalski, § 114 HGB Rn. 6; so auch A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 2, S. 119 Fn. 10; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 4; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II 2 b, S. 412; K. Wagner, Gesellschaftsrecht, S. 42, 97; GK-HGB / Ensthaler, § 114 Rn. 9. 75  BGH Urt. v. 8.2.2011 – II ZR 263 / 09, NJW 2011, 2040, 2041; MünchKommHGB / Rawert, § 114 Rn. 24; AK-BGB / Heidel / Pade, § 713 Rn. 2; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 351c. 76  BGH Urt. v. 11.7.1960 – II ZR 260 / 59, BGHZ 33, 105, 109; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 247a; Grunewald, Liber Amicorum M. Winter, 167, 172 (unter Betonung, dass durch das Kriterium des Interessengleichlaufs „das Prinzip der Selbstorganschaft ganz erheblich entwertet wird“).

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

fes, können Ausnahmen77 von der Selbstorganschaft nötig sein, um eine einheitliche Geschäftsführung zu ermöglichen. 1. Liquidation der Gesellschaft Grundsätzlich erfolgt die Liquidation nach § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB durch sämtliche Gesellschafter als Liquidatoren. In der Abwicklungsphase sind die Gesellschafter nicht mehr durch den ursprünglich vereinbarten gemeinsamen Zweck verbunden78 und die Interessenparallelität weicht dem Individualinteresse an einer hohen Liquidationsquote.79 Um eine gerechte Abwicklung sicher zu stellen, hat der Gesetzgeber in § 146 Abs. 2 Satz 1 HGB für die Liquidation eine Ausnahme von der Selbstorganschaft normiert.80 Für die GbR sieht § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB zwar mit der Liquidation einhergehend das Erlöschen der auf einzelne Gesellschafter übertragenen Geschäftsführungsbefugnis und – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen  – die gemeinschaftliche Geschäftsführung aller Gesellschafter vor. Dessen ungeachtet wird die Möglichkeit der Fremdgeschäftsführung in der Liquidation allgemein anerkannt.81 2. Besonderer Vertreter in liquidationsähnlichen Sonderlagen Aus der Regelung eines besonderen Falles, in welchem die Grundlage – die Verfolgung des ursprünglichen gemeinsamen Zwecks – der Gesellschaft gerade nicht mehr existiert, sind zwar keine allgemeinen Schlüsse zu ziehen.82 Gleichwohl zeigt die Vorschrift, dass die Fremdorganschaft mit dem Wesen der Personengesellschaften nicht per se unvereinbar ist.83 Darüber hi77  Teilweise wird von einer „Modifikation des Grundsatzes der Selbstorganschaft“ gesprochen, siehe MünchKomm-HGB / K. Schmidt, § 146 Rn. 2; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  1711. 78  Siehe zur Modifikation des Gesellschaftszwecks im Liquidationsstadium Wer­ tenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  1706 f. 79  BGH Urt. v. 17.9.2013 – II ZR 68 / 11, NZG 2014, 302, 305; Staub / Habersack, § 146 HGB Rn. 6; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  246a. 80  BGH Urt. v. 11.7.1960 – II ZR 260 / 59, BGHZ 33, 105, 109; MünchKommHGB / K. Schmidt, § 146 Rn. 3 („modifizierte Selbstorganschaft“); Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  246a; vgl. auch Wiedemann, WM  Sonderbeilage 4 / 94, S. 11. 81  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 730 Rn. 47; Staudinger / Habermeier, § 730 BGB Rn. 13; Gummert, in: Gummert / Riegger / Weipert, I, § 21 Rn. 94. 82  Semrau, Dritteinflussnahme, S. 333. Es wird trotzdem versucht (vgl. die Übersicht bei Bergmann, Fremdorganschaftliche OHG, S. 549 ff.). 83  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II 2 a, S. 410; Arlt, NZG 2002, 407, 411.



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft

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naus kann der die Ausnahme des § 146 Abs. 2 Satz 1 HGB begründende Sonderfall des Fehlens eines Interessengleichlaufs der Gesellschafter – zumindest zeitweise – auch in anderen Situationen auftreten. In diesen Fällen liquidationsähnlicher Sonderlagen ist entsprechend der normierten Ausnahme für die Liquidation eine Ausnahme von der Selbstorganschaft zuzulassen.84 Ein Beispiel dafür ist der Ausschließungsprozess gegen den einzigen geschäftsführenden Gesellschafter. Auch in diesem Fall richten sich die Interessen der Gesellschafter nicht mehr auf die gemeinsame Zweckverfolgung und stehen im Widerspruch zueinander, so dass die organschaftliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis entzogen und auf einen gesellschaftsfremden Dritten übertragen werden kann.85 Der Bundesgerichtshof führt – unter Verweis auf die Regelung des § 146 Abs. 2 Satz 1 HGB – aus, dass der Grundsatz der Selbstorganschaft nicht um seiner selbst willen existiere.86 Die gegenläufigen Interessen der Gesellschafter hätten eine Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft zur Folge, deswegen ordnete der Bundesgerichtshof eine Drittorganschaft an.87 3. Zwischenergebnis Von dem grundsätzlich bestehenden Prinzips der Selbstorganschaft existieren Ausnahmen für den Sonderfall, dass die Gesellschafter nicht mehr das gemeinsame Interesse an der Zweckerreichung teilen, woraus die Gefahr widersprüchlicher Geschäftsführungsmaßnahmen resultiert. Freilich erlauben die Ausnahmen in diesem Sonderfall keine Rückschlüsse auf eine allgemeine Abdingbarkeit des Prinzips der Selbstorganschaft.

84  BGH

Urt. v. 11.7.1960 – II ZR 260 / 59, BGHZ 33, 105, 109. Urt. v. 11.7.1960 – II ZR 260 / 59, BGHZ 33, 105, 109 f.; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 33; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 5; Bergmann, Fremdorganschaftliche OHG, S. 553; Werra, Selbstorganschaft, S. 102; Kraft / Kreutz, S. 186; vgl. auch Soer­gel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 22; zurückhaltender, aber zustimmend Gummert / Gummert / Karrer, § 7 Rn. 9. 86  BGH Urt. v. 11.7.1960 – II ZR 260 / 59, BGHZ 33, 105, 109. Der Entscheidung wurde zwar im Ergebnis zugestimmt, allerdings die Analogie zu § 146 Abs. 2 HGB als unzutreffend bezeichnet, vgl. etwa Flume, Personengesellschaft, S. 241 f. 87  Im BGH Urt. v. 9.12.1968 – II ZR 33 / 67, BGHZ 51, 198, 200 ff. wird die Anwendbarkeit des § 146 Abs. 2 HGB verneint – ohne das Urteil vom 11.7.1960 – II ZR 260 / 59, BGHZ 33, 105 ff. zu erwähnen – und ausgeführt, dass es nicht Sache der Gerichte ist, die praktische Durchführbarkeit des Gesellschaftsvertrages sicherzustellen. 85  BGH

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

III. Beteiligung von gesellschaftsfremden Dritten an der Geschäftsführung 1. Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben auf Dritte Grundsätzlich haben die geschäftsführenden Gesellschafter die Geschäftsführung als organschaftliches Pflichtrecht persönlich wahrzunehmen.88 Das Prinzip der Selbstorganschaft enthält jedoch kein Verbot der Übertragung von Aufgaben auf Dritte, sondern bindet lediglich die organschaftlichen Rechte und Pflichten an die Gesellschafter. Infolgedessen stellt sich die Frage, in welchem Umfang Dritten Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden können. Jedenfalls ist es zulässig, gesellschaftsfremde Dritte als Gehilfen einzusetzen.89 Die Verantwortung für die Geschäftsführung90 und die organschaftliche Leitungskompetenz91 verbleibt allerdings bei den Gesellschaf88  So bereits Anschütz / von Völderndorff Art. 102 ADHGB II; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 18; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 17; MünchKomm-HGB / K. Schmidt, § 125 Rn. 8; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 40; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 11; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 31; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 8; A. Hueck, OHG Recht, § 10 V 2, S. 137; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114  HGB Rn. 11; Märtens, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 15; Heymann / Emmerich, § 114  HGB Rn. 12. 89  BGH Urt. v. 20.9.1993 – II ZR 204 / 92, NJW-RR 1994, 98, 98; OLG Köln Beschl. v.  24.11.2000 – 16 Wx 123 / 00, NJW-RR 2002, 519, 521; so bereits An­ schütz / von Völderndorff Art.  102  ADHGB II; Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm.  106, S. 129; Flume, Personengesellschaft, S. 244; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 17; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 31; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 41; Kübler / Assmann, § 6  III  2  d, S. 54; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114  HGB Rn. 11; AK-BGB / Hei­ del / Pade, § 709 Rn. 8, § 713 Rn. 2; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 11; KKGR / Lehleiter, § 114 HGB Rn. 13; A. Hueck, OHG Recht, § 10 V 2, S. 137; Nitsch­ ke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 254; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 12; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 22 f.; Reuter, JZ  1986, 16, 18. 90  Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 12; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 15; vgl. M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 11; GKHGB / Ensthaler, § 114 Rn. 9; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 20, 29. 91  BGH Urt. v. 11.7.1960 – II ZR 260 / 59, BGHZ 33, 105, 108; Urt. v. 22.1.1962 – II ZR 11 / 61, BGHZ 36, 292, 295; Urt. v. 20.9.1993 – II ZR 204 / 92, WM 1994, 237, 238; siehe auch BGH Urt. v. 14.2.2005 – II ZR 11 / 03, ZIP 2005, 524, 525; Urt. v. 8.2.2011 – II ZR 263 / 09, NJW 2011, 2040, 2041 f.; so bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm.  106, S. 129; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 17; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 25; KK-GR / Lehleiter, § 114 HGB Rn. 8, 13; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 2, S. 119 Fn.  10; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 4; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 12;



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft

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tern. Die Hilfskräfte sind keine Erfüllungsgehilfen der Geschäftsführer, so dass ihr Verschulden nicht nach § 278 BGB zugerechnet werden kann.92 Liegt eine pflichtwidrige Delegation von Aufgaben auf einen gesellschaftsfremden Dritten vor, haftet der geschäftsführende Gesellschafter persönlich für eigenes Verschulden.93 Die Rechtsprechung94 hat – unter Zustimmung der Literatur95 – eine sehr weitgehende Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf Gesellschaftsfremde für zulässig erachtet. Es ist möglich dem Dritten eine gewisse Entscheidungsgewalt einzuräumen sowie eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zu erteilen. Beides kann bereits im Gesellschaftsvertrag oder im Nachhinein durch Gesellschafterbeschluss erfolgen.96 Dennoch untersteht der Dritte weiterhin den Weisungen der Gesellschafter, denen die Entscheidungshoheit über die grundsätzlichen Fragen obliegt.97 Die GeschäftsführungskompetenK. Wagner, Gesellschaftsrecht, S. 98; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 318; vgl. auch Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 12; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 114 HGB Rn. 18. 92  BGH Urt. v. 31.3.1954 – II ZR 57 / 53, NJW 1954, 1158, 1158 (bei einer GmbH); MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 41; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 26; A. Hueck, OHG Recht, § 10 V 2, S. 137. 93  Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 35; A. Hueck, OHG Recht, § 10 V 2, S. 137; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 41; vgl. auch M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 11; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 20. 94  BGH Urt. v. 22.1.1962 – II ZR 11 / 61, BB 1962, 233, 233; Urt. v. 16.11.1981 – II  ZR  213 / 80, NJW 1982, 877 ff. (Publikumsgesellschaft); Urt. v. 5.10.1981 – II  ZR  203 / 80, NJW 1982, 1817 f.; Urt. v. 22.3.1982 – II ZR 74 / 81, NJW 1982, 2495 f. (Publikumsgesellschaft); Urt. v. 20.9.1993 – II ZR 204 / 92, WM 1994, 237, 238; Urt. v. 8.2.2011 – II ZR 263 / 09, NJW 2011, 2040, 2041 f.; OLG Köln Urt. v. 25.11.1998 – 13 U 185 / 97, NZG 1999, 769, 772; OLG Hamm Urt. v. 30.3.1998 – 8 U 144 / 97, NZG 1999, 1099, 1100. 95  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 5; Schürnbrand, Organschaft, S. 263; A. Hueck, OHG Recht, § 10  II  2, S. 119 Fn. 10; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 4; Wiede­ mann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 2 b bb, S. 333; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 12; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 23 f.; C. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 75 f.; Schäfer, ZHR 175 (2011), 557, 573; Löffler, NJW 1983, 2920, 2921; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 25; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 17; M. Roth, in: Baumbach /  Hopt, § 114 HGB Rn. 24; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709 BGB Rn. 3a; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 6; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 17; so auch Grunewald, Unternehmenswirtschaft, 35, 39, die aber eine Geltung des Grundsatzes der Selbstorganschaft lediglich in Bezug auf die Vertretung annimmt. 96  BGH Urt. v. 8.2.2011 – II ZR 263 / 09, NJW 2011, 2040, 2042. 97  Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 254; Schlegelberger / Mar­ tens, § 114  HGB Rn. 12; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 318; C. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 75 f.; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 25; GK-HGB / Ensthaler, § 114 Rn. 10; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

zen der Nicht-Gesellschafter sind lediglich abgeleitete, durch eine schuldrechtliche Abrede übertragene Rechte.98 Das Handeln des Dritten ist kein „Eigenhandeln“ der Gesellschaft, sondern wird der Gesellschaft als Handeln eines Bevollmächtigten zugerechnet.99 2. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnisse des Dritten Obgleich die Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf Dritte nicht a priori im Widerspruch zur Selbstorganschaft steht, könnte das Prinzip der Selbstorganschaft zumindest einer unwiderruflichen Übertragung entgegenstehen. Zu klären ist deswegen, ob und inwieweit die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnisse des Dritten eingeschränkt werden kann. Zulässig ist die Übertragung jedenfalls dann, wenn die Gesellschafter jederzeit die Befugnisse des Dritten entziehen können.100 Formal unangetastet ist die Selbstorganschaft der Gesellschafter selbst im Falle der Erteilung einer unwiderruflichen und nur aus wichtigem Grund Rn. 25 (jedenfalls in ihrer Gesamtheit); ebenso: Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 114 HGB Rn. 19; Heymann / Emmerich, § 114 HGB Rn. 29; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 17; Boerner, Haftung Kommanditist, S. 120. 98  BGH Urt. v. 22.1.1962 – II ZR 11 / 61, BB 1962, 233, 233 f.; Urt. v. 20.9.1993 – II ZR 204 / 92, WM 1994, 237, 238; OLG Hamm Urt. v. 30.3.1998 – 8 U 144 / 97, NZG 1999, 1099, 1100; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 5; Ebbing, NZG 1999, 1100, 1100; Bergmann und Westermann sprechen von einer Umdeutung von Gestaltungen, die dem Prinzip der Selbstorganschaft zuwiderlaufen, in rein schuldrechtliche Abreden ohne organisatorisches Element, Bergmann, Fremdorganschaft­ liche OHG, S. 567; H. P. Westermann, FS Lutter, 955, 958; siehe auch: Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 12; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 254; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 25; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 24; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 351d; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 40; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 18; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 17; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 11, 28; U. Huber, ZHR 152 (1988), 1, 14 (zur organschaftlichen Vertretung). 99  Bergmann, Fremdorganschaftliche OHG, S. 560; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 318. 100  BGH Urt. v. 22.1.1962 – II ZR 11 / 61, BGHZ 36, 292, 294; Urt. v. 20.9.1993 – II ZR 204 / 92, DStR 1993, 1918, 1919; so bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm. 106, S. 129; Flume, Personengesellschaft, S. 244; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 10; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 5; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 17; Staudinger / Habermeier, § 709  BGB Rn. 12; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 241 f.; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 254; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 24; Grunewald, Liber Amicorum M. Winter, 167, 172; Ott, Typenzwang, S. 299; Boerner, Haftung Kommanditist, S. 120.



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft

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entziehbaren Geschäftsführungsbefugnis eines Dritten.101 Dementsprechend wird teilweise – unter Verweis auf die „Holiday Inn“ Entscheidung des Bundesgerichtshofes – eine Beschränkung der Entziehungsmöglichkeit auf Fälle des Vorliegens eines wichtigen Grundes bzw. unter vertraglich festgelegten Voraussetzungen als zulässig erachtet.102 Im Fall BGH Urt. v. 5.10.1981 – II ZR 203 / 80, NJW 1982, 1817 ff. („Holiday Inn“) war die Klägerin ein in der Hotelbranche weltweit tätiges Unternehmen und die Beklagte eine „Familien-KG“. Beide Unternehmen schlossen einen „Management-Vertrag“. Danach hatte die Beklagte ein Hotelgebäude nach Anleitung der Klägerin zu errichten. Die Klägerin erhielt das Recht, den Hotelbetrieb im Namen und für Rechnung der Beklagten zu führen und alle Vereinbarungen zu treffen, die nach ihrer Meinung dafür erforderlich waren. Einen bestimmten Betrag überschreitende sowie den Charakter des Gebäudes ändernde Vereinbarungen bzw. Maßnahmen erforderten jedoch die Zustimmung der Beklagten. Ihr wurden ferner umfassende Einsichts-, Informations- und Kontrollrechte eingeräumt. Im Falle einer Nicht- oder Schlechterfüllung der Pflichten durch die Klägerin stand der Beklagten ein Kündigungsrecht zu. Etwa ein halbes Jahr nach Eröffnung des Hotels untersagte die Beklagte dem von der Klägerin eingesetzten Hoteldirektor die weitere Ausführung seiner Tätigkeit unter Hinweis auf die Nichtigkeit des Vertrages. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass aus dem Wesen und Sinn und Zweck des „Management-Vertrages“ folge, dass die Beklagte bereits ein Kündigungsrecht habe, wenn das Hotel auf die Dauer gesehen keinen Ertrag abwirft oder dieser nicht ausreicht, um die laufenden Verpflichtungen der Beklagten zu decken. Der Beklagten (bzw. ihrem Komplementär) sei bei einer Gesamtbetrachtung die Verantwortung für die Führung des Hotels geblieben. Einzelanweisungen seien zwar nicht möglich, allerdings verpflichte der vertraglich festgelegte Maßstab die Klägerin dazu, im Interesse der Beklagten tätig zu werden. Wegen der Mitwirkungs-, Kontroll- und Einsichtsrechte und des Erfüllungsanspruchs einerseits und der bei Leistungsstörungen eingreifenden Rechte sowie den Kündigungsmöglichkeiten andererseits bestehe eine Abhängigkeiten der Klägerin bei der Leitung des Unternehmens. Die Entscheidungsbefugnis über die grundsätzlichen Fragen der Geschäftsführung seien damit nicht auf die Klägerin verlagert worden, so dass das Prinzip der Selbstorganschaft nicht durchbrochen sei.

Die überwiegende Lehre hält eine solche unwiderrufliche Übertragung, die regelmäßig mit einer Generalvollmacht verbunden ist, für unzulässig.103 Fehlt es an einer freien Widerruflichkeit, läge schon nach allgemeinen 101  So ausdrücklich Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 239; Berg­ mann, Fremdorganschaftliche OHG, S. 566. 102  Staub / Schäfer, § 109 HGB Rn. 34; Staub / Habersack, § 125  HGB Rn. 15; Hillmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 125 HGB Rn. 9; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 24 f.; wohl auch Löffler, NJW  1983, 2920, 2922. 103  Schürnbrand, Organschaft, S. 253, 263 ff.; U. Huber, ZHR 152 (1988), 1, 23 f.; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 5; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 26; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 241 ff.; kritisch auch Schä­

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

Grundsätzen (§ 138 BGB) eine unzulässige Fremdbestimmung104 vor, da sich die Gesellschafter in eine Abhängigkeit von dem Dritten begäben.105 Hinge der Widerruf von dem Vorliegen eines wichtigen Grundes ab, bestünde ein erhebliches Risiko für die persönlich haftenden Gesellschafter, welche bis zu einer Entscheidung über das Vorliegen oder eine einstweilige Verfügung an die Entscheidungen des Dritten gebunden wären.106 Aus dem Prinzip der Selbstorganschaft folgt, dass die Gesellschafter stets gemeinsam handeln und sich dieser Handlungsmöglichkeit nicht begeben können.107 Schränkt man die Widerrufbarkeit einer übertragenen Geschäftsführungsbefugnis ein, so hätten sie sich insofern ihrer Handlungsmöglichkeit begeben. Es läge eine unzulässige Fremdbestimmung vor. Flankiert wird dies durch den Rechtsgedanken des § 52 HGB, welcher von der freien Widerrufbarkeit der Prokura ausgeht.108 Zu beachten ist jedoch, dass es auch für den gesellschaftsfremden Geschäftsführer, dessen Beruf die Geschäftsführungstätigkeit ist, einer gewissen Rechtssicherheit bedarf. Übt dieser seine Tätigkeit objektiv richtig und erfolgreich aus, muss er vor einer – gegebenenfalls existenzgefährdenden – Entlassung geschützt sein. Indes betrifft dieses Sicherheitserfordernis nicht die Leitungsbefugnis, sondern die Vergütung und ähnliche Regelungen mit dienstvertraglichem109 Charakter. Das gesellschaftsrechtliche Prinzip der Selbstorganschaft schützt demgegenüber die Gesellschafter.110 Der Schutz ist nur bei einer freien Widerrufbarkeit der Verpflichtungsmöglichkeit gewährleistet. Diesbezüglich ist der Dritte auch nicht schutzwürdig. Die Entziehbarkeit einschränkende Abreden sind daher unwirksam, und die Gesellschafter können dem ge­ sellschaftsfremden Geschäftsführer jederzeit sämtliche Leitungs- und Vertretungsbefugnisse entziehen. Solche Abreden können allenfalls Auswirkungen auf den dienstvertraglichen Teil der Vereinbarung mit dem Dritfer, ZHR  175 (2011), 557, 573; Flume, Personengesellschaft, S. 246; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  3  b  bb, S. 336. 104  Zu dem sich aus dem Prinzip der Selbstorganschaft ergebenen Verbot der Fremdbeherrschung und Selbstentmachtung siehe bereits oben 2. Kapitel C. I. 1. b) und 2. 105  Flume, Personengesellschaft, S. 246; Schürnbrand, Organschaft, S. 264; Wer­ tenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 241. 106  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 241. 107  Siehe oben 2. Kapitel C. I. 2. 108  U. Huber, ZHR 152 (1988), 1, 18 f.; Reuter, FS Steindorff, 229, 241; Schürn­ brand, Organschaft, S. 264 f.; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 26. 109  Sofern eine Weisungsabhängigkeit besteht, könnte es sich auch um Regelungen arbeitsvertraglicher Natur handeln, so dass entsprechende Arbeitnehmerschutzvorschriften greifen könnten, allerdings ist in diesem Fall ein Konflikt mit dem Prinzip der Selbstorganschaft zumindest nur sehr eingeschränkt vorhanden. 110  Siehe bereits oben 2. Kapitel C. I. 1. b).



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft

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ten  haben. Dabei handelt es sich aber nicht um eine gesellschaftsrechtliche Problematik. 3. Sonderfall: Der Beirat in der Personengesellschaft Im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsfreiheit kann ein Beirat eingerichtet werden.111 Diesem können diverse Kompetenzen eingeräumt werden, typisch ist etwa eine beratende Stellung. Soweit der Beirat ohnehin nur aus Gesellschaftern besteht, kann diesem auch eine organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden.112 Regelmäßig werden Beiräte aber auch gesellschaftsfremde Dritte als Mitglieder haben, womit sich die Frage nach der Übertragbarkeit von Geschäftsführungsbefugnissen stellt. Insofern gelten die dargestellten Grundsätze113 zu der Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf Dritte, mithin kann dem Beirat keine organschaftliche Kompetenz erteilt werden.114 Für den Fall der Uneinigkeit zwischen den Gesellschaftern über eine Geschäftsführungsentscheidung ist es jedoch möglich dem – auch mit gesellschaftsfremden Dritten besetzten – Beirat die Kompetenz einer Schiedsstelle einzuräumen.115 Sofern ein Beirat existiert, dem wirksam Befugnisse übertragen wurden, sind seine Entscheidungen verbindlich und jeder einzelne Gesellschafter 111  BGH Urt. v. 22.10.1984 – II ZR 2 / 84, NJW 1985, 1900, 1900 (Publikums-KG); MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 30; Staub / Schäfer, § 109 HGB Rn. 48 ff.; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 90; Schürnbrand, Organschaft, S. 262; Reuter, FS Steindorff, 229, 240 f.; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 27; Heymann / Emmerich, § 114 HGB Rn. 32; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 22; Mutter, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 8 Rn. 1; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 14. 112  Staub / Schäfer, § 109 HGB Rn. 51, MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 30; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  249; Mutter, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 8 Rn. 25; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 114 HGB Rn. 4; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 14 i. V. m. Rn. 11a. 113  Siehe oben 2. Kapitel C. III. 1. 114  Staub / Schäfer, § 109 HGB Rn. 52; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 30; K. Schmidt, GS Knobbe-Keuk, 307, 318; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  249a; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114  HGB Rn. 23; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 114 HGB Rn. 4; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 14 i. V. m. Rn. 12 f. Ohne weitere Begründung lässt Mutter, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 8 Rn. 25, es genügen, dass die Mehrheit der Beiratsmitglieder Gesellschafter sind. Dies widerspricht jedoch dem Gesamthandsgrundsatz bzw. der Selbstorganschaft, wonach nur die Gesellschafter organschaftliche Befugnisse haben. 115  Schürnbrand, Organschaft, S. 262; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 23; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 163 HGB Rn. 16 (allgemein zur Einrichtung einer Schiedsstelle).

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

kann ihre Durchsetzung verlangen.116 Gemeinsam oder mit der nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlichen Mehrheit können sich die Gesellschafter allerdings über Entscheidungen eines aus Nichtgesellschaftern bestehenden Beirats hinwegsetzen oder diesen einfach abschaffen.117 4. Sonderfall: Publikumspersonengesellschaften Insbesondere bei Publikumspersonengesellschaften, die vielfach nur aus steuerlichen Gründen als Personengesellschaft betrieben werden, ist die Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf Dritte aus Gründen der Praktikabilität üblich. Nach der Rechtsprechung verbleibt auch hier die organschaftliche Geschäftsführung bei den Gesellschaftern.118 Praktisch sind die Gesellschafter jedoch oft gar nicht in der Lage, gemeinsam – erst recht nicht einstimmig – tätig zu werden.119 Das Prinzip der Selbstorganschaft besteht bei Publikumsgesellschaften deswegen nur formal. Es kann die Gesellschafter nicht effektiv vor der „Herrschaft“ eines gesellschaftsfremden Geschäftsführers schützen.120 Um zumindest einen Resteinfluss der Gesellschafter aufrechtzuerhalten, können bei Publikumsgesellschaften die Fremdgeschäftsführer immer – unabhängig von abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen – durch einfachen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter abberufen werden.121 116  BGH Urt. v. 1.12.1969 – II ZR 224 / 67, BB 1970, 226, 226; Flume, Personengesellschaft, S. 239; Michalski, § 114 HGB Rn. 57; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114  HGB Rn. 25; Heymann / Emmerich, § 114 HGB Rn. 36; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 114 HGB Rn. 4; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 14a. 117  Flume, Personengesellschaft, S. 239; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  249a; Michalski, § 114 HGB Rn. 57; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 114 HGB Rn. 4; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 14b. 118  BGH Urt. v. 22.3.1982 – II ZR 74 / 81, NJW 1982, 2495, 2495; OLG Köln Urt. v. 25.11.1998 – 13 U 185 / 97, NZG 1999, 769, 772 (Einschränkung des Prinzips der Selbstorganschaft aufgrund der besonderen Strukturen von Publikumspersonengesellschaften). 119  H. P. Westermann, FS Lutter, 955, 964; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  353b; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 6. 120  Ähnlich: Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 353b; für eine vollständige Aufgabe des Verbotes der Fremdorganschaft bei Publikumsgesellschaften in der Form der GbR: Arlt, NZG 2002, 407, 411. 121  BGH Urt. v. 22.3.1982 – II ZR 74 / 81, NJW 1982, 2495, 2496; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 353c; siehe auch MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 6. Arlt, NZG 2002, 407, 409, geht hingegen davon aus, dass so dem Kontrollinteresse der Anleger ausreichend Rechnung getragen ist, und kommt zu dem Ergebnis, dass eine Fremdorganschaft möglich sein sollte.



C. Der Grundsatz der Selbstorganschaft

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5. Zwischenergebnis Bei einer Personengesellschaft können gesellschaftsfremde Dritte für Geschäftsführungsaufgaben eingesetzt werden. Es ist sogar möglich, den Dritten weitreichende Geschäftsführungskompetenz einzuräumen, solange sichergestellt ist, dass die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis bei den Gesellschaftern verbleibt. Die Dritten sind stets weisungsgebunden und besitzen lediglich abgeleitete Kompetenzen, die ihnen durch die Gesellschafter jederzeit wieder entzogen werden können.

IV. Kritische Auseinandersetzung mit dem Prinzip der Selbstorganschaft Die Auswirkungen des Grundsatzes der Selbstorganschaft wurden durch die Praxis weit zurückgedrängt. Harm Peter Westermann spricht davon, dass die Rechtsprechung den Grundsatz der Selbstorganschaft nur noch durch die „Behauptung seiner Unversehrtheit“ aufrecht erhält.122 Da es sich dabei keinesfalls um einen ausnahmslosen Grundsatz des Systems der Personengesellschaften handelt, ist diese Entwicklung im Sinne der Privatautonomie im Grunde nicht zu kritisieren. Daran ändert auch nichts, dass keine gesetzliche Norm die Schadensersatzpflicht von Fremdorganen in Personengesellschaften regelt.123 Die gesetzlichen Regelungen der Personengesellschaften (vgl. etwa §§ 709–715 BGB, §§ 114–118, § 125  HGB) gehen noch von dem Leitbild aus, dass die Gesellschafter die Gesellschaft vertreten und ihre Geschäfte führen.124 Durch die große Freiheit bei der Ausgestaltung hat sich die Praxis davon gelöst. Mit der EWIV wurde ohnehin eine Personengesellschaft geschaffen, bei der nach Art.  19 Abs. 1 EWIV-VO die Geschäftsführer bestellt werden müssen und FremdorganNach BGH Urt. v. 9.11.1987 – II ZR 100 / 87, EWiR 1988, 145, 145, soll die einfache Mehrheit zur Abberufung sogar ausreichen, wenn es sich nicht um einen Fremdgeschäftsführer, sondern um einen Gesellschafter als Geschäftsführer einer Publikumsgesellschaft handelt; zustimmend: Blaurock, EWiR 1988, 145, 145 f. 122  H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 242 a (Lfg. 32 Februar 2005); kritisch auch: Helm / Wagner, BB  1979, 225, 233; Arlt, NZG 2002, 407, 411; Reuter, JZ 1986, 16, 18, der diese Entwicklung aber kritisiert und darin nicht die „wirkliche Absicht“ der Rechtsprechung sieht; R. Weber, JuS 2000, 313, 316, bezüglich der Übertragung von (organschaftlichen) Geschäftsführungsbefugnissen auf gesellschaftsfremde Dritte bei der GbR. 123  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 2 b bb, S. 334. Wiedemann verweist zudem auf die Regelung der Haftung für Fremdorgane in § 43 GmbHG, § 93 AktG und § 34 GenG. 124  Siehe oben 1. Kapitel A. II.

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2. Kap.: Die organschaftliche Geschäftsführung

schaft möglich ist.125 Vermehrt wird daher eine Aufgabe des Prinzips der Selbstorganschaft – vor allem im Hinblick auf die Geschäftsführung – gefordert.126 Dennoch ist zu bedenken, dass die aufgezeigten Folgen des Grundsatzes der Selbstorganschaft ihre Berechtigung haben. Sichergestellt wird, dass die Gesellschafter einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer stets die Geschäftsführungsmacht entziehen und gemeinsam die Geschäftsführung ausüben können. Außerdem verdeutlicht das Prinzip der Selbstorganschaft, dass „geborene Organe“ existieren. Es verhindert eine Fremdbeherrschung der persönlich haftenden Gesellschafter sowie eine Selbstentmachtung der Gesellschaft und trägt zum Schutz des Rechtsverkehrs bei. Die Gesamtheit dieser Folgen rechtfertigt ein Festhalten am Grundsatz der Selbstorganschaft. Gerade wegen den von der Rechtsprechung anerkannten Gestaltungsmöglichkeiten – insbesondere der Einräumung von Geschäftsführungs- und Vertretungskompetenzen für Dritte – ist eine Aufgabe des Prinzips auch aus Sicht der Praxis nicht nötig.

D. Zusammenfassung Geschäftsführung ist jede in Erfüllung des Gesellschaftszwecks getätigte Handlung, die nicht die Grundlagen der Gesellschaft berührt. Sie umfasst das Innenverhältnis der Gesellschaft, die interne Willensbildung, und das Außenverhältnis, also Vertretungsmaßnahmen. Die Begriffe „Geschäftsführung“ und „Vertretung“ sind nicht einander gegenüberzustellen, da jeder Vertretungsakt zugleich eine Geschäftsführungsmaßnahme ist. Es stehen sich vielmehr Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht gegenüber. 125  Die EWIV wird als „offene Handelsgesellschaft mit Fremdgeschäftsführung“ bezeichnet (so Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 982). Als nachträglich geschaffene Gesellschaftsform gehört sie nicht zu den klassischen deutschen Personengesellschaften, allerdings verweist § 1 EWIV-AusfG auf das Recht der OHG und sie ist auch steuerrechtlich als Personengesellschaft zu behandeln (vgl. das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15.11.1988 – IV C 5 – S 1316 – 67 / 88 zur Besteuerung der EWIV in Deutschland). Gleichwohl stehen § 3 Abs. 3 und Abs. 4 EWIV-AusfG im Einklang mit Art. 19 Abs. 1 EWIV-VO und gehen von dem Erfordernis der Bestellung der Geschäftsführer aus. Es besteht also kein Zweifel daran, dass die EWIV eine Personengesellschaft ist, die nicht dem Prinzip der Selbstorganschaft unterliegt. 126  Siehe z. B. Bergmann, Fremdorganschaftliche OHG, S. 568 f.; Werra, Selbstorganschaft, S. 132; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 249 ff.; kritisch auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14  II  2  e, S. 414; R. Weber, JuS 2000, 313, 316, bezüglich der Übertragung von (organschaftlichen) Geschäftsführungsbefugnissen auf gesellschaftsfremde Dritte bei der GbR.



D. Zusammenfassung

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Eine Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass ihre Organe für sie handeln. Ein Handeln der Organe für die Gesellschaft ist ein originäres Handeln der Gesellschaft. Die Gesellschafter sind die „geborenen Organe“ einer Personengesellschaft. Die klassischen Personengesellschaften basieren auf dem gesetzlichen Leitbild der Selbstorganschaft. Dieses besagt, dass die Geschäftsführung grundsätzlich Sache der Gesellschafter ist. Sie dürfen und können ihre or­ ganschaftliche Geschäftsführerstellung nicht auf Dritte übertragen. Trotzdem hat bereits der Gesetzgeber im Falle der Liquidation eine Ausnahme von dem Prinzip der Selbstorganschaft ermöglicht. Darüber hinaus können weitere Ausnahmen in liquidationsähnlichen Sonderlagen bestehen, wenn der Interessengleichlauf zwischen den Gesellschaftern im Hinblick auf die Zweckerreichung nicht mehr fortbesteht. Das Prinzip geht ohnehin nicht soweit, dass Dritte vollständig von Geschäftsführungsaufgaben ausgeschlossen sind. Dritte können vielmehr weitgehende Geschäftsführungskompetenzen erhalten. Ihre Kompetenzen sind jedoch stets abgeleiteter Natur, während die organschaftliche Leitungsmacht bei den Gesellschaftern verbleibt. Diese können dem Dritten Weisungen erteilen und ihm seine Kompetenzen jederzeit entziehen. Die Gesamtheit der Personengesellschafter ist stets zur organschaftlichen Geschäftsführung befugt.

3. Kapitel

Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft A. Einführung Die OHG ist eine Personengesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist (§ 105 Abs. 1 HGB)1. Darin unterscheidet sie sich von der GbR, bei der keine Vorgaben in Bezug auf den Gesellschaftszweck bestehen. Im Gegensatz zur KG haften alle OHG-Gesellschafter persönlich mit ihrem gesamten Vermögen. Trotz der wirtschaftlichen Ausrichtung hat eine OHG typischerweise einen kleinen Gesellschafterkreis, der den Gesellschaftszweck unter persönlichem Einsatz und bei vollem persönlichen Risiko verfolgt.2 Sie bietet sich als Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen an, bei denen nicht der Kapitaleinsatz, sondern die persönliche Arbeitsleistung der Gesellschafter im Vordergrund stehen soll.3 Die OHG ist die traditionelle Grundform der Zusammenarbeit von Kaufleuten und war in Deutschland bereits in den Artikeln 85 ff. des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches von 1861 ausführlich normiert.4 Die Regelungen im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch beruhten auf der so­ ciété en nom collectif aus dem französischen Code de Commerce von 1807.5 1  § 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 HGB räumt aber auch die Möglichkeit der Gründung einer OHG ein, wenn kein Handelsgewerbe betrieben und nur eigenes Vermögen verwaltet wird. 2  BGH Urt. v. 6.12.1962 – KZR 4 / 62, BGHZ 38, 306, 312; Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 46 Rn. 12; Priester, DStR 2008, 1386, 1387; Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 119 HGB Rn. 44; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 12. 3  Staub / Schäfer, vor § 105 HGB Rn. 9; Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger /  Weipert, I § 46 Rn. 12; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 4; allgemein zu Personengesellschaften Grunewald, Unternehmenswirtschaft, 35 ff. 4  Staub / Schäfer, § 105 HGB Rn. 7; Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 46 Rn. 1; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, Einl. v. § 105 HGB Rn. 15; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 I 2 a, S. 1360. 5  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 I 2 a, S. 1360; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 1  I  2, S. 8; Staub / Schäfer, § 105 HGB Rn. 7; Happ / Möhrle, in: Gum-



A. Einführung

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Ihre Wurzeln reichen allerdings noch weiter bis auf die von Ludwig XIV. erlassene Ordonnance sur le Commerce aus dem Jahr 1673 zurück.6 Vor allem im 19. Jahrhundert hatte die OHG eine erhebliche Bedeutung.7 Wegen der engen Verbundenheit der Gesellschafter war sie die Grundform der Familiengesellschaften und wurde auch zur Grundform der Personenhandelsgesellschaften, da sie in der Praxis die Normalform der Verbindung von Gesellschaftern darstellte.8 Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrisen des 20. Jahrhundert, der beiden Weltkriege und den darauf beruhenden Unternehmenszusammenbrüchen kam es jedoch, insbesondere bei den unternehmerisch tätigen Gesellschaften, zu einer „Flucht“ in die beschränkte Haftung.9 Die persönliche Haftung der Gesellschafter trägt zwar weiterhin zur Seriosität und zum „guten Ruf“ der OHG bei, führte aber auch dazu, dass die Gesellschaftsform in den letzten 100 Jahren an Bedeutung verloren hat.10 Trotzdem hat der Bundesgerichtshof sie noch im Jahr 1962 als eine „volkswirtschaftlich besonders erwünschte Unternehmensform“ bezeichnet.11 Heute ist die OHG in Deutschland seltener im Geschäftsverkehr anzutreffen als die GmbH oder die KG.12 Die Vorteile der beschränkten Haftung überwiegen in der Regel für die Gesellschafter. Unterstützt wird der Rückgang der OHG durch die Regelung des § 139 Abs. 1  HGB, nach der jeder Erbe sein Verbleiben in der OHG von der Einräumung einer Kommanditistenstellung abhängig machen kann.13 In der Praxis wird häufig davon Gebrauch gemacht. Die Einführung der UG hat den Trend zur beschränkten mert / Riegger / Weipert, I § 46 Rn. 1; siehe zum Code de Commerce auch MüllerFreienfels, FS Caemmerer, 583, 599 ff. 6  Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 46 Rn. 1; Staub / Schäfer, § 105 Rn. 7; siehe dazu Müller-Freienfels, FS Caemmerer, 583, 598 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 I 2 a, S. 1360. 7  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 I 2 b, S. 1360; Dröge / Simon, in: Büchel /  von Rechenberg, Kap. 7 Rn. 3. 8  Staub / Schäfer, vor § 105 HGB Rn. 8 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 I 2 b, S. 1360; Erman / H. P. Westermann, vor § 705  BGB Rn. 12; Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 46 Rn. 9, 12. 9  Staub / Schäfer, vor § 105 HGB Rn. 9; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 I 2 b, S. 1361; Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 46 Rn. 13. 10  Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 46 Rn. 13; Dröge / Simon, in: Büchel / von Rechenberg, Kap. 7 Rn. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 46 I 2 b, S. 1361. 11  BGH Urt. v. 6.12.1962 – KZR 4 / 62, BGHZ 38, 306, 312. 12  Im Jahr 2007 waren knapp 18.000 Offene Handelsgesellschaften umsatzsteuerpflichtig, während es ca. 460.000 umsatzsteuerpflichtige Gesellschaften mit beschränkter Haftung gab – Angaben des Statistischen Bundesamtes über steuerpflichtige Gesellschaften mit Lieferungen und Leistungen über 17.500 Euro im Jahr 2007. 13  Dröge / Simon, in: Büchel / von Rechenberg, Kap. 7 Rn. 6.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Haftung weiter verstärkt, weil zur Gründung nur 1 € Stammkapital aufgebracht werden muss. Dadurch ist eine wesentliche Hürde für die Gründung einer GmbH entfallen. Die OHG ist in den §§ 105 bis 160 HGB normiert. Sofern das Handelsgesetzbuch keine spezielle Regelung enthält, verweist § 105 Abs. 3 HGB auf die Vorschriften der GbR in §§ 705 bis 740 BGB. Die gesetzlichen Regelungen der OHG wurden kaum überarbeitet, während sich in der Praxis speziell das dispositive Innenrecht immer weiter entwickelte. Spätestens seit dem Urteil des Bundesgerichtshofes zur Rechtsfähigkeit der GbR kann man nicht mehr ohne weiteres davon sprechen, dass die GbR die Grundform der Personengesellschaften ist, da wegen der lückenhaften Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch nunmehr für Rechtsfragen der GbR in weiten Teilen auf die OHG-Regelungen zum Außenverhältnis zurückgegriffen wird.14

B. Grundlagen der Geschäftsführung I. Vorbemerkung Die Geschäftsführung der OHG ist in den §§ 114 bis 117 HGB normiert. Regeln weder der Gesellschaftsvertrag noch die §§ 114 bis 117 HGB einen bestimmten Aspekt, kann gemäß § 105 Abs. 3 HGB auf die Regelungen der GbR zurückgegriffen werden. Die im Gesellschaftsvertrag getroffenen Vereinbarungen gelten jedoch vorrangig, denn die gesetzlichen Regelungen sind nach § 109 HGB dispositiv. Diese Dispositionsfreiheit findet ihre Grenzen in den grundlegenden Prinzipien der Personengesellschaften, wie dem Grundsatz der Selbstorganschaft.

II. Pflicht zur und Recht auf Geschäftsführung, § 114 HGB § 114 HGB befasst sich mit der Geschäftsführungsbefugnis bei der OHG. Dem ersten Absatz ist zu entnehmen, dass die Geschäftsführung ein mitgliedschaftliches „Pflichtrecht“ aller Gesellschafter ist („sind alle Gesell­ schafter berechtigt und verpflichtet“). Diese Qualifikation ist der Ausgangspunkt für die Geschäftsführung der OHG.15 Mit ihr ist aber noch keine 14  Etwa § 128 Satz 1 HGB (BGH Urt. v. 29.1.2001 – II  ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341, 358) oder § 130 HGB (BGH Urt. v. 12.12.2005 – II ZR 283 / 03, NJW 2006, 765 f.). 15  RG Urt. v. 10.10.1933 – II 148 / 33, RGZ 142, 13, 18; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 1; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 306; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 2 b bb, S. 333; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Wei-



B. Grundlagen der Geschäftsführung

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Aussage über die konkrete Ausgestaltung der Geschäftsführungsbefugnis getroffen, insbesondere lässt sich dem Absatz 1 keine Festlegung auf eine bestimmte Geschäftsführungsart entnehmen. Das Gesetz geht zwar im Normalfall von einer Beteiligung aller Gesellschafter an der Geschäftsführung aus, sieht das aber nicht als zwingend an. Von § 114 Abs. 1 HGB kann im Gesellschaftsvertrag abgewichen werden. Die finale Entscheidung über die Beteiligung an der Geschäftsführung obliegt demnach den Gesellschaftern. Nach § 114 Abs. 2 HGB sind bei gesellschaftsvertraglicher Übertragung der Geschäftsführung auf einzelne Gesellschafter die übrigen Gesellschafter im Zweifel von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Wegen des Fortbestehens der persönlichen Haftung ist die Entscheidung, sich nicht an der Geschäftsführung zu beteiligen, gut zu überlegen. Allerdings kann das Recht zur Geschäftsführung unfreiwillig und gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters verloren gehen. So kann es etwa bei einem groben Verstoß gegen die Gesellschaftspflichten verwirkt16 oder nach § 117 HGB entzogen werden. Die persönliche Haftung besteht gleichwohl fort. Im Fall BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862 ff. nahm der Gesellschafter einer GbR über Jahre nicht an den Gesellschafterversammlungen teil, verhinderte wichtiger Beschlüsse durch Passivität und machte seine Mitwirkung von der sachfremden Forderung, seine Lebensgefährtin in die Gesellschaft aufzunehmen, abhängig. Der Bundesgerichtshof erkennt richtigerweise die Möglichkeit der Entziehung der Geschäftsführung an. Zudem sei das Recht die Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen aus Zweckmäßigkeitsgründen zu verweigern aufgrund des Verpert, I § 53 Rn. 12; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 19; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 39; Heymann / Emmerich, § 114  HGB Rn. 6; Heide­ mann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 24; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 9. 16  BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 864; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 53; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 12; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 31; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 709 BGB Rn. 5; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709 BGB Rn. 8; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 19; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 15; GK-HGB / Ensthaler, § 116 Rn. 9; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 12; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 6 (zum Zustimmungsrecht). MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 43, stimmt dem Ergebnis zu, will aber bei der GbR auf das Recht zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis zurückgreifen und – in extensiver Auslegung des § 712 Abs. 1 BGB – dieses auch für die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis einräumen (zur Reichweite der Entziehungsmöglichkeit nach § 712 Abs. 1 BGB siehe unten 4. Kapitel F. I. 2.). Da die Entziehung durch Gesellschafterbeschluss möglich ist und kein gerichtliches Urteil erfordert, entsprechen sich die beiden Ansätze weitgehend und es handelt es sich um einen rein theoretischen Streit, wie auch die von Schäfer verwendete Formulierung (es sei „methodisch richtiger“) zeigt. Ein zwingender Grund für einen gesonderten Beschluss ist meines Erachtens nicht ersichtlich.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

haltens nach Treu und Glauben verwirkt. Der Betroffene könne Maßnahmen nur noch bei Nachweis des Verstoßes gegen die Gesellschaftsinteressen bzw. den Gesellschaftszweck verhindern,17 insofern bestünden noch seine Geschäftsführungsrechte (etwa Zustimmungsverweigerung und Widerspruch). Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass bei einer objektiv interessenwidrigen Maßnahme die Handelnden wegen der Pflicht18 zur ordnungsgemäßen und sorgfältigen Geschäftsführung19 ebenfalls eine Pflichtwidrigkeit begehen. Theoretisch kommt es in diesem Fall gar nicht auf die Zustimmung oder Verweigerung der Mitgesellschafter an, denn die Maßnahme hat schon aufgrund der Bindung an das Gesellschaftsinteresse zu unterbleiben20.

Infolge der Verpflichtung zur Geschäftsführung kommt keine Stimmenthaltung bei Geschäftsführungsbeschlüssen in Betracht.21 Insbesondere kann eine Enthaltung nicht unter Hinweis auf mangelnde Fachkenntnisse in Bezug auf die konkrete Maßnahme begründet werden, denn es gehört zur Geschäftsführungspflicht, sich entsprechend zu informieren. Ein solcher Hinweis wäre demzufolge das Eingeständnis einer Pflichtverletzung. Die Verletzung der Geschäftsführungspflicht kann zu einer Haftung des Gesellschafters nach § 280 Abs. 1 BGB führen.22 Stimmen die übrigen Gesell17  Zustimmend: Michalski, § 115 HGB Rn. 13; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 16. 18  RG Urt. v. 10.10.1933 – II 148 / 33, RGZ 142, 13, 18; BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW  1972, 862, 863; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 17; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 21 f.; Flume, Personengesellschaft, S. 136; SchmidtRimpler, FS Knur, 235, 239; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 1, 19; Bal­ lerstedt, JuS 1963, 253, 256; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 17; Wertenbruch, NZG 2005, 665, 665; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 301; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 360; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 5; Kübler / Assmann, § 6 III 2 c, S. 54; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 10 Rn. 18; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 48; A. Hueck, OHG Recht, § 10  IV  1, S. 133; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 306; Siegmund / van Venrooy, Rn. 90; Leh­ mann / Dietz, S. 99; Kraft / Kreutz, S. 118; K. Wagner, Gesellschaftsrecht, S. 40; G. Roth, Rn. 282; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 23; Heidemann, Charakter der Selbstorganschaft, S. 24; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114  HGB Rn. 1, 4. Für die GbR: MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 29; RGRK / von Gamm, § 709 BGB Rn. 3; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 31; AK-BGB /  Heidel / Pade, § 709 Rn. 6; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 38. 19  Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 32; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 59 i. V. m. Rn. 50; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 14. Für die GbR: KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 39. 20  Siehe zur Bindung an das Gesellschaftsinteresse unten 3. Kapitel C. I. 21  Flume, Personengesellschaft, S. 263; A. Hueck, OHG Recht, § 11 III 3, S. 173; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 23; siehe auch MünchKommBGB / Schäfer, § 709 Rn. 29; RGRK / von Gamm, § 709  BGB Rn. 9. 22  BGH Urt. v. 4.11.1996 – II ZR 48 / 95, NJW 1997, 314, 314; MünchKommHGB / Rawert, § 114 Rn. 56; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 50; Heymann / Emme­ rich, § 114 HGB Rn. 17; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB



B. Grundlagen der Geschäftsführung61

schafter der Maßnahme zu oder genehmigen sie diese in Kenntnis aller Umstände, entfällt jedoch die Pflichtwidrigkeit.23 Die geschäftsführenden Gesellschafter sind bei der Ausübung der Geschäftsführung nicht an Weisungen ihrer Mitgesellschafter gebunden, sondern handeln selbständig.24 Das Fehlen einer Weisungsgebundenheit beruht auf der eigenverantwortlichen Stellung der geschäftsführenden Gesellschafter, die sich direkt aus der Mitgliedschaft ableitet. Die Verweisung des § 713 BGB auf § 665 BGB, welche nach § 105  Abs. 3 HGB auch für die OHG gilt, erfasst nur Fälle, in denen die geschäftsführenden Gesellschafter den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterstellt wurden. Eine solche Anordnung der Unterwerfung ist in den Grenzen des § 138 BGB im Gesellschaftsvertrag möglich oder kann bei gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung des Mehrheitsprinzips für die Geschäftsführung bestehen.25 Bei einstimmigen Gesellschafterbeschlüssen – wie sie zum Beispiel § 116  Abs. 2 HGB voraussetzt – ist ebenfalls von einer Bindung auszugehen, allerdings handelt es sich wegen der eigenen Zustimmung des geschäftsführenden Gesellschafters nicht um eine Weisungsgebundenheit im eigentlichen Sinn. Eine gesetzliche Ausnahme findet sich in § 152 HGB für die geschäftsführenden Liquidatoren, welche die Abwicklung der Gesellschaft im Interesse der Beteiligten durchzuführen haben.

III.  Grenzen der Verpflichtung zur Geschäftsführung Sollte der Gesellschaftsvertrag den Umfang der Verpflichtung zur Geschäftsführung nicht regeln, richtet sich dieser nach den Erfordernissen der Rn. 34; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114  HGB Rn. 15; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VI, S. 139; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 62. 23  OLG München Urt. v. 3.12.2008 – 7 U 3315 / 08, NZG 2009, 340, 341 f.; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 58; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 51; Schle­gel­berger / Martens, § 114 HGB Rn. 41; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 51; A. Hueck, OHG Recht, § 10  VI 4, S. 141. 24  BGH Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, NJW 1980, 1463, 1465 (für eine KG); Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 19; R. Fischer, NJW 1954, 777, 778; Schlegelberger / K. Schmidt, § 105 HGB Rn. 242; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 13 III 1 b, S. 312; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 2; Michalski, § 114 HGB Rn. 26; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 9; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 38; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 13; MünchKommBGB / Schäfer, § 709 Rn. 28, § 713 Rn. 7; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 24. 25  Staub / Schäfer, § 105 HGB Rn. 68; A. Hueck, OHG Recht, § 10  V 3, S. 139; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 9; ähnlich U. Huber, ZGR 1982, 539, 544 f. Für die GbR: MünchKomm-BGB / Schäfer, § 713 Rn. 7; Erman / H. P. Wester­ mann, § 713  BGB Rn. 2; Palandt / Sprau, § 713  BGB Rn. 3.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

jeweiligen Gesellschaft. Die Gesellschafter können verpflichtet sein, ihre gesamte Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Grenzen werden wiederum durch § 138 BGB gesetzt.26 Auch wenn die Geschäftsführung aufgrund unverschuldeter Umstände27 (etwa einer Krankheit) nicht wahrgenommen wird, liegt kein Verstoß gegen die Geschäftsführungspflicht vor.28 Sie ist in solchen Fällen eingeschränkt. Ein Schadensersatzanspruch oder ein Anspruch auf Ersatzleistung kommen mangels Pflichtverletzung nicht in Betracht.29 Für den Gesellschafter kann dennoch ein finanzieller Nachteil (z. B. bei einer vereinbarten Vergütung) entstehen, wenn er seinen Geschäftsführungsaufgaben (unverschuldet) nur vermindert nachkommt.30 Fehlt es an entsprechenden Regelungen im Gesellschaftsvertrag, ist über eine Anpassung der Vergütung kraft ergänzender Vertragsauslegung oder eine Anpassung des Vertrages aufgrund einer veränderten Geschäftsgrundlage nachzudenken.31 Bei einem fortdauernden Hindernis zur Wahrnehmung der Geschäftsführungspflicht ist möglicherweise sogar die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grund nach § 117 HGB („Unfä­ higkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung“) gerechtfertigt.32

IV. Sorgfaltsmaßstab bei der Geschäftsführung 1. Gesetzliche Regelung des Sorgfaltsmaßstabes in § 708 BGB Im Handelsgesetzbuch findet sich keine Sonderregelung darüber, welchen Sorgfaltsmaßstab die Gesellschafter bei der Geschäftsführung anzuwenden haben, so dass gemäß § 105 Abs. 3 HGB die Regelung des § 708 BGB auch 26  BGH Urt. v. 12.7.1962 – II ZR 13 / 61, BGHZ 37, 381, 384 f.; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 18. 27  Aufgrund Art. 48 Abs. 2 Satz 1 GG gilt auch bei der Verhinderung wegen der  Ausübung eines Abgeordnetenmandates durch einen Gesellschafter, dass keine Pflicht verletzt, sondern der Umfang der gesellschaftrechtlichen Pflichten vielmehr  eingeschränkt wird; vgl. BGH Urt. v. 6.5.1965 – II ZR 82 / 63, BGHZ 43, 384, 387. 28  BGH Urt. v. 6.5.1965 – II ZR 82 / 63, BGHZ 43, 384, 387; MünchKommBGB / Schäfer, § 709 Rn. 31; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 45; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 11. 29  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 31; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 11. 30  Flume, Personengesellschaft, S. 134; R. Fischer, NJW 1959, 1057, 1063; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 34; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 11. 31  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 34. 32  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 31; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 117 HGB Rn. 12.



B. Grundlagen der Geschäftsführung63

für die OHG Anwendung findet. Es gilt die so genannte „diligentia quam in suis“. Von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft soll nur die Sorgfalt verlangt werden können, die sie für ihre eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Diese Haftungseinschränkung ist darauf zurückzuführen, dass die Personengesellschaft auf der engen Verbindung und dem Vertrauen zwischen den Gesellschaftern basiert, die einander ausgewählt haben und sich so akzeptieren müssen, wie sie sind.33 Wer sich auf einen unsorgfältigen Mitgesellschafter einlässt, hat mit Nachlässigkeiten zu rechnen. Es ist jedoch § 277 BGB zu beachten, der bei grober Fahrlässigkeit die Berufung auf § 708 BGB ausschließt. Damit besteht eine „Untergrenze“ für die geschuldete Sorgfalt.34 2. Sorgfaltsmaßstab bei organschaftlichen Tätigkeiten a) Problemstellung Fraglich ist, ob dieser Sorgfaltsmaßstab auch für organschaftliche Verpflichtungen gilt, oder ob in manchen Fällen eine teleologische Reduktion geboten ist. Der Grundgedanke der gegenseitigen Auswahl könnte in bestimmten Situationen hinter anderen Grundsätzen zurücktreten. Nach seinem Wortlaut gilt § 708 BGB für die Erfüllung der den Gesellschaftern obliegenden Verpflichtungen. Die Geschäftsführung ist ein mitgliedschaftliches Pflichtrecht,35 so dass bei ihrer Ausübung eigentlich der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB anwendbar sein müsste. b) Unanwendbarkeit des § 708 BGB bei organschaftlichen Aufgaben nach Wiedemann Wiedemann vertritt hingegen die Unanwendbarkeit des § 708 BGB im Rahmen der organschaftlichen Geschäftsführung.36 Dem Grundgedanken 33  Mugdan II, S. 985; RG Urt. v. 18.1.1934 – IV 369 / 33, RGZ 143, 212, 215; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III 2 a, S. 1744; Coing, ZGR 1978, 659, 666; Nordmann, in: Büchel / von Rechenberg, Kap. 6 Rn. 105; Wertenbruch, NZG 2013, 1006, 1007; ähnlich U. Schneider, ZGR 1978, 1, 31; Hüffer, ZGR  1981, 348, 363; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 258; siehe auch Wiedemann, FS Heinsius, 949, 959, der aber im Einzelfall eine teleologische Reduktion der Vorschrift vornehmen will. Kritisch Deutsch, JuS 1967, 496, 496 ff. 34  BGH Urt. v. 4.11.1996 – II ZR 48 / 95, NJW 1997, 314, 314; MünchKommBGB / Schäfer, § 708 Rn. 16; vgl. auch GK-HGB / Ensthaler, § 114 Rn. 14. 35  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 36  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 3 II 2 b, S. 191; § 4 II 4 c bb, S. 345; Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 / 92, S. 16.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

des § 708 BGB pflichtet er zwar bei,37 allerdings soll dieser nicht mehr greifen, wenn nicht die Erfüllung von Mitgliedspflichten (im Sinne einer Beitragsleistung), sondern die Tätigkeit für die Gemeinschaft im Vordergrund steht.38 Die Geschäftsführung für die Gemeinschaft sei eine Organtätigkeit und müsse sich am Interesse der Gemeinschaft orientieren.39 Dabei gelte eine Unterteilung zwischen der Verwaltung durch alle Gesellschafter und der Geschäftsführung durch einzelne Gesellschafter.40 Ersteres sei noch die Erfüllung einer Mitgliedspflicht, deshalb greife der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB, letzteres sei eine organschaftliche Tätigkeit und der Sorgfaltsmaßstab des § 708  BGB werde durch die strengeren Treuepflichten verdrängt.41 Insgesamt plädiert Wiedemann dafür, dass die Regelung des § 5 EWIVG analog auf alle Geschäftsführer von Personengesellschaften angewendet wird.42 Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EWIVG haben die Geschäftsführer „bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissen­ haften Geschäftsleiters anzuwenden“. c) Kritische Auseinandersetzung mit Wiedemanns Auffassung Die von Wiedemann vertretene Unterscheidung hat zur Folge, dass für die Geschäftsführung der Personenhandelsgesellschaften – nach dem gesetz­ lichen Grundfall der Einzelgeschäftsführung – § 708 BGB keine Anwendung findet, bei der GbR hingegen anwendbar bleibt. Das Handelsgesetzbuch enthält allerdings keine Regelung des Sorgfaltsmaßstabes, so dass die Lücke durch einen Rückgriff auf das Recht der BGB-Gesellschaft auszufüllen ist. Etwas anders könnte allenfalls gelten, wenn der Grundgedanke des § 708 BGB nicht auf Personenhandelsgesellschaften passte. Anknüpfungspunkt dafür könnte sein, dass bei Personenhandelsgesellschaften wirtschaftliche Aspekte eine größere Rolle spielen. Trotzdem basieren auch diese auf dem Leitbild des Zusammenschlusses einander bekannter und vertrauender Personen zur Erfüllung eines gemeinsamen Zwecks.43 Insbesondere bei Aus37  Würde er nicht ex lege gelten, dann im Zweifel ex contractu (Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 3 II 2 b, S. 191; Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 / 92, S. 16). 38  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 3 II 2 b, S. 191; Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 / 92, S. 16. 39  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 3 II 2 b, S. 191; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 322; Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 / 92, S. 16. 40  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 3 II 2 b, S. 191; Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 / 92, S. 16. 41  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 3 II 2 b, S. 191; § 4 II 4 c bb, S. 345; Wiedemann, WM Sonderbeilage 7 / 92, S. 16. 42  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 4, S. 340. 43  Siehe oben 1. Kapitel A. II.



B. Grundlagen der Geschäftsführung

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übung einer gewerblichen Tätigkeit ist davon auszugehen, dass sich alle Beteiligten über die Stärken und Schwächen sowie die Sorgfalt der Mitgesellschafter erkundigt haben. Soweit Wiedmann argumentiert, von einem Gesellschafter, der zum Geschäftsführer gewählt wird, werde höchstmögliche Sorgfalt erwartet44, greift das zu kurz. Bei der OHG und KG findet keine Wahl zum Einzelgeschäftsführer statt, die persönlich haftenden Gesellschafter sind es ipso iure. Auch hier gilt der Gedanke, dass die Gesellschafter sich untereinander kennen und so zu nehmen haben, wie sie sind. Sollte ein Gesellschafter nicht für die Geschäftsführung geeignet sein, so kann er durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden. Außerdem ist es möglich, einen von § 708 BGB abweichenden Sorgfaltsmaßstab zu vereinbaren.45 Durch diese gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten können die Gesellschafter entsprechenden Konstellationen ausreichend Rechnung tragen. Will sich ein Gesellschafter nicht darauf einlassen, bleibt die Wahl, entweder die Gesellschaftsgründung zu unterlassen oder die Schwächen hinzunehmen. Wiedemann ist darin zuzustimmen, dass die Einzelgeschäftsführung der Gesellschafter organschaftlicher Natur ist. Gleichwohl ist sie eine Verpflichtung der Gesellschafter, die vom Wortlaut des § 708 BGB erfasst ist. Deshalb spricht Wiedemann auch davon, dass die Sorgfaltspflicht für die Erfüllung der mitgliedschaftlichen Pflichten nach § 708 BGB durch die strengeren Treuepflichten der gleichzeitigen Organtätigkeit „verdrängt“ wird.46 Seine Unterteilung zwischen der nicht-organschaftlichen Gesamtgeschäftsführung und den organschaftlichen anderen Geschäftsführungsformen vermag jedoch nicht zu überzeugen. Im Gesetz gibt es keinen Anhaltspunkt für eine unterschiedliche Einstufung der Geschäftsführung nach der Art ihrer Ausgestaltung. Darüber hinaus steht der Grundsatz der Selbstorganschaft solch einer unterschiedlichen Beurteilung der Geschäftsführung entgegen. Wie bereits festgestellt,47 nehmen die persönlich haftenden Gesellschafter organschaft­ 44  Wiedemann,

Gesellschaftsrecht II, § 3 II 2 b, S. 191. Urt. v. 11.1.1988 – II ZR 192 / 87, ZIP 1988, 843, 845; MünchKommBGB / Schäfer, § 708 Rn. 3. Ein konkludenter – sich aus ergänzender Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB ergebender – Ausschluss des § 708 BGB wird etwa bei der Partnerschaftsgesellschaft wegen des nach außen zwingend geschuldeten höheren Sorgfaltsstandards bei der Berufsausübung vertreten, siehe dazu Wertenbruch, NZG 2013, 1006, 1007 f. Die angeführten Argumente haben Gewicht, gleichwohl ist grundsätzlich eine gewisse Vorsicht hinsichtlich der Annahme eines Willens zur Haftungsverschärfung geboten. 46  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 4 c bb, S. 345. 47  Siehe dazu oben 2. Kapitel B. II. 45  BGH

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

liche Tätigkeiten wahr; sie sind „geborene Organe“ der Personengesellschaften. Handeln die Gesellschafter für die Gesellschaft, ist das stets eine Handlung der Gesellschaft durch ihre Organe. Für diese Qualifikation kommt es nicht darauf an, welche Art der Geschäftsführung vom Gesetz oder Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist; entscheidend ist das Angewiesensein der Personengesellschaften auf ihre Organe. Ebenso ist die grundsätzlich bestehende Gesamtgeschäftsführungsbefugnis eine notwendige Folge der Selbstorganschaft.48 Als zwingend bestehende Handlungsmöglichkeit der „Gesamthand“ ist gerade diese als organschaftlich zu qualifizieren. d) Zwischenergebnis Unabhängig davon, wie die Geschäftsführung durch die Gesellschafter ausgestaltet wurde, ist sie eine organschaftliche Tätigkeit der Gesellschafter. Der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB ist auf die organschaftliche Geschäftsführung anzuwenden. Eine entsprechende Anwendung des Sorgfaltsmaßstabes des § 5 EWIVG auf alle Personengesellschaften ist daher abzulehnen. 3. Ausnahmen von § 708 BGB bei der Geschäftsführung Obwohl sich der Sorgfaltsmaßstab bei der organschaftlichen Geschäftsführung nach § 708 BGB richtet, ist in Ausnahmefällen eine teleologische Reduktion geboten. a) Publikumspersonengesellschaften Der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB ist unangemessen bei Publikumspersonengesellschaften.49 Publikumsgesellschaften beruhen nicht auf der persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter, sondern sind auf den Beitritt vieler untereinander nicht verbundener Mitglieder ausgelegt.50 Daran ändert die Entscheidung die Publikumsgesellschaft als Personengesellschaft zu organisieren nichts. Wegen des Fehlens der persönlichen Verbindungen ist ein 48  Siehe

oben 2. Kapitel C. I. 3. Urt. v. 4.7.1977 – II ZR 150 / 75, BGHZ 69, 207, 210; Urt. v. 4.7.1977 – II ZR 150 / 75, WM 1977, 1221, 1222; Urt. v. 12.11.1979 – II ZR 174 / 77, WM 1980, 30, 31; Urt. v. 14.11.1994 – II ZR 160 / 93, NJW 1995, 1353, 1354 f.; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 63; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III 2 b, S. 1744; Grunewald, FS Kropff, 91, 92 f.; U. Schneider, ZGR 1978, 1, 31 f.; Hüffer, ZGR 1981, 348, 363; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 59; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 39; Heymann / Emmerich, § 114 HGB Rn. 17. 50  BGH Urt. v. 4.7.1977 – II ZR 150 / 75, WM 1977, 1221, 1222; Urt. v. 12.11.1979 – II ZR 174 / 77, WM 1980, 30, 31; Reichert / Winter, BB 1988, 981, 983; U. Schneider, ZGR 1978, 1, 31 f.; Hüffer, ZGR 1981, 348, 363. 49  BGH



B. Grundlagen der Geschäftsführung67

erhöhter Schutz der „Anlagegesellschafter“ geboten, und es fehlt der Grund für eine Reduzierung des Sorgfaltsmaßstabs.51 § 708 BGB dennoch anzuwenden, wäre verfehlt. Das gilt gleichermaßen für Gesellschaften, die keine Publikumsgesellschaften sind, denen es aber gleichwohl an der engen Verbundenheit und dem darauf beruhenden Vertrauensverhältnis fehlt.52 b) Handeln im Straßenverkehr aa) Problemstellung und Meinungsstand Müssen Gesellschafter in Erfüllung ihrer Geschäftsführungstätigkeit am Straßenverkehr teilnehmen, ist die Anwendbarkeit der Haftungsbeschränkung nach § 708 BGB zweifelhaft, denn den besonderen Gefahren des Straßenverkehrs sind neben den Gesellschaftern (etwa als Fahrzeugführer) gesellschaftsfremde Verkehrsteilnehmer gleichermaßen ausgesetzt. Insofern wird teilweise von dem Vorrang des Grundsatzes der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung aller Teilnehmer im Straßenverkehr ausgegangen.53 Kontradiktorisch wird der Vorrang des Haftungsmaßstabes des § 708 BGB befürwortet.54 Teilweise wird auch danach unterschieden, ob das Führen des Fahrzeuges die Hauptpflicht der Gesellschaft ist und der Maßstab des § 708 BGB gelte oder nur eine den Gesellschafter wie jeden Verkehrsteilnehmer treffende Nebenpflicht darstellt und die Haftungsprivilegierung nicht einschlägig sei.55 Sofern für den Fall des Fehlens eines Verstoßes gegen Sorgfaltspflichten angeführt wird, dass der Grundsatz der allgemeinen Gleichbehandlung aller 51  BGH Urt. v. 4.7.1977 – II ZR 150 / 75, WM 1977, 1221, 1222; Urt. v. 12.11.1979 – II  ZR  174 / 77, WM 1980, 30, 31; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 26. 52  Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 63; Erman / H. P. Westermann, § 708 BGB Rn. 3; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 114 HGB Rn. 26. Anderer Ansicht: Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 65, die allein auf die Gesellschafteranzahl abstellen will. 53  BGH Urt. v. 20.12.1966 – VI ZR 53 / 65, BGHZ 46, 313, 317 f.; Urt. v. 10.2.2009 – VI  ZR  28 / 08, NJW 2009, 1482, 1483; Stoll, JZ 1964, 61, 62; Larenz, FS  Harry Westermann, 299, 306 f.; Hauss, FS Möhring, 345, 361 f.; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114  HGB Rn. 32;GK-HGB / Ensthaler, § 114 Rn. 16; siehe auch Deutsch, JuS 1967, 496 ff.; Hoffmann, NJW 1967, 1207, 1207 f. 54  Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 490 f.; Kunschert, NJW 2003, 950, 951. Die Existenz des Grundsatzes im Allgemeinen anzweifelnd: Jürgen Prölss, JuS 1966, 400, 402; siehe auch MünchKomm-BGB / Schäfer, § 708 Rn. 14 f. 55  Schöne, in: Bamberger / Roth, § 708 BGB Rn. 14; ähnlich Erman / H. P. Wester­ mann, § 708 BGB Rn. 6.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Verkehrsteilnehmer nicht tangiert sei und einer Anwendung des § 708  BGB nicht entgegenstehe,56 ist nicht ersichtlich, welchen Unterschied die Anwendung in diesem Fall machen soll. Liegt objektiv keine Sorgfaltspflichtverletzung vor, kommt es auf § 708 BGB nicht an. Ist hingegen nach allgemeinen Maßstäben eine Sorgfaltspflicht verletzt, tangierte die Anwendung des § 708 BGB sehr wohl den Grundsatz der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Beschränkung des Haftungsmaßstabes auf das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern.57 Allein ihre gesellschaftsrechtliche Verbindung rechtfertigt es nicht, dass der fahrzeugführende Gesellschafter seine mitfahrenden Gesellschafter mit einem geringeren als dem allgemeinen objektiven Sorgfaltsmaßstab behandeln darf, denn im Straßenverkehr sind auch Leib und Leben der Mitgesellschafter betroffen.58 § 708 BGB wurde nicht in Anbetracht der – damals nicht mit den heutigen vergleichbaren – Gefahren des Straßenverkehrs geschaffen und eine Anwendung auf den Straßenverkehr führt zu einem gesteigerten Gefahrenpotential;59 zwangsweise auch für gesellschaftsfremde Verkehrsteilnehmer. bb) Unanwendbarkeit im Bereich des Straßenverkehrs Dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer unterfallen schon begrifflich alle Verkehrsteilnehmer, unabhängig von einer etwaigen Gesellschafterstellung. Mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages wollten die Gesellschafter sicherlich nicht einem geringeren Sorgfaltsmaßstab im Hinblick auf Gefahren für Leib und Leben zustimmen. Bei einer Gelegenheitsgesellschaft (etwa bei einer Urlaubsreise) kann das über § 708  BGB erreichte Ergebnis zwar richtig sein, allerdings lässt sich dieses ebenso gut mit einem stillschweigenden Haftungsausschluss begründen.60 Gerade bei Gelegenheitsgesellschaften, deren Gründung bzw. ihre Beteiligung den Gesellschaftern regelmäßig nicht bewusst ist, gibt es kein zwingendes Argument für die uneingeschränkte Anwendung des § 708 BGB. Ein stillschweigender Haftungsausschluss mag zwar konstruiert sein,61 bei einer grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 708 BGB wäre hingegen eine still56  Kunschert,

NJW 2003, 950, 951. aber MünchKomm-BGB / Schäfer, § 708 Rn. 14; Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 491. 58  BGH Urt. v. 20.12.1966 – VI ZR 53 / 65, BGHZ 46, 313, 317 f. 59  BGH Urt. v. 20.12.1966 – VI ZR 53 / 65, BGHZ 46, 313, 317 f.; Larenz, FS Harry Westermann, 299, 305 f.; Deutsch, JuS 1967, 496, 498. 60  Erman / H. P. Westermann, § 708 BGB Rn. 6. 61  Kritisch zu diesem Lösungsweg etwa: Schöne, in: Bamberger / Roth, § 708 BGB Rn. 14. 57  So



B. Grundlagen der Geschäftsführung69

schweigende Abbedingung zu diskutieren. Insbesondere ist eine Differenzierung nach Haupt- und Nebenpflicht weder im Gesetz angelegt noch dogmatisch zwingend. Sie ist ein praktischer Lösungsvorschlag, wie auch der eines stillschweigenden Haftungsausschlusses. In anderen Bereichen mit Gefahren für Leib und Leben fehlt zwar ebenfalls ein Wille zu einer Haftungsprivilegierung, indes spricht das nicht gegen die Einschränkung der Haftungsprivilegierung im Straßenverkehr,62 sondern für weitere Einschränkungen in den Bereichen mit vergleichbaren Gefahren. Insofern kann zwar nicht auf den Grundsatz der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung aller Straßenverkehrsteilnehmer rekurriert werden, zugrunde liegt jedoch der gleiche Ausgangspunkt, nämlich die hohe Gefahr für Leib und Leben. Die Regelung des § 708 BGB ist daher in den Bereichen, in denen typischerweise Gefahren für Leib und Leben auftreten, nicht anzuwenden; der relevanteste dieser Bereiche ist der Straßenverkehr. 4. Zwischenergebnis Der Sorgfaltsmaßstab für die organschaftliche Geschäftsführung richtet sich bei der OHG nach § 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 708 BGB. Es ist die Sorgfalt anzuwenden, die in eigenen Angelegenheiten angewendet wird. Eine Untergrenze ist durch § 277 BGB gesetzt, der die Berufung auf § 708 BGB bei grober Fahrlässigkeit ausschließt. § 708 BGB beruht auf dem Gedanken, dass sich die Gesellschafter einer Personengesellschaft untereinander kennen und für die gemeinsame Gründung einer Gesellschaft entschieden haben. Die Regelung ist deswegen nicht anwendbar, wenn auf eine Gesellschaft der Grundgedanke der Verbundenheit und des gegenseitigen Vertrauens der Gesellschafter nicht zutrifft. Das ist zum Beispiel bei Publikumspersonengesellschaften der Fall. Eine weitere Ausnahme gilt beim Handeln im Straßenverkehr wegen des Grundsatzes der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer, und darüber hinaus in allen Bereichen mit ebenso typischen Gefahren für Leib und Leben der Gesellschafter. De lege ferenda könnte darüber nachgedacht werden, ob eine Haftungsmilderung durch Auslegung des Gesellschaftsvertrages im Einzelfall interessengerechter ist.63 Nach derzeitiger Gesetzeslage ist allerdings an der Geltung des § 708 BGB nicht zu zweifeln. aber MünchKomm-BGB / Schäfer, § 708 Rn. 15. dazu etwa: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III 2 a, S. 1744; A. Hueck, OHG Recht, § 9 IV Fn. 10, S. 113; Hoffmann, NJW 1967, 1207 ff.; vgl. auch Hauss, FS  Möhring, 345, 361 f.; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 258 f. 62  So

63  Siehe

70

3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

V. Weitere Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter Aus dem Gesetz ergeben sich weitere Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter. Sie haben nach § 110 Abs. 1 HGB einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die sie für erforderlich halten durften, und der Verluste, die ihnen unmittelbar aus der Geschäftsführung oder den damit verbundenen Gefahren entstanden sind. Nach § 112 Abs. 1 HGB unterliegen sie einem Wettbewerbsverbot. Zudem gilt nach § 105 Abs. 3 HGB die Verweisung des § 713 BGB auf die §§ 664 bis 670 BGB auch für die OHG. Gemäß § 105 Abs. 3 HGB i. V. m. §§ 713, 666 BGB besteht eine Benachrichtigungs-, Auskunfts- und Rechenschaftspflicht der geschäftsführenden Gesellschafter gegenüber der Gesamtheit der übrigen Gesellschafter.64 Außerdem sind die Geschäftsführer nach § 105 Abs. 3 HGB i. V. m. §§ 713, 667 BGB dazu verpflichtet, alles, was sie aus der Ausführung der Geschäftsführung erlangt haben, an die Gesellschaft herauszugeben.

VI. Zwischenergebnis In den §§ 114 bis 117 HGB ist die Geschäftsführung der OHG geregelt, sekundär kann nach § 105 Abs. 3 HGB auf die Regelungen der GbR zurückgegriffen werden. Die Regelungen sind dispositiv. Die Geschäftsführungsbefugnis ist ein Pflichtrecht aller Gesellschafter. Die Geschäftsführung hat ordnungsgemäß und sorgfältig zu erfolgen, dabei kommen Stimmenthaltungen nicht in Betracht. Eine Weigerung bezüglich oder eine Blockade der Geschäftsführung kann zur Verwirkung des Rechts auf Beteiligung an der Geschäftsführung führen. Die Gesellschafter üben die Geschäftsführung eigenverantwortlich aus und sind grundsätzlich nicht weisungsgebunden. Indes kann im Gesellschaftsvertrag, in den Grenzen des § 138 BGB, eine gewisse Weisungsgebundenheit vorgesehen werden. Die Gesellschafter müssen gegebenenfalls ihre gesamte Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft stellen. Die Geschäftsführungspflicht ist, vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen, nur durch § 138 BGB begrenzt. Kommt der Gesellschafter unverschuldet seiner Pflicht nicht nach, liegt keine Pflichtverletzung vor. Dessen ungeachtet ist eine Anpassung der Vergütung oder, bei fortdauernder Verhinderung, ein Entzug der Geschäftsführungsbefugnis möglich. 64  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 713 Rn. 8; Erman / H. P. Westermann, § 713 BGB Rn. 3; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 51.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung71

Für die organschaftliche Geschäftsführung ist nach § 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 708 BGB die Sorgfalt anzuwenden, welche der Gesellschafter auch in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Die Berufung auf den Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB ist nach § 277 BGB bei grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Außerdem gilt eine Ausnahme bei Gesellschaften, die nicht auf der persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter beruhen, sowie beim Handeln im Straßenverkehr und bei Tätigkeiten mit vergleichbaren Gefahren für Leib und Leben der Gesellschafter.

C. Das Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung I. Bindung an das Gesellschaftsinteresse Die Geschäftsführung wird für die Gesellschaft und in ihrem Interesse ausgeübt, woraus Handlungs- und Unterlassungspflichten resultieren.65 Obwohl sich das nicht ausdrücklich dem Gesetz entnehmen lässt,66 ist dies in der Literatur67 unstreitig und wurde bereits vom Reichsgericht angenommen68. Deswegen ist die Geschäftsführung als ein uneigennütziges und an die gesellschafterliche Treuepflicht gebundenes Pflichtrecht zu qualifizieren.69 Im Bereich der Geschäftsführung haben die eigenen Interessen hinter 65  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 4, 8; R. Fischer, NJW 1954, 777, 778; Kuhner, ZGR  2004, 244, 246 (zur AG). 66  Zumindest findet sich diese Formulierung weder im Bürgerlichen Gesetzbuch noch im Handelsgesetzbuch. Zum Beispiel in § 49 Abs. 2 GmbHG wird aber von dem „Interesse der Gesellschaft“ gesprochen. Zum Teil wird aus der Verweisung in § 713 BGB auf das Auftragsrecht die Bindung an die Interessen der Gesellschaft abgeleitet (so etwa Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 19), dies kann aber nicht die alleinige Grundlage sein, da § 713 BGB abdingbar ist. 67  A. Hueck, FS Hübner, 72 ff.; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 15; Erman / H. P. Westermann, § 705 BGB Rn. 48. 68  Vgl. zum Beispiel RG Urt. v. 12.11.1912 – Rep. II. 291 / 12, RGZ 80, 385, 391; Beschl. v. 26.2.1938 – II 22 / 38, RGZ 157, 61, 63 (zur AG). 69  BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863; Urt. v. 25.4.1983 – II ZR 170 / 82, ZIP 1983, 1066, 1070; Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 257 / 84, NJW 1986, 584, 585; OLG München Urt. v. 28.7.2000 – 21 U 3346 / 00, NJW 2001, 613, 614; Staub / Schäfer, § 114  HGB Rn. 18; Flume, Personengesellschaft, S. 258; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 43; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 15, § 53 Rn. 11; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 1 c, S. 1393; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 31; Karrer, NZG  2008, 206, 206; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 15; R. Fischer, NJW 1954, 777, 778; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 322; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 13 f., 20; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709 BGB Rn. 3.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

den Interessen der Gesellschaft zurückzustehen.70 Eine Geschäftschance der Gesellschaft muss für diese und darf nicht für eigene Zwecke genutzt werden (so genannte „Geschäftschancenlehre“).71 Die Bindung an das Gesellschaftsinteresse ist bei allen Geschäftsführungstätigkeiten absolut.72 Durch die absolute Bindung an das Gesellschaftsinteresse wird – freilich nur in der Theorie – ein „principal-agent-Problem“73 verhindert. Die Qualifikation des Handelns der Gesellschafter für die Gesellschaft als originäres Handeln der Gesellschaft74 ist nur überzeugend, wenn die Hand70  BGH Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 257 / 84, NJW 1986 584, 585; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 23; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 15; K. Wagner, Gesellschaftsrecht, S. 42. 71  BGH Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 257 / 84, NJW 1986 584, 585; Urt. v. 8.5.1989 – II ZR 229 / 88, JuS 1990, 145, 145; Urt. v. 4.12.2012 – II ZR 159 / 10, NZG 2013, 216, 217; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 V 3, S. 599; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 11; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 18; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 43, 48; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 33; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 17; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 8; Merkt, ZHR 159 (1995), 423, 425 f., 452 f. 72  Zumindest beim Widerspruch war dies früher umstritten und es wurde vertreten, dass er nach freiem Ermessen erhoben werden kann (Makower, § 115 HGB Anm. I; Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 1). Dabei wurde jedoch nicht die Relevanz des Gesellschaftsinteresses für die Geschäftsführung an sich in Frage gestellt, sondern bereits vorher, ob der Widerspruch eine Maßnahme der Geschäftsführung ist. 73  Ein „principal-agent-Problem“ tritt auf, wenn das Wohlergehen einer Partei („principal“) von den Handlungen einer anderen Partei („agent“) abhängt. Obgleich der agent für den principal tätig wird, kann er seinen eigenen Interessen den Vorrang einräumen. Dem principal ist es aufgrund seiner schlechteren Informationslage regelmäßig nicht möglich sicherzustellen, dass der agent die eigenen Interessen zurückstellt und seinen Informationsvorsprung nicht auf Kosten des principals zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt, grundlegend dazu Kershaw, Company Law, S. 171 ff.; Armour / Hans­ mann / Kraakman, in: Anatomy of Corporate Law, S. 35 ff.; Staudinger / Martinek, Vorbem. zu §§ 662 ff. BGB Rn. 73 ff.; Davies, Introduction Company Law, S. 110 ff. Die Geschäftsführer werden als agents für die Gesellschaft tätig (vgl. auch Da­ vies, Introduction Company Law, S. 111). Mittelbar sind sie damit allerdings auch agents für die Gesellschafter, welche zur Erreichung ihres Gesamtheitsinteresse die Gesellschaft gegründet haben (insofern kann man davon sprechen, dass die Gesellschaft agent der Gesellschafter ist). Da sich Gesamtheitsinteresse und Gesellschaftsinteresse decken (dazu 3. Kapitel C. III. 4. und 5.), führt die Bindung an das Gesellschaftsinteresse zu einer Bindung an die Interessen der Gesellschaftergesamtheit. Wenn dessen ungeachtet ein Geschäftsführer in einem speziellen Fall seine eigenen Interessen höher bewertet als die der Gesellschaft und danach – gegen das Gesellschaftsinteresse – handelt, wäre dies ein typisches Beispiel für die praktischen Auswirkungen des principal-agent-Problems, welches eben nur theoretisch durch die absolute Bindung an das Gesellschaftsinteresse vermieden wird. Praktisch können auch Kontrollrechte, finanzielle Anreize (etwa Erfolgshonorare) oder drohende Strafen ein opportunistisches Verhalten des agents nicht ausschließen. 74  Siehe oben 2. Kapitel B. II.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung73

lungen im Interesse der Gesellschaft zu liegen haben. Andernfalls könnte es zu der widersinnigen Konstellation kommen, dass originäre Handlungen der Gesellschaft nicht in ihrem Interesse liegen. Um dies zu vermeiden, ist den Gesellschaftern zwingend aufzuerlegen, bei der Geschäftsführung im Gesellschaftsinteresse zu handeln. Die Bindung daran harmoniert mit der Anerkennung der Geschäftsführung als organschaftliche Tätigkeit. Diese Verknüpfung zwischen der organschaftlichen Tätigkeit und der Bindung an das Interesse der Gesellschaft soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Gesetzgeber grundsätzlich aus dem Streit um die Organ- und Vertretertheorie heraushalten wollte75. Die Verpflichtung der geschäftsführenden Gesellschafter zur Einhaltung des Gesellschaftsinteresses wurde unabhängig davon als wesentlich angesehen. Deshalb statuiert § 705 BGB die Bindung an den gemeinsamen Zweck als Grundlage der Gesellschaft und legt den Gesellschaftern darüber hinaus eine entsprechende Förderpflicht auf. Einen gemeinsamen Zweck vorzusehen, ohne eine Bindung der Mitglieder an diesen anzunehmen, wäre ebenfalls widersinnig.76 Die Verknüpfung zwischen dem Zweck der Gesellschaft und der Pflicht der Mitglieder, in diesem Sinne zu handeln, ist deshalb im Gesetz angelegt. Indessen ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, inwieweit das Gesellschaftsinteresse an den Gesellschaftszweck gebunden ist und ob es sich allein an diesem auszurichten hat.

II. Inhalt des Gesellschaftsinteresses 1. Der Gesellschaftszweck als Grundlage für das Gesellschaftsinteresse Das Einvernehmen über die Orientierung der Geschäftsführung am Gesellschaftsinteresse führt zu der Verwendung der Formulierung „im Interesse der Gesellschaft“ als wäre sie selbsterklärend. Tatsächlich lässt sich das Gesellschaftsinteresse (bzw. das Verbandsinteresses), wegen der Vielzahl von denkbaren Zweckvariationen, nicht allgemeingültig definieren.77 Aus § 705 BGB ergibt sich, dass der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element der Gesellschaft zwingender Bestandteil jedes Gesellschaftsvertrags und unbedingtes Wesenselement aller Personengesellschaften (ihr „Elixier“) ist.78 Er verbindet die Gesellschafter und ist der Anlass für die 75  Siehe

dazu bereits 2. Kapitel B. I. Schranken Stimmrechtsmacht, S. 318. 77  Vgl. etwa Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 17. 78  Flume, Personengesellschaft, S. 38 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 I 2 b, S. 60; Flume, ZHR 136 (1972), 177, 201; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 254 und 255. 76  Zöllner,

74

3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Gründung der Gesellschaft, was sie von reinen Austauschverhältnissen unterscheidet79. Der Gesellschaftszweck konkretisiert die Pflichten der Gesellschafter sowie ihre Befugnisse und kann ausschlaggebend für die Gesellschaftsform sein. Die Zweckerreichung oder deren Unmöglichkeit führt (bei der GbR nach § 726 BGB) zur Auflösung der Gesellschaft. Für die Schaffung einer Gesellschaft kommt es deswegen nicht auf gemeinsame Individualinteressen, sondern auf das Vorhandensein eines Verbandszwecks an.80 Alle Gesellschafter haben ein Interesse an seiner Erreichung, denn der Gesellschaftszweck bündelt ihre Individualinteressen. Daran ändert auch das Vorhandensein unterschiedlicher Gründe für das Interesse des Einzelnen nichts. Die Interessenharmonie betrifft natürlich nicht sämtliche Interessen der Gesellschafter, sondern nur die zweckbezogenen. Der Gleichlauf der Individualinteressen der Gesellschafter ist nicht Zweck der Gesellschaft, sondern die Gemeinsamkeit des Zwecks begründet den Interessengleichlauf. Der Gesellschaftszweck gibt die Richtung und den Rahmen des Gesellschaftsinteresses vor.81 Ein bestimmter Zweck ist weder im Bürgerlichen Gesetzbuch noch im Handelsgesetzbuch vorgeschrieben. Die (zukünftigen) Gesellschafter legen diesen bei der Gründung ihrer Gesellschaft fest. Für die OHG – und dadurch mittelbar auch für die KG – ist der Zweck in § 105 Abs. 1 HGB insoweit konkretisiert, dass er „auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma“ gerichtet sein muss. Für die GbR enthält § 705 BGB keine Einschränkung. Jeder erlaubte Zweck, sei er wirtschaftlicher oder ideeller Art, politischer, wissenschaftlicher oder kultureller Natur, auf Dauer angelegt oder nur vorübergehend, kann Gegenstand einer GbR sein.82

79  MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 6; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59  I 3 b, S. 1735; U. Schneider, ZGR 1972, 357, 380; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 253; Soergel / Hadding / Kießling, vor § 705 BGB Rn. 8; RGRK / von Gamm, vor § 705 BGB Rn. 1; Erman / H. P. Westermann, § 705 BGB Rn. 29; NKBGB / Saenger, § 705 Rn. 2; Böhmer, JZ  1994, 982, 982. 80  So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 II 1 b, S. 61. 81  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 III 1 a, S. 122; Jürgenmeyer, Unternehmensinteresse, S. 129; vgl. auch M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 14; Kuhner, ZGR 2004, 244, 246 (für die AG); einschränkend R. Fischer, NJW  1954, 777, 778, der das Interesse nicht nur in der Zweckförderung sieht. Siehe dazu im Detail 3. Kapitel C. III. 6. a). 82  BGH Urt. v. 2.6.1997 – II ZR 81 / 96, BGHZ 135, 387, 389; Wiedemann, Gesellschaftsrecht  II, § 2 III 1 a, S. 123; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 I 3 a, S. 1733 f.; Böhmer, JZ 1994, 982, 983.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung

75

a) Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand In den gesetzlichen Regelungen des Rechts der Kapitalgesellschaften findet sich eine Unterscheidung zwischen dem Unternehmensgegenstand und dem Gesellschaftszweck (z. B. in §§ 1 und 3 GmbHG). Eine Folge davon sei, dass die Änderung des Unternehmensgegenstandes eine mit qualifizierter Mehrheit mögliche Satzungsänderung (vgl. etwa § 3 GmbHG, wonach der Unternehmensgegenstand in der Satzung stehen muss) darstelle, wohingegen für die Zweckänderung die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist (siehe § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB als allgemeinen Grundsatz des Verbandsrechts).83 Diese Differenzierung wird von Teilen der Literatur auf die Personengesellschaften übertragen.84 Die Bedeutung der unterschiedlichen Begrifflichkeiten ist jedoch umstritten.85 Sofern eine Unterscheidung befürwortet wird, soll der Gegenstand des Unternehmens die konkrete von der Gesellschaft ausgeübte Tätigkeit sein86 (z. B. der Verkauf von Ersatzteilen). Der Gesellschaftszweck sei hingegen das „schlechthin konstituierende Element der Personengesellschaft“87 oder „eine weitgezogene, dafür aber unbewegliche Schranke der Mehrheitsherrschaft“88 oder der „oberste Leit­ satz“ für die Tätigkeit89. Jedenfalls soll der Unternehmensgegenstand die „Haupterkenntnisquelle“ des Gesellschaftszwecks sein.90 Diesen Defini­ tionsversuchen lässt sich aber nur entnehmen, dass der Unternehmensgegenstand enger als der Zweck sein soll. Damit ist wenig gewonnen. Die Unergiebigkeit der genannten „Konkretisierungen“ wird immer wieder beanstandet. So etwa von Karsten Schmidt,91 der versucht die Unterscheidung anhand von Beispielen92 zu erklären. Anders als bei den Kapitalgesellschaften ergibt sich bei den Personengesellschaften allerdings keine zwingende Unterscheidung zwischen Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck aus den gesetzlichen Regelungen hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 II 3, S. 65 f. NJW 1989, 2656, 2659; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 II 3, S. 64. 85  Auf die einzelnen vertretenen Ansichten kommt es hier nicht an, vgl. dazu das bei MünchKomm-AktG / Pentz, § 23 Rn. 70 ff., dargestellte Meinungsspektrum. 86  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 II 3, S. 65 f. 87  Löffler, NJW 1989, 2656, 2659. 88  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 II 3 a, S. 65. 89  BGH Beschl. v. 11.11.1985 – II ZB 5 / 85, BGHZ 96, 245, 251. 90  RG Urt. v. 4.6.1940 – II 171 / 39, RGZ 164, 129, 140. 91  Etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 II 3, S. 65. 92  Der Wechsel der Branche sei eine Änderung des Unternehmensgegenstandes, während der Wechsel von einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit zu einer karitativen Vereinigung eine Zweckänderung darstelle, K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 II 3 c, S. 66. 83  Siehe

84  Löffler,

76

3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

und dementsprechend auch keine gesetzlich angeordneten Folgen. Beide Elemente können sich bei den Personengesellschaften decken (und tun das in aller Regel).93 In § 105 Abs. 1 HGB wird zwar von dem Zweck der OHG als „Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma“ gesprochen. Dem widerspricht die Vereinbarung eines konkreten Zwecks aber dann nicht, wenn er noch auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist, wie zum Beispiel der Betrieb einer Autowerkstatt unter gemeinsamer Firma (im entsprechenden Umfang). Abstrakte Formulierungen sind nötig, um die zahlreichen denkbaren praktischen Fälle normativ zu erfassen, dagegen sollen sie keine Konkretisierung ausschließen. Bei genauem Hinsehen ist eine zwingende Unterscheidung zwischen Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand ebenso wenig aus anderen Gründen notwendig; zudem ist sie regelmäßig wenig hilfreich. Indes führt die Unterscheidung zu Problemen im Hinblick auf die Charakterisierung des Zwecks einer Gesellschaft. Bei einer OHG oder KG wäre es noch denkbar, auf den Wortlaut des § 105 Abs. 1 HGB abzustellen und als Zweck den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma anzusehen. Beide Gesellschaften hätten dann einen gesetzlich vorgegebenen Zweck. Demgegenüber trägt das Gesetz bei der GbR nichts zur Zweckbestimmung bei. Man könnte auf die ausgeübte Tätigkeit (also den Unternehmensgegenstand) zurückgreifen. Wenn aber schon auf diese zurückgegriffen werden muss, ist es nur konsequent, einen konkret formulierten Gesellschaftszweck zuzulassen, der allein die ausgeübte Tätigkeit (z. B. den Betrieb einer Autowerkstatt) umfasst. Sie ist dann bereits der Zweck und nicht nur ein Hilfsmittel zu seiner Bestimmung. Sollen für eine Gesellschaft weitgehende Freiheiten bestehen, so kann auf eine solche Konkretisierung verzichtet und im Vertrag ein allgemeiner Zweck vorgesehen werden. Die Vertragsfreiheit lässt das ebenso wie eine Konkretisierung auf einen bestimmten Zweck zu. Es darf ohnehin bezweifelt werden, dass es in der Praxis viele Gesellschaftsverträge gibt, in denen zwischen Zweck und Unternehmensgegenstand unterschieden wird. Der Unternehmensgegenstand, also die ausgeübte Tätigkeit, dürfte nach dem Willen der Gesellschafter regelmäßig der Zweck der Gesellschaft sein.94 Es ist nicht anzunehmen, dass derjenige Gesellschafter, der eine Autowerkstatt betreibt, eigentlich (irgend)ein Handelsgewerbe betreiben will und damit 93  Ähnlich Staub / Schäfer, § 105 HGB Rn. 21, insbesondere Fn. 46, welcher davon spricht, dass zumindest „partielle Identität“ zwischen Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck bei der OHG besteht. Jedenfalls könne die strikte Unterscheidung, welche das Kapitalgesellschaftsrecht trifft, nicht bei Personengesellschaften gelten. 94  Das ist natürlich im Endeffekt eine Frage der Empirie.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung77

einverstanden ist, wenn daraus ein Versand für Wäsche wird (nach der oben angesprochenen Unterteilung wäre der Zweck derselbe; der Gesellschafter sähe dies wohl anders). Fehlt im Gesellschaftsvertrag eine ausdrückliche Zweckfestlegung, was mangels eines Schriftformerfordernisses der Fall sein kann, ist davon auszugehen, dass nur die konkret ausgeübte Tätigkeit der Zweck der Gesellschaft sein soll. Dies gilt insbesondere für „Projektgesellschaften“, die nicht auf Dauer angelegt sind. Klassisches Beispiel ist die so genannte „ARGE“ zur gemeinsamen Ausführung eines Auftrages. Ihr Zweck ist durch den konkreten Auftrag festgelegt. Der Verzicht auf eine zwingende Unterscheidung hat nicht zur Folge, dass die ausgeübte Tätigkeit automatisch der auf ewig festgelegte Zweck der Gesellschaft ist. Ein weit formulierter Zweck kann bereits eine noch aufzunehmende Tätigkeit umfassen, ohne dass dafür eine Vertragsänderung nötig wäre. Je weiter der Zweck sein soll, desto stärker kann er sich natürlich von der konkret ausgeübten Tätigkeit unterscheiden, so dass durchaus eine Divergenz zwischen dem derzeitigen Unternehmensgegenstand (der ausgeübten Tätigkeit) und dem vorgesehen Zweck bestehen kann. Hierbei kommt es auf die (gesellschaftsvertraglichen) Absprachen unter den Gesellschaftern an. b) Die Bestimmung des Gesellschaftszwecks Mit der Ablehnung einer zwingenden Unterscheidung von Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck ist nicht gesagt, wie der Gesellschaftszweck zu bestimmen ist. Abstrakt formuliert ist der Zweck der Grund für die koordinierte Verfolgung der gemeinschaftlichen Interessen der Mitglieder in Form der Gesellschaft. Als erster Anhaltspunkt für die Bestimmung des konkreten Zwecks einer Gesellschaft kann der Gesellschaftsvertrag dienen. Bei den Personengesellschaften muss der Gesellschaftsvertrag zwar nicht schriftlich geschlossen werden, bei wirtschaftlich tätigen Gesellschaften dürfte dennoch in der Regel ein schriftlicher Vertrag vorliegen. Der Gesellschaftszweck muss aber auch dort nicht exakt konkretisiert worden sein, da eine genaue Festlegung des Gesellschaftszwecks zu einer Einschränkung des Handlungsspielraums der Gesellschafter führt.95 Um das zu verhindern, kann die Beschreibung weit gefasst werden. Ohnehin ist eine konkludente Zweckänderung mangels 95  Jürgenmeyer, Unternehmensinteresse, S. 129; vgl. auch Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 25.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Formerfordernis möglich.96 Diese wäre nicht in einem etwaigen schrift­ lichen Gesellschaftsvertrag festgehalten. Der tatsächliche und der schriftlich fixierte Zweck können sich demzufolge unterscheiden.97 Mithin eignet sich der Gesellschaftsvertrag nicht als ausschließlicher Anhaltspunkt für die Zweckbestimmung. Der tatsächliche Zweck lässt sich wegen des Fehlens eines Schriftformerfordernisses und der Möglichkeit nachträglicher Änderungen insbesondere anhand der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit feststellen. Sie ist somit das wichtigste Merkmal zur Bestimmung des Gesellschaftszwecks. Es ist daher genau zu prüfen, ob die Aufnahme einer bestimmten Tätigkeit eine vertragsändernde Konkretisierung bzw. Erweiterung ist, lediglich eine Tätigkeit im Rahmen des ursprünglichen Gesellschaftszwecks aufgenommen wird oder ein einmaliges Tätigwerden außerhalb des Zwecks gegeben ist. Maßgeblich für die Einordnung sind die Dauer der Wahrnehmung der Tätigkeit sowie ihr Umfang, darüber hinaus können aus den sonstigen Umständen Rückschlüsse gezogen werden.98 Wird von Beginn an nur eine bestimmte Tätigkeit, wie der Betrieb einer Autowerkstatt, ausgeübt, ist im Zweifel davon auszugehen, dass allein diese der Gesellschaftszweck ist. Insofern spielt der Schutz der Gesellschafter, die wissen müssen, auf welche Art von Gesellschaft sie sich einlassen, eine große Rolle. Die Aufnahme einer weiteren Tätigkeit kann dann eine konkludente Zweckerweiterung oder ein einmaliges Tätigwerden außerhalb des Gesellschaftszwecks sein. Für beides ist die (auch konkludent mögliche) Zustimmung der Gesellschafter erforderlich, so dass zumindest ein gewisser Schutz vor einer ungewollten Änderung besteht. Eine konkludente Erweiterung ist anzunehmen, wenn die Tätigkeit über einen längeren Zeitraum ausgeübt wird. In der Regel gilt: Je größer ihr Umfang im Verhältnis zu dem Umfang der Ausübung des ursprünglichen Zwecks ist, umso kürzer braucht die Ausübungsdauer zur Annahme einer konkludenten Zweckänderung sein. Für die Annahme eines weiten Gesellschaftszwecks muss es besondere Anhaltspunkte geben, da ein „Durchschnittsgesellschafter“ nur die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der Gesellschaft als Zweck ansehen wird.99 Ein 96  Jedenfalls wenn alle Gesellschafter daran mitwirken kann der Zweck konkludent geändert werden. Zum Sonderproblem von Mehrheitsbeschlüssen zur Zweckänderung 3. Kapitel C. V. 97  Siehe zu (qualifizierten) Schriftformklauseln 3. Kapitel C. VI. 98  Zur konkludenten Änderung des Gesellschaftsvertrags BGH Urt. v. 17.1.1966 – II ZR 8 / 64, NJW 1966, 826, 827 (Gewinnverteilung); MünchKomm-BGB / Ulmer /  Schäfer, § 705 Rn. 56. 99  Siehe oben 3. Kapitel C. II. 1. a).



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung79

Anhaltspunkt kann vor allem eine von Anfang an bestehende breite Fächerung von wenig im Zusammenhang stehenden Aktivitäten sein. Soll es tatsächlich keine Beschränkung geben, ist es jedoch ratsam, dies ausdrücklich festzuhalten, um später divergierende Beurteilungen zu vermeiden. In diesem Fall kann durch die Wahrnehmung bestimmter Tätigkeit über einen gewissen Zeitraum eine Vertragsänderung mit der Folge der Konkretisierung auf die ausgeübte Tätigkeit eintreten. Entscheidend für die Annahme der Zweckänderung sind ebenfalls die Dauer der Konkretisierung und der Umfang der sonstigen Tätigkeiten. Selbst bei einer solchen Auswertung der Tätigkeit einer Gesellschaft ist es fraglich, wie trennscharf die Feststellung des Gesellschaftszwecks erfolgen kann. Nur in wenigen Fällen wird sie so genau möglich sein, dass für alle Maßnahmen eine eindeutige Zuordnung als unter den Gesellschaftszweck fallend oder eben nicht möglich ist. 2. Zwischenergebnis Nach § 705 BGB wird eine Personengesellschaft zur Zweckerreichung gegründet, und die Gesellschafter verpflichten sich zur Zweckförderung. Die Verfolgung des Gesellschaftszwecks ist das alleinige Ziel der Gesellschaft, der Grund für ihre Existenz und der die Gesellschafter verbindende Faktor. Die Gesellschafter haben die Geschäftsführung am Interesse der Gesellschaft auszurichten, welchem durch den Gesellschaftszweck ein Rahmen gegeben ist. Im Gesellschaftsinteresse liegen damit alle Maßnahmen, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks nötig sind und diesen fördern. Der Gesellschaftsvertrag ist mit dem „festgehaltenen“ Gesellschaftszweck der Ausgangspunkt für die Bestimmung des Gesellschaftsinteresses. Da kein schriftlicher Vertrag existieren muss oder nachträgliche Änderungen eingetreten sein können, ist das aufschlussreichste Kriterium aber die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der Gesellschaft. Die ausgeübte Tätigkeit an sich kann dabei der konkrete Gesellschaftszweck sein. Es gibt bei den Personengesellschaften keine zwingende Unterscheidung zwischen Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck.

III. Die Festlegung des Gesellschaftsinteresses 1. Vorbemerkung Die Handlungen der Gesellschafter haben sich wegen der Bindung an das Gesellschaftsinteresse zwar im Rahmen des Gesellschaftszwecks zu bewegen, allerdings liegt die Änderung des Zwecks in ihrer Hand. Letztere kann

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

grundsätzlich durch ausdrückliche oder konkludente Gesellschaftsvertragsänderung erfolgen. Zunächst wird nachfolgend von dem gesetzlichen Grundfall ausgegangen, dass eine Vertragsänderung durch die Gesamtheit der Gesellschafter formlos möglich ist. Im Anschluss folgt eine Analyse der Vereinbarung von Mehrheitsentscheidungen100 und dem Bestehen von Schriftformklauseln101. Zuvor ist die Frage zu beantworten, wer Träger des Gesellschaftsinteresses ist: Die Gesellschaft als solche, die Gesamtheit der Gesellschafter oder die Mehrheit der Gesellschafter. 2. Das Gesellschaftsinteresse als Interesse der Mehrheit der Gesellschafter Um das Interesse beeinflussen zu können, müsste die Mehrheit der Gesellschafter auch den Zweck der Gesellschaft festlegen können. Wer den Zweck und darüber das Interesse festlegen kann, beherrscht die Gesellschaft. Die Minderheit der Gesellschafter könnte nicht mehr gegen den Willen der Mehrheit einen Widerspruch im Gesellschaftsinteresse einlegen. Losgelöst von den Problemen auf gesellschaftsvertraglicher Ebene, widerspräche das dem vom Gesetzgeber vorgesehenen Geschäftsführungskonzept, nach dem bei der OHG grundsätzlich keine Mehrheitsentscheidungen vorgesehen sind. Indessen statuiert das Gesetz bei der Geschäftsführung ein Mitsprache- und Beteiligungsrecht aller Gesellschafter, sei es auch nur in Form eines Widerspruchsrechts102. Gesellschaftsvertraglich können zwar Abweichungen vereinbart werden, diese Möglichkeit ändert aber nichts an der ursprünglichen Gestaltung im Gesetz. Eine Mehrheitsherrschaft darf deswegen nicht durch die Ernennung der Gesellschaftermehrheit zum Träger des Gesellschaftsinteresses als Geschäftsführungsgrundform eingeführt werden. Das Gesellschaftsinteresse ist nicht gleichbedeutend mit dem Interesse der Mehrheit der Gesellschafter,103 denn auch die Minderheit kann im Gesellschaftinteresse handeln, wie sich bereits aus der Existenz eines Widerspruchsrechts des Einzelnen ergibt. Folglich kann die Mehrheit der Gesellschafter nicht Träger des Interesses der Gesellschaft sein.

100  3.

Kapitel C. V. Kapitel C. VI. 102  Im Detail zum Widerspruchsrecht 3. Kapitel E. III. 103  Im Ergebnis auch Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 18 f.; Kuhner, ZGR 2004, 244, 246 (zur AG). 101  3.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung81

3. Die Gesellschaft als Träger eines von den Gesellschaftern unabhängigen Interesses Das Gesellschaftsinteresse könnte völlig unabhängig von dem Interesse der Gesellschafter bestehen. Fehlt ein Bezug zwischen beiden Interessen, so wäre es denkbar, dass sich Gesellschaftsinteresse und das Interesse der Gesamtheit der einzelnen Gesellschafter unterscheiden. Theoretisch ist diese Trennung möglich. Voraussetzung für das Bestehen eines eigenständigen Interesses der Gesellschaft ist, dass eine Gesellschaft überhaupt Träger eines eigenen Interesses sein kann. Die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaften ist zwar – jedenfalls seit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR104 – ein Grundmerkmal aller (Außen-)Personengesellschaften, daraus folgt jedoch nicht automatisch eine eigenständige Handlungsfähigkeit bzw. die Fähigkeit der Willensbildung. Zum Handeln ist eine Gesellschaft auf ihre Organe angewiesen.105 Im übertragenen Sinn ausgedrückt fehlt es der Gesellschaft ohne ihre Organe an einer „Hand“. Ein eigenes Interesse kann eine Gesellschaft ebenso wenig bilden. Daraus wird zum Teil geschlossen, dass eine Personengesellschaft gar nicht Träger eines eigenen Interesses sein kann.106 Geht man davon aus, dass die Gesellschaft durch ihre Organe selbst handelt, ist es nur konsequent, auch die Bildung eines eigenen Interesses und eines eigenen Willens durch die Organe anzuerkennen.107 Die Organe sind dann nicht nur die „Hand“, sondern auch der „Kopf“ der Gesellschaft. Die Interessenbildung der Organe für die Gesellschaft ist ebenso eine originäre Interessenbildung der Gesellschaft, wie ein organschaftliches Handeln ein originäres Handeln der Gesellschaft ist. Mithin kann eine Personengesellschaft ein eigenes Interesse entwickeln und Träger desselbigen sein. 4. Festlegung des Gesellschaftsinteresses durch die Gesamtheit der Gesellschafter Obwohl es ein originäres Interesse der Gesellschaft gibt, müssen es die Mitglieder als Organe für die Gesellschaft bilden. Diese organschaftliche Tätigkeit obliegt wegen des Grundsatzes der Selbstorganschaft108 allein den Gesellschaftern. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Interessenbil104  BGH

Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341 ff. zur so genannten „Organtheorie“ bereits 2. Kapitel B. I. 106  So Barth, S. 102. 107  R. Fischer, NJW 1954, 777, 778; Flume, Personengesellschaft, S. 235. 108  Siehe dazu 2. Kapitel C. 105  Siehe

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

dung und einer Handlung für die Gesellschaft liegt aber darin, dass jede organschaftliche Handlung eines einzelnen Gesellschafters eine Handlung der Gesellschaft ist. Im Unterschied hierzu legt die Bestimmung des Interesses der Gesellschaft im Rahmen der Geschäftsführungstätigkeit eines einzelnen Gesellschafters nicht das Interesse der Gesellschaft fest.109 Dieses Interesse ist stets auf die Zweckerreichung gerichtet.110 Demzufolge kann es nicht ohne Beeinflussung des Zwecks, also nicht ohne Abänderung des Gesellschaftsvertrages geändert werden. Dazu ist nach den gesetzlichen Grundregelungen allein die Gesamtheit der Gesellschafter in der Lage. Wenn die Gesamtheit der Gesellschafter einen bestimmten Zweck verfolgen will, wird dieser Zweck durch eine (konkludente) Vertragsänderung zum Gesellschaftszweck und bildet als Folge den (neuen) Rahmen des Gesellschaftsinteresses.111 Die Formulierung, dass das Gesellschaftsinteresse letztlich nur eine Hilfskonstruktion zur Zusammenfassung und Betonung derjenigen Einzelinteressen der Gesellschafter ist, zu deren Verfolgung die Gesellschaft gegründet wurde,112 wird der Eigenständigkeit des Gesellschaftsinteresse zwar nicht ganz gerecht, macht allerdings die Beziehung zu den gemeinsamen Interessen der Gesellschafter deutlich. Die Gesellschaftergesamtheit determiniert mit der Zweckfestlegung das Gesellschaftsinteresse. 5. Gesellschaftsinteresse und Interesse der Gesellschaftergesamtheit a) Vorbemerkung Die Anerkennung eines eigenständigen Gesellschaftsinteresses ändert nichts daran, dass der Gesellschaftszweck den Rahmen des Gesellschaftsinteresses bildet113. Sofern die Gesellschafter den Zweck weiter verfolgen, werden sich die Interessen der Gesellschaft und der Gesamtheit der Gesellschafter decken. Damit stellt sich die Frage, ob es Fälle geben kann, in denen sich das Interesse der Gesellschaft und das Interesse der Gesamtheit der Gesellschafter unterscheiden. Ein solch völlig von der Gesellschaftergesamtheit abstrahiertes Gesellschaftsinteresse ist nur denkbar, wenn der Ge109  Dazu

unten 3. Kapitel C. IV. 3. Kapitel C. II. 111  G. Roth, Rn. 273; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 19 f., 73; Reuter, FS Steindorff, 229, 234. 112  So Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 III 1 a, S. 122; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 20; Barth, S. 104. 113  Siehe 3. Kapitel C. II. 110  Siehe



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung83

sellschaft als Verband einen höheren Wert eingeräumt wird als der Summe ihrer Mitglieder.114 Man könnte versuchen, aus dem Gesellschaftsvertrag und dem dort festgehaltenen Zweck ein völlig abstrahiertes Gesellschaftsinteresse herzuleiten. Den Vertragsinhalt und den Zweck legen aber die Gesellschafter fest, und sie können ihn auch ändern; das aus dem Vertrag hergeleitete Interesse ist daher auch ihr Interesse.115 Ein von den Gesellschaftern unabhängiges Gesellschaftsinteresse könnte durch einen Rückgriff auf Interessen Dritter konstruiert werden. Die Berücksichtigung von Drittinteressen gegen die Gesellschafter führte jedoch dazu, dass außerhalb der Gesellschaft liegende Interessen gegen die Gesellschafter durchgesetzt werden.116 Ein eigenes Interesse der Gesellschaft, welches völlig unabhängig ist, wäre damit nicht begründet, und innerhalb des Gesellschaftsinteresses Drittinteressen gegen die Mitgliederinteressen durchzusetzen, widerspräche dem Sinn der Gesellschaft als „Zweckverfolgungsvehikel“. Ein wirklich eigenständiges Interesse der Gesellschaft kann weder auf den Gesellschafter- noch auf Drittinteressen beruhen. b) Bestandsinteresse als eigenständiges Gesellschaftsinteresse Ein unabhängiges Interesse der Gesellschaft könnte das Interesse am eigenen Fortbestand sein. Im Hinblick auf § 124 Abs. 1 HGB und die dort normierte Rechtsfähigkeit der Personengesellschaften ist die Existenz eines solchen Bestandsinteresses denkbar. Grundsätzlich ist das Bestehen der Gesellschaft eine zwingende Voraussetzung für die Zweckerreichung, so dass ein Interesse am Fortbestand das ureigendste eigenständige Interesse einer Gesellschaft sein könnte. In Anbetracht der gesetzlichen Regelungen zur Auflösung der Gesellschaft muss das allerdings bezweifelt werden. Ein Auflösungsbeschluss aller Gesellschafter nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 HGB bewirkt eine Zweckänderung; der Zweck der Gesellschaft ist dann auf Abwicklung gerichtet.117 Gäbe es ein übergeord114  Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 19, unter Verweis auf: Gierke, Wesen der menschlichen Verbände, S. 34; vgl. auch G. Roth, Rn. 273. 115  Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 24 Fn. 16. 116  Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 20. 117  Sudhoff / Masuch, § 19 Rn. 1; Hillmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 145 HGB Rn. 12; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 131 HGB Rn. 2; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 131 HGB Rn. 7; vgl. auch Butzer / Knof, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 83 Rn. 63. Karsten Schmidt vertritt hingegen, dass der Gesellschaftszweck von dem Liquidationszweck lediglich überlagert wird (MünchKomm-HGB, § 156 Rn. 11). Da er je-

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

netes Bestandsinteresse, so stünde dieses einem solchen Auflösungsbeschluss und einer entsprechenden Zweckänderung entgegen. Zöllner geht dementsprechend davon aus, dass das Bestandsinteresse bei der Auflösung der Gesellschaft der Natur der Sache nach nicht berücksichtigt werden kann.118 Der Hinweis auf die Natur der Sache ist nachvollziehbar, aber nur bei der Existenz eines eigenständigen Bestandsinteresses notwendig. Dagegen spricht, dass der Auflösungsbeschluss an keine Voraussetzung, wie etwa die Zweckerreichung oder ihre Unmöglichkeit, geknüpft ist. Die Gesellschafter sind frei in der Entscheidung darüber, denn der Zweck steht zu ihrer Disposition und kann auf Abwicklung gerichtet werden. Darüber hinaus gibt es keinen Grund, den von den Gesellschaftern vorgesehenen Zweck kategorisch gegen ihre später abgeänderten Interessen durchzusetzen. Im Gegenteil widerspräche dies dem Gedanken der Vertragsfreiheit, welcher die Gesellschafter nicht nur befähigt, eine Gesellschaft durch Vertragsschluss zu gründen, sondern ihnen ebenso eine Abänderung gestattet. Eine Personengesellschaft ist durch ihre Mitglieder geprägt und kann nicht vollständig von diesen abstrahiert werden. Flankiert wird das Ergebnis durch die Regelung des § 726 BGB, nach der eine GbR durch Zweckerreichung oder bei Zweckvereitelung endet. Ein Bestandsinteresse ist hier neben dem Zweckerreichungsinteresse nicht denkbar, denn beide Interessen stehen sich wegen § 726 BGB diametral gegenüber. Dass die Zweckerreichung oder -vereitelung nicht zur Auflösung einer OHG oder KG führt,119 ändert nichts daran, dass auch die Personenhandelsgesellschaften kein Bestandsinteresse haben. Die Nicht-Geltung des § 726 BGB beruht auf Rechtssicherheitsgesichtspunkten, denn die Erreichung oder Vereitelung des Zwecks ist nicht ohne weiteres erkennbar und wäre keine geeignete Folge für eine im Handelsverkehr tätige Gesellschaft.120 Ein unabhängiges Bestandsinteresse kann damit nicht begründet werden. Letztlich ist eine Gesellschaft nur ein Vehikel zur Erreichung ihres Zwecks. Der Gesetzgeber hat das Gesellschaftsinteresse einzig und allein mit dem Gesellschaftszweck verbunden. Ein übergeordnetes Bestandsinteresse lässt sich de lege lata zumindest bei den Personengesellschaften nicht begründen. doch auch davon ausgeht, dass die Pflichten der Leitungsorgane von dem Liquidationszweck bestimmt werden, ergibt sich für die Geschäftsführung kein Unterschied. 118  Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 344. 119  BGH Urt. v. 14.12.1972 – II ZR 82 / 70, WM 1973, 863, 864; Staub / Schäfer, § 131 HGB Rn. 42; Heymann / Emmerich, § 131 HGB Rn. 28; Lorz, in: Ebenroth /  Boujong / Joost / Strohn, § 131 HGB Rn. 26; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 131 HGB Rn. 10; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 131 HGB Rn. 22. 120  Staub / Schäfer, § 131 HGB Rn. 42; siehe auch BGH Urt. v. 13.5.1953 – II ZR 157 / 52, NJW 1953, 1548, 1550 (Grundlage der HGB-Regelungen ist Rechtssicherheit und -klarheit).



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung

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c) Trennung zwischen Gesellschaftsinteresse und Interesse der Gesellschaftergesamtheit Abstrakt ist es möglich, von einem eigenständigen Gesellschaftsinteresse zu sprechen. Tatsächlich ist es aber inhaltlich nicht vom Interesse der Gesamtheit der einzelnen Gesellschafter zu trennen. Die Gesellschaftergesamtheit bildet das Gesellschaftsinteresse der Personengesellschaft und kann deswegen nicht gegen selbiges verstoßen.121 Diesbezüglich ist zu klären, ob von zwei Interessen, die sich inhaltlich zwangsweise decken, zu sprechen ist oder davon ausgegangen werden muss, dass das Interesse der Gesellschaft nur ein Synonym für das Interesse der Gesamtheit der Gesellschafter ist und neben dem einhelligen Willen der Mitgliedergesamtheit keine eigenständige Daseinsberechtigung hat122. Personengesellschaften sind rechtsfähig. Sie handeln durch ihre Organe und bilden durch sie ein eigenes Interesse.123 Eine Personengesellschaft ist deshalb nicht nur eine Gruppe von Personen, und das Interesse der Gesellschaft ist nicht nur das Interesse der Gesellschafter. Daher ist es grundsätzlich richtig, von zwei Interessen zu sprechen: Dem Gesellschaftsinteresse, gebildet durch die Gesamtheit der Gesellschafter, und dem gemeinsamen Interesse aller einzelnen Gesellschafter. Bei Personengesellschaften besteht jedoch ein zwingender Gleichlauf dieser beiden Interessen,124 da die Gesamtheit der Gesellschafter die Gesellschaft ist125. Genauso verhält es sich, wenn eine Gesellschaft durch eines ihrer Organe handelt. Es liegt eine Handlung der Gesellschaft im juristischen Sinne vor, durchgeführt durch ihren Geschäftsführer als Organ, zugleich aber auch eine Handlung des Geschäftsführers im tatsächlichen Sinne. Im Unterschied zum Normalfall einer Handlung im Rechtsverkehr fallen die tatsächliche und die juristische Seite auseinander und sind nicht auf ein Rechtssubjekt vereint. Mit dieser Differenzierung ist jedoch kein rechtlicher Unterschied verbunden, da die rechtliche Handlung und die rechtlichen Folgen – anders als bei der Stellvertretung – bei organschaftlichen Handeln zwingend bei der Gesellschaft zusammenfallen. Die eigenständige Bedeutung des Gesellschaftsinteresses ist deutlich erkennbar, wenn der Blick von der Gesamtheit der Gesellschafter abgewendet und stattdessen auf die einzelnen Gesellschafter gerichtet wird. Das Interes121  Siehe

oben 3. Kapitel C. III. 4. ausdrücklich Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 73; Schücking, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 1 Rn. 5. 123  Siehe 2. Kapitel B. II. und 3. Kapitel C. III. 3. 124  Vgl. bereits Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 682. 125  Siehe nur Flume, Personengesellschaft, S. 56 f. 122  So

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

se eines einzelnen Gesellschafters (oder sogar das Interesse der Mehrheit der Gesellschafter) kann sich von dem Gesellschaftsinteresse unterscheiden, zum Beispiel wenn ein Gesellschafter das Interesse an der Zweckerreichung verliert. Die Gesellschafter haben dann unterschiedliche Interessen, so dass mangels Einheitlichkeit kein Interesse der Gesellschaftergesamtheit mehr besteht. Eine Zweckänderung durch Änderung des Gesellschaftsvertrages ist nicht möglich, da diese grundsätzlich einstimmig erfolgen muss126. Der – möglicherweise nur vorübergehende – Wegfall eines kongruenten Gesamtheitsinteresses führt auch nicht zur Liquidation der OHG, denn er ist nicht in der abschließenden Aufzählung der Auflösungsgründe in § 131 HGB (bzw. §§ 726 ff. BGB für die GbR; wobei dies anders ist, wenn die Zweckerreichung aufgrund des Wegfalles des gemeinsamen Interesse unmöglich geworden ist) genannt.127 Dieser Fall des Fehlens eines einheitlichen Interesses der Gesellschaftergesamtheit trotz Fortbestehen eines Gesellschaftsinteresses zeigt, dass beide Interessen zu trennen sind. Folglich ist das Gesellschaftsinteresse ein eigenständiges Interesse, welches sich von dem Interesse des einzelnen Gesellschafters unterscheiden kann, nicht aber von einem bestehenden einheit­ lichen Interesse der Gesellschaftergesamtheit. 6. Gesellschaftsinteresse bei unternehmenstragenden Personengesellschaften a) Verpflichtender Charakter des (Gesellschafts-)Unternehmens Für unternehmenstragende Personengesellschaften wird die Ansicht vertreten, dass mit der Verselbständigung des von einer (Personen-)Gesellschaft getragenen Unternehmens im wirtschaftlichen Bereich die Gesellschaft einen Eigenwert und eine Eigenständigkeit gewinnt, durch die ein autonomer und verpflichtender Charakter entstehe.128 Die Verknüpfung von Gesellschaftsin126  Dazu

3. Kapitel C. V. Urt. v. 8.10.1979 – II ZR 257 / 78, BGHZ 75, 178, 179; Urt. v. 25.11.1981 – VIII ZR 299 / 80, BGHZ 82, 323, 326; Urt. v. 14.12.1972 – II ZR 82 / 70, WM 1973, 863, 864; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 131 HGB Rn. 6; A. Hueck, OHG Recht, § 23 III 1 a, S. 349; vgl. auch Schlegelberger / K. Schmidt, § 131 HGB Rn. 6, allerdings mit dem Hinweis, dass die Vollbeendigungsgründe nicht in § 131 HGB genannt und Erweiterungen im Rahmen der Rechtsfortbildung denkbar sind. Diese Gesichtspunkte führen aber nicht dazu, dass der Wegfall des Interesses eines Gesellschafters an der Zweckerreichung zur Beendigung der Gesellschaft führt. Dies ist zum einen kaum feststellbar, kann sich wieder ändern und würde zu erheblichen Rechtsunsicherheiten für die Mitgesellschafter und Vertragspartner führen. 128  R. Fischer, NJW 1954, 777, 778, der sich ausdrücklich auch auf Personengesellschaften bezieht; vgl. auch Schilling, JZ 1953, 489, 492 f. Ohne dies näher zu 127  BGH



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung87

teresse und Gesellschaftszweck sei um diesen verpflichtenden Charakter des Unternehmens zu erweitern. Das bedeutete eine Durchbrechung der Parallelität von Gesellschaftsinteresse und Förderung des Gesellschaftszwecks.129 Der Rahmen für die Geschäftsführung würde sich nicht mehr ausschließlich am Gesellschaftszweck orientieren,130 sondern auch außerhalb des Zwecks liegende – z. B. allgemeinwirtschaftliche – Überlegungen wären zu berücksichtigen. In der Konsequenz ist das eine Annäherung an das bei den Kapitalgesellschaften diskutierte Unternehmensinteresse.131 Aus den unterschiedlichen Bezeichnungen erschließt sich nicht sofort eine abweichende Bedeutung. Tatsächlich werden die Begriffe „Unternehmensinteresse“ und „Gesellschaftsinteresse“ teilweise auch synonym verwendet.132 Zurückzuführen ist das auf die Diskussion über die (eigenständige) Bedeutung des Unternehmensinteresses bei den juristischen Personen.133 Fasst man den gemeinsamen Kern der zum Inhalt des Unternehmensinteresses bei juristischen Personen vertretenen Ansichten zusammen, so ist dieser die funktionsgerechte Zweckerfüllung in Harmonie mit den Interessen der Kunden, Gesellschafter, Arbeitnehmer und der Allgemeinheit.134 Überbegründen heißt es in BGH Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW 1986, 844: „Es ist Ermessensfrage, was – auch unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte – im Interesse der Gesellschaft sachdienlich und sinnvoll ist.“ 129  R. Fischer, NJW 1954, 777, 778. 130  Siehe zur Bindung an den Gesellschaftszweck 3. Kapitel C. I. 131  Horrwitz, JW 1930, 2637, 2639 Fn. 20; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 77 f., bezeichnet die Berücksichtigung von allgemeinwirtschaftlichen Überlegungen als den „plausibelsten und brauchbarsten“ Ansatz zur Bestimmung des Unternehmensinteresses; vgl. auch Semler, in: Semler / Peltzer, Rn. 118; BVerfG Urt. v. 1.3.1979 – 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78, BVerfGE 50, 290, 343; BGH Urt. v. 13.10.1977 – II ZR 123 / 76, BGHZ 69, 334, 339; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 II 1 a, S. 805 f.; Reuter, FS K. Schmidt, 1357, 1365; siehe dazu auch Rittner, JZ 1980, 113 ff. Eine Auseinandersetzung unter Nennung der wesentlichen Kritikpunkte findet sich bei Wiedemann, ZGR 1980, 147, 161 ff. 132  So etwa bei Rittner, DB 1980, 2493, 2497 Fn. 61; Netter, FS Pinner, 507 ff.; Rittner, JZ 1980, 113, 117 Fn. 56; Rittner, ZHR  144 (1980), 330, 336. 133  Die (eigenständige) Bedeutung des Unternehmensinteresses ist umstritten. Inwieweit es sich mit dem Gesellschaftsinteresse deckt, hängt von der Definition bzw. der dem Unternehmensinteresse zugesprochenen Bedeutung ab. Einen Einstieg in die Diskussion bieten die Darstellungen bei: Flume, Juristische Person, S. 56 ff.; Jürgenmeyer, Unternehmensinteresse, S. 43 ff.; Unternehmensrechtskommission S. 139 ff.; Teubner, ZHR 148 (1984), 470 ff.; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 73 ff.; MünchKomm-AktG / Spindler, § 76 Rn. 65 ff.; Zöllner, AG 2003, 2, 7 ff.; Kuhner, ZGR 2004, 244, 247 ff.; Semler, in: Semler / Peltzer, Rn. 117 ff.; Junge, FS Caemmerer, 547 ff. Bis zu einer endgültigen Klärung der Bedeutung sind beide Begriffe getrennt zu verwenden. 134  BVerfG Urt. v. 1.3.1979 – 1 BvR 532, 533 / 77, 419 / 78 und 1 BvL 21 / 78, BVerfGE 50, 290, 343; BGH Urt. v. 13.10.1977 – II ZR 123 / 76, BGHZ 69, 334,

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

trägt man dieses Verständnis auf unternehmenstragende Personengesellschaften, wären neben dem Interesse an der Zweckerreichung auch die Interessen der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Um dies zu stützen, könnte angeführt werden, dass das Gesellschaftsinteresse im Gesetz nicht näher definiert ist und neben den – im Zweck gebündelten – Interessen der Gesellschafter generell auch solche zusätzlichen Unternehmensinteressen zu berücksichtigen seien. Jedenfalls stünde der Gesetzeswortlaut diesem Ansatz mangels Erwähnung des Gesellschaftsinteresses nicht ausdrücklich entgegen. Zumindest bei der GbR hatte der historische Gesetzgeber allerdings keine Gesellschaftsform für unternehmerisch tätige Gesellschaften vor Augen.135 Für die Berücksichtigung einer eigenständigen Bedeutung des Unternehmens bietet das Gesetz daher keinen Anhaltspunkt. Demgegenüber kann die Begrenzung des Gesellschaftsinteresses durch den Zweck aus den gesetzlichen Regelungen hergeleitet werden. In § 705 BGB, der insoweit gemäß §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB auch für die OHG und KG gilt, ist von dem „gemeinsamen Zweck“ der Gesellschafter die Rede. Zur Festlegung dieses Gesellschaftszwecks und damit mittelbar auch des Gesellschaftsinteresses sind allein die Gesellschafter berufen.136 Allgemeinwirtschaftliche Gesichtspunkte haben bei den Personengesellschaften also nur Auswirkungen auf das Gesellschaftsinteresse, wenn sie Teil des Gesellschaftszwecks sind. Natürlich ist eine entsprechende Zweckfestlegung bei der GbR – und im gewissen Rahmen auch bei den anderen Personengesellschaften – möglich. Indes können solche Ziele nicht mit der Behauptung eines eigenständigen und verpflichtenden Charakters des Unternehmens in den Gesellschaftszweck hinein konstruiert werden. Im 339; Kuhner, ZGR 2004, 244, 250; Reuter, FS K. Schmidt, 1357, 1365; Spindler, Unternehmensinteresse-Gutachten, S. 9; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 II 1 a, S. 805 f.; Staub / Schäfer, § 114  HGB Rn. 39. Anders aber etwa Junge, FS Caemmerer, 547, 554 ff., der das Unternehmensinteresse als das Interesse an der Rentabilität des Unternehmens und damit seiner dauerhaften Erhaltung definiert. Wobei die Rentabilität (im Sinne einer Daueraufgabe und nicht der kurzfristigen Gewinnmaximierung) vorrangig gegenüber der Erhaltung sei. Denn der Gewinn sei das Zeichen dafür, dass das Unternehmen seine volkswirtschaftliche Aufgabe erfüllt; das Angebot seiner Waren und Leistungen und die Schaffung von sicheren Arbeitsplätzen. Die weitere gesellschaftspolitische Verantwortung sei auch von Bedeutung, setze aber Gewinne voraus. 135  Mugdan II, S. 330, 336 f.; siehe auch Flume, Personengesellschaft, S. 3; Schö­ ne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 2. 136  Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 24 Fn. 6; so ist wohl auch Flume, Juristische Person, S. 61, zu verstehen, welcher davon spricht, dass bei den Personengesellschaften die Gesellschafter nach ihren Interessen über das Unternehmensinteresse bestimmen. Auch Schäfer hält eine Berücksichtigung des Unternehmensinteresses bei Personengesellschaften für möglich, allerdings nur, wenn alle Gesellschafter dies billigen, Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 39.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung89

Gegenteil sind die Pflicht zur Förderung des Zwecks und die persönliche Haftung nur vor der Maßgeblichkeit des gemeinsamen Zwecks für die Geschäftsführung zu rechtfertigen. Im OHG-Recht findet sich ebenfalls kein zusätzlicher Anhaltspunkt für die Relevanz von Unternehmensinteressen. Eine Abweichung von dieser Verknüpfung widerspräche der Konzeption der Personengesellschaften als Vereinigung zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks und müsste sich eindeutig aus dem Gesetz ergeben. Mithin folgt aus dem Betrieb eines Unternehmens kein eigenständiger und verpflichtender Charakter, der im Rahmen des Gesellschaftsinteresses der Personengesellschaften zu berücksichtigen wäre. Die Rücksichtnahme auf die Interessen der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit können allerdings vom Zweck umfasst sein, wenn damit zum Beispiel das Ansehen der Gesellschaft gefördert und dadurch (mittelbar) zur Zweckerreichung beigetragen wird. Ist das der Fall, so decken sich Gesichtspunkte des Unternehmensinteresses und das Gesellschaftsinteresse, ohne dass es auf eine entsprechende ausdrückliche Zweckvereinbarung ankäme. Gleichwohl kann sich eine Handlungspflicht nur aus der unmittelbaren Zweckförderungspflicht ergeben und grundsätzlich nicht für jede mittelbar fördernde Maßnahme begründet werden, selbst wenn diese im Gesellschaftsinteresse liegt. Etwas anderes könnte allenfalls gelten, wenn bei Nichtbeachtung der mittelbar fördernden Maßnahme ein Schaden, etwa wegen eines Imageverlustes, für die Gesellschaft droht. Letztlich ist die Schadensvermeidung in diesem Fall allerdings unmittelbar zweckfördernd. Unabhängig vom Betrieb eines Unternehmens könnten sich aus Art.  14 Abs. 2 Satz 1 GG gewisse Pflichten137 ergeben. b) Karsten Schmidts Konzept des Unternehmensbezuges Karsten Schmidt bewertet das Gesellschaftsinteresse bei unternehmenstragenden Personengesellschaften anders. Ausgangspunkt dafür ist aber nicht die Berücksichtigung des Unternehmens138 im Rahmen des Gesellschaftsinteresses, sondern ein modifizierter Gesellschaftszweck. Den Zweck sieht er bei der OHG gerade nicht in der koordinierten Interessenverfolgung der Gesellschafter, sondern im überindividuellen Betreiben des Gesellschaftsunternehmens.139 Die Folge ist, dass das Interesse der Gesellschaft – und damit die 137  Diese sind nicht gesellschaftsrechtlicher Natur und damit nicht Teil dieser Untersuchung. 138  Zum Rechtsbegriff des Unternehmens K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 I, S. 63 ff. 139  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 I 2 b, S. 60; vgl. dazu auch Junge, FS Caemmerer, 547, 552; K. Schmidt, Stellung der OHG, S. 145.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Rechte und Pflichten der Gesellschafter – auf die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Gesellschaftsunternehmens gerichtet ist. Das Gesellschaftsinteresse könnte damit unabhängig von den Interessen der Gesellschafter sein und durchaus mit diesen kollidieren. Teil des Interesses der Gesellschaft wäre dann auch ein übergeordnetes Bestandsinteresse. Die Tätigkeit der Gesellschaft würde zum Selbstzweck und das Gesellschaftsunternehmen zum Subjekt des Gesellschaftsinteresses. Konsequent setzt Schmidt sich daher für die Aufhebung der Trennung zwischen Unternehmen und Unternehmensträger und die Anerkennung der wirtschaftlichen Einheit „Unternehmen“ als Rechtssubjekt ein.140 Er gesteht aber zu, dass dies ein Vorschlag de lege ferenda ist, wobei Schmidt auch nach geltender Gesetzeslage davon ausgeht, dass die Trennung zwischen Unternehmen und Unternehmensträger nicht ohne weiteres für das Innenrecht der Gesellschaften gelte.141 Das Konzept von Schmidt geht von einem ganz anderen Ansatzpunkt aus und ist erklärtermaßen zum Teil eine Konzeption de lege ferenda. In sich ist das Konzept im Hinblick auf das Gesellschaftsinteresse schlüssig. Es steht auch im Einklang mit der gesetzgeberischen Konzeption der Personengesellschaften, weil es anerkennt, dass einzig der Zweck maßgeblich für das Gesellschaftsinteresse ist. Nach der derzeitigen Rechtslage ist aber nicht der Betrieb des Gesellschaftsunternehmens der (überindividuelle) Zweck der Personengesellschaften. Bei der GbR besteht daran kein Zweifel. Aber auch bei der OHG und der KG ist der Betrieb des Unternehmens nicht stets der alleinige Zweck. Bei der OHG muss zwar nach dem Gesetz der Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein, aber es gibt keine Hinweise darauf, dass der historische Gesetzgeber mit dem Begriff „Handels­ gewerbe“ ein Unternehmen gemeint haben könnte.142 Einen Unternehmensbezug im System der Handelsgesellschaften zu begründen, steht de lege lata im Widerspruch zu der Konzeption der Personengesellschaften.143 c) Zwischenergebnis Allgemeinwirtschaftliche Überlegungen spielen bei unternehmenstragenden Personengesellschaften im Rahmen des Gesellschaftsinteresses über den vereinbarten Gesellschaftszweck hinaus keine Rolle. Unternehmensinteresse und Gesellschaftsinteresse sind begrifflich zu trennen. Die Zweckerreichung ist die Grundlage für jede Personengesellschaft, und dem „gemeinsamen Zweck“ haben sich die Gesellschafter verpflichtet. Die enge Verbindung der 140  K.

Schmidt, Handelsrecht, § 4 Schmidt, Handelsrecht, § 4 142  Reuter, FS K. Schmidt, 1357, 143  Reuter, FS K. Schmidt, 1357, 141  K.

II 1, S. 70. II 1, S. 70 und § 4 IV 1 b, S. 80. 1365. 1365.



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Mitglieder, das gemeinsame Ziel und ein insoweit bestehender Interessenausgleich sind die Basis für die Personengesellschaften. Aus dieser Grundlage leiten sich die Rechtfertigung für die persönliche Haftung der Gesellschafter, der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB, aber auch die Verpflichtung zur Zweckförderung ab. Insbesondere die Pflicht zur Zweckförderung und die strenge Bindung der Gesellschafter bei der Geschäftsführung an das Gesellschaftsinteresse können nur mit der Gemeinsamkeit des Zwecks begründet werden. Das Gesellschaftsinteresse richtet sich allein nach dem von den Gesellschaftern festgelegten Zweck, welcher – auch bei der OHG – nicht immer allein auf den Betrieb des Gesellschaftsunternehmens gerichtet ist. Ob es de lege ferenda sinnvoll ist, eine grundsätzliche Bindung von unternehmenstragenden Gesellschaften an allgemeinwirtschaftliche Gesichtspunkte vorzuschreiben, ist insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Erfahrungen in der Wirtschaftskrise zu überlegen. Die so genannte „Corporate Social Responsibility“ wird in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen und im Corporate Governance Kodex ist bereits die Verpflichtung zur Beachtung des Unternehmensinteresses für den Vorstand und den Aufsichtsrat enthalten.144 Allerdings entfaltet der Kodex seine – ohnehin nicht gesetzlich bindende – Wirkung gemäß § 161 AktG nur für börsennotierte Gesellschaften.145 Für eine Bindung an solche übergeordneten Gesichtspunkte kann es jedoch nicht darauf ankommen, ob eine börsennotierte Gesellschaft vorliegt, sondern nur auf die tatsächliche Relevanz der Gesellschaft für die Allgemeinheit. Es bleibt daher abzuwarten, in welche Richtung sich die Diskussion in den nächsten Jahren entwickelt und ob der Gesetzgeber Änderungen vornehmen wird. 7. Zusammenfassung Die Gesellschaft ist Trägerin eines eigenen Gesellschaftsinteresses, welches durch die Gesamtheit der Gesellschafter im Rahmen des Zwecks der Gesellschaft gebildet wird. Weicht die Gesamtheit der Gesellschafter bei der Geschäftsführung fortdauernd einheitlich von diesem Zweck ab, liegt kein 144  Für den Vorstand findet sich dies in 4.1.1. und 4.3.3. und für den Aufsichtsrat wird es in der Präambel und in 5.5.1. angesprochen (Kodex in der Fassung vom 13. Mai 2013). Die Regelungen nehmen jeweils das Unternehmensinteresse in Bezug, aufgrund der fehlenden einheitlichen Diskussion ergeben sich im Rahmen der Geschäftsberichte daher auch unterschiedliche Ausformulierungen der Verpflichtung. Die Deutsche Bank sieht sich zum Beispiel „in schwieriger Zeit unseren Aktionären, Kunden, Mitarbeitern und der Gesellschaft verpflichtet“, Geschäftsbericht 2008, S. 17. 145  Kritisch in Bezug auf eine Verankerung im Corporate Governance Kodex daher auch Spindler, Unternehmensinteresse-Gutachten, S. 22.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

interessenwidriges Handeln, sondern eine konkludente Zweckänderung vor.146 Die Gesamtheit der Gesellschafter kann nicht gegen die Interessen der Gesellschaft handeln, da sie die Gesellschaft ist. Die Konstruktion eines von den Gesellschaftern unabhängigen Gesellschaftsinteresses widerspricht der Zweckbindung des Interesses und damit dem Konzept der Personengesellschaft als Vereinigung zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks.

IV. Bestimmung des Gesellschaftsinteresses bei der Geschäftsführung durch den einzelnen Gesellschafter Der Rahmen des Gesellschaftsinteresses ist zwar mit der Zweckfestlegung durch die Gesamtheit der Gesellschafter vorgegeben.147 Die Geschäftsführung ist jedoch keine kollektive Pflicht der Gesellschaftergesamtheit, sondern zunächst eine individuelle Verpflichtung jedes einzelnen zur Geschäftsführung befugten Gesellschafters.148 Das gilt auch, wenn Gesamtgeschäftsführung vorliegt. Die Geschäftsführungsbefugnis umfasst lediglich Maßnahmen, die im Gesellschaftsinteresse liegen, also der Zweckerreichung dienen.149 Trotz dieser einheitlichen Vorgabe sind unterschiedliche Einschätzungen der einzelnen Gesellschafter denkbar. Das Gesellschaftsinteresse lässt sich nicht ohne weiteres aus dem Zweck ablesen. Die einzelnen geschäftsführenden Gesellschafter haben es im Rahmen der durch sie ausgeübten organschaftlichen Willensbildung der Gesellschaft nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen150 und ihr Handeln danach auszurichten.151 Dieses Bestimmen hat keinen Einfluss auf den Inhalt des Gesellschaftsinteresses, obwohl die Gesellschafter als Organe handeln. Sie ist keine Festlegung, sondern eine Feststellung. Die Interessenbestimmung ist zwingend für die Beurteilung, ob eine Maßnahme im Interesse der Gesellschaft liegt. Diese Bestimmung ist selbst eine Geschäftsführungstätigkeit, so dass über § 105 Abs. 3 HGB der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB gilt152. 146  Zu

Schriftformvereinbarungen siehe 3. Kapitel C. VI. 3. Kapitel C. II. 148  Dazu 3. Kapitel B. II. 149  Siehe oben 3. Kapitel C. I. und II. 150  Flume, Personengesellschaft, S. 235; Mack, Gleichlauf, S. 145; G. Roth, Rn. 273; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 13. 151  So bereits von Hahn, ADHGB, Art. 99 bis 104 § 9; R. Fischer, NJW 1954, 777, 778; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 30; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 39; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 50; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114 HGB Rn. 32. 152  Siehe oben 3. Kapitel B. IV. 147  Siehe



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Der Gesellschafter erfüllt die Pflicht, im Interesse der Gesellschaft zu handeln, wenn seine Geschäftsführungsentscheidung nach seiner ex-anteEinschätzung objektiv zur Zweckerreichung geeignet ist.153 Vereinfacht ausgedrückt haben die einzelnen geschäftsführenden Gesellschafter so zu handeln, als stünden sie an Stelle der Gesellschaft.154 Im Gesellschaftsinteresse liegen jedenfalls Maßnahmen, die auf den gesicherten, funktionsfähigen und erfolgreichen Fortbestand der Gesellschaft gerichtet sind.155 Ex post kann sich herausstellen, dass die getroffene Einschätzung falsch war, und dementsprechend können sich einzelne Handlungen und Maßnahmen für die Gesellschaft negativ auswirken. Daraus kann dem handelnden Gesellschafter, sofern er die erforderliche Sorgfalt angewendet hat, kein Vorwurf gemacht werden. Für den Vorstand einer Aktiengesellschaft ist das seit 2005 in § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG (so genannte „Business Judgement Rule“) ausdrücklich festgehalten. Die notwendige Beurteilung hat jeder Gesellschafter einzeln zu treffen, denn die Geschäftsführung ist ihm zur selbständigen pflichtgemäßen Ausübung übertragen worden.156 Aus dieser Selbständigkeit ergibt sich im Umkehrschluss, dass selbst dann, wenn die Mitgesellschafter von vornherein die Maßnahme (zutreffend) als nicht im Gesellschaftsinteresse liegend beurteilt haben, dem handelnden Gesellschafter kein Vorwurf gemacht werden kann, solange er die geboten Sorgfalt angewendet hat. Für die anderen Gesellschafter kann sich jedoch wegen ihrer Bindung an das Gesellschaftsinteresse eine Handlungs-, insbesondere eine Widerspruchspflicht, ergeben.157 Daraus folgt, dass eine Pflichtverletzung des handelnden Gesellschafters und damit möglicherweise ein Schadensersatzanspruch gegen ihn nur besteht, wenn bei der Feststellung der Interessen der Gesellschaft gegen den Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB verstoßen oder gegen die pflichtgemäß festgestellten Interessen gehandelt wird.158 Wenn der Gesellschafter pflichtgemäß gehandelt hat, kann er von seinen Mitgesellschaftern – über den anteiligen Ausgleich nach § 426 BGB hinaus – nicht in Anspruch genommen werden.159 Die enge Verbindung der Gesell153  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819; 820; R. Fischer, NJW 1954, 777, 778; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 321; vgl. auch A. Hueck, OHG Recht, § 11  III 3, S. 173; A. Hueck, ZGR  1972, 237, 241. 154  R. Fischer, NJW 1954, 777, 778. 155  Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 23; wohl zustimmend: Raiser, FS R.  Schmidt, 101, 111. 156  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 157  Siehe etwa zur Widerspruchspflicht unten 3. Kapitel E. III. 1. 158  So bereits von Hahn, ADHGB, Art. 99 bis 104 § 9. 159  Siehe zum Innenregress der Personengesellschafter bei Haftungsfällen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 49 V 2, S. 1436 ff.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

schafter einer Personengesellschaft führt dazu, dass alle Mitglieder dem Risiko des Fehlers ihrer Mitgesellschafter ausgesetzt sind.160

V. Sonderfall: Festlegung des Gesellschaftsinteresses durch die Mehrheit der Gesellschafter 1. Problemstellung Die Änderung des Gesellschaftszwecks ist eine Änderung des Gesellschaftsvertrages. Der Gesellschaftsvertrag weist eine doppelte Struktur auf. Er ist ein organisationsrechtlicher Vertrag zur Begründung der nach außen rechtsfähigen Gesellschaft und ein schuldrechtlicher Vertrag, der ein Schuldverhältnis zwischen den Gesellschaftern schafft.161 Für die OHG und die KG ist das Einstimmigkeitserfordernis in § 119  Abs. 1 HGB (i. V. m. § 161  Abs. 2 HGB) für alle Gesellschafterbeschlüsse geregelt, wobei sich aus Absatz 2 bereits die Möglichkeit der Vereinbarung von Mehrheitsbeschlüssen ergibt. Im Rahmen der Privatautonomie können demnach Mehrheitsbeschlüsse vereinbart werden.162 In § 119 Abs. 2 HGB finden sich Regelungen zur Berechnung der Mehrheit. Die Vereinbarung von Mehrheitsbeschlüssen kann sich grundsätzlich auch auf Änderungen des Gesellschaftsvertrages beziehen.163 Es werden jedoch bestimmte Voraussetzungen an eine derartige Vereinbarung geknüpft, die je nach Art des durch die Mehrheitsklausel erfassten Vertragsgegenstandes unterschiedlich streng sind. Darüber hinaus gibt es Gesellschafterrechte, für die Mehrheitsbeschlüsse nicht vereinbart werden können. Für die Frage der „Mehrheitsfestigkeit“ einer Zweckänderung kommt es entscheidend auf die mit ihr einhergehenden Folgen an. Der Zweck ist das alle Gesellschafter verbindende Element und die Grundlage für das Gesellschaftsinteresse.164 Erachtete man die Möglichkeit eines Mehrheitsbeschlusses zur Zweckänderung für zulässig, hätte dies zur Folge, dass die Mehrheit der Gesellschafter über die Zweckfestlegung auch 160  Siehe

zu den Grundlagen der Personengesellschaften 1. Kapitel A. II. § 705 Rn. 158; Flume, Personengesellschaft, S. 11 f.; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 165; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 I 2 c, S. 1733; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  420; Goette, FS Sigle, 145, 145; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 798. 162  BGH Urt. v. 15.11.1982 – II ZR 62 / 82, BGHZ 85, 350, 354; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 II 2 a, S. 453 f.; Sudhoff / Schulte, § 12 Rn. 40. 163  BGH Urt. v. 19.10.2009 – II ZR 240 / 08, NJW 2010, 65, 67; K. Schmidt, JuS 2010, 162, 163. 164  Siehe zur Bindung an den Gesellschaftszweck 3. Kapitel C. II. 1. 161  MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer,



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung

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das Interesse der Gesellschaft konstatieren könnte.165 Der Gleichlauf zwischen dem Gesellschaftsinteresse und dem Interesse der Gesellschaftergesamtheit wäre durchbrochen. Bei der Zweckänderung handelt es sich daher um den schwersten Eingriff in den Gesellschaftsvertrag.166 Durch die Zweckänderung kraft Mehrheitsentscheidung würden die Minderheitsgesellschafter zu persönlich haftenden Gesellschaftern einer Gesellschaft, deren Zweck sie nie erreichen wollten, nunmehr aber fördern müssten. Der Schutz durch die gemeinsame Zweckfestsetzung, die in der Bindung der Geschäftsführung an das vom Zweck determinierte Gesellschaftsinteresse zum Ausdruck kommt, wäre unterlaufen. Das ist für die überstimmten Gesellschafter ein nur schwer erträgliches Ergebnis. Ihnen bliebe lediglich die Möglichkeit, im Vorhinein zu versuchen, die Mehrheit umzustimmen. Eine auf den neuen Zweck gerichtete Maßnahme läge aus der relevanten ex-ante-Sicht167 im Gesellschaftsinteresse und wäre nicht pflichtwidrig. Führte die Maßnahme gleichwohl zu einem Schaden, bestünde daher kein Schadensersatzanspruch gegen die Mehrheit. Die Minderheit müsste den Schaden im Rahmen der persönlichen Haftung mittragen. Ein Widerspruch gegen die (ursprünglich zweckfremde) Maßnahme wäre unbegründet, sofern nicht weitere Faktoren hinzuträten, etwa ein zu hohes Risiko. Sollte die Zustimmung aller Gesellschafter zu der betroffenen Maßnahme erforderlich sein, könnte die Minderheit sogar zu dieser verpflichtet sein; maßgeblich wäre allein das (geänderte) Gesellschaftsinteresse.168 Für den zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter änderte sich darüber hinaus seine Geschäftsführungspflicht, die sich nach dem (geänderten) Gesellschaftsinteresse richtet. Der Umfang der Geschäftsführungstätigkeit könnte infolgedessen steigen oder es könnte eine Pflicht zur Wahrnehmung vorher nicht absehbarer – möglicherwiese die Fähigkeiten des Geschäftsführers überschreitende – Geschäftsführungsaufgaben entstehen. Die Pflicht zur Geschäftsführung bestünde grundsätzlich fort.169 Freilich käme eine Kündigung bzw. Niederlegung der Geschäftsführung in Betracht, bedeutete aber einen erheblichen Einflussverlust bei fortbestehender persönlicher Haftung.170 Das mit der Zulässigkeit von zweckändernden Mehrheitsbeschlüssen verbundene Risiko für die Gesellschafter wäre demnach immens. Aufgrund dessen stellt sich bei der Interessenbestimmung die Frage, ob die 165  Zur

Verknüpfung von Gesellschaftsinteresse und -zweck 3. Kapitel C. II. 1. ausdrücklich U. Schneider, ZGR 1972, 357, 380. 167  Siehe dazu 3. Kapitel C. IV. 168  Siehe dazu 3. Kapitel C. I. 169  Zu Einschränkungen der Pflicht siehe 3. Kapitel B. III. 170  Siehe 4. Kapitel F. II. 166  So

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Zweckänderung einem Mehrheitsbeschluss zugänglich ist und welche Voraussetzungen an einen entsprechenden Beschluss zu knüpfen wären. Im Grunde geht es dabei um die Herstellung eines Ausgleichs zwischen der Privatautonomie und dem Minderheitenschutz. 2. Meinungsstand Zum Teil wird eine solche „Mehrheitsherrschaft“ zumindest im Kernbereich der Mitgliederrechte abgelehnt.171 Überwiegend wird die Vereinbarung von Mehrheitsbeschlüssen zur Änderung des Gesellschaftsvertrages im Grunde für zulässig erachtet, um eine flexible Ausgestaltung der Gesellschaft zu ermöglichen, wobei nur selten explizit auf die Frage der Zweckänderung eingegangen wird.172 Um die Minderheit trotzdem ausreichend zu schützen, wurden verschiedene Ansätze entwickelt. Nach dem so genannten „Bestimmtheitsgrundsatz“173 gelten 171  So etwa Immenga, ZGR 1974, 385, 425; kritisch im Hinblick auf den Zweck auch Reuter, FS  Schmidt, 1357, 1363, wobei er Mehrheitsklauseln nicht per se ausschließt. 172  U. Schneider, ZGR 1972, 357, 381; Flume, Personengesellschaft, S. 216 (der Mehrheitsklauseln hinsichtlich des korporativen Elementes für zulässig erachtet und die Zweckänderung dazu zählt). Für den Sonderfall des Fortsetzungsbeschlusses einer in Liquidation befindlichen Gesellschaft: BGH Urt. v. 12.11.1952 – II  ZR 260 / 51, BGHZ 8, 35, 39 (wenn auch nur obiter dictum, im Rahmen einer Aufzählung, welche Gegenstände Mehrheitsbeschlüssen zugänglich sind. Dabei verweist der Bundesgerichtshof auf das Reichsgericht, allerdings wird in keiner der genannten Entscheidungen der Fall der Zweckänderung thematisiert); Beschl. v. 2.7.2007 – II  ZR  181 / 06, DStR 2007, 2021, 2022. 173  BGH Urt. v. 12.11.1952 – II ZR 260 / 51, BGHZ 8, 35, 41 f.; Martens, DB 1973, 413, 418; K. Schmidt, ZHR 158 (1994), 205, 218 f.; Marburger, NJW 1984, 2252, 2257 f.; Coing, ZGR  1978, 659, 673; Märtens, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 18; Koch, NJW  1989, 2662, 2670; Reuter, FS Schmidt, 1357, 1362 ff. Dem Bestimmtheitsgrundsatz wird teils erhebliche Kritik entgegengebracht. Sie stützt sich vor allem darauf, dass die Vertragspraxis ihn durch ausführliche Kataloge der Änderungsgegenstände umgeht und er deshalb seiner Schutzfunktion nicht gerecht werden könne (siehe etwa MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 87 ff.; Hüf­ fer, ZHR 151 (1987), 396, 406 f.; Goette, FS Sigle, 145, 157 f.; Brändel, FS Stimpel, 95, 104; R. Fischer, FS  Barz, 32, 41 f.; Hennerkes / Binz, BB 1983, 713 ff.; Auten­ rieth, DB 1983, 1034 f.; Mecke, BB 1988, 2258, 2261; für eine „behutsame Korrek­ tur“ Schiessl, DB 1986, 735, 737). Für Publikumsgesellschaften und darüber hinaus für ähnlich intensiv körperschaftlich strukturierte Personengesellschaften wurde entschieden, dass der Bestimmtheitsgrundsatz nicht gilt (BGH Urt. v. 13.3.1978 – II ZR 63 / 77, BGHZ 71, 53, 58 f.; vgl. dazu auch: Reuter, JZ 1986, 72, 80; Koch, NJW 1989, 2662, 2670; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 799; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 94; Reuter, FS Steindorff, 229, 237; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 163 HGB Rn. 37; Marbur­



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung97

Mehrheitsbeschlüsse nur in Bezug auf Vertragsgegenstände, für die sich eine Ermächtigung der Mehrheit mit Bestimmtheit aus der entsprechenden Mehrheitsklausel ergebe.174 Bei Fehlen einer ausdrücklichen Nennung müsse sich zumindest durch Auslegung ermitteln lassen, welcher Beschlussgegenstand erfasst werden solle.175 Die gesellschaftsvertragliche Legitima­ tionsgrundlage habe dabei so konkret zu sein, dass sie Art, Umfang und die möglichen Folgen für die Gesellschafter erkennen lasse.176 Bei einer allgemeinen Mehrheitsklausel sei davon auszugehen, dass sie nur auf gewöhn­ liche Beschlussgegenstände bezogen sei und eine Änderungsklausel nur für übliche, nicht aber für grundlegende Vertragsänderungen gelte.177 Als weiteres Instrument des Minderheitenschutzes wurde die „Kernbereichslehre“ entwickelt. Danach bestehe ein Kernbereich von Mitgliedschaftsrechten178, ger, NJW 1984, 2252, 2255; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 152; Oldenburg, in: Heidenhain / Meister, II. 3 Anm. 13; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 34; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 119 HGB Rn. 17a). 174  BGH Urt. v. 12.11.1952 – II ZR 260 / 51, BGHZ 8, 35, 41 f.; Coing, ZGR 1978, 659, 673; Märtens, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 18; Marburger, NJW 1984, 2252, 2257; K. Schmidt, ZHR 158 (1994), 205, 215, 218; K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 14, der von einer „doppelten Banalität“ spricht; siehe auch Koch, NJW 1989, 2662, 2670; Flume, Personengesellschaft, S. 214. 175  BGH Urt. v. 12.11.1952 – II ZR 260 / 51, BGHZ 8, 35, 41 f.; Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475, 476; Wertenbruch, ZIP  2007, 798, 799; Priester, DStR 2007, 28, 30; K. Schmidt, ZHR 158 (1994), 205, 218; U. Schneider, ZGR 1972, 357, 372; Oldenburg, in: Heidenhain / Meister, II. 3 Anm. 13; K. Schmidt, JuS  2010, 162, 163; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 30; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 224. 176  BGH Urt. v. 23.1.2006 – II ZR 126 / 04, ZIP 2006, 754, 755; Urt. v. 15.1.2007 – II  ZR  245 / 05, ZIP 2007, 475, 476; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 799; vgl. auch Schäfer, EWiR  2006, 301, 302; Priester, DStR 2007, 28, 30; U. Schneider, ZGR 1972, 357, 372. 177  RG Urt. v. 23.11.1917 – Rep. III. 241 / 17, RGZ 91, 166, 168; Urt. v. 15.5.1936 – II 291 / 35, RGZ 151, 321, 327; Urt. v. 13.4.1940 – II 143 / 39, RGZ 163, 385, 391; BGH Urt. v. 12.11.1952 – II  ZR 260 / 51, BGHZ 8, 35, 41 f.; Urt. v. 13.7.1967 – II ZR 72 / 67, BGHZ 48, 251, 254 f.; siehe auch Urt. v. 7.12.1972 – II ZR 131 / 68 – DB 1973, 1545, 1545; Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475, 476; Martens, DB 1973, 413, 417; Immenga, ZGR  1974, 385, 418; Coing, ZGR  1978, 659, 673; Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 29; vgl. ferner Wertenbruch, ZIP  2007, 798, 799; Priester, DStR 2008, 1386, 1387; U. Schneider, ZGR 1972, 357, 371; Marburger, NJW 1984, 2252, 2253; Märtens, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 18; Oldenburg, in: Heidenhain / Meister, II. 3 Anm. 13; Göbel, Mehrheitsentscheidungen, S. 144. 178  Welche Rechte dem Kernbereich zuzuordnen sind, ist wiederum umstritten; vergleichbar mit der Diskussion um den Inhalt des Begriffs der „Grundlagengeschäfte“, siehe 2. Kapitel A. II. Dies ist eine maßgebliche Schwäche der Kernbereichslehre, welche für die Praxis nicht durch zahlreiche Theorien und Ansichten hinsichtlich der Abgrenzung des Kernbereichs, sondern nur durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofes greifbar wird. Zumindest die Begrifflichkeit wurde aber wohl

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

in den nur mit Zustimmung aller betroffenen Gesellschafter eingegriffen werden dürfe.179 In der „Otto Entscheidung“180 hat sich der Bundesgerichtshof für eine zweistufige Kontrolle von Mehrheitsbeschlüssen in Personengesellschaften entschieden181 und damit die Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes eingeleitet. In der ersten Stufe ist festzustellen, ob der Gesellschaftsvertrag eine hinreichende formelle Ermächtigungsgrundlage enthält. Der Bundesgerichtshof knüpft dazu an den Bestimmtheitsgrundsatz an. Aufgrund der diesem entgegen gebrachten Kritik wurde aber klargestellt, dass es ausreicht, wenn die Auslegung des Gesellschaftsvertrags zweifelsfrei ergibt, dass die Mehrheitsklausel den in Rede stehenden Beschlussgegenstand erfassen soll.182 Im Folgenden verzichtete der Bundesgerichtshof zunächst auf die Verwendung des Begriffs „Bestimmtheitsgrundsatz“183 und mittlerweile hat er klargestellt, dass diesem „keine Bedeutung mehr zukommt“184. Die „Gewöhnlichkeit“ des Beschlussgegenstandes spielt für die formelle Legitimation also keine Rolle mehr.185 Als zweite Stufe ist eine inhaltliche Wirksamkeitsprüfung der Mehrheitsklausel vorzunehmen,186 die – nach Aussage des Bundesmit BGH Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475, 476, aufgegeben und ist auch nicht mehr in BGH Urt. v. 5.3.2007 – II ZR 282 / 95, ZIP 2007, 766 ff. erwähnt. Siehe auch Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 799. 179  BGH Urt. v. 19.11.1984 – II ZR 102 / 84, NJW 1985, 972, 973; Urt. v. 5.11.1984 – II  ZR  111 / 84, NJW 1985, 974, 974; siehe auch Urt. v. 10.10.1994 – II ZR 18 / 94, NJW 1995, 194, 195; K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 17; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 3 III 2 d, S. 219 f.; K. Schmidt, ZHR 158 (1994), 205, 227; siehe auch Löffler, NJW 1989, 2656 ff.; Märtens, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 109 HGB Rn. 17; Priester, DStR 2008, 1386, 1388. Kritik an der Kernbereichslehre findet sich etwa bei Reuter, FS Schmidt, 1357, 1368 ff. 180  BGH Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475 ff.; siehe dazu auch K. Schmidt, JuS  2010, 162, 163; Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 119 HGB Rn. 59; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 799; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 119  HGB Rn. 19a f. 181  Ähnlich bereits: Flume, ZIP 1995, 651, 652; K. Schmidt, JZ 1995, 313, 314. 182  BGH Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475, 476. 183  BGH Urt. v. 15.11.2011 – II ZR 266 / 09, NZG 2012, 393 ff. 184  BGH Urt. v. 16. 10.2012 – II ZR 251 / 10, NZG 2013, 57, 60 Rn. 26; Urt. v. 16.10.2012 – II ZR 239 / 11, NZG 2013, 63, 64 Rn. 15; Urt. v. 17.9.2013 – II ZR 68 / 11, NZG 2014, 302, 304; Wertenbruch, NZG 2013, 641, 641; Priester, NZG 2013, 321, 323; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 119  HGB Rn. 19a. 185  Wertenbruch, NZG 2013, 641, 643; siehe auch Priester, NZG 2013, 321, 323; Berninger, GWR 2013, 42, 42; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 119  HGB Rn. 19b. 186  BGH Urt. v. 16. 10.2012 – II ZR 251 / 10, NZG 2013, 57, 61 Rn. 36; Urt. v. 16.10.2012 – II ZR 239 / 11, NZG 2013, 63, 65 Rn. 19; Wertenbruch, NZG 2013, 641, 642; Priester, NZG 2013, 321, 323.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung99

gerichtshofes187 – der Kernbereichslehre ähnelt. Zunächst ist danach zu prüfen, ob sich die Klausel nur auf relativ unentziehbare oder schlechthin unverzichtbare Rechte bezieht.188 In die zuletzt genannten kann nicht einmal mit Einwilligung des betroffenen Gesellschafters eingegriffen werden, weil andernfalls die Mitgliedschaft völlig ausgehöhlt wäre.189 Handelt es sich um einen Eingriff in relativ unentziehbare Rechte, ist zu eruieren, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Klausel erfüllt sind und ob der Beschluss wegen treuwidriger Ausübung der Mehrheitsmacht unwirksam ist.190 3. Stellungnahme Aus der Zulässigkeit von Mehrheitsklauseln für einen Auflösungsbeschluss können keine Rückschlüsse gezogen werden.191 Ein Auflösungsbeschluss ist ein besonderer Fall der Zweckänderung192, der nicht mit einer sonstigen Zweckänderung vergleichbar ist. Wegen der persönlichen Haftung und der Förderpflicht hat eine „normale“ Zweckänderung weiterreichende Folgen. Der Auflösungsbeschluss führt „nur“ zur Liquidation der Gesellschaft, in der alle Gesellschafter gleich behandelt werden. Dadurch sind die Minderheitsgesellschafter ausreichend geschützt. Sie werden nicht Teil einer Gesellschaft, deren Zweck sie nicht teilen. Außerdem ist die Gesellschaft in der Liquidationsphase keine werbende Gesellschaft mehr, so dass die Gefahr der Begründung neuer Haftungsrisiken für die Gesellschafter eingeschränkt ist. Bei einem Fortsetzungsbeschluss besteht gleichsam eine besondere Situation, denn die Gesellschafter wollen letztlich die Gesellschaft mit dem ursprünglichen (vereinbarten) Zweck fortsetzen. Der Konsens zwischen den Gesellschaftern mag zwar nicht mehr bestehen, aber diese Zweckauf­ gabe betrifft einzelne Mitglieder. Daran ändert auch der vorangegangene 187  BGH

Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475, 476 f. Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475, 477; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 799; ähnlich MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 92; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16  III  3, S. 470; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 7  II 1, S. 366 ff.; Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 119 HGB Rn. 53; Immenga, ZGR 1974, 385, 403. 189  Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 119 HGB Rn. 53. 190  BGH Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475, 476; Urt. v. 16. 10.2012 – II ZR 251 / 10, NZG 2013, 57, 61 Rn. 36; Urt. v. 16.10.2012 – II ZR 239 / 11, NZG 2013, 63, 65 Rn. 19; Urt. v. 17.9.2013 – II ZR 68 / 11, NZG 2014, 302, 304; Werten­ bruch, NZG 2013, 641, 642; Priester, NZG 2013, 321, 323; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 800; Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 119 HGB Rn. 59. 191  So im Kontext der Frage nach einer Zustimmungspflicht und in Bezug auf den Ausschluss nach § 140  HGB: Kollhosser, FS Harry Westermann, 275, 282. 192  Siehe oben 3. Kapitel C. III. 5. b). 188  BGH

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Auflösungsbeschluss nichts. Unterschiedliche Gründe sind möglich diese können auf einer falschen Tatsachenannahme beruhen oder ihre aussetzungen können sich geändert haben. Will eine Minderheit an Beschluss festhalten, so ist die Situation eher mit der zu vergleichen, einzelne Gesellschafter den Zweck aufgegeben haben.

und Vordem dass

Die Minderheit der Gesellschafter wird daher auf die Kündigungsmöglichkeit nach § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HGB verwiesen.193 Dem Risiko der persönlichen Haftung und der Förderpflicht entgingen sie damit, und ihnen stünde ein Abfindungsanspruch aus § 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Es sind allerdings gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln möglich, die ein Ausscheiden unattraktiver machen. Das Kündigungsrecht darf zwar nicht entgegen § 723  Abs. 3  BGB in unzulässiger Weise eingeschränkt werden.194 Dennoch können solche Klauseln eine erhebliche Hürde darstellen. Ergo ist die Kündigung nur bei der Garantie einer angemessenen Abfindung eine Alternative.195 Angemessen dürfte die Abfindung in der Regel sein, wenn der ausscheidende Gesellschafter wie im Falle der Liquidation gestellt wird.196 Gleichwohl kann auch dann ein Interesse des Gesellschafters bestehen, Teil der Gesellschaft zu bleiben, etwa um fortdauernd und kontinuierlich an den Gewinnen beteiligt zu werden. Gerade bei den Personengesellschaften besteht oft eine enge Bindung an die persönliche Lebensplanung der Gesellschafter. Die Tätigkeit für die Gesellschaft wird häufig der Beruf des Gesellschafters und damit seine Einkommensquelle sein. Selbst wenn die Gesellschafter mit einer Abfindung nicht schlechter gestellt werden als bei der Liquidation, bietet sie keinen völligen Ersatz für die Mitgliedschaft. Darauf kann es aber auch nicht ankommen, sondern nur auf einen gerechten Interessenausgleich. Wirtschaftlich betrachtet gleicht die Situation bei Gewährung einer angemessenen Abfindung dem Fall der Liquidation. Zwar wird das Interesse, die Gesellschaft fortzuführen, nicht gewahrt, aber die 193  Die Kündigung führt bei Vorliegen einer entsprechenden Klausel auch bei einer GbR dazu, dass der kündigende Gesellschafter ausscheidet und die Gesellschaft fortbesteht. Fehlt es an einer solchen Klausel, ist zu überlegen, ob § 131 HGB entsprechend auf die GbR anwendbar ist und damit eine Austrittskündigung für diese grundsätzlich ermöglicht wird. Siehe zu diesem Gedanken etwa Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 7 IV 1 a, S. 668, der aber de lege lata davon ausgeht, dass die Regelungen der GbR noch nicht verdrängt werden. Außerdem liegt bei einer völligen Zweckänderung ein wichtiger Grund zur Kündigung nach § 723 Abs. 1 Satz  2 BGB vor. 194  Hüffer, ZHR 151 (1987), 396, 405. 195  U. Schneider, ZGR 1972, 357, 391 f. 196  Ähnlich im Kontext der Nachschusspflicht Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1683.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung101

Mehrheit der Gesellschafter könnte ebenso kündigen und eine neue Gesellschaft gründen. Flankiert wird dies dadurch, dass die Gesellschafter der Mehrheitsklausel zugestimmt haben und dabei Gelegenheit hatten, die Folgen zu reflektieren. Freilich werden nicht alle Verträge gleichberechtigt ausgehandelt,197 weil etwa eine Vertragspartei der anderen zu sehr vertraut, abhängig von ihr ist oder schlicht der nötige Sachverstand fehlt. Ausfluss der Vertragsfreiheit ist aber auch, dass grundsätzlich jeder Geschäftsfähige die Konsequenzen einer ungeschickten Verhandlung zu tragen hat. In Extremfällen kann sich eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB aus den Umständen des Vertragsschlusses ergeben, wodurch ein ausreichender Missbrauchsschutz gewährleistet ist.198 Nichtsdestoweniger ist die herausragende Bedeutung des Gesellschaftszwecks bei den Personengesellschaften zu bedenken. Er ist das die Gesellschafter verbindende Element und das Motiv für die Gründung der Gesellschaft.199 Die Interessen der Gesellschafter sind in diesem Zweck gebündelt. Sie decken sich insoweit, aber in aller Regel nicht darüber hinaus. Eine Änderung des Zwecks durch weniger als die Gesamtheit der Gesellschafter zuzulassen, bedeutete, die Verbindung der Gesellschafter untereinander aufzuheben und damit den Existenzgrund der Gesellschaft. Schon die ausdrückliche Formulierung des „gemeinsamen Zwecks“ der Gesellschafter in § 705 BGB zeigt, dass es sich um einen Zweck aller Gesellschafter handeln muss. Eine Personengesellschaft, deren Mitglieder nicht den gemeinsamen Zweck verfolgen, widerspricht einem Grundprinzip der Personengesellschaft.200 Ohne die Zweckbindung ließe sich die Förderpflicht der Mitglieder nicht rechtfertigen. Eine wirksame Zweckänderung durch die Mehrheit ist wegen dieser Pflicht ein massiver Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Minderheit und dem unverzichtbaren Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte zuzuordnen.201 Die Gesellschafter haben sich zur Zweckerreichung dazu auch Goette, FS Sigle, 145, 157; R. Fischer, FS Barz, 33, 37. Urt. v. 13.7.1981 – II ZR 56 / 80, BGHZ 81, 263, 266; A. Hueck, OHG Recht, § 11 IV 1, S. 176; ähnlich: Reuter, JZ 1986, 16, 23; U. Schneider, ZGR 1972, 357, 373. 199  Siehe zur Bindung an den Gesellschaftszweck 3. Kapitel C. II. 1. 200  Siehe oben 1. Kapitel A. II. 201  Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht, wenn U. Schneider einerseits davon spricht, dass die Zweckänderung der schwerste Eingriff in den Gesellschaftsvertrag ist (ZGR 1972, 357, 380), andererseits Mehrheitsklausel für zulässig erachtet, weil die Gläubiger der Gesellschafter wegen der fortbestehenden Haftung nicht in ihren Interessen berührt würden und auch die wirtschaftliche Freiheit der einzelnen Gesellschafter nicht unzumutbar beschränkt werde (ZGR 1972, 357, 381). Etwas anderes gilt für Publikumspersonengesellschaften. Dort sind Mehrheitsklauseln im Allgemeinen und in Bezug auf eine Zweckänderung zulässig. Bei diesen steht nicht die gemeinsame Zweckverfolgung im Vordergrund, sondern es handelt 197  Siehe 198  BGH

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

zusammengefunden, und es ist die logische Konsequenz aus der Konzeption der Personengesellschaften, die Zweckänderung von der Zustimmung aller Gesellschafter abhängig zu machen. Wer einen neuen Zweck verfolgen will, dem steht es frei, eine neue Gesellschaft zu gründen. Gegen das Verbot zweckändernder Mehrheitsklausen kann auch nicht angeführt werden, dass es die Privatautonomie als Teil der Rechtsordnung einschränke. Die Privatautonomie findet ihre Grenze, wenn sie andere Elemente der Rechtsordnung, wie den Minderheitenschutz, unverhältnismäßig beeinträchtigt.202 Für den speziellen Fall der Zulässigkeit von zweckändernden Mehrheitsbeschlüssen kann zwischen beiden keine harmonische Konkordanz hergestellt werden, sondern nur allgemein zwischen Privatautonomie und Minderheitenschutz. Es gibt gewisse unantastbare Bereiche, die nicht zur Disposition stehen. Ist eine Änderung des Zwecks durch die Mehrheit ausgeschlossen, kann hinsichtlich der Gesellschafter, die den ursprünglichen Zweck aufgeben wollen, ein Ausschlussgrund nach § 140 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 133 Abs. 2 HGB bestehen, denn diese verfolgen mit ihren Handlungen nicht mehr den (noch aktuellen) Zweck der Gesellschaft und handeln damit gegen das Gesellschaftsinteresse. Natürlich stellt das bloße Anregen der Änderung oder auch ein Hinwirken darauf noch kein dafür ausreichendes Handeln dar. 4. Zulässige Wege der Zweckänderungen a) Direkte Zustimmung aller Gesellschafter Unproblematisch ist die Zweckänderung, wenn alle Gesellschafter zustimmen. Das Interesse der Gesellschaft an der Erreichung des ursprünglichen Zwecks steht der Festlegung eines neuen Zwecks nicht entgegen. Mit der Zweckänderung ist das Gesellschaftsinteresse uno actu auf den neuen Zweck gerichtet.203

sich oftmals lediglich um eine Form der Geldanlage, so dass der Zweck der (eingetretenen) Publikumsgesellschaft gar nicht mit dem eigentlichen Zweck der Gesellschaft bei der Gründung übereinstimmt. Ebenso wenig besteht ein enges Verhältnis zwischen den Gesellschaftern. Hinzu kommen die stets bei Publikumsgesellschaften zu beachtenden Praktikabilitätsüberlegungen; siehe dazu auch BGH Urt. v. 15.11.1982 – II ZR 62 / 82, NJW 1983, 1056, 1058 (allgemein zu Grundlagengeschäften); Nord­ mann, in: Büchel / von Rechenberg, Kap. 6 Rn. 94. 202  Reuter, JZ 1986, 16, 23. 203  Dazu 3. Kapitel C. III. 4.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung103

b) Zustimmungspflicht zur Änderung des Gesellschaftszwecks Grundsätzlich ist die Zustimmung zur Zweckänderung eine privatautonome Entscheidung, aufgrund der Bindung an das Gesellschaftsinteresse204 oder der Treuepflicht könnte jedoch eine Zustimmungspflicht in Erwägung gezogen werden. Eine Zustimmungspflicht aufgrund des Gesellschaftsinteresses knüpfte letztlich an ein übergeordnetes Bestandsinteresse an. Ein solches existiert allerdings bei Personengesellschaften nicht205. Bei der Festlegung eines neuen Zwecks handelt es sich außerdem nicht um eine Geschäftsführungsmaßnahme, so dass die uneingeschränkte Bindung an das Gesellschaftsinteresse a priori nicht besteht. Aus dem Gesellschaftsinteresse lässt sich deshalb regelmäßig keine Pflicht zur Zustimmung zu einer Zweckänderung herleiten. In Ausnahmefällen wurde eine Zustimmungspflicht zur Vertragsänderung aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht angenommen;206 vorausgesetzt die Zustimmung ist objektiv geboten und der Minderheit subjektiv zumutbar.207 Die objektive Gebotenheit kann sich etwa aus wirtschaftlichen 204  Siehe

3. Kapitel C. I. dazu oben 3. Kapitel C. III. 5. b). 206  Eine Zustimmungspflicht hat der Bundesgerichtshof etwa bei der Entscheidung über den Verzicht auf eine Verzinsung im Hinblick auf die wirtschaftliche Krise der Gesellschaft aus der Treuepflicht hergeleitet: Urt. v. 19.11.1984 – II ZR 102 / 84, NJW 1985, 972, 973; Urt. v. 5.11.1984 – II  ZR  111 / 84, NJW 1985, 974, 974 f.; Brändel, FS Stimpel, 95, 103 f.; siehe auch U. Schneider, ZGR 1972, 357, 382; A. Hueck, ZGR 1972, 237, 244; Pabst, Mitwirkungspflichten, S. 167. Eine solche Pflicht wird aber auch bejaht, wenn die Zustimmung zur Fortführung des Gesellschaftsunternehmens erforderlich ist: Nordmann, in: Büchel / von Rechenberg, Kap. 6 Rn. 96; BGH Urt. v. 20.10.1986 – II ZR 86 / 85, NJW 1987, 952, 953; Urt. v. 8.11.2004 – II  ZR  350 / 02, NJW-RR 2005, 263, 264; vgl. auch BGH Urt. v. 19.10.2009 – II ZR 240 / 08, NJW 2010, 65, 67; OLG München Urt. v. 12.12.2013 – 24 U 348 / 13, NZG 2014, 818, 819; K. Schmidt, JuS 2010, 162, 163. Für den Fall der Notwendigkeit einer Auflösung zuzustimmen, um persönliche Haftungen zu vermeiden: BGH Urt. v. 17.12.1959 – II ZR 81 / 59, BB  1960, 112, 112. Dabei wird aber nicht konkret auf eine Zustimmungspflicht bei einer Zweckänderung eingegangen, sondern allgemein von Vertragsänderungen gesprochen. Wegen der mit der Zweckänderung einhergehenden Aufhebung der Verbindung der Gesellschafter untereinander, ist daran zu zweifeln, dass die Ausführungen auch auf die Zustimmung zu einer völligen Zweckänderung bezogen sein sollten. Marburger, NJW 1984, 2252, 2256, nimmt eine Zustimmungspflicht aufgrund der Treuepflicht nur an, wenn dies zur Weiterverfolgung des Gesellschaftszwecks unbedingt erforderlich ist. Daraus folgt, dass sie bei einer völligen Zweckänderung nicht bestehen kann. Kritisch gegenüber einer Zustimmungspflicht: Kollhosser, FS Bärmann, 532, 534. 207  BGH Urt. v. 26.1.1961 – II ZR 240 / 59, NJW 1961, 724, 724 f.; Urt. v. 19.10.2009 – II  ZR  240 / 08, NJW 2010, 65, 67; Urt. v. 25.1.2011 – II ZR 122 / 09, 205  Siehe

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Gesichtspunkten ergeben, insbesondere zur Werterhaltung bzw. bei Sanierungsbedürftigkeit.208 Für eine Zustimmungspflicht zu einer Zweckänderung wird man fordern müssen, dass andere Sanierungsmaßnahmen nicht möglich oder zumindest nicht erfolgversprechend sind. Subjektiv zumutbar ist die Zustimmung, wenn keine schutzwürdigen Belange des Gesellschafters entgegenstehen.209 Die Minderheit darf dementsprechend nicht schlechter stehen als im Fall der Liquidation,210 was durch die Ermöglichung des Austritts mit entsprechender Abfindung erreicht werden kann. Dass die anderen Gesellschafter bei ihrem Ausscheiden die Gesellschaft mit einem anderen Zweck fortführen, berührt die Interessen der Ausgeschiedenen nicht mehr. Folglich kommt eine Zustimmungspflicht nur in Betracht, wenn die Liquidation für die Minderheit zu dem gleichen Ergebnis führte, weil es dann keinen schutzwürdiges Interesse der Minderheit gibt, die Gesellschaft durch ihre Zustimmungsverweigerung in die Abwicklung zu zwingen. c) Antizipierte Zustimmung Mit antizipierter Zustimmung der Betroffenen ist ein Eingriff in den Kernbereich möglich.211 Die Möglichkeit, eine Willenserklärung im Voraus abzugeben, ist auch bei (anderen) Klauseln mit erheblichen Auswirkungen (wie zum Beispiel der Verpflichtung zur Beitragserhöhung) anerkannt.212 Zunächst ist allerdings durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, ob die Klausel eine spätere Zweckänderung vorsieht oder nur verschiedene Teilzwecke benennt, die zeitlich versetzt verfolgt werden sollen und zusammen den (Gesamt-)Zweck bilden. Die Klausel ist im letzteren Fall keine Zustimmungsklausel zur Änderung des Gesellschaftszwecks, sondern definiert diesen. Dafür muss sich aus der Klausel die feste Absicht die Teilzwecke in Zukunft zu verfolgen ergeben. Mehrheitsklauseln können als ZustimmungsNZG 2011, 510, 512; K. Schmidt, JuS 2010, 162, 163; K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2243; Priester, NZG 2013, 321, 325. 208  BGH Urt. v. 26.1.1961 – II ZR 240 / 59, NJW 1961, 724, 724 f.; Urt. v. 19.10.2009 – II  ZR  240 / 08, NJW 2010, 65, 67; K. Schmidt, JuS 2010, 162, 163. 209  BGH Urt. v. 19.10.2009 – II ZR 240 / 08, NJW 2010, 65, 67. 210  Mit dem Vergleich zur Situation bei Liquidation argumentiert auch der BGH, Urt. v. 19.10.2009 – II ZR 240 / 08, 65, 68; K. Schmidt, JuS 2010, 162, 163. 211  K. Schmidt, ZGR 2008, 1, 17; Mecke, BB 1988, 2258, 2263; K. Schmidt, ZHR 158 (1994), 205, 227; Nordmann, in: Büchel / von Rechenberg, Kap. 7 Rn. 113; Palandt / Sprau, § 705 BGB Rn. 16a. 212  BGH Urt. v. 23.1.2006 – II ZR 306 / 04, DStR 2006, 624, 624 f.; Urt. v. 15.1.2007 – II  ZR  245 / 05, ZIP  2007, 475, 476; Urt. v. 5.3.2007 – II ZR 282 / 05, DStR 2007, 771, 772; Urt. v. 9.2.2009 – II ZR 231 / 97, DB 2009, 895, 896; Wer­ tenbruch, DStR 2007, 1680, 1681; Wertenbruch, NZG 2006, 408, 410; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 799.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung

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klauseln ausgelegt werden, sofern sie nicht den Gesellschaftzweck definieren, sondern sich eindeutig auf zukünftige Eingriffe in den Kernbereich beziehen sowie Art und Ausmaß des Eingriffs erkennen lassen.213 An die Wirksamkeit einer solchen Klausel werden hohe Anforderungen gestellt. So muss etwa eine Klausel zur Beitragserhöhung ihre maximale Höhe nennen.214 Überträgt man die strengen Anforderungen auf die Zweckänderung, so müsste in der Klausel bezeichnet sein, welche Zwecke durch die Änderung möglich sein sollen.215 Dessen ungeachtet könnten auch bei einer Benennung die Folgen der Zweckänderung nicht vollständig absehbar sein, da bei Personengesellschaften der Schutz einer notariellen Belehrung fehlt.216 Trotzdem kann sich regelmäßig auch ein juristischer Laie unter den bezeichneten Zwecken etwas vorstellen und ein Bild von den Folgen machen. aa) Wirksamkeitsvoraussetzungen einer antizipierten Zustimmung Zum Schutz der Gesellschafter ist es geboten, die zweistufige Prüfung des Bundesgerichtshofes der Zulässigkeit von Mehrheitsklauseln217 auf eine Zustimmungsklausel zur Zweckänderung zu übertragen. Es handelt sich oftmals um Mehrheitsklauseln, die nur als Zustimmungsklausel ausgelegt werden; jedenfalls ist die Interessenlage aufgrund der identischen Folgen vergleichbar. (1) E  rste Stufe: Formelle Legitimation (Ermächtigungsgrundlage) Hinsichtlich der formellen Ermächtigungsgrundlage ist bei einer antizipierten Zustimmung zur Zweckänderung die Art des Eingriffes erkennbar. Erst aus dem neuen Gesellschaftszweck ergeben sich aber die tatsächlichen 213  BGH Urt. v. 10.10.1994 – II ZR 18 / 94, NJW 1995, 194, 195; Urt. v. 21.5.2007 – II ZR 96 / 06, DStR 2007, 1263, 1264; Hüffer, ZHR 151 (1987), 396, 408; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 38; Palandt / Sprau, § 705 BGB Rn. 16a. 214  BGH Urt. v. 4.7.2005 – II ZR 354 / 03, DStR 2005, 1579, 1580; Urt. v. 21.5.2007 – II ZR 96 / 06, DStR 2007, 1263, 1264; Urt. v. 3.12.2007 – II ZR 304 / 06, ZIP 2008, 695, 696; Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1680; Priester, DStR 2008, 1386, 1389; Wertenbruch, NZG 2006, 408, 410; Löffler, NJW  1989, 2656, 2661; Priester, DStR 2007, 28, 30. 215  Ähnlich Löffler, NJW 1989, 2656, 2661, welcher eine genaue Angabe des Beschlussinhalts fordert. Siehe auch Mecke, BB 1988, 2258, 2263. 216  Dazu, aber nicht speziell für die Zweckänderung: Reuter, FS K. Schmidt, 1357, 1362. 217  BGH Urt. v. 15.1.2007 – II ZR 245 / 05, ZIP 2007, 475 ff.; Urt. v. 16. 10.2012 – II ZR 251 / 10, NZG 2013, 57 ff.; Urt. v. 16.10.2012 – II ZR 239 / 11, NZG 2013, 63 ff.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Folgen. Soll zum Beispiel eine Betätigung in riskanten Geschäftsfeldern stattfinden oder in Bereichen, in denen einigen Gesellschaftern die nötige Expertise fehlt, sind die Folgen gravierender als bei dem ursprünglichen Zweck „verwandten“ Tätigkeiten. Eine allgemeine, jede beliebige Zweckänderung betreffende Klausel, lässt das Risiko nicht erkennen. Sie ist unzulässig. Nichts anderes gilt, wenn pauschal unterschiedliche Zwecke aufgezählt werden, denn durch diese „Überflutung“ wird ebenso wenig eine Risikoabschätzung ermöglicht.218 Genüge getan ist dem Bestimmtheitsgebot, wenn die Klausel einen bestimmten anderen Zweck nennt, den die Gesellschaft in Zukunft wahrnehmen können soll.219 Sofern mehrere Zwecke genannt werden sollen, ist ein erkennbarer Zusammenhang zu fordern. So können die Gesellschafter zumindest die Richtung der Entwicklung absehen. Dass sich die (oftmals persönlich mitarbeitenden) Gesellschafter einer Personengesellschaft eine Vielzahl von völlig unterschiedlichen Entwicklungen offenhalten wollen, dürfte die Ausnahme sein; jedenfalls ist dann eine zeitnahe Entscheidung der Gesellschafter in Kenntnis des geplanten Zwecks geboten, da eine Risikoabschätzung andernfalls nicht möglich ist. Für das erforderliche Maß an Genauigkeit und Verständlichkeit der Änderungsklausel ist auf die Beschreibung des ursprünglichen Gesellschaftszwecks abzustellen. Je allgemeiner die Formulierung gewählt wurde, umso mehr Freiheiten wollen sich die Gesellschafter erhalten. Daraus folgt, dass ein allgemein gehaltener Gesellschaftszweck auch allgemeinere Änderungsklauseln ermöglicht. Eine genaue Beschreibung lässt hingegen darauf schließen, dass die Gesellschafter nur ein sehr enges Betätigungsfeld wählen wollten. In diesem Fall ist es angebracht, höhere Schranken für die Änderung des Zwecks aufzustellen. Eine detailliertere Beschreibung der möglichen neuen Zwecke ist natürlich zulässig. Ferner ist es nötig festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die Zweckänderung erfolgen und wie ihre Erfüllung festgestellt werden soll. Wird die Änderung etwa an das Erreichen eines bestimmten (Zwischen-) Ziels geknüpft, muss genau geklärt sein, wann dieses als erreicht gilt. Für die Feststellung des Eintritts der Voraussetzungen (durch die Gesellschafterversammlung) ist die Vereinbarung von Mehrheitsbeschlüssen als zulässig zu erachten. 218  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 92; Reuter, FS K. Schmidt, Marburger, NJW 1984, 2252, 2256, sieht wohl in einer umfassenden

1357, 1368. Aufzählung die ausreichende Möglichkeit zur Gewinnung von Klarheit über die Reichweite der Mehrheitskompetenz. Wie diese „Überflutung“ ausreichen soll, um eine fundierte Risikobewertung zu ermöglichen, ist unklar. 219  Ähnlich Reuter, FS K. Schmidt, 1357, 1368, der davon spricht, dass, soweit die Angaben von Beschlussgegenständen noch nicht ihre Tragweite erkennen lassen, auch Angaben über den möglichen Beschlussinhalt zu machen sind.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung107

(2) Zweite Stufe: Inhaltliche Wirksamkeitsprüfung Die Kontrolle der Zustimmungsklausel anhand der zweiten Stufe ist abstrakt nur schwer durchführbar. Das Recht zur Zweckänderung ist zwar ein unverzichtbares Recht, allerdings kann das bei Vorliegen einer antizipierten Zustimmung kein Hindernis darstellen, denn es handelt sich nicht um einen Verzicht, sondern eine (antizipierte) Ausübung. Sowohl die Erfüllung der in der Klausel vorgesehenen Tatbestandsvoraussetzungen als auch die Treuwidrigkeit des entsprechenden Beschlusses lassen sich nur im Einzelfall überprüfen. Diesbezüglich sind die bei der Frage der Zulässigkeit erwähnten Gesichtspunkte220 im Hinblick auf die Zumutbarkeit zu berücksichtigen. Zudem muss es für die Gesellschafter die Möglichkeit geben, die Gesellschaft unter angemessener Abfindung zu verlassen. Der Bundesgerichtshof hat das für den Fall der (wirksamen) Vereinbarung von Mehrheitsklauseln anerkannt.221 Die Folgen der Zweckänderung rechtfertigen ein Austrittsrecht, trotz der antizipierten Zustimmung, denn diese kann Jahre zurückliegen oder ein Gesellschafter kann bei einer Mehrheitsentscheidung über die Erreichung des (Zwischen-)Ziels überstimmt worden sein. Aufgrund der Förderpflicht und der persönlichen Haftung darf es nicht zu einer Bindung an einen Zweck kommen, an dessen Verfolgung der Gesellschafter nicht (mehr) interessiert ist. bb) Informationspflicht Die Gesellschafter sind rechtzeitig über den anstehenden Vollzug der Zweckänderung zu informieren. Bei einer Beitragserhöhung geschieht dies spätestens durch das Einfordern des erhöhten Beitrags. Die Zweckänderung könnte hingegen unbemerkt vollzogen werden, wenn ihr Vollzug – nach der erfolgten antizipierten Zustimmung – in das Ermessen der Geschäftsführer gestellt wird; denn sie hat keine konkret zu erbringende Leistung als unmittelbare Folge. Wegen ihres Haftungsrisikos und der Pflicht, den Zweck zu fördern sowie im Interesse der Gesellschaft zu handeln, muss der Zweck den Gesellschaftern jedoch zwingend bekannt sein. Für den Fall, dass der Vollzug der Änderung durch Gesellschafterbeschluss eingeleitet werden soll, sind die Gesellschafter ausreichend informiert, da an diesem, selbst wenn er nicht einstimmig gefasst werden muss, alle Gesellschafter zu beteiligen sind. Denkbar wäre auch eine Vereinbarung, nach der die Zweckänderung zu einem bestimmten Datum erfolgt, womit der Zeitpunkt bereits bei Zu220  Dazu

bereits oben 3. Kapitel C. V. 3. Urt. v. 13.3.1978 – II ZR 63 / 77, BGHZ 71, 53, 61; vgl. auch Urt. v. 15.11.1982 – II  ZR  62 / 82, BGHZ 85, 350, 361. 221  BGH

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

stimmung bekannt wäre. In diesem Fall kann man erwägen, eine Informationspflicht zu verneinen. Indes stehen dem in der Regel geringen Aufwand ganz erhebliche Folgen gegenüber. 5. Zwischenergebnis Die Änderung des Gesellschaftszwecks hat weitreichende Folgen für alle Gesellschafter. Im Grunde ist sie deshalb Mehrheitsbeschlüssen nicht zugänglich, so dass die Mehrheit der Gesellschafter das Gesellschaftsinteresse nicht durch eine Zweckänderung festlegen kann. Eine Zustimmungspflicht zur Zweckänderung aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht ist nur in Ausnahmefällen denkbar, wenn die Änderungen nötig sind, um den Bestand der Gesellschaft zu sichern und für die Minderheit im Vergleich zur Liquidation keine Nachteile entstehen. Die Wirksamkeitsprüfung der Zustimmungsklauseln ist anhand der vom Bundesgerichtshof entwickelten zweistufigen Prüfung für Mehrheitsbeschlüsse vorzunehmen. Auch bei einer antizipierten Zustimmung sind alle Gesellschafter über eine bevorstehende Änderung zu informieren. Ihnen steht trotz der Zustimmung im Fall der Zweckänderung ein Austrittsrecht zu.

VI. Sonderfall: Konkludente Zweckänderung und Schriftformklauseln Die Gesellschaftergesamtheit legt den Zweck der Gesellschaft fest. Wenn die Gesamtheit fortdauernd eine Maßnahme vornimmt, die nicht vom ursprünglichen Zweck gedeckt ist, findet eine konkludente Zweckänderung statt.222 Die Maßnahme liegt dann im Gesellschaftsinteresse. Denkbar wäre eine Abweichung der Gesamtheit der Gesellschafter vom Gesellschaftsinteresse nur, wenn eine konkludente Zweckänderung des Gesellschaftsvertrages ausgeschlossen ist. Das könnte bei Vereinbarung einer (qualifizierten oder doppelten) Schriftformklausel223 der Fall sein. Es wird zum Teil vertreten, dass Schriftformklauseln immer nur den Sinn einer Beweisvorschrift haben und keine rechtsgeschäftlichen Normen i. S. v. § 125 Satz 2 BGB sind.224 Diese Interpretation ist zumindest bei doppelten Schriftformklau222  Siehe

dazu oben 3. Kapitel C. III. 4. eine einfache Schriftformklausel siehe etwa: BGH Urt. v. 29. 3. 1996 – II ZR 263 / 94, BGHZ 132, 263, 270; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105  HGB Rn. 65; Palandt / Ellenberger, § 125 BGB Rn. 19. 224  Siehe etwa Coing, ZGR 1978, 659, 667. 223  Für



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung109

seln nicht haltbar.225 Bei ihnen geht es explizit darum, konkludente Vertragsänderungen zu verhindern. Unabhängig davon, ob man im Allgemeinen eine mündliche Änderung von (doppelten) Schriftformklauseln für zulässig erachtet, könnte sich aus den Besonderheiten des Personengesellschaftsrechts ergeben, dass sie einer Zweckänderung durch die Gesellschaftergesamtheit nicht entgegenstehen können. Eine solche Besonderheit ist die bereits dargestellte226 Tatsache, dass bei Personengesellschaften das Interesse der Gesellschaft dem Interesse der Gesamtheit der Gesellschafter entspricht.227 Es gilt der Grundsatz, dass der Gesellschaftszweck von den Gesellschaftern abhängt. Solange die Gesamtheit der Gesellschafter einheitlich handelt, kann es – selbst bei Vorliegen einer doppelten Schriftformklausel  – nicht zu einem Verstoß gegen den Zweck kommen. Eine Personengesellschaft ist zwar theoretisch von ihren Gesellschaftern trennbar, bezüglich des Gesellschaftsinteresses bzw. -zwecks widerspricht eine Trennung aber der Konzeption der Personengesellschaft als Vereinigung zur Erreichung des gemeinsamen, die Gesellschafter verbindenden Zwecks.228 Der Gesellschaftszweck kann nicht gegen die Gesellschafter durchgesetzt oder unabhängig von ihnen verfolgt werden. Dies stünde im Widerspruch zu der gesamthänderischen Verbundenheit der Gesellschafter sowie ihrer persönlichen Haftung und Förderpflicht.229 Der Zweck, und damit das Gesellschaftsinteresse, steht deshalb zur Disposition der (Gesamtheit der) Mitglieder.230 Das Gesellschaftsinteresse ist der Ausschnitt aus den Interessen der Gesellschafter, zu dessen Verfolgung sie sich zusammen getan haben.231 Die Gesellschaft verfolgt keinen eigenen Zweck, sondern ist ein Vehikel zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks ihrer Mitglieder. Es kommt dabei ebenso wenig darauf an, ob die Zweckänderung mittelbar Dritte – z. B. die Vertragspartner der Gesellschaft – betrifft. Außenstehende werden über die Haftungsregelungen geschützt. Darüber hinaus erfahren sie bei Handelsgesellschaften wichtige Änderungen aus dem Han225  Im Allgemeinen einer solchen Auslegung einer Schriftformklausel gegenüber skeptisch etwa MünchKomm-HGB / K. Schmidt, § 105 Rn. 162; MünchKomm-BGB /  Ulmer / Schäfer, § 705 Rn. 50 (unter Hinweis auf § 125 Satz  2 BGB); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 II 6 b cc, S. 118 f. 226  Siehe 3. Kapitel C. III. 5. c). 227  So wohl BGH Urt. v. 7.  2. 1972 – II ZR 169 / 96, NJW 1972, 623, 624; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105  HGB Rn. 66; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2  II  6  b cc, S. 119. 228  Siehe oben 1. Kapitel A. II. 229  Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105  HGB Rn. 66. 230  G. Roth, Rn. 273. 231  So Zöllner, Schranken Stimmrechtsmacht, S. 73.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

delsregister. Die interne Gestaltung der Gesellschaft gehört nicht zu den für Dritte unmittelbar relevanten Vorgängen. Eine (doppelten) Schriftformklausel im Gesellschaftsvertrag dient ohnehin nicht dem Schutz außenstehender Dritter. Das zeigt sich bereits darin, dass – selbst wenn diese eine konkludente Vertragsänderung ausschlösse – die Gesellschafter den Zweck ohne Berücksichtigung der Interessen Dritter ändern könnten. Sie hätten nur die Schriftform einzuhalten. Geschützt werden sollen die Parteien des Gesellschaftsvertrags. Die Gesellschafter bedürfen aber keines Schutzes, wenn sie gemeinsam und im Einverständnis den Gesellschaftszweck ändern. Der Gesellschaftergesamtheit vorzuwerfen, dass sie gegen das Gesellschaftsinteresse handele, weil der Gesellschaftszweck nicht wirksam geändert wurde, wäre widersinnig. Auch die (doppelte) Schriftformklausel kann daher eine Zweckänderung durch gemeinsames Handeln aller Gesellschafter nicht verhindern.232 Die Gesamtheit der Gesellschafter kann daher auch bei einer (doppelten) Schriftformklausel niemals gegen die Interessen der Gesellschaft verstoßen. Ein ähnliches Ergebnis wäre zwar unter Rückgriff auf den venire-contrafactum-proprium-Einwand zu erreichen. So könnte zumindest eine bereits länger andauernde Vertragsdurchbrechung für die Vergangenheit aufrecht erhalten werden.233 Die Verpflichtung zur Schriftform ist nämlich kein a priori unzulässiger Verzicht auf die eigene Vertragsfreiheit.234 Dennoch ist eine solche Ergebniskorrektur vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Besonderheiten bei Personengesellschaften nicht nötig. Überdies können über den venire-contra-factum-proprium-Einwand nicht alle Fälle gelöst werden. Dieser kann zwar den Mitgesellschaftern entgegen gehalten werden, wenn es aber um einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen die eigenen Gesellschafter – der zum Beispiel von einem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann – geht, greift der Einwand nicht. Voraussetzung für eine Zweckänderung ist, dass die Gesellschafter sich ihres Handelns bewusst sind.235 Dafür müssen sie allerdings weder die 232  Etwas anderes gilt, wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – Mehrheitsklauseln zur Zweckänderung für zulässig hält und die Mehrheit der Gesellschafter gegen den Vertragszweck handelt. Es ist dann der Minderheitenschutz zu beachten. Wenn indessen die Gesamtheit der Gesellschafter handelt, kann diese den Zweck ändern, und es gibt keine zu schützende Minderheit. 233  Siehe etwa BGH Urt. v. 2.6.1976 – VIII ZR 97 / 74, BGHZ 66, 378, 383; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 II 6 b cc, S. 119; Wiedemann, ZGR  Sonderheft 13, 5, 28; Sudhoff / Gerber, § 22 Rn. 6. 234  Wiedemann, ZGR Sonderheft 13, 5, 28. 235  BGH Urt. v. 2.6.1976 – VIII ZR 97 / 74, BGHZ 66, 378, 381 f.; Versäumnisurt. v. 21.9.2005 – XII ZR 312 / 02, NJW 2005, 138, 139; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2  II  6 b cc, S. 119; MünchKomm-BGB / Einsele, § 125 Rn. 70.



C. Interesse der Gesellschaft als Richtlinie für die Geschäftsführung111

Maßnahme zutreffend als außerhalb des Gesellschaftszwecks liegend einstufen – das kann im Einzelfall durchaus schwierig sein236 – noch die rechtliche Folge der Zweckänderung vor Augen haben. Nicht einmal die Gründung einer Personengesellschaft muss den Gesellschaftern bewusst sein (etwa Gelegenheitsgesellschaften des täglichen Lebens werden oftmals unbewusst gegründet). Freilich müssen sie sich aber über den Inhalt der Maßnahme und ihrer Zustimmung dazu im Klaren sein.

VII. Zwischenergebnis und Rückschlüsse für die weitere Untersuchung Die Ausübung der Geschäftsführung durch die Gesellschafter hat im Interesse der Gesellschaft zu erfolgen. Dafür müssen diese das Gesellschaftsinteresse ex ante bestimmen. Stellt sich ex post heraus, dass die Einschätzung falsch war, kann dem handelnden Gesellschafter nur dann ein Vorwurf gemacht werden, wenn er bewusst gegen die Interessen der Gesellschaft verstoßen oder bei der Feststellung nicht die obliegende Sorgfalt angewendet hat. Das Gesellschaftsinteresse ergibt sich aus dem Gesellschaftszweck. Es wird durch die Gesamtheit der Gesellschafter gebildet, gleichwohl ist Träger des Interesses die Gesellschaft. Das Gesellschaftsinteresse ist der sich wegen der gemeinsamen Zweckverfolgung deckende Ausschnitt der Gesellschafterinteressen. Da die einzelnen Gesellschafter in der Regel auch ein Interesse an der Zweckerreichung haben, besteht ein Gleichlauf zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterinteresse. Die Gesamtheit aller Gesellschafter kann nicht gegen das Gesellschaftsinteresse verstoßen. Ihr obliegt die Herrschaft über den Zweck der Gesellschaft und damit mittelbar über ihr Interesse. Daran ändert auch die Vereinbarung einer qualifizierten Schriftformklausel nichts. Demgegenüber kann die Mehrheit der Gesellschafter gegen das Gesellschaftsinteresse verstoßen, denn der Gesellschaftszweck kann nur einstimmig und nicht durch eine Mehrheitsentscheidung geändert werden. Die Bindung an das Gesellschaftsinteresse gebietet im Zweifel eine Auslegung der gesetzlichen und vertraglichen Geschäftsführungsregelungen im Sinne der Ermöglichung einer praktikablen und effizienten Zweckförderung. Dessen ungeachtet kann der ebenfalls im Gesetz angelegte Schutz des einzelnen Gesellschafters237 im Einzelfall einer solchen Auslegung entgegenstehen. 236  Zu der anzuwendenden Sorgfalt bei der Feststellung des Gesellschaftsinteresses 3. Kapitel C. IV. 237  Siehe etwa 2. Kapitel C. I. 1. b).

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Der Gleichlauf von dem Gesellschaftsinteresse und dem Interesse der Gesellschaftergesamtheit verhindert zwar oftmals, aber nicht immer – insbesondere nicht im Hinblick auf einzelne Gesellschafter – einen Konflikt. Es ist eine Folge der engen Verknüpfung zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern, dass die Interessen im Rahmen der gesellschafterlichen Treue- und Rücksichtnahmepflichten nach Möglichkeit in Einklang zu bringen sind. Folglich hat – auch wenn das Gesetz es nicht ausdrücklich vorschreibt – eine angemessene Abwägung zwischen dem Interesse der Gesellschaft an der effektiven Zweckerreichung und dem Interesse bzw. dem Schutzbedürfnis des einzelnen Gesellschafters mit dem Ziel einer ausgewogenen, beide Interessen berücksichtigenden Lösung stattzufinden.

D. Inhalt und Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB I. Vorbemerkung Für die OHG regelt § 116 HGB den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis, sofern die Gesellschafter nichts Abweichendes vereinbart haben (vgl. §§ 114 Abs. 2, 115 Abs. 2 HGB). Grundsätzlich sind nach § 114 Abs. 1 HGB alle Gesellschafter geschäftsführungsbefugt, allerdings wird zwischen der Einzelgeschäftsführung bei gewöhnlichen (§ 116 Abs. 1 HGB) und der Gesamtgeschäftsführung bei außergewöhnlichen (§ 116 Abs. 2 HGB) Geschäften unterschieden. Darüber hinaus regelt das Gesetz in § 116 Abs. 3 HGB den Sonderfall der Prokuraerteilung.

II. Gewöhnliche und außergewöhnliche Geschäfte Gemäß § 116 Abs. 1 HGB erstreckt sich die Einzelgeschäftsführungsbefugnis bei der OHG „auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt“. Die Beschränkung auf gewöhnliche Geschäfte beruht auf dem Ziel, das Interesse der Gesellschafter an einer effektiven Teilnahme am Handelsverkehr und das für sie bestehende Risiko der persönlichen Haftung zu harmonisieren.238 Die Gesellschafter sollen abschätzen können, welche Geschäfte sie selbst bzw. ihre Mitgesellschafter tätigen dürfen239, und damit wie groß das Haftungsrisiko ist. 238  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 2; Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 2; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 2; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 116  HGB Rn. 1; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 1. 239  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 2.



D. Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB113

Den gewöhnlichen Geschäften stehen außergewöhnliche Geschäfte gegenüber. Wenn eine Maßnahme einen Ausnahmecharakter für die betroffene Gesellschaft hat, also über den gewöhnlichen Betrieb hinausgeht, ist nach § 116 Abs. 2 HGB ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich.240 Im Gegensatz zu § 115 Abs. 2 und § 116 Abs. 3 HGB sieht § 116 Abs. 2 HGB keine Ausnahme für „Gefahr im Verzug“ vor. Es besteht Einigkeit darüber, dass mangels planwidriger Regelungslücke keine Analogie zu diesen Ausnahmen möglich ist.241 Das Zustimmungserfordernis sichert ein Mindestmitspracherecht der nichtgeschäftsführenden Gesellschafter. Verweigern sie ihre Zustimmung, so hat die Maßnahme zu unterbleiben. Die Entscheidung ist an das Gesellschaftsinteresse gebunden.242 Verletzt die Weigerung die Pflicht im Interesse der Gesellschaft zu handeln, kann auf Zustimmung geklagt werden.243 Außerdem dürfen die Mitgesellschafter – ohne eine gerichtliche Entscheidung abzuwarten – die Maßnahme vornehmen, denn das Fehlen der Zustimmung kann unter diesen Umständen ignoriert werden.244 Allerdings setzen sich die ohne Zustimmung handelnden Gesellschafter einem Haftungsrisiko aus, bis die Pflichtwidrigkeit der Verweigerung gerichtlich festgestellt ist.245 Wenn ein einstimmiger Zustimmungsbeschluss gefasst wurde, ist dieser bindend.246 Hinsichtlich der Ausführung der beschlossenen außergewöhnlichen Maßnahme besteht durch die Zustim240  RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 308; BGH Urt. v. 13.1.1954 – II ZR 6 / 53, BB 1954, 143, 143; Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, BGHZ 76, 160, 162 f.; OLG Köln Urt. v. 16.2.1994 – 2 U 186 / 92, NJW-RR 1995, 547, 548; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 3, 5; KK-GR / Lehleiter, § 116 HGB Rn. 5; Emde, WM 1996, 1205, 1205; Meilicke, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 6 PartGG Rn. 39. 241  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 17; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 16; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 34; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 13; Michalski, § 116 HGB Rn. 8; vgl. M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 116 HGB Rn. 5; GK-HGB / Ensthaler, § 116 Rn. 8; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 9. 242  Siehe oben 3. Kapitel C. I. 243  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 47; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 9; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 16; A. Hueck, ZGR 1972, 237, 239. 244  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 21; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 34; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 26; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 9; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 16; Flume, Personengesellschaft, S. 268, 270; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 14. 245  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 21; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 6; vgl. auch Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 21. 246  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 18; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 43; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 34; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 15.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

mung – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – wieder Einzelgeschäftsführungsbefugnis.247 Für die Abgrenzung von gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften kommt es darauf an, was unter dem gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes zu verstehen ist. Das Gesetz führt nicht näher aus, welche Geschäfte als gewöhnlich anzusehen sind, sondern spricht allgemein von dem „Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft“. Der genaue Inhalt bzw. Umfang der Geschäftsführungsbefugnis muss daher anhand der Regelungen des Gesellschaftsvertrages, insbesondere anhand des konkreten Gesellschaftszwecks, bestimmt werden.248 Entscheidend sind die konkrete Tätigkeit der in Rede stehenden Gesellschaft, das Ausmaß ihrer Geschäfte und das bis dato eingegangene Risiko.249 Zumindest die zur Zweckerreichung auszuübenden alltäglichen Routinegeschäfte sind gewöhnliche Geschäfte i. S. v. § 116 Abs. 1  HGB,250 wohingegen zweckfremde Geschäfte251 keinesfalls als gewöhnlich zu qualifizieren sind252. 247  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 23; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 3, S. 122; KK-GR / Lehleiter, § 116 HGB Rn. 10; Michalski, § 116  HGB Rn. 7; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 15. 248  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 1 c, S. 1392; MünchKomm-HGB / Ra­ wert, § 114 Rn  42; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 114  HGB Rn. 33; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 3; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 14, § 53 Rn. 10; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 1, 13; Mack, Gleichlauf, S. 211; Kraft / Kreutz, S. 118 f.; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 301; siehe auch MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 23; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 354; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 8, 14; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709  BGB Rn. 1; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 8, 10. 249  BGH Urt. v. 13.1.1954 – II ZR 6 / 53, BB 1954, 143, 143; Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, NJW  1980, 1463, 1464; Flechtheim, JW 1930, 706, 706 (der von den individuellen Verhältnissen spricht); Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 33; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 3, S. 121; Wertenbruch, ZIP 2007, 798, 798 f.; Schlegelberger / Martens, § 116  HGB Rn. 4; U. Schneider, ZGR  1972, 357, 359; Michal­ ski, § 116 HGB Rn. 2; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 2a; KK-GR / Lehleiter, § 116 HGB Rn. 2; ähnlich: BGH Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, NJW 1980, 1463, 1464; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 116 HGB Rn. 1; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 10, 17; GK-HGB / Ensthaler, § 116 Rn. 2; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116  HGB Rn. 3; Emde, WM 1996, 1205, 1205; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 17; Thielemann, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 13; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 13; Meilicke, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 6 PartGG Rn. 40; Oetker / Weitemeyer, § 116 HGB Rn. 5. 250  Beispiele für typische gewöhnliche Geschäfte finden sich z. B. bei Staub / Schä­ fer, § 116 Rn. 9 f. Genannt werden etwa die Anschaffung, Herstellung, Verarbeitung und Vertrieb von Gegenständen aus dem Warensortiment der Gesellschaft oder organisatorische Maßnahmen, wie die Einstellung und Entlassung von Arbeitskräften. 251  Zu der Einordnung zweckfremder Geschäfte siehe unten 3. Kapitel D. V. 252  RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 308; so bereits Anschütz / von Völderndorff Art.  103  ADHGB I; Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 12; A. Hueck,



D. Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB

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Im Fall FG München Urt. v. 7.12.2004 – 2 K 3049 / 03, DStRE 2005, 737 ff. ging es um eine KG, deren Gesellschaftszweck auf Erwerb, Betrieb, Verwaltung und Verwertung von Hotel- und Gaststättenbetrieben gerichtet war. Der geschäftsführende Komplementär überzog ein Konto der KG zum Kauf von nicht börsennotierten Anteilen eines Schiffbauunternehmens. Das Finanzgericht stellte zu Recht fest, dass es sich bei dem Anteilskauf nicht um ein gewöhnliches Geschäft i. S. v. § 116 Abs. 1 HGB handelte. Zwar lag ein Erwerb von Unternehmensbeteiligungen vor, die von dem Geschäftsführer vorzunehmenden laufenden Routinegeschäfte bezogen sich jedoch nur auf den Hotel- und Gaststättenbetrieb, und der Kauf von Wertpapieren auf Kredit kann auch nicht als eine Anlage überflüssiger Finanzmittel im Sinne einer ordnungsgemäßen Verwaltung angesehen werden.

Ferner ist bei einer erheblichen Kollision des Gesellschaftsinteresses mit den privaten Interessen des Geschäftsführers, sofern es sich nicht um alltägliche Geschäfte handelt, in der Regel von einem außergewöhnlichen Geschäft auszugehen.253 Im Fall BGH Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, NJW 1980, 1463 ff. ging es um eine GmbH  &  Co.  KG, deren Zweck hauptsächlich auf die Bebauung, Nutzung und Verwaltung eines der Gesellschaft gehörenden Grundstückes gerichtet war. Die alleinige Geschäftsführerin übertrug ihrem Ehemann, einem Architekten, die Ausarbeitung der Pläne sowie die künstlerische und technisch-geschäftliche Gesamtleitung. Darüber hinaus schloss sie später eine entgeltliche Vereinbarung mit ihrem Ehemann über die unterstützende Mitwirkung im Prozess gegen den Bauunternehmer. Der Bundesgerichtshof hat insofern festgestellt, dass die geschlossenen Verträge alle zum gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft gehören, da sie im direkten Zusammenhang mit dem Zweck der Errichtung des Baus stehen. Es ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass in diesem Fall private Interessen mit geschäftlichen Interessen verknüpft waren, da die gegenseitigen Interessen klar abgrenzbar waren und keine unkontrollierbare Ausnutzung der Geschäftsführerstellung unter Vernachlässigung der gesellschaftsrechtlichen Interessen möglich war. Der Entscheidung ist zuzustimmen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Frage eines Interessenkonfliktes nicht allein über die Einstufung als außergewöhnliches Geschäft zu beantworten ist, sondern ebenfalls eine Frage der Verletzung der Geschäftsführungspflicht wegen Missachtung des Gesellschaftsinteresses sein kann. Die Befreiung der Geschäftsführer von § 181 BGB begründet jedoch die

OHG Recht, § 10 II 3, S. 121; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 1 c, S. 1392; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 6. 253  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 6; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 15; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116 HGB Rn. 1; Schlegelberger / Martens, § 116  HGB Rn. 11; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 5; KK-GR / Lehleiter, § 116 HGB Rn. 6.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Vermutung, dass nicht allein wegen einer Interessenkollision ein Geschäft als außergewöhnlich eingestuft werden soll.254

Letztlich ist die Einordnung einzelfallbezogen. Wenn die Gesellschaft über ein Filialsystem ihre Produkte absetzt, ist die Errichtung oder Schließung einer Zweigniederlassung ein gewöhnliches Geschäft, wohingegen sie bei einer anderen OHG (z. B. einem Versandunternehmen) einen Ausnahmecharakter haben kann.255 Zur Sicherheit bietet es sich an, einen Katalog von Geschäften, die jedenfalls als gewöhnlich bzw. außergewöhnlich angesehen werden sollen, in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. Als Hilfestellung bei der Abgrenzung kann die Frage gestellt werden, ob die Gesellschafter im Zeitpunkt der Übertragung der Befugnis (nach der gesetzlichen Ausgestaltung der OHG in § 115  Abs. 1  HGB, also im Zeitpunkt der Errichtung) eine solche Maßnahme unter die alleinige Geschäftsführungsbefugnis der geschäftsführenden Gesellschafter stellen wollten.256 Ebenso kann ein Vergleich mit den Geschäften von Gesellschaften, die ein vergleichbar ausgerichtetes und organisiertes Handelsgewerbe betreiben, vorgenommen werden.257 Im Fall BGH Urt. v. 13.1.1954 – II ZR 6 / 53, BB 1954, 143 beschloss eine KG, die den Handel von Rauchwaren (Pelzfabrikationen) zum Gegenstand hatte, im Jahre 1943 wegen der drohenden Angriffsgefahr ihre Warenbestände aus Berlin in ein Ausweichlager zu verbringen. In den letzten Wochen des zweiten Weltkrieges beschloss ein Geschäftsführer wegen der Bedrohung durch den russischen Vormarsch eine weitere Umlagerung in ein neues Ausweichlager. 254  BGH Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, NJW 1980, 1463, 1464; Schlegelberger / Martens, § 116  HGB Rn. 11; GK-HGB / Ensthaler, § 116 Rn. 6; H. P. Wester­ mann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  259c. Diesen Rückschluss nicht ziehend OLG Köln Urt. v. 16.2.1994 – 2 U 186 / 92, NJW-RR  1995, 547, 549, wobei auf BGH Urt. v. 11.2.1980 – II ZR 41 / 79, NJW 1980, 1463 ff., nicht eingegangen wird. Zustimmend: Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 6 Fn. 12; zurückhaltend auch MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 12, der im Einzelfall auf das mögliche Interesse der Gesellschafter hinweist, das rechtliche Können der Geschäftsführer weiter als ihr Dürfen auszugestalten. 255  Als Beispiel für ein gewöhnliches Geschäft bei: Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 10; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 3, S. 121. Als Beispiel für ein außergewöhnliches Geschäft (ohne auf die konkrete Geschäftsausgestaltung einzugehen) bei: M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 116 HGB Rn. 2; Michalski, § 116 HGB Rn. 6. 256  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 11; Comes, DB 1974, 2189, 2194; ähnlich: Michalski, § 116  HGB Rn. 5, der darauf abstellt, ob anzunehmen ist, dass die Mitgesellschafter auf eine Unterrichtung Wert legen. Das geht jedoch zu weit. 257  Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 3; vgl. M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 116 HGB Rn. 1; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 2a; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 4; KK-GR / Lehleiter, § 116 HGB Rn. 4; Oetker / Weitemeyer, § 116  HGB Rn. 5.



D. Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB117 Jedenfalls vor dem Hintergrund des ersten Beschlusses und der unter den gegebenen Kriegsverhältnissen bestehenden Gepflogenheit von vielen (Groß-)Unternehmen, ihre Warenbestände in Ausweichlager zu verbringen, um diese vor Verlusten zu bewahren, sah der Bundesgerichtshof auch die Auflösung des ersten Ausweichlagers und die Verbringung in ein anderes als gewöhnliches Geschäft an. Die Entscheidung zeigt zudem, dass die äußeren Umstände Einfluss auf die Abgrenzung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften haben können. Die Unternehmen müssen auf diese reagieren, so dass vormals außergewöhnliche Geschäfte gewöhnlich werden können. Der Bundesgerichtshof führt dabei weiter aus, dass bei drohenden Gefahren für Warenbestände (allgemein muss dies wohl auf Wertgegenstände der Gesellschaft übertragen werden), unabhängig davon auf welchen Gründen sie beruhen, Rettungsmaßnahmen als gewöhnlich einzustufen sind.258 Rettungsmaßnahmen können (und werden regelmäßig) jedoch einen Ausnahmecharakter haben, obgleich sie in der gegebenen Situation sinnvoll und geboten sein können. De facto handelt es sich bei der pauschalen Einstufung von Rettungsmaßnahmen als gewöhnlich um eine im Wortlaut nicht angelegte und im Übrigen einhellig abgelehnte259 Ausnahme für „Gefahr im Verzug“. Vor dem Hintergrund des Risikos der persönlichen Haftung darf nicht voreilig eine erweitere Geschäftsführungskompetenz angenommen werden. Jede Maßnahme bringt die Gefahr eines Schadens bzw. der persönlichen Haftung mit sich, auch wenn sie zur Schadensabwendung vorgenommen wird. Eine ausreichende Handlungsmöglichkeit besteht in solchen Fällen analog § 744 Abs. 2 BGB. Die Regelung dient gerade dem Bestandsschutz in Gefahrensituationen und ist über ihren Wortlaut hinaus auch zum Schutz des Bestandes der Gesellschaft und des Gesellschaftsvermögens anzuwenden.260 Mithin ist eine allgemeine Einstufung aller Rettungsmaßnahmen als gewöhnlich ebenso wie eine Analogie zu § 115 Abs. 2 a. E. HGB abzulehnen.

III. Auswirkungen des § 707 BGB auf die Abgrenzung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften Die Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis für außergewöhnliche Geschäfte nach § 116 Abs. 2 HGB dient dem Schutz der Gesellschafter vor einer persönlichen Haftung.261 Dementsprechend ist das Risiko des Geschäfts ein relevantes Abgrenzungsmerkmal bei der Unterscheidung zwi258  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 16; Michalski, § 116 HGB Rn. 3, der allerdings unter Rn. 8 auch auf die Kompetenz aus § 744 Abs. 2 BGB hinweist. Im Ergebnis auch Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 10. 259  Siehe oben 3. Kapitel D. II. 260  Im Detail dazu 4. Kapitel C. II. 8. b). 261  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 2; Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 2; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 2; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 116  HGB Rn. 1; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 1.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

schen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften.262 Darüber hinaus könnte bei der Abgrenzung § 707 BGB zu berücksichtigen sein. Gemäß § 707 BGB sind die Gesellschafter nicht zu einer Beitragserhöhung verpflichtet. Die Gesellschafter können aber nach § 128  Satz 1 HGB263 direkt in Anspruch genommen werden. Ist der Ausgleichsanspruch gegen die Gesellschaft (§ 110 HGB) nicht durchsetzbar, sind die Mitgesellschafter gemäß § 426 BGB zum Ausgleich pro rata verpflichtet.264 Diese Inanspruchnahme entspricht wirtschaftlich einer anteiligen Nachschusspflicht, die wegen der unbeschränkten persönlichen Haftung in unbegrenzter Höhe bestünde.265 Die Regelung des § 707 BGB liefe ins Leere. Finanziell weniger gut gestellte Gesellschafter können so unter erheblichen Druck geraten und im Extremfall sogar aus der Gesellschaft gedrängt werden. Es wird deshalb vertreten, dass die Regelung des § 116 HGB bei Geschäften, welche die Gefahr der Belastung über die Kapitalausstattung der Gesellschaft hinaus mit sich bringen, vor dem Hintergrund von § 707 BGB auszulegen sei.266 Besteht das Risiko der endgültigen persönlichen Haftung, handele es sich nicht mehr um gewöhnliche Geschäfte und es sei die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.267 Mithin sei die Kapitalausstattung der Gesellschaft, neben der bisherigen Geschäftstätigkeit, entscheidend für die Beurteilung, was der „gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes“ ist.268 In der Konsequenz könne die Verschlechterung der Kapitalausstattung einer Gesellschaft dazu führen, dass bis dahin gewöhnliche Geschäfte nunmehr die Zustimmung aller Gesellschafter erfordern.269 262  Siehe

oben 3. Kapitel D. II. der GbR gilt die Regelung des § 128 Satz 1 HGB entsprechend (BGH Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341, 358; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 41; K. Schmidt, NJW 2001, 991, 998 f.). 264  Anspruchsgrundlagen sind § 426 Abs. 1 BGB und § 426 Abs. 2 BGB i. V. m. der übergegangen Forderung. Siehe dazu: BGH Urt. v. 2.7.1962 – II ZR 204 / 60, BGHZ 37, 299, 302; Urt.  v. 17.12.2001 – II ZR 382 / 99, DStR 2002, 319, 320; Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1683; Goette, DStR 2002, 320, 321. 265  Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1683. 266  Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1683; ähnlich MünchKomm-BGB / Schäfer, § 707 Rn. 5; Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 15, der allerdings § 707 BGB nicht explizit erwähnt und entsprechende Maßnahmen sogar als Grundlagengeschäfte einordnet, da der Finanzrahmen der Gesellschaft eine Grenze für gewöhnliche und außergewöhnliche Geschäfte darstelle. 267  BGH Urt. v. 2.7.1979 – II ZR 132 / 78, NJW 1980, 339, 340; Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 13, 15; Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1683; MünchKommHGB / Jickeli, § 116 Rn. 14; vgl. M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 116 HGB Rn. 2. 268  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 13, 15; Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1683; siehe auch MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 14. 269  Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1683. 263  Bei



D. Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB119

Zweifel daran könnten aufkommen, wenn die Kapitalausstattung einer Gesellschaft so schlecht ist, dass alle Geschäfte das Risiko einer endgültigen Haftung der Gesellschafter bergen. Bei neu gegründeten Gesellschaften ohne Kapitalbasis wird das regelmäßig der Fall sein und die Zustimmung aller Gesellschafter wäre für jedes Geschäft erforderlich. Damit bestünde in der Anfangsphase einer OHG häufig nicht die vom Gesetz vorgesehene Einzelgeschäftsführung. Dem könnten die Gesellschafter zwar dadurch entgehen, dass sie die Gesellschaft von Beginn an mit ausreichendem Eigenkapital ausstatten. Es ginge jedoch einer der Vorzüge der Personengesellschaften gegenüber den Kapitalgesellschaften (mit Ausnahme der UG) verloren. § 707 BGB ist keine Regelung der Geschäftsführung, sondern eine Ausprägung des dem Individualschutz dienendem verbandsrechtlichen Grundrechtes, dass es keine unabsehbaren Belastungen geben soll.270 Diese Wertung ist bei Auslegungs- und Abgrenzungsfragen zu berücksichtigen.271 Die Einzelgeschäftsführung birgt, neben ihren Vorteilen (schnellere und unkompliziertere Entscheidungen), erhebliche Risiken wegen der akzessorischen Haftung der Gesellschafter. Die Gefahr der endgültigen persönlichen Haftung ist der klassische Fall, in dem die Gesellschafter schutzbedürftig sind. § 116 Abs. 2 HGB soll eine gegenseitige Kontrolle zum Schutz der Gesellschafter sicherstellen. Vor dem Hintergrund von § 707 BGB muss er grundsätzlich eingreifen, wenn eine (mittelbare) Nachschusspflicht aufgrund persönlicher Inanspruchnahme droht. Den Gesellschafter steht es frei, eine abweichende Vereinbarung – unter den Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Begründung einer direkten Nachschusspflicht – zu treffen.272 Mithin ist es richtig, bei der Abgrenzung zwischen gewöhnlichen und außergewöhn­ lichen Geschäften § 707  BGB zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung des § 707 BGB bei der Abgrenzung hat allerdings nicht zur Folge, dass die übrigen Abgrenzungskriterien273 bedeutungslos werden. Ist es offenkundig, dass die Gesellschafter kein Interesse daran haben, nach der Maßnahme gefragt zu werden (z. B. weil es sich um einen Bagatellbetrag handelt), liegt kein außergewöhnliches Geschäft vor. Gleiches gilt in der Regel für (alltägliche) Maßnahmen, deren Vornahme für alle Gesellschafter außer Frage steht, wobei insofern auch eine antizipierte Zustimmung vorliegen kann.

270  BGH Urt. v. 23.1.2006 – II ZR 126 / 04, NJW-RR 2006, 829, 830; Goette, DStR 2007, 773, 773; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 707 Rn. 1. 271  BGH Urt. v. 19.3.2007 – II ZR 73 / 06, NJW-RR 2007, 832, 833; Wertenbruch, DStR  2007, 1680, 1680; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 707 Rn. 1. 272  Wertenbruch, DStR 2007, 1680, 1683; zu den Anforderungen siehe S. 1680 f. 273  Siehe zu diesen oben 3. Kapitel D. II.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

IV. Erteilung von Prokura nach § 116 Abs. 3 HGB 1.  Regelungsinhalt des § 116 Abs. 3 HGB § 116 Abs. 3 HGB enthält eine Sonderregelung für die Prokuraerteilung. Nach Satz 1 ist hierfür die Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter erforderlich. Der Widerruf nach Satz 2 kann hingegen von jedem geschäftsführenden Gesellschafter alleine getätigt werden. Satz 1 enthält jedoch eine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis bei „Gefahr im Verzug“. Davon ist auszugehen, wenn der Gesellschaft bei Verzögerung ein nicht unerheblicher Schaden entsteht, wozu auch ein entgangener Gewinn zählt.274 Es müssen dann lediglich die rechtzeitig möglichen Zustimmungen eingeholt werden. Die anderen Gesellschafter sind aber unverzüglich über die Prokuraerteilung zu informieren.275 Es bedarf keiner nachträglichen Genehmigung der nicht erreichbaren Gesellschafter, da eine solche keinen über die Widerrufsmöglichkeit nach Satz 2 hinausgehenden Schutz bietet.276 Die Verweigerung der Zustimmung oder der Widerruf nach § 116 Abs. 3 Satz  1  HGB setzen sich, auch bei „Gefahr im Verzug“, durch.277 § 116 Abs. 2 HGB betrifft alle – auch die von der Geschäftsführung ausgeschlossenen – Gesellschafter, wohingegen Absatz 3 lediglich eine ­Beteiligung der geschäftsführenden Gesellschafter vorsieht. Wäre die Prokuraerteilung ein außergewöhnliches Geschäft, bedürfte es Absatz 3 nicht.278 Das Gesetz enthält daher die – im Einzelfall widerlegbare279 – 274  So bereits Makower, § 115 HGB Anm. II; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 28; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 37; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 125; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 58; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 16; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 260b. 275  Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 29; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 56; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 23. M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 116 Rn. 8, geht hingegen davon aus, dass unverzüglich die Zustimmung der anderen Gesellschafter eingeholt werden muss. Ebenso: GK-HGB / Ensthaler, § 116 Rn. 11; KK-GR / Lehleiter, § 116 HGB Rn. 12; Oetker /  Weitemeyer, § 116  HGB Rn. 21; Thielemann, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 16. 276  Michalski, § 116 HGB Rn. 12; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 29; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 56; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 23. 277  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 37; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 57. 278  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 27; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 48. 279  Im Einzelfall ist nach den dargelegten (vgl. 3. Kapitel D. II.) Kriterien zu prüfen, ob die Prokuraerteilung bei der in Rede stehenden Gesellschaft nicht doch außergewöhnlich ist. Siehe auch Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 27; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116  HGB Rn. 7; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 48; Schlegelberger / Martens, § 116  HGB Rn. 25.



D. Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB121

Vermutung, dass die Erteilung von Prokura bei einer OHG ein gewöhn­ liches Geschäft ist.280 2.  Kein Recht auf Neuerteilung nach Widerruf der Prokura a) Problemstellung und Gegenansicht Wenn für die Wirksamkeit des Widerrufes im Außenverhältnis gegenüber dem Prokuristen die Mitwirkung weiterer Gesellschafter erforderlich ist, müssen diese bei der Umsetzung wegen der Bindung an den im Gesellschaftsinteresse liegenden Widerruf mitwirken.281 Aufgrund der nach § 49  HGB umfangreichen Vertretungsmacht der Prokura soll diese weder erteilt noch aufrechterhalten werden, wenn ein geschäftsführender Gesellschafter nicht (mehr) damit einverstanden ist.282 Vereinzelt wird jedoch vertreten, dass bei einem – auch nach außen wirksamen – Widerruf der Prokura selbige durch die anderen Gesellschafter erneut erteilt werden kann.283 b) Stellungnahme Die Möglichkeit der Neuerteilung ist schon deswegen bedenklich, weil es so zu einem „Kreislauf“ aus Widerruf und erneuter Erteilung kommen kann, der eine erhebliche Unsicherheit für die Gesellschaft und auch für den Prokuristen mit sich bringt. Die Befürworter rekurrieren auf zwei Entscheidungen des Reichsgerichts, welche jedoch jeweils ausdrücklich auf die Pflichtbzw. Vertragswidrigkeit des Widerrufs im konkreten Fall hinweisen.284 In diesen Fällen ist der Widerruf im Innenverhältnis ohnehin unbeachtlich, da 280  Ebenfalls im Regelfall als gewöhnliches Geschäft einordnend: Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116 HGB Rn. 7; Michalski, § 116 HGB Rn. 11; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 48; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 21; Oetker / Weitemeyer, § 116  HGB Rn. 6. 281  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 29; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 31; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116 HGB Rn. 9; MünchKommHGB / Jickeli, § 116 HGB Rn. 52, 59; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 25. 282  A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 4, S. 122. 283  So wohl: Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 26; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 19. 284  RG Urt. v. 26.5.1880 – Rep. I. 807 / 80, RGZ 2, 30, 35; Urt. v. 27.1.1940 – II 151 / 39, RGZ  163, 35, 38 f., welches ohnehin nur die Möglichkeit der Klage auf Wiedereinräumung der Prokura erwähnt und keineswegs den Gesellschaftern das Recht zugesteht die Prokura erneut zu erteilen.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

er gegen das Gesellschaftsinteresse verstößt.285 Es besteht dann auch nicht die Gefahr eines „Kreislaufs“, da die übrigen Gesellschafter die Erteilung durch andere Mittel (z. B. eine Schadensersatzklage und gegebenenfalls sogar den Ausschluss aus der Gesellschaft) gegen den pflichtwidrig widerrufenden Gesellschafter durchsetzen können.286 Die Möglichkeit wegen der Pflichtwidrigkeit des Widerrufes die Prokura erneut im Außenverhältnis zu erteilen ist die Folge der Unbeachtlichkeit im Innenverhältnis und der Ausnahmesituation des pflichtwidrigen Widerrufes geschuldet. Es handelt sich dabei um eine nicht verallgemeinerungsfähige Sonderkonstellation. Im Übrigen bringt der Widerrufende auch unmissverständlich zum Ausdruck, dass er den Betroffenen nicht mehr als Prokuristen akzeptiert. Der Widerruf ist deswegen als Widerspruch gegen eine erneute Erteilung auszulegen, mithin muss diese nach § 115 Abs. 1 HGB unterbleiben. 3.  Ermächtigung zur Beschränkung der Prokura § 116 Abs. 3 Satz 2 HGB ermächtigt die Gesellschafter über den Wortlaut hinaus zu einer Beschränkung der Prokura, soweit dies nach § 50 HGB möglich ist.287 Eine Beschränkung ist ein „Minus“ zum Widerruf, da der betroffene Prokurist nicht vollständig seine Vertretungsmacht verliert. Ist ein vollständiger Entzug möglich, muss eine weniger eingreifende Maßnahme erst recht gestattet sein.288 Eine Beschränkungskompetenz liegt zudem sowohl im Interesse des Prokuristen, da sie den schwächeren Eingriff darstellt, als auch im Interesse der Gesellschafter, da sie andernfalls, obgleich eine Beschränkung genügte, zu einem vollumfänglichen Widerruf gezwungen wären.289

285  Darauf weist auch das Reichsgericht zu Recht hin, Urt. v. 27.1.1940 – II 151 /  39, RGZ  163, 35, 39. 286  RG Urt. v. 27.1.1940 – II 151 / 39, RGZ  163, 35, 39. 287  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 58; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 116 HGB Rn. 27; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 17; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116 HGB Rn. 9; Schlegelberger / Martens, § 116  HGB Rn. 32; Michalski, § 114 HGB Rn. 15. 288  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 58; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 27; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 17; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 116 HGB Rn. 10; Schlegelberger / Martens, § 116  HGB Rn. 32; Michalski, § 114 HGB Rn. 15. 289  Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 27; Schlegelberger / Martens, § 116  HGB Rn. 32.



D. Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB123

4.  Widerrufsmöglichkeit bei einer über § 49 HGB hinausgehenden Vertretungsmacht Aus der Sonderstellung der Prokuraerteilung (noch ein gewöhnliches Geschäft, allerdings unter strengeren Voraussetzungen) kann geschlossen werden, dass die Erteilung einer darüber hinausgehenden Vertretungsmacht (Generalbevollmächtigung) als außergewöhnliches Geschäft einzustufen ist.290 Gemäß § 116 Abs. 2 HGB ist für die Erteilung die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Nach einer Ansicht ist § 116 Abs. 3 Satz 2 HGB bei einer über den Umfang von § 49  HGB hinausgehenden Vertretungsmacht analog anzuwenden und allen Geschäftsführern ein Widerrufsrecht zuzugestehen.291 Wegen des Zustimmungserfordernisses wird von der Gegenansicht eine analoge Anwendung von § 116  Abs. 3  Satz  2  HGB nicht als notwendig erachtet.292 Entgegengehalten wird der Schutzzweck – erhebliches Schadensrisiko bei einem unzuverlässigen Prokuristen – des § 116 Abs. 3 HGB, dem umso mehr bei einer umfangreicheren Vertretungsermächtigung Geltung zu verschaffen sei.293 Darüber hinaus bringt die Regelung des § 116 Abs. 3 Satz 2 HGB zum Ausdruck, dass das Vertrauen nicht nur bei der Bestellung zum Prokuristen, sondern wegen des Haftungsrisikos auch über den Zeitpunkt der Erteilung hinaus fortbestehen muss. Das Zustimmungserfordernis aufgrund des außergewöhnlichen Charakters der Einräumung einer über die Prokura hinausgehenden Vertretungsmacht trägt diesem Gedanken nicht Rechnung und beschränkt die Einflussmöglichkeit des einzelnen Gesellschafters auf den Zeitpunkt seiner Zustimmung. Eine analoge Anwendung von § 116 Abs. 3 Satz 2 HGB ist deshalb zu befürworten.

290  Im Ergebnis auch Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 30; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 34, H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 260d; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 26. 291  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 30; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 116 Rn. 51; wohl auch: Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116 HGB Rn. 9. 292  Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 34. Im Ergebnis eine Analogie auch ablehnend: Heymann / Emmerich, § 116  HGB Rn. 13; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 20. 293  Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 30.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

V. Sonderfall: Einordnung von zweckfremden Maßnahmen 1. Problemstellung Einigkeit besteht darüber, dass die Vornahme einer zweckfremden Maßnahme durch alle Gesellschafter möglich ist und – gegebenenfalls unter Änderung des Gesellschaftsvertrags – auch nicht gegen das Gesellschaftsinteresse verstößt.294 Handelt hingegen ein Gesellschafter allein, ist die vorgenommene Maßnahme nicht von seiner Geschäftsführungsbefugnis gedeckt.295 Fraglich ist allerdings, ob eine solche Maßnahme noch dem Bereich der Geschäftsführung zuzuordnen ist. 2. Meinungsstand Zweckfremde Maßnahmen werden zum Teil als außergewöhnliche Geschäfte i. S. v. § 116 Abs. 2 HGB eingestuft.296 Als Begründung wird darauf verwiesen, dass auch bei solchen Geschäften Vertretungsmacht im Außenverhältnis bestehe,297 und die Vertretung ein Teil der Geschäftsführung sei298. Eine Handlung im Rahmen der Vertretungsmacht sei demzufolge zwingend als Geschäftsführungshandlung zu qualifizieren.299 Flankierend wird Art. 103 Abs. 1 ADHGB angeführt, der für Geschäfte „welche dem Zweck derselben [der Gesellschaft] fremd sind“, einen Beschluss aller Gesellschafter forderte. § 116 Abs. 2 HGB habe den Wortlaut nur vereinfacht wiedergeben und nicht inhaltlich abändern sollen.300 Andere verneinen die Zugehörigkeit von zweckwidrigen Maßnahmen zur Geschäftsführung.301 Nach der unbestrittenen Definition umfasst die Ge294  Siehe oben 3. Kapitel C. III. 4. Zum Sonderfall einer Schriftformklausel 3.  Kapitel C. VI. 295  Siehe oben 3. Kapitel C. III. 4. 296  RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 308, unter Hinweis auf den Wortlaut des Art.  109 ADHGB, ohne aber im konkreten Fall eine Maßnahme wegen Zweckwidrigkeit als außergewöhnlich einzustufen; Jagenburg, S. 24; Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 94; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 3, S. 121; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 1 c, S. 1392, Fn. 59 (der von der Geschäftsführung alle Änderungen des Gesellschaftsvertrages ausnimmt, nicht aber zweckwidrige Geschäfte). 297  Siehe oben 2. Kapitel A. III. 298  Siehe oben 2. Kapitel A. III. 299  Jagenburg, Geschäftsführung und Geschäftsführungsbefugnis, S. 22. 300  Entwurf HGB und Denkschrift S. 129; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 1 c, S. 1392; siehe auch RG Urt. v. 22.10.1938 – II  58 / 38, RGZ 158, 302, 308, wobei allerdings auf Art. 109 ADHGB verwiesen wird. 301  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 12; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 14; Horst, Geschäftsführung und Beschlußfassung, S. 342;



D. Umfang der Geschäftsführungsbefugnis nach § 116 HGB

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schäftsführung alle Maßnahmen zur Erreichung des Gesellschaftszwecks, nicht aber außerhalb des Zwecks liegende.302 Qualifiziere man zweckwidrige Geschäfte als außergewöhnlich, setze man sich dazu in Widerspruch.303 Außerdem sei es verfehlt, aus der bestehenden Vertretungsmacht die Einordnung einer zweckwidrigen Maßnahme als außergewöhnliches Geschäft abzuleiten, da bei der OHG die Verknüpfung von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht nicht bestehe.304 Zum Schutz des Rechtsverkehrs, der den genauen Inhalt des Gesellschaftsvertrages bzw. den Gesellschaftszweck nicht kennt, muss die Bindung im Außenverhältnis – unabhängig von dem (unbekannten) Vertragsinhalt – bestehen.305 Aus diesem Grund ist gemäß § 126 Abs. 1 HGB die Vertretungsmacht bei den Personenhandelsgesellschaften keinen Einschränkungen unterworfen, und die Begrenzung des Umfangs auf im Gesellschaftsinteresse liegende Maßnahmen wäre gegenüber Dritten nach § 126 Abs. 2 HGB unwirksam. 3. Abhängigkeit der Qualifikation als Geschäftsführungsmaßnahme von der subjektiven Einschätzung des Gesellschafters Entscheidend für die Einordnung zweckwidriger Maßnahmen ist die Bindung der Geschäftsführung an das Gesellschaftsinteresse, welches anhand des Gesellschaftszwecks zu entwickeln ist.306 Die Geschäftsführer müssen das Gesellschaftsinteresse bestimmen, um feststellen zu können, ob ihre Handlungen im selbigen liegen. Es handelt sich um eine subjektive Einschätzung im Rahmen des Sorgfaltsmaßstabes des § 708 BGB.307 Demzufolge ist eine Maßnahme als Geschäftsführung einzuordnen, wenn der handelnde Gesellschafter davon ausgeht, dass sie im Gesellschaftsinteresse, U. Schneider, ZGR  1972, 357, 360; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 257; Priester, DStR  2008, 1386, 1390; Schulze-Osterloh, FS  Hadding, 637, 644 f.; Priester, DStR  2007, 28, 29; MünchKomm-HGB / Rawert, § 116 Rn. 6; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 3; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 11; RGRK / von Gamm, § 709 BGB Rn. 2; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709 BGB Rn. 1; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 15; ähnlich: Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 4 (zweckfremde Geschäfte sind Grundlagengeschäfte); Harry Westermann, FS Meier-Hayoz, 445, 445 f. (Geschäftsführungsmacht deckt nur pflichtgemäße Geschäftsführung). 302  Hierzu 2. Kapitel A. II. 303  Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 5; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 3; ähnlich MünchKomm-HGB / Rawert, § 116 Rn. 6. 304  Ballerstedt, JuS 1963, 253, 257. 305  BGH Urt. v. 20.9.1962 – II ZR 209 / 61, NJW 1962, 2344, 2346 f.; MünchKomm-HGB / K. Schmidt, § 126 Rn. 1. 306  Siehe oben 3. Kapitel C. 307  Siehe oben 3. Kapitel C. IV.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

also im Rahmen des Gesellschaftszwecks liegt. Daran ändert sich nichts, wenn sich diese Einstufung als falsch erweist. Es kann dann allenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen den Gesellschafter bestehen, falls er bei der Bestimmung nicht die nötige Sorgfalt angewendet hat.308 Überschreitet ein Gesellschafter hingegen bewusst die Grenzen des Gesellschaftszwecks und handelt damit nicht im Gesellschaftsinteresse, kann die Maßnahme nicht als Geschäftsführung qualifiziert werden.

VI. Zwischenergebnis Der Inhalt der Geschäftsführungstätigkeit ergibt sich aus den Erfordernissen des konkreten Zwecks der Gesellschaft und den Regelungen im Gesellschaftsvertrag. Hinsichtlich des Umfanges ist zwischen gewöhnlichen (§ 116 Abs. 1 HGB) und außergewöhnlichen (§ 116 Abs. 2 HGB) Geschäften zu unterscheiden. Die Abgrenzung hat im Einzelfall danach zu erfolgen, ob die Maßnahme zum gewöhnlichen Betrieb der konkreten Gesellschaft gehört. Abhängig ist das vor allem vom Zweck der Gesellschaft und der bisherigen Geschäftspraxis. Als Hilfestellung kann die Frage gestellt werden, ob die Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis im Zeitpunkt der Erteilung für das in Rede stehende Geschäft auf den Geschäftsführer übertragen wollten, und es kann ein Vergleich mit anderen in dem jeweiligen Geschäftsfeld tätigen Gesellschaften gezogen werden. Dabei ist die Einordnung keinesfalls endgültig, vielmehr können aufgrund von geänderten äußeren Umständen – nunmehr – oft vorgenommene Geschäfte gewöhnlich werden, obgleich sie es bei der ersten Vornahme noch nicht waren. Jedoch ist nicht jede Maßnahme zur Schadensabwendung als gewöhnliches Geschäft anzusehen, vielmehr kann in solchen Fällen eine Notgeschäftsführungsbefugnis analog § 744 Abs. 2 BGB eingreifen. Weiterhin ist bei der Abgrenzung die in § 707 BGB zu Ausdruck gebracht Grundentscheidung des Gesetzesgebers, dass es für die Gesellschafter keine unabsehbaren Belastungen geben soll, zu berücksichtigen. Sofern das mit dem konkreten Geschäft verbundene Risiko die Kapitalausstattung der Gesellschaft übersteigt, ist das Geschäft regelmäßig als außergewöhnlich einzustufen, weil durch die endgültige Haftung eine mittelbare Nachschusspflicht der Gesellschafter entsteht. Die übrigen Abgrenzungskriterien sind allerdings zusätzlich zu berücksichtigen. Für die Erteilung von Prokura bedarf es nach § 116 Abs. 3 Satz 1 HGB der Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter, sofern nicht „Gefahr im Verzug“ vorliegt. Die Prokura kann gemäß § 116 Abs. 3 Satz 2 308  Siehe

oben 3. Kapitel C. IV.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht127

HGB jederzeit durch einen einzelnen geschäftsführenden Gesellschafter widerrufen werden. Sollte die Erteilung wegen der Eilbedürftigkeit durch einen Teil der Gesellschafter erfolgen, sind die anderen unverzüglich zu informieren. Einer nachträglichen Genehmigung bedarf es nicht, da die Widerrufsmöglichkeit die Gesellschafter ausreichend schützt. Bei Widerruf der Prokura ist eine erneute Erteilung durch die anderen Gesellschafter nicht möglich, denn andernfalls besteht die Gefahr eines „Kreislaufs“ aus Erteilung und Widerruf. Die für die gegenteilige Ansicht angeführten Entscheidungen des Reichsgerichts betreffen Sonderfälle, in denen der Widerruf wegen Pflichtwidrigkeit unbeachtlich war. Über den Wortlaut des Satzes 2 hinaus ist auch eine Beschränkung – in den Grenzen des § 50 HGB – möglich, da die Ermächtigung zum Widerruf auch die weniger einschneidende Maßnahme der Beschränkung umfasst. Nach dem Schutzzweck der Norm gilt die Widerrufsmöglichkeit entsprechend für über § 49  HGB hinausgehende Vollmachten. Durch sie kommt zudem zum Ausdruck, dass das Vertrauen in den Vertreter nicht nur im Zeitpunkt der Erteilung, sondern auch danach fortbestehen muss. Die Zugehörigkeit einer objektiv zweckfremden Maßnahme zur Geschäftsführung hängt davon ab, ob der handelnde Gesellschafter bei der Vornahme davon ausgegangen ist, dass sie im Gesellschaftsinteresse liegt, also der Zweckerreichung dient. Denn für die Ausrichtung der Geschäftsführung an dem Interesse der Gesellschaft ist allein die Beurteilung des handelnden Gesellschafters, dass sein Handeln im Gesellschaftsinteresse liegt, entscheidend. Bei einer bewussten Verletzung des Gesellschaftsinteresses liegt deswegen keine Geschäftsführungsmaßnahme vor, während bei einer fehlerhaften Beurteilung durch den Geschäftsführer von einer Geschäftsführungsmaßnahme auszugehen ist.

E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht I. Vorbemerkung Im Rahmen der Privatautonomie kann die Geschäftsführung der OHG im Gesellschaftsvertrag weitgehend frei geregelt und auch nachträglich geändert werden.309 Eine nachträgliche Änderung setzt grundsätzlich310 die Zustimmung aller Gesellschafter voraus, sie ist aber aufgrund der herrschenden 309  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 275; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 4; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 6; Gummert / Gummert / Karrer, § 7 Rn. 41. 310  Mehrheitsbeschlüsse können für bestimmte Bereiche vereinbart werden, solange es nicht um den so genannten „Kernbereich“ geht, vgl. oben 3. Kapitel C. V. 1.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Formfreiheit konkludent durch eine abweichende Durchführung der Geschäftsführung über eine gewisse Zeit möglich.311 Die Geschäftsführung kann vollkommen auf die Erfordernisse der konkreten Gesellschaft bzw. ihrer Gesellschafter zugeschnitten werden. Gleichwohl sieht das Gesetz – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – für die jeweiligen Gesellschaften einen Grundtypus der Geschäftsführung vor. Nach § 114 Abs. 1 HGB sind alle Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. § 115 Abs. 1 Halbsatz 1 HGB konkretisiert, dass bei Berechtigung aller oder mehrerer Gesellschafter von einer Einzelgeschäftsführungsbefugnis jedes einzelnen auszugehen ist. Die Einzelgeschäftsführung ist demnach die Grundform der Geschäftsführung bei der OHG. Die Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Gesamtgeschäftsführung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die OHG im Handelsverkehr effizient und schnell handlungsfähig sein muss.312 Gesamtgeschäftsführung setzte bei jeder Entscheidung eine interne Abstimmung aller Gesellschafter voraus und brächte damit – je nach Gesellschafterzahl – einen erheblichen Aufwand mit sich. Für die Erfordernisse des Handelsverkehrs wäre dies ungeeignet.

II. Die Einzelgeschäftsführung Nach § 116 Abs. 1 HGB ist jeder OHG-Gesellschafter allein befugt, gewöhnliche Geschäfte vorzunehmen.313 Spiegelbildlich besteht die Pflicht (gegebenenfalls alleine) zu handeln, wenn es im Interesse der Gesellschaft nötig ist.314 Wird eine erforderliche Maßnahme unterlassen, kann sich kein Gesellschafter mit dem Hinweis auf die Handlungsmöglichkeit eines anderen Gesellschafters exkulpieren.315 Bei Tätigwerden eines Gesellschafters besteht keine weitere Handlungspflicht für die übrigen Gesellschafter, sofern 311  BGH Urt. v. 29.3.1996 – II ZR 263 / 94, NJW 1996, 1678, 1680; Flume, Personengesellschaft, S. 32; MünchKomm-HGB / K. Schmidt, § 105 Rn. 163; Wertenbruch, NZG 2005, 665, 666; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 48; Wer­ tenbruch, NZG 2005, 462, 463 (zur Änderung der Vertretungsregelungen). 312  Entwurf HGB und Denkschrift S. 129; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 1; GKHGB / Ensthaler, § 115 Rn. 1; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 1; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 1; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 1. 313  von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 32, § 53 Rn. 34; Mack, Gleichlauf, S. 147; Weygand, AcP 158 (1959), 150, 151. 314  Siehe oben zur Geschäftsführungspflicht 3. Kapitel B. II. 315  von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 34; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 6; Dreher ZGR 1992, 22, 49 ff.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht129

die Maßnahme im Gesellschaftsinteresse erledigt ist.316 Die Effizienz der Einzelgeschäftsführung liegt gerade in der Handlungsfähigkeit und -pflicht jedes einzelnen Gesellschafters. Es besteht kein Weisungsrecht der Mitgesellschafter.317 Allerdings kann jeder Gesellschafter im Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnis Geschäftsführungsmaßnahmen widersprechen.318 Dieses Vetorecht der geschäftsführenden Gesellschafter trägt zur Gleichberechtigung und Absicherung aller geschäftsführenden Gesellschafter bei und soll eine Geschäftsführung einzelner Gesellschafter gegen den Willen der anderen verhindern.319 Im gesetzlichen Regelfall sichert es den Einfluss jedes persönlich haftenden Gesellschafters auf die Geschicke der Gesellschaft. Die Einzelgeschäftsführungsbefugnis kann im Gesellschaftsvertrag auf bestimmte Ressorts beschränkt werden.320 Sollte die Ressortverteilung mangels Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag nur den Charakter einer informellen Aufgabenteilung haben, besteht die Einzelgeschäftsführungsbefugnis fort.321 Die Gesellschafter haben, sofern durch die abweichende Durchführung keine konkludente Vertragsänderung eingetreten ist,322 trotz der Aufgabenverteilung die Verantwortung für die gesamte Geschäftsführung. Kein Gesellschafter kann seine Untätigkeit unter Hinweis auf die Aufgabenverteilung rechtfertigen. Ebenso ist eine Kombination verschiedener Geschäftsführungsarten möglich. Es kann zum Beispiel einem Gesellschafter Einzelgeschäftsführungsbefugnis und den anderen eine gemeinschaftliche Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden. Die Gesamtheit der Gesellschafter ist unabhängig von der Ausgestaltung der Geschäftsführungsbefugnis immer zur Geschäfts316  Entscheidend für das Bestehen einer Handlungspflicht ist das Gesellschaftsinteresse, wenn diesem genügt wurde, besteht auch keine Pflicht zur Handlung mehr. Die erneute Vornahme bzw. Wiederholung einer Maßnahme kann auch unmöglich sein, wenn sich die Maßnahme nicht wiederholen lässt (z. B. Kündigung eines Vertrages). 317  Dazu bereits 3. Kapitel B. II. 318  Priester, DStR 2008, 1386, 1387; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 2; Gummert / Gummert / Karrer, § 7 Rn. 138; Priester, DStR 2007, 28, 29; siehe auch BGH Urt. v. 11.2.1980 – II  ZR  41 / 79, NJW 1980, 1463, 1465. 319  von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 38; Priester, DStR 2008, 1386, 1387; Priester, DStR 2007, 28, 29; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 77 f. 320  von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 32; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 7; Hueck / Windbichler, § 14 Rn. 3; Schwamberger, BB 1963, 279, 279. 321  RG Urt. v. 10.2.1914 – II 502 / 13, RGZ 84, 136, 138; Mayen, in: Ebenroth /  Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 4; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 3; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 3, S. 120 f.; Schwamberger, BB 1963, 279, 279 f. 322  Zur Möglichkeit der konkludenten Vertragsänderung 3. Kapitel C. VI.

130

3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

führung berechtigt.323 Bei fehlender Spezialregelung im Gesellschaftsvertrag kann die Geschäftsführungsbefugnis nur unter den Voraussetzungen des § 117 HGB entzogen werden.

III. Der Widerspruch 1. Zweck und Grundlagen des Widerspruchsrechts Das Widerspruchsrecht ist nach § 115 Abs. 1 HGB ein Teil der Geschäftsführung.324 Es beruht auf der Gleichberechtigung der geschäftsführenden Gesellschafter, dient ihrem Schutz und gleicht das fehlende Zustimmungserfordernis bei gewöhnlichen Geschäften aus.325 Als organschaftliches Recht kann das Widerspruchsrecht wegen des Grundsatzes der Selbstorganschaft326 nicht auf außenstehende Dritte übertragen werden.327 Es besteht demnach 323  BGH Urt. v. 1.12.1969 – II ZR 224 / 67, WM 1970, 249, 251; Michalski, § 114 HGB Rn. 46. 324  BGH Urt. v. 9.5.1974 – II ZR 84 / 72, NJW 1974, 1555, 1556; Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW  1986, 844, 844; Flume, Personengesellschaft, S. 262; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 3, S. 127 Fn. 34; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 1; A. Hueck, FS Hübner, 72, 75; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 9; H. P. Wester­ mann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 264; Hueck / Windbichler, § 14 Rn. 6; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 16 Rn. 5; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 1; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 28; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 a bb, S. 337; Michalski, § 115 HGB Rn. 3; Weger, Haftungsgrundlagen, S. 101; Mack, Gleichlauf, S. 148; Schmidt-Tiedemann, Gemeineuropäische Prinzipien, S. 171; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 87; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 2; Soergel / Hadding / Kießling, § 711 BGB Rn. 1; RGRK / von Gamm, § 711 BGB Rn. 2; Erman / H. P. Westermann, § 711 BGB Rn. 2; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 1; Oetker / Weitemeyer, § 115 HGB Rn. 7. 325  BGH Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW 1986, 844, 844; Urt. v. 11.1.1988 – II ZR 192 / 87, ZIP 1988, 843, 844; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 32; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 1; Mack, Gleichlauf, S. 148; Schmidt-Rimpler, FS Knur, 235, 241; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 9; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 6; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 1; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 262; Schö­ ne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 1; Thielemann, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 18; siehe auch Weygand, AcP 158 (1959), 150, 152 (Das Widerspruchsrecht ist „das Korrelat der Einzelbefugnis“). 326  Zum Grundsatz der Selbstorganschaft 2. Kapitel C. 327  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 5; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 41; Dröge / Simon, in: Büchel / von Rechenberg, Kap. 7 Rn. 96; Gummert / Gum­ mert / Karrer, § 7 Rn. 130; Soergel / Hadding / Kießling, § 711 BGB Rn. 1. Insofern in Konflikt mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft: BGH Urt. v. 22.2.1960 – VII ZR 83 / 59, NJW 1960, 963, 964 (Stimmrecht); JZ 1960, 490, 491; vgl. auch A. Hueck, JZ 1960, 491, 492; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 30;



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht131

auch nur, soweit der Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt ist.328 Ist ein Gesellschafter nur für ein bestimmtes Ressort einzelgeschäftsführungsbefugt, hat er auch nur in diesem Bereich ein Widerspruchsrecht329, bei gemeinsamer Geschäftsführungsbefugnis mehrerer Gesellschafter kann ihr Widerspruch nur gemeinsam erfolgen.330 Als Teil der Geschäftsführung ist das Widerspruchsrecht ein uneigennütziges und im Interesse der Gesellschaft auszuübendes Pflichtrecht.331 Folglich muss ein Widerspruch, der dem Gesellschaftsinteresse dient, erfolgen und er hat zu unterbleiben, wenn das nicht der Fall ist.332 Der Gesellschafter hat im Rahmen seiner Geschäftsführung ex ante zu beurteilen, ob die M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115  HGB Rn. 7; Mayen, in: Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 7. 328  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 4; Mack, Gleichlauf, S. 148; Gogos, Geschäfts­ führung der OHG, S. 45; Spangenmacher / Spangenmacher, S. 109; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II 3 a bb, S. 337; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 3, S. 127; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 264; Staudinger / Habermeier, § 711  BGB Rn. 4 f.; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 168; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 48, § 53 Rn. 39; Hueck / Windbichler, § 14 Rn. 6; MünchKomm-HGB / Ra­ wert, § 115 Rn. 7, 12; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 2; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 2. 329  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 41 von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 39; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 7; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 3; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 2; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 3, S. 127. 330  So bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 2; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 9; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 3, S. 127; Heymann / Emmerich, § 115  HGB Rn. 3; Schlegelberger / Martens, § 115  HGB Rn. 5. 331  BGH Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW 1986, 844, 844; Urt. v. 11.1.1988 – II ZR 192 / 87, ZIP  1988, 843, 844; Urt. v. 11.1.1988 – II ZR 192 / 87, WM 1988, 968, 970; Hueck / Windbichler, § 14 Rn. 6; Kübler / Assmann, § 7 II 3 b bb, S. 75; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 16 Rn. 5; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 4; KKGR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 7; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 42; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 15; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 5, S. 130; Mi­ chalski, § 115 Rn. 7; Weger, Haftungsgrundlagen, S. 101; Mack, Gleichlauf, S. 148; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 40; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 301; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 20; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 88; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 3. 332  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 10; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 42; A. Hueck, OHG Recht, § 10 IV 2, S. 134; Schlegelberger / Martens, § 114 HGB Rn. 11; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 4; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 2; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 42; GKHGB / Ensthaler, § 115 Rn. 3; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 2; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 50; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 115  HGB Rn. 16 f.; Schmidt-Tiedemann, Gemeineuropäische Prinzipien, S. 171; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 12.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Maßnahme im Gesellschaftsinteresse liegt.333 Bei der Beurteilung gilt der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB.334 Ein pflichtwidriger Widerspruch oder die Nichtbeachtung eines rechtmäßigen Widerspruchs können zu einer Haftung gegenüber der Gesellschaft führen.335 Falls ein Widerspruch pflichtwidrig (sei es vorsätzlich oder aufgrund einer sorgfaltswidrigen Fehlbeurteilung des Gesellschaftsinteresses) unterlassen wurde, können sowohl der handelnde Gesellschafter als auch der den gebotenen Widerspruch unterlassende Gesellschafter zum Schadensersatz verpflichtet sein.336 Denkbar ist jedoch ein Regressanspruch des untätigen Gesellschafters gegen den handelnden Gesellschafter, weil diesen in der Regel das Hauptverschulden trifft (Gedanke des § 254 Abs. 1 BGB).337 2. Formelle Voraussetzungen eines wirksamen Widerspruchs a) Zeitpunkt und Form der Widerspruchserhebung Der Widerspruch hat nach § 115 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB die Wirkung, dass die betroffene Maßnahme zu „unterbleiben“ hat. Damit die Maßnahme unterbleiben kann, muss der Widerspruch aber vor ihrer Ausführung zugehen, wobei er sich auch vorbeugend gegen eine noch nicht konkret geplante zukünftige Maßnahme richten kann.338 Der Widerspruch ist eine empfangsbedürftige, an keine Form gebundene Willenserklärung, die dem handelnden Gesellschafter zugehen muss.339 Er 333  Siehe

oben 3. Kapitel C. IV. 3. Kapitel C. IV. 335  Staub / Schäfer, § 115 Rn. 5; Mack, Gleichlauf, S. 150; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 42; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711  BGB Rn. 12. 336  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 8; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 50; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 13; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 42. 337  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 42; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 8; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 13. 338  So bereits Ritter, § 115 HGB Anm. 3a; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 25; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 4; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 2, S. 126; Soergel / Hadding / Kießling, § 711  BGB Rn. 3. 339  So bereits Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 115 HGB Anm. 4; Leh­ mann / Ring, § 115 HGB Anm. 1; Ritter, § 115 HGB Anm. 3; MünchKommBGB / Schäfer, § 711 Rn. 9; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 19; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 44; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 8; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  265; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 5; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 4; Mack, Gleichlauf, S. 147; Schlegelberger / Martens, § 115  HGB Rn. 11; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 46; K. Wagner, Gesellschaftsrecht, 334  Siehe



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht133

kann grundsätzlich ohne Begründung erhoben werden.340 Im Gesellschaftsvertrag können aber entsprechende Bedingungen vereinbart werden. b) Pflicht zur nachträglichen Begründung des Widerspruchs aa) Problemstellung und Meinungsstand Obwohl der Widerspruch ohne Begründung erhoben werden kann, werden die Mitgesellschafter regelmäßig wissen wollen, warum einer Maßnahme widersprochen wurde. Es stellt sich die Frage, ob der widersprechende Gesellschafter auf Nachfrage einen Grund für den Widerspruch angeben muss. Teilweise wird wegen der Eigenverantwortlichkeit der geschäftsführenden Gesellschafter eine Begründungspflicht abgelehnt.341 Nach anderer Auffassung besteht eine Pflicht zur Begründung des Widerspruchs auf Nachfrage.342 Sie wird aus der gesellschafterlichen Treuepflicht und der Pflicht zum Zusammenwirken hergeleitet, da andernfalls die Beweggründe nicht erkennbar seien.343 Teilweise werden auch die Bindung an das Gesellschaftsinteresse und die Rechtsnatur des Widerspruchs als PflichtS. 96, 101; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 7; RGRK / von Gamm, § 711 BGB Rn. 2. 340  So bereits Ritter, § 115 HGB Anm. 3; Michalski, § 115 HGB Rn. 3; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 265; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 Rn. 2; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 5; Heymann / Emmerich, § 115  HGB Rn. 7; Erman / H. P. Westermann, § 711  BGB Rn. 4. 341  So bereits Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 115 HGB Anm. 5; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 46 und S. 19 (zur Zustimmungsverweigerung bei vereinbarter Gesamtgeschäftsführung); Flume, Personengesellschaft, S. 267; wohl auch GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 5. 342  BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863 (bei Zustimmungsverweigerung); MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 23; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  265 f.; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 14; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 a bb, S. 337; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 11; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 7; Palandt / Sprau, vor § 709 BGB Rn. 8; Oetker / Weitemeyer, § 114  HGB Rn. 10; Mi­ chalski, § 115 HGB Rn. 3; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 6; vgl. auch M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 2; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 115  HGB Rn. 3. 343  BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863 (zur Begründungspflicht bei Zustimmungsverweigerung); Staub / Schäfer, § 115  HGB Rn. 18; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 265a; A. Hueck, OHG Recht, § 10  III  4, S. 128; Michalski, § 115 HGB Rn. 3; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 7; vgl. auch Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 55; Palandt / Sprau, vor § 709 BGB Rn. 8.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

recht als Grundlage angeführt.344 Die Begründungspflicht entfalle jedoch, wenn die Gründe für den Widerspruch bekannt oder evident seien.345 Eine vermittelnde Ansicht nimmt in Einzelfall eine Begründungspflicht an, wenn die Umstände auf das Vorliegen sachfremder Erwägungen bei der Entscheidung über die Erhebung des Widerspruchs hindeuten.346 bb) Begründungspflicht des Widersprechenden Eine Begründungspflicht als Einschränkung der Eigenverantwortlichkeit der Geschäftsführer anzusehen347 ist verfehlt, denn der Widersprechende ist in der eigentlichen Entscheidung über den Widerspruch frei, er muss ihn lediglich begründen. Die einzige „Einschränkung“ der Privatautonomie bei der Geschäftsführung ergibt sich aus der Bindung an das Gesellschaftsinteresse (so sind etwa Maßnahmen vorzunehmen, die erforderlich sind, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden). Diese Einschränkung ist der Geschäftsführung als organschaftliche Tätigkeit immanent.348 Zweifelsfrei ist die Begründung ein Mehraufwand. Dennoch bedeutet sie keine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit, da der Begründungsaufwand – zumal ohnehin Nachfragen gestellt werden – nicht so groß ist, dass von einer faktischen Einschränkung der Privatautonomie durch Abschreckungswirkung einer Begründungspflicht ausgegangen werden könnte. Wird indessen eine Begründungspflicht verneint, so sind die Beweggründe des widersprechenden Gesellschafters für die anderen Gesellschafter nicht nachvollziehbar und eine Diskussion unmöglich.349 Eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit der Gesellschafter ist kaum noch vorstellbar. Deshalb wird auch von den Gegnern einer Begründungspflicht in der Verweigerung der Begründung ein wichtiger Grund zum Ausschluss des Widersprechenden gesehen.350 Die Sanktion des Ausschlusses ist allerdings die 344  Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 11; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 6; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 23. 345  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 23; Mayen, in: Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 14; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 11; vgl. insofern auch MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 44. 346  von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 45 (vgl. auch § 7 Rn. 30); so wohl auch A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 18; vgl. auch MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 44. 347  So aber Flume, Personengesellschaft, S. 267; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 45; vgl. auch MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 44. 348  Siehe oben 3. Kapitel C. 349  BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863; Schlegelberger /  Martens, § 115  HGB Rn. 11; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 55.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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stärkstmögliche. In Anbetracht der enormen Abschreckungswirkung des drohenden Ausschlusses sind die Geschäftsführer sicherlich nicht weniger als durch eine Begründungspflicht in ihrer Eigenverantwortlichkeit eingeschränkt. Der Ausschluss nach § 140  HGB ist außerdem nur unter engen Voraussetzungen möglich. Gesellschaftsvertraglich können zwar Erleichterungen (z. B. Kündigungs- oder Schiedsklauseln) vereinbart werden, dies ändert aber nichts an den Schwierigkeiten im gesetzlich geregelten Grundfall. Bei einer Abwägung zwischen den zusätzlichen Belastungen – der Begründungspflicht auf der einen Seite und der Unklarheit hinsichtlich der Beweggründe sowie gegebenenfalls der Durchführung eines Ausschlussverfahrens auf der anderen Seite – wiegt daher die Begründungspflicht deutlich geringer. 350

Das Entfallen der Begründungspflicht, wenn die Gründe bekannt oder evident sind, sorgt für einen ausreichenden Schutz vor Schikane und als Teil der Geschäftsführung kann das Recht, eine Begründung zu verlangen, verwirkt werden351. Gegen eine Begründungspflicht wird ferner angeführt, dass sie dem widersprechenden Gesellschafter lediglich eine geschickte, die wahren Beweggründe nicht preisgebende Formulierung abverlange.352 Ein zusätzlicher Schutz wäre somit nicht erreicht. Das Argument erfasst im Grunde jeden Fall, in dem eine Erklärung abgeben werden muss, denn es gibt keine „Wahrheitsgarantie“. In der Konsequenz müsste man jegliche Begründungsoder auch Aussagepflicht ablehnen; dies wird allerdings nicht vertreten. Erst eine Erklärung ermöglicht es, Anhaltspunkte für die Beweggründe des Widersprechenden zu erhalten. Durch sie allein ist es möglich zu überprüfen, ob der Gesellschafter seine Geschäftsführung noch an den Interessen der Gesellschaft ausrichtet. Verneint man eine Verpflichtung, müsste sich der Widersprechende nicht einmal „die Mühe machen zu lügen“. Außerdem können die den Widerspruch begründenden Informationen auch für die Mitgesellschafter wichtig sein, um im Gesellschaftsinteresse handeln zu können, denn der Widersprechende kann richtig liegen. Unter diesem Gesichtspunkt lässt sich die Begründungspflicht bei Nachfrage der Mitgesellschafter aus der gesellschafterlichen Treuepflicht und der Pflicht zum Zusammenwirken herleiten.353 350  Flume, Personengesellschaft, S. 267; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 46; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128. 351  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 352  Flume, Personengesellschaft, S. 267; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 16. 353  So BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863 (bei Zustimmungsverweigerung); H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 265a; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128; Michalski, § 115 HGB Rn. 3; Staub / Schä­

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Als positiver Nebeneffekt wird eine Begründungspflicht zu einem Gedankenaustausch unter den Gesellschaftern über die Geschäftsführungsmaßnahme und einer Auseinandersetzung mit dem Für und Wider führen.354 Dies kann dazu beitragen, Differenzen auf einer gesellschaftsinternen Ebene auszuräumen und gerichtliche Auseinandersetzungen über die Pflichtwidrigkeit eines Widerspruchs vermeiden. Das entspricht dem Gebot einer praktikablen, auf eine effektive Zweckerreichung gerichteten Geschäftsführung.355 Es ist daher davon auszugehen, dass die Gründe für einen Widerspruch auf Verlangen der anderen Gesellschafter offen zu legen sind. Die vermittelnde Auffassung kehrt lediglich das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Begründungspflicht und Befreiung von dieser Pflicht um. In Anbetracht der genannten Argumente ist es überzeugend, die Begründungspflicht als Regelfall anzusehen und den Widersprechenden nur in den dargelegten Ausnahmefällen davon zu befreien. c) Folgen des Unterlassens einer ausreichenden Begründung aa) Fehlen einer gesetzlichen Regelung bei Begründungsverweigerung Ein Gesellschafter kann pflichtwidrig trotz Nachfrage eine Begründung verweigern. Dem Gesetz lässt sich ein formales Begründungserfordernis nicht ausdrücklich entnehmen. Dementsprechend sind auch nicht die Folgen des Unterlassens einer Begründung geregelt. Fraglich ist, ob der Widerspruch dann noch beachtlich ist. bb) Meinungsstand Nach einer Ansicht ist der Widerspruch in diesen Fällen unbeachtlich und die Maßnahme kann durch die übrigen Gesellschafter vollzogen werden.356 fer, § 115  HGB Rn. 18; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 45; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 7. 354  BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863 (bei Zustimmungsverweigerung); MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 23; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 11. 355  Siehe oben 3. Kapitel C. VII. 356  So bereits Ritter, § 115 HGB Anm. 3a; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 115 HGB Rn. 14; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 11; von Dit­ furth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 45; Oetker / Weitemeyer, § 114 HGB Rn. 10; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 6; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 115  HGB Rn. 3.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht137

Andere halten an der Wirkung des Widerspruchs fest und verweisen auf den Schadensersatzanspruch wegen der Pflichtwidrigkeit der Nichtbegründung.357 Dabei wird teilweise im Wege des Anscheinsbeweises von der Nichtbegründung auf die Pflichtwidrigkeit des Widerspruchs geschlossen, mit der Folge, dass dieser zumindest bis zur Widerlegung dieses Anscheins ignoriert werden dürfe.358 cc) Stellungnahme Das Widerspruchsrecht soll als Ausgleich für das Fehlen eines Zustimmungserfordernisses vor einer persönlichen Haftung durch Maßnahmen anderer Geschäftsführer schützen.359 Selbst wenn der Widerspruch ohne Begründung unbeachtlich wäre, könnte der Widersprechende durch eine (interessengemäße) Begründung die Maßnahme stoppen. Verweigert er diese, obwohl er grundsätzlich dazu verpflichtet ist360, oder sind seine Gründe interessenwidrig, ist er nicht schutzwürdig. Führte eine Begründungspflicht lediglich zu einem Schadensersatzanspruch, könnte sie immer dann missachtet werden, wenn ein Schaden ausgeschlossen, gering oder schwer bezifferbar ist. Es überzeugt daher nicht, der Verweigerung der Begründung keine Bedeutung beizumessen. Ob man die Handlungsmöglichkeit der übrigen Gesellschafter daraus herleitet, dass die Nichtbegründung den Widerspruch unbeachtlich macht oder er ignoriert werden darf, bis der Anscheinsbeweis widerlegt ist, führt zu keinem erheblichen Unterschied. Die Lösung über den Anscheinsbeweis birgt den Vorteil, dass mit der nachgeholten (interessengemäßen) Begründung kein Grund mehr besteht, die Wirkungen des Widerspruchs zu versagen, und es ausreicht den Gesellschafter nur noch für die – aufgrund der Verzögerung seiner Begründung – möglicherwiese entstandenen Schäden haften zu lassen.361 Zum Teil werden jedoch Rückschlüsse aus der Verweigerung einer Begründung ausdrücklich abgelehnt.362 Indes ist das nur plausibel, wenn – entgegen der hier vertretenen Ansicht – eine Begründungspflicht abgelehnt 357  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 24; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 18; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 2; siehe auch A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128; Michalski, § 115 HGB Rn. 3. 358  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 24; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 18; ähnlich A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4 Fn. 38, S. 129. 359  Siehe zum Zweck des Widerspruchsrechts 3. Kapitel E. III. 1. 360  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 2. b) bb). 361  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 24. 362  Flume, Personengesellschaft, S. 267; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 16.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

wird363, denn es ist nicht ersichtlich, weshalb der Widersprechende seine Begründungspflicht verletzen und sich dadurch möglicherweise einem Schadensersatzanspruch aussetzen sollte, sofern er tragfähige Argumente für den Widerspruch hat. Zudem kann der Anscheinsbeweis durch die Angabe der Gründe leicht entkräftet werden, deshalb wird der widersprechenden Gesellschafter dadurch nicht erheblich benachteiligt. Daher ist es überzeugend, an der Wirkung des Widerspruchs festzuhalten, allerdings in der Verweigerung der Begründung einen Anscheinsbeweis für die Pflichtwidrigkeit der Einlegung zu erblicken und bis zu seiner Widerlegung eine Handlungsbefugnis anzunehmen.364 d) Sonderfall: Widerspruch nach Vornahme aa) Problematik der Möglichkeit eines nachträglichen Widerspruchs Erfolgt der Widerspruch zu spät, gibt es nach dem Gesetz keinen allgemeinen, durch den Widerspruch begründeten Anspruch der Mitgesellschafter auf Rückgängigmachung der Maßnahme.365 Es ist grundsätzlich ebenso unzulässig, die Maßnahme durch Vornahme eines „Gegengeschäfts“ zu neutralisieren, weil die ursprüngliche Durchführung als Widerspruch gegen das Gegengeschäft zu verstehen ist.366 Damit stellt sich die Frage, ob eine aber Flume, Personengesellschaft, S. 267. den Folgen es pflichtwidrigen Widerspruchs unten 3. Kapitel E. III. 5. 365  So bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 1; Ritter, § 115 HGB Anm. 3; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 16; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 129; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 44; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 265b; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 40, § 53 Rn. 46; Hueck / Windbichler, § 14 Rn. 6; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 12; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 4; L. Fischer, GbR I, 2213, S. 39; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 25; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 6; RGRK / von Gamm, § 711 BGB Rn. 2; Erman / H. P. Westermann, § 711 BGB Rn. 5; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 6. 366  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 19; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 45 f.; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 8; AK-BGB / Hei­ del / Pade, § 711 Rn. 4; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 6. Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 44, geht hingegen davon aus, dass die anderen Gesellschafter die Maßnahme rückgängig machen dürfen, wogegen der ursprünglich handelnde Gesellschafter wiederum Widerspruch einlegen kann. Gogos erkennt dabei selbst, dass eine solche „Widerspruchsspirale“ zu einer Eskalation führen kann. Auf rein rechtlicher Ebene ist es zwar ein geringer Unterschied, wenn man in der Vornahme der ursprünglichen Maßnahme bereits einen Widerspruch gegen das Rückgängigmachen sieht. Die Gefahr einer Eskalation dürfte aber geringer sein. Vgl. auch A. Hueck, OHG Recht, § 10  III 4, S. 130. 363  So

364  Zu



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht139

Maßnahme nach ihrer Vornahme endgültig Bestand hat oder der verspätete Widerspruch gleichwohl zu ihrer Rücknahme führen muss. bb) Meinungsstand Es wird vertreten, dass die Rückabwicklung trotz eines verspäteten Widerspruchs zu erfolgen habe, wenn mit ihr ein geringerer Schaden als mit dem Aufrechterhalten verbunden ist.367 Ein solcher Fall wäre zum Beispiel gegeben, wenn der handelnde Geschäftsführer einen Fehler bei der Beurteilung des Gesellschaftsinteresses gemacht hat und ein Rückgängigmachen den Schaden ganz oder zum Teil verhindern könnte. Unter Hinweis auf den Wortlaut des § 115 Abs. 1  HGB wird eine Rücknahmepflicht teilweise abgelehnt, da nach der Vornahme die Maßnahme nicht mehr „unterbleiben“ kann.368 cc) Andauernde Bindung an das Gesellschaftsinteresse Das Rückgängigmachen einer Maßnahme kann man tatsächlich nicht mehr als „unterbleiben“ bezeichnen und damit nicht mehr unter den Wortlaut des § 115  Abs. 1  HGB subsumieren. Unabhängig von einem Widerspruch sind aber alle Geschäftsführer an das Gesellschaftsinteresse als maßgebliche Handlungsrichtlinie gebunden und daraus können sich Handlungspflichten ergeben.369 Bei der Bestimmung des Gesellschaftsinteresses hat eine umfassende Abwägung stattzufinden.370 Unter anderem sind die Kosten der Vorbereitung und Durchführung zu berücksichtigen, aber auch 367  So bereits Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 115 HGB Anm. 4; Ritter, § 115 HGB Anm.  3a; Weidenbaum, ZHR 99 (1934), 35, 41 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  3  a  bb, S. 337; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 9; A. Hueck, OHG Recht, § 10  III 4, S. 130; wohl auch Mayen, in: Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 11, wobei es zunächst heißt, dass der Widerspruch nur vor der Durchführung erfolgen, dann aber für entscheiden erklärt wird, ob die Maßnahme noch ohne Schaden rückgängig gemacht werden kann; ähnlich Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 8. Für den Fall, dass die Mitgeschäftsführer nicht rechtzeitig informiert wurden, auch BGH Urt. v. 19.4.1971 – II  ZR  159 / 68, BB 1971, 759, 759. 368  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 44; ebenso allerdings unter Hinweis darauf, dass bei nicht erfolgter oder verspäteter Information der Mitgeschäftsführer eine Pflicht zum Rückgängigmachen besteht: MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 25, 28; Staub / Schäfer, § 115  HGB Rn. 19. 369  Siehe oben 3. Kapitel C. 370  Siehe zur Pflicht des Geschäftsführers das Gesellschaftsinteresse zu bestimmen 3. Kapitel  C.  IV.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

die sonstigen Folgen, wie zum Beispiel ein Vertrauensverlust bei den Vertragspartnern und damit verbundene Nachteile bei zukünftigen Geschäften. Sofern die Kosten das Hauptargument gegen die Maßnahme waren371, werden sie in der Regel bereits endgültig angefallen sein, so dass die Rückabwicklung regelmäßig nicht mehr im Gesellschaftsinteresse liegt. Entscheidend für das Bestehen einer Rücknahmepflicht ist daher allein, ob das Gesellschaftsinteresse an der Aufrechterhaltung oder Rückgängigmachung der Maßnahme überwiegt.372 Wenn das Interesse an der Rückabwicklung überwiegt, kommt es nicht mehr darauf an, ob ein Widerspruch erfolgt ist; vielmehr besteht für alle, auch die verspätet widersprechenden Geschäftsführer, aufgrund ihrer Bindung an das Gesellschaftsinteresse eine Pflicht, die Maßnahme rückabzuwickeln.373 Der in der Vornahme zu erblickende Widerspruch gegen das Rückgängigmachen ist bei einer Änderung (oder ursprünglich falschen Beurteilung) des Interesses im Zeitpunkt der Rücknahme de facto interessenwidrig. Der Widerspruch ist deshalb in diesem Zeitpunkt pflichtwidrig und darf ignoriert werden.374 Sofern die ursprüngliche Maßnahme bei Vornahme – aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht375 – im Gesellschaftsinteresse lag, besteht kein Schadensersatzanspruch gegen den ursprünglich handelnden Gesellschafter, vorausgesetzt, dieser hat die erforderliche Sorgfalt bei der Bestimmung angewendet376. Ohnehin wird es nur in Ausnahmefällen zu einer Rückgängigmachung der Maßnahmen kommen, da im Rahmen des Ermessensspielraums bei der Bestimmung des Gesellschaftinteresses unterschiedliche Beurteilungen möglich sind und mit der Vornahme regelmäßig ein Interesse am Aufrechterhalten bestehen wird. Vor dem Vollzug setzt sich deswegen im Zweifel der Widerspruch durch, danach die Vornahme.

unter anderem abstellend Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 44. Ergebnis ebenso A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 130; siehe auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 a bb, S. 337; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 44, weist darauf hin, dass es eine andere Frage ist, ob die (verspätet) widersprechenden Geschäftsführer die Maßnahme selber rückgängig machen dürfen. 373  Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 8; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 130; siehe auch Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 9. Für den Fall der pflichtwidrigen Vornahme des ursprünglich handelnden Gesellschafters: MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 28, 33; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 19; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 11. 374  Dazu im Detail 3. Kapitel E. III. 5. 375  Siehe dazu oben 3. Kapitel C. IV. 376  Siehe zur erforderlichen Sorgfalt oben 3. Kapitel C. IV. 371  Darauf 372  Im



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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e) Zwischenergebnis Es besteht die Pflicht, den Widerspruch gegen eine Geschäftsführungsmaßnahme auf Verlangen der Mitgesellschafter zu begründen, damit eine sachliche Diskussion unter den Gesellschaftern geführt werden kann und die Möglichkeit zur Überprüfung der Gründe eröffnet ist. Der Widersprechende wird dadurch geschützt, dass bei einem Begründungsverlangen aus Schikane die Begründungspflicht entfällt und das Recht eine Begründung zu verlangen verwirkt werden kann. Falls einem gerechtfertigten Verlangen nicht nachgekommen wird, ist im Wege des Anscheinsbeweises von der Pflichtwidrigkeit des Widerspruchs auszugehen. Nach der Vornahme einer Maßnahme ist diese rückgängig zu machen, wenn das Gesellschaftsinteresse an der Rückabwicklung das Interesse an der Aufrechterhaltung überwiegt. Es kommt insofern nicht darauf an, ob ein nachträglicher Widerspruch erfolgt ist. Die Pflicht ergibt sich vielmehr allein aus der Pflicht der Geschäftsführer, im Gesellschaftsinteresse zu handeln. Der in der ursprünglichen Vornahme zu erblickende Widerspruch gegen die Rückabwicklung ist, wenn das Interesse an der Rückabwicklung überwiegt, pflichtwidrig, da er in diesem Zeitpunkt dem Gesellschaftsinteresse widerspricht. 3. Gegenstand des Widerspruchs Der Widerspruch ist nur gegen Geschäftsführungsmaßnahmen und nicht gegen die Ausübung von sonstigen Gesellschafterrechten statthaft.377 Unbestritten kann er sich nicht gegen ein Unterlassen richten, weil andernfalls faktisch eine Handlungsanweisung vorläge.378 Die Geschäftsführer sind jedoch weisungsfrei379 und der widersprechende, d. h. der die Maßnahme verlangende Gesellschafter, ist gegebenenfalls selbst zur Vornahme verpflichtet380. 377  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 2; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 14; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 4; Mack, Gleichlauf, S. 148; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 6; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 2a; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 3; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 8; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 4; Soergel / Hadding / Kießling, § 711  BGB Rn. 1; Schöne, in: Bamberger /  Roth, § 711 BGB Rn. 4. 378  So bereits Ritter, § 115 HGB Anm. 3a; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 15; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 40; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 115 HGB Rn. 3; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 264b. 379  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 380  Ebenfalls auf die Handlungsmöglichkeit des widersprechenden Gesellschafters hinweisend H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 264b.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Der Widerspruch darf nicht allgemein gegen alle Maßnahmen eines Gesellschafters ausgesprochen werden.381 Ein (allgemeiner) Widerspruch käme einem Ausschluss des betroffenen Gesellschafters von der Geschäftsführung gleich.382 Das konterkarierte den Gedanken der Gleichberechtigung aller (geschäftsführenden) Gesellschafter, dessen Ausfluss das Widerspruchsrecht ist383. Wäre dies anders, könnten sich die Gesellschafter durch pauschalen Widerspruch gegenseitig von der Einzelgeschäftsführung ausschließen. Das Gesetz sieht einen Ausschluss von der Geschäftsführungsbefugnis gegen den Willen des Betroffenen nur unter den Voraussetzungen des § 117  HGB vor.384 Nichtsdestoweniger kann das Widerspruchsrecht als Teil der Geschäftsführung bei andauernder pflichtwidriger Blockade anderer Geschäftsführer385, zum Beispiel im Falle zahlreicher unbegründeter Widersprüche, verwirkt werden.386 Gegen eine Gruppe von Maßnahmen, die als Einzelakte der Umsetzung eines bestimmten Plans dienen oder anderweitig zusammenhängen (z. B. bei sich der Gattung nach wiederholenden Handlungen), ist allerdings ein Widerspruch möglich.387 381  RG Urt. v. 10.2.1914 – Rep. II. 502 / 13, RGZ 84, 136, 139; so bereits Flecht­ heim, in: Düringer / Hachenburg, § 115 HGB Anm. 4; Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm.  111, S. 140; Makower, § 115 HGB Anm.  I; Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm.  1; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 41; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 9; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 17; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 8; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357b; Michalski, § 115  HGB Rn. 5; Schlegelberger / Mar­ tens, § 115  HGB Rn. 7; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 4; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 5a; A. Hueck, OHG Recht, § 10  III 2, S. 126; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 a bb, S. 337; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 44; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 266; Mack, Gleichlauf, S. 148; Erman / H. P. Westermann, § 711 BGB Rn. 4; G. Roth, Rn. 261; AK-BGB / Hei­ del / Pade, § 711 Rn. 4. 382  RG Urt. v. 10.2.1914 – Rep. II. 502 / 13, RGZ 84, 136, 139; MünchKommBGB / Schäfer, § 711 Rn. 9; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 17; KK-GR / Leh­ leiter, § 115 HGB Rn. 6; Wiedemann, Gesellschaftsrecht  II, § 4  II  3  a  bb, S. 337; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 41; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 7; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 2, S. 126; Mayen, in: Ebenroth /  Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 9; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711  BGB Rn. 9; Goldschmit, § 115 HGB Nr. 2. 383  Siehe oben 3. Kapitel  E.  III. 1. 384  RG Urt. v. 10.2.1914 – Rep. II. 502 / 13, RGZ 84, 136, 139; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 17; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 7; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 2, S. 126. 385  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 386  M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 3; siehe auch: A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 2, S. 126; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 7; GK-HGB /  Ensthaler, § 115 Rn. 9.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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Im Fall RG Urt. v. 10.10.1924 – II 456 / 23, RGZ 109, 56 ff. sprach sich der klagende Geschäftsführer in einem ersten Brief gegen die Erweiterung eines Fabrikgebäudes wegen der ungeklärten Wirtschaftslage aus. In zwei weiteren Briefen erhob er „Einspruch“ gegen die Vergrößerung und Ausdehnung des Betriebes. In einem vierten Brief erklärte er sich gegen die Vergrößerung der Maschinenfabrik und machte Vorschläge, wie bei Bedarf anderweitig Raum geschaffen werden könnte, und in einem letzten Brief verneinte er das Bedürfnis nach weiteren Räumen. Der beklagte Mitgesellschafter hielt in einer „Denkschrift“ das Bedürfnis für weitere Räume fest; dazu äußerte sich der klagende Gesellschafter nicht. Daraufhin ließ der Beklagte das Fabrikgebäude zur „Aufrechterhaltung der bisherigen Fabrikation auf einer zweckmäßigen räumlichen Grundlage“ erweitern. 387

Das Reichsgericht hat zu Recht in den Schreiben des Klägers einen zulässigen, darin zum Ausdruck kommenden Widerspruch gegen alle Pläne zur Schaffung neuer Räume gesehen und folgte nicht dem Beklagtenvortrag, dass sich der Widerspruch nur gegen eine Betriebserweiterung richtete.

Verneinte man die Möglichkeit des Widerspruchs gegen zusammengehörende Geschäftsführungsmaßnahmen,388 wäre gegen jeden Einzelakt ein eigener Widerspruch nötig. Bei einer Vielzahl von Geschäftsführungsmaßnahmen ist dies schwierig und zeitaufwändig, zumal der handelnde Gesellschafter immer wieder versuchen könnte, auf anderem Weg die geplante Entscheidung umzusetzen. Für die Möglichkeit von Widersprüchen gegen eine Gruppe von Maßnahmen besteht deshalb ein praktisches Bedürfnis, um entgegenstehende Gesellschaftsinteressen effektiv durchsetzen zu können.389 Diese Möglichkeit entspricht dem Grundsatz, für die Geschäftsführung eine praktikable, die effektive Zweckförderung ermöglichende Lösung zu erreichen, sowie den Schutzinteressen des Gesellschafters an der Verhinderung von interessenwidrigen Maßnahmen.390 Die Abgrenzung zwischen einem zulässigen Widerspruch gegen ein zusammenhängendes Maßnahmenbündel und einem unzulässigen gegen die Geschäftsführungstätigkeit eines Gesellschafters im Allgemeinen kann Schwierigkeiten bereiten. Entscheidend ist, ob dem vom Widerspruch betroffenen Gesellschafter noch eine weitgehend eigenverantwortliche Geschäftsführungsbefugnis verbleibt, was im Einzel387  RG Urt. v. 10.2.1914 – Rep. II. 502 / 13, RGZ 84, 136, 139; Urt. v. 10.10.1924 – II 456 / 23, RGZ  109, 56, 58 f.; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 13; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 18; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 44; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 2, S. 126; Schlegelberger / Martens, § 115  HGB Rn. 7; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 5a; Goldschmit, § 115  HGB Nr.  2. 388  So könnte man die Formulierung bei Giefers / Ruhkamp, Rn. 315, verstehen, wonach sich der Widerspruch auf „einzelne konkrete Geschäftsführungsmaßnahmen“ beziehen muss. Das ist aus den genannten Praktikabilitätserwägungen nicht überzeugend. 389  A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 2, S. 126; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 41 (Widerspruch käme andernfalls häufig zu spät). 390  Siehe oben 3. Kapitel C. VII.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

fall nur durch einen Vergleich der Tätigkeit der Gesellschaft und des nach dem Widerspruch in Bezug darauf noch bestehenden Umfangs der Geschäftsführungsbefugnis des betroffenen Gesellschafters beurteilt werden kann.391 Regelmäßig wird der Widerspruch unzulässig sein, wenn er auch zukünftige, noch nicht absehbare Maßnahmen erfasst, deren Zweckmäßigkeit für das Gesellschaftsinteresse noch gar nicht beurteilt werden kann.392 Des Weiteren ist der Widerspruch gegen einen Widerspruch, obgleich es sich dabei um eine Geschäftsführungsmaßnahme handelt,393 unzulässig, weil sonst die Funktion des Widerspruchsrechts als Ausgleich für das fehlende Zustimmungserfordernis und zum Schutze der Gesellschafter vor einer persönlichen Haftung unterminiert wäre.394 Aus diesem Grund ist auch der Widerspruch gegen Geschäftsführungsmaßnahmen, die der Umsetzung eines wirksamen Widerspruchs dienen (z. B. Abbruch der Vorbereitungshandlungen), unzulässig.395 Genauso ist der Widerspruch gegen Notgeschäftsführungsmaßnahmen analog § 744 Abs. 2 BGB ausgeschlossen,396 und er kann auch nicht gegen die Geltendmachung von Ansprüchen im Rahmen der actio pro socio erhoben werden397. Zwar können Handlungen in diesem Rahmen als Geschäftsführungsmaßnahmen zu qualifizieren sein, jedoch 391  RG Urt. v. 10.2.1914 – Rep. II. 502 / 13, RGZ 84, 136, 139 f.; Schlegelberger /  Martens, § 115 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 9; siehe auch A. Hueck, OHG Recht, § 10  III 2, S. 126. 392  So A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 2 Fn. 32, S. 126. 393  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 1. 394  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 9; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 7; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 16; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 40; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 19; Michalski, § 115 HGB Rn. 4; Mack, Gleichlauf, S. 150; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 4. Im Ergebnis auch Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 46, der auf das Einstimmigkeitserfordernis des § 119 HGB verweist. Aus diesem ergebe sich, dass eine „Sicherheitseinrichtung“ nicht durch das einseitige Vorgehen eines Mitgesellschafters entzogen werden kann. 395  H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 265b. 396  BGH Urt. v. 4.5.1955 – IV ZR 185 / 54, NJW 1955, 1027, 1028; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 8; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 41; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 40; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 6, S. 133; Schlegelberger / Martens, § 116  HGB Rn. 23, Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 11. Erman / H. P. Westermann, § 711 BGB Rn. 3, hält dies für bedenklich, da nach dem Gesellschaftsvertrag die Beurteilung durch die geschäftsführenden Gesellschafter vorrangig sei. Er spricht sich aber auch nicht ausdrücklich für die Möglichkeit des Widerspruchs aus. 397  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 2; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 40; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 11; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 4.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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hebt der Widerspruch nur die Geschäftsführungsbefugnis auf398. Sowohl die Notgeschäftsführung als auch die actio pro socio sind aber Rechte, die unabhängig von der Geschäftsführungsbefugnis allen Gesellschaftern kraft ihrer Gesellschafterstellung zustehen.399 4. Folgen eines wirksamen Widerspruchs Nach § 115 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB muss im Falle eines pflichtgemäßen Widerspruchs eines Gesellschafters die betroffene Maßnahme unterbleiben. Es besteht eine Pflicht, bereits eingeleitete Vorbereitungsmaßnahmen abzubrechen und die weitere Ausführung zu unterlassen.400 Die Einzelgeschäftsführungsbefugnis des handelnden Gesellschafters ist für die konkrete Maßnahme aufgehoben.401 Daran ändert auch die Zustimmung aller übrigen Gesellschafter nichts, so dass sich bei unterschiedlicher 398  Siehe

unten 3. Kapitel E. III. 4. § 711 Rn. 8; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 60; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 6; A. Hueck, OHG Recht, § 10  III 6, S. 133; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 43 f. 400  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 26; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 49; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 130; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 8. 401  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 29; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 42, § 53 Rn. 49; Schmidt-Rimpler, FS  Knur, 235, 236; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 9; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 7; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 7. Ohne nähere Begründung gehen Soergel / Hadding / Kießling, § 711 BGB Rn. 4; RGRK / von Gamm, § 711 BGB Rn. 3; Mack, Gleichlauf, S. 197, davon aus, dass der Gesellschafter bei einem wirksamen Widerspruch seine Geschäftsführungsbefugnis nicht verliert, sondern lediglich auf Unterlassen verklagt werden kann. Diese Ansicht basiert wohl auf der Entscheidung BGH Urt.  v.  10.3.1995 – II ZR 309 / 53, NJW 1955, 825 ff., in der es heißt: „Eine Beschränkung des Umfangs der Befugnis zur alleinigen Geschäftsführung und Vertretung sieht das Gesetz nicht vor; aus dem Umstand, dass ein Gesellschafter nach § 711 BGB einer bestimmten Handlung wi­ derspricht, kann aber keineswegs allgemein der Schluß gezogen werden, dass er auch den Willen habe, die Befugnis eines anderen zur Geschäftsführung allgemein aufzuheben oder auch nur einzuschränken. Könnte ein einzelner Gesellschafter durch seinen Widerspruch die Vertretungsmacht eines anderen einschränken oder aufheben, so könnte das zu einer völligen Lahmlegung der Gesellschaft führen […].“ Wie Flume, Personengesellschaft, S. 271 f., zutreffend feststellt berücksichtigt der Bundesgerichtshof dabei nicht, dass es nicht um die Aufhebung der gesamten Geschäftsführungsbefugnis, sondern nur um die konkrete Maßnahme geht und bei der OHG eine Lahmlegung im Außenverhältnis wegen der grundsätzlichen Trennung von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht nicht auftreten kann. Des Weiteren ist die Frage der Wirkung des Widerspruchs auf die Vertretungsmacht im Verhältnis zu dem Dritten und nicht im Verhältnis zur Gesellschaft zu klären. 399  MünchKomm-BGB / Schäfer,

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Beurteilung im Zweifel der Widerspruch durchsetzt.402 Ein Widerspruch ist pflichtgemäß, wenn der widersprechende Gesellschafter ex ante unter Berücksichtigung der gebotenen Sorgfalt die Interessen der Gesellschaft festgestellt403 und seine Entscheidung danach ausgerichtet hat. Zur Sicherung der Effektivität des Widerspruchsrechts besteht ein einklagbarer Anspruch des widersprechenden Gesellschafters auf Unterlassen der Maßnahme, der gegebenenfalls durch eine einstweilige Verfügung durchgesetzt werden kann.404 Prima facie ist die Fähigkeit eines einzelnen Gesellschafters, durch Widerspruch – von den übrigen Mitgesellschaftern als sinnvoll erachtete – Geschäftsführungsmaßnahmen zu stoppen, nicht mit dem Gebot einer auf effektive Zweckerreichung gerichteten Geschäftsführung405 vereinbar. Indes ist die Einstimmigkeit ein vom Gesetz vorgesehenes Grundprinzip der Personengesellschaften. Sowohl in § 709  Abs. 1 BGB als auch in § 115 Abs. 1 HGB kommt es zum Ausdruck. Die Inkaufnahme der praktischen Schwierigkeiten lässt sich mit der persönlichen Haftung und der engen Verbundenheit der Gesellschafter einer Personengesellschaft erklären. Es obliegt ihnen, abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag zur Begründung der Handlungsfähigkeit der Mehrheit vorzusehen, indem sie etwa Mehrheitsentscheidungen oder die Möglichkeit der Überwindung eines Widerspruchs durch Mehrheitsvotum vereinbaren.406 Die Dispositivität der gesetzlichen Normen erlaubt sogar das Abbedingen des Widerspruchsrechts oder die Beschränkung auf bestimmte – z. B. sehr riskante – Maßnahmen.407

402  BGH Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW 1986, 844, 844; so bereits An­ schütz / von Völderndorff Art.  102  ADHGB V. 2); Thöl, S. 320; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 37; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 2; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 39; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II 3 a bb, S. 337; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 3, S. 127; Schmidt-Rimpler, FS Knur, 235, 244; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 2; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 5; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 2. 403  Zur Bestimmung des Gesellschaftsinteresses durch die Gesellschafter 3. Kapitel C. IV. 404  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 44; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713  BGB Rn. 32; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 52; Michalski, § 115  HGB Rn. 9; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 22; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 119. 405  Siehe oben 3. Kapitel C. VII. 406  BGH Urt. v. 11.1.1988 – II ZR 192 / 87, ZIP 1988, 843, 844; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357a; Giefers / Ruhkamp, Rn. 320. 407  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59  III 3 a, S. 1747; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357a; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 35; Gie­ fers / Ruhkamp, Rn. 322.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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a) Grundsätzlich keine Außenwirkung eines Widerspruchs Für die OHG herrscht in Literatur und Rechtsprechung Einigkeit über die im Regelfall408, insbesondere im Hinblick auf § 126 Abs. 2 HGB, rein interne Wirkung eines zulässigen Widerspruchs.409 Eine gleichwohl vollzogene Maßnahme ist im Außenverhältnis grundsätzlich weiterhin wirksam, es kann allenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen den zuwiderhandelnden Gesellschafter entstehen.410 Die fortbestehende Bindung im Außenverhältnis ändert nichts an der gegebenenfalls bestehenden Pflicht aller Geschäftsführer, die Maßnahme (z. B. durch einen Aufhebungsvertrag) rückgängig zu machen.411 Für die Beurteilung des Interesses der Gesellschaft an der Rückabwicklung ist es irrelevant, ob die Verpflichtung der Gesellschaft pflichtwidrig gegen einen rechtzeitigen Widerspruch erfolgte oder wegen der Verspätung des Widerspruchs kein Verstoß gegen § 115 Abs. 1 HGB vorlag. Die Rückabwicklung der Maßnahme ist als Geschäftsführungshandlung allein an das Interesse der Gesellschaft gebunden, welches bei veränderten Umständen neu zu bestimmen ist.412 Die bestehende Bindung im Außenverhältnis hat auf das Gesell408  Zu

den Ausnahmen unter 3. Kapitel E. III. 4. b). Urt. v. 10.3.1955 – II ZR 309 / 53, NJW 1955, 825, 826; so bereits Lehmann / Ring, § 115  HGB Anm. 1; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 30; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 14; Flume, Personengesellschaft, S. 270; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 43, § 53 Rn. 51; Weger, Haftungsgrundlagen, S. 103; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  357d; Mack, Gleichlauf, S. 150; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 a bb, S. 337; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 4; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 11; R. Weber, JuS 2000, 313, 316; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 21; G. Roth, Rn. 261; Michalski, § 115 HGB Rn. 1; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 80; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 4; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 10; RGRK / von Gamm, § 711 BGB Rn. 3; Palandt / Sprau, § 711  BGB Rn. 1; Laukemann, Partnerschaftsgesellschaft, S. 48. 410  BGH Urt. v. 10.3.1955 – II ZR 309 / 53, NJW 1955, 825, 826; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 31; R. Weber, JuS 2000, 313, 315; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115  HGB Rn. 7 f. Dabei ist umstritten, ob es sich um einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 313; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 42; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 30) oder um eine Verschuldenshaftung nach § 280 Abs. 1 BGB handelt (Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357c; vgl. auch BGH Urt. v. 11.1.1988 – II  ZR 192 / 87, ZIP 1988, 843, 844 f.; Urt. v. 4.11.1996 – II ZR 48 / 95, NJW 1997, 314, 314). 411  Mack, Gleichlauf, S. 150; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 19; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 7. 412  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, NJW 1971, 1613, 1613; Mack, Gleichlauf, S. 150; R. Weber, JuS  2000, 313, 315; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 7. 409  BGH

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

schaftsinteresse keine direkte Auswirkung. Es gilt das zum verspäteten Widerspruch Gesagte, insbesondere bezüglich der erneuten umfassenden Interessenabwägung, entsprechend.413 Wenn sich die erwarteten, den Widerspruch begründenden Risiken nicht verwirklicht haben, wird die Rückabwicklung aber regelmäßig nicht im Gesellschaftsinteresse liegen. So kann sich eine bei Erhebung des Widerspruchs negative Prognose der Auftragslage ex post als unzutreffend erweisen, so dass zum Beispiel ein trotz begründeten Widerspruchs vorgenommener Fabrikausbau nunmehr im Gesellschaftsinteresse liegt.414 Stellt sich ex post die Interessengemäßheit heraus, ändert das nichts an der Pflichtwidrigkeit der Vornahme, wenn der Widerspruch aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht415 bei Einlegung begründet war.416 Mangels Schadens wird eine Schadensersatzpflicht des handelnden Gesellschafters jedoch oft in einem solchen Fall entfallen.417 Allerdings kann eine wiederholte pflichtwidrige Missachtung von wirksamen Widersprüchen ein wichtiger Grund für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis sein.418 Bei einem wirksamen Widerspruch muss die Maßnahme unterbleiben, und für die Wirksamkeit kommt es nur darauf an, dass der widersprechende Gesellschafter ex ante das Gesellschaftsinteresse ermessensfehlerfrei bestimmt hat.419 Entfiele die Pflichtwidrigkeit ex post, änderte das den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt für das Gesellschaftsinteresse. Es bestünde das Risiko, dass aus ex-ante-Sicht ermessensfehlerfreie Widersprüche ignoriert werden, denn die handelnden Gesellschafter werden in der Regel von der Vorteilhaftigkeit ihrer Maßnahme ausgehen und auf eine nachträgliche Entlastung vertrauen. Die Effektivität des Widerspruchsrechts wäre damit weitgehend unterlaufen.

413  Siehe

3. Kapitel E. III. 2. d) cc). hätte sich der dargestellte (siehe 3. Kapitel E. III. 3.) Fall RG Urt. v. 10.10.1924 – II  456 / 23, RGZ  109, 56 ff. entwickeln können. 415  Siehe oben 3. Kapitel C. IV. 416  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; A. Hueck, OHG Recht, § 10  III  5, S. 131. 417  Ebenfalls darauf hinweisend MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 32. 418  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 53; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 51; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 4; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 269b; siehe auch BGH Urt. v. 10.12.2001 – II ZR 139 / 00, NJW-RR  2002, 540 ff. 419  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 1. 414  So



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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b) Ausnahmsweise Außenwirkung eines Widerspruchs Nach § 126 Abs. 2 HGB ist eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam. Gleichwohl ist es anerkannt, dass der Widerspruch in bestimmten Fällen Außenwirkung entfalten kann, so können sich die Gesellschafter wegen der innergesellschaftlichen Bindungen (insbesondere der Treuepflicht) nicht auf die bestehende Vertretungsmacht berufen.420 Ebenfalls anwendbar sind die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht, wobei zum Teil auf den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB abgestellt wird, so dass auch bei einem kollusiven Zusammenwirken zwischen Gesellschafter und Vertragspartner von einer Außenwirkung des Widerspruchs auszugehen ist.421 Entscheidend ist dafür, ob der Missbrauch durch den Gesellschafter dem Vertragspartner positiv bekannt oder nach den Umständen evident ist.422 Problematisch ist der Fall der Kenntnis des Vertragspartners vom Widerspruch, wenn der Widerspruch gleichzeitig von einem Mitgesellschafter erklärt wird und sich somit die Handlungen der Gesellschafter widersprechen. In dem Fall RG Urt. v. 11.12.1912 – Rep. I. 80 / 12, RGZ 81, 92 ff. kündigte ein OHG-Gesellschafter einen Vertrag mit einem Geschäftsunternehmen, dessen Inhaberin zugleich seine Mitgesellschafterin war. Ihr entgegenstehender Wille war ihm bekannt, und die Kündigung erfolgte gegenüber der Mitgesellschafterin als Vertretungsberechtigte ihres Geschäftsunternehmens.

420  BGH Urt. v. 20.9.1962 – II ZR 209 / 61, BGHZ 38, 26, 34 f.; Urt. v. 5.4.1973 – II  ZR  45 / 71, WM 1973, 637, 638; Urt. v. 9.5.1974 – II ZR 84 / 72, NJW 1974, 1555, 1555; so bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 1; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 22; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 12; Michalski, § 115 HGB Rn. 10; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 23; GK-HGB / Enstha­ ler, § 115 Rn. 10; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 13; siehe auch MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 30, der eine teleologische Reduktion von § 126 Abs. 2 HGB auf gesellschaftsfremde Dritte vertritt. 421  BGH Urt. v. 9.5.1974 – II ZR 84 / 72, NJW 1974, 1555, 1555; Urt. v. 5.11.2003 – VIII  218 / 01, NJW-RR 2004, 247, 248; MünchKomm-HGB / K. Schmidt, § 126 Rn. 21 f.; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 22; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 30; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 267; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 51; Hillmann, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 126 HGB Rn. 19, 23; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357e; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 33; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 21; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 23; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 4, § 126 HGB Rn. 11; Heymann / Emme­ rich, § 115  HGB Rn. 13; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711  BGB Rn. 7. 422  BGH Urt. v. 31.1.1991 – VII ZR 291 / 88, BGHZ 113, 315, 320; Staub / Schä­ fer, § 115 HGB Rn. 22.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Das Reichsgericht führt aus, dass Kündigungsempfängerin und Widersprechende hier personenidentisch waren und deswegen die Kündigungserklärung nur in Gegenwart der Widersprechenden erfolgen konnte. In diesem Fall sei der erneute Ausspruch des Widerspruchs entbehrlich gewesen.

Trotz der Regelung des § 126 Abs. 2 HGB wird für den Fall sich widersprechender Erklärungen der Gesellschafter gegenüber Dritten vertreten, dass sich diese gegenseitig aufheben.423 Die Gegenansicht führt an, der Vertragspartner könne die Maßgeblichkeit des Widerspruchs nicht beurteilen und eine Überprüfung sei unzumutbar.424 Dem wird entgegengehalten, dass infolgedessen ein „circulus inetrabilis“ aus sich widersprechenden, aber im Außenverhältnis wirksamen Handlungen entstehe, welcher zu erheblichen Verwirrungen in der Praxis führe.425 Eine Außenwirkung des Widerspruchs legt jedoch dem Vertragspartner das Risiko der Beurteilung der Wirksamkeit auf, obgleich er als außenstehender Dritter keine Kenntnisse über die gesellschaftsinternen Geschäftsführungsregelungen hat.426 Dem Beurteilungsrisiko kann er nur durch Abstandnahme von dem Geschäft entgehen. Das läuft wiederum seinem grundlegenden Interesse an dem Vertragsabschluss zuwider. Im Ergebnis führte eine Außenwirkung wegen des Fehlbeurteilungsrisikos zu einer erheblichen Unsicherheit für den Handelsverkehr und ist mit dem Schutz desselben nicht vereinbar.427 Mithin ist, abgesehen von den bereits genannten Ausnahmen, nach Sinn und Zweck des § 115 Abs. 1 Halb423  RG Urt. v. 11.12.1912 – Rep. I. 80 / 12, RGZ 81, 92, 95 (Der Entscheidung liegt zwar der Sonderfall zugrunde, dass die widersprechende Gesellschafterin zugleich die Erklärungsempfängerin war, jedoch führt das Reichsgericht allgemein aus: „Wenn aber der widersprechende Gesellschafter gegenwärtig ist und gleichzeitig dem Dritten seinen Widerspruch erklärt, dann heben sich allerdings die widerspre­ chenden Erklärungen auf und es geschieht nichts.“); Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 13; Weidenbaum, ZHR 99 (1934), 35, 39 f.; vgl. die entsprechende Ansicht zu einem Widerspruch bei der Geschäftsführung einer GbR: KK-GR / Lubitz, §§ 709– 713 BGB Rn. 33; Jauernig / Stürner, Anm. zu den §§ 709–713 BGB Rn. 3; L. Fi­ scher, GbR  I, 2213, S. 39. 424  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 30; Flume, Personengesellschaft, S. 270; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 21; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 51; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 15; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 10; Soergel / Hadding / Kießling, § 711 BGB Rn. 6; Palandt / Sprau, § 711 BGB Rn. 1. 425  Weidenbaum, ZHR 99 (1934), 35, 40. 426  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 30; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 51. 427  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 30; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 21; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 51; Rn. 10; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 15 (der Dritte muss sich auf die für ihn ersichtliche Vertretungsmacht verlassen können); ebenso Staudinger / Habermeier, § 711  BGB.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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satz 2 HGB und im Einklang mit § 126 Abs. 2 HGB an der rein internen Wirkung des Widerspruchs festzuhalten. Die Kenntnis von dem Widerspruch kann allerdings ein Indiz für eine Kenntnis des Missbrauchs der Vertretungsmacht sein.428 c) Zwischenergebnis Bei einem wirksamen Widerspruch hat die betroffene Maßnahme nach § 115 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB zu unterbleiben. Die Einzelgeschäftsführungsbefugnis für die konkrete Maßnahme wird durch ihn aufgehoben. Als Geschäftsführungsmaßnahme ist die Einlegung des Widerspruchs an das Interesse der Gesellschaft gebunden, welches der Gesellschafter aus seiner exante-Sicht zu bestimmen hat. Besteht trotz der Ausführung einer Maßnahme ein Interesse der Gesellschaft an ihrer Rückabwicklung, ist diese vorzunehmen. Das ergibt sich aus der Bindung an das Gesellschaftsinteresse und ist unabhängig davon, ob Widerspruch erhoben wurde. Ein antizipierter Widerspruch ist im Zeitpunkt seiner Wirkung erneut darauf zu überprüfen, ob er noch im Gesellschaftsinteresse liegt. Sollte das nicht der Fall sein, steht er hinsichtlich seiner Wirkung einem pflichtwidrigen Widerspruch gleich. Zum Schutz des Handelsverkehrs entfaltet der Widerspruch nach § 126 Abs. 2 HGB grundsätzlich keine Außenwirkung. Von diesem Grundsatz gelten jedoch Ausnahmen, wenn es sich um ein Geschäft mit einem Gesellschafter handelt oder ein Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegt. Die bloße Kenntnis eines gesellschaftsfremden Vertragspartners von dem Vorliegen eines Widerspruchs begründet hingegen keinen Ausnahmefall, denn der Vertragspartner kennt die gesellschaftsinternen Regelungen nicht. 5. Pflichtwidriger Widerspruch Ein Widerspruch, der das Gesellschaftsinteresse verletzt, ist pflichtwidrig.429 Zu beachten ist, dass die Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen immer im Gesellschaftsinteresse liegt, denn das Ermessen ist hier auf Null reduziert.430 Evident ist die Pflichtwidrigkeit im Falle eines bewussten Handelns gegen das Gesellschaftsinteresse, etwa bei einem willkürlichen oder vorwie428  So

ausdrücklich MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 30. Bindung des Widerspruchs an das Gesellschaftsinteresse siehe 3. Kapitel

429  Zur

E. III. 1. 430  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 39; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 8; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 18; Heymann / Emme­ rich, § 115 HGB Rn. 11; siehe auch BGH Urt. v. 28.11.1955 – II ZR 16 / 54, BB 1956, 92, 92.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

gend eigenen Interessen dienenden Widerspruch.431 Im Grunde handelt es sich um Fälle der Treuepflichtverletzung.432 Im Fall BGH Urt. v. 28.11.1955 – II ZR 16 / 54, BB 1956, 92 entnahm ein Gesellschafter seine vertraglich vereinbarte Geschäftsführervergütung aus dem Gesellschaftsvermögen gegen den Willen des Mitgesellschafters. Dieser ging von einer Unzulässigkeit der Entnahme bis zum Zeitpunkt der Gutschrift der eigenen Geschäftsführervergütung aus. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes kann ein Widerspruch nicht eine Maßnahme unterbinden, die einen unzweifelhaft aus dem Gesellschaftsvertrag bestehenden Anspruch erfüllt. Im Fall BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819 ff. kündigte ein Gesellschafter dem bei der Gesellschaft angestellten Sohn seines Mitgesellschafters. Der Mitgesellschafter widersprach der Kündigung seines Sohnes. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes reicht es für eine Interessenwidrigkeit nicht aus, dass persönliche Interessen des widersprechenden Gesellschafters betroffen sind, noch lasse sich die Unzulässigkeit des Widerspruchs allein mit der bei rückblickender Betrachtung objektiven Zweckmäßigkeit der Maßnahme begründen. Für die Annahme einer Interessenwidrigkeit müsse sich der Widersprechende vielmehr bei der Anwendung der für ihn gebotenen Sorgfalt darüber im Klaren sein, mit dem Widerspruch gegen das Gesellschaftsinteresse zu handeln.

Überwiegend wird davon ausgegangen, dass der Widerspruch in den genannten Fällen ohne gerichtliche Feststellung ignoriert werden darf.433 Nur vereinzelt wird vertreten, dass der Schutzzweck des § 115 HGB eine gerichtliche Entscheidung oder einen Gesellschafterbeschluss notwendig mache.434 431  RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 310; Urt. v. 27.1.1940 – II 151 / 39, RGZ  163, 35, 39; BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 11; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  357g; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 3; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 38. 432  Vgl. auch Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357h; M. Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen, S. 24; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 12. 433  So RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 310; Urt. v. 27.1.1940 – II 151 / 39, RGZ  163, 35, 39; BGH Urt. v. 28.11.1955 – II ZR 16 / 54, BB 1956, 92, 92; Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW 1986, 844, 844; so bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm.  111, S. 141; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 36; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 42; Flume, Personengesellschaft, S. 268, 270; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 5, S. 131; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 16; A. Hueck, FS  Hübner, 72, 76; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115  HGB Rn. 3; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 8; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 7; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 15; Michalski, § 115  HGB Rn. 7; Weger, Haftungsgrundlagen, S. 101 f.; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 42; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 34; Koch, NJW 1989, 2662, 2671; Jauernig / Stürner, Anm.  zu den §§ 709–713  BGB Rn. 3. 434  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 a bb, S. 338. Ebenso Makower, § 115 HGB Anm. I, und Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 1, unter Verweis auf eine



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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Dem Gesetz lässt sich kein Anhaltspunkt für eine Mehrheitsentscheidung bei in Rede stehender Pflichtwidrigkeit des Widerspruchs entnehmen. Allein bei Zustimmung oder Genehmigung aller übrigen Gesellschafter ist eine Pflichtwidrigkeit abzulehnen.435 Der widersprechende Gesellschafter wird aber wohl kaum zustimmen. Darüber hinaus hat sich der Gesetzgeber bei der OHG, anders als bei der GbR, für eine schnelle, an den Bedürfnissen des Handelsverkehrs orientierten Ausgestaltung der Geschäftsführung entschieden, obwohl damit ein erhöhtes Haftungsrisiko einhergeht.436 Ein Gerichtsverfahren zur Klärung der Wirksamkeit des Widerspruchs abzuwarten, stünde diesem Effizienzgedanken und der Funktionsfähigkeit der OHG entgegen.437 Die gewählte Ausgestaltung der OHG spricht vielmehr dafür, es den Gesellschaftern zu ermöglichen, die Geschäfte weiter im Gesellschaftsinteresse zu führen. Flankierend sei darauf verwiesen, dass bei einer pflichtwidrigen Geschäftsführungsmaßnahme ein Schadensersatzanspruch gegen den widersprechenden Gesellschafter bestehen kann.438 Die Rechtsfolge der Naturalrestitution bedeutete die Rücknahme des Widerspruchs, folgerichtig wäre es treuwidrig (dolo agit qui petit quod statim redditurus est), wenn sich der Widersprechende vorher auf die Wirkung des Widerspruchs beruft.439 Da nur ein objektiv pflichtwidriger Widerspruch ignoriert werden darf, tragen die handelnden Gesellschafter das Risiko der Fehlbeurteilung und die Darlegungs- und Beweislast für die Pflichtwidrigkeit.440 Wegen des bei der Erhebung des Widerspruchs bestehenden Beurteilungsspielraums ist für den Nachweis der Pflichtwidrigkeit die Überschreitung desselben zu beweisen (also etwa die Maßgeblichkeit sachfremder Erwägungen), wohingegen der Nachweis der Vorteilhaftigkeit der Maßnahme nicht ausreicht.441 Letztere unter besonderen Umständen bestehende Schadensersatzpflicht des Widersprechenden. Dies beruht aber darauf, dass sie die Zugehörigkeit des Widerspruchs zur Geschäftsführung verkennen. Die sich aus dem Wortlaut des § 115 Abs. 1 HGB ergebende Zugehörigkeit zur Geschäftsführung und damit verbundene Bindung an das Gesellschaftsinteresse wurde bereits dargelegt (3. Kapitel E. III. 1.). 435  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 436  Siehe oben 3. Kapitel E. I. 437  Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 15. 438  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 439  So A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 5, S. 132. 440  BGH Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW 1986, 844, 844; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 36; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 5, S. 131 f.; Michalski, § 115 HGB Rn. 7; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357g; A. Hueck, FS Hübner, 72, 77; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 15; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 20; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 9. 441  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; A. Hueck, OHG Recht, § 10  III  5, S. 131.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

kann allerdings den Schaden entfallen lassen.442 Ist der Widerspruch aus sachlichen Gründen geboten, so begründet allein die Mitursächlichkeit von Eigeninteressen kein pflichtwidriges Verhalten des widersprechenden Gesellschafters.443 Entscheidend ist nur das Interesse der Gesellschaft, unabhängig davon, ob es sich mit den Eigeninteressen einzelner Gesellschafter deckt. Diesbezüglich besteht für Geschäftsführungsmaßnahmen ein „ge­ richtlich nur beschränkt überprüfbare Beurteilungsspielraum“.444 Insbesondere können die Gerichte keine Geschäftsführungsentscheidung für die Gesellschafter treffen, ebenso wenig findet eine Zweckmäßigkeitsprüfung statt.445 442  MünchKomm-HGB / Rawert,

§ 115 Rn. 32. Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW  1986, 844, 844; so bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm.  1; Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 115 HGB Anm. 5; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 7 Fn. 4; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 266b; KKGR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 8; Michalski, § 115 HGB Rn. 7; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 3; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 7; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 9; Sester, Treuepflichtverletzungen, S. 111. Ohne dies zu begründen vertritt Hoppe, in: Saenger / Aderhold / Lenkaitis / Speckmann, § 5 Rn. 153, die Unbeachtlichkeit eines Widerspruchs, der nicht ausschließ­ lich im Gesellschaftsinteresse, sondern auch im eigenen Interesse erhoben wurde. Danach wäre ein Widerspruch im Gesellschaftsinteresse unbeachtlich, sofern der Widersprechende ein persönliches Interesse an diesem hat. Es geht aber nicht darum, den persönlichen Interessen des Gesellschafters zwangsweise entgegenzutreten, entscheidend ist die Wahrung des Gesellschaftsinteresses. Gerade für Personengesellschaften ist die Verfolgung eigener Interessen der Gesellschafter zwingend („gemeinsamer Zweck“), so dass in fast allen Fällen, ein entsprechendes Interesse der einzelnen Gesellschafter besteht (Flume, Personengesellschaft, S. 265 f.; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 13  III  1 b, S. 312). Die Ansicht überzeugt daher nicht. 444  BGH Urt. v. 11.1.1988 – II ZR 192 / 87, ZIP 1988, 843, 844; Staub / Schäfer, § 114 HGB Rn. 40; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 56; Weipert, EWiR 1988, 803, 804; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 266b; Michalski, § 115 HGB Rn. 7; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 15; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 29; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 7; Koch, NJW 1989, 2662, 2671; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 7; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 19. Bei der nachträglichen Beurteilung von Entscheidungen (in Kenntnis des Ausgangs bzw. ihrer Folgen) besteht stets die Gefahr des so genannten „hindsight bias“ (also des Einflusses der Kenntnis von dem Ausgang auf die Beurteilung), welcher einer „fairen“ Beurteilung entgegensteht, siehe dazu etwa Kershaw, Company Law, S. 345 f. 445  RG Urt. v. 10.10.1924 – II 456 / 23, RGZ 109, 56, 59; vgl. auch BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 42, § 711 Rn. 11; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 19; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 5, S. 131; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  357g; Hueck / Windbichler, § 14 Rn. 6; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 9. 443  BGH



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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Im Fall BGH Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW 1986, 844 widersprach ein Gesellschafter der Gehaltserhöhung für die Mitarbeiter. Einerseits wurden die positiven Auswirkungen auf die Arbeitsmoral und den Betriebsfrieden ins Feld geführt, auf der anderen Seite wurde die Notwendigkeit der Kostenersparnis für höhere Gewinne in die Waagschale geworfen. Der Bundesgerichtshof führt aus, es sei eine Ermessensfrage, was im Interesse der Gesellschaft sachdienlich ist. Die Beurteilung des Gerichts ist nicht maßgebend. Das Widerspruchsrecht besteht, damit die Geschäftsführer sich nach eigener Beurteilung unter Abwägung von Zweckmäßigkeit und Risiko an den Entscheidungen beteiligen. Die Frage nach den Folgen des Ausbleibens oder der Vornahme einer Gehaltserhöhung ist in aller Regel nicht so eindeutig zu beantworten, dass dem widersprechenden Gesellschafter kein eigener Beurteilungsspielraum bleibt. Der Widerspruch war daher nicht als pflichtwidrig einzustufen.

Sollte das Gericht keine Pflichtverletzung feststellen, haben die übrigen Gesellschafter in Folge des Widerspruchs ohne Geschäftsführungsbefugnis gehandelt.446 Trotz guten Glaubens an die Pflichtwidrigkeit des Widerspruchs können sich die Handelnden schadensersatzpflichtig gemacht haben, sofern ihnen ein Verschuldensvorwurf wegen Verletzung der erforderlichen Sorgfalt447 gemacht werden kann.448 Bei einem begründeten, auf konkrete Risiken hinweisenden Widerspruch, kann ein ungeprüftes Übergehen grob fahrlässig sein, womit § 708  BGB wegen § 277  BGB unanwendbar wäre. Jedenfalls reicht zur Exkulpation nicht der bloße Hinweis auf die subjektive Überzeugung von der Vorteilhaftigkeit der Maßnahme, da das fehlerhafte Vertrauen auf die eigene irrige Rechtsansicht, pflichtgemäß zu handeln, noch keinen das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum begründet.449 6. Sonderfall: Widerspruch trotz vorheriger Zustimmung a) Keine Bindung an einen erhobenen Widerspruch Unbestritten kann ein erteilter Widerspruch jederzeit zurückgenommen werden, wodurch die Maßnahme zulässig wird.450 Liegt sie weiterhin nicht im Gesellschaftsinteresse, ist die Rücknahme allerdings eine Pflichtverlet446  Zur

Wirkung eines wirksamen Widerspruchs 3. Kapitel E. III. 4. erforderlichen Sorgfalt siehe oben 3. Kapitel E. III. 1. 448  A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 5, S. 132; siehe auch MünchKomm-HGB / Ra­ wert, § 115 Rn. 36; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 16. 449  BGH Urt. v. 11.1.1988 – II ZR 192 / 87, NJW-RR 1988, 995, 996; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 32. 450  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 17; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 21; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128; Michalski, § 115 HGB Rn. 4; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 2; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 15; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 10. 447  Zur

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

zung, denn die Geschäftsführer sind verpflichtet, nachteilige Maßnahmen durch einen Widerspruch zu verhindern.451 Problematisch ist hingegen der umgekehrte Fall, in dem ein Geschäftsführer seine Zustimmung erteilt hat und sich die Frage stellt, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen er dieser trotzdem widersprechen kann. b) Meinungsstand zur Bindung an eine erteilte Zustimmung Unter Hinweis auf den Vertrauensschutz und die Kontinuität der Geschäftsführung wird vertreten, dass die erteilte Zustimmung grundsätzlich einen späteren Widerspruch ausschließe.452 Als zu beachtende Ausnahmen werden teilweise die unrichtige oder unvollständige Information des Zustimmenden oder veränderte Umständen, aufgrund derer eine neu Beurteilung der Sachlage geboten ist, genannt.453 Andere fordern demgegenüber, dass die vorherige Zustimmung angefochten wird oder ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorliegt.454 Zum Teil wird ein Ausschluss des Widerspruchrechts abgelehnt und eine freie Widerrufbarkeit der Zustimmung vertreten.455 c) Möglichkeit eines im Gesellschaftsinteresse liegenden Widerspruchs trotz vorheriger Zustimmung Gemäß § 183 BGB ist eine vorherige Zustimmung bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts frei widerruflich. Indes kann eine generelle Widerspruchsmöglichkeit nicht aus § 183 BGB abgeleitet werden.456 § 183  BGB bezieht 451  Siehe

dazu oben 3. Kapitel E. III. 1. § 115 HGB Rn. 17; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 39; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 129; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 5; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 2; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 21; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 115 HGB Rn. 7, 15; Heymann / Emmerich, § 115  HGB Rn. 10; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 17. 453  So bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm. 107, S. 135 („wichtiger Grund“); MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 22; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 48; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 115 HGB Rn. 7, 15; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 5, 12; vgl. M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 2; Schlegelberger / Mar­ tens, § 115 HGB Rn. 17. 454  Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 10; siehe auch Michalski, § 115 HGB Rn. 4. 455  Vgl. Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 43; zum Widerruf der erteilten Zustimmung bei Gesamtgeschäftsführung auch Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 2. 456  A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7 Fn. 26, S. 124; Michalski, § 115 HGB Rn. 4. 452  Staub / Schäfer,



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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sich lediglich auf von einer Zustimmung abhängige Rechtsgeschäfte i. S. v. § 182 BGB, wohingegen bei Geschäftsführungshandlungen das Fehlen eines Widerspruchs keine (negative) Voraussetzung für einen wirksamen Abschluss im Außenverhältnis ist.457 Der Widerspruch hat in der Regel keine Außenwirkung.458 Die erteilte Zustimmung ist eine rein interne Geschäftsführungsmaßnahme und keine rechtsgeschäftliche Zustimmung i. S. v. § 182 BGB459. Daher ist § 183 BGB nicht anwendbar.460 Hinsichtlich der Voraussetzungen eines Widerspruchs nach Zustimmung ist zu bedenken, dass sowohl der Widerspruch als auch die Zustimmung als Geschäftsführungsmaßnahmen im Gesellschaftsinteresse auszuüben sind461. Aus der Bindung an das Gesellschaftsinteresse entstehen Handlungs- und Unterlassungspflichten.462 Da das Gesellschaftsinteresse ex ante bestimmt werden muss, können nachträgliche Änderungen zu abweichenden Beurteilungen führen, wie zum Beispiel in dem Fall, dass ein Widerspruch zwar wirksam war, die pflichtwidrig vorgenommene Maßnahme allerdings aufrecht erhalten wird, da die befürchteten Risiken nicht eingetreten sind.463 Überprüft ein Gesellschafter seine Entscheidung und kommt es bei der erneuten Interessenbestimmung zu einer abweichenden Beurteilung des Interesses der Gesellschaft, hat er danach zu handeln.464 Es wäre zweckwidrig, wenn ein Fehlurteil entgegen dem Gesellschaftsinteresse aufrecht erhalten werden müsste. Die vorherige Zustimmung befreit nicht von der Bindung der Geschäftsführung an das Gesellschaftsinteresse. Der Grund für die abweichende Beurteilung, seien es veränderte Umstände, unzureichende Informationen oder eine von vornherein bewusst pflichtwidrige Zustimmung, spielt dabei keine Rolle.465 Sofern die ursprüngliche Zustimmung auf einer pflichtwidrigen – z. B. unsachgemäßen oder vorschnellen – Interessenbestimmung beruht, kann ein Schadensersatzanspruch gegen den Zustimmenden bestehen.466 Gerade deswegen ist dem Gesellschafter die Chance einzuräumen, durch einen Widerspruch den Schaden (und damit seine Ersatz457  A.

Hueck, OHG Recht, § 10 II 7 Fn. 26, S. 124; Michalski, § 115 HGB Rn. 4. oben 3. Kapitel E. III. 4. a). 459  Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 24. 460  A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7 Fn. 26, S. 124; Michalski, § 115 HGB Rn. 4. 461  Siehe oben 3. Kapitel C. I. 462  Siehe oben 3. Kapitel C. I. 463  Siehe dazu oben 3. Kapitel E. III. 4. a). 464  Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 17; Mayen, in: Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 27 (Widerrufspflicht, wenn dadurch Schaden von der Gesellschaft abgewendet werden kann). 465  Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 17, vgl. auch Mayen, in: Ebenroth /  Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 27. 466  Siehe oben 3. Kapitel C. IV. 458  Siehe

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

pflicht) abzuwenden oder zumindest zu verringern. Noch deutlicher wird das, wenn der Gesellschafter mit der Zustimmung vorsätzlich gegen das Gesellschaftsinteresse gehandelt hat (etwa aus Eigeninteresse). Es ist kein Grund dafür ersichtlich, die Zustimmung in diesem Fall aufrechtzuerhalten. Selbst wenn die ursprüngliche Zustimmung pflichtgemäß war, begründet die spätere Feststellung eines abweichenden Gesellschaftsinteresses nicht nur ein Widerspruchsrecht, sondern sogar eine Widerspruchspflicht, deren Nichtbeachtung ebenfalls zu einem Schadensersatzanspruch führen kann.467 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes und der Kontinuität der Geschäftsführung. Die Mitgeschäftsführer sind ebenso wie der nunmehr Widersprechende an das Gesellschaftsinteresse gebunden. Dadurch besteht ein Schutz vor Missbrauch. Diese Bindung prägt auch das Verhältnis der Geschäftsführer untereinander, weil sie mit den (abweichenden) Beurteilungen der anderen umgehen müssen. Grundsätzlich reicht wegen des Widerspruchsrechts die abweichende Meinung eines Mitgeschäftsführers. Das mag im Einzelfall eine geordnete und kontinuierliche Geschäftsführung erschweren, ist aber die Grundentscheidung des Gesetzgebers wegen des Risikos der persönlichen Haftung468. Den Gesellschaftern steht es frei, abweichende Vereinbarungen zu treffen und so eine für sie praktischere Ausgestaltung der Geschäftsführung vorzunehmen. Hinsichtlich des Vertrauensschutzes, der insbesondere gesellschaftsfremde Dritte (wie die Geschäftspartner) betrifft, ist anzumerken, dass natürlich die Folgen der Absage (trotz vorheriger Zusage) bei der Beurteilung des Gesellschaftsinteresses zu berücksichtigen sind. Sind etwa bereits erhebliche Kosten für Vorbereitungsmaßnahmen entstanden oder kann es zu einem zukünftige Geschäfte gefährdenden Vertrauensverlust bei Geschäftspartnern kommen, liegt ein Widerspruch möglicherweise nicht (mehr) im Interesse der Gesellschaft. Er hat dann zu unterbleiben, und der Gesellschafter hat sich, sofern er bei der ursprünglichen Entscheidung die Sorgfalt nach § 708 BGB beachtet hat, nicht schadensersatzpflichtig gemacht. Es gelten die Ausführungen zur Interessenabwägung bei einem verspäteten Widerspruch entsprechend.469 Außerdem kann – vorbehaltlich einer abweichenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung – auf das Widerspruchsrecht nicht verzichtet werden, 467  Das Ergebnis ist dasselbe, wenn man veränderte Umstände für die Zulässigkeit eines Widerspruchs trotz vorheriger Zustimmung fordert, aber den Begriff der „Umstände“ weit auslegt. Das Vorliegen veränderter Umstände könnte man dann auch annehmen, wenn der Gesellschafter bei der erneuten Interessenbestimmung zu einem anderen Ergebnis kommt, obwohl die zugrundeliegenden Tatsachen unverändert sind (Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 17). 468  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 1. und 4. 469  Siehe 3. Kapitel E. III. 2. d) cc).



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht

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da es als Geschäftsführungsmaßnahme ein Pflichtrecht ist.470 Anders ausgedrückt: Der Gesellschafter kann sich insoweit nicht selbst „entmündigen“. Zur Geschäftsführungspflicht gehört nicht nur der Akt des Einlegens, sondern auch die Entscheidung über die Gebotenheit des Widerspruchs im Gesellschaftsinteresse.471 In der vorherigen Zustimmung zu einer Maßnahme ist daher kein Verzicht auf das Widerspruchsrecht als solches zu sehen.472 Ob nach der Bestimmung des Gesellschaftsinteresses eine Pflicht zum Widerspruch besteht oder nicht, hängt nur von dem festgestellten Gesellschaftsinteresse ab. Ein Widerspruch ist somit trotz vorheriger Zustimmung zu der betreffenden Maßnahme möglich, falls er im Interesse der Gesellschaft geboten ist. Eine Bindungswirkung der Zustimmung ist aber regelmäßig in den Fällen anzunehmen, in denen kein Schaden durch die Maßnahme droht. Sind andere Maßnahmen nur zweckmäßiger, überwiegt das Bedürfnis der anderen Gesellschafter und der Geschäftspartner, sich auf die vorher erteilte Zustimmung verlassen zu können. Dem steht das Gesellschaftsinteresse nicht entgegen, denn hinsichtlich der Art der Durchführung einzelner Maßnahmen ist ein gewisser Spielraum anzunehmen und ein Disput mit den Geschäftspartnern liegt ohnehin nicht im Interesse der Gesellschaft. Die vorherige Zustimmung bringt also gewisse Einschränkungen bei der Ermessensentscheidung über den Widerspruch mit sich. An andere Voraussetzungen als das Gesellschaftsinteresse ist der Widerspruch aber grundsätzlich nicht gebunden. 7. Informationspflicht Damit ein Gesellschafter sein Widerspruchsrecht effektiv ausüben kann, muss er die Geschäftsführungsmaßnahmen der Mitgesellschafter kennen. Aus diesem Grund wird überwiegend eine Pflicht zur gegenseitigen Information angenommen.473 Nur vereinzelt wird eine Informationspflicht abge470  Siehe

oben 3. Kapitel E. III. 1. 3. Kapitel E. III. 1. 472  So aber Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 43. 473  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; OLG Hamm Urt. v. 24.6.1992 – 8  U 82 / 92, BB 1993, 165, 165; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 3; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 47; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 20; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 10; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 10; Heymann / Emme­ rich, § 114 HGB Rn. 11, § 115 HGB Rn. 8; Staudinger / Habermeier, § 711  BGB Rn. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 1 a, S. 1390; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 5; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713  BGB Rn. 30; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 3; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 3; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  3 a bb, S. 337; Michalski, § 115 HGB Rn. 6; Weger, Haftungsgrundlagen, 471  Siehe

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

lehnt und eine vertragliche Vereinbarung für erforderlich gehalten.474 Das Gesetz erwähnt die Informationspflicht zwar nicht ausdrücklich. Müssten die Mitgesellschafter nicht informiert werden, wäre das Widerspruchsrecht aber ein „stumpfes Schwert“ und drohte, leer zu laufen.475 Durch ein verdecktes und schnelles Vorgehen könnten andernfalls umstrittene Maßnahmen gegen den Willen der Mitgesellschafter umgesetzt werden, da der Widerspruch vor Durchführung der Maßnahme zu erheben ist476. Die Informationspflicht begründet sich daher aus Sinn und Zweck477 des Widerspruchsrechts und aus der gesellschafterlichen Pflicht zum Zusammenwirken sowie der Treuepflicht.478 Die Informationspflicht besteht, wenn von einem Interesse der Mitgesellschafter an der Unterrichtung auszugehen ist.479 Der handelnde Gesellschafter hat sich quasi die Frage zu stellen, ob er über die geplante Maßnahme unterrichtet werden wollte. Sind die Mitgesellschafter nicht rechtzeitig zu erreichen, kann bei einer Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip in Eilfällen nach § 115 Abs. 2 a. E. HGB ohne sie gehandelt werden. Wenn in dieser Konstellation auf die Mitwirkung verzichtet werden kann, muss erst recht eine vorherige Information der nicht erreichbaren Geschäftsführer bei vereinbarter Einzelgeschäftsführungsbefugnis entbehrlich sein.480 S. 103; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711  BGB Rn. 5; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 256. 474  Ohne nähere Begründung: Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 115 HGB Anm. 4; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 16 f., 45; Anschütz / von Völderndorff Art.  102 ADHGB V. 1). 475  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 15; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 47. 476  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 2. a). 477  Siehe zum Sinn und Zweck des Widerspruchsrechts 3. Kapitel E. III. 1. 478  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 10; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 47; im Ergebnis auch: Weidenbaum, ZHR  99  (1934), 35, 35 ff., der aber nicht auf die gesellschafterliche Treuepflicht, sondern den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben zurückgreift. 479  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; OLG Hamm Urt. v. 24.6.1992 – 8 U 82 / 92, BB 1993, 165, 165; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 47; H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 256; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 5; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 30; Michalski, § 115 HGB Rn. 6; Schlegelberger / Martens, § 115  HGB Rn. 10; U. Hu­ ber, ZGR 1982, 539, 545; ähnlich: M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 1 („jedenfalls bei bedeutenderen Maßnahmen“); MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 20; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 5; MünchKomm-BGB / Schä­ fer, § 711 Rn. 3; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 3. 480  Im Ergebnis auch Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 15; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 4; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 10; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 10.



E. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht161

Die Unterrichtung muss in der Regel zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die widerspruchsberechtigten Geschäftsführer noch in der Lage sind, sich mit der Maßnahme gebührend zu beschäftigen bzw. sie zu überdenken.481 Erfolgt die Information nicht rechtzeitig, steht den Mitgeschäftsführern ein nachträgliches Widerspruchsrecht zu.482 Ein solches hat der Bundesgerichtshof etwa in dem Fall angenommen, dass ohne vorherige Information dem Sohn eines Mitgesellschafters gekündigt wurde.483 Außerdem kann die Verletzung der Informationspflicht einen Schadensersatzanspruch begründen und – im Sinne einer Naturalrestitution – die Rückgängigmachung der betroffenen Maßnahme verlangt oder die entsprechende Gegenmaßnahme getroffen werden.484 In Bezug darauf ist ein Widerspruch des Gesellschafters, der verfrüht die ursprüngliche Maßnahme veranlasst hat, unzulässig.485 Die Gegenmaßnahme kann nicht aus rein prinzipiellen Erwägungen – zum Beispiel um den voreilig handelnden Gesellschafter „in seine Schranken zu weisen“ – ergriffen werden, sondern es ist wegen der Bindung an das Gesellschaftsinteresse486 zu prüfen, ob eine Rücknahme im Zeitpunkt ihres Vollzuges noch in diesem Interesse liegt.487 Sollten sich die aus exante-Sicht bestehenden Risiken ex post nicht verwirklichen, kann das zwar einen Erfolg der „Überrumpelungstaktik“ bedeuten. Der Versuch der „Überrumpelung“ der Mitgesellschafter kann aber (bei bestehender Wiederholungsgefahr) ein wichtiger Grund zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 117 HGB sein.488

481  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 3; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 5; Erman / H. P. Westermann, § 711 BGB Rn. 5; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 5; Staudinger / Habermeier, § 711  BGB Rn. 3. 482  von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 47; AK-BGB / Hei­ del / Pade, § 711 Rn. 6; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 115 HGB Rn. 3; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 5. 483  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819 ff. 484  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; MünchKommBGB / Schäfer, § 711 Rn. 3; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 47; Michalski, § 115 HGB Rn. 6; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 6; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 12; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 1; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 8; Erman / H. P. Westermann, § 711 BGB Rn. 5; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 5. 485  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 3; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 41, § 53 Rn. 47; Gummert / Gummert / Karrer, § 7 Rn. 115. 486  Zur Bindung der Geschäftsführung an das Gesellschaftsinteresse 3. Kapitel C. I. 487  BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 7; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 8; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 129 Fn. 40. 488  Ebenso H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 256.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

IV. Kollision von widersprechenden Geschäftsführungshandlungen Bei der Einzelgeschäftsführung durch alle Gesellschafter kann grundsätzlich jeder Geschäftsführer alleine gewöhnliche Maßnahmen vornehmen. Diese können sich im Einzelfall widersprechen. Kennt ein Gesellschafter die kontradiktorische Maßnahme seines Mitgesellschafters, muss er darin einen konkludenten Widerspruch gegen die geplante eigene Maßnahme erblicken, so dass diese zu unterbleiben hat.489 Ist die andere Maßnahme jedoch unbekannt, besteht das Risiko der Vornahme im Widerspruch zueinander stehender Maßnahmen. Um dieses zu vermeiden, können die Gesellschafter eine andere Form der Geschäftsführung im Gesellschaftsvertrag vereinbaren (vgl. § 109 HGB). Es bietet sich vor allem ein Ressortprinzip an, nach dem die geschäftsführenden Gesellschafter nur in ihrem Teilgebiet Einzelgeschäftsführungsbefugnis haben.490 Damit besteht die Schnelligkeit und Effektivität der Einzelgeschäftsführung, ohne die Gefahr sich widersprechender Geschäftsführungsmaßnahmen. Eine Ressortaufteilung ermöglicht außerdem, auf die unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Gesellschafter einzugehen. Sie setzt aber das Vertrauen der Mitgesellschafter in die Kompetenz des „Ressortgeschäftsführers“ in seinem Bereich voraus.

F. Abweichende Vereinbarungen zur Geschäftsführung I. Vorbemerkung Im Rahmen der für das Innenverhältnis bestehenden Vertragsfreiheit nach § 109 HGB können die Gesellschafter die Geschäftsführung nach ihren Bedürfnissen gestalten. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig, aber stets an das Prinzip der Selbstorganschaft gebunden491.

489  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 19; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 46; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 8; AK-BGB / Hei­ del / Pade, § 711 Rn. 4; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 6. 490  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 7; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 61; Gummert / Gummert / Karrer, § 7 Rn. 63. 491  Zur Selbstorganschaft 2. Kapitel C.



F. Abweichende Vereinbarungen zur Geschäftsführung163

II. Gesamtgeschäftsführung durch alle Gesellschafter Wenn die gegenseitige Kontrolle der Gesellschafter untereinander im Vordergrund stehen soll, liegt die Vereinbarung der Gesamtgeschäftsführung durch alle Gesellschafter nahe.492 Nach § 115 Abs. 2 HGB gilt dann im Zweifel das Einstimmigkeitsprinzip, so dass für jedes Geschäft die Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter erforderlich ist. Dies entspricht dem Grundfall der Geschäftsführung bei der GbR nach § 709 Abs. 1 BGB. Im Rahmen der Vertragsfreiheit können aber auch andere Vereinbarungen, wie die Geltung des Mehrheitsprinzips oder die gemeinsame Geschäftsführung durch einen Teil der Gesellschafter, getroffen werden.493 Ein Unterschied zwischen der Gesamtgeschäftsführung bei der OHG und bei der GbR – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag – ergibt sich aus § 115 Abs. 2 a. E. HGB, nach dem das Einstimmigkeitsprinzip für der OHG bei „Gefahr im Verzug“ nicht gelten soll.494 Ein Verzicht auf die Zustimmung der anderen Gesellschafter kommt aber nur in Betracht, falls diese nicht rechtzeitig informiert werden können.495 Sind sie erreichbar oder wird die Zustimmung durch einen geschäftsführenden Gesellschafter verweigert, hat die Maßnahme zu unterbleiben.496 Soweit ersichtlich ist es unbestritten, dass bei außergewöhnlichen Geschäften i. S. v. § 116 Abs. 2 HGB trotz „Gefahr im Verzug“ die Zustimmung aller Ge­ sellschafter erforderlich ist.497 Nach der hier vertretenen Ansicht müssen in 492  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 16; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 56; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 277a; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 9. 493  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 30; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 21; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 277b f.; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 56; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 7; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 9. 494  Zur begrifflichen Bestimmung von „Gefahr im Verzug“ siehe 3. Kapitel D. IV. 1. 495  So bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 2; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 37; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 57; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 28; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 125; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 16; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 32; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 20. 496  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 37; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 28; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 125; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 13; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 57; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 32; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 20. 497  So bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Nr. 2; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 29; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 46; Wertenbruch, in: Westermann /  Wertenbruch, Rn. I 278a; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

diesem Fall sogar bei Einzelgeschäftsführung alle Gesellschafter zustimmen.498 Dies muss erst recht bei vereinbarter Gesamtgeschäftsführung und damit Hervorhebung der gegenseitigen Kontrolle499 der Gesellschafter gelten. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 a. E. HGB besitzt der handelnde Gesellschafter Geschäftsführungsbefugnis. Nach dem Wortlaut und der Stellung im Gesetz ist die Regelung nur auf das Innenverhältnis bezogen.500 Sollten für eine wirksame Vertretung der Gesellschaft weitere Gesellschafter nötig sein, handelt der nach außen allein tätig werdende Gesellschafter als Vertreter ohne Vertretungsmacht i. S. v. § 177 Abs. 1 BGB.501 Die Vornahme der Maßnahme liegt jedoch in den Fällen des § 115 Abs. 2 a. E. HGB im Interesse der Gesellschaft. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Maßnahme ihre Wirkung verfehlt hat, war das Verhalten des Gesellschafters im Zeitpunkt der Vornahme dennoch pflichtgemäß; vorausgesetzt er hat bei der Entscheidung die nötige Sorgfalt beachtet.502 Im Zeitpunkt der möglichen Genehmigung durch die anderen Gesellschafter läge die Maßnahme indes nicht mehr im Interesse der Gesellschaft. Der ursprünglich handelnde Mitgesellschafter hatte jedoch – aus ex-ante-Sicht – im Gesellschaftsinteresse gehandelt und muss vor einer Inanspruchnahme aus § 179 Abs. 1 BGB geschützt werden503. Die gesellschafterliche Treuepflicht verpflichtet daher die anderen Gesellschafter zur Genehmigung und damit Herstellung der Wirksamkeit im Außenverhältnis oder zumindest zu einer Freistellung des handelnden Geschäftsführers von den Folgen des § 179 Abs. 1 BGB.504

Rn. 33; Schlegelberger / Martens, § 115 Rn. 28; Michalski, § 115 HGB Rn. 15; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 20; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 59; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 21; Oetker / Weitemeyer, § 115  HGB Rn. 24. 498  Siehe dazu oben 3. Kapitel D. II. 499  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 16; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 56; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 277a; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 9. 500  BGH Urt. v. 4.5.1955 – IV ZR 185 / 54, NJW 1955, 1027, 1029; Urt. v. 25.5.1964 – II ZR 42 / 62, NJW 1964, 1624, 1624; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 39; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 59; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 28; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 18 Fn. 15. 501  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 39; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 59. 502  Siehe dazu oben 3. Kapitel C. IV. 503  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 39; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 59. 504  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 59; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 39.



G. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB

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III. Geschäftsführung durch einen Teil der Gesellschafter Wird die Geschäftsführungsbefugnis auf einen Teil der Gesellschafter „übertragen“, sind nach § 114 Abs. 2 HGB die übrigen Gesellschafter von ihr ausgeschlossen. Die Formulierung „übertragen“ ist insofern missverständlich, als grundsätzlich alle persönlich haftenden Gesellschafter kraft ihrer Gesellschaftsstellung zur Geschäftsführung legitimiert sind505. De facto handelt es sich um einen Verzicht der anderen Gesellschafter auf ihr Mitwirkungsrecht.506 Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zur Geschäftsführung berechtigten Gesellschafter einzeln oder gemeinschaftlich geschäftsführungsbefugt sind. Ausschlaggebend ist, dass die Befugnis – entgegen dem gesetzlich vorgesehenen Regelfall – nur einem Teil der Gesellschafter zusteht.507 Die Vermutung des Einstimmigkeitserfordernisses nach § 115 Abs. 2 HGB gilt für alle Fälle der Übertragung der Geschäftsführung auf mehrere Gesellschafter, also nicht nur für den Fall der Gesamtgeschäftsführung durch sämtliche Gesellschafter.508 Dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Teil steht auch kein Widerspruchsrecht zu509, gleichwohl sind alle Gesellschafter gemeinsam immer geschäftsführungsberechtigt510.

G. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB I. Grundlagen der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis Obwohl die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis kraft Mitgliedschaft besteht511, kann sie nach § 117 HGB entzogen werden. Die Möglichkeit soll dazu beitragen, eine sachgerechte Geschäftsführung sicherzustellen.512 Für den betroffenen Gesellschafter hat die Entziehung, vor allem bei erwerbswirtschaftlich tätigen Gesellschaften, eine erhebliche Bedeutung; nicht zuletzt wegen des Verlustes der beruflichen Stellung bei fortbestehen505  Hierzu

2. Kapitel C. bereits von Hahn, ADHGB, Art. 99 bis 104 § 5; vgl. auch von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 45. 507  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 15. 508  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 27; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 45. 509  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 1. 510  Siehe oben 2. Kapitel C. I. 2. 511  Siehe oben 2. Kapitel C. 512  Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117  HGB Rn. 1; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 1, S. 145; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 117 HGB Rn. 1. 506  So

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

der persönlicher Haftung.513 Zum Schutze des betroffenen Gesellschafters und damit Klarheit über die organschaftliche Unternehmensführung besteht, sieht § 117  HGB eine Entziehung durch gerichtliches Gestaltungsurteil vor.514 Änderungen der Geschäftsführungsregelungen können die Gerichte jedoch nur in den Grenzen vornehmen, in denen ihnen der Entziehungsantrag wirksam Gestaltungsmacht einräumt.515 § 117 HGB regelt lediglich die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis, so dass von einem Recht zur „negativen Gestaltung“ gesprochen wird.516 Wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes umfasst dieses Recht über den Wortlaut hinaus sowohl eine vollständige als auch eine teilweise Entziehung.517 Zu einer darüber hinausgehenden (positiven) Gestaltung kann das Gericht nicht ermächtigt werden, weil – vor allem wegen der persönlichen Haftung – die Vertragsgestaltung grundsätzlich in den Händen der Gesellschafter liegen muss.518 Einigkeit herrscht darüber, dass § 117 HGB keine Anwendung auf Publikumsgesellschaften findet, da es praktisch unmöglich ist, die zahlreichen Gesellschafter zu einem gemeinsamen Klageantrag zu bringen und ein Verfahren mit möglicherweise hunderten von Gesellschaftern impraktikabel wäre.519 Vereinzelt wird am Klageerfordernis festgehalten, jedoch die Klage durch die Mehrheit der Gesellschafter für ausreichend erachtet.520 Weit 513  BGH Urt. v. 19.12.1951 – II  ZR  42 / 51, JZ 1952, 276, 276; A. Hueck, OHG Recht, § 10  VII  1, S. 146; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 13 III 4 b, S. 321; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 7; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 117 HGB Rn. 2. 514  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 1; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 13 IV 4 b bb, S. 330; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 62; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 1; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 2; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 1, S. 146; Wackerbarth, NZG 2008, 281, 282. 515  Im Detail dazu 3. Kapitel G. II. 2. 516  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 20, Fn. 48; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 16; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 42, 47; R. Fischer, NJW  1959, 1057, 1057. 517  BGH Urt. v. 10.12.2001 – II ZR 139 / 00, NJW-RR 2002, 540, 540 f.; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 19; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 15; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 9; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 32. Davon zu unterscheiden ist der Streit, ob die vollständige und teilweise Entziehung verschiedene Streitgegenstände sind, vgl. dazu 3. Kapitel G. II. 2. 518  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 2, 20; R. Fischer, NJW  1959, 1057, 1061; im Ergebnis auch: A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 9, S. 153; Wackerbarth, NZG 2008, 281, 282. 519  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 5; Reichert / Winter, BB 1988, 981, 981, 984; Stimpel, FS  R. Fischer, 771, 780 f. 520  So Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 1 ohne Begründung; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 1a (zu Publikumsgesellschaften); Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 3.



G. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB167

überwiegend wird ein Gesellschafterbeschluss – entsprechend § 712 Abs. 1 BGB – für ausreichend erachtet, wobei die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genüge.521 Darüber hinaus muss bei Publikumsgesellschaften der Anlegerschutz im Vordergrund stehen, wohingegen das klassische Leitbild der Personengesellschaften, auf dem die gesetzlichen Regelungen beruhen,522 nicht zutrifft.523 Deshalb ist das Festhalten am Klageerfordernis nicht überzeugend. § 117 HGB setzt einen Antrag aller übrigen Gesellschafter524 voraus und zum Schutz des Geschäftsführers ist ein wichtiger Grund erforderlich525. Von den Voraussetzungen des § 117 HGB kann einzelvertraglich abgewichen werden, allerdings steht die Möglichkeit der Entziehung aus wichtigem Grund nicht zur Disposition.526 521  BGH Urt. v. 22.3.1982 – II ZR 74 / 81, NJW 1982, 2495, 2496 (zur GbR); MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 5 („In Fortführung der Rechtsprechung zur Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts […]“); Stimpel, FS R. Fischer, 771, 780 f.; Hüffer, ZGR  1980, 320, 348; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 1a; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 40, 81; Hopt, ZGR 1979, 1, 27 f.; Reichert / Winter, BB 1988, 981, 984. 522  Siehe zu diesem Leitbild 1. Kapitel A. II. 523  BGH Urt. v. 9.11.1987 – II ZR 100 / 87, NJW 1988, 969, 971 (für eine Publikums-GbR); MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 5; Reichert / Winter, BB 1988, 981, 984. 524  Umstritten ist, ob eine Mitwirkungspflicht der übrigen Gesellschafter bei der Klage besteht. Früher wurde dies abgelehnt und die Entscheidung darüber in das freie Ermessen der Gesellschafter gelegt (Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 68; Kollhosser, FS Harry Westermann, 275, 285; A. Hueck, FS Hübner, 72, 88; Kollhosser, FS  Bärmann, 532, 534; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 4, S. 148; Kollhosser, NJW 1976, 144, 144 f.; A. Hueck, ZGR 1972, 237, 246 f.). Wegen der gesellschafterlichen Treuepflicht wird heute überwiegend eine Mitwirkungspflicht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes angenommen (BGH Urt. v. 28.4.1975 – II  ZR  16 / 73, BGHZ 64, 253, 257 ff.; Flume, Personengesellschaft, S. 274; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 6; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 12; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 62; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 16; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 1 b, S. 1391; R. Fischer, NJW 1959, 1057, 1060; Kohler, NJW  1951, 5, 6; R. Fischer, NJW 1954, 777, 780; Lindacher, FS Paulick, 73, 77; Merle, ZGR 1979, 67, 68; Pabst, BB  1977, 1524, 1526 ff.; Nickel, JuS 1977, 14, 17; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 40; zurückhaltender, aber im Ergebnis zustimmend Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 26). 525  Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 2; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 1. 526  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 12, 79; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 13 IV 4 b bb, S. 330; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 66; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47  V  1  b, S. 1391; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 12; Heymann / Emmerich, § 117  HGB Rn. 1a; Mayen, in: Ebenroth / Bou-

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

II. Voraussetzungen für die Entziehung nach § 117 HGB 1. Wichtiger Grund Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn den übrigen Gesellschaftern unter Abwägung der widerstreitenden Interessen die weitere Geschäftsführung des Gesellschafters nicht zugemutet werden kann, weil wichtige Belange der Gesellschaft gefährdet werden.527 Wegen der erheblichen Bedeutung der Entziehung ist hinsichtlich der Feststellung eines wichtigen Grundes Zurückhaltung geboten.528 Allerdings kann der bloße Verdacht einer Pflichtverletzung zu einer ausreichenden Zerstörung des Vertrauensverhältnisses führen.529 Die übrigen Gesellschafter haben die zur Entziehung erforderlichen Umstände nach allgemeinen Beweislastregeln zu beweisen.530 Für die Feststellung der Voraussetzungen kommt es auf eine Gesamtabwägung der Interessen der Gesellschafter gegen die der Gesellschaft an.531 Dabei sind u. a. das Verhalten der anderen Gesellschafter, die persönlichen Beziehungen untereinander, die vorherige Tätigkeit des betroffenen Geschäftsführers und die Folgen für ihn zu beachten.532 Es ist stets eine Einzelfallbetrachtung jong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 35; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 50; GK-HGB / Ensthaler, § 117 Rn. 12; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 42. 527  BGH Urt. v. 25.4.1983 – II ZR 170 / 82, NJW 1984, 173, 174; Urt. v. 11.2.2008 – II ZR 67 / 06, ZIP 2008, 597, 598; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 28; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 64; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 15; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 291; Michalski, § 117 HGB Rn. 4; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 7; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 5; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 4; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 39; Weimar, JZ  1977, 234, 235. 528  Dementsprechend BGH Urt. v. 19.12.1951 – II ZR 42 / 51, JZ 1952, 276, 276; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 7; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 117 HGB Rn. 2. 529  BGH Urt. v. 11.2.2008 – II ZR 67 / 06, NJW-RR 2008, 704, 705. 530  Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 9. 531  BGH Urt. v. 25.4.1983 – II ZR 170 / 82, NJW 1984, 173, 174; Urt. v. 13.2.1995 – II ZR 225 / 93, NJW 1995, 1358, 1359 (zu § 34 GmbHG); Urt. v. 10.12.2001 – II ZR 139 / 00, ZIP  2002, 396, 398; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 29; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 28 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 5 a aa, S. 350; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 13; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 20; GK-HGB / Ensthaler, § 117 Rn. 11; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 64; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 39. 532  BGH Urt. v. 19.12.1951 – II ZR 42 / 51, JZ 1952, 276, 277; Urt. v. 18.10.1976 – II ZR 98 / 75, WM 1977, 500, 502 (zu § 140 HGB); MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 30 ff.; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 13 III 4 b, S. 321; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 64 f.; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 17; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 117  HGB Rn. 6; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 13; Grunewald, JZ 2004, 439, 441.



G. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB169

vorzunehmen.533 Ein Verschulden des betroffenen Gesellschafters kann berücksichtigt werden, ist jedoch keine Prämisse.534 Besteht keine Wiederholungsgefahr – insbesondere bei einer Pflichtverletzung – und handelt es sich um eine einmalige Verfehlung, spricht dies gegen das Vorliegen eines wichtigen Grundes.535 Gleichwohl kann bereits ein einmaliges Fehlverhalten einen wichtigen Grund darstellen. Im Fall RG Urt. v. 17.1.1940 – II 126 / 39, RGZ 63, 388 ff. stach ein Geschäftsführer dem anderen ein Messer in den Unterleib und wurde deswegen strafrechtlich verurteilt. Die Mitgesellschafter lehnten jedoch einen Antrag des Verletzten auf Ausschluss des zustechenden Geschäftsführers ab. Das Reichsgericht sah sowohl in dem Totschlagversuch als auch in der Ablehnung des Ausschlusses ein Zerwürfnis, das ein „gedeihliches Zusammenwirken“ ausschließe, und nahm – zu Recht – einen wichtigen Grund (in casu zur Kündigung der Gesellschaft) an. Im Fall BGH Urt. v. 11.2.2008 – II ZR 67 / 06, NJW-RR 2008, 704 ff. hatte der geschäftsführende Gesellschafter in seiner Funktion als Geschäftsführer von anderen Gesellschaften Mittel dieser Gesellschaften nicht wie vorgesehen für Bauvorhaben, sondern für eigene Zwecke verwendet. Bei der, in keinem Zusammenhang mit den anderen Gesellschaften stehenden, Gesellschaft wurde ihm, als dies bekannt wurde, die Geschäftsführung entzogen. Nach überzeugender Ansicht des Bundesgerichtshofes war die Entziehung gerechtfertigt, da es nicht darauf ankomme, ob ein – jedenfalls gegenüber Dritten – pflichtwidriges Verhalten bereits zu einem Schaden für die nunmehr handelnden Gesellschafter bzw. ihre Gesellschaft geführt hat. Es reiche, dass sich die Unzuverlässigkeit im Umgang mit dem Vermögen Dritter gezeigt habe. Es sei den Mitgesellschaftern nicht zumutbar abzuwarten, bis auch bei ihrer Gesellschaft ein Schaden eintritt.

§ 117 HGB nennt als wichtige Gründe die grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Dabei handelt es sich um Regelbeispiele und nicht um eine abschließende Aufzählung.536 533  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 64; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 13; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 4; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 9. 534  Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 16; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 64; A. Hueck, OHG Recht, § 10  VII 3, S. 147; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117  HGB Rn. 7; Weimar, JZ  1977, 234, 235. 535  BGH Urt. v. 31.3.2003 – II ZR 8 / 01, WM 2003, 1084, 1086 (zu § 737 BGB); MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 33; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 10. 536  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 26; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 64; A. Hueck, OHG Recht, § 10  VII  3, S. 147; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 13; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  291; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 117 HGB Rn. 3, 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  5 a aa, S. 350.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

a) Grobe Pflichtverletzung als wichtiger Grund Die Pflichten der Geschäftsführer ergeben sich primär aus dem Gesellschaftsvertrag und den allgemeinen Anforderungen der konkreten Gesellschaft.537 Außerhalb der gesellschafterlichen Pflichten liegendes Verhalten in anderen Lebenskreisen ist für eine grobe Pflichtverletzung zwar grundsätzlich unbeachtlich, kann aber einen sonstigen wichtigen Grund darstellen.538 Der Verstoß ist „grob“, wenn das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört ist und den anderen Gesellschaftern in Zukunft eine weitere Geschäftsführungstätigkeit des betroffenen Geschäftsführers nicht zugemutet werden kann.539 Für die Annahme einer groben Pflichtverletzung als wichtiger Grund zur Entziehung ist das Verschulden des Geschäftsführers eine Voraussetzung.540 Je erheblicher es ist, umso eher kann die grobe Pflichtverletzung angenommen werden.541 Ein Schaden muss allerdings nicht entstanden sein, da die Haftung für Schadensersatz neben der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis steht.542 Im Fall BGH Urt. v. 25.4.1983 – II ZR 170 / 82, NJW 1984, 173 f. tätigte ein Geschäftsführer über einen Zeitraum von drei Jahren Investitionen über DM 2,1 Millionen und nahm einen langjährigen dinglich gesicherten Kredit über DM 650.000 auf. Zudem schloss er einen Dienstvertrag ab, obwohl sich die Gesellschafterversammlung den Abschluss dieses Vertrages ausdrücklich vorbehalten hatte. Des Weiteren veräußerte er über einen Zeitraum von zwei Jahren diverse Eigentumswohnungen der Gesellschaft. Eine Rücksprache erfolgte in keinem der Fälle. Die Investitionen und den Kreditvertrag stufte der Bundesgerichtshof als außergewöhnliche Geschäfte im Hinblick auf die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft 537  Staub / Schäfer,

§ 114 HGB Rn. 37; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 48. Urt. v. 11.2.2008 – II ZR 67 / 06, NJW-RR 2008, 704, 705 f.; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 48; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 34. 539  BGH Urt. v. 25.4.1983 – II ZR 170 / 82, NJW 1984, 173, 174; Urt. v. 11.2.2008 – II ZR 67 / 06, NJW-RR 2008, 704, 705 (zu § 712 BGB); MünchKomm-HGB /  Jickeli, § 117 Rn. 49; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 4. 540  BGH Urt. v. 25.4.1983 – II ZR 170 / 82, NJW 1984, 173, 173; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 35; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 153; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 292; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 117 HGB Rn. 3; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 17; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 7; GK-HGB / Ensthaler, § 117 Rn. 9. 541  BGH Urt. v. 18.10.1976 – II ZR 98 / 75, WM 1977, 500, 502; MünchKommHGB / Jickeli, § 117 Rn. 47; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 15; Heymann / Emmerich, § 117  HGB Rn. 7; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 17. 542  BGH Urt. v. 11.2.2008 – II ZR 67 / 06, NJW-RR 2008, 704, 706; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 50; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 117 HGB Rn. 4; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 20. 538  BGH



G. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB171 ein. Für den Abschluss des Anstellungsvertrages und die Wohnungsveräußerung ließ er die Einordnung offen, stellt aber klar, dass sie im Rahmen der Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden könnten. Das Verhalten sei hartnäckig und selbstherrlich und stelle eine besonders schwere Pflichtverletzung dar. Im Fall BGH Urt. v. 10.12.2001 – II ZR 139 / 00, NJW-RR 2002, 540 ff. ging es um eine Gesellschaft, deren Zweck der Betrieb einer Tennisanlage war. Der beklagte Geschäftsführer kündigte einer Mitarbeiterin gegen den ausdrücklichen Widerspruch des Mitgesellschafters. Darin sah der Bundesgerichtshof zwar einen Pflichtverstoß wegen Missachtung des Widerspruchs, allerdings verneinte er die besondere Schwere, da ein Kündigungsgrund vorlag.

b) Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung als wichtiger Grund Der wichtige Grund der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung erfasst Fälle, in denen der Geschäftsführer seiner Tätigkeit nicht mehr nachkommen kann.543 Entscheidend ist dabei eine objektive Betrachtung,544 ohne dass es auf ein Verschulden ankommt.545 Für die Annahme des wichtigen Grundes sind bedeutende, auf eine Untauglichkeit zur Geschäftsführung hindeutende Indizien erforderlich.546 In Anbetracht der erheblichen Folgen547 und das fehlende Verschuldenserfordernis hat, insbesondere bei einem bloßen Verdacht, eine besonders sorgfältige Abwägung der verschiedenen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sowie eine genaue Überprüfung der Indizien zu erfolgen.548 543  BGH Urt. v. 19.12.1951 – II ZR 42 / 51, JZ 1952, 276, 276 (ohne eine genauere Einordnung vorzunehmen); Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 12; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 117 HGB Rn. 5; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 16. 544  Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 38; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 12; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 19; siehe dazu auch BGH Urt. v. 19.12.1951 – II  ZR  42 / 51, JZ 1952, 276, 276. 545  BGH Urt. v. 19.12.1951 – II ZR 42 / 51, JZ 1952, 276, 276; MünchKommHGB / Jickeli, § 117 Rn. 56; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 38; GK-HGB / Ensthaler, § 117 Rn. 10; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 19; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 296; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 6; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 4. 546  Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 38; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 56; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  296. 547  Dazu sogleich 3. Kapitel G. III. 548  BGH Urt. v. 19.12.1951 – II ZR 42 / 51, JZ 1952, 276, 276; MünchKommHGB / Jickeli, § 117 Rn. 56.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

Im Fall BGH Urt. v. 19.12.1951 – II ZR 42 / 51, JZ 1952, 276 f. ging es um ein Familienunternehmen, welches zwei Brüder von ihrem Vater übernommen hatten und seit fast 50 Jahren gemeinsam leiteten. Beide Brüder waren über 75 Jahre alt, als es zu einem Zerwürfnis kam. Der Kläger beantragte, seinem Bruder die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen, u. a. weil dieser seit Jahren nicht mehr tätig war und mittlerweile außerstande sei, sich mit den neuen Verhältnissen im Tabakhandel zurechtzufinden. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass die Entziehung eine Maßnahme sei, die neben den wirtschaftlichen Auswirkungen den Betroffenen auch in persönlicher Hinsicht treffe. Trotz eines sachlich an sich ausreichenden Grundes könnten unter Berücksichtigung der persönlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern sowie den Umstand der fast 50-jährigen gemeinsamen Arbeit insbesondere Krankheits- und Altersfolgen nicht ohne Weiteres als wichtiger Grund angesehen werden. Eine Entziehung würde als Verunglimpfung empfunden und sei nicht mit der gesellschafterlichen Treuepflicht vereinbar.

2. Kein milderes Mittel Wegen der (fortdauernden) persönlichen Haftung ist sicherzustellen, dass die Geschäftsführungsbefugnis und damit die direkte Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft den Gesellschaftern nicht leichtfertig genommen wird. Die Entziehung ist ultima ratio.549 Mildere, den anderen Gesellschaftern zumutbare Mittel sind vorzuziehen.550 Denkbar ist jedes einen weniger starken Eingriff für den betroffenen Gesellschafter darstellende Mittel, etwa die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis.551 Eine Änderung der Geschäftsführungsregelungen können die Gerichte allerdings nur im Rahmen der durch den Klageantrag eingeräumten Gestaltungsmacht vornehmen.552 549  So ausdrücklich MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 2, 26; Schlegelberger / Martens, § 117  HGB Rn. 9; Michalski, § 117 HGB Rn. 9; P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 27 (zur GmbH). 550  BGH Urt. v. 25.4.1983 – II ZR 170 / 82, NJW 1984, 173, 174; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 42; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 14; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 8; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 18; GK-HGB / Ensthaler, § 117 Rn. 7; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 5; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 66; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 5 a aa, S. 350; Hopt, ZGR 1979, 1, 10 f. 551  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 19; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 42; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 14; GK-HGB / Enstha­ ler, § 117 Rn. 7; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 68; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 5; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 39; Lukes, JR 1960, 41, 47. 552  Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 16 f.; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 20; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 19; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 47; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 14; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 302c; Lukes, JR 1960, 41, 46.



G. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB173

Fraglich ist, ob der Antrag auf vollständige Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis eine Teilentziehung als milderes Mittel umfasst. Teilweise wurde dies bejaht, da die Teilentziehung ein „Minus“ sei.553 Mittlerweile wird überwiegend davon ausgegangen, dass es sich um zwei unterschied­ liche Anträge handele, da der Gesellschaftsvertrag anderweitig geändert werde, so dass nicht von einem „Minus“ gesprochen werden könne, sondern ein anderer Streitgegenstand vorliege.554 Außerdem sei es keineswegs selbstverständlich, dass für den Betroffenen die Beschränkung einen geringeren Eingriff bedeute, weil damit auch seine Pflicht zur Geschäftsführung in beschränktem Umfang fortbestehe.555 Aus diesen Gründen ist es überzeugender, von zwei unterschiedlichen Streitgegenständen auszugehen. Stellen die Kläger keinen Hilfsantrag auf teilweise Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis, ist die Klage, wenn die teilweise Entziehung als milderes Mittel in Frage kommt, wegen § 308 ZPO abzuweisen.556

III. Wirkung des Entziehungsurteil 1. Entziehung der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis Das gemäß § 117 HGB ergangene Gestaltungsurteil entzieht mit Rechtskraft die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis des betroffenen Gesellschafters.557 Dadurch wird unmittelbar der Gesellschaftsvertrag geändert.558 Der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis erstreckt sich zwar nicht zugleich 553  A. Hueck OHG § 10 VII 8, S. 152; Michalski, § 117 HGB Rn. 9; so wohl auch RG Urt. v. 23.11.1934 – II 126 / 34, JW 1935, 696, 697. 554  BGH Urt. v. 10.12.2001 – II ZR 139 / 00, NJW-RR 2002, 540, 541; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 23; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 19; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 13; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 32; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 24; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 5; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  287a; R. Fischer, NJW 1959, 1057, 1058; Wackerbarth, NZG  2008, 281, 282; Grunewald, JZ 2004, 439, 441. 555  R. Fischer, NJW 1959, 1057, 1058. 556  BGH Urt. v. 10.12.2001 – II ZR 139 / 00, NJW-RR 2002, 540, 541; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 13; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 24; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 32; Pabst, BB 1978, 892, 896. 557  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 74; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 117 HGB Rn. 23; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 14 I 1 aa, S. 335; Go­ gos, Geschäftsführung der OHG, S. 68; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 33. 558  BGH Urt. v. 10.12.2001 – II ZR 139 / 00, NJW-RR 2002, 540, 541; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 6, 74.

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

auf die Vertretungsmacht, aber der Antrag ist regelmäßig so auszulegen, dass er beides umfassen soll.559 2. Keine automatische Neugestaltung der Geschäftsführungsregelungen In Folge des Entziehungsurteils kann eine Neuordnung der gesamten Geschäftsführung notwendig werden, denn eine automatische Änderung der Geschäftsführungsregelungen über die Entziehung hinaus hat das Urteil nicht zur Folge.560 Es obliegt daher den Gesellschaftern, diese vorzunehmen.561 Die gesellschafterliche Treuepflicht verpflichtet auch den betroffenen Gesellschafter, einer sachgemäßen Neugestaltung der Geschäftsführung zuzustimmen, wenn der Gesellschaftsvertrag andernfalls undurchführbar würde.562 Führt die Entziehung zu einer Undurchführbarkeit der vertrag­ lichen Vereinbarung, etwa weil der einzige geschäftsführungsbefugte Gesellschafter betroffen ist563, steht die Geschäftsführung bis zu einer Neuregelung allen übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.564 3. Reichweite der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis Der Zustimmungsvorbehalt für außergewöhnliche Maßnahmen nach § 116 Abs. 2  HGB besteht grundsätzlich zu Gunsten aller Gesellschafter, also 559  BGH Urt. v. 9.12.1968 – II ZR 33 / 67, NJW 1969, 507, 508; MünchKommHGB / Jickeli, § 117 Rn. 13. 560  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 66; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 35; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 68; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117  HGB Rn. 30; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 23; R. Fischer, NJW  1959, 1057, 1061. 561  BGH Urt. v. 19.12.1968 – II ZR 33 / 67, BGHZ 51, 198, 202 f.; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 35; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 117  HGB Rn. 30; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 76 f. 562  Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 47; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 35; R. Fischer, NJW  1959, 1057, 1062. 563  Eine ausführliche Auseinandersetzung hinsichtlich der denkbaren Fallgestaltungen bei abweichenden Geschäftsführungsvereinbarungen erfolgt im Rahmen der Entziehung nach § 712 Abs. 1 BGB (4. Kapitel F. I. 3.). 564  BGH Urt. v. 9.12.1968 – II ZR 33 / 67, BGHZ 51, 198, 201 f.; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 77 f.; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 34; GK-HGB / Ensthaler, § 117 Rn. 3; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 2a; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 48; R. Fischer, NJW  1959, 1057, 1061 f.; H. P. Westermann, ZIP 1983, 1070, 1072; Semler, BB 1979, 1533, 1534; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 117 HGB Rn. 1. Dabei handelt es sich nicht um eine unzulässige Gestaltung durch die Gerichte, da bei der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ex lege die Folge der Gesamtgeschäftsführung eintritt (so auch MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 7).



G. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 HGB

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auch zu Gunsten der von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter.565 Fraglich ist daher, ob die Entziehung der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis dieses Zustimmungsrecht erfasst. Teilweise werden die von der Entziehung betroffenen Gesellschafter mit den von Beginn an nicht geschäftsführungsbefugten gleichgestellt, d. h., es wird ihnen weiterhin das Zustimmungs- bzw. Verweigerungsrecht bei außergewöhnlichen Maßnahmen zugestanden.566 Die Gegenansicht stellt auf das Vorliegen eines wichtigen Grund in der Person des Betroffenen ab und betont, dass jede weitere Geschäftsführung des Betroffenen unzumutbar sei.567 Das Zustimmungserfordernis des § 116 Abs. 2 HGB soll den von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschaftern einen zusätzlichen Schutz wegen ihrer persönlichen Haftung vermitteln.568 Ihnen wird ein Mindestmitspracherecht eingeräumt.569 Liegt allerdings ein wichtiger Grund i. S. v. § 117 HGB vor, dann kann der Betroffene zum Beispiel unfähig zu (jeglicher) Geschäftsführung sein oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben. Das ist der entscheidende Unterschied zu den von Anfang an nicht geschäftsführenden Gesellschaftern, bei denen ein solcher Grund fehlt. Insbesondere im Hinblick auf das Einstimmigkeitserfordernis des § 116 Abs. 2 HGB, aufgrund dessen schon ein einziger Gesellschafter ein Geschäft blockieren kann, ist jede weitere Beteiligung des Betroffenen schwierig.570 Durch die Verhinderung von wichtigen (außergewöhnlichen) Geschäften kann der Betroffene die Gesellschaft in den Ruin treiben und in letzter Konsequenz eine persönliche Haftung aller Beteiligten auslösen. Auf der anderen Seite besteht für den Betroffenen ein ausreichender Schutz durch die Prüfung, ob ein milderes Mittel existiert,571 und durch die stren565  Siehe

oben 3. Kapitel D. II. Geschäftsführung der OHG, S. 63; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 117 HGB Rn. 4; jeweils allerdings ohne Begründung. So sind wohl auch Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 29 und Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 42 zu verstehen, da sie davon ausgehen, dass der betroffene Gesellschafter einem Gesellschafter gleichgestellt ist, der nie an der Geschäftsführung beteiligt war. Für diesen besteht aber ein Mitspracherecht in den Fällen des § 116 Abs. 2  HGB. 567  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 18; wohl auch Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 14; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 117 HGB Rn. 20 (wobei § 166 Abs. 2 HGB und nicht § 116 Abs. 2 HGB genannt wird, allerdings bezieht sich der Verweis auf die Kommentierung von Jickeli, welche sich ausschließlich mit § 116 Abs. 2 HGB befasst, so dass vermutlich ein Druckfehler vorliegt). 568  Siehe oben 3. Kapitel D. II. 569  Siehe oben 3. Kapitel D. II. 570  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 18. 571  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 18. 566  Gogos,

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

gen Voraussetzungen für die Annahme eines wichtigen Grundes572. Trotz des erheblichen Eingriffs, der mit einer umfassenden Entziehung der Geschäftsführungsrechte verbunden ist, wiegt daher in dieser Konstellation das Interesse des Betroffenen an der Zustimmungsbefugnis weniger als das der übrigen Gesellschafter an seinem vollständigen Ausschluss von der Geschäftsführung. Folglich umfasst die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis auch das Zustimmungsrecht nach § 116 Abs. 2 HGB.

H. Kündigung der Geschäftsführung Die Geschäftsführung kann von den Geschäftsführern niedergelegt werden, wenn die übrigen Gesellschafter damit einverstanden sind oder eine entsprechende Möglichkeit im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist.573 Sind die Mitgesellschafter nicht einverstanden, kann sich ein Gesellschafter seiner Geschäftsführungspflicht574 nur durch Kündigung der Geschäftsführung unter den Voraussetzungen des § 712 Abs. 2 BGB entziehen.575 Korrespondierend mit der Entziehungsmöglichkeit nach § 117 HGB betrifft auch das Kündigungsrecht sowohl die vertragliche als auch die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis.576

I. Zusammenfassung Jedem Gesellschafter obliegt nach § 114 HGB die Geschäftsführung als mitgliedschaftliche Pflicht. Die Gesellschafter üben die Geschäftsführung eigenverantwortlich aus, dabei gilt der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB, solange es nicht um eine Publikumsgesellschaft oder ein Handeln im Straßenverkehr bzw. in anderen Bereichen mit typischerweise erheblichen Gefahren für Leib und Leben geht. Der Umfang der Geschäftsführungspflicht 572  Siehe

dazu 3. Kapitel G. II. 1.

573  Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 83; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn,

§ 117 HGB Rn. 41; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 88; Schlegelberger / Mar­ tens, § 117 HGB Rn. 56. 574  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 575  Entwurf HGB und Denkschrift S. 130; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 88; Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 84; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 56; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 69; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 11 b, S. 159; K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2241; Weimar, JZ 1977, 234, 235. Im Detail zur Kündigung 4. Kapitel F. II. 576  So bereits Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 117 HGB Anm. 14; Staub /  Schäfer, § 117 HGB Rn. 84; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 88; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 55 Rn. 2; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 69 f.; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 12, S. 159; Mayen, in: Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 56; K. Schmidt, DB  1988, 2241, 2243.



I. Zusammenfassung177

ergibt sich aus den Anforderungen des konkreten Gesellschaftszwecks und den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag. Die Gesellschafter können – in den Grenzen des § 138 BGB – dazu verpflichtet sein, ihre gesamte Arbeitskraft in den Dienst der OHG zustellen. Der Inhalt der Geschäftsführungstätigkeit ergibt sich ebenfalls aus den Anforderungen des konkreten Gesellschaftszwecks, welcher bei der OHG in der Regel auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. Es ist nicht zwingend zwischen Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand zu unterscheiden; in aller Regel sind sie sogar identisch. Die Geschäftsführung ist an das Gesellschaftsinteresse, welches auf Zweckerreichung gerichtet ist, gebunden. Das Interesse muss im Rahmen der Geschäftsführung von den geschäftsführenden Gesellschaftern ex ante bestimmt werden. Träger des Gesellschaftsinteresses ist die Gesellschaft, und die Bestimmung durch den geschäftsführenden Gesellschafter hat keine Auswirkungen auf den Inhalt des Interesses. Zweckfremde Maßnahmen sind in der Regel keine Geschäftsführungsmaßnahmen. Etwas anderes gilt nur, wenn der handelnde Gesellschafter aufgrund seiner subjektiven, ex ante vorgenommenen Bestimmung des Gesellschaftsinteresses davon ausgegangen ist, dass die Maßnahme objektiv im Interesse der Gesellschaft liegt. Einzelne Gesellschafter können gegen das Gesellschaftsinteresse verstoßen, wenn sie bei der Feststellung nicht mit der Sorgfalt des § 708 BGB oder bewusst gegen das Gesellschaftsinteresse handeln. Die Gesamtheit der Gesellschafter kann hingegen nicht gegen das Gesellschaftsinteresse verstoßen, da ihr die Herrschaft über den Gesellschaftszweck obliegt und sie immer – gegebenenfalls konkludent – den Zweck ändern kann; dies gilt auch, wenn für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages die Schriftform vorgesehen ist. Mehrheitsklauseln zur Zweckänderung sind unzulässig, weil der Zweck den Kernbereich des Gesellschaftsvertrages betrifft. Demgegenüber ist eine antizipierte Zustimmung möglich, allerdings sind entsprechende Klauseln anhand der vom Bundesgerichtshof für Mehrheitsklauseln entwickelten zweistufigen Prüfung auf ihre Wirksamkeit zu kontrollieren. Für die OHG ist der Grundfall die Einzelgeschäftsführungsbefugnis eines jeden Gesellschafter für gewöhnliche Geschäfte bei Bestehen eines Widerspruchsrechts der anderen Gesellschafter. Sollte es das Interesse der Gesellschaft gebieten, kann der Widerspruch trotz vorheriger Zustimmung eingelegt werden. Er ist bei Einlegung an keine Form gebunden, aber auf Verlangen der Mitgesellschafter nachträglich zu begründen. Die Verweigerung der Begründung ist ein Anscheinsbeweis für die Pflichtwidrigkeit des Widerspruchs. Bis zur Widerlegung dieses Anscheinsbeweises darf der Widerspruch ignoriert werden. Als Geschäftsführungsmaßnahme ist der Widerspruch an das Gesellschaftsinteresse gebunden und darf ignoriert werden, wenn er nicht im Interesse der Gesellschaft liegt. Der Widerspruch hat vor

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3. Kap.: Die Geschäftsführung bei der Offenen Handelsgesellschaft

der Ausführung der Maßnahme zu erfolgen. Unabhängig von einem verspäteten Widerspruch sind allerdings Maßnahmen, die nicht (mehr) im Gesellschaftsinteresse liegen, rückgängig zu machen. Grundsätzlich hat der Widerspruch keine Außenwirkung (vgl. § 126 Abs. 2 HGB). Etwas anderes gilt jedoch bei einem Geschäft mit einem Gesellschafter oder im Falle des Missbrauchs der Vertretungsmacht. Die bloße Kenntnis des gesellschaftsfremden Vertragspartners von dem Widerspruch begründet hingegen keine Außenwirkung weil der Dritte die Wirksamkeit nicht beurteilen kann. Die Gesellschafter sind gemäß § 116 Abs. 1 HGB bei gewöhnlichen Geschäften zur (Einzel-)Geschäftsführung befugt, während bei außergewöhn­ lichen Geschäften nach § 116 Abs. 2 HGB die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. Wegen § 707  BGB sind Geschäfte, die das Risiko einer Belastung über die Kapitalausstattung der Gesellschaft hinaus – und damit der finalen persönlichen Haftung der Gesellschafter – bergen, immer außergewöhnlich. Das Zustimmungserfordernis gilt auch in Eilfällen. Für die Erteilung der Prokura ist nach § 116 Abs. 3 HGB die Zustimmung aller geschäftsführenden Gesellschafter erforderlich, falls nicht „Gefahr im Verzug“ ist. Ist nur ein Teil der Gesellschafter rechtzeitig erreichbar, sind die anderen unverzüglich zu informieren. Die Widerrufsmöglichkeit einzelner geschäftsführender Gesellschafter gilt entsprechend für eine über die Prokura hinausgehende Vertretungsmacht. Auf den Widerruf darf die Prokura nicht erneut erteilt werden, da andernfalls die Gefahr eines Kreislaufes aus Widerruf und Erteilung droht; in dem Widerruf ist zugleich ein Widerspruch gegen die erneute Erteilung zu sehen. Wird eine Gesamtgeschäftsführung durch alle Gesellschafter vereinbart, sieht § 115 Abs. 2 HGB die Möglichkeit der Einzelgeschäftsführung bei „Gefahr im Verzug“ vor, sofern die Zustimmung der Mitgesellschafter nicht rechtzeitig eingeholt werden kann und es sich nicht um ein außergewöhn­ liches Geschäft i. S. v. § 116 Abs. 2 HGB handelt. Die Geschäftsführungsbefugnis kann nach § 117 HGB auf Antrag aller übrigen Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch gerichtliches Gestaltungsurteil entzogen werden. Für die Annahme des wichtigen Grundes kommt es entscheidend auf eine Gesamtabwägung aller Umstände an. Das Gericht hat lediglich eine negative Gestaltungskompetenz, kann aber auch eine Teilentziehung aussprechen. Letzteres setzt einen entsprechenden Antrag voraus, denn die vollständige und die teilweisen Entziehung führen zu einer unterschiedlichen Umgestaltung des Gesellschaftsvertrages, so dass verschiedene Streitgegenstände vorliegen. Außerdem kann ein Geschäftsführer bei Unzumutbarkeit gemäß § 712 Abs. 2 BGB die Geschäftsführung kündigen.

4. Kapitel

Die Geschäftsführung bei der Gesellschaft ­bürgerlichen Rechts A. Einführung Die GbR ist nach der Konzeption des historischen Gesetzgebers der Grundtypus der Personengesellschaften. Sie unterscheidet sich von der OHG insbesondere dadurch, dass ihr Zweck nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein kann. Ansonsten kann sie jeden legalen Zweck verfolgen.1 Die Gründung und der Betrieb einer GbR sind mangels Formvorschriften in der Regel einfach und ermöglichen eine Anpassung an die unterschiedlichen Zwecke. Die verbandsrechtlichen Wurzeln der GbR beruhen auf dem deutschrechtlichen Gesamthandsprinzip, während der schuldrechtliche Teil auf die so­ cietas des Römischen Rechts zurückgeht.2 In Deutschland fanden sich vor der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches beide Strukturen in den unterschiedlichen Gesetzen. So war das Gesamthandsprinzip für die OHG des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches von 1861 und ebenso für die einfachen Vertragsgesellschaften im Allgemeinen Teil I 17 §§ 169–310 des Preußischen Allgemeinen Landrechts anerkannt.3 Die Sozietät des Gemeinen Rechts, das französische Recht und das Sächsische Gesetzbuch orientierten sich hingegen an der römisch-rechtlichen societas.4 Der Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches der ersten Kommission lehnte sich ebenfalls an das römische (bzw. gemeine) Recht an.5 Die zweite Kommission knüpfte hingegen am deutschrechtlichen Gesamthandsprinzip an, lehnte aber eine Stellungnah1  Siehe

oben 3. Kapitel C. II. 1. Personengesellschaft, S. 2 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 1 I 2, S. 11; Flume, ZHR 136 (1972), 177, 177 ff.; Schücking, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 1 Rn. 36 ff., 41. 3  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 7 I 2, S. 597; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 35; Schücking, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 1 Rn. 39. 4  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 7 I 2, S. 597; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 35; Schücking, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 1 Rn. 39. 5  Mugdan II, S. 330; Flume, Personengesellschaft, S. 2; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 35; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 7 I 2, S. 598. 2  Flume,

180

4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

me zu der „wissenschaftlichen Streitfrage über das Wesen der Gesamthand“ ab.6 Diese Entscheidung führte spätestens seit der 1972 von Flume7 in Anschluss an Gierke vertretenen Gruppenlehre zu einem heftigen Theorienstreit und beschäftigte die Wissenschaft bis in das neue Jahrtausend.8 Die flexible Ausgestaltung durch den Gesetzgeber ermöglichte es der Praxis im 20. Jahrhundert, die GbR weitgehend an ihre Bedürfnisse anzupassen. Sie wurde zur Rechtsform für die unterschiedlichsten in der Rechtswirklichkeit auftretenden Sachverhalte. Die typische GbR gibt es dementsprechend nicht. Sie ist die anpassungsfähigste Gesellschaftsform, und ihre Regelungen gelten nach den Verweisen in § 105 Abs. 3 HGB und § 161 Abs. 2 HGB subsidiär für die OHG und KG. Die wegweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Rechts- und Parteifähigkeit der AußenGbR9 klärte die Frage der Rechtsnatur und harmonisierte das Recht der Personengesellschaften weiter. Die Bedeutung der GbR ist noch heute hoch einzuschätzen, und zwar nicht nur aufgrund der unzähligen, oft konkludent errichteten Gelegenheitsgesellschaften, sondern auch im Hinblick auf die wirtschaftlich tätigen BGB-Gesellschaften.10 Die GbR ist in den §§ 705 bis 740 BGB geregelt. Wegen der Verweisung des § 713 BGB gelten außerdem die §§ 664 bis 670 BGB. Dem Recht der GbR kommt als Regelung der Grundform der Personengesellschaften eine Auffangfunktion zu. Durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR wurde diese jedoch zu einem wesentlichen Teil – für das Außenverhältnis und insbesondere die Haftung – von der OHG übernommen, so dass bestimmte Vorschriften und Grundsätze des OHG-Rechts entsprechend auf die GbR anwendbar sind.11

6  Mugdan II, S. 990; Flume, Personengesellschaft, S. 3; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 35; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 7 I 2, S. 598. 7  Flume, ZHR 136 (1972), 177, 177 ff. 8  MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 BGB Rn. 10; siehe auch die kurze Darstellung der Diskussion seit 1972 bei K. Schmidt, NJW 2001, 993, 995 f. 9  BGH Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341 ff. 10  Es gab im Jahr 2007 in Deutschland 188.486 umsatzsteuerpflichtige BGBGesellschaften (Angaben des Statistischen Bundesamtes über steuerpflichtige Gesellschaften mit Lieferungen und Leistungen über 17.500 Euro im Jahr 2007). Das sind etwa zehnmal mehr BGB-Gesellschaften als Offene Handelsgesellschaften und selbst die Zahl der (durch die Haftungsbeschränkung vermeintlich interessanteren) Kommanditgesellschaften ist mit 132.851 deutlich geringer. Lediglich die 457.218 umsatzsteuerpflichtigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung übertreffen noch die Anzahl der BGB-Gesellschaften. Die absolute Anzahl der BGB-Gesellschaften liegt durch die nicht registrierten Gelegenheitsgesellschaften aber noch um ein Vielfaches höher. 11  Siehe oben 3. Kapitel A.



B. Grundlagen der Geschäftsführungsbefugnis bei der GbR181

B. Grundlagen der Geschäftsführungsbefugnis bei der GbR I. Vorbemerkung Die gesetzlichen Regelungen der Geschäftsführung der GbR finden sich in den §§ 709 bis 713 BGB. Viele der bei der OHG dargestellten Grundsätze der Geschäftsführung gelten auch bei der GbR. Insbesondere ist die Geschäftsführungsbefugnis stets ein uneigennütziges mitgliedschaftliches Pflichtrecht12, und sie ist an das aus dem Gesellschaftszweck herzuleitende Gesellschaftsinteresse gebunden13. Die Besonderheiten der Geschäftsführung der GbR werden im Folgenden dargestellt.

II. Der Grundsatz der Selbstorganschaft Der Grundsatz der Selbstorganschaft gilt für alle Personengesellschaften.14 Es gab zwar Versuche, bei der GbR eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen zu konstruieren und aus dieser Annäherung an die GmbH wurde vereinzelt die Möglichkeit einer Fremdorganschaft hergeleitet.15 Mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR und der Anwendung des Haftungsmodells der OHG16 ist aber eine auf das Gesellschaftsvermögen beschränkte Haftung endgültig ausgeschlossen. Somit ist die Grundlage für den Versuch entfallen, die Möglichkeit der Fremdorganschaft zu begründen.

III. Sonderfall: Bestimmung des Gesellschaftsinteresses durch die Mehrheit der Gesellschafter Für die OHG wurde herausgearbeitet, dass der für das Gesellschaftsinteresse maßgebliche Gesellschaftszweck Mehrheitsentscheidungen nicht zugänglich ist, da § 119 Abs. 1 HGB ein Einstimmigkeitserfordernis vorsieht 12  Flume, Personengesellschaft, S. 258; MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, § 705 Rn. 226; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 29; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 31; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 4, 8; RGRK / von Gamm, § 709 BGB Rn. 3 f. 13  MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, § 705 Rn. 226; Flume, Personengesellschaft, S. 259; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 III 1 a, S. 122. 14  Zum Grundsatz der Selbstorganschaft 2. Kapitel C. 15  So unter der Voraussetzung einer beschränkten Haftung: C. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluß, S. 82 Fn. 133. 16  BGH Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341 ff.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

und es bestimmte Rechte gibt (Kernbereich), für die von diesem Erfordernis nicht abgewichen werden kann.17 Für die GbR fehlt eine ausdrückliche Normierung des Einstimmigkeitserfordernisses außerhalb der Geschäftsführung. § 709 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB ordnet lediglich die Einstimmigkeit für den gesetzlichen Grundfall der Gesamtgeschäftsführung an. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung ist die GbR (Gesamtgeschäftsführung im Gegensatz zur Einzelgeschäftsführung bei der OHG) sogar stärker als die Personenhandelsgesellschaften an die aktive Beteiligung aller Gesellschafter gebunden. Flume stellt zutreffend fest, dass es nach der Konzeption als bloße schuldrechtliche Sozietät im ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches den Verfassern gar nicht in den Sinn kommen konnte, mehrheitliche Entscheidungen in Bezug auf den Gesellschaftsvertrag zu erwägen.18 Das Einstimmigkeitserfordernis beruht auf dem schuldrechtlichen Charakter des Gesellschaftsvertrages und ist Ausdruck des Gesamthandsprinzips.19 Für die Beschlussfassung der GbR ist daher ebenfalls vom Grundsatz der Einstimmigkeit auszugehen.20 Bei der Regelung des § 119 Abs. 1  HGB handelt es sich deswegen nicht um eine Sonderregelung für die Personenhandelsgesellschaften. Die im Rahmen der OHG ausgeführten Argumente und Ergebnisse zur Bestimmung des Gesellschaftsinteresses durch die Mehrheit der Gesellschafter21 gelten daher grundsätzlich auch für die GbR.

IV. Inhalt und Umfang der Geschäftsführungsbefugnis Inhalt und Umfang der Geschäftsführung ergeben sich aus den gesellschaftsvertraglichen Regelungen, insbesondere aus dem festgehaltenen Gesellschaftszweck und dem daraus folgendem Gesellschaftsinteresse, sowie den Anforderungen der konkreten Gesellschaft zur Zweckerreichung.22 Bei der GbR fehlt es an einer mit § 116 HGB vergleichbaren Regelung, denn nach dem gesetzlichen Grundfall des § 709 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB gilt für die Geschäftsführung ohnehin das Einstimmigkeitsprinzip. Infolgedessen 17  Siehe

oben 3. Kapitel C. V. Personengesellschaft, S. 215. 19  Siehe etwa MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 81; als Grundlage die Verbindung in der Gemeinschaft betonend Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 I 3, S. 300; zum Schuldverhältnis als Grundlage Flume, Personengesellschaft, S. 215. 20  RG Urt. v. 15.10.1926 – II 119 / 26, RGZ 114, 392, 395; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16  II  2  a, S. 453 f.; Priester, NZG 2013, 321, 325; Berninger, GWR 2013, 42, 42. 21  3. Kapitel C. V. 3. 22  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 23; Staudinger / Habermeier, § 709 Rn. 3; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 14 f.; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  354. 18  Flume,



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unterfällt das gesamte Spektrum an anfallenden Aufgaben unabhängig davon, ob diese gewöhnlicher oder außergewöhnlicher Natur sind, der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aller Gesellschafter.23

V. Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter gemäß § 713 BGB § 713 BGB verweist für die Rechte und Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter auf das Auftragsrecht. Gemäß § 713 i. V. m. § 666 BGB bestehen Benachrichtigungs-, Auskunfts- und Rechenschaftspflichten gegenüber den übrigen Gesellschaftern.24 Aus § 713 i. V. m. § 667 BGB ergibt sich eine Herausgabepflicht bezüglich allem, was im Rahmen der Geschäftsführung erlangt wurde. Außerdem steht dem Geschäftsführer nach § 713 i. V. m. § 670 BGB ein Aufwendungsersatz zu. Darüber hinaus sind im Rahmen der Geschäftsführung erlittene Verluste zu ersetzen.25 Ein Vergütungsanspruch lässt sich hingegen nicht aus § 670 BGB herleiten, da die Geschäftsführungstätigkeit grundsätzlich durch den Gewinnanteil abgegolten wird.26 Eine Ausnahme besteht, wenn die Inanspruchnahme weit über das bei Gesellschaftsgründung vorausgesehene Maß anwächst und der Geschäftsführer dadurch Vermögensnachteile erleidet.27 Nach § 713  BGB i. V. m. § 669 BGB kann der Geschäftsführer für die erforderlichen Aufwendungen (§ 670 BGB) einen Vorschuss verlangen.

23  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 24; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 3; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 5; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 16; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 15 f.; RGRK / von Gamm, § 709 BGB Rn. 6; L. Fischer, GbR I, 2214, S. 40. 24  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 713 Rn. 8; Erman / H. P. Westermann, § 713 BGB Rn. 3; MünchKomm-HGB / Rawert, § 114 Rn. 51; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  4  b  bb, S. 343 f.; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 53 ff.; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  360g. 25  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 713 Rn. 16; Staudinger / Habermeier, § 713 BGB Rn. 10; RGRK / von Gamm, § 713 BGB Rn. 6; Erman / H. P. Westermann, § 713 BGB Rn. 5; Erman / K. P. Berger, § 670 BGB Rn. 18 ff. Kritisch hingegen Fitz, Risikozurechnung, S. 140 ff. 26  RG Urt. v. 4.3.1943 – II 113 / 42, RGZ 170, 392, 396 (zur OHG); MünchKomm-BGB / Schäfer, § 713 Rn. 17; Staudinger / Habermeier, § 713 BGB Rn. 10; Erman / H. P. Westermann, § 713 BGB Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  4  a, S. 340; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 20; Wer­ tenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  360; L. Fischer, GbR I, 2215, S. 41. 27  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 713 Rn. 17; Staudinger / Habermeier, § 713 BGB Rn. 10; Erman / H. P. Westermann, § 713 BGB Rn. 5; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 20.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

C. Art der Geschäftsführung bei der GbR I. Vorbemerkung Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht für die GbR als Regelfall eine Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB) vor. Andere Ausgestaltungen sind jedoch möglich, denn auch bei der GbR herrscht weitgehende Gestaltungsfreiheit für das Innenverhältnis, da die gesetzlichen Regelungen dispositiv sind.28 Das Gesetz enthält insofern Auffangregelungen für Zweifelsfälle (etwa § 709 Abs. 2 BGB).

II. Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip gemäß § 709 Abs. 1  BGB 1. Vorbemerkung Bei der Gesamtgeschäftsführung unter Geltung des Einstimmigkeitsprinzips steht die Geschäftsführung allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu, und jedes Geschäft bedarf grundsätzlich der Zustimmung (eine Enthaltung reicht nicht aus) aller Gesellschafter.29 Durch dieses Mitwirkungserfordernis wird die gegenseitige Kontrolle der Gesellschafter verstärkt, so dass die Geschäftsführung der GbR im Vergleich zur OHG weniger flexibel und unter Umständen nicht auf die Erfordernisse einer wirtschaftlichen Tätigkeit zugeschnitten ist.30 2. Die Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen Die Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme ist eine Geschäftsführungshandlung31 und als empfangsbedürftige formfreie Willens­ 28  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 1; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 6; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 11; RGRK / von Gamm, § 709 Rn. 1; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 20. 29  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 39; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 7; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 28; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 351; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 3; Kübler / Ass­ mann, § 6 III 2 b, S. 54; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 16. 30  Mugdan II, S. 330, 336 f.; MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 16; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  351; Erman / H. P. Wester­ mann, § 709 BGB Rn. 7. 31  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 18; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 32; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 6; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 28; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 18.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR

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erklärung gegenüber den anderen Geschäftsführern zu erklären32. Trotz des Erfordernisses der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter müssen nicht alle an jeder Maßnahme mitwirken; es muss nur jeder einverstanden sein.33 Das Einverständnis kann auch stillschweigend erteilt werden.34 Daher ist von einer Zustimmung auszugehen, wenn die Maßnahme mit Kenntnis oder sogar in Gegenwart aller Gesellschafter vorgenommen wird. Jeder Gesellschafter ist in seiner Entscheidung über die Zustimmung frei, sofern sie sich in dem durch das Gesellschaftsinteresse vorgegebenen Rahmen35 hält. Das Zustimmungserfordernis statuiert zugleich eine Konsultations- und Beratungspflicht der geschäftsführenden Gesellschafter.36 3. General- und Gattungszustimmungen a) Problematik der Reichweite antizipierter Zustimmungen Eine Generalzustimmung zu allen zukünftigen Geschäftsführungsmaßnahmen ist nach allgemeiner Ansicht unzulässig.37 Die Modifikation der ge32  So bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 2; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 50; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 124; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 18; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 20; Michalski, § 115 HGB Rn. 12; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 27; GKHGB / Ensthaler, § 115 Rn. 14; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 17; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 10. 33  So bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 2; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 39; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 39; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 351; Mack, Gleichlauf, S. 151; Siegmund / van Venrooy, Rn. 91; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 5. 34  BGH Urt. v. 12.5.1966 – II ZR 254 / 63, WM 1966, 876, 876 (in casu verneint); von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 57; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  351; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 18 f.; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 24; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 3; L. Fi­ scher, GbR I, 2212, S. 37; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 14. 35  Siehe oben 3. Kapitel C. I. 36  BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863; MünchKommHGB / Rawert, § 115 Rn. 52; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 25; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 16; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709 BGB Rn. 8; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 10; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 5. 37  BGH Urt. v. 12.12.1960 – II ZR 255 / 59, BGHZ 34, 27, 30 f. (zur GmbH); MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 51; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 57; Michalski, § 115 HGB Rn. 13; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 124; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 19; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 17; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 26; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 11.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

sellschaftsvertraglichen Geschäftsführungsregelungen bedarf als Vertragsänderung der Mitwirkung aller Gesellschafter.38 Dieses Mitwirkungserfordernis würde umgangen, wenn die Geschäftsführer durch eine Generalzustimmung de facto eine Einzelgeschäftsführung einführen könnten.39 Sind hingegen – wie im Regelfall des § 709 Abs. 1 BGB – alle Gesellschafter auch Geschäftsführer, ist die von allen ausgesprochene Generalzustimmung eine zulässige konkludente Änderung des Gesellschaftsvertrages.40 Wenn keine generelle Zustimmung erteilt werden kann, stellt sich die Frage, ob zumindest für eine bestimmte Art von Maßnahmen eine Zustimmung erteilt werden kann oder diese immer einzeln erklärt werden muss. b) Meinungsstand Nach Ansicht von Martens ist auch die Zustimmung zu allen Maßnahmen einer bestimmten Gattung, die keine alltäglichen Routinegeschäfte sind, eine unzulässige Umgehung der bezweckten Gesamtverantwortung und gegenseitigen Kontrolle.41 Von der herrschenden Auffassung in der Literatur wird die antizipierte Zustimmung zu Maßnahmen einer bestimmten Art jedoch für möglich erachtet.42 Als Begründung werden die bei der parallelen Diskussion zu dem Gegenstand des Widerspruchs angeführten Praktikabilitätsgründe genannt.43 c) Stellungnahme Martens räumt bei Routinegeschäften die Möglichkeit einer antizipierten Zustimmung ein, so dass seine Ansicht in der Konsequenz auf eine Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften hin38  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 34; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 51; Michalski, § 115  HGB Rn. 13; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 124. 39  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 34; Michalski, § 115 HGB Rn. 13; A. Hueck, OHG Recht, § 10  II  7, S. 124; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 11. 40  Vgl. hierzu Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 34; Michalski, § 115 HGB Rn. 13. 41  Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 24. 42  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 16; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 51; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 53 Rn. 57; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 124; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 14; Michalski, § 115 HGB Rn. 13; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 11; Heymann / Em­ merich, § 115 HGB Rn. 17; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 26. 43  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 51 i. V. m. Rn. 17; Michalski, § 115 HGB Rn. 13.



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ausläuft. Eine solche ist der Regelung des § 709 BGB jedoch fremd.44 Die Möglichkeit der Zustimmung zu Maßnahmen einer bestimmten Gattung kann zu Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich der Grenzen der Zustimmung führen. Martens Ansicht bringt ihrerseits die Abgrenzungsprobleme zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften mit sich. Ein praktisches Bedürfnis für eine generelle Zustimmung zu bestimmen Geschäften ist nicht von der Hand zu weisen, weshalb auch Martens eine gattungsbezogene Zustimmung bei Routinegeschäften zulässt. Ebenso wenig kann das Bestehen der Möglichkeit, eine Zustimmung antizipiert zu erteilen, bestritten werden.45 Die Unzulässigkeit kann sich daher nur aus der speziellen gesellschaftsrechtlichen Situation ergeben. Solange jedoch mit der Zustimmung keine Vertragsänderung verbunden ist, gibt es auch keine zwingenden Gründe, die gegen die Möglichkeit der Zustimmung zu einer bestimmten Gattung von Geschäften sprechen. Die gegenseitige Kontrolle wird dadurch zwar abgeschwächt, dies ist aber bereits bei einer Ausnahme für Routinegeschäfte der Fall. Sofern die Gattung hinreichend bestimmt ist, besteht auch bei einer generellen Zustimmung zu solchen Geschäften kein überhöhtes Haftungsrisiko. Das von Martens befürwortete Verbot einer pauschalen Zustimmung zu Maßnahmen einer Gattung ist dementsprechend weder gesellschaftsrechtlich zwingend geboten noch in den gesetzlichen Regelungen der GbR angelegt und darüber hinaus impraktikabel. Es ist deswegen abzulehnen. 4. Sonderfall: Bindung an eine erteilte Zustimmung Nach dem Regelfall des Einstimmigkeitsprinzips ist für jede Maßnahme die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Fraglich ist, ob eine erteilte Zustimmung wieder zurückgenommen werden kann. Es handelt sich im Grunde um dieselbe Diskussion, wie bei der bereits im Rahmen der OHG erörterten Frage46, ob bei der Einzelgeschäftsführung eine erteilte Zustimmung den späteren Widerspruch ausschließt. In beiden Fällen wird mit der erteilten Zustimmung die (endgültige) Berechtigung zur Vornahme der in Rede stehenden Maßnahme begründet. In der Sache ist es keinen Unterschied, ob diese Handlungsberechtigung durch einen späteren Widerspruch (im Falle der Einzelgeschäftsführung) oder durch die Rücknahme der Zustimmung (im Falle der Gesamtgeschäftsführung) aufgehoben werden soll. Sowohl durch das Widerspruchsrecht als auch das Zustimmungserfordernis soll das Mitspracherecht und der Einfluss auf die Geschäftsführung 44  Siehe

oben 4. Kapitel C. II. 1. oben 3. Kapitel C. V. 4. c). 46  3. Kapitel E. III. 6. 45  Siehe

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

aller Gesellschafter sichergestellt werden, so dass die im Rahmen der Erörterung der Geschäftsführung bei der OHG dargestellten Ansichten47, Argumente und Ergebnisse48 zum Widerspruch übertragen werden können.49 Mithin kann eine Zustimmung zurückgenommen werden, wenn die betroffene Maßnahme nicht (mehr) im Gesellschaftsinteresse liegt. 5. Verweigerung der Zustimmung Bleibt ein Gesellschafter völlig untätig, hat die geplante Maßnahme zu unterbleiben.50 Es muss zumindest das konkludente Einverständnis aller Gesellschafter vorliegen. Sollte die Maßnahme im Gesellschaftsinteresse liegen, ist das Unterlassen der Mitwirkung an der Geschäftsführung eine Pflichtverletzung.51 Handelt ein Gesellschafter ohne die erforderliche Zustimmung seiner Mitgesellschafter, hat er für die in Rede stehende Maßnahme keine Geschäftsführungsbefugnis.52 Die Vornahme ist daher pflichtwidrig, und es kann ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Handelnden bestehen.53 Eine Genehmigung ist jedoch möglich; sie beseitigt die Pflichtwidrigkeit der Maßnahme und schließt eine Haftung des Handelnden aus.54 Für die Vertretung im Außenverhältnis spielt das Fehlen der Zustimmung (und damit das Fehlen der Geschäftsführungsbefugnis) grundsätzlich keine Rolle. Allerdings verknüpft die Auslegungsregel des § 714 BGB die Vertretung der Gesellschaft mit der Geschäftsführungsbefugnis, so dass im gesetzlichen Regelfall zur wirksamen Vertretung der GbR die Mitwirkung aller Gesellschafter notwendig ist. Der die Zustimmung verweigernde Gesell47  3.

Kapitel E. III. 6. b). Kapitel E. III. 6. c). 49  So ausdrücklich MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 47, 55 zum Zustimmungsrecht bei vereinbarter Gesamtgeschäftsführung bei der OHG. 50  A. Hueck, OHG Recht, § 10 IV 3, S. 135; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 9. 51  A. Hueck, OHG Recht, § 10 IV 3, S. 135; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 25. 52  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 25; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 41; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 54; Schlegelberger / Martens, § 115  HGB Rn. 25 f. 53  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 25, § 708 Rn. 8; Schlegelberger / Mar­ tens, § 115  HGB Rn. 25; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 58, 60; Michalski, § 115 HGB Rn. 11; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 30. 54  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 33; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 54; Michalski, § 115  HGB Rn. 12; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 125; Mack, Gleichlauf, S. 151; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 14; Schlegelberger / Martens, § 115  HGB Rn. 26. 48  3.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR189

schafter wird jedoch regelmäßig auch insoweit nicht mitwirken. Wenn für das Außenverhältnis hingegen eine von § 714 BGB abweichende Regelung getroffen wurde, nach der an der Vertretung nicht alle Gesellschafter beteiligt sein müssen, wirkt sich das Fehlen der Zustimmung im Außenverhältnis nur bei einem Missbrauch der Vertretungsmacht oder einem Geschäft mit einem Gesellschafter aus.55 6. Begründungspflicht bei Verweigerung der Zustimmung Für die Entscheidung über die Zustimmung sind allein die Interessen der Gesellschaft maßgeblich, welche durch die einzelnen Gesellschafter bestimmt werden müssen.56 Verweigert ein Gesellschafter seine Zustimmung, stellt sich die Frage, ob die übrigen eine Begründung dafür verlangen können. Sie gäbe Aufschluss über die Gründe des Gesellschafters und ermöglichte zu prüfen, ob die Interessen der Gesellschaft von ihm gewahrt wurden. Die Fragestellung entspricht der bei der OHG geführten Diskussion um die Pflicht zur Begründung eines Widerspruchs, denn es geht jeweils im Kern darum, ob die Gesellschafter durch einen Begründungszwang in dem ihnen zur eigenverantwortlichen Ausübung zustehenden Geschäftsführungsrecht eingeschränkt werden. Es werden daher dieselben Ansichten vertreten57 und die Literatur zur GbR wurde bereits im Rahmen der Erörterung bei der OHG berücksichtigt.58 Die dort genannten Gründe für eine Begründungspflicht gelten entsprechend.59 Entscheidend für die Annahme einer solchen 55  Es handelt sich um dieselben Fälle, die auch die Außenwirkung eines Widerspruchs begründen können, dazu oben 3. Kapitel E. III. 4. b). 56  Vgl. 3. Kapitel C. IV. 57  Befürwortend: BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863; Schö­ ne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 55; Palandt / Sprau, vor § 709 BGB Rn. 8; siehe auch zum Zustimmungsrecht bei vereinbarter Gesamtgeschäftsführung bei der OHG: MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 52; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 115 HGB Rn. 12; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 32; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 a bb, S. 337 (zum Widerspruch); A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 4, S. 128; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 17; Mayen, in: Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 29; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 18. Für eine Einzelfallentscheidung: MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 44; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 42 (zur Zustimmungsverweigerung), § 711 BGB Rn. 11 (zum Widerspruch); von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 30; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 16. Ablehnend: Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 19 (zu vereinbarten Gesamtgeschäftsführung bei der OHG); Flume, Personengesellschaft, S. 267 (zum Widerspruch). 58  Siehe dazu 3. Kapitel E. III. 2. b). 59  So ausdrücklich MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 47, 52 zum Zustimmungsrecht bei vereinbarter Gesamtgeschäftsführung bei der OHG; siehe auch von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 30.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

ist, dass eine der gesellschaftsvertraglichen Pflicht zur Zusammenarbeit entsprechende Beratung sowie die Feststellung einer Pflichtwidrigkeit nur möglich sind, wenn die Beweggründe offen gelegt werden.60 Die Begründungspflicht schränkt den Gesellschafter auch nicht in seiner Privatautonomie ein, da sie keine erhebliche Hürde darstellt.61 Sollte das Verlangen der Begründung nur zur Schikane eingesetzt werden, weil die Gründe bekannt oder evident sind, kann das Recht dazu verwirkt werden, wodurch der verweigernde Gesellschafter ausreichend geschützt ist.62 7. Pflichtwidrige Zustimmungsverweigerung a) Problematik der pflichtwidrigen Zustimmungsverweigerung Die Verweigerung der Zustimmung zu einer Maßnahme ist pflichtwidrig, wenn vorsätzlich das Gesellschaftsinteresse verletzt oder nicht die erforderliche Sorgfalt bei seiner Bestimmung angewendet wird.63 Eine Pflichtverletzung kann einen Schadensersatzanspruch begründen64 und bei einer systematischen Verweigerung sogar zu einer Verwirkung des Zustimmungsrechts führen65. Darüber hinaus besteht wegen der Bindung an das Gesellschaftsinteresse ein Zustimmungsanspruch, der gerichtlich durchgesetzt werden kann.66 Die Beweislast für das Vorliegen einer Pflichtverletzung liegt allerdings bei den sich darauf berufenden Gesellschaftern.67 Das Gericht hat 60  BGH Urt. v. 24.1.1972 – II ZR 3 / 69, NJW 1972, 862, 863; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 55; Schlegelberger / Martens, § 115  HGB Rn. 11 (zur Begründungspflicht bei einem Widerspruch). 61  Dazu bereits oben 3. Kapitel E. III. 2. b) bb). 62  MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 52 zum Zustimmungsrecht bei vereinbarter Gesamtgeschäftsführung bei der OHG; zur Begründungspflicht beim Widerspruch: Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 11; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 14. 63  3. Kapitel C. IV. 64  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 65  Siehe oben 3. Kapitel B. II. 66  RG Urt. v. 2.1.1920 – II 312 / 19, RGZ 97, 329, 331; BGH Urt. v. 9.6.1982 – I ZR 5 / 80, NJW 1983, 1192, 1193; Urt. v. 5.11.1984 – II ZR 111 / 84, NJW 1985, 974, 974; Urt. v. 29.9.1986 – II ZR 285 / 85, WM 1986, 1556, 1557; Wiedemann, FS Heinsius, 949, 957; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 15; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 b bb, S. 339; Michalski, § 115 HGB Rn. 14; Mack, Gleichlauf, S. 196; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 6; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 31. 67  BGH Urt. v. 8.7.1985 – II ZR 4 / 85, NJW 1986, 844, 844; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 21; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 36; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 5, S. 131 f.; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357g (zum pflichtwidrigen Widerspruch); A. Hueck, FS Hübner, 72, 77; Mayen, in:



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR191

zudem nur einen beschränkten Beurteilungsspielraum und nimmt keine Zweckmäßigkeitsprüfung vor.68 Es stellt sich daher die Frage, ob eine pflichtwidrige Zustimmungsverweigerung unbeachtlich ist. b) Meinungsstand Entsprechend der Ansicht zum pflichtwidrigen Widerspruch bei der OHG69 wird vertreten, dass es den übrigen Gesellschaftern erlaubt sei, die Maßnahme ohne die Zustimmung zu vollziehen, denn der pflichtwidrig Verweigernde sei nicht schutzwürdig.70 Die Umstände des Falles machten oft ein schnelles Handeln erforderlich, welches selbst mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung nicht möglich sei.71 Außerdem handele es sich bei einer pflichtwidrigen Verweigerung um einen Fall des Missbrauchs der Zustimmungsbefugnis.72 Nach der Gegenansicht muss die fehlende Zustimmung gerichtlich erzwungen werden (§ 894 ZPO).73 Es drohten ansonsten vorschnelle Missbrauchsvorwürfe zur Durchsetzung von Maßnahmen.74 Eine Ausnahme gelte nur, wenn die Handlung nötig ist, um die Funktionsfähigkeit bzw. den Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115  HGB Rn. 20; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 20. 68  RG Urt. v. 10.10.1924 – II 456 / 23, RGZ 109, 56, 59; vgl. auch BGH Urt. v. 19.4.1971 – II ZR 159 / 68, WM 1971, 819, 820; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 42, § 711 Rn. 11; Soergel / Hadding / Kießling, § 711 BGB Rn. 7; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  357g; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 9. 69  Vgl. oben 3. Kapitel E. III. 5. 70  BGH Urt. v. 5.11.1984 – II  ZR  111 / 84, NJW  1985, 974, 974 (explizit nur in Bezug auf Publikumsgesellschaften); MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 42; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 9; Flume, Personengesellschaft, S. 268, 270; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 12; zum Zustimmungsrecht bei vereinbarter Gesamtgeschäftsführung bei der OHG: MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 47, 53; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 19 f.; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 30; Heymann / Emmerich, § 115 HGB Rn. 19; Schlegelberger / Mar­ tens, § 115  HGB Rn. 25; vgl. auch Sester, Treuepflichtverletzungen, S. 125. 71  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 20; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 9. 72  Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 20. 73  BGH Urt. v. 12.10.1959 – II ZR 237 / 57, NJW 1960, 91, 91; Urt. v. 29.9.1986 – II ZR 285 / 85, NJW-RR 1987, 285, 286; Urt. v. 19.6.2008 – III  ZR  46 / 06, NJWRR 2008, 1484, 1487; so bereits Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 115 HGB Anm. 10; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 30, 34; von Dit­ furth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 29; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 6; RGRK / von Gamm, § 709  BGB Rn. 6. 74  Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 30.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Bestand der Gesellschaft aufrecht zu erhalten,75 oder die Verweigerung evident pflichtwidrig ist76. c) Regelmäßiges Bestehen eines Klageerfordernisses Bei einer pflichtwidrigen Verweigerung liegt ein Missbrauch vor und der seine Befugnis missbrauchende Gesellschafter ist nicht schutzwürdig, allerdings ist eine Pflichtwidrigkeit – aufgrund der subjektiven Bestimmung der Gesellschaftsinteressen77 – regelmäßig nicht mit letzter Sicherheit feststellbar. Außerhalb von Fällen der Evidenz birgt eine Handlungsermächtigung durch einen bloßen Missbrauchsvorwurf das Risiko der Umgehung der Gesamtgeschäftsführung.78 Die handelnden Gesellschafter tragen zwar das Risiko, dass ein Gericht ex post eine Pflichtwidrigkeit der Zustimmungsverweigerung verneint, woraus die Pflichtwidrigkeit der Vornahme resultiert und Schadensersatzansprüche gegen sie möglich wären.79 Die Maßnahme wäre jedoch erst einmal ausgeführt. Freilich könnten die übrigen Gesellschafter, selbst wenn eine, unter Umständen gerichtlich erzwungene, Zustimmung erforderlich wäre, faktisch ohne diese Handeln, ihre Pflichtverletzung ergäbe sich dann aber bereits aus dem bloßen Fehlen einer solchen. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit mit einem pflichtwidrigen Widerspruch ist es zutreffend, dass sowohl Widerspruch als auch Zustimmung absolut an die Treuepflicht und das Gesellschaftsinteresse gebunden sind, gleichwohl sind die Probleme nicht ohne weiteres gleich zu behandeln.80 Beide Institute haben unterschiedliche Wirkungen, denn die Zustimmung führt erst zu einer Handlungsbefugnis,81 während der Widerspruch eine bestehende Handlungsbefugnis aufhebt82. Deswegen entspricht die pflichtwidrige Zustimmungsverweigerung im Grundfall des § 709 Abs. 1 BGB nicht einem pflichtwidrigen Widerspruch bei der OHG, sondern vielmehr der pflichtwidrigen Zustimmungsverweigerung bei außergewöhnlichen Geschäften. 75  BGH Urt. v. 29.9.1986 – II ZR 285 / 85, NJW-RR 1987, 285, 286; Urt. v. 19.6.2008 – III  ZR  46 / 06, NJW-RR 2008, 1484, 1487; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 29; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115 HGB Rn. 6. 76  Flume, Personengesellschaft, S. 268. 77  Siehe oben 3. Kapitel C. IV. 78  Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 30. 79  MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, § 705 Rn. 241; Staub / Ulmer, § 116 HGB Rn. 21; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 6. 80  So aber Sester, Treuepflichtverletzungen, S. 125; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 47. 81  Siehe oben 3. Kapitel D. II. 82  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 4.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR193

Einzuräumen ist die Unbeachtlichkeit einer interessenwidrigen Verweigerung bei der OHG in diesen Fällen.83 Indes liegen der OHG und der GbR unterschiedlich ausgestaltete Geschäftsführungssysteme zugrunde. Der gesetzliche Grundfall der Gesamtgeschäftsführung bei der GbR soll mehr Kontrolle und Schutz vor persönlicher Haftung garantieren als die Einzelgeschäftsführung der OHG.84 Die damit verbundenen Nachteile (z. B. fehlende Flexibilität) wurden von den Gesellschaftern hingenommen, andernfalls hätten sie eine andere Art der Geschäftsführung vereinbaren können85. Vor dem Hintergrund der persönlichen Haftung der Gesellschafter ist der Entscheidung für die starke Kontrolle als gesetzlichen Regelfall hohes Gewicht beizumessen. Freilich bezwecken das Widerspruchsrecht sowie das Zustimmungserfordernis nach § 116  Abs. 2 HGB ebenfalls eine stärkere Kontrolle,86 und die Gesellschafter könnten auch davon Abweichungen vereinbaren. In der Mehrzahl der Fälle besteht bei der OHG aber im Gegensatz zur GbR eine Handlungsbefugnis des einzelnen. Nur ausnahmsweise gilt in den Fällen des § 116 Abs. 2 HGB eine Gesamtgeschäftsführungsbefugnis. Im Recht der GbR hat der Gesetzgeber im Grundfall der einstimmigen Gesamtgeschäftsführung demgegenüber überhaupt keine Ausnahme vorgesehen, insbesondere fehlt eine § 115  Abs. 2 a. E. HGB entsprechende Regelung.87 Soll von diesem – im Grundfall ohne Ausnahme vorgesehenem – Konzept abgewichen werden, ist es angemessen, dass sich bis zu einer gerichtlichen Entscheidung die Verweigerung und damit das Grundprinzip durchsetzt. Gleichwohl gilt das Notgeschäftsführungsrecht analog § 744 Abs. 2 BGB auch für die GbR.88 Wenn die Existenz der Gesellschaft bei Nichtvornahme einer Maßnahme bedroht ist und eine pflichtwidrige Verweigerung der Zustimmung vorliegt, muss trotz des Haftungsrisikos eine Handlungsmöglichkeit bestehen.89 Es kann jedoch keinen Unterschied ergeben, ob die Zustimmung fehlt, weil ein Gesellschafter nicht rechtzeitig erreicht werden kann, oder weil er die Zustimmung pflichtwidrig verweigert. Ferner ist es bei Evidenz der Pflichtwidrigkeit (z. B. unter explizitem Hinweis auf die Inter83  Siehe

oben 3. Kapitel D. II. oben 4. Kapitel C. II. 1. 85  Siehe oben 4. Kapitel C. I. 86  Siehe oben 3. Kapitel D. II. (Zustimmung), 3. Kapitel E. III. 1. (Widerspruch). 87  Diese Ausnahme ist auch nicht analog auf die GbR anwendbar, siehe unten 4.  Kapitel C. II. 8. c). 88  Siehe unten 4. Kapitel C. II. 8. b). 89  So auch BGH Urt. v. 29.9.1986 – II ZR 285 / 85, WM 1986, 1556, 1557 (lehnt das Vorliegen der Voraussetzung in casu jedoch ab); Urt. v. 19.6.2008 – III ZR 46 / 06, NJW-RR 2008, 1484, 1487; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 29; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 115  HGB Rn. 6. 84  Siehe

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

essenwidrigkeit) angemessen, dass die übrigen Gesellschafter nicht erst klagen müssen, da ebenso wenig eine Missbrauchsgefahr besteht. Damit sind die unterschiedlichen Interessen (das Haftungsrisiko auf der einen und die Schadensabwendung von der Gesellschaft auf der anderen Seite) in einen ihnen gerecht werdenden Ausgleich gebracht. Mithin ergibt die Abwägung zwischen dem Schutzbedürfnis vor einer persönlichen Haftung und dem Bedürfnis nach einer auf effektive Zweckerreichung gerichteten Geschäftsführung, dass die übrigen Gesellschafter die Zustimmung gerichtlich erzwingen müssen, wenn die Pflichtwidrigkeit nicht evident ist. 8. Ausnahmen vom Einstimmigkeitsprinzip a) Vorbemerkung Das Einstimmigkeitsprinzip kann, wie § 709  Abs. 2 BGB zeigt, gesellschaftsvertraglich abbedungen werden. Machen die Gesellschafter von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, stellt sich die Frage, ob es gleichwohl Fälle geben kann, in denen eine Ausnahme vom Einstimmigkeitsprinzip anzunehmen ist. b) Notgeschäftsführung analog § 744 Abs. 2 BGB Von der Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur wird zur Abwendung eines unmittelbar bevorstehenden Schadens ein Notgeschäftsführungsrecht analog § 744 Abs. 2 BGB anerkannt.90 Nach § 744 Abs. 2 BGB können Maßnahmen, die „zur Erhaltung des Gegenstandes“ notwendig sind, ohne Zustimmung der anderen Bruchteilsberechtigten getroffen werden. Auf die GbR übertragen könnte danach ein Gesellschafter alleine und im eigenen Namen Maßnahmen ergreifen, um den Bestand eines Gegenstands aus dem Gesellschaftsvermögen oder – über den Wortlaut hinaus 90  RG Urt. v. 26.1.1926 – I 152 / 25, RGZ 112, 361, 367 f.; BGH Urt. v. 4.5.1955 – IV  ZR  185 / 54, BGHZ 17, 181, 183; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 21; Staudinger / Habermeier, § 709  BGB Rn. 15, 43; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 74; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 125; Kübler / Assmann, § 6 III 2 b, S. 54; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 22; KK-GR / Lehleiter, § 115 HGB Rn. 13; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 26; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 19; NK-BGB / Saenger, § 709 Rn. 1; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  3 b aa, S. 339; Erman / H. P. Westermann, § 709  BGB Rn. 8; Bengel, ZEV 2002, 484, 485; zurückhaltender: MünchKommBGB / K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 50 („nur mit Vorsicht“).



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR

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– der Gesellschaft selbst zu sichern.91 Allerdings komme eine Notgeschäftsführung nur in Frage, wenn ein Schadenseinritt unmittelbar bevorstehe, die Zustimmung der Mitgesellschafter nicht mehr eingeholt werden könne und die Maßnahme zur Abwendung des Schadens erforderlich sei, weil kein geschäftsführungsbefugter Gesellschafter handele.92 Eine danach zulässige Notgeschäftsführungsmaßnahme liegt, da sie der Schadensabwehr dienen muss, stets im Gesellschaftsinteresse. Das Recht und die Pflicht zur Notgeschäftsführung stehe sämtlichen Gesellschaftern zu, und zwar auch den von der Geschäftsführung ausgeschlossenen.93 Weil bei einer Notgeschäftsführung keine echte Geschäftsführungsbefugnis bestehe, blieben Widerspruch und Zustimmungsverweigerung ohne Auswirkung.94 Das Recht könne noch nicht einmal durch eine ausdrückliche vertragliche Regelung ausgeschlossen werden.95 Vereinzelt wird eine Anwendung des § 744 Abs. 2 BGB auf die Personengesellschaften abgelehnt.96 Ein Notgeschäftsführungsrecht sei nicht mit den 91  BGH Urt. v. 4.5.1955 – IV ZR 185 / 54, BGHZ 17, 181, 183; Urt. v. 10.1.1963 – II ZR 95 / 61, BGHZ 39, 14, 20; Flume, Personengesellschaft, S. 265; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 21; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 74; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 3; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 15, 43; Michalski, § 114 HGB Rn. 44; KK-GR / Lehleiter, § 114 HGB Rn. 11; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 33; Semrau, Dritteinflussnahme, S. 299; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  358 plädiert dafür, dass übertragen auf die Personengesellschaft „Gegenstand“ durch „Gesellschaftsvermögen“ ersetzt wird; vgl. auch M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114  HGB Rn. 7; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 26; Bengel, ZEV 2002, 484, 486. 92  BGH Urt. v. 6.6.2003 – V ZR 320 / 02, MDR 2003, 1172, 1172; Staub / Schä­ fer, § 114 HGB Rn. 34; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 74; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 23; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 3 b aa, S. 339; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 358. 93  BGH Urt. v. 4.5.1955 – IV ZR 185 / 54, BGHZ 17, 181, 183; MünchKommBGB / Schäfer, § 709 Rn. 21; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 15; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 60; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 358; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 8; A. Hueck, OHG Recht, § 10 II 7, S. 125. 94  BGH Urt. v. 4.5.1955 – IV ZR 185 / 54, BGHZ 17, 181, 183; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 38; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 60; Schlegelberger / Mar­ tens, § 116 HGB Rn. 23, § 164  HGB Rn. 20; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 19; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 19. 95  MünchKomm-BGB / K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 41; MünchKomm-HGB / Ra­ wert, § 115 Rn. 60; Palandt / Sprau, § 744  BGB Rn. 3; von Ditfurth, in: Gummert /  Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 74, § 53 Rn. 64; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 710 BGB Rn. 9; Schlegelberger / Martens, § 164  HGB Rn. 21; Bengel, ZEV 2002, 484, 485. 96  Staudinger / Langhein, § 744 BGB Rn. 31; U. Huber, Vermögensanteil, S. 132; kritisch auch Erman / Aderhold, § 744 BGB Rn. 9.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

gesellschaftsrechtlichen Organisationsregeln vereinbar, da es gerade vom Fehlen solcher Geschäftsführungsregelungen ausgehe.97 § 744 Abs. 2 BGB ermöglicht es dem Einzelnen, die Werterhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands sicherzustellen.98 Für die Möglichkeit des Schutzes gemeinsamer Werte gibt es bei den Personengesellschaften sogar ein größeres Bedürfnis, da bei diesen die Pflicht zur Rücksichtnahme sowie die Treuepflichten ausgeprägter sind und bei einem Schadenseintritt eine persönliche Haftung der Gesellschafter droht.99 Den eigentlich nicht zu Geschäftsführung befugten Gesellschafter „sehenden Auges in eine persönliche Haftung laufen zu lassen“, obgleich er faktisch die Möglichkeit hat, den Schaden abzuwenden, überzeugt nicht. Deswegen besteht unter den Voraussetzungen des § 744 Abs. 2 BGB ein Notgeschäftsführungsrecht. c) Gefahr im Verzug aa) Analogie zu § 115 Abs. 2 a. E. HGB bei Gesamtgeschäftsführung? Ist für eine OHG das Einstimmigkeitsprinzip vereinbart worden, normiert § 115 Abs. 2 a. E. HGB eine Ausnahme für den Fall, dass „Gefahr im Verzug“ ist und die Zustimmung der restlichen Gesellschafter nicht eingeholt werden kann.100 Im Recht der GbR fehlt es an einer entsprechenden Regelung. Freilich existiert das Notgeschäftsführungsrecht analog § 744 Abs. 2 BGB. Dieses steht zwar allen Gesellschaftern zu, hat aber strengere Voraussetzungen, denn es setzt nicht nur einen drohenden nicht unerheblichen Schaden für die Gesellschaft voraus, sondern es muss der Bestand der Gesellschaft bzw. eines Gegenstandes aus dem Gesellschaftsvermögen bedroht sein.101 § 115 Abs. 2 a. E. HGB könnte deswegen analog auf die GbR anwendbar sein. Soweit ersichtlich, wird in der Literatur eine separate Analogie der Ausnahmeregelung des § 115  Abs. 2  a. E. HGB auf die GbR nicht diskutiert, 97  Staudinger / Langhein, § 744 BGB Rn. 31; U. Huber, Vermögensanteil, S. 132; darauf auch hinweisend, aber ein Notgeschäftsführungsrecht im Ergebnis anerkennend: MünchKomm-BGB / K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 50. 98  BGH Urt. v. 21.3.1985 – VII ZR 148 / 83, NJW 1985, 1826, 1827; MünchKomm-BGB / K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 41; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 65 f.; siehe auch Diederichsen, MDR 1963, 632, 634. 99  Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 16; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 66; vgl. auch Bengel, ZEV 2002, 484, 485. 100  Dazu 3. Kapitel F. II. 101  BGH Urt. v. 4.5.1955 – IV ZR 185 / 54, BGHZ 17, 181, 183; Urt. v. 10.1.1963 – II ZR 95 / 61, BGHZ 39, 14, 20; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 15; Flu­ me, Personengesellschaft, S. 265; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 21.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR197

allenfalls eine Gesamtanalogie der Einzelgeschäftsführungsregelungen der OHG wird vertreten102 oder aber das Bestehen des Einstimmigkeitserfordernisses bei „Gefahr im Verzug“ betont103. bb) Fehlen einer vergleichbaren Interessenlage Eine analoge Anwendung der Regelung des § 115 Abs. 2 a. E. HGB setzt eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage voraus.104 Das Fehlen einer vergleichbaren Regelung wurde bereits festgestellt, jedoch ist die Vergleichbarkeit der Interessenlage fraglich. Dafür müssten die Tatbestände in den für die rechtliche Bewertung maßgeblichen Elementen gleich zu bewerten sein, was anhand des Zwecks der Regelung zu ermitteln ist.105 GbR und OHG haben unterschiedliche Ausgangslagen bei der Geschäftsführung. Bei der OHG soll grundsätzlich jeder Gesellschafter einzeln handeln können, damit die nötige Flexibilität im Handelsverkehr sichergestellt ist.106 Nur für den Fall, dass die Gesellschafter Gesamtgeschäftsführung vereinbaren, gilt im Zweifelsfall das Einstimmigkeitsprinzip mit der Ausnahmeregelung für „Gefahr im Verzug“ nach § 115 Abs. 2 a. E. HGB. Demgegenüber ist das gemeinsame Handeln aller Gesellschafter der Normalfall bei der auf „losere“ Verbindungen ausgelegten GbR, denn die gegenseitige Kontrolle der Gesellschafter steht im Vordergrund.107 Bei einer unternehmenstragenden GbR kann aber ebenfalls das Bedürfnis für erhöhte Flexibilität bestehen, so dass eine analoge Anwendung geboten sein könnte. Bei GbR und OHG findet sich demnach die vom Gesetzgeber angedachte Funktion der jeweiligen Gesellschaftsform in den gesetzlichen Geschäfts102  Dazu

sogleich 4. Kapitel E. bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm. 107, S. 136; RGRK / von Gamm, § 709 BGB Rn. 6. 104  BGH Urt. v. 5.2.1981 – III ZR 66 / 60, NJW 1981, 1726, 1727; BFH Urt. v. 26.1.2006 – III  R  51 / 05, NJW 2006, 1837, 1837; OLG Düsseldorf Beschl. v. 26.6.2008 – I-10 W 65 / 08, BeckRS 2008, 14226; Larenz, Methodenlehre, S. 381; Canaris, Feststellung von Lücken, S. 25, 45; MünchKomm-BGB / Säcker, Einleitung Rn. 150; Palandt / Heinrichs, Einleitung Rn. 48; Zippelius, Methodenlehre, S. 67 ff.; P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 37 f.; Möhring, GRUR 1968, 541, 541; Feddersen / von Cube, NJW 2010, 576, 577. 105  BGH Urt. v. 4.5.1988 – VIII 196 / 87, NJW 1988, 2109, 2110; Larenz, Methodenlehre, S. 381 f.; MünchKomm-BGB / Säcker, Einleitung Rn. 150; P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 38; Möhring, GRUR 1968, 541, 541. 106  Siehe oben 3. Kapitel E. I. 107  Siehe oben 4. Kapitel C. II. 1. 103  So

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

führungskonzepten wieder. Deshalb sind die einzelnen Regelungen in ihrem jeweiligen Gesamtkonzept der Geschäftsführung zu untersuchen. Bei der OHG besteht nach § 116 Abs. 1 HGB Einzelgeschäftsführung für alle gewöhnlichen Geschäfte, während in den Fällen des § 116 Abs. 2 HGB die Zustimmung aller Gesellschafter nötig ist. Es soll ein Ausgleich zwischen Effizienz und Kontrolle erreicht werden.108 Durch die Vereinbarung der Gesamtgeschäftsführung wird die gegenseitige Kontrolle in den Vordergrund gerückt.109 Nach der Zweifelsregel des § 115 Abs. 2 HGB gilt dann auch bei der OHG das Einstimmigkeitsprinzip und nicht das effizientere Mehrheitsprinzip, welches explizit vereinbart werden muss. Das Einstimmigkeitsprinzip „verlangsamt“ die Geschäftsführung erheblich. Wenn ein nicht unerheblicher Schaden droht, soll es nach § 115  Abs. 2  a. E.  HGB trotzdem möglich sein, schnell zu reagieren.110 Diese Ausnahme vom Einstimmigkeitsprinzip bei „Gefahr im Verzug“ gilt aber nicht bei außergewöhnlichen Geschäften i. S. v. § 116 Abs. 2 HGB,111 bei denen selbst bei der OHG die gegenseitige Kontrolle im Vordergrund steht112. Um für den Fall der Annahme einer analogen Anwendung auf die GbR die gegenseitige Kontrolle bei außergewöhnlichen Geschäften aufrecht zu erhalten, müsste auch § 116 Abs. 2 HGB entsprechend angewendet werden. Bei § 115 Abs. 2 a. E. HGB handelt es sich nicht um eine Regelung, die separat in das Geschäftsführungskonzept der GbR passt, und eine analoge Anwendung des § 116 Abs. 2 HGB ergibt für den Grundfall Gesamtgeschäftsführung bei der GbR keinen Sinn, da ohnehin für jedes Geschäft die Zustimmung aller erforderlich ist. Im Übrigen würde sich wegen der Vielzahl von möglichen Zwecken eine Abgrenzung von gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften als sehr schwer erweisen.113 Es fehlt daher an der vergleichbaren Interessenlage zwischen der OHG und der (unternehmenstragenden) GbR. Mithin kann eine analoge Anwendung der Ausnahme des § 116 Abs. 2 a. E. HGB nicht begründet werden.

108  3.

Kapitel D. II. Kapitel F. II. 110  3. Kapitel F. II. 111  3. Kapitel F. II. 112  3. Kapitel D. II. 113  Dies sah auch der Gesetzgeber so, Mugdan II, S. 338. 109  3.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR199

d) Verweigerung der Begründung für das Versagen der Zustimmung aa) Problemstellung und Meinungsstand Verweigert ein Gesellschafter seine Zustimmung zu einer Maßnahme, muss er dies auf Nachfrage begründen.114 Trotz dieser Pflicht kann er eine Begründung (pflichtwidrig) unterlassen. Entsprechend der Diskussion über die Folgen des Unterlassens der Begründung eines Widerspruchs115 stellt sich die Frage, ob die übrigen Gesellschafter allein deswegen handlungsbefugt sind oder ob sie den Gesellschafter auf Zustimmung verklagen müssen. Der Meinungsstand bei beiden Diskussionen entspricht sich. Nach einer Ansicht ist die Zustimmungsverweigerung ohne erkennbare Begründung pflichtwidrig und daher unbeachtlich.116 Nach der anderen Ansicht ist die Verweigerung weiterhin beachtlich,117 wobei wiederum zum Teil in der Nichtbegründung ein Anscheinsbeweis für die Pflichtwidrigkeit gesehen wird, der zur Handlungsbefugnis der anderen Gesellschafter bis zu Widerlegung führt.118 bb) Kein Klageerfordernis bei Begründungsverweigerung In dem Fehlen der Begründung eines Widerspruchs ist ein Anscheinsbeweis für seine Pflichtwidrigkeit zu sehen119 und ein pflichtwidriger Widerspruch kann ohne gerichtliche Entscheidung ignoriert werden120. Im Gegensatz dazu ist jedoch im Falle der pflichtwidrigen Zustimmungsverweigerung für eine Handlungsmöglichkeit der übrigen Gesellschafter regelmäßig eine gerichtliche Entscheidung erforderlich.121 Ein wichtiges Argument für dieses Klageerfordernis ist der mit der Gesamtgeschäftsführung intendierte hohe 114  Siehe

oben 4. Kapitel C. II. 6. oben 3. Kapitel E. III. 2. c). 116  Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 41; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 30; zum Zustimmungsrecht bei der OHG im Falle vereinbarter Gesamtgeschäftsführung: Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 29; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 25. 117  So wohl H. P. Westermann, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 265a zur Verweigerung der Begründung beim Widerspruch. 118  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 44; zum Zustimmungsrecht bei der OHG im Falle vereinbarter Gesamtgeschäftsführung: MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 52; Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 18. 119  3. Kapitel E. III. 2. c) cc). 120  3. Kapitel E. III. 5. 121  4. Kapitel C. II. 7. c). 115  Siehe

200

4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Schutz vor einer persönlichen Haftung.122 Eine solche Gefahr der persön­ lichen Haftung besteht grundsätzlich genauso, wenn den Mitgesellschaftern bei fehlender Begründung zugestanden wird, ohne eine gerichtliche Entscheidung zu handeln. Die Fälle unterscheiden sich jedoch insoweit, dass es in der Hand des die Begründung verweigernden Gesellschafters liegt, durch eine (ausreichende) Begründung die Handlungsmöglichkeit der Mitgesellschafter aufzuheben und so sein Haftungsrisiko auszuschließen. Unterlässt er dies, ist er nicht schutzwürdig.123 Ein weiteres entscheidendes Argument für das Klageerfordernis ist die Missbrauchsgefahr, sofern man den bloßen Vorwurf einer pflichtwidrigen Zustimmungsverweigerung für ausreichend erachtet.124 Mangels Missbrauchsgefahr ist aber eine Ausnahme von dem Klageerfordernis bei Evidenz der Pflichtwidrigkeit anzuerkennen.125 Durch das Unterlassen der Begründung verhindert der die Zustimmung verweigernde Gesellschafter, dass die Mitgesellschafter seine Entscheidung auf ihre Pflichtgemäßheit überprüfen können. Das Unterlassen ist bereits eine Pflichtverletzung und kann an sich zu Schadensersatzansprüchen gegen den Gesellschafter führen.126 Es ist nicht ersichtlich, warum ein Gesellschafter dieses Risiko eingehen sollte, wenn er nachvollziehbare Gründe für seine Entscheidung vortragen könnte. Obwohl nicht allein deshalb eine Pflichtverletzung evident ist, zumal ein schlicht irrationales Handeln denkbar wäre, liegen die Fälle doch nahe beieinander. Würde die Begründung offengelegt, ergäbe sich daraus (möglicherweise) die Evidenz der Pflichtwidrigkeit und damit die Handlungsbefugnis der übrigen Gesellschafter. Die Verhinderung einer Beurteilung durch das pflichtwidrige Unterlassen einer Begründung darf keinen Vorteil bringen. Der verweigernde Gesellschafter kann mit der Abgabe einer Begründung unproblematisch sein bei der Vornahme bestehendes Haftungsrisiko ausschalten und hat sich jedenfalls wegen des Unterlassens der Begründung pflichtwidrig verhalten, wohingegen die gerichtliche Erzwingung der Zustimmung ein mühsamer und zeitaufwändiger Prozess ist. Eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der effektiven Zweckerreichung ergibt daher, dass im Falle der Begründungsverweigerung eine weitere Ausnahme vom Einstimmigkeitsgrundsatz anzuerkennen ist. Dies entspricht der hier vertretenen Ansicht für den Fall des Unterlassens der Begründung des Widerspruchs.127 122  4.

Kapitel C. II. 7. c). dazu bereits oben 3. Kapitel E. III. 2. c) cc). 124  Dazu 4. Kapitel C. II. 7. c). 125  Siehe dazu oben 4. Kapitel C. II. 7. c). 126  3. Kapitel B. II. 127  3. Kapitel E. III. 2. c) cc). 123  Siehe



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR201

e) Übertragung von Einzelgeschäftsführungsbefugnis auf einzelne Gesellschafter Trotz einer Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip kann zusätzlich einzelnen Gesellschaftern das Recht zur alleinigen Geschäftsführung (typischerweise für einen Teilbereich nach einem Ressortprinzip128) von den anderen Gesellschaftern eingeräumt werden.129 Ein Widerspruchrecht gegen die Maßnahmen des einzelermächtigten Geschäftsführers steht den Mitgesellschaftern jedoch nur im Rahmen ihrer Geschäftsführungsbefugnis zu.130 Sind alle übrigen Gesellschafter nur gemeinsam geschäftsführungsbefugt, können sie auch nur gemeinsam Widerspruch erheben.131 f) Alltägliche Geschäfte § 709 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB erfasst nach seinem Wortlaut auch alltäg­ liche Geschäfte. Das Erfordernis der Zustimmung aller Gesellschafter macht selbst die Umsetzung einfacher Angelegenheiten umständlich. Entspricht die Vornahme von Routinegeschäfte durch einzelne Gesellschafter einer langandauernden praktischen Übung im Einverständnis aller Gesellschafter, kann darin eine konkludente Vertragsänderung liegen.132 Eine solche Vertragsänderung ist jedoch nur unter strengen Voraussetzungen möglich, insbesondere muss ein übereinstimmender Wille der Gesellschafter vorliegen und es darf sich nicht nur um eine einmalige Duldung handeln.133 Die Gesamtheit der Gesellschafter kann allerdings im Einzelfall, wenn eine Änderung des Gesellschaftsvertrags nicht in Betracht kommt oder unerwünscht ist, selbi128  3.

Kapitel E. II.

129  MünchKomm-BGB / Schäfer,

§ 709 Rn. 17; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 13; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 21; Schwamberger, BB 1963, 279, 279 ff.; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 28; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 3; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 8. 130  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 131  So bereits Lehmann / Ring, § 115 HGB Anm. 2; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 7; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 4; A. Hueck, OHG Recht, § 10 III 3, S. 127; Schlegelberger / Martens, § 115  HGB Rn. 5. 132  BGH Urt. v. 17.1.1966 – II ZR 8 / 64, NJW 1966, 826, 827; MünchKommBGB / Ulmer / Schäfer, § 705 Rn. 56; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 353a; Flume, Personengesellschaft, S. 32 f.; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105 HGB Rn. 65; Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 5 Rn. 73. 133  BGH Urt. v. 17.1.1966 – II ZR 8 / 64, NJW 1966, 826, 827 (20-jährige Übung); MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, § 705 Rn. 56; Wertenbruch, NZG 2005, 665, 666.

202

4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

gen einstimmig durchbrechen.134 Zudem kommt eine (gegebenenfalls ergänzende) Auslegung des Gesellschaftsvertrages anhand des (hypothetischen) Parteiwillens und unter besonderer Berücksichtigung der praktizierten Umsetzung in Betracht.135 Diese kann zu einer gewollten Einzelgeschäftsführung bei Routinegeschäften führen, da der tatsächliche Wille dem Vertragswortlaut vorgeht136. g) Interessenkonflikt aa) Selbstbetroffenheit Überwiegend wird eine weitere Ausnahme vom Einstimmigkeitsprinzip bei Bestehen eines Interessenkonfliktes angenommen, etwa wenn der Gesellschafter selbst von der Maßnahme betroffen ist (entsprechend § 34 BGB, § 47 Abs. 4 Satz 1 GmbHG).137 Vereinzelt wird jedoch auch darauf verwiesen, dass es wegen der Bindung an das Gesellschaftsinteresse eines solchen Ausschlusses nicht bedürfe, da die Geschäftsführungstätigkeit des Betroffenen bei interessenwidrigem Verhalten ignoriert werden könne.138 Zuzugestehen ist, dass die Bindung der Geschäftsführung an das Gesellschaftsinteresse139 den Konflikt theoretisch löst. Gleichwohl hat es der Ge134  BGH Urt. v. 7.2.1972 – II ZR 169 / 69, BGHZ 58, 115, 118; MünchKommHGB / K. Schmidt, § 105 Rn. 151; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105 HGB Rn. 66; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 105 HGB Rn. 63; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2  II  6  c, S. 119 (der in der Anerkennung jedoch eine Gefahr für unnötige Streitigkeiten erblickt); Happ / Möhrle, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 5 Rn. 73 (für eine abweichende Beschlussfassung). 135  BGH Urt. v. 29.9.1977 – II ZR 214 / 75, NJW 1978, 264, 265 (bezüglich einer Nachfolgeregelung); MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, § 705 Rn. 171, 174; Flu­ me, Personengesellschaft, S. 33 f.; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105 HGB Rn. 60, 63; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 III 2 a, S. 127; vgl. auch Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 105 HGB Rn. 28. 136  BGH Urt. v. 29.3.1996 – II 263 / 95, NJW 1996, 1678, 1679; MünchKommHGB / K. Schmidt, § 105 Rn. 149; Wertenbruch, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 105 HGB Rn. 60; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 III 2 a, S. 127; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 105 HGB Rn  7. 137  RG Urt. v. 3.5.1932 – II 438 / 31, RGZ 136, 236, 245; OLG Hamm Urt. v. 5.3.2003 – 8  U  130 / 02, NZG 2003, 627, 627; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 70; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 24, 37; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 28; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 119 HGB Rn. 8; Goette, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 119 HGB Rn. 12; Thielemann, Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 6, 8; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 15; ter Beck, FS  Westenberger, 37, 38; Schlegelberger / Martens, § 119 HGB Rn. 40; siehe hierzu auch: Erman / H. P. Westermann, § 709  BGB Rn. 26. 138  A. Hueck, OHG Recht, § 11 III 2, S. 170; RGRK / von Gamm, § 709  BGB Rn. 13; im Ergebnis auch MünchKomm-HGB / Enzinger, § 119 Rn. 33.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR203

setzgeber für nötig erachtet, explizite Regelungen (§§ 712 Abs. 1, 715 BGB und §§ 117, 113 Abs. 2, 127  HGB) für besonders evidente Interessenkonflikte zu schaffen, obwohl auch diese eigentlich durch die Bindung an das Gesellschaftsinteresse gelöst werden könnten. Der Verweis auf die Bindung an das Gesellschaftsinteresse bietet keinen ausreichenden Schutz, da der betroffene Gesellschafter dessen ungeachtet pflichtwidrig handeln kann und die übrigen Gesellschafter die Beweislast für das Vorliegen der Pflichtwidrigkeit haben.140 Wollen die anderen Gesellschafter den betroffenen Gesellschafter trotz des Konfliktes an der Entscheidung beteiligen, können sie dies tun, solange er dadurch nicht zum Richter in eigener Sache wird141. 139

bb) Betroffenheit nahestehender Personen (1) Vergleichbare Konfliktsituation Fraglich ist, ob das Stimmverbot auch dann greift, wenn der Betroffene zwar nicht Richter in eigener Sache wird, aber eine ihm nahestehenden Person beteiligt ist. Der Interessenkonflikt ist in beiden Fällen ähnlich groß.142 (2) Meinungsstand Die Rechtsprechung und der überwiegende Teil der Literatur lehnen eine Ausweitung des Ausschlusses ab und prüfen nur im Einzelfall einen Stimmrechtsmissbrauch oder eine Umgehung.143 Der Gesetzgeber habe die Fälle des Ausschlusses bei Interessenkonflikten abschließend geregelt (z. B. in §§ 1795, 1629 BGB, § 3 Nr.  2 und 4 AnfG), so dass eine Ausweitung abzulehnen sei.144 Ein Interessenkonflikt sei in anderen Fällen nicht zwingend, jedenfalls wäre dieser nicht gesellschaftsrechtlicher, sondern persönlicher 139  Siehe

hierzu oben 3. Kapitel C. I.

140  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 70; Flume, Personengesellschaft, S. 248.

141  BGH Urt. v. 12.6.1989 – II ZR 246 / 88, BB 1989, 1496, 1498 (bei einer GmbH); MünchKomm-BGB / Reuter, § 34 Rn. 16 f.; Goette, in: Ebenroth / Boujong /  Joost / Strohn, § 119 HGB Rn. 14; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 II 2 a, S. 608; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 I 4 e aa, S. 316; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 119 HGB Rn. 12; Weipert, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 57 Rn. 14. 142  BGH Urt. v. 29.3.1971 – III ZR 255 / 68, BGHZ 56, 47, 53 f. 143  BGH Urt. v. 29.3.1971 – III ZR 255 / 68, BGHZ 56, 47, 54; Urt. v. 16.2.1981 – II ZR 168 / 79, BGHZ 80, 69, 71; Erman / H. P. Westermann, § 34 BGB Rn. 5; Zöllner, in: Baumbach / Hueck, § 47 GmbHG Rn. 101; Goette, DStR 2001, 1260, 1261; Hügel / Klepsch, NZG  2005, 905, 907; Lohr, NZG  2002, 551, 552. 144  BGH Urt. v. 29.3.1971 – III ZR 255 / 68, BGHZ 56, 47, 54; Lohr, NZG 2002, 551, 552.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Natur.145 Im Übrigen ergäben sich Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich des einzubeziehenden Personenkreises und damit Rechtsunsicherheiten.146 Demgegenüber wird vereinzelt eine Ausweitung auf nahestehende Personen angenommen, weil eine Abstimmung gegen sie unzumutbar sei.147 Außerdem wäre, wenn etwa die Ehefrau oder die Kinder des Gesellschafters betroffen seien, eine Interessenkollision evident und eine Beteiligung des Gesellschafters problematisch.148 Die Abgrenzung des Personenkreises sei jedenfalls im Einzelfall weder schwieriger noch mit höheren Rechtsunsicherheiten behaftet als die Prüfung eines Missbrauches.149 (3) Einbeziehung nahestehender Personen Unabhängig davon, wie es zu einem Interessenkonflikt kommt, gilt die Bindung an das Gesellschaftsinteresse150. Die Bindung löst den Konflikt aber nur theoretisch und schützt die übrigen Gesellschafter nicht ausreichend.151 Darüber hinaus wird der Gesellschafter in eine unangenehme Konfliktlage gebracht, wenn er nach den gesellschafterlichen Pflichten gegen die ihm nahestehende Person stimmen muss, da selbst eine Enthaltung nicht möglich ist152. Der Hinweis, dass dieser Konflikt nicht gesellschaftsrechtlicher sondern privater Natur sei,153 ist zutreffend, aber nicht weiterführend. Die Gefahr, dass pflichtwidrig gehandelt und damit der private Konflikt vorrangig gelöst wird, besteht fort und ist bei engen Familienangehörigen (z. B. Ehefrau oder Kinder) nachvollziehbar. Freilich ist es nicht zwingend, dass den privaten Interessen der Vorrang eingeräumt wird.154 Ebenso wenig ist dies aber der Fall, wenn der Gesellschafter selbst betroffen ist. Deshalb ist es überzeugender, den Gesellschafter von seiner Pflicht zur Geschäftsführung bei solchen 145  BGH Urt. v. 16.2.1981 – II ZR 168 / 79, BGHZ 80, 69, 72; Hügel / Klepsch, NZG 2005, 905, 907. 146  Hügel / Klepsch, NZG 2005, 905, 907; Goette, DStR 2001, 1260, 1261. 147  Staudinger / Weick, § 34 BGB Rn. 12; G. Roth, in: Roth / Altmeppen, § 47 GmbHG Rn. 81. Für den Fall der Zustimmung zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 712 BGB Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 10; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 15. 148  G. Roth, in: Roth / Altmeppen, § 47 GmbHG Rn. 81. 149  G. Roth, in: Roth / Altmeppen, § 47 GmbHG Rn. 81. 150  Zur Bindung an das Gesellschaftsinteresse 3. Kapitel C. I. 151  Siehe bereits 4. Kapitel C. II. 8. g) aa). 152  Zur Pflicht der aktiven Teilnahme an der Geschäftsführung 3. Kapitel B. II. 153  BGH Urt. v. 16.2.1981 – II ZR 168 / 79, BGHZ 80, 69, 72; Hügel / Klepsch, NZG 2005, 905, 907. 154  BGH Urt. v. 16.2.1981 – II ZR 168 / 79, BGHZ 80, 69, 71; Goette, DStR 2001, 1260, 1261.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR

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Maßnahmen zu entbinden, um ihn nicht in einen privaten Konflikt „zu treiben“. Der Kreis der nahestehenden Personen darf natürlich nicht zu weit gezogen werden, zumindest die Fälle des § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB sind jedoch einzubeziehen.155 Ob es weitere Fälle gibt, in denen eine Ausweitung geboten ist, muss im Einzelfall entschieden werden. h) Zwischenergebnis Vom gesetzlichen Regelfall des Einstimmigkeitsprinzips bei der GbR kann gesellschaftsvertraglich abgewichen werden. Eine Ressortaufteilung kann außerhalb des Gesellschaftsvertrages durch Absprache der Geschäftsführer vorgenommen werden. Des Weiteren kann sich eine Änderung des Gesellschaftsvertrages aus einer lange andauernden abweichenden Durchführungspraxis ergeben. Das ist insbesondere denkbar, wenn alltägliche Geschäfte unter Duldung der Mitgesellschafter stets von einzelnen Gesellschaftern erledigt werden. Die Gesamtheit der Gesellschafter kann aber auch im Einzelfall den Gesellschaftsvertrag durchbrechen. Eine Ausnahme vom Einstimmigkeitsprinzip ist das Notgeschäftsführungsrecht analog § 744 Abs. 2 BGB. Danach kann ein einzelner – auch ein von der Geschäftsführung ausgeschlossener – Gesellschafter Maßnahmen ergreifen, die nötig sind, um den Bestand der Gesellschaft oder eines Gegenstandes aus dem Gesellschaftsvermögens zu sichern. Eine darüber hinausgehende Befugnis der geschäftsführenden Gesellschafter, bei „Gefahr im Verzug“ analog § 115  Abs. 2  a. E.  HGB ohne Zustimmung der Mitgesellschafter zu handeln, ist hingegen abzulehnen. Eine weitere Ausnahme besteht für den Fall, dass eine Begründung der Zustimmungsverweigerung auf Nachfrage unterbleibt, da der Verweigernde nicht schutzbedürftig ist und durch die Erfüllung seiner Begründungspflicht die Maßnahme und auch einen etwaigen Missbrauch verhindern kann. Zudem hat im Falle der Interessenkollision wegen Selbstbetroffenheit oder Beteiligung ihm nahestehender Personen (vgl. § 1795 Abs. 1  Nr.  1  BGB) der betroffene Gesellschafter keine Geschäftsführungsbefugnis.

155  So ausdrücklich: G. Roth, in: Roth / Altmeppen, § 47 GmbHG Rn. 81; Staudinger / Weick, § 34 BGB Rn. 12; ähnlich Staudinger / Habermeier, § 712  BGB Rn. 10 („enge Beziehungen“).

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

III. Gesamtgeschäftsführung nach dem Mehrheitsprinzip, § 709 Abs. 2 BGB Der Gesellschaftsvertrag kann vorsehen, dass die Geschäftsführung nach dem Mehrheitsprinzip durchgeführt wird. Durch einen Mehrheitsbeschluss sind die überstimmten Gesellschafter dazu verpflichtet, die beschlossene Maßnahme zu dulden, und sie müssen bei Bedarf sogar an der Umsetzung mitwirken.156 Dementsprechend steht den überstimmten Gesellschaftern grundsätzlich kein Widerspruchsrecht zu.157 Allerdings muss die Maßnahme im Gesellschaftsinteresse liegen. Sie darf also nicht zweckwidrig sein, da die Vereinbarung von Mehrheitsbeschlüssen für Geschäftsführungsmaßnahmen keine Auswirkungen auf das Einstimmigkeitserfordernis bei der Änderung des Gesellschaftsvertrages hat.158 Aus der Vereinbarung kann nicht auf den Willen geschlossen werden, sich der Mehrheit uneingeschränkt zu unterwerfen.159 Die Auslegungsregel des § 709  Abs. 2 BGB bezieht sich nur auf Geschäftsführungsmaßnahmen.160 Die Mehrheit der Stimmen ist im Zweifel nach der Mehrheit der stimmberechtigten Gesellschafter zu berechnen (vgl. § 709 Abs. 2 BGB). Es können aber auch davon abweichende Vereinbarungen – z. B. eine Berechnung nach Kapitalanteilen – getroffen werden.161 Sofern nichts anderes vereinbart wurde, muss eine einfache Mehrheit vorliegen.162 Für manche Entscheidungen werden jedoch bestimmte Mehrheiten vom Gesetz vorgegeben, so ist zum Beispiel nach § 43 Abs. 2 Satz 2 UmwG bei einer Verschmelzung eine Drei-Viertel-Mehrheit erforderlich. 156  So bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm. 109, S. 138; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 49; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 31; RGRK / von Gamm, § 709 BGB Rn. 7; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 21; siehe auch Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 25. 157  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 13. 158  BGH Urt. v. 13.5.1985 – II ZR 170 / 84, NJW 1985, 2830, 2831; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 49; ähnlich: U. Schneider, ZGR 1972, 357, 371. 159  BGH Urt. v. 13.5.1985 – II ZR 170 / 84, NJW 1985, 2830, 2831. 160  BGH Urt. v. 12.11.1952 – II ZR 260 / 51, BGHZ 8, 35, 41; vgl. auch Urt. v. 13.7.1967 – II  ZR  72 / 67, BGHZ 48, 251, 254 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 V 2 b, S. 1396; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 46. 161  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 353; MünchKomm-BGB /  Schäfer, § 709 Rn. 97; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 31; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47  V  2 a, S. 1396; Hueck / Windbichler, § 8 Rn. 4; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 48; AK-BGB / Heidel / Pade, § 709 Rn. 19; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 21. 162  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 47; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 47; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 119 HGB Rn. 41; Gummert / Gum­ mert / Karrer, § 7 Rn. 51 f.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR207

IV. Geschäftsführung durch einen Teil der Gesellschafter nach § 710 BGB § 710 BGB regelt den Fall der Übertragung der Geschäftsführung auf einzelne oder mehrere Gesellschafter. Die Übertragung i. S. v. Satz 1 erfasst auch die Übertragung eines Teilbereiches.163 Enthält der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Regelung, ist nach der Auslegungsregel des § 710 Satz 1 BGB davon auszugehen, dass die anderen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. Das Voranstellen des Wortes „über­ tragen“ in § 710 Satz 1 BGB ist insoweit missverständlich, als die Geschäftsführung nicht übertragen werden muss, denn alle Gesellschafter besitzen die Geschäftsführungsbefugnis kraft Mitgliedschaft164. In den Fällen des § 710  Satz  1  BGB handelt sich vielmehr um einen Verzicht bzw. um einen Ausschluss der anderen Gesellschafter von der Geschäftsführung.165 Die Übertragung kann auch durch eine nachträgliche und gegebenenfalls konkludente Änderung des Gesellschaftsvertrages erfolgen (etwa durch eine über einen längeren Zeitraum praktizierte Übung).166 Allerdings darf es sich nicht um eine reine interne Absprache der Geschäftsführer handeln, da die Geschäftsführung auf Ebene des Gesellschaftsvertrages zu regeln ist.167 Im Falle der Übertragung der Geschäftsführung auf mehrere Gesellschafter findet nach § 710 Satz 2 BGB die Regelung des § 709 BGB Anwendung. Es gilt also im Zweifel das Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB) bzw. bei Vereinbarung des Mehrheitsprinzips die Berechnung der Mehrheit nach Köpfen (§ 709 Abs. 2  BGB).

V. Einzelgeschäftsführung und Widerspruchsrecht bei der GbR nach § 711 BGB 1. Vorbemerkung In § 711 BGB findet sich eine Regelung des Widerspruchsrechts bei der GbR, die weitgehend § 115 HGB entspricht. Der Hauptanwendungsfall von § 711 BGB ist daher auch die – der Rechtslage bei der OHG entsprechende 163  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 710 Rn. 2; Staudinger / Habermeier, § 710 BGB Rn. 3; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 710 BGB Rn. 6. 164  Siehe 2. Kapitel C. 165  So bereits hinsichtlich § 114 Abs. 2 HGB, dazu 3. Kapitel F. III. 166  Vgl. 4. Kapitel C. II. 8. f). 167  BGH Urt. v. 10.3.1955 – II ZR 309 / 53, BGHZ 16, 394, 396 f.; MünchKommBGB / Schäfer, § 710 Rn. 2 f.; Staudinger / Habermeier, § 710 BGB Rn. 2; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 710 BGB Rn. 2 f.

208

4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

– Vereinbarung von Einzelgeschäftsführung. Die für die GbR bestehenden Besonderheiten werden im Folgenden dargestellt, im Übrigen gelten die Ausführungen zum Recht der OHG entsprechend168. 2. Außenwirkung eines Widerspruchs bei der GbR a) Einfluss des § 714 BGB auf die Wirkung des Widerspruchs Im Rahmen der Einzelgeschäftsführung nach § 115 Abs. 1 HGB wurde die Außenwirkung eines Widerspruchs für die OHG verneint, sofern kein Missbrauch der Vertretungsmacht oder ein Geschäft mit einem Gesellschafter vorliegt.169 Im Gegensatz zur OHG ist die Vertretungsmacht der GbR jedoch nach § 714  BGB „im Zweifel“ an die Geschäftsführungsbefugnis geknüpft. Deswegen stellt sich für die GbR die Frage, ob daraus eine Außenwirkung des Widerspruchs resultiert. b) Meinungsstand Dies wird teilweise bejaht, da § 714  BGB zu einem Gleichlauf von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht führe.170 Der Widersprechende werde andernfalls durch die Wirksamkeit der Maßnahme vor vollendete Tatsachen gestellt und in die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gedrängt.171 Die herrschende Meinung hält an der internen Wirkung des Widerspruchs fest, sofern keine der auch für die OHG anerkannten Ausnahmen vorliegt.172 Aus der Formulierung „muss […] unterbleiben“ in § 711 Satz 2 BGB lasse sich keine Außenwirkung herleiten, da nach § 115 Abs. 1 HGB ebenfalls die Handlung unterbleiben muss und dort die rein interne Wirkung anerkannt ist.173 Dem 168  Dazu

3. Kapitel E. oben 3. Kapitel E. III. 4. c). 170  So bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm. 111, S. 140; Flume, Personengesellschaft, S. 270 f.; AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 8; Schmidt-Rimpler, FS  Knur, 235, 251; Baur, JZ 1955, 607, 609. 171  AK-BGB / Heidel / Pade, § 711 Rn. 8. 172  BGH Urt. v. 10.3.1955 – II ZR 309 / 53, NJW 1955, 825, 826; MünchKommBGB / Schäfer, § 711 Rn. 14 f.; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 43; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 10; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen /  Weinreich, § 711 BGB Rn. 3; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357d; Erman / H. P. Westermann, § 711 BGB Rn. 5; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 8; RGRK / von Gamm, § 711 BGB Rn. 3; Palandt / Sprau, § 711 BGB Rn. 1; KK-GR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 33. 173  BGH Urt. v. 10.3.1955 – II ZR 309 / 53, NJW 1955, 825, 826. 169  Siehe



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR209

Wortlaut des § 714 BGB lasse sich zwar nicht entnehmen, dass Beschränkungen im Innenverhältnis für die Vertretung unbeachtlich sein sollen, dies sei aber ein allgemeiner Grundsatz des Vertretungsrechts174. Darüber hinaus könne die Vertretungsmacht nur unter den Voraussetzungen des § 715 BGB entzogen werde, da bei der Möglichkeit der Aufhebung durch einen einzelnen Widerspruch die Gefahr einer Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft be­ stehe.175 c) Identische Wirkung des Widerspruchs bei GbR und OHG Der Widerspruch hebt die Geschäftsführungsbefugnis nicht vollständig auf, sondern nur für die in Rede stehende Maßnahme,176 so dass bei einer Außenwirkung weder die Voraussetzungen des § 715 BGB für eine vollständige Entziehung umgangen werden noch die Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft droht.177 Indes sprechen Erwägungen des Verkehrsschutzes für die Begrenzung des Widerspruchs auf das Innenverhältnis, denn es ist für Dritte unzumutbar und regelmäßig sogar unmöglich, die Wirksamkeit des Widerspruchs zu überprüfen.178 Dies trifft genauso auf die GbR wie auf die OHG179 zu und daran ändert auch eine etwaige Verknüpfung von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht nichts. Ein weiteres Argument gegen eine Außenwirkung des Widerspruchs ergibt sich, wenn man eine analoge Anwendbarkeit des § 172 Abs. 2 BGB auf einen zum Vertretungsnachweis vorgelegten Gesellschaftsvertrag befürwortet. Wegen des Fehlens eines öffentlich einsehbaren Registers existiert bei einem Geschäft mit einer GbR per se eine gewisse Unsicherheit bezüglich der Vertretungsmacht. Der Geschäftspartner wird in der Regel einen Nachweis für die Einzelvertretungsmacht des Gesellschafters verlangen. Fehlt eine gesonderte Bevollmächtigungsurkunde, kann zum Nachweis nur – falls 174  MünchKomm-BGB / Schramm, § 164 Rn. 97, 100; Staudinger / Schilken, Vorbem. zu §§ 164 ff. BGB Rn. 33; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 357d. 175  BGH Urt. v. 10.3.1955 – II ZR 309 / 53, NJW 1955, 825, 826; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 8. 176  Siehe oben 3. Kapitel E. III. 4. 177  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 15; Flume, Personengesellschaft, S. 271 f.; Schmidt-Rimpler, FS Knur, 235, 237. 178  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 711 Rn. 15; Staudinger / Habermeier, § 711 BGB Rn. 10; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 43; Erman / H. P. Westermann, § 711  BGB Rn. 5; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 711 BGB Rn. 8; R. Weber, JuS  2000, 313, 316; Schlosser, Rechtsprechung OHG, S. 80. 179  Siehe dazu oben 3. Kapitel E. III. 4. b).

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

vorhanden – der schriftliche Gesellschaftsvertrag vorgelegt werden, wobei eine beglaubigte Abschrift reicht180. Gleichwohl können nachträgliche Änderungen eingetreten sein, die nicht schriftlich festgehalten wurden und deren Vorliegen für Dritte unüberprüfbar sind.181 Es besteht daher ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs an einem Schutz des guten Glaubens an die Richtigkeit der Urkunde.182 Obgleich der Gesellschaftsvertrag an sich keine zur Vorlage bestimmte Urkunde ist183, wird deswegen eine analoge Anwendung des § 172 Abs. 2  BGB vertreten184. Folgt man diesem Vorschlag, entspräche der Widerspruch nicht den Voraussetzungen des § 172 Abs. 2 BGB (Rückgabe der Urkunde oder Kraftloserklärung). Überwiegend wird indessen für eine Aufhebung der Vertretungsmacht eine bloße Anzeige gegenüber dem Dritten bzw. eine Widerrufserklärung für ausreichend erachtet.185 Es kann jedoch aus dem Widerspruch gegen eine konkrete Maßnahme weder darauf geschlossen werden, dass der Widersprechende die Geschäftsführungsbefugnis des anderen Gesellschafters vollständig aufheben wollte186 noch wäre ein solcher Gesamtwiderspruch zulässig187. Ein Widerspruch kann also keinen Widerruf der mit der Urkunde belegten allgemeinen Vertretungsmacht darstellen. Die Annahme eines Teilwiderrufs für die konkrete Maßnahme hätte den Nachteil, dass der tatsächliche Umfang der Vertretungsmacht nicht (mehr) aus der Urkunde ersichtlich wäre. Denkbar wären allenfalls Vermerke auf der Urkunde (dem Gesellschaftsvertrag) hinsichtlich des Teilwiderrufes der Vertretungsmacht für die konkrete Maßnahme in Folge des Widerspruchs. Dies ist ersichtlich impraktikabel. Entscheidend spricht aber dagegen, dass sich § 172 BGB gerade auf den aus der (unveränderten) Urkunde ergebenden Rechtsschein bezieht188. Ein Teilwiderruf

180  Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 128; Wertenbruch, DB 2003, 1099, 1102 lässt sogar eine Fotokopie genügen. 181  Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 126; Heil, NJW 2002, 2158, 2158. 182  Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 126; Heil, DNotZ 2002, 60, 66. 183  Heil, NJW 2002, 2158, 2158. 184  Wertenbruch, DB 2003, 1099, 1101; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 126; Wertenbruch, WM 2003, 1785, 1788; Lautner, MittBayNot 2001, 425, 433 f.; im Ergebnis auch Nagel, NJW 2003, 1646, 1648, der ohne Hinweis auf § 172 Abs. 2 BGB von dem Schutz des Vertrauens auf den Fortbestand der im Gesellschaftsvertrag erteilten Vertretungsmacht ausgeht. 185  MünchKomm-BGB / Schramm, § 172 Rn. 13a; Staudinger / Schilken, § 172 BGB Rn. 10; Valenthin, in: Bamberger / Roth, § 172 BGB Rn. 12; Erman / Maier-Reimer, § 172 BGB Rn. 15; Soergel / Leptien, § 172 BGB Rn. 5. 186  BGH Urt. v. 10.3.1955 – II ZR 309 / 53, NJW 1955, 825, 826. 187  Zur Unzulässigkeit eines Gesamtwiderspruchs siehe oben 3. Kapitel E. III. 3. 188  Vgl. MünchKomm-BGB / Schramm, § 172 Rn. 1, 3; Valenthin, in: Bamberger /  Roth, § 172 BGB Rn. 1; Erman / Maier-Reimer, § 172 BGB Rn. 1.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR211

(durch einen Widerspruch) ist grundsätzlich nicht vorgesehen und führte zu Unsicherheiten für den Rechtsverkehr. Mithin ist zum Schutze des Rechtsverkehrs auch bei der GbR von einer rein internen Wirkung des Widerspruchs auszugehen, wenn nicht ein Missbrauch der Vertretungsmacht oder ein Geschäft mit einem Gesellschafter vorliegt. 3. Analoge Anwendung von § 116 Abs. 2 HGB a) Problemstellung und Meinungsstand Bei der GbR kann die Einzelgeschäftsführungsbefugnis eines oder mehrerer Gesellschafter vereinbart werden. Deshalb regelt § 711 BGB – als im Zweifel anwendbare Auffangregelung – das Widerspruchsrecht der Gesellschafter. Im Unterschied zum Recht der OHG fehlt allerdings eine § 116 HGB entsprechende Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften. Nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches ist daher die Folge der Vereinbarung von Einzelgeschäftsführung, dass jeder einzelgeschäftsführungsbefugte GbR-Gesellschafter alle Geschäftsführungsmaßnahmen alleine ausführen kann. Zur Begrenzung des damit einhergehenden erhöhten Risikos für die persönlich haftenden Gesellschafter ist eine analoge Anwendung des § 116 Abs. 2 HGB zu erwägen. Überwiegend wird eine Analogie jedoch nicht diskutiert und ohne weitere Begründung auf die fehlende Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften bei der GbR verwiesen.189 Nur Teilweise wird demgegenüber eine analoge Anwendung des § 116 Abs. 2 HGB zum Schutze der Gesellschafter vor einer persönlichen Haftung befürwortet.190 b) Vorliegen der Analogievoraussetzungen Eine Analogie setzt eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage voraus.191 Eine planwidrige Regelungslücke besteht im Falle 189  Siehe etwa Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 5; MünchKomm-BGB /  Schäfer, § 709 Rn. 24; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 3; Palandt / Sprau, Vorb. v. § 709 BGB Rn. 1; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709  BGB Rn. 15; KKGR / Lubitz, §§ 709–713 BGB Rn. 13. 190  Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 94; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 354b; Wertenbruch, DStR  2007, 1680, 1683. 191  BGH Urt. v. 5.2.1981 – III ZR 66 / 60, NJW 1981, 1726, 1727; Urt. v. 4.5.1988 – VIII 196 / 87, NJW 1988, 2109, 2110; BFH Urt. v. 26.1.2006 – III  R  51 / 05, NJW

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

einer ungewollten Unvollständigkeit des Gesetzes, die im Widerspruch zum zugrunde liegenden Regelungsplan des historischen Gesetzgebers steht, weil er sie übersehen hat oder eine unvorhergesehene Änderung der Umstände eingetreten ist.192 Von der Vergleichbarkeit der Interessenlage ist auszugehen, wenn die Fälle in den für die rechtliche Bewertung maßgeblichen Elementen gleich zu bewerten sind, was anhand des Zwecks der Regelung zu ermitteln ist.193 Eine Regelung des Umfangs der Geschäftsführungsbefugnis fehlt im Bürgerlichen Gesetzbuch. Für den Grundfall der Gesamtgeschäftsführung ist sie obsolet, weil alle Gesellschafter über jede Maßnahme abstimmen müssen. Für vertragliche Abweichungen sind in den §§ 709 Abs. 2, 710, 711 BGB Regelungen für lückenhafte Vereinbarungen getroffen. Die nahezu unbegrenzte vertragliche Gestaltungsfreiheit macht es allerdings unmöglich, alle Lücken zu füllen. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung des Umfangs ist daher keine vom Gesetzgeber beabsichtigte Lücke. Außerdem wurde das Recht der GbR nicht für unternehmerisch tätige Gesellschaften geschaffen, sondern es lag das Leitbild der Gelegenheitsverbindung zugrunde.194 Es gibt keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber die für eine unternehmerisch tätige Gesellschaft zweckmäßigere Einzelgeschäftsführung für die GbR anders als für die OHG ausgestalten wollte. Folglich enthält das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke. Wegen des Vorrangs der gesellschaftsvertraglichen Regelungen vor den dispositiven gesetzlichen Regelungen195 kommt eine Analogie zu § 116 Abs. 2 HGB nur in Betracht, wenn Vertrag und Gesetz eine planwidrige 2006, 1837, 1837; OLG  Düsseldorf Beschl. v. 26.6.2008 – I-10 W 65 / 08, BeckRS 2008, 14226; Larenz, Methodenlehre, S. 381; Canaris, Feststellung von Lücken, S. 25, 45; MünchKomm-BGB / Säcker, Einleitung Rn. 150; Palandt / Heinrichs, Einleitung Rn. 48; Zippelius, Methodenlehre, S. 67 ff.; P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 37 f.; Möhring, GRUR 1968, 541, 541; Feddersen / von Cube, NJW 2010, 576, 577. 192  BGH Urt. v. 5.2.1981 – III ZR 66 / 80, NJW 1981, 1726, 1727; BFH Urt. v. 26.1.2006 – III  R  51 / 05, NJW 2006, 1837, 1837; Urt. v. 14.2.2007 – II R 66 / 05, NJW-RR 2008, 197, 198; Larenz, Methodenlehre, S. 373; Canaris, Feststellung von Lücken, S. 16 f.; MünchKomm-BGB / Säcker, Einleitung Rn. 159; Palandt / Heinrichs, Einl Rn. 55; P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 37. 193  BGH Urt. v. 4.5.1988 – VIII 196 / 87, NJW 1988, 2109, 2110; Larenz, Methodenlehre, S. 381 f.; MünchKomm-BGB / Säcker, Einleitung Rn. 150; P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 38; Möhring, GRUR 1968, 541, 541. 194  Mugdan II, S. 330, 336 f.; Flume, Personengesellschaft, S. 3; MünchKommBGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 87; Staudinger / Habermeier, Vorbem zu §§ 705– 740 BGB Rn. 66; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V 2 b, S. 1723. 195  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 1; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 6; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 11; RGRK / von Gamm, § 709 Rn. 1; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 20.



C. Art der Geschäftsführung bei der GbR213

Lücke enthalten.196 Die Einzelgeschäftsführung bei der GbR muss explizit vereinbart werden, und es obläge dabei den Gesellschaftern, eine Regelung des Umfangs zu treffen. Tun sie dies nicht, könnte das auf den Willen zur unbegrenzten Geschäftsführungsbefugnis hindeuten und gegen eine Regelungslücke sprechen. Die Feststellung der Planwidrigkeit des Fehlens einer gesellschaftsvertraglichen Regelung ist letztlich nur im Einzelfall möglich. Für die Vergleichbarkeit der Interessenlage könnte sprechen, dass eine Begrenzung der Geschäftsführungsbefugnis, wenn sie schon bei der OHG vorgesehen ist, erst recht bei der stärker auf gegenseitige Kontrolle ausgerichteten GbR197 gelten müsse. Verneint man eine Analogie hingegen und legt die – abzulehnende – Ansicht198 zugrunde, dass zweckfremde Maßnahmen Teil der Geschäftsführung sind, führte die Vereinbarung von Einzelgeschäftsführung zu einer Geschäftsführungsbefugnis einzelner Gesellschafter für außerhalb des Gesellschaftszwecks liegende Geschäfte. Das kann nicht überzeugen. Die Zustimmung aller Gesellschafter zur Vornahme zweckfremder Maßnahmen ist als zwingend zu erachten.199 Auch wenn man zweckfremde Geschäfte – richtigerweise – nicht als Teil der Geschäftsführung ansieht, fügt sich eine analoge Anwendung des § 116 Abs. 2 HGB in ein schlüssiges Geschäftsführungskonzept. § 116 Abs. 2 HGB begrenzt die Einzelgeschäftsführungsbefugnis dergestalt, dass bei außergewöhnlichen Geschäften die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist.200 Die Flexibilität und Effektivität der Einzelgeschäftsführung soll in einen harmonischen Ausgleich mit dem persönlichen Haftungsrisiko der Gesellschafter gebracht werden.201 Bei riskanten Geschäften haben die Gesellschafter dadurch eine größere Kontrollmöglichkeit als bei einem reinen Widerspruchsrecht, welches ohnehin allein den geschäftsführenden Gesellschaftern zustände. Die von der Geschäftsführung ausgeschlossenen, aber gleichwohl persönlich haftenden Gesellschafter wären andernfalls nur durch die Bindung der Geschäftsführer an das Gesellschaftsinteresse geschützt. Nach der hier vertretenen Ansicht kann außerdem ein pflichtwidriger Widerspruch übergangen werden, während bei einer fehlenden Zustimmung in der Regel eine gerichtliche Entscheidung einzuholen ist.202 Die Gefahr, dass Ergebnis ebenso Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 95. oben 4. Kapitel C. II. 1. 198  Hierzu 3. Kapitel D. V. 2. und 3. 199  Vgl. 3. Kapitel C. II. 1. b). 200  Siehe hierzu 3. Kapitel D. II. 201  Siehe oben 3. Kapitel D. II. 202  Siehe bezüglich des Widerspruchs 3. Kapitel E. III. 5. und bezüglich der Zustimmung 4. Kapitel C.  II.  7. c). 196  Im

197  Siehe

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

vorschnell die ablehnende Haltung als pflichtwidrig eingestuft und im Folgenden eine persönliche Haftung begründet wird, wenn auch „abgesichert“ durch einen Schadensersatzanspruch gegen den dann selbst pflichtwidrig handelnden Gesellschafter, wäre durch eine Zustimmungspflicht gebannt. Dieser zusätzliche Schutz ist sinnvoll bei außergewöhnlichen Geschäften, die regelmäßig mit einem höheren Risiko verbunden sind. Erst durch das Zusammenspiel der Einzelgeschäftsführung für gewöhnliche und des Zustimmungserfordernisses für außergewöhnliche Geschäfte ergibt sich ein stimmiges Geschäftsführungskonzept, bei dem sich Schutz vor persönlicher Haftung und Flexibilität zum Handeln die Waage halten.203 Darüber hinaus ermöglicht die Analogie zu § 116 Abs. 2 HGB bei einer GbR mit vereinbarter Einzelgeschäftsführung eine systemkonforme und schlüssige Begründung dafür, dass sich aus § 709  BGB eine Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis auf Geschäfte ergibt, die aus dem Gesellschaftsvermögen bestritten werden können.204 Eine nachträgliche Genehmigung von außergewöhnlichen Geschäften ist durch die Gesellschafter möglich; so können auch die von einer allgemeinen Befugnis ausgehenden Geschäftsführer entlastet werden. Sie werden durch die entsprechende Anwendung also nicht unangemessen belastet. Folglich besteht eine vergleichbare Interessenlage nach Sinn und Zweck des § 116 Abs. 2 HGB. Sofern der Gesellschaftsvertrag keine Regelung für den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis enthält, ist § 116 Abs. 2 HGB entsprechend auf die GbR anwendbar. Mithin ist bei außergewöhnlichen Geschäften die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Sollte bei der GbR keine Einzelgeschäftsführung vereinbart worden sein, sondern die Gesamtgeschäftsführung nach dem Mehrheitsprinzip, ist § 116 Abs. 2 HGB ebenfalls analog anzuwenden. Die oben angeführte Begründung gilt entsprechend.

203  Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 94; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 354b. 204  Dazu 3. Kapitel D. III.



D. Sonderfall

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D. Sonderfall: Auswirkungen des Formwechsels einer OHG oder KG in eine GbR auf die Geschäftsführungsregelungen I. Problem der Fortwirkung der ursprünglichen Geschäftsführungsregelungen Die Umwandlung einer OHG oder KG zu einer GbR tritt ein, wenn in Folge einer Zweckänderung gar kein Handelsgewerbe mehr betrieben, sondern zum Beispiel ein Freier Beruf ausgeübt wird. Bei Unkenntnis oder Dissens über die zukünftige Ausgestaltung stellt sich die Frage, ob die bis dato bestehenden Geschäftsführungsregelung weiterhin Bestand haben.

II. Meinungsstand Von der herrschenden Meinung wird die „Umwandlungsresistenz“ der getroffenen Geschäftsführungsregelungen unter Hinweis auf den in den ursprünglichen Regelungen manifestierten Willen der Gesellschafter vertreten.205 Vereinzelt wird im Gegensatz dazu für das Eingreifen der gesetzlichen Geschäftsführungsregelungen der GbR plädiert.206 Vermittelnd wird eine Unterscheidung nach der ursprünglichen Rechtsform befürwortet. Bei der Umwandlung einer KG müssten, wegen der entstehenden persönlichen Haftung der Kommanditisten die GbR-Regelungen greifen, während bei der Umwandlung einer OHG an den bis dahin geltenden Regelungen festzuhalten sei.207

III. Ergänzende Vertragsauslegung nach unterschiedlicher Interessenlage Wegen des Fehlens einer Vereinbarung ist eine ergänzende Vertragsauslegung erforderlich.208 Haben die Parteien die in Rede stehende Situation 205  BGH Urt. v. 19.5.1960 – II ZR 72 / 59, WM 1960, 764, 766 f.; Urt. v. 10.5.1971 – II ZR 177 / 68, NJW 1971, 1698, 1698 (für den Fall der Zweckänderung); MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 19; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 20; Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 92. 206  Kornblum, BB 1972, 1032, 1036. 207  Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 14; Beyerle, NJW 1972, 229, 230, 232. 208  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 19; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 20.

216

4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

bedacht, gleichwohl aber nicht geregelt, spricht dies für den Willen zu einer abschließenden Regelung, was eine ergänzende Vertragsauslegung mangels Lücke ausschließt.209 Wird in Kenntnis der Folgen des Formwechsels keine neue Regelung der Geschäftsführung angestrebt, kann also regelmäßig von einer bewussten Nichtregelung und damit von einem Bekenntnis zu den ursprünglichen Vertragsregelungen ausgegangen werden.210 Besteht hingegen eine Regelungslücke, ist eine ergänzende Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der Interessenlage und Zugrundelegung des hypothetischen Parteiwillens bei Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben möglich.211 Ein gesteigertes Interesse der (ehemaligen) Kommanditisten an der Mitsprache bei Geschäftsführungsentscheidungen ist bei einem Wechsel in die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters nachvollziehbar. Entgegengehalten wird, dass sie oftmals gar nicht in der Lage seien, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen.212 Es ist jedoch zu bedenken, dass im Gesetz eine Verknüpfung zwischen dem Recht zur Geschäftsführung und der persönlichen Haftung angelegt ist.213 Es handelt sich zwar nicht um einen zwingenden Gleichlauf, da vertragliche Abweichungen möglich sind, dennoch verknüpft das Gesetz beides durch § 164 Satz 1 HGB. Eine strikte Einhaltung des Gleichlaufs bedeutete bei Fortgeltung der Einzelgeschäftsführung auch eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis der (ehemaligen) Kommanditisten. Diese widerspräche dem – nicht von der Hand zu weisenden – Gesichtspunkt, dass diese oftmals gar nicht fähig oder willens zur Geschäftsführung sind. Wäre andererseits lediglich von einer Fortgeltung der Einzelgeschäftsführung der (ehemaligen) Komplementäre auszugehen, hätten sich die (ehemaligen) Kommanditisten in eine erhebliche – wegen der nunmehr eingetretenen Haftung auch persönliche – Abhängigkeit von ihren Mitgesellschaftern begeben. Weil die persönliche Haftung erst später eintritt, sofern sie nicht im Vorhinein geplant oder bedacht wurde, kann ein dahingehender Wille nicht angenommen werden. Eine andere Interessenlage besteht im Falle eines bewussten Formwechsels durch Zweckänderung, bei dem die Folgen den Gesellschaftern bekannt sind, da an diesem zwingend 209  RG Urt. v. 13.10.1933 – II 94 / 33, RGZ 142, 23, 33; BGH Urt. v. 24.4.1985 – IV b ZR 17 / 84, NJW 1985, 1835, 1836; MünchKomm-BGB / Busche, § 157 Rn. 29; Palandt / Ellenberger, § 157  BGB Rn. 3. 210  Ebenso K. Schmidt, BB 1973, 1612, 1613 f.; K. Schmidt, DB 1971, 2345, 2346 f. 211  RG Urt. v. 13.10.1933 – II 94 / 33, RGZ 142, 23, 33; BGH Urt. v. 22.4.1953 – II ZR 143 / 52, NJW  1953, 937, 937; MünchKomm-BGB / Busche, § 157 Rn. 26; Palandt / Ellenberger, § 157  BGB Rn. 7 f. 212  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 19. 213  Vgl. dazu bereits oben 2. Kapitel C. I. 1. a).



E. Analoge Geltung der OHG-Geschäftsführungsregelungen217

alle Gesellschafter zu beteiligen sind214 und die Möglichkeit besteht, die Zustimmung von der Einräumung eines Mitspracherechts abhängig zu machen. Freilich greifen diese Überlegungen nicht bei der Umwandlung einer OHG in eine GbR. In diesem Fall ist kein Grund für eine Abweichung von der ursprünglich bestehenden Einzelgeschäftsführungsbefugnis ersichtlich, so dass an dieser festgehalten werden kann. Es ist auch nicht widersprüchlich, den Rechtsformwechsel einer OHG in eine GbR und den einer KG in eine GbR unterschiedlich zu behandeln, da sich – mangels unterschiedlicher Arten von Gesellschaftern bei der OHG – die für die ergänzende Vertragsauslegung maßgebliche Interessenlage grundlegend unterscheidet. Im Ergebnis ist daher bei der OHG von der Fortgeltung der ursprüng­ lichen Geschäftsführungsregelungen auszugehen, wohingegen es bei der KG darauf ankommt, ob die Kommanditisten bewusst den Formwechsel mit herbeigeführt haben. Liegt eine Rechtsformverfehlung vor, gelten die Überlegungen entsprechend.215 Entsteht eine Gesellschaft als GbR, weil sie mangels Gewerbebetriebs nicht als OHG oder KG eingetragen werden kann, gab es zwar keine ursprüngliche Geschäftsführungsform, die Gesellschafter haben aber entweder eine Vereinbarung darüber getroffen oder sie sind zumindest von der Geltung der gesetzlichen Regelungen der angestrebten Rechtsform ausgegangen.

E. Analoge Geltung der OHG-Geschäftsführungsregelungen bei unternehmenstragenden BGB-Gesellschaften I. Ungeeignetheit der Gesamtgeschäftsführung für ­unternehmenstragende BGB-Gesellschaften Die Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip ist schwerfällig und es mangelt an der im Geschäftsfährkehr nötigen Flexibilität und Möglichkeit zur schnellen Reaktionen auf sich ändernde Gegebenheiten.216 Demgegenüber entspricht die Einzelgeschäftsführung der OHG diesen Erfordernissen.217 214  Zur

Unzulässigkeit von Mehrheitsklauseln 3. Kapitel C. V. MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 19. 216  MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, Vor § 705 Rn. 16; Erman / H. P. Wester­ mann, § 709 BGB Rn. 7; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  350e. 217  Staub / Schäfer, § 115 HGB Rn. 1; MünchKomm-HGB / Rawert, § 115 Rn. 1; GK-HGB / Ensthaler, § 115 Rn. 1; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 115 HGB Rn. 1; Schlegelberger / Martens, § 115 HGB Rn. 1. 215  Ebenso

218

4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Teilweise wird deswegen bei unternehmerisch tätigen BGB-Gesellschaften eine analoge Anwendung der OHG-Geschäftsführungsregelungen befür­ wortet,218 denn der Gesetzgeber habe bei Gestaltung des Rechts der GbR keine unternehmenstragenden Erwerbsgesellschaften vor Augen gehabt219.

II. Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke Voraussetzung für eine Analogie ist eine planwidrige Regelungslücke;220 also eine ungewollte Unvollständigkeit des Gesetzes, die im Widerspruch zu dem zugrunde liegenden Regelungsplan steht, weil der historische Gesetzgeber sie übersehen hat oder eine unvorhergesehene Änderung der Umstände eingetreten ist.221 Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist die Geschäftsführung der GbR in §§ 709 f. normiert. Neben dem Grundfall der Gesamtgeschäftsführung gibt es auch Regelungen für davon abweichende Vereinbarungen. Somit besteht eine Regelung der Geschäftsführung, allerdings könnte eine verdeckte Regelungslücke dergestalt vorliegen, dass der Gesetzgeber die Entwicklung der GbR zur unternehmenstragenden Gesellschaft nicht vorhergesehen hat.222 Die Interessenlage einer erwerbswirtschaftlich tätigen GbR entspräche insofern der einer OHG.223 218  So K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V 2 a, S. 1722; Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 94; Mack, Gleichlauf, S. 206; Staudinger / Habermeier, Vorbem. zu §§ 705–740 BGB Rn. 72 (aber zurückhaltender hinsichtlich kleingewerblicher GbR), § 709 BGB Rn. 8, § 712  BGB Rn. 13. 219  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III 3 a, S. 1747; Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 90; Staudinger / Habermeier, Vorbem. zu §§ 705–740 BGB Rn. 66; Mack, Gleichlauf, S. 206; vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte Mugdan II, S. 330, 336 f. 220  BGH Urt. v. 5.2.1981 – III ZR 66 / 60, NJW 1981, 1726, 1727; Urt. v. 4.5.1988 – VIII 196 / 87, NJW 1988, 2109, 2110; BFH Urt. v. 26.1.2006 – III  R  51 / 05, NJW 2006, 1837, 1837; Larenz, Methodenlehre, S. 381; Canaris, Feststellung von Lücken, S. 25, 45; MünchKomm-BGB / Säcker, Einleitung Rn. 150; Palandt / Heinrichs, Einleitung Rn. 48; Zippelius, Methodenlehre, S. 67 ff.; P. Spitze, Ausschluß GmbHGesellschafter, S. 37 f.; Möhring, GRUR 1968, 541, 541; Feddersen / von Cube, NJW 2010, 576, 577. 221  BGH Urt. v. 5.2.1981 – III ZR 66 / 80, NJW 1981, 1726, 1727; BFH Urt. v. 26.1.2006 – III  R  51 / 05, NJW 2006, 1837, 1837; Urt. v. 14.2.2007 – II R 66 / 05, NJW-RR 2008, 197, 198; Larenz, Methodenlehre, S. 373; Canaris, Feststellung von Lücken, S. 16; MünchKomm-BGB / Säcker, Einleitung Rn. 159; Palandt / Heinrichs, Einl Rn. 55; P. Spitze, Ausschluß GmbH-Gesellschafter, S. 37. 222  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V 2 b, S. 1723; Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 90 f.; vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte Mugdan II, S. 330, 336 f. 223  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V 2 b, S. 1722 f.; Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 90 f.



E. Analoge Geltung der OHG-Geschäftsführungsregelungen219

Groth führt als weiteres Argument die Üblichkeit der GbR als Gesellschaftsform für die Freien Berufe an.224 Die Gesamtgeschäftsführung wiederspräche der Unabhängigkeit der einzelnen Freiberufler (siehe etwa § 1 BRAO), zum Beispiel weil die Tätigkeit des Anwalts gegenüber dem Mandanten eine Geschäftsführungsmaßnahme sei, die nicht von Zustimmung anderer abhängig sein dürfe.225 Die Schaffung der Partnerschaftsgesellschaft hat die Bedeutung dieses Arguments zwar eingeschränkt, nach wie vor sind jedoch viele Sozietäten von Freiberuflern als GbR organisiert.226 Des Weiteren wird auf die Rechtsprechung u. a. zur Fortgeltung der Einzelgeschäftsführung bei Umwandlung einer OHG bzw. KG in eine GbR227 sowie die Möglichkeit der konkludenten Vereinbarung der Einzelgeschäftsführungsbefugnis228 verwiesen.229 Groth sieht in diesen Entscheidungen einen allgemeinen Ausdruck von „Unbehagen“ über eine Gesamtgeschäftsführung bei Erwerbsgesellschaften, dessen konsequente Folge die analoge Anwendung der OHG-Vorschriften sei.230 Ein Argument ist ein gerichtliches Urteil als solches allerdings nicht, relevant sind die vom Gericht angeführten Gründe. Es ist zutreffend, dass bei einer wirtschaftlich tätigen GbR ein Bedürfnis für eine schnellere und effektivere Geschäftsführung entsprechend den OHG-Regelungen bestehen kann. Die Abdingbarkeit der gesetzlichen Regelungen231 ermöglicht es den Gesellschaftern gerade, diesen Erfordernissen 224  Groth,

Anwendung von OHG-Recht, S. 91.

225  Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 91. Kritisch zur Einordnung der anwaltlichen Beratung

als Geschäftsführung noch Steindorff, FS  R. Fischer, 747, 750, der darin eine Beitragsleistung an die Gesellschaft und keine Geschäftsführung sah. Das ist nicht mit dem Willen des Gesetzgebers zu vereinbaren, welcher in § 6 Abs. 2 PartGG festgeschrieben hat, dass die Gesellschafter nur von der Geschäftsführung für sonstige Geschäfte ausgeschlossen werden können, nicht aber von ihrer eigentlichen beruflichen Tätigkeit (BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15). Damit wurde die Qualifikation als Geschäftsführungstätigkeit im Gesetz getroffen. 226  Ob eine Gesamtgeschäftsführung bei Freien Berufen vereinbart werden kann, wird im Rahmen der Partnerschaftsgesellschaft behandelt 6. Kapitel B. II. 227  BGH Urt. v. 19.5.1960 – II ZR 72 / 59, WM 1960, 764, 766 f.; Urt. v. 10.5.1971 – II  ZR  177 / 68, NJW 1971, 1698, 1698. 228  BGH Urt. v. 10.3.1955 – II ZR 309 / 53, BGHZ 16, 394, 396 f.; Urt. v. 14.2.2005 – II ZR 11 / 03, ZIP  2005, 524, 525. 229  Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 91 f.; weitere Entscheidungen finden sich bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 58 V 2 b, S. 1723 f. 230  Groth, Anwendung von OHG-Recht, S. 91 f. 231  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 1; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 6; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 11; RGRK / von Gamm, § 709 Rn. 1; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 20.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

durch abweichende Vereinbarungen zu genügen. Deswegen hat der historische Gesetzgeber „für besondere Bedürfnisse der zum Zwecke des Erwerbes durch gewerbsmäßigen Geschäftsbetrieb eingegangen Gesellschaften Vor­ sorge getroffen, indem solchenfalls von den Gesellschaftern die Anwendbar­ keit der für die offenen Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften verein­ bart werden kann mit dem Erfolge, daß alle auf die offenen Handelsgesell­ schaft sich beziehenden Vorschriften anwendbar werden.“232 Machen sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, ist dies zunächst einmal ein Indiz für den Willen zur Gesamtgeschäftsführung.233 Nur weil eine Einzelgeschäftsführung effektiver wäre, kann sie keinesfalls den Gesellschaftern aufgezwungen werden, denn es herrscht Vertragsfreiheit. Insbesondere bei Gesellschaften mit wenigen Gesellschaftern dürfte selbst bei einem Einstimmigkeitserfordernis eine ausreichend flexible und schnelle Geschäftsführung möglich sein. Entscheidend gegen eine Analogie spricht das im Fall einer Einzelgeschäftsführung im Vergleich zur Gesamtgeschäftsführung erhöhte Risiko der Haftungsbegründung durch die geringere gegenseitige Kontrolle234. Die gegenseitige Kontrolle ist einer der Leitgedanken der Geschäftsführungsregelungen der GbR.235 Bei erweiterten Befugnissen, mögen diese auch im Einzelfall zu einer effektiveren Schadensabwehr führen können, besteht stets ein erhöhtes Haftungsrisiko, denn im Endeffekt birgt jede Maßnahme die Gefahr eines Fehlers. Im Zweifelsfall ist bei der Abwägung zwischen dem Schutzbedürfnis des einzelnen Gesellschafters und dem Bedürfnis nach einer effektiven Geschäftsführung der Sicherheit Vorrang einzuräumen. Ergibt sich hingegen aus den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen ein von den gesetzlichen Regelungen abweichender Wille zur größeren Flexibilität bei Inkaufnahme eines erhöhten Haftungsrisikos, kann dies für eine Lücke der gesellschaftsvertraglichen Regelungen in Bezug auf die Geschäftsführung sprechen. Allein aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit kann aber nicht gefolgert werden, dass eine erhöhte Effizienz zu Lasten der gegenseitigen Kontrolle dem Interesse der Gesellschafter entspricht. Grundsätzlich müssen sich die Gesellschafter aus Rechtssicherheitsgesichtspunkten auf die Geltung der gesetzlichen Regelungen verlassen können. Abgesehen davon bestünde in der Praxis ein Nachweisproblem für die Einzelgeschäftsführungsbefugnis und damit die Einzelvertretungsmacht (sei es nach § 714  BGB wegen der Orientierung an der Geschäftsführung oder aufgrund einer analogen Anwendung des § 125 HGB), weil bei einem ein232  Mugdan

II, S. 331. auch schon 4. Kapitel D. III. 234  Siehe oben 4. Kapitel C. II. 1. 235  Vgl. oben 4. Kapitel C. II. 1. 233  Siehe



E. Analoge Geltung der OHG-Geschäftsführungsregelungen221

seitigen Rechtsgeschäft analog § 174 BGB ein entsprechender Nachweis vorzulegen ist236. Ebenso würde ein Geschäftspartner auch im Übrigen den Nachweis in der Regel verlangen, da mangels Registerpublizität nicht erkennbar ist, ob es sich um eine unternehmenstragende GbR handelt, auf die das OHG-Recht analog anzuwenden wäre.237 Mangels Notwendigkeit einer schriftlichen Vereinbarung, müssten die Gesellschafter oftmals erst eine entsprechende Urkunde anfertigen. Somit bestünde kein Vorteil durch die entsprechende Anwendung der OHG-Regelungen, denn die Gesellschafter könnten ohne Mehraufwand die Einzelgeschäftsführung vereinbaren. Für dieses Ergebnis spricht auch die gesetzlich angeordnete subsidiäre Geltung der GbR-Regelungen für die OHG nach § 105 Abs. 3 HGB. Zwar hat sich das Recht der OHG in den letzten Jahren im Hinblick auf die Rechtsnatur und die persönliche Haftung zum Grundmodell der Personengesellschaften entwickelt.238 Der Grund dafür ist aber, dass sich der Gesetzgeber aus dem Streit um die Rechtsfähigkeit der GbR heraushalten wollte und infolgedessen die Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch fragmentarisch sind.239 Soweit allgemeine Grundsätze in den Regelungen der OHG normiert sind, gelten diese analog für die GbR. Grundprinzip der Personengesellschaften als Gesamthandsgesellschaften ist jedoch nicht die Einzelgeschäftsführung, sondern im Gegenteil das gemeinsamen Handeln bzw. Verfügen mit der (gesamten) „Hand“ aller Gesellschafter.240

III. Zwischenergebnis Für die Geschäftsführung der unternehmenstragenden GbR besteht keine Regelungslücke. Das ist ein gravierender Unterschied zwischen dem Innenund dem Außenverhältnis der GbR. Das Innenverhältnis wurde zur Disposition der Gesellschafter gestellt, und das Gesetz enthält für die Geschäftsführung lediglich abdingbare Auffangregeln, orientiert an dem Leitbild der Gelegenheitsgesellschaft. Eine analoge Anwendung der Geschäftsführungsregelungen der OHG kann zwar für eine unternehmenstragende GbR unter 236  BGH Urt. v. 9.11.2001 – LwZR 4 / 01, NJW 2002, 1194, 1195; Wertenbruch, DB 2003, 1099, 1100 f.; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 124 ff.; Werten­ bruch, WM 2003, 1785, 1788; siehe dazu auch: Häublein, NJW 2002, 1398, 1398. 237  Siehe zum Nachweis der Vertretungsmacht bereits oben 4. Kapitel C. V. 2. c). 238  Vgl. 3. Kapitel A. 239  Siehe oben 4. Kapitel A. 240  Flume, Personengesellschaft, S. 56; Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 664, 684; MünchKomm-BGB / Ulmer / Schäfer, § 705 Rn. 290; Wertenbruch, Haftung von Gesellschaften, S. 176; Berghoff, Organschaftliche Vertretung, S. 55; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 351; Erman / H. P. Westermann, § 709 BGB Rn. 1; Wertenbruch, DB 2003, 1099, 1099.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

bestimmten Gesichtspunkten zweckmäßig sein. Da die Analogievoraussetzungen aber nicht vorliegen, obliegt die Vereinbarung den Gesellschaftern.

F. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführung ­gemäß § 712 BGB I. Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 712 Abs. 1 BGB 1. Voraussetzungen der Entziehung Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis richtet sich bei der GbR nach § 712 Abs. 1 BGB. Sie setzt einen einstimmigen241 Beschluss der übrigen Gesellschafter sowie einen wichtigen Grund voraus. Als Regelbeispiele für einen wichtigen Grund nennt § 712 Abs. 1 BGB die grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Die unbestimmten Rechtsbegriffe sind ausfüllungsbedürftig, wobei auf die zu § 117 HGB getroffenen Ausführungen zu den Voraussetzungen der Entziehung242 zurückgegriffen werden kann.243 Von § 712  BGB abweichende gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sind möglich.244 2. Regelungsgegenstand des § 712 Abs. 1 BGB a) Beschränkung des Wortlauts auf die übertragene ­Geschäftsführungsbefugnis Die „durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäfts­ führung“ kann nach § 712 Abs. 1 BGB entzogen werden. Von der gesetzlichen Geschäftsführungsbefugnis ist nicht die Rede. Wäre diese nicht erfasst, 241  Ein Mehrheitsbeschluss kann gesellschaftsvertraglich vereinbart werden, wie sich aus § 712 Abs. 1 BGB ergibt. Bei Publikumsgesellschaften ist die (einfache) Mehrheit auch ohne eine entsprechende Vereinbarung ausreichend (BGH Urt. v. 9.11.1987 – II ZR 100 / 87, NJW 1988, 969, 970 f.; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 13; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 5; Reichert / Winter, BB 1988, 981, 986; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 35). 242  Siehe dazu 3. Kapitel G. II. 243  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 10; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  5  a  aa, S. 350. 244  Palandt / Sprau, § 712 BGB Rn. 1; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 22; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 6; RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 1; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 9; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 38; NK-BGB /  Saenger, § 712 Rn. 1; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712 BGB Rn. 1.



F. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführung gemäß § 712 BGB223

müssten die Mitgesellschafter gegebenenfalls auf die schwerwiegenderen Mittel der Auflösung der Gesellschaft oder des Ausschlusses des betroffenen Geschäftsführers zurückgreifen. Damit stellt sich die Frage nach der Reichweite des § 712 Abs. 1 BGB. b) Meinungsstand Unter Hinweis auf den Wortlaut des § 712 Abs. 1 BGB wird teilweise eine Ausdehnung auf die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis zum Schutze der Gesellschafter abgelehnt.245 Die im vordringen befindliche Gegenansicht wendet § 712  Abs. 1  BGB über seinen Wortlaut hinaus analog auf die gesetzliche Gesamtgeschäftsführungsbefugnis an.246 Die Möglichkeit der Auflösung bzw. des Ausschlusses sei zwar bei Gelegenheitsgesellschaften hinnehmbar, passe aber nicht auf erwerbswirtschaftlich tätige Gesellschaften.247 Außerdem sei die Entziehung im Vergleich das mildere Mittel.248 c) Keine Anwendung des § 712 Abs. 1 BGB auf die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis Eine Analogie wird teilweise aufgrund der sich im Vergleich zur OHG unterscheidenden Interessenlage abgelehnt.249 Wegen der ipso iure geltenden Einzelgeschäftsführung bestehe bei der OHG ein gesteigertes Haftungsrisiko, welches die Entziehungsmöglichkeit der gesetzlichen Geschäftsführungsbefugnis rechtfertige.250 Zweifellos geht mit der Einzelgeschäftsführung ein erhöhtes Haftungsrisiko einher, denn die größere Flexibilität geht 245  So bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm. 116, S. 144; RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 1; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 352a; Palandt / Sprau, § 712 BGB Rn. 1; Jauernig / Stürner, Anm. zu den §§ 709–713 BGB Rn. 17; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 12, S. 159. 246  Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 5; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 6; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 66; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712  BGB Rn. 2; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712 BGB Rn. 7. 247  von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 66; MünchKommBGB / Schäfer, § 712 Rn. 6; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712 BGB Rn. 7. 248  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 4; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 5. 249  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  352b; Hoppe, in: Saenger / Aderhold / Lenkaitis / Speckmann, § 5 Rn. 160. 250  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  352b; Hoppe, in: Saenger / Aderhold / Lenkaitis / Speckmann, § 5 Rn. 160.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

zu Lasten der gegenseitigen Kontrolle, allerdings bestehen durch das Widerspruchsrecht und das Zustimmungserfordernis nach § 116  Abs. 2  HGB ausreichende Kontrollmöglichkeiten. Insofern führt der Vergleich zur OHG zu keinem überzeugenden Argument gegen die analoge Anwendung des § 712 Abs. 1 BGB. Gleichwohl ist das Haftungsrisiko zu beachten, denn unabhängig von ihrer Befugnis zur Geschäftsführung haften die Gesellschafter einer GbR analog § 128 HGB unbeschränkt persönlich251. Der gesetzliche Regelfall der Gesamtgeschäftsführung stellt die Beteiligung aller Gesellschafter an jeder Entscheidung sicher.252 Mit der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis sind gravierende Folgen verbunden, denn die Gesellschafter verlieren die Möglichkeit interessenwidrige und riskante Geschäfte zu verhindern und damit einhergehend steigt ihr Haftungsrisiko.253 Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist deswegen keineswegs ein milderes Mittel im Vergleich zur Auflösung oder zum Ausschluss.254 Freilich besteht auch für einen OHG-Gesellschafter im Falle der Entziehung der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis ein unbegrenztes Haftungsrisiko. Die Entziehung ist bei der OHG jedoch nach § 117 HGB allein durch eine gerichtliche Entscheidung und nicht durch bloßen Gesellschafterbeschluss möglich.255 Dadurch besteht ein zusätzlicher Schutz für den betroffenen Gesellschafter und es wird Klarheit über die organschaft­ liche Geschäftsführungsbefugnis geschaffen.256 Eine unternehmenstragende GbR mag einer OHG ähneln, diese Annäherung kann allerdings kein Grund für eine im Vergleich zu § 117 HGB einfachere und den Gesellschafter weniger schützende Entziehungsmöglichkeit sein. Eine Ausdehnung der Entziehungskompetenz der GbR-Gesellschafter auf die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis kann deshalb nicht mit der Annäherung an die OHG begründet werden. Im Einklang mit dem Wortlaut erfasst § 712 Abs. 1 BGB allein die vertraglich übertragene Geschäftsführungsbefugnis. 251  BGH

Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331 / 00, BGHZ 146, 341, 358. oben 4. Kapitel C. II. 1. 253  BGH Urt. v. 19.12.1951 – II ZR 42 / 51, JZ 1952, 276, 276; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 13 III 4 b, S. 321; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  352a; A. Hueck, OHG Recht, § 10  VII 1, S. 146; Heymann / Emmerich, § 117 HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 7. 254  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  352a. 255  Zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis bei der OHG 3. Kapitel G. 256  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 1; Baums, Geschäftsleitervertrag, § 13 IV 4 b bb, S. 330; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 62; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 1; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 2; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 1, S. 146; Wackerbarth, NZG 2008, 281, 282. 252  Siehe



F. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführung gemäß § 712 BGB 225

3. Wirkung der Entziehung Mit der Bekanntgabe des Beschlusses tritt der Verlust der vertraglichen Geschäftsführungsbefugnis des betroffenen Gesellschafters ein.257 Weitere Rechtsfolgen sind § 712 Abs. 1 BGB nicht zu entnehmen. Der nur noch vereinzelt vertretene, undifferenzierte Rückgriff auf die Gesamtgeschäftsführung nach § 709  Abs. 1  BGB in jedem Falle der Entziehung258 wird nicht dem Vorrang der vertraglichen Vereinbarungen vor den gesetzlichen Regelungen259 gerecht. Soweit van Gamm zur Begründung darauf verweist, dass die Entziehung nach § 712  Abs. 1  BGB keine Wirkungen auf die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis haben dürfe,260 ist dies zwar im Grunde zutreffend, allerdings ignoriert er die Abbedingung der gesetzlichen Regelung durch die Gesellschafter. Entscheiden sich die Gesellschafter für eine vertragliche Regelung der Geschäftsführung, eröffnet § 712  Abs. 1 BGB gerade die Möglichkeit der Entziehung der Geschäftsführung des einzelnen Gesellschafters („kann ihm“) und negiert nicht pauschal die vertragliche Vereinbarung der Gesellschafter. Weil § 712 Abs. 1 BGB auf die vertraglich übertragene Geschäftsführung beschränkt ist, kommt es primär auf die vereinbarten Rechtsfolgen und sekundär auf den (hypothetischen) Willen der Gesellschafter an.261 Ist keine Rechtsfolge vereinbart, lässt sich diese nur einzelfallbezogen im Hinblick auf den in der vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck kommenden Willen der Gesellschafter bestimmen. Bei mehreren Einzelgeschäftsführern ist der Befugnisverlust des Betroffenen als alleinige Rechtsfolge anerkannt, weil die Übrigen bereits zuvor ohne ihn handlungsbefugt sein sollten und eine ausreichende Kontrolle durch das Widerspruchsrecht der verbleibenden Geschäftsführer gewährleistet ist.262 257  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 19; Palandt / Sprau, § 712 BGB Rn. 2; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 8; AK-BGB / Heidel / Pade, § 712 BGB Rn. 12. 258  So Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm. 118, S. 147; RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 4; ebenso sind wohl auch Palandt / Sprau, § 712 BGB Rn. 2 und Hoppe, in: Saenger / Aderhold / Lenkaitis / Speckmann, § 5 Rn. 163 zu verstehen. 259  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 709 Rn. 1; Staudinger / Habermeier, § 709 BGB Rn. 6; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 709 BGB Rn. 11; RGRK / von Gamm, § 709 Rn. 1; Soergel / Hadding / Kießling, § 709 BGB Rn. 20. 260  RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 4. 261  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  359b f.; im Ergebnis auch: MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 20; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 13; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 70; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712  BGB Rn. 16; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 37, die nach der weiteren Durchführbarkeit der vertraglichen Regelung fragen. 262  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 20; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 13; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 70; Werten­

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Ebenso herrscht grundsätzlich Einigkeit über das Aufleben des gesetzlichen Regelfalls, wenn der von der Entziehung betroffene Gesellschafter der alleinige Geschäftsführer oder einer von zwei Geschäftsführern ist.263 Sofern die Möglichkeit der Entziehung der gesetzlichen Geschäftsführungsbefugnis nach § 712 Abs. 1 BGB bejaht wird, wird für diesen Fall zumindest der Ausschluss des von der Entziehung Betroffenen gefordert, da diese andernfalls aufgrund des fortbestehenden Zustimmungserfordernisses kaum Wirkungen entfalte.264 Nach der hier vertretenen Ansicht kann die gesetz­ liche Geschäftsführungsbefugnis aber nicht nach § 712 Abs. 1 BGB entzogen werden,265 so dass eine Entziehung der vertraglichen Geschäftsführungsbefugnis ebenso wenig auf den gesetzlichen Regelfall des § 709 Abs. 1 BGB durchschlagen kann266. Umstritten ist die Rechtsfolge demgegenüber bei vereinbarter gemeinsamer Geschäftsführung durch mehr als zwei Gesellschafter i. S. v. § 710 BGB. In der Literatur wird zum Teil das Eingreifen des gesetzlichen Regelfalls der Gesamtgeschäftsführung nach § 709 Abs. 1 BGB angenommen.267 Die Neuorganisation der Geschäftsführung sei durch die Entziehung notwendig und bedürfe der Beteiligung aller Gesellschafter.268 Eine vordringende Literaturauffassung vertritt demgegenüber die Fortgeltung der gemeinsamen Geschäftsführung durch die verbleibenden Geschäftsführer, da die Entziehung nicht die Durchführbarkeit der vertraglichen Vereinbarung tangiere.269 Die Situation ist insofern mit dem Wegfall eines Geschäftsfühbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  359c; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen /  Weinreich, § 712  BGB Rn. 5; Erman / H. P. Westermann, § 712  BGB Rn. 8; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712 BGB Rn. 16; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 37. 263  RG Urt. v. 1.11.1939 – II 91 / 39, RGZ 162, 78, 83; BGH Urt. v. 11.2.2008 – II ZR 67 / 06, NJW-RR 2008, 704, 705; Flume, Personengesellschaft, S. 135; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 20; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 13; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 70; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  359c; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712 BGB Rn. 5; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 8; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712 BGB Rn. 16; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 37. 264  Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 13; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 71; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 20; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712  BGB Rn. 5. 265  Siehe oben 4. Kapitel F. I. 2. c). 266  In diesem Kontext zutreffend: RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 4. 267  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  359c; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712 BGB Rn. 16; im Allgemeinen auch: Palandt / Sprau, § 712 BGB Rn. 2; RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 4. 268  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  359c. 269  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 20; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 70; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 13; von Ditfurth,



F. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführung gemäß § 712 BGB227

rers von mehreren Einzelgeschäftsführern vergleichbar, als es dort ebenfalls zu einer Reduzierung der Kontrolle durch den Verlust eines Widerspruchsberechtigten kommt. Die Einzelgeschäftsführungsbefugten sind allerdings jeweils alleine handlungsbefugt, wohingegen die Gesamtgeschäftsführer nur gemeinsam handeln dürfen. Der Wille der Gesellschafter war also lediglich auf eine gemeinsame Ermächtigung der ernannten Geschäftsfürer gerichtet. Die Geschäftsführung durch die verbleibenden Geschäftsführungsbefugten entspricht dem nicht. Noch deutlicher wird dies für den Fall, dass für die nach § 710 BGB zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter eine Ressortaufteilung vereinbart wurde, da das Ressort des Betroffenen nunmehr eigentlich unbesetzt ist und die übrigen Geschäftsführer diesbezüglich keine Geschäftsführungsbefugnis hatten. Eine Führung des Ressorts durch einen anderen Gesellschafter entsprach gerade nicht dem Gesellschafterwillen. Zumindest für dieses Ressort ist daher die vertragliche Vereinbarung nicht weiter durchführbar.270 Sofern den anderen Geschäftsführern eindeutig Bereiche zur Einzelgeschäftsführung zugewiesen wurden, bleibt diese allerdings bestehen. Insofern bestand eine Handlungsbefugnis ohne den Betroffenen, und es kann nicht ohne Weiteres auf einen Willen der Gesellschafter zur vollständigen Neuordnung geschlossen werden.271

II. Kündigung der Geschäftsführung nach § 712 Abs. 2 BGB 1. Voraussetzungen der Kündigung Vorbehaltlich abweichender Abreden besteht eine Geschäftsführungspflicht aller Gesellschafter.272 Die Niederlegung kommt deshalb grundsätzlich nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter oder bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung in Betracht.273 Gleichwohl kann ein Gesellschafter die Geschäftsführung gemäß § 712 Abs. 2  BGB aus wichtigem Grund kündigen. Ein wichtiger Grund besteht, wenn die weitere Geschäftsführung für den Gesellschafter unzumutbar ist.274 Insoweit kommt in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712  BGB Rn. 5; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 8; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 37. 270  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  359c. 271  Für eine allgemeine Neuordnung hingegen Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  359c. 272  Siehe dazu 3. Kapitel B. II. 273  Staub / Schäfer, § 117 HGB Rn. 83; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 117 HGB Rn. 41; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 56; MünchKommHGB / Jickeli, § 117 Rn. 88; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  290. 274  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 25; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 17; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 73; Münch-

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

es auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls an.275 Aufgrund der Kündigungsmöglichkeit ist kein Gesellschafter zum Austritt oder gar zur Kündigung der Gesellschaft gezwungen.276 Aus dem Verweis auf § 671 Abs. 3 BGB ergibt, dass die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund nicht abbedungen werden kann. Die Kündigung erfolgt durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung den übrigen Gesellschaftern gegenüber.277 Form- und Fristerfordernisse gibt es nicht. Sie hat allerdings entsprechend § 712 Abs. 2 i. V. m. § 671 Abs. 2 Satz 1 BGB so zu erfolgen, dass sich die Mitgesellschafter darauf einstellen können. Eine unzeitige Kündigung aus wichtigem Grund ist wirksam, kann aber einen Schadensersatzanspruch nach § 671 Abs. 2 Satz 2 BGB begründen.278 2. Regelungsgegenstand des § 712 Abs. 2 BGB a) Problemstellung und Meinungsstand Bei der GbR ist es auch für die Kündigung umstritten, ob sie nur hinsichtlich der vertraglich übertragenen279 oder auch in Bezug auf die gesetzKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 89; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 73; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712 BGB Rn. 6; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712 BGB Rn. 20; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 474. 275  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 25; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 17; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 73; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712  BGB Rn. 20. 276  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 24; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 15; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 10. 277  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 27; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 19; MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 91; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 55 Rn. 7; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 11; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712  BGB Rn. 23; A. Hueck, OHG Recht, § 11 VII 12, S. 160. 278  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 28; MünchKomm-BGB / Seiler, § 671 Rn. 13; Staudinger / Martinek, § 671 BGB Rn. 17; D. Fischer, in: Bamberger / Roth, § 671 BGB Rn. 8; Erman / K. P. Berger, § 671 BGB Rn. 4; Palandt / Sprau, § 671 BGB Rn. 3; Jauernig / Mansel, § 671 BGB Rn. 4; vgl. M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 19; A. Hueck, OHG Recht, § 11 VII 12, S. 160; sofern ein wichtiger Grund für die Unzeitigkeit besteht auch von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 55 Rn. 6; Link, Amtsniederlegung, S. 107. 279  So bereits Geiler, in: Düringer / Hachenburg, Allgemeine Einleitung Anm. 106 d, S. 133, Anm.  120, S. 147; RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 5; Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 360c; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 10; Palandt / Sprau, § 712 BGB Rn. 3; A. Hueck, OHG Recht, § 10 VII 12, S. 159; ­Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 69; Link, Amtsniederlegung, S. 99 f.



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liche Geschäftsführung erfolgen kann280. Wegen der Begrenzung des § 712 Abs. 1 BGB auf die vertragliche Geschäftsführungsbefugnis könne kein Vergleich zur Kündigungsmöglichkeit bei der OHG281 gezogen werden.282 Der Wortlaut des § 712 Abs. 2 BGB beschränkt die Kündigung zwar nicht auf die vertragliche Geschäftsführung, dies ergäbe sich aber aus dem systematischen Zusammenhang mit Absatz 1.283 b) Keine Beschränkung auf die vertragliche Geschäftsführungsbefugnis Im Vergleich zur Entziehung nach § 712 Abs. 1 BGB ist nicht nur der Wortlaut von Absatz 2 offener, sondern auch die Interessenlage eine andere. Im Falle der Entziehung droht dem betroffenen Gesellschafter eine unbegrenzte Haftung durch Maßnahmen, die er nicht mehr verhindern kann. Kündigt er seine Geschäftsführungsbefugnis, ist das zwar auch so, aber aufgrund seiner freiwilligen Entscheidung ist er nicht schutzbedürftig. Die Mitgesellschafter hingegen haben die Geschäftsführungsbeiträge des Kündigenden, anders als bei der Entziehung, gegen ihren Willen zu übernehmen. Da in dem streitigen Fall eine Gesamtgeschäftsführung der übrigen Gesellschafter greift,284 ist die Mehrbelastung in der Regel auf mehrere Gesellschafter verteilt. Allgemein wird argumentiert, dass die Mitwirkungspflicht im Rahmen der Gesamtgeschäftsführung zu keiner unzumutbaren Belastung führen könne, jedenfalls sei dann die gemeinsame Zweckverfolgung gescheitert.285 Dieses Argument verfängt aus mehreren Gründen nicht. Ob die Belastung unzumutbar ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern hängt vom Einzelfall ab.286 Ist in diesem die Geschäftsführung unzumutbar (und nur um diese Fälle geht es hier), überzeugt es nicht, den Gesellschafter mit dieser zu belasten.287 Schon der Gesetzgeber führte in den Protokol280  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 27; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 18; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 72; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4  II  5  b, S. 357; K. Schmidt, DB  1988, 2241, 2243; AKBGB / Heidel / Pade, § 712 BGB Rn. 14; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 19. 281  Siehe dazu 3. Kapitel H. 282  Wertenbruch, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  360d. 283  Link, Amtsniederlegung, S. 99; RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 5; dies anerkennend MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 26. 284  Zu den Wirkungen der Kündigung unten 4. Kapitel F. II. 3. 285  Link, Amtsniederlegung, S. 100; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 10. 286  Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 17; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 25; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 72 f. 287  Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 18.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

len aus, dass es nicht sinnvoll ist und praktisch nicht vorkomme, einen Gesellschafter entgegen seinem Willen zur Geschäftsführung zu zwingen.288 Die aktive Beteiligung an der Geschäftsführung hat auch nicht per se etwas mit der gemeinsamen Zweckverfolgung zu tun, wie die Möglichkeit des vertraglichen Ausschlusses von der Geschäftsführung zeigt (vgl. § 710 BGB). Das Bestehen dieser Möglichkeit verdeutlich zudem, dass es keine untrennbare Verbindung zwischen Geschäftsführungsrecht und -pflicht mit der Gesellschafterstellung bzw. dem Prinzip der Selbstorganschaft gibt. Die Geschäftsführungsbefugnis ist zwar ein organschaftliches Pflichtrecht, aber vertraglich abdingbar.289 Das unabdingbare Grundprinzip der Selbstorganschaft steht dem vertraglichen Ausschluss eines Gesellschafters von der Geschäftsführung nicht entgegen. Die Selbstorganschaft führt nicht zu einer zwingenden Handlungsmacht des einzelnen Gesellschafters, sondern garantiert vor allem die Gesamthandsbefugnis aller Gesellschafter.290 Die wirksame Kündigung führt zu einer einseitigen Vertragsänderung bezüglich der Beteiligung des Betroffenen an der Geschäftsführung und damit zu einer abweichenden Ausgestaltung der Geschäftsführung i. S. v. § 710 BGB.291 Die anderen Gesellschafter werden dadurch nicht unerträglich benachteiligt, denn es bedarf eines wichtigen Grundes. Darüber hinaus kann die Kündigung der Geschäftsführung im Einzelfall ihrerseits ein wichtiger Grund zum Ausschluss des kündigenden Gesellschafters bzw. zur Kündigung der Gesellschaft sein.292 3. Wirkung der Kündigung Rechtsfolge der Kündigung ist die Entbindung von der Geschäftsführungspflicht. Entsprechend der Diskussion bei der Entziehung stellt sich auch hier die Frage, welche Wirkungen für die Geschäftsführung eintreten. Der pauschale Rückgriff293 auf den gesetzlichen Grundfall ist bei einer vertraglichen Vereinbarung wegen der vorrangigen Bindung an den Willen der Gesellschafter wiederum abzulehnen.294 Die Rechtsfolgen entsprechen 288  Mugdan

II, S. 986. oben 3. Kapitel B. II. 290  Siehe oben 2. Kapitel C. I. 2. 291  MünchKomm-HGB / Jickeli, § 117 Rn. 91; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger /  Weipert, I § 55 Rn. 9; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 11; A. Hueck, OHG Recht, § 11 VII 12, S. 160; vgl. auch Link, Amtsniederlegung, S. 97; K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2243; Schlegelberger / Martens, § 117 HGB Rn. 58. 292  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 29; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 55 Rn. 9; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712  BGB Rn. 22; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 70; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 114 HGB Rn. 19. 293  RGRK / von Gamm, § 712 BGB Rn. 1. 294  Siehe oben 4. Kapitel F, I. 3. 289  Siehe



F. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführung gemäß § 712 BGB231

vielmehr denen der Entziehung.295 Liegt eine vertragliche Geschäftsführungsregelung vor, welche keine Regelung für den Fall der Kündigung vorsieht, ist danach zu fragen, ob diese noch im Sinne des Gesellschafterwillens durchführbar ist.296 Waren die Geschäftsführer ohne den Kündigenden handlungsbefugt, tritt für sie keine Veränderung ein.297 Bestand eine gemeinsame Geschäftsführungsbefugnis zusammen mit dem kündigenden Gesellschafter, greift der gesetzliche Regelfall der Gesamtgeschäftsführung ein.298 Im Gegensatz zur Entziehung ist der kündigende Gesellschafter nicht an der Gesamtgeschäftsführung zu beteiligen,299 denn die Kündigung erfasst auch die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis300. Ebenso verhält es sich im Falle der Kündigung der gesetzlichen Geschäftsführung.301 Nach wohl einhelliger Ansicht entledigt sich der Geschäftsführer durch die Kündigung neben seiner Geschäftsführungspflicht auch seines Rechts zur Geschäftsführung.302 Begründet wird dies mit einer ansonsten möglichen unvorhersehbaren Einmischung des „Befreiten“ in die Geschäftsführung.303 Dem ist in dieser Absolutheit nicht zu folgen.304 Die Unsicherheit über die Tätigkeit des Kündigenden ist für die Gesellschafter zwar nicht 295  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 29; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 7 Rn. 73; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 21; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712 BGB Rn. 6; Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712 BGB Rn. 24; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 11; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 70. 296  Siehe oben 4. Kapitel F. I. 3. 297  Siehe oben 4. Kapitel F. I. 3. 298  Siehe oben 4. Kapitel F. I. 3. 299  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 29 i. V. m. Rn. 20; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 73 i. V. m. Rn. 71; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 20 i. V. m. Rn. 13; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712 BGB Rn. 6 i. V. m. Rn. 5. 300  Siehe oben 4. Kapitel F. II. 2. b). 301  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 29 i. V. m. Rn. 20; von Ditfurth, in: Gummert / Riegger / Weipert, I  § 7 Rn. 73 i. V. m.  Rn. 71; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 20 i. V. m. Rn. 13; von Ditfurth, in: Prütting / Wegen / Weinreich, § 712 BGB Rn. 6 i. V. m. Rn. 5. 302  Staudinger / Habermeier, § 712  BGB Rn. 20; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 29; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 10; Palandt / Sprau, § 712 BGB Rn. 3; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 4 II 5 b, S. 357; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59  III 3 a, S. 1747. Anders könnte man möglicherweise Schöne, in: Bamberger / Roth, § 712 BGB Rn. 19 verstehen, welcher lediglich von der Entledigung der „Tätigkeitspflicht“ spricht. 303  Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 20. 304  Auch K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2243 weist auf mögliche Abweichungen im Einzelfall hin.

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

hinnehmbar, dennoch wäre auch ein unumkehrbarer Ausschluss von der Geschäftsführung wegen der fortbestehenden persönlichen Haftung nicht interessengerecht. Das Kündigungsrecht des § 712 Abs. 2 BGB dient dem Interesse des kündigenden Gesellschafters, indem es seinen Verbleib in der Gesellschaft ermöglicht.305 Eine Rückkehr zur Geschäftsführung durch Erklärung gegenüber den Mitgesellschaftern ist deswegen bei Wegfall des wichtigen Grundes zuzulassen. Insofern besteht ein Vertragsänderungsanspruch des Gesellschafters, der die Kündigung erklärt hat. Der Bundesgerichtshof erkennt einen solchen Anspruch bzw. eine Zustimmungspflicht an, wenn dieser im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis sowie die zwischen den Beteiligten bestehende Treupflicht geboten und die Veränderung zumutbar ist.306 Die Gesellschafter waren sich ursprünglich über die Beteiligung des Betroffenen an der Geschäftsführung einig, so dass eine Wiederaufnahme regelmäßig nicht unzumutbar, sondern im Hinblick auf die Treuepflicht geboten ist. Dies dürfte jedenfalls dann der Fall sein, wenn sich die Lage wie vor der Kündigung darstellt. Etwas anderes kann sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben. Bei einer Nichtwahrnehmung über mehrere Jahre können etwa der technische Fortschritt, die Entwicklung der Branche oder auch die persönlichen Fähigkeiten Gründe für Zweifel bieten. Entsprechend § 671 Abs. 2 Satz  1  BGB hat eine rechtzeitige Ankündigung vorherzugehen, damit sich die Mitgesellschafter auf die Rückkehr einstellen sowie etwaigen Bedenken nachgehen können und ein reibungsloser Ablauf ermöglicht wird. Wie viel früher die Ankündigung zu erfolgen hat, ist eine Einzelfallfrage. Besteht der wichtige Grund fort, ist eine Rückkehr problematisch, denn unter Hinweis auf diesen könnte die Geschäftsführung erneut niedergelegt werden. Eine angemessene vorherige Ankündigung der Aufnahme oder des Niederlegens, wie sie § 671 Abs. 2 Satz 1 BGB vorsieht, dürfte zwar eine Konfusion bei der Geschäftsführung verhindern. Ein andauerndes „Hin und Her“ ist jedoch unzumutbar.

G. Zusammenfassung Die organschaftliche Geschäftsführung der GbR und OHG basieren auf denselben Grundlagen. Besonders zu betonen sind das Prinzip der Selbst­ organschaft und die Bindung an das Gesellschaftsinteresse, welches sich aus dem Gesellschaftszweck ergibt und von den Geschäftsführern ex ante bestimmt werden muss. 305  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 24; Staudinger / Habermeier, § 712 BGB Rn. 15; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 10. 306  Siehe oben 3. Kapitel C. V. 4. b).



G. Zusammenfassung233

Im Gegensatz zur OHG ist die vom Gesetz in § 709 BGB für die GbR vorgesehene Grundform der Geschäftsführung die Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip. Nicht die Effizienz und Flexibilität im Handelsverkehr, sondern die gegenseitige Kontrolle durch gemeinschaftliches Handeln steht dabei im Vordergrund. Für die Vornahme einer Maßnahme ist deswegen grundsätzlich die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Die Zustimmung ist als Geschäftsführungsmaßnahme am Gesellschaftsinteresse auszurichten. Beurteilt ein Gesellschafter im Nachhinein das Gesellschaftsinteresse anders, kann er eine bereits erteilte Zustimmung widerrufen. Wird sie entgegen den Interessen der Gesellschaft verweigert, müssen die Mitgesellschafter auf Zustimmung klagen und dürfen ihr Fehlen nicht einfach ignorieren. Sie können bei der Verweigerung der Zustimmung eine Begründung verlangen. Wird die Verweigerung der Zustimmung trotz entsprechender Aufforderung nicht begründet, darf das Fehlen ignoriert werden, d. h., die Zustimmung muss nicht gerichtlich erzwungen werden. Es gibt zwar keine Ausnahme bei „Gefahr im Verzug“, eingreifen kann allerdings das Notgeschäftsführungsrecht analog § 744 Abs. 2 BGB. Bei andauernder Blockade oder Nichtbeteiligung kann das Zustimmungsrecht verwirkt werden. Abweichende Vereinbarungen für die Geschäftsführung sind möglich. Im Falle der Einzelgeschäftsführung hat trotz § 714 BGB der Widerspruch zum Schutz des Rechtsverkehrs keine Außenwirkung. Etwas anderes gilt nur bei einem Missbrauch der Vertretungsmacht oder bei einem Geschäft mit einem Gesellschafter. Bei vereinbarter Einzelgeschäftsführung oder Gesamtgeschäftsführung nach dem Mehrheitsprinzip gilt zum Schutz der Gesellschafter die Regelung des § 116  Abs. 2  HGB entsprechend. Ansonsten sind die Geschäftsführungsregelungen der OHG nicht analog auf eine (unternehmenstragende) GbR anzuwenden, denn sie sind nicht Ausdruck allgemeiner Prinzipien der Personengesellschaften, sondern weichen von diesen (insbesondere dem Gesamthandsprinzip) ab. Wird eine OHG zur GbR, so gilt die Einzelgeschäftsführungsbefugnis fort. Bei der Umwandlung einer KG in eine GbR verlieren die Kommanditisten ihre Haftungsbegrenzung, so dass von einer Gesamtgeschäftsführung gemäß § 709 Abs. 1 BGB auszugehen ist. Die Entziehung der übertragenen Geschäftsführungsbefugnis richtet sich nach § 712 Abs. 1 BGB. Sie ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch Beschluss der übrigen Gesellschafter möglich. Die weitere Ausgestaltung der Geschäftsführung ist davon abhängig, ob die vertragliche Regelung noch im Sinne der Gesellschafter aufrechterhalten werden kann. Wegen des Haftungsrisikos kann im Gegensatz dazu die gesetzliche Gesamtgeschäftsführungsbefugnis nicht entzogen werden. Bei Unzumutbarkeit ist es mög-

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4. Kap.: Geschäftsführung bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts

lich, die Geschäftsführung unter den Voraussetzungen des § 712  Abs. 2 BGB zu kündigen. Das führt zu einer Befreiung von der Geschäftsführungspflicht und der Kündigende verliert zugleich sein Geschäftsführungsrecht. Wie bei der Entziehung ist im Falle einer vertraglichen Regelungen nach der weiteren Durchführbarkeit zu fragen. Im Übrigen ist auf die gesetzliche Ausgestaltung zurückzugreifen, wobei von dieser insofern abgewichen wird, als der kündigende Gesellschafter nicht an der Geschäftsführung beteiligt ist. Die Wiederaufnahme ist nur bei Wegfall des wichtigen Grundes, und zwar nach vorheriger Ankündigung möglich, damit die Mitgesellschafter sich darauf einstellen können.

5. Kapitel

Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft A. Einführung KG und OHG haben gemeinsam, dass ihr Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist (§ 161 Abs. 2 i. V. m. § 105 Abs. 2 HGB). Entscheidender Unterschied zur OHG (und zur GbR) ist aber, dass nicht alle Gesellschafter der KG persönlich haften, sondern zwischen den unbeschränkt haftenden Komplementären und den beschränkt haftenden Kommanditisten zu unterscheiden ist. Wie der Verweis auf das Recht der OHG in § 161 Abs. 2 HGB zeigt, beruht die gesetzliche Ausgestaltung der KG auf der OHG. Aus rechtshistorischer Sicht hat sich die KG allerdings eigenständig entwickelt. Ihre Vorläufer gab es schon im antiken Vulgarrecht, und auch in anderen Kulturkreisen sind vergleichbare Rechtsformen entstanden.1 Mittelalter­ lichen Quellen Italiens zufolge geht die KG auf die Gesellschaftsformen der commenda und der collegantia zurück, bei denen nur der commendator gegenüber Dritten haftete.2 Daraus entwickelte sich die accomandita, deren Ausgestaltung bereits in weiten Teilen mit der heutigen KG übereinstimmte, und in Frankreich die societas per viam accomanditae, die ebenfalls zwischen persönlich haftenden geschäftsführungs- und vertretungsbefugten sowie beschränkt haftenden, von Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen, Gesellschafter unterschied.3 Daran knüpfte die in der Ordonnance sur le Commerce von 1673 normierte société en commandite an.4 Diese wurde in den Code de Commerce von 1807 übernommen5 und diente dem deutschen 1  Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 255 ff.; Servos, Personenhandelsgesellschaf­ ten in den Kodifikationen, S. 9; Gummert, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 1 Rn. 2. 2  Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 254 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 9 I 2, S. 759; Servos, Personenhandelsgesellschaften in den Kodifikationen, S. 9; Gummert, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 1 Rn. 2. 3  Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 269 f.; vgl. hierzu auch Servos, Personenhandelsgesellschaften in den Kodifikationen, S. 9 ff.; Gummert, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 1 Rn. 2. 4  Mehr, Societas, S. 11. 5  Mehr, Societas, S. 9; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 9 I 2, S. 760.

236

5. Kap.: Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

Gesetzgeber als Vorbild bei der Normierung der Commanditen-Gesellschaft in den Art.  61 bis 72 des Entwurfes für ein allgemeines Handelsgesetzbuch für Deutschland von 18496. Insbesondere sollte nach der Definition in Art. 61 Abs. 1 des Entwurfs die Commanditen-Gesellschaft unbeschränkt und beschränkt haftende Gesellschafter haben. Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch von 1861 enthielt dann in den Art. 150 ff. die weitgehend der heutigen KG entsprechende Commanditgesellschaft.7 Diese Regelungen wurden im Wesentlichen für das Handelsgesetzbuch von 1897 übernommen.8 Die Wurzeln der KG zeigen, wie lange es schon das Bedürfnis für eine Haftungsbeschränkung der Gesellschafter gibt. Dementsprechend verwundert die im Vergleich zur OHG höhere Anzahl von Kommanditgesellschaften wenig.9 Das Recht der KG ist in den §§ 161 ff. HGB normiert. In weiten Teilen sind nach § 161 Abs. 2 HGB die Regelungen der OHG anwendbar. Über § 161 Abs. 2 i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB kann auch auf das Recht der GbR zurückgegriffen werden.

B. Grundfall der Geschäftsführungsbefugnis bei der KG I. Vorbemerkung Der Abschnitt über die KG im Handelsgesetzbuch enthält nur eine Norm zur Geschäftsführung. Nach § 164 Satz 1 HGB sind die Kommanditisten von der Geschäftsführung weitgehend ausgeschlossen. § 164 Satz 2 HGB 6  Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 9 I 2, S. 760; Gummert, in: Gummert /  Riegger / Weipert, II § 1 Rn. 7; Servos, Personenhandelsgesellschaften in den Kodifikationen, S. 238. 7  von Hahn, ADHGB, Vorbemerkung zu Art. 150 § 1 ff.; Gummert, in: Gummert /  Riegger / Weipert, II § 1 Rn. 8. 8  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 53 I 2 a, S. 1531; Servos, Personenhandelsgesellschaften in den Kodifikationen, S. 247; Gummert, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 1 Rn. 8. 9  Die KG ist mit etwas über 228.000 eingetragenen Gesellschaften (nach der GbR) die zweitbeliebteste Personengesellschaft (Gesamtübersicht der eingetragenen Rechtsformen in Deutschland mit Stand Februar 2009 der Industrie- und Handelskammer Berlin). Das Interesse an einem Haftungsausschluss zeigt auch die Aufteilung der 132.851 umsatzsteuerpflichtigen Kommanditgesellschaften im Jahr 2007 auf 111.954 GmbH & Co. Kommanditgesellschaften und lediglich 20.395 „klassische“ Kommanditgesellschaften. Damit liegt die KG auch im Bereich der Umsatzsteuerpflicht nur knapp hinter der GbR (188.486) und – sogar in ihrer „klassischen“ Form – deutlich vor der OHG (16.539) – Angaben des Statistischen Bundesamtes über steuerpflichtige Gesellschaften mit Lieferungen und Leistungen über 17.500 Euro im Jahr 2007.



B. Grundfall der Geschäftsführungsbefugnis bei der KG237

stellt noch einmal klar, dass für die Bestellung eines Prokuristen i. S. v. § 116 Abs. 3 HGB die Zustimmung aller Komplementäre erforderlich ist. Ein eigenes System für die Geschäftsführung der KG besteht nicht. Für die Geschäftsführung der Komplementäre ist gemäß § 161 Abs. 2 HGB auf die Regelungen der OHG in den §§ 114 ff. HGB zurückzugreifen, nach denen diese einzelgeschäftsführungsbefugt sind. Insofern gelten, vorbehaltlich der nachfolgenden Besonderheiten, die Ausführungen zur Geschäftsführung der OHG entsprechend.10 Die Grundlagen der KG entsprechen aufgrund dessen denen der bereits dargestellten Gesellschaften, insbesondere ist auch die KG eine Gesamthandsgesellschaft und es gilt grundsätzlich das Prinzip der Selbstorganschaft.11 Unterschiede ergeben sich allerdings im Hinblick auf die Kommanditisten, bei der Geschäftsführung und Vertretung.

II. Geschäftsführungsrechte der Kommanditisten nach § 164 Satz 1 HGB 1. Zustimmungserfordernis bei außergewöhnlichen Maßnahmen Den von Komplementären vorgenommenen Geschäften können die Kommanditisten nach dem Wortlaut des § 164  Satz  1  HGB nicht widersprechen, wenn es sich nicht um ein außergewöhnliches Geschäft handelt. Bei gewöhnlichen Geschäften besteht also noch nicht einmal ein Widerspruchsrecht der Kommanditisten.12 Vereinzelt wird darüber hinaus aus der Formulierung des § 164 Satz 1 HGB die Beschränkung auf ein Widerspruchsrecht für außergewöhnliche Geschäfte abgeleitet.13 Die ganz herrschende Meinung nimmt jedoch zu Recht für diese ein Zustimmungserfordernis an, weil das Gesetz lediglich bestimme, dass gewöhnliche Maßnahmen auch durch Widerspruch nicht verhindert werden können, keinesfalls aber die Voraussetzungen für die Vornahme außergewöhnlicher Geschäfte 10  Vgl.

3. Kapitel E. § 161 HGB Rn. 3 f.; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 164 HGB Rn. 1; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 15; von Wedel, in: Büchel / von Rechenberg, Kap. 8 Rn. 22. 12  RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 307; so bereits von Hahn, ADHGB, Art.  158 § 2; Goldschmit, § 164 HGB Nr. 1; Anschütz / von Völderndorff Art.  158 ADHGB II; Staub / Schilling, § 164  HGB Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 53 III 2 b, S. 1538; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 50; Heymann / Horn, § 164  HGB Rn. 2; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 20; MünchKomm-HGB /  Grunewald, § 164 Rn. 2; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 6. 13  So bereits Anschütz / von Völderndorff Art.  158  ADHGB II; Boesebeck, JW 1939, 325, 335. 11  Staub / Schilling,

238

5. Kap.: Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

normiert.14 Mangels abweichender Sonderregelung ist über § 161  Abs. 2 HGB auf § 116  Abs. 2  HGB zurückzugreifen, womit ein Zustimmungserfordernis aller, auch von der Geschäftsführung ausgeschlossener, Gesellschafter bei außergewöhnlichen Geschäften besteht.15 Diese Kompetenz der Kommanditisten ist als Geschäftsführungstätigkeit ein organschaftliches Pflichtrecht und als solches an das Gesellschaftsinteresse gebunden.16 Aus dieser Bindung ergibt sich für Kommanditisten die Pflicht, ihre Verweigerung auf Nachfrage zu begründen17. Mit dem Zustimmungserfordernis einhergehen die Pflicht und die Notwendigkeit zur Information der Kommanditisten über außergewöhnliche Geschäfte.18 Die Rechtsfolgen der Zustimmungsverweigerung nach § 116 Abs. 2  HGB wurden im Rahmen der OHG dargestellt.19 Insbesondere muss bei Fehlen der Zustimmung – selbst nur eines Kommanditisten – die Maßnahme unterbleiben.20

14  RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 306 f.; OLG Celle Beschl. v. 1.12.1999 – 9  W  142 / 99, GmbHR 2000, 388, 388 f.; so bereits Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 164  HGB Anm. 3; von Hahn, ADHGB, Art. 158 § 2; Staub / Schilling, § 164  HGB Rn. 2; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 10; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 53 III 2 b, S. 1538 f.; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 164  HGB Rn. 2; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 55; Heymann / Horn, § 164 HGB Rn. 4; Emde, WM 1996, 1205, 1205; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 7, 9; Dietrich, Vertragliche Entrechtung, S. 36; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164 HGB Rn. 6; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 25 Rn. 7; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 2, 16; Priester, DStR  2008, 1386, 1390 Fn. 57; Kübler / Assmann, § 8 II 1 a, S. 104; Glasenapp, Verletzung Geschäftsführungsbefugnisse, S. 16; Priester, DStR 2007, 28, 29 Fn. 16; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  2358; Barella, DB 1952, 944, 944; Michalski, § 116  HGB Rn. 8. 15  RG Urt. v. 22.10.1938 – II 58 / 38, RGZ 158, 302, 307; Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 2; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 53 III 2 b, S. 1538. 16  Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 4; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 11; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 59; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 18; Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 164 HGB Rn. 6; Heymann / Horn, § 164 HGB Rn. 5; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 9. 17  Siehe zur Herleitung der Begründungspflicht oben 4. Kapitel C. II. 6. 18  So bereits Anschütz / von Völderndorff Art.  158  ADHGB II; MünchKommHGB / Grunewald, § 164 Rn. 10; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164 HGB Rn. 9; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 56; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  2358. 19  Siehe 3. Kapitel D. II. 20  Siehe 3. Kapitel D. II.



B. Grundfall der Geschäftsführungsbefugnis bei der KG239

2. Pflichtwidrige Zustimmungsverweigerung durch einen Kommanditisten a) Klageerfordernis versus Handlungsfähigkeit Es stellt sich auch bei der KG die Frage nach den Optionen der Mitgesellschafter im Falle einer gesellschaftsinteressenwidrigen Zustimmungsverweigerung durch einen Kommanditisten. Der Meinungsstand entspricht dabei dem parallelen Streit bei der GbR.21 Vertreten werden einerseits eine Handlungsbefugnis ohne Zustimmung22, andererseits ein Klageerfordernis23. Jedenfalls bei großen Publikumsgesellschaften ist es praktisch gar nicht möglich, alle Kommanditisten zu beteiligen, so dass hier ohne gesonderte Vereinbarung Mehrheitsentscheidungen ausreichend sind.24 b) Kein Klageerfordernis bei der KG Der Streitstand überrascht, da bei der originären Anwendung des § 116 Abs. 2 HGB im Rahmen der OHG einhellig zwar eine Klagemöglichkeit, aber kein Klageerfordernis angenommen wird.25 Überwiegend wird in der Literatur die Diskussion daher im Rahmen der KG gar nicht erneut angesprochen. Die Vertreter eines Klageerfordernisses stellen ebenfalls keinen Vergleich zur Anwendung des § 116  Abs. 2 HGB bei der OHG an. Sofern eine Begründung erfolgt, wird vereinzelt auf das Klageerfordernis bei einer Verweigerung im Rahmen der Beschlussfassung nach § 119 HGB verwiesen.26 Darüber hinaus könnten aber die Argumente für ein Klageerforder21  Siehe

oben 4. Kapitel C. II. 7. b). § 164 HGB Rn. 5; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost /  Strohn, § 164  HGB Rn. 9. 23  MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 11 (schließt aber einen Schadensersatzanspruch gegen die handelnden Gesellschafter wegen der Treuwidrigkeit der Zustimmungsverweigerung aus); Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 59; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  2362; hierzu tendiert wohl auch Leh­ leiter, in: Saenger / Aderhold / Lenkaitis / Speckmann, § 5 Rn. 459. 24  BGH Urt. v. 9.11.1987 – II ZR 100 / 87, NJW 1988, 969, 970 f.; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 712 Rn. 13; Erman / H. P. Westermann, § 712 BGB Rn. 5; Reichert / Winter, BB 1988, 981, 986; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 35. 25  Siehe etwa Staub / Schäfer, § 116 HGB Rn. 21; Gogos, Geschäftsführung der OHG, S. 34; Heymann / Emmerich, § 116 HGB Rn. 9; Schlegelberger / Martens, § 116 HGB Rn. 16; Flume, Personengesellschaft, S. 268, 270; A. Hueck, OHG Recht, § 11 III 3, S. 175; Haas, in: Röhricht / von Westphalen, § 116  HGB Rn. 5; Mayen, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 116 HGB Rn. 14. 26  Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 59. 22  Heymann / Horn,

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5. Kap.: Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

nis bei der GbR27 übertragbar sein. Dies hängt von der Vergleichbarkeit der Interessenlage ab. Das Klageerfordernis bei der GbR wurde hier maßgeblich mit der Betonung der gegenseitigen Kontrolle durch eine Gesamtgeschäftsführung begründet.28 Bei der KG ist aber die Einzelgeschäftsführung (durch die Komplementäre) der Grundfall, so dass dieses Argument nicht übertragen werden kann. Allerdings könnte eine Handlungsbefugnis aufgrund eines Missbrauchsvorwurf bei der KG zu einer vorläufigen Umgehung des Zustimmungserfordernisses führen, wodurch die Kommanditisten vor vollendete Tatsachen gestellt würden und gegebenenfalls allein auf Schadensersatzforderungen verwiesen wären.29 Für die Vollzugsmöglichkeit trotz fehlender Zustimmung könnte demgegenüber angeführt werden, dass die beschränkt haftenden Kommanditisten nicht die Befähigung haben sollen, die unbegrenzt haftenden Komplementäre an außergewöhnlichen Maßnahmen zu hindern. Grundlage dieses Arguments wäre der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung. Indessen ist der Gleichlauf keineswegs zwingend30 und zumindest bei existenzbedrohenden Schäden bietet das Notgeschäftsführungsrecht aller Gesellschafter einen Schutz.31 Auch unterhalb dieser Schwelle kann jedoch ein Klageerfordernis durch die vorläufige und bei zeitlich gebunden Geschäften möglicherweise endgültige Verhinderung einer Maßnahme zu einem erheblichen Schaden führen. Wegen ihres Haftungsrisikos müssen die Komplementäre davor geschützt werden, zumal der Kommanditist dieses Risiko nicht trägt und möglicherweise keine Rücksicht darauf nimmt. Somit unterscheidet sich die Interessenlage bei der KG von der bei der GbR. Infolgedessen ist wie bei der OHG von einer Handlungsmöglichkeit der Komplementäre bei einer pflichtwidrigen Zustimmungsverweigerung auszugehen. 3. Weitere Rechte und Pflichten der Kommanditisten Über die Beteiligung bei außergewöhnlichen Geschäften hinaus besteht weder ein Recht noch eine Pflicht zur Geschäftsführung für die Kommanditisten.32 Dementsprechend ist die gesellschafterliche Treuepflicht der 27  Siehe

dazu oben 4. Kapitel C. II. 7. c). dazu oben 4. Kapitel C. II. 7. c). 29  Siehe dazu oben 4. Kapitel C. II. 7. c). 30  Siehe oben 2. Kapitel C. I. 1. a). 31  MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 20; Wirth, in: Gummert / Riegger /  Weipert, II § 7 Rn. 56, 91; Heymann / Horn, § 164 HGB Rn. 5; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 9; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I  2367; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 21. 32  Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 49; Haas / Mock, in: Röhricht /  von Westphalen, § 164 HGB Rn. 1. 28  Siehe



B. Grundfall der Geschäftsführungsbefugnis bei der KG

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Kommanditisten nicht so ausgeprägt wie die der Komplementäre.33 Das zeigt bereits § 165 HGB, nach dem die Kommanditisten nicht dem Wettbewerbsverbot des § 112 HGB unterliegen. Obwohl die Geschäftschancenlehre34 nur eingeschränkt gilt, dürfen Kommanditisten keine Geschäfte wahrnehmen, von denen sie im Rahmen ihrer Gesellschafterstellung erfahren haben oder die im Geschäftsbereich der Gesellschaft liegen und dieser bereits zugeordnet sind.35 Sie können dazu verpflichtet sein, auf bestimmte Umstände – z. B. drohende Schäden – aufmerksam zu machen und auf entsprechende Geschäftsführungsmaßnahmen hinzuwirken.36 Unberührt vom sonstigen Ausschluss von der Geschäftsführung bleibt das Notgeschäftsführungsrecht analog § 744  Abs. 2 BGB.37

III. Bedeutung des § 164 Satz 2 HGB Gemäß § 164 Satz 2 HGB bleibt die Vorschrift des § 116 Abs. 3 HGB, nach der alle Geschäftsführer nur gemeinsam Prokura erteilen können, von der Geschäftsführungsregelung des § 164  Satz  1  HGB unberührt. Teilweise wird darin eine bloße Betonung der Ausnahme von der Einzelgeschäftsführungsbefugnis bei der Prokuraerteilung gesehen, und zwar ohne Auswirkungen auf die Beteiligung der Kommanditisten im Sonderfall des außer­ gewöhnlichen Charakters nach § 116  Abs. 2  HGB.38 Andere entnehmen 33  Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 2321; Kübler / Assmann, § 8 II 1 c, S. 105. 34  Dazu 3. Kapitel C. I. 35  BGH Urt. v. 8.5.1989 – II ZR 229 / 88, ZIP 1989, 986, 987; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 2329; ausführlich Kübler / Waltermann, ZGR 1991, 162, 168 ff. 36  MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 2; Wirth, in: Gummert / Riegger /  Weipert, II § 7 Rn. 49; Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 164 HGB Rn. 1. Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 15, nimmt sogar eine Pflicht zur Vornahme von Gegenmaßnahmen für die Kommanditisten an. Das ginge jedoch zu weit. Handlungen können diese nur selbst vornehmen, wenn ein Fall der Notgeschäftsführung gegeben ist. 37  Heymann / Horn, § 164 HGB Rn. 5; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 56, 91; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 9; im Ergebnis ähnlich MünchKommHGB / Grunewald, § 164 Rn. 20; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 2367; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 21; Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 164 HGB Rn. 9; während Lehleiter, in: Saenger / Aderhold / Lenkaitis / Speckmann, § 5 Rn. 461, davon ausgeht, dass sich die Notgeschäftsführungsbefugnis typischerweise in Hinweispflichten erschöpft. 38  Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164 HGB Rn. 8; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 54; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 164 HGB Rn. 5; Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 164 HGB Rn. 5; Schlegelberger / Mar­ tens, § 164 HGB Rn. 20; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 2365 f.

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5. Kap.: Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

§ 164 Satz  2 HGB, dass die Kommanditisten nie zu beteiligen seien,39 weil § 164  Satz 2 HGB als speziellere Regelung vorgehe und allein die Anwendung von § 116 Abs. 3 HGB, nicht aber die von § 116 Abs. 2 HGB anordne40. So werde die komplizierte Abgrenzung eines gewöhnlichen von einem außergewöhnlichen Geschäft für den wichtigen Fall der Prokuraerteilung vermieden.41 Die Abgrenzung mag im Einzelfall schwierig sein, sie stellt sich aber genauso bei der OHG.42 Es ist kein gesteigertes Interesse einer Vermeidung der Abgrenzung bei der KG erkennbar, mithin lässt sich daraus kein Argument ableiten. Hätte § 164 Satz 2 HGB einen eigenen Regelungsgehalt, läge eine Spezialregelung vor. Es griffe der Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“ ein, und ein Rückgriff auf das OHG-Recht nach § 161 Abs. 2 HGB wäre ausgeschlossen. Der genaue Inhalt ist daher sorgfältig zu prüfen. § 164 Satz 2 HGB ordnet die bereits über § 161  Abs. 2  HGB begründbare Geltung („bleiben unberührt“) von § 116 Abs. 3 HGB an. Für einen darüber hinausgehenden eigenen Regelungsinhalt lässt sich dem Wortlaut nichts entnehmen. Die Interessenlage gebietet aber auch keine weitergehende Interpretation der Regelung. Folge der Beteiligung der Kommanditisten an einer „außergewöhnlichen“ Prokuraerteilung ist eine stärkere Einflussmöglichkeit und damit einhergehend eine größere Kontrolle sowie ein besserer Schutz. Ebenso führt § 116 Abs. 3  HGB durch das Zustimmungserfordernis sämtlicher Geschäftsführer zu einem gesteigerten Schutz. Aus der Geltungsanordnung nunmehr eine Begrenzung der Mitwirkungsrechte herzuleiten und dadurch das Schutzniveau zu senken, würde den eigentlichen Zweck von § 116 Abs. 3 HGB konterkarieren.43 Mit der Anordnung des Unberührtbleibens einer die Gesellschafter schützenden Norm eine Absenkung des Schutzniveaus zu begründen, überzeugt nicht.

IV. Zwischenergebnis Die Geschäftsführung der KG obliegt den Komplementären nach Maßgabe der §§ 114 ff. HGB. Sie stehen damit weitestgehend den OHG-Gesellschaftern gleich. Bei außergewöhnlichen Geschäften i. S. v. § 116 Abs. 2 HGB besteht jedoch ein Zustimmungserfordernis der Kommanditisten. Verweigert 39  Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 1; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 19; Heymann / Horn, § 164 HGB Rn. 3; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 164 HGB Rn. 3. 40  MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 19. 41  MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 19. 42  Vgl. 3. Kapitel D. IV. 1. 43  Siehe dazu auch Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 54.



C. Übertragung weiterer Geschäftsführungsbefugnisse

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ein Kommanditist die Zustimmung, hat die Maßnahme zu unterbleiben. Bei dem Zustimmungserfordernis handelt es sich um ein organschaftliches Geschäftsführungsrecht, welches an das Gesellschaftsinteresse gebunden ist. Handelt der Kommanditist nicht im Interesse der Gesellschaft, darf das Fehlen ignoriert werden. § 164 Satz 2 HGB ist eine rein klarstellende Norm, welche nur die Gesamtgeschäftsführung der Komplementäre bei der Prokuraerteilung betont. Wenn die Erteilung der Prokura ausnahmsweise außergewöhnlich ist, sind die Kommanditisten aber daran zu beteiligen. Im Übrigen besteht kein Geschäftsführungsrecht bzw. keine -pflicht der Kommanditisten. Die gesellschafterliche Treuepflicht ist bei ihnen weniger ausgeprägt als bei den Komplementären. Gleichwohl dürfen sie nicht konkrete Geschäftschancen der Gesellschaft wahrnehmen, und sie haben auf drohende Gefahren hinzuweisen. Analog § 744 Abs. 2 BGB steht ihnen ein Notgeschäftsführungsrecht zu.

C. Übertragung weiterer Geschäftsführungsbefugnisse auf die Kommanditisten I. Beteiligung der Kommanditisten an der Geschäftsführung § 163 HGB geht grundsätzlich von einer gesellschaftsvertraglichen Regelung des Innenverhältnisses aus. Nur wenn eine solche fehlt, ist auf die §§ 164 ff. HGB zurückzugreifen. Für den gesetzlichen Regelfall sieht § 164 Abs. 1 Satz 1 HGB einen Ausschluss der Kommanditisten von der Führung der gewöhnlichen Geschäfte vor. Es gibt allerdings keinen § 170 HGB entsprechenden zwingenden und vollständigen Ausschluss der Kommanditisten von der Geschäftsführung. Die Rechte der Komplementäre und Kommanditisten können im Gesellschaftsvertrag erweitert oder begrenzt werden. Insbesondere können das Zustimmungserfordernis der Kommanditisten für außergewöhnliche Geschäfte abbedungen44 und ihre Informationsrechte nach § 166  HGB – abgesehen von Absatz  3 – in gewissem Umfang eingeschränkt werden (etwa durch die Vereinbarung der Ausübung durch einen zur beruflichen Verschwiegenheit verpflichteten Dritten)45. Es gelten je44  Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 7; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 71; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 27; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164  HGB Rn. 16; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 1a; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 21; Horst, Geschäftsführung und Beschlußfassung, S. 223. 45  MünchKomm-HGB / Grunewald, § 166 Rn. 48; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 166 HGB Rn. 18; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164 HGB Rn. 16; Kübler / Assmann, § 8 II 1 a, S. 104; Schlegelberger / Martens, § 166 HGB Rn. 44;

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5. Kap.: Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

doch dieselben Beschränkungen wie bei den übrigen Personengesellschaften, insbesondere das Gebot der Selbstorganschaft.46 Überträgt der Gesellschaftsvertrag den Kommanditisten eine Geschäftsführungsbefugnis, handelt es sich um die Übernahme organschaftlicher Pflichten, die u. a. eine erhöhte Treuepflicht und ein Wettbewerbsverbot begründet.47 Die Komplementäre sind im Zweifelsfall jedoch nicht nach § 114  Abs. 2  HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen.48 Die Auslegungsregel ist auf den Regelfall der OHG zugeschnitten, nach dem alle Gesellschafter geschäftsführungsbefugt sind. Denn die Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf einzelne ohnehin geschäftsführungsbefugte Gesellschafter hätte keine Wirkung.49 Sind nach der gesetzlichen Ausgestaltung nur ein Teil der Gesellschafter (Komplementäre) geschäftsführungsbefugt, hat die Erteilung der Befugnis an die Übrigen (Kommanditisten) einen eigenen Regelungsgehalt. Im Zweifelsfall sind dann die Kommanditisten neben den Komplementären geschäftsführungsbefugt.

II. Möglichkeit der alleinigen Geschäftsführung durch die Kommanditisten 1. Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Selbstorganschaft Die weitgehende Gestaltungsfreiheit des Innenverhältnisses ermöglicht es, Komplementäre durch eine ausdrückliche Regelung von der Geschäftsführung auszuschließen.50 Der Grundsatz der Selbstorganschaft steht zumindest Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 166 HGB Rn. 39; Weipert, DStR 1992, 1097, 1097; Oetker / Oetker, § 166  HGB Rn. 38 ff.; Schiessl, NJW 1989, 1597, 1598 („Beschränkungen […], die das Recht im Kern unangetastet lassen“). 46  Siehe zum Gebot der Selbstorganschaft 2. Kapitel C. 47  Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 33; Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 164 HGB Rn. 14, 23; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 1; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 77; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 2355; Kübler / Assmann, § 8 II 1 c, S. 105; ähnlich bereits Thöl, S. 347 f.; Flume, Personengesellschaft, S. 132. 48  BGH Urt. v. 4.3.1976 – II ZR 178 / 74, WM 1976, 446, 446; so bereits Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 164 HGB Anm. 6; MünchKomm-HGB / Gru­ newald, § 164 Rn. 22; Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 8; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 76; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 35; GK-HGB /  Fahse, § 164 Rn. 3; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164 HGB Rn. 19. 49  Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 8; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 35; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 76. 50  BGH Urt. v. 9.12.1968 – II ZR 33 / 67, NJW 1969, 507, 508; Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 8; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 23; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 76.



C. Übertragung weiterer Geschäftsführungsbefugnisse

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formal nicht entgegen.51 Eine Übertragung auf die Kommanditisten ist aufgrund ihrer Gesellschafterstellung kein Fall der Fremdgeschäftsführung.52 Selbst bei einer umfassenden Übertragung der Geschäftsführungsbefugnisse kann daraus jedoch keine persönliche Haftung der Kommanditisten abgeleitet werden.53 Die Geschäftsführung allein durch die Kommanditisten ist zwar keine Selbstentmachtung der Gesellschaft, nichtsdestoweniger führt sie zu einem Auseinanderfallen von Herrschaft und Haftung. Es besteht zwar kein zwingender Gleichlauf, dennoch trägt eine Kongruenz zur Verhaltenskontrolle bei und verhindert eine Fremdbeherrschung der persönlich haftenden Gesellschafter.54 Das Risiko der Fremdbeherrschung der Komplementäre ist bei alleiniger Geschäftsführung der Kommanditisten genauso hoch wie bei einer Geschäftsführung durch Dritte.55 Deswegen stellt sich die Frage, ob ihnen tatsächlich restlos die Geschäftsführungsbefugnis entzogen werden kann oder ob die beschriebenen „materiellen Wirkungen“ des Grundsatzes der Selbstorganschaft entgegenstehen. 2. Meinungsstand Obwohl das Risiko der Fremdbeherrschung der Komplementäre existiert, wird von der Rechtsprechung56 und Teilen der Literatur57 die Möglich51  MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 23; Wirth, in: Gummert / Riegger /  Weipert, II § 7 Rn. 76; GK-HGB / Fahse, § 163 Rn. 5; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 25 Rn. 8. 52  BGH Urt. v. 15.1.1968 – II ZR 221 / 65, WM 1968, 509, 510; Urt. v. 27.6.1955 – II  ZR  232 / 54, WM 1955 1118, 1118; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 22; Flume, Personengesellschaft, S. 241; Werra, Selbstorganschaft, S. 15; Brox, FS Harry Westermann, 21, 33; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 75; Horst, Geschäftsführung und Beschlußfassung, S. 223; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 1; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164 HGB Rn. 19. 53  BGH Urt. v. 17.3.1966 – II ZR 282 / 63, BGHZ 45, 204, 207; so bereits Flechtheim, in: Düringer / Hachenburg, § 164 HGB Anm. 6; MünchKomm-HGB / Gru­ newald, § 164 Rn. 23; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 80; Heymann / Horn, § 164 HGB Rn. 11; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 13; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 28; Sudhoff / Buß, § 9 Rn. 21; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 25 Rn. 9; zurückhaltender: Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 164 HGB Rn. 17. 54  Zu den Folgen aus dem Prinzip der Selbstorganschaft 2. Kapitel C. I. 55  Siehe oben 2. Kapitel C. I. 1. b). 56  BGH Urt. v. 27.6.1955 – II ZR 232 / 54, BGHZ 17, 392, 394 f.; Urt. v. 9.12.1968 – II  ZR  33 / 67, BGHZ 51, 198, 201. 57  So bereits von Hahn, ADHGB, Art. 158 § 3; Staub / Schilling, § 164 HGB Rn. 8; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 64, 92; Hofmann, NJW 1969, 577, 577; Hüffer, Gesellschaftsrecht, § 25 Rn. 9; GK-HGB / Fahse, § 163 Rn. 5; ­Boerner, Haftung Kommanditist, S. 13; vgl. Bergmann, ZIP  2006, 2064, 2067.­

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5. Kap.: Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

keit anerkannt, die organschaftliche Geschäftsführung allein auf die Kommanditisten zu übertragen. Ein ausreichender Schutz der Komplementäre sei gewährleistet, da die organschaftliche Vertretungsmacht gemäß § 170 HGB zwingend bei ihnen verbleibe und sie die Ausführung von Maßnahmen verweigern könnten.58 Demgegenüber wird teilweise zum Schutz vor einer persönlichen Haftung eine fortbestehende Einflussmöglichkeit der Komplementäre gefordert.59 Die Komplementäre seien zur Ausführung interessengemäßer Maßnahmen verpflichtet, so dass keine Verweigerung möglich ist und auch kein ausreichender Schutz bestehe.60 Außerdem kann den Kommanditisten unstreitig eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht (sogar Prokura) eingeräumt werden, durch die sie die Gesellschaft ohne Beteiligung der Komplementäre verpflichten können.61 Hinsichtlich der Ausgestaltung der Einflusssicherung werden verschiedene Ansätze vertreten. Vorgeschlagen wird ein Widerspruchsrecht der Komplementäre bei Maßnahmen, die ihnen wegen ihrer unbegrenzten persönlichen Haftung unzumutbar sind.62 Damit wird neben den gewöhnlichen und den außergewöhnlichen Geschäften eine dritte Kategorie von Geschäften kreiert. Das „unzumutbare Geschäft“ ist im Gesetz aber nicht angelegt und führte zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten in der Praxis.63 Deshalb greifen andere auf den Rechtsgedanken des § 164 HGB zurück und schlagen ein Widerspruchsrecht der Komplementäre bei allen außergewöhnlichen Geschäften vor64, oder es wird grundsätzlich 58  Ähnlich

BGH Urt. v. 9.12.1968 – II ZR 33 / 67, BGHZ 51, 198, 200 f. in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164 HGB Rn. 5; Schlegelberger / Martens, § 164  HGB Rn. 1; Dellmann, FS Hengeler 64, 74 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 9  II  2 a, S. 772 f.; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 23. 60  Schürnbrand, Organschaft, S. 260; Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 27; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 259; siehe auch Wiede­ mann, Gesellschaftsrecht II, § 9  II  2 a, S. 772; Dellmann, FS  Hengeler, 64, 74 f.; ebenfalls kritisch Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 164  HGB Rn. 14. 61  BGH Urt. v. 27.6.1955 – II ZR 232 / 54, NJW 1955, 1394, 1395; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 170 Rn. 15; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 170 HGB Rn. 5; M. Roth, in: Baumbach / Hopt, § 170 HGB Rn. 3; Koller, in: Koller / Roth / Morck, § 170 HGB Rn. 1. 62  Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 29; Heymann / Horn, § 164 HGB Rn. 10; Nitschke, Körperschaftliche Personengesellschaft, S. 265, wobei dieser eine Ausnahme von dem Erfordernis annimmt, wenn das von den Kommanditisten aufgebrachte Vermögen so erheblich ist, dass die Haftung des Komplementärs keine Rolle mehr spielt und die Finanzierung des Geschäftsbetriebes sichergestellt ist; siehe auch Dietrich, Vertragliche Entrechtung, S. 132 f. 63  Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 79. 64  Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 79; Koller, in: Koller / Roth /  Morck, § 164 HGB Rn. 3. 59  Weipert,



C. Übertragung weiterer Geschäftsführungsbefugnisse

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ein gemeinschaftliches Recht aller Komplementäre gefordert; Maßnahmen selbst durchzuführen und zu widersprechen65. Eine Ausnahme soll jedoch gelten, wenn der einzige Komplementär eine juristische Person ist (typischerweise geht es um eine GmbH & Co. KG), da jegliche persönliche Betroffenheit fehle.66 Nach einem anderen Ansatz sollen die Komplementäre von der Geschäftsführung ausgeschlossen bleiben und im Gegenzug sei die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis der Kommanditisten zu erleichtern.67 Die Mehrheit der Gesellschafter soll den Entziehungsantrag nach § 117 HGB aus wichtigem Grund bereits dann stellen können, wenn sie kein Vertrauen mehr in die Geschäftsführer hat.68 Teilweise wird auch ein § 170 HGB entsprechender zwingender Ausschluss der Kommanditisten von der organschaftlichen Geschäftsführung vertreten.69 3. Unabdingbares Widerspruchsrecht der Gesamtheit der Komplementäre Unabhängig von den verschiedenen Ansätzen bietet allein das Belassen der organschaftlichen Vertretungsbefugnis bei den Komplementären wegen der Bindung an die (pflichtgemäße) Geschäftsführungsentscheidung keinen vollständigen Schutz vor einer persönlichen Haftung. Der Hinweis auf die Möglichkeit der pflichtwidrigen Verweigerung der Umsetzung im Außenverhältnis ist keine Lösung des Problems, sondern vielmehr ein deutliches Anzeichen für das Erfordernis einer anderen Handhabung.70 Bevor eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Vereinbarung per se für unzulässig erklärt wird, ist § 163 HGB zu berücksichtigen, der das Innenverhältnis der KG und § 164 Satz 1 HGB vorbehaltlos und ausdrücklich zur Disposition der Gesellschafter stellt. Eine materielle Verletzung des Gleichlaufs von Herrschaft und Haftung ist zwar denkbar,71 allerdings ist dieser Gleichlauf keinesfalls zwingend72. Das Gesetz kennt Ausnahmen und ordnet diese für Sonderfälle ausdrücklich (z. B. § 146  Abs. 2  Satz  1  HGB) an. Durch die Regelung des § 163 HGB besteht eine solche Ausnahme von den „materi65  MünchKomm-HGB / Grunewald,

§ 164 Rn. 23. § 164 Rn. 23; Dietrich, Vertragliche Entrechtung, S. 174; wohl auch Haas / Mock, in: Röhricht / von Westphalen, § 164 HGB Rn. 14. 67  Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 30. 68  Schlegelberger / Martens, § 164 HGB Rn. 30. 69  Schürnbrand, Organschaft, S. 261; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 9 II 2 a, S. 772 f. 70  Vgl. auch die Kritik bei Schürnbrand, Organschaft, S. 260. 71  So im Ergebnis Schürnbrand, Organschaft, S. 258 ff. 72  Siehe oben 2. Kapitel C. I. 1. a). 66  MünchKomm-HGB / Grunewald,

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5. Kap.: Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

ellen Wirkungen“ des Grundsatzes der Selbstorganschaft und – da wegen der Gesellschafterstellung formal schon keine Verletzung vorliegt – auch für die organschaftliche Geschäftsführung durch Kommanditisten. Andere zwingende personengesellschaftsrechtliche Gebote stehen diesem Ergebnis ebenso wenig entgegen. Die Gestaltungsfreiheit bezüglich der internen Verhältnisse findet aber nicht nur in den zwingenden gesellschaftsrechtlichen, sondern auch in allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen ihre Grenzen. Eine solche allgemeine Grenze findet sich in § 138 Abs. 1 BGB für sittenwidrige Rechtsgeschäfte. Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn ein Rechtsgeschäft nach seinem aus der Gesamtwürdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Charakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ist.73 Unterwerfen sich die Komplementäre vollständig der Geschäftsführung durch die Kommanditisten, begeben sie sich in eine völlige Abhängigkeit. Diese geht wegen ihrer unbegrenzten persönlichen Haftung soweit, dass eine Fremdbeherrschung gegeben wäre, die als sittenwidrig im Sinne der genannten Definition einzustufen wäre. Diesem Ergebnis widerspricht auch nicht der unbestritten zulässige Verzicht eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder GbR auf seine Geschäftsführungsbefugnis. Es droht in diesem Fall keine solche Fremdbeherrschung, denn die geschäftsführenden Mitgesellschafter tragen gleichsam das volle Haftungsrisiko. Dadurch ist eine gewisse Verhaltenskontrolle sichergestellt und es wird verhindert, dass die unbegrenzt haftenden Gesellschafter die Konsequenzen der Entscheidungen der nicht persönlich haftenden Geschäftsführer zu tragen haben. Die Kommanditisten sind demgegenüber insoweit von der Verantwortung für ihr Handeln freigestellt, als sie für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht unbeschränkt haften. In Folge dessen wird die haftungsbedingte besondere Sorgfalt und Vorsicht bei Geschäftsführungsmaßnahmen weniger ausgeprägt sein. Den Komplementären ist daher ein gewisses Mitspracherecht einzuräumen. Weil ein Verzicht auf eine Beteiligung an der Geschäftsführung eines persönlich haftenden Gesellschafters nicht sittenwidrig ist, solange die Geschäftsführung bei ebenfalls persönlich haftenden Gesellschaftern verbleibt, muss durch das Mitspracherecht nur die aufgrund der fehlenden Haftung unter Umständen weniger ausgeprägte Sorgfalt und Vorsicht ausgeglichen werden. Grundsätzlich können sowohl ein Handeln als auch ein Unterlassen haftungsbegründend sein. Ein Initiativrecht der von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Komplementäre besteht jedoch bereits durch das Notgeschäftsführungsrecht analog § 744  Abs. 2 BGB. Dieses bietet einen ausreichenden Schutz zur Abwendung von Schäden für die Gesellschaft. § 744  Abs. 2 BGB begründet allerdings kein Widerspruchsrecht gegen 73  BGH

Urt. v. 3.4.2008 – III ZR 190 / 07, NJW 2008, 2026, 2027.



C. Übertragung weiterer Geschäftsführungsbefugnisse

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Maßnahmen der geschäftsführenden Gesellschafter. Zum Schutz vor einer sittenwidrigen Abhängigkeit von den Kommanditisten ist ein solches erforderlich. Dabei überzeugt es nicht, mit der neuen Kategorie des „unzumutbaren Geschäfts“ weitere Abgrenzungsfragen aufzuwerfen, da ohnehin die Abgrenzung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften nicht immer trennscharf möglich ist. Um Klarheit zu schaffen und vor dem Hintergrund, dass die Komplementäre durch ihre persönliche Haftung das gesamte Risiko tragen, ist es angemessen, ihnen ein allgemeines Widerspruchsrecht zuzugestehen. Flankierend ist auf die Möglichkeit einer insgesamt sehr hohen Haftung durch eine Vielzahl von gewöhnlichen Geschäften hinzuweisen. Bei einem Widerspruchsrecht allein für außergewöhnliche Geschäfte würde sich die Frage stellen, ob eine außergewöhnlich hohe Anzahl von – für sich betrachtet – gewöhnlichen Geschäften ebenfalls zu einem Widerspruchsrecht führt. Das Haftungsrisiko kann sich in beiden Fällen der Höhe nach entsprechen. Allerdings bedeutete ein allgemeines Widerspruchsrecht jedes einzelnen Komplementärs eine sehr weitgehende Einschränkung der unabhängigen Geschäftsführung durch die Kommanditisten. Umgekehrt entspräche es aber dem in § 164  HGB vorgesehenen Gesamtzustimmungserfordernis zum Schutz der Kommanditisten. Dieser Schutz ist jedoch auf außergewöhnliche Geschäfte begrenzt und es handelt sich um ein vertraglich abdingbares Recht. Hier geht es im Gegensatz dazu um ein unabdingbares Recht für alle Geschäfte, welches lediglich einen – nicht ausdrücklich im Gesetz vorgesehenen – Mindestschutz sicherstellen soll. Dieses Erfordernis erfüllt auch ein gemeinsames Widerspruchsrecht, zumal in der Praxis ohnehin in der Regel nur ein Komplementär vorhanden sein wird. Den Komplementären das Recht einzuräumen, bei Vertrauensverlust den Kommanditisten die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen, ginge hingegen zu weit. Die Ausgestaltung des Innenverhältnisses der Gesellschaft ist nach § 163 HGB der Vereinbarung der Gesellschafter unterstellt. Ihrer Entscheidung ist Gewicht beizumessen, auch wenn ein zwingendes Widerspruchsrecht der Komplementäre sie relativiert. Jedenfalls ist der nach § 138  Abs. 1 BGB nötige Mindestschutz damit ausreichend gewährleistet und es bedarf nicht der zusätzlichen Möglichkeit, über den Einzelfall hinaus die privatautonome Entscheidung der Gesellschafter zu revidieren und die Geschäftsführung entgegen der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung durch eine Entziehung dieser Befugnis neu zu gestalten. Mithin ist es richtig, der Gesamtheit der Komplementäre zu ihrem Schutz ein unabdingbares Widerspruchsrecht zuzugestehen, welches dem eines OHG-Gesellschafters entspricht. Dabei überzeugt es nicht, eine Unterscheidung danach zu treffen, ob der Komplementär eine natürliche oder juristi-

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5. Kap.: Die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft

sche Person ist. Das wäre die Aufgabe des Gedankens eines einheitlichen Geschäftsführungskonzepts und rückte Billigkeitserwägungen in den Vordergrund. Zugegebenermaßen sind die Gesellschafter einer KomplementärKapitalgesellschaft nur eingeschränkt persönlich betroffen. Es kann hingegen nicht pauschal gesagt werden, dass es an jeglicher persönlichen Betroffenheit fehle.74 Denn im Falle der Insolvenz der Komplementärgesellschaft können die Gesellschafter der Komplementärin als natürliche Personen ihre berufliche bzw. wirtschaftliche Grundlage verlieren.

III. Zwischenergebnis Die Regelung des Innenverhältnisses der KG steht nach § 163 HGB zur Disposition der Gesellschafter. Die Rechte der Kommanditisten können eingeschränkt oder erweitert werden. Im Gesellschaftsvertrag ist die Übertragung der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis auf die Kommanditisten möglich. Sie besteht dann neben der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis der Komplementäre. Die Komplementäre können aber auch weitgehend von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden, wenn die Kommanditisten geschäftsführungsbefugt sind. Der Grundsatz der Selbstorganschaft steht formal nicht entgegen, und die Dispositionsfreiheit nach § 163 HGB normiert insofern eine Ausnahme von den materiellen Wirkungen des Grundsatzes. Um eine nach § 138 Abs. 1 BGB unzulässige Geschäftsführungsregelung zu verhindern und einen angemessenen Interessenausgleich zu erreichen, besteht jedoch ein Mindestmitspracherecht in Form eines Widerspruchsrechts der Gesamtheit der Komplementäre bei allen Geschäftsführungsmaßnahmen. Damit wird im Ergebnis auch den „materiellen Wirkungen“ des Grundsatzes der Selbstorganschaft Rechnung getragen.

D. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführungsbefugnis bei der KG Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis des Komplementärs richtet sich nach § 161 Abs. 2 HGB i. V. m. § 117 HGB. Es gilt das zu der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis eines OHG-Gesellschafters Gesagte entsprechend.75 Die den Kommanditisten durch Gesellschaftsvertrag eingeräumte organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis kann ihnen – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 117 HGB entzogen werden.76 74  So 75  3.

aber ausdrücklich MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 23. Kapitel G.



E. Zusammenfassung

251

Des Weiteren kann die Geschäftsführungsbefugnis gekündigt bzw. niedergelegt werden, falls die Möglichkeit dazu vertraglich eingeräumt wurde, die Mitgesellschafter zustimmen oder unter den Voraussetzungen des § 712 Abs. 2 BGB, der nach § 161 Abs. 2 HGB i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB bei der KG Anwendung findet. 76

E. Zusammenfassung Die Geschäftsführung der KG obliegt den Komplementären, die nach § 161 Abs. 2 i. V. m. §§ 114 ff. HGB zur Einzelgeschäftsführung befugt sind. Nach dem gesetzlichen Regelfall sind Kommanditisten nur bei außergewöhnlichen Maßnahmen an der Geschäftsführung zu beteiligen. Entgegen dem Wortlaut des § 164 Satz 1 HGB besteht bei diesen aber ein Zustimmungserfordernis und nicht nur ein Widerspruchsrecht. Nach dem Gesetz haben die Kommanditisten im Übrigen weder ein Geschäftsführungsrecht noch besteht eine Geschäftsführungspflicht. Die gesellschafterliche Treuepflicht, vor allem die Geschäftschancenlehre, gilt für sie nur eingeschränkt. Ihnen steht aber ein Notgeschäftsführungsrecht analog § 744 Abs. 2 BGB zu. Im Gesellschaftsvertrag können die Rechte der Kommanditisten eingeschränkt oder erweitert werden. Den Kommanditisten kann eine umfassende Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden; diese besteht im Zweifel neben der Geschäftsführungsbefugnis der Komplementäre. Durch eine eindeutige Regelung kann die Geschäftsführung aber auch ausschließlich auf die Kommanditisten übertragen werden. Es besteht in diesem Fall jedoch ein zwingendes Widerspruchsrecht der Gesamtheit der Komplementäre, da sonst eine sittenwidrige und damit unzulässige Fremdbeherrschung der Komplementäre gegeben wäre. Sowohl die gesetzliche (bei außergewöhn­ lichen Geschäften) als auch die gesellschaftsvertraglich übertragene Geschäftsführungsbefugnis der Kommanditisten sind organschaftlicher Natur. Der Grundsatz der Bindung an das Gesellschaftsinteresse besteht auch für die Kommanditisten. Geschäftsführende Kommanditisten können nur unten den Voraussetzungen des § 117 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden. Das Niederlegen der Geschäftsführung ist lediglich bei Zustimmung der Mitgesellschafter oder unter den Voraussetzungen des § 712 Abs. 2 BGB möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag keine andere Möglichkeit vorsieht. 76  RG Urt. v. 28.4.1924 – II 290 / 24, RGZ 110, 418, 421; BGH Urt. v. 17.12.1973 – II ZR 124 / 72, WM 1974, 177, 178; MünchKomm-HGB / Grunewald, § 164 Rn. 22; Wirth, in: Gummert / Riegger / Weipert, II § 7 Rn. 77; GK-HGB / Fahse, § 164 Rn. 3; Weipert, in: Ebenroth / Boujong / Joost / Strohn, § 164 HGB Rn. 20; Schlegelberger /  Martens, § 117 HGB Rn. 3; Boerner, Haftung Kommanditist, S. 12; Aderhold, in: Westermann / Wertenbruch, Rn. I 2356.

6. Kapitel

Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft A. Einführung Die Partnerschaft ist eine für Freiberufler geschaffene Personengesellschaft.1 Bis zu ihrer Einführung organisierten sich Anwälte, Ärzte und andere Freiberufler häufig in der Form der GbR. Den speziellen Bedürfnissen dieser Berufsgruppen soll die Partnerschaftsgesellschaft gerecht werden.2 Die Überlegungen für eine eigene Gesellschaftsform der Freien Berufe begannen in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Im ersten Gesetzesentwurf von 1971 war die Partnerschaft noch als juristische Person konzipiert.3 Der nächste Entwurf aus den Jahren 1975 / 1976 näherte die Partnerschaft demgegenüber sehr weit an die GbR an. Der Bundesrat sah aus diesem Grunde kein Bedürfnis für die Rechtsform und verweigerte die Zustimmung.4 Die Überlegungen für eine „Freiberufler-Gesellschaft“ verstärkten sich jedoch Ende der achtziger Jahre wegen der überregionalen Verbreitung der Freien Berufe und der bevorstehenden Öffnung des Binnenmarktes wieder.5 Der zunächst 27 Paragraphen umfassende Entwurf für ein Partnerschaftsgesellschaftsgesetz im Jahre 1993 wurde durch Verweisungen auf das Recht der OHG vereinfacht, so dass er letztlich nur noch elf Paragraphen enthielt6 und die Partnerschaftsgesellschaft zu einer Gesamthandsgesellschaft machte7. Im darauf folgenden Jahr verabschiedeten Bun1  BT-Drucks.

12 / 6152, S. 7. 12 / 6152, S. 7. 3  Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 12; MünchKomm-BGB / Schäfer, Vor § 1  PartGG Rn. 2; Boin, Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 132. 4  BR-Drucks. 444 / 1 / 76 S. 1 f., MünchKomm-BGB / Schäfer, Vor § 1 PartGG Rn. 3; Salger, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 36 Rn. 1; Wehrheim, Partnerschafts­ gesellschaft, S. 15; Lenz, MDR 1994, 741, 741; Stuber, WiB 1994, 705, 705. 5  Mahnke, WM 1996, 1029, 1030; MünchKomm-BGB / Schäfer, Vor § 1 PartGG Rn. 4. 6  Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 17; MünchKomm-BGB / Schäfer, Vor § 1 PartGG Rn. 5 f.; siehe dazu auch K. Schmidt, ZIP 1993, 634 ff.; Lenz, MDR 1994, 741, 741; Boin, Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 134. 7  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 1 PartGG Rn. 7 f.; Lenz, in: Meilicke / von West­ phalen / Hoffmann / Wolff, § 1 PartGG Rn.129; In der Gesetzesbegründung ist davon die Rede, dass sie eine „Schwesterfigur“ der OHG sei (BT-Drucks. 12 / 6152, S. 8). 2  BT-Drucks.



B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft 253

destag und Bundesrat das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, das am 1.  Juli 1995 in Kraft trat.8 Seitdem wurde das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz mehrfach, insbesondere durch das „Gesetz zur Änderung des UmwG, des PartGG und anderer Gesetze“ vom 22.  Juli 1998, geändert.9 Wegen der großen Dispositionsfreiheit bei der Ausgestaltung der GbR, die in der Praxis (vor der Existenz der Partnerschaftsgesellschaft) auf die Bedürfnisse von Freiberuflern zugeschnitten wurde, konnte sich die Partnerschaftsgesellschaft zunächst nicht durchsetzen. Ob sich dies durch die verschiedenen Novellen des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes geändert hat, ist schwer zu sagen.10 Zumindest bei Rechtsanwaltssozietäten scheint in den letzten Jahren die Rechtsform der Partnerschaft aufgrund der Haftungsbeschränkung des § 8 Abs. 2 PartGG beliebter geworden zu sein. Dieser Trend wird sich durch die Einführung der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 8 Abs. 4 PartGG), welche insbesondere für anwaltliche Großkanzleien eine Alternative zur britischen LLP bieten soll11, weiter verstärken. Nach § 1 Abs. 4 PartGG ist grundsätzlich auf das Recht der GbR zurückzugreifen, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Durch zahlreiche Verweise auf die Regelungen der OHG ist die Partnerschaft aber eher mit dieser vergleichbar.

B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft I. Vorbemerkung Die einzige originäre Regelung zur Geschäftsführung der Partnerschaft findet sich in § 6 PartGG. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 PartGG richtet sich das Innenverhältnis primär nach den Bestimmungen des Partnerschaftsvertrages. Hilfsweise ist nach Satz 2 auf die §§ 110 bis 116 Abs. 2 HGB sowie §§ 117 bis 119 HGB zurückzugreifen, dabei sind die Besonderheiten der Partnerschaftsgesellschaft und der Freien Berufe zu berücksichtigen. Die Gesell8  MünchKomm-BGB / Schäfer, Vor § 1 PartGG Rn. 7; Salger, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 36 Rn. 6; Lenz, MDR 1994, 741, 741; Stuber, WiB 1994, 705, 705; Meurer, Partnerschaftsgesellschaft, S. 49. 9  BGBl. 1998 I, S. 1878 ff. 10  2009 waren 7.910 Partnerschaftsgesellschaften in Deutschland registriert. Sie liegt damit deutlich vor der EWIV (222), aber mit großem Abstand hinter der OHG (fast 28.000), vgl. die Gesamtübersicht der eingetragenen Rechtsformen in Deutschland mit Stand Februar 2009 der Industrie- und Handelskammer Berlin. 11  BT-Drucks. 17 / 10487, S. 1 (elektronische Vorab-Fassung).

254

6. Kap.: Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

schafter (Partner) der Partnerschaft haben Einzelgeschäftsführungsbefugnis für gewöhnliche Geschäfte (§ 6 Abs. 3 Satz 2 PartGG i. V. m. § 116 Abs. 1 HGB). Inwieweit für außergewöhnliche Geschäfte eine Gesamtgeschäftsführungsbefugnis besteht (§ 116 Abs. 2 HGB), ist im Lichte der Bindung an das Berufsrecht nach § 6 Abs. 1  PartGG zu klären. Vorbehaltlich der nachfolgend beschriebenen Besonderheiten gelten die Ausführungen zu den Grundprinzipien der Personengesellschaften, insbesondere die Bindung an das Interesse der Gesellschaft (Partnerschaft)12 und der Grundsatz der Selbstorganschaft13, entsprechend. Besonderheiten für die Partnerschaft ergeben sich aus § 6 Abs. 1 und Abs. 2 PartGG.

II.  Bindung an das Berufsrecht nach § 6 Abs. 1 PartGG 1. Auswirkungen des Berufsrechts auf die Ausgestaltung der Geschäftsführung Die Bindung an das Berufsrecht wird in § 6 Abs. 1 PartGG hervorgehoben. Die Ausgestaltung des Innenverhältnisses darf sich nicht in Widerspruch zu den berufsrechtlichen Regelungen setzen,14 so dass die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter eingeschränkt ist. Fraglich ist, ob sich aus dieser Bindung ein Verbot der Gesamtgeschäftsführung oder des Widerspruchsrechts in den Fällen einer im Berufsrecht vorgesehen unabhängigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit ergibt. 2. Meinungsstand Zum Teil wird eine solche Beschränkung der vertraglichen Freiheit mit dem Hinweis angenommen, dass mit dem Grundsatz der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Freien Berufe15 (er findet sich etwa für Rechtsanwäl­ te in §§ 1, 3 Abs. 1, 43a Abs. 1 BRAO oder für Ärzte in §§ 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, 18 Abs. 2 MBO) nur die Einzelgeschäftsführung vereinbar sei.16 Eine 12  Siehe

oben 3. Kapitel C. oben 2. Kapitel C. 14  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 7; Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 7; Henssler, § 6 PartGG Rn. 3; Meilicke, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 6 PartGG Rn. 3; Feddersen / MeyerLandrut, § 6 PartGG Rn. 1; K. Schmidt, NJW 1995, 1, 4; Hirtz, in: Henssler / Strohn, § 6 PartGG Rn. 2. 15  Der Grundsatz wird in der Regierungsbegründung als Wesensmerkmal der Freien Berufe genannt, vgl. BT-Drucks. 12 / 6152 S. 7. 16  Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 16; Michalski, Freie Berufe, S. 309 f.; Römermann, Anwaltsgesellschaften, S. 127; siehe auch Grunewald, FS Ulmer, 141, 13  Siehe



B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft 255

Gesamtgeschäftsführung soll allenfalls bei den sonstigen Geschäften möglich sein, wobei aber im Einzelfall auch bei berufsspezifischen Maßnahmen die Hinzuziehung weiterer Partner vereinbart werden könne.17 Darüber hinaus sei bereits ein Widerspruchsrecht der Mitgesellschafter unvereinbar mit dem Unabhängigkeitsgrundsatz.18 Andere lehnen eine solche Beschränkung ab.19 Bereits die Systematik des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes deute auf eine insofern uneingeschränkte Gestaltungsmöglichkeit hin, da vorbehaltlos auf § 115 HGB und auch auf § 116 Abs. 2 HGB verwiesen werde.20 Ferner dürfe das Haftungsrisiko nicht außer Acht gelassen werden, welches – trotz § 8 Abs. 2 PartGG (bzw. nunmehr auch Absatz 4) – jedenfalls für die Partnerschaftsgesellschaft bestehe und zumindest mittelbar Konsequenzen für die übrigen Partner habe.21 Die Unabhängigkeit eines einzelnen Partners müsse deshalb enden, wenn negative Folgen für die Mitgesellschafter drohen.22 Die einzelnen Partner seien also nicht völlig frei darin, Verträge mit Dritten zu schließen, da mit der Gründung der Partnerschaft auch das Gesellschaftsinteresse bzw. Interessen der Mitgesellschafter (wegen der Treuepflicht) zu berücksichtigen seien.23

145, die zumindest davon ausgeht, dass bei Freiberuflern die Nennung auf dem Praxisschild oder dem Briefbogen ausreicht, um den Rechtsschein einer Alleingeschäftsführungs- bzw. Alleinvertretungsbefugnis zu erwecken, da dies so verbreitet sei. 17  Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 55; Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 16. 18  Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 16. Dann aber stark relativierend unter Rn. 16a für Geschäfte, die ihrerseits die eigenverantwortliche und selbständige Tätigkeit der anderen Partner tangieren, insofern handele es sich um außergewöhnliche Geschäfte i. S. v. § 116  Abs. 2 HGB. Siehe auch Römermann, Anwaltsgesellschaften, S. 127. 19  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 16, 18; Henssler, § 6  PartGG Rn. 42; Meilicke, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 6 PartGG Rn. 45 f.; Henssler, DB  1995, 1549, 1553; Mahnke, WM 1996, 1029, 1035; Lauke­ mann, Partnerschaftsgesellschaft, S. 48; Hirtz, in: Henssler / Strohn, § 6  PartGG Rn. 5; Saenger, Gesellschaftsrecht, Rn. 405; wohl auch Salger, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 41 Rn. 19; Stuber, Partnerschaftsgesellschaft, S. 35. 20  Zurückhaltender, aber diese Auslegung auch als naheliegend bezeichnend MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 16. 21  Henssler, § 6 PartGG Rn. 42; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 18; Henssler, DB 1995, 1549, 1553; siehe dazu auch Salger, in: Gummert / Riegger / Weipert, I § 41 Rn. 19. 22  Henssler, § 6 PartGG Rn. 42; Henssler, DB 1995, 1549, 1553. 23  Bluhm, Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 93; Meilicke, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 6 PartGG Rn. 45 f.; Hirtz, in: Henssler / Strohn, § 6 PartGG Rn. 8.

256

6. Kap.: Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

3. Weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Ausgestaltung der Geschäftsführung Diese unterschiedlichen Interessen sind untereinander24 und darüber hinaus auch im Hinblick auf den Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit einer durchführbaren Konkordanz zuzuführen. Dabei ist zu beachten, dass mit der Unabhängigkeit primär die Unabhängigkeit vom Staat gemeint ist.25 Zwingende Folge einer jeden beruflichen Zusammenarbeit ist eine gewisse Einschränkung der Entscheidungsfreiheit gegenüber einer alleinigen Berufsausübung, da bei einem Zurücktreten des Gesellschaftsinteresses die Berufsausübung nicht gemeinsam, sondern nur nebeneinander möglich sei.26 Zur beruflichen Freiheit und Unabhängigkeit gehört auch die Freiheit, Bindungen einzugehen.27 Eine andere Sichtweise widerspräche § 1 Abs. 1 PartGG, nach dem die Partnerschaftsgesellschaft ein Zusammenschluss zur Berufsausübung ist. Neben den finanziellen Folgen (bis zur Insolvenz) führt ein gravierender Haftungsfall in der Regel zu einem Reputationsverlust, der alle Partner betrifft. Mithin ist es zutreffend, dass der Grundsatz der Unabhängigkeit der Freien Berufe weder die Vereinbarung einer Gesamtgeschäftsführung noch ein Widerspruchsrecht generell ausschließt. Der Verweis auf § 116 Abs. 1 und Abs. 2 HGB in § 6  Abs. 3 PartGG führt dementsprechend dazu, dass nur für gewöhnliche Geschäfte eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis besteht, während außergewöhnliche Maßnahmen der Gesamtheit vorbehalten sind. Dass der Grundsatz der Unabhängigkeit keine absolute Geltung für sich beanspruchen kann, zeigt sich außerhalb der Partnerschaftsgesellschaft etwa bei den Syndikusanwälten (§ 46 BRAO) und angestellten Ärzten (§ 23  MBO).28 Dennoch ergeben sich aus dem Grundsatz der Unabhängigkeit gewisse Grenzen für die vertragliche Gestaltung der Geschäftsführung. Das allgemeine Prinzip, welches eine angemessene Abwägung zwischen dem Sicherheitsbedürfnis eines jeden Gesellschafters (Partners) und der Effektivität der Geschäftsführung vorschreibt29, ist vor dem Hintergrund der berufsspezifischen Besonderheiten und der Unabhängigkeit der Freien 24  Vgl.

dazu oben 3. Kapitel C. VII. § 1 BRAO Rn. 10; Bluhm, Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 177; Jessnitzer / Blumberg, § 1 BRAO Rn. 2. 26  Bluhm, Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 93 f., 183. 27  So ausdrücklich Jessnitzer / Blumberg, § 43a BRAO Rn. 6; Kleine-Cosack, § 1 BRAO Rn. 16. 28  Kleine-Cosack, § 1 BRAO Rn. 16; Bluhm (Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 182) spricht insofern davon, dass „das Postulat der Unabhängig­ keit der anwaltlichen Berufsausübung weitgehend ungeklärt ist“. 29  Vgl. dazu 3. Kapitel C. VII. 25  Kleine-Cosack,



B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft 257

Berufe zu interpretieren. Danach darf die Ausgestaltung der Geschäftsführung nicht einzelne Partner an ihrer Berufsausübung hindern.30 Insbesondere eine absolute Bindung an die Weisungen der anderen Partner ist mit der Unabhängigkeit unvereinbar.31 So ist zum Beispiel die Entscheidung über eine bestimmte Therapie grundsätzlich Sache des einzelnen Arztes, der in seiner ärztlichen Behandlung frei ist32. Gleichwohl ist bei erkennbaren oder drohenden Berufsausübungsfehlern ein Widerspruch bzw. ein Einschreiten der übrigen Partner möglich,33 so etwa bei einer ärztlichen Fehldiagnose. Dementsprechend verbietet § 2 Abs. 4 MBO auch nur die Entgegennahme von Weisungen eines Nichtarztes, wohingegen etwa ein Chefarzt im Krankenhaus gegenüber seinen Mitarbeitern selbstverständlich weisungsbefugt ist.34 Eine Grenze setzt allerdings § 2 Abs. 1 Satz 2 MBO für den Fall, dass die Anweisung nicht mit den ärztlichen Aufgaben vereinbar ist oder von dem angewiesenen Arzt nicht verantwortet werden kann. Ärzte sind daher verpflichtet, die vorgegebene Diagnose und angeordnete Behandlung zu überprüfen, sich ein eigenes Urteil zu bilden und sich erforderlichenfalls der Weisung zu widersetzen.35 Auch bei den anderen Freien Berufen dürfen die Partner im Falle einer objektiven Fehlentscheidung einschreiten bzw. sich Weisungen widersetzen. Dies ergibt sich schon aus dem Haftungsrisiko (bzw. gegebenenfalls sogar dem Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung36) und dem Reputationsverlust bei Fehlentscheidungen, welche bei den Freien Berufen, die regelmäßig im besonderen Maße persönliches Vertrauen erfordern, eine zukünftige Berufsausübung erheblich erschweren können. Stets ist deswegen der Ermessensspielraum des Handelnden zu beachten, der meines Erachtens bei der Partnerschaftsgesellschaft wegen der Bindung an das Berufsrecht und des Grundsatzes der Unabhängigkeit im Zweifel weiter auszulegen ist als bei anderen Personengesellschaften.

auch Henssler, § 6 PartGG Rn. 43. MDR 1994, 741, 743; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 18; Jessnitzer / Blumberg, § 43a BRAO Rn. 9; vgl. auch BGH Urt. v. 30.11.1977 – IV ZR 69 / 76, NJW 1978, 589, 591 (zur Weisungsfreiheit von Ärzten). 32  BGH Urt. v. 30. 11. 1977 – IV ZR 69 / 76, NJW 1978, 589, 591. 33  Bluhm, Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 93 f. 34  Lippert, in: Ratzel / Lippert, § 2 MBO Rn. 19; vgl. auch Spickhoff / Scholz, § 23 MBO Rn. 5. 35  Steffen, MedR 2006, 75, 76; Spickhoff / Scholz, § 23 MBO Rn. 5. 36  Spickhoff / Scholz, § 23 MBO Rn. 5 (zur fahrlässigen Körperverletzung durch Ärzte). 30  Vgl.

31  Lenz,

258

6. Kap.: Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

III. Grenzen von abweichenden vertraglichen Vereinbarungen nach § 6 Abs. 2  PartGG Die Dispositionsfreiheit im Innenverhältnis nach § 6 Abs. 3 Satz 1 PartGG ist durch zwingende gesellschaftsrechtliche Grundsätze eingeschränkt. Die Begrenzung der Ausschlussmöglichkeit in § 6 Abs. 2 PartGG auf „einzelne Partner“ ist ein Bekenntnis zur Selbstorganschaft.37 Folglich können auch bei der Partnerschaftsgesellschaft nicht sämtliche Partner von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden.38 Ein Ausschluss einzelner Partner kann nach § 6 Abs. 2 PartGG nur hinsichtlich der Führung der sonstigen Geschäfte erfolgen. Darunter sind Geschäfte zu verstehen, die nicht unmittelbar in den Bereich der freien Berufsausübung fallen.39 Als Beispiele nennt die Gesetzesbegründung den Abschluss von Miet- oder Arbeitsverträgen und den Erwerb von Grundbesitz.40 Für die Abgrenzung zwischen sonstigen Geschäften und der freiberuflichen Tätigkeit ist es entscheidend, ob die Maßnahme zur Erledigung des konkreten Auftrages des Vertragspartners der Gesellschaft notwendig ist.41 Das sind jedenfalls alle Maßnahmen, die im Auftrag oder auf Rechnung des 37  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15 (siehe auch S. 9); BR-Drucks. 516 / 93, S. 37, sprechen davon, dass dem Prinzip der Selbstorganschaft „verstärkte Bedeutung zugemes­ sen“ wird. MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 9; Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 9; Meurer, Partnerschaftsgesellschaft, S. 82; Knoll / Schüppen, DStR 1995, 608, 612; Sommer, GmbHR 1995, 249, 252. 38  Vgl. dazu 2. Kapitel C. I. 2. 39  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15; Meilicke, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann /  Wolff, § 6 PartGG Rn. 43; Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 56; Michalski /  Römermann, § 6 PartGG Rn. 12; Hirtz, in: Henssler / Strohn, § 6 PartGG Rn. 7; Hor­ nung, Rpfleger 1996, 1, 1. Beispiele finden sich bei Henssler, § 6 PartGG Rn. 44; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 9. Anders lediglich Feddersen / Meyer-Landrut, § 6 PartGG Rn. 10, welche die sonstigen Geschäfte i. S. v. § 6 Abs. 2 PartGG mit den außergewöhnlichen Geschäften i. S. v. § 116  Abs. 2 HGB gleichsetzen. Diese Auslegung ist mit dem Wortlaut, der nicht von außergewöhnlichen Geschäften spricht, nur schwer vereinbar. Wieso ein Ausschluss von den außergewöhnlichen Geschäften gerade bei der Partnerschaftsgesellschaft nötig sein soll, bleibt dabei ohnehin im Unklaren, weil gerade bei diesen der Ausschluss wegen des außergewöhnlichen Charakters unangebracht ist. Erklären lässt sich die Ansicht nur mit der missverständlichen (zusätzlichen) Verwendung der Bezeichnung „gewöhnlichen“ in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15). In ihrer Gesamtheit kann die entsprechende Passage trotzdem nur so verstanden werden, dass es sich bei den „sonstigen Geschäften“ um Geschäfte handelt, die nicht zur freiberuflichen Tätigkeit gehören. 40  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15. 41  Ähnlich Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 15; MünchKomm-BGB /  Schäfer, § 6 PartGG Rn. 10; Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 56.



B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft 259

Auftraggebers erfolgen.42 Die allgemeine Organisation der Partnerschaft gehört hingegen nicht zu den „freiberuflichen Geschäften“. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein, da es für die Ausübung des Freien Berufes notwendige Hilfstätigkeiten gibt, die nicht als freiberufliche Tätigkeiten einzustufen sind. Von solchen Hilfsgeschäften kann ein Gesellschafter jedoch auch nicht ausgeschlossen werden, andernfalls liefe das Verbot des § 6 Abs. 2 PartGG leer.43 Von der übrigen „sonstigen“ Geschäftsführung, die auf einzelne Partner übertragen werden kann, können Partner völlig ausgeschlossen werden.44 Ebenso wenig zu beanstanden und in der Praxis zunehmend anzutreffen ist die Übertragung der Organisationsaufgaben auf professionelle Manager, die nicht selbst Gesellschafter sein müssen. Dies ist unbedenklich im Hinblick auf die Selbstorganschaft, solange zumindest einem Partner noch das Recht zur Geschäftsführung in diesem Bereich zusteht und dem Dritten die Befugnisse jederzeit entzogen werden können.45 Sollte dies nicht vorgesehen sein, ist von einer Gesamtgeschäftsführungsbefugnis aller Partner auszugehen.46

IV.  Pflicht zur aktiven Teilnahme an der Geschäftsführung 1. Problematik der zwingenden Teilnahme an der Geschäftsführung Eine spezielle Frage bei der Partnerschaftsgesellschaft ist, ob jeder Partner zwingend an der Geschäftsführung teilnehmen muss oder ob einzelne Partner davon freigestellt werden können. Bei den anderen Personengesellschaften besteht an dieser Möglichkeit kein Zweifel.47 Für sonstige Geschäfte, die auf einzelne Partner übertragen werden können (vgl. § 6 Abs. 2 PartGG), ist das auch bei der Partnerschaftsgesellschaft anerkannt. Hinsichtlich der eigentlichen freiberuflichen Tätigkeit gehen die Meinungen auseinander. Letztlich geht es darum, ob ein inaktiver Partner überhaupt Mitglied der Partnerschaftsgesellschaft sein kann oder ob eine Pflicht zur Geschäftsführung besteht. 42  Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 15; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 10. 43  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 12; Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 12; wohl auch Hirtz, in: Henssler / Strohn, § 6 PartGG Rn. 7. 44  Henssler, § 6 PartGG Rn. 45; siehe auch Römermann, Anwaltsgesellschaften, S. 47 f.; Sommer, GmbHR 1995, 249, 252. 45  Siehe oben 2. Kapitel C. III. 46  Siehe dazu 2. Kapitel C. I. 2. 47  Siehe oben 3. Kapitel B. II.

260

6. Kap.: Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

Die Frage stellt sich nur, wenn manche Partner den Zweck der Ausübung des Freien Berufes (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG) noch anstreben bzw. ausüben, andere Partner ihn hingegen aufgegeben haben, also keine Geschäftsführungstätigkeit mehr wahrnehmen und eine „reine Kapitalbeteiligung“ vorliegt. Geben alle Partner diesen konstitutiven Zweck48 gemeinsam auf, besteht keine Partnerschaft mehr. Sofern ein anderer Zweck verfolgt wird, führt dies zur Umwandlung der Gesellschaft in eine GbR oder (bei Ausübung eines Handelsgewerbes) in eine OHG.49 Eine § 105 Abs. 2 HGB entsprechende Vorschrift, welche eine „Kann-Partnerschaft“ ermöglicht, gibt es nicht. 2. Meinungsstand in der Literatur Die wohl überwiegende Literaturauffassung lehnt eine reine Kapitalbeteiligung mit dem Argument ab, dass sie zu einer unerwünschten Kommerzialisierung der Freien Berufe führe.50 Daraus ergebe sich eine Pflicht zur Ausübung des Freien Berufes und zur aktiven Teilnahme an der Geschäftsführung. Nach der ebenfalls stark vertretenen Gegenmeinung können ehemals aktive Partner Teil der Partnerschaft bleiben.51 Der Ausschluss dieser Möglichkeit mache die Partnerschaftsgesellschaft für viele Berufsgruppen uninteressanter und stehe im Widerspruch zur gesetzgeberischen Intention, eine auf die Bedürfnisse von Freiberuflern zugeschnittene Gesellschaftsform zu schaffen.52 Der Rat bzw. die Erfahrung der Inaktiven könne für die aktinur MünchKomm-BGB / Schäfer, § 1 PartGG Rn. 10. in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 1 PartGG Rn. 23, 86; siehe auch MünchKomm-BGB / Schäfer, § 1 PartGG Rn. 22, der auf die Löschung aus dem Register von Amts wegen hinweist, sofern nicht das Nebentätigkeitsprivileg greift. Freilich besteht bis zur Löschung noch der Rechtsschein einer Partnerschaftsgesellschaft. 50  Seibert, DB 1994, 2381, 2382; Sommer, GmbHR 1995, 249, 252; im Ergebnis auch: Bösert, ZAP  1994, Fach 15, 137, 143; Stuber, WiB 1994, 705, 706; Bösert, DStR 1993, 1332, 1333; Stucken, WiB 1994, 744, 747; Hornung, Rpfleger 1996, 1, 1. 51  Michalski / Römermann, § 1 PartGG Rn. 9; Mahnke, WM 1996, 1029, 1032; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 1 PartGG Rn. 14; Römermann, Anwaltsgesellschaften, S. 112; Bluhm, Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 167; ähnlich: Lenz, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 1  PartGG Rn. 98, der das Merkmal der „Ausübung“ entsprechend weit auslegen will; wohl auch Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 32. 52  Vgl. dazu Lenz, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 1 PartGG Rn. 97; Lenz, MDR  1994, 741, 742. 48  Vgl.

49  Lenz,



B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft261

ven Partner sehr wertvoll sein.53 Eine aktive Teilnahme an der Geschäftsführung wäre danach keine Voraussetzung. Vereinzelt wird darüber hinaus sogar im Falle der Nichtaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit die Möglichkeit der Partnerstellung wegen der Vergleichbarkeit mit der Beendigung der Ausübung zugestanden.54 Insofern  wird der Wortlaut des § 1 Abs. 1  PartGG („zur Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen“) angeführt, dem keine Verpflichtung, den Freien Beruf in der Folgezeit tatsächlich auszuüben, sondern nur das Erfordernis der Intention bei Gründung zu entnehmen sei.55 Nach dieser Ansicht läge ebenfalls keine Pflicht zur Geschäftsführung vor. Es wird weiter mit der Formulierung des § 1 Abs. 1 PartGG argumentiert, welche die Berufsausübung als Voraussetzung für die Mitgliedschaft, auch im Hinblick auf den Grundsatz der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Freien Berufe, statuiere.56 Ein solches Mitarbeitserfordernis führe allerdings, wegen der sich stellenden Folgefrage nach dem Umfang, zu Rechtsunsicherheiten.57 Darüber hinaus wird auf § 9  Abs. 1  PartGG i. V. m. § 140 HGB verwiesen, nach dem eine dauerhafte Verhinderung ein wichtiger Grund für den Ausschluss sein könne.58 Die bloße Möglichkeit begründe gerade keinen Ausschlusszwang.59 Flankiert wird dieses Argument durch die abschließende Aufzählung der zu einem zwingenden Ausscheiden führenden Gründe in § 9 Abs. 3 PartGG.60 Die Einstellung der beruflichen Tätigkeit ist dort nicht genannt. 3. Keine zwingende Pflicht zur Teilnahme an der Geschäftsführung Es ist zuzugestehen, dass der Wortlaut des § 1 Abs. 1 PartGG nicht zwingend ein freiberufliches Tätigwerden eines jeden Partners fordert. Der Pas53  Meilicke, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 6 PartGG Rn. 47a; vgl. auch Mahnke, WM 1996, 1029, 1032. 54  Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 32; Michalski / Römermann, § 1 PartGG Rn. 9; Mahnke, WM 1996, 1029, 1032. 55  Michalski / Römermann, § 1 PartGG Rn. 9. 56  Im Ergebnis so Henssler, § 6 PartGG Rn. 13, 102 f.; siehe auch BT-Drucks. 12 / 6152, S. 9, 15; wohl auch: Coester-Waltjen, Jura 1995, 666, 667; Sommer, GmbHR 1995, 249, 252. 57  Lenz, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 1 PartGG Rn. 98. 58  Henssler, § 1 PartGG Rn. 103. 59  Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 32; Michalski / Römermann, § 1 PartGG Rn. 8. 60  Michalski / Römermann, § 1 PartGG Rn. 8; Feddersen / Meyer-Landrut, § 1 PartGG Rn. 4; Römermann, Anwaltsgesellschaften, S. 108.

262

6. Kap.: Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

sus „zur Ausübung ihrer Berufe“ kann jedenfalls so gelesen werden, dass die bloße Intention – an der es jedoch fehlt, wenn von vorneherein eine bloße Kapitalbeteiligung angestrebt wird – ausreicht.61 Etwas anderes lässt sich auch nicht den berufsrechtlichen Vorschriften entnehmen. So ist etwa in § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO lediglich die Rede davon, dass sich Rechtsanwälte „zur gemeinschaftlichen Berufsausübung“ zusammenfinden dürfen. In der bei der Auslegung zu berücksichtigenden Gesetzesbegründung heißt es jedoch: „Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist also die aktive Ausübung des Berufs in der Partnerschaft“.62 An anderer Stelle ist von dem „Grundsatz der aktiven Mitarbeit der Partner“63 die Rede. Zugleich weist die Begründung auf die Möglichkeit einer Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis in Ausnahmefällen, entsprechend § 117 HGB auf Antrag aller übrigen Partner, hin.64 Dort heißt es weiter: „ein dauerhafter Ausschluß von der berufsausübenden Geschäftsführungstätigkeit wird aber nur im Wege der Ausschließung des Partners möglich sein.“65 Im Hinblick auf die Verwendung des Wortes „wird“ statt „ist“ kann in Zweifel gezogen werden, ob ein solcher nach dem Willen des Gesetzgebers definitiv ausgeschlossen sein sollte. Selbst bei Ablehnung eines solchen Verbotes, muss man aber zumindest eine dahingehende „Sympathie“ des Gesetzgebers anerkennen. Nach dessen Vorstellung sollte die dauerhafte Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis in jedem Fall die Ausnahme sein. Dabei ist zu bedenken, dass sich eine Pflicht zur aktiven Ausübung der Geschäftsführung während der Mitgliedschaft auch dann nicht ergäbe, wenn man der Gesetzesbegründung ein Verbot der dauerhaften Entziehung entnehmen wollte. Zwischen dem Recht und der Pflicht, sich aktiv zu beteiligten, ist zu unterscheiden. § 6 Abs. 2 PartGG normiert ausdrücklich lediglich das Verbot des Ausschlusses von der Ausübung des Freien Berufes, also der berufsausübenden Geschäftsführung. Gestützt wird dies durch die Forderung einer „flexiblen Handhabung“ bezüglich des Ausschlusses aus der Partnerschaft nach § 9  Abs. 1  PartGG i. V. m. § 140  HGB, wenn der Rückzug auf „gesundheitlichen oder Alters­ gründen“ beruht.66 Eine flexible Lösung kann gerade eine vereinbarte In­ aktivität bei Verbleib in der Partnerschaft sein, obgleich ein Interesse der anderen Partner daran, dass ein „altgedienter“ Partner nicht unbemerkt und ohne Ankündigung für die Partnerschaft wieder tätig wird, anzuerkennen ist. Bei (z. B. altersbedingten) Berufsausübungsfehlern steht der Ruf der gesamMichalski / Römermann, § 1 PartGG Rn. 9. 12 / 6152, S. 9. 63  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15. 64  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15. 65  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15. 66  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 9. 61  So

62  BT-Drucks.



B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft263

ten Partnerschaft auf dem Spiel. Die Bindung der Partner an das Gesellschaftsinteresse67 beinhaltet deswegen die Pflicht der rechtzeitigen Anzeige der Wiederaufnahme. Ebenso wenig kann man aus § 4 Abs. 2 Satz 1 PartGG herleiten, dass der Freie Beruf tatsächlich ausgeübt werden muss. Zwar spricht dieser davon, dass die Zugehörigkeit des Partners zum Freien Beruf, den er „in der Part­ nerschaft ausübt“, einzutragen ist. Nach der Gesetzesbegründung soll dadurch aber allein sichergestellt werden, dass der Partner einem Freien Beruf angehört.68 Abgesehen von den Fällen der dauerhaften Unfähigkeit zur Berufsausübung, welche teilweise in § 9 Abs. 3 PartGG geregelt ist, kann nie ausgeschlossen werden, dass ein Partner seine Tätigkeit nicht doch wieder aufnimmt. Die Dauerhaftigkeit der Inaktivität dürfte nur in Ausnahmefällen sicher sein. Zumindest wäre dies im Einzelfall schwer überprüfbar. Unterstellte man, dass die Berufstätigkeit endgültig beendet wurde, wenn keine bestimmte Dauer genannt wird, wäre, sofern ein Verbleib Inaktiver abgelehnt wird, der Ausschluss die notwendige Folge. Dies stellt einen erheb­ lichen Eingriff für den betroffenen Partner dar und läuft seinen Interessen zuwider. Bedenken bestehen auch im Hinblick auf das Verbot der Altersdiskriminierung. Der Rückzug aus Altersgründen dürfte ein häufiger, wenn nicht sogar der häufigste Fall der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sein. Ist ein Partner erst einmal aus der Gesellschaft ausgeschieden, ergibt sich aus dem Gesetz keine Wiederaufnahmepflicht. Gerade in einem fortgeschrittenen Alter kann das eine unüberwindbare Hürde sein, da sich die zur Ausübung nötigen Ressourcen und Strukturen nicht ohne Weiteres schaffen lassen. Eine Ausnahme allein für altersbedingte Inaktivität zu schaffen, schlösse andere Ungerechtigkeiten (z. B. Genesung von einer als unheilbar geltenden Krankheit) nicht aus, zumal im Gesetz keine Unterscheidung angelegt ist. Falls die Annahme, dass der altersbedingte Rückzug der häufigste ist, zutrifft, könnte eine verdeckte Diskriminierung vorliegen. Diese wäre nicht allein mit dem Hinweis auf die unerwünschte Kommerzialisierung der Freien Berufe – und der damit verbundenen Ablehnung einer rein kapitalmäßigen Beteiligung – zu rechtfertigen. Der Begriff Kommerzialisierung mag zwar negativ behaftet sein, im Kontext der Berufsausübung ist eine kommerzielle Tätigkeit jedoch normal. Sofern in der Gesetzesbegründung eine bloße „Kapitalbeteiligung“ abgelehnt wird, ist dies auf den Fall der vollständigen Entziehung der Geschäftsführung (also gewöhnliche, außerge67  Siehe

oben 3. Kapitel C. I. 12 / 6152, S. 13.

68  BT-Drucks.

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6. Kap.: Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

wöhnliche und sonstige Geschäfte) bezogen69 und hat insbesondere den Zweck, bloße Kapitalanlagen, stillen Beteiligungen und Strohmanngesellschaften zu verhindern70. Bei einer lediglich unterstützenden Tätigkeit liegt aber keine vollständige Entziehung vor, ebenso wenig eine der anderen genannten Konstellationen. Weiter ist zu beachten, dass es keinen Berufsausübungszwang für Freiberufler gibt.71 Sofern diese alleine oder im Rahmen einer anderen Gesellschaftsform tätig sind, können sie die Ausübung einstellen, ohne dies nach außen zu kommunizieren. Zur Schaffung eines solchen Zwangs bei Partnerschaftsgesellschaftern besteht kein Anlass. Daran ändert auch der Grundsatz der Unabhängigkeit der Freiberufler nichts, denn dieser besteht als berufsrechtlicher Grundsatz unabhängig von der gewählten Gesellschaftsform. Ein Bedürfnis, die Gestaltungsmöglichkeit einer inaktiven Mitgliedschaft gerade bei der Partnerschaftsgesellschaft zu verhindern, ist nicht ersichtlich und läuft den Interessen der Freiberufler zuwider. Außerdem verliert der inaktive Partner nicht dadurch seine Unabhängigkeit, dass er gesellschaftsrechtlich mit den anderen Partnern verbunden ist. Diese Verbindung besteht in allen Fällen, in denen sich Freiberufler zusammenschließen, im Übrigen aber unabhängig voneinander arbeiten. Dass diese Möglichkeit bestehen soll, zeigt schon § 8 Abs. 2 PartGG, welcher die persönliche Haftung auf die mit dem jeweiligen Auftrag befassten Partner beschränkt. Mit Blick auf die vom Gesetzgeber intendierte Attraktivität der Partnerschaftsgesellschaft für Freie Berufe72 ist anzuerkennen, dass in manchen Berufsfeldern ein erhebliches Bedürfnis dafür besteht, nicht mehr berufstätige Partner in der Partnerschaft zu belassen. Ihr Name und ihre Verbindungen können wichtig für den Ruf und den Erfolg der Partnerschaft sein. Eine Mitarbeit findet oftmals nicht mehr durch die Ausübung der eigent­ lichen freiberuflichen Tätigkeit, sondern zum Beispiel durch die Vermittlung von Kontakten statt. Dies ist jedenfalls bei Rechtsanwaltskanzleien üblich und bei Architekten, Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern zumindest nicht selten der Fall. Alle Beteiligten können ein Interesse an dem Verbleib inaktiver Partner haben, während keine zwingenden Gründe dagegen ersichtlich sind. Allein der Grundsatz der aktiven Mitarbeit der Partner, welcher in der Gesetzesbegründung angeführt wird, spricht für eine Verpflichtung zur aktiven Teilnahme an der Geschäftsführung. Dieser Grundsatz ergibt sich indessen nicht 69  BT-Drucks.

12 / 6152, S. 15. 12 / 6152, S. 7. 71  Zu diesem Ergebnis kommt auch MünchKomm-BGB / Schäfer, § 1 PartGG Rn. 14. 72  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 1. 70  BT-Drucks.



B. Besonderheiten der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft 265

aus dem Berufsrecht und widerspricht den Interessen der Freiberufler. Bedenkt man den Zweck, eine Gesellschaft für Freie Berufe zu schaffen, müssen die Interessen der Freiberufler bei der Auslegung des Gesetzes maßgeblich sein, sofern man diese nicht in eine GbR oder Kapitalgesellschaft drängen will.73 Der Hinweis auf die praktische Unmöglichkeit, den Grundsatz von außen durchzusetzen,74 berücksichtigt nicht die Besonderheiten der freiberuflichen Praxis und zeigt, dass mit der theoretischen Aufrechterhaltung eines Aktivitätserfordernisses nichts gewonnen ist. Die Beteiligung an der Partnerschaft ist zuzulassen, soweit die Partner in irgendeiner Weise (z. B. durch ihren Namen oder ihre Verbindungen) zum Erfolg der Partnerschaft beitragen, also den Zweck fördern. Dies widerspricht nicht dem vom Gesetzgeber angestrebten Zweck, bloße Kapitalanlagen, stille Beteiligungen und Strohmanngesellschaften zu verhindern75, da in den genannten Fällen überhaupt keine Förderung des Gesellschaftszwecks erfolgt. Man kann durchaus die Formulierung verwenden, dass „reine Kapitalbeteiligungen“ unzulässig sind. Findet jedoch eine irgendwie geartete Zweckförderung statt, liegt gerade keine reine Kapitalbeteiligung vor. Losgelöst von dieser Formulierungsfrage ist entscheidend, dass eine unabdingbare Pflicht zur Berufsausübung und damit zur aktiven Teilnahme der Partner an der Geschäftsführung abzulehnen ist. 4. Zwischenergebnis Es besteht keine Pflicht zur aktiven Teilnahme an der Geschäftsführung. Ein endgültiger Ausschluss von der Geschäftsführung im Gesellschaftsvertrag ist wegen des Wortlautes des § 6 Abs. 2 PartGG hingegen nicht möglich, allerdings ergibt sich aus der Bindung an das Gesellschaftsinteresse, dass die Partner rechtzeitig ankündigen müssen, wenn sie ihre Tätigkeit wieder aufnehmen wollen. Ebenso können sich aus dieser Bindung Handlungs- und Teilnahmepflichten ergeben.76 Wenn es jedoch im Gesellschaftsinteresse liegt, also der Zweckförderung dient, einen inaktiven Partner in der Gesellschaft zu halten, steht das Gesetz dem nicht entgegen und entsprechende Vereinbarungen können getroffen werden. Sollten die Partner zu einer ordent­ 73  Auch Lenz, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 1 PartGG Rn. 97, spricht davon, dass bei einer engen Auslegung Freiberufler aus der Partnerschaft ferngehalten würden. 74  Hirtz, in: Henssler / Strohn, § 1 PartGG Rn. 36; ebenfalls auf die praktischen Schwierigkeiten hinweisend: Lenz, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 1 PartGG Rn. 98; Stuber, WiB 1994, 705, 706 f. 75  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 7. 76  Die Geschäftsführung ist ein Pflichtrecht (3. Kapitel B. II.), dessen Inhalt sich aus dem Gesellschaftsinteresse ergibt (3. Kapitel C.).

266

6. Kap.: Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

lichen Berufsausübung endgültig nicht mehr in der Lage sein, kann ein Grund zum Ausschluss aus der Partnerschaftsgesellschaft bestehen.

C. Entziehung und Kündigung der Geschäftsführungsbefugnis Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 PartGG gilt § 117 HGB für die Partnerschaftsgesellschaft. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ist demnach auf Antrag der übrigen Partner aus wichtigem Grund durch eine gerichtliche Entscheidung möglich. Auch insoweit ist es fraglich, ob die Entziehung dauerhaft erfolgen kann. Die Verweisung des § 6 Abs. 3 Satz 2 PartGG enthält – anders als es § 6  Abs. 2  PartGG für eine Regelung im Partnerschaftsvertrag anordnet – keine Beschränkung auf sonstige Geschäfte. Nach überwiegender Ansicht ist die Entziehung auch für den Bereich der Berufsausübung möglich.77 In Frage kommen soll der Entzug nach der Gesetzesbegründung aber nur in Einzelfällen,78 etwa um einen drohenden Schaden von der Partnerschaft abzuwenden79. Von anderen wird lediglich eine vorübergehende Entziehung für möglich erachtet,80 da die Gesetzesbegründung die Möglichkeit eines dauerhaften Ausschluss von der Geschäftsführung zumindest anzweifele („ein dauerhafter Ausschluß von der berufs­ ausübenden Geschäftsführungstätigkeit wird aber nur im Wege der Aus­ schließung des Partners möglich sein“)81. Folgt man diesem Ansatz, ergeben sich erhebliche Probleme bei der Bestimmung der zulässigen Dauer. Ob die vorgeschlagenen drei Monate für richtig erachtet werden82 oder eine andere Zeitspanne, ist eine reine Ermessensfrage. Abgrenzungsschwierigkeiten und damit Rechtsunsicherheit wären unvermeidbar. Der Streitfrage liegen letztlich dieselben Erwägungen wie der Frage nach der Pflicht zur aktiven Teilnahme an der Geschäftsführung zugrunde. Aus 77  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15; Michalski / Römermann, § 6  PartGG Rn. 17 f.; Boin, Partnerschaftsgesellschaft für Rechtsanwälte, S. 144; Meilicke, in: Meilicke /  von Westphalen / Hoffmann / Wolff, § 6 PartGG Rn. 47a; MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 22; Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 57; Saenger, Gesellschaftsrecht, Rn. 405. 78  BR-Drucks. 516 / 93, S. 37 f.; Meilicke, in: Meilicke / von Westphalen / Hoffmann /  Wolff, § 6  PartGG Rn. 47a („besonders behutsam“). 79  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15; Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 17. 80  Sommer, GmbHR 1995, 249, 252; Hornung, Rpfleger 1996, 1, 2; Henssler, § 6 PartGG Rn. 45; Stucken, WiB 1994, 744, 747 f.; Hirtz, in: Henssler / Strohn, § 6 PartGG Rn. 10. 81  BT-Drucks. 12 / 6152, S. 15; siehe auch Feddersen / Meyer-Landrut, § 6 PartGG Rn. 11. 82  So Feddersen / Meyer-Landrut, § 6 PartGG Rn. 11.



D. Zusammenfassung267

den dazu angeführten Gründen83 ist eine dauerhafte Entziehung der Geschäftsführung möglich, da das strikte Verbot des § 6 Abs. 2 PartGG nicht greift. Im Übrigen gelten die im Rahmen der OHG getroffenen Feststellungen zu § 117  HGB grundsätzlich entsprechend.84 Im Rahmen der bei der Prüfung des wichtigen Grundes vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung sind allerdings die Besonderheiten der Freien Berufe zu beachten, so dass eine vorübergehende Entziehung in Betracht zu ziehen sein kann85. Das „Damoklesschwert“ der Entziehung darf die Partner insbesondere nicht in ihrer Unabhängigkeit tangieren. Abweichende Vereinbarungen im Partnerschaftsgesellschaftsvertrag, welche den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis erleichtern oder erschweren, sind nach § 6  Abs. 3 Satz 1 PartGG möglich.86 Die Grenze für privatautonome Vereinbarungen ergibt sich aus § 6 Abs. 2 PartGG. Der Verweis des § 1 Abs. 4 PartGG auf die Regelungen der GbR umfasst auch § 712 Abs. 2 BGB, der die Kündigung der Geschäftsführung aus wichtigem Grund regelt. Das Fehlen eines Hinweises in § 6 Abs. 3 S. 2 PartGG auf § 712  BGB schließt eine Anwendung der BGB-Regelungen nicht aus, sondern regelt nur den Vorrang der genannten HGB-Regelungen,87 sofern diese einschlägig sind. Die Kündigung der Geschäftsführung ist im Handelsgesetzbuch nicht geregelt, mithin kommt die Auffangnorm des § 1 Abs. 4 PartGG zum Tragen, welche auf das Recht der GbR verweist. Unter den Voraussetzungen des § 712 Abs. 2 BGB ist deshalb die Kündigung der Geschäftsführungsbefugnis möglich. Die bei der GbR zu § 712 BGB getroffenen Ausführungen gelten entsprechend.88 Im Übrigen ergibt sich aus § 6 Abs. 3 S. 1 PartGG auch die Möglichkeit, entsprechende Kündigungsregelungen im Gesellschaftsvertrag zu treffen.

D. Zusammenfassung Vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen im Partnerschaftsgesellschaftsvertrag ist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 PartGG für die Geschäftsführung 83  6.

Kapitel B. IV. oben 3. Kapitel G. 85  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 22. 86  Michalski / Römermann, § 6 PartGG Rn. 17; siehe auch Wehrheim, Partnerschaftsgesellschaft, S. 57; Feddersen / Meyer-Landrut, § 6 PartGG Rn. 11. 87  MünchKomm-BGB / Schäfer, § 6 PartGG Rn. 40; Meilicke, in: Meilicke / von West­phalen / Hoffmann / Wolff, § 6 PartGG Rn. 2. 88  Vgl. oben 4. Kapitel F. II. 84  Vgl.

268

6. Kap.: Die Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft

der Partnerschaftsgesellschaft auf die Regelungen der OHG zurückzugreifen. Der Grundfall ist danach die Einzelgeschäftsführung aller Partner. Die Geschäftsführung hat im Gesellschaftsinteresse zu erfolgen. Im Vergleich zur OHG ergeben sich bei der Partnerschaftsgesellschaft vor allem aus der in § 6 Abs. 1 PartGG betonten Bindung an das Berufsrecht Besonderheiten. Diese Bindung hat jedoch weder den Ausschluss des Widerspruchsrechts gegen eine Geschäftsführungsmaßnahme zur Folge, noch verhindert sie die Vereinbarung der Gesamtgeschäftsführung. Die Partner dürfen durch die vereinbarte Form der Geschäftsführung allerdings nicht an ihrer Berufsausübung gehindert oder völlig den Weisungen eines anderen Partners unterstellt werden. Ein Ausschluss eines Partners von der Geschäftsführung ist nach § 6 Abs. 2  PartGG im Gesellschaftsvertrag nicht bezüglich der eigentlichen Berufsausübung, sondern nur für sonstige Geschäfte möglich. Auch von diesen können nicht alle Partner ausgeschlossen werden. Der Grundsatz der Selbstorganschaft gilt auch bei der Partnerschaft. Eine Verpflichtung zur Ausübung eines Freien Berufes oder zur Geschäftsführung als Voraussetzung für die weitere Mitgliedschaft besteht jedoch nicht. Es kommt allein darauf an, ob die Beteiligung des Partners an der Gesellschaft im Gesellschaftsinteresse liegt. Findet jedoch eine irgendwie geartete Zweckförderung statt, liegt gerade keine reine Kapitalbeteiligung vor. Aus der Bindung an das Gesellschaftsinteresse kann sich unter Umständen auch eine Verpflichtung zur aktiven Geschäftsführung ergeben. Will ein inaktiver Partner wieder tätig werden, hat er dies im Interesse der Gesellschaft den anderen Partnern rechtzeitig anzuzeigen. Die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis richtet sich nach § 6 Abs. 3 Satz 2 PartGG i. V. m. § 117 HGB. Insofern greift das Verbot des § 6  Abs. 2  PartGG nicht, so dass eine dauerhafte Entziehung möglich ist. Zudem kann die Geschäftsführung gemäß § 1 Abs. 4 PartGG i. V. m. § 712 Abs. 2 BGB gekündigt werden.

7. Kapitel

Gesamtergebnis A. Allgemeine Grundlagen der Geschäftsführung von Personengesellschaften Die Arbeit hat die Geschäftsführung der klassischen Personengesellschaften (GbR, OHG und KG) sowie der Partnerschaftsgesellschaft analysiert. Der Gesetzgeber hat die GbR als Grundform der Personengesellschaft angesehen, gleichwohl verweisen die Geschäftsführungsregelungen der KG und der Partnerschaftsgesellschaft vorrangig auf das Recht der OHG. Dies ist dem Bedürfnis nach mehr Flexibilität im Geschäftsverkehr geschuldet. Obgleich die Einzelgeschäftsführung eine Abweichung vom Gesamthandsprinzip darstellt, ist sie der Normalfall der Geschäftsführung bei Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften, während bei der GbR grundsätzlich Gesamtgeschäftsführungsbefugnis besteht. Die gesetzlichen Geschäftsführungsregelungen sind weitgehend dispositiv, sie basieren aber auf allgemeingültigen Grundprinzipien der Personengesellschaften. Zur Geschäftsführung gehört jede Maßnahme, die dem Gesellschaftszweck dient und kein Grundlagengeschäft ist. Teil der Geschäftsführung sind daher auch Vertretungsmaßnahmen. Die Gesellschafter handeln als geborene Organe für die Gesellschaft, so dass ihr Handeln rechtlich ein Handeln der Gesellschaft selbst und zugleich tatsächlich ein Handeln des Gesellschafters als Person ist. Es gilt das Prinzip der Selbstorganschaft. Eine Ausnahme besteht in der Liquidation bzw. für liquidationsähnliche Sonderlagen, in denen die Interessenkongruenz zwischen den Gesellschaftern nicht mehr fortbesteht. Abgeleitete Geschäftsführungskompetenzen können zwar auf gesellschaftsfremde Dritte übertragen werden, jedoch sind die Gesellschafter jederzeit befugt, gemeinsam für die Gesellschaft zu handeln, den Drittgeschäftsführern Weisungen zu erteilen und ihnen übertragene Kompetenzen zu entziehen. Die Geschäftsführung ist an das Gesellschaftsinteresse gebunden. Träger dieses Interesses ist die Gesellschaft. Der von der Gesamtheit der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag festgelegte Zweck bildet den Rahmen des Gesellschaftsinteresses. Es ist allein auf die Erreichung des Gesellschaftszwecks gerichtet. Der Gesellschaftszweck unterscheidet sich nicht zwingend

270

7. Kap.: Gesamtergebnis

von dem Unternehmensgegenstand. Insbesondere bei Gesellschaften, die nicht auf einem schriftlich abgefassten Gesellschaftsvertrag beruhen, ist der Betrieb des konkreten Unternehmens (der Unternehmensgegenstand) der Zweck der Gesellschaft. Jedenfalls ist die konkrete Tätigkeit maßgeblich für die Zweckbestimmung, da Zweckänderungen nicht schriftlich festgehalten werden müssen. Es besteht kein über den Gesellschaftszweck hinausgehendes Bestandsinteresse, und auch gesamtwirtschaftliche bzw. gesamtgesellschaftliche Interessen haben keine zwingende Bedeutung für das Gesellschaftsinteresse. Der Gesellschaftszweck kann nur mit Zustimmung aller Gesellschafter geändert werden, auch wenn der Gesellschaftsvertrag Änderungen durch Mehrheitsbeschluss vorsieht. Eine antizipierte Zustimmung ist möglich. Die Wirksamkeit der antizipierten Zustimmung ist anhand der vom Bundesgerichtshof aufgestellten zweistufige Kontrolle von Mehrheitsbeschlüssen in Personengesellschaften zu überprüfen. Darüber hinaus ist – wegen der gesellschafterlichen Rücksichtnahme- und Treuepflicht – das Interesse der Gesellschaft an einer effektiven Geschäftsführung mit den Interessen des einzelnen Gesellschafters so weit wie möglich in Einklang zu bringen. Die Gesamtheit aller Gesellschafter kann grundsätzlich nicht einheitlich gegen den Gesellschaftszweck handeln, da die fortdauernde Vornahme einer vom Zweck abweichenden Handlung den Zweck konkludent ändert. Dies gilt auch, wenn der Gesellschaftsvertrag nur eine Änderung durch Schriftform zulässt, denn die Gesamtheit der Gesellschafter ist alleiniger Herrscher über den Gesellschaftszweck. Bei der Ausübung der Geschäftsführung ist der Sorgfaltsmaßstab des § 708 BGB zu beachten und nicht § 5 EWIVG entsprechend anzuwenden. Ausnahmen gelten, wenn der § 708 BGB zugrundeliegende Gedanke der Verbundenheit sowie des gegenseitigen Vertrauens der Gesellschafter nicht zutrifft sowie in Bereichen mit typischerweise erheblichen Gefahren für Leib und Leben. Ob eine Einzelmaßnahme im Gesellschaftsinteresse liegt und damit dem Gesellschaftszweck dient, haben die Geschäftsführer mit der gemäß § 708 BGB gebotenen Sorgfalt ex ante zu bestimmen. Dazu gehört auch die Bestimmung, ob eine Maßnahmen vom Gesellschaftszweck gedeckt ist. Kommt ein Gesellschafter ex ante zu dem Ergebnis, dass die Maßnahme dem Gesellschaftszweck dient, ist seine Handlung eine Geschäftsführungsmaßnahme. Allein im Falle einer bewussten Überschreitung liegt keine Geschäftsführungsmaßnahme vor.



B. Ergebnisse in Thesenform271

B. Ergebnisse zu den wesentlichen Einzelproblemen der verschiedenen Gesellschaftsformen in Thesenform I. Die Offene Handelsgesellschaft Bei der OHG hat der Gesetzgeber für den Regelfall eine Einzelgeschäftsführung vorgesehen. Die Entscheidung des Gesetzgebers trägt der wirtschaftlichen Tätigkeit der OHG und den Erfordernissen des Handelsverkehrs Rechnung. Insbesondere das Widerspruchsrecht und der Zustimmungsvorbehalt bei außergewöhnlichen Geschäften sichern eine Einflussmöglichkeit aller Gesellschafter. (1) Bei der Abgrenzung von gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften ist die Regelung des § 707 BGB zu berücksichtigen, wenn eine (mittelbare) Nachschusspflicht aufgrund persönlicher Inanspruchnahme droht. (2) Wird die Prokura nach § 116 Abs. 3 HGB von einem Gesellschafter widerrufen, kann diese nicht ohne Weiteres durch einen anderen Gesellschafter erneut erteilt werden, da der Widerruf als Widerspruch gegen die erneute Erteilung auszulegen ist. (3) Die Regelung des § 116 Abs. 3 Satz 2 HGB gilt entsprechend bei einer über § 49 HGB hinausgehenden Vertretungsmacht. (4) Auf Verlangen der Mitgesellschafter ist der Widerspruch gegen eine Geschäftsführungsmaßnahme zu begründen. Die Verweigerung der Begründung ist ein Anscheinsbeweis für die Pflichtwidrigkeit des Widerspruchs, so dass dieser bis zur Widerlegung des Anscheins ignoriert werden darf. (5) Der Widerspruch hat grundsätzlich vor der Ausführung einer Maßnahme zu erfolgen. Wegen der Bindung an das Gesellschaftsinteresse ist die Maßnahme aber – unabhängig von dem Vorliegen eines rechtzeitigen Widerspruchs – rückgängig zu machen, wenn das im Interesse der Gesellschaft geboten ist. (6) Eine vorherige Zustimmung schließt einen späteren Widerspruch nicht aus, wenn die Maßnahme nach erneuter Prüfung nicht (mehr) im Gesellschaftsinteresse liegt.

II. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Die Personengesellschaften sind Gesamthandsgesellschaften. Daraus resultiert als Ausgangslage das Handeln mit der „gesamten Hand“ der Gesell-

272

7. Kap.: Gesamtergebnis

schafter. Dies entspricht der Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip und ist der Regelfall der Geschäftsführung bei der GbR. Der Gesetzgeber hatte die GbR als Grundmodell für die Personengesellschaften entworfen und den Gedanken der Gesamthand bei den Regelungen der Geschäftsführung berücksichtigt. Damit steht bei der GbR die gegenseitige Kontrolle durch das Erfordernis des gemeinsamen Handelns im Vordergrund. (1) Eine Generalzustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen ist unzulässig, allerdings besteht die Möglichkeit, einer bestimmten Gattung von Geschäften antizipiert zuzustimmen. (2) Eine erteilte Zustimmung kann zurückgenommen werden, wenn sie nicht (mehr) im Gesellschaftsinteresse liegt. (3) Das Ablehnen der Zustimmung muss auf Nachfrage begründet werden. Die Verweigerung der Begründung ist ein Anscheinsbeweis für die Pflichtwidrigkeit der Zustimmungsverweigerung, so dass die übrigen Gesellschafter bis zur Widerlegung des Anscheins ohne die Zustimmung handeln dürfen. (4) Ist die Zustimmungsverweigerung nicht evident pflichtwidrig, müssen die übrigen Gesellschafter die Zustimmung gerichtlich erzwingen. (5) § 744 Abs. 2 BGB begründet auch für die GbR ein Notgeschäftsführungsrecht und damit eine Ausnahme von der Gesamtgeschäftsführungsbefugnis nach dem Einstimmigkeitsprinzip. Eine darüber hinausgehende Befugnis bei „Gefahr im Verzug“ analog § 115 Abs. 2 a. E. HGB ist mangels vergleichbarerer Interessenlage abzulehnen. (6) Ist ein Gesellschafter selbst oder eine ihm nahestehende Person (vgl. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB) von einer Entscheidung betroffen, ist er wegen des Interessenkonfliktes von der Mitwirkung ausgeschlossen. (7) Vereinbaren die Gesellschafter eine Einzelgeschäftsführung (§ 711 BGB), hat ein Widerspruch trotz § 714 BGB nur eine rein interne Wirkung. Allerdings findet § 116 Abs. 2 HGB entsprechende Anwendung. (8) Bei der Umwandlung einer OHG oder KG in eine GbR ist – sofern keine Abreden getroffen wurden – für die Frage der anzuwendenden Geschäftsführungsregelungen eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen. Bei der OHG gelten im Zweifel die ursprünglichen Geschäftsführungsregelungen fort. Bei der KG ist danach zu unterscheiden, ob der Formwechsel durch die Kommanditisten mit herbeigeführt wurde, dann gelten die ursprünglichen Regeln fort, oder ob ein unbewusster Formwechsel vorlag, dann sind die ehemaligen Kommanditisten an der Geschäftsführung zu beteiligen und es gilt Gesamtgeschäftsführung.



B. Ergebnisse in Thesenform273

(9) Die Geschäftsführungsregelungen der OHG sind mangels Regelungslücke nicht entsprechend auf unternehmenstragende BGB-Gesellschaften anzuwenden. Die Einzelgeschäftsführung ist nämlich kein Ausdruck eines allgemeinen Prinzips der Personengesellschaften, sondern weicht von dem zugrundeliegenden Gesamthandsmodell ab. Die Möglichkeit der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung der Einzelgeschäftsführung trägt den Bedürfnissen der Praxis hinreichend Rechnung. (10) § 712 Abs. 1 BGB ermöglicht lediglich die Entziehung der vertrag­ lichen Geschäftsführungsbefugnis. (11) Wird einem Geschäftsführer die Geschäftsführungsbefugnis entzogen, ist es für die Frage der Fortgeltung der vereinbarten Geschäftsführungsausgestaltung entscheidend, ob diese weiterhin durchführbar ist. Ist dies nicht der Fall, greift für den betroffenen Bereich die gesetz­ liche Regel des § 709 Abs. 1 BGB ein. Bei vereinbarter Gesamtgeschäftsführung durch einen Teil der Gesellschafter (§ 710 BGB) ist die ursprüngliche Ausgestaltung nicht mehr durchführbar, so dass in den betroffenen Bereichen eine Gesamtgeschäftsführung nach dem Einstimmigkeitsprinzip gilt. (12) Die vertragliche und gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis kann nach § 712 Abs. 2 BGB aus wichtigem Grund gekündigt werden. Die Kündigung führt zu einer einseitigen Änderung des Gesellschaftsvertrages. Mit ihr geht auch das Geschäftsführungsrecht verloren. Bei Wegfall des wichtigen Grundes haben die übrigen Gesellschafter der Wiederaufnahme der Geschäftsführung im Regelfall zuzustimmen.

III. Die Kommanditgesellschaft Besonderheiten der Einzelgeschäftsführung bei der KG bestehen im Vergleich zur OHG lediglich im Hinblick auf die Kommanditisten. Während für die Komplementäre dieselben Regelungen wie für OHG-Gesellschafter gelten, sind die Kommanditisten nur an außergewöhnlichen Geschäften zu beteiligen. Ihnen kann aber, im Einklang mit dem Prinzip der Selbstorganschaft, eine weitergehende (organschaftliche) Geschäftsführungsbefugnis übertragen werden. (1) Die pflichtwidrige Zustimmungsverweigerung eines Kommanditisten darf ignoriert werden, so dass eine Handlungsmöglichkeit der Komplementäre besteht. (2) § 164 Abs. 2 HGB betont als klarstellende Norm die Gesamtgeschäftsführung der Komplementäre bei der Prokuraerteilung. Kommanditisten

274

7. Kap.: Gesamtergebnis

sind an dieser nur zu beteiligen, wenn es sich bei ihr ausnahmsweise um ein außergewöhnliches Geschäft handelt. (3) Die Geschäftsführungsbefugnis kann, im Einklang mit dem Prinzip der Selbstorganschaft und unter Ausschluss der Komplementäre, auf die Kommanditisten übertragen werden. Allerdings steht der Gesamtheit der Komplementäre ein Widerspruchsrecht gegen die Geschäftsführungshandlungen der Kommanditisten zu.

IV. Die Partnerschaftsgesellschaft Die Partner haben jeweils eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis. Aus der Bindung an das Berufsrecht können sich Besonderheiten ergeben, gleichwohl entspricht die gesetzliche Ausgestaltung der Geschäftsführung der Partnerschaftsgesellschaft im Wesentlichen der OHG. (1) Die Bindung an das Berufsrecht steht weder der Vereinbarung einer Gesamtgeschäftsführung noch dem Bestehen eines Widerspruchsrechts entgegen. Allerdings darf die Ausgestaltung nicht einzelne Partner an ihrer (unabhängigen) Berufsausübung hindern. Dieser sind jedoch Grenzen gesetzt, wenn der Handelnde Fehler bei seiner Berufsausübung macht. (2) Es besteht für die Partner keine Pflicht, den Freien Beruf aktiv auszuüben. Eine Inaktivität bzw. rein beratende Tätigkeit ist möglich, sofern die Beteiligung des Partners an der Gesellschaft im Gesellschaftsinteresse liegt, also zur Zweckförderung beiträgt. In diesem Fall liegt keine vom Gesetzgeber abgelehnte reine Kapitalbeteiligung vor. Eine Wiederaufnahme der Tätigkeit ist den übrigen Partnern aber rechtzeitig anzuzeigen. (3) Die Geschäftsführungsbefugnis kann einzelnen Partnern dauerhaft vollständig entzogen werden, da § 6 Abs. 2 PartGG auf die Entziehung nicht anwendbar ist.

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Sachverzeichnis Abfindung  100, 104, 107 Abwicklung  siehe Liquidation Actio pro socio  144 Agency-Problem  siehe Principal-agentProblem Änderung des Gesellschaftszwecks –– antizipierte Zustimmung  104–108, 177 –– Auflösung  83, 99 –– Informationspflicht  107–108 –– konkludent  77–79, 92, 108, 110, 177, 270 –– Mehrheitsbeschlüsse  94–102, 108, 111, 177, 181, 270 –– Schriftformklauseln  108–111, 270 –– Zustimmung  102, 270 –– Zustimmungspflicht  103–104, 108 Aufwendungsersatz  70, 183 Außergewöhnliche Geschäfte  siehe Geschäfte – außergewöhnliche Beirat  siehe Geschäftsführungsbefugnis – Beirat Beitragsleistung  27, 30, 64, 219 Berufsrecht  siehe Freie Berufe – Berufsrecht Bestandsinteresse  83–84, 90, 103, 270 Bestimmtheitsgrundsatz  96, 98 Beweislast –– Entziehungsvoraussetzungen  168 –– Pflichtwidrigkeit  203 –– Pflichtwidrigkeit der Zustimmungsverweigerung  190, 199, 272 –– Pflichtwidrigkeit des Widerspruchs  137–138, 141, 151–155, 177, 271 Business Judgement Rule  93

Corporate Governance Kodex  91 Corporate Social Responsibility  91 Diligentia quam in suis  siehe Sorgfaltsmaßstab – diligentia quam in suis Einstimmigkeitsprinzip  94, 146, 163, 165, 182, 206–207, 217 Einzelgeschäftsführung –– GbR  207–214, 233 –– KG  237, 242, 251, 273 –– OHG  127–162, 177, 271 –– Partnerschaft  254, 256, 268, 274 –– unternehmenstragende GbR  217– 222, 233, 273 Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis –– Dritter  48–50, 53, 54–55, 259, 269 –– GbR  222–227, 233, 273 –– grobe Pflichtverletzung  170–171, 222 –– KG  250–251 –– milderes Mittel  172–173 –– OHG  130, 165–176, 178 –– Partnerschaft  266–268, 274 –– Streitgegenstand  173 –– Unfähigkeit zur Geschäftsführung  62, 70, 171–172, 222 –– wichtiger Grund  148, 161, 168–172, 175, 178, 222 –– Wirkung  173–176, 225–227, 273 EWIV  35, 53–54 Förderpflicht  27, 73, 79, 89, 91, 95, 99–101, 107, 109 Formwechsel  19, 215–217, 219, 233, 260, 272



Sachverzeichnis297

Freie Berufe –– Berufsausübungspflicht  259–265, 268, 274 –– Berufsrecht  254, 268, 274 –– Grundsatz der Eigenverantwortlichund Unabhängigkeit  254, 256, 264 Fremdbeherrschung  38, 40–43, 50, 54, 245, 248, 251 Fremdorganschaft  39, 41, 44, 45, 52, 54, 181 Geborene Organe siehe Organe bei Personengesellschaften Gefahr im Verzug  113, 120, 126, 163, 178, 196–198, 205, 233, 272 Gelegenheitsgesellschaft  20, 21, 68, 111, 180, 212, 221, 223 Genehmigung  61, 153, 164, 188, 214 Generalvollmacht  123, 127, 178, 271 Gesamtgeschäftsführung –– GbR  184–206, 233, 272 –– OHG  163–164, 178 –– Partnerschaft  254–257, 268, 274 Gesamthandsprinzip  22, 109, 179, 182, 221, 233, 237, 252, 269, 271–273 Geschäfte –– alltägliche  114, 119, 186–187, 201–202, 205 –– außergewöhnliche  112–119, 123–126, 163, 174, 178, 198, 211, 213–214, 237, 242–243, 251, 271 –– gewöhnliche  112–119, 121, 123, 126, 128, 178, 211, 237, 271 –– sonstige  219, 255, 258–259, 266, 268 Geschäftschancenlehre  72, 241, 243, 251 Geschäftsführervergütung  siehe Vergütung Geschäftsführungsbefugnis –– Beirat  51–52 –– Dritter  35, 40, 43–45, 46–53, 55, 130, 245, 259, 269 –– Entziehung  siehe Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis 

–– Gesellschaftergesamtheit  35–36, 42–43, 50, 54–55, 66, 130, 165, 230, 259, 269 –– Inhalt  60, 70, 95, 114, 126, 177, 182 –– Kommanditisten  39, 216, 233, 236–251, 272–274 –– Kündigung  siehe Kündigung der Geschäftsführungsbefugnis –– Teil der Gesellschafter  165, 207 –– Umfang  61–62, 70, 95, 112–127, 129, 176, 182, 212 Gesellschafterliche Treuepflicht  siehe Treuepflicht Gesellschaftsinteresse –– Bestimmung  79, 82, 92–93, 95, 111, 125–127, 132, 139–140, 147–148, 151, 157, 177, 182, 189, 232, 270 –– Bindung  24, 41, 71–73, 79, 91, 93, 95, 103, 111, 113, 121, 125, 131, 134, 139–141, 151, 157–159, 161, 177, 181, 185, 190, 192, 202–204, 213, 232–233, 238, 243, 251, 254, 263, 265, 268–269 –– Inhalt  73–79 –– Träger  80, 81, 91, 111, 177, 269 –– und Drittinteressen  83 –– und Gesamtheitsinteresse  81–86, 95, 109, 112 –– und Mehrheitsinteresse  80, 86 –– unternehmenstragende Personengesellschaften  86–91 Gesellschaftszweck –– Änderung  siehe Änderung des Gesellschaftszwecks –– Grundlage der Gesellschaft  21, 73, 75, 77, 79, 89–90, 94, 101, 109 –– Konkretisierung  75–79, 270 –– und Gesellschaftsinteresse  24, 73–112, 125, 177, 181–182, 232, 269 Gewöhnliche Geschäfte  siehe Geschäfte – gewöhnliche Gleichlauf von Herrschaft und Haftung  siehe Selbstorganschaft – Gleichlauf von Herrschaft und Haftung

298

Sachverzeichnis

GmbH & Co. KG  19, 21, 40, 247, 250 Grundlagengeschäfte  27–28, 30, 54, 118, 125, 269 Herrschaft und Haftung  siehe Selbstorganschaft – Gleichlauf von Herrschaft und Haftung Hindsight bias  154 Informationspflicht  107–108, 120, 127, 178, 185, 238 Innengesellschaft  20, 25 Interesse der Gesellschaft  siehe Gesellschaftsinteresse Interessenkonflikt  115, 202–205, 272 Kernbereichslehre  97 Kollusion  siehe Missbrauch der Vertretungsmacht Kontrollrechte  24, 39, 49 Kündigung der Geschäftsführungs­ befugnis –– Form  228 –– GbR  227–232, 234, 273 –– KG  251 –– OHG  176, 178 –– Partnerschaft  267, 268 –– wichtiger Grund  227 –– Wiederaufnahme  232, 234, 273 –– Wirkung  230–232, 234, 273 –– zur Unzeit  228 Leitbild der Personengesellschaft  21–23, 53, 63–64, 167, 212 Liquidation  44, 55, 86, 99, 269 Liquidationsähnliche Sonderlagen  44–45, 55, 269 Mehrheitsklauseln –– Vereinbarung  61, 94–102, 106, 146, 163, 206–207, 214 –– zweistufige Kontrolle  98–99, 105, 108, 177, 270

Mehrheitsprinzip  siehe Mehrheitsklauseln Missbrauch der Vertretungsmacht  149, 151, 178, 189, 208, 211, 233 Nachschusspflicht  118–119, 126, 271 Notgeschäftsführung  117, 126, 144, 193, 194–196, 205, 233, 240–241, 243, 248, 251, 272 Organe –– bei Personengesellschaften  33–36, 37, 43, 54–55, 66, 81, 85, 269 Organtheorie  31–33, 36, 73 Principal-agent-Problem  72 Prokura  40, 112, 120–123, 126–127, 178, 237, 241–243, 271, 273 Publikumsgesellschaft  21, 25, 52, 66–67, 69, 96, 101, 166–167, 176, 222, 239 Rechtsformverfehlung  217 Ressortverteilung  129, 131, 162, 201, 205, 227 Routinegeschäfte  siehe Geschäfte – alltägliche Rücksichtnahmepflicht  siehe Treuepflicht Selbstentmachtung  41–43, 54, 245 Selbstorganschaft –– Ausnahmen  43–45, 55, 248, 250, 269 –– Begrenzung auf Vertretung  37, 47 –– Gleichlauf von Herrschaft und Haftung  37–41, 216, 240, 245, 247 –– Grundsatz  35, 36–55, 58, 65, 66, 81, 130, 162, 181, 230, 232, 237, 244– 245, 250, 254, 258–259, 268–269, 273, 274 Sittenwidrigkeit  42, 61–62, 70, 101, 248–249, 251 Sonstige Geschäfte  siehe Geschäfte – sonstige



Sachverzeichnis299

Sorgfaltsmaßstab –– Ausnahmen  66–69, 71, 176, 270 –– bei organschaftlicher Geschäftsführung  63–66 –– diligentia quam in suis  63, 69, 71, 91–92, 125, 132, 176, 270 –– konkludente Abbedingung  65, 68 –– Untergrenze  63, 69, 71 Treu und Glauben  60, 110, 149, 153, 216 Treuepflicht  22, 64–65, 71, 103, 108, 112, 133, 135, 149, 152, 160, 164, 167, 172, 174, 192, 196, 232, 240, 243, 244, 251, 255, 270 Unternehmensgegenstand  75–77, 79, 177, 270 Unternehmensinteresse  87–91 Vergütung  62, 70, 183 Vertreter ohne Vertretungsmacht  164 Vertretertheorie  31–32, 36, 73 Vertretung –– Verhältnis zur Geschäftsführung  28–30, 31, 40, 54, 269 Verwirkung  59, 70, 135, 141–142, 190, 233 Weisungen –– gegenüber Dritten  41, 43, 47, 53, 55, 269 –– gegenüber Gesellschaftern  61, 70, 129, 141, 257, 268 Wettbewerbsverbot  70, 241, 244

Widerspruch –– Außenwirkung  149–151, 178, 208–209, 211, 233, 272 –– Begründungspflicht  133–138, 141, 177, 271 –– Folgen  145–151 –– Form  132, 177 –– Gattungswiderspruch  142–143 –– Generalwiderspruch  142–143 –– Informationspflicht  159–161 –– Komplementäre  249–251, 274 –– konkludenter  138, 162 –– nach Zustimmung  155–159, 177, 271 –– nachträglicher  138–141, 161, 271 –– Partnerschaft  254–257, 268, 274 –– pflichtwidriger  141, 151–155, 177, 271 –– Rücknahme  155 –– Zweck  129–130, 144 Zustimmung –– Begründung der Verweigerung  189–190, 199–200, 205, 233, 272 –– Form  184 –– Gattungszustimmung  186–187, 272 –– Generalzustimmung  185, 272 –– pflichtwidrige Verweigerung  190– 194, 239, 240, 243, 272–273 –– Rücknahme  187–188, 233, 272 –– Verweigerung  188–189, 243 Zweck der Gesellschaft  siehe Gesellschaftszweck Zweckfremde Maßnahmen  124–127, 177, 270