Gedichte [Reprint 2022 ed.]
 9783112639269

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Gedichte von

Wilhelm

Berlin,

Hey.

i g i 6.

In der Realschulbuchhandlung.

Inhalt.

Lieder. Phantasie Sette 5 Dichtcrnoth..........................................................................6 An die Philosophie 9 Turnlied ...... ii Dcsdemona J4 Erste Liebe ♦ *7 Nach gesang 22 Die Gärtnerin 26 Dichters Morgenlied 29

Sprüche. Sprüche

Sonette.

Distichen.

......

35

Bilder Ergebung ..... 36 Trotz Trauer 38 Glaube,.................................................................................. 39 Sorge 40 Beruhigung 41 Wahrheit ..... 42 Täuschung 43 Ernst 44 Freude. 45 Zufriedenheit 46 Vc'langen.................................................................................. 47 Distichen 48 Erzählende Gedichte. Der Sanger Sangers Vermächtniß Des Königs Braut Das HauSchcn im Walde Braulfahrt Die Wahnsinnige Liebchens Nachtbesuch

....

57 6g 70 75 78 80 87

IV

Der Die Die Die Die Der Das

Ritter und sein Weib Bleichen» weise Frau . Verirrung Königstöchter von Granada Todesbund himmlische Gesicht

.

.

Seite 91 95 99 10S ui 118 135

Zuch der Liebe. Traume Ferne Wiedersehen

i4r 149

174

klfen spiel.

x99

Geistliche Lieder. Weihe Die heilige Schrift, r. Die hcilige Schrift 2. In 3u'.i Namen An Jesum, den Weltrichter Vorbereitung zum Abendmahl Abendmahl, f. . Abendmahl. 2. , Letztes Gebot Jesu Verleugnung Petri Machet und betet Wort Gottes Lob Gottes Büßlied Charfreytag Ostern Die Kirche Christi Himmelfahrt . . Pfingsten 1.

Pfingsten.

2.

257 240 242

244 247 25 r

255 558 261

264 268 271 272 274 277

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* •

285 236 288

290

Lieder.

Phantasie.

X5n dem Garten saß ich allein.

Still zu weinen;

Trat ein liebliches Mädchen herein Zu dem Kleinen:

Knabe, was weinst du so? Werde nun wieder froh,

Daß wir zusammen spielen.

Trocknet mit ihrer Schürze schnell

Meine Zähren,

Daß mir die Augen freudighell Sich verklären; Windet mit künstlicher Hand Scherzend ein Blumenband

Mir um die finstere Stirne.

-

4



S, wie hatte sie dann so viel

Mir zu melden! Zeht vom lieblichen Liebesspiel, Dann von Helden;

Und wie sie zierlich sang,

Daß von dem süßen Klang All meine Sorgen verschwanden!

Mädchen, sprach ich, nun muß ich fort Aus dem Garten;

Lange schon werden die andern dort Meiner warten. Liebe, komme mit mir;

Drinnen noch können wir Bis an den Abend spielen.

Knabe, laß mich, ich bitte dich,

Wieder gehen;

Habe nicht gern, wenn die andern mich

So besehen. Morgen sey wieder hie;

Gerne wird Phantasie Wieder zu dir sich finden.



5



Und so hab' ich den andern Tag

Sie gefunden; Und so war ich mit ihr hernach Süße Stunden.

Saß ich irgend allein,

Schlich sie leise herein, Brachte mir Lust und Freude.

D i ch t e r n o t h.

öolf auch dieser Trost mir mangeln,

Daß ein Herz mein Leid vernähme? Muß ich stets doch Lieder angeln;

Wenn nur je was Rechtes käme! Lärmend halten wohl die Tollen Mir im Kopfe Haus;

Doch die lästigen, sie wollen Nimmermehr heraus,

Wie in Vater Adams Schenkel

Sämmtliche Geschlechter lagen, Bruder, Schwester, Sohn und Enkel, Bis herab zu unsern Tagen,

So im Kopfe keimen Lieder Kaum entstehend auf,

Und so wachsen neue wieder

Lustig oben drauf.

Aus den zierlichen Sonnetten Sprossen heldenmüthge Stanzen,

Weisen Distichen verketten Sich die zärtlichen Romanzen. Elegien - Trauerklänge,

Und TragLdia,

Froher Lieder Lustgesänge, Stehen lebend da.

Und so treiben sie's zusammen,

Jegliches auf seine Weise: Liebe brennt in lichten Flammen; Süße Hoffnung flüstert leise; Brave Ritter bringt zu Ehren

Treu' und edle That;

Stille Sehnsucht fließt in Zähren; Todte geben Rath.

Früh und Abends, alle Tage,

Lärmen sie, sind nimmer müde;

Auch der Nacht sind sie zur Plage, Und der Traum wird mir zum Liede. Und so geht's: ich sey alleine,

Oder sey es nicht,

8 In der Kirche die Gemeine

Klingt wie ein Gedicht.

Wenn ich dann heraus sie gehen Und sich zierlich zeigen heiße.

Da entgleiten auf den Zehen

Sie mir alle spottend leise.

Die zuvor auf Wolken fliegen Stolz wie das Geschick, Hüpfen schnell davon und schmiegen

Sich ins Ey zurück.

Höret mein Gebet, ihr Musen! Oeffnet die verschlossne Pforte,

Lüftet den gepreßten Busen, Gebt dem Volke Form und Worte,

Oder müßt ihr es versagen, Nehmt sie gar von mir.

Denn wie sie mich immer plagen, Leer ist das Papier.

An d ie Philosophie. öd)on oft zu deiner ernsten Halle,

Der Lust entflohen, schritt mein Fuß; Da rief mit wohlbekanntem Schalle Mich noch zurück der Muse Gruß,

Die Stimme tönte mir so milde,

So freundlich winkt' ihr Auge mir; Da zog es mich, da folgt' ich ihp

In ihre blühenden Gefilde,

„Die eine Frucht noch mußt du brechen, Noch diese Blume blüht für dich." Sie wußte schlau mich zu besprechen,

Mit Zauberarmen hielt sie mich.

Um diese eine Blüthe standen

Noch tausend schönere umher; Und nie sind ihre Auen leer;

Sie fesselt mich in Liebesbanden.

—.

10

Du Heilige, verzeih dem Sänger, Der noch in F>ren Armen träumt. Bald kommt die Zeit, da er nicht länger

Vor deiner Schwelle zögernd säumt. Der Jugend Lust muß bald veralten;

Sie steht an ernster Jahre Rand.

O, gönne, wenn mit milder Hand Die Musen noch zurück sie halten.

Turnlied zum achtzehnten Oktober.

W°hl auf, ihr Brüder, auf

und an!

Herunter auf den weiten Plan,

Wer sich in freyer froher Brust Der rechten Kraft, der rechten Lust,

Dee rechten Sinnes ist bewußt! Was Großes werde heut gethan!

Denn warlich, werth ist dieser Tag, Dem große Ehr geschehen mag;

Von dem die Welt zu sagen weiß, Zu Deutschlands Lust, zu Deutschlands Preiö; Ein Tag von Siegeskampfen heiß,

Der von uns nahm der Knechtschaft Schmach.

12

Drum, dem so Großes er gewann,

Begeht ihn ernst der deutsche Mann, Den Rettungstag aus fremdem Zoch;

Und Jüngling auch und Knabe noch, Er ist ja Deutsch, er freut sich doch,

Und feiert's, wie er'ö eben kann.

So thun auch wir nach unsrer Art. Drum sey nicht Müh noch Fleiß gespart.

Daß ohne Schmach und Tändelcy Es recht ein wackres Kämpfen sey. Ein kühnes fröhliches Turney,

Dabey kein Feiger wird gewahrt.

Und ist es nur zu Schimpf und Spiel, Wir härmen uns darum nicht viel. Ruft uns dereinst die rechte Zeit,

So stehn wir auch zum Ernst bereit, Zu kämpfen einen heißern Streit

Nach einem würdigeren Ziel;

Zu springen auf das Kriegesroß, Zu ringen mit der Feinde Troß,

Durch Glut und Tod zu dringen vor,



13



Zu schwingen hoch das Schwert empor, Zu klimmen über Watt und Thor,

Erstürmend Stadt und festes Schloß;

Zu wandeln frey auf glatter Bahn, Getrost zu stehn bey Feindes Nahn,

Zu brechen mit gestählter Hand Der Fremde schnödes Sklavenband,

Und frey zu gehn ins Todtenland, Wie unsre Brüder auch gethan.

Desdenrona.

^Ltef unten in der kühlen Gruft Erstarrt des Körpers Leben; Die Seele muß in düstrer Lust Noch auf der Erde schweben. Und fliehet zu dem Gatten hin Mit sehnendem Gemüthe, Von dem ich schon geschieden bin In meines Lebens Blüthe.

Fragst du, was mir des Lebens Tag So frühe schon verkürzet? Es war der theuern Liebe Schlag, Der mich hinabgestürzet.



15



Zn süß«r Liebe treuem Arm

Ist mir der Lenz verflossen. Und liebeöfroh und liebeswarm

Hab' ich das Glück genossen.

Nun hat sie mir in falschem Wahn Geraubt des Körpers Leben;

Doch was die Liebe hat gethan,

Die Liebe kann's vergeben.

Zum Gatten eilt mein schneller Flug Mit sehnendem Verlangen,

Ihn bey dem letzten Athemzug

Verzeihend zu umfangen.

Grabschrift.

Sie

haben

sich, von Angst und

Qualen

matt, Zum Schooß der Ruhe froh zurück gefunden. Und

schlummern

in der letzten Lagerstatt,

Von keuscher Liebe Wechselarm umwunden. Wohl hatte mit

des Dolches giftgem Streich



16



Die Bosheit ihrer Herzen Band zertheilet; Doch an der Liebe Busen ist sogleich Die Schmerzenswunde wieder zugeheilet. Zn ihrer Brautnacht süße Freuden bricht

Nie mehr zerstörend ein des Tages Licht.

Erste Liebe.



Das

Mädchen.

Seit des jungen Lenzes Streben

Frost und Winter hat bezwungen, Ist ein seltsam neues Leben Mir ins Innerste gedrungen.

Wie es keimet an dem Baume,

Wie der Farben bunte Strahlen

An der zarten Blatter Saume Sich so frisch und lieblich mahlen;

Fühl' ich's gleich auch im Gemüthe

Keimen und sich wachsend strauben.

Und wie dustgefüllte Blüthe Herz und Athem mir betäuben. [ 2 ]



18



Und der Taube zärtlich Girren, Süßer Nachtigallen Singen

Und der Lerche Himmelsschmirren

Will mir tief zum Herzen dringen.

Von den wunderbaren Klangen, Von dem Wachsen und dem Treiben Fühl' ich meine Brust verengen,

Und es kann nicht drinnen bleiben.

Sonst auch sah ich Blumen prangen, Wenn der Frühling stieg hernieder;

Und der Bäume Knospe,' sprangen.

Und den Ham erfüllten Lieder.

Doch im hellsten Glanz der Sonne, In den schönsten Frühlinqsstunden

Hab' ich nimmer solche Wonne In der tiefen Brust empfunden.

Was es ist, ich kann's nicht nenne»;

Keine Mühe will mir frommen:

Und so gern doch möcht' ich's kennen,

llnd woher es mir gekommen.

Oft den Jüngling will ich fragen.

Der sich stets mir folgend zeiget;

Aber nimmer kann ichs wagen. Und die bange Lippe schweiget.

8.

Der

Jüngling.

^nrch die Felder auf und nieder

Irren rastlos meine Schritte; Aber immer find' ich wieder

Mich in dieses Thales Mitte.

Ob ich nach der Wiese gehe, Nach dem Walde, nach dem Flusse,

Einerley ist'ö, immer sehe Hier ich mich mit irrem Fuße.

Wär's die Rose hier im Garten,

Dacht' ich, die mich so gebunden,

Daß ich stehen muß und warten,

Wie vom Zaubernetz umwunden?

20

Aber tausend Rosen prangen, Honigduftend, hier und dorten;

Und es zieht mich kein Verlangen

Zn der Brust nach jenen Orten.

Wären'S auch die Nachtigallen,

Die im Zaune lieblich klagen? Aber Wald und Busch erschallen Rings umher von ihrem Schlagen.

Doch wenn ich die kleine Thüre

Auf der Angel höre drehen,

Dann begreif' ichs schnell und spüre. Was im Herzen mir geschehen.

Lieblich tritt sie durch die Hecken, Singt des Liedes sanfte Welse;

Und ich fürchte sie zu schrecken. Berge mich im Busche leise.

Dieses rosichte Erröthen Auf der jugendlichen Wange, Dieses Nachtigallenfiöten,

Danach ist's, daß ich verlange.

----

21

----

Immer in der Schönsten Nähe Sih' ich lauschend still verborgen.

O, wenn sie mich einmal sähe. Welche Freude, welches Sorgen!

Nachtgesang. D e r

Jüngling,

^jcl) sitze stille vor der Thür Der Schönen,

Und laß die Leyer für und für Ertönen,

Und spiel' ein Liebeslied und singe,

Und schlage still die Augen auf. Hinauf! Hinauf!

Ob’s bis zu ihr wohl dringe.

Ich irre still um Mitternacht

Alleine, Zm Dorf ein einzig Auge wacht.

Das meine; Denn leg' ich nieder mich zu schlafen,

Sp treibt die Liebe mich vom Haus, Hinaus! Hinaus!

Und fort als ihren Sklaven,

23 Dann zwingt sie mich der Leyer Klang

Zu schlagen, Und meine Noth int Liebsgesang

Zu klagen.

Da brechen alle stillen Schmerzen,

Die immer so verschwiegen sind. Geschwind! Geschwind!

Hervor aus meinem Herzen.

Dann sing' ich meiner Seele Qual Und Sorgen,

Und was ich vorher allzumal Verborgen, Und schaue still hinauf und spähe,

Ob sie von meinem Lied' erweicht Vielleicht! vielleicht!

Einmal herunter sehe!

Das

Mädchen.

5Die lang' ersehnte Stunde spricht; Von unten hör' ich'e rauschen;

Die Mutter schläft und hört es nicht; Ich eile still zu lauschen.



24



Es steigt zu mir ein leiser Klang Empor aus goldnen Saiten;

Da wird mir's drin so froh und bang, Kann selbst mein Herz nicht deuten.

Und hab nicht länger Rast und Ruh,

Und schleich' auf meinen Zehen Dem engverhüllten Fenster zu,

Und bleibe horchend stehen.

Die Töne dieser Melodie, Die so mein Herz umfangen, Nur allzugut erkenn' ich sie. Und wqs

sie stets verlangen,

Du holder Züngling, hör' ich dich

So rührend unten klagen, 'Da drängt es mich, da treibt es mich

Dir alles gar zu sagen-

Von Liebesqual und Liebesweh, Das mich, wie dich, getroffen.

Und daß ich hier am Fenster steh, Zu leiden und zu hoffen.

— 25 — Den Vorhang hebt die scheue Hand, Mich dankend dir zu zeigen; Da faßt es mich, wie Zauberband, Und ewig muß ich schweigen.

)Va drüben da stehet ein kleine« Haus, Vom lieblichen Garten umringt;

Da tritt ein sittiges Mädchen heraus, Wenn die Lerch' ihr Morgenlied singt. Wohl ganz unbemerkt dann mahnt sie sich;

Doch hinter den Vorhang verberg' ich mich, Die Liebste still zu belauschen.

Sie hüpft den Garten entlang so leicht,

Auf silberglänzendem Pfad,

Daß kaum der Thau von dem Gras entweicht. Wo auf die Tropfen sie trat. Dann eilt sie schnell zu dem Blumenbeet, Wo lieblicher Duft ihr entgegen weht.

Die Pflegerin hold zu begrüßen.



27



Sie bückt sich sorgend zu ihnen herab Mit liebend frohem Gesicht,

Und stützet die eine mit sicherem Stgb,

Und kehret die andre zum Licht.

Dann schafft sie mit ihnen hier und dort, Und saget zu jeder ein freundlich Wort,

Und nennt sie mit lieben Namen,

Da drängen sie alle mit frischem Glanz Zu ihren Blicken sich hin.

Da steht sie so herrlich im schönen Kranz,

Der Blumen Königin;

Und blicket umher mit frohem Gesicht, Und ist so bescheiden und weiß ee nicht, Daß sie selbst die schönste von allen. L.

Wohin, o Gärtnerin, bist du so weit Von deinen Blumen gegangen. Und lässest sie hier in Gram und Leid

Nach deiner Liebe verlangen? O wüstest du, wie sie sich sehnen «ach dir. Geschwinde wohl wärest du wieder hier,

Und gingst nie wieder von dannen.

28 Mit jedem Morgen wohl hoffen sie: Heut kommt sie gewiß in den Garten. Zch wußt' es gar wohl

du kommst doch nie.

Wie lang sie auch hoffen und warten.

Und so sehr doch thut es den Blumen Noth; Bald sind sie alle verwelkt und todt.

Wenn du schnell nicht wieder kehrest.

Es strahlet die Sonne mit heißem Brand,

Es wehen gewaltig die Winde.

Sie harren umsonst der geliebten Hand, Die an sicheren Stab sie binde.

Die des Bodens starre verzehrende Glut Erweiche mit kühlender Quellen Fluth, Und pflege der kranken Blumen.

Da stehn sie so trübe zu Boden geneigt,

Die Kraft des Stengels vergehet; Schon sind die strahlenden Farben erbleicht.

Und der liebliche Duft verwehet. O Gärtnerin, eile zur Wiederkehr; Sonst findest du lebend die Blumen nicht mehr.

Und den Jüngling hier hinter dem Fenster.

Dichters Morgenlied.

2)er vom Staube du

Des Menschen Brust gewölbet,

Und deines Athems Hauch,

Regung seligen Lebens,

Wonne beglückter Gefühle, Himmlische Schmerzen Ihr schaffend eingeblasen.

Mir auch hast in dem Busen Die Glut du entzündet, Gütiger Vater, Und des himmlischen Funkens

Heilige Flamme, Die ewig reine,

Dem schlechten Gefäße Liebend eingepflanzt.

So 0, so erhalte, Ewiger, nun dein Werk;

Verscheuche der Nebel Gift, Die um dae Licht, verderbend,

Erstickend, sich drängen; Säubre die Nahrung,

Daß rein und kräftig Die sonnigen Strahlen, Vom Himmel kommend.

Zum Himmel sich wenden; Daß deines Altars Flamme,

Die unverlöschliche, Dich den Ewigen, verkünde.

Wohl des himmlischen Ursprungs

Heilige Quelle

Ahn' ich freudig; Aber zur Erde nieder

Zieht mich gewaltsam Des Menschen Wesen,

Ziehen die Freuden, Ziehen die Schmerzen,

Zieht mich wonniger Liebe Bedürfniß.

5i Himmlischer Vater,

Melodisches Tönen

Vernehm' ich ferne;

Eilen möcht' ich, Es treu zu empfangen, Nachzusingen

Im vollen Busen: Aber da werfen

Jammernde Seufzer, Lärmendes Jauchze» Mir sich entgegen.

Und ich verliere Die ewigen Klänge.

O, so erschließe Mir die irdischen Ohren,

Daß durch der Erde Zerrissene Töne Ich des seligen Himmels Harmoniern vernehme, Mit sterblichem Munde

Der Welten Chören Sie nachzulallen.

Läukre das suchende Auge, Daß in der Schmerzen Äolken,

Daß in der Freude Rauschen, Daß in der Liebe seligen Träumen

Ich deine Nähe, Die heiligendhohe, Gläubig gewahre-

Daß in der Geliebten

Ich dich umfasse, Daß im frohen Gesänge Ich dein Lob verkünde.

So-

Sprüche.

1.

Das Hartverhängte stillen Muthes tragen,

In tiefer Brust um das Verlorne klagen, Mit treuen Blicken weinend sehn zurück, Zn düstrer Nacht mit gläubigem Vertrauen

Nach bess'rer Zukunft Sonnenmorgen schauen. Das ist des Menschen Kraft,

des Menschen

Glück.

2.

Abschiedsruf vom letzten fernen Hügel,

Mildes Abendroth in düstrer Nacht,

Froher Blick in Traumes Zauberspiegel, Wo dir jedes früh're Glück erwacht.

Eine Ros', erblüht an Freundes Grabe, Das ist der Erinnrung Gottesgabe.

Bilder. Ergebung. ^tnmm siht sie vor des Ewigen Altären,

Der über ihrem Leben zürnend waltet; Die Hände fromm auf ihre Brust gefaltet;

Zm Ange siehst du kaum die leisen Zähren. Was

Freude

schaffen

kann

und

Freude

nähren. Woraus des Lebens Sonne sich gestaltet. Das sieht sie alles starr und toderkaltet.

Und lebet um das Leben zu entbehren.

Zum Himmel ist ihr Aug' emporgeschlagen, Still harrend, ob er ihrer sich erbarme?

Doch nimmer schließt ihr Mund sich auf zu Klagen.

Da sinkt sie endlich unterm schweren Harme; Das malte Haupt kann ihn nicht länger tragen;

Und ruhet aus im kalten Todesarme.

37

Trotz. Er sichet des Geschicks verderblich Schreiten, Vor dem der Völker Kräfte selbst erschlagen; Auch ihn wird bald die Eisenhand erraffen;

Doch seine Schritte soll die Furcht nicht leiten. Er eilt zum harten Strauß sich zu bereiten; Und fand er gegen solchen Feind nicht Waffen,

So muß der eigne Muth ihm Hülfe schaffen;

Er stehet kühn, den schweren Kampf zu streiten; Und ringet gegen die gewaltgen Mächte;

Da stürzt er vor dem unfehlbaren Speere, Das Heldenauge schließen Todeenächte.

Doch sterbend sinnt er noch auf Streit und Wehre,

Noch drohend ballet sich die matte Rechte,

Und den Besiegten krönt des Siegers Ehre.

38

Trauer. •»So zu der Vater schlummernden Gebeinen Sie ihren Liebling früh geborgen haben, Da sitzet starr sie selbst und wie begraben;

Die Wange ruht auf kalten Marmorsteinen.

Die Blicke suchen bang den theuern Kleinen,

Kein Trost kann die beklemmte Seele laben, Sie klaget um des Schicksals falsche Gaben, Ihr Auge bricht von nieversiegtem Weinen.

Geschieden von der Welt und ihren; Streben, Hat sie sich selbst der Todten

stillem Bunde,

Noch lebend,, zur Genossin hingegeben;

Und harret sehnend der beglückten Stunde,

Wo endlich stille steht das matte Leben, Und milder Schlummer heilt des Herzens Wunde.

Glaube. A/ci siehet sie den harten Marmor- springen.

Wie

vor der

Blätter Drang des Frühlinge

Sprossen;

Und ane dem Sarge, der ihr Kind umschlossen.

Sich eines Engels Lichtgestalt entringen.

Langsam entfaltet er die goldnen Schwingen,

Die seiner Glieder Götterbild umflossen; Und durch der Lüste blaues Meer ergossen, Sieht sie zu fernen Sonnenhbhn ihn dringen.

Da trennen sich der Wolken Silbersäume, Des Himmels erzgefügte Pforten weichen,

Hub osten stehen die beglückten Räume.

Da röthet sich der Wange Schmerzerblcichen,

Zun» Himmel schauen ihre frohen Träume, Sie lebet und vertraut dem schönen Zeichen.



Sorge. öie fitzet an der Kranken Lagerstätte, Des matten Pulses Schläge nachzuzählen; Sieht traurend des gepreßten Busens Quälen,

Und fleht zum Himmel, daß er sie errette.

Es

wächst

der Schmerzenöstunden lange

Kette, Bald wird ihr selbst die Kraft und Hoffnung fehlen;

Doch tief im Dusen will sie's stets verhehlen, Und weichet nicht von der Geliebten Bette.

Ihr Ohr und Auge sind gespannt zu lauschen;

Und wie die Pulse stürmen oder schleichen.

Des Athems Züge stärker, matter rauschen,

Wie sich die Wangen rithen oder bleichen,

So muß sie wechselnd Furcht

und Hoffnung

täuschen, lind Schmerz und Freude, nach den leisen Zeichen.



4i



Beruhigung. siehet sie die Dulderin erwachen

Vom Schmerzeneschlaf, darin sie lang gelegen;

Der Augen Sterne, die sich froh bewegen, Scheint neu das Licht des Himmels anzufachen.

Ein neues Leben regt sich in der Schwachen,

Sie streckt die Arm' ihr liebevoll entgegen, Genesen preiset sie des Herren Segen, Der sie gerettet aus des Todes Rachen.

Und jene, die gesund an's Herz sie drücket, Die fürchtend schon sie sah vom Tod' erkalten.

Fühlt sich beruhigt nun und hoch beglücket.

Auf ewig hat sie nun das Wort erhalten; Nichts ist, das ihrem Arm sie mehr entrücket;

Denn laut gesprochen hat des Herren Walten.

42

Wahrheit. üöott ihres ewgen Himmels Purpurrande, Mit Feuerrossen vor dem goldnen Wagen, Ward uns die Göttliche herabgetragen. Die Glieder kaum verhüllt vom Lichtgewande.

Noch deckten schwarze Nebel alle Lande; Doch sieh, von ihres Scepters Macht geschlagen.

Beginnen die Gefilde rrngs zu tagen,

Und sprengen kühn des Dunkels starre Bande.

Und alle Völker stehn erstaunt und schauen.

Und fragen, was dies Wunderbild verkündet. Vor dessen Schritten flieht des Dunkels Grauen.

Schnell wird

des Tempels heilger Bau

gegründet, Sie beten ehrerbietig vor der Frauen,

Die solches Lia-res ewge Glut entzündet.

43

Täuschung. S?odj alö verlangend sich zur Sonnenreinen Auch meine Blicke kühn erhoben harren,

Da fühlt' ich sie vom Strahle schnell ermatten, Und meine Augen brach ein schmerzlich Weinen.

Ein holdes Mädchen seh' ich bald erscheinen; Die führt mich still in einer Laube Schatten, Wo Helle sich und Dunkel traulich gatten.

Und Glut und Kühle liebend sich vereinen.

Sie schlinget heilend eine sanfte Binde Um meiner Augen lichterweckte Zähren,

Und tröstet mich so liebevoll und linde.

O, nun mag meine Blindheit ewig währen;

Wenn ich nur sie an meiner Seite finde,

So will ich Tag und Sonnenlicht entbehren.

44

Ernst.

Gerüstet tritt er in die weiten Schranken, Den mühevollen Wettlauf zu beginnen; Und gehet mit gewissem Schritt von hinnen. Und mißt das steile Ziel mit den Gedanken. Sb andre neben ihm ermattet sanken, Ob andere den Lauf ihm abgewinnen, Er schreitet weiter mit bedachtem Sinnen, Und stärket kräftig seiner Kniee Wanken.

So viele sah er schnell vorüber fliegen, Und spottend sich nach ihm zurücke wenden, Doch war des Berges Höh noch nicht erstiegen. Da siehe! keiner kann den Lauf vollenden; Ermattet bleiben sie am Fuße liegen, Und er ergreift den Preis mit starken Händen.

45

Freude. wie hüpft heran im zierlich bunten Kleide,

Singt ein erfreulich Lied vom jungen Lenzen, Und schmücket sich, um lieblicher zu glänzen, Zn seiner Blumen köstlichstes Geschmeide.

Ob sie ihn von der Schaar der Renner scheide, Unischlingt sie ihn mit ihren Blumenkränzen,

Und mit den zauberisch verschlungnen Tänzen

Hält sie sein Eilen aus in frohem Neide.

Und folget er nach ihren grünen Wiesen,

Da singt sie ihm so schöne süße Lieder, Und kränzt mit Blumen ihn, die ewig sprießen.

Zn'ö weiche Gras

streckt er die müden

Glieder; Es schwelgt sein Herz in seligem Genießen,

Und denkt hinfort an Kampf und Preis nicht wieder.

46

Zufriedenheit. Von sanfter Frühlingölüfte Kuß umfangen,

Seht ihr sie sitzen an der stillen Quelle. Sie schöpfet fröhlich von der klaren Welle,

Und

schmückt

sich

mit der kleinen Blume»

Prangen. Ein sanftes Roth beseelt die zarten Wangen, Bescheiden, wie die Blumen ihrer Stelle. Ihr Auge, wie das Bächlein klar und Helle,

Wird nie nach dem, was sie entbehrt, verlangen. Sie hört von fern

des Stromfalls stol­ zes Rauschen,

Sieht sonnighell den Sturz des Wassers sprühen;

Doch denkt der Strudel auch, die unten lauschen. Es braust der Strom, die erogen Bogen glühen,

Sie wird den stillen Bach dafür nicht tauschen, Noch ihre Kränze, die so freundlich blühen.

47

Verlangen. stürmisch springt der Knab' au« seiner Wiegen; Sie will umsonst, daß er sich zähmen lerne. Es rufet ihn hinaus zur weiten Ferne;

Er kann den Drang des Herzens nicht besiegen.

Noch ist der Schwingen Kraft zu schwach -um Fliegen,

Und ging' auf Bergesgipfeln doch so gerne. Und schauet sehnend in des Himmels Sterne;

O wären sie doch alle schon erstiegen!

Da wachsen ihm der Schwingen zarte Kiele; Er macht sich los mit schmeichelndem Betrüge, Und schwinget sich empor im kühnen Spiele.

Da reißt's ihn

fort mit

sturmesgleichem

Zuge;

Doch nimmer naht er dem erwünschten Ziele, Und irrt umher mit ruhelosem Fluge.

Distichen.

1.

nur dem Manne muß

gebietet

sie gehorchen;

Winter ist rings umher, Sommer erschafft

er sich drin. 2.

Sicherem Thale vertrauet der Mensch die Woh­ nung des LeibeS;

Hoch in Lüften und Höhn schwebt der ge­ waltige Geist.

3> Land und Meer durchstieget des Geists unru­

higes Streben;

Aber das stille Gemüth kehrt zu sich sel­ ber zurück.

49 4-

Nimmer dem Geiste genügt die weitgemeßne Besitzung; Aber das liebende Herz braucht nur ein kleines Gebiet. 5-

Jener besaß sie zuvor, dann kam an diesen die Herrschaft; Nur von dem falschen Geschick trägt sie auch dieser zu Lehn. 6.

Aeolus hier und Zeus, mich bekämpft von un­ ten Poseidon; Sprecht, wie soll ich bestehn vor der ver­ einten Gewalt? 7-

Kämpfe nur unverzagt, und belebe die sinken­ den Kräfte; Ein erhabener Gott schützt den beharrlichen Much. m

5o

SReißt ihr den Leib hinab, sey'S drum, ihr er­

zürnten Gewässer; Aber den Geist empfängt wieder der himm­

lische Quell.

9Hat der Olymp

sich

vereint

den

sterblichen

Mann zu verderben,

Zwey noch stehen zu ihm, Eros und Phö­ bus Apoll.

10. Zittert

die ganze Natur und vergeht im wo, genden Sturme,

Selige Ruhe bewahrt liebend

des Dich,

ters Gemüth.

11. Wenige Stunden verlieh den liebliche» Blü­

then daö Schicksal; Wohnt in der Schöne doch nur, nicht in der Dauer, die Lust.

5*

12.

Jüngst vom Winter bedeckt, blühn jeho die lieb­

lichen Ufer. Weinst du, bekümmertes Herz? Morgen erfreuest du dich.

iS-

Knospen dahier, dort Blüthen, am dritten sind sie verwelket.

Still,

unruhiger

Geist!

jeglichem

wird

feine Zeit. 14-

Wie die duftende Blüthe so wenig und Schlech­ tes zurücklißt!

Doch das Geringe gedeiht endlich zur gol­

denen Frucht.

15-

Hirst du das ferne Geläut? es verkündet dm

kommenden Abend. Heilige Glocke, du bringst allen Ermüde­ ten Nuh.

52

16.

Lang' umsonst erwartest du schon die lieblichen Früchte; Sieh, da fallen sie dir endlich gereift in den Schooß. Und so harrest du lange befreundeter Worte vergebens; Endlich erfreuen sie dir schöner das seh, nende Herz.

*7Liebliche Kinder de« ZahrS, wie behend im wechselnden Reigen Seyd ihr entfloh«, eh kaum euer das Herz sich erfreut! Lenz und die Pracht des Sommers ist hi», es entgleitet der Herbst schon; Leise die Flur durchzieht Winter mit star, rendem Fuß. Aber behender noch, auf der Hoffnung farbigem Fittig, Fliehet zu euch das Gemüth, Blüthen des kommenden Jahres.

55

18.

Wechseld entfliehet das Zahr, »nd mit dem wech,

selnden scheidet Dir aus beklommener Brust sterbend der Athem hinweg.

Nah ist das kommende dir; doch es Hirt die

gebrochene Seele Seine Schrecknisse nicht, seine Verheiß»»,

gen, mehr. Nimmer des Lenzes Gruß, nie dringt sein duft

tender Athem, Nimmer

de« Sommers Strahl in das

umnachtete Grab. Aber der Sturm auch geht und des Frosts

erstarrendes Schreiten

Schweigend den Hügel vorbey, der den Entschlafenen deckt.

Still nun schlummr'; es empfängt, von des Lebens flüchtigen Leiden,

Flüchtigern Freuden, dich selige Ruhe zuletzt.

54 i9-

Schneller bewegt den Busen des Athems zit­ ternde Welle;

An

dem

umnachteten Strand stirbt die

zerschollene Kraft. Welle, dich hat zum flüchtigen Seyn die Mut­

ter gebohren; Sieh, nun kehrest du schnell ihr in die

Arme zurück.

Andere rings entstehen, wie du, durchlaufen der Kreise

Engere weitere Bahn, keine verfehlet das Ziel.

Aber der Mutterschooß, der die flüchtigen alle

gezeuget, Wandelt geräuschlos fort, ewig der lebende

Strom.

Der

1.

Sänger.

Liebe.

9)?it leichter Frühlingsblumen Banb

Die Helle Stirn gekrönet, Die goldne Leier in der Hand,

Die stets so lieblich tönet,

So zog er froh, von Ort zu Ort, Durch Dörfer und durch Städte fort.

Und waren Gram und Sorgen Vor seinem Blick verborgen.

Und wenn'S ihm irgendwo gefiel,

Da setzt' er gleich fich nieder,

Durchgriff sein goldnes Saitenspiel, Und sang die frohen Lieder.

58

Und jedermann, von nah und fern,

Vernahm des Sängers Stimme gern;

Doch schnell zog er von hinnen. Und konnt' ihn nichts gewinnen.

Da kam zu einem reichen Schloß Er einst mit leichtem Gange.

Rings lauscht' um ihn der Knechte Troß Dem munteren Gesänge.

Doch zu der Fürstin dringet bald Der Töne liebliche Gewalt; Die heißt ihn vor sich bringen,

Auch ihr ein Lied zu singen.

Da lässet er mit leichtem Sinn

Znm hohen Saal sich führen, Tritt vor des Thrones Stufen hin.

Der Leier Klang zu rühren. Doch als er seinen Blick erhebt.

Fühlt er sein Innerster durchbebt.

Und ihre Schöne Strahlen Trifft ihn mit Lust und Qualen.

59 Doch sie mit freundlichmildem Ton

Spricht gütig zu ihm nieder; Da kehrt der Muth, der ihm entfloh«, Zn Sängers Seele wieder.

Er spielt, von Himmelsflammen heiß. Und singt der Schönheit hohen Preis, Und wie sie alle Dinge

Mit Liebesmacht durchdringe.

Als nun des Liedes Stimme schweigt, Wird er gelobt von allen; Der Fürstin mildes Lächeln zeigt.

Daß ihr sein Spiel gefallen.

Und einer Kette goldne Pracht Wird schnell auf ihren Wink gebracht,

Daß er bey dem Geschenke Der Geberin gedenke.

Doch jener steht beschämt, und spricht: Ich danke deiner Gabe.

So Köstliches geziemt sich nicht Zu eines Dichters Habe.

Doch gönnst du mir den schönsten Lohn, So laß mich vor dem goldnen Thron

6o Zn deiner Anechte Reihen Mich deinem Dienste weihen.

Da neigt sie sich gewährend hin, Und heißt ihn ihren Sänger.

Nun irret er mit leichtem Sinn

Durch Wald und Flur nicht länger.

Er sitzt, die Leier in der Hand, Die Blicke still zu ihr gewandt.

Ob sie des Spieles Blüthe

Sich aufzuthun gebiete.

Und wenn das Haupt sich traurend senkt Und trüb' ihr Auge schauet.

Da weiß er, was die Seele kränkt,

Ob sie's ihm nicht vertrauet. Da greift er in die Melodie,

Und singt vor ihr, und ruhet nie, Dis er von ihrem Herze» Gelöst die herben Schmerzen.

6i 2. Abschied.

Die Fürstin sitzt auf ihrem Thron,

Der Sänger ihr zu Füßen, Noch einmal mit der Leier Ton Die Hohe zu begrüßen.

Denn in dem stolzen Königssaal Erschallt sein Lied zum letztenmal.

Und morgen muß er scheiden. Auf ewig sie zu meiden. Da lässet er der Saiten Klang

Hoch auf zum Himmel fliegen, Daß auf dem vollen Wogendrang Die trunknen Sinne wiegen.

Und stimmt so hoch, so feurig an.

Wie nimmer er zuvor gethan, Und durch des Dusens Pforten Dricht's aus mit Flammenworten. Doch als der Tine Stürmen schweigt, Und er das Lied geendet. Da sieht er ihre Wang' erbleicht,

Die Blicke weggewendet.

62 Und wie sie lange schweigend sinnt. Und sanft erröthend dann beginnt,

Mit süßem Dank den Treuen Belohnend zu erfreuen:

Du dienest mir so lange schon,

Du treuester der Meinen;

Und nimmer wird der höchste Lohn Für dich genug mir scheine».

Doch nenne, waö dir auf der Welt Vor. allem andern Gut gefällt; Kann ich es selbst erlangen.

So sollst du's gern empfangen.

Da treibt ihn des Verlangens Glut;

Er kann's nicht mehr bewahren, Und athmet tief, und schöpfet Muth, Und muß es offenbaren. Durchgreifet rasch mit kühner Hand

Der Leier goldnes Saitenband,

Und stanrmelt sein Verlangen

Mit glühendheißen Wangen.

-

63

-

Wa§ ich das Köstlichste begehr'

Zn dieser letzten Stunde? So neige, Herrliche,

dich her

Mit deinem Rosenmunde;

Und weil ich einmal scheiden muß, So laß mich einen heißen Kuß

Zn liebendem Entzücken Auf deine Lippen drücken.

Da neigt sie von dem Throne sich.

Es glühn die reinen Wangen, Und fühlt sich eng' und brünstiglich Von seinem Arm umfangen.

Da hält er lange sprachlos fest Sie an sein klopfend Herz gepreßt. Und fühlt an Liebesmunde

Geheilt die Schmerzenswunde;

Und flieht, und

laßt zum Hochgesang

Mit Macht die Saiten beben.

Und fühlt den Kuß sein Leben lang, Den ihm ihr Mund gegeben.

-

64

-

Umringt ihn starrend Frost und Eis,

Auf seinen Lippen brennt es heiß,

Und meint im ihren Armen

Noch liebend zu erwärmen.

Z.

Wiederkehr.

@r zog am leichten Wanderstab

Durch Wald und Auen weiter;

Er wandelte bergauf, bergab.

So still, so sanft und heiter; Auf seiner Saiten zarten Klang

Floß lieblich leise der Gesang, Ale ob auf Westes Wehen

Die zarten Engel gehen.

Doch wenn er dann im Dorfe stand, Von Jung und Alt umgeben. Da flog das Spiel in seiner Hand Hoch auf in Liedes Leben;

Da that entzückt sein Flammenmund Der reinen Liebe Wunder kund; Es schwoll in tausend Klängen

Von heißer Liebe Drängen. Da

-

-

65

Da stand ev in der Hörer Schaar

So muthig aufgerichtet; Sie sahn so hell und wunderbar Den frommen Blick gelichtet.

Da priesen sie der Liebe Kraft,

Die sich den Boten selbst erschafft. Und mächtig ihn entzündet,

Daß er ihr Lob verkündet.

Dann geht er wieder still dahin

Zm milden Abendöneigen, In sich gekehrt den frommen Sinn,

In seligfrohem Schweigen; Es regt sich Mund und Leier kaum.

Zur Ferne flieht sein heitrer Traum,

Wo in vergangnen Stunden Er Glück und Lust gefunden.

Und als er so gar manches Zahr, Sein Saitenspiel im Arme, Durch Dorf und Land gezogen war

Zn süßem Llebeeharme,

Da steht er einst, erschöpft und krank, Zu flehn um einen Labetrank,

[ 5 ]

66 Zn Abenddämmerhelle An eines Schlosses Schwelle.

Kaum hat er zitternd dort und schwach

Der Saiten Klang gerühret, So wird zum glänzenden Gemach

Er freundlich eingeführet. Der Zunge Brennen löschet schnell

Dee Labebechers kühler Quell; Er ruht auf weichem Sitze

Von Tages Qual und Hitze.

Da dünkt es ihn wie Zauberwahn

Aus längstvergangnen Tagen;

Da spricht es ihn so freundlich an.

Und heißt ihn nicht verzagen, Getrost bey seinen Freunden nun

Von Schmerzen aus ynd Sorgen ruhn. Und gern mit ihren Gaben

Die matten Glieder laben.

Und als er kaum sich selbst vertraut. Und schwer den Blick erhebet.

Und als er ihre Schöne schaut.

6?

Zn der er liebt und lebet: Da hebet sich in seiger Lust

Noch einmal die zerstörte Brust; Da läßt er durch die Hallen Des Liedes Schwung erschallen.

Und siehet zu dem Liede sie So mild herunter grüßen. Und zur geliebten Melodie

Die leisen Zähren fließen;

Da schwebt's um ihn, wie Himmelsruh, Da fällt sein mattes Auge zu,

Und Sanger, ach', und Lieder

Erwachen nimmer wieder.

Sängers Vermächtniß. 2)ort saß er, ein erblichneö Bild,

Zum Throne hingewendet;

Noch lächelten die Lippen mild, Wie sie das Lied geendet. Sie trugen ihn zur Ruhestatt;

Da brachten sie ein letztes Blatt, Das sie bey ihm gefunden.

Darauf die Worte stunden:

Bald werd' ich fern geschieden seyn.

Die Leier ist verklungen. Nichts auf der Erde nannt' ich mein,

Als was mein Mund gesungen.

Drum hab' ich scheidend alles hie

Geschrieben in ein Buch für sie. Vor der sonst Mund

und

Saiten

Sich muntern Spieles freuten.



6g



Ihr Blick hat mich der Töne Flug, Der Worte Kraft gelehret;

Sie war's, der meine Leier schlug. Sie, die znein Mund verehret;

So nehme sie nun gütig an,

Wae ich ihr dankend bringen kann. Der Lieder arme Gabe, Die ich gesungen habe.

Da sah sie trauernd nach dem Grab, Wohin man ihn getragen. Stieg stille von dem Thron herab.

Ihn drinnen zu beklagen;

Und wenn sie künftig einsam saß, Da nahm sie wohl das Buch und las. Und auf die treuen Lieder

Ziel eine Thräne nieder.

Des Königs Braut, Es hatt' ein König in alter Zeit Eine liebliche schöne Braut;

Ihm wurde der Busen so froh und wett.

So oft er ihr Angesicht schaut. Und mußt' er dann wieder von ihr gehen.

Da fiel es auss Herz ihm schwer.

Und fürchtete, nimmermehr Die Reizende wieder zu sehen,

Nun

hielt er vor

allen am Hof umher

Einen trefflichen Mahler hoch.

Der, edel und königgesinnt, wie er, Nie schmeichlerisch ihn betrog.

Dem sagt' er mit muthigem Freundeövertrauen:

Ich hab' ein Mädchen nah, Das keiner von allen noch sah; Du sollst die Liebliche schauen;

Und

sollst





in

der



himmlischen

Schöne

Pracht Sie mir mahlen auf'6 leichte Tuch,

Und sollst mit des Pinsels Zaubermacht Entwenden ihr jeglichen Zug;

Daß wenn es mich fern von der Holden treibet Zu Schlachten und Kriegen weit.

Doch in des Verlangens Leid Noch tröstend ihr Bild nur bleibet.

Und vor der Geliebten

stellt er ihn hin:

Es ist dieser vor allen mir werth,

Er traget tni Busen Königssinn, Obschon er der Kron' entbehrt.

Drum, muß ich auch ferne von dir scheiden, Der Freund soll dennoch allein. Der redliche, bey dir seyn. Er geht und verlässet die Beyden.

O König, was weckst du die Flamme noch,

Du selbst, im thörichten Wahn!

Ach! ohne dein Loben schon glühten doch Zu einander die Herzen an.



Denn

wie

sie

der



72

Jüngling

sieht

vor sich

schweben. Da bringet mit Himmelsgewalt

Die reizende hohe Gestalt

Ihm tief in der Seele Leben,

Doch edel schlug in her festen Brust

Das Herz, und dem Freunde getreu.

Da wird er sich kaum de« Verlangen« bewußt.

So schweigt er in trüber Reu, Will nimmer de« König« Vertrauen schänden.

Seht nieder sich, liebeheiß. Und mahlet mit ängstlichem Fleiß,

Um schneller sein Leiden zu enden.

Ach!

aber mit jedem Zuge dringt

2hm tiefer in« Herz ihr Bild;

Bl« daß er vom Sitze verzweifelnd springt,

Und stürzet von dannen wild. Dann

irrt

er

draußen

mit

Weinen, Zu kühlen sein heißes Blut,

Und schöpfet sich neuen Muth, Vor der Reizenden zu erscheinen,

schmerzlichem





75

Ob höher und höher die Liebespein Im stürmenden Busen steigt:

Er hemmt sie gewaltsam, und schließt sie ein. Und die bebende Lippe schweigt; Und müßt' er in sehnendem Leid vergehen,

Doch soll ihn der König nicht

An heiliger Freundespflicht Einen feigen Verrather sehen,

Da war das schmerzliche Werk vollbracht; Nu» geht er auf ewig fort. Hinaus in des Lebens düstere Nacht, Von der Liebe geweihtem Ort, Blickt nur sie noch einmal an zum Scheiden:

Da schwindelt verwirrt sein Sinn;

Er stürzet zu Boden hin, Besiegt von der Trennung Leiden;

Und lieget in liebetrunkenem Wahn Zu Füßen der Schönen dort,

Schaut lange mit nassen Blicken sie an. Und spricht kein einziges Wort.

Da erliegt auch

sie den

schmerzlichen Wehen,

Und sinket ihm, unbewußt,

74 An die hohe schlagende Brust,

Zn seligem Liebeevergehen.

Da sehn sie plötzlich den König nah. Von erglühendem Zorne roth, Der stehet lange verstummend da.

Wie ringend mit Leben und Tod,

Und kämpfet gewaltig in seinem Herzen,

Von verzehrender Wuth entbrannt; Dann reicht er dem Freunde die Hand,

Und saget mit herben Schmerzen:

Ich weiß, daß du nicht mit Verräthertrug

Mir das theuerste Gut entwandt; Doch unwiderstehbar im Wechselzug Umschlang euch das Liebesband.

So will ich den schönen Verein nicht verletzen; Nimm du die Geliebte hin;

Mit doppelter Treue Gewinn

Wirst du sie dem Freund' ersehen.

Das Häuschen im Walde. Wald' ein einsames Hüttchen lag;

Ein Mädchen wohnte darin,

Der Zäger schlüpfte den ganzen Tag Durch Dorn und Hecken hin; Verbarg sich hinter dem dicksten Laub,

Zn tiefsten Busch hinein, Ale sann' er blutig auf Mord und Raub; Um's Mädchen war'ö allein, Und wenn sie dann vor dem Hüttchen saß.

Und munter sang und spann. Da lag er still im kühlen Gras, Und sah sie fröhlich an.

Doch ging sie wieder hinein in's Haus, Wenn's Abend ward und kühl,

Da schlüpft' er stille zum Wald hinaus,

Durch Busch und Dornengewühl.





76

Und wenn der liebliche Morgen wacht.

Geht er mit frohem Sinn,

Nicht nach dem Hirsche,

nicht auf die Jagd

Zum kleinen Hüttchen hin.

Doch eines Morgens, da war sie fort. Und ihre Thüre zu.

Da irrt' er suchend von Ort zu Ort, Und hatte nirgends Ruh.

Und als er nimmer sie wiedcrfanh.

Zur Hütt' er wiederkam,

Trug außen trauriges Mönchsgewand,

Im Herzen stillen Gram.

Da lebt' er betend ein langes Zahr,

Und schaufelte sein Grab; Und als es fertig gegraben war. Da sank er todt hinab.

Brautfahrt.

nichts von ferne

Hell im Morgenstrahl? „Nächtlich dunkel seh' ich's gehen Dort im Nebelthal."

Nein, in stolzer Waffenpracht

Wird er heute kommen,

Die er in der heißen Schlacht

Von dem Feind genommen.

Naht es eilend nicht von weiten Mit der Liebe Flug? „Ernst und

langsam

seh' ich's schreiten,

Wie ein Leichenzug."

Neil», sein allerschnellstee Roß Wird er heute reiten.

Seine Braut zum Hochzeitschloß Festlich zu geleiten.



78



Siehst du nicht die Federn wiegen Auf dem Helm empor? „Zn den Winden seh' ich's fliegen,

Schwarz wie Trauerflor."

Nem, in schönes Putzes Glanz Kommt er heut geschmücket.

Daß er mir den Hochzeltkranz Auf die Schläfe drücket.

Hirst du nicht in Lüften tönen Der Trompete Klang? „Vor dem Schlosse hör' ich stöhnm Einen Grabgesang."

Armer, ich beklage dich. Den man hier begrübet: Aber glücklicher bin ich;

Denn mein Theurer lebet."

Und am Thore hörk sie schlagen.

Sprecht, wen suchet ihr? „Oeffne, deinen Todten tragen Wir herein zu dir."

Und hinab in Angst und Qual Muß sie eilend fliegen;



79

~

Ach, und siehet den Gemahl Todt im Sarge liegen.

An der Bahre sinkt sie nieder, Eines Todten Braut. Nimmer har ihr Auge wieder

Tageslicht geschaut. Heimgeholet hatt' er sie

Zu des Grabes Frieden, Daß von erogen Freuden nie

Fehd' und Schlacht sie schieden.

Der Wahnsinnigen Klage.

o

komme still um Mitternacht

Auf Zehen leis gegangen.

Hast du das Pförtchen aufgemacht, Dein Liebchen zu empfangen?

Ach nein, noch immer ist es zu; Du Böser, sprich, was säumest du?

Soll hier in Frostes Starren Die Braut noch länger harren?

Er liebte mich so treu und warm.

Und konnte mich nicht lassen. Zch aber war gering und arm;

Darum sollt' er mich hassen. Sie machten Kummer ihm und Noth,

Er ward gescholten und bedroht;

Doch konnte Drohn und Dringen

Sein treues Herz nicht zwingen. Und

-ZiUnd als er krank im Bette lag

Von ihrem langen Quälen,

Da mußten sie, und gaben nach. Und ließen ihn mich wählen. Sie riefen mich zu ihm herein, Da sagt' er leise mir allein:

„Nun noch ein kurzes Scheiden; Dann enden unsre Leiden.

Drum sey getrost; nach kurzer Zeit

Wirst du mich wiedersehen. Dann ist das Drautgemach bereit.

Und du mußt mit mir gehen. Dann störet keines Vaters Macht

Die lange süße Hochzeitnacht; An Liebesbrust geborgen

Entflieh» uns Gram und Sorgen."

Doch

ist mir immer noch so bang.

Und muß so bitter weinen. Die Tage werden mir so lang. Bis er mir will erscheinen.

Nur Abends still, bey Sternenschein, Horch' ich an seinem Kämmerlein,

[ 6 ]

82 Ob durch der Spalten Enge Zu ihm mein

Bitten dränge.

Du Säumiger, o wirst du bald

Dich meiner Qual erbarmen? Es ist mir hier so trüb' und kalt. Entfernt von deinen Armen.

Zur Hochzeit, sprich, was rüstest du

So lange dich vergeblich zu? Zst solcher Schmuck und Ehre Werth, daß ich dich entbehre?

Der Wahnsinnigen Tob. Dort saß sie auf des Liebsten Grab

Zn ihres Wahnes Träumen, Und weinte sehr, und rief hinab: Willst du noch lange säumen?

Kalt war die Nacht, schwer fiel der Schnee; Da that es ihr so schmerzlich weh.

Und fühlt von Frostes Stechen Die zarten Glieder brechen.



83



Mein Gatte, ruft sie, willst du nie Verstehn mein Zammerflehen, Und soll die-treue Braut dir hie

Zn Schmerz und Leid vergehen?

Du guter Jünglini, hörst du nicht, Wae weinend die Geliebte spricht? Sie kann des Winters Schlagen

Nicht länger mehr ertragen.

Da löset kraftlos sich das Band Der ftosterstarrten Glieder,

An des Geliebten Hügels Rand Sinkt sie ermattet nieder.

Und wie ihr Aug' in Thränen bricht, Erglänzt vor- ihr rin Dämmerlicht,

So lieblich anzuschauen

In düstern Dunkels Grauen»

Da siehet sie Im Silberglattj,

Der Engel lichten Reigen, Und strahlend mitten in deut Kranz

Den Züngling ihr sich zeigen,. Der sanft zum Grabe niedersinkt,

Und ihr mit Liebesblicken winkt!

84

Gekommen sey die Stunde Dem süßen Herzenebunde. Und wie sie nach dem Theuern reicht, Ihn fest an sich zu schlingen.

Da fühlt sie es so wohl und leicht

In ihren Busen dringen; Da wird ihr Herz so voll, so groß, Und reißt des Wahnes Schleier los,

Und weiß, daß sie am Grabe

Den Freund gefunden habe.

Gr,abgesa » g.

2)om hohen Thurme klingen

Die Glocken dumpf uns z«; Nun gehen wir und bringen Die Leidende zur Ruh. Auf schwarzer Bahre tragen

Wir einen weißen Sarg, Darin vor Schmerz und Klagen

Die Gute sich verbarg.

85 Die Augen sind geschlüssen,

Von Gram und Schmerzen schwer;

Viel Thränen sind geflossen;

Nun fließen keine mehr. Zm Dusen liegt erkaltet

Des Herzens treue Glut; Die Hände, fromm gefaltet.

Bedecken, wo es ruht. Und reichen nicht mehr bange Nach dem Geliebten aus.

Der ihrer harrt schon lange

Im engen Grabeshaus. Nun kommt im weißen Kleide

Zum Jüngling feine Braut» Und freudig ruhen beide. In Grabesnacht getraut.

O seht! die Thür ist offen»

Er ladet froh sie ein. Nun spät nach langem Hoffen Geht sie zu ihm herein.



86



Nun schließet nur mit Erden

Ihr stilles Schlafgemach, Die beyden Lieben werden Doch nimmer wieder wach.

Liebchens Nachtbesuch.

^)ur Ferne mit der Ritter Schaar

Em Knabe wild gezogen war. Von Kriegeölust bethört. Wohl rief ihm bang sein Liebchen nach; Doch was sie rief, und wae sie sprach.

Sie wurde mcht gehört.

„Und willst du nicht und bleibst du nicht,

So denke, daß mein Herze bucht

Von Gram und schwerem Leid."

Doch ach, der Knab mit leichtem Sinn Flog auf dem schnellen Roß dahin.

Zum Morgenlande weil.

Und als er dort ein langes Jahr Zn Krieg und Schlacht gewesen war.

Und einsam lag und schlief.

SS Da kam's herein mit leisem Tritt, Und still zy seinem Bett' es glitt,

Und seinen Namen lief.

Und als ihm auf die Augen gehn, Sieht er sein Liebchen vor sich stehn

Zm weißen Schleierkleid: „Ich komme her von weiter Fern, Säh' einmal meinen Liebsten gern. Ob ihm geschehn kein Leid?"

Dein Liebster lebt; es geht ihm gut;

Er ist gesund und wohlgemuth; Kein Leid ist ihm geschehn. Doch du, mein trautes Liebchen, sprich: Wie geht es dir, wie steht'e um dich.

Seit ich dich nicht gesehn?

„Erst hab' ich wohl gar manche Nacht

Um dich geweinet und gewacht,

Doch nun ist's wieder gut. Nur friert mich immer noch so sehr. Und in den Adern fließt nicht mehr, Wie sonst, so leicht das Blut."



89

~

Komm, Liebchen, schnell in meinen Arm, Da wirst du wieder froh und warm. Da fließt dein Blut so leicht. Wirf ab dein weiße« Schleierkleid; Ein Plätzchen ist für dich bereit.

Komm schnell; die Zeit entweicht.

„Du holder Knabe, nein, ach nein! Zch darf nicht länger bey dir seyn,

Nicht ruhen warm bey dir. Hörst du der Glocke dumpfen Ton?

Sie ruft mich fort; ich eile schon, Fern, ferne fort von hier."

Und wärst du hier, und wolltest nun

Nicht an de« Liebsten Busen ruhn, Zn düstrer Mitternacht?

Schlug nicht die schwarze Geisterstund? Ztzt steigen au« de« Grabe« Mund

Die Todten, anfgewacht.

„Den Todten bin ich ganz vertraut; Mir nicht vor ihrer Nahe graut,

Nicht« Leides thun sie mir.

9° Sey ruhig nur; kurz ist die Frist, Bis daß du wieder bey mir bist;

Dann ruh' ich neben dir."

Und weil ich denn dich lassen muß,

So drück' ick erst den Scheidekuß Auf deiner Lippen Roth. „Ach nein! du Lieber, küß mich nicht;

Gespensterbleich ist mein Gesicht; Mein Mund so kalt und todt."

Da thät ere doch und faßt sie schon;

Da floß in Nebel sie davon Aus ihres Liebsten Arm. Der stürzte mit verwirrtem Sinn

Verzweifelnd auf den Boden hin. Und starb vor Liebesharm,

Der Ritter und sein Weib.

xlSarum, Geliebter, eilest du. So frühe mir entführet?

Und hat doch kaum die süße Ruh Dein mattes Aug berühret. Sieh, draußen ists noch kalt und tobt

Noch schimmert nicht das Morgenroth,

Komm, Trauter, lege wieder An meiner Brust dich nieder.

„Die Lerche ruft, das Morgenlicht Sah ich am Himmel stiegen.

Du Liebe, länger kann ich nicht An deiner Seite liegen. Doch bald ist Abends Kühle nah; Dann bin ich liebend wieder da.

Von Tages Müh' und Lasten

An deiner Brust zu rasten."

92 So sage, warum muß ich hier

Einsam im Schlosse weilen. Und darf nicht mehr, wie sonst, mit dir

Den ILgerwald durcheilen?

O nimm mich mit dir, heute nur. Daß, wenn du jagst auf Hirsches Spur, Zch mit gewandtem Speere

Dem falschen Eber wehre.

„Nein, heute kannst du, holde« Weib, So weit nicht mit mir jagen;

Es könnte nicht dein zarter Leib

Dee Weges Mühen tragen.

Doch harre du bis morgen nur; Da wollen wir durch Wald und Flur

Mit der Geschosse Schrecken Den wilden Eber wecken."

O weh, du gehst nicht auf die Jagd,

Du hast dich selbst verrathen.

Du ziehst hinaus zur wilden Schlacht,

Zu blmgen Krieges thaten. O bleibe heut! mir ist so bang.

Mir sagt des Herzens heißer Drang,

93 Zch werde wohl dich gehen.

Doch nimmer kehren sehen.

„Hörst du der Schlachttrompete Ton

So hell von unten steigen? Laß deiner trüben Sorgen Drohn

Zm zarten Busen schweigen. Leb wohl; bey Abenddämmerschein

Will schnell ich wieder bei dir seyn, Deo holden Auges Zähren

In Freude zu verklären."

Da giebt die Kummervolle nach.

Und läßt den Gatten fliehen. Sieht schweigendernst den langen Tag Mir trägen Schritten ziehen. Da dämmerte des Abends Stern,

Da schaut sie hoffend weit und fern,

Doch sie erkennet nimmer Des Treuen Waffenschimmer.

Und folgt nie mehr zu Waldeslust

Dem frohen Zagdgesellen, Uno fühlt nie mehr die treue Brust



94



An ihrem Busen schwellen.

Sie saß im einsamen Gemach, Ihr Herz vom langem Harren brach. Und sucht' in Grabesschatten Den langentbehrten Gattei».

Die Bleicherin, Er.

So oft an der Wiese führet mich

Vorüber des Weges Lauf, Und immer und immer seh' ich dich

So froh geschäftig darauf. Du liebliches Mädchen, sage mir nun,

Was hast du so eifrig hier zu thun.

Daß ich immer dich wieder finde? Sie.

Du freundlicher Züngling,

ich danke dir;

Ach weiß, oft gehst du vorüber hier; Uno siehst du denn nicht? ich bleiche Tuch.

Er.

Das ist ja schon fast wie der Schnee so weiß; Doch schaffst du noch immer mit munterm Ftelß,

96 Und thust dir nimmer genug, Und eilest heraus mit dem Morgen hell. Und gießest und schöpfest am klaren Quell

Dis zum spate» Abend hinan.

Sie.

So weiß als der Schnee, wie die Quelle so rein,

So sollen des Mädchens Kleiber seyn,

Drum bleich' ich so lange daran. Er.

So wird es für dich

so schön bewahrt?

Wie ist das Gespinnst so gleich und zart!

Machst du das selber so gut? Sie. Wohl hab' ich

in kalter Winternacht

Gar fleißig gesponnen und lange gewacht. Und nicht Hinterm Rade geruht.

Er. So hast du was Großes wohl im Sinn,

Daß du es so fein gesponnen drin. Und es bleichest so weiß wie Schnee? Sie.





97 Sie.

Die Mutter spricht, daß es sich gebührt,

Wenn mich der Jüngling zum Altar führt.

Daß ich reinlich neben ihm steh. Er. So schmückst du dich selbst für des Bräu­

tigame Hand;

Und hat schon den Treuen dein Herz erkannt, Oder bist du noch keinem vertraut? Sie.

Genug sind der besseren Mädchen drin;

Da gehen die jungen Gesellen hin,

Und wählen die schönere Brant. Er.

Du

schönste von allen,

laß mich es ge­

stehn ; O möchtest du wohl mit dem Fremden gehn,

Der die redliche Hand

dir reicht?

Ach, so oft der Weg mich vorüber kragt, Da fühl' ich mein innerstes Herz bewegt, s 7 )

98 Wenn mir deine Schöne sich zeigt.

Und wenn ich schon lange weiter bin.

Doch schwebst du

noch immer mir vor dem Sinn,

So zierlich, so schlank und leicht. Sie.

Was soll ich

dir sagen? Eö ziemt sich

nicht.

Daß solches das Mädchen zum Jüngling spricht. Du machst mich beschämt und roth.

Doch wenn du die freundliche Mutter fragst. Leicht, daß du der Guten gefallen magst.

Gern folg' ich ihrem Gebot.

Er. Und wenn mir dein Herz nicht widerstrebt.

So geh' ich mit frohem Muth, Und sag' ihr, wo mir der Vater lebt Zm eigenen gnüglichen Gut.

Und wenn ich die Meine dich nennen mag. So führ' ich dich bald zum Hochzeiltag

Zu» glanzenden Brautgewande.

D i e weise Frau. öuten Leute,

Kommet heute Mir ins Haus! Männer,

Bräute!

Alles deute Heut' ich au«.

Zung und grau. Komm und schau;

Bey der wahren Weise» Frau

3(1’6 genau Zu erfahren.

Züngferchen da. Komm sie doch nah,

Sey sie nicht bange;

100

Ich weiß ja das lange. Bin auch jung gewesen.

Hörte so gern Von artigen Herrn

Und frohen Späßen. Nun, komm sie herein; Wir bleiben allein.

Ich will ihr was sagen, Soll ich die Karte schlagen?

Für 'nen Stüber, es ist kein Geld, Erfährt sie, wer ihr am besten gesollt. Jetzt so fort

Hier und dort Leg' ich's hin.

Und der Ort

Giebt das Work,

Giebt den Sinn. Komm geschwind

Wie der Wind,

Liebes Glück;

's schöne Kind

Stoße blind Nicht zurück.

101

Hat sie's gesehn? Wie ich's verheißen,

So ist's geschehn.

Soll ich's ihr weisen?

Aber ein Stüber ist nicht genug Für einen so schönen Spruch. Geb sie mir lieber zwey,

Sie verliert nichts dabey. Nun wohlan.

Einen Mann Seh' ich gleich Vorn herein,

Schön und reich, Artig, fein.

Und er giebt So verliebt

Zhr den Ring. Soll sie's wagen,

's böse Ding Wohl zu tragen?

Nun, der Tag Wird es zeigen,

102

Und ich mag

Gerne schweigen. Doch man sieht.

Was geschieht.

Nichts verfehl' ich. Zwölfe zähl' ich

Kinderlein,

Groß und klein. Wilde Knaben Reiten, traben Auf dem Stecken

Muthig an, Und sie necken Jedermann. Aber zierlich,

Wie am Fädchen,

Gar manierlich Gehn die Mädchen,

Und sie sehen. Wo die kleinen, Weißen, feinen



io3



Füßchen stehen,

Dort und hie. Daß sie nie Schmutzig gehen;

Immer achtsam, Nett und vem.

Und Papa Und Mama Gehn bedachtsam

Hinterdrein.

Karten schlage, Freuden sage Ich voraus;

Ohne Frage Bleibt die Klage

Doch nicht aus.

Hat sie's vernommen?

Hat sie's gesehn? Also wird's kommen, Also geschehn.



10$



Was einen Schilling har sie gegeben? Es ist wirklich zu viel, mein junges Leben. Doch weil sie'e nun einmal so haben will.

So bin ich bescheiden, und schweige still.

Nun, unser Herrgott giebt ihr schon Einen doppelten dreyfachen reichen Lohn.

Künftig, wenn alle« geschieht genau, Denk sie noch an die weise Frau.

Die Verirrung. 1,

E r.

©« freundliches Mädchen, mich dürstet sehr, Zch komme von fern, fast kann ich nicht mehr.

Sprich, sind deine Beeren zu Kauf? Sie.

Ich habe sie nicht gesammelt für Geld;

Doch esset davon so viel euch gefällt;.

Sind ihrer genug darauf. Er. Ich danke! wie thut ihre Kühle mir gut! Nun kehret mir wieder Kraft und Muth;

Und zum Dorfe noch möcht' ich gern.

—-

io6



Sie.

0 wehe! da seyd ihr hier nicht recht; Schon dunkelte, ee findet der Pfad sich schlecht. Und es ist für den Müden noch fern.

Dort unten am Bach steht unser Haue; Da bleibet die Nacht, und ruhet aus;

Gern läßt es der Vater geschehn. Er.

Und wenn du so gut und freundlich bist.

Und es nicht dem Vater zuwider ist,

So möcht' ich wohl mit dir gehn. Doch wie wohnt ihr so tief im Walde hier.

Und lebt der Vater allein mit dir, Oder find der Geschwister noch mehr?

Sie. Ee liegt am Hause ein kleines Feld,

Das der Vater sich immer selbst bestellt; Drum liebt er den Ort so sehr.

Sonst half ihm fieißig mein Bruder fort; Der wohnt ein Jahr nun unten im Ort,

Bey dem relchen Schwäher im Haus.



io7



Er. So muß es dir wohl recht einsam seyn,

Zm Walde hier mit den» Vater allein.

Seit der Bruder gezogen hinaus.

Sie. Es geht mir bisweilen wohl durch den Sinn;

Doch dann ist so vieles zu schaffen drin. Da denk' ich nicht mehr daran.

Er.

Doch immer, du Gute, bleibt es so nicht. Wie wird's, wenn einmal das Herz dir spricht, Zu ziehn mit dem sreniden Mann?

Sie. Wer denkt auch so weit an den künftigen Tag?

Zch weiß nicht, wie das geschehen mag; Nur den Vater verlaß ich nicht.

Doch sehet, da sind wir dem Hause nah, Und der alte Vater ist auch schon da;

Seht, eben zündet er Licht.

loß

Er. Du hast mich so freundlich geladen ein, So folg' ich dir willig und trete herein. Und wünsch' euch Segen in'6 Haue.

2. E r.

Du traute Wirthin, und giebst du so weit Dem scheidenden Fremdling das Geleit, Den du so gütig gepflegt?

Sie.

Zch führ' euch nur zu des Waldes Rand; Dann seht ihr selber hinaus in's Land, Wohin die Straße sich schlägt.

Er.

Du liebliches Mädchen, wie thut mirs weh,

Daß ich auf immer nun von dir geh! Ach! ewig gedenk' ich dein.



log — Sie.

Auch wir gedenken des Gastes gern.

Doch

seht,

dort

schimmert

die

Straße von

fern;

Nun möge Gott mit euch seyn.

Et.

Und ging' ich auf ewig von dir fort. Und sagte dir nicht mit einem Wort,-

Wie sehr du getroffen mein Herz?

Du schweigst, es errirhet dein holdes Gesicht. Du reizendes Mädchen, o zürne nicht,

Es entriß mir's der heftige Schmerz. Ach! frühe fragt' ich den Vater schon, Ob er wohl mich nähme zum treuen Sohn,

Zu pflegen sein Alter mit dir.

Du weißt es, er ist so brav und gut;

Da hieß er mich fassen frohen Muth. Und nun du, was sagest du mir?

Sie. Was dringet chr so, und bescbämt mich sehr?

Wir sehen einander wohl künftig nw;

1 IO

Ihr habt hie herauf nicht so weit.

Doch lasset, ich bitte, mir nun die Hand; Zch muß -um Vater hinaus aufs Land.

So geht mit Gottes Geleit. Er.

Ich gehorche, doch bald wohl kehr' ich zurück; Und kann ich erlangen das schönste Glück, Und würde das Herz dir gerührt.

Dann pries' ich ewig selig den Pfad,

Der mich gestern irre geleitet hat,

Und zu der Liebe geführt.

Die Königstochter von Granada.

in des Abends Grauen Lag Granadas stolze Pracht; Leise durch die Dlükhenauen,

Schlummerbringend, zog die Nacht. Ruhend von der Arbeit Fleiße

Löste sich der matte Tag;

Nur die Liebe wandelt leise. Leiser der Verrath ihr nach.

Roderich zu fernen Kriegen Kam von der Loire Strand; Kühn die Mauren zu besiegen,

Schwang er die gestählte Hand. Tausend von des Ritters Schwerde Büßten ihren stolzen Muth; Trauernd trank die heiße Erde

Ihrer Heldensöhne Blut.

112

Ihre Brüder sahn sie sterben,

Schwuren Rache ihrer Schmach;

Doch das blutige Verderben Scheute seines Schwertes Schlag.

Da von tausend schweren Wunden

Stürzte sein getreues Roß, Und sie führten ihn gebunden

Zn des Maurenkönlgs Schloß.

Ehrend seines Siegers Bande

Sah das Volk den tapfern Mann,

Sahn ihn von des Söllers Rande

Die verhüllten Frauen an. Und der König brach das Schweigen; „Meine Helden schlug dein Schwert; Doch die Kette ziemt dem Feigen;

Du bist frey und unversehrt."

Doch ein andrer Sieger zähmte

Seiner Jugend Schlachtenglut; Eine andre Kette lähmte

Seinen ungebeugten Muth. Eine Jungfrau sah er stehen, Herrlich, in der Frauen Zahl;

Und



ns



Und den Schleier hob ein Wehen, Und ihn traf der Liebe Strahl.

Zoraide war des hohen Königlichen Vater« Lust;

Doch der Liebe Pfeile drohen

Auch der Fürsten stolzer Brust.

Von der

Sehnsucht Wechselflammen

Fühlen beide sich entbrannt, Und die Herzen zieht zusammen

Ein geheimes Zauberband.

Und des Tages Schein erbleichet, Stilles Dunkel zieht heran; Der verwegne Züngling schleichet

Auf geheimnißvoller Dahn. Da mit leisem Liebeeschritte

Zieht« zum Garten ihn herein. Und eii» Hai»» in seiner Mitte

Schließet die Beglückten ein.

Liebesfreuden, Liebesschmerzen, Lispelt der gebrochne Mund;

Die verborgne Glut der Herzen

(83

---

n4



Wird durch Flammenküsie kund.

Arme sich um Arme schlingen, Dusen sich an Busen preßt;

Und die Nachtigallen singen Zu der Liebe stillem Fest.

Doch der Morgens Purpur ziehet Schon in Osten hoch und klar;

Von dem süßen Orte fliehet Zögernd das beglückte Paar. „Abends in des Haines Mitte

Kehrst, Geliebter, du zurück?" Abends mit verborgnem Schritte Kehr' ich, zu der Liebe Glück.

Und die Nächte fliehn geschwinde,

Langsam gehn die Tage fort; Abends führt sie, leise, linde,

Liebe zum geliebten Ort. Und die Vögel und die Baume

Sehn verschwiegen ihre Treu, Liebesschwüre, Liebesträume,

Liebessreuden, immer neu.



ii5

Ob die schnellen Wochen scheiden, Ob die Monden ziehen nach. Nimmer werden doch die Beiden

Aus dem süßen Rausche wach. Horch, da sprichte im nahen Orte; Rauschet auf der Liebe Pfad.

„Weh, ee sind des Vaters Worte! Uns entdeckte der Verrath."

Und sie fliehn mit leisem Schritte,

Ohne Führer, ohne Splir,

Durch des düstern Haines Mitte, Durch die unbekannte Flur; Flehn die Wege, zu verirren.

Tauschend, der Verfolger Bahn;

Doch sie hören Schwerter klirren Und der Rosse Stampfen nahn.

Flehen zu des Dunkels Schrecken, Zu verbergen ihre Flucht,

Flehn die Wälder, zu verstecken, Die der Rache Wüthen sucht.

Ach umsonst, der Morgen steiget, Und der Himmel wird erhellt;

116 — Den bestürzten Blicken zeiget Ringe sich ein entblößtes Feld.

Schon mit ungestümem Dringen

Sehn sie die Verfolger nah. Sehn die lichtbeglänzten Klingen;

Wehrlos steht der Jüngling da. Jetzt an eines Felsen Rande

Endet der bethörte Lauf. Hinten drohen Schwert und Bande,

Vorne gähnt der Abgrund auf.

Ob sie zu dem Himmel schauen,

Ob nach Hülfe rings umher,

Ach, sie sehn des Todes Grauen, Aber keine Rettung mehr. Endlich zu der Tiefe wenden

Sich die Schwerbedrängten hin.

Flehn mir treugefaßten Händen Hülfe von der Retterin.

Hat der Himmel kein Erbarmen, Kein Erbarmen Hain und Land? O, so schütz' in deinen Armen



ii7



Du der Liebe treue« Band. Was der Herzen Glut gebunden.

Trenne keines Menschen Macht; Fest von Liebeearm' umwunden

Nimm uns auf in Heine Nacht.

Sieh, da dringt mit wilden Tinen

Der Verfolger Schaar hervor; Und der Rache stolzes Höhnen Trifft ihr mildgewöhntes Ohr. Und sie stürzen, Herz an Herzen,

Mund an Munde, sich hinab; Keine Trennung, keine Schmerzen Kennet ihr beglücktes Grab.

Der Todesbund. „Weil ihr

es denn so eifrig habt begehret,

Und, wie der Neugier Ungeduld euch zwinget, Zn mich mit lästigheißen Bitten dringet.

So sey's zu bittern Qualen euch gewahret.

Und wenn ihr Schrecken eure Glieder lähmen. Und

Geist von

euer»

Schauder

fühlt durch,

drnngen.

Bey solchen Worten, als ihr sollt vernehmen, So denkt, daß ihr es. selbst mir abgezwungen.

Noch

hat es

keines

Menschen Ohr ver,

nommen;

Zm Busen hab' ich's schaudernd still getragen. Verschwiegen meine hoffnungslosen Klagen. Loch

nun,

was

soll

mir längres Schweigen

frommen? Denn waö es ist, ich hab' es doch erduldet.

"9 So rett' ich eure Jugend vom Verderben, Daß

nicht,

wie

mein,

sich

euer

Trotz ver-

schuldet;

Es bleibet mir nichts anders doch als Sterben.

Doch

laßt

noch

einmal

erst

in

umher

Reihen

Der vollen Gläser Jubelton erklingen.

Damit des Weines Flammen uns durchdringen. Und wärmer Leben uns und Muth verleihen.

Denn nicht in sonnenmilde Blüthenauen,

Nicht zu beglückendheiteren Gestalten, Wir gehen hin, wo starr vor Tod und Grauen

Des Busens wärmste Lebenskeim' erkalten."

Und

auf von seinem Stuhle springt der Alte,

Schlingt

schweigend

seiner

Arme Kraft

zu­

sammen; —

Das hohle Greisenauge sprühte Flammen, Und dunkler auf der Stirne ward die Falte —

Greift dann zum Becher und mit einem Gusse

Trinkt er den Wein, bis auf den Boden nieder,

120

Und sitzend schnell mit plötzlichem Entschlüsse

Spricht er, und Schaudern geht durch unsre

Glieder.

„Weh, wer mit ungezügeltfrechen Händen, So lang' er hier auf Erden irrend lebet. Der Zukunft Schleyer auszuheben strebet!

Sich zum Verderben wird er es vollenden.

Zhn fliehn der Träume süße Zauberspiele, Kein milder Hoffnungsschein wird ihn geleiten;

Starr hängt sein Blick am schreckenvollen Ziele, Zu dem die Füße, gottgezwungen, schreiten.

So saß

ich einst, wie heut, im lauten

Kreise, Wir satidten froh den Becher in die Runde,

Und froher noch entquoll den» trunknen Munde So

Ernst

als Scherz,

nach

junger

Zecher

Weise.

Schon hatten wir, mit spielende»» Gedanken, Das Höchste und das Niedrigste durchflogen; Da

stehn

wir

plötzlich

vor

des

Schra»»ken,

Von einem falschen Lügengeist betrogen.

Todes

121

Da suchen sie mit ruchlosfrechen Worten Zn diese Tiefe forschend einzusteigen.

Und mühen sich zu schauen und zu zeigen. Was liegt verschlossen hinter diesen Pforten.

Doch wie sie alle sich geschäftig dringen, Zm frohen Rausch, zu sinnen und zu meynen,

Sie können keinen Tag in's Dunkel bringen.

Und will ihr Glaube nimmer sich vereinen.

Da

greifen

sie

noch

eil,mal

nach

dem

Weine, Und schwören lachend, trinkend in die Runde,

Daß, wen zuerst erreicht die finstre Stunde, Bedeutend einst den anderen erscheine.

Dann gehen sie mit frohem Muth von hinnen;

Ich aber, dem ihr Scherzen nicht gefallen, Zch bleibe stumm zurück mit finsterm Sinnen, Und

einer

noch,

mein

treuster Freund von allen.

Und als wir lange denkend so geschwiegen.

Und unser sich der Bise Meister machet. Da sah ich, wie

von schwerem Traum' er­

wachet,

122

Den Freund mit Ungestüm vom Stuhle fliegen:

„Sie konnten nur mit kindischheißem Blute Das Schrecklichheilige verspottend schänden;

Doch wir, mit unbesiegtem Männermuthe, Wir müssen kühn den hohen Kampf vollenden.

Was scheuen wir des Todes eitle Schrecken,

Die wir doch alle künftig einmal schauen? So laß uns von der Zukunft starrem Grauen

Den schwarzen unbewegten Schleyer decken." So ruft er, von des Weines Glut begeistert,

Zu mir in seines Uebermuthes Wahne;

Und wie sich lang der Frevel mein bemeistert, So stimm' ich freudig em zu seinem Plane.

Als

ich

so

vor

ihnr

steh

mit

ernstem

Wesen,

Dringt er bedeutungsvoll ein Buch zu Tage; Das Evangelium war's in Griechscher Sprache, Darin er öfters einsam pflag zu lesen.

Zum Himmel seh' ich ihn die Rechte strecken.

Die Linke ruhet auf dem Heilgen Buche. So sagt er mir, mit ernster Rede Schrecken,

Die Worte vor, zu ewgem Schwur und Fluche:



ISA



„Ich schwöre bey dem einzigwahren Gotte, Der in dem gränzenlosen Himmel schwebet, Und bey dem Heiland, der für uns gelebet.

Und bey der Hölle schaudervoller Grotte,

Und wenn sie alle nur ein Wahn erfunden, Wenn wir den eignen Irrthum nur verehren, So schwör' ich bey dem Nichts, dem wir ent­

bunden.

Dem alle früher später wiederkehren -

Mich sollen keine himmlische Gewalten, Mich sollen nicht der Hölle Schreckenmächte, Nicht ewger Strafen schaudervolle Nächte,

Nicht Reue je noch Furcht zurück mich halte»;

Selbst der Vernichtung will ich mich erwehren. Und ihrem kalten Hauche widerstehen,

Bis daß ich kann

zum Freunde wiederkehren,

Und ihn» entdecken, was ich dort gesehen."

Noch

spricht

er es,

da

seh'

ich ihn er­

bleichet;

Ein sichtbar Schaudern bebt durch seine Glieder; Wie blitzgetroffen sinkt die Rechte nieder, Indeß vom Buch die Linke zitternd weichet.



124

•v—

Da fühl' ich, daß mit schr cklichem Ereilen

Der Rache Hand ihn faßt um meinttwillen.

treibt

Da

ee

mich,

mit ihm den Fluch zu

theilen, Mit ihm den Zorn der Mächtigen zu stillen.

Und al« ich kaum die Worte ausgesprochen.

So dringet mir ein starres Toderkalten Die in de« Herzens wärmste tiefste Falten,

Des Lebens letzte« Band

fühl' ich gebrochen.

Und wie ich, mit unseligem Verlangen, Zu früh begehrt in Tvdeenacht zu sehen.

So hat mich schnell die kalte Hand umfangen. Muß

todt

und

starr

durch'e

warme Leben

gehen.

Und wie die Glieder mir erstorben brechen, Und de« Gehorsams alten Dienst versagen,

So fühl' ich mich von Freundesarm getragen. Und höre den mit ernsten Worten sprechen:

„Du hast getheilt mein frevelndes Verschulden; Was nun geschehen mag, wir müssen's tragen.

So laß ee muthig schweigend uns erdulden, Nicht weibisch das Geschehene beklagen."

125





Er spricht ee; da versuch' ich aufzustehen,

Und meine Glieder kräftig zu ermannen; Er

gehet

schweigend

ernsten

Schritt«

von

dannen, Und lebend hab' ich ihn nicht mehr gesehen.

Denn ferne nicht von meines Hauses Stufen

Stürmt ihm ein Jüngling,

trunkenwild, ent­

gegen. Zch eile bang nach dem erzürnten Rufen; Doch schon ist er dem Mörderstahl erlegen.

Drey Nichte waren ruhelos vergangen.

Doch

als

ich in das Grab den Freund be­

stattet. Da sink' ich auf das Lager, schmerzermattet,

Der Seele Kraft

von Schlafs Gewalt

be­

fangen.

Ost hatt' ich schon des Todteneides wieder Gedacht, und ernst zum Ausgang hingesehen;

Doch jetzt werf' ich besinnungslos mich nieder.

Und ahnde nicht, was gräßlich soll geschehen.

Denn als ich so im tiefen Schlaf gelegen

Bis Mitternacht, — das war zur ftlben Stunde,

126

Da wir geschworen dem unselgen Bunde —, Fühl' ich de» Vorhang meines Betts bewegen. Sb

mich

ein

Traum

betrog

mit

falschem

Meynen,

Obs wach die Augen so geschauet haben. Genug, den Todten seh' ich mir erscheinen,

Zm Leichentuch, darin ich ihn begraben.

„Ich

komme,

von

dem

Schwure

her-

gcführet.

Den auch des Todes

Hand nicht kann zer, brechen."

So hör' ich klanglos seine Lippen sprechen, Als ob der Wind des Herbstes Blätter rühret.

„Du sähest mich, nun laß mich wieder gehen. Und hüte dich noch mehr von mir zu fragen.

Bereuen möchtest du's mit bittern Wehen,

Wenn du mich zwängest, alles dir zu sagen."

Doch einmal

war

mir Glück

und Lust

verloren, Seit jener finstern Stunde Todesgrauen.

Da treibt es mich, das Schrecklichste zu schauen, Und ruf' ihm trotzend zu: „Du hast geschworen.



dort

Wenn

ein

127

Gott



int

Himmel

mächtig

lebet. Wenn unten eine Hölle harrt des Dösen, Wenn einst das Nichts die ganze

Welt be#

grübet,

So sollst du mir des Schwures Worte lösen."

So komm und steh!

spricht seines Mum des Beben,

Indeß sein kalter Finger leie mich rühret.

Da fühl' ich mich von meinem Bett geführet,

Zhm nach, mit einem wesenlosen Heben. Und wie von des Magnetes Kraft das Eisen

Gezogen wird mit unsichtbarem Bande, So seh' ich weiter mich und weiter reißen. Zu eines Schlundes fürchterlichem Rande.

Und bebend schau' ich in die Tiefe nieder, Wo Todesnacht und finstres Grauen walten. Zurück noch will der Fuß sich zitternd halten.

Doch ach! von dort kehrt keiner flüchtig wieder. Denn

wie

Charybdie

dürstend

Well'

Welle Hinunterfchluckk mit nimmerfattem Munde,

auf

So reißt es mich mit Blihesflammenschnelle Herein zum schwarzen schreckenvollen Schlunde.

Wie tief ich sank int schauderhaften Falle, Das können Menschenmaße nicht beschreiben;

Doch als wir dann auf festem Boden bleiben.

So find' ich mich in weiter Todtenhalle. Denn durch die tiefen gränzenlosen Gange, So weit die schreckerstarrten Blicke reichen, Gewahr' ich ruhend ernst in Sargesenge Zn langen Reihen ungezählte Leichen.

Ein stiller Dämmerschimmer übergießet.

Glanzlos, des Ortes unbewegtes Grauen, Wie, scheidend von den nebelfeuchten Auen, Das frohe Licht in dunkle Nacht zerstießet.

Von außen nicht war es

ein schönes Tagen,

Wie uns des Himmele lichte Sterne schicken: Von ihnen, die im Sarg gestorben lagen,

Hervorzuquellen schien's aus starren Blicke».

Denn ob sie erst mir alle todt geschienen. Vom kalten weißen Leichentuch bedecket.

Bewegungslos die Arme hingestrecket,

129

Zn dem Gesicht die niebewcgten Mienen: Doch mein' ich endlich etwas noch zu spüren, Wie Licht, in ihren mattgebrochnen Augen,

Und

scheint

sich

noch

die

starre

Brust

zu

rühren,

Noch dürstend linden Athem einzusaugen.

Und als ich noch in tiefem Sinnen stehe, Mir zu bedeuten dieses Wunderzeichen,

Ob ich beseelt sie nennen soll, ob Leichen, Weil ich sie todt zugleich und lebend sehe:

Da

ruft'ö,

wie

Wiederhall

von

dumpfen

Wänden: „Die sind auf Erden einmal schon verschieden; Nun harren sie, um gänzlich zu vollenden.

Des zweyten größern Todes noch hienicden."

Und kreischend hell hör' ich ein Glöckchen

schlagen; Die Todten beben schauervoll zusammen;

Und einer scheinet plötzlich hell zu flammen

Von denen, die am nächsten bey mir lagen. Und wie die Kohle, eh' sie ganz ersticket.

Noch einmal rings die letzten Funken sprühet, [ 9 J



130



So hebt sich hell sein Auge noch, und blicket.

Und

schnell

ist Licht und

Dämnierschein

ver­

glühet.

Aus seinem Dusen dringet, angstbeklemmet, Noch eines tiefen langen Seufzers Beben, Als ob er sich gewaltsam will erheben, Von einer allzuschweren Last gehemmet.

Und als ich so den Schein, der ihn umfangen,

Zn grauenvolles Dunkel seh vergehen. Da treibet mich ein heimliches Verlangen,

Zu untersuchen, was mit ihm geschehen.

Und fühle seine Brust hineingebrochen. Und was sich noch, wie Leben, drin gefunden.

Das ist erloschen alles und verschwunden, Ersticket von dem plattgedrückten Knochen.

Und wo zuvor erglüht der Blicke Funken,

Da kann ich weit hinein den Finger legen;

Die Augen sind tief in den Kopf gesunken. Zwey leere Höhlen starren mir entgegen.

Indessen ruft der Glocke Todeszeichen Bon neuem hell herein mit gist'gem Klingen;



»3»



Da hör' ich neue Seufzer sich entringen. Und andrer Augen Dämmerschein erbleichen. Und immer lauter, kreischender ertönen

Die Todesschläge durch der Tiefe Schrecke», Und immer schwerer, banger wird das Stöhnen,

Nacht scheinet jedes Auge zu bedecken.

Dang schau' ich nach dem Freund, der mich geleitet.

Ob schon auch ihm der Glocke Ruf geschlagen. Da seh' ich ihn vom Zauber weggetragen.

Dem er vergebens kraftlos widerstreitet.

Wie sich der Jammervolle sträubt und ringel.

Die schreckliche Vollendung abzuwenden, Doch fasset es verderbend ihn und bringet

Ihn zu dem Sarg mir unsichtbaren Händen.

Und als umschlingend ihn mein Arni will halten,

Da ruft's zu mir: „Er hat den Schwur er­

füllet. Hat treu das Tiefverborene dir enthüllet;

Nun muß ich mein Gericht an ihm verwalten."

Im engen Sarg streckt es den Armen nieder.





rZ2

Er ächzt noch einmal mir beklemmtem Obern,

Sein Auge strahlet hell und schließt sich wieder, Und schwarze Nacht verhüllt den Ewigtodten.

Da war's, daß ich die Wahrheit gräßlich ahne,

Und der Verzweiflung Bande mich umfassen:

Wer du auch

seyst;

ich

will

dich

nimmer

lassen, —

So

ruf'

ich

in

Schmerzen

der

wildem

Wahne — Bis du mir auch das Letzte wirst entdecken.

Heißt nicht dein Spruch: Vernichtung jedem Leben? Zst Geistermord

nicht deines Namens Schre­ cken?

Da tönte zu

mir,

und

rings

die Hallen

beben —"

So sprach der Greis; da sehn wir ihn erbleichen;

Die Wort' auf seiner Lippen Rand ersticke«. Er schaut umher mit fürchterlichen Blicken,

Die Hände wollen bang nach Hülfe reichen.



*55



Doch schnell mit schwerem Fall stürzt er zu Boden,

Es stehen seine Augen fest und offen; Die starre» Züge sind wie eines Todten. Und

ach, ich seh's, sein Wahn hat

ihn ge­

troffen.

Denn

fürchtend

ich schon zuvor

schaut'

und bange

Nach seiner Wangen fieberheißem Glühen, Und wie die finstern Blicke Feuer sprühen. Und wie er spricht mit düsterhohlem Klange.

Da muß sich schrecklich meine Furcht erfüllen, Er stürzt von seine« Traumes Wahn bethörer,

Und

kann uns

nicht

des

Räthsels Spruch

enthüllen;

Denn nie mehr hat ihn unser Ohr gehöret.

Bey

seinem

Freunde

ließ

ich

ihn

be­

statten ; Seit langer Zeit schon kannt' ich

sein Be­

gehren. Wir alle folgten ihm mit stillen Zähren,

Die seiner Leiden Qual vernommen harren.



154 —

O mtg' ich seiner Warnung nie vergessen,

Und ehren scheu die hohen Schicksalömächte, Die also schrecklich strafen, wer vermessen

Sich dränget ein in ihre dunkeln Rechte.

Das himmlische Gesicht. sticht sieht der Herr die Macht dee Star­ ken an; Am Schwachen hat er Großes oft gethan.

Wer treu und redlich seinen Willen thut.

Und hofft auf ihn mit kindlichfrohem Muth, Dem ist er nah, das Höchste zu gewähren,

Und seiner Gnade Wunder zu erklären.

Zn seiner Zell' ein armer Bruder saß, Und einsam in dem Wort des Herren las.

Wo von der Offenbarung Gottgesichr

Zohannis fromme Seherstimme spricht, Und wie er sah, daß vor des Höchsten Thron

Des Himmele Fürsten mit erhabnem To»

Des Zubelliedes freudig Opfer bringen, Und Heilig, heilig, heilig vor ihm singen.

— »Z6 — Das dringet tief ihm in die stille Brust, Er liest es oft mit fchmerzlichfüßer Lust;

Die fromme Seele glüht verlangend heiß; Und ob er selbst, den stillen Wunsch nicht weiß, Zhn auszusprechen nimmer sich getraut, Zm tiefsten Busen ruft es sehnendlaut: „O möcht' auch ich von ihren Engelchören

Des Herren heiligschönes Loblied hören! O dürft' auch ich dereinst zum Hochgesange

Einstimmen mit des Preises schwachen; Klange!

Ermüdet auf das Lager sinkt er hin, Befiehlt sich noch dem Herrn mit treuem Sinn. Doch lange nicht, selbst in des Lagers Schooß, Wird er des feurigfrommen Wunsches los,

Dis sich zuletzt fein mattes Auge schließt, Und er der Ruhe kurze Lust genießt.

Denn bald wird die Gewährung freudig na, hen;

Wer glaubet, spricht der Herr, der soll empsahen.

Da schallet laut ein Glöckchen durch die

Nacht, Daß er vom kurzen Schlummer schnell erwacht.

157 Es wird zur Morgenmette, wie er meint, Der Klosterbrüder fromme Schaar vereint.

Von seinem Lager rafft er schnell sich auf,

Und eilt zur Kirche mit geschwindem Lauf. Schon aus der Ferne hört er Helles Singen;

Doch das ist keiner Menschenstimmen Klingen.

Und als er, staunend ob dem seltnen Kiang,

Verlangend eilet durch den düster» Gang, Da strahlet plötzlich in sein Angesicht,

Wie mittaghell, ein überirdisch Licht, Und lauter, näher hört er's freudig schon, Ale wie bekannten längst geliebte» Ton. Da fühlt er freudig seine Brust erhoben,

Mit ihm des Herren Wundermacht zu loben; Da fasset ihn ein himmlischschönes Rühren,

Und treibt ihn in die offnen Kirchenthürrn.

WaS da sein selgeS Auge hat geschaut.

Das hat er keines Menschen Ohr vertraut;

Denn an dem frühen Morgen fanden ihn

Die Brüder leise betend auf den Knien, Wie halb entschlafen, vor des Herrn Altar;

Sein Antlitz himmlischglänzend, wunderbar.

'36 Ermattet kann er kaum sich noch erheben. Daß er zu ihnen spricht, was sich begeben.

Und hebet an des Herren Huld zu preisen,

Der am Geringen groß sich will beweisen. Der seines Glaubens kindliches Vertrauen

Belohnt mit der Gewährung selgem Schauen, Der ihm der Augen Blindheit hat gelöset. Vor ihm der Himmel Innerstes entblößet.

Das Heilig, heilig, heilig seiner Schaaren,

Dem sündigschlechten Staub zu offenbaren.

Da rafft er sich noch einmal kräftig auf,

Und ruft mit des Gebetes Glut hinauf­

dank dir. Allgütiger, ich komme schon. Zu stimmen ein, vor deinem Gnadenthron,

Zn deiner Engel selge Zubellieder. Er sprichtö und sinket todt am Altar nieder.

Die Brüder stehn, die Hände fromm gefallen. Und preisen gläubig ihres Gottes Walten-

Em leises Lied, ein trautes Wort, Das sonst wohl ungehört verklungen, Hat'e nur die Liebe recht durchdrungen, Lebt's gleich, wie Frühlingöathem, fort; Und wem ein treues Herz tm Busen schlägt Der fühlt sich mild von seinem Klang bewegt

Traume. Äöenn die neue Kraft

Zn der Erde schafft. Daß das Bächlein quillt

Und die Knospe schwillt. Wenn vom fernen Zug Kel)ret der Vögel Flug,

Und aus der Wiese Schooß Werden die Blümlein los. Da sagt man mit Freuden einander an;

Das ist FrülM.gencchn,



142



Äöenn bei Jünglings Herz Lächelt ln herbem Schmerz,

Trauert in froher Lust,

Wenn er, sich unbewußt. Muntre Gesellen flieht.

Träumend die Flur durchzieht. Wenn er in Lied und Klang

Oeffnet des Herzens Drang, Da sagt man bedeutend einander anr

Das ist Liebesnahn.

143

Kennst du des Schicksals wandelbare Weise?

Zeht siehts mit heiterm Blick dich lächelnd an.

Und jetzt, verderbend, mit der Schlange Zahn Faßt dich'e von hinten, ungesehen, leise.

Kein Wunder hemmet, keine Zauberkreise Das flüchtge Glück in seiner raschen Bahn,

Der Thor nicht in der Kräfte trunknem Wahn, Der Kluge hält es nicht in sicherm Gleise.

So ist kein Zufluchtsort in den Gefahren, Kein Lindrungemittel für die bittern Schmerzen,

Und jeder Blume Frühlingspracht verblüht.

Doch nein! das Edelste kannst du bewahren, Der Treue Himmelefrucht im reinen Herzen, Die zarte Liebe, die im Dusen glüht.

»44

Zum Geburtstage. Und soll ich ihr zum frohen Fest

Kein süßes Wörtchen sagen?

Und muß so heiß und vollgepreßt Zurück den Busen tragen?

Schon zu den Lippen drang's heran, Da schaute sie so streng mich an, Da schwieg ich schüchtern stille.

Zunr Garten eil' ich gleich hinaus.

Kein Auge soll mich sehen; Die schönsten Blumen such' ich aus.

Die auf den Beeten stehen; Die leg' ich dann mit klugem Sinn.

Auf ihrem Tische heimlich hin,

Und laß sie für mich sprechen.

Die junge Rosenknospe soll Voran im Strauße prangen;

Wie sie, so schön, so jngendvoll Erglühn des Mädchens Wangen.

Geh

145 Geh,

holde Rose, sag' ihr heut,

Wie sich des Zünglings Seele freut.

Daß er so schön sie schauet.

Doch weil sie so bescheiden ist,

So füg' ich gleich daneben Das Veilchen an in schlauer List,

Daß sie mir soll vergebe». Vor allen andern hat sie's gern.

Weil es so schüchtern stets von fern Zn seiner Schöne stehet.

Du Lilie bist ein rechtes Bild Von ihres Herzens Reine,

Es ist so liebevoll und mild.

So flecklos, wie das deine. Zn dir erkennt sie liebend sich.

Und wird wie eine Schwester dich

An ihren Busen drücken.

Du kannst wohl nicht so freudig blühn Zn lichtem Glanz und Farben;

Doch bleibst du treu und immer grün, Wenn jene längst verdarben. [ io ]



146



Wie deine Blätter nie vergehn,

So, wer sie einmal hat gesehn. Muß stets ihr eigen bleiben. Dich brech' ich noch zuletzt allein.

Du ärmeste von allen.

Und berge mitten dich hinein:

O mögst du ihr gefallen! Und wenn kein andres Blümchen spricht.

So flüstre du: Vergiß mein nicht!

Dich wird sie wohl erkennen.

>47

Wo unter dunkler Augenbrannen Dogen

Auf Sonnentropfen Liebesgötter wogen,

Wo Lilien und Rosen auf den Wangen,

Der schönen Zugend schönste Blüthen, prangen. Wo Lust und Scherz von süßen Lippen wallen:

Da mag ein froher Augenblick gefallen.

Doch wo die Treu' im reinen Herzen lebet.

Der Unschuld Much den reinen Busen hebet. Der holden Anmuth Reize auf den klaren Purpurnen Lippen sich zur Wahrheit paaren, Wo Zucht und Schaam im stillen Auge thronen:

Da ist das Herz, da will es ewig wohnen.

148

Spiel wird ernst, die Träume flieh», Zm Herzen quillt neues Leben;

Zur Schönen fühlt es sich mächtig ziehn Zm wonnigen Liebesstreben. Und hätt' es geträumt bis zur Scheidestunde,

Da weckt es die schmerzliche Liebeewunoe.

Ferne.

^Ja in der Ferne wird's offenbar.

Ob recht sich die Herzen lieben. Da fühlen sie sich so wunderbar

Zu einander von ferne getrieben.

Und trennten sie Jahr' und Meereswciten, Die Liebe lebt über Raum und Zeiten.

i5o

Kun andrer mag die Sprache stolz besiegen.

Mag, froh des Selbstgeschaffnen und des Neuen, Des kleinen Liedes enge Bande scheuen.

Auf eigner Bahn zu seinem Ziele stiegen.

Zn dein Gesetz, Sonett, will ich mich biegen,

Der Liebe altgewohnten Lieds mich freuen;

Die süßen Worte wird es nie gereuen. Zu treuem Maße sich getreu zu schmiegen.

Muß sich die alte Liebe neu gestalten. Wie sonst die Treue sang, so will ich singen. Und an des Meisters Schritte treu mich halten.

Und wie die alten Reime neu sich schlinge«». So sollen neue Lieder, wie die alten.

Die alte Lieb' und Treue wiederbringen.

«5*

Unb so treiben mich die falschen Sterne Ohn' Erbarmen von dem theuern Ort,

Unaufhaltsam nach der fremden Ferne

Reißt nach Westen mich das Schicksal fort. Ach nach Osten, nach der Liebe Glück Flieht das sehnsuchtkranke Herz zurück.

152

An

d en Zephyr.

9ßeim du leichte Schwingen regest,

Donnernd durch des Himmels Räume, Flüsternd durch das Laub der Baume,

Frey und freudig dich bewegest;

Wenn du auf des Sturmes Wogen, Brausend auf den Wolken schaukelst, Dann von süßem Duft gezogen

Leis' um Frühlingeblüthen gaukelst: Da vom Busen will der Geist sich ringen,

Dir zu folgen, mit sich auszuschwingen.

O wie hoch und herrlich haben

Dich die Seligen geehret, Dir das Köstlichste gewähret

Von des Himmels lieben Gaben,

Frey zu regen das Gefieder,

Wie dir muntre Lust erglühet, Immer hüpfend auf und nieder.

Wo ein schöner Preis dir blühet: Und mich haben an den starren Boden

Sie gefesselt, mich, den ewigtodten.



i55



Nach des Ostens Purpur sehen Tausend Blicke jeden Morgen,

Tausend Wünsche, tausend Sorgen;

Nach dem Osten möcht' ich gehen. Möchte einmal mit dir schweben,

Bis vor ihr ich niedersanke,

Neue Wonne, süßes Leben Aus den Liebesblicken tränke. Aber ewig bin ich hier gebunden. Und so kann ich nimmermehr gesunden.

i54



öo wollt ihr Verse nimmermehr in Güte 3 um zierlichen Sonett geschickt euch paffen,

Des Herzens Drang im zarten Reim zu saffen, 3m weichen Kelch die süße Liebesblüthe?

Als

mich zuerst ihr Flammenblick

durch­

glühte.

Meint ihr, sie habe da nuch wählen lassen. Ob ich sie »ühllos wollte fiiehn und hassen.

Ob lieben mit entzündetem Gemüthe?

Wie sie mich zwang, so weiß ich euch zu zwingen, Vermögen euer trohjg Widerstreben

Gelinde Dinen nicht zum Ziel zu bringen.

Drum rath' ich, euch im Guten zu ergeben. Denn wahrlich, weil ich liebe, muß ich singen.

Und achdas Lieben flieht nur mit dem Leben.

155

x,6 kehrt der Lenz auf wallendem Gefieder Zur Erde, von der Freude Chor umgeben;

Da regt in Wald und Feld sich neues Leben,

Und Leben singet aus den Lüften nieder.

Doch eines bald vor allen kenn' ich wieder,

Auf vollen Flötenlönen wogend Schweben,

Zn tiefgezognen Seufzer» süßes Beben: Es sind der Nachtigall geliebte Lieder.

So

treiben mit

den

Blüthen,

mit den

Klängen Die neuerwachten Götter mir im Herzen,

Daß sie mir Obern bald und Brust verengen.

Doch unter ihren Spielen, ihren Scherzen

Erkenn' ich eine bald am wilden Drängen: Die Liebe ists mit ihrer Lust und Schmerzen.

rZ6

schliefen im Busen schon lang des Gesangs

verborgene Keime, Liebe, du riefest sogleich duftende Blüthen hervor.

^ineö erfreut am Tage das Licht, das am Abend verschwindet;

Aber es kehret sogleich tausendfach strah­ lend zurück.

Also, Entfernte, bist du mir Ein Gedanke des Tages; Doch für den Träumenden nimmst tausend

Gestalte» du an.

157

Alles verstummt, der Gesang nur wacht und die heilige Liebe, Draußen im Nachtigallschlag, hier in des Dichters Gemüth.

Ruhen sie alle, so ruh' auch mir die entfernte Geliebte; Nehmet von mir den Schlaf, Götter ver, leihet ihn ihr.

158

öo lechzt die Flur, verzehrt von Sommers Schwüle,

So wogt um dich des Tages dumpfes Brausen; Kein froher Ton im vielverworrnen Sausen,

Kein Leben im betäubenden Gewühle.

Da senkt erquickend sich des Abends Kühle;

So süße Stille wehet freundlich draußen, Und Liederstimmen, die im Schatten Hausen,

Erwecken alle schlummernden Gefühle.

So

mein

Gemüth

verging

in

eitelm

Streben,

Nie ward der Ruhe Seligkeit ihm eigen.

Und ewig todt blieb'e in verwirrtem Weben:

Da mußte mir die Herrliche sich zeigen.

Da fühlt' ich Himmelsruhe mich umschweben,

Und meine Seele lebt' in selgem Schweigen.

159

Hub wie

die

Nacht dem frohen Licht

sich

neiget, —

Noch ruhet ödes Dunkel auf den Auen; Die Nachtigall nur ringet aus dem Grauen

Der

Sehnsucht

Klagen,

wenn

noch

alles

schweiget; —

Und wie es Heller dann und Heller steiget.

Der Purpur sich entzündet auf dem Blauen; Und wie die Augen lichtgeblendet schauen. Wenn sich die Sonne glühend strahlend zeiget:

So lag, als ob es ewig dunkel bliebe. Mein Leben dumpf in -de Nacht versunken: Da war's als ob's im Herzen sehnend triebe,

Da glomm aus finstrer Nacht der Hoff­ nung Funken;

Da sprach ihr Blick den Flammengruß der Liebe; Und dichtend leb' ich nun und wonnetrunken.



i6o



Frage. ^)etzt dem entschlummerten Tag, und jetzt dem erwachten, vergleichst du

Preisend im künstlichen Lied seliger Liebe Gefühl? Aber so sag'uns nun, an was der Engegengesetzten Wirklich zu halten sich sey, wenn man das

Wahre begehrt. Denn

nicht Beydes

zugleich

magst

als

das

Rechte du geben,

Und vor allem ist Noth, daß sich der Leser belehrt. Antwort.

Närrische Frage, fürwahr!

du hast noch nim­

mer geliebet.

Beyde sind wahr und gewiß, jegliches dritte dazu.

Was

das

Gemüth

erfreut

und

löst den be­

klommenen Busen, Was mit des Kummers Gewalt mächtig die Seele zerreißt, Alles vergleicht sich der Liebe beglückendschmerzlichen Wehen;

Aber die Himmlische schwebt hoch über alle empor.

Lieb-



161



lieblichen Morgens Licht und des Tags evroäv?

mende Strahlen Sind wie des Abends Gold eilenden Flu­

ges entflohn.

Er nur, der sie gezeugt, steht fest, der ewige Himmel,

Lieb', und du, im Gemüth seliger Himmel du mir.

tu]

162

verlornem Gram verzehret Sich die Nacht,

Weil der Blick, zu dir gekehret. Weinend wacht.

Vor des Tags verwirrtem Drängen

Schweigt das Herz;

Wenn die Schatten sich verlängen. Kehrt der Schmerz.

Jammernd frag' ich alle Sterne

Nur nach dir;

Ach, sie deuten auf die Ferne Ewig mir.

Stunden zähl'

ich dann und Tage,

Ob vielleicht Bald sich meiner bittern Klage Ende zeigt.

— 163 —

Zögernd schleicht der trägen Wochen Langer Raum, Und das Herz ist mir gebrochen. Athmet kaum. O wird es so lang noch schlagen. Dich zu sehn, Nie dann will ich's wieder wagen Wegzugehn.

164 hinaus, hinaus, ihr leichtbeschwingten Träume, Zur Ferne flieht,

Wo hell der Ost die goldgestickten Säume Am Himmel zieht. Da suchet sie, wo auf dem weichen Pfühle Die Theure ruht, Ermüdet von der Arbeit heißer Schwüle

Und Tagesglut. Dort eilet hin, mit leisem Liebeeklange Haucht ihr ins Herz,

Wie sehr ich sehnend stets nach ihr verlange Zn Trennungöschmerz.

Und ruhet nie, bis ihr mein Bild gesenket

Zn ihre Brust, Bis freudig meiner die Geliebte denket Zn Traumeelust;

Daß liebend noch mein Schatten sie umschwebe Zn stiller Nacht, Daß noch der Freund vor ihren Blicken lebe. Wenn sie erwacht.

165

'D-ehe den Himmel bedeckt,

beti reinen, trü­

bes Gewölke, Aus der Gewässer Schooß rief es Selene

hervor. Doch

da

erscheint

sie

selbst,

es entfliehn die

düsteren Voten,

Rein aus ewigem Blau strahlt das befreun­ dete Licht.

So von der Schmerzen Gewalt wird der seh­

nende Busen zerrissen. Wenn

er

verborgenen

Keim süßen

Ver­

langens bewahrt. Aber die duftende Blum' erblüht, da verstum­

men die Stürme; Göttlichem Lieben ist selige Ruhe gesellt.

166

Am

in vergeblicher Klage

Meine Jugend flieht. Daß mir des Lenzes Tage Düsterer Gram umzieht?

Ach, der Liebende, kennt.

Von der Geliebten getrennt. Er noch Lenz und Jugend? Soll ich im frohen Leben

Trösten mein tiefes Leid? Kann es Freude mir geben.

Von der Geliebten weit? Ist noch anderer Lust

Sich die Liebe bewußt. Als mit der Liebe zu leben?

Ach, so lang' ich entbehren Ihrer Nähe muß.

Gönnt mir der treuen Zähren Schmerzlichsüßen Genuß. Von der Geliebten fern. Hat nichts Liebe so gern.

Als um die Liebe zu trauern.

—>

167



noch so lieblich der Morgen

Heraus am Himmel tritt, Mir bringet er trübe Sorgen

Und schmerzliche Thränen mit. Denn erwachet vom kurzen Schlummer

Verlangen die Blicke nach dir, Und ich fühl' es mit tiefen» Kummer,

Du bist so ferne von hier.

Wenn üt rosichter Dämmerheile

Zerfließet des Abende Schein, Dann sitz' ich in meiner Zelle So schmerzenvoll allein,

Und träume von schönerm Tagen, Zn deiner Nähe verbracht. Und sitze stille zu klagen,

Z»» trauern bis in die Nacht.

Mit irrendem Fuß durchschreite

Zch oft die Winterflur.



i6ß

—•

Doch die Blicke schauen ins Weite

Nach deiner Wohnung nur.

Und wach und im Schlafe begehre Ich sehnend immer nach dir; Doch fruchtlos fließet die Zähre

Aus den suchenden Blicken mir.

i6g

Als- steht vor

dir unverändert

das blaue

Gewölbe,

Ewig umfängt es dich, ewig erreichst du eö nicht:

So vor der Sehnsucht Blick steht leuchtend die theure Gestalt da,

Ewig dir nah, und ach.' ewig entfliehet sie dir.

Karg ist die Gegenwart,

leicht täuscht die

ersehnete Zukunft;

Selige Liebe, du machst beide mir reich und gewiß.

170

xlSann, Geliebte, wird der Tag mir strahlen, Der von der Entbehrung herben Qualen

Einmal meine kranke Seele heilt. Wo, gerettet aus des Grames Banden,

Die mich einsam, ferne hier umwanden, Hin zu dir mein froher Blick enteilt?

Wann, 0 wann, du Schmerzersehnte, sprich,

Wann erfüllt das Maaß der Leiden sich?

Daß ich einmal glücklich vor dir stehe. Deiner Blicke reinen Himmel sehe,

Von der Freude Sonnenstrahl verklärt. Schaue deiner Wangen Zugendschöne, Höre deines Mundes süße Töne,

Die ich, ach, so lange schon entbehrt.

Wann, 0 wann, du Heißgeliebte, sprich. Wann erfreu' ich deiner Nähe mich?

Bi« zuletzt, vom frohen Wiedersehen, Nach der Trennung herzgenährten Wehen,



i?i



Eine Thräne dir im Auge blickt. Und von Wechsellust und Schmerz durchhebet. Länger nicht die Freundin widerstrebet. Liebend an des Freundes Busen sinkt.

Wann, o wann, du meine Braut, so sprich,

Wann in Liebesarme fass' ich dich?



l72 ~

Schritte, nun säumet, ihr trägen.

Nicht länger hier traurend mehr. Es ruft euch von fern entgegen: Wo weilt ihr so lässig schwer? Auf, wachet und lebet,

Auf, eilet und strebet

Zu seliger Wiederkehr. Zhr Augen, nun hemmet auf immer

Der Thränen schmerzlichen Quell. Es strahlet wie Morgenschimmer Von fernen erquickend hell. Auf, eilet zu schauen

Die seligen Auen, Die Auen der Liebe schnell.

Die sehnenden Arme langen Mir ungeduldig voraus;

Es dringen aus Dusens Bangen Mir Leben und Seele hinaus. Mit freudigem Triebe,

Zum Lande der Liebe, Zu der Heimath seligem Haus.

>75

Trennung und Sehnsuchtzähren

Muß recht sich die Liebe verklären. Doch wenn sie bewährt und stark sich gezeigt,

So wird ihr der lieblichste Lohn gereicht.

Und hat sie auch Jahrelang entbehrt.

Das ist des Wiedersehns Stunde werth.

Wiedersehen. ^5« Wiedersehn nach Trauern und nach Zagen,

Za Lust und Frieden einst nach Schmerz und Klagen.



175 —

?Jb des Schicksals harte Rechte Süße Bande löst.

Und in der Entbehrung Nächte Aus der Heimath stößt: Treuer Liebe Licht

Strahlt wie ewge Himmelssterne Froh herüber aus der Ferne»

Liebe stirbet nicht.

Ist der Lenz des Lebens eitel.

Flieht die leichte Lust,

Wird auch kahl des Greisen Scheitel, Starr und kalt die Brust:

Leise lächelnd spricht Noch der Greis zu seiner Lieben: Unser Herz ist jung geblieben,

Liebe stirbet nicht.

Muß zum kalten Grabesboden

Allee niedergehn,

Wird des Lebens Puls und Odem Endlich stille stehn:



176



Ob das Herz auch bricht, Flüstert's noch in Todesschauern:

Laß die Klagen, laß das Trauern, Liebe stirbet nicht.

Laß das Trauern, laß die Klagen, Liebe stirbet nicht; Einst aus Gräbern wird es tagen, Auferstehungölicht;

Gottes Angesicht

Wird nach Schmerzen und nach Weinen Treue Herzen treu vereinen,

Liebe stirbet nicht.



177



0& Thränen fließen, Ob Liebe leidet, Ob Herzen brechen:

Gott wirds wohl machen, Gott machet alles gut.

Ob Thränen fließen,

Ob Kinder weinen. Der Vater kann es

Nicht böse meinen. Drum, was er thut,

Verehrts mit Schweigen;

Einst wird sichs zeigen;

Gott machet alles gut

Ob Liebe leidet

In Todesschauern, Sie kommt von Gott her. Drum kanns nicht dauern.

So fasset Muth;

Nach trüben Stunde» Wirds froh gesunden, Gott machet alles gut.

C12]

178 Ob Herzen brechen

Von Gram und Sorgen, Nun wohl, im Grabe Sind sie geborgen;

Wenn'« unten ruht, Erstehn die Geister

Hinauf zum Meister, Der machet alles gut.

Za, Gott wirds machen

Zhm sey daö Leben

Und Glück und Schmerzen Froh übergeben. Drum wohlgemuth

Zn allen Sachen! Gott wird's wohl machen, Gott machet alles gut.

179

siegen will, muß wagen, Wer hoffen will, muß tragen, In Schmerz das Herz wird stark und groß, Aus Leid und Wehen Wird Lust erstehen, Wie Frühling aus des Winters Schooß.

---

D..

lgo

---

Herr, unser Gott, im Himmel droben,

Den Welten und Menschen als Vater loben.

Bey der Freundin gräßlichem Todesschmerz Erhebt sich vertrauend mein Herz Zu dir nach oben.

Dich rühmt man ja als den Wahren und Treuen, Du kannst nicht wechseln, dich kann nicht ge,

reuen, Und schufst du die Lieb' in unserer Brust, So wirst du mit Liebeslust Uns auch erfreuen.

Und liebest du nicht die Schuldlosreinen, Und nennst sie vor allen andern die Deinen? Ach, sie hat gestrebet und hat gethan Mit Eifer, von Kindheit an.

Und treuem Meinen.

Und führest, die gläubig zu dir schauen.

Zum Lichte durch Nacht und Todesgrauen?



iS1



O, sie gab sich stets deinem Willen hin

Mir gläubigem festen Sinn

Und Kindesvertrauen.

Za, Herr, du wirst von ihrem Leiden Doch deine helfende Hand nicht scheiden; Mein Vater, so übergeb' ich sie dir;

Nun thu, wie du willst, mit ihr. Und mit uns beiden.

igL

freundlicher Schlummer, Der du so gerne

Helfend dich zeigst. Liebevoll neigst

Jeglichem Kummer, Hör' in der Ferne

Mein leises Flehn.

Bist meiner Liebett Dislich entglitten,

Nächte so lang. Schauerlich bang, Ferne gebliebenNun meinen Bitten

Sey wieder hold.

Hat ja die Arme Schweres zu tragen; Ach, und nur du Spendetest Ruh Schmerzlichem Harme, Traurigen Tagen Die stille Nacht.



183



Lieblicher Knabe, Neige den Stengel Duftenden Mohn Helfend vom Thron. Gern deiner Gabe Ziehn süße Engel Des Traumes nach.

184 8iebeslhränen, Morgenthauen,

Schön wie Perlen anzuschauen. Um der Blume zarten Kranz;

Und die Sonnenblicke strahlen. Und die süßen Farben mahlen Schöner sich in ihrem Glanz.

LiebeöthrLnen, Frühlingsquellen,

Die des Frostes Eis zerschellen, Froh in warmer Zugendlust; Und die Frühlingsblumen blühen.

Und tue süßen Triebe glühen

Schöner auf in Liebesbrust.

Liebesthränen, linder Regen,

Milder frischer Himmelösegen, Der des Sommers Gluten list; Der nach schmerzlicher Beklemmung,

Herzenewehen, Odemshemmung, Frieden in die Seele flößt.

185

Äöas ist Liebe?

Aus der tiefsten Seele klagen, Milde Freudenthränen weinen. Und sich selbst verwundert fragen, Was die süßen Schmerzen meinen; Still um die Geliebte schleichen,

Leis mit Liebesblicken

Ihren Reiz umstricken, Dann beschämt vor ihr entweichen-

Das ist Liebe.

Wae ist Liebe? Nicht mehr zagen, nicht mehr nippen;

Zn die Glut der Blicke tauchen, An den lusterblühten Lippen

Heiße Lebenefülle saugen; Zmmer dürsten, immer trinken; Arm in Arm geschlungen,

Herz zn Herz gerungen,

In der Wonne Meer versinken: Das ist Liebe.



>86 —

Was ist Liebe? Reine ewiggleiche Treue, Stilles heitres Wohlgefallen;

Ohne Zweifel, ohne Reue, Arm in Arm durchs Leben wallen» Herzvertrauend eins geworden.

Eins in Kraft und Streben, Eins in Lust und Leben, Eins bis in des Grabes PfortenDas ist Liebe.

187

»Lieber sind wie zarte Blüthen. Zn des Sommers lichtem Tag,

Wo die Gärten farbig glühten, Waren auch die Lieder wach.

Nun bedeckt der Schnee die Sprossen, Und die Beete liegen leer; Nun ist Sängers Mund verschlossen.

Und das Lied erklingt nicht mehr.

Kaum von jenen Blumenkränzen Blieben diese Blätter noch; Ob sie auch nicht farbig glänzen, Zeugen sie von Leben doch.

Und so blieb mit leisem Singen

Auch dies kleine Lied zurück; Mag es auch gar ärmlich klingen,

Sagte doch von der Liebe Glück.

188

vleiw Blüthen alter Bäume, Alter Liebe neue Träume

Zn der freudevollen Brust, Neugekehrter Vögel Singen,

Neuerwachter Lieder Klingen: Das ist rechte Frühlingslust.

189

Arühling kam auf stillen Wegen,

Freundlich grüßend, mir entgegen, Hauptumkränzr von frischen Zweigen, Die sich duftend zu mir neigen,

Und den Knoten löst der Knabe,

Bietet mir die süße Gabe;

Spricht zu mir mit mildem Klange:

Armer, was härmst du dich lange? Laß verwehen was geschehen. Mußt zu deiner Lieben gehen,

Freundlich ihr die frohen Zeichen

Meiner Wiederkehr zu reichen.

Mußt von mir dies Wort ihr sagen:

Länger soll sie nicht mehr zagen, Soll der kleinen Gabe trauen.

Hoffend mir entgegen schauen;

Beßre dann will ich ihr geben. Frohes Leben, neues Streben.



igo



Muhend noch liegt sie dort,

Schlummergetragen. Ich muß von hinnen fort,

Kann kein geliebtes Wort Scheidend ihr sagen.

Dürst' ich nur bey ihr seyn,

Still sie betrachten.

Bis die zwey Aeugelein, Glänzend und sternenrein.

Freudig erwachten!

Daß sie sich kaum bewußt

Sehnend mich nennte, Und an der treuen Brust

Plötzlich in Liebeslust Froh mich erkennte.

Leichter nach solchem Gruß

Würde das Scheiden; Aber ich Armer muß

Gar ohne Gruß und Kuß Plötzlich sie meiden.



igi



Nu», du mein leises Lied, Gehe geschrvinde.

Daß, wenn der Schlummer flieht, Und sie dei» Freund nicht sieht, Dich sie doch finde;

Daß sie von dir erfährt,

Was er verlange; Daß, wenn er wiederkehrt.

Freudig und lustverklärt Sie ihn umfange.



iga



Verheißung. £V trat heraus in Morgens Schweigen,

Zum klaren blauen Himmel blickend, An frischen Lüften mich erquickend.

An muntern Klängen in den Zweigen. Doch drinnen in dem tiefen Herzen Erwuchsen trauernde Gedanken,

Die führten mich zur theuern Kranken, Und ihren jahrelangen Schmerzen; Wie nicht in heitern Frühlingestunden

Sie sich im Freyen kann ergehen. Nicht kann der Vöglein Spiele sehen,

Am Schmerzenslager festgebunden. Da bat ich still mit leisem Weinen: Du milde schöne Frühlingösonne,

Die ringsum Leben weckt und Wonne, Wirst du auch ihr Genesung scheinen? Da fühl' ichs ahnend mich durchdringen

Als ob's die Lüfte zu mir tragen.

Als

*95 Als ob's die Knospen duftend sagen.

Als ob's die Vögel freudig fingen. Eh diese Blüthen sterbend sinken,

Die dich so lieblich jetzt umdüften. Wird sie noch selbst tn reinen Lüsten

Dee Lebens frischen Athem trinken. Eh diese muntern Vöglein wieder

Zm stillen Busche trauernd schweigen,

Wird sie noch unter grünen Zweigen Sich freuen ihrer lieben Lieder.

Eh vor des Herbstes kaltem Wehen Erbleicht das frische Grün der Bäume, Wird sie noch durch die freyen Räume

Sich frey und froh mit dir ergehen.

Da ward mein Herz mir Lust verkläret. Es schwiegen alle trüben Sorgen. O tausendfach beglückter Morgen,

Wenn deine Hoffnung sich bewähret!

»94

Wiesenblümchen. Wir standen still am grünen Rain,

Zum Boden hingebückt. Die andern wohl mit süßem Duft

Erfüllten rings die heitre Luft, Und wurden abgepflückt.

Wir standen stete am grünen Rain, Vergessen und allein.

Und freuten uns wie alle doch

Der süßen Frühlingslust, Und harrten sehnend früh und spat. Ob nicht heran ein Mädchen trat,

Und steckt' uns an die Brust. Ach! und wir standen immer doch

Verschmäht am Raine noch.

Nun dir der Jüngling uns gepflückt.

Verwirf die Gabe nicht.



195



Nicht Großes fordern wir von dir, Nur einmal schauen wolle» wir Dein holdes Angesicht

Hat das uns freundlich angeblickt, So sterben wir beglückt.



ig6 —

Woh. vollre Kränze hab' ich dir geschlungen,

Wohl schönre Lieder hab' ich dir gesungen;

Ein Dlüthenzweig, ein armes Work ists heut. Verschmäh' es nicht, die Liebe hats gegeben;

Und das ist ja der Liebe schönstes Leben,

Daß auch das Kleinste sie erfreut.

»97

-Du süßer leiser Liebesklang,

Wohlan und säume mir nicht lang,

Weil ich dich jetzt zu treuen» Gruß

Ai» meine Freundin senden muß.

Und zbgre nicht um Putz und Glanz, Um bunter Farbe»» Strahlenkranz. Wohl sind sie schöne werthe Zier,

Doch anderes geziemet dir.

Wer stille fromme Botschaft trägt, Die nichts nach Ruhm und Ehre frägt, Die aus bewegtem Herzen quoll.

Und nur zum Herzen spreche»» soll:

Der suche nicht die Kunst der Welt,

Die ihre Rede zierlich stellt; Getreu, wie's ihm geheißen war, So bring' er'ö still und einfach dar.



198



Dein» drinnen schlaft die rechte Macht,

Die stets zur guten Zeit erwacht; Die dringt gewaltig ü» das Herz, Und hält es fest in Lust und Schmerz,

Die wurzelt in der treuen Brust, Da wohnet sie mit stiller Lust,

Und waltet drinnen fromm und treu.

Und bleibet einig werth und neu.

Drum du, mein Lied, zum frohen Tag, Geh, bring zur Lieben, was ich sprach:

O wird's ihr stets int Herzen seyn.

Daß ich hin ihr und sie ist mein?

Drey Elfenschwestern. Die erste. fV ^)hr lässigen Schwestern, was säumet ihr

Noch unten im kühlen Quell? So lange schon wart' ich euer hier; Es fliehet die Sonne schnell.

Schon nahet die liebliche feuchte Nacht.

Ihr Elfenschwestern, erwacht! Die anderen.

Du traute Schwester, o zürne nicht.

Wir versäumten nicht lässig unsere Pflicht. Wir ruhten unten im stillen Bach, Und war noch keine vom Schlummer wach. Doch siehe, geschwinde hier sind wir nun;

Gebiete, was ist zu thun?

201

Die erste.

Auf, heftet und flechtet an Berges Rand

Des Heerrauchö silbernen Streif. Auf, spinnet und webet mit emsiger Hand

Des Abends duftiges Nebelgewand, Gestickt mit perlendem Reift

Und wenn ihr dann jegliches habt gethan. Und kühlend von Tagesglut Im Mondenschimmer der Abend ruht.

So hebet des Festes Reihen an. Verschlingend mit künstlichem Fleiß

Der Tänze zierlichen Kreis,

Zn moosiger Waldesbahn; Und singet mit leisem Lüstegesang

Durch die stille Nacht, Daß von dem geliebten Liederklaug

Die Königin froh erwacht. Die zweyte. O Schwester, noch schimmert es rings so hell Von des Tages drückender Glut.

O laß sie noch schlummern im kühlen Quell, Wo sie sanft von dem Kummer ruht.

202

Du weißt, es verzehrt sich in Sehnsuchtschmerz

Umsonst ihr liebeverlangendes Herz. Seit das letzte liebliche Menschenkind Zn ihren Todeearmen geschwind.

Wie die andern alle, erblich.

Die erste.

Seyd ruhig, Schwestern, sie soll ihr Leid Heul' einmal wieder erfreunZch sah einen schönen Knaben nicht weit;

Da draußen wohnt er am Hain.

Die dritte,

Und dauert das liebe Kind dich nicht. Den» bald das klopfende Herzchen bricht.

Und erstarret das Leben warm? Du weißt, dann hält sie das zitternde fest An ihren Todesbusen gepreßt.

Mit frostigem Geisterarm. Dann saugt sie aus seiner kleinen Brust,

Mit vergessendem Kusse des Athems Lust, Bis daß die erschlafften Glieder

Vom Schooße sinken zum Boden nieder.

204

Die erste.

Ihr Lieben, o sagt mir davon nicht mehr. Zch beklage die schönen Kinder sehr;

Und wenn ich herbey sie führen muß. Da zögert, da harrt unwillig mein Fuß, Und wird mir der Gang so schwer.

Doch sobald ich die Fürstin wieder seh Vergehen im hoffnungslosen Weh, Da kann ich nicht widerstehn.

Nun haltet nicht langer mich auf; Ich muß mit eilendem Lauf

Nach dem Knaben gehn. Ihr Schwestern nun geschwind!

Das nächtliche Werk beginnt.

Daß um Hain und Land Ihr das Nebelgewand,

Das duftige, spannt.



fio5



Zwey Elfenschwestern. Die zweite und dritte. Wir gehen und schweben

Zm luftigen Reihn, Wir spinnen und weben

Den Abend ein. Und steiget nach oben

Die Königin, So soll fie uns loben

Den künstlichen Sinn. Die zweyte.

Empor will ich leicht mich schwingen

Auf luftige Bergeehöhn,

Und die Nebelfäden verschlingen Umher an den Gipfeln schön. Die dritte.

Zch eil' in der Thaler Matten Behend mit beflügeltem Lauf, Und ziehe die kühlenden Schalten In deinen Schleyer hinauf.

Die zweyte.

Zch webe die spielenden Lüste,

Die kosenden Weste hinein.



floG



Die dritte. Zch hauche die labenden Düftt

Der Frühlingöblüthen darein» Die zweyte.

Ich hol' in der Wolken Ferne, Bon Himmel« sonniger Bahn,

Mir glänzende Abendsterne,

Und heft' an den Schleyer sie an»

Die dritte.

Zch suche mit spähenden Blicken Mir Perlen in Meere« Sand;

Die will ich dir künstlich sticken

Zn'« schimmernde Nebelgewand. Beyde. Wir gehen und schwebe»

Zm luftigen Reihn, Wir spinnen und weben Den Abend ein.

Und steiget nach oben Die Königin, So soll sie un« loben Den künstlichen Sinn.



Der

4 Der Knabe. Komm doch nur, ich bin so müde.

Ditte, trage mich ein wenig.

Die dritte. Zm weichen liebenden Mutterarm Soll Hänschen schlummern von Schmerz und

Harm,

Zn linder schweigender Ruh. Die erste. Nun stille, die Königin steiget herauf.

Wir eilen von hinnen im schnellen Lauf.

Gern wird sie allein

Mit dem schönen Knaben seyn.

215

Elfenkönigin. Warum schon wieder, du Nebelnacht,

Das stille Gefild durchwehen.

Daß ich vom freundlichen Schlummer erwacht

Zum Leben hinauf muß gehen? Ach, unten da ruht' ich so süß, so wohl. Und fühlte nicht mehr den Busen hohl.

Und war das leere Verlangen Vom stillen Schlafeearm umfangen.

Es schmückt sich die Nacht mit Sternenglanz, Mein trübes Aug zu erfreuen;

Es drehn in verschlungenem Reihentanz

Die Gespielen sich, die getreuen; Es hauchen die Lüfte, die Düfte so srhrDer Fürstin Herz ist doch freudeleer.

Und kann von dem Guten allen Der sehnenden keines mehr gefallen.

Warum ward mir dieser Gbttlichkeit

Nie wechselndes Glück gegeben?

216 Muß ewig fort durch die lange Zeit Erstarrend und frostig leben.

Nach warmer Freude, nach liebendem Schmerz Verlanget mein geisrerkaites Herz,

Oder möcht' im seligen Sterben Der lieblichen Ruhe Ziel erwerben.

Zhr Menschenfrauen, wie ward euch so Das edelste Glück verliehen.

Durchs flüchtige Leben so leicht und froh

Mit euern Kindern zu ziehen!

Euch glühet der Busen beseelend warm, Zhr haltet liebend die Lieb' im Arm,

Und selbst in der Sehnsucht Zähren Muß der Schmerz sich in Lust verklären.

Zch sah im Traum an der Quelle Rand Ein Bettlerweib froh sich laben;

Die führte zufrieden an ihrer Hand

Einen blühenden heitern Knaben; Sie drückt' ihn mit stiller Mutterlust So innig, so fest an die warme Brust. Tech wir sind des Weltalls Fürsten,

Dw ewig umsonst nach Liebe dürsten.

817



Elfenkönigin, Knabe. Der Knabe.

Mutter, o hörst du noch immer nicht? Die Königin.

Still! was begrüßt mich dort Für lieblicher Klang?

Zste Menschenwort?

Wie Zaubergesang Reißt es des Herzens Drang

Mit sich fort. Der Knabe. Mutter, ach Mutter, ich kann nicht mehr.

Kommst du nicht bald, so will ich sterben. Wirst mich nimmer wiedersehn. Die Königin. E« tust mit Zammergetön

Doch so mild herein.



oi8



O siehe den Knaben schin,

Wie kommt er allein Zm ängstlichem Lauf!

O wie hebet und strebet, Wie verlangend lebet DaS Herz mir auf.

ES dringet mit Liebesverlangen

Sich aus dem Busen hervor,

Es streben zum Todesumfangen

Die Arme mir hoch empor. Es faßt mich mit tausend Ketten,

Zch kann ihm nicht widerstehn. Du Holder, ich kann dich nicht retten. Es ist um dich Armen geschehn.

Herein, Herein!

Du bist mein,

Und sollst es ewig seyn. Der Knabe.

Endlich seh' ich dich einmal wieder.

Ach wie bin ich ermattet und müde!

219 Aber du bist ja die Mutter nicht. Sage, du Frau, wo hast du fie denn?

Die Königin. O sieh, wie er ängstlich zu mir spricht;

Ich erschreckte den armen Blöden. Nein, diesen Geliebten will ich nicht

Mit erstarrendem Kusse tödten.

Nur einmal mit leisen Armen will

Ich schonend zart ihn umfassen, Und dann zur trauernden Mutter still Ihn wieder entfliehen lassen. Sey ruhig, du Holder, wa« strebst du von hier

Mit kindischfurchtsamer Eile? Komm, reizender Knabe, bleibe bey mir

N»p eine kurze Weile.

Der Knabe. Thu mir nur nichts, du fremde Frau.

Ey wie bist du so groß und schön, Mit der silbernen Kron' im Haar'.

Aber ich muß mich doch immer fürchten. Bist du wohl gar das Elfenweib?

2CO

Doch du siehst ja so freundlich aus. Nicht wahr, du thust mir kein Leid? Die Königin.

Nein, schöner Liebling, nicht fürchte mich.

Und stehe so ängstlich weit. Tritt näher herzu, ich liebe dich. Was sollt' ich dir thun zu Leid?

Komm, setz dich auf meinen Schooß, und ruh.

Schnell eilt auch die gute Mutter herzu.

Der Knabe. Weh, ich erfriere auf deinem Schooß;

Laß mich, du bist so schrecklich kalt. Die Königin.

O nicht, mein Geliebter, verlaß mich nicht; O sage, was hat dich erschreckt? Zch seh dein erbleichendes Angesicht Von ängstlichen Thränen bedeckt.

Sey stille, die Schwestern ruf' ich herein.

Die sollen mit Lied und Scherz, Und mit der Tänze künstlichem Reihn

Erfreuen dein krankes Herz.

201 Zhr Schwestern draußen, wo weilt ihr fern?

O kommt, es sähe der Knabe so gern

Euch tanzen zum Liederklang. Die Elfenschwestern.

Wir kommen, wie es die Fürstin gebeut;

Und wenn es den schönen Knaben erfreut, So tanzen wir zum Gesang.

Wer sagt, was dem Knaben Erfreuet das Herz?

Sinds glänzende Gaben,

Zsts fröhlicher Scherz? Wir haben so viele Geschenke zu HauS,

So lustige Spiele,

Die sinnen wir aus.

Wir wollen ihm bringen. Was jede vermag,

Und spielen und singen

Den ganzen Tag; Und wenn er am Abend Dann schlummern will.

L2S

Umfängt ihn so labend

Sein Lager und still.

Die dritte. Zch streue zum Dettchen nieder

Da« kühlige Quellenmoo«;

E« ruhen die zarten Glieder So sanft in dem welchen Schooß.

Die zweyte. Zch suche, wo ring« im Gefilde

Sich eine Blume versteckt; Er schlummert so süß, so milde.

Von wonnigen Düften bedeckt. Die erste.

Dann singen wir still und leise

Ein Schlummerlied durch die Nacht, Daß nie von der sanften Weise Da« ruhende Kind erwacht.

Wa« sträubt sich der Knabe Mit trübem Gesicht?

Erfreuet die Gabe,

— Lsz



Die Spiele ihn nicht?

Und will er am Abend Nicht ruhen schön, Zm Bettchen so labend.

Zum Liedergetön?

Der Knabe. Laß! ich will fort, du! halte mich nicht. Mutter, geschwind komm, rette mich!

Hilf mir vom bösen Elfenweib! Die Königin.

Wae reißest du dich so schnell von mir los? Ich kann dich nicht lassen,

Muß dich fassen

Auf meinen Schooß;

Und ruhst du nicht bald, So brauch' ich Gewalt,

Will dich verderben;

Zn meinen Arm kalt Sollst du vom Kusse sterben.

Die Schwestern. 0 weh, ihr Schwestern, jetzt faßt sie ihn, Wie sie gedroht.



224

Don der Lippen Roth

Ihm Leben und Obern auszuziehn Mir des Kusses Tod.

O seht, noch einmal widerstrebet

Die letzte sterbende Lebenskraft. Jetzt hängt er in ihrem Arm' erschlafft. Fahre wohl, du hast grlebet. Die Königin.

Was hab' ich gethan!

Du Geliebter, auch dich Erstarrete ich Im Liebeswahn,

Und wie alle die andern Armen

Sandt' ich dich ohn' Erbarmen Die düstere Todesbahn!

O Schwestern, die rosige Blüthe,

Wie ist sie so schnell erbleicht.

Und das Haupt wie todesmüde Hängt es zur Erde geneigt! Es thut mir sein Anblick wehe, Das frohe Leben ist fort.

So schafft, daß ich nimmer ihn sehe. Begrabt ihn am stillen Ort,

Und

Und bringet die traurige Gabe, Die Blumen ihm dar und das Moost Dann ruhet er still im Grabe,

Hm weichen kühligen Schoost.

Doch hör' ich die Mutter nicht ängstlich nahu? Sie sucht ihr verlorenes Kind. Zhr Schwestern, gehet geschwind;

Unsichtbar führet der Schritte Bahn Zu ihrem gestorbenen Liebling heran,

Daß sie zum letzten Male doch Des Verlangens Ziel erreichet, Und ihn schließt in die Mutterarme noch,

Ach! toderbleichet.

226

Mutter.

Elfenschwestern (unfwut). Mutter.

Wehe, mein Kind! wo soll ich dich suchen? Fernhin hallt im Walde mein Ruf,

Kehret mir aus der Todtenstille Nirgend ein tröstendes Wort zurück? Draußen.

Was rufst du mit ängstlicher Stimme Klang

Durch nächtliche Ruhe so weinend bang.

Nach deinem geliebten Kinde?

Sey ruhig, Mutter, er ist nicht weit. Ach! ich fürchte, daß zu schmerzlichem Leid Zu frühe dein Blick ihn finde.

Mutter. Welche Töne so Übeln Sinns!

Rief sie mir eines Menschen Mund?

Nein, wer ginge so spät noch draußen. Ein bekümmertes Herz zu martern?

Nein, es wecket die düstere Nacht

Düstre Gedanke» mir in der Brust.



227



Draußen.

Verachte den warnenden Ruf nicht zu sehr;

Die Worte sind nicht bedeutungeleer.

Die zur Seele unsichtbar sprechen.

Bezwinge der Liebe Verlangenglnr; O waffne dich, Mutter, mit duldendem Muth;

Sonst niöchte das Herz dir brechen. Mutter. Flüsterst du wieder mir um’5 Ohr,

Freundlich grausame Wariuuigsstimme? Nicht mit Räthseln quäle mich mehr.

Hast du wirklich ein irdisches Leben,

0 so laß dichs der Mutter erbarmen, Sage was meinem Kinde geschehn. Draußen.

Zch sah in den tiefen Wald hinein Sich verirren

im Dunkel, weinend, allein,

Einen schönen blühenden Knaben, Bis daß er, schmerzermüdet und krank.

In tiefen schweigenden Schlummer versank, Im weichen Moose begrabe».

22ß

Mutter Za, das ist mein verlornes Kind. Dank dir, freundlicher Trostesklang! Zwiefachen Dank, wenn du jeht mich führst

Zeigest mir, wo der Arme schlummert.

Daß ich den lieben Schläfer freudig Drück' an die sehnende Mutterbrust.

Draußen

Zu sehr nicht traUL, Zu fest nicht baue

Auf Hoffnungötrug! Oft flieht sie schnelle,

Wie Meereewefle, Mit leichtem Flug;

Und das Verderben, Zu Leid Und Sterben Entreißt dichs mit mächtigem Wirbelzug.

Nun! willst du zum Knaben gehen?

Es führet die Stimme dich hin.

Doch was du dorten magst sehen. Ertrag's mit ergebenem Sinn.



229



Mutter. Hänschen, mein Kind, ich seh dich wieder. Endlich, nach langem schmerzlichem Suchen.

Schlummerst du doch so sanft und ruhig! Möchte dich lange so still betrachten.

Aber wie sind seine Wangen bleich! .

Schaudernd beb' ich vor seinem Anblick; Schnell vom düstern giftigen Schlaf Soll ihn wecke» der Mutter Kuß. Draußen,

Ach! laß ihn noch schlummern, erweck' ihn nicht; Er ruht ja so still beglückt.

O weh, jetzt hat sie aufs bleiche Gesicht

Zum Kusse die Lippen gedrückt. Mutter. Weh, er ist kalt und starr, o Gott! Wehe, mein armes Kind ist todt:

Todt, mein Liebling! nein! warte noch,

Gehe nicht ohne die Mutter weg; Warte, mein Kind, bald hol' ich dich ein; Warte, still, gleich bin ich bey dir.

230



Schwester»«.

0 rette sie, rette sie, Königin! Es sinkt die jammernde Mutter hin, Zu ihrem erblichene»« Kind. Was trauerst du drinnen allein im Haus?

O Königin, Königin, komm heraus.

Zu retten die Arme, geschwind.

Königin. Schwestern. Königin. Was treibt ihr mit euerm Iammerklang M»ch wieder heraus zu vergeblichem Drang? Kan», ich der Armen das Lebe»,

Zch Aermere, wiedergeben? Sie ist die Beglückte.

Der Todesschlag

Führt schnell zu dem Sohn,

Der ihr entfloh», Die liebe verlangende Mutter nach.

Zch bleibe trauernd hier oben zurück; Selbst der Tod versagt mir der Liebe Glück.

230



Schwester»«.

0 rette sie, rette sie, Königin! Es sinkt die jammernde Mutter hin, Zu ihrem erblichene»« Kind. Was trauerst du drinnen allein im Haus?

O Königin, Königin, komm heraus.

Zu retten die Arme, geschwind.

Königin. Schwestern. Königin. Was treibt ihr mit euerm Iammerklang M»ch wieder heraus zu vergeblichem Drang? Kan», ich der Armen das Lebe»,

Zch Aermere, wiedergeben? Sie ist die Beglückte.

Der Todesschlag

Führt schnell zu dem Sohn,

Der ihr entfloh», Die liebe verlangende Mutter nach.

Zch bleibe trauernd hier oben zurück; Selbst der Tod versagt mir der Liebe Glück.



2Zr



Wie rnhst du mit deinem Kleinen

So freundlichlächelnd und mild; Ist nun deiner Augen Weinen, Des Busens Kummer gestillt?

Nun hältst du mit kaltem Arme

Den schlummernden Ltebking fest, Nach langem suchenden Harme An den Mutterbusen gepreßt.

Lebt wohl, ihr Geliebten beyde,

Bald decket das Grab euch zu;

Doch mir im sehnenden Leide Entfliehet ewig die Ruh.

Ihr Schwestern, ich gehe hinein Zu betrauern die zwey, allein; Zhr Guten, bleibet noch hier

Und ehret den Knaben mit ihr. Begrabend leise,

Mit des Liedes trauriger Todesweise.



2ZS

Schwestern,

Nehmt, ihr Müden, Letzte Ehr; Braucht hienieden

Sonst nichts mehr. Ist doch Frieden Um euch her.

Weich begraben

Schlummre du, Nimm den Knaben

Auch

dazu.

Todte haben

Ewig Ruh.

Die erste.

Saß er nicht weinend im Hause lang, Nach der Mutter hinaus zu sehen?

Irrt er nicht jammernd umher und bang,

Sie vom schweigenden Wald zu erflehen? Nun ruht er so schön doch in Grabes Schooß,

Von Tages Schmerze ermattet,



535



Und schlummert im weichen schwellenden Moos,

Von duftigen Blume» beschattet.

Die zweyte,

Ermüdet kehrt die Mutter nach Haus Zu wenigen Muhestunden;

Ach! da findet sie Leid, den Kimben hinaus Zn den düsteren Wald verschwunden. Da suchte die Treue fern und nah

Mit mütterlichschwerem Kummer, Bis daß sie zuletzt den Liebe» sah Zn so freundlichem süßem Schlummer,

Die dritte.

Liebend bückt sie sich zu ihm nieder Zn umfangender froher Mutterlust;

Selig drückt sie die starren Glieder, Zhn erwärmend, an ihre heiße Brust,

Und hält ihn mit treuem Arme

So besorgt und so eng umfaßt; Und ruhet von Qual und Harme

Mit ihm aus in ewiger Rast,

— 254 —

Liebend linde Lieger sie Mir dem Kinde Schlnmmernd hie. Sturm und Winde Weckt sie nie. Doch du treue Abendlnft, Leise streue Blüthendust, Und erfreue Zhre Gruft.

Das wäre meines Herzens Freude und Wonne, wenn ich dich mit fröhlichem Munde loben sollte. Psalm 6z, 6.

Weihe.

Des Herren Lob »u singen Ist meiner Seele Lust;

Das fühl' ich freudig dringen

Und leben in der Brust.

Dann steigt es hoch empor, Dann quillt es laut hervor,

Den Herrn, den Vater droben. Zu ehren und zu loben.

Dann möcht' ich nimmer schweigen

Von seiner Herrlichkeit, So lang der Sterne Reigen Umkreist die Himmel weit.

258 Dann möcht' ich Tag und Nacht

Von seiner Huld und Macht,

Vor allem Volk auf Erden, Ein froher Bore werden.

Zehr priese seine Stärke Mein freudevolles Lied,

Jetzt seiner Weisheit Werke, Die rings mein Auge sicht; Dann seine Heiligkeit,

Und wie er gern verzeiht,

Und wie er voll Erbarmen

Ein Vater ist uns Armen.

Und immer lauter klänge

Des Liedes Zubelton, Bis daß es freudig dränge

Zu seiner Himmel Thron,

Dort durch die Welten weit Zn Macht und Freudigkeit, Mit sel'ger Engel Weisen,

Zu danken und zu preisen.

— 239



Doch er wirb mir verleihen

Weö er mich würdig hält;

Sein Obern wird mich weihen, Wozu er mich bestellt.

Ob ich in Liedeslust,

Ob ich in stiller Brust Soll preisen seinen Nomen: Zch sage freudig Amen.

Die heilige Schrift.

xlSenn ich in dem Heilgen Buche Recht mit frommem Ernste suche,

Was dein ewger Wille spricht: Herr, dann dringt aus allen Stellen,

Wie mit tausend reichen Quellen,

Leben za mir aus und Licht.

Dann wie himmlischfrohes Schweigen

Fühl' ich es herniedersteigen

Mir zum Herzen, tr-stend mild.

Alle kummerschweren Wunden

Zn der tiefen Brust gesunden,

Und die Thränen sind gestillt. Und

Und des Zweifels starre Schrecken, Die mein trübes Ange decken,

Flieh» vor meinem Angesicht; Hell wie deines Himmels Sterne

Steht der Zukunft letzte Ferne Schön vor meinem Blick und licht.

Dann mit mnthigem Vertrauen

Durch der Erde düstres Grauen Folg' ich deiner Stimme Ruf,

Auf des Lebens öden Wegen, Froh dem Sonnenziel entgegen.

Dem mich deine Weisheit schuf.

Vater!

Dank,

daß du

den Blinden

Deiner Wahrheit Sonne finden,

Ließest schaun der Hoffnung Licht;

Dank, daß in des Kummers Tagen Tröstend sanft zu meine» Klagen Deiner Liebe Stimme spricht.

Die heilige Schrift. L.

38as suchst du thöricht in der Welt, Wenn Angst und Sorge dich befällt?

Wenn Noth und Trübsal dich umfaht. Was fragst du dann bey Menschen Rath?

Ach, Menschenwort ist ohne Kraft, Das viel verheißt und wenig schafft; Gar schön von Klang zur guten Zeit,

Verstummt und ohne Trost im Leid.

Ich nenne dir ein bessres Wort, Das halte bey dir fort und fort.

Sb auch der Bau der Welt zerbricht, Das eine Wort verläßt dich nicht.

Es ist das heilge Wort des Herrn, Der gönnt es allen Menschen gern,

Und schrieb es in die Bibel ein. Da soll es ewig nut uns seyn.



243



Und liefest du nur fromm darin. So siehst du wohl den tiefen Sinn.

Der machet dir gar wunderbar

Das Herz so weit, die Augen klar. Daß in der Zukunft düstrer Nacht Ein froher Morgen dir erwacht,

Daß du des Herren Wunder schaust, Der Weisheit seines Waltens traust.

Daß du im Unglück nicht verzagst,

In schwerem Sturm zu hoffen wagst; Und wenn dich Todesnacht umkreist.

Dein Herz noch froh den Vater preist-

Darum, wer solchen Trost begehrt, Der halte sich die Bibel werth;

Kein andres Buch ist in der Welt, Das solche Wunderkraft enthält. Und eh du etwas sängest an.

Lies in der Heilgen Schrift voran.

Es gehet zwiefach glücklich

fort,

Beginnst du es mit Gottes Wort.

In Jesu Namen.

Jn Jesu Namen will ich beten;

Er ist mein Fels, mein starker Hort. Er wird beym Vater mich vertreten,

Denn also spricht sein göttlich Wort:

So oft ihr einst in meinem Namen Zum erogen Vater kindlich fleht. Wenn ihr nur fest im Glauben steht.

So sagt er freundlich, Za und Amen.

Ob nun in Trübsal Ungewittern Mir keine Zuflucht mehr erscheint.

Ob auch mein Herz in Angst und Zittern Sich gar von Gott verlassen meint;

245 Er half den Blinden und den Lahmen, Weil Jesus Christus für sie bat;

Er Hilst auch mir mit Trost und Rath,

Bitt' ich ihn wir in Jesu Namen.

Wenn ich auf meine Thaten sehe,

Auf meiner Sünden große Zahl, Dann wird mir's wohl im Herzen wehe.

Dann faßt es mich mit Höllenqual.

Doch nein, zu Jesu Reiche kamen Ja Zöllner auch und Sünder noch.

So mir verzeiht mein Vater doch.

Bitt' ich ihn nur in Jesu Namen.

Betrübt's mich, daß es meinem Leben So sehr gebricht an rechter Kraft, Daß auch das redlichste Bestreben

So wenig nur des Guten schafft! Erwuchs doch auch aus kleinem Saamen Die Kirche Christi groß und kühn!

So segnet Gott auch mein Bemühn, Bitt' ich ihn nur in Jesu Namen.



246



Drum will ich stets mit frohem Herzen

Hinfort des Lebens Wege gehn, Und will tu allen meinen Schmerzen

Vertrauensvoll zum Himmel sehn.

Und will in Jesu Christi Namen Zum Vater flehen früh und spät;

Gern h-rt er dann auf mein Gebet, Und saget gnädig. Za und Amen.

An Jesum, den Westrichter.

’^lfo hoch hat dich dein Gott erhoben,

Weil er deiner Treue blutge Proben,

Des Gehorsams festen Sinn erkannt. Wie du mit der Sünde kühn gerungen,

Muthig siegend Tod und Grab bezwungen, Legt er nun den Preis in deine Hand.

Das ist meines Herzens Lust und Wonne, Daß ich einst in solcher Freudensonne

Schauen soll dein schönes Angesicht; Du, der einst sich unsern Bruder nannte, Du, der hart verhöhnte und verkamrte,

Wenn du sitzest hoch zum Weltgericht.

Tausend Gottesengel, Himmelsmächte Harren, wie sie sende deine Rechte, Allesammt zu deinem Dienst bereit;

-48 Eifrig, deinen Willen zu vollbringen,

Freudig laut dem Vater lobzusingen.

Der dich schmückt mit solcher Herrlichkeit.

Da vor deines erogen Thrones Stufen Ladet der Posaune donnernd Rufen Aller Wesen ungezählte Schaar,

Was in Grabcshöhlm lag verschlossen. Was des Meeres Fluten übergossen, Alles stellt sich lebend vor dir dar.

Da gebrauchts nicht eitler Frag' und Worte;

Durch der Herzen nachtverschloßne Pforte Weiß dein Auge prüfend hell zu sehn. Dann gebietet deines Armes Winken,

Schnell getheilt zur Rechten und zur Linken

Stehn sie, und das Urtheil ist geschehn.

Und du kehrst dich zürnend zu den Bösen:

Habt ihr je gekleidet meine Blößen?

Gabt ihr freundlich meine;» Hunger Brod?

Habt ihr mich erquickt, roeim ich verschmachtet?

Wenn ich draußen lag, verhöhnt, verachtet.

Nähmet ihr mich auf in meiner Noth?



249



Da mit Zittern reden sie entgegen':

„Herr, wann hat auf unsres Lebens Wegen Ze dich unser Aug' also erblickt?"

Sind nicht jene dorten all' die Meinen?

Sprichst du; habt ihr der Geringsten einen Ze in meinem Namen mild erquickt?

Wie sie nun verstummt von hinnen gehen,

Kehret sich von ihren erogen Wehen Still das Auge, da« in Thränen bricht. Herr, und harret ihr kein Wiederkehren?

Doch ich traue schweigend deinen Zähre»; Gottes Huld läßt auch den Sünder nicht.

Dann herüber zu den Deinen kehret

Sich dein mildes Auge, lustverkläret: Kommt herzu, Gesegnete des Herrn,

Auf daß in mein Reich ihr mich geleitet;

Mir von Anfang hat's der Herr bereitet.

Und mit euch ihr Treuen, theil' ichs gern.

Herr, so laß auch mich das eine flehen.

Daß du wollest helfend bey mir stehen Wider Sünd' und Hohn und Heucheley;



85°



Daß so lang' ich hier auf Erden lebe

Dir zum Eigenthum ich mich ergebe. Und dann sterbend auch der Deine sey.

Mit in deines Himmels Pracht zu wohnen.

Anzubeten yor den ewgen Thronen,

Froh zu schauen Gotte« Herrlichkeit, Einzustimmen in der Engel Chöre,

Laut zu preisen meines Gottes Ehre Und die deinige in Ewigkeit.

Vorbereitung zum Abendmahl.

Willst du essen von dem Mähte,

Willst du trinken von der Schale,

Die dein Jesus dir geboten,

Lebensvoll dem Geistestodten? Willst du frevelnd davon essen,

Und der Buße doch vergessen? Besser hättest du gethan

Nicht des Herren Tisch zu nahn.

Willst

du

mit verwegnem

Spotte

Trotzend stehn vor deinem Gotte? Wird nicht deines Herzens Tiefen Sein allsehend Auge prüfen?

Wird nicht von des Altars Stufen Rächend ernst sein Zorn dich rufen?

Das bedenk' und mach dich rein, Oder geh zum Mahl nicht ein.



2Z2



Zsts ein Mahl nicht der Versöhnung? Trug nicht Jesus die Verhöhnung,

Ging er mcht in Grabesnächte, Daß er uns Vergebung brächte? Und nun du in seinen Wunden Deiner Schuld Erlaß gesunden,

O so häufe doch nicht mehr Neue Sünden auf so schwer.

So beweine, so bereue,

Wie du viel gefehlt auf's neue; Sinke hin vor Gott zum Staube,

Fleh durch Zesum, ihn und glaube;

Und dann iß von diesem Brode,

Gläubigen Hilst ee vom Tode; Und daun trink von diesem Wein, Gläubge wäscht er sündenrein.

Zst es nicht ein Mahl der Liebe?

Daß ihm keins verlohren bliebe, Will er alle theur erwerben. Will er gern für alle sterben, Auch die ihn am härtsten schlagen, Auch für sie noch will cr'ö tragen.

255 Und du bist in deiner Brust

Noch des Hasses dir bewußt? O so geh zuvor und suche Erst Erlaß vom Bruderfluche,

Nach der Bosheit gistgen Schmerzen

Frieden erst an Feindes Herzen; Und dann komme froh und labe

Dich an Jesu süßer Gabe, Der auch seine Feinde liebt, Blut und Leben für sie giebt.

Jst's ein Mahl nicht zum Gedächtniß?

Deines Heilandes Vermächtniß,

Das er sterbend eingesetzet. Sprechend: wenn dies Mahl euch letzet,

Denker meiner Lieb' und Treue,

Wie ich jetzt für euch mich weihe. Und nun issest du des Brods

Und gedenkst doch nicht des Tods? Nein, zuerst zum Kreuze schicke Wehmuthezähren, Tranerblicke; Laß dich erst vom Schmerz erfüllen.

Daß er starb um deinetwillen:

»54 Dann magst du's zum Heil genießen. Hohes wird dir draus ersprießen.

Von dem Leibe, von dem Blut, Himmelsnahrung, feiger Muth.

Mahl zur Sühne, Mahl zum Frieden, Mahl zu Zesu Preis hieniedcn!

Das bedenk' und flieh die Sünde, Daß der Herr fein werth dich finde,

Werth des allerhöchsten Gutes,

Seines Leibes, feines Blutes, Und durch Lieb' und Reinigkeit

Werth einst feiner Herrlichkeit-

-EM du, Herr, uns eingeladen

Zu dem Feste deiner Gnaden, Zu dem erogen Liebesmahl,

Mit den Deinen, mit den Treuen, Deiner Huld uns zu erfreuen.

Hochbeseligt allzumal.

Mitzuessen von dem Brode, Das uns löst von erogem Tode,

Und uns nährt mit Himmelölust;

Mitzutrinken von den Schalen, Die von erogen Durstes Qualen

Heilen die verletzte Brust.



-56



Brod, das du uns selbst gebrochen, Und so hohes Wort gesprochen: Nehmt von meinem Leibe hin.

Der für eure Schuld gegeben, Gottes Huld und selgeö Leben Bringt, zum ewigen Gewinn.

Und vom Wein, den du geweihet:

Nehmt, und seid gebenedeiet, Daß ihr trinkt von meinem Blut.

Euch zum Heil will jch's vergießen, Eurer Sünden Last zu büßen.

Daß ihr werdet rein und gut.

Und nun nahn wir mit Verlangen

Solche Gaben zu empfangen, Ewgee Leben, Hinimelslust. Doch wir stehen noch mit Beben, Dürfen nicht den Blick erheben.

Uns zu großer Schuld bewußt.

Za gedächtst du unsrer Sünden,

Nimmer könnten Heil wir finden, Nie vor deinem Blick bestehn;

Doch

— 257 — Doch der für uns ging zum Sterben, Der will uns nicht gar verderben,

Nicht uns gar verloren sehn.

O so übe nun Erbarmen, O so reiche nun uns Armen Mild von deinem Lebenöbrod. Reich' uns deines Kelches Labe,

Der uns wecket aus dem Grabe,

Von dem starren Sündentod;

Der uns einigt mit den Deinen, Mit den Treuen, mit den Reinen, Mit der frommen Jünger Schaar;

Daß auch wir die Deinen heißen. Daß auch wir dich dürfen preisen. Hier und dorten, immerdar.

Abendmahl. 2»

Seht das Mahl bereit. Seht den Kelch geweiht.

Tretet fromm Heren: und preiset

Ihn, der euch so herrlich speiset, Der euch Glück und Freud,

Hlmmelswonrre beut.

Kommet froh und wißt. Daß es Zesuö Christ,

Welcher euch so hochbegnadet

Zu dem frohen Feste ladet, Jedem gern gewährt.

Der davon begehrt.

Selber ist er dort.

Spricht so mild ein Wort: Laßt dae Zagen, laßt das Bangen

Großes Heil sollt ihr empfangen. Meinen Leib und Blut, Frieden, Gotteömuth.



259



Leib, der für euch starb, Leben euch erwarb, Blut, für eure Schuld vergossen, Das den Himmel euch erschlossen,

Gottes Gnadenpfand,

Ewger Liebe Band. Diesem Wort vertraut: Wer da glaubt, der schaut. Wirds im Herzen tief empfinden. Wie die Schmerzen von ihm schwinden. Wie die freye Brust Schwillt von Himmelslust.

Wird den Herren sehn Selber vor sich stehn. Der ihn mild willkommen heißet,

Zhm den Pfad des Lebens weiset, Und dann hoch hinan

Himmel aufgethan. Und wie er dort spricht Zu des Vaters Licht:

Herr, erlaß, was der verschuldet; Auch für ihn hab' ich geduldet,

fl6o Laß von Sünden rein Durch mein Blut ihn seyn.

Ach, da heilt sein Leid,

Wird das Herz ihm weit. Rein und fromm geht er von hinnen.

Trägt den Herrn in Herz und Sinnen, Hat auf Erden schon

Selgen Glaubensloh». ö so geht auch ihr Zu dem Mahle hier.

Laßt es recht vom Glauben weihen;

Dann wirds wunderbar gedeihen; Geistestrost und Heil

Bringt es euch zu Theil.

Seelenarzeney,

Die von Schmerzen frey.

Frey uns macht von Schuld und Sünden, Laß dich immer helfend finden

Uns in Angst und Qual, Heilgeö Lebensmahl.

Letztes Gebot Jesu. Wer ist noch zu dieser Stunde

Solchen Jammere sich bewußt. Der noch Bruderfluch im Munde,

Haß noch trägt in seiner Brust?

O der eile jeht heran. Rechte Heilung zu empfahn,

Daß er von sich thu die Sünde, Und sich ganz in Lieb' entzünde.

Lieben Brüder, seht ihr dorten

Euern treuen Heiland nicht. Der mit milden Liebesworten

Noch zu seinen Jüngern spricht; Eh' er geht zum bittern Tod,

Sie noch mit dem Lebensbrod, Mit dem Kelch der Liebe speiset.

Und sie treu zum Rechten weiset?



262



Eh' uns bald der Feind umfährt,

Höret noch mein letzt Gebot, Daß ihr fest zusammen stehet, Innig liebend bis zum Tod.

Wie ich stets an euch gethan, Also thut auch ihr fortan;

Daß man an der Lieb' erkenne. Wer sich recht den Meinen nenne.

Und dann ging er still zu tragen

Zn die grauenvolle Nacht, Wurde dann ans Kreuz geschlagen.

Schwer gemartert und verlacht.

Doch im Sterben kehrt der Blick Segnend noch auf sie zurück,

Blick der Weihe, Blick der Liebe,

Daß ihr Bund recht innig bliebe.

Die laßt uns im Herzen tragen,

Diesen Blick und jenes Wort, Daß sie drinnen Wurzel schlagen

Und gedeihen fort und fort; Daß die heiße Liebesglut

Uns erfülle Herz und Blut,



26Z



Froh hinaus ins Leben dringe, Und zum Segen Früchte bringe. Daß kein Zürnen sey noch Trennen

In der schönen Bundestreu, Daß wo sie sich Brüder nennen, Auch die Bruderliebe sey,

Und wie Einer, Zesus Christ, Ein Erlöser Aller ist, So sich hier auch all die Seinen

Eng' umfassen, innig einen.

Verläitgnung Petri. Wie muß ich bitter weinen,

Wie zagend ferne stehn,

Wenn auch die treusten Deinen

Sich so an dir vergehn. Die selbst aus deinem Munde

Des Lebens Wort gehört, Wenn sie zur bösen Stunde

Die Menschenfurcht bethört.

Vor deinen Jüngern allen Hast du nicht ihm vertraut,

Nicht deines Tempels Hallen Auf diesen Fels gebaut?

Hat er nicht treu gestanden Bey dir mit tapferm Schwert? Und nun du stehst in Banden, Wie hat er sich verkehrt?



26Z



0 wehe, dreymal wehe, Du schnöde Menschenscheu,

Daß ich dich wenden sehe Ein Herz so gut und treu!

Am Abend schirmt er bieder

Den Herrn mit treuer Hand; Und eh der Tag kehrt wieder. Hat er ihn so verkannt!

Wie kann ich da bestehen, Wo solch ein Held erlag?

Und wie wird mir's ergehen Einst an des Richters Tag?

Wie wird zu Tage brechen. Was ich mir lang verhehlt. Wo ich mit Thun und Sprechen

An Jesu viel gefehlt,

Wo vor de« Zweiflers Spotte

Mein Glaube sich gelähmt, Wo vor der Dösen Rotte

Ich mich des Herrn geschämt, Wo ich den Bund gebrochen

Um schlechten Sündenlohn,

266 Dem Heiland Schmach gesprochen

Und seinem Worte Hohn.

O mein Erlöser gehe

Nicht mit mir ins Gericht,

Verwirf zum ewgen Wehe

Den schwachen Menschen nicht! Laß den Bedrängten fliehen Zu deines Herzens Huld,

Verzeih, wie du verziehen

Des Jüngers große Schuld.

Sieh gnädig auf mich nieder,

Wie du auf ihn gesehn; Hilf, daß, wie er, ich wieder Kann büßend in mich gehn.

Wie er, mit Ernst beweinen, Was ich verschuldet schwer.

Wie er, es redlich meinen, Und nimmer straucheln mehr.

Wie er, dann an dir hangen Mit frommer Freudigkeit,



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Getrost in Angst und Bangen,

Getreu in Schmerz und Leid;

Und gält' es auch zu sterben, Doch halten fest an dir. Und dann mit ihm ererben

Den Himmel für und für.

Wachet und betet.

-y6tt ihr nicht im Dunkel bang Treuer Warnungestimme Klang?

Wachet recht und seid bereit,

Nicht zum Schlafen ist es Zeitz Der Versucher ist euch nahe; Wacht, daß er euch nicht umfahr!

Wacht und betet! zitternd fleht,

Daß ihr in dem Streit besteht. Daß de« ewgen Helfers Macht Euch beschirm' in finstrer Nacht.

Grausig naht euch das Verderben;

Wacht! sonst müßt ihr ewig sterben!

269 O der vielgetreue Freund, Wie er's redlich mit uns meint,

Känipfend selbst mit Angst und Noth, Herzbetrübt bis in den Tod,

Doch auf uns sein Auge lenket, Unsers Sündenschlafe gedenket!

Ach, indeß er blutig ringt, Unsrer Seelen Feind bezwingt.

Liegen allzusicher wir, Schlummernd, träumend für und für, Können nicht vom Schlaf erwachen,

Zu entflieh» dem Todesdrachen.

Wo der Helfer selber zagt.

Selbst zu Gott nm Hülfe klagt. Da ist schwerer heißer Streit, Da gebraucht'« der Wachsamkeit, Daß uns nicht im Schlaf der Sünde

Noch der Tod gebunden finde.

O so macht euch wach und licht.

Traut dem süßen Schlummer nicht;